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German Pages 632 Year 2003
Jürgen Bechtlo.ff · Gesetzliche Verwertungsrechte
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 155
Gesetzliche Verwertungsrechte Eine Untersuchung und Systematisierung der gesetzlich angeordneten Befriedigungs- und Pfandrechte unter besonderer Berücksichtigung der Entstehungstatbestände
Von Jürgen Bechtloff
Duncker & Humblot · Berlin
Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
Die Juristische Fakultät der Universität Rostock hat diese Arbeit im Jahre 2001 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten
© 2003 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 3-428-10719-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706@
Vorwort Die Arbeiten an diesem Buch begannen schon in 1994, als ich wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie juristische Methodenlehre von Prof. Dr. Peter Bydlinski an der Universität Rostock war. Es wird niemanden überraschen, daß die Idee zu dieser Abhandlung über gesetzliche Verwertungsrechte bei der Untersuchung eines der speziellen Einzelrechte entstand, nämlich bei der Mitarbeit an der Kommentierung des gesetzlichen Pfandrechts des Spediteurs(§ 410 HGB a.F.). Bei der Lösung eines dort bestehenden Problems, eines Streitstandes im Rahmen der Entstehung des Rechtes, verfolgte ich den mir naheliegend erscheinenden Gedanken weiter, daß ein vergleichender Blick auf andere gesetzliche Pfandrechte, bei denen sich die entsprechende Frage stellen mußte, bei der Lösung helfen könnte. Dies schien jedoch eher Steine als Brot zu bringen: Bei näherer Betrachtung fast aller gesetzlicher Verwertungsrechte wurde vor allem deutlich, daß im deutschen Recht sehr verbreitet die Neigung besteht, jedes der Rechte allein und isoliert für sich zu betrachten. Die Suche nach gemeinsamen Ursprüngen der gesetzlichen Verwertungsrechte, nach der Rechtfertigung für die Anordnung eines Automatismus der Entstehung, nach einem möglichen verbindenden Zusammenhang aller Rechte und den sich aus dieser Erkenntnis ergebenden praktischen Konsequenzen für Einzelprobleme erwies sich als nahezu unbeschrittenes Terrain. Es lag daher nur nahe, sich diesem Bereich im Rahmen einer Dissertation zu widmen. Das Projekt hat sich allerdings als sehr aufwendig erwiesen und hat deswegen - wenn auch mit verursacht durch mein zwischenzeitliches Referendariat, das zweite Staatsexamen (1998) und den folgenden Berufsalltag als Anwalt- eine lange Zeit in Anspruch genommen. Die Grundlage für das eigentliche Ziel war die Erarbeitung aller Einzelrechte, weil nur auf diese Weise der nötige Hintergrund zu erlangen war, um einerseits allgemeine Prinzipien und andererseits Spezialitäten zu unterscheiden. Dieses Buch verbindet nun zwei Ebenen: Zunächst werden die Entstehungsvoraussetzungen jedes Einzelrechtes in einer detaillierten Abhandlung festgehalten ("2. Abschnitt: Bestandsaufnahme"), so daß dieser Bereich auch für praktische Fragen bei Einzelproblemen eine Hilfe sein wird. Der "3. Abschnitt: Befund" stellt die übergreifend für alle Rechte ermittelten Ergebnisse dar, in dem - unter systematischen Gesichtspunkten geordnet - Antworten auf die aufgeworfenen Fragen nach Rechtfertigung und System gegeben werden. Ich hoffe, daß die Untersuchung so zum einen praktische Hilfe bei der Lösung von Einzelproblemen, zum anderen aber auch eine Anregung zum systematischen Weiterdenken und -arbeiten für andere ist.
6
Vorwort
An dieser Stelle ist zunächst Prof. Dr. Peter Bydlinski zu danken, der mit sanftem Druck, mit vielen wertvollen Hinweisen und einer zügigen Begutachtung einen wichtigen Beitrag dafür geleistet hat, daß die Arbeit letztlich fertig wurde. Zu erwähnen sind weiter meine beiden früheren Österreichischen Kollegen am Rostocker Lehrstuhl Dr. Wilma Dehn und Dr. Matthias Unterrieder, die mir in mancher Diskussion gerade zu Beginn der Arbeit beim "gedanklichen Sortieren" halfen, und auch Prof. Dr. Ralph Weber, der eine kurzfristige Zweitbegutachtung möglich gemacht hat. Zu danken ist weiter meinen Kollegen aus der Sozietät Blaum, Dettmers, Rabstein, die geduldig der Fertigstellung entgegengesehen und diese durch die Ermöglichung von anfanglieber Teilzeitarbeit, Sonderurlaub und ihre sehr gute Bibliothek gefördert haben. Dank gilt nicht zuletzt natürlich meinen Eltern Thea und Horst Bechtloff speziell für das Korrekturlesen und meiner Lebensgefährtin Regina Severin, für ihre vielen kleinen Hilfen und die endlose Geduld über diese ganze lange Zeit, in der gerade auch die gemeinsame Freizeit stets durch die Arbeit an der Dissertation beeinträchtigt war. Die Untersuchung ist auf aktuellem Stand, auch wenn - nach Ende der eigentlichen Bearbeitung - insbesondere die Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 wichtige Teile des deutschen Zivilrechts geändert hat. Anders als eher unbemerkte Reformen der neunziger Jahre (TRG, OASG) hat dieses neue und umfassende Reformwerk - ebenso wie die weiteren Reformen des gerade in letzter Zeit insofern besonders reformeifrigen Gesetzgebers - an den hier behandelten gesetzlichen Verwertungsrechten nichts bewegt, sondern ist an diesem Rechtsgebiet praktisch spurlos vorbeigezogen. Die einzige Reform des letzten Jahres, die noch gewisse Anpassungen nötig machte, war die Mietrechtsreform: Aber auch hier beschränkte sich die Modifikation des gesetzlichen Verwertungsrechtes auf die Nummerierung der Paragraphen (vgl. näher in Fn. I zum Vermieterpfandrecht auf Seite 224). Der am Ende dieser Untersuchung festgestellte Reformbedarf im Bereich der Verwertungsrechte besteht daher nach wie vor. Hamburg, im August 2002
Jürgen Bechtloff
Inhaltsübersicht
1. Abschnitt: Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
2. Abschnitt: Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34
A. Gesetzliche Verwertungsrechte als Sicherungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
I. Der Begriff des "gesetzlichen Verwertungsrechts" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
II. Grundfragen der Systematisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
B. Die Entstehung der einzelnen Verwertungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
I. Werkunternehmerpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
II. Pächterpfandrecht . . . . .. . . . . . . . .. .. .. .. .. . .. . . .. .. .. . . .. .. .. .. .. .. . . .. .. . 100 III. Kommissionärpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 IV. Transporteurpfandrechte . . .. .. .. . .. .. .. . . . . . . . .. . . .. . .. .. . .. . . . . . .. . .. . . . 141 V. Spediteurpfandrecht . . .. .. . . . .. .. .. .. .. .. . . .. . . .. . .. .. .. .. .. .. . .. .. . . . . . . 159 VI. Lagerhalterpfandrecht .. . .. . .. .. . .. .. .. .. . . .. . . . . . .. . . .. .. .. .. . .. .. . . . . . . 171 VII. Befriedigungsrecht des Kaufmanns .. . . .. . . . . . .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. . .. . .. 179 VIII. Befriedigungsrecht des Besitzers .. .. . .. . . . .. .. .. . . .. . .. .. .. . .. . . .. .. .. . . 199 IX. Vermieterpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 X. Verpächterpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 XI. Gastwirtpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 XII. Befördererpfandrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 XIII. Früchtepfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 XIV. Opferpfandrecht . . .. .. . . .. .. .. .. .. .. .. . .. .. . .. . . .. . .. . . . .. .. .. . .. .. .. .. . . 309
8
Inhaltsübersicht XV. Havereipfandrecht .... .... . ............... .... ... .. ..... .. ............. .. 321 XVI. Rettungskostenpfandrecht . .... . ......... ..... ... . ...... . ...... . ...... . .. 341 XVII. Schiffsgläubigerrechte . . .. .. . .. . . . .. .. . . .. . . .. . . . . .. . . .. .. . . .. . . . . .. . .. . . 361 C. Rechtsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 I. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 II. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 111. Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399
IV. Österreich .. . .. . . . . . .. . . . .. . . . . .. .. .. .. . .. .. . . .. .. .. .. . . .. . .. .. . . . . .. .. . . 405
3. Abschnitt: Befund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410
I. Einleitung . ......... .. ......... ... .......... .. ............ .. ..... .. .. .. .. 410 II. Rechtfertigende Erwägungen ..... .... .. .. .. . ... .. .... . .... . ....... .. . . .. 417 111. Gesicherte Forderungen .. .. . . .. . . .. . .. . .. . . . . . . . . .. . . . .. . . . .. . .. . .. .. .. . 469 IV. Sicherungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538 V. Ausblick und Reformüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558
4. Abschnitt: Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 576
Anhang: Gesetzliche Verwertungsrechte (Nonnen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 598
Sachverzeichnis . ........... . ... . .... .. .... . . . ........... . . . . .. ........ . ... . . . . . ..... .. 611
Inhaltsverzeichnis 1. Abschnitt
Einleitung
27
1. Ausgangsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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a) Beispielsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
b) Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Ablauf der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
2. Abschnitt
Bestandsaufnahme
34
A. Gesetzliche Verwertungsrechte als Sicherungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
I. Der Begriff des "gesetzlichen Verwertungsrechts" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
1. Verwertungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
2. Gesetzlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
II. Grundfragen der Systematisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . .
41
1. Wertfeststellungskriterien als Basis für eine vergleichende Betrachtung . .
41
2. Die Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Wertkriterium 1: Entstehungsumfang und -Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
a) Gesicherte Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
aa) Ausgangsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
bb) Problembereich Vertragsperfektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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cc) Problembereich Neben- und Zusatzforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
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dd) Problembereich Mischtypen und andere vergleichbare Forderungen....... . ........... . .......... . . . ... . . .. . .. . . ...... . . .. . ..
47
ee) Problembereich Entstehungszeitpunkt und Sicherung künftiger Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . .. . .
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ff) Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
10
Inhaltsverzeichnis b) Sicherungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
aa) Ausgangsfragen: Erfaßte Objekte und Selektionsnotwendigkeit
51
bb) Selektionskriterien: Beziehung zur Forderung und Verkehrsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
cc) Rechtszugehörigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
dd) Ausschluß durch Unpfandbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
ee) Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
4. Wertkriterium 2: Vermittelte Befugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
a) Unmittelbare Veräußerungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
b) Verwertung nur mit separatem Vollstreckungstitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
5. Wertkriterium 3: Bestandssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
a) Bindung an die spezielle Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
b) Zeitliche Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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c) Eingriffsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
aa) Schutz in der Zwangsvollstreckung Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
bb) Bindung an Besitz oder Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
62
cc) Deliktischer Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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d) Krisenfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
aa) Neues Insolvenzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
bb) Allgemeine Rang- und Konkurrenzfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
B. Die Entstehung der einzelnen Verwertungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
I. Werkunternehmerpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
1. Rechtfertigende Erwägungen .. .. .. .. .. . . .. . . . . .. .. . .. . . . .. . . .. . . . . . . . . ..
76
2. Gesicherte Forderungen .. . . . .. .. . . .. . . .. . . . . . .. . .. .. .. .. .. . .. . .. . . . . .. . .
80
a) Forderungsbegrenzung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80
b) Vertragsforderungen ... . .. ............ . .. .. ... .... ........... .. .. .. . .
82
3. Sicherungsobjekt... .. . .. .......... .. ..... . ... .. .... . ........... ....... ..
82
a) Besitz als Vertrauensbasis .. . .. .. .. .. . . . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .
82
b) Herstellung und Ausbesserung als Wertschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
aa) Wertschaffungsgedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
bb) Herstellung und§ 950 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
cc) Begriff der Ausbesserung . . . .. .. .. .. . . .. .. . . .. . . . .. . .. . . . . . . . . ..
85
dd) Zukünftige Arbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
ee) Zwischenresümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis c) Besteller als Nichteigentümer .
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aa) Gutgläubiger Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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bb) Ermächtigung des Nichteigentümers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
89
cc) Kombination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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dd) Herrschende Meinung ..
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ee) Eigene Beurteilung
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ff) Abschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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d) Immobilien und Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4. Praktische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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5. Vergleichsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Pächterpfandrecht
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1. Rechtfertigende Erwägungen ...
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a) Der ursprüngliche Ausgangspunkt .
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100 100 101
b) Erweiterung der Zielsetzung mit dem BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 2. Gesicherte Forderungen
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a) Forderungen im einzelnen
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aa) Forderungen am Ende der Pacht
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bb) Forderungen während der Pachtzeit
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104 104 104 105
cc) Sicherungsfunktion während des laufenden Pachtverhältnisses . . 106 b) Wirksamer Pachtvertrag aa) Rückgewähr .
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bb) Verwendungen auf das Inventar
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cc) Eigene Anschaffungen des Pächters .. dd) Ergebnis
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3. Sicherungsobjekt ... . . . .. . ............ . . . . . . ... . ........... ... . . . . . . . ... . 110 a) Grundstücksinventar im Besitz des Pächters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 aa) Inventarbegriffe . ..
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bb) Bestimmung im Einzelfall ..
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cc) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 b) Erwerb vom Nichtberechtigten ..
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aa) Wortlaut im systematischen Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 bb) Schutz vor Vindikation?
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cc) Rechtfertigung durch Sondersituation des Pächters?.... .. ... . ... 117 dd) Rechtfertigung aus Wertschaffung? ee) Resümee .
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Inhaltsverzeichnis 4. Praktische Bedeutung
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5. Vergleichsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 III. Kommissionärpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 1. Rechtfertigende Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
2. Gesicherte Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 a) Wirksamer Kommissionsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 b) Vollständige Sicherung aller Vertragsforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 c) "lnkonnexe" Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 3. Sicherungsobjekt........................ . .... . ....... . ......... . ... . . .. . 130 a) Erfaßte Objekte: Kommissionsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 aa) Waren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 130 bb) Wertpapiere........... . .......... . ... . ....... . .......... . ... . ... 130 cc) Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 b) Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 c) Eigene Objekte des Kommissionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 d) Dritteigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 aa) Sicherung konnexer Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 bb) Sicherung inkonnexer Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 4. Praktische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 5. Vergleichsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 IV. Transporteurpfandrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 1. Rechtfertigende Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
2. Gesicherte Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 a) Allgemeines Pfandrecht gemäߧ 441 HGB. . .... . ... . .... . . ......... 146 aa) Voraussetzung Frachtvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 bb) Forderungen des wirksamen Frachtvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 cc) Unbestrittene Forderungen aus anderen Transportverträgen . . . . . 147 b) Pfandrecht beim Seetransport § 623 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 aa) Forderungen gegen den Ladungsempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 bb) Sonderfall: Anspruche gegen den Befrachter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 cc) Erweiterung durch Analogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 dd) Inkonnexe Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 ee) Vergleich zum allgemeinen Frachtftihrerpfandrecht . . . . . . . . . . . . . 154
Inhaltsverzeichnis
13
3. Sicherungsobjekt.... .. ........................ . . . ................. . . . .. . 155 a) Güterbegriff und Konnexität........... .. .. .. .................. .. . .. . 155 b) Begleitpapiere .. . . .. . . . . .. . . . .. . . . .. . . .. .. . . . .. . .. .. . .. . . . . . . . . . .. . .. 156 c) Besitz des Transporteurs................... . ......................... 157 d) Fremdeigentum .. .. . . . .. .. . ... . .. . . . . . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. .. . 157 4. Praktische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 5. VergleichsfäHe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 V. Spediteurpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 I. Rechtfertigende Erwägungen . . . .. . . .. . . . . . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . . . . . .. .. . 159
2. Gesicherte Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 a) Forderungen aus einem wirksamen Speditionsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . 161 aa) Speditionsvertrag .. . . . .. .. . .. . . .. . .. . . .. . .. .. . .. . . .. . . . . . .. . . . . . 162 bb) Wirksamer Vertrag . .. . .... . .. .. .. . . .. . .. ..... . ... . ..... . . ..... . . 162 cc) Umfassende Sicherung aller vertraglichen Forderungen . . . . . . . . . 163 b) Unbestritteneinkonnexe Forderungen . . . . .. . . .. . . .. . . .. . . . .. . .. .. . . . 164 c) Zukünftige Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 aa) Begründungsansatz § 1204 Abs. 2 BGB .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. 165 bb) Wortlaut und Sicherungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 cc) Rechtsfolgen der Einbeziehung . . . . . .. . . .. . .. .. . . .. .. . .. . . .. . .. . 166 dd) Grenzen der Sicherung.............. . ....................... ... . 167 3. Sicherungsobjekt..... . .......................................... . ....... 169 4. Praktische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 5. VergleichsfäHe . . . . . . . . .. . . . .. . . . .. . . . .. . . . . . .. . . .. . .. . . .. .. .. . . . . . .. . .. . 170 VI. Lagerhalterpfandrecht . . . .. . . . . .. . . . .. . . . .. . .. . .. . . .. .. .. . . .. .. .. . . . . . .. . . . . 171 I. Rechtfertigende Erwägungen .. . . . .. . . . . . . . . .. . . .. . . .. . .. . .. . . .. . . .. . .. . . 171
2. Gesicherte Forderungen . . . .. .. . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . .. . .. . . .. . . .. . . . . . 173 a) Lagerhaltung von gewerblichen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 b) AUe Forderungen aus wirksamen Lagerverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 c) Inkonnexe, unbestrittene Forderungen . . . . . .. . .. . . .. . .. . . .. .. . . . .. .. . 174 d) Forderungsbegrenzung durch§ 475b Abs. 2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 3. Sicherungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 a) Güter und ihre Begleitpapiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 b) Forderungen aus einer Versicherung . . . . . .. . .. . . .. . . . . . .. . . . . . .. . .. . . 175
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Inhaltsverzeichnis 4. Praktische Bedeutung . .. . .. .. .. .. .. . . .. . . . . .. .. . .. . . . .. .. .. .. . . . . .. .. .. . 178 5. Vergleichsfalle . . .. . .. .. . . . .. .. . . .. . . .. . . . . . .. .. .. .. . . .. .. .. .. . .. . . . .. . . . 179 VII. Befriedigungsrecht des Kaufmanns .. . . .. . .. . .. . . .. . . . . .. . .. . . . .. .. . .. . . . .. . 179 1. Rechtfertigende Erwägungen .. . .. . . .. . .. . .. .. .. . . .. .. . .. . .. .. .. .. .. .. .. . 179
2. Gesicherte Forderungen .. . . .. .. . . . . . . . . . . . . .. .. . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 182 a) Gläubiger und Schuldner als Kaufmann .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 183 b) Beiderseitiges Handelsgeschäft.............. .. ............ .. .. .. .... 185 aa) Handelsgeschäfte ohne wirksamen Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 bb) Weitergehende Forderungsselektion? . .. ............ . ... . ....... . 187 c) Unmittelbarkeilserfordernis .. . . .. . . .. .. . . .. .. . . .. . . . .. . . . .. . . .. .. . . . 187 d) Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 3. Sicherungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 a) Die erfaßten Objekte . . . . .. . . .. .. . .. .. . . .. .. . . .. . . .. .. . .. .. .. .. . .. .. . 190 aa) Bewegliche Sachen .. .. .. .. .. .. . . .. .. . . .. .. . . .. .. .. . . . .. . .. .. .. . 191 bb) Wertpapiere .. .. . .. .. . . .. .. . . .. . . . .. .. .. .. .. .. .. .. . .. . .. . . . . .. . . . 192 b) Die eigentumsrechtlichen Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 c) Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 aa) Willentliche Besitzerlangung .. . . .. .. . . .. .. . .. . . . .. . .. . .. . . .. .. . 194 bb) Besitzaufgrund von Handelsgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 d) Konnexität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 4. Praktische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 5. Vergleichsfalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 Vlli. Befriedigungsrecht des Besitzers .. .. .. . .. .. .. .. .. .. . .. .. . . . .. . . . . . . . . . .. . . . 199 1. Rechtfertigende Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 2. Gesicherte Forderungen .. . . .. .. . . .. . . .. . . . . .. . . .. .. . .. . . .. .. . . .. .. .. .. . . 205 a) Eigentümer als Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 b) Besitzer als Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 aa) Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 bb) Fehlende Berechtigung .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 207 cc) Position des Besitzers: Schutzbedürfnis und Systemeinschränkungen . .. .. .. .. . .... . ...... . .. .. .. . . . . . .......... . . . ..... . ... . . 210 c) Verwendungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 aa) Verwendungsformen und Vermögensopfer .. . . . .. . . . . ..... . ... . . 215 bb) Ausschluß sachändemder Verwendungen? . ... . ...... ... ...... . . 218 d) Zusammenfassung .. . . .. . . . .. .. . .. . . .. .. . . .. . . .. .. . .. . . .. .. . . . .. .. .. . 220
Inhaltsverzeichnis
15
3. Sicherungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 a) Mobilien und Immobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 b) Erfassung von Dritteigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 c) Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 4. Praktische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 5. Vergleichsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 IX. Vermieterpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 l. Rechtfertigende Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224
2. Gesicherte Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 a) Mietverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 aa) Wirksamer Mietvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 bb) Die Forderungen im einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 b) Zeitliche Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 aa) Altforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 bb) Zukünftige Mietzinsforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 cc) Zukünftige Entschädigungsforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 dd) Resümee ..... . ... . ................ . ... . .. . ............ . ... . ... . . 241 3. Sicherungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 a) Eingebrachte Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 aa) Einbringungswillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 bb) Dauerhaftigkeit der Einbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 b) Eigentum des Mieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 c) Erweiterungen, Grenzen, Kollisionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 aa) Anwartschaftsrecht und sonstige Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 bb) Kollision mit der Raumsicherungsübereignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 d) Unpfändbare Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 4. Praktische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252
5. Vergleichsfalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 X. Verpächterpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 I. Rechtfertigende Erwägungen . . . . .. . . .. . . . .. . . .. . . .. . .. . .. . . .. .. . .. .. .. . . 257
2. Gesicherte Forderungen . . .. . . . .. .. . . . . . .. .. .. .. . . . . .. .. .. . . .. .. . . . . . . . . . 259 a) Landpacht und andere Pachtverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 b) Forderungen aus dem Pachtverhältnis . . .. .. .. .. . . .. . .. .. . . .. . . . . .. .. 259 c) Zeitliche Schranken im Rahmen des§ 592 BGB .. . . ... . . .. . .... . ... . 260
16
Inhaltsverzeichnis 3. Sicherungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 a) Inventar und Erzeugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 b) Forderungen und Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 c) Unpfändbare Sachen .. ...... . . . ........ . ... . ........ . ... . ......... .. 264 4. Praktische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 5. Vergleichsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 XI. Gastwirtpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 1. Rechtfertigende Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269
a) Vergleichende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 b) Teleologische Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 c) Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 d) Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 2. Gesicherte Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 a) Bindung an einen Seherbergungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 aa) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 bb) Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 cc) Argumentation aus der historischen Entwicklung. . ...... . .... . . . 275 dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 b) Selektion der Vertragsforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 c) Grenzen der Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 d) Geschützter Gläubiger ("Gastwirt") . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 3. Sicherungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 a) Bewegliche, pfändbare, eingebrachte Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 b) Eigentum des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 4. Praktische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 5. Vergleichsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 XII. Befördererpfandrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 1. Rechtfertigende Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284
2. Gesicherte Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 a) Beförderungsentgelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 b) Rechtsgeschäftliche Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 3. Sicherungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 4. Praktische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 5. Vergleichsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
Inhaltsverzeichnis
17
XIII. Früchtepfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 1. Rechtfertigende Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290
2. Gesicherte Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 a) Lieferungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 aa) Gesichertes Schuldverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 bb) Lieferungsempfänger .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 295 cc) Art und Weise der Lieferung und Verwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 b) Darlehensansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 3. Sicherungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 a) Feldfrüchte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 b) Konnexität . . .. . . . . . .. . . . . .. . . .. .. . . .. .. .. . . .. . . .. . . .. .. .. .. .. .. .. . . . 303 c) Zeitliche Begrenzung ................... .. .. .. ............... . .. .. ... 304 d) Unpfändbare Früchte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 4. Praktische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 5. Vergleichsfalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 XIV. Opferpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 1. Rechtfertigende Erwägungen .. . . .. . . .. . . . . . . . .. .. .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . 310
2. Gesicherte Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 a) Schadenersatzforderung ........ . .. ...... . .................... . ... . .. 312 b) Gesicherter Gläubiger: Verletzter einer rechtswidrigen Tat . . . . . . . . . . . 313 c) Schuldner des Schadenersatzes: Täter oder Teilnehmer(§§ 25-27 StGB) .......... .. .................... .. .. . ..... .. ................... 313 d) Zukünftige Forderungen . . .. . ......... . ... .. ....... ... ........ . . ... . . 314 3. Sicherungsobjekt.. . . . .. . . . . . . ...... .. . . .. . .... . . . . ... . ... . ... .. ... . ... . . 315 a) Forderungen aus ,.öffentlicher Darstellung" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 b) Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 c) Inhaber des Sicherungsobjektes (der erfaßten Forderung) .. .. .. .. .... 317 4. Praktische Bedeutung .. . . .. .. . . . .. . . . .. . . . . . . .. . . .. . .. . . .. . . . . .. . . . .. . . . 318 5. Vergleichsfalle ...... .. ............. .... .... .. .. .. ............. .. ........ 320 XV. Havereipfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 1. Rechtfertigende Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326
a) Pfandrecht als ein Mittel zur Haftungsbeschränkung? . . . . . . . . . . . . . . . . 326 b) Weitere Erwägungen und Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 2 Bechtloff
18
Inhaltsverzeichnis 2. Gesicherte Forderungen . .. . . . . .. . . .. . .. . . .. . . . .. . . .. .. .. .. .. . . . . .. .. . . .. 330 a) Rechtsnatur des gesicherten Schuldverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 b) Sicherung von nicht gesetzlich vorgesehenen Ansprüchen (z. B. aus YAR) ............ . ... . ........ . . . .... . . . .. ... .. . ... . .. ... . . ... . . . . . . . 332 3. Sicherungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 a) Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 aa) Binnenschiffahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 bb) Seeschiffahrt..... . .................. . .. . . ...... . ..... . .... . ..... 336 cc) Zusammenfassung .. ................... . ............... . ........ 338 b) Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 4. Praktische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 5. Vergleichsfälle .. .. . .. . .. . . . .. .. . .. . . . .. . . . . .. .. . .. . . .. .. . .. .. . . . . .. . . .. . 340 XVI. Rettungskostenpfandrecht .. . . .. . . . . . . . .. . . . . . . . . . .. . . . .. .. .. .. . . . . . .. . . . . . . 341 1. Rechtfertigende Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342
2. Gesicherte Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 a) Anspruchsgrund: Gesetz oder Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 aa) Sicherung des gesetzlichen Anspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 bb) Sicherung des vertraglichen Anspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 b) Anspruchsinhalt: Entgelt, Aufwendungs- und Schadenersatz . . . . . . . . . 349 aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 bb) Sicherung von Ansprüchen im Erfolgsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 cc) Sicherung von Ansprüchen ohne Erfolg ... . ............. . ... . .. . 351 c) Sachlicher Anwendungsbereich: Retter und Rettungsobjekt . . . . . . . . . . 352 aa) Der Retter .. . . . . .. . . .. .. . . . . . .. . . . . .. . . . .. .. . . .. . .. . .. . . . .. . . .. . 352 bb) Rettungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 3. Sicherungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 b) Eigentümer des Sicherungsobjektes .. . . . . . .. . .. .. . .. .. .. . . . . . . .. . . . . 355 c) Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 aa) Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 bb) Zurückbehaltungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 cc) Sonderform der Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 4. Praktische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 5. Vergleichsfälle .. .. . . . .. . . .. . . .. .. . .. . . .. .. .. .. .. .. .. . .. . .. . .. . . . . . .. . . .. 359
Inhaltsverzeichnis XVII. Schiffsgläubigerrechte
19 361
l. Rechtfertigende Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363
a) Das Objekt "Schiff' als maßgebender Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 b) Die Auswahl der gesicherten Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 2. Gesicherte Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 a) Anwendbarkeit deutschen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 b) Die Forderungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 aa) Heuerforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 bb) Öffentliche Abgaben .............. . ... . .................. ... .. . . 373 cc) Lotsengelder . .. ................... . ... .. .................. . ... .. 373 dd) Schadenersatzansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 ee) Haverei, Rettung, Wrackbeseitigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 ff) Kapitänsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376
gg) Sozialversicherungsbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 hh) Kosten und Zinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 ii) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 3. Sicherungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 a) Schiff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 aa) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 bb) Wrack .. . . .. .. . . .. .. .. . . .. . . .. .. .. .. . . .. . . .. . .. . . .. .. .. . . .. . . . .. 378 cc) Begrenzung auf Handelsschiffe . .. ...... .............. .. .. .. .... 379 b) Eigenturn arn Schiff ................................................. 380 c) Schiffsvermögen ....................... .. . .. .............. .. ... ..... 380 d) Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 4. Praktische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 5. Vergleichsfalle . . . ..... . ............ ... ..... . ... . .. . .. ...... . .. ...... .. .. 384 C. Rechtsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385
I. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 1. Allgemeines .. . .. .. .. . . .. . . . .. .. .. .. .. .. . . . .. . .. .. .. .. . .. . .. . . . . . . . .. .. . 385
2. Lien . .. ... . .. .. .. .. . . ... ..... . . . . .. . . ... . .. . .... . ....... . . . ..... ... . . . .. 387 a) Differenzierung im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 b) Cornmon Law Lien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 c) Equitable Lien . ..... ... .. .... . ............... ...... ............... .. 390 3. Distress . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 4. Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 2*
20
Inhaltsverzeichnis Il. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 1. Allgerneines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393
2. Zuriickbehaltungsrecht ("droit de retention") . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 3. Vorzugsrechte ("privileges") . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 4. Legalhypotheken (,,hypotheques legales") . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 5. Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 III. Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 1. Allgerneines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399
2. Allgerneines Retentionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 3. Spezielle Retentionsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 4. Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 IV. Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 1. Allgerneines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405
2. Besonderheiten im Österreichischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 3. Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409
3. Abschnitt Befund
410
I. Einleitung............. . .. .. .. . .............. .. .. . .. . .............. .. ... . .. . 410 1. Historische Entwicklung als Ursache der mangelnden Systernatisierung 410
2. Überleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 Il. Rechtfertigende Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 1. Taugliche und untaugliche Ansätze in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 a) Typische Vorleistungssituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 b) Wertschaffungsaspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 c) Ausschluß spezieller Forderungsforrnen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 d) Zur-Verfügung-stellen und zwingender Gläubigerbedarf . . . . . . . . . . . . . 420 e) Typisierter Parteiwille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 f) "Die Sicherheit in der Hand" - tatsächliche Zugriffslage als Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422
g) Besonderes Bedürfnis nach Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 h) Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425
Inhaltsverzeichnis
21
2. Konnexität - Die Verbindung von Forderung und Objekt als Entstehungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 a) Begriff der Konnexität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 b) Konnexitätsformen bei gesetzlichen Sicherungsrechten . . . . . . . . . . . . . . 426 c) Konnexität durch Wertschaffung.......... . . .................. .. .. . .. 428 aa) Wertschaffung mit Bezug auf das Sicherungsobjekt . . . . . . . . . . . . . 428 bb) Wertschaffung mit Unternehmensbezug .................. . ...... 431 cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 d) Konnexität durch typisierten Parteiwillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 3. Objektbezug-Rechtfertigung aus der Natur des Sicherungsobjektes . . . . 436 a) Grundgedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 b) Anwendungsbereich bei den gesetzlichen Verwertungsrechten . . . . . . . 437 aa) Kaufmännische Verwertungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 bb) Weiterer Anwendungsbereich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 cc) Zwischenergebnis..................... . ......................... 440 c) Fortführung des Gedankens: Unpfändbarkeit als objektbezogenes Korrektiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442 4. Forderungsbezug - Verwertungsrechte für Sondersituationen als Gläubiger- oder Schuldnerprivileg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 a) Gläubigerschutz: Hinderung an vertraglicher Sicherung . . . . . . . . . . . . . 443 aa) Gesetzliche Schuldverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 bb) Ausschluß des Objektes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445 cc) Tatsächlicher Ausschlußaufgrund von Verkehrsbedürfnissen . . . . 448 dd) Schwächeposition des Gläubigers und sozialer Ausgleich . . . . . . . 452 b) Schuldnerschutzerwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 aa) Gläubigerprivilegierung im Schuldnerinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 bb) Verwertungsrecht als Korrelat eines Schuldnerprivilegs . . . . . . . . . 457 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 5. Die gesetzlichen Verwertungsrechte im System der Konstituierungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 a) Die drei Grundansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 b) Das Verhältnis der Grundansätze zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460 aa) Das Zusammenwirken der Konstituierungsansätze . . . . . . . . . . . . . . 460 bb) Das Miteinander im "Koordinatensystem" der Konstituierungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 cc) Die Grundansätze als Elemente eines "beweglichen Systems" . . . 463
22
Inhaltsverzeichnis c) Das System als Maßstab für Rechtsgestaltung und -anwendung . . . . . . 465 aa) Die Grundansätze als Ausgestaltungsprämissen . . . . . . . . . . . . . . . . . 465 bb) Beschränkung der Einwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 cc) Zusanunenfassung: Die Grundansätze und die Gestaltung des geltenden Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 dd) Die Anwendbarkeit der Grundansätze im geltenden Recht . . . . . . . 468 III. Gesicherte Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . 469
I. Systematisierung der gesicherten Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 a) Unterteilung der Rechte nach dem systematischen Ansatz . . . . . . . . . . . 471 aa) Vertragsbegleitende Verwertungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 bb) An Lebenssachverhalte gebundene Verwertungsrechte . . . . . . . . . . 473 cc) An gesetzliche Schuldverhältnisse gekoppelte Verwertungsrechte 475 dd) Sondersituation Schiffsgläubigerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 ee) Übersicht: Die gesicherten Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 b) Der Zusanunenhang zu den rechtfertigenden Erwägungen . . . . . . . . . . . 480 aa) Systematische Anhindung und Einschränkungen als Umsetzung der Grundansätze . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 bb) Ursachen, Folgen und Probleme des bestehenden Ansatzes . . . . . . 483 cc) Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 2. Das geltende Recht: Folgerungen für Grundfragen zu den gesicherten Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 a) Atypische Forderungen, Neben- und Zusatzforderungen . . . . . . . . . . . . . 486 b) Vertragsbegleitende Verwertungsrechte und Vertragsperfektion . . . . . . 489 aa) Die systematische Einbindung als "vertragsbegleitende Rechte" 489 bb) Die ,,rechtfertigenden Erwägungen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490 cc) Argumente aus den Unwirksarnkeitsgründen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 dd) Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492 c) Temporäre Beschränkung: Altforderungen . . .. . .. .. ...... .. .. . ... . ... 493 aa) Grundregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 bb) Sonderbestimmungen ..... .. . . .... . ... . .. .. . . . .. .. ... . .. . ... . ... 494 cc) Zusanunenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496 d) Temporäre Beschränkung: Zukünftige Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 aa) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 bb) § 1204 Abs. 2 BGB und die gesetzlichen Verwertungsrechte . . . . 498 cc) Sicherung betagter Forderungen . .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501 dd) Sicherung noch nicht entstandener Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 504 ee) Resümee und Grenzen der Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 513
Inhaltsverzeichnis
23
3. Die Erweiterung des Kreises gesicherter Forderungen durch Analogien . . 516 a) Analogiefähigkeit der Entstehungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519 aa) Analogieverbot für Ausnahmetatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519 bb) Analogien und numerus clausus der Sachenrechte . . . . . . . . . . . . . . . 521 cc) Gefährdung der Rechtssicherheit durch analoge gesetzliche Pfandrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525 dd) Kasuistik der Entstehungstatbestände: Planwidrige Lücke oder bindende Entscheidung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527 b) Möglichkeiten und Grenzen der Analogiefeststellung im Einzelfall . . 530 aa) Ausschluß der Gesamtanalogie für ein Gesamtsystem "gesetzliche Verwertungsrechte" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 530 bb) Einzelanalogie, ,,kleine" Gesamtanalogie und System der Konstituierungserwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 cc) Schiffsmietfall- Analogien im Grenzbereich zwischen verschiedenen Verwertungsrechten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532 dd) Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 537 IV. Sicherungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538 1. Qualität dererfaßten Vermögensobjekte: Regelfall und Ausnahmen . . . . . 539 a) Mobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539 b) Immobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541 c) Forderungen und Rechte........... . .... . ... . .. . ......... . . . ... . ... .. 542 2. Publizität und Verkehrsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544 a) Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544 b) Einbringung und Raumbindung .. . . .. ... . ... . ....... . .. . .... . ... . ... . 545 c) Verkehrsschutz außerhalb von Besitz und Raumbindung . . . . . . . . . . . . . 546 aa) Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 546 bb) Schiffund Schiffsgut . . ............. . ... . .. . ........ . .. .. .. . .... 548 3. Belastung von Objekten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549 a) Verwertungsrechte im Rahmen gesetzlicher Schuldverhältnisse . . . . . . 549 b) An Lebenssachverhalte gekoppelte Verwertungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . 550 aa) Opferpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 550 bb) Kaufmännisches Befriedigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 550 cc) Rettungskostenpfandrecht . ... . .... . ... . . .. .. . ... . . . .. ... .. . ..... 551
Inhaltsverzeichnis
24
dd) Früchtepfandrecht
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ee) Schiffsgläubigerrechte
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c) Vertragsbegleitende Verwertungsrechte aa) Handelsrechtliche Pfandrechte bb) Werkunternehmerpfandrecht cc) Pächterpfandrecht
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dd) Einbringungspfandrechte d) Zusammenfassung 40
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Analogien bei der Erfassung von Sicherungsobjekten o
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Verwertungsbestimmung und Eingriffsschärfe
V. Ausblick und Reformüberlegungen
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I. Verfassungsrechtlicher Zwang zur Reform? 20
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Ausgangsüberlegungen zu einer Reform
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a) Streichung der gesetzlichen Verwertungsrechte?
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b) Grundprämisse: Einführung abstrakter Entstehungsbestimmungen
c) Bewegliches System oder herkömmliche Normierung in abstrahierter Form? ooOOOOoooOOOOO
o
OOOoOOOOooOOOOoOoo
aa) "Statisches" Modell
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bb) Bewegliches System 3o
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b) Objektselektion
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c) Forderungsselektion
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e) Allgemeine Abwendungsbefugnis o
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d) Einzelfragen zur Entstehung
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cc) Ein Blick auf die alten Rechte
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bb) Das Zusammenwirken
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Gedanken zur näheren Ausgestaltung a) Zum Begriff
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Inhaltsverzeichnis
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4. Abschnitt Zusammenfassung
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Anhang: Gesetzliche Verwertungsrechte (Normen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579
I. Werkunternehmerpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579 II. Pächterpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579 III. Kommissionärpfandrecht (nebst Begleitbestimrnungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579 IV. Transporteurpfandrechte (nebst Begleitbestimrnungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 580 V. Spediteurpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581 VI. Lagerhalterpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581 VII. Befriedigungsrecht des Kaufmanns (nebst Begleitbestimrnungen) . . . . . . . . . . . . . . 582 VIII. Befriedigungsrecht des Besitzers (nebst Begleitbestimrnungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . 583 IX. Vermieterpfandrecht (nebst Begleitbestimrnungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584 X. Verpächterpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584 XI. Gastwirtpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585 XII. Befördererpfandrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585 XIII. Früchtepfandrecht (nebst Begleitbestimrnungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585 XIV. Opferpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587 XV. Havereipfandrecht (nebst Begleitbestimrnungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 588 XVI. Rettungskostenpfandrecht (nebst Begleitbestimrnungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 590 XVII. Schiffsgläubigerrechte (nebst Begleitbestimrnungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 598
Sachverzeichnis.... .. ... . .......... . ... . ... . . . .......... . . . .. . ...... .. ....... . ... .. ... 611
1. Abschnitt
Einleitung Auf die Frage, ob jemand berechtigt sei, eine fremde Sache zu veräußern, ohne daß ihm die Befugnis dazu vom Eigentümer eingeräumt worden ist, würde ein Jurist in Deutschland wohl im Grundsatz mit "Nein" antworten. Auch wenn manals weitere Sachumstände - hinzufügen würde, daß der Eigentümer bspw. Schulden bei demjenigen habe, der die Veräußerung durchführt, würde sich an dieser Beurteilung regelmäßig nichts ändern: "Grundsätzlich", so würde er möglicherweise erläutern, "steht die Befugnis, eine Sache zu veräußern, nur dem Eigentümer zu. Dieser kann allerdings einem Gläubiger die Berechtigung zur Verwertung einräumen, z. B. um mit Hilfe der Veräußerung die Schuld zu tilgen. Macht der Eigentümer dies aber nicht, bleibt dem Gläubiger nur die Möglichkeit, über ein gerichtliches Verfahren einen Vollstreckungstitel, mit anderen Worten ein Urteil auf Zahlung zu erwirken. Durch dieses wiederum kann er mit Hilfe eines Gerichtsvollziehers beim Schuldner dessen Eigentum pfänden und es dann zur Tilgung der Schulden verwerten." Dieses imaginäre "Gespräch" verdeutlicht im Grunde selbstverständliche Prinzipien unseres Rechts: Das Recht zur Verwertung eines Vermögensobjektes steht regelmäßig dessen Inhaber, bei einer Sache dem Eigentümer, zu. Von seinem Willen hängt es grundsätzlich ab, ob Dritte- z. B. seine Gläubiger- das Objekt (die ihm gehörende Sachen) veräußern und gegebenenfalls den Erlös für sich behalten können. Die rechtsgeschäftliche Verwertungsbefugnis, insbesondere aufgrunddes Vertragspfandrechts, ist Ausdruck dieses Prinzips. Die Tatsache, daß jemand Gläubiger eines anderen ist, ändert an sich nichts an dieser Prämisse. Möglich bleibt dem Gläubiger allerdings in dem vom Staat vorgegebenen Verfahren, den eigenen Anspruch überprüfen zu lassen und danach mit gerichtlicher Hilfe seinen Anspruch durchzusetzen. Auch hier erlangt er letztlich ein Verwertungsrecht, das Pfändungspfandrecht. Dieses bezieht die Legitimation nicht aus dem Willen des Rechtsinhabers, sondern aus einem hoheitlichen Akt und der Legitimation eines Gerichtsverfahrens. Gesetzliche Verwertungsrechte sind insofern eine Durchbrechung dieser Prinzipien: Ohne Herleitung aus dem Willen des ansonsten am (Verwertungs-)Objekt Berechtigten und ohne legitimierendes Verfahren steht ihrem Inhaber die "Befugnis zur Verwertung" an dem fremden Objekt zu. Allein auf Basis einer abstrakten gesetzlichen Anordnung entsteht ein Recht zur Verwertung und zur Befriedigung der
28
l. Abschn.: Einleitung
Forderung aus dem Verwertungserlös (daher die Bezeichnung "gesetzliches Verwertungsrecht" 1). Es versteht sich im Grunde von selbst, daß diese einleitenden Worte nicht dazu dienen, eine neue theoretische Erkenntnis zu vermitteln. Zweck dieser Einleitung ist vielmehr, ins Bewußtsein zurückzurufen, was in der Folge präsent sein soll: Das Verwertungsrecht ist eine sehr weitgehende Befugnis, da durch seine Ausübung alle bisher bestehenden Rechte an dem Objekt erlöschen2 und wirtschaftlich damit in vielen Fällen eine Teilwertvernichtung einhergeht. Letzteres deswegen, weil die Zwangssituation der Verwertung bekanntlich häufig dazu führt, daß für das Verwertungsobjekt nicht der sonst "am Markt" zu erzielende Erlös erlangt wird. Derart weitgehende Rechte sind verständlich, wenn sie ihre Legitimation aus dem Willen des Eigentümers oder zumindest aus der Macht des gerichtlichen Verfahrens herleiten. Die gesetzlichen Verwertungsrechte entstehen unabhängig davon und müssen daher als etwas Ungewöhnliches angesehen werden. 1. Ausgangsfrage
Mit der Bereitschaft ausgestattet, sich über die Existenz gesetzlicher Verwertungsrechte zu wundem, kann man sich die Frage stellen, in welchen Situationen und mit welcher Zwecksetzung unsere Rechtsordnung solche Befugnisse einräumt. Die Antwort kann sehr einfach sein, ist dann aber entsprechend nichtssagend: Gesetzliche Verwertungsrechte entstehen immer dann, wenn eine entsprechende Norm die Entstehung vorsieht. Es wäre ersichtlich unbefriedigend, wollte man sich auf diese Antwort beschränken. Trotzdem wird jeder, der mit dieser Auskunft nicht zufrieden ist und sich auf die Suche nach einer Erklärung nach dem dahinterstehenden "Warum" macht, lange suchen können. Trotz vielfacher Abhandlung des Themengebietes wird er kaum eine und schon gar keine übergreifende Antwort bekommen3. Beginnt man selbst anhand praktischer Beispiele zu überlegen, offenbart sich tatsächlich ein nur wenig systematisch erscheinendes Bild. a) Beispielsfall
Der Eigentümer eines großen Grundstückes, auf dem eine kleine Lagerhalle steht, bspw. ein rüstiger Ruheständler, überlegt sich, was er mit dieser Halle anfangen kann. Ihn drängt es nach Beschäftigung und vielleicht lockt ihn auch ein möglicher Nebenverdienst. Er mag zunächst auf den Gedanken kommen, daß ein BeI
So bereits Windscheid § 231; für das heutige Recht Wolf SR Rn. 584; zum Begriff noch
s. 35. 2
3
So insb. § 1242 BGB, anders u.U. bei Immobilien §52 ZVG. Siehe S. 30 f. und insb. ab S. 417.
l. Abschn.: Einleitung
29
kannter ihn neulich gefragt hat, ob dieser - gegen ein Entgelt - in der Halle seine beiden Oldtimer unterstellen kann. 'Das wäre eine Möglichkeit', mag der Ruheständler denken, er könnte diesen anrufen und sagen, daß er die Autos verwahrt und nach dem Rechten schaut. Andererseits, so mag es ihm einfallen, ist er sich der Zahlungsfähigkeit des Bekannten nicht so sicher, aber Vorkasse zu verlangen wäre wohl etwas beleidigend. Und unter diesem Gesichtspunkt scheidet natürlich auch die Frage nach einer Sicherheit für das Entgelt aus. Aus dem Betrachtungswinkel möglicher entstehender Verwertungsrechte könnte man feststellen, daß die Autos ihm jedenfalls dann als nötige Sicherheit dienen, sofern er kraft Gesetzes ein Befriedigungsrecht an den Oldtimern hätte. Von der beschriebenen Ausgangslage her spricht allerdings viel dafür, daß der anvisierte Vertrag als Verwahrungsvertrag gern. §§ 688 ff. BGB zu qualifizieren ist. Die Betrachtung der zugehörigen Normen zeigt dann sehr schnell, daß für diesen Vertragstyp kein gesetzliches Verwertungsrecht vorgesehen ist. Es bliebe ihm zwar (als Besitzer der Wagen) ein Zuriickbehaltungsrecht nach § 273 BGB, aber dieses - so müßte man ihm sagen - ist längst kein so guter Schutz4 und berechtigt insbesondere nicht zur Verwertung der Autos. Etwas besser wäre es unter diesen Umständen schon, wenn der Ruheständler sich nicht um die Wagen kümmern, sondern dem Bekannten die ganze Halle bloß vermieten würde, denn dann stünde ihm ein gesetzliches Pfandrecht gern. §§ 559 ff. (neu: §§ 562 ff.) BGB zur Verfügung. Zwar könnte er die Oldtimer schon mangels Zugriffs (Besitz) nicht selbst veräußern, aber immerhin hätte er - insolvenzfest das Recht dazu5 . Wendete der Pensionär traurig ein, daß gerade das "betreute" Verwahren für ihn ein lukratives Geschäft sein könnte, weil ihm eine Menge Bekannte einfallen, die bei ihm Sachen lagern wollten, könnte man ihm eine neue Perspektive aufzeigen: Wenn er ein gewerbliches Lagergeschäft betriebe, wäre die Ausgangsposition deutlich besser. Für den gewerblichen "Verwahrer", den Lagerhalter, sieht§ 475b HGB ein gesetzliches Pfandrecht vor, auf dessen Basis er selbst - ohne vorherigen Rechtsstreit - die Sachen verwerten könnte. Wenn der Ruheständler überhaupt Kaufmann wäre, würde sich seine Stellung - mit Blick auf die gesetzlichen Verwertungsrechte - ohnehin verbessern, weil er auch weitergehend ohne Einlagerung an in seinem Besitz befindlichen Sachen seiner Schuldner ein Befriedigungsrecht nach §§ 369 ff. HGB hätte. Auf die erstaunte Frage des Pensionärs, wieso er als doch schutzbedürftiger Privatmann schlechter gestellt sei als ein Professioneller, müßte man feststellen, daß dies aus der Sicht des Gesetzgebers hier wohl nicht die entscheidende Frage sei. Es wäre noch ein weiterer Hinweis möglich: Die Befugnis, die Autos als Sicherheit zu verwerten, könnte ihm im Fall der (nicht-gewerblichen) "Verwahrung" allen4
5
Man denke nur an den Insolvenzfall, näher noch S. 70 ff.
Zu den durch die Rechte vermittelten Befugnissen näher S. 51 ff.
30
1. Abschn.: Einleitung
falls zustehen, wenn er keinen Vertrag mit seinem Bekannten hätte, da ihm dann möglicherweise über§§ 1000 ff. BGB geholfen werden könnte. Sicher wäre dies allerdings nicht ...6 Wenn unser Ruheständler aus dieser Schilderung heraus vermutet, daß der vertragliche Verwahrer anscheinend der einzige sei, der ohne gesetzliches Verwertungsrecht auskommen muß, wird der Jurist abwinken: Das deutsche Recht kennt derzeit zweiundzwanzig Entstehungstatbestände für gesetzliche Verwertungsrechte7, die zwar einen durchaus weiten Bereich abdecken, aber ebenso eine umfassende Anzahl von Gläubigern ohne ein solches belassen. Als (schwachen) Trost kann man jedem Verwahrer weitere Beispiele aufzählen, in denen vergleichbare Sachverhalte insoweit höchst unterschiedliche Ergebnisse zur Folge haben: So ist derjenige, der Personen mit einem Schiff befördert, durch ein gesetzliches Pfandrecht an den Sachen des Reisenden gesichert (vgl. § 674 HGB, § 77 Abs. 2 BSchG); wer dagegen Personen an Land befördert, hat kein Sicherungsrecht8 (regelmäßig nicht einmal aus § 273 BGB). Wer beispielsweise ein Kunstwerk transportiert oder restauriert, hat zur Sicherung seiner Forderung, solange er es im Besitz hat, ein gesetzliches Pfandrecht (§§ 441 HGB, 647 BGB). Wer dagegen über das Kunstwerk "nur" ein Gutachten erstellt, oder wenn ein Rechtsanwalt gerichtlich durchsetzt, daß sein Mandant das Kunstwerk zurückerhält, haben der Gutachter (trotz Werkvertrags) und der Anwalt auch dann kein Pfandrecht wegen ihrer Entgeltforderungen, wenn sie Besitz an dem Kunstwerk erlangen9.
b) Fragestellung
Um auf den Ausgangspunkt zurück zu kommen, läßt sich feststellen, daß man auf den ersten Blick nicht einmal grobe Leitlinien erahnen kann, die ein allgemeines Prinzip der Entstehung begründen können. Im Grunde erscheint es beinahe willkürlich, wer ein gesetzliches Verwertungsrecht erhält. Einen ähnlichen Eindruck erhält man, wenn man die Situationen der gesicherten Gläubiger oder auch die einzelnen Verwertungsrechte miteinander vergleicht. Auch hier zeigt sich, daß 6 Zum Befriedigungsrecht des unberechtigten Besitzers noch ab S. 199, dort auch zum Streit über die Voraussetzungen der Anwendbarkeit. 7 Sechs im BGB, zehn im HGB, vier im BSchG und zwei in Sondergesetzen, alle abgedruckt im Anhang. Nicht mitgezählt ist die Sonderkonstruktion in § 77 S. 2 VVG, dazu s. 134. s Anders allenfalls dann, wenn der Fahrgast im Beförderungsmittel auch übemachtet (dann evtl. Gastwirtpfandrecht); zur Einordnung des "Schlafwagenvertrages" als Gastwirtvertrag Gurtenberg in Chiotellis I Fikentscher S. 423, 426 ff. 9 Obwohl Rechtsanwälte ansonsten über eine starke Lobby verfügen. Die Österreichischen Kollegen erfreuen sich eines gesetzlichen Pfandrechtes gern. §§ 19 IV, 19a öRAO an der Kostenersatzforderung gegenüber dem Gegner, siehe unten S. 408.
1. Abschn.: Einleitung
31
trotzverbindender Norm(§ 1257 BGB) die Rechte mehr oder weniger individuellen Regeln folgen, so daß gerade bei den Entstehungstatbeständen eine kaum zu überblickende Vielfalt besteht (näher noch S. 44 ff.). Blickt man in die Literatur zu den gesetzlichen Verwertungsrechten, wird dieser Eindruck im Prinzip weiter bestätigt. Man findet kaum Antworten, nach welchen Kriterien bzw. nach welchen Grunderwägungen eine Konstituierung von gesetzlichen Verwertungsrechten erfolgt 10. Häufig findet sich nicht einmal in den Einzelbetrachtungen der speziellen Entstehungstatbestände eine Rechtfertigung für das betreffende Verwertungsrecht Es gibt- in Anbetracht dieser Ausgangslage vielleicht verständlich - praktisch keine Abhandlungen, die sich übergreifend mit gesetzlichen Sicherungs- oder Verwertungsrechten beschäftigen 11 . Die übrigen behandeln entweder nur Einzelrechte 12 oder sind zwar übergreifend, aber nur auf Einzelaspekte der Rechte bezogen 13 . Das Fehlen von Strukturen in diesem Bereich hat Konsequenzen auch auf der Ebene der Rechtsanwendung. Dadurch, daß es keine übergreifenden Ansätze zu den gesetzlichen Verwertungsrechten zu geben scheint, fehlt es auch bei der Auslegung, beim Verständnis des einzelnen Entstehungstatbestandes der gesetzlichen Verwertungsrechte an verbindenden Leitlinien. Vom Ansatz her erscheint es naheliegend, bei Zweifeln im Rahmen eines Entstehungstatbestandes für ein gesetzliches Pfandrecht im Wege einer systematischen Auslegung auf andere gesetzliche Verwertungsrechte zu blicken und dort vorhandene Lösungsansätze zu übertragen. Ob dies aber möglich ist, erscheint fraglich, wenn es keine verbindenden - und damit die Übertragung rechtfertigenden - Kriterien gibt. Um auf das einführende Beispiel zurück zu kommen, kann man (z. B. für den Verwahrer) weiter die Frage stellen, ob das Fehlen seiner gesetzlichen Sicherung nicht ein - durch Gesamtanalogie - zu überbrückender Irrtum des "Gesetzgebers" ist. Eine Antwort ist darauf nur möglich, wenn man anband von Grundprinzipien sagen kann, wann ein gesetzliches Verwertungsrecht besteht und wann nicht. Damit hängt auch die Frage zusammen, ob diese Benachteiligung nicht sogar auf "höherer Ebene" anstößig ist: So kann man durchaus überlegen, ob nicht die fehlende gesetzliche VerwertungsZu den vorhandenen Ansätzen ausführlich im 3. Abschnitt, S. 417 ff. So nur die Dissertationen von Röske (1970), der sich aber im Grunde auf eine Darstellung der Gesetzeslage beschränkt, und Palmberger (1975). Letztgenannter behandelt zwar übergreifend die Pfandrechte, durch seinen Untersuchungsgegenstand (IPR) erreicht er aber wiederum ein enge Begrenzung. 12 Z. B. Bahls (1971): Schiffsgläubigerrechte; Riemenschneider (1967): Werkuntemehmersicherung; Siber (1900): Vermieter-, Verpächter-, Gastwirtpfandrecht, weitere Nachweise im Literaturverzeichnis. 13 So zum Anwartschaftsrecht als Sicherungsgegenstand die Beiträge von Reinicke (1941); Fuchs AfBR 34 (1910), 368 ff.; Palmberger zu gesetzlichen Pfandrechten im IPR; diverse Arbeiten zum Erwerb vom Nichtberechtigten, so die Dissertationen von Friesland (1932); Frohn (1962); Heckscher (1966); weitere nachgewiesen bei Benöhr ZHR 135, s. 144 ff. 10
11
32
I . Abschn.: Einleitung
befugnis eine willkürliche Schlechterstellung dieses Gläubigers gegenüber "Gleichen" ist, die den Vorwurf verfassungsrechtlich bedenklicher Ungleichbehandlung nach sich zieht. Denn auch im Zivilrecht gilt im Grundsatz, das Gleiches gleich zu behandeln ist 14• Ein Ausgangspunkt für die "Isolation der einzelnen Entstehungstatbestände" findet sich schon in den Materialien zum BGB. In den Motiven ist folgende Passage zu lesen: .,Die Voraussetzungen der Begründung des gesetzlichen Pfandrechtes .... sind lediglich den betreffenden Gesetzen zu entnehmen.( . .. ) Bei der inneren Verschiedenheit des zur Begründung verlangten Thatbestandes wird eine aushülfsweise Heranziehung der Vorschriften über die rechtsgeschäftliche Begründung kaum in irgendeinem Punkte gerechtfertigt sein. " 15 Man kann mit gutem Recht daran zweifeln, daß auf diese Weise der ,,Entdeckung" einheitlicher Prinzipien auf Dauer eine Absage zu erteilen ist. Es spricht vielmehr durchaus einiges dafür, daß es gewisse Parallelen zwischen den betreffenden Rechten geben muß, die zumindest eine Gruppenbildung ermöglichen. Auf diese Weise könnte man dann auftretende Fragen der Rechtsanwendung durch Vergleiche innerhalb der Gruppe lösen helfen. Der Gegenstand dieser Arbeit ist damit offenbart: Untersucht werden soll zum einen, nach welchen Kriterien im geltenden Recht gesetzliche Verwertungsrechte konstituiert werden, d. h. welche Rechtfertigung dem Gesetzgeber bei der Schaffung vorschwebte oder - bei Entwicklung aus einer längeren Tradition - aus welchem Umfeld sie entstanden sind. Zum anderen sind die Entstehungstatbestände als solche Untersuchungsgegenstand. Das Ziel ist dabei, eine Übersicht über die Entstehungsvoraussetzungen zu erstellen und so Unterschiede und Parallelen zu erkennen. Auf dieser Grundlage ist dann auch eine Klärung von Strukturen und Grenzen der Sicherung von Forderungen mittels gesetzlicher Verwertungsrechte möglich. Bei Beginn der Arbeit war der aktuelle Bezug, den die Gesetzgebung in 1998 für die gesetzlichen Verwertungsrechte gebracht hat, noch nicht abzusehen. Drei legislatorische Projekte traten in Kraft, die zwar nicht generelle, im einzelnen aber doch nicht unerhebliche Änderungen brachten: Mit dem Transportrechtsreformgesetz wurden die drei ,,Landtransportpfandrechte" modifiziert und erweitert (vormals §§ 410, 421, 440 HGB a.F., nunmehr- genannt unter Beibehaltung der alten Reihenfolge-§§ 464, 475b, 441 HGB) sowie gleichzeitig zwei (Sonder-) Entstehungstatbestände für gesetzliche Verwertungsrechte (§ 22 OLSchV0 16 und § 22 GüKUMB 17) und zwei Verweisnormen 18 entfernt. Mit dem Gesetz zur Änderung 14 In diesem Sinne, ohne Art. 3 GG zu bemühen, Larenz Methodenlehre S. 334, 381 f. Näher zu diesem Problem noch im Befund S. 525 f., 560 ff. 15 Mugdan Ili S. 444. 16 Pfandrecht des Lagerhalters bei Ausgabe eines Orderlagerscheines, das etwas über das gewöhnliche Lagerhalterpfandrecht (vormals § 421 HGB) hinausging, siehe dazu z. B. § 22 Abs. I S. 2, Abs. 3 OLSchVO.
l. Abschn.: Einleitung
33
der Haftungsbeschränkung in der Binnenschiffahrt wurden unter anderem die binnenschiffahrtsrechtlichen Schiffsgläubigerrechte überarbeitet (§§ 102 ff. BSchG) und zugleich die- praktisch seit Jahrzehnten irrelevanten -Pfandrechte des Flößereigesetzes beseitigt 19• Zuletzt war der Gesetzgeber auch schöpferisch tätig und hat mit dem - nichts anderes regelnden - Opferanspruchssicherungsgesetz seit vielen Jahren erstmalig wieder ein neues gesetzliches Pfandrecht geschaffen (näher S. 309 ff.). Auf diese Reformen wird im Rahmen der Untersuchung zuriick zu kommen sein. 2. Ablauf der Untersuchung
In Anbetracht des Fehlens übergreifender Leitlinien bei der Entstehung gesetzlicher Verwertungsrechte ist der notwendige nächste Schritt dieser Untersuchung eine Bestandsaufnahme des geltenden Rechtes. Die systematische Betrachtung setzt die Kenntnis der bestehenden Rechtslage voraus, so daß der zweite Abschnitt insoweit eine Dokumentation des geltenden Rechtes, eine "Bestandsaufnahme" enthält. Die besondere Aufmerksamkeit richtet sich dabei auf die Entstehungstatbestände. Gleichzeitig sollen die rechtfertigenden Erwägungen für die Verwertungsbefugnisse ermittelt werden. Als weiterer Schritt wird im dritten Abschnitt ein "Befund" erstellt, in dem- soweit möglich- übergreifende Ergebnisse aufgezeigt werden. Die eigentliche Untersuchung, die an diesen einleitenden Abschnitt anschließt, setzt sich daher aus zwei Hauptteilen, der Bestandsaufnahme (2. Abschnitt) und dem Befund (3. Abschnitt) zusammen. In einem letzten, vierten Abschnitt werden mittels 12 Thesen die wesentlichen Ergebnisse zusammengefaßt. Die Arbeit ist so aufgebaut, daß man die Hauptteile, d. h. den Befund und die Bestandsaufnahme unabhängig voneinander lesen und verstehen kann. Die Bestandsaufnahme führt mitunter weit in Einzelheiten des betreffenden Verwertungsrechtes hinein, die nötigen Bezüge zum Verständnis - gerade auch im Befund werden durch Querverweise in den Fußnoten hergestellt.
17 Pfandrecht des Transporteurs von Handelsmöbeln, das hins. der gesicherten Forderungen über das gewöhnliche Pfandrecht des damaligen § 440 HGB (nicht aber den heutigen § 441 HGB) hinausging, vgl. MüKo-HGB/ Dubischar § 22 GüKUMB Rn. l. 18 § 457 HGB (Eisenbahnfracht) und § 26 BSchG (Binnenschiffahrtsfrachtverträge) verwiesen für diese Verkehrsmittel auf den seinerzeit- über§ 425 HGB (vgl. nun§ 407 HGB)enger gefaSten § 440 HGB. 19 Aufhebung des Flößereigesetzes in Artikel 13, BGBI. I 1998, S. 2499: Unter Flößerei ist die - so lange nicht mehr praktizierte -gewerbliche Holzbeförderung mittels als Floß verbundener Hölzer zu verstehen gewesen, vgl. Mittelstein Ehrenbergs Hdb. VII/1 S. 435. Als Anekdote sei erwähnt, daß im Zuge der jetzt erfolgten Insolvenzrechtsreform das Gesetz (hins. der Verweise auf die KO) angepaßt wurde, daß man aber zur Einführung des BOB (soviel schon zur damaligen Bedeutung des nur fünf Jahre früher erlassenen Gesetzes) die Anpassung übersehen hatte und vor lnkrafttreten der InsO die Aufhebung erfolgt ist.
3 Bechtloff
2. Abschnitt
Bestandsaufnahme Der Abschnitt zur Bestandsaufnahme beginnt mit einem allgemeinen Teil (A.), der die dieser Abhandlung zugrundeliegenden Begriffe aufgreift, klärt und abgrenzt. Als zweiter Schritt wird anschließend in einer allgemeinen, d. h. die Verwertungsrechte als Ganzes erfassenden Form in die eigentliche Bestandsaufnahme eingestiegen: Im Prinzip stellt sich für jeden Gläubiger die Frage, ob er sich selbst sichern sollte oder auf ein gesetzliches Recht vertrauen kann. Zur Beantwortung muß er klären, ob ein derartiges Recht zu seinen Gunsten besteht und wenn, ob es in der Ausgestaltung seinen Bedürfnissen genügt. Um dies vorab - d. h. in Unkenntnis späterer konkreter Probleme- zu beurteilen, lassen sich Kriterien entwikkeln, anband derer er seine Sicherungssituation untersuchen muß. Solche Kriterien sind nicht nur für den einzelnen Gläubiger von Nutzen, sondern auch für diese Systematisierung: Verwertungsrechte dienen - jedenfalls im Grundsatz - dazu, die Gläubigerposition zu stärken, so daß es für eine übergreifende Betrachtung nahe liegt, mit Hilfe dieser Kriterien die Rechte zu vergleichen. Für die in dieser Arbeit nicht im Vordergrund stehenden Kriterien werden bereits in diesem allgemeinen Teil (A.) Feststellungen getroffen und so die zum Verständnis des Gesamten nötigen Grundlagen geklärt. Im übrigen - und insbesondere für die Grundsätze der Entstehung der Verwertungsrechte - liefert dieses Kapitel das Arbeitsprogramm, anhand dessen im weiteren Verlauf die Bestandsaufnahme der speziellen Entstehungstatbestände erfolgen kann. Im Hauptteil dieses Abschnittes (B.) werden die einzelnen Entstehungstatbestände der gesetzlichen Verwertungsrechte nacheinander vorgestellt und nach dem zuvor entwickelten Schema untersucht. Zum Abschluß des Abschnittes (C.) wird ein kurzer rechtsvergleichender Blick auf Regelungsmodelle unserer ausländischen Nachbarn (England, Frankreich, Österreich und die Schweiz) geworfen. Dies verschafft nach der zuvor erfolgten Feststellung der Situation im deutschen Recht die nötige Distanz für den im dritten Abschnitt anschließenden Befund.
I. Der Begriff des .,gesetzlichen Verwertungsrechts"
35
A. Gesetzliche Verwertungsrechte als Sicherungsform I. Der BegritT des ,.gesetzlichen Verwertungsrechts" Zu Beginn der Untersuchung ist es sinnvoll, eine Klärung des in dieser Arbeit zentral verwendeten Terminus "gesetzliches Verwertungsrecht" vorzunehmen. Der so gewählte, aus zwei Komponenten bestehende Begriff (Recht auf Verwertung und gesetzlich) vermittelt zwar schon aus seiner reinen Begrifflichkeit heraus eine Vorstellung über die ihm wesentlichen Inhaltskomponenten und damit die unter den Begriff fallenden Einzelrechte. Er wird aber nur selten verwendet 1, obwohl sich eine Untersuchung von Rechten unter diesem Aspekt lohnt (wie sich zeigen wird). Die wesentlichen Merkmale des Begriffes und damit die verbindenden Komponenten der Einzelrechte darzustellen, dient hier zum einen dazu, Mißverständnisse zu vermeiden und die vertretenen Thesen diskussionsfähig zu halten. Zum anderen läßt sich auf diese Weise verdeutlichen, wieso eine Untersuchung gerade aus diesem Blickwinkel interessant ist. 1. Verwertungsrecht
Die Verwertungsrechte sind eine spezielle Untergruppe der "Sicherungsrechte"2 : Das den Begriff prägende Kriterium- die Befugnis zur Verwertung- hat die Funktion, dem Inhaber des Rechtes zur Durchsetzung eines Anspruchs zu verhelfen und so von der persönlichen Leistungsfähigkeit des Anspruchsgegners (Schuldners) unabhängig zu sein. Da das Verwertungsrecht regelmäßig mit dem durchzusetzenden Anspruch nicht identisch ist, dient es zu dessen Sicherung, ist also ein Sicherungsrecht. Für die später noch näher zu betrachtenden, spezialgesetzlich geregelten Ausnahmefälle (z. B. dem Havereipfandrecht nach dem BSchG), in denen es dieses Nebeneinander nicht gibe, paßt der Oberbegriff Sicherungsrecht im rechtlichen Sinne zwar nicht. Trotzdem sind diese Verwertungsrechte natürlich nie Selbstzweck, sondern dienen ebenso der Durchsetzung einer zumindest wirtschaftlich vom Recht zu trennenden Geldforderung4 • In einem weiteren (zumindest ökonomischen) Sinne ist der Oberbegriff "Sicherungsrecht" somit auch für diese passend. I Der ansonsten sehr umfassende Index des Palandt weist gerade einen einzigen Eintrag zum "Verwertungsrecht" auf (,,Ein! 6 vor §§ 854 ff." - tatsächlich ist es Rn. 5). Auch auf systematische Darstellung ausgerichtete Werke, wie Baur/Stümer, verwenden den Begriff nur selten, vgl. deren Sachregister. 2 Andere Gruppen von Sicherungsrechten sind (bei funktioneller Aufteilung) bspw. die reinen - Zurückbehaltungsrechte oder Forderungsrechte gegenüber Dritten (die Personalsicherheiten). Oft werden die Sicherungsrechte nicht funktionell, sondern objektbezogen unterteilt, vgl. z. B. Schwabl Prütting Rn. 616. 3 Zu diesen Fällen einer rein dinglichen Haftung in§§ 89, 97 BSchG siehe S. 326 ff., 342, 344f. 4 So ist bspw. bei der Haverei der Gläubiger nicht an der Verwertung des Sicherungsobjektes, sondern nur an der Befriedigung seines Vergütungsanspruchs interessiert. Daran ändert
3*
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- A. Gesetzliche Verwertungsrechte
Ein Verwertungsrecht vermittelt zur eben erwähnten Sicherung die Befugnis zur Verwertung, und das meint gewöhnlich die Veräußerung der als Sicherungsobjekt erfaßten Sache (bzw. den Einzug dererfaßten Forderung5 ). Das besondere Interesse, das in der Befugnis damit sehr starke (Verwertungs-)Recht zu untersuchen, ergibt sich gerade daraus, daß eine so weitgehende Befugnis zum Eingriff in Rechte Dritter "gesetzlich" entsteht (zu diesem Begriffsteil noch unter 2.). Betrachtet man die üblicherweise als "Verwertungsrechte" bezeichneten Rechtstypen6, stößt man auf das Mobiliarpfandrecht, das Grundpfandrecht und die Reallast. Da die beiden letztgenannten aber nicht gesetzlich, sondern nur durch einen rechtsgeschäftliehen Bestellungsakt entstehen, spielen sie im folgenden keine Rolle. Zurecht wird jeder daher vorrangig an die gesetzlichen (Mobiliar-)Pfandrechte denken, wenn man mit dem Begriff "gesetzliches Verwertungsrecht" konfrontiert wird. Die gesetzlichen Pfandrechte sind die wichtigste Gruppe, aber eben doch nur ein Teilbereich. Die üblichen Aufzählungen der Verwertungsrechtstypen erfolgen stets aus dem Blickwinkel des Sachenrechtes und beschränken sich auf die "klassischen" dinglichen Rechte. Für diese Untersuchung wurde bewußt nicht der geläufigere, aber begrifflich engere Terminus "Pfandrecht" als das klassische Verwertungsrecht gewählt. Ein solcher Ansatz würde von vomherein die Zurückbehaltungsrechte mit Verwertungsbefugnissen (§ 1000 BGB, § 369 HGB) ausklammern, die tatsächlich mehr Gemeinsamkeiten mit den gesetzlichen Pfandrechten aufweisen als mit dem Zurückbehaltungsrecht nach§ 273 BGB7 . Die funktionale Abgrenzung nach der Befugnis hat weiter den Vorteil, daß man weniger von traditionellen begrifflichen Vorprägungen gefangen ist als beim Pfandrechtsbegriff. Für die Antwort auf die Frage, wann und warum unser Gesetz dem Gläubiger eine so weitgehende Befugnis einräumt, spielt es im übrigen keine Rolle, ob ein Recht dinglichen Charakter hat oder nicht. Es wird noch näher gezeigt, daß die beiden Typen, die gesetzlichen Pfandrechte und die beiden Zurückbehaltungsrechte, sich hinsichtlich des Selektionskriterium "Verwertungsbefugnis" nicht unterscheiden: Alle- im weiteren Verlauf näher bezeichneten - Rechte vermitteln die Befugnis, das Sicherungsobjekt zu verwerten. Bei näherer Betrachtung kann man dann zwar gleichwohl feststellen, daß die gewährten Befugnisse durchaus differieren, insbesondere die einen zur unmittelbaren Verwertung (im Sinne der §§ 1234 ff. BGB), die anderen erst nach gerichtlicher Feststellung der Befugnis zur Verwertung berechtigen8 . Diese Unterschiede trennen dabei aber nicht die Pfandrechte von den Zurückbehaltungsrechten, sondern sich nichts, wenn - wie im Rahmen des § 89 BSchG - sich sein Anspruch auf die reine Verwertung beschränkt, wie gerade die andere Ausgestaltung des Seerechtes anschaulich zeigt, zum Ganzen S. 321 ff., 330 ff. s So insb. beim Opferpfandrecht, siehe zu diesem S. 309 ff. 6 Vgl. z. B. Baur/Stümer § 3 Rn. 39-41; Palandt/Bassenge Ein! v § 854 Rn. 5. 7 Vgl. noch S. 55 ff., 57, 73; in diesem Sinne auch Canaris HR23 § 30 Rn. 2. s Dazu näher S. 57 ff.
I. Der Begriff des "gesetzlichen Verwertungsrechts"
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vielmehr gibt es beide Varianten für beide Typen (vgl. nur§ 1003 Abs. 1 S. 2 BGB einerseits, § 371 Abs. 3, 4 HGB andererseits, dazu ab S. 55). Zur Abgrenzung ist noch klarzustellen, daß die Befugnis zur Aufrechnung kein Verwertungsrecht in diesem Sinne ist. Die Aufrechnung führt zwar gleichfalls zur Befriedigung eines Anspruchs durch einen "Eingriff' in ein vom Anspruch zu unterscheidendes "Sicherungsobjekt" (die im Aufrechnungsrecht sogenannte Hauptforderung) und hat so durchaus Sicherungsfunktion9 . Es bestehen weiter- wie sich zeigen wird - strukturelle Parallelen zu manchen Verwertungsrechten; gleichwohl wird sie aber zurecht allgemein nicht als Verwertungsrecht angesehen. Die Ursache liegt darin, daß die Befriedigung über die Aufrechnung der üblichen Erfüllung so nahe kommt, daß man den Eingriff in das Sicherungsobjekt nicht als Verwertungsakt wertet 10• Daß die Aufrechnung gleichwohl eine den gesetzlichen Verwertungsrechten verwandte Rechtsfigur ist, wird in der Folge allerdings immer wieder deutlich werden 11 • 2. Gesetzlich
Mit den zur Rechtfertigung der Begriffswahl Verwertungsrecht gemachten Ausführungen wurde auch das Merkmal "gesetzlich" im Sinne von "nicht durch Rechtsgeschäft entstanden" eingeführt. In diesem Kapitel ist aufzuzeigen, daß dieses Verständnis durchaus nicht begriffsnotwendig ist. Der Terminus "kraft Gesetzes entstandenes Pfandrecht", als Sammelbegriff im Gesetz verwendet(§ 1257 BGB), ist keineswegs eindeutig. Die Tatsache, daß- wie oben gezeigt - kaum einheitliche Prinzipien dieser Rechtsfigur anerkannt werden, gab bislang auch wenig Anreize, eine allumfassende Definition zu versuchen: Man muß schon bezweifeln, daß es zulässig ist, allein durch die Zuordnung eines Rechtes zu einer Obergruppe Rückschlüsse auf dessen Inhalt zu ziehen. Der Vorteil einer solchen Zuordnung verschwindet aber endgültig, wenn allgemeine rechtliche Inhalte nicht einmal für die Obergruppe anerkannt sind. Zumindest im Rahmen des § 1257 BGB (und für diese Untersuchung natürlich auch) wird aber eine Abgrenzung notwendig, denn diese Bestimmung schafft eine notwendige und - da gesetzlich angeordnet - jedenfalls zulässige Vereinheitlichung. Die Aufzählungen in den Kommentaren zu § 1257 BGB sind bei der Erfassung der gesetzlichen Pfandrechte fast einheitlich 12• Genannt sind dort zunächst die ge9
Zur Sicherungs- und Vollstreckungsfunktion der Aufrechnung Bötticher FS Schima
s. 95 ff.
lO Im Unterschied zum Forderungspfand (§§ 1273 ff. BGB) tritt die Verwertung auch nicht aus dem Verhältnis Gläubiger I Schuldner heraus nach außen. ll Siehe bspw. S. 124 f. und noch näher ab S. 436. 12 Staudinger/Wiegand § 1257 Rn. 1; MüKo-BGB/Damrau § 1257 Rn. 1; Errnan/Küchenhoff/Michalski § 1257 Rn. 1; Soergei/Mühl § 1257 Rn. 1; RGRK-BGB/ Kregel§ 1257
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- A. Gesetzliche Verwertungsrechte
setzliehen Pfandrechte, die als Annex zu den vertraglichen Schuldverhältnissen geregelt sind (sog. vertragsbegleitende Pfandrechte) 13, spezielle schiffahrtsrechtliche Pfandrechte 14, das Früchtepfandrecht 15 nach dem FPG und das Pfandrecht des Hinterlegungsberechtigten (§ 233 BGB; nebst steuerrechtlichem Pendant aus § 242 S. 3 A0 16). Zu beachten ist, daß die Kommentierungen zumeist nicht auf dem neuesten Stand sind und jedenfalls die umfangreichen Änderungen aus 1998 nicht berücksichtigen 17 • Wegen des letztgenannten Rechtes, dem Hinterlegungspfandrecht aus § 233 BGB, bestand in den sechziger Jahren ein Streit über den Begriff des "gesetzlichen Pfandrechts". Das auch als Kautionspfandrecht bezeichnete Recht entsteht bei der Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren (zwecks Sicherheitsleistung) zugunsten des Hinterlegungsberechtigten, d. h. desjenigen, zu dessen Gunsten die Hinterlegung erfolgt. Da nun aber der Schuldner die dann pfandbehaftete Sache 18 gerade mit dem Willen hingibt, sie als Sicherheit zur Verfügung zu stellen, hat Henk/ 9 argumentiert, daß es sich dabei nicht um ein gesetzliches, sondern um ein rechtsgeschäftliches Pfandrecht handelt. Dem ist entgegengehalten worden, daß die Sicherheitenstellung bei der Hinterlegungsstelle keine dingliche Einigung im Sinne von § 1205 BGB sei. Es könne historisch belegt werden, daß gesetzliche Pfandrechte alle die seien, die nicht als Vertragspfand entstehen (und damit auch das Kautionspfand, das zwar an einer als Sicherheit zur Verfügung gestellten Sache, aber nicht nach§§ 1205 ff. BGB entsteht) 20•
Rn. 1; Palandt!Bassenge § 1257 Rn. 1; dagegen bietet Jauemig § 1257 Rn. 1 ausdrücklich eine reine Auswahl. 13 §§ 559 (neu: 562), 583, 592, 704 BGB; §§ 397, 441, 464, 475b, 623, 674 HGB; § 77 BSchG. Die Kommentare verweisen allerdings alle noch auf mehr oder weniger alte Vorgänger-Vorschriften, siehe Fn. 17. 14 §§ 726, 752, 754 ff. HOB;§§ 89, 97, 102 ff. BSchG. 15 Der bei Erman/Küchenhoff/Michalski § 1257 Rn. 1 genannte § 1212 BOB ist wohl kein Fall eines "gesetzlichen" Pfandrechtes. Es ist ein allgemeines sachenrechtliches Prinzip, daß sich eine Belastung an dem abgetrennten Teil fortsetzt (vgl. MüKo-BGB I Quack § 953 Rn. 9). Es handelt sich daher bei § 1212 nur um das Fortwirken des rechtsgeschäftlich begründeten Pfandrechts; so auch RGRK-BGB/ Kregel§ 1212 Rn. 1 f. 16 § 242 AO wurde - dem § 233 BOB entsprechend - eingeführt, da § 233 BOB für das steuerrechtliche Verhältnis nicht gilt, vgl. 1ipke I Kruse § 242 Rn. 1; unverständlich der Hinweis von Staudinger/Wiegand § 1257 Rn. 1, der auf§ 121 AO verweist. 17 Die Aufzählungen in manchen BOB-Kommentaren zeugen nicht von näherer Beschäftigung mit der Materie. Staudinger/Wiegand § 1257 Rn. 1; Erman/Küchenhoff/Michalski § 1257 Rn. 1; MüKo-BOB/ Damrau § 1257 Rn. 1 noch auf dem Stand von vor 1973 [1. Seerechtsänderungsgesetz (SRÄG)]; aktueller Palandt/Bassenge § 1257 Rn. 1 (Stand vor den Änderungen von 1998) und Jauemig § 1257 Rn. l. 18 Die weitergehende Besonderheit, daß das Pfandrecht auch an dem Rückforderungsanspruch bestehen kann, ist für die behandelte Problematik ohne Belang. 19 AcP 161, 1, 3 ff. Er will so einen Gutglaubenserwerb ermöglichen. 20 Beunings S. 33 ff.; zustimmend Soergei/Fahse § 233 Fn. 3.
I. Der Begriff des "gesetzlichen Verwertungsrechts"
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Zu der hinter dieser Begrifflichkeit stehenden Sachfrage braucht hier keine Stellung genommen zu werden21 . Es genügt, folgende Feststellung zu treffen: Eine sinnvolles Begriffsverständnis hängt vom Zusammenhang ab, in dem der Begriff verwendet wird. Im Sinne von § 1257 BGB könnten alle die Pfandrechte als gesetzlich zu qualifizieren sein, die nicht den Entstehungsvoraussetzungen des Vertragspfandes genügen und denen man trotzdem die dazu angeordneten detaillierten Rechtsfolgeregelungen zur Verfügung stellen will. Danach wäre wohl jedes nicht nach§§ 1205 ff. entstehende (damit als rechtsgeschäftlich bezeichnete) Pfandrecht "gesetzlich" i.S.v. § 1257 BGB. Diese Begriffsbildung deckt sich allerdings wiederum nicht ganz mit den Kommentierungen zu § 1257, die neben dem rechtsgeschäftliehen des BGB und den gesetzlichen noch eine Reihe von Pfandrechten "sui generis' 422 , insbesondere das Prändungspfandrecht23 , kennen. Bei den meisten dieser "Sonderpfandrechte" könnte dies daran liegen, daß das dazu gehörige Gesetz selbst so detailliert ist, daß eine Zuhilfenahme der Vorschriften zum rechtsgeschäftliehen BOB-Pfandrecht überflüssig erscheint (so z. B. beim Pachtkreditgesetz24, das die nötigen Verweise auf das BGB selbst vornimmt, vgl. z. B. § 10 PachtkredG, beim Kabelpfandgesetz25 oder beim Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen26). Der eigentliche Grund, warum man diese Pfandrechte als solche "sui generis" qualifiziert, ist aber wohl, daß man sie als ausnahmslos rechtsgeschäftliche27, aber nicht nach §§ 1205 ff. entstehende28, nicht unter den Wortlaut § 1257 BGB ("kraft Gesetzes entstandenes Pfandrecht") subsumieren kann. Trotzdem ist es keine gewagte These zu behaupten, daß verbleibende Lücken im Zweifel dann mit einer Analogie zum Vertragspfand geschlossen würden. Dies zeigt sich insbesondere beim Prandungspfandrecht, das nach heute einheitlicher Auffassung kein gesetzliches Pfandrecht ist29 und zwar im Grunde unabhängig davon, welcher Theorie zur Rechtsnatur des Prandungspfandrechts man folgt30. 21 Es liegt meines Erachtens auf der Hand, daß die Frage des Pfandrechtserwerbes bei fehlender Berechtigung des Hinterlegenden nicht von dieser Frage abhängt. Sie wird heute auch unabhängig davon gelöst, vgl. Soergell Fahse § 233 Rn. 7. 22 Vgl. die Aufzählung bei Staudinger/Wiegand Anh zu§ 1257 Rn. 16 ff. 23 Nach wohl allgemeiner Auffassung kein gesetzliches Pfandrecht, vgl. Palandt/Bassenge § 1257 Rn. 1; Staudinger/Wiegand Anh zu § 1257 Rn. 16 (historische Begründung); Baur/Stürner §55 Rn. 47 (die dies aus§ 804 ZPO folgern). 24 (PachtkredG) Schönfelder Nr. 42; kurze Kommentierung bei Staudinger/Wiegand Anh zu§ 1257 Rn. 26 ff.m. w. N . 25 RGBI. I 1925, S. 37 ff. ; dazu Conrad JW 1925, S. 1265. 26 BGBI. I 1959, S. 57 ff.; vgl. dazu Errnan/Küchenhoff/Michalski Ein!§ 1204 Rn. 1941. 27 Daß Staudinger/Wiegand Anh zu § 1257 Rn. 29 das nicht-rechtsgeschäftliche FPGPfandrecht ebenso behandelt, hat wohl allein den Grund, daß es auf einem wenig bekannten Gesetz basiert. 28 Zumeist deswegen, weil keine Übergabe erfolgt (Registerpfandrechte), vgl. dazu Baur/ Stürner § 14 Rn. 5 f. 29 Betont wird dies vor allem in der sachenrechtliehen Literatur (vgl. Fn. 23), deutlich wird es weiter aus den Begründungen zur Rechtsnatur des Pfändungspfandes, z. B. MüKo-
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- A. Gesetzliche Verwertungsrechte
Es mag dahinstehen, ob man§ 1257 BGB nicht funktionsorientiert dahingehend auslegen kann, daß man unter "kraft Gesetzes entstanden" alle "nicht nach §§ 1205 ff. BGB entstandenen" Pfandrechte verstehe 1• Als Konsequenz würde sich ohnehin nur eine Anwendbarkeit der Vertragspfandvorschriften ergeben, soweit zum konkreten Pfandrecht nicht etwas Spezielleres geregelt ist. Kommt man insoweit im Rahmen des § 1257 BGB zu einem sehr weiten Begriff der "gesetzlichen Entstehung", ist der Terminus für diese Untersuchung enger zu begrenzen. Daß eine Sache (oder ein Recht) verwertet werden kann, wenn der Berechtigte sie bewußt zu Sicherungszwecken zur Verfügung stellt, ist für eine Rechtsordnung, die im Grundsatz davon ausgeht, daß jeder über das ihm Zugeordnete autonom verfügt32, nicht überraschend. Dies gilt unabhängig davon, ob das ,,Zur-Verfügung-Stellen" nun auf dem konstruktiven Wege des Vertragspfandes, der speziellen Sonderpfandrechte, des Sicherungseigentums oder aber auch der Sicherheitsleistung im Sinne von § 232 BGB erfolgt. Es ist hier ohne Bedeutung, ob man in einer Sicherheitsleistung im Sinne der §§ 232, 233 BGB nicht sogar die dingliche Bestellung eines Pfandrechts sehen kann33 . Jedenfalls leitet sich bei diesem die Berechtigung für die Verwertung gerade aus dem Willen dessen her, der den Wert als Sicherheit hinterlegt. Dieses Kautionspfand ist im Sinne dieser Untersuchung daher ebensowenig gesetzlich entstanden wie die oben angegebenen Sonderpfandrechte. Es ist daher festzuhalten: Wenn die Arbeit die Entstehung gesetzlicher Verwertungsrechte untersucht, geht es um die Frage, wann ein Gläubiger, ohne die Berechtigung dazu vom Eigentümer I Inhaber oder im Rahmen eines staatlich legitimierenden Vollstreckungsverfahrens ("Verstrickung") erhalten zu haben, das Recht hat, einen fremden Vermögensgegenstand zur Befriedigung der eigenen Forderung zu verwerten. Unberiicksichtigt bleiben bei dieser Untersuchung zuletzt gesetzliche Verwertungsrechte auf öffentlich-rechtlicher Entstehungsgrundlage, gleichgültig ob sie als gesetzliche Pfandrechte i. S. d. § 1257 BGB zu qualifizieren sind (wie § 242 A034) oder nicht (so wohl z. B. § 30 Abs. 5 BWaStrG35) . Nur soweit öffentlichZPO/ Schilken § 804 Rn. 4 ff.; grundlegend z. B. Säcker JZ 1971, 156, 157. Die BGB-Väter bezeichnen es allerdings noch als "in gewissem Sinne gesetzliches Pfandrecht", vgl. Mugdan II1 S. 444. 30 Insoweit auch auf Basis der öffentl.-rechtl. Theorie Baumbach/Lauterbach/ Hartrrumn § 804 Rn. l, 8; Thomas/ Putzo § 804 Rn. 5 f. oder auf Basis der "gemischten" Theorie MüKo-ZPO/ Schilken § 804 Rn. 7. 31 In diesem Sinne wohl die historische Auslegung, siehe Jak:obs/Schubert §§ 10181296 s. 993. 32 Vgl. dazu schon BechtloffZIP 1996, S. 994,996 f. 33 Zweifel nährt dabei vor allem die Konstruktion der Vertreterstellung der Hinterlegungsstelle für den Gläubiger, in diesem Sinne wohl auch Soergel/ Fahse § 233 Fn. 3. 34 Tipke I Kruse § 242 Rn. 1; im übrigen gilt hier der vorne zu § 233 BGB gemachte Ausschluß.
II. Grundfragen der Systematisierung
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rechtliche Ansprüche - wie im Rahmen der Schiffsgläubigerrechte - in einem im wesentlichen privatrechtliehen Zusammenhang gesichert sind, wird zwangsläufig zu diesen Stellung genommen 36•
II. Grundfragen der Systematisierung Nach der erfolgten begrifflichen Klärung soll vor dem Einstieg in die Bestandsaufnahme der Einzelrechte ein weiterer Schritt gemacht werden, der die folgende Bearbeitung vorbereitet: Zum einen ist eine Bestimmung notwendig, welche Fragen bei der Betrachtung der einzelnen Rechte zu beantworten sind und so ein "Arbeitsprogramm" für deren Analyse festzulegen. Zum anderen ist es sinnvoll, allgemein zu beantwortende Grundlagen vorab zu klären, um auf diese Weise den Teil B., der schon durch die Anzahl der Tatbestände beträchtlichen Umfang gewinnt, kürzer fassen zu können. 1. Wertfeststellungskriterien als Basis für eine vergleichende Betrachtung
Im Prinzip stellt sich für jeden Gläubiger die Frage, wie er seinen Anspruch durchsetzt, wenn der Schuldner nicht leisten will oder kann. Sinnvollerweise wird er vor dem Eintritt einer solchen Situation für sich klären, ob er sich um eine gesonderte Sicherung der Forderung bemühen sollte. Dies gilt zumindest dann, wenn er überhaupt eine Dispositionsmöglichkeit hat (sei es über das "Ob" oder "Wie" der Entstehung eines Anspruchs oder auch nur über den Zeitpunkt einer zwangsweisen Durchsetzung). Die Antwort darauf wird nicht nur davon abhängen, ob er die Verhandlungsposition hat, die Einräumung einer Sicherung durchzusetzen, sondern auch davon, ob er nicht bereits kraftGesetzeshinreichend gesichert ist. Um diese zweite Voraussetzung zu klären, ist es für den Gläubiger notwendig, Gewißheit darüber zu erlangen, ob und wie er durch ein gesetzliches Recht gesichert ist. Anders ausgedrückt kann man sagen, er muß den wirtschaftlichen Wert eines potentiell für ihn bestehenden Rechtes feststellen. Erst auf dieser Basis wird er entscheiden können, ob er ohne sonstige Sicherheit an der Anspruchsentstehung mitwirkt (also z. B. den angetragenen Vertrag schließt oder ohne Auftrag Aufwendungen tätigt) oder zumindest- bei bereits bestehendem Anspruch- vom sofortigen Bemühen einer zwangsweisen Durchsetzung absieht. Ganz ähnlich wie für den einzelnen betroffenen Gläubiger stellt sich die Frage einer wirtschaftlichen Bewertung von Sicherungsrechten bei allgemeiner Betrach35 Zu diesem noch- im Verhältnis zum Rettungskostenpfandrecht- unten Fn. 5 aufS. 342; die Verwertung erfolgt dort gerade im Verwaltungszwangsverfahren. 36 Vgl. z. B. zur Sicherung von öffentlichen Abgaben bei den Schiffsgläubigerrechten S. 373.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- A. Gesetzliche Verwertungsrechte
tung, so wenn - wie hier - die Entstehungsprinzipien der gesetzlichen Verwertungsrechte erforscht werden sollen: Bei der Untersuchung, wann unsere Rechtsordnung gesetzliche Verwertungsrechte anordnet und ob dabei ein System zu erkennen ist, kann man sich, will man ein aussagekräftiges Bild von den Rechten erlangen, nicht auf die Frage beschränken, "wer" gesichert ist. Für die Ermittlung eines Systems der gesetzlichen Verwertungsrechte ist ebenso eine Vorstellung über das "wie" der Sicherung erforderlich. Die Verwertungsrechte sind nämlich- dies sei vorweggenommen und wird kaum überraschen - in ihrer Ausgestaltung durchaus verschieden; denn die durch sie vermittelte Verwertungsbefugnis und die gesetzliche Entstehung sind eben die einzigen notwendigen Gemeinsamkeiten der Rechte. Es gibt daher eine breite Spanne unterschiedlich sichernder und damit unterschiedlich "wertvoller" Rechte, die vom stets vorrangigen, höchst bestandskräftigen bis zum durch seine Ausgestaltung fast regelmäßig ausgeschlossenen Typus reicht (näher dazu bei den Einzelrechten). Zur Systematisierung wird man infolgedessen die Unterschiede der einzelnen Rechte mit berücksichtigen müssen. Wenn somit ein Vergleich der Sicherungssituationen einerseits der verschiedenen gesicherten Gläubiger untereinander und andererseits mit nicht-gesicherten Gläubigem Voraussetzung der Systematisierung ist, sind Kriterien hilfreich, die Aussagen über den Nutzen/ den Wert des einzelnen Rechtes für denjenigen ermöglichen, zu dessen Gunsten es besteht. Man kann mit anderen Worten im Grunde dieselben Kriterien nutzbar machen, anhand derer der Gläubiger den Wert eines Rechtes für sich bestimmen kann. Zuletzt - natürlich erst im Rahmen des Befundes - läßt sich über eine solche Bewertung auch ein Urteil darüber treffen, ob die derzeitige Lage (das "bestehende System") zweckmäßig ist oder ob zukünftig ein anderer Weg vorzugswürdig erscheint. Zunächst wird so die Wertfeststellung von Sicherungsrechten für die hier interessierenden (gesetzlichen) Verwertungsrechte skizziert werden. Damit werden einerseits für die weitere Abhandlung Untersuchungskriterien gewonnen (so insb. sogleich unter 1.), und andererseits hinsichtlich der Wertfaktoren, die nicht weiter untersucht, sondern als bekannt vorausgesetzt werden (insb. 2. und 3.), die notwendige Vorstellung vermittelt. Der Wert der Sicherungsrechte wird natürlich nicht nur von der rechtlichen Ausgestaltung, sondern immer auch von tatsächlichen Gegebenheit I Rahmenbedingungen beeinflußt, wie z. B. der Frage, ob der Gläubiger tatsächlichen Zugriff auf ein potentielles Sicherungsobjekt hat. Diese Faktoren sind jedoch nicht vom Sicherungsmittel an sich, sondern eben von den jeweiligen Rahmenbedingungen abhängig, in denen es eingesetzt wird 1 • Diese Bewertung setzt daher eine Betrachtung des speziellen Umfeldes des Einzelrechtes voraus. Erst im Rahmen der EinzelanaI So wäre die von Adams (S. 123) für das Vertragspfand gemachte Aussage, das Besitzerfordernis führe zur praktischen Unbrauchbarkeit, für gesetzliche Sicherungsrechte sinnlos, da diese teilweise -nach der vom Gesetz vorgefundenen Ausgangslage- gerade an die Besitzlage anknüpfen können.
II. Grundfragen der Systematisierung
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lyse (Teil B) der gesetzlichen Verwertungsrechte wird darauf ggf. noch einzugehen sein. 2. Die Kriterien
Zur Beurteilung dieses vorbezeichneten wirtschaftlichen Nutzens eines Sicherungsrechtes lassen sich drei Kriterien unterscheiden 2 • Entscheidende Frage für jeden Gläubiger ist zuerst, ob für ihn ein ausreichend sicherndes Recht entsteht und er sich dieser Entstehung sicher sein kann (Entstehungskriterium, sogleich 3.). Prüft der Gläubiger diesen Aspekt mit Blick auf ein rechtsgeschäftliches Sicherungsrecht, kann er über die Sicherungsabrede darauf selbst erheblichen Einfluß nehmen. Sein Problem ist dann vor allem die Verfassung eines möglichst guten Sicherungsvertrages3. Anders ist die Fragestellung, wenn er dieses Kriterium für ein gesetzliches Sicherungsrecht prüft. Sowohl für seinen individuellen Bedarf als auch aus der Perspektive dieser übergreifenden Untersuchung stellt sich dann die Frage, wann und für welche Ansprüche und an welchem Objekt ein gesetzliches Sicherungsrecht entsteht. Nur wenn sich die Entstehung zuverlässig voraussagen läßt, hat das gesetzlich gewährte Recht für den Gläubiger einen verläßlichen Nutzen. Es ist durch die Thematik dieser Arbeit vorgegeben, daß einerseits auf diesem Entstehungskriterium in der Folge das Hauptaugenmerk liegen wird, daß aber andererseits in diesem allgemeinen Teil nur die Fragen aufgeworfen, aber (zunächst) noch praktisch keine Antworten gegeben werden können. Das zweite Kriterium ist die Frage nach der Befugnis, die das Recht vermittelt (Befugniskriterium, unter 4.). Eine zutreffende Einschätzung der erlangten Befugnis ist für den Gläubiger wesentlich, da hiervon die Beurteilung abhängt, ob überhaupt von einer Sicherung seines Anspruchs gesprochen werden kann. Nur über diese Einschätzung ist es ihm nämlich möglich zu erkennen, ob er seinen Anspruch im Notfall zügig und ohne die Kooperation mit dem Schuldner durchsetzen kann. Auch wenn hier allein Verwertungsrechte untersucht werden, ergeben sich innerhalb dieser eine Bandbreite unterschiedlicher (Verwertungs-) Berechtigungen. Für diese Abhandlung an sich nur von nachrangiger Bedeutung ist das dritte Kriterium, die Frage nach der Bestandssicherheit des Sicherungsrechtes (Bestandskriterium, unter 5.): Inwieweit kann sich der Gläubiger sicher sein, daß sein Recht nicht ohne vollständige Befriedigung seines Sicherungsbedürfnisses und ohne sein Zutun erlischt? Auch dieser Aspekt wird kurz skizziert werden, da letztlich die 2 Adams differenziert mit der von ihm verwendeten Bezeichnung "Sicherungskraft", anband derer er die- rechtsgeschäftliehen-Sicherungsrechte untersucht (S. 120 ff.), nicht weiter, insb. bezieht er neben der rechtlichen Ausgestaltung auch die - hier thematisch abgetrennten- wirtschaftlichen Gegebenheiten (z. B. S. 126; vgl. auch Fn. 1) mit ein. 3 Daß das ein Problem sein kann, verdeutlicht sich leicht, wenn man bspw. an die in den vergangenen Jahren aufgetretenen Probleme im Zuge der Fassung von Bürgschaftstexten denkt, vgl. P. Bydlinski WM 1992, 1301, 1304 ff.; Palandt/ Sprau § 765 Rn. 19 ff.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- A. Gesetzliche Verwertungsrechte
Einzelrechte im Verhältnis zueinander nicht wirklich beurteilt werden können, solange man nicht eine gewisse Grundvorstellung auch von diesem Kriterium hat. So liegt es auf der Hand, daß für die Frage, welches gesetzliche Verwertungsrecht vom Gesetz für ein Schuldverhältnis vorgesehen wird, auch die Kenntnis über die Unterschiede der Rechte bspw. im Insolvenzfall oder bei einem Eingriff Dritter eine Rolle spielt. 3. Wertkriterium 1: Entstehungsumfang und ·Sicherheit
Die Qualität (der Wert) eines Sicherungs- oder Verwertungsrechtes hängt wesentlich davon ab, ob sichergestellt ist, daß es entsteht. Ein in dieser Hinsicht möglicher Idealtypus eines Sicherungsrechtes entstünde - unabhängig von Art und Ausgestaltung der Forderung [a)] und - unabhängig von der Art und der Rechtszugehörigkeit an einem oder sogar einer Mehrzahl von Sicherungsobjekten [b)]. Bei rechtsgeschäftliehen Sicherungen ist ein Maximalrecht, das hinsichtlich der Entstehung alle Kriterien erfüllt, noch möglich, wenn es auch meist an der Kombination von rechtlich Machbarem und wirtschaftlich Durchsetzbarem scheitert4 • Bei gesetzlichen Verwertungsrechten ist dies nur dann denkbar, wenn - da die Entstehung gesetzlich bestimmt ist - ein derart weitgefaßtes Recht kraft Gesetzes vorgegeben wäre. Der Entstehungstatbestand des jeweiligen gesetzlichen Verwertungsrechtes ist der Maßstab, der zu untersuchen ist, wenn man konkrete Antworten sucht. a) Gesicherte Forderungen
aa) Ausgangsfragen Erste Aufgabe für den konkret mit der Frage einer Sicherung beschäftigten Gläubiger ist es, die für ihn - in seiner Situation - möglichen Rechte zu ermitteln. Bereits dieses kann in Anbetracht der Menge von - mitunter eher versteckten Entstehungstatbeständen kompliziert sein, zumal man in der Literatur eben keine vollständige und aktuelle Zusammenstellung findet. Selbst ein den Gläubiger beratender Jurist wird kaum alle möglichen gesetzlichen Verwertungsrechte oder gar Sicherungen ohne weiteres Nachforschen kennen. Ausgangspunkt für eine Prüfung wird vor allem die zu sichernde Forderung sein, denn alle gesetzlichen Verwertungsrechte sind mehr oder weniger an spezielle Forderungen gebunden. Der Ver4 Rechtlich zulässig wäre immerhin ein Pfandrecht, mit dem (siehe § 1205 BGB) eine recht weitgehende Erfüllung dieses Kriteriums möglich erscheint. Die notwendige Besitzverschaffung istjedoch zumeist wirtschaftlich nicht durchsetzbar (vgl. Adams S. 123).
II. Grundfragen der Systematisierung
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such, über eine Einordnung des Schuldverhältnisses (als Kauf, Miete, Pacht, Dienstvertrag etc.) ein vorgegebenes Verwertungsrecht zu finden, fUhrt in vielen Fällen zum Erfolg. Eine große Zahl der gesetzlichen Verwertungsrechte ist als Teil des besonderen Schuldrechts geregelt, wie schon das Ausgangsbeispiel zum Ruheständler/Lagerhalter zeigte und im Teil B. noch öfter deutlich werden wird. Eine Suche, die sich allerdings allein auf das für das Schuldverhältnis maßgebende besondere Schuldrecht begrenzt, würde zu unvollständigen Ergebnissen führen. Zum ersten gibt es einzelne gesetzliche Verwertungsrechte, die für eine Vielzahl von Forderungen gelten und so im allgemeinen Schuldrecht stehen (z. B. §§ 369, 371 HGB), zum anderen sind weitere als Annex zu bestimmten Lebenssachverhalten5 ausgestaltet und - aus dem speziellen Schuldrecht ausgegliedert - als eigenständiger Komplex geregelt. So wird man bei Betrachtung der Vorschriften zum Kaufrecht feststellen, daß man dort kein Verwertungsrecht findet und doch kann - wie sich beim Früchtepfandrecht zeigen wird - auch ein Verkäufer ein gesetzliches Pfandrecht haben. Für eine Systematisierung wäre weiter eine Gruppenbildung der Verwertungsrechte ein Gewinn, denn durch diese ließe sich u.U. der Sinn dieser unterschiedlichen Entstehungsansätze erhellen und deren Vor- und Nachteile beurteilen. Eine noch weitergehende Hilfe wäre es, wenn man allgemein Auskunft darüber geben könnte, nach welchen Erwägungen unsere Rechtsordnung gesetzliche Verwertungsrechte gewährt, da dann vorab eine Einschätzung möglich wäre, ob für die spezielle Forderung ein solches Recht denkbar ist. Dazu ist aber zunächst durch die Einzelbetrachtung der Rechte zu klären, ob es solche übergreifenden Rechtfertigungen gibt. Antworten lassen sich somit erst im Befund geben. Hat der Gläubiger die ihn potentiell betreffenden Tatbestände ermittelt, wird er anhand dieser zu prüfen haben, ob sein Anspruch die dort verlangten Voraussetzungen erftillt. Dazu sind eindeutige Tatbestände wichtig, die möglichst selbst in Randfragen klare Antworten geben. Für den Gläubiger6 ist dies im Grunde noch wichtiger als ein umfassender Sicherungsbereich des Rechtes, denn eine Sicherungslücke läßt sich nur schließen, wenn sie denn erkannt wird. Die Ausgangslage der gesetzlichen Verwertungsrechte ist dafür allerdings nicht günstig. Mit jedem speziellen Tatbestand können neue Fragen entstehen und je spezieller der Anwendungsbereich des Rechtes, um so weniger ist eine bereits erfolgte Klärung durch Rechtsprechung und Literatur zu erwarten. Die erwähnte, oft betonte Eigenständigkelt der Entstehungstatbestände schafft weiteres Potential für Unklarheiten. Je mehr man die Individualität der Einzelrechte in den Vordergrund stellt, um so mehr wird die Menge der Entstehungstatbestände zu einem möglichen Problem. An dieser Stelle muß insofern die anvisierte Untersuchung der Einzeltatbestände ansetzen: In Teil B. werden die gesicherten Forderungen des jeweiligen Rechtes nebst der dort bestehenden Schwierigkeiten näher analysiert. Manche Fragen bleiben
s Vgl. z. B. das Früchtepfandrecht S. 289 ff., Opferpfandrecht S. 309 ff., Rettungskastenpfandrecht S. 341 ff. 6 Im übrigen natürlich nicht nur für ihn: Auch der Schuldner und betroffene Dritte bedürfen der Rechtsklarheit
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- A. Gesetzliche Verwertungsrechte
Einzelprobleme. Viele der auftretenden Schwierigkeiten im Umgang mit den einzelnen Entstehungstatbeständen sind tatsächlich aber keine individuellen Probleme des Einzelrechtes, sondern tauchen - möglicherweise etwas modifiziert - bei einer Vielzahl von Rechten auf. Insbesondere innerhalb der erwähnten Gruppen sind vergleichbare Strukturen vorhanden und so gemeinsame Antworten möglich. bb) Problembereich Vertragsperfektion Da die Verwertungsrechte vielfach an ein besonderes Vertragsschuldverhältnis gekoppelt sind, ist die dann vom Gläubiger vorrangig zu klärende Frage, ob ein derartiges Schuldverhältnis (also ein Werkvertrag, Mietvertrag etc.) besteht. Dies ist fraglos häufig unkompliziert und ermöglicht dann eine schnelle Antwort, so daß für viele Regelfälle im obigen Sinne ein in dieser Hinsicht ggf. hochwertiges Recht vorliegt. Für diese "vertragsbegleitenden" gesetzlichen Verwertungsrechte stellen sich jedoch besondere Probleme, wenn dem Gläubiger Zweifel kommen, ob der geschlossene und mit gesetzlichen Verwertungsrecht ausgestattete Vertrag wirksam ist. Jeder Praktiker wird bestätigen können, daß solche mehr oder weniger begründeten Zweifel - insbesondere in Streitfällen - überraschend auftauchen können. Während bei einem selbständigen rechtsgeschäftliehen Sicherungsrecht zumindest eine gut gefaßte Sicherungsabrede davon unberührt bleibt7 und ggf. auch Bereicherungsansprüche sichert8 , ergibt sich bei den vertragsbegleitenden gesetzlichen Verwertungsrechten das Problem auf einer anderen Ebene: Der Wille der Parteien ist bei einer gesetzlichen Entstehung der Verwertungsrechte grundsätzlich unerheblich, so daß sich die Frage nach dem Auslegungsmaßstab stellt, wenn die Wortlautauslegung nicht weiterführt9 • Im Grunde betrifft dies alle gesetzlichen Verwertungsrechte, die im Kontext eines besonderen Vertragsschuldrechts stehen. Versucht man eine Übersicht über den Meinungsstand zum Problemkreis zu erlangen, ob das gesetzliche Verwertungsrecht einen wirksamen Vertrag voraussetzt, zeigt sich - wenn überhaupt - eine im Grunde auf das jeweilige Schuldverhältnis I das jeweilige Verwertungsrecht isolierte Diskussion. In Teil B. wird dieser Aspekt daher im einzelnen zu untersuchen sein.
7 Ausnahme ist natürlich eine Fehleridentität beim Schuldvertrag und bei der Bestellung des Rechtes. 8 Vgl. bspw. für das Vertragspfand BGH v. 18. 3. 1968 NJW 1968, 1134; ausführlich dazu Staudinger I Wiegand § 1204 Rn. 21. 9 Siehe exemplarisch den Streit zum Spediteurpfandrecht in der Fassung des § 410 HGB unten ab S. 161.
II. Grundfragen der Systematisierung
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cc) Problembereich Neben- und Zusatzforderungen Eine andere Einschränkung der Entstehungssicherheit wird deutlich, wenn der Gläubiger zwar über die Qualifizierung seines Vertrages (z. B. als Miete) Sicherheit hat, sich aber der Frage ausgesetzt sieht, ob alle seine Forderungen aus dem Vertrag bspw. vom Vermieterpfandrecht umfaßt sind. Zwar wird ein Gläubiger, der eine vertragliche Leistung erbringt, sich vorrangig mit der Sicherung seiner Gegenleistungsforderung beschäftigen, wenn er sorgfältig ist, aber bspw. weiter überlegen, wie seine Sicherungssituation ist, wenn der Partner den Vertrag verletzt und Schadenersatzansprüche entstehen. Für eine Systematisierung ist daher insbesondere das Bestehen für untypische Forderungen aus dem Schuldverhältnis, weitere (atypische) vertragliche Nebenleistungen, aber ebenso nicht-vertragliche Forderungen (aus Geschäftsführung ohne Auftrag o.ä.) oder Forderungen aus einer laufenden Geschäftsverbindung interessant. In der späteren Darstellung der Einzelrechte zeigt sich, daß im Einzelfall eine erhebliche Unsicherheit bestehen kann, da die Normen keineswegs eindeutig sind. Auch in diesem Bereich stellt sich die Frage, bei welchen Rechten Zweifelsfälle auftreten, und - wenn dies der Fall ist - wie sie zu lösen sind, insbesondere wenn der Wortlaut keine eindeutigen Hilfen bietet. Es wäre ein Gewinn, eine Möglichkeit zur Antwort durch eine Systematik gesetzlicher Verwertungsrechte zu finden, wenn sich denn eine solche Systematik ermitteln läßt. dd) Problembereich Mischtypen und andere vergleichbare Forderungen Einschränkungen der Entstehungssicherheit ergeben sich noch in weiteren Bereichen; so, wenn unser Gläubiger bspw. feststellt, daß das mit dem Schuldner bestehende Rechtsverhältnis keinem der von den Tatbeständen vorgegebenen (Vertrags-) Typen voll entspricht (also ein Mischtyp oder ein Vertrag sui generis vorliegt) und seine Situation mit der einen oder anderen gesetzlich gesicherten vergleichbar ist. Zurecht fragt er sich dann möglicherweise, ob für ihn nicht Entsprechendes gelten muß. Ein solches Problem hatte der BGH bspw. für einen kombinierten (Binnen-) Schiffsmietvertrag mit Dienstverschaffungsklausel zu entscheiden 10• Wie in diesem Fall kann bei untypischen Verträgen eine erhebliche Unsicherheit insbesondere über die Analogiemöglichkeiten bestehen. Der BGH hat dort die Analogie vor allem deswegen verneint, weil das Frachtführerpfandrecht auf die Schiffsmiete nicht zugeschnitten und das besitzlose Vermieterpfandrecht als Ausnahmebestimmung nicht analogiefähig sei. An dieses Ergebnis anknüpfend stellt sich die Frage, ob die Betrachtung, die der BGH für seine Beurteilung von Ausnahmen und VerIO
BGH vom 16. 9. 1985 WM 1986 S. 26 f.; vgl. dazu noch im BefundS. 516 ff., 532 ff.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- A. Gesetzliche Verwertungsrechte
gleichbarkeiten ("Zuschnitt") gewählt hat, nicht zu eng war. Hätte sich bei Berücksichtigung möglicherweise zusammenhängender Grundsätze aller gesetzlichen Verwertungsrechte nicht doch ein anderes Resultat ergeben? Im Randbereich - außerhalb der typischen Schuldverhältnisse - ist die Entstehung gesetzlicher Verwertungsrechte offensichtlich schwer zu ermitteln. Außerhalb des Regelfalles, an den die Rechte eindeutig anknüpfen, verlieren sie daher zumindest ersichtlich an Nutzen, wenn man eine "ausdehnende Anwendung" der Verwertungsrechte nicht sogar explizit ablehnt. Dies führt zurück zur Überlegung, die bereits im Eingangsbeispielsfall und der Einleitung (oben S. 28 ff.) angesprochen ist. Muß man vielleicht sogar weiter gehen und nicht nur nicht-geregelte Verträge (wie im BGH-Fall) mit in den Anwendungsbereich der Rechte einbeziehen, sondern ebenso geregelte Schuldverhältnisse, sofern diese kein eigenes gesetzliches Verwertungsrecht haben (wie z. B. die Verwahrung) und mit geregelten Fällen vergleichbar sind? Eine Antwort dazu kann allenfalls nach der Einzelbestandsaufnahme erfolgen, die insofern - in Kenntnis von rechtfertigenden Erwägungen für die Einräumung und die Ausgestaltung im einzelnen - klären hilft, ob und wo es vergleichbare Fälle gibt.
ee) Problembereich Entstehungszeitpunkt und Sicherung künftiger Ansprüche Ein letzter im Zusammenhang von Entstehung und gesicherter Forderung anzusprechender Untersuchungskomplex ist, wann das Verwertungsrecht entsteht. Eine allgemeingültige Antwort auf die Frage nach dem "wann" lautet: in dem Augenblick, in dem sämtliche Voraussetzungen des Entstehungstatbestandes erfüllt sind. Für eine Bewertung ist dies nichtssagend und wird weiterer Aufklärung anband der Einzeltatbestände bedürfen. Ein wichtiger Aspekt dazu (gerade in bezug auf die gesicherte Forderung) ist die Frage, ob für die Entstehung des gesetzlichen Verwertungsrechtes noch nicht durchsetzbare Forderungen, also z. B. nicht-fällige, aufschiebend bedingte oder sonstige künftige Forderungen genügen. Auf den ersten Blick mag der Sinn einer solchen Fragestellung nicht deutlich sein, weil eine nicht durchzusetzende Forderung scheinbar keiner Verwertungsbefugnis bedarf. Natürlich ist die Durchführung der Verwertung auch bei den gesetzlich entstehenden Rechten nur zugunsten durchsetzbarer Forderungen zulässig (§§ 1228 Abs. 2, 1257 BGB). Gleichwohl ist eine Entstehung des Verwertungsrechtes für solche Forderungen von Bedeutung, selbst wenn deren primäre Befugnis zunächst "suspendiert" ist. Zum einen ist nämlich zu bedenken, daß der Entstehungstatbestand manches Verwertungsrechtes mehrere Voraussetzungen zur selben Zeit erfordert (z. B. Besitz am Objekt und eine zu sichernde Forderung). Für den Gläubiger kann so der Fall eintreten, daß die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind (er z. B. Besitz erlangt hat),
II. Grundfragen der Systematisierung
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seine Forderung aber noch nicht durchsetzbar ist. Später verfügt er dann über eine durchsetzbare Forderung, hat aber den Besitz vielleicht schon verloren. Das Verwertungsrecht wird dann nie entstehen, wenn nicht schon die noch nicht durchsetzbare Forderung zur Entstehung genügt hat 11 • Zum anderen erlangt die Frage der Sicherung "künftiger Ansprüche" Bedeutung, wenn verschiedene Gläubiger in bezug auf dasselbe Objekt in Konkurrenz stehen. Die Frage nach dem Vorrang, d. h. wer sich zunächst befriedigen kann, wird zumeist über den Entstehungszeitpunkt des Rechtes entschieden und kann so von der Sicherung künftiger Forderungen abhängen 12. Wahrend der§ 1204 Abs. 2 BGB für das Vertragspfandrecht eine abstrakt deutliche Antwort zur Sicherungsmöglichkeit künftiger Ansprüche gibt und bei diesem viele Fragen zu den Grenzen dieser Sicherung inzwischen geklärt sind 13 , wird das Problem für die gesetzlichen Rechte wenig beachtet und ist in mancher Hinsicht offen. Eine Beurteilung ist wiederum nur anhand der Einzelbetrachtungen möglich, da die Entstehungstatbestände durchaus unterschiedlich sind (prägnante Beispiele dafür sind § 559 BGB einerseits, § 369 HGB andererseits). Erst im "Befund" wird dann eine Zusammenführung der Ergebnisse erfolgen. Zweckmäßig erscheint bereits an dieser Stelle eine kurze Begriffsbestimmung. Die Termini in diesem Bereich, wie "entstanden", "begründet", "aufschiebend bedingt" oder "befristet", "betagt" und auch allgemein "künftig", sind nicht eindeutig und teilweise wird über ihre Bedeutung gestritten 14. Diese Begriffsklärung ist eigentlich nicht Aufgabe einer Untersuchung über die gesetzlichen Verwertungsrechte. Um die Erläuterungen zur Sicherung "künftiger" Ansprüche verständlich zu halten, müssen die Begriffe in der hier vorgenommenen Verwendung (die an die zumindest vorherrschende Terminologie anknüpft) aber erläutert werden: "Zukünftig" (oder als Synonym "künftig") sind zum einen alle Ansprüche, die noch nicht entstanden sind, die m.a.W. noch keine Rechtswirkung haben. In diesem Sinne als "nicht entstanden", sind erstens die Forderungen anzusehen, deren Rechtsgrund noch nicht besteht, bei denen z. B. der Vertrag noch nicht geschlossen ist. Nach der herrschenden Terminologie sind darüber hinaus zum anderen die "aufschiebend bedingten" oder "aufschiebend befristeten " Forderungen 15 gleichfalls nicht entstanden (vgl. §§ 158, 163 BGB 16 ), obwohl ihr Geltungsgrund (das Rechtsgeschäft) 11 Ähnlich die Problematik, wenn für den Schuldner ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, solange die Forderung noch "zukünftig" ist. Siehe dazu beim Vertragspfand BGHZ 86, 340 ff. V. 26. J. 1983. 12 Näher zu Rangfragen unten ab S. 71. 13 So zum Erfordernis einer "Bestimmbarkeit" der Forderungen BGHZ 86, 340, 346 v. 26. I. 1983; Staudinger I Wiegand § 1204 Rn. 24. 14 Palandt/ Heinrichs§ 163 Rn. I; Staudinger I Lorenz § 813 Rn. 16; siehe auch den Disput zur Differenzierung Befristung I Betagung Nachweise Fn. 17; in anderem Zusammenhang (§ 198 BGB) zur Abgrenzung Fälligkeit/Entstehung umfassend Unterrieder S. 311 ff. 15 Zur Abgrenzung dieser beiden Gruppen Palandt I Heinrichs § 163 Rn. 1; Staudinger I Bark§ 163 Rn. 4 m. w. N.
4 Bechtloff
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bereits vorhanden ist. Im Unterschied zur ersten Gruppe sind sie damit zwar bereits (vertraglich) "begründet", aber wie diese trotzdem nicht entstanden (nicht in Geltung gesetzt). Von den aufschiebend befristeten (also den als Folge zeitlichen Aufschubs noch nicht entstandenen) werden die " betagten" (d. h. die nicht fälligen) Forderungen unterschieden 17. Betagte Anspruche sind schon entstanden, aber in ihrer Durchsetzbarkeit aufgeschoben. Natürlich sind auch sie in einem gewissem Maße "zukünftig", aber nur in einem weiteren Sinne 18 . Die Sicherung durch gesetzliche Verwertungsrechte ist für jede dieser Formen zu klären, unabhängig davon, ob sie nur noch nicht durchsetzbar sind (z. B. "betagt") oder im engeren Sinne künftig (d. h. noch nicht entstanden). Bei den noch nicht entstandenen Forderungen wird man weiter zwischen solchen, die bereits in ihrem Rechtsgrund gesetzt, d. h. z. B. vertraglich begrundet sind 19 und solchen, bei denen noch der Rechtsgrund ihrer Entstehung fehlt, zu unterscheiden haben. ff) Konsequenzen
Als Abschluß dieser Voruberlegungen zu den gesicherten Forderungen läßt sich sagen, daß anders als beim rechtsgeschäftliehen Pfandrecht, bei dem die Forderungszuordnung der Parteidisposition überlassen ist20 , die gesetzlichen Verwertungsrechte stets an eine vorgegebene Forderung gekoppelt sind. Im Grunde jede dem Gesetzgeber passend erscheinende Forderung (bzw. jeder Gläubiger) erhält einen eigenständigen Entstehungstatbestand, was die Menge der Tatbestände erklärt. Der Nachteil dieses Vorgehens dürfte deutlich sein: Plakativ gesprochen läßt sich sagen, zweiundzwanzig unabhängige Entstehungstatbestände könnten zweiundzwanzig verschiedene Antworten auf die Fragen ermöglichen, ob ähnliche Schuldverhältnisse entsprechend zu behandeln, welche Forderungen erlaßt sind und ob Vertragsperfektion Voraussetzung für die Anwendung des Verwertungsrechtes ist. Eine übergreifende Beurteilung dieser Fragen ist hier noch nicht möglich; sie setzt vielmehr eine Analyse der Einzeltatbestände voraus. Im Teil B dieses Abschnitts wird daher zu jedem Einzelrecht eine Übersicht über die jeweils gesicher16 Diese gelten originär bei bedingten bzw. befristeten "Rechtsgeschäften", der Sache nach gilt aber nichts anderes, wenn das Rechtsgeschäft als solches geschlossen ist und nur Einzelforderungen bedingt oder befristet wurden. Zu "befristeten" Mietforderungen siehe S. 234 ff. 17 So die ganz h.M.: Palandtl Heinrichs§ 163 Rn. 2; Staudinger I Bork § 163 Rn. 4; MüKo-BGB I Westennann § 163 Rn. 3; Larenz AT § 25 Va.E.; anders Flume § 41 (der befristet und betagt gleichsetzt), allem. w. N. 18 Für§ 1204 BOB werden diese daher gewöhnlich nicht als ,,künftig" bezeichnet. Näher Staudinger I Wiegand § 1204 Rn. 24. 19 Sei es, daß sie von einem abgesprochenen gewissen oder ungewissen Ereignis wie der Befristung oder Bedingung, sei es, daß sie von sonstigen Umständen wie einem Schadenseintritt abhängen. zo Wenn die Akzessorietät auch (irgend-)eine Zuordnung erzwingt.
II. Grundfragen der Systematisierung
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ten Forderungen erstellt, die die eben aufgeworfene Problemstellung im einzelnen betrachtet. Gegenübergestellt werden weiter - beispielhaft - mehr oder weniger vergleichbare Konstellationen (sog. Vergleichsfälle), die- wenn man sich nicht für eine entsprechende Anwendung ausspricht - ohne gesetzliches Verwertungsrecht bleiben. Als hier vorweggenommenes, kaum überraschendes Ergebnis zeigt sich, daß sich für die Probleme zwar nicht zweiundzwanzig, aber doch eine große Vielzahl von Lösungen finden und bis jetzt im Grunde für jedes Recht eine eigene Lösung gesucht wird. Man folgt dabei keinem allgemeinen Prinzip, sondern der Eigenart des jeweiligen Schuldverhältnisses. Dies erklärt die Vielfalt gerade im Bereich der Entstehung, rechtfertigt aber nicht Systemlosigkeit und Willkür. Auch hier gilt, das Gleiches gleich zu behandeln ist21 • Der Befund (im 3. Abschnitt) versucht daher, Entstehungserwägungen zusammenzufassen, Leitlinien der Entstehung aufzuzeigen, Gruppen zu bilden und so ein System zu entwickeln. b) Sicherungsobjekt
aa) Ausgangsfragen: Erfaßte Objekte und Selektionsnotwendigkeit Zweiter wertbestimmender Aspekt für das Entstehungskriterium ist die Erfassung von Sicherungsobjekten. Auszugehen ist dabei - ganz ähnlich wie bei den gesicherten Forderungen - von zwei Grundfragen. Werden ausreichend Objekte erfaßt, um die Forderungen zu sichern und kann sich der Gläubiger auf die Entstehung verlassen (bzw. welche Risiken bestehen für ihn)? Für den Gläubiger gilt insoweit, daß der Wert des Rechtes als hoch anzusetzen ist, wenn er sich sicher sein kann, umfassend Vermögensobjekte als Sicherungsgegenstand zur Verfügung zu haben, die den Wert aller seiner gesicherten Forderungen mindestens erreichen. Kommt für rechtsgeschäftlich bestellte Sicherungen- bei entsprechender Parteidisposition - jedes Vermögensgut in Frage (sei es Mobilie, Immobilie oder auch Recht), sofern überhaupt darüber verfügt werden kann, erfolgt bei den gesetzlichen Rechten durch die Entstehungstatbestände eine mehr oder weniger enge Selektion der Objekte. Für eine Systematisierung stellt sich die Frage, welche Arten von Objekten überhaupt von gesetzlichen Verwertungsrechten erlaßt werden. Bereits an dieser Stelle wird man - schon durch den ersten Überblick - feststellen, daß vorwiegend Mobilien als Objekt vorgesehen werden. Grundsätzlich sind aber auch Immobilien und Forderungen erfaßbar. Bei welchen Rechten und unter welchen Voraussetzungen dies geschieht, kann sich nur über eine Einzelbetrachtung ergeben. Aus der Perspektive des Gläubigers betrachtet, scheint der Grundsatz zu gelten, daß das eine möglichst große Anzahl von Objekten umfassende Recht besonders wertvoll ist. Allerdings würde bei den im Grunde "automatisch" entstehenden ge21
4*
In diesem Sinne, ohne Art. 3 GG zu bemühen, !Arenz Methodenlehre S. 334, 381 f.
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setzliehen Verwertungsrechten ein im Gesetz vorgegebener besonders weiter Erfassungsbereich oft dazu führen, daß das einzelne Objekt vielen Gläubigern zugeordnet wäre. Da der Wert jedes Objektes immer nur einmal unter den Gläubigern zu verteilen ist, muß dieser Konflikt dann über die Rangfolge gelöst werden. Ein weiter Entstehungsumfang zieht damit Probleme im Bereich der anderen Kriterien (hier für das Bestandskriterium, vgl. dort noch zur Rangfrage) nach sich und schränkt in anderen Bereichen so den Wert des Rechtes ein. Eine sinnvolle Selektion der Objekte, d. h. eine zweckmäßige Zuordnung nur bestimmter Vermögensgegenstände zu einzelnen Rechten, hilft zumindest Konflikte im Bestandskriterium zu reduzieren und dient damit ebenso dem Gläubiger. bb) Selektionskriterien: Beziehung zur Forderung und Verkehrsschutz Gerade bei gesetzlichen Sicherungsrechten stellt sich daher immer die Frage, wie man die potentiell berechtigten Gläubiger definiert und damit ihre Zahl begrenzt. Typischer Anknüpfungspunkt dafür ist die Beziehung einerseits des Gläubigers und mehr noch der gesicherten Forderung zum Sicherungsobjekt Je präziser man definieren kann, wie diese Beziehung im geltenden Recht aussieht, um so eher lassen sich generelle Feststellungen dariiber treffen, wann ein gesetzliches Verwertungsrecht- ggf. auch durch entsprechende Anwendung - existiert. Möglicherweise ist in diesem Bereich ein Schlüssel zu einem System der Entstehung zu finden 22. Für den Gläubiger führt eine enge Beziehung zum Objekt per se gleichfalls zu einer (berechtigten?) Erwartungshaltung, daß ihm der Wert desselben zur Sicherung dient (und nicht etwa anderen Gläubigern). Außerdem führt ein enger Bezug für ihn weiter dazu, daß er gemeinhin den wirtschaftlichen Wert besser beurteilen kann, was wiederum für ihn den Wert des Rechtes - durch die erleichterte Einschätzung des Grades der Absicherung - erhöht. In Teil B. wird diese Beziehung von Forderung und Objekt näher zu untersuchen sein. Ein zweiter Gesichtspunkt für die Beschränkung der Sicherungsgegenstände ist der Verkehrsschutz (Publizitär 3 ) . Die besprochene Wirkungsweise der Verwertungsrechte führt dazu, daß andere Gläubiger und Dritte bei der Geltendmachung ihrer Interessen gefährdet werden. Dies legt es nahe, für die gesetzlichen Verwertungsrechte ein Mindestmaß an Erkennbarkeit vorauszusetzen, was gleichfalls Auswirkungen auf die Wahl der Objekte (im Entstehungstatbestand) haben muß. Ausgangspunkt für die Publizität von Sicherungsrechten bei Mobilien ist gewöhnlich der Besitz. Bei gesetzlichen Verwertungsrechten - insbesondere bei den deswegen sogenannten Besitzpfandrechten - ist dies vielfach ebenso. Das bedeutet nicht, daß nicht-besitzende Gläubiger deswegen von gesetzlichen Verwertungs22 23
Vgl. dazu im BefundS. 425 ff. Zu den ökonomischen und rechtlichen Funktionen Adams S. 177 ff., insb. S. 196 f.
II. Grundfragen der Systematisierung
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rechten generell ausgeschlossen wären (vgl. z. B. das Vermieter- oder wiederum das Früchtepfandrecht), wie sich auch bei der mitunter zu findenden Unterteilung in Besitzpfandrechte, Einbringungspfandrechte und besitzlose Pfandrechte zeigt24. Im Gegensatz zu den Besitzpfandrechten benötigen diese keinen Besitz des Gläubigers, sondern nur eine "Einbringung" in einen Raum (wie z. B. das Vermieterpfandrecht) oder nicht einmal solches (wie z. B. das Schiffsgläubigerrecht)25. Zu klären bleibt für diese, wie ohne Besitz der Verkehrsschutz erreicht wird. Und weiter: Der Besitz gewährleistet gleichzeitig die Möglichkeit des direkten Zugriffs und erscheint beinahe als Voraussetzung für die Verwertung. Ohne Besitz bedarf es daher jedenfalls einer dinglichen Wirkung des Rechtes 26, die die Zugriffsbefugnis gegen Dritte verschafft und gleichzeitig das Bedürfnis nach Verkehrsschutz erhöht. Wollte das Gesetz dagegen einen Anspruch sichern, ohne Zuhilfenahme eines dingliches Rechtes und ohne daß der Gläubiger die Sicherheit im Besitz hat, bleibt als Ausweg nur die Möglichkeit, diese Sicherung auf die organisierte Schuldenabwicklung in der Insolvenz zu begrenzen (und damit den Bereich der Verwertungsrechte zu verlassen). So war es bei den inzwischen nicht mehr existenten Konkursvorrechten des § 61 KO (z. B. für Arbeitnehmer?7 . Dort bedurfte es keiner "absoluten Wirkung", weil sich die Sicherheit auf das Vorrecht (eine bevorzugte Befriedigung vor nicht gesicherten Forderungen) in diesem Sonderverfahren beschränkte. Mit der Abschaffung des § 61 KO ist diese Ausnahme aber Rechtsgeschichte und wird in der Folge nur als Mittel zum Vergleich noch erwähnt28. Bei anderen Sicherungsobjekten wird der Besitz dagegen gemeinhin als Publizitätsmittel ohnehin nicht für ausreichend gehalten. Registereintrag (bei Immobilien und Schiffen) oder Anzeige (bei Forderungen) als Publizitätsmittel stehen aber gewissermaßen im Widerspruch zu einer "gesetzlichen Entstehung": Sie setzen ein aktives, auf Entstehung gerichtetes Tun des Gläubigers voraus, sind also, wenn man eine "automatische" Entstehung wünscht, nicht zu erreichen. In der Einzelbestandsaufnahme wird die Objektauswahl daher auch unter diesem Gesichtspunkt betrachtet werden müssen. Ziel ist es dort zu klären, ob einzelne Vermögenswerte deswegen nicht als Sicherungsobjekt vorkommen, und für die anderen, über welche Ersatzmaßnahmen Verkehrsschutz erreicht wird oder ob das Gesetz auf ihn sogar verzichtet.
Staudinger I Wiegand § 1257 Rn. 2; Baur I Stümer § 55 Rn. 36. Sinnvollerweise ist also nochmals zwischen diesen Formen der "besitzlosen" Rechte zu differenzieren. 26 Anders für Rechte mit Besitz, bei denen darauf u.U. verzichtet werden kann (so wohl nach h.M. bei den Zurückbehaltungsrechten mit Verwertungsbefugnis). 27 Mit der Insolvenzrechtsreform zum 1. 1. 1999 abgeschafft, vgl. nunmehr die Unterteilung in §§ 38, 39 InsO. Zur Lage der Sicherungsrechte in der Insolvenz noch S. 70. 28 Zur Sicherung der Arbeitnehmer auf Schiffen vgl. S. 370 ff. 24
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cc) Rechtszugehörigkeit Als weitere die Entstehungssicherheit beeinflussende Frage ist auf das bekannte Problem der Entstehung an Objekten von Dritten (Nichtschuldnem) hinzuweisen. Für den Gläubiger kann es eine erhebliche Entwertung des Sicherungsrechtes bedeuten, wenn er sich deswegen des Objektwertes nicht sicher sein kann, weil der Sicherungsgegenstand z. B. einem Dritten gehört. Die gesetzlichen Verwertungsrechte bieten je nach ihrem eigenen Ansatz ein sehr differenziertes Bild. Während einige wohl offensichtlich gerade diesem Sinne nach nur schuldnereigene Objekte erfassen29, andere vom Schuldverhältnis so ausgerichtet sind, daß der Objektberechtigte stets auch Schuldner ise0 , nehmen wieder andere auf die rechtliche Zuordnung zweifelsfrei keine Rücksicht und sichern Forderungen auch mit fremden Vermögensgegenständen31 • Für die "vierte Gruppe", bei der die Frage nicht letztlich geklärt ist, wäre es u.U. fruchtbar, wenn man gemeinsame Leitlinien entwikkeln könnte. Solange dies nicht der Fall ist, wird sich der Gläubiger aus dieser Unsicherheit heraus nicht auf die gesetzliche Sicherung verlassen können, sondern statt dessen Ersatz- und Ausweichstrategien entwickeln, was wie beim Werkunternehmerpfandrecht (AGB-Pfandrecht) dann dazu führen kann, daß das gesetzliche Recht stark an Bedeutung verliert. dd) Ausschluß durch Unpfändbarkeit Eine weitere für den Gläubiger erhebliche Frage ist, ob er damit rechnen muß, daß auf den ersten Blick erfaßte Sicherungsobjekte aus Erwägungen zum Schuldnerschutz wieder ausscheiden. Neben den anderen Gläubigem und betroffenen Dritten ist gerade der Schuldner teilweise empfindlich von den Rechten betroffen; durch die "gesetzliche Entstehung" sogar- anders als bei rechtsgeschäftliehen Sicherheiten - ohne diese selbst und unmittelbar zu bewirken. Die Entstehungstatbestände tragen dem teilweise Rechnung, in dem sie die prozessualen Regeln zum Schutz vor pfändungen in der Zwangsvollstreckung (§§ 811 ff. ZPO) für entsprechend anwendbar erklären (vgl. beim Vermieterpfandrecht § 559 S. 3 BGB). Bereits an anderer Stelle habe ich auf mögliche Erwägungen hingewiesen, die dazu führen, daß die Bestimmungen dariiber hinaus auf andere Verwertungsrechte anwendbar sein können32• Den methodischen Ansatz dafür bieten die vorhandenen Regelungen in den Verwertungsrechten und eben die Vergleichbarkeit der Strukturen innerhalb der Rechte. Auch an diesem - hier nur noch am Rande zu behandelnden - Beispiel zeigt sich der Gewinn einer entwickelten Systematik: einerseits, um So bspw. anerkannt für das Vermieterpfandrecht, S. 245 ff. Genau genommen ist es umgekehrt, d. h. daß der Schuldner stets der am Objekt Berechtigte ist. Als Beispiele sind§ 1000 BGB und das Havereipfandrecht zu nennen, näher Teil B. 31 So evident bspw. im OASG, dazu S. 317 ff. 32 BechtloffZIP 1996,994, 999 ff. 29
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II. Grundfragen der Systematisierung
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den gebotenen Schuldnerschutz zu gewährleisten, andererseits, um dem Gläubiger die für ihn notwendige Beurteilungsgrundlage über das Entstehungskriterium zu verschaffen. ee) Konsequenzen Für das Entstehungskriterium konnten vorab ersichtlich Fragestellungen aufgeworfen werden, anhand derer die Entstehungstatbestände im Teil B. näher zu analysieren sind. Der Grund dafür ist in der mangelnden Einheitlichkeit zu sehen, die sich als Folge der Vielzahl der Normen ergibt und den Wert der Rechte eher einschränkt. 4. Wertkriterium 2: Vermittelte Befugnis
Mit der Antwort auf die Frage, welche Befugnis ein bestimmtes Recht vermittelt, klärt sich, ob und inwieweit es überhaupt Sicherungsfunktion hat. Bei den gesetzlichen Sicherungsrechten fallt der Blick zunächst auf die bereits erwähnten Pfand- und Zurückbehaltungsrechte. Sucht man weiter im Bereich der gesetzlichen Sicherungen, erweist sich der Begriff des Sicherungsrechtes im Grunde als zu eng. Das Gesetz kennt neben den gesetzlichen Sicherungsrechten den Anspruch auf Sicherheiten(be)stellung (insbesondere § 648 BGB) und die gleichfalls Sicherungsfunktion erfüllende Aufrechnungsbefugnis. Ebenfalls eine Form von Sicherung waren die erwähnten noch bis Ende 1998 geltenden Konkursvorrechte der Konkursordnung (vgl. §§59 Abs. I Nr. 3, 61 KO). Betrachtet man das Befugniskriterium mit auf die gesetzlichen Verwertungsrechte begrenztem Blick, läßt sich viel leichter als für das Entstehungskriterium die Struktur skizzieren, da die Rechtsmacht gerade das gemeinsame Selektionskriterium war. Aus der Gläubigerperspektive ist ein Sicherungsrecht dann von hohem Nutzen, wenn über dieses möglichst jederzeit eine unmittelbare Befriedigung des gesicherten Anspruchs zu erreichen ist. Die gesetzlichen Verwertungsrechte sind unter dieser Prämisse - zumindest auf den ersten Blick - eine attraktive Sicherungsform. Wie schon angedeutet, zeigt sich jedoch, daß die vermittelte Befugnis - selbst wenn sie Verwertung beinhaltet - nicht bei allen gesetzlichen Verwertungsrechten gleich ist und daher auch nicht alle Rechte ein gleich hohes Maß an Nutzen vermitteln. Tatsächlich lassen sich zumindest zwei Formen von Verwertungsbefugnissen unterscheiden; berücksichtigt man die vorgegebene Ausgangslage, gibt es sogar noch eine weitere Untergruppe.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- A. Gesetzliche Verwertungsrechte
a) Unmittelbare Veräußerungsbefugnis
Die stärkste Rechtsmacht vermittelt ein Recht, das unmittelbar die Befugnis zur Verwertung verschafft, ohne daß eine vorherige gerichtliche Geltendmachung notwendig ist. Dies ist der Grundgedanke beim Vertragspfand (§§ 1228, 1233, 1234 ff. BGB) und gilt durch§ 1257 BGB an sich auch für alle gesetzlichen Pfandrechte. Deutet das "an sich" auch bereits eine Einschränkung an, kann man gleichwohl für die meisten gesetzlichen Pfandrechte die Anwendbarkeit dieser Vorschriften feststellen 33 , so daß diese nach Einhaltung gewisser Formalien gern. §§ 1234 ff. BGB (die teilweise modifiziert sein können, vgl. z. B. § 368 HGB) eine Verwertung des Pfandgegenstandes durch Privatverkauf ermöglichen34, ohne daß ein gerichtlicher Titel notwendig ist. Eine unmittelbare Verwertungsbefugnis eigener Art bringt auch das hier so bezeichnete Opferpfandrecht35 ; "eigener Art" deswegen, weil es sich allein auf Forderungen als Sicherungsobjekt bezieht und die Verwertung daher über§ 6 OASG, § 1282 BGB durch Einzug vom Drittschuldner erfolgt (aber ohne Titel gegenüber dem Pfandschuldner)36 . Beim Zuriickbehaltungsrecht im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis nach §§ 1000, 1003 BGB ist die Lage hinsichtlich der Verwertungsbefugnis (an Mobilien) diesen Pfandrechten ähnlich. Der Besitzer, der Verwendungen im Sinne von §§ 994 ff. BGB gemacht hat, kann, wenn der Eigentümer die Verwendungen nicht genehmigt (und ihm deswegen der Anspruch nach § 1001 BGB versagt bleibt; vgl. § 1003 Abs. 1 S. 2 BGB), aber auch nicht bestreitet (ansonsten Feststellungsurteil; vgl. § 1003 Abs. 2 BGB), wie beim Pfandverkauf ohne Vollstreckungstitel die Mobilie als Sicherungsgegenstand verwerten 37• Wenn das Recht, wie allgemein die Verwertungsbefugnis der Zuriickbehaltungsrechte, meist als Befriedigungsrecht bezeichnet wird, soll gerade ein begriffliche Abgrenzung zu den anderen Verwertungsrechten, den Pfandrechten, erreicht werden. Für die vermittelte Befugnis zur Verwertung ist allerdings - wie soeben gezeigt - inhaltlich kein grundlegender Unterschied zwischen diesen Rechten vorhanden 38 . Inwieweit für die beiden anderen Kriterien grundlegende Unterschiede vorhanden sind, die diese begriffliche Differenzierung rechtfertigen, wird noch zu untersuchen sein.
33 So im Grundsatz uneingeschränkt bei §§ 583, 647 BGB, §§ 397, 441, 464, 475b, 623 HGB, § 77 Abs. 2 BSchG, etwas eingeschränkt, da die Geltendmachung über Dritte erfolgen muß, bei § 726 Abs. 2 HGB, § 89 BSchG. 34 Vgl. im einzelnen Winterstein DGVZ 1991, 51,52 f. 35 Näher dazu S. 315 ff. 36 So ausdrücklich auch die Gesetzesmaterialien in BT-Drucks. XIII/6831 S. 11; vgl. allgemein Palandt/ Bassenge § 1282 Rn. 1. 37 Vgl. Erman/Hefermehl § 1003 Rn. 2, anders bei Besitz an Grundstücken (siehe unten Fn. 48). 38 Siehe die Zusammenstellung bei MüKo-BGB/Medicus § 1003 Rn. II, 15 f.; zur Ausnahme noch Fn. 48.
II. Grundfragen der Systematisierung
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Gleichfalls eine unmittelbare Verwertungsbefugnis vermitteln rechtlich jene Pfandrechte, die nicht an den Besitz gebunden sind (die sogenannten Einbringungspfandrechte39, das Früchtepfandrecht nach dem FPG40, das Rettungskastenpfandrecht nach dem BSchG41 ), da auch für sie §§ 1234 ff. BGB anwendbar sind42. Da dem Gläubiger bei ihnen aber der Besitz gerade fehlt, den der Pfandverkauf ohne Vollstreckungstitel voraussetzt, muß der Gläubiger zur Verwertung regelmäßig zunächst einen Herausgabetitel erwirken, der gern. § 883 ZPO zu vollstrecken ist. Anders wäre das nur, wenn der Schuldner ihm die Sache freiwillig überläßt43 . Für diese Pfandrechte gilt daher zwar dieselbe rechtliche Vorgabe wie für die Besitzpfandrechte, wirtschaftlich sind sie durch die Rahmenbedingungen für den Gläubiger jedoch von erheblich geringerem Wert: Er ist gezwungen, aus der per se ungünstigeren Position des Klägers einen Prozeß zu betreiben44, der für ihn zumindest vorzuschießende Kosten mit sich bringt und um dessen Dauer die Befriedigung aufgeschoben ist. Diese besitzlosen Pfandrechte kommen damit hinsichtlich der Befugnis dem allgemeinen Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB sehr nahe, das aus sich heraus keine Verwertungsbefugnis vermittelt45 . Wenn der durch § 273 BGB gesicherte Gläubiger die Sache verwerten möchte, kann er den ansonsten möglichen "PattZustand" der rein passiven Verweigerung dadurch beenden, daß er sich einen Zahlungstitel besorgt und in die bei ihm befindliche Sache vollstreckt (§ 809 ZPO). Er erlangt so ein Pfändungspfandrecht und kann daraus die Verwertung betreiben. In beiden Fällen, beim Zurückbehaltungsrecht wie beim besitzlosen Pfand, ist der Gläubiger darauf verwiesen, zunächst seinen Anspruch gerichtlich nachzuweisen, um die andererseits dann außer Streit stehende Forderungper Verwertung durchzusetzen. In der vermittelten Befugnis ist damit zwar rechtlich, nicht aber wirtschaftlich ein Unterschied zu sehen. b) VeiWertung nur mit separatem Vollstreckungstitel
Für eine weitere Gruppe der gesetzlichen Pfandrechte sind die Vorschriften des BGB mehr oder weniger ausdrücklich außer Kraft gesetzt: So finden sich für das 39
§§ 559, 592, 704 BGB, 674 HGB.
Ebenso Ebeling WM 1955, 1686, 1690; KreuzerS. 17 f.; §§ 3 Abs. 2, 4 FPG stehen dem nicht entgegen; zum Früchtepfandrecht im einzelnen vgl. S. 289 ff., 305 ff. 41 In diesem Sinne wohl auch Vortisch I Bemm § 97 Rn. 9; siehe weiter unten S. 341 ff., 358. 42 Staudinger I Wiegand § 1257 Rn. 18, 20. 43 Staudinger IV. Emmerich § 559 Rn. 21m. w. N. 44 Ein Prozeß kann natürlich ebenso Folge der zuvor erwähnten, eigenständig möglichen Verwertung sein. In diesen Fällen wird jedoch immer der Gegner als Kläger I Antragsteller tätig werden müssen, um die Verwertung zu verhindern. 45 Für die "Besitzpfandrechte" gilt nichts anderes, wenn sie ausnahmsweise (§§ 441 Abs. 2, 623 Abs. 2 HGB) einmal ohne Besitz bestehen. 40
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- A. Gesetzliche Verwertungsrechte
Rettungskostenpfandrecht im Seerecht (in§ 752a Abs. 4 HGB) und für die Schiffsgläubigerrechte (in§ 760 HGB und§ 103 Abs. 3 BSchG) Regelungen, die gerade abweichend bestimmen, daß eine Durchsetzung nur nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung und damit nur auf der Basis eines Vollstreckungstitels erfolgen kann (Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung, vgl. beispielhaft § 760 Abs. 2 HGB). Dies gilt auch dann, wenn - was für diese Pfandrechte nicht einmal generell die Ausnahme ist46 - der Gläubiger im Besitz der Sache ist. Mag man ftir die Schiffsgläubigerrechte noch die rechtliche Nähe zu den Immobilien als Rechtfertigungsaspekt ansehen (bei denen Entsprechendes gilt, vgl. § 1147 BGB oder auch§ 1003 Abs. 1 S. 2 BGB), muß das seerechtliche Rettungskostenpfandrecht damit als kaum nachvollziehbare Ausnahme erscheinen. Eine vergleichbare Befugnis gibt es schließlich noch beim kaufmännischen Zurückbehaltungsrecht gern. §§ 369, 371 HGB. Zwar räumt§ 371 Abs. 1 und Abs. 2 dem Berechtigten ein Befriedigungsrecht entspr. §§ 1228, 1233 ff. BGB ein, Abs. 3 bringt jedoch trotz Besitzerfordernis die Einschränkung, daß diese nur mit Hilfe eines Titels (sei er einfacher Vollstreckungstitel oder Duldungstitel) erfolgen kann47 • Für§ 1000 BGB gilt dann gleiches, wenn sich das Recht auf eine Immobilie bezieht(§ 1003 Abs. 1 S. 2 BGB). Betrachtet man die Rechte mit eingeschränkten Verwertungsbefugnissen, könnte man sich fragen, ob man den Begriff der Verwertungsrechte nicht auf die Pfandrechte beschränken sollte, die eine unmittelbare Befriedigungsbefugnis ohne vorangehenden Rechtsstreit ermöglichen. Dies würde jedoch unterschlagen, daß auch ohne unmittelbare Verwertungsmöglichkeit diesen Rechten die Verwertungsbefugnis immanent ist, was sich insbesondere - und dies gilt auch für das Recht aus §§ 369, 371 HGB- im Falle einer Konkurrenz mit anderen (insb. ungesicherten) Gläubigern zeigt. Alle Verwertungsrechte zeichnen sich zumindest durch einen gewissen Verwertungsvorrang aus (siehe §§ 804 Abs. 2 ZPO, §§ 50, 51 InsO, näher noch beim Bestandskriterium)48 • Für das Befugniskriterium bleibt festzuhalten: Nach geltendem Recht sind im wesentlichen zwei, bei wirtschaftlicher Betrachtung sogar drei, Befugnisformen der Verwertungsrechte möglich. Es gibt einmal solche Rechte, die unmittelbar die 46 Man denke beim Schiffsgläubiger an die Heueransprüche der Mannschaft, bei der Rettung an den "Berger", siehe näher S. 382 und S. 357. 47 K. Schmidt HR5 § 22 IV 3 b mit weiterführender Darstellung (auch zum Grund dieser Einschränkung). 48 Eine partielle Ausnahme gibt es nur für§§ 1000, 1003 BGB. Für Mobilien gibt es dort zwar bereits eine unmittelbare Verwertungsbefugnis; anders aber bei Immobilien, wo das Verwertungsrecht im Grunde tatsächlich keinen Vorteil vermittelt: Die Befriedigung erfolgt nur nach Zwangsvollstreckungsrecht (§ 1003 Abs. 1 S. 2 BGB), d. h. nach Erlangen eines gerichtlichen Titels und anschließender Zwangsversteigerung. Die dann gegebene Rangklasse 5 gern. § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG entspricht dem gewöhnlicher, aufgrund bspw. von Zahlungsurteilen vollstreckender Gläubiger; siehe Staudinger I Gursky § 1003 Rn. 11 und auch unten S. 221.
li. Grundfragen der Systematisierung
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Verwertung ermöglichen, zum anderen solche, denen zwar eine Verwertungsbefugnis immanent ist, die aber nach ihrer rechtlichen Ausgestaltung (Unterfall 1) oder zumindest tatsächlich (Unterfall 2) regelmäßig erst nach Erwirkung eines gerichtlichen Titels durchgesetzt werden können. 5. Wertkriterium 3: Bestandssicherheit
Als drittes wertbestimmendes Kriterium ist die Bestandssicherheit zu betrachten. Eine weitreichende Befugnis und eine hohe Entstehungssicherheit nützen dem Gläubiger nur dann, wenn er sich sicher sein kann, daß sein Recht nicht erlischt oder von anderen Rechten verdrängt wird, solange er es benötigt. Ein in diesem Sinne möglicher Idealtypus eines Sicherungsrechtes entstünde - unabhängig vom Bestand einer speziellen Forderung, d. h. mit der Möglichkeit einer freien Austauschbarkeit von gesicherten Ansprüchen [a)], - ohne zeitliche Einschränkungen [b)], - mit einem Schutz gegenüber Eingriffen, sei es des Schuldners, sei es durch Dritte [c)] und - mit umfassendem Schutz für "Krisen", insb. einer Insolvenz [d)]. Während sich bei vertraglichen Sicherungen insbesondere durch bestimmte abstrakte Sicherungsformen (bspw. bei Sicherungsübereignungen) solche "BeinaheMaximalrechte" ermöglichen lassen, sind gesetzliche Sicherungen immer mehr oder weniger umfangreich eingeschränkt. a) Bindung an die spezielle Forderung
Eine Idealsicherung für den Gläubiger wäre vom Bestand einer bestimmten Forderung unabhängig. Gesetzliche Sicherungsrechte sind dagegen stets an die Forderungen gebunden, als deren gesetzliche Folge sie entstehen. An einer freien Austauschbarkeit fehlt es somit generell. Diese Bestandsbindung an die Forderung ist Spiegelbild der Begrenzung im Rahmen der Entstehung49 und gewissermaßen gerade der Preis dafür, daß der Gläubiger sich auf die gesetzliche Entstehung der Sicherung verlassen hat. Zur Veranschaulichung sei beispielhaft an das Werkunternehmerpfandrecht (§ 647 BGB) gedacht: Wird der geschuldete Werklohn entrichtet, erlischt es auch, wenn der Gläubiger sich auf sonstige Forderungen (z. B. aus demselben Geschäfts-, nicht aber Rechtsverhältnis) berufen kann. Er mag sich auf insofern andere Sicherungsrechte berufen (z. B. aus § 369 HGB), die hinsichtlich derselben Sachen bestehen können. Dies ändert aber nichts an dem Prinzip, denn auch hinsichtlich dieser Rechte gilt, daß sie mit 49
Vgl. schon S. 51 f.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- A. Gesetzliche Verwertungsrechte
dem Erlöschen aller durch sie gesicherten Forderungen (die vielleicht weiter gefaßt sind) untergehen50. Nicht ganz so deutlich ist diese Beurteilung bei den Verwertungsrechten in Dauerschuldverhältnissen (wie z. B. dem Vermieterpfandrecht gern. § 559 BGB). Letztlich gilt auch bei diesen -jedenfalls konstruktiv - nichts anderes. Eine "Besonderheit" ist hier nur, daß die Forderungen (z. B. das Mietentgelt) fortgesetzt fallig werden und das Pfandrecht auch für noch nicht fällige Forderungen des Rechtsverhältnisses bereits besteht (und nur nicht durchgesetzt werden kann). Damit tritt der Effekt ein, daß der Gläubiger, obwohl seine Forderungen nach dem üblichen Ablauf ständig durch Zahlung erlöschen, eine bleibende vorrangige Sicherung erhält, bis das Rechtsverhältnis endet51 . Dem o.a. "Maximalrecht" des Gläubigers entspricht das gleichwohl nicht, denn sein Recht bleibt an die gesicherten Mietforderungen gebunden und sichert niemals andere Forderungen, auch wenn sie ihm gegen denselben Schuldner zustehen. Es ist daher festzuhalten, daß ein freier Austausch von gesicherten Forderungen bei gesetzlichen Sicherungsrechten ausscheidet, so daß sie mit der Tilgung der (aller) Forderungen erlöschen, als deren Annex sie entstanden sind. Ist dies zwar für den Gläubiger ein wertbegrenzender Effekt, wird er damit gleichwohl - solange er sich darauf nur einrichtet- "leben können". Bedeutsamer sind für ihn Einschränkungen, die zum Erlöschen des Rechtes führen, ohne daß seine gesicherte Forderung erfüllt ist. b) Zeitliche Beschränkungen
Eine dem Gläubiger ohne Sicherung stets drohende Gefahr, die zwar nicht zum Erlöschen, aber - kaum weniger unangenehm - zur dauerhaften Verweigerungsmöglichkeit (Einrede) führt, ist die Verjährung (bei der einfacher Zeitablauf letztlich die Durchsetzung verhindert). Den- auch hinreichend werthaltig- gesicherten Gläubiger, und dies gilt im Grundsatz auch für den gesetzlich gesicherten, berührt die Verjährung nicht52 . § 223 Abs. 1 BGB (neu:§ 216 Abs. 1 BGB) besagt u. a. für (gesetzliche) Pfandrechte, daß die Verjährung des Anspruchs die Verwertung nicht hindert. Der Unterschied zu den Zurückbehaltungsrechten mit Verwertungsbefugnis erweist sich auch in diesem Punkt als gering: Zumindest dann, wenn der Anspruch bei der Entstehung des Zurückbehaltungsrechtes noch nicht verjährt war, bleibt sein Recht auch nach der Verjährung - entsprechend der Regelung zur Aufrechnung in§ 390 S. 2 BGB- bestehen53 . 50 Ein dem u.U. widersprechender Eindruck erwächst daraus, daß teilweise ein weitgefaßter Forderungskreis gesichert ist und das Recht immer wieder, mit jeder hinzukommenden Forderung neu- und ggf. neben alten noch bestehenden- entsteht (so bspw. bei § 369 HGB). 51 Im einzelnen str.: vgl. noch eingehend S. 234 ff., 247 ff. 52 Zu allgemeinen, hier nicht interessierenden Ausnahmen vgl. Palandt/ Heinrichs § 223 Rn. 4.
II. Grundfragen der Systernatisierung
61
Auch insoweit erfolgen Einschränkungen wiederum bei den gesetzlichen Pfandrechten. Für diese bestehen eine Reihe von ausdrücklichen Normen, die ein Erlöschen der Pfandrechte durch Fristablauf (bspw. §§ 726a Abs. 2, 752a Abs. 3, 759 HGB, § 4 FPG, ähnlich auch § 559 S. 2, 562 Abs. 2 S. 2 BGB54) oder eine (kurze) Verjährung der Ansprüche aus dem Recht anordnen 55 . Die Ursachen dafür sind häufig in der Besitzlosigkeit der Rechte (aber nicht durchgängig, vgl. z. B. noch das Rettungskostenpfandrecht) oder in der potentiellen Uferlosigkeit gesicherter Ansprüche zu sehen56.
c) Eingriffsschutz
Bedeutung für den Wert jedes Sicherungsrechtes und im speziellen der Verwertungsrechte haben auch deren Eigenschaften bei "Eingriffen" des Schuldners oder durch Dritte. Nur wenn in diesen Fällen ein ebenso hohes Maß an Sicherheit geboten wird, kann sich der Gläubiger auf das Recht verlassen. Auch hier gilt, daß der Sicherungsnehmer, der sich einer tatsächlich besseren Zugriffsmöglichkeit auf den Sicherungsgegenstand versichert, rechtlich besser geschützt ist. Ein Mindestmaß an Eingriffsschutz bieten daher vor allem die Sicherungsrechte, die an den Besitz des Gläubigers gekoppelt sind. Dies zeigt sich beispielsweise bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen anderer Gläubiger [aa)], aber auch bei sonstigen - tatsächlichen - Eingriffen wie Beschädigung und Zerstörung des Objektes [cc)]. Als Frage stellt sich, ob das Anknüpfen der Rechte an den Besitz auch nachteilig sein kann. Dies wäre denkbar, wenn der Besitzverlust zum Untergang des Rechts führt [bb)]. aa) Schutz in der Zwangsvollstreckung Dritter Im Rahmen der Zwangsvollstreckung anderer Gläubiger des Sicherungsobjektinhabers ist jeder besitzende Sicherungsnehmer (damit sogar jener ohne Verwertungsbefugnis nach § 273 BGB) regelmäßig schon dadurch geschützt, daß ohne seine Herausgabebereitschaft eine Sachpfändung ausgeschlossen ist (§ 809 ZP0) 57. Wählt der die Zwangsvollstreckung Betreibende (als Alternative zur Sach53 Baumbach I Hopf 0 § 369 Rn. 5; Staudinger I Gursky § 1000 Rn. 9 (Analogie zu § 223); Palandtl Heinrichs § 223 Rn. 4; BGHZ 48, 116, 117 v. 16. 6. 1967 (für§ 273 BOB); so ausdrücklich § 214 BOB im Diskussionsentwurf eines Schuldrechtsrnodernisierungsgesetzes vorn 4. 8. 2000 und nunmehr§ 215 BOB n. F. 54 Dazu teilweise weiter in den Einzeldarstellungen (Teil B). 55 § 117 BSchG bestimmt eine Verjährungsfrist der Ansprüche aus dem Pfandrecht. 56 Siehe so S. 233. 57 Ebenso kann der Besitzer einem neuen Eigentümer sein Sicherungsrecht entgegenhalten. Für die Zurückbehaltungsrechte gilt dies gern. § 986 Abs. 2 BOB unabhängig von der
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- A. Gesetzliche Verwertungsrechte
pfandung) die Ffandung des gegen den Sicherungsnehmer bestehenden Herausgabeanspruchs (z. B. aus § 985 BGB) gern. §§ 845 f. ZPO, kann der besitzende Sicherungsnehmer diesem gepfandeten Anspruch seine (auch obligatorischen) Rechte entgegenhalten5 8 und so die Zwangsvollstreckung verhindern. Die Vollstreckung kann nur weitergeführt werden, wenn der Drittgläubiger den besitzenden Sicherungsnehmer befriedigt. Schlechter steht dagegen ein Sicherungsnehmer ohne Besitz (der bei den gesetzlichen Sicherungsrechten stets ein Pfandgläubiger ist). Die Ffandung seines Sicherungsgegenstandes kann er, wenn er überhaupt von ihr erfahrt, nicht verhindern. Vielmehr ist er auf die Klage gern. § 805 ZPO (auf vorzugsweise Befriedigung) verwiesen. Im Unterschied zum besitzenden Sicherungsnehmer (sei dieser auch nur obligatorisch gesichert) hat er einen doppelten Nachteil: Er muß selbst (abwehrend) aktiv werden und trägt sogar das Risiko, daß er sein Recht endgültig verliert, weil er ohne Besitz von der Zwangsvollstreckungsmaßnahme vielleicht nichts erfahrt und diese insofern zu Ende geführt wird. Gerade bei den gesetzlich entstehenden Rechten, die bestehen, ohne daß der Schuldner sich dessen bewußt ist, ist diese Gefahr präsent. Eine Mindestsicherung in der Zwangsvollstreckung Dritter bieten daher zwar alle gesetzlichen Sicherungs- bzw. Verwertungsrechte, in dem sie entweder auf Besitz aufbauen oder zumindest einen Schutz über § 805 ZPO verschaffen. In der Bewertung läßt sich hier im wesentlichen zwischen den durch den (berechtigten) Besitz geschützten und daher wertvolleren und den besitzlosen und dadurch tatsächlich und rechtlich schlechter geschützten Rechten unterscheiden. bb) Bindung an Besitz oder Raum Von der Ausgangsbasis her sind die besitzgebundenen Sicherungs- und Verwertungsrechte auch hinsichtlich der Schutzmöglichkeiten vor Übergriffen des Schuldners oder Dritter von Vorteil. Ein Gläubiger, der das Sicherungsobjekt im eigenen Zugriffsbereich hat, kann selbst darauf aufpassen und so einem Verlust vorbeugen. Allenfalls der den besitzgebundenen Sicherheiten auch genügende mittelbare Besitz bringt mit der Person des Besitzmittlers ein erweitertes, tatsächlich aber doch begrenztes Risiko59• Befindet sich das Sicherungsobjekt dagegen im Besitz des Streitfrage, ob man sie als Recht zum Besitz qualifiziert oder nicht, MüKo-BGB I Medicus § 986 Rn. 17 a.E. Vgl. auch§ 999 Abs. 2 BGB, § 369 Abs. 2 HGB. 58 Vgl. Jauemig ZVR § 19 VII lc. 59 Der Besitzmittler ist dem Gläubiger typischerweise näher als dem Schuldner. Die Möglichkeit der eigenen Wahl begrenzt für den Sicherungsnehmer das Risiko des tatsächlichen oder rechtlichen Entzugs: Eigentumserwerb des Besitzmittlers (§ 929 S. 2 BGB) zerstört das Zurückbehaltungsrecht, vgl. Schlegelberger I Hef ermehl § 369 Rn. 57, die Änderung des Besitzwillens des unmittelbaren Besitzers ermöglicht gutgläubig lasten-, d. h. auch pfandfreien Eigentumserwerb (§ 936 Abs. 1 S. 2 BGB).
II. Grundfragen der Systematisierung
63
Schuldners oder (nicht weisungsabhängiger) Dritter, besteht schon faktisch stets die erhöhte Gefahr, daß es dem Zugriff des Gläubigers vollständig entzogen und so der Sicherungszweck vereitelt wird. Aber auch innerhalb der nicht-besitzgebundenen Rechte finden sich insofern Unterschiede. Sind - wie bei raumgebundenen Pfandrechten60 - die Sicherungsobjekte an einen bestimmten Ort gebunden, kann zumindest eine tatsächliche Überwachung die Sicherung erhalten. Ist dagegen überhaupt keine örtliche Bindung vorgegeben, ist der tatsächliche Zugriff trotz bestehenden Rechtes und damit eine eigene Vorsorge zumeist ausgeschlossen61 . Auf rechtlicher Ebene besteht allerdings eine gewisse Gefahr, daß der tatsächliche Vorteil des Besitzes oder der Sachnähe zum Nachteil wird. Unzweifelhaft führt bei den Besitzpfandrechten die (willentliche) Rückgabe eines Sicherungsobjektes -aus Verkehrsschutzerwägungen62 - zum Erlöschen des Pfandrechtes (§§ 1257, 1253 BGB)63 . Bei den Zurückbehaltungsrechten gilt nichts anderes. Anders dagegen bei den besitzlosen Pfandrechten, bei denen der Schuldner I Eigentümer ohnehin Besitzer bleiben kann. Da hier der Verkehr ohnehin nicht über den Besitzstatus geschützt wird, weil diese Rechte hierüber nicht erkennbar sind, ist ein entsprechendes Vertrauen nicht schutzwürdig, eine (nach Erhalt) erfolgte "Rückgabe" insofern unerheblich64. Der daraus für die besitzgebundenen Verwertungsrechte erwachsende Nachteil wiegt in der Regel nicht schwer, denn ist dem Gläubiger diese Rechtslage bekannt, muß er sich nurdaranhalten (und die Sache nicht oder nur gegen andere Sicherheit herausgeben). Ein gravierenderer, weil in stärkerem Maße entwertender Umstand wäre, wenn auch ein unfreiwilliger Besitzverlust (z. B. ein Diebstahl) das Recht zum Erlöschen brächte. Es mag überraschen, wenn man feststellt, daß schon für die vermeintlich stärksten Verwertungsrechte, die dinglich wirkenden Besitzpfandrechte, keine Einigkeit darüber besteht, ob und inwieweit diese im Falle eines unfreiwilligen Besitzverlustes fortbestehen. Für den Bereich des HGB65 vertrat - im wesentlichen an den (bis Mitte 1998 geltenden) Wortlaut der Bestimmungen anknüpfend66 - eine noch bis vor kurzem sogar herrschende Auffassung den Untergang der Rechte auch im Fall eines unfreiwilligen Besitzverlustes67 . Insbesondere 60 Zu Formen der "Besitzbindung" siehe schon S. 52 f., vgl. im einzelnen noch die Darstellung in Teil B. 6t So beim Opferpfandrecht hins. der Endkundenforderungen, S. 318; beim Rettungskostenpfandrecht bei ausgelieferten Gütern, S. 356. 62 Dazu schon R. Schmidt AcP 134, 1 f., 59 ff.; einen anderen Zweck vermuten Schwab/ Prütting Rn. 821 ; Altmeppen ZHR 157, 541, 553 (Fiktion eines Verzichts), m.E. eher zweifelhaft. 63 Siehe schon BGHZ 87, 274, 281 v. 18. 5. 1983 (für§ 647 BGB); allgemein R. Schmidt AcP 134, 1, 164.
Darin kann allerdings u.U. ein konkludenter Verzicht(§ 1255 BGB) zu sehen sein. Bei den BOß-Besitzpfandrechten vertritt das wohl niemand, vgl. z. B. Röske S. 62 f.; RGRK-BGB I Glanzmann § 647 Rn. 14; Staudinger I Peters § 647 Rn. 20. 66 Die neuen §§ 441 , 464, 475b HGB haben nicht einmal mehr die Ansätze im Wortlaut. 64 65
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- A. Gesetzliche Verwertungsrechte
Altmeppen68 hat eine in der neueren Literatur nunmehr Anklang69 findende Wende
eingeleitet. In der Tat ist dies wohl die einzig überzeugende Möglichkeit, will man den Rechten überhaupt eine "absolute" Wirkung zugestehen. Ein Pfandrecht, das bei unfreiwilligem Besitzverlust erlischt, hätte kaum mehr absolute Wirkung, denn für das Absonderungsrecht in der Insolvenz70 ist eine solche ebensowenig notwendig wie beim Schutz vor Verfügungen oder beim deliktischen Schutz (siehe noch in der Folge). Darüber hinaus ist auch teleologisch kein Grund für das Erlöschen des Sicherungsrechtes ersichtlich: Wieso sollte der Eigentümer von einem unfreiwilligen Besitzverlust des Pfandgläubigers profitieren? Wenn schon das ökonomische Risiko des (möglicherweise dauerhaften) Besitzverlustes dem Gläubiger unbenommen bleibt, erscheint es zumindest in rechtlicher Hinsicht geboten, dem Sicherungsrecht Bestandsschutz zu gewähren. Dieses Ergebnis für die Besitzpfandrechte erfahrt eine weitere Bestätigung, wenn man die Frage für die Zurückbehaltungsrechte mit Verwertungsbefugnis untersucht. Als Rechte, denen gewöhnlich nur obligatorische Wirkung zugesprochen wird71 , ist für sie im Grunde allenfalls eine schlechtere rechtliche Position zu unterstellen72 • Trotzdem - und dies ist bei einem Wertvergleich natürlich entscheidend - ist dem durch sie geschützten Gläubiger mit Herausgabeansprüchen aus dem Besitzschutz (§ 861 BGB oder, wenn der Dieb die Sache weitergegeben hat, regelmäßig § 1007 BGB) zunächst geholfen73 . Die entscheidende Frage, die sich sowohl im Rahmen der§§ 369, 371 HGB als auch des §§ 1000, 1003 BGB stellt, lautet daher nur, was nach der Rückgabe an ihn aus dem Sicherungsrecht geworden ist, das vor dem Verlust bestand. Schaut man wiederum auf die vorherrschende Meinung, stellt man überrascht fest, daß durch den vorhergegangenen unfreiwilligen Besitzverlust das Zurückbehaltungsrecht nach § 1000 BGB dauerhaft erlo67 Schlegelherger I Hefermehl § 397 Rn. 27; Heymann/ Hanseil § 410 Rn. 16; Staub/ Helm § 440 Rn. 20 jeweils m. w. N.: Das Recht erlischt, wenn der Besitzverlust nicht nur vorübergehend ist. 68 ZHR 157,541 ff. 69 Für§ 410 a.F. MüKo-HGB I P. Bydlinski § 410 Rn. 66 ff., 75 m. w. N.; für§ 397 Staub/ Koller§ 397 Rn. 16; Baumbach I Hopr 0 § 397 Rn. 3; für§ 441 HGB ders. § 441 Rn. 7; allgemein Canaris HR 22 § 28 IV 2. 10 Vgl. noch S. 70. 71 Vgl. bspw. Baumbach I Hopr 0 § 371 Rn. 1; vgl. zur Einordnung als "obl~atorisch" als Unterschied zu "dinglichen" Pfandrechten unten S. 73 und K. Schmidt HR § 22 IV ld m. w. N.; a.A. bspw. noch H. Emmerich S. 520 ff.(dingliches Recht); für Zwischenstellung Canaris FS Flume, 371,404 f. n Für ein (u.U. vorübergehendes) Erlöschen immerhin Baumbach I Hopr0 § 369 Rn. 2; Heymann/ Horn§ 369 Rn. 45; K. Schmidt HR5 § 22 IV 2h; für§ 1000 BGB: RGZ 109, 104, 105 v. 1. 11. 1924 (Herausgabevollstreckung); BGHZ 51, 250, 253 v. 18. 12. 1968 (Fall der freiwilligen Besitzaufgabe); Palandt/ Bassenge § 1000 Rn. 1 (dauerhaftes Erlöschen bei jedem Verlust). 73 So für§ 369 HGB GK/ Canaris § 369-372 Anm. 53; ders. HR23 § 30 Rn. 32, zum hier ausgelassenen Sonderproblem, ob § 1007 auch gegenüber einem gutgläubigen Rechtsnachfolger des Eigentümers hilft.
II. Grundfragen der Systematisierung
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sehen sein solf4 , das nach § 369 HGB dagegen wieder auflebt75 . Anders ausgedrückt, der ursprünglich im Rahmen der §§ 1000, 1003 BGB gesicherte Besitzer hat nur noch ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB ohne Befriedigungsmöglichkeit (wenn nicht auch dieses Recht überhaupt mangels Anspruchs entfällt). Ein Verlust des Zurückbehaltungsrechtes durch unfreiwilligen Verlust des Besitzes an der Sache ist m.E. nur dann konsequent, wenn man die Meinung vertritt, daß der Verwendungsersatzanspruch, der einzig nach § 1000 BGB gesichert wird, durch den unfreiwilligen Besitzverlust erlischt76. Gegen diese Annahme hat sich Gursky mit gerade für den Diebstahlsfall überzeugenden Erwägungen ausgesprochen77 . Für die hier entscheidende Frage des Bestandes von Zurückbehaltungsrechten bei unfreiwilligen Besitzverlusten spielt das aber keine Rolle, da dies nur eine Besonderheit des gesicherten Anspruchs, nicht des Verwertungsrechtes wäre. Für Zurückbehaltungsrechte gilt m.E. ganz allgemein, daß auch sie durch unfreiwilligen Besitzverlust erst dann (endgültig) erlöschen, wenn der gesicherte Anspruch erloschen ist. Es gibt generell keinen plausiblen Grund, auch noch die rechtliche Stellung eines Gläubigers durch einen unfreiwilligen Besitzverlust zu verschlechtern; der tatsächliche Nachteil des- häufig andauernden- Sicherungsverlustes ist schlimm genug. Es ist schließlich auch kein Grund ersichtlich, warum § 1000 BGB hiervon eine Ausnahme bilden sollte; die Besonderheit bei diesem Recht begrenzt sich darauf, daß es ausschließlich den Verwendungsersatzanspruch aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (§§ 994 ff. BGB) sichert. Der Unterschied zwischen diesen Zurückbehaltungsrechten und den Besitzpfandrechten ist damit gering. Zur Durchsetzung erfordern beide Besitz. Bei freiwilliger Besitzaufgabe erlöschen beide. Bei unfreiwilliger Besitzaufgabe bleiben die Pfandrechte - nach zutreffender Auffassung - dagegen bestehen, die Zurückbehaltungsrechte leben zumindest wieder auf. Mit anderen Worten: Bei beiden Formen besteht die Sicherung in der ursprünglichen Form, wenn der Gläubiger den Besitz wiedererlangt. Einen Anspruch darauf gibt ihm der Besitzschutz, bei den Pfandrechten zusätzlich§§ 1227 i.V.m. 985 BGB.
74 Gesprochen wird meist nur von "erzwungener Herausgabe". Über das Erlöschen besteht Einigkeit, streitig ist die Frage des "Wiederauflebens", dagegen die h.M., vgl. Nachweise zu § 1000 BGB in Fn. 72, ebenso RGRK-BGB/ Pikart § 1000 Rn. 8; für Aufleben bei Rückerhalt binnen eines Jahres: MüKo-BGB/ Medicus § 1003 Rn. 11; Canaris FS Flume 371, 393; für zeitlich unbegrenztes Wiederaufleben (auch nach freiwilliger Rückgabe) Staudinger/ Gursky § 1000 Rn. 8. 75 Schlegelberger/ Hefermehl § 369 Rn. 66; K. Schmidt HR5 § 22 IV 2h m. w. N.; einschränkend RGRK-HGB I Ratz § 369 Anm. 63; ähnlich die Modifizierung von Canaris HR23 § 30 Rn. 36, nach der das Recht bei vorheriger Ausübung im Falle der Wiedererlangung fortbesteht. 76 Wenn dies also gerade anders ist als bei den Ansprüchen, die durch § 369 HGB gesichert werden. 77 Staudinger/Gursky § 1000 Rn. 8; vgl. so auch schon Wolf!/ Raiser § 86 V 3.
5 Bechtloff
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Zuletzt sei in diesem Zusammenhang noch ein Blick auf die raumgebundenen gesetzlichen Pfandrechte geworfen. Während die "vollständig bindungslosen" Rechte sogar durch den Verlust jeder Kenntnis vom Zugriffsort rechtlich unberührt bleiben (zu § 936 BGB vgl. noch entspr. am Ende dieses Absatzes), bedeutet für die an eine räumliche Lage gebundenen Rechte jedenfalls das einverständliche Verlassen dieses "Raumes" stets den Untergang des Rechtes. Bei unfreiwilligem Verlassen- und auch das stützt die o.a. These für den Fall des Abhandenkommens den (HGB-)Besitzpfandrechten unterliegender Sachen78 - ist zumeist ein Fortbestand ausdrücklich angeordnet (vgl. § 560 BGB, § 2 Abs. 1 FPG; §§ 592 S. 4, 704 S. 2 BGB verweisen auf §§ 560 ff. BGB79) . Aus Verkehrsschutzgründen80 wird allerdings für die Fälle ein Erlöschen bestimmt, in denen sich der Gläubiger trotz Kenntnis- nicht (gerichtlich) um Rückschaffung bemüht(§§ 561 Abs. 2 S. 2, § 2 Abs. 2 S. 2 FPG81 ). Im übrigen droht ihm natürlich dann stets der Rechtsverlust durch gutgläubigen Erwerb Dritter nach § 936 BGB, da ihm die Sache (anders als oben bei den Besitzpfandrechten) nicht abhanden gekommen ist. Für eine Wertfeststellung des Rechtes ist daher festzuhalten, daß die an den Besitz gebundenen Rechte eine rechtlich wie tatsächlich sichere Basis bieten. Die Situation bei raumgebundenen Pfandrechten ist durch die tatsächliche Lage, die auch rechtliche Folgen nach sich zieht, erkennbar schlechter. Bei den vollständig raumbindungslosen Pfandrechten droht dagegen bei Besitzverlust rechtlich allenfalls ein Verlust durch gutgläubig lastenfreien Erwerb Dritter82 . cc) Deliktischer Schutz Als letzter und vielleicht ureigenster Prüfstein in Sachen "Eingriffsschutz" ist an deliktische Eingriffe von außen in das Sicherungsobjekt, insb. Zerstörung oder auch nur Beschädigung, zu denken. Die Pfandrechte sind als sonstige (dingliche) Rechte im Sinne des § 823 Abs. I BGB durch das Deliktsrecht geschützt83 . Sofern der das Sicherungsgut Zerstörende (oder Beschädigende oder Entziehende) den Tatbestand des § 823 BGB verwirklicht, stellt sich die Frage, was der Gläubiger vom Schädiger als Ersatz verlangen 78 Wenn hier der unfreiwillige Zugriffsverlust rechtlichen Schutz genießt, muß dies bei den Besitzpfandrechten-für die die Regelung des§ 1253 BGB anwendbar ist- entsprechend gelten. 79 Anders nur§ 674 Abs. 2 HGB (Seebefördererpfandrecht). 80 Statt vieler: Palandt/ Putzo § 561 Rn. 12. 81 Entsprechendes gilt auch für gewisse, bei freiwilliger Weggabe fortwirkende (insofern im Besitzerfordernis gelockerte) Besitzpfandrechte, vgl. schon Fn. 45. 82 Zu beachten sind die individuell geregelten Sonderbestinunungen dazu (und zum Vorrangerwerb); näher bei den Einzelrechten (Teil B.). 83 Allgemeine Auffassung: Staudinger I Hager § 823 Rn. B 126; Palandt/Thomas § 823 Rn. 12; Larenz/Canaris § 76 II 4a; Jauemig § 1227 Rn. 2.
II. Grundfragen der Systematisierung
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kann. Nach Pfandreife (d. h. Fälligkeit seiner Forderung,§ 1228 Abs. 2 BGB) steht dem Pfandgläubiger - und nicht mehr dem Eigentümer - nach dem Inhalt des Pfandrechtes "der Verwertungserlös" zu (so zumindest bei den Pfandrechten mit unmittelbarer Verwertungsbefugnis, vgl. zu diesen schon vorn84). Konsequenterweise wird man daher dem Pfandgläubiger einen Schaden in Höhe des Gesamtwertes (natürlich sofern seine Forderung ebenso hoch ist, siehe § 1247 S. 1 BGB, ansonsten entsprechend weniger) und damit einen direkten Schadenersatzanspruch gegen den Schädiger zuerkennen85 • Entsprechendes wird man auch für Pfandrechte mit titelgebundener Befugnis vertreten können: Das eigentliche "Verwerten-dürfen" (d. h. den Wert der Sache einziehen) hängt bei diesen Rechten zwar formell von der Vorlage des Vollstreckungstitels ab. Dies ändert jedoch nichts daran, daß seine materielle Berechtigung schon ab Fälligkeit am Erlös als solchem besteht. Die Vorlage des Vollstreckungstitels ist insofern nur Verfahrensvoraussetzung, bevor der Gläubiger den eigenen Eingriff in die Sache durchführen darf: Das Fehlen dieses formellen Erfordernisses ändert aber bei materiell bestehender Pfandreife i. S. d. § 1228 Abs. 2 BGB nichts an seinem bestehenden Schaden. Vor der Pfandreife hat der gesicherte Gläubiger dagegen im Verhältnis zum Eigentümer keinen Anspruch auf den Wert des Objektes, da er bis zu diesem Zeitpunkt nur um den Wert des "Gesichert-Seins" geschädigt ist. Es ist insofern evident, daß er nicht in Höhe des Objektwertes Schadenersatz vom Schädiger, sondern gerade nur eine entsprechende Sicherstellung verlangen kann (Prinzip Naturalrestitution, § 249 BGB). Gemeinhin wird auf dieser Grundlage vertreten, daß der Sicherungsgläubiger vor Fälligkeit der Forderung nur einen Anspruch auf Bestellung eines Pfandrechts an der Schadenersatzforderung (des Objekteigentümers) hat86 . Wenn dies richtig wäre, würde sich die massive Verschlechterung der Gläubigersituation geradezu aufdrängen. Nicht nur, daß er nunmehr keine (bei Zerstörung oder dauerhaftem Entzug) oder eine minderwertige Realsicherheit (mehr) hat, sondern statt dessen nur einen zweiten Schuldner (mit unbekannter Bonität). Sein ehemals dingliches Recht hat sich weitergehend auch noch in einen nunmehr bloß schuldrechtlichen Anspruchs auf Bestellung eines Pfandrechtes gewandelt. Natürlich hat kein Geschädigter per se dinglichen Ersatz, aber für den geschädigten Pfandgläubiger ist die Konstruktion eines Anspruch (auf Pfandrechtsbestellung) am Anspruch eine nochmals verschlechterte Position. Weiterhin muß man sehen, daß der Schädiger- als Schuldner des Schadenersatzes - einen solchen (Schadenersatz-)Anspruch auf Bestellung gar nicht erfüllen kann, sondern nur der Eigentümer des Sicherungsobjektes (als Gläubiger des Schadenersatzanspruchs). Das herrschend vertretene Ergebnis ist so zumindest zweifelhaft. Tatsächlich muß der Siehe S. 56 ff. So allgemein für das Vertragspfand: MüKo-BGB I Damrau § 1227 Rn. 3; Jauernig § 1227 Rn. 1; Pa1andt/Bassenge § 1227 Rn. 1; ähnlich für das Spediteurpfandrecht MüKoHGB/ P. Bydlinski § 410 Rn. 47 (Anspruch auf Pfandrecht am Schadenersatzbetrag). 86 Vgl. Jauernig § 1227 Rn. 1; Pa1andt/Bassenge § 1227 Rn. 1; ebenso bspw. für das Spediteurpfandrecht MüKo-HGB I P. Bydlinski § 410 Rn. 47. 84
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- A. Gesetzliche Verwertungsrechte
Schädiger gewährleisten, daß beide von ihm Geschädigten ihren Schaden ersetzt erhalten. Ist er sich der Rechtslage über das Sicherungsobjekt bewußt, kann er nicht an den Eigentümer zahlen, wenn er nicht die Gefahr eingehen will, anschließend- wenn der Pfandgläubiger später Pfandreife erreicht- u.U. noch einmalleisten zu müssen. Natürlich kann er auch nicht an den Pfandgläubiger zahlen, denn dann droht ihm von Seiten des Eigentümers (z. B. bei gleichzeitiger Doppelzahlung an den Pfandgläubiger) später eine zweite Forderung. Einzig sachgerechte Lösung ist es, daß der deliktische Schuldner nach oder entsprechend § 1281 BGB vorgeht (der gerrau diesem Problem Rechnung trägt) und zwar unabhängig davon, ob der Eigentümer an seiner Ersatzforderung dem Pfandgläubiger ein Pfandrecht bestellt hat oder nicht. Wenn aber letztlich nur ein solches Vorgehen sinnvoll ist, als wäre bereits anfänglich die Schadenersatzforderung mit dem Pfandrecht des Sicherungsgläubigers belastet, m.a.W. für das Sicherungsobjekt eine sogenannte dingliche Surrogation 87 eingetreten, liegt der Schluß nahe, in diesem Fall eine solche zu befürworten. Eine dingliche Surrogation wird für das Mobiliarpfandrecht zwar ganz überwiegend außerhalb der eindeutigen gesetzlichen Fälle (§§ 1219 Abs. 2, 1247 S. 2 BGB) abgelehnt88 . Wenn diese letztlich aber für alle Beteiligten die Sachgerechteste Lösung ist und im Grunde nur so für beide dinglichen Rechte (Pfandrecht und Eigentum) ein deliktischer Schutz gewahrt ist, kann diese Ablehnung nicht überzeugen. Es ist daher bei den Pfandrechten vor Pfandreife davon auszugehen, daß der Schadenersatz dem Eigentümer zusteht und dem Pfandgläubigerkraft dinglicher Surrogation- in Fortbildung der Regelungen in§§ 1046, 1127, 1287 BGB - ein unmittelbares Pfandrecht an der Schadenersatzforderung zusteht89. Die weiteren Rechtsfolgen ergeben sich dann aus den§§ 1281 ff. BGB, den Vorschriften für Pfandrechte an Forderungen: Vor Pfandreife kann nur an beide (Eigentümer und Pfandgläubiger) zusammen geleistet werden und ist der Forderungsbetrag ggf. zu hinterlegen(§ 1281 BGB). Mit der Leistung des Schädigers erwirbt der Eigentümer Eigentum am geleisteten Gegenstand (d. h. in der Regel dem Geld), der Pfandgläubiger daran ein Pfandrecht(§ 1287 BGB)90 • Nach Pfandreife erfüllt der Schädiger den Anspruch des Eigentümers durch Leistung an den Pfandgläubiger(§ 1282 BGB), die Leistung gilt als solche des Eigentümers / Schuldners (§ 1288 Abs. 2 BGB). Einen eigenständigen Schadenersatzanspruch wird der 87 Ein unmittelbare Ersetzung des alten Sicherungsobjektes durch das neue, die Schadenersatzforderung. Umfassend zur dinglichen Surrogation WolfJuS 1975,643 ff., 717 ff.; JuS 1976, 32 ff. 88 Siehe allgemein Baur!Stümer § 57 Rn. 14; für das Spediteurpfandrecht vgl. MüKoHGB/ P. Bydlinski § 410 Rn. 46 m. w. N.; gegen eine entspr. Anwendung der Surrogationsnorm des Hypothekenrechts in§ 1127 BGHZ 107,255,256 v. 11. 5. 1989. 89 In diesem Sinne schon Wolf JuS 1976, 32, 34 f.; evtl. auch MüKo-BGB I Damrau § 1227 Rn.3. 90 Besteht tatsächlich kein Sicherungsbedürfnis (man denke bspw. an den Fall eines ungestörten Mietverhältnis) wird der Pfandgläubiger natürlich zur Freigabe verpflichtet sein (vgl. § 560 S. 2 BGB).
II. Grundfragen der Systematisierung
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Pfandgläubiger bei dieser Lösung dann kaum haben, da er ohne Schaden bleibt. Daß dies für unseren Sicherungsgläubiger gleichwohl eine schlechtere Sicherungssituation darstellt als vor der Beeinträchtigung, ist trotzdem unumgänglich: Der Pfandgläubiger hat statt der Sachsicherheit nur ein Pfandrecht an einer mehr oder minder gut liquidierbaren Forderung gegen einen Schuldner, den er sich nicht ausgesucht hat. Dies ist aber keine Besonderheit, sondern für § 823 BGB typisch. Der bereits vorne angekündigte Unterschied zwischen Pfandrechten mit und ohne Besitz offenbart sich, wenn der Schädiger nicht über die Berechtigung am Sicherungsobjekt informiert ist. § 851 BGB bestimmt, daß bei (nicht grob fahrlässiger) Unkenntnis von Eigentum und dinglichen Rechten der zum Schadenersatz Verpflichtete befreiend an den Besitzer leisten kann (ähnlich dem Gedanken des § 1006 BGB). Besitzer ist aber eben nur bei den Besitzpfandrechten der Pfandgläubiger, ansonsten der Eigentümer oder auch ein Dritter. Ob der durch die Befriedigungsrechte Gesicherte Deliktsschutz genießt, hängt davon ab, ob man die Besitzposition, die der Berechtigte innehat, für geschützt ansieht (§ 823 Abs. 1 BGB "sonstiges Recht")91 . Dafür spricht in der Tat einiges: Wenn man - wie meines Erachtens überzeugend - den Besitz mit eigentumsähnlichem Zuweisungsgehalt als "sonstiges", eben eigentumsähnliches Recht versteht92, wird man sowohl die Position nach §§ 1000, 1003 BGB als auch die nach §§ 369, 371 HGB als geschützt ansehen müssen93 , da beide "negative" (zum Abwehrrecht vgl. soeben) wie "positive" Rechtsbefugnisse (konkret - eben pfandrechtsähnlich - gerichtet auf Verwertung, vgl. Befugniskriterium) verrnitteln94. Der dann ersatzfähige sogenannte Verwendungsschaden stellt wirtschaftlich den Berechtigten beinahe so, wie er beim Pfandrecht auch steht: Der Schädiger wird, wenn die Forderung nicht vom eigentlichen Schuldner beglichen wird, die Forderung befriedigen müssen. Ein Pendant zum vorher diskutierten Problem der Situation vor Fälligkeit der Forderung besteht hier nicht: Bei beiden Rechten ist die Entstehung der Verwertungsbefugnis an die Fälligkeit gekoppelt95 . Als Situationsverschlechterung bleibt das Ausfallrisiko der beiden Schuldner, das rechtlich ohnehin 91 Für§ 1000 BGB: Medicus AcP 165, 115, 123 f.; Wieser JuS 1970, 557, 558. Für§ 369 HGB Canaris HR23 § 30 Rn. 31; ebenso wohl K. Schmidt HR5 § 22 IV 3d: Zurückbehaltungsrecht als "absolutes", wenn auch nicht dingliches Recht. 92 In diesem Sinne Medicus AcP 165, 115 ff.; ders. BR Rn. 607; ähnlich bspw. Larenz/ Canaris § 76 II 4 f. 93 Es gibt eine ganze Reihe von unterschiedlichen Begründungsansätzen für den "Besitz" als Schutzgut i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB; vgl. die Auflistung bei Wieser JuS 1970, 557, 559. Abweichende Ergebnisse für die hier behandelte Frage sind aber nicht anzunehmen. Hinzu kommt ein Schutz über §§ 823 Abs. 2 i.V.m. 858 BGB, der, soweit die Rechte aus § 859 BGB greifen, auch individualschützenden Charakter hat; a.A. anscheinend Medicus BR Rn. 621; wie hier Wieser JuS 1970, 557, 559. 94 So die Anforderungen für das "sonstige Recht", siehe Medicus BR Rn. 607; ders. zu § 1003 BGB AcP 165, 115, 123 f. 95 Bei § 369 HGB sogar die Entstehung des Zurückbeha1tungsrechtes, bei § 1003 BGB jedenfalls die Befriedigungsbefugnis.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- A. Gesetzliche Verwertungsrechte
nicht beseitigt werden kann. Auch insoweit sind die Positionen der Sicherungsnehmer bei den Pfandrechten und den Befriedigungsrechten aus§§ 1000 ff. BGB und §§ 369 ff. HGB ähnlich96. d) Krisenfestigkeit
Als "worst case" des Gläubigers ist noch der Bestand in der Krise, insbesondere in der Insolvenz, und der Streit um die Verwertung mit anderen gesicherten Gläubigern zu skizzieren. Ein Sicherungsrecht, das in der Insolvenz versagen würde, wäre in seinem wirtschaftlichen Nutzen als nahezu wertlos anzusehen. Andererseits ist die legislatorische Neigung nicht zu übersehen, gerade in der Insolvenz Gläubigerrechte einzelner einzuschränken, um eine größere Gleichbehandlung zu erreichen97 . Die tatsächliche Datenerhebung, die vor Beginn der Überarbeitung des Insolvenzrechts erfolgte, hat allerdings das Bedürfnis für eine Änderung der Rechtslage gerade in bezugauf die Sicherungsrechte vor Augen geführt98 . Die hier interessierenden gesetzlichen Sicherungsrechte sind allerdings als Problem für die Insolvenz ersichtlich von untergeordneter Bedeutung, was deutlich wird, wenn man zur Kenntnis nimmt, daß die gesetzlichen Pfandrechte nur 0,5%99, die Zuriickbehaltungsrechte einen etwa ähnlich hohen Anteil der vorgefundenen Sicherheiten ausmachten 100. aa) Neues Insolvenzrecht Die zum Jahresbeginn 1999 in Kraft getretene Insolvenzordnung (InsO) bringtwie im übrigen auch für die anderen Sicherungsrechte 101 - kaum grundlegende Änderungen gegenüber der alten KO. Die gesetzlichen Pfandrechte berechtigen wie schon zuvor in § 49 Abs. I Nr. 2 KO jetzt auch durch§ 50 InsO zur Absonderung (d. h. zur abgesonderten Befriedi96 Allerdings - aber das ist eher ein Unterschied bei der Entstehung - setzen die Befriedigungsrechte später als Sicherung ein, so daß auch ein deliktischer Schutz erst später erfolgt. 97 Grundlegend dazu Häsemeyer KTS 1982, S. 507 ff.; zur Gläubigersituation im neuen Recht vgl. bspw. Huber JuS 1998, S. 437 ff., 746 f., 1037 f. m. w. N. 98 Nach von Gessner I RhodeIStrate /Ziegert eingeholten Praktikereinschätzungen waren eine Hauptursache für die Massearmut vieler Konkurse die zahlreichen Sicherungsrechte (siehe S. 118); eine These, die durch die tatsächlichen Zahlen (S. 39 ff., 170 ff.) bestätigt wurde. 99 DM 900.000 von insgesamt DM 180 Mio. Gesamtsumme der Sicherheiten in 204 untersuchten Konkursverfahren, siehe Nachweis Fn. 98. 100 Gessner/Rhode/Strate/Ziegert S. 171, 172: Zurückbehaltungsrechte sind nur als "andere Sicherungsformen" (1,4%) erwähnt. Bezogen allein auf Mobilien (als wesentlichster Anwendungsfall für gesetzliche Sicherungen) ist es auch nur ein verdreifachter Anteil. IOI Die (gestrichenen) Konkursvorrechte - vgl. S. 53 - sind mit der Bezeichnung jetzt natürlich nicht gemeint.
II. Grundfragen der Systematisierung
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gung bis zur Höhe der eigenen Forderung). Es bestand zwar von Seiten der Insolvenzrechtskommission die Absicht, einzelne Pfandrechte (bspw. das Friichtepfandrecht102) zu streichen 103 , dies wurde im Gesetzgebungsverfahren aber aufgegeben. Als Besonderheit des neuen Rechts ist auf die ganz allgemeine Einschränkung für besitzlose Absonderungsrechte durch§§ 166 Abs. 1, 173 Abs. 1 InsO hinzuweisen, nach denen der Pfandgläubiger nicht mehr selbst zur Verwertung des Sicherungsobjektes berechtigt ist, wenn nicht er, sondern der Insolvenzverwalter die Sache in Besitz hat. Als weitere Konsequenz dieser Fremdverwertung folgt daraus, daß der Gläubiger für den Verwertungsaufwand pauschal 9% des Erlöses an die Insolvenzmasse abführen muß, selbst wenn er deshalb nicht mehr voll befriedigt wird (§§ 170, 171 InsO). Es zeigt sich damit wieder eine schlechtere rechtliche Stellung der besitzlosen Sicherungsnehmer. Die hier relevanten Zuriickbehaltungsrechte 104 stehen dagegen im Verfahren den Besitzpfandrechten gleich (wie schon nach § 49 Nr. 3, 4 KO jetzt auch nach § 51 Nr. 2, 3 Ins0 105), berechtigen daher zur Absonderung und eigenen Verwertung. Uneingeschränkt gilt dies für § 369 HGB (§ 51 Nr. 3 InsO), nur eingeschränkt dagegen für§ 1000 BGB. Dieser setzt materiell-rechtlich nicht zwingend voraus, daß der auf die Sache erbrachte Vorteil noch vorhanden ist, in § 51 Nr. 2 InsO wird an diese Bedingung aber die Befugnis zur Absonderung geknüpft106. Die Zuriickbehaltungsrechte mit Verwertungsbefugnis stehen insofern auch hier den Pfandrechten kaum nach, sind für den Gläubiger wegen der Eigenverwertungsbefugnis gegenüber den besitzlosen Pfandrechten aber u.U. ein Vorteil. bb) Allgemeine Rang- und Konkurrenzfragen Als letzter Aspekt dieser einleitenden Wertermittlung ist noch auf den Krisenfall einzugehen, wenn der gesetzlich gesicherte Gläubiger mit anderen potentiell gesicherten Gläubigem, die auf "sein" Sicherungsobjekt zugreifen wollen, konkurriert und nach dem Bestand seiner Sicherung fragt. Wegen der Vielzahl der möglichen konkurrierenden Rechte und der noch höheren Anzahl denkbarer Konfliktausgangslagen können hier nur die Grundsätze aufgezeigt werden 107 . Dies sollte genügen, um Strukturen zur Wertfeststellung zu erkennen. In einigen Fällen wird - insNäher zu diesem vgl. S. 289 ff. V gl. Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht S. 328. 104 Zur Behandlung von Zurückbehaltungsrechten (allgemein) im Konkurs, vgl. Marotzke JA 1988, 117 ff.; krit. Staudinger I Selb § 273 Rn. 41 m. w. N. 105 Für§§ 1000 ff. BGB vgl. Staudinger/Gursky Vor§§ 994-1003 Rn. 69. 106 Zum Wertschöpfungsgesichtspunkt in § 1000 BGB näher unten S. 202 ff.; ebenso im übrigen auch schon nach altem Recht. Weitere Ausnahme dort für das Sicherungsobjekt "Immobilien". 107 Vgl. näher zum Ganzen (wenn auch inzwischen etwas betagt) die grundlegende Arbeit von H. Emmerich zu "Pfandrechtskonkurrenzen". 102 103
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- A. Gesetzliche Verwertungsrechte
besondere bei zum Einzelrecht vorhandenen Sonderregeln (vgl. z. B. §§ 443, 752a, 761 ff. HGB, § 2 Abs. 4 FPG)- auf Besonderheiten auch noch im Teil B eingegangen108; dies schon deswegen, da die Konkurrenz u.U. auch dazu führen kann, daß das gesetzliche Sicherungsrecht gar nicht entsteht. Bei den Besitzpfandrechten ist das Prinzip einfach: In der Form, in der sie entstehen (was unter Umständen bei einzelnen durch andere Sicherungsrechte ausgeschlossen sein kann 109), kann der Gläubiger, sofern er seinen Besitz wahrt, davon ausgehen, daß sein Recht nicht durch (spätere) Drittrechte beeinträchtigt wird. Als Grundprämisse ist dazu auf das Prioritätsprinzip (s.a. § 1209 BGB i.V.m. § 1257 BGB) hinzuweisen, wonach später entstehende Rechte grundsätzlich nachrangig sind. Weiter erwirbt auch ein späterer (Sicherungs-)Eigentümer dann nur das pfandbelastete Gut (der gutgläubige Erwerb nach§ 936 BGB ist ohne Besitzverlust des Pfandgläubigers nicht möglich). Dies sorgt bei den Besitzpfandrechten für einen sicheren, guten Bestandsschutz. Mitunter werden diese Prinzipien allerdings durch vorerwähnte Sonderregeln durchbrochen; beispielhaft sei auf § 443 HGB verwiesen, der für das Transportrecht das Prioritätsprinzip "auf den Kopf stellt" und den Vorrang des jüngeren Rechtes anordnet. Am Ladungsgut geht so das Pfandrecht des versendenden Spediteurs (§ 464 HGB) dem Pfandrecht des beauftragten Verfrachters(§ 623 HGB) nach. Im Zusammenhang mit diesen Rangfragen ist an die Ausführungen beim Entstehungskriterium zuriickzudenken (oben S. 48 f.), wo bereits darauf hingewiesen wurde, daß eine friihere Entstehung des Rechtes für dessen Wert Bedeutung erlangt. Gewissen Bestandsschutz vermitteln auch die Zuriickbehaltungsrechte durch den vorhandenen Besitz. Auch sie können - einmal entstanden - bspw. einem neuen Sicherungseigentümer über § 986 Abs. 2 BGB als Einwendung entgegengehalten werden 110. Eine entsprechende Anwendung des § 986 Abs. 2 BGB wird gegenüber Dritten angenommen, die nachträglich ein Pfandrecht erworben haben (z. B. § 1205 Abs. 2 BGB), ohne ein bessere Besitzposition zu erlangen 111 . Gegenüber später entstehenden (gesetzlichen) Pfandrechten treten sie dagegen regelmäßig im Rang zuriick, weil der Berechtigte die schlechtere Besitzstellung hat. Bsp.: Wenn der Handelsvertreter die Ware seines Prinzipals einlagert, ist sein Recht aus § 369 HGB wegen Anspriichen gegen den Prinzipal gegenüber§ 475b HGB nachrangig. In Sonderfällen wird das Prinzip aber auch durchbrochen (vgl. z. B. beim Rettungspfandrecht § 752a HGB 112) . 108 Siehe zum Vermieterpfandrecht S. 247 ff., zum Transporteurpfandrecht S. 144, zum Früchtepfandrecht S. 304, zum Schiffsgläubigerrecht S. 362. 109 Zum Streit über das Entstehen am Fremdeigentum (Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung) vgl. noch S. 88 ff. no § 986 Abs. 2 gilt auch, obwohl nicht erwähnt, bei Erwerb nach § 930 BGB (wohl allgemeine Auffassung; siehe BGHZ 111, 142 v. 19. 4. 1990). nt Baumbach I Hopr0 § 369 Rn. 12. 112 Dieses geht auch den Rechten eines Besitzers vor. Näher noch unten Teil B. XVI.
II. Grundfragen der Systematisierung
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Wiederum größeren Gefahren ausgesetzt sind die nicht-besitzgebundenen Pfandrechte. Es droht ein gutgläubig lastenfreier Erwerb Dritter(§ 936 BGB) und weiter ein späteres vorrangiges Entstehen von Pfandrechten Dritter(§ 1208 BGB), allgemein allerdings dann verbunden mit einem gleichzeitigen Verlassen des Raumes. Zu den Problemen bei der Entstehung vgl. noch Teil B 113 • 6. Zusammenfassung
Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß der Unterschied zwischen dinglichen Pfandrechten und obligatorischen Befriedigungsrechten zwar teilweise erwähnt wird 114, tatsächlich aber für sich weder nennenswerten Erklärungswert hat 115 noch im Ergebnis von großer Bedeutung ist116• Dies stützt letztlich die Entscheidung für die in dieser Arbeit getroffene Auswahl unter Einschluß der Zurückbehaltungsrechte, die mitunter durchaus hochwertige Sicherungen sind. Nachdem nunmehr eine gewisse Klärung vom Inhalt und Bestand der Rechte einschließlich des wirtschaftlichen Wertes (für den Gläubiger) erreicht ist und die bei der Entstehung zu untersuchenden Fragen zumindest im wesentlichen aufgeworfen sind, soll in der Folge die nähere Betrachtung der Einzelrechte beginnen.
B. Die Entstehung der einzelnen Verwertungsrechte Im folgenden und zweiten Teil dieses Abschnitts werden die gesetzlichen Verwertungsrechte einzeln vorgestellt und insbesondere die Frage untersucht, wann und unter welchen Voraussetzungen sie entstehen. Durch diese vergleichende Gegenüberstellung aller Rechte sollen Unterschiede und Parallelen, aber auch Wertungswidersprüche bei der Entstehung der Verwertungsrechte 1 aufgezeigt werden. Die Untersuchung beginnt dabei mit den vertragsbegleitenden Besitzpfandrechten zunächst des BGB und anschließend des HGB, führt über die ebenfalls auf Besitz beruhenden Zurückbehaltungsrechte zu den raumgebundenen Pfandrechten und weiter über das Forderungspfandrecht des "Opfers" hin zu den schiffahrtsrechtlichen Pfandrechten. Vom Lebenssachverhalt zusammengehörende Tatbestände werden dabei in einem Kapitel behandelt (so jeweils die Transporteur-, Beförderer-, Haverei- und Rettungskostenpfandrechte, Schiffsgläubigerrechte).
Eingehend bspw. zum Vennieterpfandrecht S. 247 ff. Z. B.: Westennann § 33 IV 3; Röske S. 72. 115 So schon K. Schmidt HR5 § 22 IV ld; vgl. zur Differenzierung auch Fn. 71. 116 Zum Ganzen insb. Canaris FS Aume 371 ff., 404 f. I Die verschiedenen Tatbestände sind zur Erleichterung für den Leser alle (nebst wesentlicher Begleitvorschriften) im Anhang abgedruckt. 113
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Aufgrund der Ausführungen des vorhergehenden Abschnitts, speziell zum Entstehungskriterium, sind die "Grundfragen" bereits aufgeworfen und damit die wesentlichen Strukturen des Untersuchungsablaufes vorgegeben. Jede Einzeluntersuchung untergliedert sich wie folgt: - Rechtfertigende Erwägungen (1.), - Gesicherte Forderungen (2.), - Sicherungsobjekte (3.), - Praktische Bedeutung (4.), - Vergleichsfälle (5.). Nach jeweils- je nach Bedarf -längerer oder kürzerer Einleitung wird unter "I. Rechtfertigende Erwägungen" der vom Gesetz mit dem Recht verfolgte "Zweck", die "ratio" oder - anders bezeichnet - die für das jeweilige gesetzliche Verwertungsrecht prinzipielle Rechtfertigung untersucht. Aufgezeigt werden dabei die vom Gesetzgeber historisch und teleologisch vorgegebenen Zielrichtungen des Verwertungsrechtes oder - wenn Weitergehendes nicht zu ermitteln ist - eine Darstellung der Zusammenhänge, aus denen die zum Teil sehr alten Rechte hervorgegangen sind. Die damit jeweils unter Ziffer 1 getroffene Analyse ist wesentliche Basis für eine teleologische Interpretation des betroffenen Tatbestandes. Sie ist außerdem Grundlage für einen Vergleich der Rechte und damit Voraussetzung für den im Befund anschließenden Systematisierungsversuch. Zuletzt dienen diese Erwägungen als Hilfe zur Klärung, ob und wo ungesicherte Fälle nach einem zu entwickelnden System für eine Analogie in Frage kommen. Im zweiten und dritten Kapitel der jeweiligen Einzelanalysen wird der Entstehungstatbestand des betreffenden Rechtes im einzelnen dargestellt und gegebenenfalls näher (bei teleologischer Auslegung unter Rückgriff auf 1.) problematisiert. Der Autbau folgt dabei den in Teil A. zur Entstehung als wesentlich festgestellten Grundlinien und unterteilt entsprechend in "2. Gesicherte Forderungen " und "3. Sicherungsobjekte ". Die dabei speziell angesprochenen Fragen sind beim "Entstehungskriterium" aufgeworfen worden, werden hier im einzelnen aufgegriffen und im "Befund" (3. Abschnitt) systematisiert: - wie bestimmt die Norm die gesicherte Forderung, - bedarf es bei Anhindung an Vertragsrecht eines wirksamen Vertrages, - inwieweit sind Zusatz- und Nebenforderungen erfaßt, - sind noch nicht durchsetzbare I künftige Ansprüche gesichert, - welche Objektarten sind vom Recht erfaßt, - wie ist der Bezug der gesicherten Forderung zum erfaßten Objekt bzw. wie wird ein solcher tatbestandlieh sichergestellt, - werden auch Objekte von Dritten (Nichtschuldnem) als Sicherungsobjekt einbezogen,
2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
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- bedarf es für die Rechtsentstehung eines Besitzes oder wie sonst erfolgt eine Zuordnung (Verkehrsschutz), - gibt es besondere Mechanismen zum Schuldnerschutz? Mit dem jeweiligen Kapitel "4. Praktische Bedeutung" wird die rechtliche Betrachtung der Entstehungstatbestände verlassen und geprüft, welche praktische Bedeutung dem jeweiligen Sicherungsrecht heute zukommt. Die Funktion dieses Kapitels ist es einerseits, für das geltende Recht zu erkennen, welche Konsequenzen aufgezeigte Schwächen des Einzelrechtes (seines Entstehungstatbestandes) haben. Bei einem praktisch bedeutungslosen Recht sind diese weniger gravierend als bei einem sehr bedeutenden. Andererseits kann dieser Abschnitt auch einer Weiterentwicklung der Rechte dienen. Für eine Reform ist es natürlich stets wichtig zu wissen, über welche praktischen Folgen man überhaupt spricht. Eine Möglichkeit zur Sichtung, wenn man keine rechtstatsächlichen Erhebungen durchführen kann, ist die Analyse der veröffentlichten Judikatur. Für jedes Verwertungsrecht wurde daher ein 10-Jahres-Zeitraum (1986- 1995) ausgewertet. Teilweise - wenn sich in diesem Zeitraum keine oder kaum Entscheidungen zu dem Sicherungsrecht fanden - habe ich die Suche auf davor liegende Jahre erweitert, mitunter bis zum Anfang des Jahrhunderts, um zumindest ein gewisses Potential praktischer Anwendungsfälle zu erhalten. Eine auf Basis von Judikaturveröffentlichungen erfolgte Beurteilung behält natürlich einen spekulativen Charakter: Sie kann erstens nur veröffentlichte Entscheidungen berücksichtigen und ist so der vorgegebenen Auswahl ausgeliefert. Da auf erstinstanzlieber Ebene erheblich weniger veröffentlicht wird, besteht die Gefahr, daß insbesondere der Streitwert erheblichen Einfluß darauf hat, ob ein Verwertungsrecht praktisch bedeutend oder unbedeutend erscheint. Zweitens werden rechtlich "unproblematische Streitigkeiten" oft von keinem Beteiligten zur Veröffentlichung gegeben. Und noch weiter: Wie im Rahmen der Befugnis gezeigt, taugen viele Verwertungsrechte zur Konfliktlösung zunächst ohne Rechtsstreit. Bei "klarer Rechtslage" wird auch im nachhinein dann kein Gericht eingeschaltet werden. Drittens ist zu berücksichtigen, daß es Bereiche gibt, in denen es eine Fülle von Veröffentlichungen gibt (z. B. im Mietrecht auch amtsgerichtliche Entscheidungen), während in anderen Bereichen offensichtlich erheblich weniger publiziert wird. Eine wirklich repräsentative Aussage ist also schwierig. Andererseits sind diese Schwächen nicht überzubewerten. In Anbetracht von ca. 19.000 veröffentlichten Entscheidungen pro Jahr wird ein Anteil der Gesamtjudikatur veröffentlicht, der prozentual erheblich über jeder repräsentativen Umfrage liegt3 . Die Schwächen lassen sich außerdem abmildern, indem man versucht, die Ergebnisse einer Schlüssigkeitsprüfung zu unterziehen und nach Ursachen für das vermeintliche Ergebnis fragt. Zuletzt lassen sich in der Literatur veröffentlichte 2
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So die Angabe des jährlichen Zugangs in Juris. Wenn auch hier die Auswahl gerade nicht unter Repräsentativitätskriterien erfolgt.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Meinungen Dritter verwerten, soweit sich diese ihrerseits mit der praktischen Bedeutung beschäftigen. Als Abschluß ("5. Vergleichsfälle ") folgt jeweils eine kurze Überlegung, welche möglichen vergleichbaren Lebenssachverhalte es gibt, die ohne gesetzliches Verwertungsrecht auskommen müssen. Teilweise kann die Frage, warum diese ohne Sicherung bleiben, unmittelbar beantwortet werden und so - über eine "negative Selektion" - sogar ein Mittel bei der Suche nach einem "System" der Verwertungsrechte sein. Gleichzeitig - insbesondere wenn die gesetzliche Auswahl nicht schlüssig erscheint - können die Fälle zu Analogieüberlegungen anregen. Erst im Befund wird dazu unter Berücksichtigung der entwickelten Ergebnisse näher Stellung genommen. Der Teil B. dient eben gerade der Sammlung von Einzelaspekten für eine Systematisierung im Befund (3. Abschnitt). I. Werkunternehmerpfandrecht
Das wohl bekannteste gesetzliche Pfandrecht ist das Werkunternehmerpfandrecht (teilweise auch nur als Unternehmerpfandrecht bezeichnet) des § 647 BGB. Insbesondere seit etwa 40 Jahren 1 haben sich ganze Generationen von Jurastudenten- spätestens in der Vorbereitung zum ersten Staatsexamen- mit seinem "gutgläubigen Erwerb" beschäftigen müssen. Und auch für den Wissenschaftler gilt Entsprechendes: Zu dieser Thematik, die trotz der Häufung von Eigentumsvorbehalten und Sicherungsübereignung in unserer Gesellschaft nur einen Sonderfall betrifft, gibt es seit Ende der fünfziger Jahre mehr Publikationen als zu irgend einem anderen Problem gesetzlicher Pfandrechte2 • Keine Kommentierung zu § 647 BGB oder auch zu § 1257 BGB setzt dort nicht einen oder gar den Schwerpunkt. 1. Rechtfertigende Erwägungen
Das Werkunternehmerpfandrecht ist ein vertragsbegleitendes Sicherungsrecht des die Vorleistung erbringenden Werkunternehmers. Eine echte Zug-um-Zug-Abwicklung- in synallagmatischen Verträgen ansonsten angestrebter Regelfall (§ 320 BGB) - ist im Werkvertragsrecht regelmäßig ausgeschlossen. Der Werkunternehmer hat einen Erfolg zu bewirken3 , was fast nie zeitgleich mit der Bezahlung geschehen kann. Dies gilt für den Maler, der das Haus streicht, ebenso wie für den I Siehe BGHZ 34, 122 ff. u. 153 ff. v. 21. 12. 1960 (= NJW 1961, 499 ff.). Vorher war die Beschäftigung zwar stetig, aber nur vereinzelt. 2 Nachweise bei MüKo-BGB/ Damrau § 1257 oder Staudinger I Peters § 647, jeweils unter "Schrifttum". Lesenswert Staudinger/Wiegand § 1257 Rn. 6 ff., vgl. auch dessen Fn. " *" zu Rn. 7. 3 Vgl. Palandt/SprauEinfv § 631 Rn. ! ; Jauemig/Schlechtriem Vor§ 631 Rn. 3m. w. N.
I. VVerkunternehrnerpfandrecht
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Sachverständigen, der ein Gutachten4 anfertigt, oder den Änderungsschneider, der die Hose kürzt. Möglich wäre hier (ohne § 647 BGB) allenfalls eine Zug-um-Zug-Leistung in der "zweiten Stufe": Der Unternehmer kann das fertige Werk bis zur Bezahlung zurückhalten (§§ 320 ff. BGB). Niemand ist verpflichtet, dem Schuldner dessen Sache zurückzugeben, wenn der Schuldner nicht seinerseits die übernommene Verpflichtung begleicht, d. h. hier den Werklohn entrichtet (so schon im römischen Recht als "exceptio doli"5 ; ein entsprechendes Recht gibt es in allen vergleichbaren Rechtsordnungen6 ). Eine solche Sicherung entspricht allgemeinem Rechtsempfinden, selbst wenn die Parteien darüber vorher nicht gesprochen haben: Der Schuldner kann nicht erwarten, daß seine Forderungen erfüllt werden, wenn er selbst nicht dazu bereit ist. Und aus Gläubigersicht kann man sagen, daß dieser seine Vorleistung eben auch deswegen ohne Bedenken erbringen kann, weil er eine Sache seines Vertragspartners als Sicherheit - zunächst einmal rein tatsächlich - zur Verfügung hat, sie insbesondere besitzt. Dieses Vertrauen auf die "Sicherheit in seiner Hand", auf deren Basis er Kredit gewährt, d. h. hier vorleistet, wird auch von unserer Rechtsordnung als berechtigt anerkannt und schafft - nicht nur beim Werkunternehmer - jedenfalls dieses Verweigerungsrecht. Trotzdem bliebe dem Unternehmer auf dieser Basis ein erhebliches Risiko. Wenn er nicht auf Vorkasse besteht, was nach dispositivem Schuldrecht nicht vorgesehen ist (vgl. § 641 BGB), kann er so zwar seinem Vertragspartner dessen Vertragsziel vereiteln, hätte das Ziel seiner Arbeit, den Erhalt des Werklohns, jedoch gleichwohl nicht erreicht7 . Durch das gesetzliche Pfandrecht wird ihm dieses Risiko weitestgehend abgenommen. Er erhält die Möglichkeit, aus dem "Status quo" des gegenseitigen Verweigerns auszubrechen und sein Vertragsziel (den Werklohn) durch Verwertung - ohne daß ein Gericht seinen Anspruch geprüft hätte8 - zu realisieren. Ihm wird so vom Gesetzgeber bei der Einschätzung seines Risikos die legitimierte Möglichkeit geschaffen, nicht allein in die Bonität des Vertragspartners, sondern eben auch auf die Realisierbarkeit seiner Realsicherheit (des Werk- oder Sicherungsobjektes) zu vertrauen. Wie bereits angedeutet, ist dies im Gegensatz zum Zurückbehaltungsrecht keine Selbstverständlichkeit, denn im Ergebnis vereitelt er damit den Vertragserfolg des Bestellers. Die historischen Wurzeln für diese Erweiterung liegen entgegen einer mitunter anzutreffenden Behauptung nicht in einer stillschweigenden (vertraglichen) Verpfändung9. Ursprünglich (im römischen wie im deutschen Recht) hatte der WerkVgl. Gutachtenerstellung als VVerkvertrag, BGHZ 67, 1, 4 v. 10. 6. 1976. s Siehe Kaser Bd. 1 § 121 I; eingehend zum "Exceptio do1i"-Grundsatz unten S. 422 ff. 6 Siehe auch Teil C . Rechtsvergleich. 7 Entspr. Überlegungen bei Basedow Transportvertrag S. 336 f. s Zur Prüfung durch den verwertenden Gerichtsvollzieher vgl. Winterstein DGVZ 1991, 51, 52. 4
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
unternehrner, damals beschränkt zumeist auf Handwerker, nur ein Zurückbehaltungsrecht (als Arglisteinrede - "exceptio doli"). Es bestand gerade unabhängig von einem Parteiwillen und basierte auf Redlichkeitserwägungen 10. Diesern Zurückbehaltungsrecht ist im deutschen Recht teilweise schon früh ein Befriedigungsrecht zur Seite gestellt worden, so im Harnburger Stadtrecht von 127011 • In den meisten deutschen Ländern blieb der Werkunternehmer aber bis ins vorige Jahrhundert allein durch ein - nicht konkursfestes - Zurückbehaltungsrecht ohne Verwertungsbefugnis gesichert 12 . Erst mit der preußischen KO von 1855 13 , als Vorstufe zur Reichskonkursordnung 1879 14, erhielt der Werkunternehmer zumindest eine konkursfeste Sicherung (Absonderungsrecht). Ein echtes Verwertungsrecht erhielt er deutschlandweit erst mit dem BGB, das sich bei der Auswahl der gesetzlichen Pfandrechte auf die Absonderungsrechte der Reichskonkursordnung stützte 15 . Ein tragender Aspekt, warum man dieses Befriedigungsrecht wohl schon im Harnburger Stadtrecht schuf und später im 19. Jahrhundert durch KO und BGB zum konkursfesten Verwertungsrecht konstituierte, findet sich in den Materialien zur Reichskonkursordnung: Man billigte die deutschrechtliche Anschauung, daß der Werkunternehmer durch seine Arbeit dem Sicherungsobjekt typischerweise einen Vorteil zugewandt habe 16, m.a.W. ein Beitrag zum jetzt bestehenden Wert des Objektes erbracht wurde. Dieser Aspekt rechtfertigte zunächst für die Gesetzesverfasser der KO, daß der Unternehmer im Krisenfall die Sache außerhalb der Konkursmasse verwertet, um diesen Vorteil zu liquidieren (Verwertungs- und Absonderungsrecht). Bei einer Gesamtabwicklung des Schuldnervermögens sollte wegen der Werterhöhung eher ihm (bzw. seinen damit im Zusammenhang stehenden Ansprüchen) der Sachwert zustehen als der Gesamtheit der Gläubiger. Dieser von der Konkursordnung auf Reichsebene konstituierte Gedanke wurde auf Landesebene 9 So aber wohl Medicus BR Rn. 594 a.E.; Staudinger I Peters § 647 Rn. I unter Berufung auf Dig. 20.2.2 ff. Dort sind zwar - auch nur teilweise auf stillschweigender Verpfändung beruhende - gesetzliche Pfandrechte behandelt, aber von den heutigen nur das des Verpächters (20.2.7) und des Vermieters (20.2.2). Ausführlich zur stillschweigenden Verpfändung als historische Grundlage Henke AcP 161, 1, 18 ff. 10 Nachweis Fn. 5. II VI. Abschnitt § 16; vgl. dazu (mit Gesetzestext, teilweise mit geringen Unterschieden) Henke AcP 161 , I, 20; Engelschall S. 6; Dihm S. 7 ff. 12 So insb. im ALR I 11 § 974; ausführlich zur Situation Dihm S. 7 ff., auch mit Berücksichtigung der Ausnahmen. 13 Preuß. KO v. 1855 § 33 Nr. 9 "für Werkmeister, Handwerker und Arbeiter". 14 KO v. 1879 § 41 (Quasifaustpfandrechte) Nr. 6 "für Künstler, Werkmeister, Handwerker und Arbeiter" . 15 Vgl. Jakobs/ Schubert §§ 433-651 S. 876; Mugdan II S. 276. Man nahm so auch Rücksicht auf verschiedene deutsche Länder, die diesen Schritt hin zum Pfandrecht- nach der KO -bereits getätigt hatten. 16 Vgl. Hahn Bd. IV S. 206: Eine Parallele dazu wurde im Ersatzanspruch wegen nützlicher Verwendungen gesehen (siehe auch Fn. 23).
I. Werkunternehmerpfandrecht
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auf Fälle außerhalb des Konkurses ausgedehnt und für den Werkunternehmer daher ein echtes gesetzliches Pfandrecht geschaffen 17 . Der für das Werkunternehmerpfandrecht bestehende Ausgangsaspekt hat damit im Grunde mit dem Gedanken einer vertraglichen Verpfändung nichts gemein. Wahrend beim Vertragspfand (auch beim stillschweigenden, selbst beim typisierten) die Befugnis zur Verwertung gerade deswegen besteht, weil der Eigentümer (oder der Berechtigte) die Sache (zumindest typischerweise) zu einer Verwertung zur Verfügung stellt, besteht das gesetzliche Verwertungsrecht im Ursprung deswegen, weil es aus Gläubigerperspektive vermeintlich unbillig wäre, ihm im Krisenfall die Befriedigung zu verweigern. Die Werterhöhung, nicht ein vermeintlicher Wille, ist also die Ausgangsbasis. Der Unterschied wird noch deutlicher, wenn man die Situation des Bestellers betrachtet. Wenn es auf dessen - typisierten - Willen ankäme, wäre ein Pfandrecht wohl regelmäßig zu verneinen, denn aus seiner Sicht ist das Pfandrecht ausgesprochen kontraproduktiv. Ein Schuldner bestellt allgemein nur dann ein Verwertungsrecht, wenn er auf Kreditierung angewiesen ist 18 • Vom historischen Ausgangspunkt ist dies im Werkvertragsrecht kaum ein typischer Fall. Der Werkunternehmer leistet nicht deswegen vor, weil der Besteller Kredit benötigt, sondern weil dieser nicht zur Leistung bereit ist, solange er seinerseits den Erfolg nicht prüfen kann. Als Parallele dazu ist der Werkunternehmer regelmäßig auch nicht zur Stundung bereit, sondern nur zur Vorleistung. Selbst wenn der Besteller in der schwächeren Verhandlungsposition ist und seinerseits keine Vorleistung des Werkunternehmers durchsetzen kann, würde er häufig gleichwohl keine Verpfändung seiner Sache akzeptieren. Dies ergibt sich schon daraus, daß eine Verpfaudung für ihn nicht vorteilhafter ist als eine Vorleistung des voraussichtlichen Werklohns. Die Verpfändung kommt einerseits ohnehin einer Vorleistung schon sehr nahe und hat außerdem den erheblichen Nachteil, daß im Krisenfall die Verwertung seiner Sache droht. Diese entzieht ihm nicht nur dauerhaft den mit dem Werkvertrag beabsichtigten Erfolg, sondern weitergehend die gesamte Sache. Das Risiko akzeptiert niemand sinnvollerweise, wenn es nicht unbedingt nötig ist. Erst nach lokrafttreten des BGB hat sich diese Situation etwas verschoben. Dadurch, daß in unserem Jahrhundert AGB verkehrsüblich wurden, werden in sog. "Pfandrechtsklauseln" Pfandrechte zur Besicherung von Werkleistungen vorgesehen. Ob der Kunde bei Vertragsschluß und Übergabe je eine echte Bereitschaft zur Begründung eines Pfandrechtes hat, ist zu bezweifeln. Würde man ihn wirklich aufklären, d. h. auch dariiber, daß seine Kfz-Werkstatt mit dem Inspektionsauftrag das Recht erhält, sein Fahrzeug zu verwerten, und zwar auch dann, wenn es Streit über die Höhe der Rechnung gibt, würde manche Auftragsecteilung scheitern 19.
Mugdan II S. 276. Und damit zumeist nur gegenüber seinen Geldkreditgebern. Warenkredite werden regelmäßig dadurch besichert, daß man nicht vollständig leistet (z. B. mit Eigentumsvorbehalt). 17
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Noch im letzten Jahrhundert, bei Konstituierung unserer gesetzlichen Pfandrechte, und erst recht beim Handwerker im 13. Jahrhundert war die pfandrechtliche Besicherung von Werklohnforderungen eine fast nie vorkommende Ausnahme. Gerade weil Handwerker einerseits in der schwächeren Verhandlungsposition und nicht in der Lage waren, sich vertraglich zu sichern (Gläubigerschutzf0 , andererseits ein Verwertungsrecht aber angemessen erschien, weil sie typischerweise einen Beitrag zum Sachwert geleistet hatten, wurde letztlich zu ihren Gunsten ein gesetzliches Pfandrecht konstituiert. Das heutige AGB-Pfandrecht führt aber vor Augen, daß eine Konstituierung anders als bei manchen anderen gesetzlichen Verwertungsrechten - an sich möglich wäre, wenn sich die Parteien nur dazu entschließen würden. Insofern ist§ 647 BGB ganz ähnlich wie das sonstige Werkvertragsrecht "dispositives besonderes Schuldrecht", in dem es nämlich den Beteiligten einen Regelungsvorschlag für den gewöhnlichen Werkvertrag macht, ganz wie andere Normen auch, die man abbedingen oder eben so akzeptieren kann. Besonderheit der Bestimmung ist aber, daß die Regelung eine dingliche Rechtsänderung bewirkt, was einerseits für Regelungen des Schuldrechts ungewöhnlich ist und andererseits eben zeigt, daß die Regelung nicht nur schuldrechtlicher, sondern auch sachenrechtlicher Natur ist. 2. Gesicherte Forderungen
§ 647 BGB ist ein vertragsbegleitendes Sicherungsrecht, was zunächst einmal nur besagen soll, daß es im Werkvertragsrecht (§§ 631-650 BGB) geregelt ist. Es sichert - so die allgemeine, wenn auch kaum problematisierte Meinung - alle vertraglichen Ansprüche des Werkunternehmers aus dem (jeweiligen) Werkvertrag 21 . a) Forderungsbegrenzung?
Alle Forderungen heißt, auch solche, die den Wert der Sache nicht erhöht haben, wie z. B. Schadenersatzforderungen (bspw. aus positiver Vertragsverletzung, wenn durch Verschulden des Bestellers ein Arbeitsgerät des Unternehmers bei der Ausführung beschädigt wird). Hält man sich den oben dargelegten Gesetzgebungs19 Man kann durchaus Bedenken gegen die AGB-rechtliche Wirksamkeit dieser Klauseln haben; die h.M. hat sich bekanntlich darüber hinweggesetzt, vgl. dazu Picker NJW 1978, 1417 f. und noch S. 95. 20 Wer gewährte schon seinem Schneider, Schuster, Tischler Vorkasse? Es erscheint fast ausgeschlossen, daß diese ein- Mißtrauen in die Bonität des Kunden ausdrückendes -Pfandrecht verlangten (vgl. auch zu entsprechenden Überlegungen des Gesetzgebers bei Schaffung der kaufmännischen PfandrechteS. 122 ff.). 21 Staudinger/Peters § 647 Rn. 2; Jauemig/Schlechtriem § 647 Rn. 2; Palandt/Sprau § 647 Rn. 2.
I. Werkunternehmerpfandrecht
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zweckvor Augen, mag dies zunächst verwundern. Der Wortlaut des § 647 BGB, der keine Begrenzung erkennen läßt ("für seine Forderungen aus dem Vertrag"), legt ein solches Verständnis aber nahe. Der Grund für diese Ausweitung liegt darin, daß sich die Gesetzesverfasser zwar von der Werterhöhungserwägung als Motiv haben leiten lassen, aber gleichzeitig eine Typisierung vorgenommen haben. Es genügte für sie, daß der Werkunternehmer typischerweise eine Werterhöhung vornimmt, um ihm die Sicherung zu gewähren. Wenn aber ein solch typisierter Fall vorliegt, werden alle seine Forderungen gesichert. Dies war im § 41 KO 1879 noch nicht so: Man formulierte "Forderung für Arbeit und Auslagen" und erläuterte in den Motiven, daß "jedoch nur für diese Forderungen, nicht für andere in Folge der Bestellung etwa gehabte Unkosten" die Sicherheit bestehen solle22• Andererseits war auch in§ 41 bereits eine- wenn auch nicht so weitgehende- Typisierung vorhanden. Zum einen waren Forderungen für Arbeit auch gesichert, wenn sie absprachegemäß, aber wertmindernd, z. B. nur für den Besteller von (subjektivem) Vorteil waren. Zum anderen sollte - dies wird aus der dort vorgenommenen Gegenüberstellung zum Verwendungsersatzanspruch23 deutlich- die Werklohnforderung auch dann gesichert sein, wenn die Sache im Wert nicht mehr erhöht ist. Die Gesetzesverfasser wollten gerade anders als beim reinen Verwendungsersatzanspruch keine Beschränkung darauf, daß "der Vorteil noch vorhanden ist"24 • Man kann daher feststellen, daß schon damals die Werterhöhung zwar Motiv, aber nicht Zweck im Sinne eines alleinentscheidenden Kriteriums war. Für das BGB wurde die Typisierung in der 2. Kommission auf alle Forderungen erweitert. Dies geschah wohl deswegen25 , weil ansonsten für jede Forderung im Falle der Geltendmachung des Pfandrechts dieses Kriterium untersucht werden müßte. Die beabsichtigte einfache Handhabe zur Forderungsdurchsetzung würde dadurch erheblich verkompliziert26. Hinzu kommt, daß über den Zusammenhang mit dem Vertrag und somit zur Einigung bspw. auch über die Höhe der angemessenen Vergütung eine Rechtfertigung erfolgen kann. Die Parteien haben so eben den (wenn auch subjektiven) Wert festgelegt.
Hahn IV S. 206. Seinerzeit § 41 Nr. 7 KO 1879, heute in dem der Funktion des § 41 entsprechenden §51 InsO (bis 1998: § 49 KO). 24 Hahn IV S. 206. 25 In den Materialien ist kein Grund für die Änderung angegeben, die erstmalig in der vorläufigen Zusammenstellung der Beschlüsse der 2. Kommission erscheint, vgl. Jakobs I Schubert §§ 1018-1296 S. 993. 26 Der Gedanke wurde allerdings nicht durchgängig verfolgt, wie bei anderen Verwertungsrechten zu sehen sein wird, ist aber eine häufig anzutreffende Erwägung (hier in der Folge als Praktikabilitätskriterium bezeichnet). 22 23
6 Bechtloff
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
b) Vertragsforderungen
Umgekehrt werden nur Forderungen aus dem Vertrag gesichert und nicht Forderungen, die nur neben dem Vertrag bestehen. Dies spielt zumeist dann keine Rolle, wenn die nicht-vertragliche Forderung in Anspruchskonkurrenz zu einer vertraglichen steht (wie in dem Beschädigungsbeispiel die Forderung aus § 823 BGB27 ). Die Bedeutung zeigt sich aber, wenn eine Forderung nicht vom Vertrag gedeckt ist (Bsp.: ein Anspruch aus §§ 683, 670 BGB, da der Werkunternehmer mehr als verabredet geleistet hat in der Erwartung, dies wäre im Interesse des beim Nachfrageversuch nicht erreichbaren Bestellers). Ebenfalls nicht durch § 647 BGB gesichert sind Ansprüche bei Nichtigkeit des Werkvertrages28• Auch dies ist nicht selbstverständlich, wenn man den vom Vertrag unabhängigen Wertschaffungsaspekt betrachtet, aber wohl gleichfalls mit der von der Grunderwägung losgelösten Typisierung zu erklären. Als an dieser Stelle nicht abschließend auszuführende Erwägung könnte man überlegen, ob die Gesetzgeber eine so weitgehende Befugnis wie ein Pfandrecht dem Gläubiger nur gewähren wollten, wenn er eine wirksame Entscheidung, wenn schon nicht für das Pfandrecht, jedoch zumindest für den Werkvertrag getroffen hat. Da das Pfandrecht sich weder historisch aus einer von einem wirksamen Willen abhängigen Verpfändung entwickelt hat noch als typisierte Verpfändung gelten kann (vgl. oben), läßt sich zwar nicht argumentieren, daß es schon deswegen zumindest eines Willens zum Vertragsschluß bedarf. Der Grund für den Ausschluß dieser der werkvertragliehen Struktur ähnlichen, jedoch nicht-vertraglichen Ansprüche, könnte für die Verfasser aber die Tatsache gewesen sein, daß der Belastete nicht wirksam in die werterhöhende Bearbeitung (als Motiv des Pfandrechts) eingewilligt hat. Dem rechtsgrundlos leistenden Unternehmer bleiben allerdings regelmäßig die Rechte aus §§ 1000 ff. BGB29 und damit (so sei ergänzt) das Verwertungsrecht aus § 1003 BGB30• 3. Sicherungsobjekt
a) Besitz als Vertrauensbasis
Sicherungsobjekte sind nur die in den Besitz des Unternehmers gelangten Sachen. Betrachtet man die Herkunft des § 647 BGB, ist das eine Selbstverständlich27 Anders nur, wenn die gesetzliche Forderung ausnahmsweise weiter reicht, z. B. über § 847 BGB. 28 Allgemeine Auffassung: Staudinger/Peters § 647 Rn. 2; Palandt/Sprau § 647 Rn. 2; Jauemig/Schlechtriem § 647 Rn. 2; vgl. noch S. 489 ff., auch zur Analogiefrage. 29 Ebenso Peters a. a. 0. (Fn. 28). 30 Zu der sehr umstrittenen Frage der Anwendbarkeit des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses noch unten S. 205 ff., 220.
I. Werkunternehmerpfandrecht
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keit. Im Ursprung vertraute der Gläubiger auf die Sicherheit "in seiner Hand" (exceptio doli- Gedanke), die er solange festhält, bis er sein Entgelt bekommt. Dieses (auch rechtlich geschützte) Vertrauen in die Sicherheit kann er nicht entwickeln, wenn er die Sache nicht oder nicht mehr besitzt; ein Grundgedanke, der bei allen Besitzpfandrechten wieder auftaucht. Der Besitz hat bei § 647 BGB weiter Zuordnungsfunktion. Der Verkehr erhält auf diese Weise ein Indiz für das Bestehen des Rechtes des Werkunternehmers, so daß der Besitz Mittel zur Publizität ist. b) Herstellung und Ausbesserung als Wertschöpfung
aa)Wertschaffungsgedanke Über das Sicherungsobjekt sorgt das Gesetz - bei aller Typisierung - auch für eine Gewährleistung des zugrunde gelegten Wertschaffungsgedankens und reguliert (und begrenzt) den gesicherten Forderungskreis. Sicherungsobjekte sind nur die ,,hergestellten oder ausgebesserten" (und damit regelmäßig durch Unternehmertätigkeit im Wert erhöhten) Sachen des Bestellers. Auf diese Weise erweist sich von der Vielzahl der Werklohnforderungen, die der Sammelbegriff Werkvertrag mit sich bringt, nur ein geringer Teil als gesichert. Nicht gesichert sind einmal alle nicht sachbezogenen Erfolge, die Gegenstand eines Werkvertrages sein können. Schöpft man aus der Beispielssammlung des Palandt31 , ließe sich in alphabetischer Reihenfolge aufzählen: Nicht gesichert ist der Verlag beim Anzeigenvertrag, der Arzt, die Auskunftei, der Baubetreuer, der Beförderer, der Bestatter usw. 32 bb) Herstellung und§ 950 BGB Allgemein wenig problematisiert ist die Frage, was unter Herstellung und Ausbesserung zu verstehen ist. Definiert man das Herstellen als jede Neu-/Erstproduktion der konkreten Sache33, stellt sich die Frage nach der Abgrenzung von § 950 BGB 34 , nach dem der Hersteller Eigentümer der neu geschaffenen Sache Palandt/Sprau Einf § 631 Rn. 8-22. Die Gesetzesverfasser haben dies wohl nicht gesehen: Sie hatten eine eher unvollkommene Vorstellung vom Anwendungsbereich des Werkvertrages, hatten vielmehr nur die eigentliche handwerkliche Produktion im Auge, vgl. MüKo-BGB/Quack § 950 Rn. 33. In den Motiven bezeichnete man den Werkvertrag denn auch "als Vertrag über die Herstellung oder Ausbesserung einer Sache", vgl. Mugdan II S. 262. 33 Viel weiter das Verständnis von H.-J. Abraham ZHR 117, 82 ff., 156, der Transport als Form der Herstellung ansieht. Tatsächlich dürfte dies den Wortlaut überstrapazieren (vgl. auch noch S. 516 ff., 535). 34 Zur Diskussion vgl. MüKo-BGB I Quack § 950 Rn. 33m. w. N. 31
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
wird. In§ 950 BGB wird dem Wertschaffenden sogar das Eigentum (wenn auch nicht der gesamte Vermögenswert, vgl. § 951 BGB) zugeordnet. Ohne an dieser Stelle die umstrittene Frage nach dem Herstellerbegriff des § 950 BGB lösen zu müssen35, wird man feststellen können, daß das BGB zwei verschiedene Herstellerbegriffe verwendet. Wäre der Herstellerbegriff in beiden Normen derselbe, würde der Unternehmer durch die Herstellung Eigentum erwerben und hätte § 647 BGB in dieser Variante kaum mehr einen Anwendungsbereich36, da das Pfandrecht nur "an den Sachen des Bestellers" entsteht37 • Selbst wenn man dies durch die Formulierung "an den Sachen, die vor der Herstellung dem Besteller gehörten" ergänzen würde, und so ein Pfandrecht an eigenen Sachen des Unternehmers hier für möglich hielte, wäre ein solches Pfandrecht funktionslos. Ein Pfandrecht an eigenen Sachen erfüllt nur einen Zweck als Vorrecht vor anderen (Pfand-)Rechten38; diese sind bei einer neu hergestellten Sache aber ausgeschlossen (vgl. § 950 Abs. 2 BGB)39• Auch§ 651 BGB (Werklieferungsvertrag) geht davon aus, daß ein Unternehmer, der Eigentümer des Werkes ist, kein Pfandrecht benötigt und verweist deswegen nicht auf§ 647 BGB. Für den Werkvertrag gilt zurecht - insofern besteht trotz der Meinungsvielfalt ganz überwiegend Übereinstimmung -, daß der herstellende Werkunternehmer kein Eigentum nach§ 950 BGB erwirbt40, sei es, weil er nicht das wirtschaftliche Risiko der Herstellung trägt41 und die Verarbeitung durch den Besteller fremdbestimmt ist42, sei es, weil die Parteien nicht den Unternehmer als Hersteller bestimmt haben43. Ein Eigentums- statt einem Pfandrechtserwerb ist im Werkvertragsrecht schon deswegen zweifelhaft, weil dies den Interessen der Parteien zuwiderläuft. Der Verlust des Eigentums des Bestellers durch die Verarbeitung des Unternehmers ist zur Wahrung der Sicherungsinteressen unnötig und für den Besteller
35 Vgl. dazu Jauemig § 950 Rn. 7; Baur/Stümer § 53 Rn. 15, 20 ff.; Medicus BR Rn. 516 ff. m. w. N. 36 Abgesehen von der in § 950 gemachten Ausnahme selbst, daß der Verarbeitungswert erheblich geringer ist als der Stoffwert. 37 Die von Quack a. a. 0. (siehe Fn. 34) dagegen vorgebrachten Argumente, die im wesentlichen - soweit zutreffend - nur besagen, daß § 647 BGB generell nur einen geringen Anwendungsbereich hat, rechtfertigen es nicht, den vom Gesetz vorgesehenen Anwendungsbereich zu unterhöhlen. 38 Vgl. so z. B. bei den Schiffsgläubigerrechten §§ 755,743 HGB. 39 AA Staudinger/Peters § 647 Rn. 7. 40 Modifizierend allerdings Quack a. a. 0. (Fn. 34) Rn. 33 a.E., der Raum für Ausnahmen sieht (Zahntechniker) - sein letzter Satz, mit dem er m.E. sein vorher Geschriebenes in Frage stellt, ist nicht nachvollziehbar. AA wohl auch MüKo-BGB I Soergel § 647 Rn. 4. 41 Jauemig § 950 Rn. 8; Staudinger /Wiegand § 950 Rn. 35, 38. 42 Westennann § 53 III 2 d und e; Medicus BR Rn. 517; 519; Palandt/Bassenge § 950 Rn. 8 ff. m. w. N. 43 Flume NJW 1950, 841 , 843 f.; Baur!Stümer § 53 Rn. 15, 20 ff., im Ergebnis ähnlich BGHZ 20, 159, 163 f. v. 3. 3. 1956.
I. Werkunternehmerpfandrecht
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gefahrlieh (insbesondere im Konkurs des Unternehmers, aber auch bei der Zwangsvollstreckung durch dessen Gläubiger). cc) Begriff der Ausbesserung Das bei § 950 BGB bestehende Abgrenzungsproblem, wann eine Sache hergestellt, d. h. "neu" ist, besteht bei § 647 BGB dagegen nicht, da auch ein Weniger zum Rechtserwerb genügt, nämlich die bloße Ausbesserung der Sache. Dies ist naturgemäß nur eine Problemverlagerung, da damit abzugrenzen ist, wann eine Sache (zumindest) ausgebessert wurde. Sofern der Begriff Ausbesserung überhaupt definiert wird, wird darunter über den eigentlichen Wortsinn hinaus44 jede durch Bearbeitung erreichte Veränderung der Sache verstanden45 • Auf diese Weise erhält auch der Werkunternehmer ein Pfandrecht, der eine an sich intakte Sache nur umbaut (Bsp.: der Pkw erhält einen Sportauspuff oder eine Alarmanlage) oder sonst verändert (Bsp.: der Pkw wird umgespritzt). Trotzdem sind eine Vielzahl von Zweifelsfallen denkbar: Der Tierarzt, der gegen Hundestaupe impft oder einen Tumor entfernt (1.); die Tierpension, die den kleinen Liebling in "Frauchens" Urlaub versorgt (2.); die Werkstatt, die das Auto wäscht oder den halbjährlichen Wechsel SommerWinterreifen vornimmt (3.) oder es einer Inspektion oder Jahreshauptuntersuchung unterzieht (4.)? Tiere, die zwar keine Sachen sind, aber so behandelt werden (§ 90a BGB), würde man sprachlich kaum als ausgebessert oder auch nur verändert bezeichnen. Bei den beiden Kfz-Beispielen erscheint die Frage nach dem Pfandrecht nicht wegen der Sache selbst zweifelhaft, sondern wegen der Leistung, die nicht ohne weiteres als Ausbesserung gelten kann. Greift man auf den Ursprungsgedanken der Wertsteigerung zurück, könnte man immer dann eine pfandrechtsfähige Leistung annehmen, wenn der vertraglich geschuldete Erfolg eine Wertmehrung zur Folge hat. Bei den Tierarztbeispielen (1.) käme man so zum Pfandrechtserwerb des Arztes46. Im Verpflegungsbeispiel (2.) würde- so meine Prognose- auf der Basis der heutigen Kommentierungen kaum jemand den Erwerb eines Pfandrechts annehmen. Dies ist aber zweifelhaft, handelt es sich doch um einen wertbewahrenden Erhaltungsaufwand. Sofern der Vertragsinhalt nach der Parteivereinbarung überhaupt als Werkvertrag zu qualifizieren ist, sollte man daher hier ein Pfandrecht annehmen. Dies wird deutlicher, wenn es sich nicht um den Familienhund, sondern um ein Nutztier handelt, oder wenn man seinen Pkw während eines langen Auslandsaufenthaltes zwecks Erhaltung und Pflege in einer Werkstatt unterstellt. In beiden Fällen ist der kontinuierliche Erhaltungsaufwand ebenso Ausbesserung, wie es ein am 44 Eigentlicher Wortsinn wäre die Wiederherstellung eines ursprünglichen oder gewöhnlichen Sachzustandes. 45 Formulierung bei: Staudinger/Peters § 647 Rn. 4 und 18; Errnan/Seiler § 647 Rn. 3. 46 Wenn man einen Werkvertrag annehmen würde, vgl. noch unten S. 99 f.
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Ende der Zeit stehender Rettungsaufwand wäre (sei es der lebensrettende Tierarzt oder die Reparatur des verrotteten Wagens). Auf dieser Basis wäre wohl selbst die Wagenwäsche (3.) als sicherungstauglich im Sinne des § 647 BGB anzusehen. Beim letzten Beispiel (4.) hängt das Pfandrecht davon ab, ob die Werkstatt den Auftrag hat, festgestellte Mängel zu beheben, denn nur dann ist der Vertrag auf Werterhöhung (in der Gesetzesterminologie auf Ausbesserung) gerichtet. Wenn der Besteller sich diesen Auftrag bis zur Diagnose vorbehält, scheidet ein Pfandrecht aus. Wenn hier insofern für einen Ausbesserungsbegriff plädiert wird, der über sachändemde Bearbeitung hinaus auch sonstige sachbezogene, wertsteigemde Leistungen einschließt, ist noch eine Klarstellung nötig, um keine Mißverständnisse zu produzieren: Die Einwirkung der Wertschaffungskomponente auf den Begriff der ,,Ausbesserung" führt nicht dazu, deswegen alle objektiv nicht auf Werterhöhungen gerichteten Werkverträge als ungesichert anzusehen. Der Einbau eines Normalauspuffs beim Kfz im Austausch gegen den werthöheren Sportauspuff bleibt (im Sinne der oben gegebenen Definition) gleichwohl gesicherte Leistung, auch wenn der Pkw dabei an Wert verliert. Die Vertragsleistungen beim Werkvertrag sind stets vom Bestellerwillen geprägt. Das Sicherungsrecht dagegen davon abhängig zu machen, ob sie objektiv sinnvoll sind, wäre weder konsequent noch sachgemäß. Gerade im Streit zwischen Werkunternehmer und Besteller ohne Beteiligung Dritter erscheint es geradezu unsinnig, dem Unternehmer sein Verwertungsrecht zu versagen, weil er die Maßnahme am Objekt zwar wie geschuldet, aber nicht werterhöhend erbracht hat. Außerdem würde ein solches Verständnis der mit der Typisierung beabsichtigten Vereinfachung zuwiderlaufen, weil plötzlich ein im Vertrag sonst unerheblicher Wertmaßstab von Bedeutung wäre. Es ist daher festzuhalten, daß bei der Beurteilung der Ausbesserung die durch den Vertrag vorgegebene, subjektive Komponente zu berücksichtigen bleibt. Sachändemde Bearbeitungen sind daher selbst dann ,,Ausbesserung", wenn damit im Einzelfall der Sachwert bewußt gemindert wird. dd) Zukünftige Arbeiten In den Kommentaren wird die Typisierung noch weiter ausgedehnt. So wird die Entstehung des Pfandrechts über den Wortlaut hinaus dann angenommen, wenn die Sachen noch nicht bearbeitet sind, sondern erst zukünftig ausgebessert werden sollen47 • Es kommt mit anderen Worten nicht darauf an, daß die Leistung bereits erbracht wurde, es genügt, wenn dies nach dem Vertrag beabsichtigt war. Anderenfalls, so die Begründung, würde in den Fällen der §§ 645, 649 BGB der Gesetzeszweck verfehlt48 • 47 48
RGRK-BGB/Glanzmann § 647 Rn. 4; Staudinger/Peters § 647 Rn. 4. So Glanzmann a. a. 0.; zustimmend Peters a. a. 0 . (beide Fn. 47).
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Mich überzeugt dies nicht. Gesetzeszweck dieser Normen ist zwar, daß der Unternehmer einen Zahlungsanspruch hat, obwohl der Erfolg noch nicht bewirkt ist. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, daß der Unternehmer deswegen an der Sache schon ein Verwertungsrecht hat. Man muß zur Veranschaulichung nur darauf verweisen, wie viele Fälle des Werkvertrages nicht durch ein Pfandrecht gesichert sind, in denen aber trotzdem die§§ 645, 649 BGB gelten (und ihren Zweck erreichen). Man muß vielmehr umgekehrt fragen, inwieweit diese wortlaut-erweiternde Auslegung noch mit dem Gesetzgebungsmotiv des § 647 BGB harmoniert. Es ist zwar in diesen Fällen angemessen, das Vertrauen des Unternehmers in den Vertrag durch Gewährung des Anspruchs zu schützen; ein weitgehendes Recht an der Sache selbst- auch zu Lasten Dritter (z. B. in der Insolvenz)- ist ohne sachbezogene Leistung nicht gerechtfertigt. Es ließe sich allenfalls überlegen, ob aus dem Grundgedanken der Typisierung, nämlich eine einfache Handhabbarkeil zu erreichen, ein Argument für diese Ansicht zu gewinnen ist. Tatsächlich würde es den Umgang mit § 647 BGB sichtbar verkomplizieren und Abgrenzungsprobleme schaffen, wenn man nur das erfolgreiche .,Werk" als Sicherungsobjekt anerkennen wollte49 • Soweit wird man daher - schon nach dem Wortlaut - nicht gehen dürfen. ,,Ausgebessert" sind Sachen schon dann, wenn Teilleistungen für sie erbracht sind. Kündigt der Besteller erst anschließend, wird man die ganzen Vertragsforderungen (einschließlich der aus § 649 BGB) als gesichert anzusehen haben. Das ist der Preis der Typisierung. Anders dagegen, wenn die Arbeiten nicht einmal begonnen haben: Hier kann von .,ausgebesserten Sachen" nicht die Rede sein, ist teleologisch keine Rechtfertigung für das Pfandrecht zu erkennen und sind nicht einmal Abgrenzungsschwierigkeiten ersichtlich. Deswegen läßt sich die Pfandrechtsentstehung nicht begründen. Man wird die These von der Sicherung der Anspruche aus §§ 645, 649 BGB somit zwar nicht generell ablehnen können, wird aber betonen müssen, daß eben stets eine .,ausgebesserte Sache" (als Sicherungsobjekt) und damit eine sachbezogene, wenn auch vielleicht unvollständige, Leistung des Unternehmers vorauszusetzen ist. Zu erwähnen bleibt in diesem Zusammenhang, daß es auf die Fälligkeit der Werklohnforderung - die von Abnahme abhängt, § 641 BGB - hingegen nicht ankommt. Im Regelfall gilt nämlich, wie § 1228 Abs. 2 BGB zeigt, daß Pfandrechte unabhängig von der Durchsetzbarkeil bestehen können (und nur der Verkauf noch nicht durchgeführt werden darf). Da§ 647 BGB weder explizit noch seiner Funktion nach etwas anderes fordert, wird man dies ebenso für das Werkunternehmerpfandrecht festhalten können50.
49 Zu klären wäre dann, ob das fertige (abgenommene?) Werk erforderlich ist oder ein noch unfertiges, aber im Wert erhöhtes oder auch ein irgendwie begonnenes Werk genügt? Oder kommt es auf den Einzelfall an? so Zu zukünftigen Forderungen siehe ausführlich unten ab S. 497.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
ee) Zwischenresümee Als Zwischenergebnis kann man festhalten, daß über die begriffliche Einschränkung auf die hergestellten oder ausgebesserten Sachen der für die ursprungliehe Konstituierung des Rechtes entscheidende Wertschöpfungsaspekt Eingang in das Gesetz gefunden hat. Bei der Auslegung ist der Aspekt insofern mit zu beriicksichtigen. Man kann einerseits auf diese Weise Forderungen aus Leistungen, die objektiv zu einer Wertschaffung oder -erhaltung dienen, und weiterhin auch aus sonstigen sachändernden Maßnahmen, die im Auftrag des Bestellers an der Sache vorgenommen werden, als gesichert ansehen. Andererseits bietet der Wortlaut "Ausbesserung" auch eine Begrenzung. Bestimmte "wertschöpfende Arbeiten" sind von ihm so weit entfernt, daß die mit dem Begriff vorgenommene Typisierung eine Anwendung des § 647 BGB ausschließt: Selbst wenn ohne das Echtheitszertifikat des Sachverständigen ein Verkauf des alten Gemäldes ausgeschlossen wäre, erhält er niemals ein Pfandrecht daran. Man kann sagen, daß eine unmittelbare Sacheinwirkung Voraussetzung der Sicherung ist. c) Besteller als Nichteigentümer Wie bereits einleitend angedeutet, liegt ein Hauptproblem in der Frage nach dem Erwerb des Pfandrechts vom Nichteigentümer, denn § 647 BGB erstreckt nach seinem Wortlaut das Pfandrecht nur auf die Sachen des Bestellers. Es gibt zwei Lösungsmodelle zur Frage, wie und unter welchen Voraussetzungen der Unternehmer ein Pfandrecht gemäß § 647 BGB erwerben kann, wenn der Besteller nicht Eigentümer ist. Dieser Problembereich ist in Anbetracht der Unzahl von Stellungnahmen kein dankbares Feld für eine Abhandlung; da er aber für eine Untersuchung zur Entstehung von Verwertungsrechten nicht zu umgehen ist, wird er in der Folge zusammengefaßt. aa) Gutgläubiger Erwerb Entsprechend dem vertraglichen Pfand soll - so insbesondere Stimmen in der Literatur51 -gemäß §§ 1257, 1207 BGB (analog) ein gutgläubiger Erwerb möglich sein, sofern der Unternehmer an das Eigentum des Bestellers glaubt. Als Argument dafür wird auf § 366 Abs. 3 HGB verwiesen, der für das Handelsrecht sogar den Glauben an die Verfügungsbefugnis bei den gesetzlichen Pfandrechten schützt. Eine Norm, die für das HGB explizit nur den Glauben an die Verfügungsbefugnis schütze, setze einen Gutglaubenserwerb hinsichtlich des Eigentums nach Bürgerli51 MüKo-BGB/ Damrau § 1257 Rn. 3; Baur/Stürner §55 Rn. 40; Wieling § 15 VIII b; K. Schmidt HR5 § 23 I 1; vgl. weitere Nachweise in Fn. 64. Aus der älteren Literatur schon Gierke II § 170 dort Fn. 30.
I. Werkunternehmerpfandrecht
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ehern Recht bereits voraus. Trotzdem bedarf das Modell einer Analogie, denn der gutgläubige Erwerb ist nicht unmittelbar aus dem Gesetz zu begründen. Die Verweisungsvorschritt des§ 1257 BGB erklärt nämlich die Bestimmung zum vertraglichen Pfand nur für "entstandene" gesetzliche Pfandrechte für entsprechend anwendbar. Der Verweis erstreckt sich daher nicht auf die (zumindest sachenrechtlichen52) Entstehungsvorschriften, das heißt auch nicht auf§ 1207 BGB. Diese§ 1207 BGB ausgrenzende Auslegung des§ 1257 BGB ist auch historisch untermauert53 • Es finden sich in den Materialien zwei Stellen, die dazu eine doch recht deutliche Sprache sprechen: Bei der Erörterung des Vermieterpfandrechtes wurde neben der Ablehnung des gutgläubigen Erwerbs im speziellen zum allgemeinen weiter formuliert, daß nach dem Entwurf dieser Grundsatz54 auf gesetzliche Pfandrechte überhaupt keine Anwendung finde55 . Bei den einführenden Vorschriften zu den Pfandrechten liest man, daß die erste Kommission56 davon ausging, daß für die gesetzlichen Pfandrechte nicht auf die Vorschriften zur Begründung des rechtsgeschäftliehen Pfandes zurückgegriffen werden könne (wohl aber auf die inhaltliche Ausgestaltung), da gerade in dieser Hinsicht insoweit eine zu große "innere Verschiedenheit" bestehe57. bb) Ermächtigung des Nichteigentümers Ein anderer Ansatzpunkt für den Erwerb vom Nichteigentümer ist es, an die Berechtigung des Bestellers zum Abschluß eines Werkvertrages anzuknüpfen58 . Wenn der Besteller vom Eigentümer zum Abschluß des Werkvertrages berechtigt wurde, könnte man darin, in entsprechender Anwendung des § 185 BGB, eine Ermächtigung zur Belastung mit dem gesetzlichen Pfandrecht sehen. Als Anwendungsbeispiel dafür dient zumeist der Fall aus BGHZ 34, 122 ff. 59 : Der Besteller hatte ein Kraftfahrzeug unter Eigentumsvorbehalt gekauft und war nach den Vertragsbedingungen während der Dauer des Eigentumsvorbehaltes dazu verpflichtet, Staudinger I Wiegand § 1257 Rn. 5 a.E. Grundlegend dazu Engelschall S. 137 ff.; weiter auch Henke AcP 161, 1, 12 f. 54 Genannt ist der Grundsatz ,,Hand wahre Hand", der ursprünglich besagte, daß man eine Sache, die man freiwillig weggegeben hatte, nur von dem wieder verlangen konnte, dem man sie gegeben hatte. Später urnfaßte der Vindikationsausschluß nur noch den gutgläubig besitzenden Dritten und diente insofern als Vorläufer des § 932 BGB; vgl. zum Begriff Engelsehall S. 8; Ogris Hdwb. Rechtsgeschichte, "Hand wahre Hand". 55 Mugdan II S. 226. 56 Der § 1257 ist zwar erst von der zweiten Kornmission eingefügt, diese Einschätzung änderte sich dadurch aber nicht; vgl. dazu Engelschall S. 138 f. und Mugdan II S. 858. 57 Mugdan III S. 444; wenn man auch sonst (für§ 1204 BGB) einen einheitlichen Pfandrechtsbegriff zugrunde legte, vgl. Jakobs/Schubert a. a. 0 . (Fn. 25) S. 840. 58 Benöhr ZHR 135, 144 ff.; Erman!Seiler § 647 Rn. 4; Staudinger/Peters § 647 Rn. 11; Westermann § 133 I; Medicus BR Rn. 591; vgl. weiter Fn. 64. 59 Vorn 21. 12. 1960 (oben Fn. 1). 52 53
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
alle erforderlichen Wartungen und Reparaturen vornehmen zu lassen. Wahrend der Wagen wegen der Reparatur eines Schadens in der Werkstatt war, trat der Vorbehaltsverkäufer wegen Zahlungsverzugs vom Vertrag zurück. In der Auflage, den Wagen reparieren zu lassen, wird hier die Einwilligung des Eigentümers in den Werkvertrag und damit in die Belastung gemäß § 647 BGB gesehen60 • Der Einwand, daߧ 647 BGB gerade keine- von§ 185 BGB vorausgesetzte- Verfügung erfordert, wird dadurch überbrückt, daß man eine nur analoge Anwendung der Norm empfiehlt. Außerdem wird auch für diese Ansicht auf § 366 Abs. 3 HGB zurückgegriffen61: Wieso sollte dort der Glaube an die Verfügungsberechtigung des Auftraggebers geschützt sein, wenn die Berechtigung selbst unerheblich sein soll? § 366 Abs. 3 HGB setze daher voraus, daß nach Bürgerlichem Recht zumindest ein Erwerb von einem durch den Eigentümer ermächtigten Dritten möglich sei62 . cc) Kombination Wahrend einige Vertreter des einen Modells das jeweils andere ablehnen63, gibt es auch Kombinationen dieser Auffassungen64. Der Sinn solcher Kombinationen erschließt sich, wenn man bedenkt, daß durch die beiden unterschiedlichen Ansätze sich unterschiedliche Voraussetzungen für den Erwerb vom Nichtberechtigten ergeben und eine Kombination damit die Zahl der geschützten Unternehmer vergrößert: Bei einer Beschränkung auf den gutgläubigen Erwerb ist der Werkunternehmer ohne Pfandrecht, wenn er vom fehlenden Eigentum weiß, aber in Kenntnis einer Einwilligung des wahren Eigentümers dies nicht weiter beachtet65 . Dagegen ist- bei einer Beschränkung auf das Einwilligungsmodell-derUnternehmer dann ungeschützt, wenn er vom Eigentum seines Bestellers ausgeht, dieser im Verhältnis zum Eigentümer zwar zum Besitz, aber nicht "zur Reparatur berechtigt" war66. Nach beiden Lösungen ungeschützt ist der Unternehmer hingegen bei abhanden gekommenen Sachen. 60 Vgl. Nachweise in Fn. 58. Peters a. a. 0 . Rn. 12 will das allerdings noch nicht ausreichen lassen. 61 Näher zu § 366 Abs. 3 HGB noch bei den handelsrechtliehen Pfandrechten, insb. s. 135 ff. 62 So insb. Canaris HR23 § 29 Rn. 35; ebenso Heymann/ Horn § 366 Rn. 29; MüKoHGB/ P. Bydlinski § 410 Rn. 21-23. 63 So z. B. gegen § 185 BGB: MüKo-BGB/ Damrau § 1257 Rn. 5; Baur/Stümer § 55 Rn. 40 a.E.; gegen gutgläubigen Erwerb: Benöhr ZHR 135, 144 ff.; Staudinger/Peters § 647 Rn. 11; Westermann § 133 I; Erman/Seiler § 647 Rn. 4 f. 64 Canaris HR23 § 29 Rn. 36 ff.; Staudinger/Wiegand § 1257 Rn. 14; Schwerdtner Jura 1988, 251, 254. Noch anders die Auffassung von L. Raiser; zuletzt JZ 1961, 529 ff., ders. JZ 1958, 681, 683. 65 So wenn der Werkunternehmer den Kreditvertrag mit der Reparaturklausel kennt. 66 Vgl. den Fall des OLG Celle v. 19. 6. 1951, JR 1952, 211 f.: Ein Mieter eines Fahrzeuges hatte den Pkw beschädigt und dann in die Reparatur gebracht.
I. VVerkunternehrnerpfandrecht
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dd) Herrschende Meinung Die heute ständige Rechtsprechung67 und Teile der Literatur68 lehnen beide Modelle ab. Man kann nunmehr - trotz der vielfach ersichtlichen Kritik daran - sagen, daß eine herrschende Meinung die Entstehung eines Werkunternehmerpfandrechts nur bei Verträgen mit dem Eigentümer der Sache für möglich hält69 • Aus der Natur des gesetzlichen Erwerbes läßt sich in diesem Sinne gegen den gutgläubigen Erwerb einwenden, daß es für den Unternehmer zumeist keine Basis für einen "guten" Glauben gibt. Die Grundstruktur des Werkvertrages unterscheidet sich insoweit zu sehr vom Verpfandungsvertrag: Beim Verpfandungsvertrag enthält die rechtsgeschäftliche Erklärung des Schuldners (die Einräumung der Verwertungsberechtigung) stets - konkludent - die Aussage, daß der Verpfander zur Verwertung der übergebenen Sache berechtigt ist (ebenso bei allen anderen Verfügungsverträgen, bei denen das BGB gutgläubigen Erwerb ermöglicht). Der Erklärung des Bestellers ist Entsprechendes nicht zu entnehmen, enthält m.a.W. regelmäßig keine Einräumung von Rechtsmacht an der Sache70. Einem redlichen Besteller ist daher nichts vorzuwerfen, wenn er eine fremde Sache in Reparatur gibt71 • Es ist daher nicht ersichtlich, worauf der Werkunternehmer sein Vertrauen auf das Eigentum stützen sollte. Dieser meines Erachtens doch grundlegende Unterschied spiegelt sich in der Diskussion wider. Gegen die Argumentation über§ 185 BGB (dafür noch das OLG Harnmals Vorinstanz) hat der BGH geltend gemacht, dies liefe auf eine (seines Erachtens unzulässige) Verpflichtungsermächtigung hinaus72• Zu Unrecht: Da den Eigentümer nicht die Verpflichtungen aus dem Werkvertrag, sondern allein die dingliche Haftung des Pfandrechtes treffen sollen, geht diese Entgegnung fehl. Tragfahiger ist 67 BGH a. a. 0 . (oben Fn. 1); OLG Köln v. 31. 7. 1967 NJVV 1968, 304; OLG Zweibrükken v. 8. 1. 1986 JZ 1986, 341 f. 68 Larenz SehR BT 1111 § 53 II1 e; Schwab/ Prütting Rn. 556 f., 790; MüKo-BGB I Soergel § 647 Rn. 6; RGRK-BGB I Glanzmann § 647 Rn. 6 f.; AKI Reich § 1257 Rn. 4 ff.; Jauernig I Schiechtriern § 647 Rn. 3; Jauemig § 1257 Rn. 2; Palandt/ Sprau § 647 Rn. 3; Palandt/ Bassenge § 1257 Rn. 2; Flume AcP 161, 385, 395, Reinicke/1iedtke JA 1984, 202, 213 f.; Neuner ZHR 157, 243, 254; Henke AcP 161, 1 ff., bereits vorher Engelschall S. 141 ff. insb. die beiden Letztgenannten m. w. N. 69 Vgl. jüngst Derleder/Palias JuS 1999, 367, 370. Sie verweisen auf die Möglichkeit, daß das Pfandrecht nachträglich entsteht, wenn der Besteller - auch ohne vorheriges Anwartschaftsrecht- Eigentum erwirbt (m.E. keineswegs eindeutig). 70 Dieser Einwand greift allerdings bei den Transportpfandrechten - für die § 366 Abs. 3 HGB den gutgläubigen Erwerb jedenfalls eröffnet- genauso. 71 VVenn man einen gutgläubigen Erwerb für möglich hält, müßte der redliche Besteller allerdings - im Eigentümerinteresse -ungefragt sein Nichteigentum offenbaren. Man konstituiert so den Abschluß eines VVerkvertrages zu einer objektiv tatbestandliehen Unterschlagungshandlung (§ 246 StGB) und Vertragsverletzung, die man erst über die subjektive Seite korrigiert. n BGHZ 34, 122, 125 (oben Fn. 1).
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
das Argument, daß unklar sei, in welche Verfügung der Eigentümer eingewilligt haben soll, wenn das Pfandrecht ohne Verfügung entsteht. Weiterhin - so die Argumentation - sei eine Belastung der Sache mit dem die Kosten sichernden Pfandrecht - gerade im Falle der Reparaturklausel bei Eigentumsvorbehalt - nicht vom Willen des Eigentümers getragen73 , so daß er folglich insoweit auch nicht eingewilligt habe. ee) Eigene Beurteilung Als ersten Schritt für eine Klärung lassen sich die Fragen trennen, ob erstens eine Einwilligung des Eigentümers beim gesetzlichen Pfandrecht überhaupt erheblich sein kann, und zweitens, worauf eine solche gerichtet sein muß. Für die erste Frage wäre beispielsweise an den Fall zu denken, daß der Eigentümer seinen Pkw von seinem Sohn mit dem Auftrag in die Werkstatt bringen läßt, dort einen Lackschaden beseitigen zu lassen. Wenn der Sohn nun, um anzugeben, im eigenen Namen auftritt, stellt sich insbesondere im Streitfall (z. B. um die Höhe der endgültigen Rechnung) die Frage, ob das Pfandrecht gemäß § 647 BGB auch dann entstehen konnte74, wenn der Vertrag unbestreitbar zwischen Sohn und Werkstatt zustande kam75 . Wenn der Eigentümer sogar mit der persönlichen Belastung (durch den Vertrag in seinem Namen) einverstanden war, läßt sich die Grundsatzfrage nach der Erheblichkeil einer Berechtigung des Bestellers am ehesten frei von weiteren Wertungen erwägen76• Bejaht man aber in diesem Fall einen Pfandrechtserwerbund dafür spricht bei einer Betrachtung der betroffenen Interessen von Unternehmer und Eigentümer sehr viel- bleibt die (zweite) Frage, zu welchem "Rechtsakt" der Eigentümer seine Einwilligung erteilt haben muß: Dazu, daß der Besteller einen Werkvertrag über die Sache abschließt, daß der Besteller die Sache verpfändet oder daß er (der Eigentümer) selbst mit den Reparaturkosten belastet wird? Die Antwort kann an einer bereits eingeführten Überlegung ansetzen (vgl. S. 83): Motiv für die Gewährung des Unternehmerpfandrechts war die (typisierte) Werterhöhung. Insofern könnte man sich dafür aussprechen, daß das gesetzliche Pfandrecht dann am bestellerfremden Eigentum entsteht, wenn der Eigentümer in die typisierte Werterhöhung (und damit eben doch nur in die werkvertragliche Bearbeitung) eingewilligt hat. Auf dieser Basis scheint der Weg über eine Einwilligung tragfähig zu sein.
73 So schon L. Raiser IZ 1958, 681 , 682; ebenso MüKo-BGB/ Damrau § 1257 Rn. 5; Reinicke/Tiedtke JA 1984,202,213 f.; Baur/Stümer §55 Rn. 40 a.E. 74 Dahinter steht ökonomisch die Frage, wer die Initiative (damit das erweiterte Risiko) des Klägers übernehmen muß. 75 Ein "Geschäft für den, den es angeht" scheitert gerade an der Kreditierung. 76 Ähnlich die Gegenüberlegung bei MüKo-HGB/ P. Bydlinski § 410 Rn. 21, der an die Situation anknüpft, daß der Besteller zur vertraglichen Verpfändung berechtigt ist.
I. Werkunternehmerpfandrecht
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Demgegenüber läßt § 366 Abs. 3 HGB - entgegen einer verbreiteten Auffassung -für die Antwort keine sicheren Schlüsse zu, wie bereits Henke17 dargelegt hat. Er setzt zwar in seinem Anwendungsbereich, d. h. für das HGB, die Möglichkeit des Erwerbes von gesetzlichen Pfandrechten von ermächtigten Dritten voraus und sieht weiter einen gutgläubigen Erwerb vor. Daraus kann aber nicht der Rückschluß gezogen werden, daß dies auch für § 647 BGB entsprechend geltend muß. § 366 Abs. 3 HGB beruht nämlich auf § 306 Abs. 3 ADHGB. Dessen Verfasser konnten bei seiner Entstehung- vierzig Jahre vor lokrafttreten des BGB- auf kein einheitliches Zivilrecht zurückgreifen, sondern hatten eine Vielzahl unterschiedlicher Rechtslagen der deutschen Länder und das gemeinrechtliche uneingeschränkte Vindikationsprinzip78 vor Augen79• Man entschloß sich zur Regelung dieses dritten Absatzes, gerade weil man diese Rechtsunsicherheit sah und ftir Kaufleute für unerträglich hielt, daß sie möglicherweise ohne Sicherung dastehen80. Bei der Schaffung des BGB wurde dann diese Wertung offensichtlich entweder für unmaßgeblich gehalten oder aus den Augen verloren. Man modifizierte zwar den Abs. 3, in dem man den Lagerhalter mit einbezog, machte aber keine Anstalten für die Erstreckung auf BGB-Pfandrechte. Die Regelung des § 366 Abs. 3 HGB setzt daher keine bestehende Rechtslage im Zivilrecht voraus, sondern stellt sich gerade als Abweichung zum bürgerlichen Recht dar. Ob dem Werkunternehmer als weiterer möglicher Weg über eine Analogie zu helfen ist, hängt davon ab, ob eine nach den Wertungen unseres Privatrechts zu füllende Lücke besteht. Der BGH hat seinerzeit die Lücke verneint, weil er mit den §§ 994 ff., 1000, 1003 BGB eine alternative Lösung zu sehen meinte81 • Er hat allerdings mit dieser Lösung deutlich weniger Anhänger gefunden als mit dem zuvor unternommenen Argumentationsschritt, der Ablehnung des Unternehmerpfandrechts. Dies liegt daran, daß er dabei zentrale Prämissen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses aufgegeben hat und sein Ergebnis damit eigentlich - mangels Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses- ebenfalls nur über eine Analogie zu erreichen gewesen wäre82. Ohne Analogie bleibt der Unternehmer hier folglich ohne gesetzliches Verwertungsrecht Der vom BGH auf diese Weise dem Werkunternehmer gewährte (analoge) Ausweg zur Lückenfüllung ist durch die Bindung an den Verwendungsbegriff des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses- darauf wird im Rahmen der§§ 1000 ff. noch zurückgekommen- einerseits weitergehend, andererseits enger als das Pfandrecht und insbesondere unabhängig von der Werklohnforderung. Das bringt durchaus Vorteile: Die dingliche Haftung auf den dem Eigentümer zuHenke, AcP 161, 1, 8 ff. Vgl. Windscheid §§ 172, 197 und auch Mugdan IU S. 189 f. 79 Zur Situation vor und bei lnkrafttreten des§ 306 ADHGB ausführlich Henke, AcP 161, 1, 8 ff. 80 Vgl. ProtokolleS. 4608, 4615. Auch auszugsweise bei Henke a. a. 0 . (Fn. 79) S. 11 f. 81 Vgl. die angegebene BGH-Entscheidung (Fn. 59) NJW 61,499,500 f. 82 Dazu noch S. 207 ff. 77
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
kommenden .,Vorteil" zu begrenzen, überzeugt vor allem dann, wenn dieser letztlich das .,Werk" nicht - etwa über eine Einwilligung - veranlaßt hat. Es hat aber noch mehr Nachteile: Die Differenzierungen im System des Eigentümer-BesitzerVerhältnis sind kaum sinnvoll anzuwenden 83 und führen u.U. sogar zu einem zweiten persönlichen Schuldner, was über das angestrebte Ziel auch konstruktiv hinausschießt. Für die Frage einer Analogie wird wiederum auf § 366 Abs. 3 HGB abgestellt. Insbesondere Canaris hat wiederholt auf die dort vorgenommene Wertung zurückgegriffen84. Sein Versuch, § 366 Abs. 3 HGB als allgemeingültige Entscheidung für diese Wertung darzustellen, ist in Anbetracht der Entstehungsgeschichte zweifelhaft. Natürlich wollte das HGB eine Vereinheitlichung herbeiführen. Aber muß die - scheinbar bewußt - fehlende Erstreckung auf das BGB nicht als (dies revidierende) Entscheidung gegen eine solche Einheit erscheinen? Im geltenden deutschen Zivilrecht stehen einander dann mit dem HGB einerseits und dem BGB andererseits zwei in den Wertungen widerstreitende Entscheidungen des Gesetzgebers gegenüber. Wie weit die insofern negative Entscheidung des BGB allerdings reicht, ist damit nicht gesagt. Gerade wenn man an das .,Vater-Sohn-Beispiel" denkt, ist nicht zu sehen, was der Entstehung des Pfandrechtes trotz Einwilligung entgegenstehen sollte, und daß solche Fälle von den BGB-Verfassern auch nur beachtet wurden. Für die Einwilligungsfälle ist meines Erachtens damit eine Analogie, d. h. eine entsprechende Anwendung des § 185 BGB, der beste Weg. Einen gutgläubigen Erwerb - im Vertrauen auf das Eigentum - vorzusehen, ist nach dem BGB-Konzept fernerliegend und von den Wertungen weniger überzeugend: Richtig ist, daß für das HGB weitgehend ein gutgläubiger Erwerb eröffnet wurde. Das bedeutet aber nicht, daß außerhalb dieses auf gewerbliche Tätigkeit beschränkten Bereiches deswegen auch ein gutgläubiger Erwerb möglich sein muß. Im Privatrecht des BGB ist eine gegenteilige Entscheidung zwar nicht zwingend, aber auch nicht unsachgemäß. Demgegenüber führt der Hinweis nicht weiter, daß der Werkunternehmer ebenfalls oft Kaufmann ist, denn er übt keines der von § 366 Abs. 3 HGB geschützten besonderen kaufmännischen Handelsgeschäfte aus. Es gibt durchaus eine Reihe von Kaufleuten (z. B. den Handelsvertreter, aber auch kaufmännische Dienstnehmer u. a.), die nicht nur auf einen .,gutgläubigen Erwerb" von Pfandrechten, sondern - abgesehen vom kaufmännischen Zurückbehaltungs- und Befriedigungsrecht - auf jedes gesetzliche Verwertungsrecht verzichten müssen. Der Werkunternehmer kann insofern durchaus eine Zwischenstellung haben.
83 Vgl. näher dazu unten S. 210 ff. Die Leistung des Unternehmers wird eben nicht von ihm, sondern vom Besteller bestimmt; das paßt nicht zum System der §§ 994 ff. BGB. 84 HR23 § 29 Rn. 28 ff.; ders. in GK § 366 Anm. 70 ff.
I. Werkunternehmerpfandrecht
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ft) Abschluß
Keine der Lösungen ist so zwingend, daß es keine Gegenargumente geben würde. Dies erklärt die Vielzahl der Stellungnahmen und die Verschiedenheit der Meinungen. Ursache dafür ist die zu unbestimmte und lückenhafte gesetzliche Lage. Es ist heute allerdings nicht mehr davon auszugehen, daß die Frage nach dem Erwerb des Unternehmerpfandrechts vom Nichteigentümer noch offen ist85 . Die Rechtspraxis hat sich mittlerweile so sehr an den von der Rechtsprechung vorgegebenen Rahmenbedingungen ausgerichtet, daß - trotz aller berechtigter Kritik nicht einmal mehr ein echter Bedarf an einer Korrektur besteht. Den von der vorrangig betroffenen Kraftfahrzeugbranche gewählten Ausweg der Aufnahme einer Pfandrechtsklausel in AGB 86, um ein Pfandrecht auch an Dritteigentum zu erreichen, hat der BGH sechzehn Jahre nach BGHZ 34 gebilligt87 • Daß sich die Parteien, wo dies möglich ist, insbesondere bei Verträgen, selbst helfen, ist sicher auch keine schlechte Lösung. Allenfalls die Verschleierung von Verpfändungen, die zuweilen über eine Einführung durch AGB erfolgt, kann teilweise Sorge bereiten. Auch inhaltlich sind in diesem Streit zum Erwerb des gesetzlichen Pfandrechts kaum bahnbrechende neue Argumente, sondern allenfalls Akzentverschiebungen zu erwarten. Entgegen Weyers besteht hier nicht einmal hinsichtlich der Grundwertung tatsächlich ein Konsens88• Es wird durchaus die Auffassung vertreten, daß man dem Werkunternehmer bei Sachen im Eigentum Dritter jedes Verwertungsrecht versagen sollte89 • Diese im Gebiet des deutschen Rechtes eher schwerer zu vermittelnde Ansicht liegt in solchen Rechtsordnungen näher, die bereits in der Ausgangssituation dem Unternehmer eine schwächere Sicherungsstellung einräumen90. Dieser Vergleich belegt einerseits, daß das Rechtsempfinden durch vorhandene Normen geprägt wird und sagt andererseits auch etwas über die ökonomische Notwendigkeit dieser Sicherung aus.
Anders K. Schmidt HR5 § 23 I 1 a.E. Kfz-Reparaturbedingungen, empfohlen vom Zentralverband des Kfz-Handwerks, abgedruckt bei MüKo-BGB I Damrau Vor § 1204 Rn. 17. 87 BGHZ 68, 323 ff. v. 4. 5. 1977, seitdem ständige Rechtsprechung, vgl. BGHZ 87, 274, 279 V. 18. 5. 1983; BGHZ 101,307 ff. V. 14. 7. 1987. 88 So dieser in "Überarbeitung des Schuldrechts" S. 1179 f., der es sich dort sehr einfach macht, um de lege ferenda die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs vorzuschlagen (S. 1192). Viel differenzierter seine Stellungnahme in Esser I Weyers Schuldrecht li BT § 33 III 1 a.E. 89 Siehe Staudinger/Gursky Vor§§ 994-1003 Rn. 23; tendenziell zustimmend Neuner a. a. 0 . (Fn. 68) S. 254. 90 So das Österreichische ABGB (§ 471) und der französische Code civil (Art. 2102 Nr. 3); zum Rechtsvergleich (auch mit USA u. England) vgl. Riemenschneider S. 88 ff., 124 ff., 162 ff.; zur Situation in Frankreich Röske S. 55 ff. und auch hier: Teil C. Rechtsvergleich. 85
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
d) Immobilien und Rechte
Als Sicherungsobjekt ausgeschlossen sind Immobilien (selbst wenn sie im Besitz des Unternehmers sind) und eingetragene Schiffe (vgl. § 648 Abs. 2 BGB), auch wenn diese an sich bewegliche Sachen sind91 • Der Gesetzgeber wollte eindeutig außerhalb des Grundbuchs entstehende Pfandrechte an Immobilien vermeiden92 (bis heute, siehe den 1993 neugefaSten § 648a BGB). Diese Entscheidung für den wohl wirtschaftlich wichtigsten93 Fall des Werkvertrages, die man vielleicht anders hätte treffen können94, hat den Anwendungsbereich des § 647 erheblich reduziert. Gleichfalls als Sicherungsobjekt ausgeschlossen sind Rechte. Auch wenn der Unternehmer bei der Entstehung oder Verwirklichung des Rechtes erheblich mitgewirkt hat, erhält er daran kein Verwertungsrecht Dies kann sogar dazu führen, daß grundsätzlich pfandbelastete Sachen der Verwertung entzogen sind, weil ihre Verwertung wegen eines damit verbundenen Rechtes nicht möglich ist95 . Eine Ausnahme wird für das sogenannte Anwartschaftsrecht (auf das Eigentum an der Sache) gemacht96• Der wirtschaftliche Grund dafür liegt in der Prämisse, daß der Unternehmer an bestellerfremden Sachen kein Pfandrecht erwirbt (siehe oben). Hat der Besteller wenigstens eine Anwartschaft auf die Sache, erreicht man über ein Pfandrecht an dieser, daß der Unternehmer bei einem späteren Vollrechtserwerbdes Bestellers (den der Unternehmer sogar selbst herbeiführen kann) seinen Rang wahrt. Aus der durchaus nachvollziehbaren Erwägung, daß es unbillig erscheint, dem Werkunternehmer an der dem Besteller später gehörenden Sache kein Pfandrecht zuzubilligen, kommt es insofern zu dem konstruktiv schwer nachvollziehbaren ,,Pfandrecht am Recht". Als damit zusammenhängende Frage wäre zu überlegen, wie es mit anderen Rechten auf Erwerb des Eigentums (z. B. bei einem Optionsrecht97) steht, mit an91 Die Beschränkung auf "eingetragene Schiffe" folgt nur mittelbar aus § 648 Abs. 2. Für nicht eingetragene Schiffe ist jedoch eine Hypothekenbestellung ausgeschlossen, vgl. insb. § 8 SchRG. 92 Vgl. zur Diskussion darüber bei den Beratungen zum BGB: Mugdan II S. 927 ff.; Jakobs I Schubert §§ 433-651 S. 878 f. 93 Nach Quack a. a. 0. (Fn. 34) sogar zahlenmäßig der wichtigste Fall (dies bezieht sich wohl nur auf die Prozeßhäufigkeit). 94 Bei anderen Registern hatte man solche Bedenken nicht (vgl. bspw. bei den Schiffsgläubigerrechten S. 361 ff.); der Verkehr stellt sich darauf ein. Im übrigen wurde diese Prämisse nicht konsequent verfolgt, vgl. § 1287 BGB. Beachte aber im BefundS. 541 ff. 95 Vgl. z. B. RGRK-BGB/Glanzmann § 647 Rn. 13: Die Druckerei/Buchbinderei hat kein Verwertungsrecht am Werkstück des Verlegers, wenn es bei einer Verbreitung zu einer Verletzung des Urheberrechtes käme. 96 Grundlegend dazu bereits die Abhandlung von Reinicke; heute allgern Auff. Dagegen noch Fuchs, AfBR 1910, S. 368, 370, der sich daher nur mit der Situation des Pfandrechtsinhabers beschäftigt, wenn die Bedingung das Eigentum des Schuldners beendet (vgl. § 161 BGB).
I. Werkunternehmerpfandrecht
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deren Worten, wieweit die einmal mit der Ausnahme zur Anwartschaft begonnene Erweiterung reichen kann. In der Tendenz der vorgenannten Formulierung liegt es wohl näher, hier die Pfandrechtsentstehung zu verneinen. Es gibt zwar keinen Grundsatz, der generell eine Begrenzung von gesetzlichen Pfandrechten an Rechten im deutschen Recht regelt, in der Tendenz sind solche aber - zurecht - die Ausnahme98.
4. Praktische Bedeutung
Die praktische Bedeutung des § 647 BGB ist beschränkt. Im Zeitraum von 1986-1995 fanden sich nur vier veröffentliche Fälle mit Bezug zum Werkunternehmerpfandrecht99, von denen es nur in zwei Fällen überhaupt entscheidungserheblich war und selbst da dem Unternehmer nicht zum Erfolg der Klage verhalf. Natürlich kann dies auch Ausdruck der vermittelten Befugnis sein. Wie bei den meisten gesetzlichen Pfandrechten, bei denen der Gläubiger Besitzer istH>, braucht der Berechtigte eben keinen gerichtlichen Titel, sondern vermag die Verwertung selbst zu betreiben 101 . Die Ausübung des Pfandrechtes führt daher u.U. nicht zu veröffentlichten Entscheidungen. Mitunter gibt es auch bei dieser Verwertung einen Rechtsstreit, z. B. im Rahmen etwaiger Versuche, die Verwertung - per einstweiligem Rechtsschutz - zu verhindern oder im Rahmen von Regreßprozessen. Entscheidungen dazu sind aber nicht bekannt. Auch ohne wirkliche statistische Absicherung ist die Bedeutung des§ 647 BGB als gering einzuschätzen. Griinde dafür, warum dies in Anbetracht der Menge von Werkverträgen des täglichen Lebens und des Wirtschaftsverkehrs so ist, sind zum einen die im Tatbestand vorgegebenen, bereits besprochenen Beschränkungen: Gesichert ist nur der Werkunternehmer, der einen sachbezogenen Erfolg erbringt 102, der sich zugleich auf die Sachsubstanz auswirkt 103 • Er muß den Besitz der beweg97 Durchaus mit praktischem Hintergrund, man denke nur an die Leasingverträge mit Kaufoption des Leasingnehmers zu Vertragsende. 98 Siehe noch unten S. 542 ff. 99 OLG Köln v. 25. 2. 1993 VRS 1985,241 ff.; OLG Düsseldorfv. 14. 10. 1992 OLG-Rsp 1993, 25 (AGB-Pfand); BGHZ 101, 307 ff. v. 14. 7. 1987 (AGB-Pfand); OLG Zweibrücken v. 8. 1. 1986JZ 1986, 341 f. 100 Vgl. bspw. die Ausnahme beim Rettungskostenpfandrecht S. 356 ff., siehe auch vorne s. 52. 101 Winterstein DGVZ 1991, S. 51, 52 ff., zur Durchführung mittels Gerichtsvollzieher; danach besteht für diesen (nur) eine Prüfpflicht hins. "offenbar" unzulässiger Verwertungsanträge. 102 Es entfallen alle nicht objektbezogenen (wie Beratungen und sonstige rein geistige Leistungen), ausschließlich auf ein Recht bezogenen und personenbezogenen Leistungen (wie z. B. beim Friseur). 103 Ungesichert ist damit beispielsweise der Transport von Sachen.
7 Bechtloff
98
2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
liehen Sache erlangt haben 104, ohne daß die Sache eine Immobilie ist 105 . Der§ 647 BGB ist damit - etwas überspitzt formuliert - das Sicherungsrecht des "Handwerkers, dem man die Sache in seinen Laden bringt" und hat mit der großen Menge der wirtschaftlich bedeutenden Werkverträge nicht viel zu tun. Die gesicherten Geschäftsfonnen sind - im Gegensatz zu vielen anderen - nicht gerade in der Bedeutung gestiegen, weder absolut in der Zahl noch in der wirtschaftlichen Bedeutung. Aus dem verbleibenden Anwendungsbereich gibt es durch die tatsächlichen Umstände weitere Einschränkungen. Damit das gesetzliche Pfandrecht eine Funktion haben kann, muß die Sache ein auch wirtschaftlich taugliches Verwertungsobjekt sein. Der Aufwand der Verwertung (unter Berücksichtigung der Kosten) lohnt sich nicht, wenn es sich nicht um Gegenstände von einigem Wert handelt. Der Schuster scheidet hier daher ebenso regelmäßig aus wie die Änderungsschneiderei oder die Reinigung. Es kann daher nicht verwundern, daß sich nahezu alle Fälle, in denen das Werkunternehmerpfandrecht in den letzten vierzig Jahren Bedeutung erlangte, um Kraftfahrzeuge drehten 106• Das Kfz-Handwerk ist der potentielle Hauptanwendungsfall des § 647 BGB: Einerseits verspricht die Verwertung wirtschaftlich Erfolg, andererseits gehören Kraftfahrzeuge zu den Wirtschaftsgütern, die auch repariert werden, wenn der Besteller eigentlich nicht finanzkräftig genug ist (das ist vielleicht der Unterschied z. B. zum reparierenden Juwelier). Die Rechtsprechung hat dadurch, daß sie sich für den Ausschluß des Erwerbes vom Nichteigentümer unter gleichzeitiger Zulassung des Erwerbes durch AGBPfandrechte entschieden hat, die Bedeutung des§ 647 BGB weiter reduziert. Diese Reduktion geht über die unmittelbar beabsichtigte Beschränkung am Nichteigentum hinaus. In der Kfz-Reparatur- als wichtigstem Anwendungsbereich - wird seither vom Zentralverband des Kfz-Handwerks ein AGB-Pfandrecht empfohlen, das nicht nur in Hinblick auf§ 1207 BGB, sondern auch hinsichtlich der gesicherten Forderungen umfassender ist107 • Steht ein so weitergehendes Pfandrecht zur Verfügung, bedarf es keines Rückgriffs auf§ 647 BGB. Dies gilt auch in den Fällen, in denen es nicht um Fremdeigentum geht und das gesetzliche Pfandrecht greifen würde. Wenn auch nicht alle Kfz-Werkstätten diese AGB verwenden, so wurde das gesetzliche Pfandrecht hierdurch doch in der Bedeutung für die Praxis zugunsten des Vertragspfandrechts erheblich reduziert. 104 So daß die meisten Werkverträge im Hause des Bestellers entfallen, z. B. die Reparatur des Küchenherdes, aber auch die Reparatur der Maschinen in Büro und Gewerbe. Anders nur, wenn der Unternehmer die Sache aus dem Haushalt entfernen darf: zutreffend Staudinger/Peters § 647 Rn. 16. 105 Es entfallen zusätzlich zu den Bauverträgen alle sonst auf Grundstücke (Dreschvertrag, vgl. Palandt/Sprau Einf v § 631 Rn. 11) oder Häuser bezogene Leistungen, wie z. B. Gebäudereinigung. Gleiches gilt (seit 1940) im übrigen für Schiffe,§ 648 Abs. 2 BGB. 106 In allen nach 1945 veröffentlichten Urteilen ging es um Kraftfahrzeuge, vgl. die Entscheidungen in Fn. 66, 67, 87, 99. 107 V gl. Fn. 86, auch insoweit gebilligt vom BGH, siehe Entscheidung vom 14. 7. 87, a. a. 0 . Fn. 99.
I. Werkunternehmerpfandrecht
99
5. Vergleichsraue
Bei der Darlegung der Voraussetzungen des Pfandrechtes hat sich schon gezeigt, daß ein umfassender Teil aus dem werkvertragliehen Bereich nicht gesichert ist. Berücksichtigt man die wesentlichen Ansatzpunkte des Rechtes Besitz (Grundmotiv: Vertrauen des Gläubigers auf die in seiner Hand befindliche Sicherheit I exceptio doli-Gedanke; Publizitätsmittel) und Wertschaffung (nebst Vorleistung und Schutzbedürfnis aus der speziellen Gläubigersituation), bleiben trotzdem vergleichbare, nicht gesicherte Werkunternehmer übrig. Ursache ist die Festlegung auf ,,hergestellte und ausgebesserte Sachen", d. h. die sehr umfangreiche Typisierung, um die Handhabbarkeil der Regelung zu optimieren. Für einzelne dieser durch § 647 BGB nicht erfaßten Werkunternehmer 108 sieht das Gesetz allerdings durch Spezialregelung weitere gesetzliche Pfandrechte vor. Auf diese wird in der Folge dieser Bestandsaufnahme sogleich zurückgekommen und geprüft werden, ob sie weitere Aspekte auf der Suche nach einem System liefern können. Als offene Frage für den Befund bleibt, ob der so gewählte Weg tatsächlich die beste der möglichen Lösungen ist. Ungesichert sind weiter nicht-werkvertragliche Fälle wie Ansprüche aus Dienstverträgen und Aufträgen(§§ 662 ff. BGB), selbst wenn mit der vertraglichen Leistung eine Ausgangslage vorliegt, die der des§ 647 BGB zugrundeliegenden Wertung nahekomrnt, das heißt, der Gläubiger einen von ihm im Wert erhöhten Gegenstand in der Hand hat. Das vorne erwähnte Beispiel des Tierarztes (S. 85) war insofern doppeldeutig gewählt: Da dieser bei einer Operation wohl keinen Erfolg, sondern nur "fachgerechte Ausführung" schuldet, ist das tatsächlich ein Beispiel für einen Dienstvertrag. Daß der Gesetzgeber Dienstnehmer gerade nicht durch ein gesetzliches Pfandrecht sichern wollte, ist andererseits eindeutig 109• Beim Vergleich Werkvertrag - Dienstvertrag fällt auf, daß der Dienstverpflichtete bekanntermaßen gerade anders als der Werkunternehmer nicht zur Bewirkung des Erfolges verpflichtet ist. Insofern mag gerade dies der Ansatzpunkt sein, warum man den insofern quasi zufällig wertschöpfenden Dienstnehmer ohne Verwertungsrecht beläßt. Ob dies allerdings im Ergebnis überzeugt, mag man trotzdem bezweifeln, denn für das Sicherungsbedürfnis ist es ebenso wie für die Wertsteigerung gleichgültig, ob der Vertragspartner für den Erfolg einzustehen hatte oder ihn nur durch Bemühen erreicht. Und auch beim Werkunternehmer schützt man mitunter den erfolglosen Unternehmer (§ 645 BGB). Die Zweifel werden noch verstärkt, wenn man die Grauzonen in der Abgrenzung der beiden Vertragstypen betrachtet. Ob man sich deswegen über die Entscheidung des historischen Gesetzgebers hinwegsetzen kann und I oder ob eine Änderung de lege ferenda sinnvoll ist, wird im Befund näher zu beurteilen sein. tos Vgl. bspw. die Transporteurpfandrechte. Teilweise auch für Dienstnehmer, siehe noch
unten. 109
7*
So ausdrücklich bei Mugdan II S. 276.
100
2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
II. Pächterpfandrecht
Ein im Hinblick auf seine Funktion nur schwer verständliches Pfandrecht ist das in § 583 BGB (bis 1985 § 590 BGB 1) geregelte Pfandrecht des Pächters eines Grundstücks: Wegen aller Forderungen, die sich auf das mitverpachtete Inventar beziehen, hat dieser ein gesetzliches Pfandrecht an den in seinem Besitz befindlichen Inventarstücken. Es ist damit neben § 647 BGB das einzige weitere gesetzliche Besitzpfandrecht im BGB. 1. Rechtfertigende Erwägungen
Anlaß für die Verständnisschwierigkeiten ist nicht die rechtliche Gestaltung des Pfandrechtes, sondern daß man den Pächter überhaupt mit einem gesetzlichen Verwertungsrecht schützt. Das Recht aus § 583 BGB sichert niemals die wirtschaftlich entscheidende Forderung des Pächters in bezug auf die gepachtete Hauptsache, da es immer nur Forderungen hinsichtlich des Inventars2 (das heißt auf das "mitverpachtete" Zubehör des Pachtobjektes) erlaßt. Außerdem ist der Pächter im typischen Pachtverhältnis nicht vorleistungspflichtig, so daß bei ihm zunächst kein Sicherungsdefizit ersichtlich ist, das überhaupt ein gesetzliches Vorzugsrecht rechtfertigen würde. Die Vorleistung erbringt nämlich nach dem gesetzlichen Regeltypus der Verpächter (§§ 581 Abs. 2, 551 BGB). Diese (dispositive) Bestimmung des BGB entspricht auch heute noch der verbreiteten wirtschaftlichen Praxis (vielfach sogar zwangsläufig, weil der Pachtzins am tatsächlichen Ertrag oder Umsatz des Pachtobjekts bemessen wird). Der Verpächter ist- wegen seiner Vorleistung- daher gleichfalls durch ein gesetzliches Pfandrecht an den Sachen des Pächters gesichert3. Das Pächterpfandrecht ist andererseits nicht einfach nur Gegenstück zum Verpächterpfandrecht, wenn man auch überlegen könnte, ob es sachgerecht ist, dem einen Vertragspartner ein Pfandrecht zuzugestehen, wenn man schon dem anderen ein Pfandrecht zugestanden hat (im Sinne eines "Synallagma" der Pfandrechte). Dieser Gedanke ist aber nicht der des Gesetzgebers, wie sich anhand aller anderen gesetzlichen Pfandrechte zeigt, denn der Pachtvertrag ist der einzige Fall, in dem beide Vertragsparteien regelmäßig (und nicht nur zufallig) durch gesetzliche Pfandrechte gesichert sind. Und auch im Pachtrecht ist der eine Gläubiger (der Verpächter) hinsichtlich aller, der andere (der Pächter) nur wegen einzelner, am Rande stehender Forderungen gesichert.
t
Geändert durch das Gesetz zur Neuordnung des landwirtschaftlichen Pachtrechts v.
8. 1. 1985.
2 Zum Begriff "Inventar": Lange/Wulffl Lüdtke-Handjery Vor§ 582 Rn. 3; Faßbender I Hötzel/Lukanow § 582 Rn. 4 ff. Siehe auch unten S. 110. 3 Siehe dazu noch S. 256 ff.
II. Pächterpfandrecht
101
a) Der ursprüngliche Ausgangspunkt
Die dem Pächterpfandrecht zugrundeliegende Idee wird deutlicher, wenn man auf die historischen Vorläufer, auch hier wiederum in Gestalt der Absonderungsrechte des § 41 KO 1877 (Nr. 3) und der preußische Konkursordnung von 1855, zuriickblickt. Dann wird klar, daß die Pächterbevorrechtigung - mindestens damals - als reines (Abwicklungs-)Instrument bei Vertragsbeendigung verstanden wurde. Wenn auch während des Vertrages dem Pächter zumeist vorgeleistet wird, hat er doch bei der Abwicklung nach Vertragsende ein möglicherweise erhebliches Sicherungsbedürfnis. Die Ursache dafür ist in der damals ganz üblichen und heute (als Prinzip) durchaus noch gebräuchlichen Vertragsgestaltung des "Eisernviehvertrags" zu sehen. Nach diesem Vertragstyp, der heute in § 582a BGB als "Übernahme des Inventars zum Schätzwert" geregelt ist4 , übernimmt der Pächter das Zubehör zur Pachtsache5 zum Wert des Inventars im Übernahmezeitpunkt, ohne Eigentümer zu werden (und ohne in diesem Zeitpunkt dafür eine Zahlung zu leisten). Der Verpächter bleibt während der Laufzeit des Vertrages Eigentümer des gesamten Zubehörs. Der Pächter mehrt fremdes Eigentum, vgl. § 582a Abs. 2 S. 2 BGB, wenn er Stücke ersetzt (das heißt beispielsweise neues Vieh an ihn übereignet wird, § 929 BGB), neues Inventar selbst herstellt (§ 950 BGB) oder sonst erzeugt (§ 956 BGB) und dabei erhebliche Investitionen erbringt. Bei Vertragsende muß der Pächter das Inventar dem Verpächter (als Eigentümer) zuriickgeben. Ein Mehr (oder auch ein Weniger) des Inventarschätzwertes bei Rückgabe gegenüber dem Pachtbeginn wird dann in Geld ausgeglichen (§ 582a Abs. 3 S. 3 BGB). Wirtschaftlich wird so erreicht, daß der Pächter das Risiko der Wertminderung trägt, aber auch den Nutzen der Werterhöhung des Inventars erhält. Da jedes Inventarstück damit im Eigentum des Verpächters steht und der Ausgleichsanspruch des Pächters für den Mehrwert gegen den Verpächter nur obligatorischer Natur ist, wäre die Position des Pächtersam Ende des Pachtvertrages insbesondere gegenüber den Gläubigern des Verpächters ohne Ffandrecht erkennbar schlecht. Insbesondere in der Insolvenz des Verpächters fiele das gesamte Inventar in die Masse und dem Pächter stünde für den ihm zustehenden Schätzwertüberschuß, der bei betriebsnotwendiger Modernisierung oder ähnlichem erheblich sein kann, nur eine Insolvenzforderung mit entsprechender Quote zu. Die preußische Konkursordnung von 1855 hat in Anbetracht dieser Situation6 dem Pächter in § 36 Abs. 3 KO 1855 ein Absonderungsrecht wegen seiner Forderung an dem ihm übergebenen Inventar eingeräumt7 • Es wurde dort- anders als 4 Vgl. Lange/Wulff/Lüdtke·Handjery § 582a Rn. 1 f.; Faßbender!Hötzel/Lukanow § 582aRn. 6. s "Eisemviehvertrag", weil es früher vor allem das Vieh des Landgutes betraf. 6 Der Eisernviehvertrag entsprach auch in Preußen der Regel, vgl. Hahn IV S. 204. 7 Letztlich wohl schon auf deutschrechtlichen Ursprüngen beruhend: Mißverständlich insofern Henke AcP 161, 1, 18, der davon spricht, die Pächterprivilegierung sei insofern aus
102
2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
die anderen Vorläufer unserer gesetzlichen Verwertungsrechte - nicht in den Zusammenhang besonderer Gläubigerbevorrechtigungen des§ 33 KO 1855, sondern vielmehr in den Zusammenhang mit speziellen Abwicklungsverhältnissen (§ 36) gestellt: § 36 Absatz 1 regelte das Absonderungsrecht für Auseinandersetzungsansprüche von "Theilnehmern an einer mit dem Gemeinschuldner in Gesellschaft oder anderer Gemeinschaft" stehenden Gläubigern und Absatz 2 bevorrechtigte entsprechend (neben dem Pächter) unter anderem den aus abweichenden Vertragsgestaltungen resultierenden Anspruch des Verpächters sowie einen Auseinandersetzungsanspruch von Miterben. Der Zusammenhang (und daraus folgend die Zusammenfassung) dieser verschiedenen Abwicklungsansprüche wurde in der Folge (schon durch die Verfasser der Reichskonkursordnung) abgelehnt, da diese "nicht denselben Charakter hätten"8. Eine dem § 36 preußische KO entsprechende Norm fehlte daher in der KO von 1877 und statt dessen wurde - gewissermaßen erstmalig selbständig - der Pächter mit in die Aufzählung der Absonderungsberechtigten in § 41 Nr. 3 KO 1877 (der Folgebestimmung des§ 33 preuß. KO 1855) aufgenommen. Für die Verpächterberechtigung meinte man wohl zurecht - wie ebenso für die übrigen Abwicklungsansprüche - mit der aus dem Eigentum entspringenden dinglichen Berechtigung hinreichend Sorge getragen zu haben. Außerdem hatte der Verpächter für die Fälle, in denen ihm durch entsprechende Vertragsgestaltung das Eigentum nicht zukam, ein Absonderungsrecht durch§ 41 Nr. 2 (vorher§ 33 Nr. 4)9 . Trotz dieser Umstrukturierung blieb die Zielsetzung für den Pächter nach den insoweit eindeutigen Ausführungen der Motive zur KO 1877 10 erhalten: Gesichert werden sollte der Auseinandersetzungsanspruch des das Eigentum des Verpächters mehrenden Pächters. Auch heute besteht nach wie vor ein derartiges Sicherungsbedürfnis für den Pächter. Wenn auch die Vertragsgestaltung "Übernahme des Inventars zum Schätzwert" nur eine Variante der Regelungsmöglichkeiten bei der Inventarüberlassung ist 11 , so wird sie doch nach wie vor praktiziert. Von dem dahinterstehenden Gedanken ist die Parallele zum bereits vom Werkunternehmerpfandrecht Bekannten durchaus sichtbar: Dem Pächter, der den Wert der Sache (hier der Sachgesamtheit) geschaffen oder vennehrt hat, wird ein dingliches Sicherungsrecht an ihr zugesprochen. einem ,,Machtanspruch" der KO 1877 entstanden, andererseits die Vorläufer aber durchaus sieht (vgl. bei ihm auch weitere Nachweise). s Zustimmend Henke a. a. 0. (Fn. 7) S. 19, Nachweise zum damaligen Diskussionsstand in dessen Fn. 98. 9 Vgl. noch S. 258. 10 Vgl. Hahn IV S. 204. II Als weitere Möglichkeiten (kurzer Überblick z. B. bei Jauemig/Teichmann §§ 582583a Rn. 1 f., 4) bieten sich die einfache Mitverpachtung (§ 582 BGB) oder der Inventarkauf (dazu§ 583a BGB) oder Mischformen an.
II. Pächterpfandrecht
103
b) Erweiterung der Zielsetzung mit dem BGB
Bei den Beratungen zum BGB nahm man das Pächterpfandrecht - wie so oft, so auch hier - mit Rücksicht auf eben jene Bestimmung der Konkursordnung und die teilweise in Einklang damit bestehenden (materiell-rechtlichen) Landesgesetzen als gesetzliches Verwertungsrecht in das Bürgerliche Recht auf12• Beschränkte man sich zu Beginn der Beratungen als Zwecksetzung im wesentlichen auf den Verweis auf§ 41 KO 1877, erfolgte im Laufe der Beratung ein Wandel. Ins Augenmerk geriet zunehmend, daß ein Pfandrecht - man hatte insbesondere das Vermieter- und Verpächterpfandrecht im Gedächtnis - auch während der Vertragszeit, das heißt über die Abwicklung hinaus, Nutzen bringen kann. Erste Ansätze dafür finden sich bereits in den Äußerungen der Vorkommission des Reichsjustizamtes 13 . Besonders deutlich wird es in den Protokollen der zweiten Kommission, als der Antrag gestellt wurde, dem Pächter das Pfandrecht zu versagen und nur ein Absonderungsrecht zu belassen. Man formulierte die These, wonach der Pächter eines auch außerhalb des Konkurses wirkendes Pfandrechts bedürfe: Der Entwurf schütze so den Pächter während der Dauer der Pacht vor der Gefahr, in Folge von Vindikationsansprüchen Dritter (d. h. Eigentümern) oder in Folge einer von den Gläubigern des Verpächters erwirkten Pfändung in der Verfügung über das Pachtinventar beeinträchtigt zu werden 14• Mit dieser Stellungnahme in den Materialien schließt sich der Kreis zu der diesen Abschnitt eröffnenden Feststellung: Dadurch, daß man das Pfandrecht von seinem Ursprung als Abwicklungsinstrument löst, ist das Verständnis, welchen Zweck es dann verfolgt, und wie es rechtlich "funktioniert", erheblich erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht worden. Zwei Konsequenzen werden - ganz herrschend - aus jener Stellungnahme in den Protokollen, die auch durch den Wortlaut der Norm gestützt werden, gezogen: Gesichert sind erstens alle Forderungen des Pächters mit Bezug zum Inventar und nicht etwa nur die Abwicklungsansprüche allgemein oder speziell der des § 582a Abs. 3 S. 3 BGB. Und zweitens soll das Pfandrecht unabhängig davon entstehen, wem das Inventar gehört, seien dies auch vertragsunbeteiligte Dritte (und zwar wohl ohne weitere Voraussetzungen wie Gutgläubigkeit o.ä.). Anscheinend ist man der Auffassung gewesen, daß Pächter (von Grundstücken) unabhängig von der speziellen Form der Inventarüberlassung als besonders schutzbedürftig anzusehen seien, da für sie der Pachtvertrag vielfach der wirtschaftliche Lebensmittelpunkt ist. Die Ausweitung bringt also einen qualifizierten Gläubigerschutzaspekt mit in den Vordergrund.
12
13
14
Mugdan II S. 237; Jakobs/Schubert §§ 433 - 651 S. 657. Jakobs/Schubert §§ 433-651 S. 659. Mugdan II S. 885.
104
2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Die Bedeutung des Rechtes während der Pachtzeit, die, betrachtet man die Kommentierungen, heute scheinbar sogar als die eigentliche Funktion des Pächterpfandrechts angesehen wird, jedenfalls als einzige genannt wird 15 , muß in der Folge näher betrachtet werden. Dies ist aber erst möglich, wenn mit dem nächsten Abschnitt die gesicherten Forderungen im einzelnen geklärt sind. In diesem Zusammenhang werden Möglichkeiten der Pfandrechtswirkungen bei laufendem Pachtverhältnis untersucht und die Schwierigkeiten deutlich gemacht. Aus der Sicherungslage, aber auch aus der Natur des Pfandrechts müssen Zweifel an dem Sinn des mit dem BGB begonnenen Konzeptes des Pächterpfandrechts bestehen. Dies hat letztlich auch Konsequenzen für die Möglichkeit des Erwerbs vom Nichtberechtigten und damit für den aus den Motiven hergeleiteten Zweck des § 583 BGB als Mittel zum Schutz vor Vindikationsansprüchen Dritter (dazu unter 3. Sicherungsobjekt). 2. Gesicherte Forderungen
a) Forderungen im einzelnen Das Pächterpfandrecht sichert alle Forderungen, "die sich auf das mitverpachtete Inventar beziehen". Als Grundvoraussetzung des§ 583 BGB muß der Pächter daher einerseits inventarbezogene Ansprüche haben, andererseits bereits im Besitz von Inventarstücken sein, da es ihm sonst am Pfandobjekt mangelt. aa) Forderungen am Ende der Pacht Bereits oben wurde die im Rahmen der historischen Grundlage wesentliche Forderung angesprochen: Nach Ende des Pachtverhältnisses ist der Pächter- sofern er nicht Eigentümer ist16 - verpflichtet, dem Verpächter das Inventar zurückzugeben. Im Rahmen des § 582a BGB steht ihm dann- einen entsprechenden Mehrwert des Inventars vorausgesetzt - der Anspruch auf Zahlung des Wertüberschusses zu (Abs. 3 S. 3). Bei der reinen Inventarmitverpachtung 17 besteht ein entsprechendes Sicherungsbedürfnis, wenn der Pächter Aufwendungen zugunsten des Inventars getätigt hat und diese ersetzt verlangen kann, weil eigentlich der Verpächter dazu verpflichtet gewesen wäre (§§ 581 Abs. 2 i.V.m. § 547 BGB) 18 . Weiter ist der speziell im Fall 15 Vgl. MüKo-BGB/Voelskow § 583 Rn. 2; Staudinger/V. Emmerich § 583 Rn. 2; Lange/Wuljfl Lüdtke-Handjery § 583 Rn. 1, 4; Larenz SehR BT Il/1 § 49 I a.E.; ohne weitergehende Reflexion auch die Novelle 1985: BT-Drucks. X/509 S. 15. 16 Beim Inventarkauf, vgl. schon Fn. 11. 17 Vgl. Fn. 11. 18 Faßbender/Hötzel!Lukanow § 583 Rn. 9 erwähnen noch den (vertraglich bedungenen) Anspruch auf Wertersatz von produziertem, zurückgelassenem Dünger.
II. Pächterpfandrecht
105
der Inventannitverpachtung relevante Anspruch auf Rückzahlung einer für die Überlassung des Zubehörs geleisteten Kaution gesichert19. Weigert sich der Verpächter im Rahmen der Abwicklung diese Ansprüche zu erfüllen, ist der Pächter durch § 583 BGB dinglich berechtigt, das Inventar zu verwerten, statt es zurückzugeben. bb) Forderungen während der Pachtzeit Sucht man nach inventarbezogenen Ansprüchen, die bereits während der Pachtzeit durchsetzbar sind, erweist sich der zunächst wirtschaftlich interessierende Primäranspruch auf (Erst-)Überlassung des Zubehörs als nicht gesichert. Dies ist nur dann anders, wenn bereits vorher Inventar des Verpächters übergeben wurde, denn allein dann hat der Pächter überhaupt ein Bezugsobjekt für sein Pfandrecht. Während dieser originäre Anspruch auf Inventarüberlassung in der Literatur zu § 583 BGB keine Erwähnung findet, wird der diesem sehr ähnliche Anspruch auf Inventarergänzung gemäß § 582 Abs. 2 S. 1 BGB beinahe durchweg zitiert20. § 582 Abs. 2 S. I BGB regelt im Grunde für die Vertragsform "Inventannitverpachtung"21 eine besondere Ausprägung des Primäranspruches auf Inventarüberlassung. Bei dieser Mitverpachtung hat der Verpächter die Verpflichtung übernommen, in bestimmten Fällen unverschuldet "in Abgang kommende" Stücke zu ersetzen. Diesen Anspruch sichert das Pfandrecht ebenso wie den auf Aufwendungsersatz, wenn der Pächter sich das Inventar selbst besorgt (weil der Verpächter es eben nicht gemacht hat). Entsprechendes gilt auch bei der Übernahme zum Schätzwert, allerdings nur sofern der Inventaruntergang vom Verpächter zu vertreten ist (vgl. schon § 582a Abs. 1 S. 1 BGB). Außer dieser auf Inventarüberlassung gerichteten Forderung oder entsprechender Sekundäransprüche sind andere während der Pachtzeit durchsetzbare inventarbezogene Forderungen kaum ersichtlich und werden auch in der Literatur nicht genannt. Gesichert sind während der Pachtzeit aber auch die Ansprüche des Pächters, die erst bei Abwicklung fällig werden [vgl. oben zu 2. a) aa)] . Wie beim Werkunternehmer wird man nämlich auch für§ 583 BGB feststellen können, daß die nicht durchsetzbaren Ansprüche hier ebenso mangels entgegenstehender Regelung als erfaßt anzusehen sind. Daß die Gesetzesverfasser davon ausgegangen sind, 19 Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery § 583 Rn. 3; BT-Drucks. X/509 S. 15; Staudinger/V. Emmerich § 583 Rn. 4; MüKo-BGB I Voelskow § 583 Rn. 2. 20 Siehe Jauernig/Teichmann §§ 582-583a Rn. 4; Palandt/Putzo § 583 Rn. l; Lange/ Wulffl Lüdtke-Handjery § 583 Rn. 3 m. w. N. Ähnlich auch der Aufwendungsersatzanspruch für eine statt dessen vom Pächter durchgeführte Inventarergänzung oder der von FaßbenderI Hötzei/Lukanow § 583 Rn. 9 zitierte Mängelgewährleistungsanspruch (entspr. § 586 Abs. 1 BGB). 21 Vgl. dazu schon Fn. 11.
106
2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
ist recht eindeutig aus den zitierten Passagen der 2. Kommission zu erkennen, denn man wollte kaum den Schutz "während der Pachtzeit" nur bei fälligen Ansprüchen ermöglichen 22• cc) Sicherungsfunktion während des laufenden Pachtverhältnisses Welche Bedeutung hat das Pfandrecht aber nun zur Sicherung dieser Ansprüche während der Pachtzeit? Geht man hier vom Normalfall aus, in dem der Verpächter dem Pächter das in seinem Eigentum stehende Inventar überläßt (zur Bedeutung beim Dritteigentum vgl. noch unten 3.b.), ist weiter zwischen der Wirkung gegenüber dem Verpächter und den- von den Motiven erwähnten- Gläubigern des Verpächters zu unterscheiden. Gegenüber dem Verpächter hat das Pfandrecht natürlich nur hinsichtlich bereits durchsetzbarer Ansprüche eine Funktion, denn allein wegen dieser ist der Pächter zur Verwertung berechtigt(§§ 1228 ff. BGB). Auf die dinglichen Wirkungen des Rechtes kommt es hier naturgemäß nicht an, denn eine solche Selbstverwertung könnte man entsprechend obligatorisch regeln. Die Sicherung des während der Pachtzeit in diesem Verhältnis damit im Grunde allein interessierenden Anspruchs auf Inventarergänzung oder -Überlassung (oder entsprechenden Aufwendungsersatz) durch das Pfandrecht des § 583 BGB ist aber offensichtlich problematisch: Der Pächter hat während der Pachtzeit regelmäßig gar kein Interesse an der Verwertung des Inventars, ist er doch für die Bewirtschaftung auf dieses angewiesen. Kann man von einem Darlehensgeber, der sich ein Vertragspfand bestellen läßt, immerhin noch sagen, daß er zwar nicht originär ein Verwertungsinteresse hat, daß er aber immerhin zur Realisierung seiner Ansprüche sinnvoll auf das Verwertungsrecht zurückgreifen kann, erweist sich das Verwertungsrecht beim Pächter im Gegenteil sogar als kontraproduktiv23 . Allenfalls die mittelbare Wirkung des Pfandrechts, das daraus resultierend, besonders geschützte Recht zum Besitz, kann dem Pächter nützen. Abgesehen davon, daß es verwundert, wenn auf diese Weise die Nutzung der Nebensachen (des Inventars) besser geschützt ist als die Nutzung der Hauptsache (des Landgutes oder Betriebsgrundstücks), ist diese Zweckentfremdung kein wirklich wirksamer, sondern nur ein zufälliger Schutz, wie sich verschiedentlich zeigen läßt. Gegenüber dem Verpächter kann man das Pfandrecht während der Pachtzeit allenfalls als Druckmittel begreifen: Zur Durchsetzung eines Anspruchs auf Inventarergänzung (§ 582 Abs. 2 BGB) kann der Pächter auf die Verwertung (oder die Androhung der Verwertung) ihm weniger notwendigen Inventars ausweichen. Dies ist aber eine zumeist wenig sinnvolle Möglichkeit, die letztlich auch nie zur - vollZur Sicherung künftiger Ansprüche allgemein siehe S. 497 ff. Die auf Geld gerichteten Ansprüche des Pächters werden immer erst in der Abwicklungsphase, d. h. nach Zielerreichung, relevant, vgl. noch unten. 22 23
II. Pächterpfandrecht
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ständigen - Befriedigung führt, denn mit Verwertung des (anderen) Inventars lebt notwendig ein neuer Ergänzungsanspruch auf. Gegenüber den Gläubigem des Verpächters spielt für den Pächter dagegen vor allem die dingliche Sicherungswirkung eine Rolle. Durch die absolute Wirkung so die Erwägung der Motive - kann der Pächter seine an sich schuldrechtliche Berechtigung aus der Pacht den in das Inventar pfandenden Gläubigem des Verpächters entgegenhalten und sich so "die Verfügung über das Pachtinventar sichern". Spätestens beim zweiten Blick erweist sich dafür das Pfandrecht heute jedoch als entweder überflüssig oder nutzlos. In der Einzelzwangsvollstreckung genügt dem Pächter als berechtigtem Besitzer regelmäßig der Schutz aus §§ 809, 846 f. ZP024. Eine Pfändung der Sache durch den Vollstreckungsgläubiger läßt sich damit verhindem (sofern der Pächter nicht einwilligt), so daß die Vollstreckung nur in den Herausgabeanspruch des Verpächters erfolgen kann, dem aber das Besitzrecht aus dem Pachtvertrag entgegensteht. Für den Schutz des laufenden Vertrages bedarf es in der Einzelzwangsvollstrekkung damit keines Pfandrechts. Gleiches gilt auch in der Insolvenz: Unabhängig vom Pfandrecht besteht das Pachtverhältnis gemäߧ 108 InsO (vormals§ 21 KO) fort, so daß der Pächter keines Pfandrechts bedarf, um vor Beeinträchtigungen in der Verfügung über das Inventar sicher zu sein. Allerdings reicht auch in der Insolvenz die Berechtigung des Pächters nicht weiter als außerhalb. Zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verpächter kündigen konnte, kann dies gern. § 80 InsO (§ 6 KO) auch der Insolvenzverwalter (und wird es zwecks Verwertung häufig tun). In diesen Fällen sichert dem Pächter dann weder das Insolvenzrecht noch das Pfandrecht "die Verfügung über das Inventar" im Sinne eines Bestandsschutzes! Wenn daher der Gläubiger (oder der Insolvenzverwalter) das aus dem obligatorischen Verhältnis stammende Besitzrecht nicht beeinflussen kann, bedarf es keines Pfandrechtsschutzes. Wenn er es aber kann (wie beim kündbaren Pachtvertrag der Insolvenzverwalter), ist das Pfandrecht zur Sicherung eines Bestandsschutzes nutzlos. Die aus den Motiven stammende Erwägung, das Pfandrecht diene auch während der Pacht als Schutz vor den Gläubigem des Verpächters, ist somit in Anbetracht der Regelungen im Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsrecht jedenfalls irreführend. Für ein nach Kündigung bestehendes Abwicklungsverhältnis ist das Pfandrecht dagegen entsprechend seiner historischen Zwecksetzung für die dann nur auf Geldleistung gerichteten Anspruche (aber nur mit Bezug auf die "Nebensache Inventar") natürlich nützlich, denn ohne dieses wäre der Pächter nicht geschützt. So kann er zwar nicht seinen Besitz (seine Verfügungsbefugnis) an dem Inventar sichern, aber immerhin - und dies ist dann ein dem Pfandrecht allgemein bekanntes Muster - seine auf Geld gerichteten Ausgleichs- oder Rückgewähranspriiche. Die24
Siehe schon vorne S. 61. V gl. allgemein dazu Jauemig ZVR § 17 III.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
sen Zweck bestätigt auch § 583 Abs. 2 BGB: Mit der erbrachten Sicherheitsleistung wird dem Pächter ohnehin stets der Besitz an der Sache entzogen 25 • b) Wirksamer Pachtvertrag
Ein Blick ist auch im Rahmen des Pächterpfandrechts darauf zu werfen, ob
§ 583 BGB einen wirksamen Pachtvertrag voraussetzt oder inventarbezogene An-
sprüche sogar durch ein gesetzliches Pfandrecht gesichert sind, wenn der Pachtvertrag nichtig ist. Der Wortlaut der Vorschrift gibt nur dann eine Auslegung vor, wenn man die Auffassung vertritt, daß außervertragliche Ansprüche mitumfaßt sind, wenn nicht ausdrücklich nur vertragliche erwähnt sind. Stellungnahmen dazu sind weder in der Gesetzesgeschichte noch in Literatur oder Rechtsprechung ersichtlich, wenn auch Aufzählungen gesicherter Forderungen regelmäßig nur vertragliche Ansprüche enthalten26• Diese genannten vertraglichen Ansprüche [vgl. unter a)] sind allerdings teilweise auch ohne wirksamen Pachtvertrag inhaltsgleich denkbar, andere entstehen in vergleichbarer Form überhaupt nicht. Insofern ist nach Art der Forderung differenziert zu untersuchen. aa) Rückgewähr Fehlt es an der Wirksamkeit des Vertrages, scheiden die entsprechenden Ansprüche auf Inventarüberlassung einschließlich des § 582 Abs. 2 S. 1 BGB aus. Denkbar sind dafür Ansprüche, die auf Rückgewähr der Leistungen gerichtet sind, die der Pächter für das Erlangen des Inventars im Vertrauen auf den vermeintlich wirksamen Vertrag erbracht hat. Im Fall der Inventarmitverpachtung ist dies insbesondere die vom Pächter dafür geleistete Kaution, im Fall des Inventarkaufes (§ 583a BGB) der Kaufpreis. Verneint man ohne wirksamen Pachtvertrag das gesetzliche Pfandrecht, sind die auf Rückgewähr gerichteten Bereicherungsansprüche allein durch das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB gesichert, das heißt nicht dinglich, ohne Verwertungsbefugnis und auch nicht insolvenzfest27• Der Pächter steht dann allerdings nicht anders als andere Bereicherungsgläubiger im Rahmen der Rückgewähr solcher reinen Austauschleistungen, beispielsweise also der Käufer beim nichtigen durchgeführten Kaufvertrag oder der eine Kaution leistende Mieter beim entsprechenden Mietvertrag. Solche auf Rückgewähr einer Leistung Daraus verweist zutr. Henke a. a. 0 . (Fn. 7) S. 14. Vgl. MüKo-BGB/ Voelskow § 583 Rn. 2 und auch die Nachweise in Fn. 20. 27 Auch die Kaution ist keine "Verwendung" auf das Inventar, kommt sie diesem doch nicht zugute. Zum Verwendungsbegriff ausführlich unten ab S. 215. 25
26
II. Pächterpfandrecht
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gerichteten Bereicherungsansprüche genießen keine Privilegierung und es gibt keinen Grund, dies beim unwirksamen Pachtvertrag anders zu sehen. Auch bei diesem gilt, daß demjenigen, der im Vertrauen auf einen nichtigen Vertrag leistet, ein rechtlich vorgegebenes Risiko belassen wird. Das zeigt sich schon damit, daß ein Anspruch nicht um jeden Preis aufrecht erhalten wird (vgl. nur § 818 BGB) und weiter darin, daß der "Normalfall" des § 812 BGB ohne dingliche Berechtigung (sondern allein mit § 273 Abs. 1 BGB) auskommen muß. Letzteres ist nur ausnahmsweise dann anders, wenn der Leistende z. B. sein Eigentum behält. bb) Verwendungen auf das Inventar Besser steht der Pächter trotz unwirksamen Vertrages, wenn er Verwendungen auf die überlassenen Inventargegenstände gemacht hat und diesen Aufwand ersetzt verlangt haben möchte. Beim unwirksamen Pachtvertrag spielt dabei dann keine Rolle, ob eine Inventarrnitverpachtung, eine Übernahme des Inventars zum Schätzwert oder ein Inventarkauf geplant gewesen ist; in jedem dieser Fälle hat er grundsätzlich (vorbehaltlich sinnvoller Verwendungen im Sinne von§§ 994 ff. BGB einerseits und §§ 582 Abs. 2 S. 2, 582a Abs. 2 BGB andererseits28 ) Ansprüche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis. Anders als in dem zuvor behandelten Fall des Werkunternehmers tätigt er hier den Aufwand auch nicht als "Leistung" an den Verpächter, so daß auch die den Verwendungsbegriff insoweit einschränkende Auffassung hier keine Vorbehalte haben dürfte29. cc) Eigene Anschaffungen des Pächters Der Ausgleichsanspruch nach § 582a Abs. 3 BGB besteht als solcher im übrigen ohnehin nur bezüglich der Erhaltungsaufwendungen für das direkt vom Verpächter überlassene Inventar (nebst Erzeugnissen). Ergänzt der Pächter den Bestand durch Neuanschaffungen, an denen bei einem wirksamen Vertrag der Verpächter Eigentum erwerben würde(§ 582a Abs. 2 BGB), wird beim unwirksamen Pachtvertrag eine entsprechender Übergang verneint werden müssen: Die Unanwendbarkeit des § 582a Abs. 2 BGB - ohne wirksamen Pachtvertrag - ergibt sich aus der Funktion der Norm. Das Gesetz stellt diese abweichende Möglichkeit zur sachenrechtliehen Gestaltung gerade abhängig von der wirksamen Wahl dieser Inventarüberlassungsform zur Verfügung.
28 Die Einschränkungen des vermeintlichen Besitzrechtes entfalten nach h.M. auch im Rahmen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses Wirkung, vgl. Staudinger /Gursky Vor §§ 994-1003 Rn. 36 ff. und unten S. 211. 29 So Staudinger/Gursky Vor§§ 994 - 1003 Rn. 36, 56; zur überzeugenderen Gegenmeinung noch ab S. 212.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme - B. Entstehung der Verwertungsrechte
Kommt damit ein Eigentumserwerb des Verpächters an den Neuinvestitionen nach § 582a Abs. 2 BGB nicht in Frage, wäre noch statt dessen an einen rechtsgeschäftliehen Übergang auf den Verpächter zu denken. Ein Direkterwerb von dem an den Pächter liefemden Verkäufer scheitert dabei regelmäßig an dessen fehlendem Übereignungswillen. Denkbar wäre daher nur ein Durchgangserwerb mit einer Weiterübereignung des Pächters an den Verpächter gern. § 930 BGB 30• In diesem Sinne (wenn auch in anderem Zusammenhang) hat Heck vertreten, daߧ 582a Abs. 2 BGB (damals noch entsprechend geregelt in § 588 Abs. 2 S. 2 BGB) konstruktiv ohnehin nur als eine Form des § 930 BGB mit antizipierter Einigung anzusehen sei31 • Dem wurde mit dem zutreffenden Hinweis widersprochen, daߧ 582a Abs. 2 S. 2 BGB keinen bei Einverleibung vorhandenen Übereignungswillen voraussetze2. Es ist - unabhängig von der Wirksamkeit des Pachtvertrages - durchaus nicht davon auszugehen, daß bei der Inventareinverleihung der Pächter dem Verpächter überhaupt Eigentum verschaffen und für diesen besitzen will. Der Pächter wird häufig vielmehr gerade in Kenntnis der Abwicklungsmodalitäten das Inventar als "seines" ansehen (besonders, wenn es neu hinzukommt). Beim wirksamen Vertrag ist er auch trotz entgegenstehenden Willens durch § 582a Abs. 2 S. 2 BGB durchaus vertragstreu, beim unwirksamen muß bzw. kann er das nicht sein. Wenn man daher davon ausgeht, daß der Pächter bei einem unwirksamen Pachtvertrag durch Inventarneuanschaffungen das Eigentum des Verpächters nicht mehrt, ist ein weiteres Argument für ein trotz Nichtigkeit bestehendes Pfandrecht entfallen. dd) Ergebnis Es ist daher nicht einmal ein echter Bedarf für ein Pächterpfandrecht ohne wirksamen Pachtvertrag ersichtlich. Für die zugunsten des Verpächtereigentums gemachten Verwendungen genügen die §§ 994 ff. BGB, wenn sie auch hier- sachgerecht - weniger weit reichen. Für die dann noch verbleibenden Ansprüche auf zurückzugewährende Leistungen erscheint eine Privilegierung gegenüber den üblichen (Nichtigkeits-)Fällen derartiger Austauschverhältnisse nicht begründbar. 3. Sicherungsobjekt
a) Grundstücksinventar im Besitz des Pächters
Taugliches Sicherungsobjekt des § 583 BGB sind alle Inventargegenstände, die sich im Besitz des Pächters befinden. Der Kreis der Sicherungsobjekte wird damit Jo Natürlich nur denkbar, wenn die die Nichtigkeit des Pachtvertrages hervorrufende Ursache nicht automatisch auch diese Übereignung verhindert (so aber z. 8. bei dauerhafter Geschäftsunfähigkeit eines Partners o.ä.). 31 Heck Sachenrecht§ 62 Anm. 9. 32 So insbesondere Wolf!/ Raiser § 76 li u. III (m. w. N.); Westernrann §56 Anm. 2.
ß. Pächterpfandrecht
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- insofern wie beim Werkunternehmer - auf bewegliche Sachen33 und den notwendigen Besitz34 des Pächters beschränkt. Die Begrenzung ist aber durch die Festlegung auf das "Inventar" noch enger. Der Begriff .,Inventar" ist im Pachtrecht nicht definiert. Ob die Bindung des Pfandrechtes an diesen Terminus besonders glücklich ist, wird man bezweifeln können. Zum einen, weil er - mit rechtlicher Relevanz - durchaus verschieden belegt sein kann, zum anderen, weil die mit ihm als Voraussetzung für § 583 BGB getroffene Einengung nicht überzeugend erscheint. aa) Inventarbegriffe Die begrifflichen Schwierigkeiten lassen sich schnell verdeutlichen. Der Terminus deutet für Juristen auf§ 98 BGB hin, der eine Erläuterung bietet, was "gewerbliches" und "landwirtschaftliches" Inventar35 ist. Diese Norm steht allerdings im Kontext sachenrechtlich geprägter Begriffsbestimmungen (§§ 90 ff. BGB): Das Gesetz ordnet dort Inventar einer Immobilie zu, und dient zur Bestimmung dessen, was -je nach Nutzungsart derselben differenzierend - als "Grundstückszubehör" (§ 97 BGB) anzusehen ist. Als solches ist es in bestimmten Zusammenhängen dem Grundstück rechtlich zuzuordnen, gilt z. B. bei der Veräußerung des Grundstücks als mitveräußert (§§ 926, 314 BGB) oder- als weiteres Beispiel- ist von der Hypothekenhaftung (§ 1120 BGB) umfaßt. Der Begriff erhält dadurch eine Ausrichtung, die für das Pachtrecht nicht immer paßt. Anerkannt ist insofern, daß der Terminus in den §§ 582 ff. BGB daher mitunter weiter sein kann als in § 98 BGB 36• Für den Regelfall ist § 98 BGB für die Begriffsbestimmung in § 583 BGB trotzdem eine Hilfe. Ein sich davon teilweise sehr unterscheidender Inventarbegriff kann sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch ergeben. Danach werden zum .,Inventar" alle zu einer Hauptsache (nicht notwendig einem Grundstück, oft auch einem Unterneh33 Immobilien u. Rechte sind schon begrifflich kein Inventarstücke (Wortlaut § 583 BGB); im Pachtrecht beschränkt man Inventar insgesamt auf Sachen, vgl. Faßbender I Hötzel/Lukanow § 582 Rn. 4 ff., 12. 34 Allgemeine Meinung, vgl. den Wortlaut von§ 583 BGB. 35 Der Terminus selbst wird zwar nicht explizit erwähnt, gleichwohl wird § 98 BGB nach dem juristischen Allgemeinverständnis so verstanden, vgl. die (seit 2002 sogar amtliche) Überschrift der Norm (z. B. in Schönfelder oder Palandt). 36 Z. B. gehören nach § 98 Nr. 2 BGB landwirtschaftliche Erzeugnisse nur zum Inventar, soweit sie wieder als neues Saatgut für die nächste Ernte erforderlich sind, Palandt/ Heinrichs § 98 Rn. 4 m. w. N. Auf eine Notwendigkeit für den Betrieb kommt es für den Inventarbegriff in den§§ 582 ff. BGB nicht an, ebenso Faßbender/Hötzel/Lukanow § 582 Rn. 8. Im Pachtrecht wird der Begriff sogar auf Bestandteile im Sinne von §§ 93 f. BGB erweitert, Faßbender/Hötzel/Lukanow § 582 Rn. 4; Jauemig/Teichmann §§ 582-583a Rn. 3; dies ist gerade mit Blick auf das Pächterpfandrecht (als besonderes Recht i.S.v. § 93 BGB) zweifelhaft.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme - B. Entstehung der Verwertungsrechte
men) zählenden Einrichtungs- oder Vermögensgegenstände gezähle7 • Die Parteien von Pachtverträgen (gerade bei der Unternehmenspacht) sprechen oft in diesem Sinne von "Inventar" und meinen eben alle dem Unternehmen als Bezugsobjekt zu Betriebszwecken überlassenen Gegenstände. Ein so gefaßter Begriff kann rechtlich von Bedeutung sein, wenn Pächter und Verpächter im Vertrag dazu Regelungen vornehmen. Für das Pächterpfandrecht (und die §§ 582 ff. BOB) wird der Begriff aber in engerer, doch eher an§ 98 BOB erinnernder Weise zu bestimmen sein (für Forderung und Objekt). Der Wortlaut des § 583 BOB gibt vor, daß im Sinne dieser Norm nur das Inventar des Bezugsobjektes "Grundstück" als Sicherungsobjekt anzusehen ist38, in dem der Anwendungsbereich auf den "Pächter eines Grundstücks " beschränkt wird und er von dem "mitgepachteten" Inventar spricht39 . Dies bedeutet, daß bei Pachtverträgen ohne Grundstücksüberlassung § 583 BOB nicht anwendbar ist40, und weiter, daß im Falle einer Immobiliarüberlassung ein im Vertrag eventuell anders bestimmter Inventarbegriff für das Pfandrecht unerheblich bleibt, weil nämlich nach § 583 BOB stets nur das Grundstücksinventar betroffen ist. Als Zwischenergebnis kann festgehalten werden, daß der Inventarbegriff des Pachtrechtes von dem weiter gefaßten des allgemein-sprachlichen Verständnis zu unterscheiden ist und eher dem enger gefaßten Verständnis des § 98 BOB nahekommt. Allerdings kann selbst insofern nicht immer eine Gleichsetzung erfolgen. Dies wird auch bei den für §§ 582 ff. BOB üblichen Definitionen deutlich, die - so oder ähnlich - als pachtrechtliches Inventar die zur Betriebsführung auf einem Grundstück bestimmungsgemäß dienenden und im räumlichen Zusammenhang mit dem Grundstück stehenden Sachen bezeichnen41 . bb) Bestimmung im Einzelfall Aus dieser Begriffswahl des Pachtrechtes ergeben sich zum einen Abgrenzungsschwierigkeiten, zum anderen muß man an der Zweckmäßigkeit dieser Grundstücksbindung zweifeln: Bei der Pacht landwirtschaftlicher Betriebe (Landpacht §§ 585 ff. BGB42) ist die Grundstücksnutzung immer prägend, so daß die Betriebsmittel stets auch der grundstücksbezogenen Betriebsführung dienen. Bei der ge37 Vgl. so der Duden. Das Verzeichnis aller überlassenen Gegenstände heißt z. B. "Inventarverzeichnis" oder nur ,Jnventar" und kann sogar Verkaufswaren umfassen. 38 Und natürlich nur darauf bezogene Forderung gesichert werden. 39 So zwar ausdrücklich nur in bezug auf die Forderung, es erscheint aber eindeutig, daß § 583 BGB nicht zwei verschiedene Inventarbegriffe verwendet. 40 Eine "Landpacht" i.S.v. §§ 585 ff. BGB ist dagegen nicht erforderlich, wie sich schon aus der systematischen Stellung ergibt (allgem. Meinung): Lange/Wulff/ Lüdtke-Handjery § 583 Rn. 10m. w. N. 41 Palandt/Putzo § 582 Rn. 2, Faßbender/Hötzel/Lukanow § 582 Rn. 4 m. w. N. 42 Näher zu den Begriffen noch S. 259.
II. Pächterpfandrecht
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werblichen Unternehmenspacht kommt es dagegen vor, daß die Grundstücksüberlassung eine nur wirtschaftlich mehr oder weniger unbedeutende Leistung am Rande des Vertrages ist. Dann ist die Frage zu klären, ob und welche Gegenstände "mitgepachtetes Inventar" des Grundstücks im obigen Sinne sind. Für das ähnliche Problem in § 98 Nr. 1 BGB werden Unternehmensgegenstände dann als "dem Grundstück dienend" angesehen, wenn auf dem Grundstück der wirtschaftliche Schwerpunkt der gewerblichen Tätigkeit erfolgt und die betreffenden Sachen dauerhaft zur Durchführung dieser Tätigkeit bestimmt sind43 • Dies wird man entsprechend auf § 583 BGB übertragen müssen, will man dem Wortlaut (mitgepachtetes Inventar zum Grundstück) Rechnung tragen: Ist Pachtgegenstand z. B. eine Fabrikanlage, in der Textilien gefertigt werden, werden die gesamten zur Anlage gehörenden Maschinen als Inventar angesehen und weitergehend ebenso die für den Betrieb nötigen Fahrzeuge44• Lkw zum An- und Abtransport sind selbst dann "Grundstücksinventar", wenn sie - wie für Fahrzeuge die Regel - nur unregelmäßig auf dem Grundstück sind. Die zum Betrieb der Anlage nötige Ausstattung ist "mitgepachtetes Inventar" zum Grundstück, auch wenn der Betrieb im engen Sinne - anders als bei der Landwirtschaft - keine Nutzung aus dem Boden selbst zieht. Man betrachtet das Grundstück in seiner konkreten Nutzungsform (z. B. als Fabrikgrundstück), und prüft danach, was dazu dienendes Inventar ist. Der Pächter hat in diesen Fällen (bei grundstücksbezogenen Gewerbetätigkeiten) also viele Objekte zur Sicherung zur Verfügung. Ganz anders, wenn das Grundstück nicht derart im betrieblichen Mittelpunkt steht. Als Beispiel dient die BGH-Entscheidung vom 2. 11. 198245 (zu §§ 97 f., 1135 BGB), in der es um ein Transportunternehmen ging, das von einem Betriebsgrundstück aus den Fuhrbetrieb mit eigenen Fahrzeugen organisierte. Der BGH entschied, daß bei einem auf Gütertransport ausgerichteten Betrieb der wirtschaftliche Mittelpunkt nicht auf dem Grundstück - sondern "im Straßen- und Wegenetz" - liege. Als Folge davon sei dieses Grundstück nicht geeignet, Hauptsache für das Betriebsinventar zu sein. Übertragen auf § 583 BGB folgt daraus, daß dann, wenn das Grundstück nicht betrieblicher Mittelpunkt ist, das Unternehmensinventar- und hier insbesondere die Fahrzeuge - als Objekt des § 583 BGB ausscheidet. cc) Kritik Für das Pächterpfandrecht ist diese Differenzierung alles andere als überzeugend. Das Anknüpfen an die Grundstücksüberlassung als Voraussetzung für das In43 BGHZ 62, 49 ff. v. 14. 12. 1973; BGHZ 85, 234 ff. v. 2. 11. 1982; Palandt/ Heinrichs § 98 Rn. 1 ff. 44 Vgl. BGH v. 22. 10. 1980 WM 1980, 1383 ff. (Fahrzeugpark zum An- und Abtransport); Palandt/ Heinrichs§ 97 Rn. 12m. w. N. 45 BGHZ 85, 234 ff. 8 Bechtloff
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
ventarpfandrecht ist zwar historisch nachzuvollziehen - denn Pacht war noch vor 100 Jahren fast durchweg Landpacht -, aber teleologisch verfehlt. Vom Sicherungsbedürfnis her gesehen macht es keinen Unterschied, ob die gepachtete Hauptsache ein Grundstück oder ein Unternehmen mit Betriebsmittelpunkt auf einem Grundstück oder ein grundstücksloses Unternehmen ist. Natürlich gibt es ohne Grundstücksüberlassung keinen Ansprüche aus § 582a BGB, denn dieser ist - mit seinen sachenrechtliehen Sonderbestimmungen - gleichfalls auf die Grundstückspacht beschränkt. Alle anderen inventarbezogenen Ansprüche des Pächters (also z. B. im Falle von Inventarmitverpachtung), die ansonsten durch § 583 BGB gesichert sind, haben aber außerhalb der grundstücksbezogenen Pacht einen entsprechenden Anwendungsbereich. Auch der Gedanke der Werterhöhung ist nicht auf "grundstücksbezogenes" Inventar beschränkt, sondern paßt gleichfalls auf jedes Inventar im allgemein-sprachlichen Sinne: Läßt der Pächter der bezeichneten Textilfabrik die Fahrzeuge instand setzen, weil der Verpächter seiner Pflicht dazu nicht nachkommt, ist sein Ersatzanspruch gesichert. Der Pächter des Transportunternehmens bleibt bei gleicher Ausgangslage ohne Pfandrecht, obwohl er auf ganz gleiche Weise wertschaffend tätig wird. Das Grundstück hat im Rahmen des § 583 BGB auch keine Funktion für den Verkehrsschutz46 , denn diese übernimmt hier der Besitz des Pächters. Zuletzt ist die Grundstücksbindung nicht mittels der entsprechenden Berechtigung des Vertragspartners zu erklären (vgl. schon oben 11.1.). Im Ergebnis ist die Bindung des Pfandrechts an die Grundstücksüberlassung daher abzulehnen. Während die Objektbegrenzung bei§ 647 BGB ("hergestellt und ausgebessert") als zumindest typisierter Ausdruck der Konstituierungserwägung verstanden werden konnte, ist eine solche Erklärung für die Begrenzung auf das Inventar nicht mehr erkennbar. Gleichwohl ist der einen Grundstücksbezug fordernde Wortlaut so eindeutig, daß man sich de lege lata nicht darüber hinwegsetzen kann47 . Nur im Rahmen einer teleologischen Auslegung wird man dies in engen Grenzen berücksichtigen können: So muß man im Beispielsfall des gepachteten Transportunternehmens das Vorliegen von "Inventar" im Sinne von § 583 BGB nicht vollständig verneinen (so daß es weder gesicherte Forderungen noch Sicherungsobjekte gebe). Statt dessen kann man die in direktem Zusammenhang mit dem Gebäude stehenden Sachen (z. B. die Gebäudeausstattung wie Mobiliar, aber auch Werkstatt und Ladegerät) weiter als Bezugsobjekt ansehen, wenn man eine mehrstufige Zuordnung vornimmt48: Man denke an den Fall, daß ein Unternehmen ohne grundstücksbezogenen Schwerpunkt zwar die pachtvertragliche Hauptsache ist, aber ein Grundstück zumindest mitgepachtet wurde. Für Sachen des Unternehmens, die einen engen Bezug zu diesem Grundstück haben, kann man dann eine Zuordnung nicht nur Anders z. B. bei§ 592 BGB (u. a. Einbringungspfandrechten}, vgl. S. 224 ff., 256 ff. Zur Analogie bei den gesetzlichen Verwertungsrechten ausführlich S. 516 ff. 48 Selbst das kann man - gestützt auf die BGH-Argumentation - anders sehen, indem man vertritt, daß, wenn das Grundstück nur vertragliche Nebensache ist, es überhaupt kein dazu mitgepachtetes Inventar gibt. 46 47
II. Pächterpfandrecht
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zum Unternehmen, sondern - in zweiter Stufe - zum Grundstück vornehmen. Sie gelten dann als mitgepachtetes Inventar (auch) der Immobilie und ermöglichen dem § 583 BGB hier noch einen Anwendungsbereich. b) Erwerb vom Nichtberechtigten
Nach ganz herrschender Meinung ist es eine Besonderheit des § 583 BGB, daß das Pächterpfandrecht an jedem Inventar, unabhängig von der Eigentumslage an den Sachen, entsteht49 • Ganz anders als beim Werkunternehmer kommt es nach dieser Auffassung damit nicht auf eine besondere Vorstellung des Pächters, also etwa auf seinen guten Glauben an das Eigentum des Verpächters oder dessen Verfügungsberechtigung an50, sondern wird tatsächlich generell eine Belastung von (sogar abhanden gekommenem) Dritteigentum angenommen. aa) Wortlaut im systematischen Vergleich Letztlich gibt es zwei Gründe, die für diese These angeführt werden. Zum einen wird auf den Wortlaut der Norm verwiesen. Dieser besagt zwar aus sich heraus nichts über eine erforderliche - wie auch immer geartete - Eigentumslage am erfaßten Inventar. Im Rahmen einer systematischen Auslegung kann man allerdings erkennen, daߧ 583 BGB sich insofern von den anderen gesetzlichen Pfandrechten des BGB unterscheidet, als er nicht von den Sachen des Schuldners, hier also den Inventarstücken "des Pächters" spricht51 • Es könnte also sein, daß das Gesetz für § 583 BGB einen weiteren Bereich von Gegenständen erfassen wollte und daher den sonst vorgenommenen beschränkenden Einschub wegließ. Blickt man allerdings über das BGB hinaus, muß man relativierend festhalten, daß die HOB-Pfandrechte (auch schon bei Einführung des BGB), wie § 583 BGB, allesamt ebenso unspezifiziert von "dem Gut" sprechen (bzw. sprachen), und man dort einen Erwerb an Dritteigentum nur über§ 366 Abs. 3 HGB zuläßt52• Dieses Argument hat daher ersichtlich wenig Überzeugungskraft
49 BGHZ 34, 153, 157 vom 21. 12. 1960 (NJW 1961,502 ff.); Staudinger I Wiegand § 1257 Rn. 6; Palandt/ Putzo § 583 Rn. 2; Staudinger /\~ Emmerich § 583 Rn. 5; MüKo-BGB I Voelskow § 583 Rn. 2; Jauemig/Teichmann §§ 582 - 583a Rn. 4; a.A. nur Fuchs S. 369 f., Röske S. 36 und insb Henke AcP 161, I, 13 ff. (m. w. N. zur h.M. aus älterer Lit.). 50 Der BGH hat diese These in der Entscheidung vom 21. 12. 1960 (Fn. 49) daher als Argument dafür benutzt, daß der Besitz des Pfandgläubigers keine Parallele zum Vertragspfand rechtfertigt; vgl. S. 157: kein Gutglaubensschutz beim Pächter, weil der sogar bösgläubig sein Recht erwirbt. 51 Vgl. den Wortlaut des§ 647 ("Sachen des Bestellers") und entspr. den der§§ 559, 592, 704BGB. 52 Siehe näher bei den kaufmännischen Pfandrechten, insb. ab S. 135. 8*
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
bb) Schutz vor Vindikation? Das Hauptargument der herrschenden Auffassung stützt sich auf jene - schon oben zitierte53 - Passage, nach der das Pfandrecht gerade "Schutz vor Vindikationsansprüchen Dritter" bieten solle. Dies scheint einen Erwerb des Rechtes auch an Dritteigentum zu implizieren. Ohne weitere Diskussion - und insbesondere ohne Auseinandersetzung mit der Gegenauffassung - wird auf dieser Grundlage auf "die Besonderheit" des Pfandrecht nach § 583 BGB verwiesen, das eben stets auch an Dritteigentum entstehe. Henke hat demgegenüber dargelegt, daß dieses historische Zitat durchaus auch anders verstanden werden kann54 : Nach seiner Meinung war mit diesem Zitat in den Protokollen der zweiten Kommission nicht ein Schutz des Pächters generell vor allen Vindikationsansprüchen, sondern nur vor den Vindikationsansprüchen der "Rechtsnachfolger" des Verpächters gemeint. Noch nach dem ersten Entwurf hätte der Pächter im Falle eines Verkaufes durch den Verpächter in bestimmten Konstellationen dem Käufer ohne Pfandrecht seine Ansprüche nicht entgegenhalten können (es galt noch "Kauf bricht Miete"). Die zweite Kommission hat zwar diese Rahmenbedingungen geändert (vgl. heute §§ 986 Abs. 2, 571 BGB), aber diese Änderungen bei der Argumentation zum Pächterpfandrecht nicht berücksichtigt. Das Zitat basiert nach Henke daher auf einem Fehlverständnis der Kommission von der selbst geschaffenen Rechtslage. Sein Hinweis, daß sich die Kommission bei ihrer Beratung auf die Normen des ersten Entwurfes bezogen habe, besagt allerdings nicht, daß man deswegen falsche Vorstellungen über die Rechtslage gehabt hat55 . Sicher muß man grundsätzlich vorsichtig damit sein, als Erklärung von Aussagen der Gesetzesverfasser diesen Fehlvorstellungen zu unterstellen. Gleichwohl gibt es hier für einen solchen zumindest Anhaltspunkte, weil das Zitat auch unschlüssig ist, wenn man der herrschenden Meinung folgt. Ein Schutz vor Vindikation (!) durch § 583 BGB kann nicht funktionieren. Die Untauglichkeit des Pfandrechtes, den Besitz des Pächters während der Pachtzeit zu sichern, ergibt sich -wie dargelegt- jedenfalls aus § 583 Abs. 2 BGB, nach dem das Pfandrecht durch Sicherheitsleistung immer abgewendet werden kann. Die Befugnis zur Sicherheitsleistung steht nach dem Wortlaut zwar nur dem Verpächter zu; wenn aber dieser gegenüber dem Eigentümer zur Herausgabe verpflichtet ist, kann auch der Eigentümer- zumindest gegen Sicherheitsleistung - seinen Vindikationsanspruch durchsetzen. Das Zitat der zweiten Kommission ist damit inhaltlich jedenfalls unzutreffend, denn - wie die Vorstellung auch immer war - das Pfandrecht muß oder kann die Herausgabepflicht nicht verhindern. Geschützt werden kann der Pächter also ohnehin nur hinsichtlich seines Wertinteresses, d. h. sein Interesse an Entschädigung in Geld. 53 54 55
Vgl. oben Fn. 14. Henke a. a. 0 . (Fn. 17) insb. aufS. 15 f. So aber Henke a. a. 0. (Fn. 17) in seiner Fn. 82.
II. Pächterpfandrecht
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cc) Rechtfertigung durch Sondersituation des Pächters? Daß der Pächter gegenüber allen Dritten diese Anspruche durchsetzen können soll, ist nicht nur aus den Motiven nicht ersichtlich, sondern wäre weiter sachlich unverständlich. An einem Beispielsfall ist dies zu verdeutlichen. Erhält der Pächter eine Sache vom Verpächter als Inventar, die einem dritten Eigentümer abhanden gekommen ist (z. B. gestohlen wurde), wird man auf Basis der herrschenden Auffassung gleichwohl die Entstehung des Pächterpfandrechts annehmen müssen. Der Eigentümer kann diese Sache dann- siehe oben- heraus verlangen, muß aber u.U. insbesondere wenn der Verpächter insolvent ist - dem Pächter wegen dessen inventarbezogener Anspruche bis zum Wert der Sache Sicherheit leisten. Der Einsatz als verpachtetes Inventar wäre bei dieser Sichtweise über § 583 BGB die im deutschen Privatrecht wohl schnellste Möglichkeit, abhanden gekommene Sachen rechtlich so zu beeinträchtigen, daß dies wirtschaftlich einer Enteignung gleichkommt56. Will man das tatsächlich annehmen, wird man die Frage beantworten müssen, wie ein solcher legislatorischer Eingriff zu rechtfertigen ist. Warum soll der Pächter für seine schuldrechtlichen Anspruche gegenüber dem Verpächter Sicherungsobjekte außensteheoder Dritter verwerten können? Pächter sind keine besondere Spezies, die sich von allen anderen so unterscheidet, daß man für sie ein Privileg schafft, das zu Lasten unbeteiligter Dritter wirken müßte. Ihre Ausgangssituation ist vielmehr mit anderen Personen - z. B. Mietern - durchaus vergleichbar. Tatsächlich wäre § 583 BGB - legt man das Verständnis der herrschenden Meinung zugrunde - eine markante Ausnahme bei den gesetzlichen Verwertungsrechten. Es gibt zwar noch andere gesetzliche Pfandrechte, die am Eigentum von Nichtschuldnern entstehen können und dabei nicht von einem "guten Glauben" des Pfandgläubigers abhängen. Bei diesen bestehen dann aber - was noch im einzelnen gezeigt wird - echte Sondersituationen (aus der Entstehungslage oder dem Sicherungsobjekt), auf Grund derer die ungewöhnliche Gestaltung erklärt und gerechtfertigt werden kann57• Beim gutgläubigen Erwerb von Pfandrechten kann man als Rechtfertigung für die Belastung von Dritteigentum auf die Schutzwürdigkeit des Begünstigten (aufgrund des guten Glaubens) und das "freiwillig-aus-der-Hand-Geben" des Belasteten (denn ein gutgläubiger Erwerb bei abhanden gekommenen Sachen ist ausgeschlossen) verweisen. Gleichwohl zeigte die Diskussion beim Werkunternehmer, daß es trotzdem Bedenken gegen eine solche Rechtfertigung gab58, so daß man 56 Für §§ 937 ff. BGB bedarf es langer Fristen, bei den §§ 946 ff. zumindest gewisser Umwandlungen. 57 So bei den Schiffsgläubigerrechten (Sonderobjekt Schiff, dazu S. 361 ff.) und- nur in Ausnahmefällen - beim Rettungskostenpfandrecht 58 Henke a. a. 0. (Fn. 17) lehnt daher bspw. den gutgläubigen Erwerb beim Pächterpfandrecht ab.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
dort sogar den gutgläubigen Erwerb ausschloß. Für das Pächterpfandrecht kann sich die herrschende Meinung auf diese Rechtfertigung aber nicht einmal stützen, weil es für sie auf den guten Glauben des Pächters (sein Vertrauen) ebensowenig wie auf die "freiwillige Besitzaufgabe" beim Eigentümer ankommen soll, man also sogar den ersichtlich weniger Schutzwürdigen sichert. Wahrscheinlich würde die herrschende Meinung beim wirklich bösgläubigen Pächter - trotz Entstehung des Pfandrechtes - ebenso eine Sicherung versagen: Das ungewünschte Ergebnis Schutz des Bösgläubigen -ließe sich auch verhindern, in dem sie - als universelles Hilfsmittel- auf einen "dolo agit"-Einwand und deliktische Gegenansprüche des Eigentümers verweist. Dieser Weg ist jedoch unnötig kompliziert und versagt überdies bei nur "abhanden gekommenen" Sachen. dd) Rechtfertigung aus Wertschaffung? Selbst wenn man bedenkt, daß ein wesentlicher Gesichtspunkt bei der Konstituierung des Rechtes die Wertschaffung w~9 , findet man auch darin kein Argument für die herrschende Auffassung. Das Kriterium ist zum einen nicht so einmalig, daß es für den Pächter einen Sonderweg erklären kann (wie wiederum der Rückblick auf das Kapitel zum § 647 BGB deutlich macht60). Zum anderen führte die herrschend angenommene Rechtslage sogar dazu, daß der Pächter auch ohne Wertschaffung am fremden Sicherungsobjekt ein Pfandrecht an diesem erlangt, da§ 583 BGB letztlich die Ansprüche nicht objektbezogen sichert. Jedes Inventarstück haftet nämlich für alle Ansprüche, das des Fremdeigentümers daher z. B. auch für den Kautionserstattungsanspruch. Die Wertschaffung als rechtfertigendes Moment weist vielmehr als Lösung in Richtung eines ganz anderen Rechtes. Im o.a. Beispiel (und in allen Fällen, in denen gegenüber dem Dritten nie ein Rechtsgrund zum Besitz bestand) steht das Pächterpfandrecht nach der herrschenden Auffassung in Konkurrenz zum Eigentümer-Besitzer-Verhältnis mit seinen Verwendungsansprüchen nebst Befriedigungsrecht Macht der Pächter demnach werterhöhende Verwendungen auf die Sache selbst, erlangt er insofern nach §§ 994 ff. BGB eigene Ansprüche gegen den Eigentümer und damit auch gegenüber diesem das zugehörige Verwertungsrecht des Besitzers61 • In dem Augenblick, in dem die Wertschaffung als Rechtfertigung eingreift, braucht man daher kein Recht aus § 583 BGB. Wenn aber diese Wertschaffung mit Bezug auf das in Fremdeigentum stehende Sicherungsobjekt fehlt, ist nicht ersichtlich, wie man den Eingriff in das Eigentum des Dritten, den § 583 BGB darstellt, rechtfertigen soll62 • 59 60 61
62
Siehe schon S. 100 ff., 102. Siehe auch noch näher S. 428 ff. Vgl. weiter beim Befriedigungsrecht des Besitzers S. 199 ff. Zu den verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen vgl. auch S. 560 ff.
II. Pächterpfandrecht
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Nach dem BGH, der sogar auf die §§ 1000 ff. BGB zurückgreift, wenn ursprünglich ein Recht zum Besitz bestand und dieser nur später wegfiel63 , bietet das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis letztlich ohnehin ein stets Sachgerechteres Instrumentarium. Aber auch für die in der Literatur vorherrschende Auffassung, für die das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis als Lösung ausscheidet, wenn einmal ein Rechtsgrund zum Besitz bestand, bedarf es keines derart umfassenden Pächterpfandrechts. Für diese reichen- und insofern gilt das zu § 647 BGB Gesagte- zur Interessenwahrung die zum Werkunternehmerpfandrecht angebotenen Lösungsvarianten. ee) Resümee Letztlich ist es allein sachgerecht, die Entstehung des Pächterpfandrechts im Grundsatz nur an Schuldnereigentum für möglich zu halten und für den Erwerb vom Nichteigentümer im wesentlichen eine Parallele zum Werkunternehmerpfandrecht anzunehmen. Gewisse Besonderheiten ergeben sich nur je nach Form der lnventarüberlassung im individuellen Vertrag: Beim Inventarkauf bedarf es natürlich ohnehin keines Pfandrechtes, da der Pächter Eigentum am Inventar erwirbt, was, wenn der Verpächter Nichteigentümer ist, mitunter auch über§ 185 BGB oder gutgläubig nach §§ 932 ff. BGB erfolgen kann. Wenn die Sachen abhanden gekommen waren, hilft diesem Pächter gewöhnlich das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis in hinreichendem Maße. Bei einer Überlassung des Inventars nach § 582a BGB oder im Wege der Mitverpachtung kann § 932 BGB mangels Übereignung nicht helfen. Es ist m.E. nicht sachgerecht, bei derartigen, wirtschaftlich doch ähnlichen, für Außenstehende von einem Inventarkauf kaum unterscheidbaren Vertragsgestaltung dem Pächter jede Sicherung zu versagen. Als Lösung wäre denkbar, jedenfalls wenn zum Eigentümer kein Rechtsverhältnis besteht, die Regelungen zum Eigentümer-BesitzerVerhältnis anzuwenden. Scheidet eine Anwendung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses aber aus (vgl. zu den Voraussetzungen näher VIII.), stellt sich wie bei § 647 BGB die Frage, ob man nicht über entsprechende Anwendungen der§§ 185 oder 1207 BGB eine funktionell angemessene Sicherung erreichen kann. Dabei gilt auch hier, daß eine Einwilligung des Eigentümers in die Überlassung als Pachtinventar, wie bei § 647 BGB64, als eine überzeugende Basis für dessen Belastung mit dem Pächterpfandrecht erscheint. Und selbst für den gutgläubigen Erwerb scheint hier sogar eher Raum zu sein als beim Werkunternehmer: Wird nämlich dem Pächter Inventar zur regelmäßig doch dauerhaften Nutzung überlassen, ist das eine viel stärkere Basis für einen guten Glauben in das Eigentum des Verpächters 63 BGHZ 34, 122 ff. v. 21. 12. 1960; ausführlich unten ab S. 207, mit Nachweisen auf die Gegenstimmung in der Literatur. 64 Siehe schon S. 92 ff.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
als in der Situation beim Werkvertrag. Der heute herrschenden Auffassung zu § 583 BGB ist jeder dieser Wege im Ergebnis sachlich und methodisch überlegen und sogar der für den (dritten) Eigentümer "schonendere" Ausweg. 4. Praktische Bedeutung
In der Praxis hat das Pächterpfandrecht wohl kaum Bedeutung, denn weder ist Rechtsprechung dazu ersichtlich65 noch wird dem § 583 BGB in der Literatur viel Aufmerksamkeit geschenkt. Die Ursachen dafür ergeben sich, insbesondere während der Laufzeit des Vertrages, teilweise aus dem oben Ausgeführten. Aber auch im originären Anwendungsbereich, d. h. der Abwicklung nach Vertragsbeendigung, hat das Pfandrecht anscheinend jedenfalls nicht insoweit Bedeutung, daß es über die Ausübung zu Prozessen käme. Es ist einzuräumen, daß (auch hier) ein Anwendungsfeld des Pfandrechtes bestehen kann, das ohne gesonderte Erhebung nicht feststellbar ist. Mitunter bedarf es nämlich nicht unbedingt eines Prozesses, sondern es genügt schon der Verweis auf das bestehende Pfandrecht (z. B. auch gegenüber einem Insolvenzverwalter), um die schuldrechtlichen Ansprüche durchzusetzen. Aber selbst wenn man dies beachtet, liegt es näher, die Relevanz das Pächterpfandrechts für gering zu erachten, denn das Zurückbehaltungsrecht dürfte gewöhnlich genügen, um den Verpächter zur Leistung zu zwingen. Dieser ist regelmäßig an der Rückgabe des verpachteten Objekts so stark interessiert, daß eine Blockade zur Durchsetzung von Gegenansprüchen genügt. Rechtlich steht dem Pächter ein Zurückbehaltungsrecht gemäß §§ 556 Abs. 2 i.V.m. 581 Abs. 2 BGB gleichfalls nur an den Inventarstücken und nicht an dem Grundstück zu66 , faktisch ist der Pächter jedoch damit in einer Position wirtschaftlicher Stärke. 5. Vergleichsfalle
Das Pächterpfandrecht ist die einzige geregelte Konstellation des besonderen Schuldrechts, in der jemandem eine Sache zu eigenem Nutzen überlassen wird und dessen Ausgleichsanspruch (oder auch der Ersatzanspruch) durch ein gesetzliches Pfandrecht gesichert ist. Während bei fremdnütziger Sachüberlassung Pfandrechte, wie für den Werkunternehmer schon gezeigt, häufig sind67, werden Vertragsparteien, denen fremde Sachen zu eigenem Nutzen überlassen werden (wie bei Miete 65 Es ist in diesem Jahrhundert keine Entscheidung zu finden, bei der es entscheidungserheblich gewesen wäre. Zitiert wird nur die Entsch. des BGH zum § 647 BGB in BGHZ 34. 66 Der Grund dafür ist, daß die Ansprüche, die sie geltend machen können, wertmäßig wohl immer außer Verhältnis zu der dann zurückbehaltenen Immobilie stehen. Die Mißbrauchsgefahr ist hier so evident, daß man dem Gläubiger das Sicherungsrecht immer versagt. Vgl. MüKo-BGB/ Voelskow § 556 Rn. 21, Jauemig/Teichmann § 556 Rn. 4. 67 Vgl. auch Kommissionär-, Transporteur-, Spediteur- und Lagerhalterpfandrecht.
II. Pächterpfandrecht
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oder Leihe), regelmäßig nur durch das Zurückbehaltungsrecht aus§ 273 BGB oder aus § 369 HGB gesichert. Daß mich § 583 BGB in seiner jetzigen Fassung und Ausrichtung dabei wenig überzeugt, dürfte deutlich geworden sein. Man kann zwar über die geschichtliche Entwicklung und das Begriffsverständnis zu Zeiten der BGB-Formulierung die Hintergründe beleuchten, das ändert aber nichts an einer mißglückten Ausrichtung. Der Ansatz, an eine Grundstücksüberlassung anzuknüpfen, dies wurde bereits oben bei der Erläuterung des Inventarbegriffs deutlich, ist für § 583 BGB nicht unsachgemäß. Auch die Tatsache, daß nur Nebenansprüche des Vertrages -aber nicht Ansprüche hinsichtlich des Hauptpachtgegenstandes - geschützt sind, ist nicht sinnvoll. Man kann zwar nachvollziehen, daß man nicht den Pächter, der nur eine einzelne bewegliche Sache pachtet, mittels eines gesetzlichen Verwertungsrechts schützen wollte, weil dessen Ansprüche - typisiert betrachtet - nicht so bedeutend und er nicht so schutzbedürftig ist. Die heute praktizierte Unterscheidung innerhalb der Unternehmenspacht ist sachlich auch unter diesem Aspekt nicht zu rechtfertigen. Diese Zweifel am Tatbestand des Rechtes haben natürlich Konsequenzen für die Ermittlung von Vergleichsfällen, die man im gesamten Bereich der eigennützigen Sachüberlassung suchen kann. Der wesentliche Blick kann dabei innerhalb des Pachtrechtes verharren: Dort hängt die Sicherung vor allem davon ab, ob und wie sehr ein Grundstück im Mittelpunkt des Vertrages steht. Die als tragend anzusehenden Konstituierungserwägungen beim Pächterpfandrecht (Wertschaffung, besonderes Bedürfnis nach Gläubigerschutz und "exceptio doli"-Gedanke) sind von der Grundstücksüberlassung unabhängig. Es gibt also gerade im Bereich der Unternehmenspacht eine Reihe von Fällen, wo diese Aspekte in gleicher Weise tragfahig sind und gleichwohl § 583 BGB nicht anwendbar ist. Die Tatsache, daß die Norm allerdings auch im übrigen eher als mißlungen anzusehen ist, läßt den Betrachter mehr für eine gesetzliche Überarbeitung (oder sogar Streichung) als für eine entsprechende Anwendung plädieren. Weiter könnte man auch über Vergleichsfalle im Mietrecht nachdenken, so etwa an Grundstücks- oder Geschäftsraummieter oder im ungeregelten Bereich an Franchisenehmer mit strukturähnlichen Vertragskonstellationen. Auch hier gibt es Nutzer, die "Inventar mit überlassen" bekommen, und entsprechend mit Bezug auf das Inventar Ansprüche erlangen. Bei dem Vergleich dieser Verträge mit dem Pachtrecht kann man als Rechtfertigung für das allein im Pachtrecht vorgesehene Pfandrecht erwägen, daß der Pächter - anders als reine Grundstücksmieter - einen Unternehmerischen Zweck verfolgt. Zu dessen Erreichung ist der Pächter vielfach gezwungen, Aufwendungen zu tätigen, die nach der Abwicklung dem Vertragspartner zugute kommen. Solche "strukturellen Unterschiede" gibt es aber nicht mehr bei der Geschäftsraummiete oder bei Franchising-Konstellationen. Löst man sich beim Pfandrecht im Pachtrecht vom Grundstücksbezug wird das Spektrum ähnlicher, ungesicherter Fälle natürlich noch größer.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
III. Kommissionärpfandrecht Während sich die Besitzpfandrechte des BGB auf die beiden zuvor behandelten Fälle beschränken (zu den Einbringungspfandrechten des BGB später unter IX. ff.), gibt es im Bereich der Handelsgeschäfte des HGB weitere an den Besitz gekoppelte Pfandrechte. In der Reihenfolge der HOB-Paragraphen stößt man dabei zunächst auf das Pfandrecht des Kommissionärs in§ 397 HGB, das dieser vor allem wegen seiner Aufwendungs- und Provisionsansprüche gegenüber dem Kommittenten hat. Das Pfandrecht des Kommissionärs zeigt, daß es mitunter auch dienstvertraglich geprägte Verträge mit pfandrechtlicher Besicherung gibt. Je nach Ausgestaltung im Einzelfall ist der Kommissionsvertrag - als eine besondere Form des Geschäftsbesorgungsvertrages- nämlich dienst- oder werkvertraglich oder auch als Mischform von beiden geprägt1. Die Einordnung folgt den Kriterien, die auch sonst für die Abgrenzung der beiden Typen verwendet werden2 • Für das Pfandrecht spielt diese aber gerade keine Rolle, solange nur überhaupt ein Kommissionsvertrag vorliegt. Hervorzuheben ist außerdem, daß ohne § 397 HGB, d. h. nach den subsidiären Grundregeln des BGB, in beiden Fällen der Gläubiger kein gesetzliches Verwertungsrecht hätte. Das Dienstvertragsrecht gern. §§ 611 ff. BGB kennt ohnehin kein gesetzliches Pfandrecht. Im Werkvertragsrecht gern. §§ 631 ff. BGB gibt es zwar das Werkunternehmerpfandrecht; das aber greift nur bei ,,hergestellten oder ausgebesserten" Sachen3 , nicht also bei anzukaufenden oder zu verkaufenden Sachen im Sinne von § 383 HGB. 1. Rechtfertigende Erwägungen
Die mit § 397 HGB verfolgten Zwecke entsprechen in weiten Teilen denen der beiden vorher behandelten Rechte, insbesondere den beim Werkunternehmerpfandrecht erwähnten. Der Kommissionär ist wie der Werkunternehmer vertraglich Vorleistender (§ 396 Abs. I S. 1 HGB) und hat insofern ein Sicherungsdefizit Aus der Natur der Kommission heraus ist dieses sogar besonders eklatant, weil der Kommissionär die Geschäfte (typischerweise Käufe und Verkäufe) für Rechnung des Kommittenten, aber im eigenen Namen abschließt und deswegen im Verhältnis t Was dabei der "Regelfall" des Kommissionsvertrages ist, ist str.: Für Werkvertrag z. B. RGZ 71, 76, 78 v. 17. 4. 1919; Heymann/ Hermumn § 383 Rn. 6; für Dienstvertrag z. B. Schlegelberger/ Hefermehl § 383 Rn. 37; Canaris HR23 § 32 Rn. 3; nach Laufzeit differenzierend Baumbach I Hopr0 § 383 Rn. 6. Nach Einzelfällen differenzierend K. Schmidt HR5 § 31 III 3a; Staub/ Koller§ 383 Rn. 58 f. 2 Entscheidend ist, welche anzuwendende Norm dem Parteiwillen im Einzelfall am ehesten entspricht (überzeugend K. Schmidt HR5 § 31 III 3a), wenn dies auch praktisch schwer feststellbar ist. 3 Siehe schon S. 83 ff.
III. Kommissionärpfandrecht
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zu den jeweiligen Dritten mit umfangreichen Pflichten belastet wird. Das Pfandrecht sichert allerdings nicht nur die insoweit besondere Aufwendungsersatzforderung, sondernjede Vertragsforderung (näher noch sogleich 2.). Versucht man zu ermitteln, warum der Kommissionär über ein Zuriickbehaltungsrecht hinaus weitergehend mit einem Verwertungsrecht ausgestattet wird, kann man für § 397 HGB ebenso den Wertsteigerungsaspekt fruchtbar machen. Wenn sich hier dieser Aspekt zwar - anders als beim "echten" (handwerklichen) Werkunternehmer -nicht unmittelbar aufdrängt, so ist doch ersichtlich, daß die Tätigkeit des Kommissionärs in der den Wert der Ware steigernden Handelskette steht. Das Kommissionsgut ist typischerweise Handelsware (vgl. § 383 HGB). Jeder, der gewerblich auf deren tatsächlichem oder wirtschaftlichem Weg zum Endverbraucher eingesetzt wird, erbringt - jedenfalls typisiert - im Wertschöpfungskreislauf eine L~istung, die sich letztlich im Endwert (Preis) widerspiegelt. Dies zeigt sich für den Einkaufskommissionär, der das Rohprodukt für den weiterverarbeitenden Fabrikanten einkauft, ebenso wie für den Verkaufskommissionär, der für den Absatz des Endproduktes sorgt. Je notwendiger die Einschaltung des Kommissionärs für den Umsatz ist, um so objektiv nutzbringender ist dabei seine Leistung. Es ist allerdings weiter ersichtlich, daß das Gesetz die Wertschaffungsleistung des Kommissionärs in der Handelskette gegenüber denen der Gläubiger der Transportpfandrechte (dazu IV. ff.) als nachrangig erachtet. Das HGB beriicksichtigt nämlich den Wertschaffungsgedanken über die Rangfolgeregelung des § 443 HGB, spart dabei den Kommissionär aber gerade aus. Nach § 443 HGB geht - entgegen dem allgemeinen Prioritätsprinzip - das in der Kette später entstehende und transportbezogene Recht den friiheren entstandenen vor4 • In den Protokollen zum ADHGB wird diese Rangumkehr damit begriindet, daß durch den Transport (aus dem die gesicherten Forderungen entstehen) ein objektiver Wertbeitrag für das Gut geleistet wird und so gegenüber anderen pfandrechtlich gesicherten Anspriichen der Warenumsatzkette (wie denen des Kommissionärs) ein Vorrang angemessen ist5 • Dies zeigt, daß für den ADHGB-Gesetzgeber der Wertschaffungsaspekt beim Kommissionärpfandrecht allenfalls im Hintergrund stand (oder man ihn sogar gar nicht sah). Über eine Betrachtung der Entstehungsgeschichte geraten weitere Rechtfertigungserwägungen in das Blickfeld. Die Kommission als selbständiges Gewerbe entwickelte sich mit Beginn der Neuzeit, insbesondere im Raum der italienischen Handelsstädte, zur vollen Blüte6 • Das expandierende Handelsgeschäft, die gleichzeitige Geschäftstätigkeit in der Heimat und auswärts, machte eine Delegation von 4
Vgl. schon S. 71 ff.
s Protokolle S. 861. Die Regelung war damals insgesamt umstritten, wurde zunächst zu-
rückgezogen (siehe S. 855 f., 859 ff.) und erst spät doch noch etabliert (S. 5103 f.). 6 Die Ursprünge der Kommission (und ähnlicher Geschäftsformen) reichen bis ins römische Recht zurück; größere Bedeutung erlangte sie aber erst im späteren Mittelalter, als sie auch von selbständigen Kaufleuten durchgeführt wurde, vgl. näher Schemer Hdwb. Rechtsgeschichte, "Kommission" und K. Schmidt HR5 § 31 II lajeweils m. w. N.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme - B. Entstehung der Verwertungsrechte
Aufgaben zunehmend notwendig. Wollte man nicht die eigene Tatigkeit arn Heimatort vernachlässigen, mußte man entweder ständig Angestellte auf Reisen schikken oder Vertragspartner - wie den Kommissionär - zur Wahrung der eigenen Interessen auswärts einsetzen. Kommissionäre, die man auswärts vor Ort ständig betraute, wurden so zur Institution, die dann Eingang in die Gesetze (Statuten) der Städte fand (wie z. B. in Pisa und Genua, aber auch Marseille und Jerusalem)7 • Insbesondere bei laufender Geschäftsbeziehung war hierbei die Kreditgewährung zugunsten des Partners eine Notwendigkeit, was schon aus der beschriebenen Distanz der Partner und der Länge der damaligen Reisewege folgt. Der Weg von dieser Praxis der Kreditierung hin zum heutigen gesetzlichen Pfandrecht ergibt sich aus mehreren parallel wirkenden Komponenten. Zum einen stand die praktisch erforderliche Darlehensgewährung im Spannungsverhältnis dazu, daß das Verlangen nach Sicherheitenbestellung unter Kaufleuten lange Zeit als ehrenrührig angesehen wurde, da es Mißtrauen in die Bonität des Partners zum Ausdruck brachte8 . Ein solches Empfinden resultierte aus einem besonderen Verständnis "kaufmännischer Ehre" und läßt sich im 19. Jahrhundert noch nachweisen: Bei der Verfassung der Vorläufer unserer gesetzlicher HOB-Pfandrechte im ADHGB wurde gerade dieser Gesichtspunkt zu deren Rechtfertigung hervorgehoben9. Wahrend der Weg zu einer vertraglichen Sicherung also schwierig war, stand dem Kommissionär das in der laufenden Geschäftsbeziehung mehr oder weniger stets entweder für den Kommittenten angeschaffte oder von ihm stammende Gut ohnehin als Sicherheit- zunächst im tatsächlichen Sinne -zur Verfügung (weil er Besitzer war) 10. Karn es dann zu Problemen, verblieb dem Kommissionär der (zunächst tatsächliche, später rechtlich gebilligte) Rückgriff auf dieses. Als zusätzliche, gerade auch die Verwertung unterstützende Rechtfertigungserwägung kam hinzu, daß eine solche in diesem Geschäftsbereich, d. h. für den Kommittenten als Schuldner, eine weniger einschneidende Maßnahme ist. Denkt man zurück an die beim Begriff "gesetzliches Verwertungsrecht" dargelegten Überlegungen zu den Unterschieden zur Aufrechnung 11 , zeigt sich, daß im Bereich dieses Pfandrechtes mehr Parallelen zu diesem Rechtsinstitut bestehen als bei anderen Verwertungsrechten (z. B. §§ 583, 647 BGB). Die Kommission bezieht sich gewöhnlich auf Handelsware, die der Kommittent nicht um ihrer selbst willen, 7 Vgl. Nachweise bei Schemer a. a. 0. Siehe auch die spätere Regelung im ALR II 8 §§ 698 ff.; im franz. Ccom Art. 94 ff.(dazu noch S. 395 ff.) und im ADHGB Artt. 360 ff. s Siehe bspw. die Darstellung von Goldschmidt, Hdb. des Handelsrechts 112 S. 997 mit Nachweisen (seine Fn. 4) zu verschiedenen zeitgenössischen Stellen, die dies bestätigen. 9 Protokolle S. 454 (zum im ersten Entwurf vorgesehenen "allgemeinen gesetzlichen Pfandrecht für Kaufleute"); vgl. weiter Altmeppen ZHR 157, 541, 550. Zur geschichtlichen Entwicklung auch Laband ZHR 9, 225 ff., 425 ff. IO "Besitz" als Rechtfertigungserwägung für eine Sicherung; zum "exceptio-doli-Gedanken" schon S. 78 und noch S. 422 ff.; zum Sonderproblem des Kommissionärs, soweit es um seine eigenen Sachen geht, vgl. sogleich unter 111.3.c). II Oben S. 37.
Ill. Kommissionärpfandrecht
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sondern zu Umsatzzwecken und damit zur Verwertung im Bestand hat 12 . Dies rechtfertigt, die Güter auch im Verhältnis zum Kommissionär insoweit als "Rechnungsposten" anzusehen, bei denen eine "Aufrechnung", hier bezeichnet als "Kompensation", möglich ist. Natürlich ist eine Befriedigung des Kommissionärs stets nur über eine Verwertung und damit über einen gleichwohl die Rechte des Kommittenten beeinträchtigenden Eingriff möglich. Er bleibt aber in der Eingriffsstärke hinter anderen Zwangsverwertungen zurück, wenn letztlich der Anschaffungszweck des Gutes ohnehin die Verwertung war. Dieser in der Folge als Kompensationsgedanke bezeichnete Aspekt taucht bei vielen Verwertungsrechten der kaufmännischen Handelsgeschäfte auf und ist jeweils mehr oder weniger deutlich13. In der gesetzlichen Ausgestaltung des Entstehungstatbestandes im Kornmissionsrecht ist er allerdings in den Hintergrund getreten, weil schon § 383 HGB mit seinem Warenbegriff jede überhaupt vom Kauf betroffene Sache umfaßt (vgl. noch 3.a.aa). Durch die Fassung des § 397 HGB greift das Pfandrecht sogar, wenn der Kommittent nicht Gewerbetreibender ist. Allerdings kann auch bei solchen Geschäften die Idee des "Rechnungsposten" im Einzelfall trotzdem passen (so regelmäßig bei der Effektenkommission). Beim Kommissionär ist die den Eingriff abmildernde Sonderlage weiter aus dem zumeist vorhandenen, auf Umsatz gerichteten Zweck des Vertrages einsichtig: Entweder der Kommittent hat die betreffende Sache dem Kommissionär ohnehin zum Verkauf zur Verfügung gestellt (Verkaufskommission) oder sie wurde für ihn neu angeschafft (Einkaufskommission), so daß er - vor Bezahlung - nicht auf die Dispositionsmöglichkeit vertrauen konnte. Dieser rechtfertigende Aspekt greift ersichtlich sogar dann, wenn in Abweichung vom Regelfall das Geschäft für den Kommittenten kein "Umsatzvermögen" betrifft oder er eben nur Privatmann ist. Beide Erwägungen dieses kaufmännischen Deckungsprinzips (Handelsware und Vertragszweck) bleiben als Rechtfertigung trotzdem nur typisierte Grundlage des § 397 HGB. Dieses Deckungsprinzip - nicht notwendig gestützt auf beide Erwägungen - ist als damals allgemeine kaufmännische Praxis bei der Begründung des ADHGB ausdrücklich erwähnt 14 . Es wurde, nachdem man sich damals gegen ein zunächst vorgesehenes "allgemeines gesetzliches Pfandrecht" entschieden hatte 15 und statt dessen auf die spezielleren Ursprünge der Einzelpfandrechte zurückgriff (wie den Vorläufer des § 397 HGB), Rechtfertigungsbasis der Einzelrechte. Da man sich aber gleichzeitig um abstrahierte Regelungen bemühte, greift § 397 HGB auch, wenn im Einzelfall die Kommission andere Wesenszüge aufweist und desweDarauf verweist Laband ZHR 9, 225 ff., 425 f. So K. Schmidt HR5 § 22 IV ld (für§ 369 HGB; dort durch das erforderliche beidseitige Handelsgeschäft besonders deutlich); vgl. näher zur geschichtlichen Entwicklung dieses ,,kaufmännischen Deckungsrechtes" gerade auch für den Kommissionär Goldschmidt Hdb. des Handelsrechts 1/2 S. 996 ff., mit Nachweisen zum Stadtrecht von Genua 1589 und Florenz 1577 (seine Fn. 10); ab dem 17. Jh. für deutsche Städte (seine Fn. 31 f.). 14 Protokolle S. 467 und S. 1351. 15 Vgl. zur Entwicklung näher unten ab S. 410 und Altmeppen ZHR 157, 541, 548 ff. 12
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
gen diese Gesichtspunkte nicht passen. Dies gilt insbesondere im Anwendungsbereich des § 406 HGB, durch den die (sogenannte "uneigentliche") Kommission sich auch auf Anlagevermögen und private Güter und auf Nicht-Kaufgeschäfte als Ausftihrungsgeschäft beziehen kann 16• 2. Gesicherte Forderungen
Voraussetzung für die Entstehung eines Pfandrechtes nach § 397 HGB ist - siehe den Wortlaut der Norm - das Bestehen von Forderungen eines Kommissionärs aus Kommissionsgeschäften. Kommissionär ist jeder, der gewerblich Kaufgeschäfte im eigenen Namen auf fremde Rechnung betreibt (§ 383 HGB, seit der HGB-Reform 1998 auch nicht kaufmännisch Gewerbetreibende, vgl. § 383 Abs. 2) und ebenso, wer andere Geschäfte entsprechend für seinen Vertragspartner im eigenen Namen schließt(§ 406 Abs. 1 HGB) 17. a) Wirksamer Kommissionsvertrag
Auch ein hauptberuflich Kommissionsgeschäfte betreibender Kaufmann ist nur dann über § 397 HGB gesichert, soweit er konkret einen Kommissionsvertrag abschließt. Die §§ 383 ff. HGB stellen zwar in ihrer Formulierung eher das "Berufsbild" bzw. den "Untemehmertypus" eines Kommissionärs in den Mittelpunkt; inhaltlich regeln die Bestimmungen aber gleichwohl "nur" das besondere Schuldrecht des Kommissionsvertrages 18• § 397 HGB spricht selbst vom .,Kommissionsgut" als Sicherungsobjekt und bestimmt nach einer Einzelaufzählung eindeutig kommissionsbezogener Ansprüche als Auffangklausel die "Forderungen aus Kommissionsgeschäften" als gesichert 19. Aus Wortlaut und Systematik folgt damit aber nicht nur, daß Forderungen anderer Vertragsarten nicht gesichert sind, sondern es wird nach heute unbestrittener Auffassung angenommen, daß für die Entstehung des Pfandrechtes stets ein wirksamer Kommissionsvertrag vorliegen muß20 • Beabsichtigten die Parteien zwar ei16 Das Beispiel einer "Vermietungskommission" bildet Staub/ Koller § 397 Rn. 3, zum ,,Filmverleih" Schlegelberger I Hefermehl § 397 Rn. 6. 17 In diesem Sinne bspw. auch der echte Spediteur (§§ 453 ff.), für den allerdings beim Pfandrecht§ 464 HGB verdrängende Iex specialis ist, dazu S. 159 ff. Weitere Bsp.: Verkauf einer Unternehmensbeteiligung, BGH v. 5. 5. 1960 NJW 1960, 1852 f.; Verschaffung von Anzeigenraum durch Werbeagentur, KG v. 18. 10. 1968 BB 1969, 151 f. 18 Siehe dazu schon K. Schmidt HR5 § 31 I 1b cc und§ 31 I 2a. 19 Nicht gesichert ist daher die Kaufpreisforderung beim Ausführungsgeschäft gegenüber dem Dritten, selbst wenn der Kommissionär Sachen von diesem im Besitz hat. Siehe weiter RGZ 9, 424,430 v. 10. 3. 1883 (noch zum ADHGB). 20 Vgl. Staub I Koller § 397 Rn. 2; Schlegelberger I Hefermehl § 397 Rn. 3 m. w. N. Die Kommentierung von RGRK-HGB/ Ratz§ 397 Anrn. 3 ist mißverständlich, aber wohl nicht gegenteilig ("Kommissionsauftrag muß zustande gekommen oder in Aussicht genommen
III. Kommissionärpfandrecht
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nen Kommissionsvertrag, scheitert aber dessen Abschluß, hat der Kommissionär selbst dann kein Pfandrecht gern. § 397 HGB, wenn der Vertrag - aus Unkenntnis der Unwirksamkeit- von ihnen durchgeführt wurde. b) Vollständige Sicherung aller Vertragsforderungen
Innerhalb eines bestehenden Kommissionsvertrages sichert § 397 HGB alle vertraglichen Forderungen des Kommissionärs21 • Auch dies ist nach dem Wortlaut nicht ganz eindeutig, denn zunächst erfolgt im Tatbestand eine Aufzählung gesicherter Einzelforderungen. Bei näherer Betrachtung zeigt sich allerdings, daß in dieser fast alle denkbaren Forderungen des Kommissionsvertrages erfaßt sind. Mit "Provision" umschreibt das Gesetz letztlich jede Form von Vergütung, die der Kommissionär verlangen kann22 . Bezeichnet sind weiter mehrere Varianten von Aufwendungsersatzansprüchen (wegen für das Gut aufgewendeter Kosten, gezeichneter Wechsel oder sonst eingegangener Verbindlichkeiten) und sogar die Rückerstattung für vom Kommissionär auf das Gut dem Kommittenten gewährter Darlehen. Offen bleiben im Grunde nur Schadenersatzforderungen des Kommissionärs gegen den Kommittenten (z. B. aus pVV wegen einer Nebenpflichtverletzung des Kommittenten) 23 . Man wird diese aber- ohne daß es darauf ankäme, ob sie im einzelnen als Aufwandsersatzforderung angesehen werden können24 - als gesichert anzusehen haben, denn der letzte Satzteil ("sowie wegen aller Forderungen aus laufenden Kommissionsgeschäften") hat Auffangwirkung für alle nicht explizit genannten Vertragsansprüche. Zwar wird diese Abschlußformulierung zumeist nur in den Zusammenhang mit der Sicherung der sog. "inkonnexen" Forderungen [dazu gleich c)] gestellt, trotzdem sind die Ansprüche aus dem eigentlichen Vertrag aber ebenso solche aus "laufenden Geschäften". Es ist kaum einzusehen, warum eine Schadenersatzforderung aus den vorangegangenen Verträgen als gesichert erachtet werden sollte, aber nicht eine aus dem Geschäft selbst. Im Ergebnis ist die Aufzählung in § 397 HGB daher nur als beispielhafte anzusehen, wie es dies gleichfalls bei anderen gesetzlichen Verwertungsrechten gibt (eindeutig bspw. § 440 HGB a.F.). Erst wenn eine Forderung nicht mehr dem Vertrag zugeordnet werden kann, versagt der Schutz über § 397 HGB: So, wenn der sein" und "Kein Kommissionsgut" bei "endgültig nicht zustande gekommenen Aufträgen"). Siehe allgemein zu diesem Problem im "Befund" ab S. 489. 21 Die Kommentare formulieren ferneinhin vorsichtiger, vgl. Nachweise in den folgenden Fn., wie hier aber wohl Canaris HR 3 § 32 Rn. 21. 22 So Staub/ Koller§ 397 Rn. 8; Schlegelberger/ Hefermehl § 397 Rn. 15. 23 In der Literatur wird zumeist dazu nichts ausgesagt; als gesichert erwähnt werden nur Erstattungsansprüche wegen vom Kommissionär an Dritte zu erbringender Schadenersatzforderungen, siehe Baumbach I Hopf0 § 397 Rn. 4; Schlegelberger I Hefermehl § 397 Rn. 18. 24 V gl. die entspr. Diskussion im Auftragsrecht, siehe Palandt I Sprau § 670 Rn. 11 f. m. w.N.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Kommissionär die ihm vertraglich gesetzten Grenzen überschreitet und Aufwendungsersatz bspw. nur über eine Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen kann. Gleiches gilt, wenn er verschiedenartige Vertragsverhältnisse zu seinem Kommittenten unterhält (z. B. weiter als Malder oder Vertreter für ihn tätig wird), für die Forderungen aus den anderen Verträgen. c) .,lnkonnexe" Forderungen
Wie schon eben angedeutet, sichert § 397 HGB auch sog. "inkonnexe" Ansprüche, d. h. solche Forderungen, die dem Kommissionär aus bereits abgewickelten Kommissionsgeschäften zustehen. Der Begriff der Konnexität wird dabei anders verstanden als im Rahmen des § 273 BGB25 : In§ 273 BGB, für den "inkonnexe" Ansprüche als ungesichert ausscheiden, werden nicht nur Ansprüche aus einem einheitlichen Vertrag, sondern auch aus einer laufenden Geschäftsbeziehung als konnex (nämlich "in einem einheitlichen Lebensverhältnis stehend") angesehen. Für § 397 HGB wird dagegen betont, daß nur die Forderungen aus demselben Vertrag I mit Bezug zum speziellen Gut als konnex anzusehen sind, während die Forderungen, welche aus anderen Kommissionsverträgen, aber derselben Geschäftsbeziehung entstammen, als "inkonnexe Forderungen" gesichert sind26• Trotz begrifflich "strengerer Konnexität" des § 273 BGB ist - durch die verschiedene Begriffsverwendung - festzustellen, daß das Zurückbehaltungsrecht des BGB im Sicherungsumfang dem des § 397 HGB insofern recht ähnlich ist. Während die weite Fassung beim Sicherungsumfang für § 273 BGB - als einem in der Befugnis abgeschwächten Auffangrecht - naheliegt, ist bei gesetzlichen Pfandrechten (jedenfalls bei an Vertragsverhältnisse gebundenen) die Sicherung von Verträgen außerhalb des eigentlichen Schuldverhältnisses die Ausnahme. Bis zur Transportrechtsreform 1998 war das Kommissionärspfandrecht sogar das einzige Recht, das über das eigentliche Rechtsverhältnis hinaus sicherte. Bedenkt man allerdings die gezeigten historischen Ursprünge, klären sich die Gründe für den erweiterten Umfang schnell. Bereits in den Anfängen war das Kommissionsgeschäft vorwiegend auf eine laufende Geschäftsbeziehung ausgerichtet, weil der Kommissionär eben als ständiger Repräsentant tätig war. Solange der Kommittent die Geschäftsbeziehung aufrecht hielt, bestand für den Kommissionär die oben bes~hriebene tatsächliche Sicherungssituation, auf die er selbst über mehrere Geschäfte hinaus gesichert vorleisten konnte. Hinzu kommt, daß nach dem üblichen, im Gesetz vorausgesetzten Abwicklungsmodus die Forderungen jedes Einzelvertrages erst nach Durchführung des Ausführungsgeschäftes zu zahlen sind (so insb. 25 AA der Gesetzgeber des Transportrechtsreformgesetzes 1998, vgl. BR-Drucks. 368 I 97 s. 32. 26 Siehe bspw. Schlegelberger/ Hefermehl § 397 Rn. 13, 19.
III. Kommissionärpfandrecht
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die Provision27 ). Gerade bei den typischen Distanzgeschäften besteht dann immer die besondere Gefahr, daß der Vorleistende bereits vollständig erfüllt hat, ohne daß eine Gegenleistung erfolgt. Zu klären bleibt zuletzt noch, wo für inkonnexe Ansprüche die Grenze der Sicherung erreicht ist. Bereits aus dem Wortlaut folgt, daß nur Forderungen aus Kommissionsgeschäften gesichert sind. Beschränkend muß man weiter annehmen, daß - entsprechend oben a) und b) - nur solche aus Kommissionsverträgen erfaßt sind. Eine zunächst nicht gesicherte Bereicherungsforderung aus einem unwirksamen (Kommissions-)Vertrag [vgl. oben a) a.E.] ist daher auch nicht gesichert, wenn die Parteien in der Folge wirksame (andere) Kommissionsverträge schließen28. Als Frage stellt sich noch, ob der Begriff der "laufenden Rechnung" als Beschränkung Bedeutung erlangt. Ein echtes Kontokorrentverhältnis wird für § 397 HGB gemeinhin nicht verlangt29. Notwendig ist nur eine laufende Geschäftsbeziehung, in der nicht jedes Geschäft gesondert geltend gemacht wird30• Tatsächlich sind die Grenzen wohl eher weit zu ziehen: Das Pfandrecht wird selbst bei erst anlaufenden Geschäftsverbindungen greifen. Ein Kommissionär sollte sich darauf verlassen können, daß er vollständig vorleisten darf, wenn von den Parteien auch nur geplant ist, mehrere Kommissionsgeschäfte in zeitlichem Zusammenhang miteinander durchzuführen. Wird dann ein zweites Geschäft durchgeführt, ist auch die erste Forderung als "aus laufender Rechnung" und daher gesichert anzuerkennen. Anders dagegen, wenn der Kommissionär gegen einen zunächst einmaligen ,,Zufallskunden" noch eine offene Forderung hat und es nach einiger Zeit zu einem separaten Zweitgeschäft kommt. Dann ist die erste Forderung mangels tatsächlicher oder willentlicher Verbindung zum zweiten Vertrag keine aus "laufender Rechnung", so daß für sie auch kein gesetzliches Pfandrecht nach§ 397 HGB am Gut des zweiten Geschäftes bestehe 1 • Dies läßt sich auch aus dem Schutzzweck der Norm herleiten. Beim Erstvertrag war ein Vertrauen des Gläubigers mangels Geschäftsbeziehung (bzw. Planung einer solchen) eben nicht geschützt; das dann für ihn zufällige "in die Hände Fallen" weiteren Schuldnereigentums rechtfertigt nicht den Eingriff mittels gesetzlichen Verwertungsrechts. 27 Vgl. § 396 Abs. 1 HGB; für Aufwendungsersatz hat der Kommissionär zwar einen Anspruch auf Vorschuß gern. §§ 675, 669 BGB, aber der wird und wurde aus tatsächlichen Gründen wiederum häufig nicht geltend gemacht, vgl. Baumbach I Hop~0 § 396 Rn. 6 und bereits oben. 28 Anders natürlich, wenn die Parteien den Mangel des unwirksamen Vertrages heilen, z. B. gern. § 141 BGB, weil dann letztlich doch (nur) Forderungen aus einem wirksamen Vertrag vorliegen. 29 Baumbach I Hop~0 § 397 Rn. 4; Staub/ Koller§ 397 Rn. 12; Schlegelherger I Hefermehl § 397 Rn. 19m. w. N. 30 Koller a. a. 0. (Fn. 29). 31 § 273 BGB versagt hier ebenso. U.U. kann aber z. B. bei der Verkaufskommission eine Aufrechnung (Verkaufserlös gegen Altforderung) weiterhelfen.
9 Bechtloff
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
3. Sicherungsobjekt
a) Erfaßte Objekte: Kommissionsgut Nicht nur hinsichtlich der gesicherten Forderungen, sondern auch in bezug auf die erfaßten Objekte, ist das Kommissionärspfandrecht relativ weitreichend. Im Ausgangspunkt ist Sicherungsobjekt des § 397 HGB das "Kommissionsgut". Dazu zählt im Prinzip alles, was Gegenstand der jeweiligen Kommission ise2 , oder genauer, das Gut, das Gegenstand des für Rechnung des Kommittenten zu schließenden Ausführungsgeschäftes ist oder sein soll33 • Sachen des Kommittenten, die nur im weiteren Sinne zum Nutzen des Kommissionsgeschäftes übergeben wurden, sind nicht erfaßt (so Beförderungs- und Verpackungsmittel, die nicht mit verkauft werden sollen34).
aa) Waren Die Art der Sicherungsobjekte wird zunächst durch § 383 Abs. 1 HGB bestimmt, der zum Ausdruck bringt, daß sich die Kommission und damit das Pfandrecht gewöhnlich auf Waren bezieht. Waren sind dabei in weitester Fassung alle beweglichen, körperlichen Sachen, die Gegenstand des Handelsverkehrs sind (vgl. schon oben beim Zweck) 35 • Da der Anwendungsbereich des § 397 HGB sich darauf aber nicht beschränkt, bedarf es keiner weiteren Abgrenzung. bb) Wertpapiere Gleichfalls in § 383 HGB erwähnt sind Wertpapiere, die damit - unzweifelhaft taugliches Sicherungsobjekt des Kommissionärspfandrechts sind. Dies ist insofern etwas besonderes, weil die meisten gesetzlichen Verwertungsrechte - vgl. beim Werkunternehmer- und Pächterpfandrecht- keine Rechte als Objekt erfassen36 • § 397 HGB umfaßt allerdings nicht alle Rechte, sondern eben nur solche, die in Wertpapieren verkörpert sind37• Dies folgt zwar nicht unmittelbar aus§ 383 Abs. 1 Baumbach I Hopr0 § 397 Rn. 2. 33 Schlegelherger I Hefermehl § 397 Rn. 6; Staub I Koller§ 397 Rn. 3. 34 Gängige Beispiele wären der transportierende LKW und die Container oder Paletten, die vielfach ebenfalls nur zum Transport genutzt werden, i.d.S. Schlegelherger I Hef ermehl § 397 Rn. 6. 35 MüKo-HGBI K. Schmidt § I Rn. 66. Nicht daher eine Unternehmensbeteiligung (oben 32
Fn. 17).
Weiter noch im Befund ab S. 542. l .d.S. RGZ 105, 126, 127 v. 21. 6. 1922: Kein Kornmissionärspfandrecht an einer Schadenersatzforderung. 36 37
III. Kommissionärpfandrecht
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HGB, der durch § 406 HGB auch insoweit erweitert sein könnte; es folgt aber aus dem in§ 397 HGB festgelegten Besitzerfordernis [dazu sogleich b)]. Nicht verkörperte Rechte können nicht in den Besitz des Gläubigers gelangen und scheiden daher nach heute ganz herrschender Auffassung als Objekt aus38• Der Kreis der erfaßten Rechte wird aber noch innerhalb der Wertpapiere weiter eingeschränkt. Wertpapiere sind - nach dem herrschend verwendeten Begriff- alle Urkunden in denen Rechte so verbrieft sind, daß zu ihrer Geltendmachung die Vorlage der Urkunde erforderlich ist39. Wertpapiere "im engeren Sinne" sind solche bei denen der jeweilige Urkundeninhaber aus dem Papier heraus über das Recht verfügen kann (insb. Inhaber- und Orderpapieren). Wertpapiere "im weiteren Sinne" bedürfen dagegen für die Verfügung eines gesonderten forderungsrechtlichen Übertragungsaktes (so insb. die Rektapapiere), so daß die Inhaberschaft am Recht von der am Papier gelöst ist. Für § 397 HGB wird vertreten, daß an Papieren, die nicht selbständig verwertbar sind (weil der Inhaber der Urkunde nicht über das Recht verfügen kann), auch kein Pfandrecht besteht40• Solche Papiere sind neben den einfachen Legitimationspapieren (die nicht zu den Wertpapieren gehören) auch jene Wertpapiere im "nur" weiteren Sinne41 • Diese zusätzliche Einschränkung des § 397 HGB ist überzeugend. Zwar kann ein Kommissionär auch Besitz an solchen Wertpapieren haben. Er erlangt aber damit nicht den Vermögenswert in seinen Zugriff, da dieser eben nicht mit der Urkunde verbunden ist. Dies aber setzen Besitzpfandrechte (wie§ 397 HGB) voraus, so daß ein struktureller Unterschied der Wertpapiere im weiteren Sinne zu Sachen und Wertpapieren im engeren Sinne besteht, der es rechtfertigt, hier eine Grenze zu ziehen42 • Der Besitz ist bei diesen Pfandrechten Mittel zum Schutz des Rechtsverkehrs, so daß man Objekte, die insoweit - trotz Besitzes - nicht dem Gläubiger zugeordnet sind, nicht als erfaßt ansehen sollte. Zurliekblickend auf die Zweckerwägungen läßt sich festhalten, daß ein auf den Besitz gestütztes Vertrauen des Gläubigers als Rechtfertigung nicht trägt, wenn das im Besitz gehaltene Objekt keinen Wert vermittelt. Im übrigen ist dies in den praktischen Folgen auch unbedenklich. Zum einen spielen Wertpapiere im weiteren Sinne bei Kommissionsgeschäften kaum eine Rolle. Die Effektenkommission - als wichtiger Anwendungsfall des Kommissions38 Ebenso Baumbach I Hopr0 § 397 Rn. 2; Staub/ Koller§ 397 Rn. 3; RGRK-HGB/ Ratz § 397 Anm. 3; Schlegelherger I Hefermehl § 397 Rn. 7 m.N. zur früher vertretenen Gegenauffassung. 39 Palandt/ Sprau Einf. § 793 Rn. 1m. w. N. 40 Schlegelherger I Hefermehl § 397 Rn. 7; Staub/ Koller§ 397 Rn. 3. 41 Genannt werden - vgl. Hefermehl a. a. 0. Fn. 40 - Rektapapiere, wie der Hypothekenbrief, und qualifizierte Legitimationspapiere i.S.v. § 808 BGB, wie das Sparbuch und Versicherungsscheine. 42 Selbst Sachen, die nicht verwertbar sind, werden gemeinhin als vom Pfandrecht nicht erfaßt angesehen, Staudinger I Wiegand § 1204 Rn. 48; ebenso für ein gesetzliches Pfandrecht: MüKo-HGB/ Bydlinski § 410 Rn. 35. 9*
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
geschäftes (vgl. noch 4.) - betrifft regelmäßig Wertpapiere im engeren Sinne43 • Zum anderen entsteht, selbst wenn es ausnahmsweise einmal anders sein sollte, kein untragbares Sicherungsdefizit Damit der Kommissionär nämlich über diese Rechte im eigenen Namen verfügen kann, wird er während des Geschäftes die Inhaberschaft erlangen. Hat er diese aber, benötigt er ohnehin kein Pfandrecht zur Sicherung [siehe auch noch c)] 44. cc) Sonstiges Über die mehrfach angesprochene Erweiterung des § 406 HGB können noch andere Sachen zum Sicherungsobjekt werden. Als Folge ist ein Objekt auch dann erfaßt, wenn der Kommissionär keine den Wert des Objektes mehrende Leistung erbringt (was die o.a. entsprechenden Zweckerwägungen relativiert). Gleiches gilt, wenn der Kommittent die Sache nicht zum Verkauf überläßt, sondern den Kommissionär z. B. mit der Vermietung eines Objektes betraut. Es ist ersichtlich, daß die Frage nach der Rechtfertigung des Rechtes hier im Grunde offenbleibt In diesem Anwendungsfall ist das Pfandrecht als ein Zufallsprodukt der (unscharfen) Abstraktion anzusehen. Überzeugender wäre es wohl - de lege ferenda -, in diesen Konstellationen das Pfandrecht zu streichen45 • Es gibt allerdings im Anwendungsbereich der §§ 406, 397 HGB schon de lege lata nicht tragbare und daher vom Pfandrecht auszunehmende Fälle. Kommissionsgut im Sinne dieser uneigentlichen Kommission können sogar Immobilien sein. So z. B., wenn der Kommissionär mit der Vermietung bspw. von Ferienwohnungen im eigenen Namen beauftragt wird. Auch wenn in diesen Fällen die Immobilie im Besitz des Kommissionärs sein sollte, besteht an dieser für ihn kein gesetzliches (Grund-)Pfandrecht. Den zu weit reichenden Normtext wird man mit Rücksicht auf das System des deutschen Immobiliar- und Grundbuchrechtes teleologisch reduzieren müssen. An Immobilien bestehende private Rechte bedürfen grundsätzlich der Eintragung ins Grundbuch. Allein über dieses wird bei Grundstücken die für den Verkehrsschutz nötige Publizität erreicht. Das Kommissionärspfandrecht bedient sich als Mittel des Verkehrsschutzes des Besitzes. Da dieser bei Immobilien gerade kein Publizitätsmittel ist, paßt dieses Prinzip des Entstehungstatbestandes für das Sicherungsobjekt "Grundstück" ersichtlich nicht46• Letztlich ist die Idee von Immobilien als vom gesetzlichen Pfandrecht erfaßten Objekten auch aus dem Blickwinkel der Rechtfertigungserwägungen nicht über43 Auch die jüngst mehr in Mode kommenden Namensaktien (z. B. bei Siemens und Daimler-Chrysler) sind Orderpapiere, vgl. Hüffer § 68 Rn. 2. 44 Anders im Rahmen der§§ 74 ff., 77 VVG, dazu noch sogleich S. 134. 45 Als Makler, Handelsvertreter oder Zwischenmieter hätte der Unternehmer kein Pfandrecht am Objekt. 46 Die Argumentation gleicht ungefahr den Ausführungen zu den Wertpapieren im weiteren Sinne.
III. Kommissionärpfandrecht
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zeugend. Zum einen sind die Verwertungsmodalitäten bei Immobilien auch unter Laien so bekannt, daß niemand auf eine aus Besitz und bestehender Forderung allein resultierende Verwertungsbefugnis vertrauen kann. Da "Hemmungen" eine vertragliche Sicherheit zu verlangen, heute kaum noch zu beobachten und im übrigen nicht schützenswert sind, rechtfertigt ein Grundstück als besonders wertvolles Vermögensobjekt stets den Aufwand einer vertraglichen Sicherung (wenn die Forderung dazu angemessen ist). Zuletzt sei bereits an dieser Stelle erwähnt, daß das Kommissionärspfandrecht - eine andere Auffassung unterstellt - das einzige gesetzliche Pfandrecht mit Immobilien als Sicherungsobjekt wäre47 . Ansonsten gibt es als gesetzliches Recht nur - vgl. § 648 BGB - einen Anspruch auf Bestellung eines Grundpfandrechtes. Auch dies indiziert für §§ 406, 397 HGB eine Beschränkung auf Mobilien. b) Besitz
Weitere Voraussetzung für das Entstehen des Pfandrechtes ist, daß der Kommissionär am Objekt Besitz erlangt48. § 397 HGB betont dabei, daß mittelbarer Besitz, nämlich die Möglichkeit, über das Gut mittels kaufmännischer Orderpapiere zu verfügen, genügt. Dies ist nach dem heutigen Verständnis von Besitz allerdings ohnehin selbstverständlich und die gesetzliche Hervorhebung in § 397 HGB verkompliziert daher nur die Lesbarkeit der Norm. c) Eigene Objekte des Kommissionärs
Das Kommissionsgeschäft führt weiter zu besonderen Problemen, die das Gesetz durch die Sondervorschriften der §§ 398, 399 HGB beriicksichtigt. Betrachtet man einerseits die Vergütungsregel in § 396 HGB (Fälligkeit erst nach Geschäftsausführung) und andererseits die Regelfälle in diesem Geschäftsfeld, d. h. die Einkaufs- und Verkaufskommission, zeigt sich schnell, daß ohne diverse Sonderregeln für das eigentliche Pfandrecht kaum Raum ist: Im Rahmen der Einkaufskommission erlangt der Kommissionär im Normalfall überhaupt kein Gut des Kommittenten in seinen Besitz. Vor Ausführung des Geschäftes nicht, denn seine Aufgabe besteht gerade im Ankauf; nach Durchführung gleichfalls nicht, denn er erlangt - da er im eigenen Namen handelt - selbst Eigentum an den Gütern. An eigenen Sachen besteht nach allgemeiner Auffassung im deutschen Recht grundsätzlich kein Pfandrecht (vgl. § 1256 BGB)49 • § 398 HGB Zur anderen Situation beim Befriedigungsrecht des Besitzers unten S. 221 ff. Zum Rechtsverlust durch Besitzverlust vgl. schon S. 62 ff. 49 Ausnahmen regeln bspw.- für den Fortbestand-§ 1256 Abs. 2 BGB und Spezialregelungen wie nach h.M. § 743 HGB; vgl. Priißmann I Rabe Vor§ 754 Anm. I E I. 47
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stellt in Anbetracht dieser Situation klar, daß - auch wenn dem Kommittenten ein Übereignungsanspruch zusteht - der Kommissionär bei Bedarf seine Forderung pfandrechtsgleich- durch Verwertung dieser (eigenen) Güter befriedigen darf. Ob dieses Recht insoweit ein "Pfandrecht" ist, ist dann nur eine terminologische Frage50. § 398 HGB schwindet in der Bedeutung allerdings zugunsten des § 397, je mehr bei Kommissionsverträgen von einem sofortigen Eigentumsübergang mittels antizipierten Besitzkonstituts ausgegangen wird bzw. werden muß51 . Bei der Verkaufskommission hat der Kommissionär zwar zunächst die Güter seines Vertragspartners in der Hand, hat aber - inkonnexe Forderungen einmal ausgenommen- keine Veranlassung, sein Recht geltend zu machen52. Nach dem Ausführungsgeschäft hat er dagegen zwar eine fällige Forderung, aber keine Ware mehr, sondern nur Verkaufsforderungen (oder -erlöse). Um sich daran zu befriedigen, braucht er aber kein Verwertungsrecht, denn diese sind im Außenverhältnis ohnehin ihm zugeordnet (§ 392 HGB). Es genügt damit eine Sonderform der Aufrechnung. § 399 HGB stellt klar, daß der Kommissionär sich - trotz des Anspruchs auf Abtretung und der Zuordnung im Innenverhältnis zum Kommittenten (§ 392 Abs. 2 HGB)- mit diesen Forderungen befriedigen darf. Hat er bereits den Erlös in der Hand, genügt ohnehin die gewöhnliche Aufrechnungsbefugnis (§§ 387 ff. BGB), denn sein Zahlungsanspruch und der auf den Erlös gerichtete Herausgabeanspruch des Kommittenten sind gleichartig53• Zuletzt ist in diesem Rahmen noch auf eine - in der Sache vergleichbare - Sonderregel im Versicherungsrecht hinzuweisen. Schließt ein Versicherungsnehmer eine Schadensversicherung im eigenen Namen für einen anderen (als Versicherten) ab54, so räumt § 77 VVG dem vertragschließenden Versicherungsnehmer ein Zuriickbehaltungs- und Befriedigungsrecht ein55 • Der Beziehung zwischen Versichertem und Versicherungsnehmer liegt dabei zumeist ein Kommissionsvertrag (gern. § 406 HGB) zugrunde, wie sich anband von§ 74 Abs. 2 VVG zeigen läßt. Notwendig ist das allerdings nicht, da die §§ 74 ff. VVG auch anwendbar sind, wenn es sich ausschließlich um Privatpersonen handelt. Aber auch sonst unterscheiden sich die rechtlichen Wirkungen des Vertrages im Versicherungsrecht gerade hinsichtlich der Drittwirkung von den Ausführungsgeschäften der gewöhnlichen Kommission. Dem Versicherten stehen bei der "Versicherung für fremde Rechso Vgl. ebenso K. Schmidt HR5 § 31 IV 3 c bb; Schlegelberger/ Hefermehl § 398 Rn 2 m.w. N. 51 Da dann eben das Eigentum direkt vom Kommissionär an den Kommittenten weiter übertragen wird, vgl. K. Schmidt HR5 § 31 V 3 a i.V.m. IV 3 c bb. 52 Verwerten kann er schon wegen§ 1228 BGB nicht. 53 Palandt/ Heinrichs§ 387 Rn. 9; ähnlich BGH v. 19. 10. 1988 NJW-RR 1989, 173, 174: Gleichartigkeit liegt vor, sofern nur beide Ansprüche auf Geld gerichtet sind. 54 "Versicherung für fremde Rechnung" gemäߧ§ 74 ff. VVG. 55 § 77 VVG begründet kein Pfandrecht, sondern ein Befriedigungsrecht ähnlich § 369 ff. HGB, so schon Wo{ffEhrenbergs Hdb. IV /1 S. 77. Dem§ 77 VVG ähnlich ist§ 888 HGB für die Seeversicherung (allerdings "totes Recht", vgl. Prüßmann/ Rabe Anm. §§ 778 - 900).
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nung" nämlich unmittelbare Rechte gegen die Versicherung zu (vgl. § 75 VVG einerseits, § 392 HGB andererseits). Dementsprechend ist § 77 VVG konstruktiv eine Zwischenform zwischen § 397 und § 399 HGB, die auf diese besondere "Versicherungskommission" abgestimmt ist: Gesichert sind durch § 77 VVG alle Ansprüche, die dem Versicherungsnehmer gegen den Versicherten im Bezug auf die versicherte Sache zustehen. Sicherungsobjekt ist - vermittelt über den Versicherungsschein56, der für die Geltendmachung erforderlich ist (§ 75 Abs. 2 VVG)der Anspruch des Versicherten gegen die Versicherung. d) Dritteigentum
aa) Sicherung konnexer Forderungen § 397 HGB gibt auf die Frage, ob Sachen57, die nicht im Eigentum des Schuldners stehen, mögliche Sicherungsobjekte sind, selbst ebensowenig Antwort wie § 583 BGB für das Pächterpfandrecht Durch die Bestimmung des § 366 Abs. 3 HGB, die das Kommissionärspfandrecht ausdrücklich einbezieht, wird allerdings eine Klarstellung über die Vorstellung des HOB-Gesetzgebers erreicht, die sogar deutlich über den eigentlichen Regelungskern dieser Norm hinausgeht.
Mit der durch Abs. 3 erfolgten Gleichstellung des Kommissionärspfandrechts mit den in § 366 Abs. I HGB geregelten Vertragspfandrechten ergeben sich vier Folgerungen: Erstens geht das Gesetz offensichtlich davon aus, daß § 397 HGB auch wenn er nicht vom Gut des Kommissionärs spricht - trotzdem nicht generell jedes Dritteigentum erfaßt58• Zweitens eröffnet er- so sein eigentlicher Regelungsinhalt - den Erwerb des gesetzlichen Pfandrechtes für den Fall, daß der Kommissionär auf die Verfügungsbefugnis des Kommittenten über das Gut vertraut. Mit dieser weiten Fassung des Gutglaubensschutzes setzt die Norm weiter voraus, daß -drittens- für den Pfandrechtserwerb (wenn schon das Vertrauen darauf geschützt ist) eine bestehende Ermächtigung des Kommittenten zur "Verfügung" durch den Eigentümer (entspr. § 185 BGB) genügt. Viertens ist, wie beim Vertragspfand, die Möglichkeit zum gutgläubigen Erwerb im Vertrauen auf das Eigentum des Vertragspartners gern.§ 1207 BGB- nicht über§ 1257 BGB, aber über§ 366 HGBeröffnet. Soweit ersichtlich, ist dies alles unbestritten und allein die möglichen (mittelbaren) Konsequenzen für§ 647 BGB werden diskutiert59. 56 § 3 VVG; zum Versicherungsschein als Wertpapier i.S.v. § 808 BGB, siehe Palandt/ Sprau § 808 Rn. 3. Vgl. auch oben Fn. 41 (S. 131). 57 Entsprechendes gilt bei den verkörperten Rechten, wenn man - vgl. oben - diese auf Wertpapiere im engeren Sinne beschränkt. 58 Vgl. zum entsprechenden Problem bei§ 583 BGB S. 115 ff. 59 Schlege1berger/ Hefermehl § 397 Rn. 11 u. § 366 Rn. 41; Staub/ Koller§ 397 Rn. 4; Canaris HR23 § 29 Rn. 28 ff. (zu inkonnexen Forderungen noch unten), ders. in GK § 366 Anm. 69, 78 ff. ; Heymann/ Horn§ 366 Rn. 24; K. Schmidt HR5 § 23 II 2; zu§ 647 BGB schon oben S. 88 ff.
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Für die praktische Anwendung dürfte mittlerweile hinreichend geklärt sein, wann im Sinne des § 366 Abs. 3 HGB eine "Verfügungsbefugnis" entsprechend Abs. 1 vorliegt. Erforderlich ist danach die Einwilligung des Eigentümers des Objekts dazu, daß der Kommittent den Tatbestand herbeiführt, den § 397 HGB für die gesetzliche Entstehung des Pfandrechtes voraussetzt60 • Notwendig ist so für den Pfandrechtserwerb an Fremdeigentum, daß der Eigentümer sein- rechtsgeschäftliches61 - Einverständnis einerseits in den Abschluß des Kommissionsvertrages und andererseits in die Besitzverschaffung gegenüber dem Kommissionär erteilt hat, nicht aber, daß er mit der Pfandrechtsentstehung selbst einverstanden war62. Beide Komponenten müssen allerdings vorhanden sein, d. h. die Befugnis zur Besitzverschaffung allein (ohne Ermächtigung zur Eingebung einer Kommission)63 genügt ebensowenig wie die Befugnis zum Abschluß eines Kommissionsvertrages ohne Ermächtigung zur Besitzübertragung64• Praktisch kommt es auf diese Ermächtigung kaum je an, weil der "gute Glaube" des Kommissionärs an eine solche Ermächtigung (oder an das Eigentum) ausreicht. Ob im Ergebnis eine geschützte Gutgläubigkeit vorliegt, entscheidet sich entsprechend §§ 932 Abs. 2, 935 BGB danach, ob der Kommissionär- als er von dieser Verfügungsbefugnis oder dem Eigentum ausging - nicht zumindest grob fahrlässig handelte und - als weiteres Kriterium - ob die Sachen nicht abhanden gekommen waren. Das Vorliegen grober Fahrlässigkeit bestimmt sich dabei nach dem Einzelfall und dem betreffenden Gut: So wird bei einer Verkaufskommission für Privatleute im Gebrauchtwagenhandel65 der Kommissionär nur dann gutgläubig handeln, wenn der Vertragspartner den Kfz-Brief vorlegt, aus dem hervorgeht, daß er verfügungsbefugt ist66. Bei einer Verkaufskommission über neue Ware im Verkehr zwischen Kaufleuten sind dagegen geringere Maßstäbe anzulegen, da in diesem Bereich bspw. unter Eigentumsvorbehalt gelieferte Ware mit Veräußerungsbefugnis häufig vorkommt.
Baumbach I Hopf0 § 366 Rn. 9; ähnlich Heymann/ Horn§ 366 Rn. 30. GK/ Canaris § 366 Anm. 72. Das Einverständnis ist damit an die Wirksamkeitsvoraussetzungen der Rechtsgeschäfte gebunden, was aber durch die mögliche Ersetzung durch "guten Glauben" zumeist keine Bedeutung erlangt. 62 GK/ Canaris § 366 Anrn. 70. 63 Dies gilt selbst wenn das wirtschaftliche Ergebnis für den Einwilligenden ähnlich ist, z. B. bei Beschränkung der Einwilligung auf einen Kaufvertrag (statt Kommission), in Verbindung mit der Ermächtigung zur Bestellung von (Unter-)Stellvertretern. 64 Z. B. wenn die Erfüllung des Ausführungsgeschäftes ausdrücklich "direkt" - ohne Einschaltung des Kornmissionärs - erfolgen sollte. 65 Siehe dazu Staub I Koller § 383 Rn. I. 66 Vgl. entspr. BGH v. 13. 5. 1996 NJW 1996,2226 ff. 60
61
III. Kommissionärpfandrecht
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bb) Sicherung inkonnexer Forderungen Zur alten Fassung des § 366 Abs. 3 HGB wurde teilweise - insbesondere von Canaris - vertreten, daß der gutgläubige Erwerb (gleich ob im Vertrauen auf das Eigentum oder nur auf die Verfügungsmacht) zugunsten inkonnexer Forderungen [vgl. oben 2.c)] ausgeschlossen sei67 . Mit dem Transportrechtsreformgesetz 1998 hat § 366 Abs. 3 HGB allerdings eine neue Fassung erhalten, für die diese These jedenfalls nicht mehr aufrecht erhalten werden kann68. Im Zuge der Erweiterung der diversen transportbezogenen Pfandrechte, die seitdem gleichfalls "inkonnexe" Forderungen erfassen69 , wurde § 366 Abs. 3 HGB durch einen zweiten Halbsatz erweitert: Er enthält jetzt den Vorbehalt, daß ein bloß gutgläubiger Erwerb im Vertrauen auf die Verfügungsbefugnis zugunsten inkonnexer Forderungen bei den Pfandrechten des Frachtführers, des Spediteurs und des Lagerhalters ausscheidet. Die ausdrückliche und bewußte Nichterwähnung des Kommissionär läßt nur den Rückschluß zu, daß dies beim § 397 HGB gerade anders ist, daß dort ein gutgläubiger Erwerb also sogar im Vertrauen auf die Verfügungsbefugnis eröffnet sein soll. Den gutgläubigen Erwerb im Vertrauen auf das Eigentum wollte der Reformgesetzgeber- wie in der Norm deutlich wird und auch aus den Parlamentsmaterialien ersichtlich ist70 - eindeutig für alle Pfandrechte des § 366 HGB als möglich anerkennen. Canaris hält diese gesetzliche Neuregelung - die sich eben nicht mit seinem Grundverständnis der Thematik verträgt- für "außerordentlich irritierend"71 : Der BGH habe schon 1955 die (AGB-rechtliche) Verpfarrdung von Fremdeigentum für inkonnexe Forderungen auch bei einem Vertrauen in das Eigentum des Vertragspartners für sittenwidrig und deswegen unwirksam erachtet72. Wenn nunmehr die Gesetzesverfasser eine entsprechende Bestimmung eingefügt haben, handele es sich dabei um eine "sittenwidrige Regelung" in Gesetzesform, die zumindest teleologisch zu reduzieren73 , vielleicht sogar verfassungswidrig sei74• Canaris neuer Auffassung ist aber ebensowenig zu folgen, wie schon seiner These zur Begrenzung des gutgläubigen Erwerbs beim § 397 HGB vor der Reform. 67 Für eine teleologische Reduktion GK/ Canaris § 366 Anm. 77; ders. HR22 § 27 II 4; zust. Staub/ Koller§ 397 Rn. 12 a.E.; anders BGHZ 17, 1, 6 v. 8. 3. 1955, der gerade insoweit zwischen Spediteur- und Kommissionärpfandrecht unterschied. 68 Canaris gibt diese These daher in HR23 § 29 Rn. 47 a.E. auf. 69 V gl. noch näher Kapitel IV., V. und VI. 70 Vgl. BR-Drucks. 368/97 (entspricht BT-Drucks. XIII /8445) S. 32. 71 So HR23 § 29 Rn. 44. n Siehe BGHZ 17, 1 ff. (vgl. oben Fn. 67). 73 Auf welchen Normzweck Canaris dazu allerdings abstellen will, bleibt bei ihm ungeklärt. 74 Ders. HR23 § 29 Rn. 45 f. Die Problematik bedürfe noch "weiterer Vertiefung"; zu erwägen sei eine Korrektur über die Anforderungen an den guten Glauben bei gleichzeitiger Begrenzung der erfaßten Altforderungen.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Es ist nicht grundsätzlich bedenklich, inkonnexe Forderungen unter Zugriff auf Fremdeigentum zu sichern. Auch Canaris hält dies im Rahmen einer Individualverpfändung für mögliches Warum sollte diese Folge nur durch rechtsgeschäftliehe Vereinbarung, nicht aber durch Gesetz geschaffen werden können?76 Wenn der gesicherte Gläubiger an das Eigentum seines Schuldners geglaubt hat77 , ist esvgl. § 1207 BGB- nicht anstößig, wenn er auf diese Sache zur Verwertung zurückgreift, selbst wenn die Forderung inkonnex ist78• Natürlich trifft ein solcher Zugriff den wahren Eigentümer bei inkonnexen Forderungen nochmals härter (was deutlich wird, wenn er zur Auslösung der Sache die gesicherte Forderung begleicht); aber ein Verlust bzw. eine Beeinträchtigung eigener Rechte an Sachen ist bei einer freiwilligen Besitzaufgabe ein im deutschen Recht stets eingegangenes Risiko (vgl. insbesondere §§ 932 ff. BGB). Das Kommissionärpfandrecht sichert inkonnexe Forderungen sogar nicht nur bei gutem Glauben an das Eigentum, sondern selbst in bezug auf ein Vertrauen in die Verfügungsbefugnis des Kommittenten. Auch das ist keine willkürliche Entscheidung: Schon nach der alten Version des Abs. 3 war durchaus vom ursprünglichen Gesetzgeber beabsichtigt, den Kommissionär in dieser (damals) doppelten Hinsicht in bezug auf inkonnexe Forderungen zu begünstigen. Man hatte das hier beschriebene Problem erkannt, diskutiert und sich gleichwohl für eine Sicherung dieser Ansprüche auch insoweit entschieden79. Canaris hat das gesehen, meinte aber - in Anbetracht des vormals noch offenen Wortlautes des Abs. 3 und vermeintlich überzeugender Sachargumente - dies qua Auslegung überbrücken zu können80• Mit der neuerlichen Entscheidung des Gesetzgebers und des nun noch deutlicher gefaßten Wortlautes ist dieser Weg abgeschnitten81 . Tatsächlich ist die vom Gesetz gewählte Differenzierung zwischen Kommission und den anderen ge75 A. a. 0. Fn. 52 zur Rn. 45. Für Banken hält er sogar ein AGB-Pfandrecht für möglich (Rn. 49), da ftir diese ein stärkerer Vertrauensschutz notwendig sei (Rn. 49). 76 Canaris Grundverständnis scheint mir zu sehr von einer Vorstellung der gesetzlichen Pfandrechte als Quasi-Form "gesetzlich manifestierter AGB-Pfandrechte" geprägt zu sein. Das erklärt seine Empörung, trifft aber nicht den Kern: Zu den Rechtfertigungserwägungen und dem Erwerb an Fremdeigentum vgl. noch im Befund S. 552 f., speziell Fn. 54. 77 An diesem Glauben wird es häufig fehlen: Dies gilt gerade für die jetzt neu erweitert geschützen Transportunternehmer (vgl. S. 157). Canaris ist allerdings zuzugeben, daß die Anforderungen an den guten Glauben streng zu handhaben sind und insofern ein gutgläubiger Erwerb für die mit der Reform geschaffenen Neufalle praktisch eher selten sein wird. 78 Daß der BGH dies seinerzeit hinsichtlich der alten ADSp-Bestimmung anders sah, besagt nichts: Der BGH hat sich seinerzeit an den damaligen Pfandrechtsbestimmungen orientiert (und das Kommissionärpfandrecht insofern "für gut befunden"!) und wird dies zukünftig -basierend auf der neuen Lage und daher mit anderem Ergebnis - wieder tun. Wieso die Gesetzesverfasser des TRG einem "Motivirrtum" unterlegen sein sollen, ist auch deswegen nicht ersichtlich. 79 Siehe HGB-Denkschrift S. 239 f. 80 Ders. § 366 Anm. 77 (Fn. 67). Dort auch zu Sonderregeln in§§ 4, 30 DepotG. 81 Canaris HR23 § 29 Rn. 47 hält dies nun für einen Verstoß gegen Art. 3 GG.
III. Kommissionärpfandrecht
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sicherten Handelsgeschäften keineswegs so wenig überzeugend, wie behauptet wird. Ausgangspunkt der Überlegung ist die Verkaufskommission (denn bei der Einkaufskommission ist die Anwendung des § 366 Abs. 3 HGB kaum denkbar). Dort trifft der Kommissionär auf einen Vertragspartner, der zur Verwertung (zum Verkauf) des Objektes offensichtlich berechtigt ist, d. h. über eine besonders weitgehende Ermächtigung verfügt bzw. solches jedenfalls behauptet. Dies unterscheidet die Situation von der im Rahmen von Transport-, Speditions- oder Lagerverträgen. Die dort ersichtliche Befugnis ist nur auf Beförderung oder Einlagerung gerichtet. Dieses "nach-außen-Treten" eines bedeutenden Mehr an Befugnis rechtfertigt nicht nur einen weitergehenden Maßstab bei der Beurteilung des guten Glaubens, sondern kann in diesem Bereich (d. h. im Hinblick auf das Vertrauen in die Ermächtigung) einen insgesamt weitergehenden Rahmen rechtfertigen. Das Argument, daß ein vertragliches Pfandrecht für inkonnexe Forderungen am AGBG oder an§ 138 BGB scheitern würde, führt dagegen nicht weiter. Man kann mit gutem Recht vertreten, daß in diesem Bereich der Gläubiger von einem zur Verwertung befugten Schuldner sich auch für inkonnexe Forderungen ein Vertragspfand am Objekt bestellen lassen kann 82• Eher in umgekehrter Richtung erscheint ein Rückschluß möglich: Wenn das Gesetz diesen Erwerb - für den Kommissionär ausdrücklich ermöglicht, ist die Überlegung zur Sittenwidrigkeit entsprechender Vertragspfandrechte unzutreffend. Anders ist die Lage dann, wenn dem Kommissionär im Rahmen einer uneigentlichen Kommission Sachen übergeben werden, ohne daß diese veräußert werden sollen, bspw. nur zur Nutzungsüberlassung an Dritte. Hier bestehen die Zweifel eigentlich aber schon am Pfandrecht an sich (vgl. oben bei Fn. 45). 4. Praktische Bedeutung
Die praktische Bedeutung eines solchen Pfandrechtes hängt natürlich immer auch mit der Bedeutung des zugehörigen Geschäftstypus zusammen. Bei § 397 HGB erweist es sich schon als schwierig, die praktische Bedeutung der Kommission an sich zu erfassen83 , da es einerseits keine "hauptberuflichen Kommissionäre" gibt und andererseits die Kommission nach außen überhaupt schwer erkennbar ist. Für eine Erfassung bedarf es stets der Kenntnis des Innenverhältnisses des Käufers I Verkäufers zu seinem Kunden. Wie viele Geschäfte des allgemeinen Warenund Wertpapierumsatzes mit Kommissionsgeschäften gekoppelt sind, ist kaum feststellbar. Bekannt ist allerdings, daß im gewöhnlichen Warenwirtschaftsverkehr die Kommission gegenüber früher zu Lasten der Handelsvertretung und des Maklergeschäfts erheblich an Bedeutung verloren hat84. 82 Die Situation im Fall BGHZ 17, 1, 6 v. 8. 3. 1955 (zum Spediteurpfandrecht) war gerade anders, denn der Schuldner war nicht verwertungs-, sondern "transportbefugt". 83 K. Schmidt HR5 § 31 II lb. 84 Siehe Staub/ Koller§ 383 Rn. 1; Canaris HR23 § 32 Rn. 8; K. Schmidt HR5 § 31 II 1b.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Neuere Judikatur zu § 397 HGB ist nicht veröffentlicht85, was die Annahme stützt, daß § 397 HGB praktisch wenig Bedeutung hat. Dies wird nicht überraschen: Beim Verkaufskornmissionär folgt dies schon daraus, daß ein echter Pfandrechts bedarf im Grunde eine "doppelte Krise" voraussetzt (sowohl beim Schuldner des Ausführungs- als auch bei dem des Kornrnissionsvertrages), denn anderenfalls (bei Zahlung eines Verkaufserlöses) genügt die Aufrechnung (siehe oben 3.c.). Beim Einkaufskornmissionär ist der Sicherungsbedarf eher ersichtlich86, dort aber geht es nicht im eigentlichen Sinne um das Pfandrecht, sondern um den - ohne Eingriff in fremdes Eigenturn weniger streitanfälligen und daher unauffälligeren § 398 HGB. Für manche Fälle uneigentlicher Kornmission greift das Pfandrecht zuletzt mitunter schon deswegen nicht, weil der Kornmissionär kein Gut in seinen Besitz erlangt87 . Betrachten wir noch kurz die bekannten Anwendungsbereiche der Kornmission in der heutigen Praxis. Im Gebrauchtwarenhandel gibt es fast nur die Verkaufskommission, für die vorstehende Überlegung gilt und bei der der Kornmissionär im übrigen keine größeren Vorleistungen erbringt. Im Wertpapierhandel (Effektenkommission) bedarf es in Anbetracht des weitreichenden (vertraglichen) Pfandrechts der Banken-AGB im Grunde kaum eines Rückgriffs auf das gesetzliche Pfandrecht. Hinzu kommt hier die Kontokorrent-Abrechnungspraxis: Die Forderung aus der Einkaufskornmission wird in das Kontokorrent gestellt und erst die daraus resultierende Saldoforderung geltend gemacht. Für die Besicherung des Saldos (für den dann § 356 HGB gilt) werden häufig - gerade auch bei kreditierten Wertpapiergeschäften - zusätzlich vertragliche Sicherungen bestellt. Dies schmälert wiederum die Bedeutung des § 397 HGB. 5. Vergleichsfälle
Nicht gesichert sind als (Quasi-)Kommissionäre tätig werdende Nichtgewerbetreibende, aber auch andere kaufmännische Geschäftsbesorger; sofern sie nicht im eigenen Namen fremde Geschäfte erledigen. § 675 BGB bietet für all diese kein gesetzliches Pfandrecht. Nichtgewerbetreibende in entsprechenden Verträgen sind insofern nur über § 273 BGB, andere Geschäftsbesorger sind unter Umständen zusätzlich über § 369 HGB gesichert. Ein Rückgriff auf das Werkvertragsrecht ist zwar möglich, die tatbestandliehe Fassung des § 647 BGB schließt 85 Aus dem Anfang des Jahrhunderts überliefert sind RGZ 71,77 ff. v. 17. 4. 1909 (Ablehnung des Pfandrechtes an Forderungen) und RGZ 105, 126 ff. v. 21. 6. 1922 (Ablehnung des Pfandrechtes bei Besitzerlangung nach Vertragskündigung). Die Entscheidungen des BGH v. 8. 3. 1955 (BGHZ 17, 1, 6) und v. 21. 11. 83 (WM 1984, 165, 166) erwähnen§ 397 HGB nur im Rahmen der jeweiligen Argumentation, haben aber andere Streitgegenstände. 86 Staub/ Koller § 397 Rn. 1 spricht hier von .,erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung". Dies ist aber wohl auch nur seine persönliche Einschätzung. 87 So z. B. bei der Anzeigenkommission; zum speziellen Fall des Spediteurs vgl. S. 159 ff.
IV. Transporteurpfandrechte
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aber - wie gezeigt ("Herstellung und Ausbesserung") - die Entstehung des Pfandrechts für Geschäftsbesorger regelmäßig aus. Nicht durch § 397 HGB - zumeist aber über § 369 HGB (dazu unter VIII.) gesichert- sind auch andere Verkaufshelfer (Makler, Handelsvertreter). Die nachvollziehbare Erklärung für diese beiden Gruppen ist meines Erachtens, daß diese Gläubiger bei ihren "Ausführungsgeschäften" nicht selbst verpflichtet werden und insofern der typisierte Sicherungsbedarf nicht so hoch ist. Abgesehen von den nicht gewerblich Arbeitenden sind ansonsten tatsächlich alle im eigenen Namen für fremde Rechnung Tätigen pfandrechtlich gesichert.
IV. Transporteurpfandrechte Für eine besondere Form des Werkvertrages 1, den Transportvertrag über Güter (§§ 407 ff. HGB), bestanden noch bis Mitte 1998 drei Pfandrechtsregelungen zzgl. zweier Verweisungen: das allgemeine Frachtführerpfandrecht in §§ 440-443 HGB a.F? (frir den Landtransport ausgenommen der Eisenbahn, für diese aber der Verweis in § 457 HGB, entspr. für die Binnenschiffahrt in § 26 BSchG), das spezielle Möbeltransportpfandrecht (§ 22 GüKUMB)3 und das Verfrachterpfandrecht für den Seetransport (§ 623 HGB). Kein Pfandrecht gab es nach herrschender Meinung bis dato für den Luftfrachtführer4 • Durch das Transportrechtsreformgesetz wurden zum 1. Juli 1998 (TRG)5 die Pfandrechte außerhalb des Seerechtes in den etwas veränderten §§ 441-443 HGB zusammengefaSt und die übrigen Bestimmungen aufgehoben. Bei Gütertransporten gilt nunmehr das allgemeine Pfandrecht für alle gewerblichen Transporteure, sei es über Land, durch die Luft oder per Sinnenschiff (vgl. § 407 Abs. 3 HGB). Allein für die Güterbeförderung auf See gibt es noch die spezielle Regelung des § 623 HGB. Eine gewisse Nähe zu diesen Transporteurpfandrechten haben die (Personen)Beförderungspfandrechte des § 77 Abs. 2 BSchG und § 674 HGB. Sie unterscheiden sich aber so erheblich von diesen, daß sie an dieser Stelle noch unberücksichtigt bleiben sollen: Während bei den Transportpfandrechten die Sicherungsobjekte (die Güter) nämlich gerade die vertraglichen "Zielobjekte" sind, also jene, an denen der vertraglich geschuldete Erfolg gerade eintreten soll, sind bei den (Personen-)Beförderungsverträgen die Sicherungsobjekte (das Gepäck) nur als Randerscheinung in I BGH v. 24. 6. 1969 NJW 1969, 2014, 2015; Palandt/ Sprau Einf v § 631 Rn. 9. Zum begrenzten Anwendungsbereich des§ 647 BGB, vgl. schon S. 83. 2 Die meisten Kommentierungen waren bei Fertigstellung dieser Untersuchung noch auf altem Stand, beziehen sich daher noch auf die Normen des HGB a.F. 3 Nachweise zu diesen besonderen Altvorschriften S. 32 (Fn. 17 f.). 4 So Ruhwedel S. 67; MüKo-HGB/ Dubischar § 440 Rn. 1; Staub/ Helm§ 440 Rn. 2 a.E.; a.A. Basedow Transportvertrag, S. 339. Für Anwendung des § 647 BGB: H.-J. Abraham ZHR 117, 82 ff., 151 ff. , 156. Zur Analogie des Frachtführer-Pfandrechtes siehe noch S. 526 f. s Dazu einführend z. B. Herber NJW 1998, 3297 ff. , zum PfandrechtS. 3305.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
den Vertrag einbezogen. Und weiter: Während die Transporteurpfandrechte stets Besitzpfandrechte sind, ist dies bei den Befördererpfandrechten zumindest nicht selbstverständlich, da der Reisende (regelmäßig der Schuldner) mitgebrachte Sachen normalerweise im Eigenbesitz behält6 . 1. Rechtfertigende Erwägungen
Die Erwägungen, die für die Einräumung eines gesetzliches Pfandrechtes beim Transporteur anzuführen sind, entsprechen in weiten Teilen denen des§ 647 BGB und des Kommissionärpfandrechts: Frachtführer und Verfrachter (HGB) erbringen zum einen nach dem Gesetzesmodell Vorleistungen(§ 420 Abs. 1 und§§ 614,617 HGB) und können zum anderen auf die in ihrem Besitz befindlichen Güter als Basis für eine zunächst wiederum tatsächliche Sicherstellung vertrauen (Grundgedanke "exceptio doli"). Sie können ebenfalls durch eine Zurückbehaltung nur den Erfolg für den bzw. die Vertragspartner verhindern, haben ihren Aufwand aber bereits vollständig betrieben, wenn die Gegenseite ihrerseits nicht leistet. Wie bei § 647 BGB schafft das Pfandrecht hier einen Ausgleich7 , der - dies dürfte trotz Vorleistungspflicht des Frachtführers deutlich sein - das Risiko des Schuldnerausfalls wieder zu Lasten des Vertragspartners (sei es des Absenders/Befrachters oder des Empfängers) verschiebt. Sucht man nach Rechtfertigungsgründen, die hier das über eine Zurückbehaltung hinausgehende Eingriffsrecht erklären, stößt man wieder auf den Wertschaffungs- und den Kompensationsgedankens sowie ein anerkanntes besonderes Schutzbedürfnis des Transporteurs als historisch gewachsene Aspekte. Transportverträge sind ursprünglich stets auf die Beförderung von Handelswaren gerichtet gewesen. Es ist erst eine Entwicklung des 20. Jahrhunderts, daß nicht zum Verkauf bestimmte Sachen durch bezahlte Transporteure befördert werden, ohne daß der Eigentümer beim Transport dabei ist9 . Selbst die Beförderung von Waren durch Frachtführer ist rechtshistorisch eher jüngeren Datums, denn Gütertransportleistungen erlangen erst in einem fortentwickelten Wirtschaftssystem Bedeutung, das Distanzgeschäfte kennt. Ursprünglich transportierte jeder Händler seine Ware selbst bzw. ließ sie durch eigene Leute befördern 10. In einem nächsten Entwicklungsschritt kam es zur Einschaltung Dritter, wenn man besondere Beförderungsmittel benötigte. Es überrascht daher nicht, daß gerade in der Seefahrt die ersten Fremdbeförderungen vorkamen 11 . Zumeist war der Kaufmann (WareneigVgl. im einzelnen Abschnitt XII. Befördererpfandrechte S. 283 ff. Siehe auch dort S. 76 ff. s Vgl. schon S. 125. 9 "Ursprünglicher" ist insofern das Befördererpfandrecht, dazu S. 284. lO Landwehr Hdwb. Rechtsgeschichte, "Seerecht" Ziff. 1.; Basedow Transportvertrag S. 87 m. w.N. 6 7
IV. Transporteurpfandrechte
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ner) dann aber mit an Bord, um am Zielort zu verkaufen, und der Schiffseigner wurde nicht für die Beförderung bezahlt, sondern gesellschaftsähnlich am Verkaufserlös beteiligt 12. Solche nicht-frachtvertragliehen Abwicklungsformen erforderten ein geringes Maß an Sicherung, denn der Vertragspartner war ja zumindest präsent 13 . Erst nachdem dies entfiel, insb. weil man- siehe schon beim Kommissionärpfandrecht - an entfernten Orten Verkaufsmittler einsetzte und sich parallel eine bessere Verkehrsanbindung entwickelte, wurden mehr und mehr eigenständige Beförderer mit reinem Warentransport betraut. Erste Ansätze von Beförderungsverträgen gab es zwar schon in Rom, die dort anband von angepaßten Regeln allgemeiner Rechtsinstitute abgewickelt wurden 14• Trotz teilweise bestehender Parallelen, bspw. zu den damals schon gesetzlich gesicherten Vermietern, ist in Rom für Frachtführer wohl noch keine gesetzliche Sicherung vorhanden gewesen 15 • Die eigentliche Entwicklung hin zu unserem Verständnis vom Gütertransport begann im 12./13. Jahrhundert und verlief über Jahrhunderte, in denen der transportierende Kaufmann und der reine Fuhrmann immer noch nebeneinander bestanden 16• Mit einer zunehmenden Trennung des Kaufmanns von seiner Ware stieg für den Transporteur das Bedürfnis nach Sicherung durch das Transportgut Wie beim Kommissionär bestand auch bei ihm das Problem, vertragliche Sicherungen durchzusetzen. Fuhrleute sind im Prinzip nie in der Position gewesen, von den versendenden Kaufleuten eine Sicherheit verlangen zu können (sei es auch nur in Form eines Pfandrechtes an dem ihnen übergebenen Gut). Eine Rolle spielte dabei sicher, daß der versendende Kaufmann ebenfalls - ungesichert - Vertrauen in seinen Vertragspartners setzen mußte, denn immerhin überließ er einem stets auf Reisen Befindlichen seine Güter. Entwicklungsbasis des gesetzlichen Verwertungsrechtes war daher kein Vertragspfandrecht, sondern eine durch Sonderumstände modifizierte "exceptio doli" 17 . Diese Sonderumstände waren insoweit die Qualität des Sicherungsobjektes, die Werterhöhungskomponente und - als Erwägung zur Konstituierung im Gesetz- der Gedanke der Schutzbedürftigkeit des Transporteurs 18 • 11 Zu Transportprivi1egien, die im Mittelalter zur Einschaltung von Fuhrleuten zwangen, Basedow a. a. 0 . S. 87. 12 Dazu näher noch beim Havereipfandrecht, S. 323 f. 13 Basedow Transportvertrag S. 86; Landwehr Hdwb. Rechtsgeschichte, "Seerecht" Ziff. 11.2. 14 Vgl. Nachweise Fn. 13, zum ,,receptum nautarum" (Dig. 4, 9) Goldschmidt ZHR 3, s. 58 ff. 15 Vgl. dazu noch S. 225, möglicherweise wurden dem Schiffer gelegentlich Vertragspfandrechte eingeräumt, so jedenfalls Weiske Stichwort "Pfandrecht" S. 33 ohne weiteren Nachweis. 16 So Kellenbenz Hdwb. Rechtsgeschichte, "Spedition"; die Entwicklung war auch von der Art des Transportmittels abhängig, für das Seerecht wird eine "Trennung" erst auf das 19. Jahrhundert datiert (Basedow a. a. 0 . S. 87 m. w. N., unterhaltsame Darstellung dazu bei Puttfarken Rn. 4 ff.). 11 Vgl. schon S. 77 f. 18 Nachzulesen auch in den ADHGB-Protokollen S. 454.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Wenn das Gut (damals durchweg Handelsware) ohnehin vom Absender zur Veräußerung bestimmt war, konnte man dem Befördernden - wie schon dem Kommissionär - zubilligen, statt es an den nicht zahlungsbereiten Empfänger19 auszuliefern, es selbst zu veräußern (und sich so zu befriedigen). Neben dieser Rechtfertigung aus der Zweckbestimmung zur Veräußerung paßt für Handelsware als Transportgut auch der Wertschaffungsgedanke: Zwar wird das Objekt durch die Beförderung nicht in seiner Struktur verändert ("verbessert"), aber trotzdem ist bei Handelswaren jeder nötige Schritt bis zum Endabnehmer werterhöhend. Der Preis des Produktes beim Verbraucher spiegelt eben auch den Wert der Beförderung wider. Dieser Wertsteigerung trägt hier- anders als bei § 397 HGB 20 - auch § 443 HGB Rechnung, in dem er anordnet, daß in "umgekehrter" Priorität das spätere Pfandrecht Vorrang vor dem älteren hat21 . Bereits im Florentiner Seerecht von 1577 und im schwedischen Seerecht von 1667 sind auf dieser Basis gesetzliche Verwertungsrechte zugunsten der Entgeltforderung des Schiffers an der Ladung ersichtlich22. In Gesamtdeutschland wurde das Pfandrecht mit dem ADHGB konstituiert, nachdem es vorher nur in Einzelrechten bestand23. Das besondere Schutzbedürfnis der Unternehmer aufgrund ihrer Probleme bei der Erreichung vertraglichen Sicherungen wurde dabei gerade hervorgehoben. Heute sind diese Erwägungen durch die Entwicklung des Wirtschaftsverkehrs und die konkrete Ausgestaltung der Entstehungstatbestände in den Hintergrund getreten. Häufig sind die aus dem Transportvertrag Verpflichteten nicht die an der Ware Berechtigten, z. B. weil man über lange Ketten von Transportpersonen mit Unterfrachtführern agiert. Verwertung von Sachen ftir Schulden Dritter ist aber ftir deren Eigentümer immer ein schwerwiegender Eingriff, selbst wenn die Ware sowieso veräußert werden sollte. Das Transportgut ist nicht unbedingt Handelsware, sondern es ist üblich geworden, auch sonstige Sachen zu versenden (wichtigstes Beispiel ist Umzugsgut). Für solche paßt aber weder das Argument des geringen Eingriffs noch werden sie mit der Beförderung objektiv im Wert erhöht24 . Zuletzt ist die Ware heute häufig schon vor der Reise verkauft (vielleicht sogar "frei Haus") und soll nur noch zum Neueigentümer gelangen. Auch dann kann von einer geringen Belastung durch den Eingriff kaum gesprochen werden.
19 Beim Transportvertrag ist der Empfänger regelmäßig mit der Annahme zur Zahlung verpflichtet(§ 421 HGB). 20 Siehe oben S. 123. 21 K. Schmidt HR5 § 221ß 2; MüKo-HGB/ Dubischar § 443 Rn. 1. Die Neuaufnahme des § 623 HGB in § 443 HGB entspricht der schon vorher allgemein anerkannten Rechtslage, s. Prüßmann/ Rabe§ 623 Anm. B 4. 22 Siehe Goldschmidt Hdb. des Handelsrechts 112 S. 1000, insb. Fn. 12. 23 Prägender Vorläufer war wie so oft die Preuß. KO von 1855 (§ 33 Nr. 8}, siehe weitere Partikularrechte bei Goldschmidt a. a. 0. S. 1006 ff. 24 Allein in subjektiver Hinsicht - d. h. für den Absender - besteht immerhin noch ein Werterhaltungssapekt.
IV. Transporteurpfandrechte
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Dagegen ist ein anderer Aspekt der Rechtfertigung heute neu hinzugekommen. Wie aufgezeigt, konnte man ursprünglich und noch für das Pfandrecht vor der TRG-Novelle nicht von einem "im Gesetz typisierten Vertragspfandrecht" sprechen. Mit der AGB-Praxis- beginnend im 20. Jahrhundert- hat sich zunächst ein tatsächlicher Wandel eingestellt, der mit dem TRG für das gesetzliche Pfandrecht Berücksichtigung fand: Mit der schneller werdenden Geschäftsabwicklung und dem Massengeschäft erwies sich das gesetzliche Pfandrecht vielfach als zu eng. Die Geschwindigkeit, in der heute Transporte abgewickelt werden, und die Praxis, die Frachtforderungen zumeist nicht bar zu entrichten, sondern erst gegen Rechnung zu überweisen, führen dazu, daß die Güter oft ausgeliefert sind, bevor das Ausbleiben der Vergütung auffällt25 . Das Pfandrecht war damit in vielen Fällen erloschen, bevor es - da es auf den jeweiligen Transport beschränkt war- Bedeutung erlangte26. Es wurde zunehmend über AGB durch ein weitergehendes, begleitendes Vertragspfandrecht (insb. § 50 ADSp a.F. 27 und § 23 AGNB) ersetzt. Das AGB-Pfandrecht führte beim Vertragsschluß gegenüber der individuellen Vereinbarung zu weniger Durchsetzungsproblemen, denn es wurde (und wird) nicht bewußt wahrgenommen. Außerdem wurde es organisiert mit Unterstützung der zu Beginn dieses Jahrhunderts sich entwickelnden Verbände eingeführt, so daß es binnen kurzer Zeit als beinahe allgemeine Übung erschien28. Mit der Novelle 1998 trägt die Neufassung des gesetzlichen Pfandrechtes dieser Entwicklung Rechnung29, so daß jetzt auch der Gedanke eines typisierten Vertragspfandrechts als Rechtfertigung der gesetzlichen Befugnis herangezogen werden kann30. 2. Gesicherte Forderungen
Die beiden nach wie vor bestehenden Entstehungstatbeständen sind hinsichtlich der gesicherten Forderungen sinnvollerweise nur nacheinander zu untersuchen. Die vorhandenen Unterschiede werden dabei deutlich sein.
25 Siehe so BR-Drucks. 368197 S. 79 (entspricht BT-Drucks. XIII 18445); ebenso schon für§ 410 HGB a.F.- MüKo-HGB I P. Bydlinski § 410 Rn. 6. 26 Dazu noch unten S. 147 f., 155 f. 27 Die ADSp sind zwar Spediteurbedingungen, aber wegen der berufstypischen Tätigkeitsvermischung im Anwendungsbereich erweitert (siehe§ 2lit. a ADSp). 28 Zur Entwicklung der ADSp bspw. MüKo-HGB I P. Bydlinski Vor § 1 ADSp Rn. 1 ff. m. w.N. 29 Siehe die entsprechenden Erwägung in BR-Drucks. 368197 S. 81. 30 Dazu noch im Befund S. 434 ff. 10 Bechtloff
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
a) Allgemeines Pfandrecht gemäߧ 441 HGB
aa) Voraussetzung Frachtvertrag Grundvoraussetzung für die Anwendung der§§ 441 ff. HGB ist, daß ein Frachtvertrag im Sinne des § 407 HGB vorliegt, wie sich sowohl aus § 441 HGB selbst als auch aus § 407 Abs. 3 HGB ergibt. Der Begriff des Frachtvertrages erfaßt im neuen Recht - vgl. § 407 Abs. I und Abs. 3 HGB -jede Güterbeförderung an einen anderen Ort zu Land, auf Binnengewässern oder durch die Luft durch einen gewerblichen Unternehmer. Alle diese Beförderungen sind - und damit jedenfalls jetzt auch die Luftfracht - mit einem gesetzlichen Pfandrecht gesichert. Es ist- wie schon nach altem Recht- für die Anwendung der§§ 441 ff. HGB gleichgültig, ob die übrigen HOB-Vorschriften zum Frachtvertrag (also die §§ 408 ff. HGB) durch Sonderbestimmungen verdrängt werden31 . Derartiges ist insbesondere bei internationalen Transporten die Regel, denn dort gelten zwingende Sonderregeln (z. B. die CMR für grenzüberschreitenden Güterverkehr über die Straße oder das Warschauer Abkommen für internationale Luftfracht). Da diese durchweg keine Regelungen über Sicherungsrechte enthalten und zur Lückenfüllung auf nationales Recht zurückgegriffen werden kann32, entfalten die §§ 441 ff. HGB auch in deren Anwendungsbereich Wirkung. Vorauszusetzen ist dabei natürlich, daß überhaupt deutsches Recht anwendbar ist33 . Eine Neuerung durch das TRG ergibt sich durch § 407 Abs. 3 S. 2 HGB. Voraussetzung für die Anwendung des Frachtrechtes (und damit der§§ 441 ff.) ist danach nicht mehr, daß ein Kaufmann tätig wird34• Das Frachtrecht findet jetzt auf alle gewerblichen Unternehmer Anwendung (zu transportierenden Privatleuten und frachtähnlichen Verträgen noch unter 5. Vergleichsfälle). Daß auf Absenderseite andererseits jeder Privatmann Vertragspartner sein kann ()Jeachte auch die §§ 451 ff. HGB), verdeutlicht, daß bereits beim ADHGB die Grundgedanken von Werterhöhung und Kompensation nicht mehr als wirklich entscheidend angesehen wurden, sondern statt dessen die Möglichkeit einfacher Handhabung durch den Gläubiger bereits im Vordergrund stand. Für den mit dem TRG eingeführten Gedanken des typisierten Vertragspfandrechts ist dieser Anwendungsbereich ohnehin nicht verwunderlich.
31 So schon nach altem Recht BGH v. 5. 2. 1987 VersR 1987, 678, 680; Heymann/ Honsell § 440 Rn. 2; Staub/ Helm§ 440 Rn. 2m. w. N. 32 Allgemein für die CMR BGH v. 7. 3. 1985 NJW 1985, 2091 f.; speziell zu§ 440 HGB a.F. BGH v. 5. 2. 1987 VersR 1987, 678, 680; OLG Hamm v. 25. 9. 1984 TranspR 1985, 100, 101. 33 Dazu Palmberger S. 54 ff.; MüKo-BGB/ Kreuzer Nach Art. 38 Anh. I Rn. 105 ff.; zur 1999 erfolgten !PR-Novelle für das Sachenrecht vgl. SpickhoffNJW 1999, 2209, 2214. 34 So vorher durch §§ 425, 451 HGB a.F. Kritisch dazu schon seinerzeit K. Schmidt HR4 § 32 II 1.
IV. Transporteurpfandrechte
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bb) Forderungen des wirksamen Frachtvertrages Das Pfandrecht besteht nur, wenn ein wirksamer Vertrag vorliegt. Dies war bereits für das alte Recht unstreitig35 und ist nach dem Wortlaut der Neufassung ebenfalls eindeutig. Forderungen, die nicht vertraglicher Natur sind, seien sie auch als Folge der Beförderung entstanden, sind dagegen selbst dann nicht gesichert, wenn neben ihnen ein Frachtvertrag besteht36• Besteht aber ein wirksamer Frachtvertrag, sichert§ 441 HGB alle Forderungen aus diesem, auch wenn sie mit einer Werterhöhung in keinem Zusammenhang stehen. Gesichert sind danach zum Beispiel Schadenersatzforderungen des Frachtführers (z. B. aus pVV, § 414 HGB oder § 286 BGB)37 • Umfaßt der Vertrag mehrere Transporte, sichert jedes Objekt die Forderung für den Gesamtfrachtlohn aller Transporte38• All dies entsprach bereits nach§ 440 a.F. HGB seit langem der herrschenden Meinung. Die dort aufgezählten speziellen Forderungen wurden nur als Beispiele, nicht als Enumerationskatalog verstanden. Hierin liegt auch der Grund, warum der TRG-Gesetzgeber die Aufzählung als entbehrlich ansah und in § 441 HGB gestrichen hae9 . Unmaßgeblich ist für die Forderung zuletzt, wer Schuldner des Anspruchs ist. Zwar ist beim Frachtvertrag der Empfänger - als hier typischer Gegner im Streit um die Sache- gern.§ 421 Abs. 2 und 3 HGB nach Annahme der Güter ohnehin zur Zahlung verpflichtet40. Für das Pfandrecht ändert es aber auch nichts, wenn er nach dem Frachtvertrag ausdrücklich von Forderungen freigehalten wird41 • cc) Unbestrittene Forderungen aus anderen Transportverträgen Eine Modifikation tritt durch § 441 HGB gegenüber der Regelung des § 440 HGB a.F. ein, als das Pfandrecht jetzt nicht mehr auf die Forderungen des jeweiligen Vertrages (sog. konnexe Forderungen42) beschränkt ist. Umfaßt sind nun eben35 Bereits Rundnagel Ehrenbergs Hdb. V /2 S. 186; Heymann/ Honsell § 440 Rn. 3; Staub/ Helm§ 440 Rn. 4; Schlegelberger/ Sehröder § 440 Rn. 6, 7. Zum neuen Recht Koller TR4 § 441 Rn. 2, 9. 36 Vgl. entsprechend bei § 397 HGB, S. 127 f., mißverständlich insofern Müglich § 441 Rn.2. 37 Müglich § 441 Rn. 8; zum alten Recht OLG Hamm v. 25. 9. 1984 TranspR 1985, 100, 101; Heymann/ Honsell § 440 Rn. 9. 38 RGZ 74, 398, 400 v. 8. 11. 1910; K. Schmidt HR5 § 32 II 8; zum alten Recht a.A. Staub/ Helm§ 440 Rn. 11. 39 Nachzulesen in BR-Drucks. 368/97 S. 79. 40 Zur Konstruktion K. Schmidt HR5 § 32 II 6b cc; zum Unterschied im Seerecht noch unten. 41 RGZ 122,221,226 v. 2. 11. 1928; Staub/Helm§ 440 Rn. 8; MüKo-HGB/Dubischar § 440Rn. 6. 42 Zum Begriff vgl. schon beim KommissionärS. 128 und noch im BefundS. 425 ff.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
so ("inkonnexe") Forderungen des Frachtführers wegen anderer Fracht-, Speditions- und Lagerverträge mit dem Absender, also von transportbezogenen Verträgen in einem weiteren Sinne(§ 441 Abs. 1 S. 1 Halbs. 2 HGB). Eine solche Ausdehnung gab es zuvor - im Bereich der gesetzlichen Transporteurpfandrechte - nur in § 22 GüKUMB, der für§ 441 HGB nunmehr Vorbild war43 • Eine entsprechende Erweiterung für alle Frachtführer sahen allerdings die erwähnten AGB-Pfandrechte vor. Eine gewisse Parallele besteht zu § 397 HGB, der Altforderungen aus demselben Vertragstyp sicherte. Die für den Frachtführer jetzt erfolgte Erweiterung ist hinsichtlich der erfaßten Vertragsforderungen noch umfassender; in anderer Hinsicht gehen die gesicherten Forderungen aber nicht so weit wie bei § 397 HGB: Wahrend beim Kommissionär nämlich alle Forderungen aus alten Kommissionsverträgen gesichert sind, erlaßt das Frachtführerpfandrecht nur - entsprechend § 22 GüKUMB, §50 lit. c ADSp, § 23 Nr. 4 AGNB- "unbestrittene" Forderungen aus Altverträgen. Die damit erfolgte Einschränkung ist das Ergebnis der im Gesetzgebungsverfahren kontrovers behandelten Frage, ob und wie man das Pfandrecht auf inkonnexe Forderungen erweitern sollte. Die Sachverständigenkommission hatte sich unter Hinweis auf die bestehende Sicherung über§§ 369 ff. HGB dafür ausgesprochen, die alte Rechtslage beizubehalten44• Der Regierungsentwurf hatte demgegenüberzu Recht - darauf hingewiesen, daß damit die zuvor geringe praktische Bedeutung des Pfandrechts (vgl. schon soeben 1.) weiter fortgeschrieben würde. Der Vorschlag des Regierungsentwurfes war daher eine Erstreckung des Pfandrechtes auf "anerkannte oder rechtskräftig festgestellte" inkonnexe Forderungen45 • Das gegen diese Formulierung angeführte Argument, daß die Bedeutung des Pfandrechtes so nicht vergrößert werde, weil solche "Anerkenntnisse" kaum vorkommen und nach rechtskräftiger Entscheidung ohnehin fast kein Bedarf nach dem gesetzlichen Pfandrecht bestünde, ist ebenso zutreffend46 • Als Folge davon beschloß der Bundestag die jetzige Formulierung, an der bereits - nun aus Griinden der Rechtssicherheit-ersteKritik geäußert wurde47 . Es stellt sich die Frage, wann eine Forderung als "unbestritten" anzusehen ist. Betrachtet man die vorhandenen Erläuterungen und Urteile zur vergleichbaren Lage bei§ 50 ADSp a.F. oder§ 22 GüKUMB48 , kann man festhalten, daß eine "un43 BR-Drucks. 368/97 S. 79. Die ursprüngliche Abweichung des § 22 GüKUMB (bzw. dem Vorläufer§ 21 GüKUMT) wurde seinerzeit mit der "Besonderheit des Handelsmöbeltransports" begründet (siehe Widmann S. 221); nach Auffassung des nunmehr das allgemeine Recht angleichenden Gesetzgebers wohl zu Unrecht. 44 BAnz. Nr. 228a vom 5.120.1996 S. 115. 45 BR-Drucks. 368/97 S. 10, 79. 46 So der Rechtsausschuß des Bundestages, vgl. BT-Drucks. XIII/10014 S. 61. 47 Herber NJW 1998, 3297, 3305 (Vorsitzender der Sachverständigenkommission). 48 § 50 ADSp a.F. formulierte "nicht strittig", wurde aber stets wie § 22 GüKUMB verstanden.
IV. Transporteurpfandrechte
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bestrittene Forderung" dann vorliegt, soweit diese nicht "mit substantiierten Argumenten" vom Gegner in Abrede gestellt wird49. Gewisse Probleme sind bei der Bestimmung des Rechtsbegriffes "unbestritten" natürlich ersichtlich, erscheinen aber lösbar50. Es ist nicht zu erwarten, daß dies die Sicherheit des vom dinglichen Pfandrecht tangierten Rechtsverkehrs in einem besonderen Maße beeinträchtigt. Bei Pfandrechten hängt der Bestand des Rechtes immer von der Existenz der Forderung ab. Dritte sind so darauf angewiesen, daß eine der Parteien mögliche Informationen über Streitpotential kundgibt. Das Bestehen der Forderung an sich ist dabei zumeist schwerer festzustellen als die Frage, wann (noch) von unbestrittenen Forderungen auszugehen ist. In dem Augenblick, in dem ein neuer Frachtvertrag geschlossen wird und der Frachtführer den Besitz am Objekt erlangt, entsteht das Pfandrecht für alle entsprechenden, bis zu dieser Zeit unbestrittenen inkonnexen Vertragsforderungen51 • Welche Konsequenz hat es aber, wenn nach dieser Entstehung und insb. nach der ersten Geltendmachung des Pfandrechtes die Forderung (substantiiert) bestritten wird?52 Man wird annehmen müssen, daß in diesen Fällen das Pfandrecht- mit Wirkung ex nunc - wieder erlischt. Die andere Konstruktionsmöglichkeit, Entfallen des Rechtes mit Rückwirkung (durch Bestreiten als auflösende Bedingung), erscheint unsachgemäß: Würde man dem auf das Pfandrecht vertrauenden Gläubiger rückwirkend die Grundlage für bereits auf das Pfandrecht gestützte Maßnahmen entziehen, hätte er bei konstruktivem Bestreiten, ggf. trotzbestehender Forderungen, rechtswidrig gehandelt. Da ein Bestreiten durchaus nicht vorher absehbar sein muß, erscheint es nicht angemessen, den Gläubiger diesem Vorwurf und möglichen Rechtsfolgen daraus auszusetzen53 • Da die Konstruktion über ein Erlöschen "ex nunc" dem Schuldner (oder sonst Berechtigten) keine untragbaren Nachteile, sondern nur geringe Verzögerungen bringt (er muß nur substantiiert bestreiten), erscheint sie der überzeugendere Weg zu sein. Als Folge davon ist das Bestreiten für den Schuldner solange von Nutzen, wie das Pfandrecht nicht schon aus anderen Gründen - insbesondere durch die Verwertung und Befriedigung - erloschen ist.
49 LG Köln v. 6. 7. 1970 BB 1970, 904; MüKo-HGB/ P. Bydlinski §50 ADSp Rn. 41; anders OLG Köln v. 9. 3. 1984 TranspR 1985, 26, 28: einfaches Bestreiten genügt. Zum neuen Recht: Koller TR4 § 441 Rn. 11. 50 So bei der Gleichstellung von "abwegigen" Bestreitensgründen. Einer solchen Gleichstellung ist wirklich nur bei ,,Evidenz", d. h. bei offensichtlich unschlüssigen Einwänden, zuzustimmen, ebenso wohl MüKo-HGB/ P. Bydlinski §50 ADSp Rn. 41. 51 Auch hier gilt - wie bei § 397 HGB -, daß alte außervertragliche Ansprüche nicht gesichert sind. 52 So die Frage von Herber NJW 1998, 3297, 3305. 53 Die Verwirklichung einer deliktischen Haftung hinge dann nur vom Verschulden ab.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
b) Pfandrecht beim Seetransport § 623 HGB
aa) Forderungen gegen den Ladungsempranger Vergleicht man das Verfrachterpfandrecht in § 623 HGB mit dem allgemeinen Frachtführerpfandrecht, fallt zuerst auf, daß statt einer eigenen Bestimmung der gesicherten Forderungen auf den Katalog des § 614 HGB verwiesen wird. § 614 HGB handelt dabei nicht generell von den aus dem Seefrachtvertrag resultierenden Forderungen, sondern bestimmt die Ansprüche, die der Empfänger durch die Annahme der Ware zu leisten verpflichtet ist. Das Seefrachtrecht trägt so im Bereich des Pfandrechtes der Besonderheit Rechnung, daß im Regelfall - nach dem gesetzlichen Modell - allein der Empfanger zahlungspflichtig sein soll (befreiende Schuldübemahme54 gern. §§ 625, 627 HGB; anders beim Landtransport, siehe § 421 Abs. 4 HGB). Der Befrachter dagegen- als ursprünglicher Vertragspartnerbleibt nach Auslieferung der Ladung an den Empfanger nur ausnahmsweise Zahlungsschuldner (näher sogleich). Die Erklärung dafür ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte. Das Seefrachtrecht, einschließlich der§§ 614, 623 HGB, stammt im wesentlichen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts55 ; einer Zeit, in der die Segelschiffahrt mit langen Reisezeiten das Rechtsverständnis prägte56• Da man damals- was schon wegen der Unsicherheit der Ankunft sachgerecht war (vgl. auch § 617 HGB) - an der geläufigen Übung festhalten wollte, das Entgelt erst nach Ankunft zu zahlen, war es sinnvoll, zu diesem Zeitpunkt den Vertrag vollständig abzuwickeln. Diese Praxis floß über das ADHGB in unser heutiges Recht ein. Das Pfandrecht ist von dieser Vorstellung des mit der Annahme der Ladung wechselnden Anspruchsgegners geprägt. Es sichert so als Normalfall die Ansprüche, die der Verfrachter vom Empfanger aufgrund der Rechtsgrundlage verlangen kann, die ihrerseits dem Empfanger seine Rechte vermittelt. Nach § 614 HGB kann diese Grundlage der Frachtvertrag oder - so die heute ständige Praxis - das Konnossement sein. Bei den gesicherten Forderungen handelt es sich - wie beim Landfrachtvertrag - regelmäßig um frachtvertragliche Ansprüche, denn auch durch das Konnossement(§§ 642 ff. HGB) werden im Prinzip keine anderen Forderungen vermittelt57 • Allerdings müssen als Folge dieser Konstruktion nicht alle frachtvertragliehen Ansprüche des Verfrachters gesichert sein. Zwar bestimmen §§ 623 Abs. I und 614 HGB einerseits umfassend, daß das Pfandrecht neben speziell genannten An54
Prüßmann/ Rabe§ 614 Anm. D 1a.
Änderungen gab es vor allem im Haftungsrecht (SeefrachtrechtsG 1937 und SRÄG). Vgl. Art. 629 ADHGB; s.a. Landwehr Hdwb. Rechtsgeschichte, "Seerecht" XI.2; insofern kritisch zur Brauchbarkeit des HGB schon Wüstendorfer SHR S. 23; dito Prüßmann I Rabe Ein!. II E 1, Vor§ 556 I B; von ,,Museumsrecht" spricht Puttfarken Rn. 147. 57 Zum Konnossement als Beweisurkunde über den Frachtvertrag K. Schmidt HR5 § 32 IV 2b. 55
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IV. Transporteurpfandrechte
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sprüchen wie Fracht etc. auch " . .. alle ihm (dem Empfänger) sonst obliegenden Verpflichtungen. .. " aus der maßgebenden Rechtsgrundlage sichert. Da diese maßgebende Grundlage für das Herausgabeverlangen und damit für die Forderung regelmäßig das Konnossement ist und die Ansprüche daraus sich nicht mit denen des Frachtvertrages decken müssen, kann es vorkommen, daß das Pfandrecht doch nicht alle frachtvertragliehen Ansprüche sichert58 . Ein Beispiel dafür ist das Konnossement mit "freight-prepaid-Vermerk", der eine Verpflichtung zur Frachtzahlung für den Empfänger gerade ausschließt. Als Folge besteht bei Auslieferung selbst dann kein Pfandrecht, wenn das Entgelt - wie tatsächlich oft - noch nicht bezahlt ist59• Soweit die aus dem Konnossement ersichtlichen Ansprüche also vom Frachtvertrag abweichen, hat der Empfänger diese weder zu zahlen noch sind sie durch § 623 HGB gesichert. In besonderen Situationen kann die Loslösung vom Frachtvertrag sogar dazu führen, daß § 623 HGB Ansprüche sichert, die -jedenfalls ursprünglich - gar nicht vertraglicher Natur sind. Ist beispielsweise der Frachtvertrag - z. B. wegen Gründen in der Person des Befrachters - unwirksam, das Konnossement demgegenüber aber wirksam, besteht bei Ankunft ein Herausgabeanspruch aus dem Konnossement, der nur gegen Zahlung der eigentlich außervertraglichen Frachtentgelte (Bereicherungsansprüche) befriedigt werden muß (vgl. § 656 Abs. 1 HGB)60. Allerdings ist dies gleichwohl kein Fall, in dem ein an einen Vertrag gekoppeltes Pfandrecht ohne wirksame Willensbetätigung außervertragliche Ansprüche sichert. Die Annahme ist eine Willenserklärung des Empfängers, mit der dieser - gesetzlich typisiert - seine Verpflichtung gegenüber dem Verfrachter rechtsgeschäftlich billigt. Selbst wenn der Transportvertrag (mit dem Befrachter) unwirksam war und an sich nur außervertragliche Ansprüche bestehen, werden diese mit der Annahme gerade rechtsgeschäftlich legitimiert und sind damit pfandrechtlich gesichert. bb) Sonderfall: Ansprüche gegen den Befrachter Modifikationen ergeben sich für den Fall, daß der Empfänger gleichzeitig der Befrachter ist, denn dieser kann - ggf. trotz Konnossements - die Herausgabe nur verlangen, wenn er alle frachtvertragliehen Ansprüche befriedigt61 • Entsprechendes gilt, wenn- z. B. wegen einer Annahmeverweigerung- nicht der beabsichtigte Empfänger, sondern doch wieder der Befrachter die Ladung abnimmt (u.U. auch nach Rücklieferung). § 627 Abs. 2 HGB bestimmt, daß dem Verfrachter dann das 58 Insoweit allgemeine Meinung: Prüßmann I Rabe § 614 Anm. D 2; Schaps I Abraham § 623 Rn. 1 u. § 614 Rn. 16 ff.; Schlegelberger/Liesecke § 623 Rn. 3, alle mit Beispielen. Siehe auch Nachweise in Fn. 59. 59 BGH v. 15. 6. 1987 TranspR 1987, 439, 441; OLG Harnburg v. 30. 8. 1990 VersR 1991, 604; Prüßmannl Rabe§ 614 Anm. D 1b; VertragshandbuchiWeipert Bd. 312, V.4.15. 60 Siehe BGHZ 25, 300, 303 f. v. 10. 10. 1957; s.a. Prüßmannl Rabe§ 614 Anm. D 2a. 61 Prüßmann I Rabe§ 623 Anm. B 3a; Vertragshandbuch I Weipert Bd. 312, V.4.15.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Pfandrecht wegen der Forderungen gegenüber dem Befrachter zusteht. Abs. 2 Satz 2 der Norm und die entsprechende Anwendung der Auffangklausel des§ 614 HGB ("alle sonst obliegenden Verpflichtungen") gern. Abs. 2 S. 1 führen so zur Sicherung aller frachtvertragliehen Ansprüche. Für die Entstehung des Verfrachterpfandrechts läßt sich daraus folgern: Es entsteht in Höhe der gesamten vertraglichen Forderungen bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen, d. h. Forderungsentstehung mit Abschluß des Frachtvertrages/Erstellung des Konnossements und Übernahme der Güter (dazu noch 3.)62 . Am Zielort besteht es in dieser Höhe zunächst fort, selbst wenn der Verfrachter gegenüber dem Empfanger auch insoweit nur die Ansprüche geltend machen darf, die dieser bei einer Annahme zu zahlen hat. Diese "Beschränkung" des Pfandrechts der Höhe nach ist konstruktiv notwendig, weil im Falle einer Annahmeverweigerung das Pfandrecht in ursprünglicher Höhe (fort-)besteht (§ 627 HGB). Nimmt der Empfanger die Lieferung dagegen an, erlischt das Pfandrecht in der die Empfängerverbindlichkeit übersteigenden Höhe (zur 30-Tage-Nachfrist noch unter 3.). cc) Erweiterung durch Analogie Außerhalb des Seerechtes steht man - gerade im Bereich des Transportrechtes Analogien bei gesetzlichen Pfandrechten eher ablehnend gegenüber63 . Im Seerecht ganz allgemein64 und speziell für § 623 HGB wird demgegenüber eine analoge Anwendung des gesetzlichen Pfandrechtes für an sich nicht erfaßte Forderungen recht großzügig befürwortet. In analoger Anwendung des § 623 HGB sollen erstens die sog. "Fautfracht" (eine Ausfallvergütung) und andere Ansprüche im Falle der Kündigung vor Reiseantritt (§§ 580, 581 Abs. 2, 582 Abs. 2, 586 Abs. 3 HGB) und zweitens Ansprüche gemäß § 564a S. 3 HGB (für heimlich verladene Güter) gesichert sein65 . Für die erstgenannten Ansprüche - die Ersatzansprüche nach Kündigung - bedarf es meines Erachtens keiner Analogie: Die Voraussetzungen zur Entstehung des Pfandrechtes im oben ausgeführten Sinne sind erfüllt, wenn das Gut übergeben wurde und der Frachtvertrag wirksam zustande kam. Für die daraus resultierende (vertragliche) Forderung kann der Verfrachter das Pfandrecht- gegenüber dem Befrachter - geltend machen, obgleich der Frachtvertrag gekündigt wurde, denn das 62 Im Ergebnis (ohne konstruktive Erläuterung) ebenso OLG Harnburg v. 30. 8. 1990 VersR 1991, 604 f. 63 Zum alten Luftfrachtrecht vgl. schon Nachweise oben Fn. 4; bei der Schiffsüberlassung zur Güterbeförderung siehe sogleich S. 158; zum Ganzen im Befund ab S. 516. 64 Ausdrücklich für Analogien gesetzlicher Pfandrechte im Seerecht vor allem die ältere Literatur: Heck Große Haverei S. 448 f.; Pappenheim S. 346 f. m. w. N.; für das Transporteurpfandrecht in neuerer Zeit K. Abraham WuB IV.D § 440 HGB 1.86. 65 Prüßmann/ Rabe§ 623 Anm. B 3c, § 564a Anm. C 4.
IV. Transporteurpfandrechte
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beseitigt diesen nur mit Wirkung für die Zukunft66• Da die Beschränkung durch § 614 HGB gegenüber dem Empfänger ohnehin -mangels Reiseantritts der Ladung - keine Bedeutung hat, steht also einer direkten Anwendung des § 623 HGB nichts im Wege. Anders für Ansprüche gern. § 564a S. 3 HGB. In diesen Fällen fehlt es für die Güter an einem Frachtvertrag mit dem die Ware Versendenden, da sie eben ohne die Kenntnis des Beförderers (vgl. ergänzend§ 564c HGB) an Bord gebracht wurden. Es handelt sich im Verhältnis dieser Beteiligten daher um eine Sonderform eines gesetzlichen Anspruches aus einer modifizierten Geschäftsführung ohne Auftrag67 , der auf die höchste am Abladungsort für solche Reise übliche Fracht gerichtet ist. Die Frage, ob man hier eine Analogie befürwortet, hängt zum einen natürlich davon ab, ob man bei gesetzlichen Pfandrechten überhaupt eine Analogie für möglich hält (dazu näher im Befund68 ). Aber selbst wenn man sich generell der Möglichkeit nicht verschließt, bleiben Bedenken. Auf den ersten Blick scheint eine Analogie billigenswert zu sein, weil sie den getäuschten Verfrachter schützt. Und doch gibt es gute Gründe dagegen: § 623 HGB ist ein in die Vertragsregeln des Seefrachtvertrages (§§ 556 ff. HGB) eingebundenes Pfandrecht und sichert außerhalb der Analogie keine Ansprüche, die nicht rechtsgeschäftlich unterlegt sind. Außerhalb des § 623 HGB - d. h. bei anderen gesetzlichen Pfandrechten, die in Vertragsregeln eingebunden sind - ist es zumeist ganz herrschende Auffassung, daß ohne Vertrag eine Entstehung des Rechtes ausscheidet69• Derjenige, der bewegliche Sachen ohne Rechtsgrund besitzt, hat allgemein nur ein (abgeschwächtes) Befriedigungsrecht aus §§ 1000 ff. BGB70 oder §§ 369 ff. HGB. Wollte man dies hier anders sehen, müßte man schon eine gute Begründung haben. Allein die Tatsache, daß der Schiffer in bezug auf die Höhe des Anspruchs besser gestellt wird als andere (vgl. demgegenüber §§ 994 ff. BGB), besagt nicht, daß er deswegen auch eine bessere - und sogar dingliche - Sicherung erhalten soll. Die Tatsache, daß jemand eine Leistung erbringt, weil er getäuscht wird, ist im übrigen sonst nie ein Argument für die Konstituierung von gesetzlichen Verwertungsrechten. Zur Verdeutlichung kann man den Blick auf die bereits erörterten Pfandrechte werfen: Die sich zum Vergleich anbietenden Werkunternehmer und Frachtführer haben ihr Recht nur für die vertragliche Forderung. Erbringen sie ihre Leistung ohne Vertrag, entfällt das Pfandrecht. Erbringen sie die Leistung durch Täuschung zu preisgünstig, können sie eventuell den Vertrag beseitigen, ein Pfandrecht erhalten sie für etwaigen Mehrlohn aber nie. 66 Dies sieht auch Rabe a. a. 0 ., er begründet aber nicht, wieso er die direkte Anwendung ausschließt. Ähnlich schon beim Werkunternehmer für§ 649 BGB, vgl. S. 86 f. 67 Zutr. Prüßmann I Rabe § 623 Anm. B 3c: "gesetzliches Schuldverhältnis". 68 Ausführlich ab S. 516 ff. 69 Vgl. bei der Bestandsaufnahme der anderen Einzelrechten und im Befund ab S. 489. 70 Dazu noch unter VIII.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Praktisch ist die Situation des Anspruchsinhabers gern. § 564a HGB auch ohne Pfandrecht zumeist nicht besonders schlecht: Dem - in diesen Fällen natürlich nicht aus einem Konnossement berechtigten - Empfänger kann er zunächst ein Zurückbehaltungsrecht entgegenhalten und die Herausgabe bis zur Zahlung verweigern (entweder wegen §§ 986 Abs. 2 BGB oder wegen §§ 413, 404 BGB i.V.m. § 273 BGB). Probleme gibt es für den rechtsgrundlos die Verfrachtung Leistenden vor allem dann, wenn deijenige, der die Sachen an Bord brachte, hinsichtlich dieser gar keine Berechtigung hatte. Aber dies ist keine Besonderheit des § 623 HGB, sondern betrifft alle Geschäftsführer ohne Auftrag (abgesehen vom Retter, dazu noch XVI.). Tatsächlich ist daher kein Raum für eine Analogie. dd) Inkonnexe Forderungen Aus den gemachten Ausführungen ergibt sich weiter, daß das Verfrachterpfandrecht - anders als § 441 HGB - nicht für Ansprüche aus anderen Verträgen gilt. Wollen die Parteien dies trotzdem erreichen, müssen sie ein entsprechendes (AGB-) Vertragspfandrecht vereinbaren71 • ee) Vergleich zum allgemeinen Frachtführerpfandrecht Gerade in bezug auf die Situation bei den gesicherten Forderungen ergeben sich zwischen den beiden Transportpfandrechten damit deutliche Unterschiede, die durch den Wortlaut der§§ 623, 614 HGB und die seefrachtrechtliche Schuldübernahme vorgegeben sind. Gleichwohl kann man sehr wohl in Frage stellen, womit dies gerechtfertigt ist. Der Empfänger ist beim Seetransport nicht schutzwürdiger als bei der Landfracht Zwar ist er vom - ihm vielleicht regreßpflichtigen - Befrachter weiter entfernt; dies ist heute aber kein wirkliches Hindernis. Probleme der Internationalität der Beziehung gibt es beim Landtransport auch. Die reine Entfernung von Deutschland, spielt bei den Schwierigkeiten, einen Anspruch durchzusetzen, eigentlich keine Rolle. Die Transportrechtsnovelle hat in Teilbereichen bereits für Verschiebungen gesorgt: Nach §§ 452 HGB richtet sich bei einem sog. multimodalen Transport (MMT72, d. h. mit verschiedenen Transportmitteln aufgrund einheitlichen Vertrages) auch das Pfandrecht der Seestrecke regelmäßig nach den§§ 441 ff. HGB. Der erste Schritt der Angleichung ist damit getan. 71 Üblich sind in den meist englisch gefaßten Konnossementen sog. "1ien"-Klauseln, die jedenfalls wenn sie, wie im Coneline-Bill, mit Verwertungsrecht ausgestattet sind - als Pfandrechtsklauseln verstanden werden, siehe Weipert a. a. 0 . (Fn. 61); sie sichern aber zumeist nur ,,konnexe" Forderungen, weitergehend z. B. im Bereich des MMT, siehe das FIATA-B/L abgedr. bei MüKo-HGB/ P. Bydlinski Anhang 4 nach§ 415. n Dazu MüKo-HGB/ P. Bydlinski MMT (Anhang 3 nach§ 415) Rn. I.
IV. Transporteurpfandrechte
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3. Sicherungsobjekt
a) Güterbegriffund Konnexität Nach § 441 HGB ist das "Gut" - und entsprechend § 623 HGB die "Güter" Sicherungsobjekt des Pfandrechtes. Wie schon unter "IV.l. Rechtfertigende Erwägungen" dargelegt, sind unter Gütern nicht nur Handelswaren i.S.v. § 1 Abs. 2 HGB a.F., sondern entsprechend § 407 Abs. 1 HGB jede zur Beförderung bestimmte Sache zu subsumieren73 • Durch die Bindung an den Begriff "befördert" bedarf das Objekt im Frachtrecht - anders als beim Werkunternehmerpfandrecht (mit den Begrenzungen ,,hergestellt oder ausgebessert"74) - keiner weiteren Spezifizierung. Der damit sehr weite Güterbegriff ist als allgemeines Kriterium für Transportverträge(§§ 407 ff. HGB) sicher sachgerecht, weil die meisten Normen dieses besonderen Schuldvertrages auf jede beförderte Sache passen. Für das Pfandrecht ist das Abstellen auf denselben Begriff dagegen nicht unbedingt angemessen. Dies führt nämlich dazu, den das gesetzliche Verwertungsrecht rechtfertigenden Aspekt der Wertschaffung in der Bedeutung erheblich zurückzudrängen. Erfaßt sind so auch Sachen, die durch den Transport objektiv nicht im Wert erhöht wurden (wie das Umzugsgut). Mit dem TRG hätte man diesen Ansatz für das Pfandrecht ändern können, zumal man ohnehin spezielle Regeln für Umzugstransporte mit in das HGB aufnahm(§§ 451 ff. HGB). In der alten GüKUMB, der zuvor geltenden Verordnung für den Transport von Handels- und Urnzugsmöbeln, hatte man dies mit der Beschränkung des speziellen Pfandrechtes (§ 22 GüKUMB) auf Handelsmöbel überzeugend vorgemacht75 . Für die§§ 440, 623 HGB hätte man gleiches durch ein Anknüpfen des Pfandrechtes allein an Handelsware erreichen können. Daß dies nicht so umgesetzt wurde, ist leicht zu erklären: Für das TRG wurden sowohl der Wertschaffungs- als auch der Kompensationsaspekt als Rechtfertigung der gesetzlichen Verwertungsbefugnis aus den Augen verloren. Dies zeigt sich auch daran, daß für den neuen § 441 HGB der vormals (bis 1998) für die Pfandrechtsentstehung notwendige Zusammenhang zwischen Forderung und Sicherungsobjekt, die "Konnexität", aufgegeben wurde. Diese beachtete bis dahin (typisiert) den Wertschaffungsaspekt, da nur eine objektbezogene Beförderung den Wert des Gutes erhöhen kann. Die Neuregelung trägt statt dessen mehr der "besonders schutzbedürftigen" Gläubigersituation und dem Umstand Rechnung, daß sich dieser praktisch durch AGB-Pfandrechte beholfen hat. Man kann festhalten, daß jetzt der spezielle Gläubigerschutz und das typisierte Vertragspfandrecht (als Reaktion auf eine vor73 Staub/ Helm § 440 Rn. 7; MüKo-HGB/ Dubischar § 440 Rn. 5; s.a. OLG Hbg. v. 29. 6. 1970 MDR 1970, 1016 f. 74 Näher oben ab S. 83. 75 Zu entsprechenden Erwägungen mit Blick auf den Ausschluß des gesetzlichen Pfandrechtes an unpfandbaren Sachen Bechtloff ZIP 1996, 994, 1002 f. und hier im Befund ab s. 556.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme - B. Entstehung der Verwertungsrechte
hergehende Vertragspraxis, § 50 ADSp a.F.) statt des Wertschaffungs- und Kompensationsaspekts im Vordergrund stehen und das neue Recht prägen. Wenn im Gesetzgebungsverfahren betont wurde, daß man "im wesentlichen" die alte und bewährte Rechtslage beim Frachtführerpfandrecht übernommen hat, mag man daraus vielleicht eine Fortschreibung auch alter Rechtfertigungen herleiten. Es ändert aber nichts daran, daß jedenfalls eine Verschiebung der "Ratio" stattgefunden hat. b) Begleitpapiere
In der Neufassung des § 441 HGB (Abs. 1 S. 2) sind die Begleitpapiere zu den Gütern ausdrücklich als Verwertungsobjekt mit einbezogen. Der Gesetzgeber sah hier Regelungsbedarf, da diese für die Möglichkeit einer Verwertung der Güter häufig von Bedeutung sind. Nach alter Rechtslage sei deren Erfassung unsicher gewesen, da man nach dem Wortlaut des § 440 HGB a.F. (der nur "Güter" nannte) "Begleitpapiere" nicht sicher als umfaßt ansah76• Man kann durchaus in Frage stellen, ob das Gesetz damit wirklich ein Problem gelöst hat. Schon nach altem Recht wäre man wohl im Wege eines teleologischen Verständnisses dazu gekommen, für die Verwertung notwendige Begleitpapiere als vom Pfandrechterfaßt anzusehen77• Ernsthafte Zweifel demgegenüber sind- soweit ersichtlich - zum alten Recht nicht vorgebracht worden. Die Rechtsprechung, nach der jedenfalls Papiere erfaßt waren, die Rechte am Gut verbrieften (wie das Konnossement), ist ebenso nicht kritisiert worden78• Richtig ist zwar, daß es an sich nicht schadet, den neuen Satz 2 zur Klarstellung ausdrücklich in § 441 Abs. 1 HGB aufzunehmen. Dies gilt aber nur solange, wie niemand für andere Rechte mit gleichen Problemen daraus einen Umkehrschluß zieht. Tatsächlich ist für diese (wie z. B. den in der Altfassung fortbestehenden§ 623 HGB) weiterhin allein sachgerecht, sie entsprechend auszulegen: Bedarf es im Rahmen des § 623 HGB für die Verwertung des Gutes der Begleitpapiere, die sich gleichfalls im Besitz des Verfrachters befinden, sind diese ebenso im oben bezeichneten Sinne mit "zu befördernde Sache" und damit Verwertungsobjekt Umgekehrt gilt aber auch für den neuen § 441 HGB die allgemeine Grundregel, nach der nur verwertbares Gut vom Verwertungsrecht erlaßt wird79. Sollten die Begleitpapiere daher für die Verwertung gerade nicht nötig und - wie regelmäßig nicht selbständig verwertbar sein, sind sie trotz § 441 Abs. 1 S. 2 HGB nicht Objekt des Pfandrechtes. BR-Drucks. 368/97 S. 80. So bspw. schon Fremuth/Thume § 440 Rn. 14 f. (entspr. Anw. des § 952 BGB). 78 OLG Düsseldorfv. 23. 2. 1984 TranspR 1984, 222, 226; zust. MüKo-HGB/ P. Bydlinski § 410 Rn. 31. 79 Allgemeine Auffassung: MüKo-BGB/ Damrau § 1204 Rn. 6; Palandt/ Bassenge § 1204 Abs. 3; MüKo-HGB/ P. Bydlinski § 410 Rn. 34 f . 76 77
IV. Transporteurpfandrechte
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c) Besitz des Transporteurs
Sicherungsobjekt sind nur die Güter, die der Gläubiger im (zumindest mittelbaren) Besitz hat(§§ 441 Abs. 2, 623 Abs. 2 HGB)80. § 441 Abs. 3 HGB und noch weitergehend § 623 Abs. 2 HGB durchbrechen allerdings dieses Prinzip, in dem sie das Pfandrecht drei bzw. sogar dreißig Tage weiterbestehen lassen, nachdem der Unternehmer das Gut aus seinem Einwirkungsbereich an den Empfänger weggegeben hat (sog. Folgerecht). Dies gilt allerdings nur, falls zumindest der Empfänger das Gut noch besitzt, wenn der Transporteur die Klage zur Geltendrnachung des Pfandrechtes einbringt81 • Mit dieser Modifikation des § 1253 BGB wird beriicksichtigt, daß eine zügige Entladung und Übergabe im Interesse aller ist. Die Koppelung des Fortbestandes des Rechtes mit dem Besitz des Empfängers sichert ein Mindestmaß an Publizität zumindest bis zur Klagerhebung. Ist diese erfolgt, erlischt das Recht durch Weitergabe nicht mehr, es bleibt für Dritte aber ein gutgläubig pfandrechtsfreier Erwerb des Eigenturns möglich. d) Fremdeigentum
Einen Streit zum "Erwerb vorn Nichtberechtigten" (wie bei§ 647 BGB) gibt es beim Frachtführerpfandrecht durch die Regelung des § 366 Abs. 3 HGB, auf den § 623 Abs. 3 ebenfalls verweist, nicht82. Da der Vertragspartner des Transporteurs häufig nicht der Eigentümer ist (sondern Spediteur oder ebenfalls Transporteur), war eine solche Regelung zwangsläufig, um dem Pfandrecht überhaupt Bedeutung zu erhalten. Als Ausgleich forderten bereits die Gesetzesverfasser des letzten Jahrhunderts eine strenge Konnexität zwischen Pfandrecht und Forderung83 . Soweit diese nach dem TRG nun für den Frachtführer gemäß § 441 HGB nicht mehr notwendig ist, regelt der neue § 366 Abs. 3 HGB, daß ein gutgläubiger Erwerb des Pfandrechtes zugunsten "inkonnexer" Anspruche nur dann möglich ist, wenn der Frachtführer gutgläubig auf das Eigenturn des Absenders vertraut hat84• Dies wird der Frachtführer in den vielen Fällen, in denen er erkennbar von anderen Transportunternehmen (im weiteren Sinne) beauftragt wird, kaum je tun können. Und auch wenn er mit einem Händler kontrahiert, wird er - da der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis eben nicht geschützt ist - wegen der üblichen Eigenturnsvorbehalte etc. oft Priißmann/ Rabe § 623 Anm. C 1; Staub/ Helm§ 440 Rn. 20m. w. N. Zu den Voraussetzungen der Klage Müglich § 441 Rn. 10. 82 Möglicherweise eröffnet das TRG und Canaris ablehnende Auffassung zum neuen § 366 Abs. 3 HGB einen neuen Streit (vgl. Fn. 84). 83 So insb. für das ADHGB ProtokolleS. 768 (speziell flir den Spediteur). 84 Betont in BR-Drucks. 368/97 S. 32, 79 f. Zu Unrecht sehr kritisch dazu Canaris HR23 § 29 Rn. 43 ff.; siehe meine Ausführungen zu dessen Thesen oben S. 137. 80 81
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
nicht gutgläubig sein. Im Bereich des Fremdeigentums wird die Sicherung inkonnexer Ansprüche daher ein großer Ausnahmefall sein. 4. Praktische Bedeutung
Trotz der Bemühungen schon des ADHGB-Gesetzgebers, den Transporteuren einen recht weitreichenden Schutz zu gewähren, lief das Pfandrecht vor der TRGNovelle oft leer. Die geschilderte tatsächliche Entwicklung in diesem Geschäftsfeld (Abrechnungspraxis) hat einer großen praktischen Bedeutung des streng konnexen Rechtes entgegengewirkt. Es gibt insofern wenig Rechtsprechung zu den alten Transporteurpfandrechten85• Allerdings machen die zu findenden Veröffentlichungen deutlich, daß schon die§§ 440 ff. HGB a.F. nichtjede Bedeutung verloren hatten. Es steht zu vermuten, daß sich diese mit der Erweiterung auf inkonnexe Forderungen nun erhöhen wird86. Genaueres dazu bleibt aber abzuwarten. 5. Vergleichsfaille
Bei den originär auf Beförderung von Sachen gerichteten Verträgen bleibt nach neuem Recht nur der nicht-gewerbliche Transporteur ohne Pfandrecht87• Diesem kann insofern allenfalls § 273 BGB zur Sicherung verhelfen, bis er ein Pfändungspfandrecht erwirkt hat. Ungesichert ist allerdings auch der gewerbliche Transportunternehmer, wenn er entweder ohne Vertrag tätig wird (siehe oben), und - so zumindest die herrschende Meinung - bei Verträgen, die nicht als Frachtverträge zu qualifizieren sind, selbst wenn sie ein ähnliches Ergebnis erreichen. So hatte der BGH über das Pfandrecht eines Binnenschiffseigners (als Kläger) zu entscheiden, das dieser hinsichtlich der Güter (von Dritten) geltend machte, die sich auf seinem Schiff befanden. Für den Bestand des Pfandrechtes soll es danach darauf ankommen, ob der Eigner einen Frachtvertrag geschlossen hat, da nur dieser ein gesetzliches Pfandrecht begründe. Sofern dagegen eine Schiffsmiete mit Dienstverschaffung (d. h. Überlassung der Besatzung zur Durchführung von Beförderungen) vorliege, scheide ein (analoges) gesetzliches Pfandrecht aus88• Auf die Frage, ob die 85 Im Zeitraum 1986-1996 zu§§ 440 ff. HGB: OLG Düsseldorf v. 15. 2. 1990 TranspR 1990, 240 ff.; BGH v. 5. 2. 1987 VersR 1987, 678 ff.; im weiteren Sinne auch BGH v. 16. 9. 1985 WM 1986, S. 26 ff.; siehe weitere- ältere- Entscheidungen in den vorherigen Fn.; zu§ 623 HGB: OLG Harnburg v. 30. 8. 1990 VersR 1991,289 ff. 86 Noch ist keine Rechtsprechung ersichtlich. BGH v. 10. 7. 1997 NJW-RR 1998, 543 ff. betrifft noch altes Recht. Zweifel an der Bedeutung des neuen Pfandrechtes hat Herber NJW 1998, 3297,3305. 87 Ganz bewußt so das TRG, vgl. BR-Drucks. 368/97 S. 24; zur Luftfracht s.o. S. 141 bei Fn.4. 88 BGH v. 16. 9. 1985 WM 1986, S. 26 ff.; a.A. K. Abraham WuB IV.D. § 440 1.86.
V. Spediteurpfandrecht
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generelle Absage an Analogien tatsächlich zutrifft, wird im Rahmen des Befundes zurückzukommen sein.
V. Spediteurpfandrecht Als weiterer Geschäftsbesorger1 (nach dem Kommissionär) erfährt der Spediteur eine pfandrechtliche Besicherung durch § 464 HGB. Spediteur in diesem Sinne ist nur der Transportorganisator, d. h. derjenige, der die Güterversendung auf Rechnung des Kunden (Versender) im eigenen Namen durch einen Dritten (Transporteur) durchführen läßt (§§ 453, 454 HGBf Nicht dazu zählt somit- anders als nach allgemeinem Sprachgebrauch - der Transporteur, der die Ware selbst befördert3. Soweit ein mit einem echten Speditionsgeschäft Beauftragter den Transport doch selbst durchführt oder bei der Vergabe des Transportauftrages auf eigene Rechnung handelt (Fixkostenspedition), was zulässig und in der Transportpraxis die Regel ist\ wird er wie ein Frachtführer/Verfrachter behandelt(§§ 458, 459 HGB). Als Folge stehen ihm statt des Spediteurpfandrechtes dann deren gesetzliche Pfandrechte nach§§ 441 ff., 623 HGB zu und nur soweit er- ggf. zusätzlichals echter Spediteur tätig wird, greift§ 464 HGB ein5 • Die heutige Fassung des Spediteurpfandrechtes in § 464 HGB ist gleichfalls Ergebnis der TRG-Novelle (dazu schon beim Transporteurpfandrecht). Zuvor gab es -ebenfalls schon seit ADHGB-Zeiten- wie beim Transporteur ein streng konnexes Pfandrecht in § 410 HGB a.F. 1. Rechtfertigende Erwägungen
Die tatsächliche und rechtliche Nähe des Spediteurs zu den zuvor behandelten, gesetzlich gesicherten Unternehmern führt dazu, daß für die Erwägungen, die das gesetzliche Verwertungsrecht rechtfertigen, ganz weitgehend auf das zuvor Gesagte zurliekgegriffen werden kann: Der Spediteur leistet wie schon der Werkunternehmer, der Kommissionär und der Transporteur nach dem gesetzlichen Modell des Vertrages vor (so § 456 HGB). Er hat vor der Gegenleistung seine gesamte Leistung erbracht und ist - wie der Kommissionär - schon mit den für Rechnung des t Nach h.M. außerdem Werkuntemehmer: MüKo-HGB/ P. Bydlinski § 407 Rn. 14 ff. m. w. N. und Hinweis auf Ausnahmen. Wie beim Kommissionär ist diese Einordnung für das Pfandrecht ohne Bedeutung. 2 Ebenso, wenn er als Vertreter des Versenders auftritt(§ 454 Abs. 3 HGB). 3 Einführend dazu K. Schmidt HR5 § 33 I 1. 4 Das Berufsbild des Spediteurs als reinem Geschäftsbesorger ist praktisch selten geworden, der Anwendungsbereich für dieses Vertragsrecht entspr. gering. Vgl. MüKo-HGB/ P. Bydlinski § 412 Rn. 3 u. § 413 Rn. 1. s BR-Drucks. 368/97 S. 29.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Versenders eingegangenen Verbindlichkeiten belastet6 . Andererseits hat er die Sachen seines Vertragspartners, spätestens nachdem diese dem Transporteur übergeben wurden, im Besitz, da der Frachtführer regelmäßig für seinen Vertragspartner, den Spediteur, die tatsächliche Gewalt über die Sachen ausübt (so für das Pfandrecht § 442 Abs. 3 HGB). Das Vertrauen in diese tatsächliche Zugriffsmöglichkeit auf die Sachen bietet hier gleichfalls einen Ansatz zur Konstituierung des gesetzlichen Verwertungsrechtes. Der Beginn der Entwicklung des Speditionsgeschäftes ist naturgemäß etwas jünger als beim Frachtgeschäft7 • Ein Tätigkeitsfeld für Transportorganisatoren setzt ein bereits so weit fortentwickeltes Transportgewerbe voraus, daß nicht jedermann die Leistungen der Fuhrleute selbständig in Anspruch nehmen kann. Ansätze einer derartigen speditionseigenen Vermittlungstätigkeit zwischen Kaufleuten und Fuhrleuten sind jedenfalls für die Zeit des 16. und 17. Jahrhundert festzustellen 8 • Ebenso wie beim Frachtführer und beim Kommissionär sind bereits früh Vorläufer eines kaufmännischen Deckungsrechtes für den Spediteur erkennbar9 • Da sich auch das Speditionsgeschäft durchweg auf Handelswaren bezog, sind der Wertschaffungsund der Kompensationsaspekt hier wiederum als rechtfertigende Erwägungen fruchtbar zu machen 10. Und noch weitergehend: Aus dem gewöhnlichen Geschäftsbereich des Spediteurs folgt, daß diese rechtfertigenden Aspekte sogar tragfähiger sind als beim Transporteur 11 • Für die Frachtführer und Verfrachter wurden bereits mit der Ausgestaltung der ADHGB-Normen (konkret dem weiten Güterbegriff) diese an die Handelsware anknüpfenden Erwägungen in der Bedeutung zurückgedrängt. Nun setzen Speditionsrecht und Spediteurpfandrecht zwar an einen inhaltsgleichen Begriff der "Güter" an, tatsächlich ist aber trotzdem das Speditionsgeschäft viel mehr auf Handelswaren ausgerichtet als die Gesamtheit der Transportverträge. Der Bedarf nach einer Spediteurleistung, d. h. nach einer Transportorganisation, besteht besonders bei der Versendung von Handelswaren, weil dort ein besonderes Transport-"Know-how" nötig ist. So ist ein Verkehr über die Grenzen mit zu beachtenden Einfuhrbestimmungen, Zoll- und Steuerfragen, Ketten von verschiedenen Transportmitteln I Transporteuren, vor allem beim Warenverkehr re6 Das erhöhte Sicherungsbedürfnis zeigt sich z. B. bei Übernahme der Zollabwicklung, bei der die Abgabenverbindlichkeiten bei hochsteuerbaren Gütern (Tabak, Alkohol) ein Mehrfaches des Wareneinkaufswertes erreichen. 7 Siehe dazu bereits S. 142 ff. s Nach Kellenbenz Hdwb. Rechtsgeschichte, "Spedition": Schon damals betrieb man sie gewöhnlich in Kombination mit dem Ladegeschäft, teilweise auch mit gewöhnlicher (Kauf-) Kommission. 9 Goldschmidt Hdb. des Handelsrechts 1/2, S. 1007 mit Quellennachweisen. Der Weg zum HGB-Spediteurpfandrecht führte wiederum vom Konkursvorrecht (§ 33 Nr. 8 PreußKO 1855) zu dem auf Basis des preuß. Entwurfes eingeführten Art. 382 ADHGB, der schon im wesentlichen dem§ 410 HGB a.F. entsprach. IO Näher im vorherigen Kapitel ab S. 142. II Bis 1998 sogar über den Wortlaut des Entstehungstatbestandes, siehe dazu gleich 2.a)cc).
V. Spediteurpfandrecht
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levant. Umgekehrt kann man für den Bereich nicht werterhöhender Transporte (bspw. Umzugstransporte) gewöhnlich feststellen, daß der an der Beförderung Interessierte direkt mit dem ausführenden Frachtführer kontrahiert. Natürlich gibt es Ausnahmen 12, aber im Grunde gilt bis heute, daß echte Speditionsgeschäfte wenn sie denn überhaupt vorkommen - sich beinahe durchweg auf Handelswaren beziehen. All dies ändert nichts an dem auch für das Spediteurpfandrecht mittlerweile eingetretenen Erwägungswandel, für den dieses gesetzliche Verwertungsrecht gewissermaßen sogar Vorreiter war. Wie beim Transporteur trat beim Spediteur das beschriebene Abrechnungsproblem auf (siehe oben S. 145) und war hier noch dadurch verstärkt, daß der Spediteur recht frühzeitig den unmittelbaren Besitz aufgab (wenn er diesen überhaupt je hatte) und so zumindest den direkten Zugriff verlor. Gerade aus dem Bereich der Geschäftsbedingungen der Spediteure entwickelte sich das Pfandrecht für die sog. "inkonnexen" Forderungen (d. h. für Ansprüche aus anderen, älteren Verträgen) 13 . Da in der täglichen Praxis diejenigen, die mit "Spediteur" firmieren, oft "Allround-Unternehmer des Transportgeschäftes" sind, rechtlich also Spediteur, Frachtführer, Lagerhalter oder auch Verfrachter sein können (vgl. § 2 lit. a ADSp a.F.), wurde das Pfandrecht auf alle diese Geschäfte erstreckt. Mit dem TRG trug man so - und gleichzeitig für den Frachtführer und den Lagerhalter- dieser ständigen Vertragspraxis Rechnung und bezog über den neugefaßten § 464 HGB - als nun gesetzlich typisiertes Vertragspfandrecht - unbestrittene inkonnexe Forderungen generell als gesichert mit ein. Insofern gelten also die Feststellungen zum Transporteurpfandrecht entsprechend. 2. Gesicherte Forderungen
a) Forderungen aus einem wirksamen Speditionsvertrag
Der neue § 464 HGB ist beinahe mit dem Frachtführerpfandrecht des § 441 HGB identisch und nimmt nur die nötigen sprachlichen Anpassungen vor. § 441 Abs. 1 Satz 2 bis Abs. 4 sowie die §§ 442, 443 HGB gelten auch für das Spediteurpfandrecht (vgl. § 464 Satz 2 HGB). Diese durchgehend entsprechende Rechtslage bei den beiden Pfandrechten ist bewußte Folge der TRG-Novelle 14, da für § 410 HGB a.F. hinsichtlich der gesicherten Forderung scheinbar ein überraschender Sonderweg gegenüber den anderen kaufmännischen Pfandrechten bestanden haben soll (dazu noch näher sogleich). 12 So scheinbar beim "Räumungsfall" des OLG Koblenz v. 24. 9. 1987, JurBiiro 1989, 274 f.; nach den Ausführungen des OLG bleiben aber Zweifel, ob nicht tatsächlich § 440 HGB a.F. anzuwenden gewesen wäre. Bsp. für eine Ausnahme schon bei Laband ZHR 9, 225 ff., 460 (dessen Fn. 1). 13 So gab es bereits in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts die ersten "ADSp" mit Vertragspfandrecht Im einzelnen zur Entwicklung der ADSp Krien/Valder Einf. Rn. 1 ff. 14 BR-Drucks. 368/97 S. 113 f.
11 Bechtloff
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
aa) Speditionsvertrag § 464 HGB steht im Kontext der Regelungen zum Speditionsvertrag (§§ 453466 HGB) und setzt daher einen entsprechenden Vertragsinhalt voraus (insofern noch wie die Altregelung des§ 410 HGB a.F.). Geschützt sind damit alle "echten" gewerblichen und seit 1998 ebenso gewisse nicht-kaufmännische Spediteure(§ 453 Abs. 3 HGB), nämlich jeder Gewerbetreibende, der für seinen Vertragspartner die Versendung durch einen Transporteur besorgt. Allein die entsprechend kontrahierenden Privatpersonen (die allerdings praktisch- anders als beim Transporteurkaum vorkommen) sind nicht geschützt. bb) Wirksamer Vertrag Ein im Rahmen des § 410 HGB a.F. bestehender Streitstand, ob nämlich ein wirksamer Speditionsvertrag Voraussetzung für die Entstehung des Pfandrechtes ist, ist wohl mit der Neufassung im Sinne der schon vorher herrschenden Meinung als entschieden anzusehen. Für das Spediteurpfandrecht in der Fassung vor dem TRG wurde von einem Teil der Literatur vertreten, daß es auf die Wirksamkeit des Speditionsvertrages nicht ankäme 15 . Diese Besonderheit gegenüber der Rechtslage bspw. beim Werkunternehmer, Kommissionär und Transporteur wurde vor allem mit dem Wortlaut der Entstehungsnorm (§ 410 HGB a.F.) begründet, der- anders als bei den andereneinen "Vertrag" nicht ausdrücklich erwähnte 16• Im Ergebnis folgerte die Auffassung daraus, daß- z. B. bei nichtigem Vertrag- Ansprüche aus Bereicherungsrecht ebenso erlaßt seien, da es letztlich auch in diesen Fällen um einen (tatsächlichen) "Speditionsvorgang" gehe, der für die Entstehung des Rechtes ausreiche 17 • Ob dieser Ansatz für ein gesetzliches, aber eindeutig in das Vertragsrecht des Spediteurs eingebundenes Pfandrecht tragflihig war, konnte man schon nach altem Recht bezweifeln 18. Auf den damit verbundenen allgemeinen Grundsatz wird im Befund zurückzukommen sein 19• Für das Spediteurpfandrecht hat diese Gegenauffassung mit der Novelle jedenfalls noch mehr Argumentationsraum verloren. Zum 1s K. Schmidt HR4 § 33 II 3b bb (anders wohl ders. zum neuen Recht in HR5 § 33 II 3c); Canaris HR22 § 31 IX 2; Schlegelberger/Schröder § 410 Rn. 1c, 3b; Krien/Glöckner §50 Anm.10a. 16 I.d.S. deutlich Schlegelherger I Sehröder § 410 Rn. 1c, 3b, der gerade den Unterschied zur eigenen Fassung für das Frachtführerpfandrecht begründet, siehe dens. ebenda § 440 Rn. 6, 7. 17 Explizit K. Schmidt HR4 § 33 Il 3b bb. 18 So auch die zu§ 410 HGB a.F. h.M.: Staub/ Helm§ 410 Rn. 1; KollerTR 3 § 410 Rn. 2; Heymann/ Honsell § 410 Rn. 1; MüKo-HGB/ P. Bydlinski § 410 Rn. 8 ff. Zum neuen Recht Koller TR4 § 464 Rn. 1. 19 So im Befund ab S. 489.
V. Spediteurpfandrecht
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einen wurde im § 464 HGB der Wortlaut ("durch den Speditionsvertrag begründeten Forderungen") im Sinne der herrschenden Meinung verdeutlicht, zum anderen wurde bewußt die Parallele zum Frachtführerpfandrecht gesucht, für das das Erfordernis eines wirksamen Vertrages schon bislang allgemeine Meinung wa?0 • Im geltenden Recht könnten Bereicherungsforderungen - und andere nicht vertragliche Ansprüche - "aus Speditionsvorgängen" daher allenfalls mittels Analogie als gesichert anzusehen sein. Ob dies möglich ist, wird man aber bezweifeln müssen21.
cc) Umfassende Sicherung aller vertraglichen Forderungen Als weitere folgenreiche Besonderheit erfaßte der Wortlaut des§ 410 HGB a.F. - wie schon einzelne zuvor untersuchte Verwertungsrechte - einen Katalog von gesicherten Forderungen. Anders als die Regelungen den anderer kaufmännischer Pfandrechte kannte der§ 410 HGB a.F. keine Auffangklausel, die alle anderen Vertragsforderungen umschloß. In der Literatur wurde daraus der Schluß gezogen, daß die Aufzählung abschließend sei, weshalb insbesondere Schadenersatzansprüche als nicht umfaßt angesehen wurden22. Vor der Novelle unterschied sich das Spediteurpfandrecht damit von den zuvor behandelten Pfandrechten23, trug allerdings der rechtfertigenden Wertschaffungserwägung besser Rechnung. Die in § 41 0 HGB a.F. gesicherten Forderungen sind- wenngleich typisiert- mit einer Wertschaffung am Gut besser in Verbindung zu bringen als bspw. Schadenersatzansprüche. Der Nachteil der Gestaltung war, daß für den Spediteur ein schwer zu durchschauender Sonderweg mit der Folge einer Sicherungslücke bestand. Diese wurde im übrigen regelmäßig über das ADSp-Vertragspfandrecht geschlossen. Nach dem Wandel in den rechtfertigenden Erwägungen des Verwertungsrechtes überrascht es nicht, daß über den neuen § 464 HGB nun alle vertraglichen Forderungen erfaßt sind. Zukünftig ist damit ein einheitliches Verständnis aller "Transportpfandrechte" (im weiteren Sinne; zur Entsprechung beim Lagerhalterpfandrecht noch im nächsten Kapitel) sichergestellt. Es kann daher im wesentlichen auf die Ausführungen beim Transporteur verwiesen werden.
Siehe S. 147. Zur Analogiemöglichkeit bei gesetzlichen Pfandrechten siehe ausführlich im Befund S. 516 ff.; zur Lücke bei Forderungen ohne Vertrag vgl. schon entsprechend beim Verfrachter s. 152 ff. 22 MüKo-HGB/ P. Bydlinski § 410 Rn. 59; Staub/ Helm§ 410 Rn. 14; a.A. Krien/Glöckner § 50 Anm. 2d II. 23 So ausdrück!. MüKo-HGB I Dubischar § 440 Rn. 6. 2o 21
11*
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
b) Unbestritteneinkonnexe Forderungen
Ebenso wie beim § 441 HGB sind seit 1998 beim neuen Spediteurpfandrecht unbestrittene Forderungen aus anderen transportbezogenen Verträgen, also sonstigen mit dem Vertragspartner abgeschlossenen Speditions-, Fracht- und Lagerverträgen, gesichert. Die Auslegung der Norm hat hier entsprechend dem Frachtführerpfandrecht zu erfolgen. Als dort nicht aufgeworfene, aber ebenso zu stellende wie zu beantwortende Frage bleibt, ob Forderungen aus Seefrachtverträgen (ggf. i.V.m. § 459 HGB) gleichfalls mit von dieser Privilegierung des § 464 HGB umfaßt sind. Dafür spricht, daß der Seefrachtvertrag in § 556 HGB als ,,Frachtvertrag" bezeichnet wird und weiter, daß jedenfalls im Anwendungsbereich der §§ 50, 2 lit. a ADSp a.F. auch inkonnexe Forderungen aus Seefrachtverträgen mit in den Schutzbereich des AGB-Pfandrechtes einbezogen waren (zur Verbindung desselben mit § 464 HGB oben V.l. a.E.). Gegen die Einbeziehung von Verfrachterforderungen spricht, daß der TRG-Gesetzgeber - abgesehen von § 452 HGB - gerade keine Regelung zum Seefrachtrecht treffen wollte, und nach dem ,,Frachtvertragsverständnis" des hier maßgebenden vierten Buches des HGB die Seefracht gerade nicht als Frachtvertrag verstanden wird (deswegen auch der§ 623 HGB). Weiterhin besteht innerhalb der in diesem Buch geregelten transportbezogenen und daher mit dem TRG novellierten Verträge und deren gesetzlichen Pfandrechten ein gewisses "Gegenseitigkeitsverhältnis": Alle drei Pfandrechte(§§ 441, 464 und auch 475b HGB) sichern die Forderungen der anderen. Das Verfrachterpfandrecht wurde in diesen gegenseitigen Schutzbereich gerade nicht einbezogen. Zuletzt bleibt darauf hinzuweisen, daß ohnehin nicht alle Geschäfte, die über §§ 50, 2 lit. a ADSp gesichert waren, heute ein gesetzliches Pfandrecht genießen (so bspw. Anspruche der reinen Zollspediteure24). Man kann daher nicht mit einem vermeintlichen Schutzbereich des § 464 HGB argumentieren, der das gesamte "tatsächliche Tätigkeitsfeld" des Spediteurs umfasse. Meines Erachtens spricht somit mehr dafür, ein insofern einschränkendes Verständnis des § 464 HGB zu befürworten und inkonnexe Verfrachterforderungen nicht als gesichert einzubeziehen. In vielen Fällen ist praktisch gerade für den Spediteur als Transportorganisator beim multimodalen Transport immerhin der § 452 HGB eine Hilfe, denn danach richtet sich das gesamte Vertragsverhältnis nach Landfrachtrecht, so daß derartige einbezogene Altforderungen als "Verfrachter" stets gesichert sind. Im übrigen bleibt weiter das ADSp-Vertragspfandrecht (jetzt Ziff. 20) als Ausweg.
24 Die reine Verzollung ist schlichter Geschäftsbesorgungsvertrag i.S.v. § 675 BGB, MüKo-HGB/ P. Bydlinski § 407 Rn. 80 m. w. N.
V. Spediteurpfandrecht
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c) Zukünftige Forderungen
Die Antwort auf die Frage, ob das Pfandrecht schon für erst künftig noch entstehende Ansprüche entsteht, ist kein spezielles Problem des Spediteurpfandrechtes und kann an dieser Stelle stellvertretend für einige andere, z. B. den Transporteur, diskutiert werden25 • Eine für§ 410 HGB a.F. ganz herrschende Auffassung vertrat, daß das Spediteurpfandrecht zukünftige und bedingte Forderungen sicherte26. Da der neue § 464 HGB auch insoweit klarer formuliert ist als § 410 HGB a.F., liegt die Annahme einer entsprechenden Rechtslage für das neue Recht nahe27 • Eine Begründung der These wurde für § 410 HGB a.F. allerdings kaum geboten. aa) Begründungsansatz § 1204 Abs. 2 BGB Für ein Vertragspfandrecht - so ergibt sich aus § 1204 Abs. 2 BGB - wäre die Bestellung zugunsten noch nicht entstandener Forderungen möglich. Dies besagt jedoch nicht, daß deswegen ein gesetzliches Pfandrecht solche Forderungen erlaßt. Es wurde schon vorne ausgeführt, daß § 1257 BGB nicht auf die Entstehungsnormen des rechtsgeschäftliehen Pfandrechtes verweist28 , was sich ebenso für den Norminhalt des§ 1204 Abs. 2 BGB demonstrieren läßt: Dieser besagt nämlich nur, daß die Entstehung für derartige Forderungen möglich ist, setzt aber voraus, daß der Geweilige) Entstehungstatbestand es so bestirrunt. Zu der hier relevanten Frage, "ob" im Einzelfall aus dem Entstehungstatbestand, d. h. beim rechtsgeschäftliehen Pfandrecht aus dem Vertrag, bei dem gesetzlichen aus der Entstehungsnorm, eine Sicherung künftiger Forderungen zu entnehmen ist, wird man in§ 1204 Abs. 2 BGB keine Antwort finden. Man kann aus dieser Bestirrunung damit zwar folgern, daß nach der Natur der Pfandrechte diese auch für künftige Forderungen bestehen können, wird aber die Antwort für das einzelne gesetzliche Pfandrecht nur aus dessen Entstehungstatbestand selbst (nebst Kontext) herleiten können. bb) Wortlaut und Sicherungsbedarf Der (neue) Gesetzeswortlaut gibt allerdings eine Richtlinie, in dem - wie im übrigen ebenso in§§ 441, 475b HGB- von der Sicherung durch den Vertrag "beZur Terminologie bereits vorne S. 49. Einheitliche Kornmentierung: Staub/ Helm§ 410 Rn. 20; Koller TR3 § 410 Rn. 3; MüKo-HGB/ P. Bydlinski § 410 Rn. 61; Heyrnann/ Honsell § 410 Rn. 12; a.A. Röske S. 19 (dort als allgerneine These), ob RGRK-HGB/ Ratz§ 397 Anrn. 1.1 tatsächlich- für§ 397 HGBRöskes Auffassung teilt, ist nicht eindeutig; siehe zum Ganzen noch im Befund ab S. 497. 27 Ebenso Koller TR4 § 464 Rn. 1 i.V.rn. § 441 Rn. 9. 28 Oben S. 88 f.; gegen die Anwendung speziell des§ 1204 BGB Staudinger/Wiegand § 1257 Rn. 20 und Rn. 5. 25
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
gründeter" Forderungen gesprochen wird. Nach dem Wortverständnis kann man alle die Forderungen als "begründet" ansehen, deren Geltungsgrund mit dem Vertragsschluß gesetzt ist, selbst wenn sie im übrigen noch nicht vollständig entstanden und daher "zukünftig" sind. Als solche ,,künftigen" und doch "begründeten" Forderungen gelten allgemein zunächst die (aufschiebend) befristeten oder bedingten Ansprüche29• Nur, wenn man diese als "begründete" Ansprüche und den Spediteur folglich als gesichert ansieht, kann dieser im Vertrauen auf sein Verwertungsrecht vorleisten und die Verpflichtung für Rechnung des Versenders eingehen. Bedingte oder befristete Ansprüche sind allerdings im Speditionsgeschäft praktisch selten relevant. Sucht man nach zukünftigen Forderungen, die einen größeren praktischen Anwendungsbereich haben und so die These eines Sicherungsbedarfs für zukünftige Ansprüche besser unterstützen, wäre an Schadenersatzansprüche des Spediteurs zu denken. So, wenn der Spediteur dem Grunde nach einen Schadenersatzanspruch erlangt hat (z. B. gern. § 455 Abs. 2 HGB), die Schädigungshandlung also vorliegt, der Schaden selbst aber noch nicht - oder nicht in voller Höhe eingetreten ist. Ein Beispiel: Durch die fehlende Angabe einer Gefahrguteigenschaft der Ladung seitens des Versenders hat der Spediteur eine Schädigung (Sachschaden oder Körperverletzung) erlitten, deren Folgekosten noch nicht absehbar sind (wie häufig bei Gesundheitsschäden). Würde man in diesem Fall das Pfandrecht ablehnen, bis der Schaden jeweils tatsächlich eingetreten ist und die Kosten anfallen, würde für diese das Pfandrecht zunächst mangels gesicherten Anspruchs und später mangels Besitz an der Ladung leerlaufen. Dieses Ergebnis läßt sich durch die Sicherung zukünftiger Ansprüche vermeiden. Man kann m.E. alle aus dem Vertrag herzuleitenden Forderungen als mit dem Vertragsschluß "begründet" und damit als gesichert ansehen, selbst wenn für die Entstehung des Einzelanspruchs noch weitere Tatbestandsmerkmale, wie Schadenserfolg oder Durchführung des Ausführungsgeschäftes, hinzutreten müssen. cc) Rechtsfolgen der Einbeziehung Klarzustellen ist, daß der Spediteur das Pfandrecht für künftige Ansprüche trotz bestehender Sicherung - nicht zur Verwertung einsetzen kann, denn nach §§ 1257, 1228 Abs. 2 BGB ist dafür die Fälligkeit der Forderung nötig. Einfluß hat die Frage der Sicherung zukünftiger Ansprüche aber für die Rangfolge: Würde das Pfandrecht nicht schon für die künftigen Forderungen konstituiert, sondern erst im Augenblick ihrer vollständigen Entstehung, kann das wegen § 443 HGB für den Spediteur in einzelnen Fällen sogar ein Vorteil sein. Voraussetzung ist natürlich immer, daß er noch Gut in seinem Besitz hat. In der Insolvenz seines Schuldners ist
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Vgl. Staudinger/Wiegand § 1204 Rn. 23.
V. Spediteurpfandrecht
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dagegen ein möglichst frühes Entstehen für den Spediteur von Nutzen, da er erst mit Pfandrechtsentstehung zur Absonderung berechtigt ise0 . Weitere Bedeutung - und dies läßt schon mögliche praktische Schwierigkeiten erkennen [sogleich dd)] -hat das Entstehen im Bereich der Geltendmachung des Pfandrechtes außerhalb der Verwertung. Besteht nämlich für den Spediteur ein Pfandrecht, hat er hinsichtlich der Ware gegenüber jedermann ein Recht zum Besitz (sei es gegenüber dem Eigentümer oder dem Vertragspartner) 31 , bis er hinsichtlich der Forderung befriedigt wird. In diesem Sinne bedeutet die frühzeitige Entstehung für den Spediteur einen deutlichen Vorteil. dd) Grenzen der Sicherung Gerade wenn man das Recht zum Besitz und zur Zurückbehaltung betrachtet, verdeutlicht sich das Bedürfnis nach einer Begrenzung. Was beim Vertragspfandrecht unproblematisch und sinnvoll ist, birgt beim gesetzlichen Pfandrecht gerade zugunsten künftiger (und daher möglicherweise gar nicht erfüllbarer) Forderungen Probleme: Soll der Spediteur seine an sich bestehende Pflicht zur Auslieferung verweigern dürfen, weil er einen weitergehenden Schaden erwartet und daher zukünftig einen Anspruch geltend machen kann? Man wird für die Antwort differenzieren müssen. Insbesondere, wenn für beide Parteien das voraussichtlich späte Entstehen der Forderung von Anfang an ersichtlich war, kann aus der Absprache der Parteien heraus die Geltendmachung des Pfandrechtes (die Zurückbehaltung des Gutes) ausgeschlossen sein. Als Auslegungsregel kann man festhalten: Wenn für den Spediteur bei Vertragsschluß absehbar war, daß seine Forderung zum Zeitpunkt der Auslieferung nicht fällig sein würde (wie z. B. vielfach bei länger befristeten Forderungen) und er sich gleichwohlwie regelmäßig - zur termingerechten Auslieferung des Gutes verpflichtet hat, enthält diese Abrede den Verzicht hinsichtlich dieses Gutes, das Pfandrecht im Auslieferungszeitpunkt geltend zu machen32. Davon unberührt bleibt regelmäßig (nach der Neufassung des § 464 HGB) die Geltendmachung des Pfandrechts gegenüber Gütern in Folgegeschäften der dann fälligen Forderungen. Einen ganz ähnlichen, die Zurückbehaltung ausschließenden Gedanken findet man in§ 369 Abs. 3 HGB, auf den für § 410 HGB a.F. vereinzelt hingewiesen wurde33 • Letztlich geht dessen Näher oben S. 70. Siehe RGZ 112, 133, 135 v. 21. 11. 1925; RGZ 118, 250, 252 v. 22. 10. 1927; MüKoHGB/ P. Bydlinski § 410 Rn. 75. 32 Ähnliche Grundgedanken bei MüKo-HGB/ P. Bydlinski § 410 Rn. 84; für§ 421 HGB: MüKo-HGB I Frantzioch § 421 Rn. 11, Koller TR4 § 441 Rn. 14. 33 So K. Schmidt HR4 § 33 II 3c bb. Die Vorläuferbestimmung des § 369 Abs. 3, Art. 262 des ersten ADHGB-Entwurfes (ProtokolleS. 457 ff.) spricht inhaltlich noch von einem ausdrücklichen oder konkludenten Verzicht auf das ,,Pfandrecht". Gegen die Anwendung auf Speditions- und Frachtführerpfandrecht Hahn ADHGB Art. 313 § 18 (speziell Fn. 12). Zur 30
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Wirkung aber nicht über das hinaus, was man sonst über eine Auslegung des verständigen Parteiwillens erreicht. Anders dagegen, wenn das späte Entstehen einer Forderung für die Parteien bei Vertragsschluß nicht ersichtlich war und der Spediteur davon ausgehen konnte, daß bei Auslieferung seine Forderungen insgesamt oder zumindest insoweit abgewikkelt sind34• Zu Ansprüchen in diesem Sinne zählen gerade die erwähnten Schadenersatzansprüche, die auf Beseitigung eines bislang nur drohenden, nicht bezifferbaren Schadenserfolgs gerichtet sind. Es bleibt zu klären, wie man hier den Konflikt der beiderseitig berechtigten, aber gegenläufigen Interessen löst. Das Pfandrecht und damit jede Sicherung - dem Gläubiger zu versagen, erscheint ebenso unangemessen, wie dem Spediteur ein langfristig andauerndes und u.U. mangels Erfüllbarkeit der Forderung35 das Vertragsziel jedenfalls vereitelndes Recht zuzusprechen. Im Gesetz selbst findet sich keine Lösung. Wenn nach Vertragsschluß eine solche Änderung der zuvor von den Parteien angenommenen Ausgangslage eintritt36, wird man dem Spediteur - als interessengerechte Lösung - ein Recht zubilligen müssen, die Auslieferung zunächst zu verweigern. Der Schuldner muß dagegen und dies ist das Korrektiv - die Geltendmachung des Pfandrechtes in diesen Fällen durch Sicherheitsleistung abwenden können. Er hat so die Möglichkeit, sein Interesse an der Auslieferung zu wahren. Für das Spediteurpfandrecht fehlt es allerdings an einer entsprechenden "Abwendungsregel", wie sie bei anderen gesetzlichen Sicherungen vorkommt (vgl. z. B. §§ 273 Abs. 3, 562 BGB, § 624 HGB, allgemein§ 1218 BGB). Da aber in dieser Sondersituation eine solche Ersetzungsbefugnis als Mechanismus zum Ausgleich beider Interessen nötig ist, erscheint es möglich, eine solche Regelung aus den Grundsätzen zur nachträglichen Änderung der Geschäftsgrundlage herzuleiten. Allein die Höhe der Sicherheit bleibt als Problem: Maßstab (Obergrenze) ist dabei einerseits der Wert des Sicherungsobjektes, andererseits - sofern absehbar- die Höhe einer möglichen Forderung. Zuletzt ist in diesem Zusammenhang auf eine weitere, aus dem Tatbestand des § 464 HGB folgende Beschränkung hinzuweisen. Indem dort auf die "im Vertrag begründeten" bzw. aus anderen "abgeschlossenen" Verträgen herrührenden Forderungen abgestellt wird, ist zugleich geklärt, daß für Ansprüche aus erst zukünftig abzuschließenden Verträgen (seien diese auch schon in Aussicht genommen und insofern "bestimmbar"37) das Spediteurpfandrecht nicht entsteht. Bedeutung des § 242 BGB bei der Pfandrechtsausübung (für § 421 HGB a.F.) BGH v. 3. 11. 1965 WM 1966, 118 ff. 34 Nach neuem Recht erlangen hier allerdings absehbare Anschlußaufträge Bedeutung, die zu weiteren Sicherungsobjekten für den Spediteur führen. Solche hindem - wenn sie konkret genug sind - ebenfalls die Geltendmachung. 35 Gemeint ist insbesondere der Fall, wenn die Forderung (z. B. weil sie noch nicht beziffert werden kann) noch nicht erfüllt werden kann (vgl. Palandt/ Heinrichs§ 387 Rn. 12). 36 Dazu könnte man- ähnlich § 321 BGB- auch nachträgliche Vermögensverschlechterungen beim Schuldner zählen.
V. Spediteurpfandrecht
169
3. Sicherungsobjekt
Sicherungsobjekt des Spediteurpfandrechtes ist wie beim§ 441 HGB das zu befördernde Gut, das sich im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz des Spediteurs befindet38• Auch für § 464 HGB ist es notwendig, daß der Gläubiger den Besitz mit Willen des Versenders erlangt hat39, was aber tatsächlich kaum je dem Pfandrecht im Wege steht (anders als der Besitzverlust). Eine Ausnahme, d. h. eine das Pfandrecht ausschließende Besitzergreifung, würde vorliegen, wenn der Spediteur nach Auslieferung und Erlöschen sich das Objekt - bspw. wegen Nichtzahlung wieder "besorgt". Ein mit der Novellierung verstärkt in das Blickfeld geratenes, im Zusammenhang mit der Besitzerlangung aufgetretenes Problem zeigt sich, wenn - dazu § 454 Abs. 3 HGB - der Spediteur nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter des Versenders auftritt40. Der Anwendung des § 464 HGB steht dies zwar nicht unmittelbar, zumeist aber mittelbar im Wege, weil der Spediteur in diesen Fällen oft nicht einmal mittelbaren Besitz erlangt. Der Frachtführer besitzt das Gut für seinen Vertragspartner, der die Ansprüche (auf Herausgabe) gegen ihn hat, und nicht für dessen Vertreter (den Spediteur)41 . Besteht das gesetzliche Pfandrecht des Spediteurs, hat er wie der Frachtführer über§ 464 S. 2 HGB ebenfalls das "Drei-Tage-Folgerecht" des§ 441 Abs. 3 HGB. Die dem gesicherten Spediteur nachfolgenden Frachtführer (oder über§ 465 HGB gleichgestellt, die nachfolgenden Spediteure) sind verpflichtet, das Pfandrecht der Vorleute geltend zu machen (§ 442 HGB). Auch insoweit entspricht die Situation daher der des Frachtführerpfandrechts. Dem Frachtführer gleichgestellt ist der Spediteur weiter in der Frage der Erfassung von nicht dem Vertragspartner gehörenden Sicherungsobjekten. § 366 Abs. 3 HGB bestimmt insofern, daß für konnexe Forderungen ein gutgläubiger Erwerb des Pfandrechtes im Vertrauen auf Eigentum oder Verfügungsbefugnis des Versenders möglich ist. Für inkonnexe Forderungen ist dagegen nur das Vertrauen in das Eigentum des Schuldners geschützt42 .
37
So die allgemeine Grenze für zukünftige Forderungen i.S.v. § 1204 Abs. 2 BGB, siehe
s. 497 ff.
Staub/ Helm§ 410 Rn. 4; MüKo-HGB-Aktualisierungsband/ P. Bydlinski § 464 Rn. 6. Staub/ Helm§ 410 Rn. 4; MüKo-HGB/ P. Bydlinski § 410 Rn. 19 f. m. w. N. 40 Nach altem Recht wurde Speditionsrecht dann vielfach nicht für anwendbar gehalten, MüKo-HGB/ P. Bydlinski § 410 Rn. 122. 41 l.d.S. OLG Hbg. v. 9. 10. 1987 TranspR 1988, 69 ff. (betr. Schweizer Recht für einen Fall, in dem der Spediteur "as agent of the shipper" ein B/L gezeichnet hatte); zust. Rabe TranspR 1988, 51 ff. (auch zu§ 410 HGB a.F.). 42 Vgl. zu Problemen in diesem Bereich bereits S. 137 ff. Möglich ist auch beim Spediteur die Erfassung des ,,Anwartschaftsrechtes", näher MüKo-HGB I P. Bydlinski § 410 Rn. 24-26 und unten im BefundS. 557. 38 39
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte 4. Praktische Bedeutung
Auf die Probleme des Spediteurpfandrechtes nach § 410 HGB a.F., mit der schon bei § 441 HGB aufgezeigten Abrechnungsproblematik, wurde bereits oben (V.l. a.E.) hingewiesen. Die Branche hat sich- nachdem das Problem zu Beginn unseres Jahrhunderts zunahm- relativ schnell mit der Schaffung des § 50 ADSp a.F., gewissermaßen dem "Klassiker der AGB-Pfandrechte", geholfen. Dieser wurde durch eine eher restriktive Rechtsprechung begrenzt43 , so daß er den § 410 HGB a.F. bei nicht deckungsgleichem Anwendungsbereich und Folgewirkungen nicht vollständig in der Bedeutung verdrängt hatte44. In den relevanten Entscheidungen haben sich die Gerichte zumeist mit beiden Bestimmungen beschäftigen müssen45 • Der neue§ 464 HGB knüpft an den§ 50 ADSp a.F. an und sichert- anders als sein Vorläufer- ohne die enge Konnexität. Das gesetzliche Pfandrecht gewinnt damit wieder mehr Bedeutung. Das ADSp-Pfandrecht (jetzt Ziff. 20 ADSp 1999) wird, da es vereinzelt immer noch weiter reicht [siehe auch oben V.2.b)], auch zukünftig - ergänzend - berücksichtigt werden müssen. 5. Vergleichsfalle
Betrachtet man mögliche "Vergleichsfälle" ohne gesetzliches Verwertungsrecht, gilt im Grunde das für den Kommissionär Festgestellte: Ohne Pfandrecht bleiben entsprechend agierende Nichtunternehmer/Privatleute und andere mittelbare Stellvertreter außerhalb des HGB. Gleiches gilt für sonstige Dienstleister (wie für Organisatoren z. B. von Reisen, den bei einer Patentanmeldung helfenden Rechtsanwalt oder den zur Einfuhr eines technischen Gutes notwendige Prüfungen durchführenden Dekra-Ingenieur), selbst wenn sie Leistungen mit werterhöhendem Sachbezug erbringen und an Sachen des Vertragspartners Besitz erlangen. Konnte man zur Rechtfertigung des Kommissionärpfandrechts noch auf die stetige Besonderheit der gewerblichen mittelbaren Stellvertretung mit der daraus folgenden Haftungserweiterung verweisen (siehe S. 122 f.), ist dieses Argument für die Privilegierung des Spediteurs wegen § 454 Abs. 3 HGB (mit der Möglichkeit der direkten Stellvertretung) nur von geringer Bedeutung. Wie allerdings soeben aufgezeigt wurde (oben S. 169), hat das Pfandrecht in Fällen der unmittelbaren Stellvertretung aus besitzrechtlichen Gründen ohnehin kaum Anwendungsbereich. 43 Als Grundsatzentscheidung f'tir AGB-Pfandrechte galt lange Zeit insb. BGHZ 17, I ff. v. 8. 3. 1955, in der der BGH feststellte, daß § 50 ADSp a.F. keinen gutgläubigen Pfandrechtserwerb zugunsten inkonnexer Forderungen ermöglicht. 44 Siehe MüKo-HGB/ P. Bydlinski § 410 Rn. 7. 45 OLG Koblenz v. 24. 9. 1987 a. a. 0. (oben Fn. 12); OLG Hbg. v. 26. 7. 1990 TranspR 1990,447 f. (Rechtsverlust durch Besitzerwerb Dritter); OLG Hamm v. 26. 11. 1992 TranspR 1993, 310 ff. (gutgläubiger Erwerb, auch zu§ 50 ADSp).
VI. Lagerhalterpfandrecht
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VI. Lagerhalterpfandrecht Als weiterer Beteiligter im Bereich des Warentransportes ist auch der Lagerhalter pfandrechtlich gesichert (seit dem TRG über § 475b HGB, vormals § 421 HGB a.F.). Das früher ergänzend anwendbare gesetzliche Pfandrecht des§ 22 OLSchVO ist mit dem TRG entfallen (und erlangte schon vorher wenig Bedeutung 1), hatte allerdings in einzelnen Punkten für§ 475b HGB einen prägenden Einfluß (näheres sogleich).
1. Rechtfertigende Erwägungen
Diese jüngste der handelsrechtliehen Pfandrechtsnormen fügt sich hinsichtlich des gesetzgebensehen Motivs in die Reihe der anderen Pfandrechte des vierten Buches des HGB ein. Es ist allerdings ersichtlich, daß seine Entstehung nicht so durchgängig und beinahe zwangsläufig ablief wie bei den Pfandrechten des Frachtführers oder des Spediteurs. Wahrend diese über das gesamte 19. Jahrhundert insofern zunehmend per Gesetz geschützt wurden, ist das Lagerhalterpfandrecht in der heutigen Form eine Schöpfung des HOB-Gesetzgebers und somit erst parallel zum BGB in Kraft gesetzt worden. In der Zeit vorher, also im ADHGB, gab es für Lagerhalter gar keine speziellen Regelungen; gewerbliche Lagerhaltung führte nicht einmal zur Kaufmannseigenschaft2 . Als Folge davon stand Lagerhaltern selbst das allgemeine kaufmännische Zurückbehaltungs- und Befriedigungsrecht (damals Art. 313 ADHGB, näher noch im nächsten Kapitel unter VII.) nur zu, wenn sie aus anderen Gründen Kaufleute waren3 • Da das Lagergeschäft allerdings vielfach von Spediteuren in gemischten Unternehmensformen betrieben wurde, war diese allgemeine Sicherung doch die Regel. Wegen der Bedeutung und der bestehenden Verbindung zu den anderen Transportaufgaben, insbesondere Spediteurgeschäften, nahm man, um einen möglichst weitgehenden Einklang der Bestimmungen zu erreichen, das Lagergeschäft und gleichzeitig das Lagerhalterpfandrecht mit in das HGB auf. Letztlich passen die Erwägungen, die ein gesetzliches Verwertungsrecht bei den zuvor behandelten Unternehmern rechtfertigen, auch ohne entsprechende Tradition ebenso für den Lagerhalter. Das Lagerhalterpfandrecht ist wieder ein vertragsbegleitendes Sicherungsrecht für einen typischerweise Vorleistenden: Ursprünglich war die Vorleistung des Lagerhalters in § 420 Abs. 2 S. 2 HGB a.F. ausdrücklich bestimmt. Für die Neufas' Ebenso BR-Drucks. 368/97 S. 30 ("weitgehend obsolet"). Siehe Denkschrift zum HGB S. 247 f., dort auch zu älteren Iandesrechtlichen Regelungen in Bremen und Elsaß-Lothringen und den Erwägungen zur Neuregelung. 3 Partikularrechtliche Nachweise zur Anwendung des ,,kaufmännischen Deckungsrechtes" für Spediteure und andere, die "fremdes Gut in Verwahrung genommen" hatten, schon für das 16. und 17. Jallrh. bei Goldschmidt, Hdb. des Handelsrechts 112 S. 1007 (speziell seine Fn. 7). 2
172
2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
sung hielt man eine solche Regelung (zurecht) für überflüssig, so daß es sich nun aus der subsidiär anwendbaren4 Bestimmung des § 699 BGB ergibt. Wie bei allen vorher behandelten Rechten besteht beim Lagerhalterpfandrecht ebenso die Möglichkeit, für die Sicherung an den Besitz des Sicherungsobjektes anzuknüpfen und somit der bestehenden, tatsächlichen Sicherungsbasis Rechnung zu tragen5 . Für die ursprünglich vorhandenen Probleme des Unternehmers beim Erlangen vertraglicher Pfandrechte kann auf die zuvor gemachten Darlegungen verwiesen werden (so den Aspekt des Gläubigerschutzes in Anbetracht der Schwierigkeiten bei der vertraglichen Sicherung6 ). Wie beim Kommissionär, Transporteur und Spediteur taugt typisiert auch der Kompensationsgedanke zur Rechtfertigung. Man kann für den Lagerhalter ebenso feststellen, daß das Sicherungsobjekt zumeist Handelsware ist (und vor hundert Jahren noch viel mehr war), und daher für eine Verwertung zwecks Befriedigung besser geeignet ist als Objekte anderer Verträge7 . Betrachtet man den Wertschaffungsaspekt, reduziert sich dieser hier zwar beinahe auf einen "Werterhaltungsaspekt", denn die Ware kommt durch die Vertragsleistung dem Verkaufsort nicht näher. Andererseits ist die Einlagerung oft notwendiges Glied in der Transportund Wertschöpfungskette der Ware bis zum Endabnehmer (z. B. zur Überbrückung der Zeit bis zur Ankunft des Fahrzeuges für den Weitertransport oder bis zur Verzollung), so daß auch diese Erwägung als rechtfertigender Aspekt für das Verwertungsrecht mit berücksichtigt werden kann. Das HGB trägt dem - ebenso wie beim Kommissionär - in § 443 HGB keine Rechnung, sondern bestimmt vielmehr den Vorrang der "echten" Transport- bzw. Versendungspfandrechte. Zuletzt kann durch die Entwicklung des TRG auf die Prinzipien des typisierten Vertragspfandrechts zurückgegriffen werden. Die für Kaufleute im letzten Jahrhundert bestehenden Durchsetzungsprobleme für Vertragspfandrechte schwanden mit der AGB-Praxis unseres Jahrhunderts, so daß der Spediteur-Lagerhalter über §§ 50, 2 lit. a ADSp a.F. und reine Lagerhalter über gesonderte Lagerbedingungen sich mit rechtsgeschäftliehen AGB-Pfandrechten8 zusätzlich schützten. Dieser Entwicklung trug man im TRG über § 475b HGB auch für den Lagerhalter Rechnung9.
4 K. Schmidt HR5 § 34 II 2; s.a. BR-Drucks. 368/97 S. 30. "Verwahrung" (§§ 688 ff. BGB) ist der Begriff für Lagerungen durch nicht-gewerbetreibende Personen. s Dazu schon beim Werkunternehmer S. 77. 6 Siehe vor allem oben S. 124. Ein Wandel zeigt sich hier allerdings schon zwischen ADHGB und HGB. In der Denkschrift zum HGB S. 252 wird der Lagerhalter wegen nicht gesetzlich gesicherter Ansprüche (dazu noch 2.) auf das Vertragspfand verwiesen, was auf ein geändertes "Ehrverständnis" schließen läßt. Andererseits betont Wolf! Ehrenbergs Hdb. IV I 1 S. 76 f. noch 1917 diesen Aspekt. 7 Ausführlicher zu diesem Kriterium schon beim KommissionärS. 124 f. s Bsp. bei MüKo-HGB/ Frantzioch § 421 Rn. 1: § 22 Hamburger Lagerungsbedingungen. 9 Näher schon S. 145 (Transporteur) und S. 161 (Spediteur).
VI. Lagerhalterpfandrecht
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2. Gesicherte Forderungen
Schon vom ursprünglichen HOB-Gesetzgeber wurde betont, daß man die Bestimmungen des Lagervertrages und auch des zugehörigen gesetzlichen Pfandrechtes möglichst im Einklang mit den Bestimmungen zur Spedition halten wollte. Es mußte in der Vergangenheit daher überraschen, daß trotzdem in vielen Zusammenhängen kaum zu rechtfertigende Unterschiede bestanden. Das TRG hat die Annäherung weiter fortgetrieben, so daß der neue § 475b HGB den Regelungen der §§ 441, 464 HGB mehr entspricht, als das alte Lagerhalterpfandrecht dem Transporteur- und Spediteurpfandrecht entsprach. Dies ist als sachgerechte und vereinfachende Entwicklung zu begrüßen [vgl. aber den Vorbehalt unter 3.b)]. a) Lagerhaltung von gewerblichen Unternehmen
Eine Sondersituation bestand für§ 421 HGB a.F. insofern, als nur Forderungen der gewerblichen Lagerhalter umfaßt waren. Das Pfandrecht bestand also weder für die Vergütungsforderung bei einer Verwahrung durch Privatleute 10 oder nichtkaufmännische Gewerbetreibende (wie Bauunternehmer) noch- und insofern anders als§§ 410, 440 HGB a.F.- durch andere Kaufleute (da eine Vorschrift entspr. §§ 415,451 HGB a.F. fehlte) 11 . Durch die Neuregelung in§ 467 Abs. 3 HGB istwie bei den anderen Pfandrechten - allein der verwahrende Privatmann auf die §§ 688 ff. BGB beschränkt und so nicht gesichert. b) Alle Forderungen aus wirksamen Lagerverträgen
Auch im Forderungsumfang entspricht§ 475b HGB im Grunde den Pfandrechten der §§ 441, 464 HGB. Unsicherheits- und Streitpotential für das spezielle Pfandrecht, das nach altem Recht durchaus vorhanden war, ist damit minimiert. So sicherte § 421 HGB a.F. nur die "Lagerkosten", die durch § 420 HGB a.F. bestimmt angesehen wurden (Entgelt und Aufwendungsersatz), und damit nicht alle vertraglichen Forderungen aus dem Lagervertrag 12• Nach neuem Recht sind dagegen alle Forderungen aus dem Lagervertrag umfaßt 13 (einschließlich der Schadenersatzforderungeil z. B. nach § 468 Abs. 3 HGB und - entsprechend § 464 HGB ,,künftiger Forderungen" 14). Siehe schon den Beispielsfall der Einleitung S. 28 ff. Kritisch dazu schon K. Schmidt HR4 § 34 I 1. Dies war die bewußte Entscheidung des Gesetzgebers, siehe Denkschrift S. 248 f., da die Vorschriften bei diesen Personen angeblich nicht paßten. 12 Denkschrift zum HGB S. 252 (explizit gegen die Sicherung von "Vorschüssen" entspr. § 410 HGB a.F.); Heymann/ Hernnann § 421 Rn. 1 i.V.m. § 420 Rn. 4 (gegen die Sicherung von bestimmten "Schadenersatzforderungen"). 13 BR-Drucks. 368/97 S. 122. 10 11
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Es ist nunmehr - wie beim Spediteur - als geklärt anzusehen, daß das Pfandrecht einen wirksamen Lagervertrag voraussetzt. Der neue Wortlaut ist eindeutig formuliert 15 • Von der pfandrechtliehen Sicherung ausgeschlossen sind danach ebenso Forderungen, die nicht aus einem Lagervertrag, sondern aus anderen Verträgen resultieren 16. Dies gilt selbst dann, wenn ein einheitlicher, aber eben gemischter Vertrag vorliegt, durch den der Unternehmer z. B. einerseits zur Lagerung und andererseits zur Bearbeitung der Ware verpflichtet ist. § 475b HGB sichertwie alle vertragsbegleitenden, gesetzlichen Pfandrechte - dann nur die Forderungen, die ihrem Inhalt nach aus dem lagervertraglichen Part herzuleiten sind 17. c) Inkonnexe, unbestrittene Forderungen
Mit der TRG-Novelle ebenfalls neu eingeführt ist die Sicherung inkonnexer unbestrittener Forderungen aus Lager-, Fracht- und Speditionsverträgen durch das Lagerhalterpfandrecht 18• An dieser Stelle kann auf die Ausführungen zum Transporteurpfandrecht verwiesen werden (oben S. 147 ff.) 19 • d) Forderungsbegrenzung durch § 475b Abs. 2 HGB
Eine Sonderregelung gegenüber den§§ 441, 464 HGB besteht für das Lagerhalterpfandrecht nach neuem Recht in § 475b Abs. 2 HGB. Inhaltlich kann insofern allerdings auf die Ausführungen zum Verfrachterpfandrecht verwiesen werden (S. 150 ff.), bei dem es eine vergleichbare Konstellation gab. Wie beim Verfrachter kommt es beim Lagerhalter vor, daß nicht derjenige, der den Vertrag geschlossen hat, sondern ein Dritter die Herausgabe des Sicherungsobjektes verlangt, der durch einen vom Lagerhalter ausgestellten Orderlagerschein (wie das Konnossement ein Traditionspapier20, siehe § 475g HGB) berechtigt ist. Wird ein solcher Orderlagersehein erstellt, muß der Lagerhalter - wie der Verfrachter beim Konnossement 14
Dazu oben S. 165 ff.; zum alten Recht i.d.S. näher MüKo-HGB/ Frantzioeh § 421
Rn. 11.
15 Für Vertragsperfektion als Pfandrechtsvoraussetzung bereits nach altem Recht: MüKoHGB/ Frantzioeh § 421 Rn. 2; Staub/ Koller§ 421 Rn. 4; a.A. aber Sch1egelberger/ Sehröder § 421 Rn. 2. 16 So schon allgemeine Meinung zum alten Recht: BGH v. 30. 6. 1960 BB 1960, 837; Schlegelber§er/ Sehröder § 421 Rn. 4a; Staub/ Koller§ 421 Rn. 4 a.E.; zum neuen Recht K. Sehmidt HR § 34 IV 2b. 17 Siehe auch im BefundS. 486 ff. 18 Zum besonderen Problem der Feststellung von "Konnexität" iSd. § 421 HGB a.F. gerade bei laufenden Geschäftsbeziehungen vgl. OLG Frankfurt v. 10. 2. 1989 TranspR 1989, 233,237. 19 Auf einen Verweis beschränken sich auch die Gesetzesverfasser, BR-Drucks. 368 I 97 s. 122. 2o Vgl. K. Sehmidt HR5 § 24 III; Canaris HR23 § 33 Rn. 92.
VI. Lagerhalterpfandrecht
175
darauf achten, daß die gesicherten Forderungen Gedenfalls dem Grunde nach21 ) auf dem Schein als noch zu zahlen vermerkt sind, wenn er sich seines Pfandrechtes sicher sein will. Geschieht das nicht, kann sich das Vertrauen eines durch den Orderlagerschein legitimierten Dritten darauf erstrecken, daß er im Falle seines Herausgabeverlangens nicht mit unabsehbaren Forderungen belastet wird. Diese Regelung entspricht inhaltlich § 22 Abs. 2 OLSchVO und wurde nun - nach Aufhebung der VO- ins HGB überführt22. 3. Sicherungsobjekt
a) Güter und ihre Begleitpapiere
Pfandbelastet ist jede eingelagerte Sache (auch hier als "Gut" bezeichnet) nebst Begleitpapieren, solange der Lagerhalter (unmittelbaren oder mittelbaren) Besitz ausübt23 • Für den Erwerb vom Nichtberechtigten gilt hier ebenso der neue § 366 Abs. 3 HGB: Für einen Pfandrechtserwerb an Dritteigentum zugunsten (,,konnexer") Forderungen aus dem aktuellen Vertrag genügt daher das Vertrauen auf Eigentum oder Verfügungsbefugnis des Schuldners, während für Forderungen aus Altverträgen nur ein Erwerb im Vertrauen auf das Eigentum ermöglicht wird. Wenn der Lagerhalter daher - wie so oft - mit anderen Transportunternehmern kontrahiert, scheidet- ebenso wie bei§§ 441, 464 HGB- ein gutgläubiger Erwerb für inkonnexe Anspruche regelmäßig aus24• b) Forderungen aus einer Versicherung
Eine lagerrechtliche Besonderheit des Pfandrechtes ist die Erweiterung auf Forderungen gegenüber einer Versicherung (§ 475b Abs. 1 Satz 2 HGB). Es handelt sich dabei um ein mit dem TRG geschaffenes Novum, wobei in eingeschränktem Umfang die Pfandrechtsbestimmung der OLSchVO (§ 22 Abs. 1 Satz 2) als Vorläufer gelten kann25 • Dort war bereits für Forderungen aus einer FeuerversicheWeitergehend für ,,Errechenbarkeit" CaTUJris HR22 § 32 V 2 (zu§ 22 OLSchVO). Nachzulesen bei BR-Drucks. 368/97 S. 122. 23 Entsprechend den Regelungen bei §§ 441, 464 HGB (oben S. 155 ff.; 169 f.). Für den Ausschluß unpfändbarer Sachen i.S.v. § 811 ZPO schon BechtloffZIP 1996, 994, 1002 f., hier ab S. 556 a.A. die h.M.: LG Frankfurt v. 1. 9. 1954 BB 1954, 912; Heymann/ Herrmann § 421 Rn. 1; Baumbach I Hopr9 § 421 Rn. 1; Staub/ Koller§ 421 Rn. 3 (Fn. I); Schlegelberger I Sehröder § 421 Rn. 5. 24 Zu den Anforderungen an den gutgläubigen Erwerb beim Lagerhalter OLG Frankfurt v. 10. 2. 1989 TranspR 1989, 233, 236. Anders u.U. für die eingelagerten Verpackungen oder Container. 25 BR-Drucks. 386/97 S. 122. Abgedruckt ist§ 22 OLSchVO z. B. bei Baumbach I Hopr9 Anhang 21. 21
22
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
rung, also einer speziellen Sachversicherung26, ein nun allgemein für Versicherungen fruchtbar gemachter "Surrogationsgedanke" verwirklicht. In diesem Sinne bedeutet "Surrogation", daß die Versicherungssumme einer "für das Gut" bestehenden Versicherung dem Pfandgläubiger (Lagerhalter) bei Wertverlusten des Sicherungsobjekts als Ersatz (Surrogat) zur Verfügung steht. Daß § 475b HGB einem Surrogationsprinzip folgt, ergibt sich allerdings nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm, der sehr weit gefaßt von "der Forderung aus einer Versicherung" spricht. Aus dem Kontext des§ 475b Abs. 1 HGB, speziell der inhaltlichen Beziehung zum Sicherungsobjekt des Satzes 1 ("Gut") und des Satzes 2 ("Begleitpapiere"27), kann dies aber gleichwohl hergeleitet werden: Es sind insofern nur Versicherungsforderungen erfaßt, die Wertverluste des Sicherungsobjektes "Gut" ersetzen. Als Gegenbeispiel (zur Verdeutlichung) kann man festhalten, daß deswegen Forderungen gegen eine Haftpflichtversicherung, die z. B. als Folge einer Schädigungshandlung des Personals des Einlagemden entstehen, die mit dem eingelagerten Gut aber keine direkte Beziehung aufweisen, nicht von§ 475b HGB erfaßt werden28 . Ohnehin sind die Voraussetzungen, unter denen eine Forderung gegen eine Versicherung mit dem Pfandrecht belastet ist, nicht eindeutig aus der Norm ersichtlich und nur über den Surrogationsgedanken teleologisch zu entwickeln: Als weitere Folge des Surrogationsprinzips wird man für die Pfandhaftung einer Versicherungsforderung verlangen müssen, daß der Lagerhalter an dem Gut, für das die Versicherung Ersatz leistet, zum Zeitpunkt des Schadensfalles ein Lagerhalterpfandrecht gehabt hat. Das Pfandrecht an der Versicherungsforderung entsteht also nicht, wenn das Gut noch nicht eingeliefert oder schon ausgeliefert war oder wenn es als Fremdeigentum und mangels Eingreifens des § 366 Abs. 3 HGB nicht vom Pfandrecht erfaßt wurde. Andererseits wird man, wenn das im fremden Eigentum stehende Gut vom Pfandrecht gern. § 366 Abs. 3 HGB erfaßt wurde, die Versicherungsforderung als Pfandobjekt ansehen können, unabhängig davon, wer Versicherungsnehmer oder Versicherter ist. Überlegt man weiter, welche Versicherungsformen zur pfandrechtliehen Sicherung in Frage kommen können, ist zunächst an die Feuerversicherung (wie schon in der OLSchVO), aber auch an alle anderen Sachversicherungen, so bspw. wegen Diebstahls oder sonstiger Beschädigungen zu denken29. Der weite Begriff "Versicherung" kann neben den Sachversicherungen aber ebenso Haftpflichtversicherungen30 mit einschließen, hinsichtlich derer verschiedenste Konstellationen denkbar Hofmann§ 19 Rn. 1, 44 ff. Siehe auch§§ 81 ff. VVG. Gemeint sind dabei auch nur die zum erfaßten Gut gehörigen. 28 Bsp.: Der das Gut anliefemde Fahrer des Einlagemden beschädigt bei dieser Gelegenheit Güter Dritter. Der Einlagemde (der Arbeitgeber des Fahrers) hat für solche Schadenersatzpflichten eine Versicherung. 29 I.d.S. wohl auch BR-Drucks. 368/97 S. 122. 30 Zu diesen verschiedenen Schadensversicherungszweigen Hofmann§ 19 Rn. 1 ff., 73 ff. 26 27
VI. Lagerhalterpfandrecht
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sind: So ist die Versicherungsforderung des haftpflichtversicherten Schuldners (des einlagemden Kunden) erfaßt, wenn er-z. B. als Frachtführer oder Spediteur- die seinem Auftraggeber gehörende Ware im Lager beschädigt. Wenn das pfandbelastete Gut von haftpflichtversicherten Dritten geschädigt oder zerstört wird, besteht das Pfandrecht zumindest an einem Direktanspruch (wie er bei Pflichtversicherungen besteht) des Eigentümers des Gutes gegenüber der Haftpflichtversicherung31 • Neben einer Begründung aus dem Wortlaut paßt auch insofern der Surrogationsgedanke. Insbesondere wenn - wie hier vertreten - die deliktische Forderung durch eine Surrogation erfaßt wird32, liegt es nahe, für§ 475b Abs. 1 Satz 2 HGB auch die vom Schädiger abgeschlossene Versicherung einzubeziehen. Aus der weiten Fassung des neuen Lagerhalterpfandrechts ergeben sich Publizitätsprobleme für die Versicherung, die nach altem Recht in diesem Umfang nicht bestanden. Eine derartige Surrogation gab es eben nur für Feuerversicherungsschäden, setzte daher also einen Brand im Lagerhaus voraus. Aus diesem Umstand, der bei der Schadensanzeige regelmäßig ersichtlich war, konnte die Versicherung die nötigen Infonnationen erlangen, um ein bestehendes Pfandrecht zu ermitteln33 . Die jetzige Ausweitung auf die erwähnte Vielzahl der Versicherungsfonneo erhöht das Leistungsrisiko für die Versicherungen34• Nicht allein Transport- und Transporthaftungsversicherungen werden vom Pfandrecht erfaßt, auch andere Versicherungen, die wegen der Beschädigung, des Verlustes oder der Zerstörung von Sachen Ersatz leisten müssen, können von § 475b HGB betroffen sein. Im Grunde wird man Versicherungen in Schadensfallen eine generelle Nachfrage beim Versicherungsnehmer über eine mögliche Einlagerung des beschädigten Gegenstandes anraten müssen. Im Hypothekenrecht (§§ 1127 ff. BGB), wo es vergleichbare Surrogationsregelungen gibt, hat der Gesetzgeber mit größerer Sorgfalt gearbeitet und zum Schutz des Drittschuldners (also der Versicherung) Sondernonnen konzipiert (siehe § 1129 BGB). Eine analoge Anwendung dieser Bestimmungen auf§ 475b HGB scheidet aber durch deren speziellen, auf Immobilien bezogenen Charakter aus. Bei anderen gesetzlichen Verwertungsrechten gibt es keine vergleichbare Erfassung von Versicherungsforderungen. Unter diesem Gesichtspunkt wird man in Frage stellen müssen, warum der Lagerhalter hier überhaupt privilegiert wird. Die Gesetzesmaterialien geben darauf keine Antwort. Und dies nicht ohne Grund: Es ist tatsächlich sachlich kaum zu begründen, warum der Lagerhalter, nicht aber der Transporteur oder der Spediteur, z. B. auf die Forderung gegen die Transportversi31 Ob das Pfandrecht darüber hinaus auch Versicherungsforderungen von schädigenden Dritten erfaßt, ist zumindest zweifelhaft. 32 Zur Surrogation bei deliktischen Schädigungen siehe schon ab S. 66. 33 Bei einer "Versicherung für fremde Rechnung" - wenn der Lagerhalter selbst die Versicherung abgeschlossen hat - ist ergänzend neben § 475b HGB auch § 77 VVG anwendbar, dazu schon S. 134. 34 Zur Anwendung des § 1280 BGB auf gesetzliche Pfandrechte vgl. noch S. 546 ff. m.w.N.
12 Bechtloff
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
cherung zur Befriedigung seiner offenen Forderungen zurückgreifen kann. Die Folgen der einseitigen Ersetzung allein zugunsten des Lagerhalters sind mitunter beinahe absurd: War ein Lagerhalter vorher ein nachrangig gesicherter Pfandgläubiger, erlangt er mit dem Untergang der Sache eine erstrangige Sicherung! Da sich Forderungen (einmal abgesehen von den in Wertpapieren verbrieften) als Sicherungsobjekt für gesetzliche Pfandrechte wegen der mit ihnen verbundenen Publizitätsprobleme ohnehin nicht anbieten 35, sollte das Gesetz nur sparsam und aus zwingenden Gründen entsprechende Erstreckungen vorsehen. Zu einer gelungenen Norm gehören dann meines Erachtens Regelungen zum Schutz des Drittschuldners. Beim Lagerhalter kann man allerdings sogar daran zweifeln, ob der Fall, daß das Gut im Wert durch eine Versicherung ersetzt wird, überhaupt eine regelungsbedürftige Ausnahme ist36 und überlegen, ob die Erstreckung auf die Versicherungsforderungen durch das TRG nicht de lege ferenda wieder beseitigt werden sollte. Will man dies nicht, wäre eine Erweiterung auf andere Pfandrechte sowie zusätzliche Regelungen zum Drittschutz die sachgerechte Alternative. 4. Praktische Bedeutung
Das gesetzliche Lagerhalterpfandrecht des alten Rechts hatte - wie die zuvor behandelten Pfandrechte - das Problem, daß es nach der neueren wirtschaftlichen Entwicklung des Lagergeschäftes eher zu eng konzipiert war. Auch hier wurde oft das Gut ausgeliefert, ohne daß die Gegenforderung gleichzeitig beglichen wurde (da Buchgeldzahlungen die Regel sind). Das Pfandrecht - im Gegensatz zum Transporteur- und zum Spediteurpfandrecht ohne ,,Folgerecht" entspr. § 441 Abs. 3 HGB - war oft erloschen, bevor auffiel, daß die ausstehende Rechnung nicht überwiesen wurde. Daß bedeutete nicht, daß das Lagerhalterpfandrecht des§ 421 HGB a.F. jede Bedeutung verloren hatte, wie die Rechtsprechungsanalyse der Jahre 1986-1996 zeigt: Die Existenz einzelner Entscheidungen37 verdeutlicht, daß trotz der alten, engen Version ein Anwendungspotential vorhanden war, insbesondere im Bereich von Dauer-Lagerverträgen. Die Aufgabe der strengen Konnexität mit dem TRG dürfte den Sicherungswert des gesetzlichen Verwertungsrechtes nun weiter verbessern. Gerade in den Fällen, in denen Einlagerungen in laufender Geschäftsbeziehung erfolgen und so Zahlungsprobleme bereits ersichtlich werden, solange der Lagerhalter irgendein Gut des Vertragspartners im Besitz hat, wird das Dazu näher noch im Befund ab S. 544, speziell S. 546. Damit die Erfassung dem Lagerhalter einen Nutzen bringt, darf er nicht selbst für den Schaden haftbar gemacht werden können. Entspr. Anwendungsfälle zu§ 22 OLSchVO sind nicht ersichtlich. 37 OLG Frankfurt v. 10. 2. 1989 TranspR 1989, 233 ff.(zu Konnexität und gutgläubigem Erwerb); AG Hbg.-Altona v. 11. 5. 1993 RPfleger 1993, 502 f. (zu einem Tilgungsproblem). Weitere - ältere - Entscheidungen in den vorhergehenden Fußnoten. 35
36
VII. Befriedigungsrecht des Kaufmanns
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Pfandrecht zukünftig um so mehr, vielleicht sogar eine dem Vermieterpfandrecht vergleichbare Bedeutung erlangen.
S. Vergleichsfälle
Ohne pfandrechtliche Sicherung bleibt der bürgerlich-rechtliche Verwahrungsvertrag, der sich nur insoweit vom Lagervertrag unterscheidet, als der Verwahrer nicht gewerblich handelt. Verwandte Verträge, wie z. B. Mietverträge, kennen dagegen sehr wohl wieder ein gesetzliches Pfandrecht. Im noch engeren alten Recht sicherten sich einlagemde Spediteure und Frachtführer vielfach, unabhängig davon, ob sie gewerbliche Lagerhalter waren oder nicht, durch das die Lagerkosten umfassende Vertragspfand des § 50 ADSp. Das Bedürfnis dafür ist durch die Reform entfallen (§ 467 Abs. 3 HGB). Nur ,,Privaten" (im Rahmen der §§ 688 ff. BGB) wäre zu empfehlen, zukünftig eine individuelle oder vorformulierte vertragliche Verpfändung mit dem Vertragspartner zu vereinbaren. Zurückblickend auf das Eingangsbeispiel (oben S. 28), bliebe für den Eigentümer der Halle nur der Rat, wenn er denn nicht ein dauerhaftes Gewerbe betreiben will, sich einen Formularvertrag konzipieren zu lassen. Dieser könnte neben anderen ohnehin sinnvollen Regelungen (zur Haftung, Vergütung etc.)- nach dem Vorbild der Autowerkstätten - ein vertragliches Pfandrecht an den eingelagerten Sachen vorsehen.
VII. Befriedigungsrecht des Kaufmanns Noch zu den besitzgebundenen Verwertungsrechten, aber nicht mehr zu den gesetzlichen Pfandrechten, zählt das in diesem Kapitel zu erörternde Befriedigungsrecht des Kaufmanns (kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht) gemäߧ§ 369, 371 HGB. Es ist wie die zuvor behandelten Rechte im vierten Buch des HGB geregelt und erfüllt eine Auffangfunktion, da es tatbestandlieh weiter gefaßt ist als diese, nämlich gerade auch für alle sonst ungesicherten Kaufleute gilt.
1. Rechtfertigende Erwägungen
Als Ausgangspunkt einer Rechtfertigung dieses zunächst - vgl. § 369 HGB auf Zurückbehaltung gerichteten Rechtes eignet sich hier ebenso die "exceptio doli": Wer eine Sache seines Schuldners im Besitz hat, soll zurecht darauf vertrauen können, daß er diesem Kredit gewähren kann 1• Oder aus der Sicht der Gegenseite: Das Prinzip redlichen Verhaltens schließt aus, gegenüber demjenigen den eigenen Herausgabeanspruch (hinsichtlich des Sicherungsobjektes) durchzusetzen, dem man selbst noch schuldet. I
12*
Ein entsprechender Gedanke findet sich bei Schlegelherger I Hefermehl § 369 Rn. 1.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Sucht man nach weiterer Rechtfertigung über diese Einrede hinaus, ist zunächst als Unterschied zu allen zuvor behandelten Rechten deutlich, daß der Wertschaffungsaspekt bei den§§ 369-372 HGB nicht einmal in einer typisierten Form tragfahig ist. Das Befriedigungsrecht besteht nämlich zum einen für jeden Kaufmann völlig unabhängig davon, was für eine Leistung seiner Forderung zugrunde liegt, und sogar davon, ob überhaupt eine Leistung von ihm erbracht wurde [zum Forderungskreis noch VII.2.b)]. Zum anderen sicherte es bereits ursprunglieh nicht nur die objektbezogenen ("konnexen") Forderungen, sondern-unstrittig- auch Anspruche, die fast keinen Bezug zu dem Sicherungsobjekt haben [siehe VII.3.d)]. Maßgebend für die Entwicklung eines derart allgemeinen Rechtes zur Befriedigung durch Verwertung ist das Zusarnrnenwirken eines dem Gesetzgeber notwendig erscheinenden besonderen Gläubigerschutzes in Verbindung mit dem Kompensationsgedanken gewesen. Schon bei den auf speziellen Handelsgeschäften beruhenden Pfandrechten wurde das Prinzip der Kompensation erläutert, so daß darauf verwiesen werden kann (vgl. insbesondere beim Kommissionär S. 124 ff.). Es konnte dabei deutlich gemacht werden, daß dieser Aspekt in der historischen Entwicklung der Rechte wiederholt eine Rolle gespielt hat; es mußte aber stets eingeräumt werden, daß der Gedanke durch die Ausgestaltung der Entstehungstatbestände des HGB einen wesentlichen Teil seiner Rechtfertigungskraft verloren hat. Insbesondere bei den kaufmännischen Pfandrechten, bei denen der Wertschaffungsaspekt mit dem ADHGB eine größere Bedeutung erlangte (vgl. § 443 HGB), geriet der Kompensationsgedanke vielfach in den Hintergrund. Zur Erinnerung ließe sich festhalten, daß die beförderten I versendeten Sachen beim Frachtführer oder Spediteur eben auch Privatpersonen gehören können und der Eingriff durch Verwertung dann oft von stärkerer Intensität ise. Anders dagegen beim Befriedigungsrecht des Kaufmanns: § 369 HGB setzt für die gesicherte Forderung ein beiderseitiges Handelsgeschäft, d. h. auch einen Kaufmann als Schuldner, voraus und zusätzlich muß das Sicherungsobjekt aufgrundeines Handelsgeschäftes in den Gewahrsam des Gläubigers gelangt sein3 • Diese Beidseitigkeil der Kaufmannseigenschaft ist ein Kriterium, das im Rahmen des § 369 HGB dem Kompensationsgedanken Rechnung trägt. Auch die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbes der gesetzlichen Pfandrechte über § 366 Abs. 3 HGB läßt sich mit einer Herleitung aus der Kompensation kaum erklären. Anders auch insoweit § 369 HGB, der- vgl. noch unten - nur Schuldnerobjekte erlaßt. Gleichwohl ist der Kompensationsgedanke auch beim Befriedigungsrecht des Kaufmanns nur typisiert im Gesetz verwirklicht, denn selbst hier gibt es "Härtefalle". Zwar sind die Objekte von Handelsgeschäften der Kaufleute häufig zu Umsatzzwecken (zum Wiederverkauf) und selbst bei erworbenem Anlagevermögen 2
Beim Ein- oder Verkaufskommissionär paßte der Gedanke dagegen noch eher, siehe
s. 125.
3 Zu der den Kompensationsaspekt unterlaufenden Auslegung der herrschenden Meinung vgl. noch unten S. 196.
VII. Befriedigungsrecht des Kaufmanns
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eben ersetzbare Posten im Unternehmen. Gleichwohl kann dies im Einzelfall aber durchaus anders sein, ohne daß der Umstand für das Verwertungsrecht eine Rolle spielt. Das Objekt des Handelsgeschäftes kann z. B. eine für den Betrieb des Kaufmanns zwingend notwendige Sache aus dem Anlagevermögen (z. B. der einzige Lkw des Frachtführers oder eine speziell für den Kaufmann gefertigte Maschine) sein. Oder sie ist zwar zu Umsatzzwecken angeschafft, aber bereits anders eingeplant worden. Als Beispiel sei an den Kunsthändler gedacht, der das Objekt - ein Originalgemälde - bereits an einen Kunden verkauft hat. Nimmt der Gläubiger unseres Kaufmannes - bspw. ein anderer Kunsthändler, der das Gemälde begutachtet hat - dieses zur Befriedigung ausstehender Schulden, kann der Schaden aus der folgenden Nichterfüllung ungewöhnlich hoch sein. Als Ausgleichsmechanismus für einzelne Härten funktioniert beim kaufmännischen Zurückbehaltungsrecht allerdings der § 369 Abs. 3 HGB: Ist für den Gläubiger bspw. ersichtlich gewesen, daß das Objekt für einen speziellen Dritten bestimmt und auf Anforderung an diesen zu übergeben ist, schließt dies das Befriedigungsrecht aus. Es ist für den Gläubiger eben ersichtlich und mit in die Abrede einbezogen, daß der Eingriff für den Schuldner eine besondere Härte wäre und so eine "Kompensation" ausscheidet. Eine Situationsentschärfung ist weiter über § 369 Abs. 4 HGB möglich, der dem Schuldner eine Ersetzungsbefugnis für das Objekt zubilligt und so - bei vorhandener Liquidität - Härten vermeiden hilft. Als Resümee zeigt sich: In Ermangelung anderer tragfähiger Rechtfertigungen ist dieser modifizierte Aufrechnungsgedanke in§ 369 HGB recht deutlich mit in den Tatbestand eingeflossen und - so meine ich - entsprechend bei der Auslegung der Bestimmung zu berücksichtigen (was- dazu unten näher- nicht immer geschieht). Wichtig ist in diesem Zusammenhang zuletzt die Entwicklung im Vergleich zu den kaufmännischen Pfandrechten. Bei der Beratung zum ADHGB lagen bekanntlich einerseits ein preußischer und andererseits ein österreichischer Entwurf vor. Die Österreichische Fassung enthielt - nach dem Vorbild eines auf die Ursprünge eben der Kompensation zurückzuführenden Österreichischen Partikularrechtes (Artt. 43, 44 des Österreichischen Wechselpatents von 1763)- ein allgemeines gesetzliches Pfandrecht für alle Kaufleute (§ 50 des Österreichischen Entwurfes)4 • Dem preußischen Rechtsverständnis waren dagegen solche Kompensationsgrundsätze eher fremd, so daß dieser Entwurf nur einzelnen Kaufleuten gesetzliche Pfandrechte zugestand (Konunissionär, Spediteur, Frachtführer gern. Artt. 292, 302, 316 des preußischen Entwurfes)5 . Die erste Lesung des ADHGB integrierte beide Konzepte, so daß sowohl ein allgemeines als auch die speziellen Rechte nebeneinander Eingang fanden. Gleichzeitig flossen so die zugrunde liegenden Erwägungen beider Konzepte ein. Die Kompensation einerseits, die es - wie in den vor4 Laband ZHR 9, 225 ff., 425 ff., 482 f.; Goldschmidt Hdb. des Handelsrechts I /2 S. 996 ff., 1007, 1016 f.; aus dem neueren Schrifttum insb. Altmeppen ZHR 157, 541 ff., 549 f. 5 Goldschmidt Hdb. des Handelsrechts 1/2 S. 1012 ff. (zeitweilige Deckungsrechte wurden in Preußen Mitte des 18. Jahrhundert beseitigt); Altmeppen ZHR 157, 541 ff., 550.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
angegangenen Kapiteln demonstriert - auch in spezieller Ausprägung gab, und die Wertschaffung andererseits trugen so neben dem erkannten besonderen Schutzbedürfnis der Kaufleute6 zum Modell der gesetzlichen Sicherung im ADHGB bei. Mit der zweiten Lesung wurde das Nebeneinander des allgemeinen und der speziellen gesetzlichen Pfandrechte beseitigt7 • Ein allgemeines Pfandrecht erschien den Verfassern doch als zu weitgehend. Für die Rechtfertigung der gesetzlichen Verwertungsrechte läßt sich daraus folgern, daß der Kompensationsgedanke allein in Verbindung mit einer diagnostizierten Schutzbedürftigkeit nicht zu einem gesetzlichen Pfandrecht führen sollte. Als allgemeines Recht kam es darauf zu dem Befriedigungsrecht des Kaufmanns, zunächst in Artt. 313 ff. ADHGB und später in §§ 369 ff. HGB. Dieses war zwar kein gesetzliches Pfandrecht (vgl. zur Dinglichkeit § 369 Abs. 2 HGB), aber in den Rechtswirkungen trotzdem einem solchen sehr weitgehend angenähert, so daß ein Unterschied in vielen Punkten nicht deutlich wird. Als Folge dieser Entscheidung des ADHGB ergibt sich bis heute ein im Wesen nicht gänzlich geklärtes und damit in den Einzelheiten umstrittenes Institut8. Aus dieser Schilderung dürfte deutlich geworden sein, daß man für eine Rechtfertigung ebensowenig auf eine typisierte rechtsgeschäftliche Sicherung abstellen kann9 • Anzuerkennen ist zwar die Möglichkeit, ein entsprechendes Befriedigungsrecht vertraglich zu konstituieren und ein bestehendes Recht aus §§ 369 ff. HGB zu modifizieren 10• Dies hat jedoch bei der Schaffung des Befriedigungsrechtes weder eine Rolle gespielt noch ist solches heute häufige Praxis. Tatsächlich kann dies nicht verwundern, denn in den Fällen, in denen ein Zurückbehaltungsrecht vertraglich begründet werden kann, läßt sich genauso ein - für den Gläubiger besseres Vertragspfandrecht vereinbaren. 2. Gesicherte Forderungen
Die gesicherten Ansprüche beschreibt § 369 Abs. 1 Satz 1 HGB als die fälligen Forderungen eines Kaufmanns, die "ihm gegen einen anderen Kaufmann aus den zwischen ihnen geschlossenen beiderseitigen Handelsgeschäften zustehen". Die weite Fassung des Entstehungstatbestandes, d. h. die Erstreckung auf alle Kaufleu6 Zum Schutzbedürfnis aufgrund des damaligen Verständnisses von ,,kaufmännischer Ehre" schon oben S. 124. 7 ProtokolleS. 1339 ff., 1348 f., 1420 ff. s Siehe so K. Schmidt HRs § 22 IV 1 d; zur weitgehenden Annäherung auch Canaris FS Flume S. 372, 404 f.; für echte pfandrechtsgleiche Dinglichkeit bspw. H. Emmerich, S. 22, 520 ff.; anders die HGB-Denkschrift S. 211. 9 Ebenso GK/ Canaris § 369-372 Rn. 23. 10 GK/ Canaris § 369-372 Rn. 73; K. Schmidt HRs § 22 IV 5; Baumbach I Hopr 0 § 369 Rn. l; vgl. auch Banken-AGB a.F. Nr. 19 Abs. 4 (bis 1992); einschränkend Schlegelberger/ Hefermehl § 369 Rn. 41.
VII. Befriedigungsrecht des Kaufmanns
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te, geht einher mit einer Vielzahl von Tatbestandsmerkmalen, die den Anwendungsbereich näher beschreiben und einschränken. Am Wortlaut anknüpfend wird auf beiden Seiten (für Gläubiger und Schuldner) Kaufmannseigenschaft [a)] und weiter ein "beiderseitiges Handelsgeschäft" als Grundlage der gesicherten Forderung [b)] vorausgesetzt. Dieses muß, nimmt man die Norm beim Wort, "zwischen ihnen geschlossen" sein [c)]. Zuletzt wird noch die Fälligkeit der gesicherten Forderung [d)] ausdrücklich erwähnt.
a) Gläubiger und Schuldner als Kaufmann Die Kaufmannseigenschaft (von Gläubiger und Schuldner) als erste Voraussetzung des Befriedigungsrechtes ist11 mit der Neufassung des Kaufmannsbegriffes durch das Handelsrechtsreformgesetz zum 1. Juli 1998 neu und weiter gefaßt worden12, ohne daߧ 369 HGB selbst geändert worden wäre 13 • Vor der Reform war das Verwertungsrecht an den Kaufmannsbegriff der §§ 1 ff. HGB a.F. gebunden, bestand - in kurzen Worten - also für und gegenüber denen, die spezielle Grundhandelsgewerbe ausübten oder ins Handelsregister eingetragen waren 14. Die §§ 369 ff. HGB galten weiter für Minderkaufleute gemäߧ 4 HGB a.F. (sei es als Gläubiger oder als Schuldner) 15, d. h. für Unternehmer, die ein Grundhandelsgewerbe betrieben, aber "nach Art und Umfang" keines "in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes" bedurften. Die Kritik an diesen als veraltet geltenden Bestimmungen war weit verbreitet, weil für eine beachtliche Zahl von Unternehmen - insbesondere wenn diese sich nicht eintragen ließen - die Anwendung des HGB sachwidrig ausgeschlossen blieb16. Vor allem von Karsten Schmidt wurde die Auffassung vertreten, daß auch § 369 HGB nicht auf den engen Kaufmannsbegriff des §§ 1 ff. HGB a.F. beschränkt sei, sondern auf alle Unternehmensträger - ggf. analog- angewendet werden müsse 17. Mit der 1998 durchgeführten Reform wurde der Kritik am Kaufmannsbegriff in weiten Teilen Rechnung getragen und die zugrunde liegenden §§ 1 ff. HGB neu gefaßt. Kaufmann - auch im Sinne des § 369 HGB - ist nun jeder Gewerbetreibende(§ 1 Abs. 1), sofern er nicht nach Art und Umfang des Unternehmens keines in Zum Zeitpunkt des Vorliegens dieser Voraussetzung noch unter VII.2.d). Vgl. BGBl. I 1998, S. 1494; dazu P. Bydlinski ZIP 1998, 1169 ff.; K. Schmidt HR5 § 3 I 2b, § lOIV. 13 Wie heute§ 369 Abs. 1 S. 1 HGB schon beinahe wörtlich Art. 313 Abs. 1 ADHGB. 14 Kurz als Rückblick zusammengefaSt bei P. Bydlinski ZIP 1998, 1169, 1170; ausführlich Canaris HR22 §§ 2, 3. 15 Allgemeine Auffassung: GK/Canaris §§ 369-372 Rn. 3; Baumbach/Hopf9 § 369 Rn. 3; Wo!ffEhrenbergs Hdb. IV I 1 S. 80. 16 Eingehend K. Schmidt HR4 § 3 u. § 10; Canaris HR22 § 21 II. 17 Ders. HR4 § 22 IV 2a i.V.m. § 3. Dagegen aber aus methodischen Gründen die h.M.: Canaris HR23 § 30 Rn. 3 i.V.m. § 1 Rn. 24 f.; Neuner ZHR 157, 243 ff., 280. ll
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes bedarf(§ 1 Abs. 2), d. h. nach altem Recht Minderkaufmann war. Für § 369 HGB heißt das, Subjekt des kaufmännischen Zuriickbehaltungsrechtes ist nun jeder dieser Gewerbetreibenden, was den Anwendungsbereich des Verwertungsrechtes einerseits erweitert, wenn auch zugleich neue Begrenzungen hinzukamen (zum Kleingewerbetreibenden sogleich). Unverändert ist die Position der Unternehmer in den sogenannten "freien Berufen" 18, die nicht zu den "Gewerbetreibenden" im technischen Sinne gehören und damit nicht zu den Kaufleuten zählen und deswegen nicht von § 369 HGB betroffen sind. Neu ist die Abschaffung des Instituts des "Minderkaufmanns" (vgl. eben § 1 Abs. 2 HGB), so daß der Kleingewerbetreibende des § 4 HGB a.F. nach neuem Recht nicht mehr Kaufmann und Subjekt des Befriedigungsrechtes ist 19 • Anders ist das nur, wenn er sich eintragen läßt (§ 2 HGB gibt ihm ein Wahlrecht dazu) oder eines der speziellen Handelsgeschäfte betreibt (Kommission, Fracht, Spedition und Lagerhaltung, für die durch spezielle Normen, z. B. §§ 383 Abs. 2 HGB, das vierte Buch des HGB auch für Kleingewerbetreibende überwiegend für anwendbar erklärt wird20) . Ob diese neue Differenzierung und der Ausschluß der Kleingewerbetreibenden im übrigen für §§ 369 ff. HGB sachgerecht ist, wurde schon bezweifelt (zur Analogie noch unter "5. Vergleichsfälle") 21 . Es bleibt noch auf die Fälle hinzuweisen, in denen der eine Teil nur "Scheinkaufmann" ist. Für diese wird zurecht danach differenziert, ob der Scheinkaufmann als Gläubiger das Befriedigungsrecht geltend macht oder als Schuldner in Anspruch genommen wird: Die Tatsache, daß jemand den Rechtsschein erweckt, Kaufmann zu sein, rechtfertigt es, ihn zu seinen Lasten als Kaufmann zu behandeln, führt aber nicht dazu, seine Rechtsstellung zu verbessern. Die Stellung als Scheinkaufmann genügt daher auf Seiten des Schuldners, nicht aber auf Seiten des Gläubigers zur Begründung des gesetzlichen Verwertungsrechtes22.
1s So die bewußte Entscheidung des Gesetzgebers, siehe BT-Drucks. Xlll /8444, S. 25, 31. 19 In der Praxis ist - so meine Einschätzung - § 369 HGB insgesamt bedeutender geworden, da die neu hinzugekommenen Anwendungsfälle gewichtiger sind als die neuen Begrenzungen. 20 Siehe dazu schon bei den speziellen gesetzlichen Pfandrechten (Kapitel III.-VI.). 21 Kritisch P. Bydlinski ZIP 1998, 1169, 1174; für eine analoge Anwendung weiter K. Schmidt HR5 § 22 IV 2a. 22 GK/CaTUJris §§ 369-372 Rn. 5; Schlegelberger/Hefermehl § 369 Rn. 13; diff. Wolf! Ehrenbergs Hdb. IV /1 S. 80 (nur im Falle von§ 15 HGB); einschränkend auch Baumbach I Hopr0 § 369 Rn. 3 (kein Absonderungsrecht).
VII. Befriedigungsrecht des Kaufmanns
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b) Beiderseitiges Handelsgeschäft Das Befriedigungsrecht des Kaufmanns setzt weiter voraus, daß der gesicherten Forderung beim Schuldner wie beim Gläubiger ein Handelsgeschäft zugrunde liegt. Diese Voraussetzung erscheint aus heutiger Sicht beinahe als überflüssig, denn - so könnte man meinen - Kaufleute schließen miteinander selbstverständlich Handelsgeschäfte ab. Schließlich, dies bestätigt der Blick auf die §§ 343, 344 HGB, sind alle Rechtsgeschäfte des Kaufmanns im Zweifel Handelsgeschäfte. Richtig ist wohl, daß juristische Personen des Handels keine Geschäfte tätigen, die nicht als Handelsgeschäft zu qualifizieren sind. Die Erklärung für die Schaffung des zusätzlichen Merkmals "beiderseitiges Handelsgeschäft" ergibt sich aus der stark auf die natürliche Person "Kaufmann" bezogene Sichtweise des ADHGB, d. h. dem wirtschaftlichen Verständnis des letzten Jahrhunderts. Der Mensch, der ein Handelsgewerbe betrieb, war der übliche Anwendungsfall des Kaufmanns. Das "beiderseitige Handelsgeschäft" sollte für ihn klarstellen, daß Verbindlichkeiten und Forderungen, die mit seinem Gewerbe nicht in Verbindung standen, ihn nicht z. B. i. S. d. § 369 HGB berechtigen oder verpflichten. Dies gilt natürlich heute noch und erscheint selbstverständlich: Wer als natürliche Person ein Gewerbe betreibt, ist zwar "Kaufmann", wird aber wegen der aus dem Privatleben- außerhalb der gewerblichen Tätigkeit - stammenden Ansprüche nicht von §§ 369 ff. HGB betroffen23 . Es gibt noch eine weitere, rein historische Erklärung für das Merkmal: Das ADHGB (Art. 271) kannte noch "absolute" Handelsgeschäfte, die auch zwischen Nichtkaufleuten abgeschlossen werden konnten und trotzdem dem HGB unterfielen24. Das Nebeneinander dieser Voraussetzungen des kaufmännischen Befriedigungsrechtes sollte insofern nicht nur die Privatgeschäfte des Kaufmanns, sondern ebenso diese Handelsgeschäfte der Nichtkaufleute vom Anwendungsbereich ausschließen. aa) Handelsgeschäfte ohne wirksamen Vertrag Das Erfordernis "Handelsgeschäft" setzt nach allgemeiner Auffassung nicht voraus, daß die gesicherte Forderung rechtsgeschäftlicher Natur ist25 . Es wurden daher nicht nur die nach einem Rücktritt entstehenden Ansprüche26, sondern ebenso Bereicherungsforderungen27 , Forderungen aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag28 oder sogar Ansprüche deliktischen Ursprungs29 als gesichert angesehen. Bsp. von Laband a. a. 0. (oben Fn. 4) S. 489: Miete der privaten Wohnung. Zum "absoluten" Handelsgeschäft des ADHGB Baumbach I Hopr 0 Ein! vor § 343 HGB Rn. I ; GK/ Ratz§ 343 Rn. I a.E. Vgl. auch Laband a. a. 0 . (oben Fn. 4) S. 488. 2s Heymann/ Horn§ 369 Rn. 9; K. Schmidt HR5 § 22 IV 2 b; Baumbach I Hopr0 § 369 Rn. 6; GK/ Canaris §§ 369-372 Rn. 29; ebenso schon Schlegelherger S. 206 f.; Wo(ffEhrenbergs Hdb. IV I I S. 80 f. 26 RGZ 26,27 V. 4. 6. I890. 27 BGH v. I I. 6. I956 BB I956, 833 und v. 27. 3. I985 NJW I985, 24I7, 24I8. 23
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Vom Wortlaut des § 369 HGB her ist dies unbedenklich. Ein Handelsgeschäft muß nicht ein wirksames Rechtsgeschäft sein, denn der "Geschäftsbegriff' ist im allgemeinen Sprachgebrauch unabhängig von der Billigung durch die Rechtsordnung (man denke nur an insoweit gerade zweifelhafte, sogenannte ,,krumme Geschäfte"). Bedenken könnten allerdings daraus resultieren, daß der Begriff für § 343 HGB teilweise enger verstanden wird, nämlich nur "Rechtsgeschäfte" in einem weiteren (nicht zivilrechtlichen) Sinne30 und daher bspw. keine Ansprüche aus Delikt erfassen soll31 • Diese Untersuchung ist nicht der Platz, an dem ein allgemeingültiger Begriff des "Handelsgeschäftes" i.S. v. § 343 HGB entwickelt werden soll. Für § 369 HGB jedenfalls ist die weite Auslegung überzeugend, nach der jeder Anspruch, der in Zusammenhang mit der Unternehmerischen Tätigkeit entstand, erfaßt ist. Es besteht zunächst keine Veranlassung, im Rahmen dieses Sicherungsrechtes an eine Vertragsperfektion anzuknüpfen. Anders als die zuvor behandelten (eben "vertragsbegleitenden") gesetzlichen Pfandrechte ist das Befriedigungsrecht des Kaufmanns vom Gesetzgeber nicht in den Regelungszusammenhang eines vertraglichen Schuldverhältnisses gestellt worden, sondern steht im "allgemeinen Teil" der Handelsgeschäfte. Auch andere Normen dieses Abschnitts betreffen mitunter außervertragliche Ansprüche (so ist§ 347 HGB auch für die gesetzliche Haftung relevant und spielt für§ 355 HGB die Herkunft des Anspruchs keine Rolle), so daß die Systematik diesem weiten Verständnis nicht im Wege steht. Außerdem sprechen die dieses gesetzliche Verwertungsrecht rechtfertigenden Erwägungen (oben 1.) für eine Sicherung aller, auch nicht rechtsgeschäftlich begründeter Ansprüche. Der Kompensationsgedanke ist von der Rechtsnatur des gesicherten Anspruchs unabhängig und setzt vielmehr nur an der Eigenschaft des Sicherungsobjektes an. Der Bedarf nach einem Gläubigerschutz durch das Gesetz selbst ist dagegen bei nichtvertraglichen Forderungen sogar eher höher als bei rechtsgeschäftliehen Ansprüchen, da der Gläubiger sich bei diesen naturgemäß schlechter sichern kann32 • Es ist zuletzt auch nicht ersichtlich, daß ein gesetzlicher Anspruch weniger schutzwürdig ist als ein vertraglicher. Die zitierten Beispiele aus der Rechtsprechung demonstrieren das hinreichend33 .
28 WoiffEhrenbergs Hdb. IV I 1 S. 81; so, wenn der Spediteur in vermeintlicher Notwendigkeit über den Auftrag des Versenders hinaus leistet (ähnlich MüKo-HGBI P. Bydlinski § 410 Rn. 10, 124). 29 GKICanaris §§ 369-372 Rn. 29 a.E. 30 So K. Schmidt HR5 § 18 I 1a; ähnlich Baumbach I Hopt30 § 343 Rn. 1. 31 Anders als die in soeben Fn. 30 Genannten Schlegelherger I Hefermehl § 343 Rn. 11, 13; Heymann I Horn § 343 Rn. 7 f., nach denen auch deliktische Handlungen "Handelsgeschäfte" sein können. 32 Jedenfalls nicht bei Eingebung der Verbindlichkeit, da diese eben nicht rechtsgeschäftlieh erfolgt. 33 Nachweise in Fn. 27.
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Das Befriedigungsrecht des Kaufmanns, so kann man also festhalten, gehört nicht zu den vertragsbegleitenden Rechten, sondern ist vielmehr an den weiter gefaßten, im Grunde als Beschreibung eines Lebenssachverhaltes zu bezeichnenden Begriff des "Handelsgeschäftes" gebunden. bb) Weitergehende Forderungsselektion? Eine spezielle Forderungsselektion - wie in mancher Altfassung kaufmännischer gesetzlicher Pfandrechte - erfolgt für § 369 HGB nicht. Der Terminus Forderung im Sinne des § 369 HGB meint im bürgerlich-rechtlichen Sinne alle Ansprüche34. Vielfach wird die Geltendmachung des kaufmännischen Befriedigungsrechtes allerdings auf Geldforderungen und Ansprüche, die in Geldforderungen übergehen können, begrenzt, da nur für solche eine Verwertung i.S.v. § 371 HGB in Frage kornme35 . Vereinzelt wird der Forderungskreis in bewußter Abgrenzung zu dieser These weiter gefaßt36. Bedeutung kommt diesem "Streit" meines Erachtens nicht zu, da wohl jeder Anspruch (z. B. im Falle der Unmöglichkeit seiner Erfüllung) in eine Geldforderung übergehen kann. Betont werden muß nur, daß bis zu diesem Übergang nur ein Recht zur Zurückbehaltung und - vergleichbar § 1228 Abs. 2 BGB - erst anschließend eine Verwertungsbefugnis besteht.
c) Unmittelbarkeitserfordemis Ein bereits bei der Konstituierung des Befriedigungsrechtes in Zweifel gezogenes Merkmal ist das sogenannte "Unrnittelbarkeitserfordernis". Hinter diesem Begriff verbirgt sich die Frage, ob nur solche Forderungen gesichert sind, die schon ursprünglich zwischen dem geltend machenden Gläubiger und dem aktuellen Schuldner entstanden sind. Wahrend bei den Lesungen zum ADHGB zunächst zum Ausdruck gebracht wurde, daß eine durch Abtretung erworbene Forderung grundsätzlich zur Geltendmachung des kaufmännischen Verwertungsrechtes genügen sollte, wurde von der Redaktionskommission die Worte "zwischen ihnen geschlossenen" dem Normtext hinzugefüge7 . In der nachfolgenden Diskussion (aber noch im Gesetzgebungsverfahren) sah man das damit geschaffene Problem; man meinte jedoch - unter Nennung undeutlicher Beispiele - feststellen zu können, daß gleichwohl die Geltendmachung des Befriedigungsrechtes zugunsten von durch Abtretung erlangter Forderungen möglich sei. In der Folge wurde die Textfassung der Redaktionskommission beschlossen38 . So die begriffliche Erweiterung bspw. bei K. Schmidt HR5 § 22 IV 2b. So schon WoljfEhrenbergs Hdb. IV /1 S. 86; heute GK/ Canaris §§ 369-372 Rn. 33. 36 Baumbach I Hopr0 § 369 Rn. 4 (in Fortsetzung der zuvor in diesem Kommentar vertretenen Auffassung); krit. dazu GK/ Canaris §§ 369-372 Rn. 33. 37 Siehe Protokolle S. 464, 468, 1352. 34
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- 8. Entstehung der Verwertungsrechte
Bereits in den Jahren unmittelbar nach Einführung des ADHGB wurde diese Interpretation der Verfasser als mit dem Gesetzeswortlaut unvereinbar angesehen. Es sei offensichtlich, daß "übergegangene Forderungen" nicht auf zwischen den Kaufleuten geschlossenen Handelsgeschäften beruhen. Da man seinerzeit der Wortlautinterpretation mehr Bedeutung zuerkannte als einer Intention der Verfasser, wurde Forderungsempfängern die Berufung auf das Befriedigungsrecht des Kaufmanns demgemäß versagt. In der Folgezeit ist die Frage zunehmend differenzierter betrachtet worden: Entscheidend sei, aus welchem Grund es zu dem Wechsel in der Position des Gläubigers oder Schuldners gekommen ist (Erbfall, Geschäftsübergang, isolierte Forderungsabtretung, Schuldübernahme etc.)39. Nach nunmehr weit über hundert Jahren mehr oder weniger andauernder Diskussion geht die heute herrschende, vielleicht inzwischen sogar allgerneine Auffassung davon aus, daß die Einschränkung durch den Wortlaut des Entstehungstatbestandes zu weit gefaßt ist und "teleologisch reduziert" bzw. "umgebildet" werden rnüsse40• Zweck der Einschränkung sei es (vorn Ausgangspunkt vergleichbar § 55 Nr. 3 KO, § 96 Nr. 3 InsO) zu verhindern, daß eine zunächst ungesicherte Forderung zur Verbesserung ihrer Durchsetzbarkeit an jemanden übertragen wird, der die übrigen Voraussetzungen des § 369 HGB erfüllt. Grundgedanke sei es also, nachträgliche Sicherungsverbesserungen zu Lasten des Schuldners und etwaiger Drittgläubiger (z. B. in der Insolvenz) zu versagen41 • Dagegen stehen alle Fälle von Gläubiger- oder gar Schuldnerwechsel, die unter dieser Prämisse unbedenklich sind, nach heutiger Auffassung dem Verwertungsrecht nicht entgegen42: So gilt der Schuldnerwechsel generell als unschädlich, aber auch der Gläubigerwechsel durch Erbfall, die Gläubigervermehrung durch drittbegünstigende Verträge sowie der gleichzeitige Übergang einer Forderung mit Zurückbehaltungsrecht. In Anbetracht der Gesetzesmaterialien, nach denen keineswegs stetige Unmittelbarkeit erreicht werden sollte, ist diese Reduktion überzeugend und hat sich zurecht durchgesetzt. Das "Unmittelbarkeitserfordernis" ist insofern eine mißverständliche Bezeichnung, da dieses Merkmal nur einzelne Fälle mittelbaren Forderungserwerbs aus dem Anwendungsbereich des § 369 HGB ausschließt.
38 ProtokolleS. 1422: "Cedierte Forderungen seien hierdurch keineswegs gänzlich ausgeschlossen. " 39 Laband a. a. 0. (oben Fn. 4) S. 489 ff.; Goldschmidt Hdb. des Handelsrechts Il 2 S. 1038 ff.; Hahn ADHGB Art. 313 §§ 5 f., die beiden Letztgenannten machen bereits Ausnahmen. 40 Canaris HR23 § 30 Rn. 16 f. (auch zur Methode). 41 So schon Laband a. a. 0 . (oben Fn. 4) S. 491 f.; Wo{ffEhrenbergs Hdb. IV I I S. 81. Aus den Materialien ist dieser Zweck - nach der Entstehungsgeschichte kaum überraschend nicht unmittelbar ersichtlich. 42 Siehe GKI Canaris §§ 369-372 Rn. 31 f.; ders. HR23 § 30 Rn. 16 ff.; K. Schmidt HR5 § 22 IV 2b; Schlegelbergerl Hefennehl § 369 Rn. 18 f.; wohl auch Baumbach I Hopr 0 § 369 Rn. 6; ausführlich zu diversen Fällen schon Wo{ff Ehrenbergs Hdb. IV I I S. 81 - 84. Anders z. 8. Schlegelherger S. 212 ff., der sich eng an den Wortlaut hält.
VII. Befriedigungsrecht des Kaufmanns
189
d) Fälligkeit
Nach dem Wortlaut der Norm hat der Gläubiger das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht nur für fällige Ansprüche43 . Die ganz herrschend vertretene Auslegung schließt daraus, daß Fälligkeit Voraussetzung zur Entstehung des Rechtes ist44 • Anders demgegenüber aber Canaris45 : Voraussetzung für die Entstehung sei nur die Bestimmbarkeil der Forderung. Einer Fälligkeit bedürfe es dagegen nur für die Geltendmachung. In der Rechtspraxis ist - soweit ersichtlich - der Streitpunkt nie relevant geworden, obwohl er sehr wohl Folgen haben könnte. Kaufmannseigenschaft und Fälligkeit müssen - nach Canaris - nicht zur selben Zeit vorliegen. Es genügt nach ihm, daß die Parteien früher - bei Bestimmbarkeil der Forderung Kaufleute waren, um sich bei Fälligkeit dann auf § 369 HGB zu stützen. Außerdem kann der unterschiedliche Ansatz Bedeutung für den Rang des Rechtes haben, nach dem der gesicherte Gläubiger befriedigt wird, zumindest wenn man weiter Canaris' zweiter These folgt: Er folgert nämlich aus der Ähnlichkeit des Rechtes mit den gesetzlichen Pfandrechten, daß sich der Rang des kaufmännischen Befriedigungsrechtes entsprechend den Pfandrechtsregeln nach dem Entstehungszeitpunkt bestimrnt46. Ein älteres - schon vor Fälligkeit - entstandenes Befriedigungsrecht geht nach Canaris einem jüngeren, noch bestehenden Pfandrecht (bspw. des Kommissionärs) vor. Als Begründung für diese - dem Wortlaut zwar nicht unmittelbar widersprechende, aber sich jedenfalls nicht aus ihm ergebende - Auslegung des § 369 HGB wird die Analogie zu§ 1204 Abs. 2 BGB angeführt47 • Das überzeugt nicht. Schon bei den gesetzlichen Pfandrechten konnte- wie aufS. 165 dargelegt- die Norm nur einen Anhalt dafür bieten, daß generell auch zukünftige Forderungen durch Pfandrechte gesichert sein können; nicht aber dafür, daß der konkrete Entstehungstatbestand dies im Einzelfall so bestimmt. Beim kaufmännischen Zurückbehaltungsrecht gilt dies zum einen ebenso. Zum anderen ist darüber hinaus nicht ersichtlich, daß überhaupt eine Vergleichbarkeit gegeben ist, die eine Analogie rechtfertigen könnte. Es ist zwar richtig, daß Befriedigungsrecht und gesetzliches Pfandrecht in weiten Teilen durchaus ähnlich sind, doch bedeutet dies nicht, daß deswegen eine Gleichheit auch in dieser Beziehung bestehen müßte. Tatsächlich 43 Die Ausnahmeregel für bestimmte Sonderfälle(§ 370 HGB a.F.) wurde durch die Insolvenzrechtsreform (Art. 40 Nr. 18 EGinsO) aufgehoben. 44 Schlegelherger I Hefennehl § 369 Rn. 21; Woljf" Ehrenbergs Hdb. IV 11 S. 80, 84 f.; ebenso wohl K. Schmidt HR5 § 22 IV 2b; Baumbach I Hopr0 § 369 Rn. 5. 45 GKI Canaris §§ 369 - 372 Rn. 27, 48. 46 GKICanaris §§ 369 - 372 Rn. 51. Man kann dieses Rangprinzip durchaus eben mit Hinweis auf die gerade vom ADHGB beabsichtige Schlechterstellung des Befriedigungsrechtes bezweifeln, dagegen daher z. B. Baumbach I Hopr0 § 369 Rn. 12. Für das HGB ging man eindeutig von einer generellen Nachrangigkeit des § 369 HGB aus (so HOB-Denkschrift S. 212). Canaris Hinweis (a. a. 0 .) auf eine mögliche Analogie zu § 443 HGB geht jedenfalls fehl, da das dem zugrundeliegende Werterhöhungsprinzip für § 369 HGB gerade nicht trägt. 47 Canaris a. a. 0. (oben Fn. 45) Rn. 27.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
ist die Aufnahme der "Fälligkeit" in den gesetzlichen Tatbestand durchaus eine bewußte Entscheidung des Gesetzgebers, die auf die maßgebende Rechtfertigung dieses speziellen Verwertungsrechtes, die Kompensation, zutÜckgeht48. Ist das durch § 369 HGB geschaffene Mehr an Befugnis für die Kaufleute aber gerade in diesem Kompensationsgedanken zu suchen, liegt es nahe, statt auf einen Unterschied zu den gesetzlichen Pfandrechten zu verweisen, die bestehende Parallele zur Aufrechnung (§ 387 BGB) hervorzuheben49. Die Befugnis zu ,,kompensieren", d. h. eine Sonderform der Tilgung vorzunehmen50, besteht eben nur mit Hilfe vollständig durchsetzbarer Anspruche. Die Durchsetzbarkeit muß dabei - jedenfalls grundsätzlich51 -gleichzeitig mit den anderen Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sein. Im übrigen setzt selbst die reine ZutÜckbehaltung in § 273 BGB Fälligkeit voraus 52• Eine Erklärung, warum dies beim Befriedigungsrecht des Kaufmanns anders sein soll, ist nicht ersichtlich. Das sich nach dem Wortlaut anbietende Ergebnis ist daher überzeugend; die Fälligkeit des Anspruchs für § 369 HGB somit Entstehungsvoraussetzung.
3. Sicherungsobjekt
Ähnlich wie für die gesicherten Forderungen enthält § 369 HGB eine Reihe von Voraussetzungen, die das Sicherungsobjekt näher begrenzen. Das Verwertungsrecht besteht an den beweglichen Sachen und Wertpapieren [a)] des Schuldners [b)], die mit dessen Willen auf Grund von Handelsgeschäften in den Besitz [c)] des Gläubigers gelangt sind und sich noch dort befinden. a) Die erfaßten Objekte
Sicherungsobjekt des § 369 HGB sind (nur) bewegliche Sachen und Wertpapiere. Der Grund für diese Beschränkung ist erstens der Grundgedanke der Kompensation, der eine - zumindest relativ - leichte Verwertbarkeit der Objekte voraussetzt. Zweitens folgt sie aus der Annäherung des Rechtes an die gesetzlichen Pfandrechte (der "Verdinglichung"), die eine aus dem Besitz resultierende Publizität erfordert53 (und daher diese Objektselektion).
48 Protokolle S. 1351; darauf verweist auch Laband a. a. 0 . (oben Fn. 4) S. 492 (seine Fn. 11). 49 Zum Fälligkeitserfordernis in§ 387 BGB Palandt/ Heinrichs§ 387 Rn. 11. 50 So für die Aufrechnung Gernhuber § 12 IV I. 51 Ausdrücklich angeordnete Ausnahme z. B. § 406 BGB, vgl. Palandt/ Heinrichs§ 387 Rn. 7, § 406 Rn. 5. 52 Auf die Parallele zu § 273 BGB verweist K. Schmidt HR5 § 22 IV 2b. 53 Überzeugend GK/ Canaris §§ 369 - 372 Rn. 8 f.
VII. Befriedigungsrecht des Kaufmanns
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aa) Bewegliche Sachen Die Bestimmung "bewegliche Sachen" ist im Grundsatz klar und schließt Immobilien und nicht unter den Sachbegriff fallende Objekte (Forderungen, Rechte) aus54• Gleichwohl gibt es manchmal Schwierigkeiten mit der Bestimmung. So stand in zwei zeitlich eng aufeinander folgenden Gerichtsverfahren ein kaufmännisches Befriedigungsrecht an einem eingetragenen Schiff zur Entscheidung. In einem der Urteile kam der erkennende OLG-Senat zu dem Ergebnis, daß an einem eingetragenen (See-)Schiff ein kaufmännisches Zuriickbehaltungsrecht jedenfalls nicht zugunsten eines Werkunternehmers entstehe55 . Dieser sei vielmehr auf sein Recht aus § 648 Abs. 2 BGB (Anspruch auf Eintragung einer Schiffshypothek) beschränkt. Nur ein Jahr später entschied ein anderer Senat desselben Gerichtes, offensichtlich ohne Kenntnis der vorangehenden Entscheidung, daß ein kaufmännisches Zuriickbehaltungsrecht eines Werkunternehmers - analog § 443 Abs. 2 HGB - Vorrang vor später entstehenden Schiffshypotheken habe56 • Im Ergebnis haben die Richter so für "eingetragene Schiffe" (nur an solchen können Schiffshypotheken bestehen) die Tauglichkeit als Sicherungsobjekt des § 369 HGB gerade gegensätzlich beantwortet. Zutreffend sind dabei beide Senate davon ausgegangen, daß ein eingetragenes Schiff eine "bewegliche Sache" ist57 • Richtig ist weiter der Hinweis der zeitlich ersten Entscheidung, daß solche Schiffe gleichwohl nicht stets wie bewegliche Sachen behandelt werden, sondern daß vielfach dem Immobiliarrecht verwandte Sondernormen anzuwenden sind. Insofern kann die Anwendung von Normen über bewegliche Sachen entweder explizit oder zur Vermeidung von Wertungswiderspriichen ausgeschlossen sein. So ist der Gläubiger bei der Zwangsvollstreckung in das Schiff auf ein der Immobiliarvollstreckung entsprechendes Verfahren verwiesen(§ 870a ZPO, §§ 162 ff. ZVG). So sind weiter für die Vertragspfandrechte und ebenso für das gesetzliche Pfandrecht des Werkunternehmers Sonderregeln vorhanden, die die Bestimmungen über bewegliche Sachen ausschließen (SchiffsRG, § 648 Abs. 2 BGB). Es gibt zwar besondere gesetzliche Pfandrechte, die ausdriicklich auch an Schiffen bestehen. Diese gelten dort aber als abschließende Sonderregelungen (zu diesen "Schiffsgläubigerrechten" unten XVII.), neben denen es keine unregistrierten Pfandrechte am Schiff gibt. Bedenkt man weiter, daß das kaufmännische Befriedigungsrecht in der Wirkung den gesetzlichen Pfandrechten sehr angenähert ist, liegt es nahe, "eingetragene Schiffe" nicht als Objekte des § 369 HGB anzusehen und die Norm teleologisch zu reduzieren58 . Mit Blick auf den Kompensationsgedanken kann man unterstütSchlegelherger I Hefermehl § 369 Rn. 25. OLG Hbg. (7. Senat) v. 16. 7. 1986 VersR 1987, 404 f. m. w. N. auf ältere, übereinstimmende Fundstellen. 56 OLG Hbg. (8. Senat) v. I. 7. 1987 MDR 1988, 235. Zur Beurteilung der Rangfrage vgl. schon Fn. 46. 57 Statt vieler Priißmann/ Rabe Einf. I Anm. A 4. 54
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
zend darauf verweisen, daß eine Verwertung eines eingetragenen Schiffes kaum als "geringfügiger Eingriff" in diesem Sinne anzusehen ist. Die Erfassung von Schiffen in Registern ist wegen der immobiliarähnlichen Bedeutung dieser Objekte erfolgt. Aus dem zuvor erwähnten zweiten Kriterium für die Objektauswahl des § 369 HGB läßt sich weiter das Argument anführen, daß die Publizität von Rechten bei eingetragenen Schiffen eben nicht aus dem Besitz folgt. Als Ausnahme bleiben nur die gesondert geregelten Schiffsgläubigerrechte. Die Argumentation der zeitlich nachfolgenden Entscheidung überzeugt demgegenüber nicht. Der Hinweis auf § 369 Abs. 2 HGB paßt gerade nicht ft.ir Sachen, die auf Registerpublizität aufbauen. Ob man nämlich Schiffshypothekaren das eigene Recht entgegenhalten kann, entscheidet sich im Grundsatz eben nach der Eintragung im Register (eine Ausnahme bilden nur die Schiffsgläubigerrechte). Die Überlegungen des Senats zur Schutzbedürftigkeit der Werkunternehmer sind nach den gesetzlichen Wertungen gleichfalls nicht haltbar: Weshalb soll dem Werkunternehmer, wie das Gericht ausführt, - bei ausländischen Schiffen - ein Blick in das Register nicht zuzumuten sein? Man wird aus der durch § 648 Abs. 2 BGB deutlich werdenden Entscheidung des Gesetzgebers sogar folgern müssen, daß Werkunternehmer bei eingetragenen Schiffen stets auf den Anspruch auf Hypothekenbestellung verwiesen sind59• Die Rangfolge im Verhältnis zu anderen Gläubigern erfolgt dann nach dem Zeitpunkt der Eintragung und gerade nicht nach § 443 HGB (wie das OLG meint). Keine Schiffswerft-deren Rechtsträger stets Kaufleute sind - wird je aus § 648 Abs. 2 BGB vorgehen, wenn man parallel das Recht aus § 369 HGB zuspricht und dessen Rang dann noch über die umgekehrte Priorität des § 443 HGB bestimmt. Die Rechtsauffassung dieses OLG-Senats nimmt der BGB-Bestimmung das praktische Anwendungsfeld und führt die Wertungen des Gesetzes ad absurdum. Ob man anderen Werkuntemehmern, die Leistungen an eingetragenen Schiffen erbringen, den Anspruch analog§ 648 Abs. 2 BGB zuspricht (oder ob man sie allein auf vertragliche Sicherungen und § 273 BGB verweist), kann hier offenbleiben. Für diese Untersuchung genügt es festzuhalten, daß ein eingetragenes Schiff nicht als bewegliche Sache i. S. d. § 369 HGB anzusehen ist. bb) Wertpapiere Der Wertpapierbegriff des § 369 HGB entspricht dem, der bereits vorne für das Kommissionärspfandrecht dargelegt wurde60, da insoweit dieselben Erwägungen 58 Für das Befriedigungsrecht der §§ 1000, 1003 BGB, das auch an Grundeigentum besteht, ist der Besitzer eingetragener Schiffe auf das entsprechende Vorgehen wie bei Immobilien verwiesen (Staudinger/Gursky § 1003 Rn. 13). 59 Anders als in den USA (wo man für Werften Schiffsgläubigerrechte kennt), war dies für Deutschland gerade nicht gewünscht: Würdinger/Sotripopoulos S. 38, 73, 82 f.; s.a. BTDrucks. Vl/2225 S. 34 (für abschließende Aufzählung in§ 754 HGB).
VII. Befriedigungsrecht des Kaufmanns
193
einschlägig sind. Erfaßt sind also Inhaber- und Orderpapiere, nicht aber Wertpapiere, die nicht oder nicht selbständig verwertbar sind, wie solche im "nur" weiteren Sinne oder reine Beweisurkunden61 • b) Die eigentumsrechtlichen Voraussetzungen § 369 HGB geht im Grundsatz von der Erfassung der dem Schuldner gehörenden Objekte aus, wobei allgemein Miteigentum62 oder auch - als Vorstufe des Eigentums - die Anwartschaft63 gleichgestellt wird.
Nicht möglich ist nach allgemeiner Ansicht ein gutgläubiger Erwerb des Rechtes an Objekten, die im Eigentum Dritter stehen64. Das kann man damit begründen, daß § 369 HGB vom Gesetzgeber eben nicht als Pfandrecht gewollt war, so daß weder an eine analoge Anwendung von § 366 Abs. 3 HGB zu denken ist noch auch nur dessen Rechtsgedanke paßt. Man ging für das Befriedigungsrecht des Kaufmanns vielmehr von einem obligatorischen Recht aus, das einem gutgläubigen Erwerb gerade nicht offensteht65 . Es bleibt zu überlegen, ob eine Entstehung mit Einwilligung des Berechtigten entsprechend § 185 BGB- denkbar ist66. Im Grundsatz kann man mit der Annahme einer solchen Möglichkeit durchaus sympathisieren. Deutlich ist, daß dem Verwertungsrecht im Falle der Einwilligung wesentlich weniger Eingriffsschärfe zukommt und so die Verwertung von Dritteigentum angemessen erscheint. Als offene Frage stellt sich jedoch, worauf sich eine Einwilligung beziehen muß, um als hinreichend zu erscheinen. An dieser Stelle erweist sich der Gedanke meines Erachtens dann doch als praktisch wenig tragfähig. Anders als bei den sehr konkreten Tatbeständen der erörterten gesetzlichen Pfandrechte ist der Entstehungstatbestand hier abstrakt und zu weit, als daß ein Einverständnis mit der Schaffung der TatbeOben S. 130 ff. Vgl. i.d.S. BGHZ 60, 174, 175 v. 26. 1. 1973 (für Grundpfandbrief in einem obiter dieturn); Sch!ege!bergeriHefennehl § 369 Rn. 26; GKICanaris §§ 369-372 Rn. 10m. w. N.; früher war eine umfassenderes Verständnis h.M., man hielt Rektapapiere (so Jacobi Ehrenbergs Hdb. IV I I S. 370 f.; Wo{ifEhrenbergs Hdb. IV I 1 S. 88 f.) oder sogar Beweisurkunden (so Hahn Art. 313 § 7) für erfaßt. 62 Beim Miteigentum erfaßt das Recht dann den Anteil, Schlegelherger I Hefennehl § 369 Rn. 29. 63 K. Schmidt HR5 § 22 IV 2d m. w. N. 64 RGZ 69, 13, 16 f. v. 29. 5. 1908; Wo{ifEhrenbergs Hdb. IV I 1 S. 90; Heymannl Horn § 369 Rn. 24; K. Schmidt HR5 § 22 IV 2d; Baumbach I Hopr0 § 369 Rn. 8; nur in der Begrundung anders GK I Canaris §§ 369-372 Rn. 23. 65 Zu Zeiten der Einführung des ADHGB war das in einzelnen Partikularrechten noch anders geregelt [Nachweis bei Laband a. a. 0 . (oben Fn. 4) S. 489 (seine Fn. 5)]. Dies wurde aber für Gesamtdeutschland nicht aufgegriffen. 66 Dafür auch hier wiederum GKI Canaris §§ 369-372 Rn. 24. 60 61
13 Bechtloff
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Standsvoraussetzungen des § 369 HGB auch den Eingriff in das Eigentum rechtfertigen könnte. Ein Beispiel: Eine Bank finanziert einem gewerblichen Autovermieter seine Mietfahrzeuge und erhält an diesen Sicherungseigentum. Mit der Überlassung der Pkw an ihren Kreditnehmer ist sie dann stets zugleich damit einverstanden, daß dieser die Autos auch an andere Kaufleute vermietet. Das Einverständnis der Bank urnfaßt ebenso Vermietungen an Kaufleute, bei denen der Autovermieter noch Verbindlichkeiten aus Handelsgeschäften hat. Trotzdem erscheint es untragbar, mit diesem Einverständnis eine "Einwilligung" anzunehmen, die ein kaufmännisches Verwertungsrecht zugunsten dieser Mieter rechtfertigt. Als Folge wird man daher eine die Entstehung rechtfertigende Einwilligung des Fremdeigentümers nur annehmen können, wenn der Schuldner des Befriedigungsrechtes von diesem ermächtigt wurde, sogar ein Verwertungsrecht zu bestellen oder die Sache zumindest fremdnützig zu verwerten. In diesen Fällen wird man allerdings das Befriedigungsrecht des Kaufmanns entsprechend § 185 BGB auch am Eigentum des Nichtschuldners annehmen können. Eine weitere Ausnahme von der Regel des Satzes I bestimmt § 369 Abs. I Satz 2 HGB, in demer-anders als noch Art. 313 ADHGB- in bestimmten Fällen (wirtschaftlich § 398 HGB vergleichbar) das Befriedigungsrecht auf eigene Sachen des Gläubigers erweitert. Einigkeit besteht heute zumeist darüber, daß die dazu ausdrücklich genannten Fälle zu eng gefaßt sind67 • Fraglich ist, ob und vor allem inwieweit diese Fälle erweitert werden können, d. h. in welchen anderen Konstellationen eigene Sachen des Gläubigers dem § 369 HGB unterfallen. Während ein Teil der Literatur sich für eine umfassende Erweiterung (mittels "teleologischer Umbildung") ausspricht68 , wird von anderen nur eine selektive- analoge- Erweiterung befiirwortet69 • Betrachtet man die Grunderwägungen für die Einführung des kaufmännischen Befriedigungsrecht, wird man die Erfassung eigener Sachen möglichst umfassend annehmen (wie es im übrigen für das allgemeine Zuriickbehaltungsrecht ohne Verwertungsbefugnis gemäß § 273 BGB selbstverständlich ist).
c) Besitz aa) Willentliche Besitzerlangung Das Befriedigungsrecht des Kaufmanns setzt außerdem voraus, daß der Gläubiger Besitz am Objekt erlangt hat und dieser - so die Hervorhebung in einem weite67 Schlegelherger I Hefermehl § 369 Rn. 33; Baumbach I Hopr 0 § 369 Rn. 10; Carwris HR23 § 30 Rn. 11 m. w. N. (auch zu noch bestehenden a.A.); offengelassen bei BGH v. 27. 3. 1985 NJW 1985, 1417, 1418. 68 GK/ Carwris §§ 369-372 Rn. 26; K. Schmidt HR5 § 22 IV 2e; früher schon WaUfEhrenbergs Hdb. IV /1 S. 91 f. 69 Heymann/ Horn§ 369 Rn. 29; Schlegelherger I Hefermehl § 369 Rn. 33; ausführlich in diesem Sinne schon Göppen ZHR 95, 52, 55 ff.
VII. Befriedigungsrecht des Kaufmanns
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ren Halbsatz- bei der Geltendmachung noch fortbesteht70 • Grundsätzlich genügt dabei mittelbarer Besitz, wie sich schon durch den letzten Halbsatz des § 369 Abs. 1 Satz l HGB zeigt, sofern nicht - dies entspricht der Lage bei den anderen besitzgebundenen Verwertungsrechten -gerade der Schuldner unmittelbarer Besitzer ist71 • Im Sinne der vorbezeichneten Rechtfertigungserwägungen ergibt sich diese Einschränkung von selbst, denn worauf sollte das Vertrauen des Gläubigers in eine Sicherheit resultieren, wenn der Schuldner einen direkteren Zugriff auf die Sache hat als er? Im Wortlaut explizit erwähnt, und in Parallele zu den gesetzlichen Besitzpfandrechten, setzt § 369 HGB voraus, daß der Gläubiger den Besitz an der Sache mit dem Willen des Schuldners erlangt hat. Auch rechtmäßige Besitzerlangung nutzt dem Gläubiger nichts, wenn sie gegen den Willen des Schuldners erfolgt (so bspw. nach§ 561 BGB)72• Bei Willensmängeln im Rahmen der Besitzverschaffung werden gemeinhin die rechtsgeschäftliehen Regeln (§§ 104 ff., 116 ff. BGB) für entsprechend anwendbar gehalten73 . Strittig ist, ob der Wille (zur Besitzüberlassung) beim Schuldner fortbestehen muß, bis das Zurückbehaltungsrecht (z. B. bei einer erst späteren Fälligkeit der Forderung) entstanden ist74• Ich halte das nicht für notwendig. Schon der Wortlaut spricht dagegen ("... mit dessen Willen ... in seinen Besitz gelangt sind"). Der Schutzzweck dieses Merkmals erfordert nichts weitergehendes. Sichergestellt werden soll, daß sich niemand eigenmächtig ein Recht aus § 369 HGB verschaffen kann. Wenn der Schuldner dagegen freiwillig den Besitz einem anderen Kaufmann überlassen hat, muß er damit rechnen, daß dieser die Sache später für neu entstehende Forderungen zur Sicherung einbehäle5 . Eine besondere Willensrichtung des Schuldners ist nach der Besitzverschaffung nicht mehr nötig. Davon zu trennen sind die Fälle, in denen der Schuldner zuvor bereits durchsetzbar die Herausgabe der Sache vom Gläubiger verlangt hat und dieser - rechtswidrig - die Sache zurückhielt, bis das Befriedigungsrecht entstanden war. Ein solches Verhalten ist treuwidrig und schließt dann auch das Befriedigungsrecht des Kaufmanns aus. Der auf einer "exceptio doli" basierende Grundgedanke setzt redliches Vorverhalten voraus und schließt denjenigen vom Recht aus, der sich selbst zuvor unredlich verhäle6. Besteht dagegen ein solcher Unredlichkeitsvorwurf gegenüber dem Gläubi1o Zur Einschränkung vgl. schon oben ab S. 62. Baumbach I Hopr0 § 369 Rn. 9; Canaris HR23 § 30 Rn. 6 m. w. N. 72 Wo(ffEhrenbergs Hdb. IV 11 S. 93; Schlegelherger I Hefermehl § 369 Rn. 37m. w. N. 73 Canaris HR23 § 30 Rn. 8; Baumbach I Hopr 0 § 369 Rn. 9; anders noch Wo(ff Ehrenbergs Hdb. IV 11 S. 93 f. 74 Für die Notwendigkeit eines fortbestehenden Willens Wo(ffEhrenbergs Hdb. IV 11 S. 94; GKICanaris §§ 369-372 Rn. 16; OLG Hbg. v. 5. 6. 1963 DB 1963, 1214; dagegen Schlegelherger I Hefermehl § 369 Rn. 38. 75 Zumal § 369 Abs. 3 HGB bzw., wem das nicht reicht, eine explizite Vereinbarung der Parteien dem Gläubiger eine (hinreichende) Grenze ziehen. 76 Allgemeiner Rechtsgrundsatz, der auch für § 273 BGB stets angeführt wird. 71
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
ger nicht, kann dieser sich auf§ 369 HGB berufen, selbst wenn der Schuldner tatsächlich mit dem Besitz nicht mehr einverstanden war.
bb) Besitz aufgrund von Handelsgeschäften Der Besitz an dem Objekt muß schließlich "aufgrund von Handelsgeschäften" erlangt sein. Denkt man an die Entstehung des Rechtes zurück, wird man dies für eine notwendige, das Kompensationsprinzip sichernde Voraussetzung halten. Nur die Sachen, die der Schuldner im Rahmen seiner Handelsgeschäfte dem Gläubiger überläßt, sind typisiert taugliche Objekte einer Kompensation, denn nur sie können in diesem Sinne als Rechnungsposten gelten. Aus dieser Perspektive muß es überraschen, daß eine heute wohl allgemeine Meinung davon ausgeht, daß nur auf Seiten des Gläubigers ein Handelsgeschäft vorliegen muß77 . Die zugrunde liegende These, daß ein beidseitiges Handelsgeschäft beim Besitzerwerb nicht erforderlich sei, ist schon alt. Bereits für Art. 313 ADHGB wurde Entsprechendes aus der Auslassung des Wortes "beidseitig" in diesem Zusammenhang geschlossen78• In der folgenden, streitig geführten Diskussion wurden alle Varianten vertreten, so z. B. auch, daß nur auf irgendeiner beliebigen Seite ein Handelsgeschäft vorliegen müsse79• Die Argumentation, die zu der jetzt herrschenden Auslegung führte, hat den das Befriedigungsrecht des Kaufmanns tragenden Kompensationsaspekt aus den Augen verloren. Jedenfalls billigt man ihm mit diesem Normverständnis ersichtlich keinen Argumentationswert zu. Die stets erforderliche Beidseitigkeil des Handelsgeschäftes bei der Forderung kann nicht dabei helfen, Objekte von der Verwertung freizuhalten, die mit dem Unternehmen des Schuldners in keiner Beziehung stehen. Auch hier ein Beispiel: Ein Einzelhändler hat neben seiner Bankfiliale seine Privatwohnung eingerichtet. Leiht er der Bank (als seinem "Nachbarn") für eine Seminarveranstaltung seine Eßzimmerstühle, muß er meines Erachtens nicht damit rechnen, daß die Stühle in der Folge für seine (gewerblichen) Bankverbindlichkeiten verwertet werden. Ein solches Ergebnis, die Erfassung rein privat erlangter Objekte, ist mit dem Grundgedanken des § 369 HGB kaum in Verbindung zu bringen. Unter Beachtung des Kompensationsaspektes könnte man eher darüber diskutieren, ob die Besitzerlangung auf Seiten des Gläubigers ein Handelsgeschäft sein muß. Daß das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht nur eine "Einrichtung für 77 GK I Canaris §§ 369-372 Rn. 17 (m.N. auf Rspr., bei denen dies aber nie entscheidungserheblich war); Sch1ege1berger/ Hefermehl § 369 Rn. 40; RGRK-HGB/ Ratz § 369 Anm. 27; ebenso schon früher WoljfEhrenbergs Hdb. IV /1 S. 94 f. 78 Hahn ADHGB Art. 313 § 12; Schlegelberger S. 206. 79 Nach RGZ 19, 123 v. 12. 7. 1887 genügte auch allein auf Seiten des Schuldners ein Handelsgeschäft; zust. Schlegelberger S. 206 f.; dagegen Göppen ZHR 95, 52 ff., 57 (dort
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VII. Befriedigungsrecht des Kaufmanns
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Kaufleute" ist, steht dem nicht unbedingt entgegen80• Es ergibt sich nämlich bereits aus anderen Tatbestandsvoraussetzungen, daß der geschützte Gläubiger an sich Kaufmann sein muß und seine Forderung aus dem Geschäftsverkehr resultiert. Allerdings kann man aus dem Wortlaut ein Indiz in diesem Sinne herleiten (" auf Grund von Handelsgeschäften in seinen"- d. h. des Gläubigers- "Besitz"). Außerdem stammt das Institut eben aus dem Handelsverkehr der Kaufleute, so daß man es sinnvoll auf diesen Ursprung beschränkt. Überzeugend erscheint mir daher allein ein Normverständnis, das auch beim Besitzerwerb ein beiderseitiges Handelsgeschäft voraussetzt. Dagegen spricht allenfalls das im Text dazu nicht vorzufindende "beiderseitig" (vgl. oben bei Fn. 78). Dies besagt allerdings wenig, denn es kann ebenso rein stilistisch (zur Vermeidung von Wiederholungen) ausgelassen worden sein. Daraus jedenfalls derartige, die Ausgangswertung in Frage stellende Folgen herzuleiten, erscheint nicht schlüssig.
d) Konnexität Ein letzter Blick sei noch auf das bei allen vorhergehenden Rechten notwendige und ebenso für § 369 HGB häufig erwähnte Merkmal der Konnexität geworfen. Zumeist wird betont, daß hier keine Konnexität erforderlich sei81 • Diese Aussage ist allerdings geprägt durch das zu § 273 BGB einerseits und den kaufmännischen Pfandrechten andererseits bestehende Begriffsverständnis82. Aber selbst wenn man sich davon löst und Konnexität weitergehend als Sammelbegriff für eine (irgendwie) bestehende Verbindung zwischen Sicherungsobjekt und gesicherter Forderung versteht83 , bringt das keine grundsätzlichen Änderungen. Vielmehr läßt sich im Rückblick auf die dargelegten Voraussetzungen sagen, daß für § 369 HGB an diesen Zusammenhang nur sehr geringe Voraussetzungen geknüpft sind. Es bedarf weder einer Verbindung über einen einheitlichen Vertrag (wie friiher bei den kaufmännischen Pfandrechten) noch eines einheitlichen Lebenszusammenhanges (wie er bei § 273 BGB gefordert wird). Notwendig ist natürlich die Gegenseitigkeit von Herausgabeanspruch (hinsichtlich des Objektes) und gesicherter Forderung ebenso wie bei der Aufrechnung. Das Unrnittelbarkeitserfordernis bringt dariiber hinaus eine weitere (notwendige) Verbindung, die aber durch die gemachten Einschränkungen nur wenig ausgeprägt sein muß84. 80 So argumentieren Göppert ZHR 95, 52 ff., 57 (dort Fn. 1); Schlegelberger/ Hefennehl § 369 Rn. 40. 81 K. Schmidt HR5 § 22 IV 2b; Canaris HR23 § 30 Rn. 2; Schlegelberger/ Hefennehl § 369 Rn. 23 mit Erläuterung zur Ausnahme in § 4 DepotG. 82 Auf die "schwankende" Begriffsverwendung verweist schon Laband a. a. 0. (oben Fn. 4) S. 486. 83 Vgl. auch unten S. 426. 84 Von "Konnexität im weiteren Sinne" spricht deswegen Wolff Ehrenbergs Hdb. IV I 1 S. 85 (mit Hinweis auf die entsprechende Begriffsverwendung im Schweizer Recht, dazu noch S. 402); ähnlich Laband a. a. 0 . (oben Fn. 4) S. 487.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
4. Praktische Bedeutung
Bedenkt man den weiten Anwendungsbereich und die gleichzeitig relativ stark ausgebauten Rechtswirkungen des § 369 HGB, kann es nicht überraschen, wenn man sieht, daß dieses Verwertungsrecht eine recht große Bedeutung hat85 • Selbst wenn man die Fälle aussortiert, in denen es nicht um das Befriedigungsrecht, sondern nur um das reine Abwehrrecht (auf Zurückbehaltung) geht, bleibt dem Recht eine Bedeutung86. Der vom Gesetz für das allgemeine Befriedigungsrecht des Kaufmanns gewählte Weg, mit einer gegenüber den gesetzlichen Pfandrechten größeren Abstraktion, ist zu begrüßen. Es ist meines Erachtens keineswegs notwendig oder auch nur sinnvoll, jedes Recht als Einzelfall zu regeln. Soweit es trotzdem so geschehen ist, bringt dies vielmehr die Gefahr einer unnötig komplizierten, unzutreffend differenzierenden und damit ungerechten Rechtsentwicklung mit sich. Unter diesem Aspekt ist der allgemeinere Ansatz in den Tatbestandsvoraussetzungen des § 369 HGB vorzugswürdig. Zurecht wird aber gegenüber dem kaufmännischen Zurückbehaltungsrecht kritisch darauf hingewiesen, daß die für die Rechtsfolgen des § 369 geregelte eigentümliche Mischung zwischen dinglichem Pfandrecht und obligatorischem Zurückbehaltungsrecht nicht als geglückt angesehen werden kann 87• Auf der Rechtsfolgenseite werden so unnötig Schwierigkeiten und Zweifelsfragen geschaffen. Vermutlich wäre es tatsächlich sinnvoller gewesen, auch das Befriedigungsrecht des Kaufmanns als Pfandrecht zu bestimmen und dieses nur in einzelnen Punkten in den Rechtsfolgen zu beschränken88• 5. Vergleichsralle
An das eben Gesagte anschließend muß man sich die Frage stellen, ob eine Benachteiligung der nur durch § 369 HGB geschützten Kaufleute gegenüber denen durch Pfandrechte geschützten sachgerecht ist. Allerdings läßt ein Blick auf die unter oben 1. genannten Rechtfertigungen erkennen, daß für die Allgemeinheit der Kaufleute durchaus weniger Gründe für die Konstituierung gesetzlicher Verwertungsbefugnisse angeführt werden können als bei den speziell geschützten, besonderen Handelsgeschäften. Wertschaffungsaspekt und das besondere Schutzbedürfnis durch eine Schwächeposition des Gläubigers fehlen hier gerade. Ob die daraus 85 Rechtsprechung im untersuchten Zeitraum: OLG Köln v. 23. 6. 1993 ZIP 1993, 1249 f.; OLG Düsseld. v. 2. 2. 1990 BB 1990, 1087 f.; OLG. Hbg. 1. 7. 1987 MDR 1988, 235; OLG Hbg. v. 16. 7. 1986 VersR 1987,404 f.; BGH v. 27. 3. 1985 NJW 1985,2417 ff. 86 Dies zeigt die Rechtsprechung, die zu einer Vielzahl prozessualer Probleme des § 371 HGB vorhanden ist: OLG Hbg. v. 20. 11. 1959 MDR 1960, 315 f.; OLG Hbg. v. 14. I. 1958 MDR 1958, 343; OLG Hbg. v. 5. 4. 1951 MDR 1951, 741. 87 Canaris HR23 § 30 Rn. 38. 88 Vgl. noch beim Reformvorschlag ab S. 567.
VIII. Befriedigungsrecht des Besitzers
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gezogene Konsequenz mit der Sonderform eines "Befriedigungsrechtes" die überzeugende Antwort darauf ist, ist allerdings nicht gesagt. Betrachtet man mögliche Vergleichsfälle, die gegenüber § 369 HGB schlechter gestellt sind, ist an die Unternehmer im nicht-kaufmännischen Bereich zu denken: Auf die teilweise befürwortete Analogie zugunsten der bis 1998 noch gesicherten "Minderkaufleute" (Kleingewerbetreibende) und anderer Unternehmensträger wurde bereits hingewiesen (oben bei Fn. 21). Trotz dieser kritischen Stimmen erscheint mir die heute vom Gesetz gewählte Differenzierung demgegenüber doch ein - für § 369 HGB - tragfähiger Kompromiß zu sein. Kompensation ist ein Prinzip zwischen Kaufleuten. Ob es tatsächlich auf andere Unternehmensträger, insbesondere Freiberufliche, übertragbar ist, kann man bezweifeln. Man wird zwar sagen können, daß z. B. ein Wirtschaftsprüfer in vielen Bereichen (z. B. für§§ 349 f. HGB) nicht schutzwürdiger ist als die Kaufleute und man das HGB insofern auf ihn anwenden könnte. Für § 369 HGB stimmt das aber nicht: Der Gedanke der Kompensation paßt für seine Sachen ebensowenig wie für die, die er von seinen Schuldnern erlangt. Dies wird natürlich ebenso für einzelne "Kaufleute" des HGB zutreffen, die so die Last der mit § 369 HGB getroffenen Typisierung zu spüren bekommen. Das rechtfertigt aber nicht, den Anwendungsbereich der Norm auf zusätzliche "unpassende" Parteien zu erweitern, sondern kann allenfalls eine Reduktion de lege ferenda begründen. Eine bessere Alternative zum jetzigen § 369 HGB gäbe es nur, wenn man für die Entstehung nicht an der Person des Schuldners ansetzen, sondern statt dessen über eine Objektselektion dem Grundgedanken der Kompensation besser Rechnung tragen würde. Dies würde bedeuten, das Verwertungsrecht "für alle Kaufleute" zu beseitigen und im Gegenzug z. B. ein Recht "an allen zur Verwertung bestimmten Objekten" vorzusehen. Nach dem heutigen Ansatz erscheint die derzeitige Lösung für den Kleingewerbetreibenden (mit dem jetzigen Wahlrecht in § 2 HGB, mit dem er zugleich über eine zukünftige Anwendbarkeit des § 369 HGB entscheidet) zumindest tragfähig. Sie erleichtert die stets notwendige Grenzziehung zwischen Privaten und Kaufleuten. Einer Kritik muß man sich aber anschließen (siehe schon S. 184): Nicht gelungen ist die ebenfalls für § 369 HGB wirkende Sonderbehandlung von Kleingewerbetreibenden im Kommissions-, Transport- und Lagergeschäft. Warum für diese andere Maßstäbe- und insofern kein Wahlrecht- gelten sollen, ist kaum zu erklären.
VIII. Befriedigungsrecht des Besitzers Ein weiteres Zurückbehaltungsrecht mit gesetzlicher Verwertungsbefugnis ist das Befriedigungsrecht des Besitzers aus §§ 1000, 1003 BGB. Es berechtigt wenn auch nur unter eingeschränkten Umständen- ebenso wie das Befriedigungsrechts des Kaufmanns und die zuvor behandelten Pfandrechte dazu, Mobilien nach
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
den Vorschriften zum Pfandverkauf zu veräußern. Darüber hinaus verschafft es an Immobilien eine mittelbare Verwertungsbefugnis 1• Zurückbehaltungs- und Verwertungsbefugnis in den §§ 1000, 1003 BGB bestehen zur Durchsetzung von "Verwendungsersatzansprüchen" der §§ 994-996, 998 BGB. Im Grundsatz ist dieses gesetzliche Verwertungsrecht damit an das Vorliegen eines sogenannten Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses (oder kurz "EBV")eines gesetzlichen Schuldverhältnisses gemäß §§ 985, 987 ff. BGB - gebunden: Ein an sich nach § 985 BGB zur Herausgabe einer Sache an den Eigentümer verpflichteter Besitzer, kann diese Herausgabe verweigern und notfalls die Sache verwerten, wenn nicht der Eigentümer zuvor die in den §§ 994 ff. BGB näher beschriebenen und begrenzten Ansprüche erfüllt. In einigen Ausnahmefallen ist die Bindung der §§ 1000, 1003 BGB an die §§ 994 ff. BGB durch gesetzliche Verweisungsvorschriften gelöst. Diese werden im folgenden nicht näher behandelt, seien hier aber erwähnt: Eine entsprechende Anwendung (nur) der Zurückbehaltungs- und Verwertungsbefugnis aus §§ 1000 ff. BGB ist für die - gegenüber §§ 994 ff. BGB abweichenden - Verwendungsersatzansprüche des Erbschaftsbesitzers (§ 2022 Abs. 1 Satz 2 BGB)2 und die Ansprüche des Finders (insb. für Aufwendungsersatz und Finderlohn, §§ 972, 974 BGB)3 vorgesehen. Eine entsprechende Anwendung der§§ 994-1003 BGB, also der gesamten Verwendungsersatzansprüche nebst Vorschriften zur Geltendmachung, gibt es an weiteren Stellen, z. B. in § 292 Abs. 2 BGB (für den Prozeßbesitzer) oder § 347 BGB (nach einem Vertragsrücktritt)4 • Weniger durch das Verwertungsrecht selbst, sondern über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis ergeben sich für das gesetzliche Befriedigungsrecht eine Reihe von Problemen und Streitigkeiten. Die Vorschriften der§§ 1000 ff. BGB weisen zwar gewisse Eigenheiten auf, sind aber recht unkompliziert handhabbar, sofern nur feststeht, daß ein Verwendungsersatz nach den §§ 994 ff. BGB verlangt werden kann. Die eigentlichen Schwierigkeiten ergeben sich durch die Vorfrage, wann die Regelungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses anzuwenden sind. Der Ausgangspunkt des Gesetzgebers dafür ist noch einfach nachzuvollziehen: Für den zur Herausgabe einer Sache verpflichteten Besitzer werden mit diesem System Sonderregeln geschaffen, die einerseits bestimmen, welche weiteren Ansprüche dem Eigentümer gegenüber dem Besitzer zustehen (§§ 987-993 BGB), und andererseits - für diesen Beitrag allein von Bedeutung - welche Ansprüche der Besitzer dem Eigentümer entgegenhalten kann (Verwendungsersatz: §§ 994-996 BGB). Das Gesetz differenziert dazu mittels eines komplexen Systems nach der SchutzVgl. vorne S. 58. Zur weitergehenden Fassung des Verwendungsbegriffes in § 2022 vgl. Medicus BR Rn. 603i. 3 Vgl. dazu noch S. 360. 4 Weitere Fälle bei Palandt/ Bassenge Vor§ 994 Rn. 11; Staudinger/Gursky Vor§§ 9941003 Rn. 75. 1
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Vill. Befriedigungsrecht des Besitzers
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würdigkeit des Besitzers und nach Art des von ihm begehrten Ersatzes. Zur Orientierung läßt sich festhalten: Nach der Person des Besitzers wird danach unterschieden, ob er gutgläubig (redlich) auf sein vermeintliches Besitzrecht an der Sache vertraut hat oder ob er damit rechnen mußte oder sogar positiv wußte, daß er die Sache herausgeben muß. Nach der Art des begehrten Ersatzes wird dagegen vor allem danach unterteilt, ob der Aufwand für den Erhalt der Sache notwendig oder nur im weiteren Sinne vorteilhaft (nützlich) war. Die Komplexität der Bestimmungen, einige Unklarheiten über die tragenden Wertungen und bestehende Regelungslücken im System5 führen seit langem dazu, daß es eine kaum mehr zu übersehende Vielzahl von sich auch in den Ergebnissen unterscheidenden Ansichten gibt6 . Dies beeinträchtigt die Handhabbarkeit der Bestimmungen und führt nicht nur bei Jurastudenten zu einer erkennbaren Unsicherheit bei deren Anwendung7 • Es ist klar, daß im Rahmen dieser Untersuchung weder ein neues System entworfen noch ein vollständiger Überblick gegeben werden soll. Deutlich ist jedoch, daß die hier untersuchte Frage nach der Entstehung des Befriedigungsrechtes nicht unter vollständiger Ausblendung dieser Probleme behandelt werden kann. So wurde schon beim Werkunternehmer- und beim Pächterpfandrecht deutlich, daß es bei nichtigen Verträgen oder bei im Dritteigentum stehenden Objekten wichtig ist, ob im Falle von "gescheiterten" gesetzlichen Pfandrechten auf das Befriedigungsrecht der§§ 1000, 1003 BGB zurückgegriffen werden kann8 . In der Folge wird daher ein Mittelweg beschritten. Nur wesentliche Leitlinien der Streitigkeiten werden hier problematisiert und selbstverständlich auch nur insoweit, wie es für die Anwendung der§§ 1000, 1003 BGB von Bedeutung ist: Ob und inwieweit die §§ 994 ff. BGB abschließende Sonderregeln enthalten, spielt z. B. keine Rolle, solange sie selbst nebst Verwertungsbefugnis anwendbar bleiben9 .
s Insb. die Konkurrenz mit anderen, in den Wertungen abweichenden Schuldverhältnissen wie dem Bereicherungsrecht ist - abgesehen von § 993 Abs. 1 BGB - ungeregelt. 6 Vgl. nur die aktuelle Darstellung bei Staudinger/Gursky Vor §§ 994-1003 Rn. 6 ff., 20 ff., 30 ff. Die von der Rspr. vertretenen Lösungen sind nicht einheitlich und i.ü. vielfacher Kritik ausgesetzt; siehe z. B. die praxisorientierte Kommentierung von Palandt/ Bassenge Vor § 987 Rn. 2 ff., 19 ff. 7 Die mitunter zu hörende Anekdote jenes "Vorsitzenden einer allgemeinen Zivilkammer", der behauptet haben soll, in "seiner zwanzigjährigen Praxis ohne Anwendung der§§ 987 ff. BGB ausgekommen zu sein", mag eine moderne Sage sein, bringt dies aber anschaulich zum Ausdruck. s Siehe schon oben S. 93 und S. 109, 119. 9 Unbeachtet bleibt daher z. B. der umfassende Streit über Anspruchskonkurrenz oder Verdrängung der Verwendungskondiktion gern. § 812 BGB: vgl. dazu einerseits Staudinger/ Gursky Vor§§ 994-1003 Rn. 43 f.; andererseits Canaris JZ 1996, 344, 346 f.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte 1. Rechtfertigende Erwägungen
Der Ursprung der §§ 1000, 1003 BGB führt geschichtlich weit zurück. Schon im klassischen römischen Recht konnte der Besitzer dem Herausgabeanspruch des Eigentümers (" rei vindicatio " 10) die notwendigen oder nützlichen Aufwendungen, die er auf die Sache gemacht hatte, entgegenhalten und die Herausgabe bis zur Erstattung derselben mittels der "exceptio doli" verweigern u. Deutlich wird daran, daß der Besitz auch für dieses Verwertungsrecht Grundlage zumindest für die Abwehr des Herausgabeverlangens ist. Sucht man nach rechtfertigenden Erklärungen für die kraft Gesetzes geschaffene Befugnis, ist der Unterschied zu den vertragsbegleitenden Besitzpfandrechten trotzdem offensichtlich: Für die bisher untersuchten Gläubiger konnte man sagen, daß sie die der gesicherten Forderung zugrundeliegenden Leistungen zu fremden Nutzen erbracht hatten und dabei auf die in ihrem Besitz befindlichen Sachen als tatsächliche Sicherungsgrundlage für ihre Vorleistung vertrauen konnten. Beim Besitzer im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis ist dies regelmäßig anders: Nach der Vorstellung des 8GB-Gesetzgebers war Ausgangspunkt der Regelungen zunächst der Eigenbesitzer 12, der die Verwendung zu eigenen Gunsten macht (z. B., weil er sich irrig für den Eigentümer hält) und der natürlich nicht "im Vertrauen auf eine Sicherheit leistet". Vielmehr ist ihm gegenüber dem Herausgabeverlangen des Eigentümers der Einwand der "exceptio doli" wegen eines anderen, bereits bekannten Gesichtspunktes zuzubilligen: Wer notwendige oder nützliche Verwendungen auf die Sache macht, sei es auch für sich selbst, hat damit einen Beitrag geleistet, der entweder den Wert der Sache zumindest erhält oder diesen erhöht. Der von vielen der vorhergehenden Rechte vertraute Wertschaffungsaspekt ist damit gerade bei diesem Verwertungsrecht rechtfertigende Erwägung. Trotz der unterschiedlichen Ansätze zu diesem Sondersystem und zum "Verwendungsbegriff" ist dieses Wertschaffungskriterium - zumindest in einer wiederum typisierten Form - regelmäßig anerkannt13. Jedoch wird es durch andere, zweifelhafte Kriterien in der Bedeutung zurückgedrängt (dazu noch ab S. 215). Der Wertschaffungsaspekt wird für die Begründung der "exceptio doli" in diesem Zusammenhang aber seit alters her fruchtbar gemacht: Es ist zumeist unbillig, den Eigentümer durch einen unbedingDazu Kaser Bd. I § 103. Kaser a. a. 0. § 103 I 5; zu den erstattungsfähigen Verwendungen vgl. Wolf AcP 166, 188 ff., 194. Zur ,.exceptio doli" noch S. 422. 12 Darauf verweisen Erman/ Hefermehl Vor§§ 994-1003 Rn. 5; Woljf/Raiser § 86 ß ; Baur/Stümer § 11 Rn. 56; Staudinger/Gursky Vor§§ 994-1003 Rn. 36m. w. N. Zur Anwendung auf Fremdbesitzer und den diskutierten Einschränkungen siehe S. 211 [unter lit. ß)]. 13 Der Begriff "Wertschaffungsaspekt" wird beim Eigentümer-Besitzer-Verhältnis gewöhnlich nicht verwendet. Meist wird von "bereicherungsrechtlicher" Prägung gesprochen und ein mehr personeller und weniger objektbezogener Bezug hergestellt. Im Ergebnis ist aber entsprechendes gemeint, siehe z. B. Wolf AcP 166, 188 ff., 195 f. Auch wenn für eine "Verwendung" ein "Vermögensopfer" des Besitzers für erforderlich gehalten wird (näher unten), wird eine starke bereicherungsrechtliche Komponente betont, siehe Staudinger/Gursky Vor§§ 994 - 1003 Rn. 25. 10
II
Vlß. Befriedigungsrecht des Besitzers
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ten Herausgabeanspruch besserzustellen, als er ohne den unberechtigten Besitz des Besitzers gestanden hätte. Redlicherweise kann er nur eine Herausgabe gegen Ersatz der Verwendung verlangen und der Besitzer sich darauf als (selbständiges) Gegenrecht berufen. Allerdings ist im Rahmen der §§ 994 ff. BGB die Werterhöhung gleichfalls nicht die einzige das Regelungssystem prägende und so für das Befriedigungsrecht ausschlaggebende Erwägung. Bedenkt man, daß Ausgangspunkt der Regelungen gerade der Besitzer ist, der die Sache gutgläubig für sich selbst im Gewahrsam hat (vgl. §§ 993, 994 Abs. 1 BGB), wird deutlich, daß dieser die Verwendungen auf die Sache regelmäßig ohne Veranlassung des Eigentümers tätigt. Das Interesse des Besitzers, Ersatz für die werterhöhenden Verwendungen zu erhalten, steht auf diese Weise einem unter Umständen ebensogut nachvollziehbaren Interesse des Eigentümers gegenüber, aufgedrängte (unerwünschte) Verbesserungen nicht vergüten zu müssen. Eine unbedingte Ersatzpflicht für Werterhöhungen kann für den Eigentümer schließlich so weit führen, daß er gezwungen ist, die Sache zu verwerten oder verwerten zu lassen, nur um die von ihm nicht veranlaBten Verwendungen ersetzen zu können. Dies erscheint in vielen Fällen als unangemessen. Fast ebenso alt wie das Prinzip, mit dem man der rei vindicatio die Verwendungen entgegenhalten kann, ist daher die Überlegung, wie man den Eigentümer vor "aufgedrängten Bereicherungen" schützt 14. Zu Zeiten der Beratungen des BGB war in vielen Partikularrechten und ebenso im Pandektenrecht ein unserem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis ähnliches, nach der Schutzbedürftigkeit des Besitzer unterscheidendes System vorhanden 15 • Deutliche Unterschiede dazu gab es dagegen im französischen Recht, das sich statt dessen der Grundsätze der ungerechtfertigten Bereicherung bediente und nicht nach der Stellung des Besitzers trennte. Bei den Beratungen des BGB entschied man sich, nachdem im ersten Entwurf noch das französische Modell bevorzugt wurde, für das aus dem gemeinen Recht bekannte System 16• Dadurch, daß man es für unangemessen hielt, für die Ersatzansprüche allein auf die erfolgte Wertschaffung am Objekt abzustellen und so die individuelle Situation des Besitzers mit berücksichtigte, ergibt sich als Folge noch heute ein Zurückdrängen des Wertschaffungsgedankens für das zugehörige Verwertungsrecht Obwohl eine Maßnahme des Besitzers möglicherweise den Wert der Sache erhöht hat, wird ihm keine Verwertungsbefugnis zugestanden, z. B. weil er sich einerseits der Unrechtmäßigkeit seines Besitzes bewußt war und der Aufwand nicht notwendig, sondern nur nützlich war (§§ 994 Abs. 2, 996 BGB).
14
Auf dieses Problem, das schon bei den Römern erörtert wurde, verweist MüKo-BGB I
Medicus § 994 Rn. 4 (mit Quellennachweisen).
15 Mugdan lß S. 229 f. mit Nachweisen zu mehreren Partikularrechten (z. B. ALR I 7 §§ 204 ff.). 16 Vgl. zum ersten Entwurf Mugdan lß S. 229 ff.; zu den Änderungen Mugdan lß S. 680 ff.; zur Entwicklung Wolf AcP 166, 188 ff., 195.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Über die Ausrichtung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses an den beteiligten Personen fließen Kriterien des Gläubiger- und des Schuldnerschutzes mit in die dem Befriedigungsrecht zugrundeliegenden Erwägungen ein 17 . Die Ausrichtung des Regelungsmechanismus an der Position des Gläubigers mittels Anknüpfens (des Anspruchs) an die Schutzbedürftigkeit des Besitzers ist bereits deutlich geworden: Da der weniger schutzwürdige (nämlich bspw. unredliche) Besitzer nur für eine enger begrenzte Zahl von Verwendungen Ersatz beanspruchen kann als der schutzwürdige (redliche) Besitzer, wird er nicht nur der Anspruchshöhe nach schlechter gestellt. Es steigt nämlich gleichzeitig sein Risiko, daß er gar keinen Ersatzanspruch und damit gar kein Verwertungsrecht hat. Über die Verwendungsselektion hinaus beinhalten gerade die Regelungen zur Geltendmachung der Ersatzanspruche einen für gesetzliche Verwertungsrechte vielleicht überraschenden Schuldnerschutz. Liegen nämlich die Voraussetzungen für einen Verwendungsersatzanspruch des Besitzers vor, erfolgt in zweiter Linie ein gewisser Schutz des Eigentümers (Schuldners) über die Regelungen zur Geltendmachung dieses Anspruchs. Die Rechte des Besitzers beschränken sich nämlich zunächst auf das Zuriickbehaltungsrecht aus § 1000 BGB (ergänzt durch das Wegnahmerecht aus § 997 BGB). Der Verwendungsersatzanspruch ist zwar existent, aber nicht durchsetzbar 18 , solange der Eigentümer die Sache nicht zuriicknimmt oder die Verwendungen genehmigt (§ 1001 BGB). Ohne diese Voraussetzungen besteht daher eine Pattsituation, in welcher der Besitzer allein auf die Zuriickbehaltung verwiesen ist, aber weiter jederzeit mit dem (Zug-um-Zug zu erfüllenden) Herausgabeverlangen rechnen muß. Das Befriedigungsrecht greift nur, wenn der Anspruch des Besitzers gerade nicht durchsetzbar wird, d. h. wenn der Eigentümer die Genehmigung auf Aufforderung des Besitzers nicht erteilt (vgl. § 1003 BGB). Dieses ungewöhnliche alternative Nebeneinander von schuldrechtlichem Anspruch und sachbezogenem Befriedigungsrecht ist ein Schutz für den Eigentümer (Schuldner) in Form einer Haftungsersetzung. Eben weil der Eigentümer gewöhnlich keine Veranlassung für die Verwendungen gegeben hat, kann er selbst den redlichen Besitzer auf die Verwertung der Sache verweisen und so seine persönliche Inanspruchnahme dauerhaft verhindern. Aus der Sicht des Eigentümers kann dies wirtschaftlich sinnvoll sein, da der Verwendungsersatzanspruch den Wert der Sache im Herausgabezeitpunkt sogar übersteigen kann. Solche Fälle werden im Zuge der Erläuterung der gesicherten Forderung noch deutlich werden.
In diesem Sinne ist der Besitzer hier stets Gläubiger, der Eigentümer stets Schuldner. Die dogmatische Einordnung ist nicht ganz geklärt, aber praktisch unerheblich: MüKoBGB/ Medicus § 1001 Rn. 17 ("nicht fällig"); Erman/ Hef ermehl § 1001 Rn. 1 ("unvollkommen"); Soergel! Mühl § 1001 Rn. 1 ("bedingt"); Stein /Jonas I Schumann Vor § 253 Rn. 88 ("unklagbar"). 17
18
VIII. Befriedigungsrecht des Besitzers
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2. Gesicherte Forderungen
Das gesetzliche Verwertungsrecht der §§ 1000, 1003 BGB ist grundsätzlich wie geschildert - an das Bestehen von Verwendungsersatzansprüchen aus den §§ 994 ff. BGB gebunden. Voraussetzung ist demnach einerseits eine Vindikationslage19, d. h. daß ein Eigentümer [a)] von einem unberechtigten Besitzer [b)] Herausgabe seiner Sache verlangen kann und daß dieser andererseits ersatzfähige Verwendungen vorgenommen hat [c)]. a) Eigentümer als Schuldner
Schuldner der gesicherten Forderung ist stets der Eigentümer der Sache. Es ist dabei weder für den Anspruch noch für das Verwertungsrecht vorausgesetzt, daß der Eigentümer den Anspruch auf Herausgabe aus § 985 BGB geltend macht oder gemacht hat, sondern nur, daß ein solcher Anspruch überhaupt besteht. Als Besonderheit des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses ist zu erwähnen, daß der Anspruch gegenüber demjeweiligen Eigentümer besteht. Dies gilt selbst dann, wenn die Verwendungen zu einem Zeitpunkt gemacht wurden, als dieser noch gar nicht Eigentümer war (so ausdrücklich § 999 Abs. 2 BGB). Im Regelfall geht mit einem Eigentumswechsel nach Verwendungsvornahme die Verpflichtung (schuldbefreiend) auf den Neueigentümer über, es sei denn, der ursprüngliche Eigentümer hatte bereits genehmigt (dann besteht eine kumulative Haftung) 20• b) Besitzer als Gläubiger
Anspruchsinhaber ist der Besitzer, der kein Recht zum Besitz (i.S.v. § 986 BGB) hat bzw. hatte. Das klingt unkompliziert, birgt aber doch eine Reihe Schwierigkeiten. Wahrend der Besitz [aa)] noch recht einfach festzustellen ist, gibt es zu den Anforderungen an die fehlende Berechtigung [bb)] viele Zweifelsfragen. Zuletzt wird bei der Frage, welche Ansprüche ihm zustehen, auch - wie angedeutet - seine Schutzwürdigkeit berücksichtigt [cc)].
19 Das ist heute allgemein anerkannt: BGHZ 27, 317 ff. v. 23. 5. 1958; BGHZ 41, 157, 159 v. 26. 2. 1964; Jauemig Vor§ 994 Rn. 2; MüKo-BGB I Medicus Vor§§ 987-1003 Rn. 8; Schwab/Prütting Rn. 531; Soergell Mühl Vor§ 994 Rn. 7; Staudinger/Gursky Vor§§ 9941003 Rn. 30; zur Entwicklung Kaysers S. 20 f., a.A. war noch RGZ 142, 417, 422 v. 19. 12. 1933 (Ausschluß der§§ 994 ff. neben einem Vertrag nur nach Auslegung der Abrede). 20 Palandt I Bassenge § 999 Rn. 4; Schwab I Prütting Rn. 559 a.E.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
aa) Besitz Der Besitz des "Gläubigers" ist nicht nur Voraussetzung für das Verwertungsrecht, sondern schon für die Entstehung des Anspruchs. Umstritten ist die Frage, ob Aufwendungen unter §§ 994 ff. BGB fallen können, die bereits anläßlich der Besitzergreifung entstanden sind. So war in einem Fall zu entscheiden, ob für die Bergungskosten eines Schiffswracks ein Befriedigungsrecht gemäߧ§ 1000 ff. BGB an dem Wrack besteht21 . Der BGH hat den Besitz des Bergenden ,Jedenfalls" ab dem Zeitpunkt angenommen, in dem die Bergungsarbeiten begannen und ab dann die§§ 994 ff. BGB für anwendbar gehalten. Dagegen wurde eingewandt, daß die Annahme von Besitz allein nicht ausreiche, sondern Aufwendungen zur Besitzerlangung in keinem Fall als Verwendung in diesem Sinne anzusehen sind22• Mich überzeugt dieser Einwand nicht: Zwar wird man nicht jeden Aufwand, der für das Erlangen der Sache getätigt wird, für ersatzfähig halten können (so z. B. nicht den für die Sache gezahlten Kaufpreis23). Für die sachgerechte Selektion von ersatzfähigen und nicht ersatzfähigen Kosten genügt aber der Verwendungsbegriff und die allgemein für das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis zu machenden Einschränkungen24. Es ist nicht nötig, generell die zum Erlangen getätigten Aufwendungen auszuschließen. Vom Wertschaffungsaspekt her kann man festhalten, daß eine Abgrenzung danach, ob der Aufwand für die Sache Nutzen gebracht hat, ersichtlich überzeugender ist. Eine nutzbringende "Verwendung" wird man so für die Bergung der Sache annehmen können, nicht aber für einen gezahlten Kaufpreis. Die Differenzierungen des Systems des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses nach der Schutzbedürftigkeit des Besitzers passen ebenso auf den Aufwand bei der Besitzerlangung wie auf einen bei bereits bestehendem Besitz. Wenn das aber so ist, erscheint es nicht sinnvoll, diese nach zwei verschiedenen Regelungssystemen abzuwickeln oder dem (unberechtigten) Besitzer den Ersatz solcher, letztlich dem Eigentümer zugute kommende Aufwendungen zu versagen. Unerheblich für die Annahme der §§ 994 ff. BGB ist weiter, ob der Verwendende mittelbaren oder unmittelbaren Besitz hat. Die Ersatzberechtigung hängt nicht davon ab, ob der unberechtigte Besitzer die Verwendungen selbst vorgenommen hat oder sie von Dritten ausführen ließ, die den Gewahrsam für ihn ausübten25 . BGH V. 14. 12. 1954 NJW 1955,340 ff. Staudinger/Gursky Vor§§ 994-1003 Rn. 19, in Anlehnung an RG JW 1938, 3040 ff. v. 8. 9. 1938; wie der BGH: MüKo-BGB/ Medicus § 994 Rn. 7; RGRK-BGB/ Pikart § 994 Rn. 26. 23 Wohl allgemeine Meinung: BGH NJW 1990,447 v. 3. 11. 1989 m. w. N.; Palandt/ Bassenge § 994 Rn. 3; Soergel/ Mühl § 994 Rn. 2; mit Argumentation aus der Entstehung Staudinger/Gursky Vor§§ 994-1003 Rn. 19. 24 Auch nach Gursky a. a. 0. (Fn. 22) ist dies nur einer von mehreren Aspekten, die die §§ 994 ff. BGB im BGH-Fall ausschließen, siehe auch seine Rn. 34. Zur Frage, ob ein Besitzrecht oder eine ,,Leistung" das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis ausschließt, noch unten. 25 Zu Problemen beim ,,Fremdbesitzer" siehe aber noch ab S. 211. 21
22
VIII. Befriedigungsrecht des Besitzers
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bb) Fehlende Berechtigung Wahrend der Ausgangspunkt, daß nur unberechtigte Besitzer Ersatz nach den §§ 994 ff. BGB verlangen können, heute feststeht, wird die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Berechtigung gefehlt haben muß, damit der Ersatzanspruch nach §§ 994 ff. BGB besteht, unterschiedlich beantwortet. a) Verwendungszeitpunkt: Für eine vor allem von der Rechtsprechung des BGH geprägte und von Teilen der Literatur gebilligte Auffassung ist nur entscheidend, daß im Zeitpunkt der Geltendmachung der Herausgabeansprüche kein Besitzrecht bestand26• Ob dagegen bei der Vornahme der Verwendungen der Besitzer zum Besitz berechtigt war oder nicht, soll unerheblich sein. Die Folge ist, daß ein im Verwendungszeitpunkt berechtigter Besitzer nach §§ 994 ff. BGB Ersatz verlangen kann, wenn er später unberechtigter Besitzer wird. Diese These ist bekannt aus dem schon vorne diskutierten Streit zum Erwerb des Werkunternehmerpfandrechts vom Nichtberechtigten. In der dort behandelten Entscheidung hatte der BGH27 das Recht aus §§ 1000 ff., 994 ff. BGB als einen Ausweg für den Werkunternehmer angesehen, nachdem er den Erwerb des Pfandrechtes vom Nichteigentümer abgelehnt hatte. Diese "Lösung" setzte gerade voraus, daß ein später entfallendes Besitzrecht gleichwohl den Weg zu den §§ 994 ff. BGB eröffnet: In dem Fall war der Besteller als Vorbehaltskäufer zunächst sowohl selbst zum Besitz als auch zur Überlassung an einen Werkunternehmer berechtigt gewesen. Erst nach der Reparatur durch den Werkunternehmer hatte der Vorbehaltsverkäufer (der Eigentümer) den Kaufvertrag gekündigt und so auch das nur abgeleitete Besitzrecht des Werkunternehmers beendet. Als Begründung für die Anwendung der §§ 994 ff. BGB auf solche Fälle wird vor allem behauptet, daß ein berechtigter Besitzer nicht schlechter stehen dürfe als ein unberechtigter28•
Teile der Literatur lehnen demgegenüber die Anwendung der §§ 994 ff. BGB ab und halten das Bestehen einer Vindikationslage bereits bei Vornahme der Verwendung für erforderlich29 . Nach dem System der§§ 994 ff. BGB ist nur dies überzeugend. Die Bestimmungen stellen für den Umfang der zu ersetzenden Verwendungen gerade darauf ab, ob der Besitzer bei Verwendungsvornahme den Mangel sei26 So jüngst wieder BGHZ 131, 220, 222 v. 24. 11. 1995 m.N. zur "gefestigten" Rspr.; ebenso BGH v. 14. 12. 1954 (oben Fn. 21); zust. RGRK-BGB/ Pikart § 994 Rn. 4, 6; Fikentscher § 80 V 2c dd; Westennann § 33 I 3b; div. weitere Nachweise bei Staudinger/Gursky Vor§§ 994-1003 Rn. 31,34 (er selbst ist a.A.). 27 BGHZ 34, 122 ff. v. 21. 12. 1960, siehe schon oben S. 88 ff. Zur Frage, ob ein aufgrund Vertrages leistender Fremdbesitzer überhaupt "Verwendender" ist, unten S. 212. 28 BGHZ 34, 122, 131 f. v. 21. 12. 1960; ebenso wieder in BGHZ 131, 220, 222 v. 24. 11. 1995. 29 Kaysers S. 45 ff.; Jauernig Vor§ 994 Rn. 3, 6; Soerge1/ Mühl Vor§ 994 Rn. 7 ff.; Staudinger/Gursky Vor§§ 994-1003 Rn. 31 (m. w. N.); Canaris JZ 1996, 344, 347; Palandt/ Bassenge Vor§ 994 Rn. 3; Erman/ Hefermehl Vor§§ 994-1003 Rn. 9; MüKo-BGB/ Medicus § 994 Rn. 24; ders. BR Rn 587 ff.; konstruktiv ebenso, im Ergebnis aber - über eine Analogie- dem BGH folgend Schwab/Prütting Rn. 557.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
nes Besitzrechtes kannte oder kennen mußte und setzen so das fehlende Besitzrecht schon zu diesem Zeitpunkt voraus. Auf einen berechtigten Besitzer lassen sich diese Differenzierungen gar nicht sinnvoll anwenden. Weiterhin ist zu beachten, daß jedes Besitzrecht irgendwann beendet ist, so daß nach der Rechtsprechungsauffassung die §§ 987 ff., 994 ff. BGB damit im Endeffekt auf jedes Rechtsverhältnis und jeden zugunsten einer Sache gemachten Aufwand angewendet werden könnten 30. Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis damit als ,jeden Vertrag ergänzende" Bestimmungen anzusehen, ist offensichtlich nicht systemkonform. Zuletzt ist nicht einmal das vom BGH hauptsächlich gebrauchte Argument überzeugend, denn tatsächlich wird der unberechtigte Besitzer durch die Regelungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses umfassend anders und damit nicht im eigentlichen Sinne "besser" behandelt. Man denke nur an seine Befugnis, gezogene Nutzungen zu behalten oder die Verpflichtung nicht gezogenen Nutzungen zu erstatten(§ 993 BGB). Die Behauptung, es sei eine nicht gerechtfertigte Besserstellung, wenn ihm gegenüber dem berechtigten Besitzer isoliert betrachtet ebenso ein Vorteil zusteht, ist daher irreführend31 . In diesem Sinne ist noch darauf hinzuweisen, daß nach dem System des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses das Bestehen des Befriedigungsrechtes schon per se nicht nur ein Vorteil ist: Der Besitzer verliert, wenn er auf das Befriedigungsrecht zurückgreifen kann, zumeist gleichzeitig den persönlichen Anspruch. Für den aufgrund eines Vertrages Besitzenden und Verwendenden gilt dies aber nicht; seine Ansprüche sind vom Befriedigungsrecht unabhängig. Je mehr man das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis als ein System "abschließender Sonderregeln" betrachtet, und der BGH hat dies oft betont, um so mehr gewinnt dieses Argument an Gewicht. Für eine direkte Anwendung der§§ 994 ff., 1000 ff. BGB muß die Vindikationstage daher schon in dem Zeitpunkt vorliegen, in dem die Verwendungen gemacht wurden. Von einigen Stimmen in der Literatur wird - gerade um den Weg zum gesetzlichen Befriedigungsrecht trotzdem zu eröffnen - deswegen eine analoge Anwendung befürwortet32• Das Problem, daß das System der§§ 994 ff. BGB - insbesondere das des Haftungsersatzes mittels gesetzlichen Verwertungsrechtes - auf ein Nebeneinander mit vertraglichen Ansprüchen nicht gut paßt, wird damit jedoch nicht überwunden. Richtig ist, daß der Gedanke, demjenigen ein gesetzliches Verwertungsrecht zuzusprechen, der werterhöhend zugunsten des Objektes getätigt hat, als Grundüberlegung durchaus Überzeugungskraft hat. Es ist jedoch ebenso eindeutig, daß das geltende Recht dem nicht generell Rechnung trägt. Von dieser 30 Der BGH nimmt dies offensichtlich an und hält das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis nur durch anderweitige Normen mitunter fiir verdrängt, so BGHZ 131,220,222 v. 24. 11. 1995. 31 So zutreffend Staudinger/Gursky Vor§§ 994-1003 Rn. 31 a.E.; ebenso Medicus BR Rn. 591. 32 Schwab/Prütting Rn. 557 m. w. N.; eine gewisse Sympathie dafür zeigt auch Canaris JZ 1996, 344, 347 (für den sich das Problem beim Werkunternehmer kaum stellt, da er regelmäßig bereits das Pfandrecht- entsprechend§ 185 BGB oder§ 1207 BGB- anerkennt, siehe vorne S. 88 ff.).
Vill. Befriedigungsrecht des Besitzers
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bestehenden Lage aus ist zu bezweifeln, daß man de lege lata diesem "Mangel" mit einer analogen Anwendung des sehr speziellen Regelungssystems des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses oder auch des haftungsersetzenden Befriedigungsrechtes abhelfen kann. Vielmehr ist eine generelle Lösung meines Erachtens nur durch eine Neukonzeption des Gesetzes zu erreichen. Eine spezielle Lösung für den Werkunternehmer gelingt nach meiner Überzeugung dagegen über eine entsprechende Anwendung des§ 185 BGB (siehe vorne S. 88 ff.).
ß) Verwendungen des ,.nicht-mehr-berechtigten-Besitzers": Anders ist die Fragestellung, wenn der Besitzer zwar ursprünglich ein Besitzrecht hatte, die Verwendungen von ihm aber erst nach dessen Erlöschen getätigt wurden. In diesen Fällen bestand bei Verwendungsvomahme die Vindikationslage, so daß man vom Anwendungsbereich des Eigentümer-Besitzer-Verhältnissesher-auch unter Berücksichtigung der Differenzierung nach der Redlichkeit des Besitzers - keine Bedenken gegen die Anwendung der §§ 994 ff. BGB und des Befriedigungsrechtes haben muß33 • Gleichwohl wird vielfach die Anwendung unter Hinweis auf das Fortwirken bestehender Vertragsregeln bestritten34• Dieser Hinweis ist immer dann überzeugend, wenn tatsächlich anderweitige Regelungen bestehen, die gerade oder zumindest ihrem Sinne nach für die Zeit nach der Besitzrechtsbeendigung gelten sollen: Natürlich verdrängt in diesem Sinne eine Absprache zwischen Vertragsparteien über die Rückabwicklung entgegenstehende Regelungen der §§ 994 ff. BGB. Ebenso klar erscheint es, daß gesetzliche Bestimmungen des Schuldrechtes, die gerade die Vertragsbeendigung betreffen - wie z. B. das Zurückbehaltungsverbot für Immobilien im Miet- und Pachtrecht (§ 556 Abs. 2 BGB)35 -,als speziellere Regelungen die abweichenden, allgemeineren Bestimmungen des Eigentümer-BesitzerVerhältnisses ausschließen. Auf für die Vertragszeit gedachte Regelungen ist dagegen- unter Verdrängung der §§ 994 ff. BGB -nur dann zurückzugreifen, wenn sie nach ihrem Sinn auch für die Zeit nach Vertragsbeendigung gelten36. Im übrigen bleibt es bei der Anwendung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses. Für den ehemals berechtigten, über das Vertragsende gewöhnlich informierten Besitzer erscheint die damit zumeist geltende Regelung des § 996 BGB ebenso sachgerecht wie für den bereits anfänglich unberechtigten, bösgläubigen Besitzer.
33 Anders nach der Auffassung, die §§ 985 ff. BGB für ausgeschlossen hält, wenn jemals ein Besitzrecht auf Basis eines Schuldverhältnisses bestand; so vor allem WolffI Raiser § 84 I 2; heute noch Baur/Stümer § 11 Rn. 24 ff., 30, 33, 54; Wieling § 12 I 3c, V 3b; dagegen zurecht die h.M.: ausführlich Staudinger/Gursky § 985 Rn. 33m. w. N. 34 Sehr absolut: Jauemig Vor§ 994 Rn. 6; Wieling § 12 V 1b; es überwiegen modifizierende Auffassungen: Palandt/ Bassenge Vor§ 994 Rn. 9; RGRK-BGB/ Pikart § 994 Rn. 8; Schwab/ Prütting Rn. 563: §§ 994 ff. sind BGB ergänzend anwendbar. 35 Dies ist h.L.: Schwab/ Prütting a. a. 0 . (Fn. 34); Erman/ Hefermehl § 1000 Rn. 4; Staudinger/Gursky Vor§§ 994-1003 Rn. 42. 36 In diesem Sinne MüKo-BGB/ Medicus § 994 Rn. 32; ähnlich Staudinger/Gursky Vor §§ 994-1003 Rn. 40. 14 Bechtloff
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
cc) Position des Besitzers: Schutzbedürfnis und Systemeinschränkungen Bestand zum Zeitpunkt der Verwendungsvomahme eine Vindikationslage, greifen jedenfalls für den Eigenbesitzer, d. h. für denjenigen, der die Sache als ihm gehörend besitzt (§ 872 BGB), die Verwendungsersatzansprüche der §§ 994 ff. BGB [a)]. Für den Fremdbesitzer sind nochmals weitere Einschränkungen nötig [ß) und /)].
a) Ausgangspunkt Eigenbesitzer - Differenzierung nach Schutzbedüifnis: Ob und in welcher Höhe der Eigenbesitzer Ersatz verlangen kann, bestimmt sich danach, inwieweit er mit einem bestehenden Herausgabeanspruch rechnen mußte: Wer im Zeitpunkt der Verwendung redlich darauf vertraut hat, daß er rechtmäßig besitzt (z. B. weil er nicht wußte, daß die an ihn erfolgte Übereignung unwirksam war), kann die notwendigen (§§ 994 Abs. 1, 995 BGB) und die nützlichen, zum Herausgabezeitpunkt noch werterhöhend vorhandenen Verwendungen erstattet verlangen [§ 996 BGB; näher zum Verwendungsbegriff unter c)]. § 994 Abs. 1 Satz 2 BGB macht für die Ersatzfahigkeit der notwendigen Verwendungen einen Vorbehalt, der gerade den redlichen Besitzer betrifft: Die laufenden Kosten (sog. "gewöhnlichen Erhaltungskosten") muß er selbst tragen, da er für die Nutzung der Sache (vgl. §§ 993 Abs. 1, 987 ff. BGB) keine Entschädigung leisten muß. Dies ist als sachgerecht nachzuvollziehen: Wer z. B. ein fremdes Auto ein Jahr lang ohne Entgelt nutzen darf, soll zumindest die laufenden Erhaltungskosten, wie für Inspektion und Wartung, tragen.
Anders ist die Lage, wenn ein Eigenbesitzer sich entweder seiner Herausgabeverpflichtung bewußt war oder mit dieser Möglichkeit rechnen mußte, weil er bereits vom Eigentümer auf Herausgabe verklagt worden war (§§ 994 Abs. 2, 990 BGB). In diesem Fall kann er werterhöhende nützliche Verwendungen, die er macht, nicht mehr verlangen, wie aus dem "nur" in § 996 BGB zu erkennen ise7 . Und selbst notwendige Verwendungen erhält er nur ersetzt, soweit sie im Interesse des Eigentümers sinnvoll waren. § 994 Abs. 2 BGB verweist nämlich auf die entsprechenden Regeln zur Geschäftsführung ohne Auftrag. Die gewöhnlichen Erhaltungskosten nach § 994 Abs. 1 Satz 2 BGB sind für diesen Eigenbesitzer dagegen häufig erstattungsfahig, da er die gezogenen Nutzungen ersetzen muß(§§ 987, 990 BGB38). Eine Zwischenstellung hat der zwar redliche, aber die Sache unentgeltlich erlangende Besitzer39 . Wie jeder redliche Besitzer kann er Ersatz der notwendigen und nützlichen, noch wertmäßig vorhandenen Verwendungen verlangen. Er ist aber 37 Allgemeine Auffassung: Jauemig § 996 Rn. 2; Erman/ Hefermehl § 996 Rn. I ; Palandt/ Bassenge § 994 Rn. 8. 38 Zur Ausnahme im Fall des § 991 BGB Palandt/ Bassenge § 994 Rn. 8 i.V.m. § 991 Rn.2. 39 In der Rspr. wird diesem oft der ,,rechtsgrundlose" Besitzer gleichgestellt, siehe BGHZ 32, 76, 94 v. 25. 2. 1960 m. w. N.; krit. dazu Medicus BR Rn. 600 m. w. N.
VIII. Befriedigungsrecht des Besitzers
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wie der unredliche Besitzer- verpflichtet, die Nutzungen herauszugeben (§ 988 BGB), da er- aufgrund seines unentgeltlichen Erwerbes -dem Gesetzgeber weniger schutzwürdig erschien. Dieser Nachteil auf der Ebene des Nutzungsersatzes führt für den Verwendungsersatz dazu, daß er die gewöhnlichen Erhaltungskosten ersetzt bekommt, da die Ausnahme des § 994 Abs. 1 Satz 2 BGB ihn so nicht betrifft.
ß) Problem Fremdbesitzer-Beschränkungen aus dem vorgestellten Besitzrecht? Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis ist nach diesem soeben dargestellten Regelungsmechanismus auf den Eigenbesitzer zugeschnitten40• Die Grundunterscheidungen nach Redlichkeit etc. des Besitzers sind dann sinnvoll, wenn dieser auf sein Eigentum vertraut. Der Fremdbesitzer (z. B. der Mieter oder Pächter) ist sich der Fremdheit der Sache stets bewußt, selbst wenn er auf die Rechtmäßigkeit seines Besitzes vertraut. Sein Schutzbedürfnis müßte sich insofern danach ausrichten, ob er mit der Sache so verfahren ist, wie er es bei Bestehen seines Besitzrechtes hätte tun dürfen. Dazu ein Beispiel41 : Wenn ein Mieter die gernietete Sache in einer offensichtlich unberechtigten Weise umgestaltet, kann er von dem Vermieter die Kosten dafür nicht ersetzt verlangen (vgl. § 547 Abs. 2 BGB, seit 2002: § 539 BGB). Stellt sich der Mietvertrag im nachhinein als unwirksam heraus und finden so die §§ 994 ff. BGB Anwendung, muß man erstaunt feststellen, daß er anscheinend plötzlich - siehe § 996 BGB - fiir diese Verwendungen Ersatz verlangen kann, sofern sie noch werterhöhend vorhanden sind. Trotz der ersichtlichen Schwierigkeiten ist das Eigentümer-Besitzer-Verhältnisim Grundsatz unbestritten- auf den Fremdbesitzer anwendbar: "Besitzer" i. S. d. der Terminologie des BGB ist schließlich ebenso der Fremdbesitzer, der damit auch einem Vindikationsanspruch und Ansprüchen aus dem Eigentümer-BesitzerVerhältnis (vgl. § 991 BGB) ausgesetzt sein kann. Viel diskutiert- und von einer herrschenden Meinung befürwortet - ist aber, ob die Bestimmungen durch die Grenzen des vom Fremdbesitzer vorgestellten Besitzrechtes (also z. B. des Mietvertrages) eingeschränkt werden42. Als Kritik wird gegenüber dieser Auffassung vorgebracht, daß eine so erreichte Mischung beider Systeme (Vertrag und Eigentümer-Besitzer-Verhältnis) zu Ergebnissen führt, die weder von den Parteien noch vom Gesetz vorgesehen sind43 • Das Argument hat Gewicht. Trotzdem erscheint die vorgeschlagene Lösung dieser Gegenmeinung unangemessen, die §§ 994 ff. BGB deswegen auch zugunsten desjenigen uneingeschränkt anzuwenden, der sein Siehe schon bei Fn. 12. Vgl. auch die Fälle von BGH v. 10. 12. 1955 LM § 994 Nr. 4; v. 17. 12. 1958 NJW 1959, 528; V. 13. 10. 1978 NJW 1979, 716. 42 Aus der Rspr. die in Fn. 41 genannten Entscheidungen; aus der Lit.: Wolff/Raiser § 86 II; RGRK-BGB/ Pikart § 994 Rn. 19 f.; Erm.an/ Hefennehl Vor§ 994 Rn. 5; Palandt/ Bassenge Vor § 994 Rn. 5; etwas modifizierend Staudinger/Gursky Vor §§ 994-1003 Rn. 36 f. m. w. N. 43 So die Gegenauffassung bspw. von Jauemig Vor§ 994 Rn. 2; Westennann § 33 I 3; MüKo-BGB/ Medicus § 994 Rn. 31m. w. N. 40 41
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vorgestelltes Besitzrecht überschreitet. Der Ausweg wird am ehesten darin zu suchen sein, daß man die§§ 994 ff. BGB zwar durch das vorgestellte Besitzverhältnis beschränkt, aber gleichfalls Besonderheiten berücksichtigt, die sich aus der Unwirksamkeit - und dem deswegen nicht fortdauernden Besitzrecht - ergeben. Gursky hat dazu- aus meiner Sicht überzeugend- einen Weg vorgezeichnet44• Die möglichen Einschränkungen durch ein vom Besitzer vorgestelltes Besitzrecht betreffen allerdings nicht unmittelbar das Befriedigungsrecht als solches, sondern nur die zugrundeliegenden Ansprüche: Daß der Fremdbesitzer nach dem von ihm angenommenen Rechtsverhältnis kein Verwertungsrecht gehabt hätte, schließt deswegen noch nicht das Befriedigungsrecht des§ 1003 BGB aus. Die Begründung dafür ergibt sich aus der Verzahnung desselben mit dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, zu dessen Funktionsweise eben eine mögliche Haftungsersetzung mittels Verwertungsrechts gehört. Nur wenn die Restriktionen aus dem vermeintlichen Besitzrecht dazu führen, daß gar kein Anspruch i.S.v. §§ 994 ff. BGB besteht, entsteht selbstverständlich auch kein Recht aus§§ 1000 ff. BGB. I) Problem Fremdbesitzer- Ausschluß durch Leistung? Ein weiteres für den Fremdbesitzer bestehendes Problem ergibt sich, wenn dieser die Verwendungen nicht für sich, sondern für einen anderen, sei es den Eigentümer oder - wie in dem mehrfach zitierten Werkunternehmerfall - für einen mittelbar besitzenden Nichteigentümer macht. Dann stehen - wenn zum Zeitpunkt der Verwendungsvornahme kein Besitzrecht bestand (siehe oben S. 207) - dem Eigentümer zwei Besitzer gegenüber, die scheinbar beide von ihm Verwendungsersatz verlangen können. Das Problem dieser Gläubigerverdoppelung ist allerdings nicht besonders groß45 . Die Verwendungen des mittelbaren Besitzers begrenzen sich bis zu dessen Erfüllung gegenüber dem unmittelbaren Besitzer (z. B. dem Werkunternehmer) auf die für den mittelbaren Besitzer bestehende Verpflichtung. Wenn der Eigentümer daher Verwendungsersatz an den unmittelbaren Besitzer leistet, befreit er in entsprechender Höhe den Besteller (den mittelbaren Besitzer) von dessen Verpflichtung und genügt so gleichzeitig (entspr. § 257 BGB) seiner Schuld diesem gegenüber. Vielfach wird der Besitzer, der nur für einen anderen eine Verbesserung an der Sache vornimmt, gleichwohl als nicht durch §§ 994 ff. BGB geschützt angesehen46: Wer den Verwendungsvorgang nicht steuere, so eine Behauptung, sei nicht der Verwendende47 . Oder- so eine andere im Ergebnis ähnliche These- wer eine 44 Ders. in Staudinger Vor§§ 994-1003 Rn. 37. Beachte seine Bedenken gegen die eigene Lösung in Rn. 38. 45 AA Staudinger/Gursky Vor§§ 994-1003 Rn. 20 a.E. Wenn der Eigentümer tatsächlich an den mittelbaren Besitzer zuerst und nicht Zug-um-Zug leistet, geschieht dies m.E. auf sein eigenes Risiko; er ist m.a. W. nicht schutzwürdig. 46 Anders die herrschende Meinung: Neben dem BGH (Werkuntemehmerfälle) RGRKBGB I Pikart § 994 Rn. 17; Soergell Mühl Vor§§ 994-1003 Rn. 3; Palandt/ Bassenge § 994 Rn. 2 f.; Westermann § 33 I 3b.
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"Leistung" zugunsten anderer tätigt, nimmt keine Verwendungen vor48 • Für die Begründung wird zum einen auf eine Parallele zu § 950 BGB hingewiesen, bei der die "intensivere" Einwirkung auf die Sache (die Verarbeitung) gleichfalls immer nur demjenigen- als "Hersteller"- zugeordnet werde, der den Vorgang steuere49. Dieser Vergleich führt jedoch nicht weiter, da die Regelungen nicht vergleichbar sind: Dort ist die alternative Zuordnung notwendig, weil über§ 950 BGB die Frage des Eigentums an der neuen Sache bestimmt wird. Bei den Ansprüchen aus §§ 994 ff. BGB muß das durchaus nicht entsprechend sein, sondern es können durchaus verschiedene Personen Forderungen erlangen. Man muß natürlich in Frage stellen, ob es sachgerecht ist, daß der aufgrund eines Rechtsgeschäftes an den Vertragspartner Leistende (unmittelbare Besitzer) durch die §§ 994 ff. BGB einen zusätzlichen Schuldner erhält. Womit kann es gerechtfertigt sein, daß man ihm sein bestehendes und vorab ersichtliches Risiko der Illiquidität seines Schuldners abnimmt? Es wird in diesem Zusammenhang sogar darauf hingewiesen, daß dies eine Umgehung der von den BGB-Verfassern bewußt getroffenen Entscheidung gegen den "Versionsanspruch" sei50. Aus der Perspektive des hier im Vordergrund stehenden Verwertungsrechtes kann man entgegenhalten, daß ein unmittelbar Besitzender oft seine Leistung eben gerade im Vertrauen auf die in seiner Hand befindliche Sicherheit erbringt. Für den Werkunternehmer und die Kaufleute wurde darauf oben immer wieder hingewiesen. Dieser Aspekt kann bei der Risiko(um)verteilung mit berücksichtigt sein. Er ist zwar, wie vorne bei der Rechtfertigungserwägungen zu §§ 1000 ff. BGB erläutert, nach der Ausgangsüberlegung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses (Eigenbesitz) an sich kein tragendes Kriterium, doch kann er in diesem Sonderfall ("Fremdbesitzer") gerade Bedeutung erlangen. Weiterführend läßt sich sagen, daß gegenüber Dritten (in deren Interesse) für die Höhe der Sicherung- statt des vertraglichen Anspruchs - ein abredeunabhängiger Maßstab (wie nach §§ 994 ff. BGB) sachgerechter ist. Dies ist gerade anders als in den Fällen, in denen das Rechtsverhältnis des unmittelbaren mit dem mittelbaren Besitzer (bspw. Werkunternehmer I Besteller) auch gegenüber dem Eigentümer wirkt, nämlich dem unmittelbaren Besitzer ein Recht zum Besitz verschafft. Über die Vorschriften zur Geltendmachung kann man das aus dem "Versionsanspruch" gewonnene Argument entkräften: Der Eigentümer ist immer nur einem in der Durchsetzbarkeil von seinem Willen abhängigen (persönlichen) Anspruch ausgesetzt und kann den Gläubiger im übrigen - ähnlich einem reinen Pfandgläubiger - auf die dingliche Haftung beschränken. Es handelt sich also - durch diese Aus47 Staudinger /Gursky Vor §§ 994-1003 Rn. 20 f., 45; Medicus BR Rn. 591 (anders bei auch eigennützigen Maßnahmen Rn. 894); Kaysers S. 125 ff.; Schwerdtner Jura 1988, 251, 254. 48 Wolf AcP 166, 188, 206 ff.; ders. SR Rn. 221; Wieling § 12 I 3 c und V 1c. 49 Kaysers a. a. 0.; Gursky a. a. 0 . Rn. 20 (beide oben Fn. 47). so So Gursky a. a. 0. (Fn. 47) Rn. 20.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
gestaltung - nicht um eine Umgehung des "Versionsanspruchs", weil zumindest der durchsetzbare persönliche Anspruch immer vom Verhalten des Eigentümers abhängt. Probleme bereitet aber auch diese Lösungsaltemative: Letztlich - und dies ist der Gegenmeinung zuzugeben- ist das System der§§ 994-996 BGB für jemanden, der die Maßnahmen nicht aufgrund eigener Entscheidung, sondern nach Weisung ausführt, nicht besonders stimmig. Man kann noch nachvollziehen, daß für einen (unmittelbaren) Fremdbesitzer, wie den Werkuntemehmer, die Differenzierung nach seiner Redlichkeit sinnvoll ist. Solange er sich keiner Vindikationslage bewußt ist, ist er schutzbedürftig und durch das Befriedigungsrecht zu schützen. Wenn er dagegen Kenntnis vom Herausgabeanspruch des Eigentümers erlangt, soll er die Arbeiten einstellen (oder nicht beginnen)51 . Führt er sie dennoch durch, kann er auf die verschlechterte Sicherungsposition verwiesen werden. Bei der Differenzierung innerhalb der Verwendungen zeigen sich für diesen Fremdbesitzer aber Schwächen. Sinnvoll wäre es, jede Werterhöhung des Redlichen für ausgleichspflichtig zu erklären. Das System des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses, das - allenfalls für den nutzungsberechtigten Eigentümer sinnvoll - zwischen den verschiedenen Verwendungsformen differenziert52, ist bei jemandem, der nach Weisungen Dritter handelt, unpassend. Man kann festhalten, daß ein in dieser Hinsicht nicht gelungenes Regelungssystem keine insgesamt überzeugenden Lösungen ermöglicht (was nicht überrascht). Zu entscheiden ist daher nur darüber, welcher Weg als der bessere unter schlechten Wegen zu bevorzugen ist. Dies ist nach den obigen Ausführungen gleichwohl der, der den "leistenden" Besitzer nicht aus dem Anwendungsbereich ausschließt. Als Ergebnis folgt daraus, daß auch jemand, der an einen anderen leistet bzw. nur auf Weisung Maßnahmen durchführt, als Verwender angesehen werden kann. Die sich ergebenden Folgen lassen sich dahingehend zusammenfassen: Wenn ein Besitzrecht zum Verwendungszeitpunkt bestand, ist der Verwendende auf die sich aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis ergebenden Ansprüche und Rechte (z. B. §§ 647, 185 BGB) verwiesen. Ist dagegen der Besitzer unberechtigt, hat er die Möglichkeit, sich zumindest auf die damit bestehende Auffangwirkung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses zu stützen, wenn er schon seine Sicherheit an den Eigentümer aufgrund der Vindikationstage herausgeben muß. Im Endeffekt führt nur dieser Weg dazu, dem Befriedigungsrecht in Drei-Personen-Fällen praktische Bedeutung zukommen zu lassen. Spricht man nämlich den Verwendungsersatzanspruch nebst Verwertungsrecht nur dem mittelbar Besitzenden zu, liefen dessen Gegenrechte zumeist ins Leere, weil der Eigentümer seinen Anspruch direkt gegen den unmittelbaren Besitzer richtet. Während der unmittelbare Besitzer dann ohne Gegenrechte bleibt und unverzüglich herausgeben muß, ist der mittelbare tatsäch51 Im Verhältnis zum Besteller ist die Verweigerung rechtmäßig und beläßt ihm zumindest teilweise seinen Vergütungsanspruch (entsprechend§§ 642,649 BGB). 52 Kritisch dazu Staudinger I Gursky § 994 Rn. 10.
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lieh nicht Anspruchsgegner und verliert als Folge der Herausgabe seine Rechte (§ 1002 BGB)53 .
c)Verwendungsbegrijf Weitere Anspruchsvoraussetzung für das Befriedigungsrecht ist, daß der Besitzer "Verwendungen" gemacht hat. Der Begriff ist im Gesetz nicht definiert worden, da man ihn für "geläufig" und nicht weiter klärungsbedürftig gehalten hat54. Aus heutiger Sicht ist diese Einschätzung sicher unzutreffend gewesen, wie die vielfältigen Streitigkeiten zeigen. aa) Verwendungsformen und Vermögensopfer Verwendungen werden im Ausgangspunkt heute als "Vermögensaufwendungen" des Besitzers definiert, "die der (herauszugebenden) Sache zugute kommen" bzw. kommen sollten55 . Im Mittelpunkt steht damit die Verwendung als eine Form der "Aufwendung". Aufwendungen sind nach dem sonst im BGB üblichen Begriffsverständnis "freiwillig erbrachte Vermögensopfer"56• Überträgt man- wie zumeist vertretenwird57 -dieses Verständnis auf die§§ 994 ff. BGB, wird durch den Bezug zum "Vermögensopfer" sehr deutlich, daß für die Ersatzfähigkeit der Aufwand (oder anders bezeichnet: der Verlust) beim Besitzer und nicht die Vermögensmehrung beim Eigentümer betont wird. Dies war im ersten Entwurf zum BGB noch anders: Bedenkt man, daß zu Beginn der Beratungen dem Verwendungsbegriff das Konzept eines Bereicherungsausgleiches zugrunde lag (siehe oben S. 203), überrascht es nicht, wenn man in den Motiven liest, daß Verwendungen ,.solche Geschäfte" sind, ,.deren wirtschaftlicher Erfolg dem dinglich Berechtigten in irgendeiner Weise zugute kommt"58 • Das heutige Verständnis zeigt damit einen grundsätzlichen Wandel: Durch das scheinbar nunmehr nötige Merkmal des "Vermögensopfers" rückt die 53 Verhindem ließe sich das nur, wenn die Besitzer zusammenwirken (bspw. eine Abtretung vereinbaren), was aber in diesen ,,kranken" Fällen durchaus nicht gewährleistet ist. 54 Nachzulesen bei Mugdan III, S. 17,229. 55 RGZ 152, 100, 101 f. v. 17. 8. 1936; BGH v. 14. 12. 1954 NJW 1955,340, 341; BGHZ 131, 220,222 f. (m. w. N.) v. 24. 11. 1995; Müko-BGB/ Medicus § 994 Rn. 6; Wolf AcP 166, 188, 196; Baur/Stümer § 11 Rn. 55; RGRK-BGB/ Pikart § 994 Rn. 26; Erman/ Hefennehl Vor§§ 994-1003 Rn. 2; Staudinger/Gursky Vor§§ 994-1003 Rn. 4 (m. w. N.). 56 Siehe Medicus BR Rn. 874; Palandt/ Heinrichs § 256 Rn. 1; Staudinger/Gursky Vor §§ 994-1003 Rn. 5 (m. w. N.). 57 Staudinger/Gursky Vor§§ 994-1003 Rn. 5 ff.; etwas anders Medicus BR Rn. 875 f., der Verwendung zwar mittels der "Vermögensaufwendung" definiert, aber trotzdem ein Nebeneinander mit Unterschieden befürwortet. 58 Mugdan Ill S. 229.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Position des Besitzers in den Vordergrund, während die Vermögensmehrung des Eigentümers in seiner Bedeutung (anders als beim Begriff des "Geschäftes") in den Hintergrund gedrängt wird. Dieser modifizierte Ansatz läßt sich durch die nach Verwendungsformen unterscheidenden Normen der §§ 994 ff. BGB argumentativ stützen. In § 996 BGB wird bestimmt, daß "andere als notwendige Verwendungen" nur ersetzt werden, wenn und soweit sie den Wert der Sache zum Herausgabezeitpunkt noch erhöhen. Es liegt nahe, daß für die notwendigen Verwendungen (§§ 994, 995 BGB) diese Einschränkung damit nicht gilt. Die vom BGB vorgegebene Differenzierung zwischen den notwendigen und den nicht notwendigen (und daher nur bei bestehender Wertmehrung zu ersetzenden, sogenannten "nützlichen") Verwendungen gibt statt dessen vor, "notwendige" stets also selbst ohne (bleibenden59) Erfolg - als ersatzfahig anzuerkennen. Damit ist der "Wertaspekt" zwar nicht ausgeschaltet, aber hinsichtlich der notwendigen Verwendungen nur noch typisiert vorhanden: Stellt man für die Ersatzfähigkeit auf die objektivierte Sicht des Besitzers ab60, entscheidet nur, ob die Maßnahme im Vomahmezeitpunkt erforderlich erschien, um die Sache für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung zu erhalten61 • Eine Werterhaltung ist damit typischerweise, aber nicht notwendig vorhanden. Der Schutz des redlichen Besitzers geht so sehr weit. In seiner Redlichkeit wird er sogar geschützt, wenn die Maßnahme fehlschlägt (z. B. das auf dem herauszugebenden Grundstück stehende Haus trotz Erhaltungsversuchen einstürzte)62• Auf der Grundlage dieses aus der Perspektive des Besitzers bestimmten Verwendungsbegriffes wird in Parallele zur "Aufwendung" einschränkend gefolgert, daß eine Verwendung stets ein "Vermögensopfer" beim Besitzer verlange. Nur, wenn der Aufwand eine vermögensrechtliche Einbuße beim Besitzer bewirkt habe, könne dieser Ersatz verlangen. Mit der Aufgabe des Bereicherungsansatzes seien die §§ 994 ff. BGB einem Funktionswandel unterzogen worden und seither nur noch "Opfergrenze" (vergleichbar § 818 Abs. 3 BGB)63 . Die daraus folgenden 59 Zu vermeintlich notwendigen, aber bereits anfanglieh erfolglosen Maßnahmen vgl. noch Fn. 62. 60 Anders nur in § 994 Abs. 2 BGB, wo über § 683 BGB der Eigentümerwille zum Maßstab wird; siehe Medicus BR Rn. 879. 61 Mit ähnlichen Formulierungen BGHZ 131, 220, 223 v. 24. 11. 1995; Palandt/ Bassenge § 994 Rn. 5; Müko-BGB/ Medicus § 994 Rn. 16; Erman/ Hefennehl § 994 Rn. 1; Soergel/ Mühl § 994 Rn. 3. 62 Vgl. BGHZ 131, 220, 223 v. 24. 11. 1995; Medicus BR Rn. 878 (mit ähnlichen Bsp.); Palandt/ Bassenge § 994 Rn. 5; Erman/ Hefermehl § 994 Rn. 4; Staudinger/Gursky § 994 Rn. 7 m.N. zu älteren Gegenmeinungen. Zumindest die bereits anfänglich erfolglosen Aufwendungen könnte man meines Erachtens aus dem Bereich der "notwendigen Verwendungen" de lege lata ausgrenzen (dagegen aber die h.M. siehe Gursky a. a. 0.). Für solche kann nämlich aus§ 996 BGB, der den Fall derart ursprünglicher Erfolglosigkeit gar nicht regelt (er spricht von " noch" verbliebener Werterhöhung), der Umkehrschluß für § 994 BGB nicht gezogen werden. Ich vermute allerdings, daß die h.M. oft praktisch zu ähnlichen Ergebnissen gelangt, weil anfanglieh erfolglose Maßnahmen vielfach auch objektiv "wirtschaftlich unvernünftig" sind.
VIII. Befriedigungsrecht des Besitzers
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Konsequenzen sind allerdings sehr umstritten, wie sich zeigt, wenn der Besitzer keine realen Kosten durch die Verwendung, sondern nur seine Arbeitskraft aufgewendet hat. So wird vertreten, daß Eigenarbeit nur in der Höhe zu ersetzen ist, wie durch sie ein Verlust eingetreten (oder ein anderweitiger Verdienst ausgefallen) ist64• Auf gleicher begrifflicher Grundlage wird von anderen eine Ersatzfähigkeit angenommen, wenn der Besitzer die Verwendung (entspr. einer zu§ 670 BGB vertretenen Auffassung) im Rahmen seines Berufes oder Gewerbes ausgeübt hat65 . Noch anders der BGH in seiner Entscheidung vom 24. 11. 199566: Entscheidend sei, ob die Leistung des Besitzers einen objektiven Marktwert habe, denn dann wäre - ähnlich dem Schadensrecht - stets in dem Erbringen ein echtes Vermögensopfer zu sehen. Mir erscheint bereits der Ansatz, der ein Vermögensopfer beim Besitzer erfordert, nicht überzeugend. Tatsächlich ergeben sich- wie gezeigt- aus den §§ 994 ff. BGB zwar Argumente dafür, daß die Bereicherung beim Eigentümer nicht in jedem Fall entscheidendes Kriterium ist. Dies bedeutet aber nicht, daß deswegen die Ersatzfähigkeit allein über die Gegenseite zu bestimmen ist. Die Beschränkung der §§ 994 ff. BGB auf eine Wirkung als Opfergrenze trägt dem Regelungssystem des Eigentiimer-Besitzer-Verhältnisses keineswegs besser Rechnung als ein Gegenmodell, das sich auf Bereicherungserwägungen stiitzt. Der Vergleich der §§ 994 ff. BGB mit dem Entreicherungseinwand des § 818 Abs. 3 BGB paßt schon deswegen nicht, weil der Besitzer im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis nicht auf die reine Verteidigungsposition (wie der Bereicherte) beschränkt ist. Er hat durchaus Angriffsmittel, nämlich den - wenn auch nur beschränkt durchsetzbaren - Anspruch und das Verwertungsrecht67 • Denkt man dabei zurück an die rechtfertigenden Erwägungen (1.), drängt sich die Gegenposition in das Blickfeld: Es ist eben die (typisierte) Wertschaffung an der Sache, die die Befugnis zur "Selbstexekution" trägt und auf der auch die "exceptio doli" schon im römischen Recht fußte. Die Ansprüche- im Eigentiimer-Besitzer-Verhältnis so eng wie ansonsten selten bei gesetzlichen Verwertungsrechten mit dem Befriedigungsrecht verknüpft - können diesem Gedanken durchaus Rechnung tragen. Dies gilt für § 996 BGB durch die direkte Anhindung an die noch vorhandene Werterhöhung, aber in geringerer Intensität ebenso für§ 994 BGB: Definiert man die Verwendung ohne das Erfordernis eines Vermögensopfers allein als "Maßnahme des Besitzers, die der Sache zugute kam" und die "notwendige Verwendung" als entsprechende, zur Erhaltung der Nutzbarkeit 63 So insb. Staudinger/Gursky Vor§§ 994 - 1003 Rn. 10; der Ansatz vorn "Verrnögensopfer" ist sehr verbreitet, vgl. Medicus BR Rn. 873; ähnlich Errnan/ Hefennehl Vor§§ 9941003 Rn. 3; BGHZ 131, 220, 224 f. v. 24. 11. 1995 hält deswegen sogar einen Vergleich zum Schadenersatzrecht für tragfähig. 64 Staudinger/Gursky Vor§§ 994-1003 Rn. 12 rn. w. N.
MüKo-BGB/ Medicus § 994 Rn. 12. BGHZ 131,220,224 ff. v. 24. 11. 1995; zust. Palandt/ Bassenge § 994 Rn. 2. 67 Auch Gursky a. a. 0. (Fn. 64) Rn. 25 räumt ein, daß es sich letztlich um ein Mischsystem handelt. 65
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
erforderliche Maßnahme, ist die Berücksichtigung eines typisierten Wertschaffungsaspektes gewährleistet. Zwar führt dies fraglos zu einer Erweiterung des Anwendungsbereichs der §§ 994 ff. BGB. Das erscheint aber durchaus vertretbar: Führt der Besitzer zur Erhaltung erforderliche Maßnahmen zugunsten der Sache durch, wie es im Interesse des Eigentümers sinnvoll erschien, um deren wirtschaftlichen Wert zu erhalten, kann man beim Redlichen durchaus vertreten, daß das wirtschaftliche Risiko einer Erfolglosigkeit dann derjenige trägt, dem bei Erfolg der Nutzen zukommt: dem Eigentümer68• Der BGH hat, um auf den Anwendungsfall "Arbeitskraft" zurückzukommen, über einen ganz anderen Weg genau diesen Aspekt als sachgerecht angesehen: Arbeitskraft ist nach ihm eine Verwendung, wenn sie einen objektiven Marktwert hat. Im Ergebnis erscheint das überzeugend, denn eben solche Maßnahme sind werterhöhend und sollten vom redlichen Besitzer abgeschöpft werden können. Für die Eingriffsbefugnis in die Sache oder auch für den Ersatz insgesamt danach zu differenzieren, ob der Besitzer durch die Arbeit einen Ausfall erlitten hat oder ob er sonst "so sein Geld verdient", ist nicht sinnvoll. Das gegen eine Ersatzfähigkeit der Arbeitskraft vorgebrachte Argument, nach dem eine restriktive Auslegung des Verwendungsbegriffes nötig wäre, weil die Lösung des § 994 Abs. 1 BGB ohnehin rechtspolitisch fragwürdig sei, erscheint gleichfalls nicht tragfähig69• Zum einen betrifft dieses Verständnis natürlich alle Formen von Verwendungen (also auch die "nicht fragwürdigen" i.S.v. § 996 BGB); zum anderen ist es eben keineswegs so, daß der gewählte gesetzgebensehe Weg unvertretbar wäre. Die Entscheidung, die aus ex-ante-Sicht vernünftigen Verwendungen auch dann zu ersetzen, wenn sie keinen fortdauernden Erfolg haben, läßt sich bei einem redlichen Besitzer zumindest begründen70, selbst wenn man das Gegenkonzept für gerechter erachtet. bb) Ausschluß sachändernder Verwendungen? Eine weitere Beschränkung des Verwendungsbegriffes ist durch eine in den fünfziger Jahren begonnene Rechtsprechung des BGH eingeführt worden: Verwendungen sind danach nur Maßnahmen, die eine Sache in ihrer Substanz und Zweckbestimmung erhalten, wiederherstellen oder verbessern, nicht aber solche, die eine 68 Zwar handelt der Besitzer bei Vomahme der Verwendung subjektiv im eigenen Interesse (eben zugunsten vermeintlich eigenen Gutes) und übernimmt damit grundsätzlich willentlich das Risiko des Fehlschlagens. Daß man gleichwohl das Risiko auf den Eigentümer abwälzt, läßt sich aber eben damit erklären, daß man - mit Hilfe des Merkmals "notwendige Verwendung" - unterstellt, daß auch dieser, wenn er die Sache besessen hätte, entsprechend verfahren wäre. Dabei einen objektiven bestandsorientierten Maßstab anzulegen, ist - wenn man diesen Weg beschreitet - nur konsequent. 69 Gursky a. a. 0. (Fn. 64) Rn. 12 a.E. i.V.m. § 994 Rn. 10. 70 Vgl. schon Fn. 68. Hinzu kommt, daß man auch qua Auslegung das Ergebnis wohl noch steuern kann (vgl. dazu Fn. 62).
VIII. Befriedigungsrecht des Besitzers
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grundlegende Veränderung der Sache oder ihrer Nutzung bewirken71 . Bedeutung erlangt das vor allem bei einer Bebauung von Grundstücken. Nach dem BGH ist der Bau eines Hauses auf einem Grundstück keine Verwendung, so daß - da das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis im übrigen anwendbar sei und eine abschließende Regelung enthalte - ein redlicher Besitzer in solchen Fällen regelmäßig auf sein (auf einen Abriß beschränktes, damit vielfach wirtschaftlich wertloses) Wegnahmerecht aus § 997 BGB verwiesen wird. Im Ergebnis wird so ein sehr weitgehender Dispositionsschutz des Eigentümers erreicht. Die herrschende Lehre lehnt diese Begrenzung des Verwendungsbegriffes zurecht ab72. Es ist aus der Entstehungsgeschichte des BGB eindeutig, daß die Gesetzesverfasser Bauten auf fremden Grundstücken sehr wohl als "Verwendungen" verstanden haben73 • Das Argument des BGH, Änderungen der Sache seien nach allgemeinem Sprachgebrauch keine "Verwendungen", überzeugt schon deswegen nicht, weil es sich um einen nahezu ausschließlich juristisch verwendeten Terminus handelt74• Richtig ist weiter der Hinweis75 , daß die Abgrenzung zwischen sachändernden und sacherhaltenden Maßnahmen (obwohl sie nach dem BGH grundlegende Bedeutung hat) erstens ausgesprochen schwierig zu treffen ist und zweitens in den Ergebnissen kaum überzeugt: Eine Renovierungs- oder Erhaltungsmaßnahme, die als ersatzfähig gilt, kann ebenso hohe Kosten produzieren wie ein nicht zu ersetzender Neubau. Wahrend die Renovierungskosten als notwendige Verwendung sogar ersetzt werden, wenn der Wert inzwischen nicht mehr vorhanden ist, ist ein Neubau sogar eines redlichen Besitzers für den Eigentümer beinahe eine Art Glücksfall: Für etwaige Verhandlungen über einen Verzicht auf die "Wegnahme" gibt es für ihn kaum eine bessere Basis. Den Besitzer stets entschädigungslos zu stellen, erschien dem BGH allerdings ebenfalls nicht angemessen. Die in einem Ausnahmefall begrundete Alternative eines Ersatzes über § 242 BGB76 eröffnet den Gerichten zwar ein großes "Billigkeitsspektrum", entfernt sich aber unnötigerweise - und daher unzulässigerweise - von der gesetzlich vorgesehenen Konfliktbewältigung über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis.
71 So erstmals BGHZ 10, 171, 177 v. 10. 7. 1953; seitdem ständige Rspr.: BGHZ 41, 157, 160 v. 26. 2. 1964 ("Grindelhochhaus"); BGH v. 8. 1. 1969 WM 1969,295,296. n Wolf AcP 166, 188, 193 ff.; MüKo-BGB/ Medicus § 994 Rn. 10; ders. BR Rn. 877; Schwab/Prütting Rn. 555; Soergel/ Müht§ 994 Rn. 2; Wieling§ 12 V 2 b; Staudinger/Gursky Vor§§ 994-1003 Rn. 8 m. w. N. Jetzt ebenso Palandt/ Bassenge § 994 Rn. 4 (anders noch in der 58. Aufl.). 73 Solche Fälle wurden bei der Schaffung des § 996 BGB gerade als Verwendung angesehen, näher Wolf AcP 166, 188, 195. 74 Überzeugend Staudinger/Gursky Vor §§ 994-1003 Rn. 8; vgl. auch Wolf AcP 166, 188, 194. 75 Gursky a. a. 0. (Fn. 74). Vgl. dort auch zum vermeintlichen Argument aus§ 950 BGB. 76 Im "Grindelhochhaus"-Fall (oben Fn. 71) hater-da die Wegnahme durch die Wohnraumbewirtschaftung ausgeschlossen war - einen solchen Ausgleich zugesprochen, dazu MüKo-BGB I Medicus § 994 Rn. 9 f.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
d) Zusammenfassung
Bereits der vorstehende, keine Vollständigkeit beanspruchende Überblick zu den "gesicherten Forderungen" dürfte die Schwierigkeiten verdeutlicht haben, die sich bei der Frage ergeben, wann das Befriedigungsrecht entsteht. Für jeden Einzelfall ist eine eingehende Einarbeitung erforderlich77 , die je nachdem, welche Literatur man zu Rate zieht, zu anderen Ergebnissen führt. Und selbst eine praktische Ausrichtung am BGH führt oft nicht zu klaren Antworten. Die Ursachen sind nur zum Teil in der besonderen Schwierigkeit des Regelungsproblems ("unberechtigter Besitz und seine Folgen") zu sehen, sondern ebenso in einem nicht wirklich geglückten Normensystem, das zu viele Fragen nicht regelt und in seinen Wertungen Zweifel aufwirft. Als Grundschema der hier bevorzugten Lösung läßt sich zusammenfassen, daß das Befriedigungsrecht den Anspruch eines Besitzers gegenüber einem Eigentümer wegen von ihm typisiert oder real geschaffener Wertsteigerungen (Verwendungen auf die Sache) sichert. Der Ersatz im einzelnen bestimmt sich über die Schutzwürdigkeit des Gläubigers. Dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis kommt so ein gewisser Auffangcharakter zu: Es greift zwar nur ein, wenn der Besitzer bei der Wertsteigerung nicht zum Besitz berechtigt gewesen ist; aber in den erfaßten Fällen ist die Sicherung recht vollständig. Der Verwendungsbegriff ist - um möglichst einheitliche Lösungen für alle Anwendungsfalle zu gewährleisten - weit zu fassen und schließt Maßnahmen zur Besitzsicherung ebenso wie solche ohne Vermögensverlust und auch sachändernde Arbeiten am Objekt mit ein. Es dürfte deutlich geworden sein, daß dies nicht das Konzept der herrschenden Auffassung ist: Zwar läßt sich ohnehin nur bezogen auf Einzelprobleme - kaum aber hinsichtlich eines "Konzeptes" - von einer herrschenden Auffassung sprechen; jedoch befürworten fast alle irgendwelche Beschränkungen oder Erweiterungen, die der hier bevorzugten Lösung zuwiderlaufen. Blickt man speziell auf die Rechtsprechung, kann man sagen, daß der BGH das Befriedigungsrecht als Auffangrecht betrachtet, jedoch für einen anderen, sogar weitergehenden Anwendungsbereich: Die Erweiterung auf (ehemals) berechtigte Besitzer schafft den Ausgleich für die Verweigerung von einzelnen Pfandrechten an Dritteigentum. Dieser Ausdehnung steht als Beschränkung ein engerer Verwendungsbegriff (als hier vertreten) gegenüber. 3. Sicherungsobjekt
Nach diesen recht umfassenden Darlegungen zur gesicherten Forderung kann die Bestimmung des Sicherungsobjektes kürzer ausfallen. Die enge Bindung der Forderung an das Befriedigungsrecht führt dazu, daß über diese bereits die notwendige Eingrenzung des Objektes erfolgt ist. 77
Vgl. nur die Zusammenstellung von Staudinger/Gursky Vor§§ 994-1003 Rn. 53-61.
Vlll. Befriedigungsrecht des Besitzers
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a) Mobilien und Immobilien Zu erwähnen bleibt, daß Sicherungsobjekte der§§ 1000 ff. BGB sowohl bewegliche als auch unbewegliche Sachen sein können. Dies ist eindeutig aus der Bestimmung des§ 1003 Abs. 1 S. 2 BGB ersichtlich und insofern- für die gesetzlichen Verwertungsrechte - eine absolute Ausnahme. Grund dafür ist die Gleichstellung der Eigentümer/Besitzer von unbeweglichen Sachen mit denen beweglicher Sachen. Man eröffnet ihnen das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, dessen integrierter Bestandteil das Verwertungsrecht heute eben ist. Durch die Ausgestaltung dieses Rechtes bringt dies aber keine besonderen Probleme. Der Gläubiger ist für die Verwertung auf eine vorherige gerichtliche Geltendmachung verwiesen und hat insofern nur eine mittelbare Verwertungsbefugnis78 . Auf diese Weise trägt man der besonderen Bedeutung und Werthaltigkeit des Objektes "Immobilie" Rechnung und schützt den Eigentümer vor unberechtigten Eingriffen79. Auch aus der Sicht von Dritten ist die Erfassung von Immobilien - durch die Bindung an den Besitz und eine Beschränkung der Wirkungen des Rechtes - kein Problem. Ein Neuerwerber muß bei Sachen im Besitz Dritter sogar bei Immobilien mit gegen ihn wirkenden Rechten rechnen (schon wegen§ 571 BGB). Realgläubiger werden vom Befriedigungsrecht - das stets nachrangig ist - nicht tangiert, denn im Grunde wird der Berechtigte diesen gegenüber wie ein Drittgläubiger behandelt80.
b) Erfassung von Dritteigentum Das bei anderen gesetzlichen Verwertungsrechten bestehende Problem, ob Sachen von Nichtschuldnern Objekt des Verwertungsrechtes sein können, stellt sich so für das Befriedigungsrecht des Besitzers nicht. Wie schon erwähnt, löst § 999 Abs. 2 BGB den Konflikt im Grunde auf gegenteilige Weise: Mit einem Bigenturnswechsel geht- von Ausnahmen abgesehen (vorherige Genehmigung, vorherige Rückgabe an den Eigentümer, siehe noch sogleich) - auch die Verpflichtung über. Dadurch, daß die Schuld somit der Objektzuordnung folgt, scheidet die Objekthaftung eines Nichtschuldners aus.
Näher Staudinger/Gursky Vor§§ 994-1003 Rn. 70 f., § 1003 Rn. 11 f. Gursky a. a. 0. (Fn. 78) Rn. 11 verweist darauf, daß es in diesem Prozeß nicht mehr um die Frage der ersatzfähigen Verwendungen, sondern nur um die Voraussetzungen des § I 003 Abs. 1 BGB geht. Zumeist wird aber die Feststellungsklage mit der auf Duldung der Vollstreckung kombiniert, siehe Palandt/ Bassenge § 1003 Rn. 4. 80 Selbst wenn deren Recht später entstanden ist, siehe RGZ 71,424,431 v. 2. 10. 1909: Verweis auf§ 10 Nr. 5 ZVG (nach eigenständigem Betreiben der Zwangsvollstreckung). 78
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
c) Besitz
Bei der Forderung wurde näher beschrieben, daß der Besitz des Objektes Voraussetzung des Anspruches und weitergehend auch des Verwertungsrechtes ist (siehe oben ab S. 206). § 1002 Abs. 1 BGB bestimmt, daß binnen eines Monats nach Rückgabe an den Eigentümer der Anspruch erlischt (wenn nicht eine Genehmigung oder gerichtliche Geltendmachung erfolgt). Für das Verwertungsrecht ist damit zu unterscheiden: Bei einer Genehmigung ist die Verwertungsbefugnis - als Ausdruck der Subsidiarität des Rechtes- ohnehin ausgeschlossen(§ 1003 Abs. 2 BGB). Bei einer Rückgabe ohne Genehmigung ist es dagegen anders, da der Eigentümer sich durch erneute Rückgabe an den Besitzer wiederum vom Anspruch befreien kann (§ 1001 Satz 2 BGB) und dieser dann auf das Befriedigungsrecht verwiesen ist. Das Verwertungsrecht kann damit also zur Entstehung gelangen, obwohl der Besitzer zwischenzeitlich den Besitz verloren hatte81 . Das Recht des Besitzers - von dem das hier vorrangig betrachtete Befriedigungsrecht nur ein Teil ist -nimmt daher je nach Verfahrensstand unterschiedliche Ausprägungen an. Es entsteht mit dem Anspruch als Zurückbehaltungsrecht und mutiert nach § I 003 BGB zum Befriedigungsrecht Man könnte annehmen, daß "das Recht" in der Zeit zwischen der Rückgabe an den Eigentümer und dem Erlöschen des Anspruchs nach § 1002 BGB bzw. des Rechtes durch Genehmigung besitzlos fortbesteht. Alternativ könnte aber ebenso eine Neuentstehung des Rechtes nach einer Rückgabe gern. § 1001 S. 2 BGB vorliegen. Ein Publizitätsproblem, also ein Problem für die Rechtssicherheit, kann daraus zumindest dann - gleich welche der vorgenannten Alternativen man annimmt nicht resultieren, wenn man folgender Einschränkung zustimmt: Wurde die Sache vom Besitzer bereits an den Eigentümer zurückgegeben, und erwirbt ein Dritter ohne Kenntnis der Belastung- während der Frist des § 1002 BGB- Eigentum an der Sache, wird man dem Besitzer (trotz § 999 Abs. 2 BGB) gegenüber diesem keinen Verwendungsersatzanspruch gewähren dürfen82 • Dies folgt aus den Grundprinzipien unserer Rechtsordnung: Gibt der Besitzer seinen Besitz auf- und damit die tatsächliche Grundlage seiner Sicherheit -, kann er schutzwürdigen Dritten gegenüber auch fortwirkende, aber nicht ersichtliche Rechte nicht entgegenhalten. 4. Praktische Bedeutung
Während der Anwendungsbereich für die Verwendungsersatzansprüche und auch das Zurückbehaltungsrecht des§ 1000 BGB83 als relativ groß anzusehen ist84 Zum unfreiwilligen Besitzverlust vgl. vorne ab S. 62. RGRK-BGB/ Pikart § 999 Rn. 11. 83 Anwendungsfalle der §§ 994 ff. BGB sind zumeist solche, in denen auf Herausgabe geklagt und das Zuriickbehaltungsrecht als Gegenrecht geltend gernacht wird; siehe BGH v. 24. 11. 1995 a. a. 0. (oben Fn. 66); LG Essen v. 1. 12. 1991 DGVZ, 153 ff.; LG Berlin v. 81
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VIII. Befriedigungsrecht des Besitzers
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(natürlich unterschiedlich, je nachdem, welche Auffassung man zugrunde legt), sind Fälle, in denen es tatsächlich um das Befriedigungsrecht geht, eine Ausnahme85. Dies ist eine Folge der Subsidiarität der Verwertungsbefugnis gegenüber dem persönlichen Anspruch. Es kann Fälle geben, in denen die Verweisung des Besitzers auf die Verwertung wirtschaftlich sinnvoll ist (dann kommt es darüber aber kaum zum Streit). In den meisten Fällen wird die gesetzliche Verwertungsbefugnis aber nur wichtig sein, wenn der Eigentümer gerade nicht zahlen kann. Eine praktische Bedeutung ist weiter in dem Drohpotential zu sehen. Dieses läßt sich natürlich nicht in Rechtsstreiten "messen", wird aber über das Verfahren der §§ 1000 ff. BGB recht deutlich: Die Aufforderung zur Abgabe der Erklärung unter Fristsetzung (§ 1003 Abs. 1 BGB) setzt den Eigentümer in einen vom Gesetz beabsichtigten Zugzwang, um die beschriebene "Pattsituation" zu beenden. Die anschließend drohende Verwertung schafft den nötigen Druck auf den Eigentümer, um eine unverzügliche Klärung des Streites zumindest einzuleiten. 5. Vergleichsfälle
Die Zahl der Fälle, die nicht gesichert sind, obwohl sie vergleichbar wären, hängt vor allem davon ab, wie man den Kreis der erfaßten Forderungen definiert. Nach dem hier vertretenen Konzept kann man letztlich schon von einer Auffangwirkung dieses Befriedigungsrechtes für Fälle sprechen, in denen die anderen besitzgebundenen Verwertungsrechte durch Mängel in der Rechtsbeziehung scheitern. In diesem Sinne ist das vorgestellte System bereits daran ausgerichtet, keine vergleichbare Fälle ungesichert zu lassen. De lege ferenda scheint mir ein Regelungsmodell, das das Verwertungsrecht von der Festlegung auf spezielle Forderungen löst und es statt dessen abstrakt einer Vielzahl in der Wertung vergleichbarer Forderungen zur Verfügung stellt, für Streitfragen und Rechtszweifel weniger anfällig zu sein. Dabei ist das Konzept, dem Eigentümer die persönliche Haftung zu erlassen, wenn er das Objekt zur Verwertung freigibt, für die Fälle durchaus sinnvoll, in denen er die Wertschaffung nicht veranlaßt hat. Wenn man ein solches Verwertungsrechtsmodell von der Diskussion um die Ausgestaltung der Ansprüche trennen würde, wäre es wahrscheinlich - auch bei Befürwortern eines Vorranges der Leistungskondiktion - weniger umstritten. 5. 2. 1990 DGVZ 1990, 71 f. Fälle, in denen der Besitzer als Kläger auftritt, sind seltener, konunen aber vor; Sonderfall bei BGH v. 29. 9. 1995 NJW 1996,52 ff. 84 "Relativ" deswegen, weil im Verhältnis zu den vertraglichen Ansprüchen solche des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses letztlich doch inuner die Ausnahme sind, weil sie eine "gestörte", eben unberechtigte Beziehung voraussetzen. ss Zur Verwertung kam es im "Wrackfall" des BGH v. 14. 12. 1954 NJW 1955, 340 ff.; Verwertungsausspruch entspr. § 1003 BGB in der Vorinstanz zu BGHZ 114, 16, 20 v. 6. 3. 1991.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
IX. Vermieterpfandrecht
Das Pfandrecht zugunsten des Grundstücksvermieters an den "eingebrachten Sachen des Mieters"(§§ 559 ff. BGB) 1 leitet über zu den sogenannten Einbringungspfandrechten, die zu den (nur) raumgebundenen Verwertungsrechten gehören. Das Vermieterpfandrecht ist das erste hier vorgestellte, aber ebenso das bedeutendste dieser Gruppe. Anders als bei den Besitzpfandrechten bedarf es zur Entstehung zwar einer räumlichen Beziehung des Gläubigers zu den als Sicherungsobjekt dienenden Sachen (bei den Einbringungspfandrechten einer Einbringung der Objekte in den Raum), aber keines Besitzerwerbs. Anderenfalls hätte das Pfandrecht für den Vermieter keinen Wert, da ein Vermieter kaum einmal Besitz an den eingebrachten Sachen des Mieters erlangt. Die Einbringungspfandrechte unterscheiden sich durch ihre Besitzlosigkeit nicht nur hinsichtlich der Entstehung von den Besitzpfandrechten, sondern teilweise auch in den Rechtsfolgen, wie sich unter anderem an den §§ 560-563 BGB zeigt. In der Folge wird darauf immer wieder zuriickzukommen sein. 1. Rechtfertigende Erwägungen
Wie im Werkvertragsrecht, so ist auch im Mietvertrag eine Zug-um-Zug-Leistung ausgeschlossen, denn eine der Parteien leistet immer vor. Nach dem gesetzlichen Regelfall ist das - wie in vielen anderen Fällen - der Schuldner der Sachleistung, mit anderen Worten der Vermieter (vgl. § 551 BGB). Zum Ausgleich des bestehenden Sicherungsdefizits besteht zu seinen Gunsten ein gesetzliches Pfandrecht (§ 559 BGB). Es ist nun aber nicht zu verkennen, daß durchaus nicht jeder nach dem gesetzlichen Regelfall Vorleistende ein gesetzliches Verwertungsrecht erlangt2 • Was also rechtfertigt eine Bevorzugung des Vermieters? Bei ihm läßt sich nicht an ein aus dem Besitz von Schuldnervermögen herruhrendes Vertrauen anknüpfen, auf den er als "tatsächliche Sicherungsbasis" bei seiner Leistung baut3 • Man kann zwar feststellen, daß auch die Einbringung werthaltiger Sachen in das Mietobjekt ein gewist Das Mietrecht wurde in 2001 einer Neuordnung durch den Gesetzgeber unterzogen: Das "Gesetz zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreformgesetz)" vom 19. Juni 2001 ändert offensichtlich im Materiellen nichts an den Regelungen zum Vermieterpfandrecht, sondern nimmt nur einige sprachliche Modifikationen und Umstellungen(§ 559 S. 2 BGB wird ein eigener Absatz 2, statt "Mietzins" heißt es nun ,,Miete") sowie eine Neunumerierung (dann §§ 562-562d BGB) vor. Als Besonderheit bleibt zu vermerken, daß die neuen §§ 562 ff. BGB orginär nur für Wohnraummiete gelten, § 578 BGB dann aber für die übrige lmmobiliarmiete auf diese verweist. Davon daß die Änderungen des Mietrechts im übrigen mittelbare Auswirkungen auf das Pfandrecht haben, ist- nach einer ersten Durchsicht der Bestimmungen - nicht auszugehen. 2 Bereits erwähnt wurden der Dienstnehmer, der Beauftragte, der Verwahrer. 3 Siehe so beim Werkunternehmer S. 77.
IX. Vermieterpfandrecht
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sesVertrauen des Vermieters begründen kann4 • Tatsächlich schafft wertvolles Inventar nur den Anschein von Bonität der Person des Mieters, nicht aber in eine Realsicherheit Dies folgt schon daraus, daß der Vermieter - hat er den Raum erst verlassen - weder wissen kann, welche Sachen noch im Raum verbleiben, noch Einfluß darauf hat. Sein "Vertrauen" ist daher ersichtlich kein Ansatz für ein Verwertungsrecht an diesen Sachen. Auch das bei den Besitzpfandrechten aufgezeigte Kriterium der Wertschaffung kann kaum zugunsten des Vermieters angeführt werden. Natürlich könnte man feststellen - und ganz ähnlich lautete die Argumentation beim Lagerhalter -, daß ohne einen schützenden Raum die meisten Sachen des Mieters schnell ihren Wert verlieren würden. Insofern nützt die Raumüberlassung auch der Erhaltung der eingebrachten Sachen. Daß dies trotzdem als Begründungsbasis des Verwertungsrechtes nicht trägt, liegt daran, daß die Sacherhaltung allenfalls ein Motiv des Mieters, nicht aber die vom Vermieter geschuldete und erbrachte Leistung ist: Das Entgelt fällt vollständig unabhängig davon an, und das Pfandrecht urnfaßt auch die Sachen, denen der überlassene Raum keinen Nutzen bringt, so, wenn er keinen Schutz vermittelt (Bsp.: unbebautes Grundstück) oder die Sache eines Schutzes nicht bedarf (Bsp.: wetterfeste Pflanze). Zuletzt ist das Pfandrecht auch nicht durch eine der Kompensation verwandte Erwägung zu rechtfertigen 5 • Im Gegenteil kann das Vermieterpfandrecht gerade lebenswichtige Sachen des Schuldners umfassen, so daß der Gesetzgeber über § 559 S. 3 BGB eine Schranke konstituieren mußte. Trotzdem ist das Verwertungsrecht des Vermieters nicht nur eines der ältesten gesetzlichen Pfandrechte, es ist sogar beinahe das einzige gesetzliche Verwertungsrecht, das entwicklungsgeschichtlich immer vorhanden war. Es wurde offensichtlich stets für notwendig erachtet. Ursprünge des Vermieterpfandrechtes sind bis ins römische Recht zur Zeit der jüngeren Republik zurückzuverfolgen6 . Seit dieser Zeit war dem römischen Recht die Idee eines besitzlosen Pfandes, wenn auch zunächst nur kraft Abrede, geläufig (sog. "hypotheka")7 . Nach Jahren des allgemein praktizierten Vertragspfandes erwies sich die Verpfändung der in die Mietsache eingebrachten Fahrnis dann als so selbstverständlich, daß eine regelmäßige Verpfändung als stillschweigend verein4 Sehr anschaulich dazu der Fall des OLG Braunschweig v. 2. 6. 1916 OLGE 36, 58 ff.: Ein Vater wollte einen potentiellen Vermieter davon überzeugen, seinem Sohn eine Wohnung zu vermieten. Er wies den noch zögernden Vermieter, der eine Mithaftung des Vaters wünschte, auf das mitgebrachte Umzugsgut und fragte: "Genügt ihnen das?" Der Vermieter schloß darauf den Vertrag mit dem Sohn als alleinigen Schuldner ab. Vgl. auch Fn. 99. s Näher zu diesem Aspekt schon aufS. 124 ff., 179 ff. 6 Kaser Bd. I§ 110 II lb. 7 Das altrömische Recht kannte noch kein Pfandrecht, sondern nur die fiduziarische Übertragung des Eigentums, vgl. Siber S. 1. Zur Entwicklung zum Pfandrecht vgl. Kaser a. a. 0 . §§ 38, 108-lll.
15 Bechtloff
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme - B. Entstehung der Verwertungsrechte
hart galt8 (quasi im Sinne einer widerlegliehen Vermutung). Wie sehr häufig in der Geschichte war schon in Rom der Vermieter in einer gegenüber dem interessierten Mieter starken Verhandlungsposition, so daß man durchaus einen typisierten Verpfandungswillen unterstellen konnte9 . Auf diese rechtsgeschäftliche Erstform des Vermieterpfandrechtes wird heute noch teilweise insoweit verallgemeinernd für alle gesetzlichen Pfandrechte verwiesen (meines Erachtens unzutreffend 10) . Wann der eigentliche Übergang zum gesetzlichen Pfandrecht (verstanden als Pfandrecht ohne Bestellungsakt) erstmalig für das Vermieterpfand zu beobachten war, ist nicht endgültig geklärt11 , mit der heutigen Selbstverständlichkeit ist es aber erst seit dem BGB festzustellen 12. Im historischen deutschen Recht gab es keine gesetzlichen Pfandrechte 13, gleichwohl aber für den Vermieter teilweise - wenn auch nicht so umfassende gesetzliche Sicherungen. Einzelnen Gläubigern ohne Besitz, die demzufolge kein Zurückbehaltungsrecht geltend machen konnten, stand das Institut der außerprozessualen Pfandung zur Verfügung, bei dem der Gläubiger eine Art Selbsthilfe(Zugriffs)recht hatte 14. Anders als bei gesetzlichen Pfandrechten entstand dabei allerdings erst mit dem Zugriff eine Berechtigung an der Sache. Für den Vermieter läßt sich ein solches Recht z. B. im Hamburger Stadtrecht von 1270 nachweisen 15: Hatte der Mieter heimlich die Stadt verlassen, stand dem Vermieter ein Zugriffsrecht auf die verbleibenden Sachen für seine Miete vor allen anderen Gläubigern zu. Die Hintergründe dieses deutschrechtlichen Pfandungsrechtes sind schwerer zu verstehen als für das Sicherungsrecht in Rom, bei dem die Entstehung rechtsgeschäftliche Ursprünge hat (und gewissermaßen aus der Verhandlungsmacht des Vermieters resultierte). Es ist zu vermuten, daß schon die Nähe, die daraus resultiert, daß sich die Sachen im Raum des Vermieters befanden, Anlaß genug war, ihm zumindest dann ein Sonderrecht zu verschaffen, wenn der Mieter selbst als Sachbesitzer "aus dem Spiel" war.
s Honsell/Mayer-Maly/Selb § 82 I. Siehe auch Dig. 20.2.2. Darauf verweist schon Siber S. 6 und zieht die Parallele zu seiner Zeit (1900).
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Vgl. schon beim Werkunternehmerpfandrecht S. 78. Für Pfandrechte ohne Willensakt (abzugrenzen von solchen mit fingiertem Willen) gibt es in der Spätklassik Beispiele in Form heute verschwundener Pfandrechte: zugunsten des Mündels an den vom Vormund im eigenen Namen mit Mündelgeld gekauften Sachen, zugunsten des Fiskus u. a.; vgl. Honsell/Mayer-Maly/Selb § 82 II; Kaser a. a. 0. § 110 II 2 mit Quellennachweisen. 12 Die 1. Kommission meinte noch betonen zu müssen, daß es sich um ein gesetzliches Pfandrecht handelt (vgl. Jakobs/ Schubert §§ 433-651 S. 514), eben weil es zuvor nicht eindeutig war. 13 Engelschall S. 4. 14 Siehe Engelschall S. 6 f.: Ähnlich auch für heute nicht mehr gesicherte Gläubiger, wie z. B. Hirten. 15 1. Abschnitt § 9; vgl. Engelschall S. 7 (mit Textauszug); Gierke II § 170 Fn. 31. IO
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IX. Vermieterpfandrecht
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Das eigentliche Vennieterpfandrecht hielt mit der Rezeption des römischen Rechts in Deutschland Einzug 16, wahrscheinlich gefördert durch die Existenz dieses Selbsthilferechtes. Auch als man mit der der Rezeption folgenden Gegenbewegung gerade die römisch-rechtlichen Pfandrechtsprinzipien wegen der durch die vielen besitzlosen Pfandrechte auftretenden Kreditgefährdung wieder zu beseitigen begann 17, blieb das Vennieterpfandrecht in fast allen Partikularrechten erhalten 18• Bei den Beratungen zum BGB bestand auf Reichsebene zugunsten des Vennieters weiter ein Absonderungsrecht in§ 41 (Nr. 4) KO 1877 19, auf das man sich (wie bei vielen anderen gesetzlichen Verwertungsrechten) auch hier stützte. Trotz einer insoweit gefestigten Rechtssituation gehörte das Vennieterpfandrecht zu einem der umstrittensten Komplexe bei den Verhandlungen zum BGB20• Die Ursache dafür lag in der politischen Bedeutung des Mietrechtes. Einerseits sind deswegen heute die Beweggriinde besser nachzuvollziehen als bei anderen gesetzlichen Pfandrechten, da durch das Für und Wider in der Entstehungsdiskussion und in der vor- und nachbereitenden Wissenschaft ein umfangreiches Material entstand. Andererseits sind die Erwägungen durch ihre politisch-situationsbezogene Herkunft weniger systematisch als bei anderen Rechten. In den Debatten des Reichstags stand im Vordergrund, ob und wie weit ein Pfandrecht zum Interessenausgleich zwischen Mieter und Vennieter erforderlich und wirtschaftlich sinnvoll ist. Die Gegner forderten die Abschaffung dieses "gehässigen, häßlichen Vennieter-Privilegiums", da es viel zu weitgehend sei. Dem Vennieter würde die Berechtigung gegeben, dem säumigen Mieter "alles zu nehmen, was er hat"21 , denn die Wohnung war damals noch mehr als heute der Ort, wo die gesamte Habe gerade der ärmeren Bevölkerungsschichten aufbewahrt wurde. Das Pfandrecht habe - so die Argumentation - häufig nur Schädigungswert, da die Mietersachen in der Verwertung nur einen Minimalerlös bringen würden. Die Befürworter des § 559 BGB wiesen darauf hin, daß ohne Sicherungsrecht eine Vorleistung des Vennieters kaum akzeptabel sei, da viele Mieter unzuverlässige Schuldner seien. Über den heutigen Umfang hinaus hielten sie eine Begrenzung auf pfandbare Sachen (im Sinne der V gl. Coing I § 64 II; Engelschall S. 37 f.; Siber S. 7. Allgemein: Staudinger/Wiegand § 1204 Rn. 5 f.; Siber S. 2 ff. Für die gesetzl. Pfandrechte: Engelschall S. 71. 18 Auch in solchen, die ansonsten streng das Faustpfandprinzip vertraten, siehe ALR I 21 § 395 (§ 33 Nr. 4 preuß. KO); öABGB § 1101; ausführlich Cretschmar, AcP 68 (1885), S. 443 ff.; siehe auch die Auflistung bei den Beratungen zu§ 41 KO 1877; Hahn IV S. 201. Teilweise gab es Beschränkungen der Sicherheit: z. B. Ce. Art. 2102 Nr. 1; vgl. dazu S. 395 f. Zum gemeinen Recht: Windscheid § 231, 1; Demburg S. 294 ff. Über die Rechtsprechung dazu ausführlich Repgen S. 234, 243 ff. 19 Vorläufer§ 33 Nr. 4 Preuß. KO von 1855. 20 Zur tatsächlichen und rechtlichen Situation des Vermieterpfandrechtes in der Zeit vor und nach lnkrafttreten des BGB eingehend Repgen S. 234 ff. (auch zu diversen Einzelfragen). 21 Anschaulich dazu die Rede von Frohme in der 2. Lesung Reichstag, vgl. Mugdan II S. 1319 f.; für die Gegenauffassung Vielhaben; vgl. Jakobs/ Schubert §§ 433-651 S. 537 f. 16
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
ZPO) im Grunde für inakzeptabel, da dies zumeist ein Leerlaufen des Pfandrechtes bedeuten würde. Der heute geltende Kompromiß, einen nur eingeschränkten Kreis von Forderungen und von Sicherungsobjekten durch das Pfandrecht erfaßt zu erklären, erschien der Reichstagsmehrheit dann auch im Mieterinteresse am überzeugendsten22. Man ging davon aus, daß ohne eine Sicherung die Vermieter eine Reihe von Maßnahmen wirtschaftlich durchsetzen könnten, die bei Bestehen des gesetzlichen Pfandrechts unterbleiben würden: So erwartete man, daß mit dem Pfandrecht der Vermieter zur Vorleistung bereit wäre und im Falle von Zahlungsschwierigkeiten des Mieters, im Vertrauen auf die Sicherheit, eher Stundungen gewähren und nicht sogleich eine Kündigung aussprechen würde. Zuletzt befürchtete man, daß ein durch eine Abschaffung des Pfandrechtes steigendes Vermieterrisiko über den Mietpreis ausgeglichen und so auch die zuverlässigen Mieter treffen würde. Diese Argumentation vor dem Reichstag führt - will man sie nicht für politische Schönfärberei halten - eine neue Zweckorientierung für gesetzliche Pfandrechte ins Blickfeld: Da von einem wirtschaftlichen Übergewicht des Pfandgläubigers ausgegangen wurde, hielt man aus Schuldnerschutzgründen (!)diese Gläubigerbevorrechtigung für sinnvoll. Im Rahmen der praktischen Bedeutung wird darauf zurück zu kommen sein, inwieweit das Ziel erreicht wurde, den Gläubiger von der Ausschöpfung seiner Machtposition abzuhalten, indem man ihm schon von Gesetzes wegen eine verbesserte Rechtsstellung einräumt. 2. Gesicherte Forderungen
§ 559 BGB besichert nur Forderungen, sofern - und dies bringt die erste umfangreiche Einschränkung- das Mietobjekt ein Grundstück (oder der Raum eines Gebäudes, § 580 BGB) ist. Ungesichert bleiben damit die Vermieter von beweglichen Sachen.
a) Mietverhältnis
Handelt es sich um einen Mietvertrag über eine Immobilie, sichert das Pfandrecht die ,,Forderungen aus dem Mietverhältnis". Das begriffliche Anknüpfen an ein Mietverhältnis führt zu Schwierigkeiten bei der Bestimmung, welche Forderungen dazu zählen. Eindeutig ist zwar, daß davon die regelmäßig auftretenden vertraglichen Ansprüche umfaßt sind (falliger Mietzins, laufende Neben- I Betriebskosten)23. Probleme gibt es aber bei den Grenzfallen, speziell wiederum bei 22 So der Abgeordnete Gröber als vorletzter Redner vor der Beschlußfassung (2. Lesung); Mugdan II S. 1321. 23 Allgemeine Meinung: Palandt/Putzo § 559 Rn. 12; Staudinger/V. Emmerich § 559 Rn. 59; MüKo-BGB I Voelskow § 559 Rn. 7.
IX. Vermieterpfandrecht
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den Fragen, ob erstens ein wirksamer Mietvertrag vorauszusetzen ist, und zweitens, ob alle vertraglichen Forderungen von § 559 BGB umfaßt sind. Eine so klare Aussage, wie sie noch die Motive getroffen hat ("alle Forderungen aus dem Mietvertrag")24, ist heute kaum zu finden; sich mehr oder weniger deckende Einzelaufzählungen der Ansprüche füllen die Kommentare. aa) Wirksamer Mietvertrag Ob das Vermieterpfandrecht einen wirksamen Mietvertrag voraussetzt, wird zumeist nicht problematisiert. Wenn es dazu Stellungnahmen gibt, wird dies aber durchweg befürwortet25 , von weiteren Autoren inzident vorausgesetzt26. Während der Wortlaut auch genau gegenteilig (im Sinne von "tatsächlichem" Verhältnis) ausgelegt werden könnte27 , läßt sich ganz im Sinne der vorgenannten Auffassung in der Lehre die Entstehungsgeschichte heranziehen. Würde man heute (entspr. der Rechtslage in Rom) das Vermieterpfandrecht als "stillschweigend bei jedem Mietvertrag vereinbart" ansehen, müßte man in der Regel davon ausgehen, daß ohne Mietvertrag der konkludent geschlossene rechtsgeschäftliche Verpfändungsvertrag unwirksam wäre. Dies ist damit zu begründen, daß die Verpfandung im selben Vertrag erfolgt, so daß man im Gegensatz zu gesonderten Pfandverträgen28 nicht zur Besicherung der Bereicherungsforderung käme. Bei einigen Unwirksamkeitsgründen ist dies als Folge der Fehleridentität selbstverständlich (Geschäftsfähigkeits- oder Vertretungsmängel), aber auch bei den anderen (Dissens, Anfechtung, Sittenwidrigkeit o.ä.) würde sich die Unwirksamkeit der Verpfaudung regelmäßig durch § 139 BGB ergeben. Diesem Argument aus den rechtsgeschäftliehen Vorläufern des § 559 BGB kann man nicht entgegnen, daß die BGB-Vater gerade kein vertragliches, sondern ein gesetzliches Pfandrecht wollten. Weniger aus den Gesetzesmaterialien selbst als aus dem zeitgeschichtlichen Umfeld läßt sich ersehen, daß man beim PfandrechtsMugdan II S. 226. Eckert ZIP 1984, 663, 666; Jauemig/Teichmann § 559 Rn. 4; Soergei/Heintzmann § 559 Rn. 4; H. Emmerich S. 100; Siber S. 33. 26 So begründet MüKo-BGB I Voelskow § 559 Rn. 13 die Tatsache, daß kein Pfandrecht an den Sachen des Untermieters existiert, damit, daß zu diesem keine Vertragsbeziehung besteht. 27 Solche Formulierungsunterschiede bewegten Schlegelberger/ Sehröder § 410 Rn 3b und § 440 Rn. 6, 7 zur entsprechenden Differenzierung zwischen Spediteur- und Frachtführerpfandrecht (vgl. schon S. 161 ff.). 28 MüKo-BGB/Damrau § 1204 Rn. 21; Westermann § 128 III 1; Staudinger/Wiegand § 1204 Rn. 20 f. Daß man im Rahmen der Bürgschaft anderer Auffassung sein kann, liegt daran, daß durch die Trennung der Person des Schuldners von der Person des Sichemden mehr Raum für eine abweichende Auslegung des die Sicherung begründenden Vertrages geschaffen wird; zutr. BGH v. 12. 2. 1987 NJW 1987, 2076, 2077; P. Bydlinski WM 1992, 1301, 1307 m. w. N. 24
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
erwerb die Anwendung der rechtsgeschäftliehen Entstehungsnormen vermeiden wollte (den gutgläubigen Erwerb, das Erfordernis der Zustimmung des Ehegatten des Mieters, die Pfandbelastung von Sachen der Ehefrau des Mieterskraft güterrechtlicher Verfügungsmacht, die Pfandbehaftung vorübergehend eingebrachter Sachen)29. Überlegungen zum Pfandrecht ohne Mietvertrag waren dabei offensichtlich nicht ursächlich. Man kann daher vermuten - und dafür spricht ebenso die Gleichbehandlung mit den meisten anderen gesetzlichen Pfandrechten -, daß der Gesetzgeber nur eine "unscharfe" Formulierung für ,,Mietvertrag" gewählt hat und insofern alle Ansprüche aus dem Vertrag urnfaßt sind, wie schon in den Motiven formuliert wurde30. Nun ist nicht zu übersehen, daß der Wortlaut des Vorläufers zum § 559 BGB bis einschließlich zur vorläufigen Zusammenstellung der Beschlüsse der zweiten Kommission durch Planck (d. h. auch bei Verfassung der Motive) noch "aus dem Miethvertrage" lautete. Erst in der endgültigen Beschlußzusammenstellung wird ohne spezielle Begründung in einer Neuformulierung aus dem Mietvertrag das Mietverhälmis 31 • Trotzdem kann aus dieser Wortlautänderung nicht gefolgert werden, daß man sich damit für die Sicherung auch vertragsloser Forderungen entschieden hat. Vielmehr ist diese Änderung mit einer im Mietrecht an diversen Stellen vorgenommenen Wortwahl zu erklären. Man nahm so eine rein redaktionelle Anpassung des Wortlautes der Pfandrechtsbestimmung an die übrigen Bestimmungen zum Mietvertrag vor. Der Begriff Mietverhältnis erweist sich bei näherer Betrachtung als Kernbegriff, mit dem in den§§ 535 ff. BGB das durch den Mietvertrag begründete, zwischen Mieter und Vermieter bestehende (Dauer-)Schuldverhältnis beschrieben wird32. Dies zeigt sich an§ 556 BGB, der bei Ende des "Verhältnisses" eine Rückgabepflicht des Mieters vorsieht, und an § 557 BGB, der die Rechtsfolgen einer versäumten Rückgabe trotz ,,Ende des Mietverhältnisses" konstituiert33. Das sind Formulierungen, die nur dann zu verstehen sind, wenn man das Verhältnis nicht als bloß tatsächliches, sondern als Vertragsverhältnis versteht. Zurecht wird daher in der Literatur für das inmitten der Regelungen zum Mietvertrag stehende Pfandrecht ein wirksamer Mietvertrag gefordert. Gewissermaßen als Wermutstropfen ist der Vermieter bei Unwirksamkeit des Vertrages gänzlich ungesichert, sofern er nicht für weitere Sicherungsmittel gesorgt hat (z. B. eine 29 Z. B. Siber S. 6 f. Die Materialien beschränken sich auf die Feststellung, daß man sich daraus ergebende "unhaltbare Konsequenzen" abwenden will; vgl. Jakobs I Schubert §§ 433651 S. 514; Mugdan II S. 224. 30 Vgl. bei Fn. 24. 31 Jakobs/Schubert §§ 433-651 S. 535. 32 Palandt/ Putzo Einf v § 535 Rn. 1. Ganz ähnlich die Wortwahl bei anderen Dauerschuldverhältnissen, 33 Ebenso §§ 537 Abs. 3, 541b Abs. 4, 543, 550b Abs. 1 ("Vereinbarungen zum Mietverhältnis" entspricht Vertragsvereinbarungen), §§ 553, 554, 554a, 556a-c, 564a ff. (gemeint ist Vertragskündigung); § 558 Abs. 2 differenziert zwischen Beendigung des tatsächlichen Verhältnisses (Rückgabe) und des Mietverhältnisses (Vertragsbeendigung).
IX. Vermieterpfandrecht
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Mietkaution). Ihm steht mangels Besitzes auch kein Zurückbehaltungsrecht zur Verfügung. Die gesetzgebensehe Alternative, um die Sicherung eines vertragslosen Verhältnisses zu erreichen, wäre, ein Pfandrecht bei Raumüberlassung ins Bereicherungsrecht zu verlagern. Dies scheint aber kaum politisch gewollt zu sein. bb) Die Forderungen im einzelnen Während über die Frage, ob das Pfandrecht einen wirksamen Vertrag voraussetzt, für § 559 BGB nicht gestritten wird, besteht bei der Frage, welche vertraglichen Forderungen gesichert sind, ersichtlich Uneinigkeit. Die herrschende Meinung versteht die Formulierung (,,Forderungen aus dem Mietverhältnis") als eine Begrenzung, so daß durchaus nicht alle Forderungen aus dem Vertrag gesichert sind: Allein soweit die Forderungen sich aus dem Wesen des Mietverhältnisses als "entgeltlicher Gebrauchsüberlassung" ergeben, seien sie gesichert; nicht dagegen, wenn sie zwar mit dem Mietvertrag verbunden, tatsächlich aber ,,in einem nur wirtschaftlichen Zusammenhang mit diesem stehen"34• Zur Erklärung dieser Beschränkung muß man sich vor Augen führen, daß die Frage, welche Forderungen aus einem Vertrag entstehen, der jeweiligen Parteiabrede unterworfen ist. Diese kaum überraschende und für alle Verträge geltende Erkenntnis ist für das Vermieterpfandrecht von besonderer Bedeutung, weil Mietverträge - als auch wirtschaftlich meist wichtige Dauerverträge - durch umfassende schriftliche Vereinbarungen teilweise sehr individuell gestaltet werden. Es kommt so häufiger als bei pfandrechtlich gesicherten Werk-, Fracht- oder Speditionsverträgen dazu, daß aus dem Vertrag Ansprüche entstehen, die mit der Raumüberlassung nur mittelbar oder rein wirtschaftlich zusammen hängen. Mitunter wird die gesamte wirtschaftliche Beziehung der Parteien in einem einheitlichen, stark von der Miete geprägten Vertrag geregelt. Daß dies nicht die Konsequenz haben kann, zu Lasten des Mieters und seiner anderen Gläubiger eine umfassende gesetzliche Sicherung zu konstituieren, wird kaum Gegenreden provozieren. Das von der herrschenden Meinung vertretene Anknüpfen an das Wesen der Miete als "entgeltliche Gebrauchsüberlassung" führt zwar zu Abgrenzungsproblemen; diese sind mangels einer besseren Alternative aber nicht zu vermeiden. Gesichert sind - auf dieser Basis unumstritten 35 - das Entgelt für die Überlassung, die vom Mieter zu ersetzenden Aufwendungen des Vermieters (Betriebskosten), aber auch sich aus der vertraglichen Raumnutzung ergebende Sekundäransprüche wie Schadenersatz wegen Verschlechterung oder verspäteter Rückgabe (§ 557 BGB, vgl. § 559 S. 2 BGB). 34 BGHZ 60, 22 ff. v. 6. 12. 1972; Eckert ZIP 1984, 663, 665; Staudinger IV. Emmerich § 559 Rn. 56- 58; Palandt/ Putzo § 559 Rn. 12. 35 Vgl. die Aufzählungen z. B. bei MüKo-BGB/ Voelskow § 559 Rn. 7; Bub/Treierl v.Martius III A Rn. 862 m. w. N. Ebenso schon vor dem BGB zum gemeinen Recht Demburg s. 299.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Als Gegenbeispiele für nicht durch § 559 BGB gesicherte Forderungen, die also nur im "wirtschaftlichen Zusammenhang mit in den Vertrag aufgenommen" sind, werden die vom Mieter einer Gaststätte übernommene Bierbezugsverpflichtung36 oder der Rückzahlungsanspruch für ein vom Vermieter dem Mieter zum Umbau des Mietobjekts gewährtes Darlehen37 genannt. Nun ist wohl festzustellen, daß die Verpflichtung zum Bierbezug des Mieters ebenso wie die Instandsetzungsverpflichtung für sich38 durchaus Äquivalent für einen sonst höheren Mietpreis sein können. Wenn eine Brauerei einem Wirt Räume für den Betrieb einer Kneipe bewußt unter dem ortsüblichen Mietzins überläßt, damit dieser sich gleichzeitig verpflichtet, sein Bier ausschließlich beim Vermieter zu beziehen, enthält der Bierverkaufspreis Entgeltanteile für die Raumüberlassung. In den meisten Fällen erschöpft sich dies allerdings darin, daß der Wirt sich zur ausschließlichen Bindung an den Vermieter (Bierlieferanten) bereit erklärt hat. Die einzelnen Forderungen aus der Bierlieferung sind nur dann als Mietzins anzusehen, wenn der Bierpreis höher ist als für andere, nicht-mietende Kunden, und dann nur hinsichtlich des Mehrbetrags durch § 559 BGB gesichert. Für den Regelfall, daß sich das Mietzins-Äquivalent in der Verpflichtung zum Alleinbezug erschöpft, ist der herrschenden Meinung zuzustimmen, daß die Bierbezugsverpflichtung nicht vom Vermieterpfandrecht erfaßt wird. Gleiches gilt für das Instandsetzungsdarlehen. Gesichert wäre zwar die wirtschaftlich vergleichbare Forderung des Vermieters, wenn er die Instandsetzung selbst durchführt und sich dies über Jahre im Rahmen von Miete oder Nebenkosten erstatten läßt. Gewährt er dem Mieter ein Darlehen zur Durchführung von dessen (sei es auch im Mietvertrag übernommenen) Instandsetzungsverpflichtung, löst er sich jedoch aus seiner vermietertypischen Stellung. Dies zeigt sich auch an der damit eintretenden Risikovermehrung, da er keine Sicherheit hat, daß die Mittel überhaupt dem Mietobjekt zugute kommen. Anders als für die bisher erwähnten Forderungen wird die Frage, ob Ansprüche auf Zahlung einer Mietkaution (§ 550 b BGB)39 oder einer Vertragsstrafe40 gesichert sind, nicht einheitlich beantwortet. Das von Eckert41 angeführte Argument, 36 Staudinger/V. Emmerich § 559 Rn. 5; Erman/Jendrek § 559 Rn. 14; Bub/Treier/ v.Martius lU A Rn. 862 m. w. N. Zumeist wird in Anlehnung an RG v. l. 11. 1904 JW 1905, 19 auf ein Pachtbeispiel Bezug genommen, ohne daß es hierfür einen Unterschied macht, ob die Gaststätte gepachtet oder Räume dafür gernietet werden (zum § 592 BGB noch ab S. 256). 37 So der BGH am 6. 12. 1972 (Fn. 34); zustimmend die ganz h.M., vgl. Eckert ZIP 1984, 663, 665 m. w. N. 38 Ebenso der BGH a. a. 0. (Fn. 34). 39 Nicht gesichert lt. Eckert ZIP 1984, 663, 665; Bub/Treier/v.Martius lU A Rn. 862; (für § 41 KO 1855/Pacht) ebensoRG v. 25. 5. 1888 JW 1888, 289; a.A. wohl LG Regensburg v. 5. 8. 1991 NJW-RR 1992,717, 718; MüKo-BGB/Voelskow § 592 Rn. 4; Staudinger/V. Emmerich § 559 Rn. 60. 40 Nicht gesichert lt. Eckert ZIP 1984, 663, 665; Bub/Treier/v.Martius 111 A Rn. 862; a.A. Stemel III Rn. 262; Palandt/ Putzo § 559 Rn. 12; Jauemig / Teichmann § 559 Rn. 4.
IX. Vermieterpfandrecht
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diese Ansprüche entspringen nicht der entgeltlichen Gebrauchsüberlassung, sondern dienen nur der Sicherung der (vorhandenen) Erfüllungsansprüche, überzeugt nicht. Man kann ihm entgegenhalten, es entspreche dem Wesenjedes entgeltlichen Vertrages, daß man das Entgelt sichert. Außerdem werden allgemein schadensunabhängige Verzugszinsen (§ 288 BGB) als gesichert angesehen42; warum also nicht die Vertragsstrafe, wenn diese ansonsten zulässig ist (§ 550a BGB) und über §§ 1257, 1210 BGB zum Kreis der gesicherten Forderungen gehört? Für die angeblich nicht gesicherte Mietkaution gilt darüber hinaus, daß der Vermieter gesichert wäre, wenn er sich vierteljährlich im voraus die Miete zahlen läßt. Wieso dann aber nicht, wenn er bis zu drei Monatsmieten Kaution verlangen kann(§ 550b BGB)? Es erscheint damit allein schlüssig, auch mietbezogene Vertragsstrafen und den Kautionsanspruch als umfaßt anzusehen. Überraschen muß dagegen, daß Nebenforderungen für Verpflegung des Mieters und Reinigung der Räume teilweise als durch § 559 BGB umfaßt angesehen werden, sofern sie nur in einem einheitlichen Mietzins abgegolten werden43 . Wieso ein Verpflegungsentgelt zum "Wesen einer entgeltlichen Gebrauchsüberlassung" gehören soll, ist ebenso unklar wie die Frage, wie man diese Form der Mietverträge sinnvoll von dem "gemischten" Heberbergungsvertrag und damit von § 704 BGB abgrenzen wi1144 • Diese Ansprüche sind nach meiner Meinung daher nicht durch § 559 BGB gesichert. b) Zeitliche Beschränkungen
aa) Altforderungen Die Miete führt als Dauerschuldverhältnis zu einem ständigen Auflaufen von Forderungen, die, wenn sie nicht regelmäßig getilgt werden, schnell zu umfangreichen Forderungshöhen anwachsen können. Schon bei vermietetem Wohnraum entstehen so in Jahresfrist fünfstellige, bei der gewerblichen Miete leicht auch sechsund sogar siebeosteHige DM-Beträge45 . Der Vermieter weiß, daß im Falle des AusA.a. 0. (Fn. 40). Staudinger IV. Emmerich § 559 Rn. 59; für Sicherung von .,Verzugsschäden" auch Ekkert a. a. 0. S. 665. 43 BGHZ 60, 22, 25 (Fn. 34); Palandt/Putzo § 559 Rn. 12; MüKo-BGB I Voelskow § 559 Rn. 7; Staudinger IV. Emmerich § 559 Rn. 62: Anders nur, wenn diese "eigenständig neben die Raumüberlassung treten"(?). 44 Weiter bei XI. Gastwirtpfandrecht (S. 227 ff.). Dort zum Abgrenzungskriterium .,Gewerblichkeit" insb. S. 279. 45 25,5-37,2% der Gesamtaufwendungen und 17,4-30,9% des verfügbaren Einkommens (mit steigender Tendenz) kostete 1995 den Privathaushalt (je nach Haushaltstyp) die Warmmiete (vgl. Statist. Jahrbuch 1996 S. 546 f.), in klein- und mittelständischen Dienstleistungsunternehmen sind die Mietaufwendungen nach den Personalkosten zumeist ein Hauptanteil der Ausgaben. 41
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
bleibens der laufenden Zahlungen Mieter häufig nicht mehr in der Lage sind, die aufgelaufenen Rückstände abzutragen. Würde man daher mit dem § 559 BGB alle Altforderungen sichern, sanktionierte man qua Gesetz auf Kosten der anderen Gläubiger einen hinsichtlich der Reitreibung sorglosen Vermieter46. Durch § 563 BGB und § 50 InsO wird das Pfandrecht daher hinsichtlich der Mietzinsforderungen begrenzt und unterscheidet sich von den bisher behandelten, für alle gesicherten Forderungen zeitlich unbegrenzt geltenden gesetzlichen Verwertungsrechten. Das Gesetz stellt die beiden Normen zwar als Ausnahmeregelungen dar, sie regeln aber praktisch sehr wichtige Fälle. In der Krise des Mieters (bei Pfandungen Dritter und im Konkurs, nicht aber beim rein zweipersonalen Streit) verliert das Pfandrecht seine Wirkung, soweit die Forderungen älter als ein Jahr sind. Der Vermieter erscheint insofern nicht mehr schutzwürdig47. Dem mit§ 559 BGB verfolgten Nebenzweck des Gesetzgebers, den Vermieter von einer schnellen Kündigung abzuhalten, läuft diese Regelung natürlich zuwider48 .
bb) Zukünftige Mietzinsforderungen Für bestimmte erst in der Zukunft durchsetzbare Forderungen, namentlich Mietzinsforderungen49 ab dem übernächsten Mietjahr50 und alle Entschädigungsforderungen, kann das Vermieterpfandrecht gern. § 559 S. 2 BGB ebenso "nicht geltend gemacht" werden. Diese Bestimmung schafft gewisse begriffliche und praktische Unklarheiten. o:) Erweiterung oder Beschränkung? Röske hat aus der Norm gefolgert, daß das Vermieterpfandrecht gegenüber den meisten anderen gesetzlichen Pfandrechten (abgesehen von §§ 592, 704 BGB) erweitert sei51 • Wahrend die anderen nämlich eine "bereits entstandene" Forderung voraussetzen würden, genüge ft.ir die Entstehung des Vermieterpfandrechtes eine "zukünftige Forderung". Die These ist vor allem deswegen interessant, weil sie eine grundsätzliche Aussage über gesetzliche Pfandrechte trifft. Sie gibt aber - und nicht nur, weil Röske sie nicht begründet Anlaß zu Zweifeln.
Zum einen setzt Röskes Behauptung voraus, daß die Mietzinsforderungen für die noch nicht begonnenen Monate nicht entstanden sind. Man könnte dementgegen alle Mietzinsforderungen mit Abschluß eines Mietvertrages als entstanden an46 47
Durch§ 223 BGB (neu: § 216 BGB) sogar hinsichtlich verjährter Ansprüche, vgl. S. 60.
Ecken ZIP 1984, 663, 666.
Zum Gesetzeszweck vgl. S. 228, zu den praktischen Auswirkungen noch S. 253. Gleiches gilt aber wohl für Abschlagszahlungen der Nebenkosten, siehe Stemel III Rn. 262. 50 Das Mietjahr beginnt mit dem Mietverhältnis, Staudinger IV. Emmerich § 559 Rn. 73. 51 Röske S. 19. Entsprechend sieht er die Rechtslage nur beim Verpächter- und- ohne Begründung - beim Gastwirtpfandrecht 48
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IX. Vermieterpfandrecht
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sehen und sie nur für "betagt" halten52. Immerhin sind sie mit dem Vertragsschluß in ihrem Rechtsgrund gesetzt ("begründet") und der Vermieter muß im gewöhnlichen, ungekündigten Mietverhältnis nur den Zeitablauf abwarten53 • Die herrschende Auffassung geht allerdings - insoweit im Sinne Röskes - davon aus, daß für spätere Zeitabschnitte anfallende Mietzinsforderungen regelmäßig "befristet" sind, d. h. daß diese tatsächlich erst mit Erreichung des jeweiligen Zeitabschnittes entstehen54. Da die Gründe dafür nicht aus den Regeln zum Vermieterpfandrecht (denn nach § 559 S. 2 BGB ist die Konstruktion gleichgültig), sondern mit Blick auf insolvenzrechtliche Fragestellungen55 und auf§ 813 Abs. 2 BGB56 hergeleitet werden, ist diese Frage hier nicht näher zu analysieren. Es genügt die Feststellung, daß § 559 S. 2 BGB hinsichtlich der gesicherten künftigen Mietzinsforderungen nach herrschender Meinung also "begründete", aber (noch) "nicht entstandene" (eben "befristete") Forderungen sichert. Die von Röske getroffene allgemeine Schlußfolgerung, daß dies eine ,,Erweiterung" gegenüber anderen gesetzlichen Pfandrechten sei, ist gleichwohl nicht richtig. Seine These steht - daran sei hier erinnert - im direkten Widerspruch zu der vorne zum Spediteurpfandrecht entwickelten Prämisse und wird auch allgemein insoweit sei hier vorgegriffen - nicht bestätigt werden57. In diesem Sinne kann man aus der Negativ-Formulierung des § 559 S. 2 BGB (,,kann ... nicht geltend gemacht werden") gleichfalls ein Indiz ableiten, daß die Gesetzesverfasser im Grundsatz von einem weiten Pfandrechtsumfang ausgegangen sind und mit S. 2 eine Beschränkung angeordnet haben58. Die Gesetzesmaterialien zu § 559 BGB bestätigen, daß man die zunächst weitergehende Fassung auf diese Weise begrenzte59.
ß) § 559 S. 2 BGB als Entstehungs- oder als Durchsetzungshindemis? Für das Vermieterpfandrecht sind diese Überlegungen nur von zweitrangigem Interesse; im Vordergrund steht bei der Sicherung zukünftiger Mietzinsansprüche eine andere Frage. Der Ausgangspunkt des S. 2 ist zu erkennen: Es erschien untragbar, daß § 559 BGB zum Beispiel bei einem auf 30 Jahre abgeschlossenen Mietvertrag (vgl. § 567 BGB) dazu führen könnte, das eingebrachte (Betriebs-)Vermögen eines Zur nicht ganz klaren Terminologie schon vorne S. 49. Siehe auch Larenz AT§ 12 II b. 54 Vgl. BGH v. 30. 1. 1997 DtZ 1997, 156, 157; Larenz AT § 25 V a.E.; Bub/Treier/ v.Martius III A Rn. 863; Staudinger I Bark§ 163 Rn. 2; Palandt/ Heinrichs§ 163 Rn. 2 a.A. Eckert ZIP 1984, 663, 666 und auch noch Heinrichs a. a. 0 . einschl. der 42. Auflage; bewußt offengelassen BGHZ 86,382, 384 f. v. 9. 2. 1983. 55 Zur Bedeutung in diesem Rahmen siehe Bark a. a. 0. (Rn. 54) m. w. N. 56 § 813 Abs. 2 BGB soll der (zwischenzeitlichen) Rückforderung eines vor der Zeit leistenden Mieters nicht im Wege stehen: so Larenz AT § 25 V; Staudinger I Lorenz § 813 Rn. 16 m. w. N.; anders Flume § 41. 57 Siehe schon S. 165 ff. und noch ausführlich S. 497 ff. 58 Wie hier Palandt/ Putza § 559 Rn. 13. 59 Näher noch sogleich, vgl. bei Fn. 64. 52
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Mieters ab dem ersten Tag mit einem Vermieterpfandrecht für eine astronomische Forderung für 30 Mietjahre zu belasten. Wesentliche Vermögensteile des Mieters wären dann für lange Zeit (mit fallender Tendenz) allein dem Vermieter vorbehalten, der eine Sicherung in dieser Höhe noch nicht benötigt. Allen anderen Gläubigem und dem Mieter (als Beleihungsgrundlage) wären die Sachen entzogen. Ein zeitlich zu weit reichender Sicherungsumfang war in der politischen Diskussion des 19. Jahrhunderts neben dem zu umfassenden Kreis der potentiellen Sicherungsobjekte ein Hauptargument der Kritiker dieses gesetzlichen Pfandrechtes gewesen. Schon in den Partikularrechten und in der KO 187760 wurden die durch das Pfandrecht gesicherten Forderungen deswegen zeitlich beschränkt. Im BGB wurde dies fortgeführt. Trotzdem sind die Konsequenzen unsicher, wenn § 559 S. 2 BGB regelt, daß das Pfandrecht für die genannten zukünftigen Forderungen nicht geltend gemacht werden kann. Früher wurde - begründet von Siber61 ("unzweideutig") - in diesem Ausschluß der "Geltendmachung" zumeist nur ein "Durchsetzungshindemis" für sämtliche Pfandrechtsbefugnisse gesehen. Heute wird-amdeutlichsten von Volker Emmerich62 ("sinnvollerweise") - aus dem Wortlaut gefolgert, daß das Pfandrecht für spätere Forderungen (ab dem drittfolgenden Jahr) noch "nicht entsteht". Der Unterschied der beiden Auffassungen zeigt sich beim Rang kollidierender Sicherungsrechte: Während nach Siber das Vermieterpfandrecht für alle Forderungen mit Vertragsschluß entsteht und so bis Vertragsende Vorrang vor allen späteren Sicherungen hat, entstehen nach der Gegenauffassung periodisch ständig neue und zwischenzeitlich anderweitig eingeräumten Sicherungen nachrangige Vermieterpfandrechte(§§ 1208 f. BGB). Die Konsequenz einer behaupteten stetigen Neuentstehung des Pfandrechtes (Emmerich) ist, daß man einen Vermieter auf diese Weise "ausspielen" kann. Selbst wenn ein Vermieter sich beim Vertragsschluß davon überzeugt hat, daß die werthaltigen eingebrachten Sachen im Eigentum des Mieters stehen und er sich in der Folge immer wieder vom Verbleib der Sachen im Mietobjekt überzeugt, wird ihm diese Vorsicht nichts nützen. Ein zwischenzeitlich vom Mieter mit Dritten abgeschlossener Raumsicherungsübereignungsvertrag63 führt dazu, daß der Vermieter zwei Mietjahre später für die dann fällig werdenden Forderungen kein Sicherungsgut mehr zur Verfügung hat. An dem nach der Übereignung für den Mieter fremden Gut erwirbt der Vermieter kein Pfandrecht mehr (vgl. näher S. 245, spe60 Vgl. § 41 Nr. 4 KO 1877. Zu den zeitlichen Beschränkungen der Partikularrechte kurz die Motive, Mugdan II S. 226; ausfUhrlieh z. B. Wengier S. 315 (ALR und gemeines Recht kannten keine Beschränkungen). 61 Siber S. 11; H. Emmerich S. 100; Mittelstein/Stern S. 551 m. w. N. Heute Soergel/ Heintzmann § 559 Rn. 2. 62 Staudinger /\~ Emmerich § 559 Rn. 64; inzident auch Palandt/Putzo § 559 Rn. 15; Bub/Treierlv.Martius lii A Rn. 864; ausdrücklich offengelassen in BGH v. 8. 3. 1972 NJW 1972, 721. 63 Siehe dazu noch S. 248.
IX. Vermieterpfandrecht
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zieH zur Frage der Kollision von Sicherheiten S. 248 ff., dort in Fn. 107 auch zu Überlegungen, diese Folge für den Vermieter abzumildern). Sein ehemals bestehendes, aber eben akzessorisches Pfandrecht ist mit der Tilgung der Altforderungen erloschen. Die Konsequenz der Annahme eines Durchsetzungshindernisses (Siber) ist dagegen, daß die Zeit bis zur Verteilung des Erlöses- z. B. eines Rechtsstreites nach § 805 ZPO - für den Vermieter arbeitet: Je länger der Streit dauert, um so mehr kann der Vermieter beanspruchen (für die Begrenzung in der Vergangenheit ist der Prändungszeitpunkt entscheidend, § 563 BGB). Die Auslegung des Begriffs der Geltendmachung wird daher von der Bewertung der Interessen der beteiligten Gläubiger beeinflußt. Der Wortlaut - daher wohl Sibers "unzweideutig" - spricht eher für ein Durchsetzungshindernis, denn "geltend machen" ist im Grunde ein Synonym für "durchsetzen". Zwar formuliert das BGB nicht immer begrifflich absolut exakt, aber bei den gesetzlichen Pfandrechten ist eine stringente Linie zu erkennen: Wo das Gesetz von "Entstehung" spricht, meint es Entstehung (vgl. §§ 726a Abs. 3, 752a Abs. 3, 759 Abs. 1, 763 Abs. 1 HGB), wo es "geltend machen" sagt, meint es die Durchsetzung des Rechts: § 561 Abs. 2 S. 2 BGB (gerichtliche Geltendmachung, ebenso§ 441 Abs. 3 HGB), § 562 BGB (Verhinderung der Durchsetzung, wenn auch mit der Folge des Erlöschens), § 563 BGB (persönliches Durchsetzungshindernis). Die Entstehungsgeschichte verlief wechselhaft: Die Motive zum BGB hatten urspriinglich ein alle zukünftigen Forderungen umfassendes Vermieterpfandrecht vorgesehen64 . Später empfand man diese weite Fassung als zu große Einschränkung des Mieters und dessen anderer Gläubiger. Man tendierte dazu, den Vermieter nur solange in die Zukunft zu sichern, bis er das Vertragsverhältnis zum säumigen Mieter auflösen könne. Das Pfandrecht wurde deswegen zunächst - und sprachlich eindeutig- bereits in der Entstehung begrenzt65 . Die Möglichkeit, daß der Vermieter durch besitzlose Übertragungen des Eigentums sicherungslos werden könne, hat man zu dem Zeitpunkt offensichtlich noch nicht beachtet. Die endgültige Beschlußzusammenstellung der 2. Kommission66 brachte aber eine nochmalige Neufassung hin zur heutigen Formulierung des "nicht geltend machen können". Diese erneute Änderung - weg von der eindeutigen Entstehungsausrichtung - ist somit eher ein Indiz für ein Durchsetzungshindernis. Volker Emmerichs "sinnvollerweise" assoziiert, daß die andere Auffassung nicht sinnvoll ist. Sinnlos wäre Sibers These in der Tat, wenn die Auslegung des S. 2 als Durchsetzungs- statt als Entstehungshindernis dazu führen würde, daß beide Forderungsgruppen in bezugauf das Pfandrecht dadurch gleichbehandelt würden (also 64 Vgl. Mugdan II S. 226. Man hielt es für unangemessen, daß ein längerfristig gebundener Vermieter durch Exekutionen Dritter für die Zukunft um seine Sicherheit gebracht werde. 65 Vgl. (Vorkommission zum Reichsjustizamt) Jakobs/Schubert §§ 433-651 S. 525,527: " . . . hat wegen des Mietzinses für das laufende ... und das darauffolgende Jahr ... ein gesetzliches Pfandrecht" (Antrag 2). 66 V gl. schon bei Fn. 31.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
die Forderungen der "nächstfolgenden Mietjahre", für die das Pfandrecht geltend gemacht werden darf und die noch später folgenden Mietzinsforderungen, für die diese Möglichkeit nicht besteht). Aber ist das so? Eindeutig ist, daß sich diese Forderungsgruppen hinsichtlich der Verwertungsbefugnis nicht unterscheiden. Die Verkaufsberechtigung entsteht nur, soweit die Forderung fallig ist (§§ 1228 Abs. 2, 1257 BGB). Der Vermieter kann nur so viele Sachen vom Mieter heraus verlangen und verwerten, wie er zur Befriedigung seiner falligen Forderungen benötigt. Zwar spricht § 1228 Abs. 2 BGB davon, daß eine Teilfälligkeit zur Verkaufsberechtigung genügen kann. Dies besagt aber nur, daß bei einheitlicher Pfandsache schon eine Teilfalligkeit zur Verwertung derselben berechtigt, nicht aber, daß der Pfandgläubiger auch für nicht-fällige Forderungen Befriedigung verlangen kann (siehe auch § 1247 BGB). Geltend machen im Sinne des § 559 S. 2 BGB bedeutet daher jedenfalls nicht, daß der Vermieter die vom Pfandrecht erfaßten (nicht fruligen) Anspruche gegenüber dem noch nicht zur Leistung verpflichteten Mieter durchsetzen darf. Ein Unterschied zwischen den näheren zukünftigen Forderungen (für die der Vermieter das Pfandrecht im Sinne des S. 2 "geltend machen kann") und den späteren zeigt sich bei Sibers Ansatz bei einer "Geltendmachung" I "Durchsetzung" außerhalb des § 1228 BGB. Beginnt ein anderer Gläubiger mit der Vollstreckung seiner fruligen Forderungen in das Sicherungsobjekt, kann der Pfandgläubiger (Vermieter) gemäߧ 805 Abs. 1 ZPO auch- und damit über§ 1228 BGB hinausnicht-fällige und noch nicht (voll) entstandene67 Mietzinsanspruche gegen ihn durchsetzen (insoweit Wortlaut § 805 ZPO: "geltend machen"!). Dieser Erlös für die nicht-fälligen oder künftigen Vermieteranspruche muß allerdings zunächst hinterlegt werden68 • Der Sicherungsstatus des Vermieters läßt sich so aber verteidigen. Dies gilt nicht nur (über§ 805 ZPO) im Verhältnis zu Drittgläubigern, sondern ebenso z. B. über § 561 BGB gegenüber dem Mieter: Das Selbsthilferecht kann er zwar für die nach § 559 S. 2 BGB gesicherten Forderungen, nicht aber für spätere "geltend machen" 69 • § 559 S. 2 BGB hat damit nach Sibers Auslegung vom "besonderen Durchsetzungshindernis" durchaus eine sinnvolle Begrenzungswirkung. Für die zukünftigen, nicht-fälligen Mietzinsanspruche des laufenden und des folgenden Mietjahres hat er zwar keine Verwertungsbefugnis, aber bei Verwertungen Dritter ein Recht auf bevorrechtigte Befriedigung (als Sicherung). Für die danach anfallenden Mieten entsteht zwar rangwahrend ein Pfandrecht, es kann aber nach § 805 ZPO erst geltend gemacht werden, wenn das nächste Mietjahr angebrochen ist. Im Ergebnis 67 Zu § 805 ZPO (für aufschiebende Bedingungen) wohl unbestritten: vgl. Thomas I Putzo § 805 Rn. 9; BaumbachiLauterbach/Hartmann § 805 Rn. 5; Stein!JonasiMünzberg § 805 Rn. 23. 68 Vgl. dazu kurz Thomas I Putzo § 805 Rn. 9. 69 Insofern ebenso Staudinger IV. Emmerich § 561 Rn. 8.
IX. Vennieterpfandrecht
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begrenzt § 559 S. 2 BGB im Zusammenwirken mit § 563 BGB die Pfandrechtsdurchsetzung auf die Mieten von zwölf Monaten vor der Prlindung des Dritten bis maximal 24 Monate nach dem Zeitpunkt der letzten Hauptsacheverhandlung70 bzw. der Sachverwertung. Sibers Auslegung läßt vollstreckenden Dritten ein Zugriffsrecht auf das Inventar, soweit dieses den zeitlich begrenzten Forderungsumfang der geschützten Mietzinsforderungen übersteigt71 • Die für den Vermieter weiterreichende Rangwirkung in der Zukunft hat gegenüber einer auf die Entstehung abstellenden Auslegung (Emmerich) den Vorteil, daß die Begrenzung nicht dazu führt, den Vermieter trotz Vorsorge sicherungslos zu stellen. Im Ergebnis ist eine Auslegung als besonderes Durchsetzungshindernis überzeugender. Man wird den damit gleichwohl weiterreichenden Umfang rechtspolitisch bedauern, wenn man die §§ 559 ff. BGB für überholt (vgl. dazu noch S. 252 ff.) und vertragliche Sicherung für wirtschaftlich vorzugswürdig hält. De lege lata gilt, da dieses Urteil dem Gesetzgeber vorbehalten ist, daß das Vermieterpfandrecht für alle (zukünftigen) Mietzinsforderungen bereits mit Vertragschluß entsteht (sofern die objektbezogenen Voraussetzungen wie Einbringung etc. ebenso erfüllt sind). Solange die Forderungen nicht durchsetzbar sind, scheidet eine Verwertung der Sicherungsobjekte aus (§ 1228 Abs. 2 BGB). Für die "näheren zukünftigen" Mietzinsforderungen, wie in Satz 2 bezeichnet, bestehen aber Abwehrbefugnisse (§ 561 BGB, § 805 ZPO). Für die späteren zukünftigen Mietzinsforderungen (für das übernächste Mietjahr) scheidet jede, d. h. auch eine derart beschränkte Geltendmachung aus und die Funktion des Pfandrechtes begrenzt sich auf die Rangwahrung in späteren Zeiten. cc) Zukünftige Entschädigungsforderungen In gleicher Weise wie die späteren zukünftigen Mietzinsansprüche sind zukünftige Entschädigungsforderungen (Schadenersatzforderungen) von der pfandrechtliehen Geltendmachung ausgeschlossen. Auf welchen Zeitpunkt ist aber für die Feststellung abzustellen, ob eine Forderung im Sinne von§ 559 S. 2 BGB zukünftig ist72 (und daher die Geltendmachung des Pfandrechtes ausscheidet)? Eine übliche Wendung dazu ist, "wenn die Forderung zum Zeitpunkt der (ersten) - nicht notwendig gerichtlichen - Geltendmachung des Pfandrechts noch nicht entstanden ist"73 • Richtig wäre meines Erachtens Dazu noch näher sogleich unter "cc) Zukünftige Entschädigungsforderungen". Der vollstreckende Gläubiger kann sich hinreichend werthaltige Sachen aussuchen und einen intervenierenden Vennieter auf die verbleibenden Sachen verweisen, sofern diese zur Sicherung seiner Forderungen, für die er das Pfandrecht geltend machen kann, ausreichen (vgl. Staudinger IV. Emmerich § 559 Rn. 40 m. w. N.). n Entsprechendes gilt für den Zeitpunkt der ,,künftigen" Mietzinsforderungen (zutreffend Soergel/ Heintzmann § 559 Rn. 11). 73 BGH v. 8. 3. 1972 NJW 1972, 721; MüKo-BGB/Voelskow § 559 Rn. 8; Soergel/ Heintzmann § 559 Rn. 11. Rechtshistorisch dazu Repgen S. 234, 266 ff. 70
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
demgegenüber auch hier: Das Pfandrecht entsteht, wenn die Forderung bestimmbar ist. Es kann rechtswahrend (§ 805 ZPO) geltend gemacht werden, entfaltet daher - abgesehen von einer zukünftigen Rangwahrung - durchsetzbare Rechte, wenn die Forderung entstanden ist. Der "Geltendmachung der Pfandrechts" kommt generell nie konstituierende Wirkung zu. Kaum verständlich ist daher, wieso der "ersten" Geltendmachung hier eine besondere Bedeutung zukommen soll. Entgegen mitunter zu lesender Andeutung folgt derartiges weder aus dem Wortlaut der Norm74 noch ist es praktikabler75 . Klagt ein Vermieter gegen den Mieter z. B. auf Herausgabe eines Gegenstands zwecks Verwertung und beruft sich auf sein Pfandrecht für eine Entschädigungsforderung, so ist die Klage begründet, wenn im Zeitpunkt der letzten mündlichen Hauptverhandlung das Pfandrecht begründet, das heißt die Forderung durchsetzbar war. Ob bei erster Geltendmachung oder bei Klageerhebung das Pfandrecht begründet war, ist allenfalls im Rahmen eines sofortigen Anerkenntnisses(§ 93 ZPO) erheblich76• Wichtig ist die Frage ebenso für Rechtsstreitigkeiten im Rahmen der Prandung von Inventar durch Dritte: Das OLG Harnrn hat in einem derartigen Fall entschieden, daß das Vermieterpfandrecht nur dann mit Vorrang bestehe, wenn im Augenblick der ersten Geltendmachung (23.11.), der zwei Wochen nach der Prandung (9.11.) lag (!), die Entschädigungsforderung nach Grund und Höhe bekannt ist77• Im konkreten Fall, in dem der Schaden entstanden, aber nicht behoben war, hat es deswegen das Vermieterpfandrecht abgelehnt, weil die Parteien im Mietvertrag ein Recht des Vermieters geregelt hatten, Schäden auf Kosten des Mieters beseitigen zu lassen. Da - so das Gericht - die Beseitigung bei der Geltendmachung noch nicht erfolgt war, kannte man nicht die genaue Schadenshöhe und somit bestehe kein Pfandrecht. Das kann aus mehreren Gründen nicht überzeugen: Zum ersten ist der vom Gericht zugrunde gelegte Zeitpunkt (23.11.) nicht nachvollziehbar. Zum zweiten ist in diesem Fall nicht einmal klar, daß die Ersatzforderung zukünftig war. Dem wäre nur dann zuzustimmen, wenn die Parteien mit ihrer Regelung, die als solche nicht veröffentlicht ist, den Vermieter in seinem Ersatzanspruch abweichend vom Normalfall beschränken wollten. Im allgemeinen gilt, daß ein Schadenersatzanspruch - vgl. § 249 BGB - schon entstanden ist, auch wenn der Schaden 74 Die "Geltendmachung" kennt § 559 S. 2 BGB nur als Rechtsfolge, nicht als Voraussetzung des Pfandrechtes. 75 Näher dazu Soergel I Heintzmann § 559 Rn. 11. Zu ihm ist zu sagen, daß "die Länge des Prozesses" auch in anderen Fällen oft auf Prozeßergebnisse Einfluß hat. Gleichwohl ist es sachgerecht, daß das Gericht Leistungsurteile nicht anband von Rechtslagen in der Vergangenheit entscheidet. Die Idee, daß der Vermieter durch ein zu frühes Fordern sein entstehendes Recht solange einbüßt, bis er sich "neu beruft", ist nicht praktikabler. 76 Zu Unrecht a.A. wohl der BGH a. a. 0. (Fn. 73); OLG Hamm v. 10. 12. 1993 NJW-RR 1994, 655, 656. Konnte das Pfandrecht bei Klagerhebung des Vermieters noch nicht geltend gemacht werden und ändert sich dies im Laufe des Prozesses, genügt es für § 93 ZPO, daß der Beklagte nach der Änderung unverzüglich anerkennt. 77 OLG Hamm v. 10. 12. 1993 NJW-RR 1994, 655, 656; zustimmend Palandt/ Putzo § 559 Rn. 13 f .
IX. Vermieterpfandrecht
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noch nicht beseitigt und daher nicht abschließend beziffert wurde. Der Umstand, ob der Schaden hinsichtlich der Höhe bekannt und in eine Geldforderung übergegangen ist, ist nur für die Verwertungsbefugnis (§ 1228 Abs. 2 BGB) von Bedeutung, hat aber mit der materiellen Entstehung der Forderung und damit des Pfandrechts nichts zu tun. Zum dritten hätte man meines Erachtens darauf abstellen müssen, ob im Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung, die Beschränkung des § 559 S. 2 BGB noch einschlägig war oder nicht. Wenn der Anspruch - sei er auch nur auf Beseitigung gerichtet - zu diesem Zeitpunkt entstanden war, gab es keine Beschränkung mehr und das Vermieterpfandrecht hatte Vorrang. Richtig ist, daß Vermieter in bezug auf Entschädigungsforderungen nach der hier vertretenen Auslegung gut geschützt sind und eine lange Prozeßdauer ihnen nützen kann. Bedenkt man aber den Schutzzweck des § 559 S. 2 BGB, ist das angemessen, denn die mit dieser Bestimmung beabsichtigte Begrenzungsfunktion der Höhe nach bleibt gewahrt. Der Vermieter kann sich eben nicht bis in weite Zukunft auf noch entstehende Anspruche berufen, sondern auch beim Schadenersatz nur auf das, was er absehbar verlangen kann. dd) Resümee Festzuhalten bleibt, daß das Vermieterpfandrecht zwar für alle bestimmbaren Mietzins- und Entschädigungsforderungen entsteht (selbst wenn diese noch nicht entstanden sind), daß der Vermieter sich wegen § 559 S. 2 BGB (über § 1228 Abs. 2 hinaus) bis zur Forderungsentstehung aber nicht auf das Pfandrecht berufen kann. Der friihe Entstehungszeitpunkt des Pfandrechtes hat Bedeutung, wenn im Streit mit Dritten zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt die Forderung entstanden ist. Für den Rang des Pfandrechtes ist dann dessen Entstehungszeitpunkt maßgebend, weil der Vermieter durch § 559 S. 2 BGB nicht mehr beschränkt ist. Für den Kreis der "näheren" zukünftigen Mietzinsforderungen eröffnet § 559 S. 2 BGB dariiber hinaus Rechtswirkungen des Pfandrechtes im Rahmen der § 805 ZPO und § 561 BGB. Die Verwertungsbefugnis fehlt dagegen (§ 1228 Abs. 2 BGB). 3. Sicherungsobjekt
Mehr noch als die gesicherten Forderungen ist der potentiell weit reichende Kreis der Sicherungsobjekte ein Problem des Vermieterpfandrechtes. Wie schon ausgeführt, ist der Bezug zwischen Sicherungsobjekt und gesicherter Forderung deutlich geringer als bei den Besitzpfandrechten, und anders als bei der Kompensation78 ist die Schuldnerschonung auch nicht im System angelegt. Zum Schutz des 78
Vgl. vorne S. 179.
16 Bechtloff
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Mieters und seiner Gläubiger hatten sich schon vor dem BGB eine Reihe von Einschränkungen mehr oder weniger etabliert, die das BGB dann zur Vereinheitlichung verfestigt hat. a) Eingebrachte Sachen
Wie die Besitzpfandrechte umfaßt das Vermieterpfandrecht bewegliche Sachen (einschließlich Wertpapiere79 ). Das Erfordernis der Beweglichkeit ergibt sich hier daraus, daß sie ansonsten nicht in den Mietraum gebracht werden können. Verlieren sie danach durch Einbau ausnahmsweise(§ 95 BGB) ihre Eigenschaft als bewegliche Sache, unterliegen sie nicht mehr dem Vermieterpfandrecht Der Vermieter hat dann entweder Eigentum erlangt oder - zumindest dem Grunde nach - einen Anspruch aus§§ 951,946,949 BGB 80. Erste umfassende Einschränkungen erfährt der§ 559 BGB durch die heute übliche Definition der Einbringung. Eine solche liegt nämlich nur vor, wenn die Sache mit dem Willen des Mieters und nicht nur vorübergehend in das Mietobjekt gelangt81.
aa) Einbringungswillen Von geringerer praktischer Bedeutung ist die Willentlichkeit der Sacheinbringung, die sich (gesetzliches Pfandrecht!) nicht darauf beziehen muß, daß das Pfandrecht entsteht, sondern nur darauf, daß die Sache überhaupt }n den Mietraum gelangt. Es besteht heute auch Einigkeit, daß die Einbringung Realakt ist82. Wieso dieser Realakt überhaupt einen Willen voraussetzt, ist nicht leicht zu begründen. Um so überraschender ist es, daß vom Einbringenden teilweise volle Geschäftsfähigkeit, teilweise zumindest beschränkte Geschäftsfähigkeit des Mieters bei der Einbringung gefordert wird83. Um den Willen zu bilden, eine Sache in einen Raum zu bringen, bedarf es keines Alters von sieben Jahren, es reicht die reine Erkenntnisfähigkeit wie bei der Besitzaufgabe84. Der Schutz des Minderjährigen funktioniert entweder bei der (zustimmungspflichtigen) Vertragsbegründung oder gar Staudinger IV. Emmerich § 559 Rn. 7. Nur sofern der Vermieter nicht Eigentümer des Grundstücks ist, d. h. ein Dritter Eigentumerwirbt 81 So h.M.: Jauemig I Teichmann § 559 Rn. 6; Palandt/Putzo § 559 Rn. 6 m. w. N. 82 Staudinger/V. Emmerich § 559 Rn. 26; Errnan/Jendrek § 559 Rn. 6; anders noch um 1900: Siber S. 38. 83 Volle Geschäftsfähigkeit fordert Siber S. 33 ff., 39; beschränkte Staudinger IV. Emmerich § 559 Rn. 26; gegen beides die h.M.: Erman/Jendrek § 559 Rn. 6; Larenz SehR BT II/1 § 48 V; MüKo-BGB/Voelskow § 559 Rn. 11m. w. N. 84 So Palandt!Heinrichs Überbl v § 104 Rn. 9. 79
80
IX. Vermieterpfandrecht
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nicht. Die Bedeutung des Streites ist schon deswegen praktisch kaum relevant, weil dauerhaft geschäftsunfähige Mieter selten sind. Außerdem wird bei vorübergehender Geschäftsunfähigkeit wohl auch nach der Gegenauffassung ein Willensmangel bei der Einbringung durch ein willentliches Belassen anschließend geheilt werden. Man kann kaum vertreten, daß der Wertgegenstand, den ein Volltrunkener in seine Wohnung bringt, auch dann pfandfrei ist, wenn er ihn im nüchternen Zustand dort beläßt. Zuletzt läßt sich im Sinne einer Systematisierung sagen, daß für die Einbringung insoweit nichts anderes gilt als für die Übergabe bei den Besitzpfandrechten. bb) Dauerhaftigkeit der Einbringung Das teilweise vertretene, weiter einschränkende Kriterium, daß die Sachen, die sich nur vorübergehend in der Mietsache befinden, nicht eingebracht seien (Gegenbegriff "eingestellt"), läßt sich - wenn überhaupt - nur historisch erklären, denn aus dem Begriff ist es nicht herzuleiten. An anderer Stelle gebraucht das Gesetz denselben Terminus und umfaßt damit eindeutig auch die nur kurzfristige Verbringung: Das Pfandrecht des Gastwirtes an den eingebrachten Sachen des Gastes entsteht auch bei bloß einer Übernachtung. Der Ausschluß des nur vorübergehend im Mietraum Befindlichen von der Pfandbelastung stammt schon aus dem römischen Recht und wurde dort auch begründet85: Schon das rechtsgeschäftliche Pfand habe sich nach der "im beiderseitigen Interesse erfolgten Auslegung der Parteierklärungen" nur auf die Sachen, die dauerhaft im Mietobjekt waren, bezogen, denn mit ihnen konnte der Vermieter - wie für die Miete notwendig - längerfristig disponieren. Ob dies für ein kraft Gesetzes entstehendes Pfandrecht das richtige Verständnis ist, kann ebenso bezweifelt werden wie diese Auslegung "im Interesse beider Parteien". Die Raumsicherungsübereignungen von Warenlagern zeigen in heutiger Zeit, daß kurzfristig Eingebrachtes durchaus taugliches Sicherungsobjekt ist, wenn man sich nur darauf verlassen kann, daß sich immer werthaltiges Gut im Raum befindet86. Die Motive zum BGB geben selbst keine Auskunft über den Begriff; sie hielten ihn in Anlehnung an die ältere Gesetzgebung, insbesondere der insoweit gleichlautenden KO Vorschrift von 1877 (§ 41 Nr. 4), für ,,klar und bestimmt"87 . In den Materialien zum § 41 Nr. 4 der KO 1877 findet sich aber folgende Passage88 : "Der vom Entwurf im Anschluß an die Preußische Konkursordnung gebrauchte Ausdruck "eingebrachte Sachen" darf nicht auf die Sachen beschränkt werden, die zu dauerndem Verbleib in dem Grundstück bestimmt sind; auch die Sachen müssen 85
86 87 88
16*
Vgl. Demburg S. 301 f. (mit Quellennachweis). Vgl. nur BGHZ 117, 200 ff. v. 12. 2. 1992. Mugdan II S. 225. Hahn IV S. 202.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
als eingebracht gelten, welche dem Miethzweck entsprechend, wenn auch nur zeitweise, auf dem Grundstück ihren Stand- oder Verwahrungsort haben sollen; dies trifft vornehmlich bei Waaren zu, die mit der Bestimmung inseriert sind, dort verkauft oder verbraucht zu werden. "
Die heute vorgenommene Abgrenzung von vorübergehend "eingestellten" und dauerhaften "eingebrachten" Sachen ist geprägt von Einzelfallentscheidungen, die keine konsequente Linie erkennen lassen: Nicht bloß vorübergehend eingestellt sind danach Sachen in einem Warenlager, selbst wenn sie im einzelnen auch ständig wechseln, sofern nur der Raum als Warenlager bestimmt ist; ebenso der Pkw, wenn er auch immer wieder den Raum verläßt, sofern er nur regelmäßig wiederkommt; nur vorübergehend ist dagegen der Inhalt der Tageskasse des Mieters eingebracht, auch wenn sie sich regelmäßig tagsüber füllt und abends das Geld zur Bank gebracht wird89. Insbesondere die Differenzierung zwischen der Tageskasse, die sich tagsüber langsam füllt und abends geleert wird, und dem Warenvorrat, der morgens aufgefüllt wird und sich tagsüber langsam leert, ist kaum nachvollziehbar. Die weitestgehende Einschränkung des § 559 BGB über den Begriff der ,,Einbringung" vertritt Eckert90 . Nach ihm- so ist er wohl zu verstehen - umfaßt das Pfandrecht überhaupt kein Umlauf-, sondern nur Anlagevermögen, was eindeutig eine leichtere Abgrenzung ermöglichen könnte. Trotzdem ist es der Weg in die falsche Richtung: Sein verfolgtes Ziel, nicht gesicherten Gläubigem mehr Haftungsmasse zukommen zu lassen, indem man das Vermieterpfandrecht begrenzt, liegt zwar im Trend der Zeit, dürfte so aber bestenfalls marginale Veränderungen bewirken. Die Masse, die man dem Vermieter vorenthält, wird regelmäßig von anderen dinglich Gesicherten beansprucht. Über den Einbringungsbegriff läßt sich kaum Abhilfe schaffen. Auch seine Behauptung, ein ständig im Bestand wechselndes Warenlager könne nicht als "natürliche Sicherungsgrundlage" angesehen werden, überzeugt nicht. Abgesehen davon, daß unklar ist, wann eine Sicherungsgrundlage "natürlich" ist, haben sich Warenlager durchaus - vgl. schon vorne - als taugliches Sicherungsobjekt erwiesen. Gerade deswegen streiten sich - dinglich gesichert Banken, Vorbehaltsverkäufer und Vermieter oft darum. Letztlich wird es vorzuziehen sein, für die Einbringung auf das Element der Dauerhaftigkeit zu verzichten91 • Jede bewegliche Sache ist taugliches Sicherungsobjekt, auch wenn sie nur für einen Regenschauer in das Haus "eingebracht" wird. Diese Auslegung deckt sich mit den Materialien und mit der des insoweit ähnlichen § 704 BGB92. Sie ist letztlich auch wirtschaftlich zweckmäßig: Gerade solche 89 Staudinger/V. Emmerich § 559 Rn. 27, 29; MüKo-BGB!Voelskow § 559 Rn. 11 m. w. N.; zum Tageskassenfall vgl. auch OLG Braunschweig v. 29. 11. 1979 MDR 1980, 403 f., das sich nicht festlegte. 90 ZIP 1984, 663 f. (,,restriktive Auslegung"). 91 Ebenso Stemel III Rn. 263 und Siber S. 27. 92 Bei der Einbringung ins Gasthaus ist das selbstverständlich, vgl. S. 267 ff.
IX. Vermieterpfandrecht
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Güter, die wie ein Warenlager zum Verkauf bestimmt sind, erscheinen für ein gesetzliches Pfandrecht besonders geeignet, denn bei ihnen trifft die Verwertung den Schuldner am wenigsten (so schon anderenorts der Gedanke der Kompensation93 ). Das Anlagevermögen wird dem Vermieter als Sicherungsobjekt häufig auch schon durch § 559 S. 3 (der im Grunde den Gedanken der Kompensation fortentwikkelt94) entzogen sein. Es erscheint im übrigen nicht sinnvoll, den Vermieter durch solche Begrenzungen in eine Sicherheitenergänzungsstrategie zu treiben (so geschehen beim Werkuntemehmer) und ihn zu veranlassen, vom Mieter eine Sicherungsübereignung des Warenlagers zu verlangen95 . Der Schutz des Mieters und seiner Gläubiger ist auf andere Weise als durch eine Restriktion des Einbringungsbegriffs letztlich auch zu erreichen. Wenn man aber das Vermieterpfandrecht zur Bekämpfung der Massearmut begrenzen will, dann muß man dies sinnvollerweise nicht an einem marginalen Einzelaspekt, sondern im Rahmen einer Gesamtreform angehen.
b) Eigentum des Mieters
Unumstritten entsteht das Pfandrecht nur an den Sachen, die im Eigentum des Mieters stehen. Dies ist eine der Einschränkungen, die sich letztlich durch das BGB endgültig durchgesetzt haben. Eindeutig formuliertes Ziel des Gesetzgebers war, daß die Sachen der Mitbewohner (Ehefrau, Kinder) oder Untermieter nicht vom Pfandrecht erlaßt sein sollen96. Gerade im Falle der Untervermietung des gesamten Objekts durch den Mieter hat dessen Vermieter kein Sicherungsrecht97 . Raum für einen gutgläubigen Erwerb sehen mangels Übergabe auch nicht die Autoren, die diesen bei§ 647 BGB befürworten98 . Ein Erwerb vom Nichteigentümer wird daher allenfalls nach § 185 BGB möglich sein. Dafür hat sich das OLG Braunschweig in einem Fall ausgesprochen, in dem der Eigentümer dem Vermieter den Eindruck vermittelt hatte, die Sachen würden als Sicherheit zu dessen Verfügung stehen99 . Schon im Rahmen des § 647 BGB überwogen die kritischen Stimmen gegenüber einer Anwendung des § 185 BGB, da es bei der Entstehung des gesetzlichen Pfandrechts an jeder Verfügung Vorne S. 179. Vgl. dazu noch S. 441. 95 So aber (in anderem Zusammenhang) Ecken ZIP 1984,663,665. 96 Mugdan II S. 225 f. und Rede von Gröber Fn. 22; anders noch im gemeinen Recht, vgl. Demburg S. 304 f. 97 Vgl. dazu OLG Düsseldorfv. 15. 1. 1987 DWW 1987,330. 98 Vgl. MüKo-BGB I Damrau § 1257 Rn. 3 und beim Werkunternehmer S. 88. Diese Auffassung etablierte sich bereits kurz nach Einführung des BGB, dazu Repgen S. 234, 258 ff. 99 Vgl. den Fall in Fn. 4: Die Sachen gehörten nicht dem Sohn. Die Eigentümerin, die Mutter, hatte zur Aussage des Vaters "gelächelt". Vgl. auch Benöhr ZHR 135, 144, 158; a.A. Staudinger IV. Emmerich § 559 Rn. 25. 93
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
fehle. Beim Werkunternehmerpfandrecht wurde dem entgegengehalten, daß, da die Begründung des Vertrages zur Entstehung des Pfandrechts genüge, die Zustimmung des Eigentümers zum Abschluß des Reparaturauftrages eine Einwilligung in die Verfügung ersetze und daher eine Analogie möglich sei 100• Daß dies so kaum auf den § 559 BGB übertragbar ist, erscheint evident. Wer seinem Bekannten I seinem Kunden auch für Wochen einen Fernseher verleiht I vermietet, willigt nicht in die Entstehung des Vermieterpfandrechts ein (auch wenn er dessen Mietwohnung kennt). Und noch weiter: Niemand wird - will er nicht die eindeutige Intention der BGB-Väter übergehen - sagen können, daß die Sachen der Ehefrau, die durchaus damit einverstanden ist, daß ihr Mann die Wohnung mietet und die mit ihren Sachen dort wohnt, dem § 559 BGB unterworfen sind. Canaris als Vertreter der Anwendbarkeit des § 185 BGB im Rahmen des Werkunternehmerpfandrechts beschränkt die Anwendung daher auch auf solche gesetzlichen Pfandrechte, die auf dem Besitz des Pfandgläubigers aufbauen 101 • Meines Erachtens ist der Unterschied zwischen dem§ 559 BGB einerseits 102 und§ 647 BGB oder den in § 366 Abs. 3 HGB genannten Pfandrechten andererseits nicht der Besitz, sondern der beim § 559 BGB fehlende, bei den anderen vorhandene Bezug zwischen Forderung und potentiellem Sicherungsobjekt Wer in die Reparatur oder - um die Nähe zu § 559 BGB zu zeigen - in die Einlagerung seiner Sachen einwilligt, der weiß, daß die dafür entstehende Forderung gerade seiner Sache zugute kommt. Ganz anders bei der Vermietung: Wenn ich jemanden eine Sache vermiete oder leihe, ist nicht einzusehen, daß sie für dessen Mietverbindlichkeiten herhalten soll, auch wenn er sie mit in seine Wohnung nimmt. Daß der Besitz zwar mit der Begründung einer Gutgläubigkeit, nichts aber mit § 185 BGB zu tun hat, zeigt sich daran, daß es wohl nichts ändert, wenn der Vermieter im konkreten Fall notwendig Besitz erlangt (z. B. als Mitbewohner). Für anwendbar halten kann man§ 185 BGB nur, wenn es einen direkten Bezug zwischen Sicherungsobjekt und bestehender Forderung gibt, so daß die Forderung damit in einem Quasi-Synallagma zum Sicherungsobjekt steht (bei den gesetzlichen Verwertungsrechten gemeinhin als Konnexität bezeichnet). Dann und nur dann ist die Einwilligung zum Vertrag einer Einwilligung zur Verfügung über die Sache gleichzustellen. Ein solcher Zusammenhang fehlt bei der Miete immer, da der Vermieter sein Entgelt unabhängig von einer Sacheinbringung verdient. Das OLG Braunschweig hat § 185 BGB letztlich nicht deswegen für anwendbar gehalten, weil der Eigentümer mit der Einbringung seiner Sachen in eine gernietete Wohnung einverstanden war, sondern deswegen, weil die Eltern anscheinend bewußt den Vermieter täuschten und den Eindruck erweckten, die Sachen stünden zu seiner Sicherheit. Siehe dort S. 89 ff. Canaris HR23 § 29 Rn. 36 ff. 102 Bei§ 559 BGB kann man sich eine Einwilligung im Sinne des§ 185 BGB schon deswegen kaum vorstellen, weil diese ja ohne Beisein des Vennieters möglich sein muß. 100 101
IX. Vermieterpfandrecht
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Aus der Erklärung der Eigentürnenn läßt sich wohl keine dingliche Befugnis des Vermieters herleiten: Wenn die Aussage gegenüber dem Vermieter als "die Sachen stehen ihnen als Sicherheit zur Verfiigung" zu verstehen war, dann könnte man diese zwar als konkludente rechtsgeschäftliche Bestellung einer Sicherung verstehen (durch Erklärung einerseits des Vaters und andererseits- hinsichtlich einer Genehmigung- der Mutter). Ein vertragliches Pfandrecht entsteht aber nicht, da eine Übergabe nie beabsichtigt war (zutreffend das OLG). Eine besitzlose Sicherung (Sicherungsübereignung) bedarf zur Wirksamkeit eines Besitzmitdungsverhältnisses (§ 868 BGB). Das läßt sich nicht konstruieren, da die Mutter (als mittelbare Besitzerin) nie für den Vermieter besitzen wollte. Der Vermieter bleibt damit auf persönliche, deliktische Ansprüche(§§ 823 Abs. 2, 826 BGB) gegen die Mutter beschränkt103, deren Voraussetzung wohl erfüllt waren.
c) Erweiterungen, Grenzen, Kollisionen aa) Anwartschaftsrecht und sonstige Rechte Es ist deutlich geworden, daßtrotzdes potentiell weitreichenden Kreises der Sicherungsobjekte die Beschränkung des Pfandrechts auf Sachen des Mieters durchaus dazu führen kann, daß der Vermieter im Ergebnis völlig ungesichert bleibt (so bei der Untervermietung). Sogar wenn der Mieter statt des Eigentums andere dingliche Rechte- z. B. selbst ein Pfandrecht- an der eingebrachten Sache hat, sind diese nicht Objekt des § 559 BGBHJ4. Als Ausnahme vom Grundsatz, daß nur Sachen im Eigentum erfaßt sind, wird neben den sachähnlichen Wertpapieren nur die "Anwartschaft" des Mieters auf das Eigentum (das Anwartschaftsrecht) privilegiert105. Der Grund für diese Erweiterung ist, daß das Vermieterpfandrecht durch Kollisionen mit anderen Sicherungsrechten stets gefährdet ist. Nicht nur, daß bei Erwerb des Vermieterpfandrechts vorhandene Belastungen diesem vorgehen (z. B. wenn eine schon gepfandete Sache "eingebracht" wird). Noch schlechter steht es für den Vermieter bei Sicherungsrechten, die dadurch sichern, daß sie dem Mieter das Eigentum vorenthalten. So erwirbt der Vermieter kein Pfandrecht, solange die eingebrachten Sachen unter Eigentumsvorbehalt an den Mieter geliefert wurden. Um den Vermieter dann wenigstens gegenüber Drittgläubigem (also anderen als dem Vorbehaltsverkäufer) nicht zu benachteiligen, die auf die Anwartschaft des Mieters zugreifen, wird § 559 BGB erweitert und das Postulat, daß dieser keine Rechte er103 Zu weitgehend dagegen LG Berlin v. 21. 6. 1933 HRR 1934 Nr. 483: Wenn ein Untermieter beim gemeinsamen Einzug mit dem Mieter/Untervermieter dem Hauptvermieter nicht anzeigt, daß alle werthaltigen, eingebrachten Sachen ihm gehören, soll er aus § 826 BGB haften. 104 Allgemeine Auffassung, statt vieler: Staudinger I V. Emmerich § 559 Rn. 6 . 105 Siehe auch beim§ 647 BGB, oben S. 96.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme - B. Entstehung der Verwertungsrechte
fasse, wie bei anderen gesetzlichen Pfandrechten gelockert. Die Wirkung beschränkt sich aber im Grunde darauf, daß der Vermieter eine Vorrangposition wahrt. Eine selbständig verwertbare Rechtsposition erlangt er erst, wenn der Mieter wirklich Eigentümer wird106. bb) Kollision mit der Raumsicherungsübereignung Besondere Probleme entstehen in Zusammenhang mit der Raumsicherungsübereignung, wie sie heute an Warenlagern, aber auch sonst immer mehr zunimmt. Die Raumsicherungsübereignung erfaßt auf rechtsgeschäftlicher Basis genau dieselben Sicherungsobjekte wie § 559 BGB, ohne die Einschränkung durch dessen Absatz 3 [dazu unter d)]. Sie steht daher- zumindest bei gemieteten Räumen- in typischer Konkurrenz zum Vermieterpfandrecht Während allerdings ein vorher entstandenes Pfandrecht nachrangig noch Raum für Sicherungseigentum beläßt, schließt vorher entstandenes Sicherungseigentum für die Gläubiger des Sicherungsgebers einschließlich des Vermieters die Entstehung nachrangiger Sicherungen an der (eben mieterfremden) Sache selbst bis zum Rückfall oder zur Rückübereignung aus 107 • Dies gilt auch dann, wenn die durch die Sicherungsübereignung gesicherten Forderungen nur noch minimal sind. Während in den Fällen, in denen eines der beiden Rechte zeitlich vorher entstanden ist, die Rechtslage eindeutig ist, hatte der BGH in einem viel beachteten Fall die Frage zu entscheiden, wie die kollidierenden Rechte zu einander stehen, wenn ein zeitlicher Vorrang eines der Rechte ausscheidet 108 : Einer Bank waren neben den Sachen, die sich in den gemieteten Räumen befanden, auch jene Sachen zur Sicherung übereignet worden, die "künftig dorthin verbracht werden". Die Einbringung der jeweiligen Sache sollte nach der Vereinbarung also das Sicherungseigentum begründen, während sie gleichzeitig kraft Gesetzes das Vermieterpfandrecht konstituierte. Der BGH hat dem Vermieterpfandrecht den Vorrang zugespro106 Vgl. BGHZ 92, 280, 289 ff. v. 10. 10. 1984: Vorbehaltskäufer und-verkäuferkönnen bspw. den Vertrag wieder aufheben, so daß die Rechtsposition des Vermieters - ohne seine Einwirkungsmöglichkeit - erlischt. 107 Eine in gewisser Hinsicht "nachrangige" Rechtsposition erreicht der Vermieter natürlich bei der auflösend bedingten Sicherungsübereignung, bei der das von § 559 BGB erfasste Anwartschaftsrecht der Mieters (Sicherungsgebers) als ,,Brücke" fungiert (vgl. dazu schon S. 247). Für Sicherungsübereignungen mit Rückübereignungsanspruch wäre es zumindest eine Überlegung wert, ob man dem Vermieter nicht ein Pfandrecht an dem Rückübereignungsanspruch zuerkennt (solange die Sache im Mietraum ist), um ihn nicht von Zufälligkeilen des Sicherungsvertrages abhängig zu machen und ihm Schutz vor Drittzugriffen (insb. §§ 857, 829 ff. ZPO) zu geben. Diese doch deutliche Abweichungen von den Prinzipien der Objekterfassung könnte man evtl. damit rechtfertigen, daß ein Mindestmaß an Publizität durch die enge Sachbindung des Anspruchs gewährleistet ist (siehe zu diesem Aspekt allgemein S. 546 ff.). 108 BGHZ 117,200 ff. v. 12. 2. 1992; wohl zust. Palandt/Putzo § 559 Rn. 10; K. Schmidt JuS 1992, 695 f.
IX. Vermieterpfandrecht
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eben, da der Gesetzgeber dem Vermieter eine bevorzugte Sicherung zugestehen wollte. In der Literatur hat diese Entscheidung ein praktisch durchweg negatives Echo erfahren. Man ist sich einig, Gleichrangigkeit wäre die richtige Konfliktlösung gewesen 109. Dieser Ansatz der Literatur ist überraschend, denn der Fall der Gleichrangigkeit von Pfandrecht und Sicherungseigenturn ist nach dem Gesetz nicht vorstellbar: Wenn beide Rechte entstehen, kann dies nur ein mit dem Vermieterpfandrecht belastetes Eigentum der Bank/des Sicherungsnehrners (der nicht Mieter ist) bedeuten110. Das bedeutet aber selbst bei Gleichzeitigkeit keine Gleichrangigkeit: Denn das bestehende beschränkte dingliche Recht, das Vermieterpfandrecht, ist bei gleichem Rang nicht mehr ein aus dem Eigentum abgespaltener Teil (wie sonst alle anderen dinglichen Rechte), sondern müßte in eigentümlicher Weise gewissermaßen gleichwertig neben ihm stehen. Der BGH hat sich begreiflicherweise gescheut, das zu entscheiden, was die Gegenauffassung behauptet: Vollrecht und beschränkt dingliches Recht können eigentlich nicht einmal theoretisch gleichrangig sein. Das von der Literatur hier behauptete Sicherungseigentum ist nicht einmal mehr formal ,,Eigentum" (Vollrecht), sondern selbst nur noch beschränktes dingliches Recht, nämlich das "eigentliche" besitzlose Vertragspfandrecht Wenn das auch der wirtschaftliche Sinn der Sicherungsübereignung sein mag, kann es keine Berechtigung dafür bieten, sich darüber hinwegzusetzen, daß das eigentliche (sei es auch treuhänderisch gehaltene) Vollrecht niemals gleichrangig neben einem aus ihm abgespaltenen Teilrecht stehen kann 111 • Die Gleichrangigkeil führt neben diesem konstruktiven Paradoxum noch zu einer Reihe von Folgeproblemen. Erstens kommt "Gleichrangigkeit" als Lösung selbst wirtschaftlich betrachtet - überhaupt nur bei Sicherungseigentum, nicht aber bei einer sonst inhaltsgleichen, jedoch nicht fiduziarischen Übereignung gemäß § 930 BGB in Frage. Außerdem hätte eine Gleichrangigkeit bei der Entstehung regelmäßig keine Gleichrangigkelt bei der Verwertung zur Folge, da ungleiche Rechte aufeinander treffen. Während beim - abstrakten - Sicherungseigenturn die Forderungen beliebig ausgetauscht werden können, ist das Vermieterpfandrecht akzessorisch, neu entstehende Forderungen werden bei ihm (anders als bei der Bank) im nachhinein nie gesichert. 109 Fischer JuS 1993, 542, 545; Staudinger/V. Emmerich § 559 Rn. 40; Bub/Treier/ v.Manius III A Rn. 857; MüKo-BGB I Voelskow § 559 Rn. 15a m. w. N. 110 Im BGH-Fall war dies unerheblich; es ging nur um die Erlösverteilung bei bereits erfolgter Verwertung. Eine vorgeschlagene Lösung muß aber auch bei abweichenden Ausgangslagen taugen. 111 Ein Pfandrecht am (Sicherungs-)Eigentum ist daher immer entweder "vorrangig" oder es existiert an der Sache selbst nicht (denn auch eine "echte Nachrangigkeit" ist konstruktiv nicht möglich): Gerade deswegen ist es wichtig, als "Sicherungsobjekt" auch die entstandene I verbliebene Mieterposition an der Sache (wie das Anwartschaftsrecht) anzuerkennen, um dem Vermieter seine Rangstellung zu wahren. Zu insoweit denkbaren Lösungsvarianten vgl. Fn. 107.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Weiter ist zu beachten, daß, wenn bei der Verwertung gleichrangige Rechte bestehen, sich das Recht der Befriedigung nach dem Verhältnis ihrer Beträge bestimmt (entspr. § 10 ZVG)ll2. Während das Vermieterpfandrecht durch die Begrenzung hinsichtlich der Mietzinsforderungen immer begrenzt ist, kann der Sicherungsnehmer typischerweise seine gesamte Kreditforderung geltend machen und so häufig einen Großteil des Erlöses beanspruchen 113 • Sicherungseigentum bedeutet- zumindest außerhalb der Insolvenz 114 - für eine bis heute ganz herrschende Meinung, daß bei Vollstreckungen Dritter der Sicherungseigentümer die Verwertung gern. § 771 ZPO verhindern kann, während der Pfandgläubiger gern. § 805 ZPO nur bevorrechtigt den Erlös verlangen kann. Eine "Gleichrangigkeit" bedeutet dann für das Sicherungseigentum insoweit wohl die Verabschiedung von der Drittwiderspruchsklage. Nach alledem ist ein Blick auf die Lösung des BGH zu werfen. Der Ansatz der Kritik ist, daß es kaum konstruierbar erscheint, daß die Einbringung zur Pfandrechtsbegründung vor der Einbringung zur Vollendung des Eigentumserwerbs erfolgen kann. Das BGB hat diesen Konflikt nicht gesehen, da den Verfassern (in Unkenntnis solcher Sicherungsübereignungen) die Phantasie für an Raumeinbringung gebundene Eigentumsübertragungen fehlte. Daß alle Konstruktionsmodelle nicht gut passen, kann daher nicht verwundern. Beide Lösungen greifen daher im Grunde auf eine offene Interessenbewertung zurück, wobei der BGH (vielleicht auch mit Blick auf die Folgen) sich sicherer, da auf bekanntem Terrain, bewegt. Daß der Gesetzgeber dem Vermieter mit § 559 BGB eine bevorzugte Stellung einräumen wollte, läßt sich kaum bestreiten 115 • Richtig ist zwar, daß dies uneingeschränkt nur gegenüber ungesicherten Gläubigern gilt116• Zu berücksichtigen ist aber auch, daß das Gesetz derart uferlose Sicherungsrechte wie die Sicherungsübereignung überhaupt nicht vor Augen hatte. Im Rahmen einer Interessenbewertung ist erheblich, daß der Sicherungsnehmer sich in diesen Fällen durchaus bewußt in das Konkurrenzverhältnis zum Vermieter setzt und im Grunde über eine vertragliche Abrede das Vermieterpfandrecht auszuhebeln versucht. Dies ist nur deswegen nicht - wie bei der Kollision Sicherungsübereignung I Eigentumsvorbehalt - eine Verleitung zum Vertragsbruch, weil das Vermieterpfandrecht bereits von Gesetzes wegen gewährt wird, der Vermieter daher keiner vertraglichen Sicherungsvereinbarung (wie z. B. einer Sicherungsübereignung) bedarf. Das Argument der Kritiker, die auf eine überragende Bedeutung der Sicherungsübereignung im Wirtschaftsverkehr hinweisen 117, überzeugt nicht. Für die Sicherungsübereignung Siehe Palandt/Bassenge § 1209 Rn. 1; MüKo-BGB/ Damrau § 1247 Rn. 7. Das sieht auch Fischer JuS 1993, 542, 545; vgl. dazu den Sachverhalt des BGH (Fn. 108). 114 Vgl. dazu die Zusammenfassung bei Medicus BR Rn. 511 ff. m. w. N. 115 Unzutreffend m.E. daher Emmerichs Vorwurf der "nicht weiter reflektierten Präferenz". 116 So der Einwand von Fischer JuS 1993, 542,545. 112
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IX. Vermieterpfandrecht
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ist der Kreis der Sicherungsobjekte frei wählbar und nur durch die wirtschaftlichen Realitäten eingeschränkt. Es gibt insofern durchaus Sicherungsübereignungen, die nicht das Vennieterpfandrecht zu verdrängen suchen. Natürlich ist es richtig, daß die Sicherungsübereignung mittlerweile in der Praxis eine überragende Bedeutung hat; so sehr, daß sie die eigentliche Sachsicherung, das "Vertragspfandrecht", längst verdrängt hat. Die Gründe dafür braucht man nicht lange zu suchen, das Pfandrecht ist zu offensichtlich das schwächere Recht. Ist der Hauptgrund dafür auch das Besitzerfordernis, gilt das aber selbst für das besitzlose Vermieterpfandrecht Man braucht für dieses nur auf die Akzessorietät oder den § 559 S. 3 BGB zu verweisen. Der BGH hat entgegen aller Kritik die in mehrfacher Hinsicht vorzugswürdige Entscheidung getroffen. Gleichrangigkeil ist nicht nur konstruktiv ausgeschlossen; sie wirft auch eine Reihe von Folgeproblemen auf und stellt den Vennieter, der über das schwächere Recht verfügt, im wirtschaftlichen Vergleich zu schlecht. Zuletzt sind nämlich die Interessen mit der BGH-Entscheidung auch wirtschaftlich zutreffend bewertet. Gibt man mit der Sicherungsübereignung die Möglichkeit, eine vertragliche Parallelsicherung zu schaffen, die das Yenmeterpfandrecht unterläuft, drängt man den Vennieter- sind die eingebrachten Sachen werthaltiges Sicherungsobjekt - gleichfalls zur Vereinbarung von Sicherungsübereignungen. Wirtschaftlich durchsetzen wird er dies mitunter können! Er hätte ein volles Sicherungsrecht jedenfalls dann, wenn er erreicht, daß der Mieter für ihn besitzen will (ein Besitzkonstitut besteht) 118• Dazu sollte er sich dies am besten regelmäßig schriftlich bestätigen lassen. Es dürfte aber offensichtlich sein, daß es nicht das Modell unseres Gesetzgebers war, den Vermieter in solche Ausweichstrategien zu treiben. Mich hat der BGH daher überzeugt.
d) Unpfondbare Sachen
Als Sicherungsobjekt ausgeschlossen sind Sachen, die im Rahmen einer Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen (§§ 803 ff. ZPO) gern. §§ 811 ff. ZPO unpfändbar wären. Auch diese Einschränkung ist keine Erfindung des BGB 119, wurde aber mit diesem auf ganz Deutschland erstreckt. Der dahinterstehende Gedanke hat in seiner Wertung Parallelen zur Kompensation. Konnte man dort positiv formulieren, bei zum Verkauf bestimmten Sachen ist die zwangsweise Verwertung durch Dritte im Grunde kein Übel, ist hier zumindest festzustellen, daß ein Verwertungsrecht für den Schuldner ohne seine Einwilligung dann erträglicher ist, wenn die Sachen für ihn nicht unentbehrlich sind. Diese Erwägung, die m So Bub/Treier/v.Martius m A Rn. 857; MüKo-BGB/ Voelskow § 559 Rn. 15a.
Vgl. BGH v. 27. 9. 1960 WM 1960, 1223, 1225 f.; Palandt/Bassenge § 930 Rn. 10. Zu den Vorläufern Cretschmar (Fn. 18); zum Streitstand in der Sache im gemeinen Recht Demburg S. 302 f. Siehe dazu weiter Repgen S. 234, 242 ff. (vor dem BGB), 262 ff. (nach 1900). 118
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
bei individualvertraglicher Bestellung von Sicherheiten ein idealtypisch vernünftiger Mensch ohnehin einkalkuliert, wird beim gesetzlichen Pfandrecht jedenfalls immer dann vorauszusetzen sein, wenn das Pfandrecht typischerweise einen unseIekliert großen Kreis von Objekten umfaßt 120. 4. Praktische Bedeutung Nach alledem bleibt zu fragen, was aus den Zielen der Gesetzgeber praktisch geworden ist. Die Zielsetzung, über eine Stärkung der Gläubigerposition einen Schuldnerschutz zu erreichen (S. 228), ist gescheitert. Eine Vorausleistung des Vermieters im Sinne von§ 551 BGB findet sich heute kaum mehr in einem lmmobiliarrnietvertrag. Regelmäßig wird der Mieter verpflichtet, zu Beginn des jeweiligen Zeitabschnittes (meistens des Monats) den Mietzins und die Betriebskostenpauschale im voraus zu leisten. Auch das Ansinnen, den Vermieter in Anbetracht der Sicherheit zu Stundungen zu bewegen und ihn von schneller Kündigung abzuhalten, war- wie bereits im Rahmen des § 563 BGB ausgeführt wurdel21 - schon durch die gesetzliche Begrenzung der Geltendmachung von Altforderungen unterlaufen worden. Da das Vermieterpfandrecht nicht ohne gerichtlichen Titel durchgesetzt werden kann122, muß der vorsichtige Vermieter, wenner-was naheliegt-es bei Räumung durchsetzen will, alsbald tätig werden. Ein Konzept, Schuldnerschutz durch Gläubigerbegünstigung zu erreichen, dürfte auch bei gesetzlichen Pfandrechten erfolglos bleiben 123 • Folgt aus der praktisch immer vereinbarten Vorkasse des Vermieters aber die Bedeutungslosigkeit des Vermieterpfandrechts? Blickt man in die Literatur, so könnte man diesen Eindruck gewinnen. Es überwiegt die Einschätzung, daß es für die Gruppe, für die es vorrangig als Anwendungsgebiet gedacht war, den privaten Wohnungsmieter, kaum noch Bedeutung hat124. Als Ursache dafür wird gerade der § 559 S. 3 BGB gesehen. Neben der Vorauszahlungspflicht haben Mietkaution und Mietbürgschaft125 die Sicherungsfunktion des Pfandrechtes übernommen 126• Als Anwendungsbereich des Vermieterpfandrechtes wird derzeit am ehesten die gewerbliche Miete erachtet 127 . Da allerdings scheitere es immer wieder an anderen Vgl. schon Bechtlof!ZIP 1996,994, 999 ff. und hier noch S. 441. Siehe S. 234. 122 Vgl. schon S. 57. 123 § 559 S. 3 ist kein Gegenargument Diese begrenzende Regelung wäre auch ohne das Pfandrecht möglich. 124 So jüngst die Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Mietrechtsvereinfachung"; Bundesanzeiger 39a/ 1997 S. 168. Zur Mietrechtsreform 2001 vgl. im übrigen vorne Fn. 1. 125 Insbesondere durch Banken, aber auch durch Gesellschafter, Eltern und durch das Sozialamt. 126 MüKo-BGB I Voelskow § 559 Rn. 4. 127 Staudinger IV. Emmerich § 559 Rn. 2; MüKo-BGB/Voelskow § 559 Rn. 3; Bub/Treierlv.Martius III Rn. 841. 12o 121
IX. Vennieterpfandrecht
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Sicherungen, insbesondere der Sicherungsübereignung, aber auch dem Eigentumsvorbehalt. Als weitestgehende Konsequenz daraus wird die Abschaffung des Vermieterpfandrechts gefordert 128 • Diese Einschätzung ist aus meiner Sicht erheblich zu relativieren. Das Vermieterpfandrecht ist durch die geltenden Einschränkungen in der Wirkung zwar zurückgedrängt worden, praktisch aber trotzdem durchaus bedeutend. Im Zeitraum der Jahre 1986- 95 sind einundzwanzig zivilgerichtliche Entscheidungen mit Bezug zum Vermieterpfandrecht veröffentlicht worden 129 (und damit mehr als zu allen anderen Pfandrechten zusammen), die etwa zu zwei Drittel die gewerbliche Miete, zu einem Drittel die private Miete betrafen. Dies liegt zu einem wesentlichen Teil daran, daß trotz gegenteiliger Vereinbarungen der Vermieter häufig praktisch doch vorleistet Stellt nämlich der Mieter die Mietzinszahlung ein, hat der Vermieter lange Zeit keine Möglichkeit, seinerseits die Gegenleistung zu verweigern. Erst wenn zwei volle Monatsraten ausstehen (er daher schon mindestens einen Monat vorgeleistet hat), kann er die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, seine Leistung zu verweigern, nämlich gemäß § 554 BGB kündigen. Auch wenn der Vermieter sich zusätzlich durch eine Kaution oder durch Bürgschaft gesichert hat, hilft ihm das zumeist nicht weiter. Diese sind bei der Wohnraummiete auf drei Monatsmieten beschränkt und auch bei der Gewerbemiete höher kaum einmal durchsetzbar, da sie zuviel liquide Mittel binden130. Selbst wenn der Vermieter schnell ist, nach zwei Monaten kündigt und sofort Räumungsklage erhebt, hat er bis zur Räumung erheblich vorgeleistet Schon bis zum Erlangen des Titels kann der Mieter Monate gewinnen, und selbst nach dem rechtskräftigen Urteil vergeht noch einige Zeit. Helfen kann in diesen Fällen das Vermieterpfandrecht, das sich immer wieder gerade in der Ergänzung mit den vertraglichen Sicherungen als wichtig erweist131 •
Schreiber/Latinovic NZM 2000,410, 413; Stemel ffi Rn. 258m. w. N. BGH v. 18. 5. 1995 ZIP 1995, 1204 ff.; BGH v. 15. 2. 1995 NJW 1995, 1350 ff. ; OLG Düsseldorfv. 9. 9. 1994 EWiR 1995, 283; OLG Hamm v. 10. 12. 1993 NJW-RR 1994,655 f.; BGHZ 117, 200 ff. v. 12. 2. 1992; LG Berlin v. 4. 1. 1992 NJW-RR 1992, 1038 f.; LG Regensburg v. 5. 8. 1991 NJW-RR 1992, 717 f.; LG Gießen v. 10. 7. 1991 DGVZ 1991, 156; AG Gießen v. 6. 5. 1991 DGVZ 1991, 125; AG lburg v. 11. 1. 1991 DGVZ 1994, 31; BAG v. 15. 11. 1990 (2 AZR 232/90, nur in Juris veröffentlicht); LG Konstanz v. 28. 9. 1990 DGVZ 1991, 25 f.; OLG Haniburg v. 25. 10. 1989 NJW-RR 1990, 86 f.; OLG Düsseldorf v. 19. 1. 1989 MDR 1989, 546; BGHZ 101, 37 ff. v. 13. 5. 1987 (über§ 581 Abs. 2 BGB); OLG Düsseldorf v. 15. 1. 1987 DWW 1987, 330; AG Köln v. 28. 11. 1986 WuM 1989, 296; OLG Celle v. 12. 6. 1986 NJW-RR 1987,447 f.; LG Berlin v. 28. 5. 1986 DGVZ 1986, 156, 157 f.; AG Schöneberg v. 16. 4. 1986 DGVZ 1986, 156 f.; BGH v. 20. 3. 1986 NJW 1986, 2426 ff. 130 Kaum ein Unternehmen hinterlegt eine Kaution und auch beim Avalkredit wird das Entgelt nach der Höhe der Bürgschaft berechnet und begrenzt den weitergehenden Kreditrahmen. Eine Ausnahme hiervon (mit beschränktem Sicherungswert) ist die Gesellschafterbürgschaft 131 Die Anspruche nach§ 557 BGB sind eben auch gesichert (vgl. S. 231). 12s
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme - B. Entstehung der Verwertungsrechte
Natürlich kann insbesondere die Einschränkung des§ 559 S. 3 BGB das Pfandrecht mitunter ganz verhindern. Dies resultiert daraus, daß Vermieter auch gegenüber den finanzschwächsten Mitgliedern unserer Gesellschaft, die im Grunde vermögenslos sind, Vorleistungen erbringen. Als Argument gegen das Vermieterpfandrecht ist das aber nicht anzuführen (da man keine bessere Sicherungsmöglichkeit bieten kann), und auch als Argument gegen den Satz 3 halte ich es - wie ich bereits an anderer Stelle deutlich gemacht habe 132 - für kaum haltbar. Es handelt sich um eine Notwendigkeit, da einerseits der Sozialstaat jedem einen Mindestbestand gewährleisten muß, und andererseits dies nicht zu einer Sanierung der Vermieter auf Kosten der Allgemeinheit führen darf, wenn nämlich die vom Sozialamt finanzierte Ausstattung vom Vermieter anschließend verwertet wird. Es ist davon auszugehen, daß das Vermieterpfandrecht das praktisch wohl bedeutendste gesetzliche Pfandrecht ist. Dies liegt zum einen daran, daß Mietforderungen im Alltag in großer Häufigkeit vorkommen 133, sich zum zweiten bei fehlender Tilgung schnell hohe, sicherungsf:ihige Forderungsbestände ergeben 134, und drittens damit korrespondierend, daß das Pfandrecht mit einer relativen Bestandsfestigkeit (vgl. § 560 BGB) ausgestattet ist. Für die Bedeutung in der Insolvenz sind spezielle Daten nicht erfaßt. Es läßt sich aber auf die allgemeine, allerdings schon zwanzig Jahre alte Studie des MaxPlanck-Instituts über die Praxis der Konkursabwicklung zurückgreifen 135 . Bei 204 untersuchten Fällen machten die gesetzlichen Pfandrechte insgesamt 0,5% der gesamten eingeräumten Sicherungen oder 1,5% der Mobiliarsicherheiten aus, wovon ein Fünftel auf hier noch nicht behandelte Pfandrechte von Warenlieferanten entfiel136. Dies ist im Vergleich zur Sicherungsübereignung oder auch dem Eigentumsvorbehalt (15,3% und 12,9% der Gesamtsicherheiten) sicher unbedeutend, stellte aber immerhin einen Sicherungswert von insgesamt DM 900.000 dar. Daß das Vermieterpfandrecht davon einen Großteil ausmachte, ist nach obigen Ausführungen anzunehmen. Man kann angesichts dessen durchaus vertreten, daß die §§ 559 ff. BGB ihre Berechtigung haben. Es läßt sich sicher - und darauf wird zurückzukommen sein - darüber diskutieren, inwieweit man Verwertungsrechte, die entstehen, ohne daß der Gläubiger sich darum bemühen muß, sinnvoll sind. Andererseits liegen solche näher, wenn eine vertragliche Sicherung schwer zu erreichen ist. Beim Vermieterpfandrecht scheidet das Vertragspfand mangels Besitzes aus 137 und Raumm ZIP 1996, 994 ff. Vgl. dagegen bspw. die zugunsten des Pächters gesicherten Forderungen S. 100, 104. Vgl. dagegen zu den typischerweise geringeren Forderungen des§ 647 BGB S. 97 ff. m Siehe schon S. 70 Fn. 98. 136 Gessner/Rhode/Strate/Ziegert S. 41, 171 f. 137 Unzutreffend daher der Schluß von MüKo-BGB I Voelskow § 559 Rn. 3 a.E., der (auch) aus der Nichtaufnahme entspr. Bestimmungen in den "MMV" (Mustermietvertrag des Bundesjustizrninsteriums) auf die praktische Bedeutungslosigkeit des Pfandrechts schließt. 133
134
IX. Vermieterpfandrecht
255
Sicherungsübereignungen entsprachen sicher nicht den Vorstellungen der Gesetzgeber. Es erscheint schizophren, wenn man zuerst mittels Rechtsfortbildung vertragliche Sicherungen ermöglicht, die genau in den gesetzlich eingeräumten Sicherungsbereich anderer Gläubiger eingreifen, um anschließend zu beklagen, daß die dann so beschränkten nicht mehr recht zum Zuge kommen. Kaum wünschenswert erschiene es, wenn man den Vermieter so auf den Weg der Sicherungsübereignung verweist, damit er dadurch den anderen gleichsteht (und zugleich die Beschränkungen des § 559 BGB unterläuft). Es ist gut, daß dies bislang nicht der Weg der Praxis ist. Die Vermieter verlassen sich nach wie vor (im gewissen Rahmen - begrüßenswert - unterstützt durch den BGH) auf das Vermieterpfandrecht und die genannten Ergänzungsstrategien: praktisch immer Vorauszahlung einer Monatsmiete, häufig Kautionen, teilweise Bürgschaften, Garantien oder funktionell ähnliches. Zweifelhaft ist die vertragliche Unterstützung des Vermieterpfandrechts, die teilweise in Mustermietverträgen vorgesehen wird 138 • Nach diesen hat der Mieter zu erklären, daß die eingebrachten Sachen sein Eigentum und nicht ge- oder verpfandet sind. Ausnahmen davon habe er aufzulisten. Die Bestimmung hat nur die Funktion, daß der Vermieter bei Vertragsschluß den Nutzen des gesetzlichen Pfandrechtes wirtschaftlich kalkulieren kann. Der Nutzen ist beschränkt, da sich die Lage durch den ganz gewöhnlichen Austausch der Sachen relativ bald ändern kann. Daß dem Mieter für eine derart beschränkte Funktion eine so weitgehende Offenbarungspflicht auferlegt wird, veranlaßt die dazu bekannten Stellungnahmen, solche Klauseln für unzulässig zu halten 139• Bei Miet-AGB ist dem wegen§ 3 AGBG jedenfalls zuzustimmen. In Individualverträgen ist dies dagegen nicht zwangsläufig so. Wenn man grundsätzlich der Meinung ist, die Bestellung einer vertraglichen Sicherung am gesamten Rauminhalt einer Wohnung sei möglich, muß der Gläubiger in solchen Fällen von dem Sicherungsgeber auch Auskunft über die rechtliche Zuordnung verlangen können. Den Vermieter bei der Unterstützung seines Pfandrechts schlechter zu stellen, weil er schon gesetzlich gesichert ist, ist nicht überzeugend. Individualvertraglich wäre daher meines Erachtens sogar eine Klausel möglich, in der der Mieter sich verpflichtet, über einzelne werthaltige, in seinem Eigentum stehende Inventargegenstände nicht mehr ohne Zustimmung des Vermieters zu verfügen. Die Verletzung derartiger Auskunftsverpflichtungen oder Verfügungsbeschränkungen (§ 137 BGB) begründet für den Vermieter immer nur ein Schadenersatzanspruch. Sie sind daher in ihrer Wirkung gering, da es für den Vermieter gerade um die Sicherung von Zahlungsansprüchen geht und ihm mit weiteren ungesicherten Zahlungsansprüchen meist wenig geholfen ist.
138
Vgl. § 10 DEMV; s.a. § 6 Nr. 1 Einheitsmietvertrag "Verlag Zweckform" Bestellnr.
139
Vgl. MüKo-BGB I Voelskow § 559 Fn. 6 m. w. N.
2873.
256
2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
5. Vergleichsralle
Nicht gesichert sind die Vermieter von Mobilien. Vielfach ist diese Differenzierung schon deswegen begründet, weil für sie überhaupt kein Bezug zu irgendwelchen Vermögensobjekten des Mieters vorhanden ist. Wollte man den Videoverleih oder - wirtschaftlich erheblicher - auch den Leasinggeber beim Finanzierungsleasing von Maschinen mit einem gesetzlichen Pfandrecht ausstatten, müßte man schon die Generalhypotheken des römischen Rechtes bemühen. Es gibt aber auch bei der Mobiliarmiete Fälle, die zweifeln lassen. Gedacht sei etwa an die Vermietung von Hausbooten, die durchaus Wohnungsersatz darstellen können und an einem festen Standort sind, ohne daß dabei der "Grund" mitvermietet wird. Gedacht sei weiter an den Fall des BGH, in dem ein (Binnen-)Schiff mit der Besatzung des Eigentümers vermietet wurde, so daß der Eigner über diese jederzeit einen tatsächlichen Zugriff auf die Waren hatte 140. Der BGH hat trotzdem Analogien sowohl zu § 559 BGB als auch zu §§ 440 HGB, 26 BSchG a.F. verneint. Dies hätte man durchaus anders sehen können. Die BGH-Lösung hat seine Ursachen in der Typisierung des Gesetzes. In gleicher Weise ließe sich hinterfragen, warum unentgeltliche Verträge, wie die unentgeltliche Grundstücksüberlassung (Leihe), nicht mit den Ansprüchen gesichert sind, die bei diesen- ebenso wie bei der entgeltlichen Überlassung- entstehen, insbesondere den Schadenersatzansprüchen wegen Beschädigungen oder Vorenthaltungen 141 •
X. Verpächterpfandrecht Das Pachtrecht kennt zugunsten des Verpächters zwei verschiedene gesetzliche Pfandrechte. Während über die generelle Verweisungsnorm des § 581 Abs. 2 BGB jeder Verpächter gemäß § 559 BGB geschützt sein kann, hat der landwirtschaftliche Verpächter mit § 592 BGB ein spezielles, dem Vermieterpfandrecht zwar angenähertes, aber insgesamt weiterreichendes Pfandrecht. Den § 592 BGB, als vom Vermieterpfandrecht unabhängige Iex specialis, gibt es in dieser Form erst seit der Reform des Landpachtrechts 1985. Der vorher für die Landpacht bestehende§ 585 BGB baute noch auf§§ 581 Abs. 2, 559 BGB auf und bestimmte nur eine Erweiterung. Mit der Reform hat man die Regelung (wenn auch inhaltlich am § 559 BGB ausgerichtet) verselbständigt. Das BGB kennt daher ein allgemeines Verpächterpfandrecht, das sich in der entsprechenden Anwendung des Vermieterpfandrechts erschöpft, und ein eigentliches (weil über einen Verweis hinausgehendes) Landverpächterpfandrecht. Da für das über§ 581 Abs. 2 BGB geltende Verpächterpfandrecht weitestgehend die AusfühBGH V. 16. 9. 1985 WM 1986,26 f. Im römischen Recht war das teilweise anders, im gemeinen Recht noch strittig, vgl. Demburg S. 300. 140
141
X. Verpächterpfandrecht
257
rungen des vorherigen Abschnittes gelten, wird das Hauptaugenmerk im folgenden auf der Bestimmung des § 592 BGB und den zu § 559 BGB bestehenden Unterschieden liegen: auf der Erweiterung des Forderungsumfanges einerseits, besonders aber auf der Ausdehnung hinsichtlich der erfaßten Sicherungsobjekte. 1. Rechtfertigende Erwägungen
Das Verpächterpfandrecht ist wie das Vermieterpfandrecht aus rechtsgeschäftliehen Vorläufern hervorgegangen und dabei in seinen römisch-rechtlichen Urspriingen wohl sogar älter als das des Vermieters 1. Das römische Vertragspfand des Verpächters unterschied dabei zwei Formen. Den Hauptfall bildete die Verpfändung der auf dem Pachtgut wachsenden Friichte; es gab aber weitergehend auch das Pfandrecht an einzelnen, dem Pächter gehörenden Inventargegenständen, zu deren Einbringung er sich gegenüber dem Verpächter verpflichtete 2 • Während die vertragliche Verpfändung der Friichte so üblich wurde, daß daraus in der Folge ein gesetzliches Pfandrecht entstand, blieb das seltenere Inventarpfand auf die vertragliche Vereinbarung beschränke. Erst in den Gesetzgebungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde auch das Inventar in Anlehnung an das Vermieterpfandrecht als Sicherungsobjekt des gesetzlichen Pfandes mitumfaßt4 • '
Diese Differenzierung ist auch aus dem Blickwinkel möglicher Beweggrunde interessant. Die Friichte als Sicherungsobjekt stehen in einem, beim Vermieterpfandrecht nicht feststellbaren, aber von den Besitzpfandrechten bekannten Wertschaffungszusammenhang mit der gesicherten Forderung. Der Pachtzins wird als Entgelt gerade deswegen erbracht, weil der Pächter die Friichte ziehen darf (vgl. §§ 581 Abs. 1 S. 2, 585 Abs. 1 S. 2 BGB). Häufig wird sogar das Entgelt an den Ertrag gekoppelt, so daß es entfällt, wenn keine Friichte erzielt werden (sog. partiarisches Pachtverhältnisf Das Pfandrecht läßt sich insoweit anders als § 559 BGB in Teilen wieder damit rechtfertigen, daß der Gläubiger einen Beitrag zum Wert dieses Sicherungsobjektes geleistet hat. Für das Inventar gilt das nicht in dieser Zwangsläufigkeit. Zwar gibt es hier teilweise einen Wertschaffungsbezug, u.U. fehlt er aber auch. Wie der Pächter ist der Verpächter wegen der Forderungen, "die sich auf das Inventar beziehen" (Formulierung aus § 583 BGB), gesichert, auch wenn dies heute tatbestandlieh im allgemeinen Verpächterpfandrecht aufgeht. Soweit er dem Pächter das Inventar nämlich selbst übereignet hat, stammt der Vermögenswert von ihm. Das Verpächterpfandrecht stellt dann eine gesetzliche Sicherung dar, die wirtschaftlich dem EigentumsI
2 3 4 5
So Engelschall S. 1; ebenso in den Quellen zu§ 41 KO 1877, siehe Hahn IV S. 201. Demburg S. 308 f., 311 ff.; Siber S. 5 f.; siehe auch Kaser Bd. I § llO II I. Dig. 20.2.7; ausführlich Demburg a. a. 0. m.N. zu Gegenauffassungen. Vgl. bspw. im preuß. ALR I 21 § 395; weitere Nachweise bei Mugdan II S. 241. Palandt/Putzo § 581 Rn. 10; Lange /Wulffl Lüdtke-Handjery § 585 Rn. 16.
17 Bechtloff
258
2. Abschn.: Bestandsaufnahme - B. Entstehung der Verwertungsrechte
vorbehalt nahesteht6 • Der Wertschaffungsbezug ist dann deutlich. Der § 36 der preußischen KO 1855 hatte hierfür als Gegenstück zum Vorläufer des Pächterpfandrechts noch ein eigenes Absonderungsrecht7 , zusätzlich zu dem allgemeinen Absonderungsrecht des Verpächters (§ 33 Nr. 4 KO 1855), vorgesehen. Für das vom Pächter selbst angeschaffte Inventar ist der Bezug zur Verpächterleistung nicht unmittelbar ersichtlich. Allenfalls wenn man bedenkt, daß das Inventar u.U. als Reinvestition der Gewinne aus der Pacht stammt, mag man Reste eines Wertschaffungsbezuges erkennen8 . Die KO 1877 faßte in§ 41 Nr. 2 die beiden Absonderungsrechte des Verpächters zusanunen. Bei den Beratungen des BGB hatte man anscheinend den Wertschaffungsbezug vollständig aus den Augen verloren und beschränkte sich auch hier (wie bei den meisten anderen gesetzlichen Pfandrechten) auf die vereinheitlichende Übernahme dessen, was man als überwiegenden Rechtszustand verstand9 . Als maßgebende Erwägung verwies man daher - von den Besonderheiten abgesehen auf die Begründungen zum Vermieterpfandrecht Die Beweggründe, die für das Vermieterpfandrecht herangezogen wurden, finden sich denn teilweise auch hier wieder, insbesondere das Argument einer damit bezweckten Wahrung der Schuldnerinteressen. Ohne Pfandrecht (bzw. ohne erweitertes Pfandrecht) würden kleinere Pächter, die, da sie den Pachtzins häufig aus dem Ernteertrag entrichten wollen, zur Vorkasse nicht in der Lage seien, häufig kein Pachtland finden 10• Auch das zum§ 559 BGB bekannte Kündigungsargument kehrt wieder: In schlechten Zeiten müßten die Verpächter ohne Pfandrecht viel härter gegen säumige Pächter vorgehenn. Da§ 592 BGB nicht auf§ 563 BGB verweist, hat die Realisierung dieses Zieles beim landwirtschaftlichen Verpächterpfandrecht mehr Aussicht auf Erfolg. Das aus der Einbringung (dem Raumbezug) selbst für§ 559 BGB gezogene Argument zugunsten eines gesetzliches Pfandrechts, ist bei der Pacht noch schwächer als bei der Miete 12: Da sich die Einbringung bei der Pacht (anders als typischerweise bei der Miete) kaum einmal auf die Verbringung in ein Gebäude bezieht, ist ein Rückschluß von der Berechtigung am Raum auf eine Berechtigung an der Sache noch fernerliegend.
6 Wenn es rechtlich auch erhebliche Unterschiede, insbesondere in der "Sicherheitenverwertung", gibt: So kann der Vorbehaltsverkäufer die Sache zurückverlangen, der Verpächter aber nur gern. §§ 1228 ff. BGB verwerten. 7 Vgl. dazu schon S. 102. s Näher dazu noch im Befund, siehe S. 431 f. 9 Siber (S. 8) erklärt diese unkritische Übernahme mit der ,,kodifikatorischen Tendenz des BGB". IO Vgl. Jakobs/Schubert §§ 433 - 651 S. 526. 11 Siehe Mugdan II S. 891 f., 1251. 12 Vgl. dort S. 226 bei Fn. 15.
X. Verpächterpfandrecht
259
2. Gesicherte Forderungen
a) Landpacht und andere Pachtverträge
§ 592 BGB sichert nur den Verpächter im Rahmen eines Landpachtvertrages 13, das heißt bei Verpachtung eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks (vgl. § 585 BGB). Dies ergibt sich aus der systematischen Stellung der Vorschrift14• Andere Verpächter sind durch den Verweis auf das Mietrecht in § 581 Abs. 2 BGB nur über das Vermieterpfandrecht geschützt. Entgegen dem Wortlaut des§ 581 Abs. 2 BGB auf den allgerneinen Pachtvertrag § 592 BGB anzuwenden, ist nicht überzeugend 15 . Erstens fehlt es für eine Analogie (durch den Verweis auf das Mietrecht) an einer Lücke und zweitens sind die Erweiterungen des § 592 BGB gegenüber dem § 559 BGB gerade mit Blick auf die Landpacht erfolgt und auf diese abgestirnrnt 16• Andererseits ist für die Landpacht§§ 581 Abs. 2, 559 BGB nicht anwendbar (siehe auch§ 585 Abs. 2 BGB). Voraussetzung der Sicherung über § 559 BGB ist für den Verpächter, daß die zum Vermieterpfandrecht erforderlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Dazu gehört insbesondere, daß ein Grundstück (mit) Gegenstand des Pachtvertrages ist, was zum Beispiel bei manchen Unternehrnenspachtverträgen 17 vorkommt. Natürlich ist bei diesen die Grundstücksüberlassung regelmäßig nur ein (mehr oder weniger bedeutender) Aspekt des Vertrages. Als Konsequenz daraus muß man den gesicherten Forderungskreis modifizieren, denn eine Ausrichtung "arn Wesen der entgeltlichen Gebrauchsüberlassung" (wie beim Vermieterpfandrecht) 18 wird einer "entsprechenden Anwendung" im Sinne von § 581 Abs. 2 BGB kaum gerecht. Der Kreis der gesicherten Forderungen ist hier als ,,Forderungen aus dem Pachtverhältnis" zu lesen und entspricht insoweit über § 559 BGB dem des § 592 BGB.
b) Forderungen aus dem Pachtverhältnis
Für die Feststellung, welche Forderungen damit im einzelnen gerneint sind, wird zumeist auf die Erläuterungen zum Vermieterpfandrecht verwiesen. Dem ist so nicht zu folgen, da der Pachtvertrag schon in seinem Ursprung nicht auf entgeltliche Gebrauchsüberlassung beschränkt, sondern vielmehr auf das Erzielen von Erträgen durch den Pächter ausgerichtet ist. Die Konsequenz daraus ist, daß beinahe notwendig der aus dem "Wesen des Vertrages" resultierende Forderungsumfang er13 14
15 16
17 18
17*
Staudinger I Pikalo I v.Jeinsen § 592 Rn. 5; MüKo-BGB I Voelskow § 592 Rn. 2. So ausdrücklich die Motive, siehe Mugdan II S. 241. So aber Jauemig/Teichmann § 581 Rn. 10 a.E. Vgl. nur die Erweiterung hins. des§ 811 Nr. 4 ZPO, dazu noch S. 265. Dazu K. Schmidt HR5 § 6 111 2m. w. N. Vgl. dazu S. 231 f.
260
2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
weitert ist. Gesichert sind im Rahmen des Vertrages daher - wie schon unter "Rechtfertigende Erwägungen" angeführt - die Kaufpreisforderungen für übernommenes Inventar19 und andere Entgelte, selbst wenn sie nicht für die Überlassung des Grundstücks entrichtet werden, sondern nur unternehmensbezogener Natur sind, wie für die Überlassung von Rechten, Know-how, Vertragsbeziehungen und vergleichbares. Die detaillierte Abgrenzung von Vertragsforderungen, die umfaßt sind, und solchen, die nur im weiteren Zusammenhang mit in den Vertrag einbezogen wurden, bleibt trotzdem schwierig. Als hilfreiche Maxime mag man hier auf das "Wesen der entgeltlichen, zur Erzielung von Erträgen gerichteten Nutzungsüberlassung von Sachen oder Rechten" abstellen. In diese Richtung ist wohl auch Voelskow zu verstehen, der im Rahmen des § 592 BGB die von ihm in § 559 BGB noch unterstützte These angreift20, daß die Rückzahlungsverpflichtung eines vom Überlassenden (Verpächter) gewährten Darlehens vom Pfandrecht nicht umfaßt sei. Im Ergebnis muß man ihm aber widersprechen, denn die Annahme einer Sicherung dieses Rückzahlungsanspruchs überschreitet ebenfalls die Vertragstypengrenzen: Im Regelfall ist das Darlehen, auch wenn es betriebsbezogen (beispielsweise zur Inventaranschaffung) ist, ein mit dem Pachtvertrag in keinem rechtlichen Zusammenhang stehende Verpflichtung, denn die Ausstattung mit Betriebskapital ist unabhängig von der Betriebsüberlassung. Der Verpächter übernimmt mit einer zusätzlichen Überlassung von Barmitteln und insofern besteht hier eine Parallele zu § 559 BGB - ein zusätzliches (und daher nicht gesetzlich gesichertes) Risiko, weil er die Mittelverwendung nicht überblickt21. Das weitere Problem, ob es für die Entstehung des gesetzlichen Rechtes eines wirksamen (Pacht-)Vertrages bedarf, ist entsprechend den Ausführungen zu § 559 BGB (S. 229 f.) zu lösen. Einen Grund, hierbei zwischen Vermieter und Verpächter zu differenzieren, gibt es nicht.
c) Zeitliche Schranken im Rahmen des§ 592 BGB Für künftige Entschädigungsforderungen gilt eine dem § 559 S. 2 BGB entsprechende Beschränkung des Pfandrechtes. Dagegen besteht für den Pachtzins des landwirtschaftlichen Verpächters im Rahmen des § 592 BGB eine Privilegierung gegenüber § 559 BGB, weil dieser Anspruch ohne zeitliche Beschränkungen durchgesetzt werden kann. Bewußt hat man sich beim Verweis des § 592 S. 4 auf 19 RGZ 38, 66 ff. v. 29. 10. 1896 (zu § 41 KO 1877); Lange /Wulffl Lüdtke-Handjery § 592 Rn. 16. 20 Einerseits MüKo-BGB I Voelskow § 559 Rn. 7, andererseits § 592 Rn. 4; für Besicherung Staudinger I Pikalolv.Jeinsen § 592 Rn. 6. Dagegen aber RGZ 37, 88 ff. v. 16. 5. 1896 (noch zu§ 41 KO 1877); l.ange/Wulffl Lüdtke-Handjery § 592 Rn. 16. 21 Vgl. schon S. 232.
X. Verpächterpfandrecht
261
die §§ 560- 562 BGB beschränkt22. Dies gilt ebenso in der Insolvenz. Wahrend der nur über §§ 581 Abs. 2, 559 BGB geschützte Verpächter seinen Pachtzinsanspruch gern. § 50 Abs. 1 Nr. 2 InsO nur für das letzte Jahr geltend machen kann, unterliegt der Verpächter von landwirtschaftlichen Grundstücken dieser zeitlichen Beschränkung nicht (vgl. ebenda letzter Halbsatz). Daß die Norm trotzdem § 592 BGB (früher § 585 BGB) bei der Beschränkung zunächst mitzitiert, um sie im letzten Halbsatz von der Geltung inhaltlich wieder auszunehmen, muß als Redaktionsversehen des Gesetzgebers gedeutet werden.
3. Sicherungsobjekt
a) Inventar und Erzeugnisse
Das Pfandrecht des landwirtschaftlichen Verpächters nach § 592 BGB besteht wie bei § 559 BGB an den eingebrachten Sachen des Schuldners (Pächters) und weist insoweit keine Unterschiede zu diesem auf. Insbesondere wird auch hier nur das Eigentum des Pächters vom Pfandrecht erlaßt. Es urnfaßt aber weitergehend sogar die Früchte der Pachtsache. Bis zur Reform 1985 beschränkte sich diese Erweiterung auf die Besicherung der Pachtzinsforderung (vgl. § 585 BGB a.F.). Durch die Neufassung als § 592 BGB sind nunmehr alle Forderungen - wenn dies im Rahmen der Beschlüsse des Bundestages auch anscheinend nicht bemerkt wurde23 - durch die Früchte gesichert. Teilweise wird darauf hingewiesen, daß diese Erweiterung des Sicherungsobjektes um die Früchte vor allem für die nicht vom Boden getrennte Ernte Bedeutung hat24 • Richtig ist, daß nach der Trennung der Pächter ohnehin gemäß § 956 BGB Eigentum erwirbt und der Verpächter an diesen dann als "eingebrachte Sache" ein Pfandrecht erlangt, da es bei neu hergestellten Sachen auf die Tatsache einer Einbringung nicht ankommt25 • Dagegen bedarf es für die ungetrennten, noch im Eigentum des Grundstückseigentümers stehenden Früchte dieser Erweiterung, da diese anderenfalls von Dritten gern. § 810 ZPO gepfändet werden könnten, deren Pfändungspfandrecht dem Verpächterpfandrecht nach der Ernte dann vorginge. Dies wird vermieden, indem man dem Verpächter bereits ab Entstehung der Früchte ein Pfandrecht an möglicherweise eigenen Sachen zuspricht. Es handelt sich allerdings um ein Pfandrecht von "minderer Güte": Es berechtigt vor der Reife entsprechend § 824 ZPO nicht zur Verwertung und ist darüber hinaus - kraft GeMißverständlich Jauemig / Teichmann § 592 Rn. 1. Es findet sich in BT-Drucks. X/509 S. 23 die Aussage, daߧ 592 BGB der bisherigen Rechtslage entspreche; ebenso Lange/Wulffl Lüdtke-Handjery § 592 Rn. 1. 24 Jauemig / Teichmann § 592 Rn. 3. 25 RGZ 132, ll6 ff. v. 16. 3. 1931. Auch für§ 559 BGB allgemeine Auffassung: Erman/ Jendrek § 559 Rn. 6; MüKo-BGB I Voelskow § 559 Rn. 11 m. w. N. 22 23
262
2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
setzes - auflösend bedingt26: Für den Fall, daß nämlich bei der Ernte die Früchte doch nicht (z. B. wegen wirksamer Kündigung des Pachtvertrages) in das Eigentum des Pächters fallen, erlischt das Pfandrecht27 . b) Forderungen und Rechte
Bedeutender als die Einbeziehung der Feldfrüchte ist, daß sich das Pfandrecht nach bislang unbestrittener Meinung auf sogenannte Rechtsfrüchte erstreckt28 • Es gibt mehrere Argumente, die diese These stützen: Der verwendete Begriff ,,Früchte" deutet auf § 99 BGB hin, und scheint so - über Abs. 3 - die aufgrund von Rechtsverhältnissen aus der Pachtsache fließende Erträge zu erfassen. Für diese Auslegung spricht weiter, daß das Gesetz, will es nur Sachfrüchte erfassen, sich an anderer Stelle präzise in diesem Sinne ausgedrückt hat (vgl. § 1212 BGB: "Erzeugnisse"). Zuletzt lassen sich aus der Entwicklungsgeschichte Hinweise finden, daß die Erstreckung gewünscht w~9 . Wenig untersucht sind allerdings die Konsequenzen dieser These, die Zweifel an dieser allgemeinen Meinung hervorrufen. Die Bedenken gelten weniger für das üblicherweise aufgeführte Beispiel des Unterpachtzinses 30, sondern vor allem, wenn nicht nur ein landwirtschaftliches Grundstück, sondern ein ganzer landwirtschaftlicher Betrieb (Unternehmen) - § 585 Abs. 1 Alt. 2 BGB - verpachtet wird. Rechtsfrucht des Pachtgegenstandes "landwirtschaftlicher Betrieb" ist jeder Ertrag, d. h. jedes aus der Unternehmerischen Tätigkeit erlangte Recht und jede Forderung31. Soll man tatsächlich alle Verkaufsforderungen bei Veräußerung von Ware oder Inventar, das so erlangte Bankguthaben oder Steuererstattungsansprüche, wenn sie denn im Betrieb erwirtschaftet wurden, als pfandbelastet ansehen?
26 Wollte man dementgegen das Pfandrecht als aufschiebend bedingt behandeln (so wohl Lange/Wulffl Lüdtke-Handjery § 592 Rn. 15), müßte man als Konsequenz dem Verpächter vor der Ernte jedes Verwertungsrecht absprechen, so daß er sogar bei Pfandreife nicht zum eigenständigen Abemten berechtigt wäre. Dies ist mit Sinn und Wortlaut des § 592 BGB kaum zu vereinbaren. 27 Ungenau Staudinger I Pikalo I v.Jeinsen § 592 Rn. 12 ,.wird nicht mehr voll wirksam"; vgl. weiter RG v. 9. 7. 1926 HRR 1931, Nr. 597. 28 MüKo-BGB I Voelskow § 592 Rn. 5; Erman/ Jendrek § 592 Rn. 3; Staudinger I Pikalo I v.Jeinsen § 592 Rn. 2 u. 12; Lange/Wulffl Lüdtke-Handjery § 592 Rn. 15; Siber S. 15; wohl auch Palandt/ Putzo § 592 Rn. 2. 29 Mugdan II S. 241 (im Rahmen der Begründung des Verpächterpfandrechtes): ,,Der Begriff der Früchte ist nach § 792 zwar ein weiterer als der der Erzeugnisse eines landwirtschaftlichen Grundstückes,..." (§ 792 war der Vorläufer des § 99 BGB). 30 Offensichtlich in Anlehnung an BGHZ I, 176, 178 f. v. 20. 2. 1951. 31 Siehe z. B. BGHZ 63, 365, 368 v. 8. I. 1975, wo die Gewinne eines Bordells als Früchte des gepachteten Betriebes angesehen wurden (es ging natürlich nicht um das Verpächterpfandrecht).
X. Verpächterpfandrecht
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Sicher ist, daß dann das Verpächterpfandrecht sich recht deutlich von den bisher betrachteten gesetzlichen Pfandrechten unterscheiden würde, denn Forderungen waren kaum jemals Sicherungsobjekt Beim Kommissionärspfandrecht wurde dazu extra ein Befriedigungsrecht sui generis konstituiert (§ 399 HGB). Allein für das Lagerhalterpfandrecht erinnern wir uns an eine partielle (und ebenso Schwierigkeiten bereitende) Parallele32• Sicher ist weiter, daß ein Pfandrecht an Forderungen nichts mehr mit dem raumgebundenen Einbringungspfandrecht zu tun hätte. Forderungen sind nicht gegenständlich (sofern sie nicht ausnahmsweise verbrieft sind) und können daher räumlich nicht eingebracht werden. Unklar sind außerdem die Folgen für § 592 BGB. Was bedeutet, das Pfandrecht erlaßt diese Forderungen? Im Prinzip gilt für die (vertragliche) Verpfändung von Forderungen§ 1280 BGB, nach dem ein Pfandrecht erst mit Anzeige an den Drittschuldner entsteht. Andererseits verweist § 1257 BGB bekanntermaßen nicht auf Entstehungsvorschriften des Vertragspfandes und somit nicht auf § 1280 BGB. Nimmt man als Folge an, das Pfandrecht entsteht ohne Anzeige an den Schuldner (wie z. B. im Rahmen des§ 1127 BGB 33 und im neuen Opferpfandreche4), so darf der Schuldner bis zur Pfandreife nur an beide zusammen (§ 1281 BGB) und danach nur noch an den Verpächter leisten(§ 1282 BGB). Niemand kann behaupten, daß dies im Rahmen eines Wirtschaftsbetriebes ein auch nur handhabbares, geschweige denn sinnvolles Ergebnis ist. Zwar gelten zum Schutz der Drittschuldner bei Unkenntnis der Verpfändung über§ 1275 BGB die§§ 404 ff., insbesondere§ 407 BGB. Übernimmt man aberund das muß man wohl - die Gutglaubensanforderungen aus dem Vermieterpfandrecht35, reicht die Kenntnis des Schuldners von dem Bezug zum Pachtverhältnis aus, um ihn bösgläubig zu machen. Wer weiß, daß er mit dem Pächter eines landwirtschaftlichen Unternehmens kontrahiert, dürfte nur noch nach §§ 1281 f. BGB leisten. Der Pächter ist für sein Kreditinstitut, das über diese rechtlichen Hintergründe informiert ist, damit als Kunde im Grunde ebenso untragbar wie für seine ständigen Geschäftspartner (Lieferanten), weil sie den Hintergrund allesamt kennen. Weiter bedeutet diese Erstreckung des Pfandrechtes auf alle Früchte vielfach nach einiger Zeit eine vollständige Belastung des gesamten Aktivvermögens, soweit es überhaupt zur Sicherung in Frage kommt. Die Belastung besteht, da das Pfandrecht alle zukünftigen Pachtzinsforderungen sichert, in beträchtlicher Höhe. Der Pächter ist so regelmäßig nicht kreditwürdig.
Vgl. dazu ab S. 175. Bei diesem (Pfandrecht des Hypothekengläubigers an der Versicherungsforderung) besteht das Pfandrecht aber nur zugunsten von speziellen, meist aus dem Grundbuch ersichtlichen Gläubigem. 34 Siehe S. 316. 35 Für§ 581 Abs. 2 BGH v. 31. 5. 1965 WM 1965, 701, 704; für 559 BGB Staudinger I V. Emmerich § 559 Rn. 49 m. w. N. 32 33
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Dieses Problem wäre dem Gesetzgeber allerdings nicht neu (und ist nicht allein durch das Verpächterpfandrecht verursacht). Das Gesetz bekämpft das durch diese Sonderregel verursachte Dilemma durch neue Sonderregeln und kreierte (zum Ausgleich) bereits in der Weimarer Republik für andere Gläubiger vom Regelfall abweichende Bestimmungen; so für die Geldkreditgeber das Pachtkreditgesetz36, für die Saatgut- und Düngemittellieferanten das Früchtepfandrecht37. Unbestreitbar ist aber wohl, daß der Gesetzgeber weder bei der Begründung des BGB noch 1985 (bei der Reform des Sonderrechtsgebiets ,,Landpacht") diese Konsequenzen bedacht hat. Noch heute stellt man sich beim Sicherungsobjekt "Rechtsfrucht" nur den Unterpachtzins vor, bei dem die Folgen zwar unerfreulich, aber weniger dramatisch sind. In der Praxis wird sich der gut beratene Pächter darum bemühen, dem Problem aus dem Weg zu gehen und das Pfandrecht für Rechtsfrüchte vertraglich ausschließen. Ist das aber der wirtschaftlich einzig sinnvolle Ausweg, muß man die Frage aufwerfen, ob nicht bereits die Auslegung der Norm zu korrigieren ist: Trotz der aufgeführten Argumente nach denen § 592 BGB auch "Rechtsfrüchte" erfaßt, erscheint es nach den beschriebenen Folgen überzeugender, eine teleologische Reduktion des Begriffes "Früchte" auf "Sachfrüchte" zu befürworten. Die Objekterweiterung auf Früchte ist nach dem BGB - daran sei nochmals erinnert - ohnehin auf die Landpacht beschränkt. Bei der Landpacht ist die zusätzliche Erstreckung auf Rechtsfrüchte nicht nur zumeist kontraproduktiv, sondern im übrigen überflüssig. Regelmäßig steht beim selbstbewirtschaftenden Pächter mit dem Inventar und den Erzeugnissen ein ohnehin schon weitreichendes Potential an Sicherungsobjekten zur Verfügung. Diesen Pächter noch weitergehend zugunsten des Verpächters zu knebeln, schränkt dessen wirtschaftliche Handlungsfreiheit über das sinnvolle Maß hinaus ein und ist auch im Vergleich mit anderen Unternehmenspächtern kaum zu rechtfertigen. Bei einer Verpachtung an einen Landpächter, der selbst nur weiterverpachtet, ist nach dieser Auslegung der Verpächter ohne gesetzliche Sicherung. Das aber ist keine unbillige Härte, sondern verbindet ihn - sachgerecht dann mit allen anderen (nicht landwirtschaftlichen) Verpächtern in derartigen Fällen einer Unterpacht
c) Unpfändbare Sachen Generell als Sicherungsobjekt ausgeschlossen sind auch im Rahmen des § 592 BGB die gemäß §§ 811 ff. ZPO unpfändbaren Sachen. Die Beweggründe dafür 36 Gleichrangiges Vertragspfandrecht zugunsten spezieller Pachtkreditinstitute am Inventar, abgedruckt bei MüKo-BGB/ Damrau Vor§ 1204 Rn. 12; kurz kommentiert bei Staudinger/Wiegand Anh zu§ 1257 Rn. 34 ff.m. w. N. 37 Vgl. dazu noch S. 289 ff., zur Konkurrenz speziell S. 304 f. Für Lieferanten von Anlagevermögen genügte dem Gesetzugeber § 455 BGB.
X. Verpächterpfandrecht
265
sind dieselben, nämlich den potentiell zu weit greifenden Umfang des Sicherungsrechtes auf das zu beschränken, was im Schuldner- aber ebenso im Allgemeininteresse sinnvoll erscheint. § 592 BGB bringt dem Verpächter-mitSatz 3- eine Erweiterung: Trotz§ 811 Nr. 4 ZPO (der eben nicht anwendbar ist) sind die für den landwirtschaftlichen Betrieb erforderlichen Geräte, das Vieh, der Dünger und die Erzeugnisse vom Pfandrecht mitumfaßt, auch wenn sie zur Fortführung der Wirtschaft erforderlich sind. Die Erwägung für diese Erweiterung ist einerseits, daß der Verpächter sonst kaum Sicherheiten hätte, andererseits aber auch, daß ein Verpächter, der sich seinen Schuldner als Geschäftspartner erhalten möchte, sich die Verwertung der zur Betriebsfortführung nötigen Güter reiflich überlegen, und diese Möglichkeit erst als ultima ratio bei Beendigung des Pachtverhältnis wählen wird. In diesem Augenblick fiele zwar die Beschränkung ohnehin weg, es würden aber - wie beim Vermieterpfandrecht38 - mögliche rechtsgeschäftliche Sicherungen vorgehen. Der Schuldnerschutz erschien den Gesetzesverfassern durch die anderen Ziffern des § 811 ZPO hinreichend gewahrt.
4. Praktische Bedeutung
Rechtsprechung zu den Verpächterpfandrechten gibt es nur sehr wenig. Zum speziellen § 592 BGB ist seit seinem Inkrafttreten (der Untersuchungszeitraum ist identisch mit der Geltungsdauer) kein einziger entschiedener Fall bekannt. Geht man im Bereich der Landpacht zeitlich weiter zurück, findet man für die letzten fünfzig Jahre zwei ältere BGH-Fälle39. In beiden Fällen waren die Erweiterungen gegenüber dem § 559 BGB aber nicht entscheidungserheblich, so daß sie in der Literatur meist als Fälle zum Vermieterpfandrecht angeführt werden. Der Grund für die geringe praktische Relevanz des § 592 BGB ist weder, daß die Landpacht in den letzten hundert Jahren an Bedeutung verloren hat, noch, daß die Pächter besonders solvente Schuldner wären. Von 17,1 Mio. ha landwirtschaftlich genutzter Fläche in Deutschland (1995) waren 60,3% (10,3 Mio. ha) gepachtet40. 61,9% der 581.200 landwirtschaftlichen Betriebe griffen auf Pachtland zurück. Daß trotzdem das Verpächterpfandrecht nach dem Krieg immer weniger als praktische Sicherheit dienen kann41 , liegt mehr an einem Strukturwandel innerhalb der Landpacht, weg von der Pacht eines gesamten Hofes hin zum alleinigen Zupachten von reinen Nutzflächen. Von den fast 360.000 Betrieben, die Land gepachtet haben, verfügen immerhin 82% auch über eigenes Land. Das VerpächterpfandSiehe speziell S. 247 ff. BGHZ 54, 319, 329 ff. v. 7. 10. 1970; BGH v. 31. 5. 1965 WM 1965, 701 ff. 40 Statistisches Jahrbuch 1996 S. 147, auch zu den Folgedaten. 41 Trotz geringerer Veröffentlichungspraxis ist vom Reichsgericht vergleichsweise mehr Rechtsprechung bekannt, vgl. z. B. nur Fn. 19, 20, 25, 27. 38
39
266
2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
recht gewährt aber praktisch zumeist nur einen Schutz, wenn zumindest Wirtschaftsgebäude mitverpachtet sind, in denen Erzeugnisse eingelagert sind oder Inventar abgestellt wird. Fehlt es dagegen an solchen Gebäuden, ist erstens die Höhe der gesicherten Forderung erheblich geringer (denn der Zins bezieht sich aufunbebauten Boden) und zweitens die Verwertung der Sicherungsobjekte nur erschwert möglich. Die Frage, ob dann nur vorobergehend in dem Pachtraum befindliches Inventar vom Pfandrechterfaßt ist, ist bekanntermaßen umstritten42, die Verwertung noch nicht geernteter Friichte ersichtlich kompliziert43 . Zu beachten ist, daß - insbesondere bei der Pacht von gesamten Höfen - ein großer, vermutlich überwiegender Teil von Familienangehörigen gepachtet wird, wo das Pfandrecht aus der familiären Beziehung heraus nur zurliekhaltend ausgeübt wird44 • Zuletzt ist auch in der Landpacht das allgemein-wirtschaftliche Phänomen zu beachten, daß die Betriebe immer weniger über freies Betriebskapital verfügen. Maschinen werden unter Eigentumsvorbehalt erworben oder vor der Einbringung sicherungsübereignet Der Streit um die Feldfruchte wurde schon angedeutet45 . Von den 381 der 1995 bundesweit beantragten Insolvenzen (Konkurse und Gesamtvollstreckungen) im Bereich der gesamten Land- und Forstwirtschaft wurden zwei Drittel (253) mangels Masse nicht einmal eröffnet; die Deckungsquoten liegen auch bei Eröffnung noch deutlich unter denen anderer Unternehrnensarten46. Dies ist natürlich eine Konsequenz daraus, daß man gerade bei der Landpacht die verfügbare Masse - durch umfassende gesetzliche Sicherungen - bereits ohne Abwicklungsverfahren verteilt hat. 5. Vergleicbsf"älle
Vom Ausgangspunkt der hier zwar abgelehnten, aber bisher allgemeinen Auffassung, die bei der Landpacht die Möglichkeit anerkennt, im Rahmen eines gepachteten Unternehmens auf die Rechtsfruchte als Sicherungsobjekt zuriickzugreifen, müßte man überlegen, ob dieser Weg nicht im Rahmen jeder Unternehmenspacht eröffnet werden kann, d. h. speziell außerhalb der Landpacht und sogar völlig unabhängig von einer Überlassung von Grund und Boden eröffnet werden. Die prak42 Vgl. zum§ 559 BGB S. 243 und den Abgrenzungsversuch bei Lange/Wulffl LüdtkeHandjery § 592 Rn. 6. 43 Auch § 810 ZPO als Gegenstück im Rahmen der allgemeinen Vollstreckung ist praktisch nicht relevant. 44 Statistisch erfaßt ist, daß mehr als ein Viertel der Landpächter von Familienangehörigen pachten. Vgl. auch dazu Statistisches Jahrbuch 1996 S. 147. Die innerhalb von Angehörigen überlassenen Pachtgrundstücke sind bekanntermaßen ganz überwiegend die eigentlichen Höfe. 45 Vgl. dazu noch unter XIII., S. 304 f. 46 Statistisches Jahrbuch 1996 S. 136, 138.
XI. Gastwirtpfandrecht
267
tische Bedeutung (durchaus auch verstanden als Nutzen) wäre bei nicht landwirtschaftlich tätigen Betrieben sogar größer, denn Rechtsfrüchte gibt es - im Unterschied zu Erzeugnissen - bei jedem tätigen Unternehmen. Der fehlende Einbringungscharakter stünde der Vergleichbarkeit nicht entgegen, da diese Sicherungsobjekte auch im Rahmen der Landpacht nicht eingebracht, sondern vielmehr völlig ,,raumlos" sind. Daß man trotzdem eine solche Erweiterung nicht befürworten kann, liegt daran, daß ein gesetzliches, vollständig publizitätsloses Pfandrecht an einer unbeschränkten Gruppe von Sicherungsobjekten (allen "Rechtsfrüchten" jedes Unternehmens) zweckmäßiger Weise vermieden werden sollte47 . XI. Gastwirtpfandrecht In einem Zusammenhang mit den Pfandrechten des Vermieters und Verpächters wird häufig das Pfandrecht des Gastwirtes aus § 704 BGB genannt, denn auch dieser Gläubiger hat ein besitzloses Pfandrecht "an den eingebrachten Sachen". Voraussetzung ist dabei eine Beherbergung des Gastes, was einen über eine Vermietung hinausgehenden Service voraussetzt 1. Das Vermieterpfandrecht wird dann von dieser spezielleren Norm verdrängt2 . Betrachtet man die in der Literatur beschriebenen Voraussetzungen des § 704 BGB, zeigt sich allerdings, daß das Gastwirtpfandrecht sich scheinbar in einem wesentlichen Aspekt ganz erheblich von den beiden zuvor behandelten Pfandrechten unterscheidet: Nach ganz herrschender Meinung soll es nämlich nicht an einen zugrundeliegenden Vertrag (einen Beherbergungsvertrag) gebunden sein. Vielmehr sieht man die gesamten Gastwirtbestimmungen des BGB (§§ 701-704) als einggf. neben einem, als solchen ungeregelten Heberbergungsvertrag stehendes - gesetzliches Schuldverhältnis an3 . Gerade aus der Perspektive einer die gesetzlichen Verwertungsrechte vergleichenden Untersuchung ist diese vermeintliche Besonderheit des Gastwirtpfandrechts überraschend. Auf der Suche nach dem Ausgangspunkt für die Abweichung stößt man auf den Zusammenhang mit den unmittelbar vor der Pfandrechtsnorm angeordneten Haftungsbestimmungen (§§ 701-703 BGB): Diese regeln nicht nur Dazu noch im Befund ab S. 544. Nicht ausreichend ist die reine Vermietung eines möblierten warmen Zimmers, nicht erforderlich dagegen eine Bewirtung, vgl. Staudinger/Wemer Vor§ 701 Rn. 7; Palandt/Sprau § 701 Rn. 2. 2 Die Verdrängung (nicht notwendig im Sinne einer ,.Spezialität") ist allgemeine Auffassung: Jauemig I Stümer § 704 Rn. I; MüKo-BGB I Hüffer § 704 Rn. 1; Soergell Teichmann § 704 Rn. 1. 3 Palandt/Sprau Einf. § 701 Rn. 2; Soergel/Teichmann § 701 Rn. 5 i.V.m. § 704 Rn. 3; Staudinger/Wemer Vor§§ 701 ff. Rn. 5 ff. m. w. N.; im Ausgangspunkt auch Larenz SehR BT II/1 § 59, der aber von einem ,.gesetzlichen Schuldverhältnis" nur hinsichtlich der §§ 701-703 BGB spricht. 47 I
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
eine verschuldensunabhängige, unabdingbare, aber betraglieh begrenzte Haftung des Gastwirtes für Schäden an den eingebrachten Sachen aller Gäste, sondern gelten insbesondere nach einhelliger Lehre ohne Vertrag4 • Diese im Kern althergebrachte Haftungsausweitung gilt noch heute als angemessen5: Die Sachen des Gastes sind durch den regen Publikumsverkehr im Hotel und den allgemein relativ freien Zugang zu den Zimmern (insbesondere für das vom Betreiberausgesuchte Personal, aber auch für andere Gäste) besonders gefährdet. Wenn es zum Schaden (z. B. zum Diebstahl) kommt, ist meist weder der Urheber desselben zu ermitteln noch ein Verschulden des Wirtes für den Gast beweisbar. Da für die Sicherheit der Sachen im Hotel aber am ehesten der Wirt sorgen und sich seine Sicherheitsaufwendungen über den Zimmerpreis bezahlen lassen kann, hat man eine verschuldensunabhängige Haftung für alle Sachen, die ein "aufgenommener Gast" eingebracht hat, konstituiert (vgl. zu den Ausnahmen § 701 Abs. 3 und 4 BGB)6 . Voraussetzung dieser Haftung ist nur, daß die Person als "aufgenommen" im Sinne von§ 701 BGB gilt, d. h. mit der Zustimmung des Wirtes das zur Verfügung gestellte Zimmer bewohnt. Dieser Aufnahmeakt wird überwiegend als rein tatsächlich verstanden und setzt weder eine fehlerfreie Willensbildung zur Aufnahme beim Wirt oder Gast voraus noch, daß der Gast für die Aufnahme etwas schuldet7 • Die Funktion dieses Prinzips einer vertragslosen Haftung ist ersichtlich: Es erscheint angemessen, den Wirt ebenso wie mit Vertrag haften zu lassen, wenn der Gast geschäftsunfähig war, und auch, wenn der Wirt beim Vertragsschluß einem Irrtum, der ihn zur Anfechtung berechtigt, unterlag. Die Erwägungen für die Haftungserweiterung sind eben nicht aus dem einzelnen Vertrag, sondern aus dem Betrieb heraus begründet. Für§ 704 BGB, der als einzige weitere Norm für den Gastwirt zusätzlich zu den Haftungsbestimmungen in das BGB aufgenommen wurde, werden aus dem räumlichen Zusammenhang im Gesetz zu den Bestimmungen zur vertragslosen Haftung auf mehreren Ebenen Konsequenzen hergeleitet8 : Nicht nur, daß man die haftungsrechtlich anerkannte Unabhängigkeit von einer Vertragsperfektion auf § 704 BGB 4 Vgl. Nachweise in vorstehender Fn.; ebenso Hohlach JuS 1984, 357, 360; Koch VersR 1966, 705 ff., auch zur älteren Gegenmeinung. 5 Vgl. zur geschichtlichen Entwicklung und zu den Modifikationen aus 1966, die auf Basis eines internationalen Übereinkommens erfolgten, ohne das Grundprinzip zu ändern, Koch a. a. 0. (Fn. 4). 6 Zur Frage, ob es sich um eine "Gefährdungshaftung" (wegen der aus dem Betrieb mittelbar resultierenden Gefahr) oder um eine sonstige Zufallshaftung handelt vgl. StaudingerI WenzerVor §§ 701 ff. Rn. 5 m. w. N. 7 Palandt/ Sprau § 701 Rn. 3; MüKo-BGB/ Hüffer § 701 Rn. 17; Hohlach JuS 1984, 357, 359 (er spricht von "sozialem Kontakt" ähnlich der Haftung bei culpa in contrahendo); a.A. Staudinger I Wenzer § 701 Rn. 12 (Geschäftsfähigkeit des Wirtes sei erforderlich). s Über die Einzelheiten besteht allerdings Uneinigkeit, wie in diesem Kapitel wiederholt deutlich werden wird.
XI. Gastwirtpfandrecht
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erstreckt und so z. B. bei Unwirksamkeit des Vertrages ebenso eine Bereicherungsforderung aus § 812 BGB als gesichert ansieht9 [näher unter 2.a)]. Von Teilen der Literatur wird - als insofern interessanter Rechtfertigungsaspekt - der Zweck des Gastwirtpfandrechts gerade in einem Ausgleich für die ungewöhnlich weite (vertragslose) Haftung gesehen (siehe sogleich 1.). Zuletzt könnte die vermeintliche Verbindung von Haftung und Pfandrecht - wie vertreten wird - sogar Folgen für die erfaßten Sicherungsobjekte haben: Wenn der Gastwirt nämlich für eingebrachte Sachen jedes Gastes haftet, gleich, ob dieser Vertragspartner oder Schuldner ist, könnte die Parallele für die Sicherungsobjekte entsprechend bedeuten, daß sie für Forderungen haften, selbst wenn diese nicht gegen den Eigentümer bestehen [näher unter 2.a) und 3)]. Tatsächlich ist jeder dieser behaupteten Zusammenhänge von Haftung und Pfandrecht zweifelhaft. Dem bisherigen Aufbauschema folgend, sind die Bedenken und Lösungsalternativen im folgenden näher zu untersuchen. 1. Rechtfertigende Erwägungen
Aus dem Blickfeld der rechtfertigenden Erwägungen für das Pfandrecht ist zu überlegen, ob der von manchen Stimmen angeführte "Ausgleichsgedanke" tatsächlich eine Legitimation für dieses Verwertungsrecht sein kann 10• a) Vergleichende Betrachtung
Gegen einen solchen Zweckzusammenhang von Haftung und Pfandrecht kann man festhalten, daß ein solcher in unserem Recht einzigartig wäre 11 • Weder wird ansonsten ein verschärft Haftender (ob aus Gefährdungshaftung oder anderem) zum Ausgleich mit einem besonderen Sicherungsrecht bedacht noch unterliegt ein anderer Gläubiger eines gesetzlichen Pfandrechts einer so generellen Gefährdungsoder Zufallshaftung 12. Wenn Haftung und Verwertungsrecht im geltenden Recht tatsächlich einmal in Verbindung stehen, wird das Verwertungsrecht allenfalls als 9 Staudinger/Wemer § 704 Rn. 7; Palandt/Sprau § 704 Rn. 1; MüKo-BGBI Hüffer § 704 Rn. 3; Weimar ZMR 1980, 68; Fikentscher § 87 I 3 (mißverständlich oder anders III); a.A. Siber S. 40; wohl auch Erman I H.P. Westennann § 704 Rn. 2; l..arenz SehR BT li I 1 § 59 a.E. IO In diesem Sinne Staudinger/Wemer § 704 Rn. 1; Fikentscher § 87 I 1; Palandtl Sprau Einf § 701 Rn. 2 a.E.; dagegen aber MüKo-BGB I Hüffer § 704 Rn. 1; Soergel I Teichmann § 704 Rn. 1, Fn. 1. II Nicht verständlich ist es, wenn Soergel I Teichmann § 704 Rn. 1 von einem "naturgemäßen" Zusammenhang dieser Komplexe spricht. 12 Allenfalls die Sicherung von Gefahrdungshaftungsansprüchen durch gesetzliche Pfandrechte kommt ausnahmsweise vor, vgl. noch bei den Schiffsgläubigerrechten S. 374. Die Zufallshaftung des Schiffers (für Gepäck und Ladung; dazu Goldschmidt ZHR 3, 58, 62 f.) ist durch das HGB 1897 abgeschafft worden; vgl. Prüßmann I Rabe Ein!. li A.
270
2. Abschn.: Bestandsaufnahme - B. Entstehung der Verwertungsrechte
Mittel zur Haftungsbegrenzung verwendet (wie beim Befriedigungsrecht des Besitzers mit dem alternativen Nebeneinander von Anspruch und Befriedigungsrecht1\
b) Teleologische Interpretation
Noch gewichtiger erscheint, daß die behauptete Ausgleichsfunktion aus den Normzwecken nicht nachvollziehbar ist. Man hat den Gastwirt einer strengeren Haftung unterworfen, weil man der Meinung war, er könne am ehesten das besondere, zumindest mittelbar aus dem Betrieb resultierende Risiko beherrschen. Warum sollte man ihm, wenn man diese Risikoverteilung für fair erachtet, dafür einen besonderen Ausgleich gewähren? Ist es nicht vielmehr wahrscheinlich, daß er als Ausgleich für die Haftung ohnehin eine Entgeltanpassung vornimmt (und sich ggf. entsprechend versichert)? Ein Ausgleichsmechanismus über den Preis ist sachgerecht, denn Sicherheit gibt es nicht umsonst. Daß man ihm als (zusätzlichen) "Ausgleich" ein Verwertungsrecht gewährt haben soll, muß man weiter schon deswegen bezweifeln, weil im Zusammenhang der §§ 701 ff. BGB (des "gesetzlichen Schuldverhältnisses") kein Anspruch des Wirtes geregelt ist. Insbesondere bei einer Unwirksamkeit des Vertrages werden die Zweifel an dem behaupteten Ausgleich deutlich: Es ist nämlich nicht sichergestellt, daß der Gastwirt durch das Pfandrecht dann überhaupt einen Nutzen erlangt. Sein Anspruch hängt von den Einzelheiten des Bereicherungsrechts ab und ergibt sich, insbesondere bei einer Dienstleistung wie der des Gastwirtes, keineswegs zwangsläufig. Wenn die Eltern ihren Sohn, den jugendlichen Ausreißer, in einer Pension wiederfinden, in der sich dieser "eingemietet" hat, ist eine Bereicherungsforderung des Wirtes durchaus zweifelhaft14, während eine Haftung- für aus dem Zimmer abhanden gekommene Sachen - naheliegt c) Entstehungsgeschichte
Zuletzt spricht die Entstehungsgeschichte gegen eine Rechtfertigung des Pfandrechtes als Mittel zum Ausgleich der weitgehenden Haftung. Erste Vorläufer des Gastwirtpfandrechts finden sich im römischen Recht, denn die Herbergsmiete war, als Unterfall der Miete, pfandrechtlich gesichert15 • Besteht aber ein gemeinsamer römisch-rechtlicher Ursprung von Vermieterpfandrecht und Gastwirtpfandrecht, spricht dieser gegen die Erwägung vom Ausgleich einer verschärften "Haftung", Weitere Beispiele folgen, dazu noch im BefundS. 457. In diesem Sinne: Pa!andt/Sprau § 812 Rn. 30; Medicus BR Rn. 176, jeweils m. w. N. zum Streitstand. 15 Dig. 20.2.3 - siehe auch Kaser Bd. I § ll 0 II 1b. Daher war zunächst das Entgelt des Wirtes für Bewirtung und sonstige Dienste nicht gesichert; vgl. Demburg S. 299. 13
14
XI. Gastwirtpfandrecht
271
denn das Vermieterpfandrecht kennt eine solche bekanntermaßen nicht. Zwar gab es im römischen Recht schon eine erweiterte Gastwirthaftung (aus Vertrag); wenn man aber den Gastwirt nicht weitergehend privilegierte als den Vermieter, spricht nichts dafür, daß das Gastwirtpfandrecht eine andersartige, auf die Haftung zurück zu führende Rechtfertigung hat. Die inhaltliche Nähe des Gastwirt- zum Vermieterpfandrecht bleibt in der ganzen historischen Entwicklung des Pfandrechts deutlich. So ist im preußischen allgemeinen Landrecht (ALR) das Pfandrecht des Gastwirts unter Bezugnahme auf das Vermieterpfandrecht und in weiten Teilen dem heutigen Wortlaut des § 704 BGB ähnlich geregelt 16. Wie die meisten dem BGB bekannten gesetzlichen Pfandrechte fand das Gastwirtpfandrecht über die preußische KO von 1855 (§ 33 Nr. 5) und die KO von 1877 (§ 41 Nr. 5) Eingang in das BGB und ist seitdem- anders als die Haftung (siehe Fn. 5) - unverändert. Aus den Motiven zum BGB aber ist eindeutig zu ersehen, daß man eine Parallelregelung zum Vermieterpfandrecht wollte, auf das häufig Bezug genommen wurde und auf dessen Begrundung man ausdriicklich verwiesen hat 17 .
d)Resümee Die Entstehungsgeschichte läßt erkennen, daß die Verfasser des BGB spezielle Regelungen für den Vertrag mit dem Gastwirt, insbesondere für den Beherbergungsvertrag, für nicht erforderlich hielten. Es gab in bezug auf den Gastwirt insofern nur zwei althergebrachte Institute, die man übernahm und die - abgesehen vom Bezug auf Sachen beim Gastwirt - unabhängig voneinander bestanden: die besondere Haftung und das gesetzliche Pfandrecht 18 • Beide wurden als den Gastwirt betreffend zusammengestellt, ohne daß deswegen ein neuer Zusammenhang geschaffen werden sollte, etwa speziell dem Pfandrecht ein bis dato unbekannter Ausgleichscharakter zukommt. Wenn das Gastwirtpfandrecht in einer gleichlaufenden Entwicklung mit den beiden zuvor behandelten und daher ähnlich geregelten Einbringungspfandrechten entstand, ist allein die Annahme einer gleichen Intention der drei Pfandrechte schlüssig. Das heißt: Bei Raumüberlassungen hält der Gesetzgeber die Vorleistung des Überlassenden für sinnvoll, wenn sie nicht tatsächlich sogar unvermeidlich ist19. Eine Vorleistung ist dem Überlassenden vor allem dann eher zuzumuten (und 16 li 8 § 455: "Dem Gastwirt gebühren wegen seiner Bezahlung für Quartier und Bewirtung auf die eingebrachten Sachen eben die Rechte wie einem Vermieter wegen des zu fordernden Mietgeldes." 17 Mugdan II S. 330. Diese Prämisse wird heute in der Literatur zwar oft erwähnt, in der Urnsetzung aber kaum beachtet. Sehr anschaulich dazu Soergel/ Teichmann § 704 Rn. 1. 18 In den Digesten sind Haftung und Pfandrecht (auch) räumlich deutlich getrennt, vgl. zum Pfandrecht Dig. 20.2.3 (s. Fn. 15), zur Haftung Dig. 4.9.1, dazu Koch VersR 1966, 705, 706.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
seine Bereitschaft dazu leichter zu erreichen), wenn ihm zum Ausgleich (der Vorleistung!) eine ansprechende Sicherheit zur Verfügung steht. Will man eine solche mit in die Bestimmungen zum abstrakt geregelten Schuldverhältnis aufnehmen, kann sie nur an die Gegenstände anknüpfen, die im Regelfall mit dem Schuldtyp verbunden sind, auch wenn ein Wertschaffungsbezug20 ansonsten fehlt: Dies sind bei den Einbringungspfandrechten gerade die vom Nutzer mitgebrachten Sachen. Hinzu kommt, daß bei den genannten drei Schuldtypen eine vertragliche Sicherung an diesen Objekten, jedenfalls in der jetzt gesetzlich erreichten Form, kaum möglich ist, denn das BGB kennt keine besitzlosen rechtsgeschäftliehen Pfandrechte (zur Sicherungsübereignung als Ersatzsicherheit vgl. auch Befund ab S. 446). Andere gesetzliche Sicherungen greifen meist nicht (so mangels Besitzes z. B. nicht§§ 273, 1000 BGB, § 369 HGB). Auch deswegen liegen bei Raumüberlassungen gesetzliche Pfandrechte nahe. Letztlich findet man bei § 704 BGB daher nur die von den anderen Einbringungspfandrechten bekannten Rechtfertigungserwägungen; ein Ausgleichscharakter für eine verschärfte Haftung kommt ihm dagegen nicht zu. 2. Gesicherte Forderungen
a) Bindung an einen Beherbergungsvertrag
Als nächster Schritt ist zu klären, ob trotz fehlenden Rechtfertigungszusammenhanges insoweit eine Parallele der Regelungskomplexe besteht, als § 704 BGB unabhängig von einem Seherbergungsvertrag allein als Folge einer "Aufnahme" anwendbar ist, wie es die herrschende Meinung annimmt21 • Ohne die funktionelle Verbindung ist meines Erachtens das stärkste Argument für ein "vertragsloses gesetzliches" Pfandrecht allerdings weggefallen. Es gibt jedoch Stimmen, die die Ausgleichsfunktion des Pfandrechtes verneinen und gleichwohl das Pfandrecht vom Seherbergungsvertrag loslösen22. Die Begründung einer solchen vertragslosen Sicherung fällt aber ersichtlich schwer:
19 Die Gegenseite hat- für den Fall ihrer Vorleistung- nämlich gemeinhin noch größere Schwierigkeiten, die ja nicht auf Geld gerichtete Leistung des Vermieters, Verpächters oder Gastwirts zu erzwingen. Vgl. schon für Vermieterpfandrecht S. 227 f., für das Verpächterpfandrecht S. 256, 258. 20 Im Sinne der vorher behandelten Besitzpfandrechte. Siehe auch schon S. 225. 21 Vgl. schon die Nachweise in Fn. 9. Weder Befürworter noch die angeführten Gegenstimmen bieten - über den behaupteten Rechtfertigungszusammenhang hinaus - eine Begründung ihrer jeweiligen Behauptung. 22 Insbesondere Hüffer und Teichrrumn a. a. 0. Fn. 9. Siehe noch Fn. 24.
XI. Gastwirtpfandrecht
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aa) Wortlaut Die Betrachtung des Wortlautes des § 704 BGB liefert keine sichere Erkenntnis über die Frage einer notwendigen Vertragsperfektion. Es läßt sich eher im Gegenteil sagen, daß eine Sonderrolle des Gastwirts im Vergleich zu den anderen gesetzlichen Pfandrechten des BGB nicht zu erkennen ist. Zwar verlangt § 704 BGB nicht explizit eine rechtsgeschäftliche Forderung für das Pfandrecht, sondern spricht nur - wertungsoffen - von "Forderungen für Wohnung und andere . . .. gewährte Leistungen". Dies entspricht aber vielen der zuvor behandelten Rechten, speziell den Tatbeständen, die Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts konstituiert wurden. Trotzdem ist für diese anderen eine Bindung an den jeweiligen Vertragstyp des Gläubigers einhellige oder zumindest herrschende Meinung (siehe z. B. §§ 559, 583 BGB, § 397 HGB, ähnlich bis 1998 auch§§ 41023 , 421 HGB a.F.). Da aber der Gastwirt grundsätzlich - wie diese anderen Pfandgläubiger - auf vertraglicher Grundlage tätig wird, ist der Wortlaut sicher kein Argument für ein vertragsloses Pfandrecht. bb) Systematik Wichtigstes verbleibendes Argument der BefürworteT des "vertragslosen" Gastwirtpfandrechts ist wohl der zumindest räumliche Zusammenhang des § 704 BGB mit den davor angeordneten§§ 701-703 BGB. Damit einher geht die Verwendung scheinbar gleicher Begriffe ("eingebrachte Sachen", "Gastwirt" und "Gast") und der gemeinsame Titel ("13. Einbringung von Sachen bei Gastwirten")24 . Meines Erachtens hat diese räumliche Verbindung der Bestimmungen für das Erfordernis eines Vertrages trotzdem kaum Argumentationswert25, denn der Abschnitt zum Gastwirt steht inmitten vertraglicher Schuldverhältnisse (nämlich dem Gesellschafts- als 12. und dem Verwahrungsvertrag als 14. Titel der besonderen Schuldverhältnisse). Zwar ist vor dem Verwahrungsvertrag das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag (11. Titel: §§ 677 ff. BGB) angeordnet. Das zeigt aber nur, daß das Gesetz die Zusammenstellung und Anordnung der Bestimmungen hier nach thematischen Gesichtspunkten vornimmt: So steht die besagte Geschäftsführung ohne Auftrag im Anschluß an den rechtsgeschäftliehen Auftrag, verbunden über die Schuldnerpflicht als gemeinsames Merkmal. Entsprechend können die Haftungsbestimmungen für den Gastwirt insofern vertragsunabhängig, § 704 BGB aber vertragsabhängig sein, weil allein die "Sacheinbringung Zum Streitstand beim alten Speditionspfandrecht siehe schon S. 161 ff. Wenn man dagegen wie Soergel/ Teichmann § 704 Rn. 1 hervorhebt, daß weder ein Rechtfertigungs- noch ein systematischer Zusammenhang zwischen Pfandrecht und Haftung besteht, bleibt man jede Begründung schuldig. 25 Darauf verweist schon Planck I Lobe § 701 Anm. 2a a. 23
24
18 Bechtloff
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
bei Gastwirten" die gemeinsame Verbindung der Normen darstellt. Ist dies richtig, führt der Name des gemeinsamen Titels gleichfalls nicht weiter. Die verwendeten Begriffe erweisen sich sogar eher als Gegenargumente gegen eine Parallele von Haftung und Pfandrecht, denn sie sind kaum in Übereinstimmung zu bringen. Der vermeintlich gleiche Begriff für Haftungs- und Sicherungsobjekt ("eingebrachte Sachen") ist kein Argument für eine Einheit der Bestimmungen. Zum einen deutet der Tenninus in § 704 BGB mindestens genauso auf eine Verbindung zum gleichlautenden, vertragsgebundenen § 559 BGB hin. Zum anderen legt die herrschende Meinung die gleich verwendeten Begriffe "eingebrachte Sachen des Gastes" ohnehin nicht einheitlich aus. Überzeugend wird im Sinne der Haftungsbestimmung (vgl. § 701 Abs. 1 BGB) jeder Aufgenommene als "Gast" angesehen, unabhängig davon, ob er Vertragspartner oder auch nur Schuldner des Wirtes ist. Natürlich muß z. B. im Rahmen von Pauschalreisen, wenn der Hotelier mit dem Reiseveranstalter und dieser mit dem Reisenden kontrahiert, der Wirt für die Schäden an den Sachen der "Aufgenommenen" (Gäste) einstehen26• Bei konsequenter Fortführung der Einheit von §§ 701 ff. und§ 704 BGB müßten die wortgleich bestimmten Haftungsobjekte dann auch Sicherungsobjekte des Pfandrechts sein. Dies aber wird von der herrschenden Meinung - anders wohl nur Fikentsche?-7 - ausdrücklich abgelehnt. Man ergänzt in § 704 BGB nach "ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Gastes" - als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal- "sofern dieser Schuldner ist"28 • Diese ,,Notbremse" der herrschenden Meinung ist im Ergebnis sicher richtig: So einleuchtend es ist, daß der Wirt für Schäden an den Sachen haftet, so systemwidrig und grundlos erschiene es, daß ihm alle Sachen der Gäste (z. B. der Pauschalreisenden), selbst wenn sie ihm nichts schulden, als Verwertungsobjekt dienen, nur weil der Vertragspartner (also z. B. der Reiseveranstalter) nicht bezahlt. Der Wirt kann kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Wert der Sachen als Sicherheit haben, denn zumeist hat er sie bei Vertragsschluß nicht einmal gesehen. Er kann auch nicht behaupten, daß ihr Wert durch ihn gemehrt oder erhalten wurde. Die für das überzeugende Resultat nötige "Tatbestandsergänzung" der herrschenden Meinung kann sich sparen, wer erkennt, daß ein "Gast" im Sinne von § 704 BGB - eben anders als bei der Haftung - ohnehin nur der Vertragspartner des Wirtes ist29• Ebenso Hohlach JuS 1984, 357, 360. Fikentscher § 87 ill erstreckt das Pfandrecht - wohl als Konsequenz des behaupteten Zusammenhanges Haftung I Pfandrecht - auf Sachen von Personen, die aus dem Vertrag nur berechtigt werden. 28 Staudinger/Werner § 704 Rn. 4; Schwerdtner Jura 1988,251, 257; MüKo-BGBI Hüffer § 704 Rn. 4; Weimar ZMR 1980, 68; Palandtl Sprau § 704 Rn. 1; Soergell Teichmann § 704 Rn. 4 (vgl. zu diesem Fn. 29). 29 Besonders deutlich werden die wenig überzeugenden Folgen für die herrschende Meinung bspw. bei Soergel I Teichmann § 704 Rn. 4, der den Kreis der Sicherungsobjekte erweitert, wenn der Vertrag unwirksam ist (dann haften nach ihm auch die Sachen der Begleiter des vermeintlichen Vertragspartners); dagegen Ermanl H.P.Westermann § 704 Rn. 2. 26 27
XI. Gastwirtpfandrecht
275
Eine Übereinstimmung von Haftungs- und Pfandrechtsnorm besteht nach herrschender Ansicht in bezugauf den Begriff "Gastwirt". Aber selbst wenn man dem folgt [wenig überzeugend, vgl. c)] und den Begriff des Gastwirts in § 701 BGB, der nur den gewerbsmäßig Handelnden erfaßt30, auf das Pfandrecht überträgt31 , ergibt sich daraus kein Argument für ein vom Heberbergungsvertrag unabhängiges gesetzliches Pfandrecht. Zwar würde das Gastwirtpfandrecht dann nicht für die "Beherbergungsverträge" von beherbergenden Privatleuten gelten, aber das wäre nichts besonderes: Schon der Vergleich mit den dann ähnlichen Pfandrechten des vierten Buches des HGB zeigt, daß mitunter nicht alle eine spezielle Leistung Erbringenden, sondern nur die gewerblich Handelnden gesetzlich gesichert sind32• cc) Argumentation aus der historischen Entwicklung Ein deutliches Argument gegen ein vom Heberbergungsvertrag gelöstes Gastwirtpfandeecht bietet wiederum die Entstehungsgeschichte. Da das Gastwirtpfandrecht im römischen Recht ein Unterfall des Vermieterpfandrechts war, das- wie ausgeführt - aus einem Vertragspfand hervorging, bestand in Rom eine Pfandsicherung des Wirtes nur bei wirksamer vertraglicher Begründung. Von Henke 33 wurde (in anderem Zusammenhang) allerdings geltend gemacht, unser Gastwirtpfandrecht entstamme nicht einer typisierten vertraglichen Verpfändung. Dem ist aber nur insoweit zuzustimmen, wie dies schon für das Vermieterpfandrecht richtig ist: Auch beim Gastwirt gab es wohl ein aus dem Deutschrechtlichen stammendes außerprozessuales Pfändungsrecht, und ist insofern eine aus verschiedenen Wurzeln herrührende Entwicklung zu beobachten34. Von diesen rechtsgeschäftliehen Ursprüngen des Gastwirtpfandrechts hat man sich für das BGB nicht gelöst. Als man nämlich bei der Schaffung des Gastwirtpfandrechts eine an das Vermieterpfandrecht gekoppelte Bestimmung wünschte und auf die Vorläuferbestimmung des § 559 BGB verwies35, lautete die Bestimmung zum Vermieterpfandrecht zunächst sogar noch sehr deutlich "Ansprüche aus dem Mietvertrage" 36• Dies kann ebenfalls nur als Argument dafür verstanden werDamit Kaufleute, vgl. schon zum alten Recht Heymann/ V. Emmerich § 2 Rn. 4. MüKo-BGB/ Hüffer § 704 Rn. 2; Weimar ZMR 1980, 68; Staudinger/Wemer § 704 Rn. 2m. w. N. 32 So ist beim Transportvertrag z. B. ebenso nur der Gewerbetreibende gesetzlich gesichert (siehe S. 158). 33 Henke AcP 161, S. 21 f. Er verweist auf Quellen ab dem 16. bis 19. Jahrhundert, nach denen der Wut dem Gast die mitgeführten Sachen in Selbsthilfe wegnehmen durfte, um durch Zurückbehaltung die Zahlung zu erzwingen. 34 Nicht sicher ist allerdings, wie weit hier der Einfluß römischen Rechts wirkte, da alle Quellen aus der Zeit nach der Rezeption stammen. 35 Siehe schon Fn. 17. 36 Vgl. dazu S. 229. 30
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme - B. Entstehung der Verwertungsrechte
den, daß die Verfasser des § 704 BGB ein vertragsabhängiges Pfandrecht schaffen wollten. An einer weiteren Stelle wird weiter sogar explizit vom Pfandrecht für den Vertrag des Wirtes gesprochen 37 . Auch die Zusanunenstellung mit der "vertragslosen Haftung" war kein Sinneswandel der Gesetzesverfasser, wie sich aus der Entwicklung dieser Haftung ergibt. Nach Inkrafttreten des BGB waren nämlich die Meinungen, ob diese eine rechtsgeschäftliche oder ein gesetzliche ist, zunächst sogar noch geteilt38 . Eine insofern hinsichtlich der gesetzlichen Haftung ganz herrschende Meinung hat sich erst in jüngerer Zeit herausgebildet. Noch bei den 1956 auf internationaler Basis geführten Beratungen konnte man keine einheitliche Meinung feststellen und überließ es dem jeweiligen nationalen Reche9 • Wenn man sich aber bei den Beratungen zur Gastwirthaftung über deren Rechtsnatur nicht einmal festlegte, kann aus der räumlichen und begrifflichen Nähe des § 704 BGB zu den Haftungsregeln ohnehin kein Rückschluß auf die Rechtsnatur des Pfandrechtes gezogen werden. dd) Ergebnis Bedenkt man zuletzt, daß die Haftung auf Fälle ohne Vertrag erstreckt wurde, weil die Betriebsgefahr der Gastwirtschaft für die Sachen ohne Vertrag genauso besteht, zeigt sich, daß dies nicht rechtfertigt, deswegen eine Pfandbelastung ohne Vertrag anzunehmen. Anders als bei der Haftungsfrage unterscheidet sich die Sicherungslage des Gastwirts nicht vom Vennieter, Verpächter oder einem anderen gesetzlich gesicherten Vertragsgläubiger. Er ist somit unter den entsprechenden Voraussetzungen als gesichert anzusehen; d. h. nur, wenn er den für ihn maßgebenden Beherbergungsvertrag wirksam geschlossen hat. Dieses Verständnis wird durch den Blick auf die Entstehung des Rechtes gestützt. Der systematisch als zufällig anzusehende Anordnungszusanunenhang mit der vertragslosen Haftung des Gastwirts ändert daran nichts. b) Selektion der Vertragsforderungen
Geht man von der Sicherung der Ansprüche aus dem Beherbergungsvertrag aus, stellt sich die weitere Frage, ob alle oder nur einzelne vertragliche Ansprüche er37 Im Rahmen der Beratungen zum § 559 BGB steht die Aussage, daß man das Gastwirtpfandrecht im Rahmen des Vertragsverhältnisses zwischen Wirt und Gast regeln wolle, Jakobs/Schubert §§ 433-651 S. 520. 38 Vgl. die Darstellung des Meinungsstandes bei z. B. Planck/ Lobe§ 701 Anm. 2a a. Lobe spricht sich gegen eine gesetzliche Haftung aus, hält aber Forderungen aus§ 812 BGB für durch das Pfandrecht gesichert, vgl. a. a. 0. § 704 Anm. 3. Offensichtlich sieht er daher keinen Zusammenhang zwischen Pfandrecht und Haftung. 39 Siehe als Vorinformation für die Reform 1966: BT-Drucks. IV /3328 (entspricht BTDrucks.V /146) S. 11.
XI. Gastwirtpfandrecht
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faßt sind, da § 704 BGB eine Aufzählung mehr oder weniger konkreter Forderungen enthält. Aus der zum zweiten Entwurf zum BGB entstammenden Formulierung, nach der "alle Forderungen" erlaßt sind, die auch "andere" (als Wohn-) "Bedürfnisse" des Gastes befriedigen oder Auslagenersatz gewähren, wird üblicherweise eine umfassende Sicherung der vertraglichen Anspruche hergeleitet, selbst wenn diese für Nebenleistungen (z. B. die Bewirtung) bestehen40. Zu den gesicherten Anspruchen gehören nach allgemeiner Ansicht sogar Schadenersatzforderungen41, auch wenn das in einem gewissen Spannungsverhältnis zum Wortlaut steht. Die Begrundung lautet, ein Schadenersatzanspruch wegen der Beschädigung von Räumen oder Inventar beruhe auf der dem Gast gebotenen Leistung42. Eine enger am Wortlaut argumentierende (soweit erkennbar nicht vertretene) Gegenthese, nach der ein Schadenersatzanspruch vielleicht eine Ursache in der Leistung habe, aber kaum als Forderung für die erbrachte Leistung anzusehen ist, würde wegen der Differenz zu den anderen Einbringungspfandrechten nicht überzeugen. Endgültig an die Grenzen des Wortlauts sowie der ratio stößt die These von der Sicherung von Schadenersatzanspruchen, wenn der Ersatzanspruch zwar aus positiver Vertragsverletzung resultiert, aber nicht in Zusammenhang mit einer Leistung des Wirtes an den Gast steht. Ein Beispiel: Ein schadenfroher Gast verbreitet schon bei der Anreise unter seinen (mutmaßlich zukünftigen) Mitbewohnern negative, unwahre Informationen über das Hotel - Kakerlaken in der Küche - worauf diese wieder abreisen. Die Ersatzanspruche des Wirtes sind von § 704 BGB nicht erlaßt, selbst wenn der Übeltäter in das Hotel einzieht. Schadenersatzanspruche sind demnach - so kann man im Ergebnis die allgemeine Richtlinie bilden - dann vom Pfandrecht gesichert, soweit sie noch in einem direkten Zusammenhang zur Leistung des Wirtes stehen. Auf eine Besonderheit lohnt es sich noch hinzuweisen: Der Vertrag mit dem Gastwirt ist oft ein Rahmenvertrag, bei dem ein im Hotel wohnender Gast mitunter nachfolgend konkretisierende Einzelverträge "zur Bedürfnisbefriedigung" schließt. Zur Verdeutlichung: Größere Hotels bieten dem bei ihnen wohnenden Gast eine Vielzahl von Leistungsoptionen "für seine Bedürfnisse" (Wortlaut § 704 BGB), die durchaus zum Teil gesondert entgolten werden und im ursprungliehen Vertrag nicht selbst begrundet sind. Als Beispiele seien Kleiderreinigung, Massagen, Friseur, Verkauf von Briefmarken, aber auch zusätzliche Bewirtung in Hotelrestaurants und der Bar zu nennen. Daß es für diese Einzelleistungen eines gesonderten Vertragsschlusses bedarf, ist ebenso eindeutig, wie daß der Seherbergungsvertrag oft als Rahmenvertrag für diese einzelnen Kauf-, Werk- oder Dienstverträge fungiert43. Das Gastwirtpfandrecht in seiner Natur als Sicherungsrecht des Rahmen40 Wohl unbestritten: Palandt/Sprau § 704 Rn. 1; Staudinger/Wemer § 704 Rn. 6; MüKoBGB I Hüffer § 704 Rn. 3; Soergel/ Teichmann § 704 Rn. 3. 41 Vgl. die Fn. 40 Genannten; Werner in Rn. 7. 42 So Hüffer a. a. 0. (Fn. 40).
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme - B. Entstehung der Verwertungsrechte
vertrages bringt es mit sich, daß im Einzelfall alle möglichen, ansonsten ohne gesetzliches Pfandrecht bestehenden Ansprüche, z. B. mit kauf-, dienst- verwahrungsvertraglichem Inhalt gesichert sind, sofern sie als Leistung "für die Bedürfnisse" des Gastes zu qualifizieren sind [zu den Grenzen siehe sogleich c)]. Diese Besonderheit des Rahmenvertrags kann sogar ausnahmsweise - und ohne Widerspruch zu oben 2.a) - zur Besicherung von Bereicherungsforderungen führen. So nämlich, wenn der Rahmenvertrag wirksam und der konkretisierende Einzelvertrag unwirksam war (z. B. die letzte Getränkeorder des betrunkenen Gastes). c) Grenzen der Sicherung
Angesichts dieses mitunter weitgehenden Forderungsumfanges stellt sich die Frage nach den Grenzen der Sicherung gerade mit Blick auf die gesicherten Ansprüche wegen Leistungen zur Befriedigung der Bedürfnisse des Gastes44 • Für die meisten Fälle zutreffend wird bspw. darauf hingewiesen, daß ein dem Gast gewährtes Darlehen nicht durch § 704 BGB gesichert ist45 • Kaum ein Wirt gewährt seinen Gästen- im Rahmen der Heberbergung (und darauf kommt es an)- Darlehen im Sinne von § 607 BGB. Allenfalls in Ausnahmeflillen ist das zu relativieren: Zu denken ist an den Fall, daß der am Samstag um sein Portemonnaie und seine Urlaubskasse beraubte Gast von seinem Wirt einen für das Wochenende benötigten Bargeldbetrag erhält, bis am Montag wieder eine Bank öffnet. Dies ist zwar - insoweit ist Wemer zuzustimmen -keine Auslage, sehr wohl aber eben eine zur Befriedigung der Bedürfnisse des Gastes gewährte Leistung. Eine Abgrenzung von gesicherten und ungesicherten Leistungen kann man erreichen, indem man den Anwendungsbereich des § 704 dadurch einschränkt, daß man eine gewisse Üblichkeif der Leistung verlangt46• Danach wäre die Leistung gesichert, wenn es bei einem idealtypisch-vernünftigen Wirt möglich erscheint, daß er einem Gast diese Leistung gewährt. Die ,,Möglichkeit" muß genügen, denn anderenfalls wären "Leistungsvorreiter" in der Branche benachteiligt. Weiterhin ist im Streitfall der Wirt dafür beweispflichtig, daß die Leistung (nur) deswegen erfolgt ist, weil der Darlehensnehmer Gast war. Bei einem Darlehen werden daher zur Sicherung schon ungewöhnliche Begleiterscheinungen (wie oben geschildert) erforderlich sein. 43 Der Rahmenvertrag bestimmt auch, daß und bis zu welcher Grenze solche Einzelleistungen "auf die Zimmerrechnung gesetzt werden können". 44 Es ist nicht bekannt, ob und wo der Gesetzgebers eine Grenze der Sicherung sehen wollte. Er hätte das Problem aber sehen können, denn Hotels, die ihre Gäste ,,hofiert" haben, gab es schon damals. 45 Staudinger/Wemer § 704 Rn. 7; MüKo-BGB/ Hüffer § 704 Rn. 3; Erman/ H.P.Westermann § 704 Rn. 4. Gegen die Besicherung von "Vorschüssen" des Wirtes (gemeint sind Darlehen) schon die Materialien zu § 41 KO 1877 (mit deswegen engerem Wortlaut), Hahn IV S.204. 46 So wohl Planck/ Lobe § 704 Anm. 3: " ... alle Leistungen, . . . die in Gasthäusern gewährt zu werden pflegen ..."
XI. Gastwirtpfandrecht
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Unklar ist zuletzt die Besicherung erst zukünftig entstehender Forderungen47 • Findet man bei Röske die nicht weiter begründete These, daß entsprechend dem Vennieter und Verpächter hier keine entstandene Forderung vorausgesetzt sei48, hält Siber die Sicherung zukünftiger Forderungen beim Gastwirt für ausgeschlossen49. Die Begründung für den Ausschluß entnimmt letzterer dem Wortlaut, der von (bereits) "dem Gaste ... gewährten Leistungen spricht". Ich halte das nicht für überzeugend. Die Tatsache, daß eine Leistung bereits gewährt ist, bedeutet nicht, daß die Forderung nicht gleichwohl noch künftig ist. Gerade die §§ 158 ff. BGB zeigen die Vielfalt der Regelungsmöglichkeit der Parteien, die die Entstehung von Gegenforderungen von der Leistung abkoppeln können. Bei den gesicherten Schadenersatzansprüchen - soweit sie im Zusammenhang mit Leistungen an den Gast entstehen (siehe oben) -erscheint es sogar ausgesprochen sinnvoll, zukünftige Ansprüche zu erfassen. Beschädigt der Gast bspw. das Zimmer, so daß es eine Zeitlang nicht nutzbar ist, ist es - wenn man Schadenersatz für erfaßt hält - unangemessen, die Pfandhaftung wegen des zukünftigen Ausfallschadens des Gastwirtes zu verneinen. Überzeugender ist es, hier ebenso zukünftige Ansprüche als gesichert anzusehen. Im übrigen kann man mit gutem Recht bezweifeln, ob der Gesetzgeber durch die - mißverständliche - Formulierung überhaupt eine zeitliche Komponente regeln wollte. In Parallele zum Mietrecht wird man beim Seherbergungsvertrag die Entgeltforderungen für Raumüberlassung erst mit dem Anbruch des Zeitabschnittes (regelmäßig sind das in diesem Gewerbe Tage) als entstanden und die übrigen -sind sie auch für beide Seiten verbindlich gebucht- als befristet ansehen50• Kann es sinnvoll oder beabsichtigt sein, dem Gastwirt nur für die Zeitabschnitte die Sicherung für das Entgelt zu gewähren, die bereits angelaufen sind, und für die, bei denen er die Nutzung noch gewähren muß (aber noch nicht gewährt hat), die Sicherung- mit allem Schutzpotential wie§ 561 BGB, § 805 ZPO- zu verweigern? Es ist teleologisch kaum zu begründen, warum das Recht hier gegenüber § 559 BGB weniger weit reichen soll. Der Wortlaut erzwingt dies nicht. "Gewährte Leistungen" ist nicht zeitlich, sondern nur inhaltlich zu verstehen sind und deswegen sind auch die Forderungen als gesichert anzusehen, die für zukünftig noch zu gewährende Leistungen entstehen. d) Geschützter Gläubiger ("Gastwirt")
Nach der erwähnten herrschenden Meinung ist- wieder in Parallele zur Haftung -nur der "gewerbliche" Gastwirt durch§ 704 BGB geschützt51 • Vorzugswürdig 47 48 49 50 51
Vgl. schon S. 165 ff., 234 ff. und noch im BefundS. 497 ff.
Röske S. 19.
Siber S. 13. Siehe dazu schon S. 234 ff. Vgl. schon die Nachweise in Fn. 31.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
erscheint es allerdings, § 704 BGB ebenso auf den privaten Gastwirt zu beziehen, d. h. auf jeden, der einen Seherbergungsvertrag abschließt und Gäste aufnimmt. Es ist nach dem Wortlaut und der Systematik nicht nötig, die Beschränkung des § 701 BGB auf § 704 BGB zu erweitern, denn § 701 BGB nimmt nach seinem Wortlaut gerade keine Legaldefinition des Begriffes "Gastwirt" vor. Wahrend der Wortlaut des § 701 BGB nämlich die Haftung auf die gewerbliche Gruppe innerhalb der Gastwirte beschränkt, wiederholt § 704 BGB die auf eine Gewerbsmäßigkeit bezogene Einschränkung des§ 701 BGB nicht, sondern spricht ganz allgemein vom "Gastwirt". Eine Differenzierung zwischen gewerblichen und privaten Wirten im Rahmen des § 704 BGB erschiene auch nicht gerechtfertigt. Gerade in Feriengebieten (z. B. der mecklenburgischen Ostseeküste) kommt die private Zimmervermietung an Sommerurlauber (bei Wunsch auch mit Frühstück) durchaus vor. Daß in diesen Fällen die Haftung wegfällt, überzeugt durchaus, denn die aus der Gewerblichkeit folgenden Risikofaktoren (Personaleinsatz, relativ freier Zugang für nicht weiter überprüfte Personen) fehlen hier. Dagegen besteht das Risiko des Forderungsausfalls hier im Grunde ebenso wie beim gewerblichen Unternehmer. Zwar bringt der Mengenbetrieb ein zusätzliches Risiko, er verschafft aber gleichzeitig zusätzliche Sicherheit durch den regelmäßig vorhandenen Organisationsvorsprung: Dies fängt bei der Beschäftigung von Sicherheitspersonal an und reicht über die Verwendung von Kreditkartensystemen mit Ausstellung von Blankobelegen bereits bei der Aufnahme bis hin zum Zusammenschluß von Beherbergungsbetrieben, etwa über Verbände, was den Datenaustausch über aufgefallene Zechpreller erleichtert. Aus diesen Gründen erschiene eine Beschränkung auf gewerbsmäßige Seherbergung als unsachlich. Richtig ist natürlich, daß der private Wirt - verneint man die Anwendbarkeit des§ 704 BGB für ihn- zumindest für den Mietanteil seiner Forderung durch den dann mangels Spezialität nicht verdrängten § 559 BGB gesichert ist. Doch auch ein Ausfall mit dem Entgelt für weitere Leistungen (und sei es nur für das Frühstück) erscheint mir nicht gerechtfertigt. Zuletzt bleibt zu erwähnen, daß auch die Aufnahme der Bestimmungen in das BGB die hier vertretene Ansicht stützt. Wollte man die Vorschriften zum Gastwirtrecht insgesamt allein für den gewerbsmäßig Handelnden konstituieren, hätte es näher gelegen, diese im HGB anzusiedeln. Für das BGB wird man sagen müssen, daß - wenn nicht eine ausdrückliche Einschränkung, wie etwa für die Gastwirtshaftung vorliegt- die Normen im Zweifel gleichfalls für Private gelten (was ohnehin nur wegen eines systematischen Zusammenhangs mit den §§ 701 ff. BGB und nicht allein aus § 704 BGB heraus zweifelhaft sein kann). Selbst hinsichtlich des Begriffs des "Gastwirts" besteht keine Übereinstimmung der Voraussetzungen von Haftung und Pfandrecht und ist daher die Erkenntnis zutreffend, daß die Komplexe allein durch die tatsächliche "Sacheinbringung" verbunden sind.
XL Gastwirtpfandrecht
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3. Sicherungsobjekt
a) Bewegliche, pfändbare, eingebrachte Sachen
Das Sicherungsobjekt entspricht sehr weitgehend dem des Vermieterpfandrechts. Erfaßt sind zunächst alle eingebrachten beweglichen Sachen, wobei der Einbringungsbegriff dem im Mietrecht entspricht (siehe dort S. 241). Als ebenso entsprechende Ausnahme verweist § 704 S. 2 BGB auf die §§ 559 S. 3 bis 563 BGB, so daß unpfändbare Sachen hier ebenfalls vom Sicherungsrecht nicht erfaßt sind. b) Eigentum des Schuldners
Das Pfandrecht besteht nur an den Sachen, die im Eigentum des Schuldners stehen, wobei der Schuldner - entsprechend 2.a) - nur der Vertragsschuldner ist. Wie bereits vorne gezeigt, ist diese Behauptung im Rahmen des § 704 BGB allerdings keineswegs unbestritten. Die Auffassungen, nach denen entweder jede nach§ 701 BGB geschützte Sache zur Sicherung dient oder - etwas anders - zumindest bei Vertragsunwirksamkeit zu einem Objekt der Pfandhaftung wird, überzeugen nicht52. An nicht dem Vertragspartner gehörenden Sachen kann das Gastwirtpfandrecht auch nicht gutgläubig erworben werden, selbst wenn der Gastwirt an ihnen, z. B. im Hotelsafe, Besitz erlangt. Ebensowenig hilft dem Gastwirt § 366 Abs. 3 HGB weiter (vgl. dessen Wortlaut), wenn er- wie zumindest regelmäßig- Kaufmann ist. Anerkannt ist zuletzt für § 704 BGB ebenso wie für § 559 BGB die Erfassung von Anwartschaften53 , wobei die praktische Bedeutung hier sehr gering sein dürfte. 4. Praktische Bedeutung
Obwohl der Gastwirt in der tatsächlichen Praxis oft vorleistet und sonstige (auch vertragliche) Sicherheiten zumeist nicht vorhanden sind54, ein Sicherungsbedürfnis daher vorhanden sein müßte, ist (anders als bei der Gastwirthaftung) keine Rechtsprechung und damit kein praktischer Fall zu§ 704 BGB veröffentlicht55 . Siehe schon S. 274 bei Fn. 27 und 29 (vgl. in diesen die Nachweise). Erman I H.P. Westennann § 704 Rn. 3; Soergell Teichmann § 704 Rn. 4; MüKo-BGB I Hüffer § 704 Rn. 4. 54 AGB sind selten (vgl. Hohlach JuS 1984, 357), so daß schon deswegen vertragliche Sicherungen (abgesehen von im Sicherungswert eingeschränkten Blankobelastungsbelegen von Kreditkarten) ausscheiden. Andere gesetzliche Sicherheiten scheitern regelmäßig am fehlenden Besitz des Wirtes. 52 53
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Auf der Suche nach den Ursachen kann man festhalten, daß die Forderungen des Gastwirts gegen einen Großteil aller Gäste nicht sehr hoch (unter DM 1000) sind und sich daher eine Durchsetzung auch im "vereinfachten" Weg über das Pfandrecht weniger als z. B. beim Vermieter lohnt. Gleichwohl gibt es Hotels, die schon aus Abschreckungsgründen generell jede Forderung beitreiben lassen56 . Ein Hauptproblem der Gastwirte dürfte tatsächlich sein, daß der Gast, der im Hotel wohnt und die Rechnung nicht bezahlt, in viel größerem Maße als Mieter, Pächter oder auch als Versender oder Werksbesteller mit krimineller Absicht agiert. Ein Gast, der während seines meist nur kurzfristigen Hotelaufenthalts überraschend insolvent wird oder seine gesamte Habe verliert und deswegen bei Auszug nicht zahlen kann, dürfte die absolute Ausnahme sein. Ein zahlungsunwilliger Gast wird oft einen Weg finden, das Hotel ohne Bezahlung mit seinem Gepäck zu verlassen. Ist dies aber erst einmal geschehen, nützt dem Gastwirt auch § 562 Abs. 2 BGB nichts mehr. Weitere Probleme der Branche sind, daß zum einen der Gast gar nicht Schuldner (bei Geschäftsreisenden ebenso üblich wie bei Pauschalreisen), und zum anderen ein Großteil des Gepäcks wegen § 559 S. 3 BGB nicht erfaßt ist. Letztendlich sieht man, daß die Griinde, warum ein Sicherungsrecht nur eingeschränkt funktioniert, vielfältig sein können. Das Gastwirtpfandrecht bleibt praktisch vor allem über§ 561 BGB von Bedeutung. Allerdings wäre einem heimlich aus dem Hotel ausziehenden Gast sogar ohne Pfandrecht über § 229 BGB beizukommen und dieser über die Drohung mit der Polizei häufig zur Zahlung zu bewegen57. Sein Verwertungsrecht an dem Gepäck hilft ihm demgegenüber nicht viel weiter, denn gebrauchtes pfändbares Gasteigentum hat meist keinen Verkaufswert. Als praktische Ausnahme bleibt an Kameras o.ä. zu denken. S. Vergleichsfälle
Ist nach den vorstehenden Ausführungen zu 2.d) der nicht-gewerbliche Wirt durch § 704 BGB gesichert, bleibt als ungesicherten Vergleichsfall allenfalls noch an den reinen "Speise- und Schankgastwirt" zu denken. Für diese ist aber gerade konstituierend, daß sie ihren Gästen kein Bett bzw. Zimmer überlassen. Wenn die Leistung daher gerade nicht auf Raumüberlassung gerichtet ist, sind die maßgebenden Grundzüge für die Einbringungspfandrechte nicht gegeben und es findet daher 55 Sieht man von dem Fall in BGHSt 32, 88 ff. v. 22. 9. 1983 ab (räuberische Erpressung zur Vereitelung eines Gastwirtpfandrechts); zwei weitere Fundstellen bei Juris sind Fehlzitate. 56 Auf das weiter mögliche Veröffentlichungsdefizit bei geringen Forderungen wurde bereits vorne hingewiesen. 57 Insofern ist vorerwähnter Fall aus BGHSt 32 sehr anschaulich und demonstriert den strafrechtlichen Schutz über§§ 289,255 StGB.
XII. Befördererpfandrechte
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zu Recht keine Gleichbehandlung statt. Der Gesetzgeber sah hier kein praktisches Bedürfnis nach Sicherung58• Das mag man bezweifeln, gleichwohl ist die Entscheidung, hier nicht gesetzlich zu sichern, eine bewußte und nicht unsachgemäße. Als fast noch näher liegender Vergleichsfall bleibt auf den Schlafwagenvertrag hinzuweisen, bei dem die Seherbergung genau wie beim Gastwirt jedenfalls einen wichtigen Teil der Gläubigerleistung ausmacht. Die ganz übliche Vorkasse in diesem Bereich nimmt dort jedoch in einem starken Maß das Interesse an Analogieüberlegungen (vgl. noch im nächsten Kapitel).
XII. Befördererpfandrechte Eine Zwischenstellung zwischen den Transporteurpfandrechten und dem Gastwirtpfandeecht nehmen die Pfandrechte des sogenannten Beförderers ein, das heißt desjenigen, der Personen mit Schiffen befördert(§ 674 HGB für die Seebeförderung, § 77 Abs. 2 BSchG für die Beförderung mit Binnenschiffen). Wie beim Gütertransport ist der geschuldete Erfolg des Vertrages die Überwindung einer räumlichen Distanz 1• Der Beförderungsvertrag wird daher - wie der Frachtvertrag - als Werkvertrag angesehen2 • Die Beförderung bezieht sich stets auch auf Sachen, da jeder Reisende ein Mindestgepäck - sei es auch nur im weitesten Sinne als Kleidung - mit sich führt. Trotzdem liegen die Unterschiede auf der Hand: Anders als beim Gütertransport ist der Transport der Sachen zumeist nur Nebenpflicht des Vertrages und wird das Beförderungsentgelt allein für den Personentransport entrichtet (vgl. § 672 HGB). Die Beförderung bringt daher anders als bei§§ 441,623 HGB keine Sachwerterhöhung. Natürlich kann man auch sagen, einem Reisenden nützt sein Gepäck nur am Zielort der Reise. Der wesentliche Unterschied gerade zum Transport von Handelsware liegt aber darin, daß man den Frachtvertrag gerade deswegen schließt, um den Wert der Ware zu mehren, sie nämlich beispielsweise näher an den Verkaufsort zu bringen. Hier zeigt sich die Nähe zum Gastwirt: Ebenso wie bei diesem (und anders als beim Lagerhalter) die Sachen des Reisenden nur als Nebenzweck in den schützenden Raum aufgenommen werden, ist die Lage beim Schiffer und seinem Passagier. Fast gleichwertig mit dem Hotelgast stellt sich die Situation bei der Kreuzfahrt dar. Das ursprüngliche Leitmotiv des Gesetzgebers bei der Schaffung der Personenbeförderungspfandrechte der Schiffahrt war allerdings weniger der Kreuzfahrtpassa-
Mugdan II S. 330. Vgl. einführend zur unübersichtlichen Gesetzeslage in diesem Gebiet K. Schmidt HR4 § 32 I 2a. 2 Prüßmann/ Rabe Vor§ 664 II A (weitergehend die zusätzliche Einordnung als Reisevertrag, §§ 651a ff. BGB). 58 J
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
gierals derjenige, der das Schiff deswegen nutzt, um ein (geographisches) Ziel zu erreichen, wie es heute noch in der Fährschiffahrt geläufig ist.
1. Rechtfertigende Erwägungen
Spätestens wenn man die Kommentierungen der Personenbeförderungspfandrechte betrachtet, muß man feststellen, daß diese Zwischenstellung für die beiden Regelungen (§ 674 HGB zum einen, § 77 BSchG zum anderen) einen wesentlichen Unterschied bringt. Wer Personen auf seinem Binnenschiff befördert, hat ein Pfandrecht an allen Sachen, die er in seinem Besitz ("zuriickbehalten") hat, nicht aber an dem Gepäck, das im Besitz des Passagiers geblieben oder wieder in dessen Besitz gelangt ist3 . Der § 77 Abs. 2 BSchG ist insofern an das Frachtführerpfandrecht angelehnt, auf das er - für die Rechtsfolgen ("Wirkungen") - auch verweist. Wer dagegen Passagiere mit auf die Seereise nimmt, dessen gesetzliches Pfandrecht erfaßt deren Gepäck ohne Rücksicht auf die Besitzlage4 • § 674 HGB entspricht damit nicht den Transporteurpfandrechten, sondern statt dessen dem Gastwirtpfandeecht als Einbringungspfandrecht. Diese überraschende Unterscheidung zwischen den beiden Formen von Personenbeförderungspfandrechten ist allgemeine und vom Wortlaut recht eindeutig vorgegebene Auffassung: Während § 674 HGB von "an Bord gebrachten Sachen" (ganz ähnlich den "eingebrachten Sachen" der§§ 559, 704 BGB) spricht, formuliert § 77 Abs. 2 S. 1 BSchG schlicht "das Gepäck ... , solange das Gepäck zuriickbehalten ist." Diese Auslegung der Binnenschiffahrtsnorm wird durch Satz 2, der auf den Frachtführer verweist, unterstützt. An diesem Unterschied führt auch der Blick auf die Entstehungsgeschichte nicht vorbei: Das besitzunabhängige Betördererpfandrecht im Seerecht hat eine vergleichsweise lange Tradition (siehe schon Art. 675 ADHGB). Selbst die Annäherung an das Gastwirtpfandrecht ist insofern nicht überraschend, wurden doch bereits im römischen Recht, wenn man auch kein Betördererpfandrecht kannte, Schiffahrtsunternehmer (nautae) und Herbergswirte (caupones) in anderen Bereichen, so hinsichtlich der Sachhaftung5 , gleichgestellt6 •
3 Vortisch I Bemm § 77 Rn. 15; Mittelstein Ehrenbergs Hdb. VII/I S. 313; Schaps/Abraham § 674 Rn. 2. 4 Schaps!Abraham § 674 Rn. 2; Schlegelberger/Liesecke § 674 Rn. I ; inzident auch Priißmann I Rabe Anm. zu § 674. 5 Zum Vertragstyp der locatio conductio vgl. Goldschmidt ZHR 3 (1860) S. 58 ff. Siehe schon S. 269, dort Fn. 12. Weiter Kaser Bd. I§ 136 III 2. 6 Heute nicht mehr; die Befördererhaftung ist zwar gleichfalls zwingend, aber verschuldensahhängig (vgl. Artt. 2, 15 der An!. zu § 664 Abs. 1 HGB). Zur Gastwirthaftung schon s. 267 ff.
XII. Befördererpfandrechte
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Das Binnenschiffahrtsrecht ist dagegen mit dem BSchG 1895 erstmalig (abgesehen von vereinzelten Sondervorschriften auf Länderebene) einer gesonderten Regelung unterworfen worden. Vorher wurde in der Binnenschiffahrt kaum auf das Seerecht (das es weitestgehend nur in den an der See gelegenen deutschen Ländern gab), sondern vornehmlich auf das "Fuhrmannsrecht" zurückgegriffen7 • Die Verfasser des BSchG konnten als Vorbilder auf das Beförderer- und das Frachtführerpfandrecht des ADHGB zurückgreifen, und auch das Gastwirtpfandrecht gab es bereits als Vorbild im BOB-Entwurf von 1887. In Parallele zum Seerecht wurde ein Pfandrecht für den Beförderer geschaffen, aber - traditionsentsprechend - nach Art des Frachtführers ausgestaltet. Zwar kann nicht völlig ausgeschlossen werden, daß den Verfassern der Unterschied zum Seerecht nicht bewußt war (immerhin enthält der § 674 in Absatz 2 eine dem § 77 Abs. 2 BSchG sprachlich ähnliche Ergänzung8 ). Trotzdem ist die Abweichung im Wortlaut (einschließlich des Verweises auf den Frachtführer statt auf den Beförderer) ein recht sicheres Indiz für die Absicht, ein echtes Besitzpfandrecht konstituieren zu wollen. Man könnte versuchen, die Differenzierung mit einer mehr oder weniger großen Ähnlichkeit zur Ausgangssituation des Gastwirts und den anderen Einbringungspfandrechten zu erklären. Eine Seebeförderung schließt durch die meist längere, vielfach über Nacht dauernde Reise regelmäßig eine Seherbergung des Passagiers, eine Überlassung eines Kabinenplatzes einschließlich Service, ein. Bei der Personenbeförderung in der Binnenschiffahrt ist dagegen die Reise typischerweise nach kurzer Zeit beendet, die Schifferleistung erschöpft sich in der reinen Beförderung und steht deswegen mehr als der § 674 HGB den Transporteurpfandrechten nahe9 . Vielleicht bewog die mit der Seereise verbundene Raumüberlassung den Gesetzgeber dazu, den Gläubiger- wie bei allen anderen typischerweise mit einer entgeltlichen Raumüberlassung verbundenen Verträgen - durch ein besitzloses Pfandrecht zu sichern. Wenn aber der Gesetzgeber alle entgeltlichen Raumüberlassungsverträge mit gesetzlichen besitzlosen Einbringungspfandrechten ausstatten wollte, bleibt als Frage, warum er dies nicht als solches, d. h. abstrakt geregelt hat. Indem er dies nicht tat, sondern an den Charakter des Schiffes anknüpft, der mit der Pfandrechtsentstehung keinen erklärbaren Zusammenhang hat, nahm er willkürliche Ergebnisse in Kauf. Wenn als Konsequenz daraus dem Binnenschiffer nur die in seinem Besitz befindlichen Sachen des Reisenden als Sicherungsobjekt zur Verfügung stehen, so ist dies nicht nur eine dogmatisch interessante Differenzierung zu § 674 HGB. Es bedeutet für ihn, daß ganz regelmäßig schon deswegen kein Pfandrecht entsteht, weil Mittelstein Ehrenbergs Hdb. VII/ 1 S. 4. s Man wird§ 674 Abs. 2 HGB als Ausprägung der Raumbindung (an das Schiff) verstehen müssen. 9 Allerdings ist schon der Vergleich der Reisedauer keineswegs zwangsläufig: Während eine Rheinfahrt als Binnenschiffahrt durchaus mehrere Tage dauern kann, dauert die Fährüberfahrt von Rostock nach Gedser über die Ostsee (Seeschiffahrt) gerade zwei Stunden. 7
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme - B. Entstehung der Verwertungsrechte
er- auch schon im ausgehenden letzten Jahrhundert-am Gepäck des Reisenden keinen Besitz erlangt. Wenn die Fahrt - wie häufig - Selbstzweck ist, überträgt der Passagier schon deswegen keinen Besitz, weil er das Gepäck gerade nur für die Nutzung während der Fahrtzeit mitgenommen hat (z. B. einen Fotoapparat). Daß der Gast nur zur Beförderung das Binnenschiff besteigt, ist vor allem für (Fluß-) Fähren von Bedeutung, aber selbst dann nimmt praktisch nie jemand solche Gepäckmengen mit, daß es notwendig wäre, diese beim Schiffer "einzulagern". Umzüge mit Binnenschiffen kommen nicht vor10. Dem Seebeförderer stehen dagegen alle an Bord gebrachten Sachen des Reisenden als Sicherungsobjekt zur Verfügung, die Koffer mit ihrem Inhalt ebenso wie die Sachen, die der Passagier am Körper mit sich führt. Daß dieser Unterschied von niemandem als störend empfunden wird, liegt wohl vor allem an der praktischen Bedeutungslosigkeit beider Pfandrechtstypen (vgl. 4.). 2. Gesicherte Forderungen
a) Beförderungsentgelt
Gesichert ist bei beiden Pfandrechten ausschließlich der Anspruch auf das Beförderungsentgelt für die jeweilige Fahrt. Nicht gesichert sind dagegen - anders als beim Gastwirt - vertragliche Nebenforderungen des Beförderers beispielsweise für Bewirtung 11 oder auf Schaden- und Aufwendungsersatz 12. Dies relativierend wird man allerdings feststellen müssen, daß trotzdem das gesamte Entgelt pfandrechtlieh gesichert ist, wenn in dem an den Beförderer gezahlten Reisepreis, im Beförderungsentgelt im weiteren Sinne, neben den Fahrtkosten Nebenleistungen mitenthalten sind (im Sinne von "Überfahrt mit Vollpension"). Die einzelnen Leistungen des Beförderers sind nämlich praktisch nicht voneinander zu trennen: Eine Überfahrt von Harnburg nach New York ist ohne die Überlassung einer Kabine mit Verpflegung heute nicht denkbar. Welcher Betrag dann auf Beförderung und welcher auf Seherbergung entfällt, ist kaum festzulegen. Der Wortlaut "Beförderungsentgelt" kann ohne weiteres in diesem weiten Sinne ausgelegt werden. Zuletzt ist es dem Beförderer nicht zuzumuten, im Krisenfall (bei Geltendmachung des Pfandrechts) die Kalkulation seines Gesamtpreises in Fahrtkosten, Kabinenkosten und Verpflegungskosten aufzudecken.
1o Wenn der Kaufmann seine mit dem Binnenschiff transportierte, dem Schiffer übergebene Ware begleitete, reichte schon 1895 das Frachtführerpfandrecht (§ 26 BSchG a.F.) zur Sicherung aus. 11 Vortisch I Bemm § 77 Rn. 15. 12 Prüßmann/ Rabe Anm. zu§ 674.
XII. Befördererpfandrechte
287
b) Rechtsgeschäftliche Forderung Die bei allen vertragsbegleitenden Pfandrechten gestellte Frage, ob Pfandrechtsvoraussetzung ein wirksamer Vertrag ist, kann bei den Befördererpfandrechten vergleichsweise einfach bejaht werden. Für den Begriff des Beförderers gibt es ebenso wie für den Begriff des "Reisenden" eine gesetzliche Legaldefinition in der dem § 664 HGB angefügten Anlage (auf die auch§ 77 Abs. 1 BSchG verweist) 13 : Beförderer ist gern. Art. 1 Nr. 1a der Anlage detjenige, durch oder für den der Beförderungsvertrag geschlossen wurde. Reisender ist gern. Art. 1 Nr. 4 detjenige, der auf Grund eines Beförderungsvertrages befördert wird. Dem kann man nicht entgegenhalten, daß Art. 1 die Begriffe nur für die Anlage definiert 14, da der Gesetzgeber zugleich mit der Einführung die Begriffe des § 674 HGB überarbeitet hat und ganz offensichtlich die Begriffsbestimmungen der Anlage vor Augen hatte. 3. Sicherungsobjekt Als taugliches Sicherungsobjekt stehen dem Gläubiger grundsätzlich alle beweglichen Sachen zur Verfügung, sofern sie überhaupt verwertbar sind. Für beide Pfandrechte gilt, daß sie nicht am Eigentum Dritter entstehen. Eine teilweise geforderte 15 - Analogie zu§ 366 Abs. 3 HGB ist selbst dann abzulehnen, wenn die Sachen in den Besitz des Beförderers gelangen. Der Gesetzgeber hat anscheinend bewußt den Beförderer nicht in die Aufzählung des § 366 HGB aufgenommen, weil ein Bedarf für eine solche Drittbelastung kaum ersichtlich ist. Dies gilt- trotz Übergabeerfordernisses- auch für§ 77 Abs. 2 BSchG16• Dieser verweist zwar für die "Wirkung und Geltendmachung des Pfandrechtes" auf das Frachtführerpfandrecht, nicht aber für die Entstehung 17• Auch im Sinne eines teleologischen Verständnisses spricht nichts für eine solche Erstreckung. Der Beförderer bringt gerade, anders als die sonst durch § 366 Abs. 3 HGB Bedachten, seine wesentliche Vertragsleistung nicht zugunsten des Objektes (im Sinne einer werterhöhenden Maßnahme). Vielmehr ist dies allenfalls Nebenleistung, selbst wenn er 13 Eingefügt durch das 2. SRÄG (1986) auf Basis des sog. Athener Übereinkommens von 1974 über die Beförderungen von Reisenden und ihrem Gepäck auf See, abgedruckt beispielsweise bei Prüßmann I Rabe § 664. 14 Die Formulierung in Art. 1 der Anlage lautet: "In den Bestimmungen dieser Anlage sind die folgenden Ausdrücke in dem nachstehend angegebenen Sinn verwendet: ...(wird ausgeführt)." 15 SoSchaps/Abraham § 674 Rn. 2; Mittelstein Ehrenbergs Hdb. VII/I S. 314; dagegen aber SchlegelhergerI Liesecke § 674 Rn. 2: die Übergabe wirkt nicht rechtsbegründend. 16 AA Baumbach I Hopf 0 § 366 Rn. 8. 17 Der Gesetzgeber hat bei der HOB-Novelle 1897 in § 366 Abs. 3 den Lagerhalter neu aufgenommen und das BSchG (so z. B. §§ 85, 116 BSchG) dabei nicht etwa übersehen, sondern an die neuen Gesetze angepaßt.
288
2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
die Sachen verwahrt 18. Wer seinem Freund für dessen Reise (auf dem Binnenschiff) einen Koffer leiht, braucht daher keine Bedenken vor dem gesetzlichen Pfandrecht des Beförderers zu haben. Die Nähe zum Gastwirtpfandrecht läßt die Kommentare zum § 674 HGB auf § 704 S. 2 BGB (analog) und damit auf§§ 559 S. 3, 560-562 BGB zurückgreifen19. Das ist sachgerecht: Unpfändbare Sachen sind daher nicht erfaßt (§ 559 S. 3 BGB)20. Dem Beförderer steht, da ansonsten das besitzlose Recht praktisch leerläuft, das durch § 560 S. 2 BGB eingeschränkte Selbsthilferecht des § 561 BGB zur Verfügung (anders natürlich bei § 77 Abs. 2 BSchG). 4. Praktische Bedeutung
Tatsächliche Bedeutung haben die beiden Pfandrechte allerdings nicht. Rechtsprechung dazu ist nicht veröffentlicht. Dies liegt in erster Linie daran, daß - anders als bei den meisten anderen vertragsbegleitenden Pfandrechten - der Gläubiger (Beförderer) nicht vorleistet Da das Beförderungsentgelt bei Schiffsreisen immer vor Fahrtbeginn zu entrichten ist, entsteht mangels Forderung zumeist schon kein Pfandrecht21 . Insbesondere in der Beförderung auf See (nicht unbedingt für die Retortenbestimmung des § 77 Abs. 2 BSchG) wird dies früher anders gewesen sein. Die praktische Entwicklung ist aber wohl deswegen weitergegangen, weil einerseits das Gepäck (wie schon beim Gastwirt) kein besonders geeignetes Sicherungsobjekt ist, andererseits eine Vorleistung des Beförderungsentgeltes beim Reisenden unschwer möglich ist, da dieses (anders als das Entgelt des Wirtes, aber auch die Nebenentgelte des Beförderers) vor Fahrtbeginn immer feststeht. In Anbetracht dieser Praxis wäre ein Anwendungsfeld für die Pfandrechte regelmäßig nur bei "blinden Passagieren" (sog. Stowaways) denkbar, was einerseits an der dann fehlenden vertraglichen Forderung, andererseits aber auch am bei diesen regelmäßig fehlenden werthaltigen Gepäck scheitert22. Es besteht insofern kaum Regelungsbedarf.
18 Anders nur, wenn man- praktisch kaum denkbar- ein Pfandrecht nach§ 475c HGB begründen kann. 19 Schaps/Abraham § 674 Rn. 5; Schlegelberger/Liesecke § 674 Rn. 4. Die Regelung vom "Erlöschen durch Entfernung" in § 560 S. I BGB ist durch § 674 Abs. 2 HGB ausgeschlossen. 2o Vgl. grundsätzlich dazu schon Bechtloff ZIP 1996, 994, 999 ff. Da die Übergabe - vgl. ebendaS. 997- kein entscheidendes Merkmal ist, gilt dies auch für§ 77 Abs. 2 BSchG. 21 Vgl. ebenso Prüßmann/ Rabe Anm. zu§ 674; Vortisch I Bemm § 77 Rn. 2. 22 Zur tatsächlichen Situation der heute vorkommenden Stowaways und zu den Folgen für den Kapitän siehe Dirks Hansa 1984, S. 1314 f.
XIII. Früchtepfandrecht
289
5. Vergleichsf"äUe
Als vergleichbarer, aber ungesicherter Fall ist auf die Personenbeförderung über Land oder Luft hinzuweisen. Insbesondere der Schlafwagenvertrag bei Bahnreisen drängt sich in seiner Ähnlichkeit so auf, daß er eine Analogie geradezu fordert. Trotzdem ist es nicht sehr lohnend über diese Bereiche nachzudenken, weil überall - ganz besonders beim Schlafwagen - die Vorkasse allgemein üblich ist. Selbst wenn dies ausnahmsweise einmal nicht der Fall ist, was wohl bei viel fliegenden Geschäftsreisenden, die sich ständig einer Fluglinie bedienen, zuweilen vorkommt (Abrechnung auf Monatsbasis), bringt ein Pfandrecht, das nur für das Entgelt der jeweiligen Reise besteht, keinen Nutzen. Man kann in diesem Bereich daher zwar einerseits feststellen, daß es keinen sachlichen Grund gibt, zwischen den Beförderungsmitteln zu differenzieren, andererseits aber den Gesetzgeber verstehen, der für diese Bereiche - unter Verkennung der Regelungen im Schiffahrtsrecht - kein Pfandrecht geregelt hat. Wenn sich dagegen im Einzelfall doch ungesicherte Situationen ergeben und sich damit eine Regelungslücke offenbart, wäre über eine Analogie zu § 674 HGB, § 77 Abs. 2 BSchG nachzudenken23 • Ein Bereich der Personenbeförderung über Land, in welchem der Beförderer tatsächlich vorleistet und insofern Bedarf nach einem Pfandrecht besteht, ist der Taxenverkehr. Eine besitzlose Sicherung scheidet hier aus, weil das dafür nötige Element der Raumüberlassung fehlt. Zu denken wäre aber an ein Pfandrecht an den in den Besitz des Taxifahrers gelangten Sachen. Direkt über § 441 HGB ist das natürlich möglich, wenn er, was ausnahmsweise vorkommt, als reiner Frachtführer eingesetzt wird24• Für den Fall, daß er Personen befördert und Besitz an dem im Kofferraum befindlichen Gepäck erlangt, stellt sich die Frage nach der Analogie zu § 441 HGB und§ 77 Abs. 2 BSchG. Praktisch wird ihm wohl dann meist das Zurückbehaltungsrecht genügen, um seine Entgeltforderung auch auf rechtlichem Weg durchzusetzen. Erlangt er dagegen keinen Besitz, scheidet ein Pfandrecht mangels Raumüberlassung - aus und ihm verbleibt nur § 229 BGB.
XIII. Früchtepfandrecht Das Früchtepfandrecht nach dem Gesetz zur Sicherung der Düngemittel- und Saatgutversorgung (FPG) 1, das ausschließlich dieses gesetzliche Pfandrecht regelt, 23 Zur umstrittenen Frage, ob die§§ 701 ff. BGB auf den Schlafwagenvertrag anzuwenden sind: dafür Cuttenberg in Chiotellis/Fikentscher S. 426 ff.; Larenz SehR BT 1111 § 59 (S. 462 f.); Soergel!Teichmann § 701 Rn. 14; dagegen Palandt/Sprau § 701 Rn. 2; MüKoBGB/ Hüffer § 701 Rn. 15m. w. N. 24 Ggf. i.V.m. § 407 Abs. 3 HGB. Enger noch nach alter Rechtslage, vgl. Heymann I V. Emmerich § 1 Rn. 56. 1 Die materiellrechtlich erheblichen §§ 1-4 FPG sind im Anhang abgedruckt; §§ 5-7 FPG vgl. z. B. bei MüKo-BGB/ Damrau Vor§ 1204 Rn. 11 (dort auch weitere Literaturnachweise).
19 Bechtloff
290
2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
gehört nicht mehr zu den Einbringungspfandrechten, wenn es in der Ausgestaltung auch Parallelen gibt. Der schwer verständliche Entstehungstatbestand des § 1 Abs. 1 FPG (vgl. Anhang S. 585) hinterläßt selbst nach mehrfacher Lektüre noch Fragen: Er bestimmt acht Ge nach Zählweise sogar noch mehr) kumulativ erforderliche Tatbestandsmerkmale für die Entstehung des Pfandrechts! Einführend kann man festhalten, daß Ansprüche im Zusammenhang mit der Saatgut- oder Düngemittellieferung an Landwirte durch ein gesetzliches Pfandrecht an den pfändbaren, auch ungetrennten Erzeugnissen der nächsten Ernte gesichert sind. § 1 Abs. 2 FPG erstreckt die Anwendung auf entsprechende Darlehensforderungen. Das Früchtepfandrecht unterscheidet sich schon deswegen grundsätzlich von den bisher behandelten Verwertungsrechten, weil der gesicherte Gläubiger in einem erkennbar entfernteren Bezugsverhältnis zum Sicherungsobjekt steht. Weder hat der gesicherte Lieferant ein potentielles Sicherungsobjekt im Besitz, an das für seine Sicherung angeknüpft werden könnte, noch werden die einzig als Sicherungsobjekt dienenden Früchte jemals "eingebracht"2 . Eine entfernte Parallele zu den Einbringungspfandrechten (§§ 559, 592, 704 BGB und§ 674 HGB) ist immerhin, daß zur Entstehung und zum Fortbestand des Rechtes eine Raumbindung erforderlich ist. Als wesentlicher Unterschied zu diesen handelt es sich jedoch nicht um einen Raum des Gläubigers, sondern vielmehr um einen des Schuldners. Die Raumbindung hat damit für den gesicherten Gläubiger die Zuweisungsfunktion verloren und beschränkt sich auf die Erhaltung eines Mindestmaßes an Publizität: Konnte man für die besitzgebundenen Verwertungsrechte auf den Zuweisungsgehalt des Gläubigerbesitzes und für die Einbringungspfandrechte immerhin noch auf eine Raumzuordnung zurückgreifen, bedarf es in § 1 FPG eines Tatbestandes, der den Bezug zwischen gesicherter Forderung und Sicherungsobjekt im einzelnen definiert. Selbst wenn das FPG wegen des Publizitätsmittels "Raumbindung" den Einbringungspfandrechten in manchem ähnelt (§ 2 Abs. 1 - Abs. 3 FPG entsprechen insofern §§ 560, 561 Abs. 2, 562 BGB)3 , sind die Unterschiede zu diesen gleichwohl größer als die Gemeinsamkeiten. Eine Besonderheit des Früchtepfandrechts sei bereits an dieser Stelle herausgestellt: Es hat gemäß § 2 Abs. 4 FPG immer Vorrang vor allen anderen dinglichen Rechten, praktisch insbesondere vor dem Verpächterpfandrecht! 1. Rechtfertigende Erwägungen
Das FPG ist ursprünglich eine gesetzgebensehe Notmaßnahme aus der dem sogenannten "schwarzen Freitag" folgenden Weltwirtschaftskrise. Bereits in den aus2
3
Siehe entsprechend schon beim Verpächter S. 261 ff. Darauf verweisen KreuzerS. 10; Wem er AgrarR 1972, 333.
XIII. Früchtepfandrecht
291
gehenden zwanziger Jahren litt die Landwirtschaft unter einem Preisverfall für Agrarprodukte, der immer bedenklichere Formen annahm4 • Auf dem Höhepunkt der Krise im Winter 1931132 stand ein erheblicher Teil der Bauern, in Ermangelung beinahe jeglicher liquider Mittel, vor dem wirtschaftlichen Aus, weil ihnen die für die Feldbestellung erforderlichen Saat- und Düngemittel fehlten. Die Ernte in Deutschland an sich erschien gefährdet. Zeitgleich begann ein Wandel der staatlichen Wirtschaftspolitik, weg von der als gescheitert angesehenen Deflations- hin zu einer lnterventionspolitik, als dessen Produkt sich im Agrarbereich das FPG erklärt5. Zur Sicherstellung "der Volksernährung" schuf der Reichspräsident im Januar 1932 das gesetzliche Früchtepfandrecht durch eine zunächst befristete Notverordnung6. Die Geltung des gesetzlichen Pfandrechts wurde (seit 1934 per formellem Gesetz) immer wieder verlängert, bis es 1951 dauerhaft in Kraft gesetzt wurde7 • Ein Beweggrund für die Schaffung war, daß den Lieferanten vertragliche Sicherungsmöglichkeiten fehlten. Auch in der Landwirtschaft stehen den Warenkreditgebern außer den selbst gelieferten Sachen zumeist keine anderen Realsicherheiten zur Verfügung, da solche regelmäßig bereits an die Geldkreditgeber vergeben wurden (in der Landwirtschaft weiterhin an den Verpächter8). Die gelieferten Waren (Dünger und Saatgut) eignen sich aber kaum zur Sicherung, da mit deren bestimmungsgemäßer Verwendung das Eigentum des Lieferanten untergeht (§§ 94 Abs. 1 S. 2, 946 BGB). Die daraus entstehenden Produkte, die Feldfrüchte, wären über eine Sicherungsübereignung gemäß § 930 BGB als Sicherungsobjekt zu erfassen. Da aber selbst eine vorweggenommene Sicherungsübereignung erst mit der Trennung der Früchte Wirkung erlangt, entstünde das Treuhandeigentum bereits belastet mit diversen vorher entstehenden Pfandrechten, sei es nach § 592 BGB, nach § 810 ZPO, nach dem Pachtkreditgesetz oder auch nach § 1120 BGB. Eine solche vertragliche Sicherung ist wirtschaftlich daher zumeist nicht mehr werthaltig. Das FPG schafft daher eine früher einsetzende gesetzliche Sicherung. Das Pfandrecht entsteht zu einem Zeitpunkt, in dem eine vertragliche Sicherung noch nicht (und nie mit absolutem Vorrang) erreichbar wäre, und stellt so einen Leistungsanreiz für potentielle Lieferanten dar. In der wirtschaftlichen Funktion ähnelt
4 Vgl. Kreuzer a. a. 0 . (zweifelhaft, soweit er auf die - fast zehn Jahre zurückliegende Inflation verweist). 5 Ebenso z. B. das Gräserkreditpfandrecht am Weidevieh, siehe Staudinger!Wiegand Anh § 1257 Rn. 38, oder das Früchtepfandrecht bei der Lieferung von Schädlingsbekämpfungsrnitteln, siehe KreuzerS. 8 (alle außer Kraft). 6 Vgl. auch Kroeschell Rn. 536 f.; Wemer AgrarR 1972, 333, 337; KreuzerS. 7-10. 7 Gleichfalls aus ernährungswirtschaftlichen Gründen, vgl. BT Ds 112216. Hatte sich in den dreißiger Jahren die Situation der Bauern verbessert, war 1948 die Liquiditätslage wieder angespannt, vgl. KreuzerS. 10. s Vgl. zu dieser besonderen Situation schon dort S. 264.
19*
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
es einem verlängerten Eigentumsvorbehalt9 , ohne einen vorhergehenden Eigentumsvorbehalt an Saatgut oder Düngemitteln vorauszusetzen. Allerdings ist dies eigentlich keine Rechtfertigung für ein gesetzlich, d. h. willensunabhängig entstehendes Recht: Ein Fehlen von vertraglichen Sicherungen müßte kein kraft Gesetz entstehendes Recht, sondern nur die gesetzliche Sicherungsmöglichkeit nach sich ziehen. Es hätte ausgereicht, ein inhaltsgleiches Recht von einer individuellen Vereinbarung der Parteien abhängig zu machen. Daß im Winter 1931 I 32 trotzdem ein gesetzliches Sicherungsmittel vorgezogen wurde, lag wohl daran, daß die Einräumung einer vertraglichen Sicherungsmöglichkeit als Soforthilfe ungeeignet erschien, da diese immer eine - damals nicht gegebene Umsetzungszeit durch die Beteiligten (Ausarbeitung konkreter Verträge) erfordert hätte. Für die Folgejahre dann eine neue Regelung zu konstituieren, lag dem Gesetzgeber natürlich fern. Für eine gesetzliche Sicherung kann ein auch diesem Pfandrecht zugrundeliegender Wertschaffungsansatz Rechtfertigung bieten. Der Lieferant von Saatgut oder Düngemitteln trägt einen Anteil zur späteren Frucht mit bei. Dieser Bezug zwischen Leistung und Sicherungsobjekt bleibt allerdings mittelbar, denn die Wertschöpfung tritt am Sicherungsobjekt nicht als unmittelbare Folge der Leistung ein, sondern ist von weiterer Einwirkung (der Verwendung durch den Landwirt) abhängig 10• 2. Gesicherte Forderungen
Eine komprimierte Erläuterung des Entstehungstatbestandes, die trotzdem einen aussagekräftigen Eindruck vermittelt, ist durch die Vielzahl der Tatbestandsmerkmale nicht einfach. Für die Bestimmung der gesicherten Forderung kann man festhalten: Bezogen auf die Forderungsherkunft sichert§ 1 Abs. I FPG [a)] Anspruche aus der Lieferung von Düngemitteln oder (speziellem) Saatgut [aa)]. Gesichert sind solche jedoch nur, wenn die Saat oder der Dünger von speziellen Empfängern, nämlich vom Eigentümer, Eigenbesitzer, Nutznießer oder Pächter eines landwirtschaftlichen Betriebs beschafft und verwendet werden [bb)]. Zuletzt muß als speziell geforderter Modus die Beschaffung und Verwendung "nach dem 31. Juli" "im Rahmen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft" in der "für diese Geschäfte üblichen Art" "zur Steigerung der nächsten Ernte" geschehen sein [cc)]. Für die nach Abs. 2 ebenfalls gesicherten Anspruche aus Darlehen gilt dies alles entsprechend [dazu b)].
Ebenso Wolf!/ Raiser § 160 II 3; Staudinger / Wiegarni Anh § 1257 Rn. 37. Zur Konsequenz für die Auslegung vgl. noch S. 301. Zur Stufung der verschiedenen Wertschaffungsbeiträge vgl. noch S. 428 ff. 9
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XIII. Früchtepfandrecht
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a) Lieferungsansprüche
aa) Gesichertes Schuldverhältnis Die Bezeichnung "Ansprüche aus der Lieferung" ist ganz offensichtlich bewußt weit gefaßt worden. Es stellt sich die Frage, welche schuldrechtlichen Ansprüche gesichert sind. a) Lieferungsverträge: Zumeist wird der Lieferung ein Kaufvertrag zugrunde liegen. Gesichert sind in diesem Fall vor allem der Kaufpreisanspruch, aber ebenso reine Nebenansprüche wie Verzugszinsen, Vertragsstrafen, Aufwendungsersatz für die Anlieferung, Schadenersatz wegen Verletzungshandlungen bei der Lieferung 11 •
Wenn die Sicherung von kaufrechtlichen Ansprüchen auch der Regelfall ist, wollte der Gesetzgeber den Anwendungsbereich aber nicht auf Kaufverträge beschränken. Kein einziges Mal verwendet das FPG den Terminus "Kauf' oder stellt einen sonstigen Vertragsbezug her12 ; vielmehr umschreibt das Gesetz die Allspruchsentstehung überwiegend mit dem nicht rechtlich, sondern tatsächlich geprägten Begriff "Lieferung". Eine solche ist nach dem Wortverständnis an kein spezielles Schuldverhältnis gebunden. Allgemein-sprachlich wird der Begriff sowohl für die Übergabe von Sachen zur Vertragserfüllung mit (Kauf oder Tausch) oder ohne Eigentumsverschaffung (Sachmiete, Leasing oder Werkvertrag: Lieferung der außer Haus reparierten Maschine), als auch ohne Rechtsgrund (unwirksamer Kaufvertrag) oder sogar ohne Besitzerwechsel verwendet 13 . Das FPG hat diesen weiten Begriff gewählt, weil man über die weiteren Tatbestandsmerkmale (speziell die "Geschäfte üblicher Art") die nötige Einschränkung flexibler und treffender zu erreichen meinte. In der Landwirtschaft gab es ein vielfältiges, regional unterschiedliches System der Beschaffung, so daß eine Beschränkung allein auf "Kaufverträge" nicht sinnvoll erschien. Die bezweckte schnelle Hilfe machte es nötig, die Gläubiger in der Form zu sichern, wie sie schon bislang die Lieferungen abgewickelt hatten. Ein enges Korsett von Vorgaben zur Sicherung hätte die Lieferanten zu Änderungen bewogen und wäre einer zügigen Hilfe hinderlich gewesen. Zumindest regional übliche Beschaffungsvorgänge sollten daher unabhängig von der kaufrechtlichen Qualifizierung geschützt sein 14• Als Folge ist "Lieferung" im Sinne von § 1 Abs. 1 FPG rein tatsächlich zu verstehen, so daß im Grundsatz jede Forderung gleich aus welchem Rechtsgrund erfaßt ist, sofern sie nur im Zusammenhang mit dem Beschaffungsvorgang entsteht. Siehe auch KreuzerS. 32. Das FPG spricht stets nur allgemein von "Gläubiger I Schuldner", von ,,Lieferung" und "Beschaffung" und läßt keinen Bezug zum Kaufrecht erkennen. 13 So, wenn innerbetrieblich vom Hauptlager an die Verkaufsstellen "geliefert" wird. 14 Z. B. Lieferungen im Rahmen genossenschaftlicher Beteiligungsformen, gegen gesellschaftsrechtliche Beteiligung am Ernteerlös oder als Nebenvereinbarungen zu Pachtverhältnissen u. a. II
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
In Frage kommen danach neben Kauf, Tausch, gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen o.ä. sogar unentgeltliche Verträge oder rechtsgrundlose Leistungen. Als steuerndes und begrenzendes Element ist allerdings in zweiter Stufe ein "Geschäft üblicher Art" erforderlich. Unentgeltliche Verträge (z. B. Schenkungen von Saatgut) können insofern zwar "Ansprüche aus Lieferungen" auslösen (Aufwendungsersatz für den Transport oder Ersatzansprüche wegen Schädigungen im Zuge der Lieferung), sind aber wohl nie ein "Geschäft üblicher Art" 15 • ß) Vertragslose Leistungen: Anders mag das aber bei rechtsgrundlosen Lieferungen sein: Erweist sich der Kaufvertrag im nachhinein als unwirksam, kann der Anspruch aus der Leistungskondiktion (§§ 812, 818 Abs. 2 BGB) des Händlers trotzdem geschützt sein 16• Daß es sich um einen "Anspruch aus Lieferung" handelt, ist evident. Da die "Üblichkeit" meines Erachtens aus der Sicht eines objektiven Dritten zu bestimmen ist, ist sie tatbestandlieh auch dann gegeben, wenn der Landwirt z. B. einem Inhalts- oder Eigenschaftsirrtum unterliegt und deswegen anfechten kann(§§ 142, 119 BGB). Anders ist das, wenn der Vertrag z. B. wegen Wuchers des Händlers unwirksam ist (§§ 138 Abs. 2, 134 BGB, § 302a StGB), da dieser Nichtigkeitsgrund ebenso die objektiv bestimmte "Üblichkeit des Geschäftes" ausschließt.
Das Früchtepfandrecht des FPG ist damit kein vertragsbegleitendes Pfandrecht, weil es konstruktiv an kein spezielles rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis gebunden ist. Es ähnelt insofern dem kaufmännischen Befriedigungsrecht, das ebenso an eine tatsächliche Sachverhaltsbeschreibung anknüpft 17 • Denkt man zurück an die Untersuchungen der bisher behandelten gesetzlichen Pfandrechte, die immer Vertragsperfektion voraussetzten, ist der Unterschied über den Wortlaut hinaus begründbar: Eben weil das FPG seine Regelung ohne irgendeine Anhindung (begrifflicher, entwicklungsgeschichtlicher oder systematischer Art) an einen Vertrag trifft, gibt es keinen Anhaltspunkt, auf ein Vertragserfordernis des Rechtes zu schließen. Das FPG verweist - obwohl es mitunter einfacher wäre (vgl. §§ 560 ff. BGB mit § 2 Abs. 1-3 FPG) - nicht auf die Regelungen vertragsgebundener Einbringungspfandrechte. Indem es alle Regelungen selbständig trifft, demonstriert es gleichfalls die Eigenständigkeit gegenüber diesen vertragsgebundenen Rechten. Ebensowenig steht eine teleologische Auslegung der Sicherung von Bereicherungsforderungen im Wege. Der Gesetzeszweck, jedem Lieferanten durch gesetzliche Sicherung einen Leistungsanreiz zu bieten und damit die landwirtschaftliche Produktion zu fördern, ist vom Rechtsgrund der Leistung unabhängig. Vielmehr ist es förderlich, wenn für den Gläubiger die Risiken einer Nichtigkeit abgemildert werden, sofern er sich nur über die- für ihn leichter zu kontrollierende- objektive Üblichkeit sicher ist. Gerade die besondere Rechtfertigung unterscheidet das FPG daher von 1s Für den Tausch gilt wohl entsprechendes. Das Merkmal "übliche Geschäfte" ist unter Berücksichtigung der ortsüblichen Praxis (ähnlich § 354 Abs. I HGB) zu ennitteln. 16 Ähnlich KreuzerS. 11, 39 f. 17 Der beschriebene tatsächliche Anwendungsbereich ist allerdings viel spezieller.
XIII. Früchtepfandrecht
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den historisch in den betreffenden Vertragsbeziehungen gewachsenen Rechten von BGBundHGB. Zusammenfassend läßt sich sagen: § 1 Abs. 1 FPG sichert jeden Gläubiger, der die betreffende Ware zur Verfügung stellt, ohne einen wirksamen Kauf vorauszusetzen. Notwendig ist statt dessen die objektive Üblichkeit der Lieferungsform an einen landwirtschaftlichen Betrieb. Das Früchtepfandrecht führt damit vor Augen, daß die eben willensunabhängigen gesetzlichen Pfandrechte gerade als Mittel genutzt werden können, Gläubiger ohne Vertragsschluß zu schützen, wenn dies erforderlich oder nützlich erscheint.
bb) Lieferungsempfänger Der (mögliche) Nachteil einer Regelung, die nicht an ein spezielles Schuldverhältnis anknüpft, wird allerdings gleichermaßen deutlich: Die Beschreibung des gesicherten Tatbestandes ist sehr aufwendig, gerade wenn man - wie das Früchtepfandrecht - auf einen sehr speziellen Sicherungsfall zielt. Als Gegenpol zur weit gefaßten Gläubigergruppe schränkt der Entstehungstatbestand den gesicherten Forderungskreis über eine Begrenzung der Vertragsgegenseite ein und definiert den (tatsächlichen) Empfanger der Leistung über drei Merkmale. Gesichert sind nur die Lieferungen, die durch einen landwirtschaftlichen Unternehmer, speziell den Eigentümer; Eigenbesitzer; Nutznießer oder Pächter ['y)] zur Erntesteigerung in einem landwirtschaftlichen Betrieb [ß)] beschafft und verwendet [a)] werden. a) Beschaffung und Verwendung: Soweit das Gesetz von "Beschaffen" spricht, ist darunter das wiederum von einem speziellen Schuldverhältnis unabhängige begriffliche Gegenstiick zur "Lieferung" zu verstehen. Es beschafft stets der, der sich beliefern läßt und die Lieferung unmittelbar veranlaßt Meines Erachtens ist der Beschaffende insofern mit dem Schuldner des Lieferungsanspruchs gleichzusetzen, sei es als vertraglicher, sei es - ausnahmsweise - als bereicherungsrechtlicher Leistungsempfanger.
Es mag verwundern, daß das Pfandrecht davon abhängt, daß die gelieferte Ware von diesem Beschaffenden auch "verwendet" wurde, da diese Verwendung für den Lieferanten ein schwer kalkulierbares Risiko zu sein scheint. Bei näherer Betrachtung erweist sich die Einschränkung jedoch als sachgerecht, weil erst sie die Konnexität gewährleistet: Ohne eine Verwendung der Saat oder des Düngers besteht zwischen der Forderung und dem Sicherungsobjekt, den Früchten der nächsten Ernte, kein Zusammenhang. Allein die Verwendung (eben zur Steigerung der Ernte) schafft die Rechtfertigung, den Lieferanten an dem Ergebnis partizipieren zu lassen. Hinzukommt, daß dem Gläubiger das Pfandrecht genau wegen des Risikos eingeräumt wurde, das aus der Verwendung herrührt. Vor der Verwendung kann er sich nämlich wie jeder andere Lieferant noch durch einen Eigentumsvorbehalt, d. h. eine bedingte Übereignung der Ware, sichern 18•
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Anerkannte Folge der notwendigen Personenidentität von Beschaffendem und Verwendendem ist, daß z. B. Lieferungen an einen Zwischenhändler nicht gesichert sind19• Man mag zwar das "Beschaffen" dem Wortlaut nach so weit ausdehnen können, daß sogar mittelbares Herbeiführen einer Lieferung umfaßt ist. Der verwendende Landwirt wäre dann sogar "Beschaffender" hinsichtlich vorangegangener Verträge (so wenn der Großhändler qua Geheißerwerb direkt an ihn liefert). Bedenkt man aber die Grundidee des FPG, die eine Kreditierung zugunsten des eigentlichen Nahrungsproduzenten fördern wollte, muß man den Begriff einschränkend auslegen, so daß der Verwender nur von dem "beschafft", dem er auch schuldet. Kreditgeschäfte zwischen Händlern, Lieferanten und selbständigen Beauftragten durch ein Pfandrecht an den Früchten des Landwirts zu sichern, liefe dem Sinn des Gesetzes gerade zuwider, da es die Belastung mit Gläubigerrechten ohne Nutzen für den Landwirt erhöht und seine finanzielle Beweglichkeit nur weiter einschränkt. Auch die von Kreuzer geforderte Modifikation (für im eigenen Namen auf fremde Rechnung Beschaffende) überzeugt mich nicht, für die er eine Pfandrechtsentstehung zu Lasten eines nicht schuldenden Landwirts für angemessen hält20: Ein Landwirt kauft für eine mit anderen Landwirten vereinbarte Einkaufs-(Innen-) GbR im eigenen Namen, und jeder der Landwirte verwendet dann "seinen" Anteil des Saatgutes. Selbst hier ist es unnötig, das Pfandrecht zugunsten des Lieferanten auf die Ernte der anderen Verwender zu erstrecken. Das FPG nimmt dem Händler zwar rechtliche Risiken ab [siehe oben aa)], legt ihm aber in anderer, tatsächlicher Hinsicht Prüfpflichten I-risiken auf, um sich des Pfandrechts sicher zu sein. So muß er bei der Kreditierung kontrollieren, ob er an einen Endverbraucher ("Verwender") "in üblicher Weise" liefert und sich so im Schutzbereich des Gesetzes befindet. Natürlich kann er dazu den Kunden nur fragen und ist auf dessen Ehrlichkeit angewiesen. Dieser wird das Handeln auf fremde Rechnung aber regelmäßig schon deswegen nicht leugnen, weil dazu kein Grund besteht. Bei richtiger Gestaltung muß nämlich daran weder der Abschluß noch das Pfandrecht scheitern: Der Beschaffende muß nur entweder im Namen aller handeln (wenn er dies darf) oder der Lieferant muß sich durch eine Zession der aus der Weiterlieferung des Beschaffenden entstehenden Forderung (einschließlich des Pfandrechts, § 401 BGB) sichern21 • ß) Landwirtschaftlicher Betrieb: Weiter muß der Ernpfauger landwirtschaftlicher Unternehmer sein, das heißt mindestens nebenbetrieblich landwirtschaftlichen 18 Zum verbleibenden Zusatzrisiko durch die Begrenzung auf die "nächste" Ernte vgl. noch S. 304. 19 Ebeling WM 1955, 1686, 1687; ebenso KreuzerS. 32. Möglich bleibt eine Sicherung im Rahmen eines verlängerten Eigentumsvorbehalts (§§ 398, 401 BGB), vgl. dazu Ebeling a. a.O. 20 A. a. 0. S. 31 f. 21 Ggf. in Kombination mit oder ohne zusätzlichem Eigentumsvorbehalt. Siehe dazu schon Fn. 19 (m. w. N.).
XIII. Früchtepfandrecht
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Anbau22 betreiben, um die Produkte entgeltlich am Markt anzubieten. Zwar spricht § I FPG zunächst vom "landwirtschaftlichen Grundstück", ergänzt aber im weiteren Verlauf des Satzes das "Betriebserfordemis". Nicht gesichert ist daher die Lieferung an Besteller von Aächen, die nicht zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gehören (z. B. an ein botanisches Institut oder etwa bei reinem Eigenanbau des Schuldners, wie zumeist bei privaten Kleingärtnern)23 . Das Gesetz unterstützt nur das Allgemeininteresse "Volksemährung durch die deutsche Landwirtschaft" 24 und privilegiert dazu nur Lieferungen an anbietende Produzenten. Hierin ist auch die Rechtfertigung dafür zu suchen, daß nicht die Lieferung jedes Saatgutes oder von Jungpflanzen (Setzlingen) gesichert ist25 , da man soweit den typisiert festgelegten, unbedingt schutzbedürftigen Bereich der Landwirtschaft nicht ausdehnen wollte. /)Die Beziehung des Empfängers zum Grundstück: Als letztes empfängerbezogenes Kriterium sichert das FPG nur Lieferungen an den eigennützig anbauenden Landwirt. Auf den ersten Blick wirkt die Aufzählung der Personen in § 1 FPG fast willkürlich26 , bei näherer Betrachtung läßt sich aber der Grundgedanke erkennen: Es ist beabsichtigt, den Personenkreis zu umschreiben, dem aus der zeitlichen Perspektive der Verwendung nach der Ernte das Eigentum an den Früchten zufällt. Die Auflistung orientiert sich dazu an den §§ 953-956 BGB, die den dinglichen Fruchterwerb durch den Eigentümer (§ 953), den -allerdings nur gutgläubigen27 Eigenbesitzer (§ 955), den dinglich berechtigten Nutznießer(§ 954) oder den obligatorisch berechtigten (§ 956) Pächter bestimmen. § I FPG regelt über dieses Tatbestandsmerkmal inzident das Verhältnis der Sicherungsobjekte zum Schuldner. Die Erwägung für diesen Ansatz folgt aus dem besonderen Problem des Früchtepfandrechts, auf ein Objekt zuzugreifen, das bei Entstehung der Forderung noch nicht existiert und von dem sich vorweg nicht mit Gewißheit sagen läßt, in wessen Eigentum es entstehen wird. Einerseits will das Gesetz dabei grundsätzlich - wie bei anderen Pfandrechten - nur schuldnereigene Objekte erfassen. Um andererseits dem Gläubiger eine (Mindest-) Dispositionssicherheit zu geben, kann das FPG nicht einfach auf die Eigentumslage an dem späteren Pfandobjekt abstellen. Es wählt einen Mittelweg und stellt auf die objektive Lage zum Zeitpunkt des Entstehungstatbestandes ab und knüpft dazu an eine Verwendung durch die Person an, bei dem der spätere Eigentumserwerb an den Früch22 Nach Ebeling a. a. 0. (Fn. 19): Bodenbewirtschaftung zur Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse. 23 KreuzerS. 28 f. mit weiteren Beispielen. 24 Vgl. schon bei Fn. 7. 25 Dazu im einzelnen KreuzerS. 27. 26 Neben den dinglich oder obligatorisch arn Grundstück Berechtigten ist derjenige erwähnt, der das Grundstück als ihm gehörend besitzt, ohne Eigentümer zu sein. 27 Dieses Merkmal ist in § I FPG nicht erwähnt, aber im Wege einer teleologischen Reduktion zu ergänzen; vgl. dazu noch in der Folge.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
ten zu erwarten ist. Der Lieferant muß natürlich diese personellen Voraussetzungen kontrollieren, wenn er sich des Rechtes sicher sein will. Sind diese allerdings bei der Verwendung erfüllt, stehen nachträgliche Änderungen (zwischen Verwendung und späterer Ernte) dem Pfandrecht nicht mehr im Weg. Unerheblich ist so für das Pfandrecht, daß z. B. ein beschaffender und verwendender Pächter durch eine spätere Kündigung des Pachtverhältnisses kein Eigentum an den Früchten mehr erlangt. Sieht man dies als Maßstab der Entstehung an, zeigt sich gleichzeitig die Schwäche der Formulierung des Gesetzes, die diesem Ansatz nur näherungsweise genügt und ihn im übrigen verschleiert. Eben weil das FPG nicht explizit an die §§ 953 ff. BGB anknüpft, eröffnet der Wortlaut erstens Fälle, in denen ein Pfandrecht entsteht, obwohl bereits im Verwendungszeitpunkt objektiv klar ist, daß ein Fruchterwerb des Schuldners ausscheidet. Zweitens gibt es eine Konstellation, in denen das Pfandrecht scheitert, obwohl der Verwendende später die Früchte erwirbt. Zuletzt und drittens schafft die Loslösung von den §§ 953 ff. BGB unnötige Auslegungsprobleme. Zu weit reicht der Wortlaut, wenn er z. B. scheinbar die Pfandrechtsentstehung anordnet, obwohl ein beschaffender (Grund-)Eigentümer28 - schon im Zeitpunkt der Verwendung vorgegeben - kein Eigentum an den Früchten erlangt (§§ 953, 954, 956 BGB), weil er den Nießbrauchberechtigten oder Pächter unberechtigt im Besitz verdrängt. Daß der begünstigte Lieferant keinen Einblick in diese Umstände des Fruchterwerbes (in die Redlichkeit des Besitzers oder die Belastungen des Eigentümers) hat, ist kein Argument für diese Sonderbehandlung. Dieser Aspekt wird vom FPG nämlich generell nicht berücksichtigt, weil die für den dinglichen Fruchterwerb maßgeblichen Verhältnisse am Grundstück auch in den übrigen Fällen einer wirksamen Kontrolle des Lieferanten entzogen sind. Entscheidend ist immer nur die objektive Feststellbarkeit der Lage im Verwendungszeitpunkt Eigenoder Fremdbesitzer, Pächter oder Mieter, Nutzungsrecht oder nicht, der Lieferant ist immer auf die Vertrauenswürdigkeit der Information seines Schuldners angewiesen. Dies unterscheidet das FPG aber nicht von anderen Pfandrechten: Nur für Gutglaubensschutz und§ 185 BGB gibt es hier keinen Raum. In anderen Fällen reicht das FPG dagegen nicht weit genug: Ohne Pfandrecht bleibt nach dem Wortlaut - trotz späteren Fruchterwerbs - der Fall des § 955 Abs. 2 BGB (der redlich auf das Nutzungsrecht vertrauende Fremdbesitzer). Vermutlich wollte der Gesetzgeber § 1 FPG für die Adressaten verständlicher machen, als er die Personen ausdrücklich benannte, statt einfach auf den Personenkreis der gemäß §§ 953 ff. Erwerbenden zu verweisen. Der Versuch ist allerdings mißlungen, weil er zum einen diese unbegründeten Abweichungen mit sich brachte und darüber hinaus Auslegungsprobleme schuf, weil die Absicht nicht hinreichend 28 Gleiches gilt für den unredlichen Eigenbesitzer § 955 Abs. 1 BGB, wenn man nicht ein "gutgläubig" ergänzt.
XIII. Früchtepfandrecht
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ersichtlich ist, wie in einem Fall des OLG Düsseldorf deutlich wird29: Ein Lieferant hatte an einen unberechtigten unredlichen Fremdbesitzer (der Pachtvertrag war gemäß §§ 142, 123 BGB nichtig) geliefert, dem die Nutzungen daher bereits anfänglich nicht zustanden(§ 987 BGB). Unter Berufung auf den Gesetzeszweck (Lieferantenschutz) begründet das OLG hier eine Entstehung des Früchtepfandrechts über den Wortlaut des FPG hinaus. Daß die Entscheidung gleichwohl abzulehnen ist, liegt daran, daß besagter Grundgedanke des Gesetzes nicht beachtet bzw. erkannt wurde. Wesentlich ist hier wiederum, daß der bei Verwendung unredliche Fremdbesitzer gerade kein Recht an den Früchten erlangen konnte und daher die Lieferung an ihn auch das Pfandrecht nicht vermittele0 . Ein richtig bestimmter Schutzzweck ändert insofern entgegen dem OLG nichts an dem Ergebnis: Erstens handelt es sich um eine für den Lieferanten in seiner Risikokalkulation nicht sehr ins Gewicht fallende Sonderkonstellation. Außerdem ist ersichtlich, daß das FPG dem Händler stets ein Risiko beläßt, indem es eben auf die objektive Lage abstellt. Es setzt ihn so der Gefahr aus, fahrlässig oder vorsätzlich über die Erwerbslage am Grundstück getäuscht zu werden. Der Schutz des FPG ist in vieler Hinsicht nicht absolut, wie sich auch daran zeigt, daß das Pfandrecht aus anderen Gründen [vgl. zum Modus unter cc)] für den Lieferanten nicht immer verläßlich ist. Die Formulierung des FPG ist eher mißglückt und hätte besser direkt an die § 953 ff. BGB angeknüpft31 . Es erscheint bereits nach geltendem Recht überzeugend, die Vorschrift, soweit sie nach dieser Maßgabe zu weit ist, teleologisch zu reduzieren (z. B. beim unredlichen Eigenbesitzer), und soweit sie zu eng ist, zu erweitem (z. B. bei § 955 Abs. 2 BGB). Wo sich der Wortlaut (wie im OLG-Fall) in diesem Rahmen hält, gibt es dagegen keinen Grund zu Modifikationen. Die strukturelle Parallele zu den anderen gesetzlichen Pfandrechten ist schlüssig zu erkennen: Vom Grundsatz, daß regelmäßig nur das Eigentum des Schuldners Sicherungsobjekt ist, schafft das FPG mit Blick auf die Sondersituation (das erst zukünftig entstehende Objekt) eine systemkonforme Abweichung. Es läßt ausreichen, daß der Schuldner im Zeitpunkt der tatbestandliehen Beendigung der Entstehungshandlung eine Position hat, bei deren Beibehaltung er zukünftig Eigentum erwerben wird und schafft eine gewisse Dispositionssicherheit Eine zusätzliche Erweiterung vorzunehmen, ist nicht gerechtfertigt: Auch der Vermieter wäre nicht gesichert, wenn sein vermeintliches Sicherungsobjekt aufgrund eines nichtigen Vertrages nicht Eigentum seines Schuldners geworden ist. OLG Düsseldorfv. 7. 1. 1959 NJW 1959, 1227 ff. § 955 Abs. 2 BGB führt bei einem bösgläubigen Pächter nicht weiter. 31 Z. B.: "Wegen der Ansprüche ... Zuckerrübensamen-, die an einen gern. § 953 bis§ 957 BGB zur Fruchtziehung berechtigten Schuldner im Rahmen der ordnungsgemäßen Wirtschaftweise eines landwirtschaftlichen Unternehmens geliefert und verwendet wurden, hat der Gläubiger ... gehörigen Grundstücke. Eine ordnungsgemäße Wirtschaftsweise in diesem Sinne setzt voraus, daß die Ware nach dem 31. Juli, in der für derartige Geschäfte üblichen Art, zur Steigerung der Ernte des Folgejahres geliefert und verwendet wurde. Das Pfandrecht erstreckt ..." 29
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
8) Zusammenfassung: Festgehalten werden kann, daß die komplizierte und recht eng gefaßte Bestimmung des Lieferungsempfängers dazu dient, die Verbindung von Forderung und Sicherungsobjekt sicherzustellen. Beschaffender ist nämlich stets der Schuldner. Die verwendende "Grundstücksbezugsperson" schafft den Bezug von gelieferter Leistung zum Sicherungsobjekt, das voraussichtlich im Eigentum des Schuldners entsteht. Das Bedürfnis für eine so komplizierte Regelung ergibt sich vor allem daraus, daß der Entstehungstatbestand an tatsächliche und sehr spezielle Umstände und nicht an ein besonderes- per se begrenzend wirkendesSchuldverhältnis anknüpft. Das Erfordernis des "landwirtschaftlichen Betriebes" erklärt sich dagegen nur aus dem besonderen Gesetzeszweck.
cc) Art und Weise der Lieferung und Verwendung Neben der Natur der Ansprüche und dem Lieferungsempfänger werden an den Modus von Lieferung und Verwendung der Ware - in unnötig komplexer Weise weitere Anforderungen gestellt, bis der Lieferant letztlich ein Pfandrecht erhält. Beschaffung und Verwendung müssen im Rahmen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft in der für derartige Geschäfte üblichen Art nach dem 31. Juli zur Steigerung des Ertrags der nächsten Ernte erfolgen. Bereits deutlich wurde die Bedeutung des Merkmals "Geschäfte üblicher Art" (vgl. S. 293 f.) als Mittel, die weitgefaSten "Ansprüche aus Lieferung" sachgerecht zu begrenzen. Der Zweck der weiteren genannten Einschränkungen ist einerseits, die Förderung auf die zur Betriebsführung erforderlichen Lieferungen zu beschränken, und andererseits, die Sicherung (im Interesse anderer Gläubiger, aber auch des Landwirts) zeitlich zu begrenzen. Das erstgenannte Ziel erreicht man, in dem man nur Lieferungen im "Rahmen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft" absichert. Die beiden zusätzlich genannten Erfordernisse gestalten nur das Merkmal der ordnungsgemäßen Wirtschaft näher aus bzw. fixieren dazu feste Grenzen32• Natürlich werden grundsätzlich ohnehin nur Lieferungen "für die nächste Ernte" im Rahmen einer "ordnungsgemäßen Wirtschaft" beschafft. Aber selbst wenn es einmal kaufmännisch vernünftig wäre, einen Vorrat von Düngemitteln oder Saatgut anzukaufen (zum Beispiel, weil ein erheblicher künftiger Preisanstieg dem Landwirt aufgrund von "lnsiderwissen" bekannt ist), besteht hier eine feste Grenze. Ein Früchtepfandrecht ist nur für solche Lieferungen möglich, die "zur Steigerung der nächsten Ernte dienen". Ähnliches gilt für die feste Terminbestimmung "nach dem 31. Juli". Die Vorverlegung des Termins gegenüber älteren Fassungen33 beruhte gerade auf dem Gedanken, daß auch die Ausbringung der Saat im Herbst Siehe auch KreuzerS. 30 f. In der FPG-Version 1932 war der Zeitraum auf Lieferung im Erntejahr, in der Version 1939 auf den Zeitraum nach dem 31.10. begrenzt. 32
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XIII. Früchtepfandrecht
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(zum Beispiel bei Winterroggen) sich noch im Rahmen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft bewegt. Käufe vor August sind dagegen nicht für die Ernte des Folgejahres erforderlich und werden - selbst wenn sie sich im Endeffekt als agrar-ökonomischer Geniestreich entpuppen sollten -vom FPG nicht unterstützt. Der Lieferant muß sich informieren, wieviel Ware der einkaufende Landwirt zur Erzielung der nächsten Ernte benötigt, wenn er sich auf eine über den Eigentumsvorbehalt hinausgehende Sicherheit verlassen will. Ordert der Landwirt dann objektiv zu große Mengen, sei es für Nachbarn oder zu Spekulationszwecken34, hat der Lieferant nur die Möglichkeit, den Kredit zu verweigern oder sich anderweitig abzusichern. Diese Beschränkungen gelten ebenso für die Verwendung. Wahrend die Terminbestimmung hierbei aber keine selbständige Bedeutung mehr hat35 , ist das Erfordernis der Verwendung in "ordnungsgemäßer Wirtschaftsweise" "zur Erreichung der nächsten Ernte" für den Lieferanten mitunter ein Problem. Noch viel weniger als die Lieferungsumstände sind diese Kriterien für den Lieferanten überprufbar. Er kann sich zwar vor der Lieferung vom Landwirt dessen Planung darlegen lassen und so - hinreichende Fachkunde vorausgesetzt - wie andere Kreditgeber dessen Disposition auf Schlüssigkeit prufen36• Daß die Maßstäbe der ordnungsgemäßen Wirtschaftsweise noch bei der Verwendung gelten, führt dazu, daß ein nachträgliches Fehlverhalten des Landwirtes (eine Überdüngung oder eine falsch ausgebrachte Saat) das Pfandrecht des Lieferanten beeinflußt: Sein Pfandrecht besteht immer nur in der Höhe, in der die Ware ordnungsgemäß verwendet wurde; für nutzlos verbrauchte Saat oder Dünger besteht trotz Verwendung kein Fruchtepfandrecht. Letztlich ist das die Konsequenz des Wertschaffungszusammenhangs. b) Darlehensansprüche
Nach § 1 Abs. 2 FPG gilt das Fruchtepfandrecht weiter zugunsten eines Darlehensgebers, der einem Landwirt - entsprechend Abs. 1 - für eine solche Lieferung Kredit gewährt hat. Der Gesetzgeber war offensichtlich der Meinung, daß man die Kreditierung von Saatgutlieferungen auch dann unterstützen muß, wenn nicht der Lieferant den Kredit gewährt, sondern ein Dritter (Geldkreditgeber) die Finanzierung der Lieferung übernimmt (vielleicht, weil der Lieferant sich selbst eine Vorleistung nicht erlauben kann).
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lich).
Ebenso BGH v. 7. 12. 1992 NJW 1993, 1791, 1792 (insoweit nicht entscbeidungserheb-
35 Ist die Beschaffung nach dem 31. Juli erfolgt, hält die Verwendung den Tennin zwangsläufig ein. 36 Zu den Maßstäben für eine ordentliche Wirtschaftsweise und zur Beweislast vgl. OLG Karlsruhe v. 18. 3. 1992 AgrarR 1993, 61, 62. Zum Merkmal im Rahmen des Er1öschens (§ 2 Abs. 1 S. 1 FPG) BGH a. a. 0. (Fn. 34).
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme - B. Entstehung der Verwertungsrechte
Richtig ist es wohl - über den Wortlaut des § 1 Abs. 2 hinaus - zu verlangen, daß das Darlehen nicht nur "für die Lieferung aufgenommen", sondern vielmehr, daß das Geld auch dafür verwendet wurde37 (was der Darlehensgeber durch eine Direktzahlung an den Lieferanten sicherstellen kann). Es erscheint unvertretbar, daß, obwohl der Landwirt das Darlehen anderweitig verwendet, die Früchte für den in keinem Zusammenhang stehenden Rückzahlungsanspruch haften (möglicherweise zusätzlich zu den Ansprüchen der Lieferanten, die ihrerseits auf Kredit geleistet haben). Die für die Lieferung bestehenden Bestimmungen gelten im übrigen auch hier: Der Kreis der Rückzahlungsverpflichteten (wiederum: gleich aus welchem Rechtsgrund) entspricht dem der Leistungsempfänger nach Absatz l. Die Lieferung (nicht die Darlehensgewährung oder Darlehensverwendung) muß nach dem 31. Juli erfolgen. Die Darlehensgewährung muß zusätzlich zur Lieferung und Verwendung dem für diese Geschäfte üblichen Rahmen entsprechen, so daß ein überhöhter Zins - selbst wenn er nicht zur Nichtigkeit des Kreditvertrages führt - wiederum das Pfandrecht ausschließt38. 3. Sicherungsobjekt
a) Feldfrüchte
Obwohl das FPG ebenso wie das Verpächterpfandrecht nach § 592 BGB als Sicherungsobjekt die ,,Früchte" bezeichnet, wird dies hier nicht als Verweis auf den weiten Fruchtbegriff des § 99 BGB verstanden, sondern einengend als ,,Feldfrüchte" ausgelegt39 • Daß der Gesetzgeber mit der Bezeichnung nicht auch die Rechtsfrüchte meinte, ist eindeutig, weil er von den "in der Ernte anfallenden" und von den "noch nicht vom Grundstück getrennten" Früchten spricht. Rechtsfrüchte werden weder geerntet noch vom Grundstück getrennt. Das beim Verpächter angesprochene Problem (vgl. S. 262) bestehttrotzeines gleichen Sicherungsbegriffs daher nicht. Kaum relevant ist die Frage, wann das Pfandrecht genau entsteht, ob - wie beim Verpächterpfandrecht - mit dem Entstehen der Früchte40 oder möglicherweise sogar vorher mit der Aussaat41 • Die Annahme eines Rechtes (sei es auch als Anwartschaftsrecht) ohne existierendes Bezugsobjekt ist grundsätzlich nicht nötig. 37 So schon Ebeling a. a. 0. (Fn. 19) S. 1688. Unzutreffend erscheint es aber, wenn er weitergehend die vollständige Befriedigung des Lieferanten fordert. Denkbar wäre m.E. auch eine Finanzierung nach § 1 Abs. 1 u. Abs. 2 je zur Hälfte. 38 Kreuzer S. 30, 33 f.; Ebeling a. a. 0. Beide schränken unzutreffend die Kreditgeber auf Kreditinstitute ein (Freundes- und Familienkredite seien unüblich?). 39 OLG Karlsruhe a. a. 0. (Fn. 36); KreuzerS. 34; Ebeling a. a. 0. (Fn. 19) S. 1687. 40 KreuzerS . 37. 41 Ebeling a. a. 0. (Fn. 19) S. 1686: als Anwartschaftsrecht bis zur Existenz.
XIII. Früchtepfandrecht
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Einzig für Schadenersatzansprüche wegen Beeinträchtigungen durch Dritte (z. B. direkt nach Aussaat) kann die Frage einmal Bedeutung erlangen. Insbesondere wenn der Lieferant noch das Eigentum am Saatgut hatte, wird deutlich, daß es nur sinnvoll ist, für keinen Zeitpunkt etwaige Ersatzansprüche dem Landwirt zuzusprechen42. Zuletzt sei erwähnt, daß auch nach dem FPG kein Aberntungsrecht vor der Reife besteht43 , daß der Gläubiger aber durchaus -Fälligkeit seiner Forderung und damit Pfandreife vorausgesetzt - ein eigenständiges Abernten bei Reife erfolgreich durchsetzen könnte. b) Konnexität
Der Zusammenhang zwischen gesicherter Forderung und Sicherungsobjekt wird grundsätzlich vorhanden sein, weil die gelieferte Ware zur Erreichung der Ernte des Betriebes verwendet worden sein muß. Es überrascht daher, daß nach einer am Wortlaut anknüpfenden Entscheidung des OLG Karlsruhe im Ausnahmefall jede Konnexität fehlen kann44 • Nach dem Wortlaut des§ 1 FPG entstehe das Pfandrecht an allen Früchten ("der zum Betrieb gehörigen Grundstücke"), sofern die geliefert Ware nur überhaupt verwendet wurde. Die Entstehung des Pfandrechts an der jeweiligen Frucht wäre demnach unabhängig davon, ob das Düngemittel oder die Saat, für das betreffende Sicherungsobjekt I die betreffende Frucht verwendet wurde. Diese allein am Wortlaut orientierte Auslegung ist zweifelhaft: Gibt man so nämlich den Wertschaffungszusammenhang zwischen Forderung und Objekt auf, wird dem FPG die einzige tragfähige Legitimation für die gesetzliche Entstehung genommen45. Man bewegt sich dann in die Richtung der im römischen Recht bekannten, aber für unser Recht mit gutem Grund abgelehnten Generalhypotheken. Und das ohne erkennbare Notwendigkeit: Es ist teleologisch nicht nachvollziehbar, daß der Lieferant des Weizensaatguts auch auf die geernteten Kartoffeln des Landwirts zurückgreifen kann, wenn die Saatkartoffeln dazu von einem Dritten geliefert wurden. Daß es für den Lieferanten - insbesondere bei Düngemitteln - Darlegungs- und Beweisprobleme geben kann, wenn man eine Konnexität fordert, ist zwar richtig. Dies ist jedoch nicht so bedeutend, daß man die wesentliche Legitimationsbasis für dieses Pfandrecht aufgeben darf. Der Lieferant ist vielmehr auch 42 Solange das Eigentum an der Saat noch nach §§ 946 ff. BGB untergegangen ist, stehen die deliktischen Ersatzansprüche selbstverständlich dem Vorbehaltsverkäufer zu. Wenn das Eigentum untergegangen und das Pfandrecht bereits entstanden ist, besteht im Falle einer Beschädigung das Pfandrecht an den Deliktsansprüchen (siehe allgemein schon S. 66 ff.). Es ist daher nur konsequent, den Lieferanten zu keiner Zeit ungesichert zu lassen, sondern mit dem Eigentumsuntergang die Pfandrechtsentstehung anzunehmen. 43 Siehe KreuzerS. 37 f., vgl. ebenso beim Verpächterpfandrecht S. 261. 44 Vgl. Nachweis in Fn. 36. 45 Siehe auch S. 432 (Fn. 57).
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme - B. Entstehung der Verwertungsrechte
insofern - wie oft im FPG - auf die Kooperation mit dem Schuldner angewiesen. Agiert dieser gegen den Gläubiger, ist der schon in Anbetracht der übrigen Hürden dieses Entstehungstatbestandes ohnehin kaum zu schützen.
c) Zeitliche Begrenzung Das mit Vorrang versehene Pfandrecht begrenzt das Gesetz dadurch, daß es den Lieferanten auf die nächste Ernte beschränkt. Die Rechtfertigung dafür ergibt sich daraus, daß das FPG keine langfristigen Kredite, sondern nur die Vorfinanzierung der Bestellung im Hinblick auf die damit zu erreichende Ernte unterstützen will. Mit anderen Worten, der Lieferant soll sich um eine zügige Rückführung der Verbindlichkeit kümmern. Dieses gesetzliche Ansinnen wird weiter durch § 4 FPG betont, nach dem das Pfandrecht am 1. April des der Ernte folgenden Jahres und damit im Höchstfall zwanzig Monate nach Entstehung erlischt, wenn es nicht vorher gerichtlich geltend gemacht wird.
d) Unpfändbare Früchte Die Reichweite des Pfandrechtes wird durch § 1 Abs. 1 S. 2 FPG auf die der Pfandung unterworfenen Früchte beschränkt. Pfandbar sind die sogenannten Verkaufsfrüchte, das heißt der zum Verkauf bestimmte Ernteüberschuß. Ausgeschlossen sind dagegen die sogenannten Wirtschaftsfrüchte, die zur Weiterführung des Betriebes, sei es zur Verwendung als Saatgut, zur Verfütterung, zur Weiterverarbeitung oder zum Unterhalt des Landwirts, seiner Familie und Angestellten, erforderlich sind (siehe § 811 Nr. 4, aber auch § 865 Abs. 2 ZP0)46• Das Herbeiführen eines Betriebsstillstandes durch die Geltendmachung eines Früchtepfandrecht wird so verhindert. Der Lieferant muß bei der Kreditierung somit prüfen, ob sein Kunde nicht Selbstverwerter der Erzeugnisse ist47 , und sei es auch nur im Sinne eines Viehzuchtbetriebes (der z. B. Dünger für seinen Futtermittelanbau oder seine Weidewirtschaft braucht). Zugleich wird hierüber die Konkurrenz der verschiedenen, privilegiert auf die Früchte zielenden Pfandrechte reguliert48 , da für diese die ansonsten geltende Kollisionsregel des § 1209 BGB durch Sonderbestimmungen ausgeschlossen ist. Das Früchtepfandrecht mit seinem generellen Vorrang (§ 2 Abs. 4 FPG) erfaßt nur die Wemer AgrarR 1972, 333, 335; siehe auch BGHZ 41, 6, 7, 9 v. 8. I. 1964. Im Beispiel von Kreuzer S. 29 (Obsthof einer Manneladenfabrik) scheitert das Pfandrecht spätestens an der Unpfandbarkeit der Früchte. Solche Selbstverwerter sind nicht durch das FPG "privilegiert". 48 Vgl. dazu BGH a. a. 0. (Fn. 46); die tatsächlich komplizierte Abgrenzung zwischen diesen zeigt anschaulich der Fall des OLG Oldenburg v. 18. 9. 1962 RdL 1963, 25 ff. 46 47
XIII. Früchtepfandrecht
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Verkaufsfrüchte. Das vertragliche Inventarpfandrecht nach dem Pachtkreditgesetz erlaßt dagegen die Wirtschaftsfrüchte, da nur sie zum Inventar gehören, so daß diese Sicherung durch § 2 Abs. 4 FPG nicht tangiert wird. Das Verpächterpfandrecht (§ 592 BGB) erlaßt alle - auch unpfändbaren - Früchte des pachtenden Landwirts, bietet dem geschützten Gläubiger trotz Bestehens eines Früchtepfandrechts immerhin noch das Inventar inkl. der Wirtschaftsfrüchte als davon unbelastete Objekte (für die im Verhältnis zum Pachtkreditpfandrecht immer gleicher Rang - § 11 PachtkredG - besteht49).
4. Praktische Bedeutung
Seit 1986 sind vier Entscheidungen zu zwei Streitfällen zum Früchtepfandrecht veröffentlicht50• Auch in der älteren Judikatur sind immer wieder Entscheidungen bekannt geworden51 • Das durch seine Spezialität wissenschaftlich eine eher untergeordnete Rolle spielende Pfandrecht hat im so bemessenen Praxisvergleich mehr Relevanz als zum Beispiel das Verpächterpfandrecht und die meisten gesetzlichen Pfandrechte des HGB (abgesehen von den §§ 754 ff. HGB) oder der §§ 647, 704 BGB52. Dies liegt zum einen an dem Recht selbst, das, wenn es entstanden ist, ein hohes Maß an Sicherheit bietet und zum anderen an der wirtschaftlich oft schwierigen Lage der Landwirte: Ein immer erstrangiges Verwertungsrecht an den Verkaufsfrüchten der mitunter gesamten nächsten Ernte und damit an der gesamten Jahresproduktion des landwirtschaftlichen Unternehmens veranlaßt den Gläubiger trotz Klageerfordernis zu Durchsetzungsbemühungen. Aus ökonomischer Sicht muß man gleichwohl feststellen, daß die Probleme überwiegen. Einerseits hat schon der Gesetzgeber das weitreichende Recht als gefährlich angesehen und deswegen mehrere Schranken eingebaut. Sie bewirken für den Lieferanten, daß er umfangreiche Informationen von seinem Kunden einholen muß, was sein Verhältnis zu diesem natürlich erheblich erschwert und außerdem keine wirklich zuverlässige Sicherheit bringt: Er darf nur an den selbstverwertenden Landwirt liefern, der Geschäfte auf eigene Rechnung macht. Er muß sich durch sein zeitlich beschränktes Recht um eine baldige Rückführung des Kredits kümmern und ggf. schnell (und ohne Stun49 Siehe Kroeschell Rn. 528 ff. Ähnliches gilt für den Hypothekengläubiger (§ 1120 BGB). Zu den für das Verpächterpfandrecht bestehenden Konkurrenzproblemen vgl. schon S. 264 bei Fn. 36. 50 BGH v. 7. 12. 1992 (Fn. 34) und Vorinstanzen: OLG Braunschweig v. 4. 10. 1991 AgrarR 1992, 175 f.; LG Braunschweig v. 17. 1. 91 AgrarR 1992, 29 f.; OLG Karlsruhe v. 18. 3. 1992 (Fn. 36). 51 Vgl. Nachweise in Fn. 29, 46, 55, 56. 52 Anders die Auffassung der Insolvenzrechtskommission, die - erfolglos - für eine Streichung des FPG votiert hatte; vgl. Kommissionsbericht Insolvenzrecht S. 328.
20 Bechtloff
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme - B. Entstehung der Verwertungsrechte
dungspotential) seine Sicherung durchsetzen. Als problematisch erweist sich auch die Beschränkung der Sicherung auf die Usancen einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsweise, da er eine solche Verwendung nicht gewährleisten kann. Andererseits bedeutet das bestehende vorrangige Recht eine erhebliche Einschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des Landwirtes und eine Schlechterstellung aller anderen Gläubiger. Das erwartete Jahreseinkommen, wenn es auch mit Hilfe der Lieferung erreicht wurde, wird der Dispositions- und Haftungsmasse entzogen. Das Gesetz gleicht mit dem FPG einen zuvor getätigten Einschnitt zugunsten eines anderen, gleichfalls als besonders wichtig empfundenen Gläubigers, des Verpächters, aus. Diesem wird bei einem Zusammentreffen mit dem FPG die für den Lieferanten benötigte Masse entzogen, was deswegen nicht problematisch ist, weil dem Verpächter noch das Inventar und die Rechtsfrüchte als Sicherheit zustehen. Damit dem Landwirt in Anbetracht dieser Rechte überhaupt noch Realsicherheiten zur Verfügung stehen, wurde das Pachtkreditpfandrecht zu Gunsten spezieller Pachtkreditinstitute (§ 1 PachtkredG) konstituiert. Im Ergebnis ist damit gerade für den landwirtschaftlichen Pächter oft eine Verteilung des gesamten Vermögens schon ohne Insolvenzverfahren erreicht. Das bestätigen die veröffentlichten Statistiken: Obwohl das landwirtschaftliche Unternehmen aus der Natur seiner Tätigkeit ein umfangreiches Betriebskapital und Anlagevermögen aufweist, werden zwei Drittel der Insolvenzen mangels Masse nicht eröffnet53, für den Rest sind die Deckungsquoten der nicht gesicherten Gläubiger schlechter als in allen anderen Wirtschaftsbereichen! 54 Die Insolvenzrechtsreform wird für diese Situation im Bereich der Landwirtschaft- so ist zu vermuten -keine Verbesserungen bringen, denn anders als im allgemeinen Wirtschaftsverkehr, wo ein früher Beginn des Verfahrens die Massearmut reduzieren kann, ist (etwas überspitzt formuliert) das Vermögen des Landwirts verteilt, bevor er anfangt zu arbeiten. Ein weiterer Aspekt der "Schattenseite" des Früchtepfandrechts, allerdings im Bereich des Erlöschens, hat vor wenigen Jahren Beachtung gefunden. Als raumgebundenes Recht erlischt das Pfandrecht mit der Entfernung vom Grundstück(§ 2 Abs. 1 S. 1 FPG), es sei denn, diese erfolgt ohne Wissen oder gegen den Widerspruch des Gläubigers. Dies wiederum ist unbeachtlich, wenn die Entfernung einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsweise entspricht. In Frage stand die Wirkung eines dem normalen Geschäftsgang entsprechenden Verkaufs nach der Ernte ohne Wissen des Gläubigers, was praktisch dem Regelfall entspricht55 • Nach lange Zeit herrschender Meinung erlischt das Pfandrecht beim üblichen Verkauf nicht, sei es, Stat. Jahrbuch 1996 S. 136 (in den alten Bundesländern liegt diese Zahl sogar bei 78%). Stat. Jahrbuch 1996 S. 138: Deckungsquote für nicht bevorrechtigte Gläubiger liegt bei 0,8% (gegenüber 3,3% im allgemeinen Durchschnitt), für bevorrechtigte bei 18,8% (gegenüber 40% im Durchschnitt). 55 Anders, wenn der Verkauf der Früchte über den Lieferanten erfolgt, vgl. BGHZ 29, 280 ff. V. 12. 2. 1959. 53
54
XIII. Früchtepfandrecht
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weil es keine "Entfernung im Rahmen einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsweise" ist, wenn die Lieferantenforderung davon nicht beglichen würde56, sei es, weil der Gläubiger keine Kenntnis von der Entfernung erlangt57 . Bestehe das Pfandrecht aber trotz Entfernung bei Verkauf fort, scheitere selbst ein gutgläubiger Erwerb (§ 936 BGB). Da mit dem in der Agrarwirtschaft üblichen Pfandrecht beim Kauf vom Landwirt gerechnet werden müsse, sei der Käufer nicht gutgläubig, wenn er keine Nachforschungen tätigt58 • Jeder Käufer des Landwirtes muß sich danach das fortbestehende Pfandrecht entgegenhalten lassen und z. B. Schadenersatz(§§ 1227, 823 BGB) leisten, wenn er die Früchte weiterverkauft oder verarbeitet. Der BGH hat 1992 dementgegen entschieden59, bei zum Verkauf bestimmten Früchten entspreche der Verkauf einer "ordnungsgemäßen Wirtschaftsweise" (ähnlich § 560 BGB). Auf die Kenntnis des Lieferanten käme es nicht an, wenn dieser ohnehin nicht widersprechen könne. Das wesentlichste Argument der Gegenauffassung, ein Erlöschen beim regulären Verkauf entwerte das Pfandrecht, ließ er nicht gelten: Der Lieferant könne zum abstrakt zu bestimmenden Zeitpunkt der Ernte zugreifen und mindestens - § 3 Abs. 1 FPG - Aussonderung eines zur Abdeckung seiner Forderung erforderlichen Teils verlangen. Der BGH übergeht, daß der Lieferant zum Zeitpunkt der Ernte zwar die Möglichkeit, aber keinen Anlaß zu einem solchen Vorgehen hat, da seine Forderung zumeist nicht fällig ist. Die Lieferungsforderung soll regelmäßig erst nach dem Verkauf der Ernte getilgt werden, denn gerade als Überbrückung bis zu diesem Zeitpunkt wurde der Kredit gewährt. Vorher wird er das Pfandrecht auch nicht für eine Teilaussonderung geltend machen, weil er den Kunden nicht verärgern und zu Konkurrenten treiben will. Und selbst wenn er eine andere Geschäftspraxis verfolgen würde, müßte er bei allen seinen Kreditkunden bei der Ernte (praktisch zeitgleich) in dieser Weise sichernd vorgehen, was kaum durchzuführen ist. Trotzdem ist die Entscheidung des BGH zu verstehen, denn die Alternative hieße, dem Käufer das Risiko aufzubürden, daß der Landwirt den Lieferanten nicht bezahlt. Dies insoweit ist dem BGH zuzustimmen - wäre eine für den Handel mit Landwirten kaum tragbare Konsequenz. Sie hätte zur Folge, daß der Kreis der potentiellen Abnehmer des Landwirtes weiter (möglicherweise bis auf den Lieferanten) eingeschränkt und sogar der ohne Kredit arbeitende Landwirt diesen "Sicherheitsmalus" über den Preis mittragen müßte. Das Problem ist also im FPG selbst begründet: Will man dem Landwirt die Möglichkeit einräumen, zur Finanzierung seines Saatgut- und Düngemitteleinsatzes auf den durch den Verkauf der daraus resultierenden Ernte erreichten Erlös zu56 So OLG Schleswig v. 18. 11. 1955 Sch!HA 1956, 111, 112, in Anschluß an Ebeling u. a. in WM 1955, 1686, 1689; dagegen überzeugend Wemer AgrarR 1972, 333, 335 f. m. w. N. 57 Wemer AgrarR 1972, 333, 336 ff.; OLG Karlsruhe a. a. 0 . (Fn. 36). 58 Neben den in Fn. 56, 57 Genannten auch RGRK-BGB I Gelhaar § 936 Rn. 10. 59 Entscheidung v. 7. 12. 1992 (Fn. 34) und ebenso die Vorinstanzen (Fn. 50); seitdem ebenso Palandt/Bassenge Einf v § 1204 Rn. 3; bereits vorher KreuzerS. 41.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
rückzugreifen, sind die Früchte als Sicherungsobjekt ungeeignet, da sie vor der Rückzahlung bereits das Vermögen des Schuldners verlassen haben müssen. Dieses Dilemma kann man nur zu Lasten des kreditierenden Lieferanten oder aber des Erntekäufers lösen, will man nicht - de lege ferenda - das Pfandrecht am Erlös fortsetzen. Insofern ist der Ansatz des BGH vorzuziehen, weil man das Kreditierungsrisiko nicht sinnvoll dem Dritten auferlegen kann. Das FPG ist letztlich ein Kunstprodukt, das meines Erachtens mißglückt ist. Im Zusammenspiel mit den Vorrechten anderer Gläubiger des Landwirts verstärkt es in diesem Wirtschaftssektor eine permanent pathologische Lage. Es ist außerdem zu kompliziert geregelt und bringt dem Gläubiger keine kalkulierbare Sicherheit. Wenn er sie aber erreicht, führt sie schnell zu einer Knebelung des Schuldners. S. Vergleichsf"älle
Das Früchtepfandrecht ist der einzige Fall, in dem ein Verkäufer (Lieferant) oder ein Geldkreditgeber ein gesetzliches Pfandrecht erhält. Im Grundsatz geht das Gesetz sonst davon aus, daß sich diese selbst (rechtsgeschäftlich) sichern sollen. Unter Kaufleuten gibt es zwar die Möglichkeit eines Verwertungsrechtes nach § 369 HGB, dieses setzt aber zumindest voraus, daß der Gläubiger ein sicherungsfähiges Objekt in der Hand hat, daß somit an eine "tatsächliche" Sicherungslage angeknüpft werden kann. Das Früchtepfandrecht zieht seine Rechtfertigung daraus, daß es aufgrund der besonderen Ausgangsbasis keine brauchbare rechtsgeschäftliche Sicherungsmöglichkeit an dem Lieferungsobjekt gibt. Schon die bestimmungsgemäße Verwendung der Ware führt zum Untergang der Sicherungsrechte. Das aus der Ware nur in Zusammenhang mit dem Grundstiick entstehende Nachfolgeobjekt (die Frucht) wird im Grundsatz ausschließlich dem am Grundstiick Berechtigten (sei es über §§ 953 ff., sei es über§ ll20 BGB) zugesprochen. Wenn das Nachfolgeobjektdurch die Trennung vom Boden -wieder selbständig belastbar ist, sind durch weitere Sonderbestimmungen zusätzliche Rechte bereits entstanden(§ 592 BGB, § 810 ZPO). Eine rechtsgeschäftliche, ohne Sonderbestimmung ausgestattete Sicherheitenbestellung kommt so regelmäßig zu spät. Einmalig ist diese Sondersituation des Saatgutlieferanten aber nicht. Jede Verbindung als wesentlicher Bestandteil mit einem Grundstiick (§ 946 BGB), aber auch die Verbindung verschiedener Fahrnis im Sinne von § 947 Abs. 2 BGB (auch bei § 948 BGB) oder die Verarbeitung (§ 950 BGB) können das Sicherungsrecht zum Erlöschen bringen. Der insoweit ,,Entrechtete" erlangt dann einen Anspruch aus § 951 BGB60, der aber regelmäßig nicht dinglich gesichert und im übrigen "nur" auf Abschöpfung der eingetretenen Bereicherung beim Dritten gerichtet ist. 60 Allein wegen der Neuentstehung des Früchtepfandrechts gilt dies nicht für den mittels Eigentumsvorbehalts gesicherten Lieferanten im Sinne des FPG.
XIV. Opferpfandrecht
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Die in diesen Fällen bestehenden Sicherheitsbedürfnisse werden konstruktiv und im wirtschaftlichen Ergebnis höchst unterschiedlich gelöst. Dem am Grundstück arbeitenden Werkunternehmer, vgl. § 648 BGB, wird mit seinem (rein schuldrechtlichen) Anspruch auf Bestellung einer Hypothek an der Hauptsache praktisch wenig geholfen (vgl. deswegen nunmehr§ 648a BGB). Der an einen Weiterverarbeiter liefernde Gläubiger kann sich mit einer Verarbeitungsklausel recht wirkungsvoll die Sicherung bewahren61 • Andere bleiben ungesichert. Eine Universallösung wäre ein gesetzliches Pfandrecht für die Forderung des § 951 BGB. Ein solches erscheint aber gefährlich, da es vollständig publizitätsfrei und an Immobilien bestehen müßte, um die Regelfälle erfassen zu können. Beim Früchtepfandrecht besteht insofern ein Unterschied, als das Recht stets nur an einer später selbständigen Nebensache und nicht an der Hauptsache (z. B. dem Grundstück) entsteht. Dieser Unterschied rechtfertigt aber trotzdem kein Sonderrecht: Es ist nicht zu übersehen, daß auch in den insofern ähnlichen Fällen keine gleichen Konsequenzen folgen: Kein Pfandrecht besteht an den Fohlen für einen den Zuchthengst liefernden Gläubiger, kein Pfandrecht besteht an der Milch oder den Eiern für den Futtermittellieferanten etc. XIV. Opferpfandrecht
Das jüngste gesetzliche Pfandrecht wurde durch das sogenannte Opferanspruchssicherungsgesetz (OASG) eingeführt 1. Der Gesetzgeber hat damit - mit großer Zustimmung der am Verfahren Beteiligten2 -erstmals seit mehr als sechzig Jahren wieder ein gesetzliches Pfandrecht konstituiert. Es soll den Schutz der Opfer von Straftaten verbessern, genauer gesagt, einer (kleinen) Gruppe derselben bei der Durchsetzung ihrer zivilrechtliehen Schadenersatzansprüche gegen den (Straf-) Täter helfen. Das Pfandrecht entsteht dazu an Ansprüchen, die der Täter (oder u.U. Dritte) durch die "Vermarktung seiner Straftat" erlangt. Es ist ein reines Forderungspfandrecht und unterscheidet sich dadurch von allen anderen gesetzlichen Pfandrechten, die praktisch durchweg auf Mobilien als Sicherungsobjekt ausgerichtet sind3 .
61 Vgl. dazu kritisch Medicus Rn. 515 ff.; ökonomische Analyse bei Adams S. 117, 137, 287; siehe weiterS. 85. I Siehe den Text im Anhang. Das Pfandrecht wird hier vereinfacht "Opferpfandrecht" genannt. 2 Das Gesetz wurde am 4. 3. 1998 einstimmig im Bundestag angenommen. Zur Entstehungsgeschichte vgl. näher Nowotsch NJW 1998, 1831, 1832. 3 Anders nur früher§ 756 HGB, dazu S. 380 f.; der Verweis im Rahmen der Gesetzgebung auf§ 399 HGB (BT-Drucks. XIII/6831 S. 6) überzeugt nicht, zu diesem oben S. 134; zum Verpächterpfandrecht siehe ab S. 262.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte 1. Rechtfertigende Erwägungen
Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergeben sich zwei zusammenwirkende Erwägungen, die für dieses Tätigwerden des Gesetzgebers ursächlich waren4 • Ein maßgebender Ausgangspunkt, der- wie gezeigt - schon bei einer Vielzahl von anderen Pfandrechten Bedeutung erlangt hat, ist eine besondere Schutzbedürftigkeit des Gläubigers: Der Gläubiger der hier gesicherten Schadenersatzansprüche, d. h. das Opfer einer Straftat, ist per se (durch die Form des Zustandekomrnens der Forderung) im besonderen Maße als schutzwürdig anzusehen. Außerdem hat das Kriminalitätsopfer als Gläubiger - typischerweise - aus gesetzlichen Schuldverhältnissen stammender (deliktischer) Ansprüche regelmäßig keine Möglichkeit, sich rechtsgeschäftlich abzusichern. Zuletzt ist der Schuldner häufig - erkennbar mehr als in den meisten anderen Pfandrechtskonstellationen - als "finanzschwach" einzustufen, die Forderung in vielen Fällen uneinbringlich. Nun ist diese Ausgangssituation für den Gläubiger (das Straftatopfer) zwar mißlich, dürfte für sich allein aber noch keinen Ansatz bieten, ein gesetzliches Sicherungsrecht zu konstituieren. Einerseits fehlt für dieses zumeist das stets notwendige Sicherungsobjekt, andererseits unterscheidet sich die Situation nicht grundlegend, sondern allenfalls graduell von anderen gesetzlichen Schuldverhältnissen. Es gab daher neben der Schutzbedürftigkeit ein zusätzliches Kriterium, das den Gesetzgeber bewog, das Opferpfandrecht einzuführen: Gerade in neuerer Zeit ist zunehmend zu beobachten, daß Täter über die Medien oder durch eigene schriftstellerische Tätigkeit spektakuläre Straftaten gewinnbringend vermarkten. Diese Darstellungen führen dazu, daß auch die Opfer mehr oder weniger in das Blickfeld der Öffentlichkeit geraten und u.U. wiederum (in ihrem Persönlichkeitsrecht) verletzt werden, ohne sich dagegen wehren zu können5 • Die Vermarktung bringt so eine erneute - jetzt rechtlich gebilligte - Belastung der Opfer, ohne daß diese von der Veröffentlichung einen Vorteil haben. Zwar stand (und steht) auf diese Weise ein verwertbares Vermögen der Schuldner (der Täter) dem Zugriff der Opfer als Gläubiger von Schadenersatzansprüchen zur Verfügung. Die Zugriffsmöglichkeiten nach vormals geltendem Recht liefen jedoch in der Mehrzahl der Fälle leer: Der dingliche Arrest(§§ 916 ff. ZPO) war häufig zu langsam, leicht umgehbar und risikobelastet Ein Direktzugriff auf die Ansprüche des Täters über eine Eingriffskondiktion oder über§§ 687 Abs. 2, 681, 667 BGB ist nicht zu begründen6 . Die EiDgriffskondiktion wird zumeist schon daran scheitern, daß der Täter durch die Auskünfte gegenüber dem Medien regelmäßig nicht in die Rechte der Opfer eingreift, sondern allenfalls das veröffentlichende Medium selbst (z. B. die den Bericht verfassende Zeitschrift). Und selbst wo das anders sein mag, z. B. bei einer zu weit4
Vgl. BT-Drucks. XIII/6831 S. 1, 5.
s Näher dazu Heinze FS Stree/Wessels S. 952 ff. 6 A.A. Heinze a. a. 0. S. 962 f., der zu Unrecht meint, daß, wenn die Berichterstattung
über das Opfer rechtswidrig sei, deswegen der Täter sein Honorar rechtswidrig erlangen würde; wie hier BT-Drucks. XIII/6831 S. 5.
XIV. Opferpfandrecht
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gehenden Darstellung des Täters selbst (in einem Buch o.ä.), ist kaum zu begründen, daß der Täter mehr als einen Bruchteil seines Erlöses "gerade durch den Eingriff' erlangt hat. Auch der Vergleich von Heinze mit der Rechtsprechung zum Einzug vom Arbeitnehmer angenommener Schmiergelder über die Geschäftsführungsnormen führt nicht weiter7 : Die Voraussetzungen einer "angemaßten Eigengeschäftsführung" scheitern letztlich aus den zur Eingriffskondiktion erhobenen Bedenken, tatbestandlieh damit am Fehlen eines "objektiv fremden Geschäftes". Das gesetzliche Pfandrecht verschafft nunmehr in diesem Bereich dem Opfer einen durchgreifenden Sicherungsvorsprung gegenüber allen anderen Gläubigern des Täters und - dazu noch 3.c) - Schutz gegenüber Umgehungsmöglichkeiten. Man kann zusammenfassen, daß für einen besonders schutzwürdigen Gläubiger, der notwendig ohne vertragliche Sicherung auskommen muß, an einer (Vermögens-)Position, die - allerdings typisiert, d. h. nicht als Voraussetzung - "auf seine Kosten" erlangt wurde, ein gesetzliches Verwertungsrecht eingeräumt wird. Beim vergleichenden Blick zu den anderen gesetzlichen Verwertungsrechten bleibt weiter zu überlegen, ob nicht der inzwischen vertraute Wertschaffungsaspekt auch hier als rechtfertigender Hintergrund angesehen werden kann. Bei genauerer Betrachtung erweist sich das als Irrweg. Zum einen stellt die typisierte "Opferbeteiligung" an der Veröffentlichung zwar den Bezug zum Sicherungsobjekt her, sie ist aber, anders als in den bisherigen Fällen, nicht aktiv und zielgerichtet, sondern rein passiv: Es fehlt gerade an einer Maßnahme/ einem Wirken des Opfers zur Entstehung des Wertes des Sicherungsobjektes. Statt dessen rückt der Gedanke in den Vordergrund, daß die Veröffentlichung erneut ein "unfreiwilliges Opfer" des Gläubigers darstellt (daher eben die Idee einer Eingriffskondiktion, vgl. oben). Zum anderen steht die gesicherte Forderung aus der Tat in keinem (rechtlichen) Zusammenhang mit dem Sicherungsobjekt Besteht nämlich kein Schadenersatzanspruch zugunsten des Opfers aus der Tat (mehr), entsteht kein Pfandrecht, gleich wie unangenehm die Veröffentlichung für das Opfer ist. Dies gilt sogar dann, wenn aus der Darstellung wieder Ansprüche wegen eines rechtswidrigen Eingriffs erwachsen oder diese gleichfalls Straftat sein sollte (wie sich aus dem Tatbestand ergibt, siehe noch sogleich). Der Wertschaffungsgedanke führt hier also - ähnlich wie schon beim Vermieter- und Gastwirtpfandrecht8 - nicht weiter. Die Verbindung zwischen Forderung und Sicherungsobjekt ist auf ein Minimum beschränkt, was wohl - ohne daß der Gesetzgeber dies so explizit erwähnt - mit dem engen Anwendungsbereich des Pfandrechtes gerechtfertigt wird. Fruchtbar zu machen ist allerdings die aus dem Kompensationsgedanken 9 bekannte Erwägung, nach der den Pfandrechtsschuldner ein Pfandrecht weniger hart Ders. a. a. 0. S. 962 f.; vgl. zu dieser Rspr. Palandt/ Sprau §§ 667 Rn. 3. Anders als bei diesen hat das Sicherungsobjekt hier zumindest typischerweise eine Grundlage oder einen Ursprung in der Situation, aus der auch die Forderung stammt. 9 Vgl. schon S. 125 und S. 180. 7
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
trifft, wenn durch die Verwertung an sich die wirtschaftlichen Werte nicht zusätzlich reduziert werden. Dies gilt in gewissem Rahmen für das Opferpfandrecht ebenso wie bei allen anderen Forderungspfandrechten 10• Da das Sicherungsobjekt (bei Forderungspfandrechten) nur eingezogen werden muß, fehlt es - anders als regelmäßig bei Mobiliarpfandrechten - an der zusätzlichen Härte, die durch die Vernichtung eines Teilwertes im Zuge der Versteigerung eintreten kann. Sehr weit führt dieser Gedanke hier jedoch nicht. Er kann die Entscheidung für ein gesetzliches Verwertungsrecht unterstützen, nicht jedoch dieses aus sich heraus rechtfertigen. 2. Gesicherte Forderungen
§ 1 Abs. 3 Halbsatz 2 OASG regelt, daß das Pfandrecht die Schadenersatzforderungen des Verletzten einer rechtswidrigen Tat i. S. d. § 11 Abs. 1 Nr. 5 StOB gegenüber dem Täter oder Teilnehmer der Straftat sichert und knüpft damit an eine Vielzahl strafrechtlicher Begriffe an.
a) Schadenersatzforderung
Gesichert sind zunächst nur Schadenersatzforderungen des Opfers, nicht dagegen anderweitige Forderungen, selbst wenn sie in Anspruchskonkurrenz zum Schadenersatzanspruch stehen oder sonst aus der Straftat resultieren (wie u.U. Bereicherungsforderungen). Das kann im Einzelfall für das Opfer ärgerlich sein (z. B. wegen eines größeren Umfangs des ungesicherten Anspruchs wie im Falle einer Gewinnherausgabe nach § 816 BGB), folgt aber eindeutig aus Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Schutzzweck der Norm. Wenn die Ansprüche regelmäßig auch aus dem Deliktsrecht herrühren werden, sind gleichwohl sich aus der Tat ergebende vertragliche Schadenersatzansprüche mitgesichert 11 (so wenn im Rahmen eines Vertragsverhältnisses ein Betrug verübt wird). Voraussetzung ist nur, daß sich der Anspruch unmittelbar aus der Tat ergibt, was aus der Formulierung des Abs. 3 ("infolge der rechtswidrigen Tat") folgt und im Zuge der Entstehung ausdrücklich hervorgehoben wurde 12• Erreicht ein Täter daher, z. B. durch einen Betrug gegenüber seinem Vertragspartner, einen weiteren Zahlungsaufschub, ist ein Verzugsschaden zum einen erst ab diesem Zahlungsaufschub und zum anderen nur dann gesichert, wenn ohne den Betrug eine vorherige Zahlung erreichbar gewesen wäre.
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Siehe noch S. 439 f., dort auch unter Berücksichtigung der fehlenden Gegenseitigkeit. Vgl. BT-Drucks. XIII/6831 S. 5. BT-Drucks. XIII/6831 S. 9.
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b) Gesicherter Gläubiger: Verletzter einer rechtswidrigen Tat Der Schadenersatzanspruch muß weiter einerseits (unmittelbare) Folge einer rechtswidrigen (Straf-)Tat im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB und der Gläubiger andererseits Verletzter im Sinne von § 172 StPO, d. h. im Sinne des strafprozessualen Klagerzwingungsverfahrens, sein. Man stellt so sicher, daß nur Opfer von Straftaten und nicht etwa ein gewöhnlich deliktisch Geschädigter Pfandgläubiger werden kann (wenn in solchem Rahmen auch eine Vermarktung deutlich seltener wäre). Möglicher Nachteil dieser Anhindung könnte sein, daß man strafprozessuale Probleme 13 in das Zivilrecht transferiert. Außerdem ist eine strafprozessuale Bestimmung des Begriffs des "Verletzten" für den zivilrechtliehen Zweck nicht immer sinnvoll. Im Rahmen des § 172 StPO wird sie nämlich teleologisch anband der jeweils maßgeblichen Strafnorm 14 getroffen. Das im Gesetzesverfahren angeführte Beispiel des (angeblich geschützten) Anspruches eines Angehörigen gern. § 845 BGB 15 zeigt, daß dieser - entgegen der Auffassung des Gesetzgebers - keineswegs immer als Verletzter anerkannt ist, sondern dies je nach Straftat variiert: Bei einer Tötung ist der Verletztenstatus des Angehörigen anerkannt 16, bei (schwerer) Körperverletzung und Freiheitsberaubung wird dieser dagegen gemeinhin abgelehnt17. Bewußte Folge dieses begrifflichen Anknüpfens ist schließlich, daß mittelbar Geschädigte der Straftat, die nicht selbst strafrechtliches Ziel waren, keinen Schutz durch das Pfandrecht erhalten 18. Möglich ist dagegen die Übertragung von Pfandrecht und Forderung vom Verletzten auf Dritte (§§ 1257, 1273 Abs. 2, 1250 und 401, 412 BGB), so daß auch die Versicherungen des Opfers von dem Pfandrecht profitieren können(§§ 116 SGB X, 67 VVG u. a.) 19.
c) Schuldnerdes Schadenersatzes: Täter oder Teilnehmer ( §§ 25-27 StGB) Es werden nur Schadenersatzforderungen gegenüber Tätern oder Teilnehmern der Tat gesichert20. Auch dieses Merkmal gewährleistet den Unmittelbarkeitszu13 Zu Problemen und Streitigkeiten im Rahmen des Verletztenbegriffs, vgl. z. B. LR/ Rieß § 172 Rn. 48 ff. 14 Vgl. LR/ Rieß § 172 Rn. 50. 15 BT-Drucks. XIII/6831 S. 9. 16 Siehe z. B. OLG Hamrn NStZ 1986, 327. 17 LR/ Rieß § 172 Rn. 86 f. 18 Bsp. aus BT-Drucks. XIII/6831 S. 9: fahrlässige Sachbeschädigung bei der Tat gegenüber Dritten. 19 Die Sicherung von Ansprüchen der Solidargemeinschaft war im Gesetzgebungsverfahren durchaus ein Argument für die Einführung, vgl. BT-Drucks. XIII /6831 S. 7.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
sammenhang zwischen Straftat und Forderung. Forderungen gegenüber zivilrechtlieh, aber nicht strafrechtlich Verantwortlichen sind daher nicht gesichert: So nicht die Forderung gegenüber den - ihre Aufsichtspflicht verletzenden - Eltern des jugendlichen Täters, so nicht der nur nach §§ 278, 831 BGB haftende Arbeitgeber eines "diebischen" Handwerkers. Als Nachteil bleibt anzumerken, daß die Prüfung des Pfandrechtes durch das Abstellen auf die §§ 25 ff. StGB in die Tiefen strafrechtlicher Probleme führen kann. d) Zukünftige Forderungen
Als letzter Aspekt zur gesicherten Forderung ist auf ein durch zuvor behandelte Rechte bekanntes, von den Gesetzesverfassern aber nicht beachtetes Problem hinzuweisen. Auch im Rahmen des OASG wird sich die Frage stellen, ob das Opferpfandrecht zur Sicherung zukünftiger Schadenersatzforderungen taugt. Man denke an das folgende, praktisch relevante Beispiel: Das vom Täter geschädigte Opfer hat einen Gesundheitsschaden erlitten und steht in laufender Behandlung. In den nächsten Jahren werden noch verschiedene Operationen/Therapien nötig sein, je nach Heilungserfolg in unterschiedlichem Maß. Der Schaden daraus wird erst geltend gemacht werden können, wenn die Behandlungen durchgeführt sind. Ersichtlich ist, daß - wenn das Pfandrecht erst zugunsten einer bereits durchsetzbaren Schadenersatzforderung entsteht - eine schnelle Veröffentlichung des Täters nach der Tat nebst Abwicklung der entstehenden Ansprüche dazu führt, daß das Opferpfandrecht vielleicht leerläuft Wenn dies so wäre, wäre dem Täter und seinen Helfern ein Mittel in die Hand gegeben, allein durch eine schnelle Abwicklung das Pfandrecht des Opfers im Umfang klein zu halten. Diese Überlegung und die aus dem Gesetz ersichtliche Orientierung daran, Umgehungsmöglichkeiten auszuschließen, legen es nahe, zukünftige Forderungen für erlaßt zu halten. Die generelle Tauglichkeit von Pfandrechten dazu zeigt sich durch §§ 1204 Abs. 2, 1209 BGB21 • Die notwendige Grenze der Sicherung liegt dort, wo die Forderung dem Grunde nach noch nicht ersichtlich ist. Dies ergibt sich schon aus praktischen Notwendigkeiten. Selbst wenn das Opfer später an vom Täter verursachten Folgeschäden leidet, kann dies eine einmal erfolgte, rechtmäßige Verteilung (siehe§§ 2, 3 OASG) des Forderungserlöses, d. h. des Sicherungsobjekts, nicht nachträglich unrechtmäßig machen. Trotz Beachtung dieser Grenze sind noch nicht alle Probleme gelöst. Die Regelung des § 3 OASG zielt ersichtlich darauf ab, daß die Ansprüche der Opfer bei 2o Eine strafrechtliche Verurteilung oder ein strafrechtliches Verfahren wird für die Rechtsentstehung weder durch den Verletzten- noch durch den Täterbegriff vorausgesetzt, erleichtert praktisch aber die Durchsetzung. 21 Zur Auswirkung dieser Normen auf gesetzliche Pfandrechte vgl. noch S. 497 ff.
XIV. Opferpfandrecht
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der Verteilung untereinander auch bereits der Höhe nach bestimmbar sind. Im Rahmen des § 3 OASG wird man daher nur Ansprüche berücksichtigen können, die zumindest mittels Kostenvoranschlags o.ä. der Höhe nach bestimmt sind. Im Verhältnis vom Täter zum Opfer ist eine solche Begrenzung aber nicht angemessen. Hier kann das Opfer- entspr. §§ 1257, 1282 BGB- verlangen, daß der Erlös für die Forderungen solange hinterlegt wird, bis sichergestellt ist, daß zumindest die nicht fernliegenden künftigen Kosten abgedeckt sind22• 3. Sicherungsobjekt
Ebenso wie der gesicherte Forderungskreis ist das Sicherungsobjekt tatbestandlieh eng begrenzt, wie sich schon aus der Entstehungsgeschichte des Pfandrechts ergibt. Erlaßt werden als Objekt nur Forderungen, die sich aus "öffentlichen Darstellungen unter Mitwirkung des Täters" ergeben. Es wird so eine sehr selektierte Gruppe aller potentiellen Straftatopfer privilegiert, nämlich die, "deren Straftat" öffentlich dargestellt wird. Gehört man aber zu diesem, auch im Zuge stärkerer Medienvermarktung statistisch kleinen Kreis von Pfandrechtsinhabem, deren Leid - ob gewollt oder nicht - öffentlich dargestellt wird, verfügt man über ein effektives Sicherungsmittel, durch das die eigene Forderung - vielleicht sogar auf Kosten Dritter [dazu c)]- häufig befriedigt werden wird. a) Forderungen aus "öffentlicher Darstellung"
Das Pfandrecht erlaßt jede Forderung, gleich aus welchem Rechtsgrund, wenn sie nur aus einer öffentlichen Darstellung der Tat oder des Täter gerade wegen der Tat herrührt (vgl. § 1 Abs. 1 OASG). Der Begriff "öffentliche Darstellung" wurde vom Gesetzgeber ganz bewußt in dieser sehr weit gefaßten Form gewählt, um umfassend jegliche Entgelte zu erfassen. Erlaßt sind Vergütungen bspw. für Berichte in Printmedien, für Interviews, für Fotos, filmische Darstellungen oder "eigene urheberrechtliche Werke des Täters" (wie Bücher), gleichgültig, ob sie aus Kauf-, Dienst-, Werkverträgen herrühren oder sogar ohne wirksamen Vertrag entstehen. Die Tat gegenüber dem Opfer muß weder einziger Gegenstand der Darstellung noch braucht sie selbst überhaupt dargestellt zu sein23 (vgl. die Formulierung des § 1 S. 2 OASG). Es genügt vielmehr, daß sie für die Veröffentlichung "bestimmend", d. h. der maßgebende Grund für die Darstellung war4 • Wenn der Täter Vgl. allgemein auch zu diesem Problembereich noch S. 497 ff. Die auch insofern bewußt weite Fassung soll dem Schutz vor Umgehungen dienen. Die Gesetzesverfasser befürchteten, daß Entgelte ansonsten nur noch für Darstellungen außerhalb der Tat (z. B. über das Vorleben des Taters) gezahlt würden, um das Pfandrecht auszuschließen, siehe BT-Drucks. Xill/6831 S. 8 f. 24 Siehe BT-Drucks. XIII/6831 S. 9. 22 23
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
durch die Tat in das "Licht der Öffentlichkeit" gerückt und als Medienobjekt interessant wurde, ist seine Talkshow-Gage erlaßt, selbst wenn dort nur über seine Zukunftspläne geplaudert wird. Bei einem Serientäter, wie z. B. einem Vergewaltiger, der durch eine Vielzahl von Taten eine Stadt verunsichert hat, wird man dagegen nicht behaupten können, daß eine Einzeltat für die Veröffentlichung entscheidend war, denn seine Prominenz stammt aus der "Serie". Man muß trotzdem- und dies ergibt sich aus der Systematik des OASG25 , aus Teleologie und Gesetzgebungsgeschichte - für die Entstehung des Pfandrechtes jede Einzeltat als hinreichend "bestimmend" und die Ansprüche jedes vergewaltigten Opfers als gesichert ansehen, wenn der Täter nachher aus seiner Bekanntheit Nutzen zieht. Bei einer Vielzahl von Opfern kann das das Pfandrecht wirtschaftlich entwerten: Sieht man bei einem Bericht über ein sog. "Crash-Kid"26 jeden (von möglicherweise Hunderten) geschädigten Autoinhaber als geschützt an, führt dies zu einer solchen Vielzahl von Pfandrechten, daß für das einzelne kaum ein Erlös verbleibt. Als Begrenzung wirkt bei Tatern mit langen Verbrecherkarrieren die in § 1 Abs. 1 S. 3 OASG bestimmte Befristung. Nach dieser entsteht kein Pfandrecht, wenn zwischen Tat und der diese nicht direkt betreffenden Darstellung fünf Jahre liegen (da nach Auffassung der Gesetzesverfasser die Tat dann nicht mehr bestimmend ist)27 . b) Publizität
Kaum Grenzen sind dem Pfandrecht nach dem Willen des Gesetzgebers durch Publizitätserfordernisse gesetzt. Ein besonderer Publizitätsakt ist zur Entstehung nicht erforderlich, § 1280 BGB gilt nicht für gesetzlich entstehende Pfandrechte28 . Einen Schutz des Schuldners (der belasteten Forderung) über §§ 1275, 407 BGB soll regelmäßig nicht nötig, d. h. eine Berufung auf diese Schutzvorschriften nicht erfolgreich sein: Es genügt - so ausdrücklich die Gesetzesverfasser29 -, daß der Schuldner (der vom Pfandrechterfaßten Forderung) weiß, daß sich die entgeltliche Veröffentlichung auf die Straftat bezieht (bzw. - mit § 1 OASG formuliert - die Tat insoweit "bestimmend" ist). Wer bereit ist, für Verbrechensdarstellungen Geld auszugeben, muß zukünftig (anband der Darstellung) prüfen, ob diese auf einer Mitwirkung von Straftatbeteiligten beruht, und wenn dies so ist, von einem Pfandrecht der Opfer ausgehen. Leistet der Schuldner statt nach §§ 1281, 1282 BGB (i.V.m. § 6 OASG) trotzdem an den Täter, hat das gegenüber dem Opfer (Pfand25 Vgl. im Anhang §§ 2, 3 OASG zur Konkurrenz verschiedener OASG-Pfandrechte: Gleichrangigkeit. 26 Bezeichnung für Kinder/Jugendliche, die Autos in Serie aufgebrochen, anschließend diese - oft bei Rennen gegeneinander oder mit der Polizei - bewußt "zu Schrott" fuhren und so Schäden in Millionenhöhe verursachten. 27 Eingefügt durch den Rechtsausschuß: BT-Drucks. XIII/9311 S. 5. 28 Vgl. dazu schon S. 263, i.d.S. auch BT-Drucks. XIII/6831 S. 7. 29 BT-Drucks. XIII/6831 S. 7.
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gläubiger) keine befreiende Wirkung, d. h. die pfandbelastete Forderung besteht fort30• Der gesicherte Gläubiger erlangt so ein Pfandrecht von einer außerordentlich hohen Bestandskraft Das Gesetz verhindert vor Entstehung der (Entgelt-)Forderung jede Abtretung (§§ I Abs. 2 OASG) und ein Verlust des Pfandrechts durch gutgläubigen Erwerb der Forderung durch Dritte ist schon mangels anknüpfbaren Rechtsscheins ausgeschlossen (wie stets bei nicht verbrieften Forderungen). c) Inhaberdes Sicherungsobjektes (dererfaßten Forderung) Potentiell zu weit reicht das Pfandrecht, weil es über § 7 OASG als Sicherungsobjekt die Forderungjedes Gläubigers erfaßt, die als Gegenleistung für die Darstellung gewährt wird, sofern nur ein Täter (oder Teilnehmer) entgeltlich mitwirkte. Der Grund für diese Ausdehnung liegt in dem bereits im Gesetzgebungsverfahren offenkundigen Problem, daß es eine starke Neigung von Seiten der originär belasteten Schuldner (Straftäter), der Medien und der jeweiligen Rechtsberater gibt, das Entstehen des Pfandrechts (bzw. überhaupt von pfändbarem Tätervermögen) zu umgehen. Hingewiesen wurde z. B. auf die Praxis, daß die Honorare von Strafverteidigern dadurch geleistet wurden, daß allein diesen die Forderung aus einer vielleicht auch von ihnen vermittelten - Veröffentlichung des Täters gewährt wurde (z. B. indem die Rechtsanwälte und nicht der Täter Vertragspartner der Medien waren). Im Gesetzesentwurf (des Bundesrates) wurde zunächst ein Umgehungstatbestand formuliert, der jedoch durch Bundesregierung und Rechtsausschuß als mit dem sachenrechtliehen Bestimmtheitsgrundsatz unvereinbar qualifiziert wurde31 • Man einigte sich daher auf die jetzige Form des § 7 OASG, die zwar nicht unbestimmt, dafür aber allumfassend ist: Jede Forderung aus einer Darstellung i.S.v. § 1 OASG, an der der Täter einerseits -objektiv aus der Veröffentlichung erkennbarmitgewirkt und aus der er andererseits einen "geldwerten Vorteil" erlangt hat, wird vom Pfandrecht erfaßt. Gleichgültig ist, wer Gläubiger (und wer Schuldner) dieser Forderung ist. Gleichgültig ist auch, wieviele Forderungen durch die Darstellung entstehen, denn das Pfandrecht soll alle erfassen. Ausdrücklich findet sich in den Gesetzesmaterialien, daß man, da man anders nicht bestimmt genug formulieren könne, alle Forderungen auch in einer Vermarktungskette erfassen wolle32. Anschaulich werden die (zu) weitreichenden Folgen der insofern in dreifacher Weise [vgl. a)- c)] weiten Fassung des Sicherungsobjektes an einem Beispiel. Ein Dazu allgemein Palandt/ Bassenge § 1281 Rn. 4; § 1282 Rn. 2. BT-Drucks. XIII/6831 S. 13 f. (Bundesregierung), BT-Drucks. XIII/9311 S. 6 (Rechtsausschuß). 32 BT-Drucks. Xlll/9311 S. 6 (als Beispiel ist genannt: Rechtsanwalt/ Agentur/Presseorgan). 30
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Erpresser (z. B. der berühmt gewordene "Dagobert"33) schreibt ein Buch über seine Taten. Eindeutig ist, daß seine Forderung, wenn er die Geschichte an einen Verlag verkauft, der für ihn die Vermarktung überninunt, vom Pfandrecht erfaßt ist. Wahlt der Täter einen anderen Vertriebsweg und verlegt er das Buch selbst in Eigenregie und verkauft die Exemplare an die Händler oder Endverbraucher, sind diese Verkaufsforderungen vom Pfandrechterfaßt [vgl. a)]. Die gleichzeitige Loslösung über§ 7 OASG vom speziellen Täter als Gläubiger der Forderung (die Erstreckung des Pfandrechts auf Vermarktungsketten) führt die Probleme bei der Pfandrechtserstreckung vor Augen: Selbst wenn der Täter seine Geschichte an den Verlag verkauft, der dann das Buch herstellt und vertreibt, sind alle Ansprüche in der Vertriebskette bis hin zur Verkaufsforderung gegenüber dem Endverbraucher Sicherungsobjekt. Jeder Käufer, der bei seinem Buchhändler dieses Werk erwirbt und so (zugunsten des Händlers) eine Forderung als Gegenleistung für die Darstellung (in Buchform) begründet, leistet an den Händler den Kaufpreis dann nicht schuldbefreiend [vgl. b)], solange die Schadenersatzforderungen derErpreßten bestehen34. Ich sehe nicht, wie man in Anbetracht von Wortlaut, Teleologie und erklärtem Willen der Verfasser ("Vermarktungskette") an diesem Ergebnis vorbeikäme. Zwar ist diese Forderung kein Produkt einer Umgehung mehr, aber dies gilt natürlich stets für jede nachfolgende Forderung innerhalb einer Vermarktungskette. Wenn der Gesetzgeber solche gerade erfassen wollte und deswegen bewußt den weiten Wortlaut wählte, führt an dem Ergebnis m.E. keine Auslegung vorbei. Man kann relativierend feststellen, daß den Einzelkunden dieses Ergebnis praktisch nicht zu interessieren braucht, solange er nicht als Person erfaßt wird35 • Für den Buchhändler, der einen größeren Posten vom Großhändler oder Verlag erwirbt, sieht dies schon anders aus. 4. Praktische Bedeutung
In Anbetracht der gerade erst erfolgten Einführung des Pfandrechts gibt es noch keine praktischen Erfahrungen, insbesondere keine Rechtsprechung und kaum Literatur zu diesem Bereich. Die hier gleichwohl versuchten ersten Erwägungen über die praktische Bedeutung des Opferpfandrechtes sind insofern um so spekulativer. Das Pfandrecht betrifft nur einen eng beschränkten Personenkreis und wird daher auch längerfristig wohl keine größere Bedeutung erlangen. Wer allerdings als 33 Der Kaufhauserpresser "Dagobert" drohte mit - auch praktizierten - Bombenanschlägen und geriet mit besonders findigen Ideen im Zuge der Geldübergabe (ferngesteuerte Eisenbahnschute u. a.) in die Schlagzeilen. Sein Buch über seine Taten wurde im Herbst 1998 veröffentlicht. 34 Es sei angemerkt, daß diese Dissertation ohne Beteiligung von Straftätern erstellt wurde und daher pfandrechtsfrei erworben werden kann. 35 Dann führt auch der Auskunftsanspruch (§ 4 OASG) gegenüber dem Händler nicht weiter.
XIV. Opferpfandrecht
319
Beteiligter in den Anwendungsbereich gelangt oder gar - als Beschäftigter in diesem Bereich der Medien - sich häufiger im Fadenkreuz dieses Sicherungsrechtes befindet, sollte sich auf die außerordentlich wirksame und daher bedeutende Rolle dieses Rechtes einstellen. Wer zukünftig entgeltliche Verträge über Veröffentlichungen in diesem sensiblen Bereich schließt, wird sich eingehend über die Ansprüche gegenüber dem Tater informieren müssen, um das wirtschaftliche Risiko des zugrundeliegenden Geschäfts kalkulieren zu können. Die unter 3.c) gezeigten Konsequenzen verdeutlichen, daß diese auch im weiteren Vertriebsweg nicht zu unterschätzen sind: Wenn das Pfandrecht jede Forderung auf dem Vertriebsweg erfaßt, belastet dies ein in der Vermarktungskette stehendes Unternehmen doppelt. Erfaßt sind dann nämlich sowohl die Ansprüche auf der Kostenseite (so daß z. B. das Honorar für den Tater u.U. doppelt zu leisten ist) als auch auf der Erlösseite (in dem der eigene Schuldner, z. B. der Buchhändler, die Erlösforderung dann direkt an das Opfer leistet). Unbeachtete hohe Ansprüche der Opfer bedeuten so u.U. für die beteiligten Unternehmen ein kaufmännisches Desaster. Deswegen aber alle Verbindlichkeiten zu hinterlegen (so das Lösungsmodell in § 5 OASG), ist praktisch ausgeschlossen. Daß vielfach der Tater zur Mitarbeit nicht mehr bereit sein wird, wenn abzusehen ist, daß er von Veröffentlichungen nicht oder nur in ferner Zukunft profitieren wird36, ist absehbare Folge des Gesetzes. In dem von Heinze im Vorfeld dieses Gesetzes verfaßten Beitrag wurde dieser Aspekt gerade in den Vordergrund gerückt: Über die Abschöpfung des Gewinnes wollte Heinze (wobei er an einen gesetzlichen Forderungsübergang dachte) die Veröffentlichung solcher Beiträge ("zu Lasten des Opfers") gänzlich uninteressant machen und so verhindem helfen 37 . Diese Überlegung findet man in den Begründungen des Gesetzes aber nicht wieder, so daß zu vermuten ist, daß dies an sich keine Erwägung für die Konstituierung war. Die aus der gewählten Ausgestaltung (gerade des § 7 OASG) folgenden Konsequenzen kommen dem ,,Ziel" allerdings recht nahe: Sind die gesicherten Forderungen größeren Umfangs und auch die aus der Veröffentlichung zu erwartenden Forderungen als Objekt nicht nur im "Bagatellbereich" 38, wird praktisch empfehlenswert sein, das Opfer bei der Veröffentlichung in die geschäftliche Abwicklung zu integrieren, um das bestehende Risiko tragbar zu halten. Auf diesem Wege kann unter rechtsgeschäftlicher Ausschaltung des Pfandrechtes als Gegenleistung für eine Beteiligung - ein für alle tragbarer Weg gefunden werden. Erweist sich diese Alternative jedoch als nicht machbar, wird die Veröffentlichung u.U. nicht oder zu36 Die Schuldbefreiung ist zukünftig - insb. im Zusammenwirken mit der Restschuldbefreiung durch die neuen §§ 286 ff. lnsO - allerdings für einen Täter mit Resozialisierungshoffnungen u.U. ein Anreiz. 37 Ders. FS Stree/Wessels S. 959 (unten). 38 Erfolgt - unter Tätermitwirkung - bspw. ein kürzerer Bericht in einer Tageszeitung, können die entstehenden Forderungen u.U. verhältnismäßig gering, das Risiko damit zu vernachlässigen sein.
320
2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
mindest nicht unter Tätermitwirkung erfolgen können, das von Heinze anvisierte Ziel also doch erreicht werden39• Für Medien, die häufig in diesem Bereich tätig sind, wäre alternativ ein "Versicherungsmodell" denkbar. Da wohl nur ein Teil der betroffenen Opfer von den Möglichkeiten des Pfandrechts Gebrauch machen wird, während eine Reihe von Geschäften nach bisherigem Muster abgewickelt werden können, wird sich das Pfandrechtsrisiko nur manchmal realisieren. Dieses Risiko abzudecken, könnte ein internes (Rückstellung, Haftungsfonds), halbinternes (gemeinsamer Risikofonds zwischen Unternehmen mit entsprechender Risikostruktur) oder externes Versicherungskonzept (durch eigentliche Versicherungsunternehmen) leisten. Zum Abschluß bleibt zu sagen, daß die Reichweite des Pfandrechts durch § 7 OASG als überdimensioniert erscheint. Es ist nicht einzusehen, wieso zugunsten des Opfers alle Forderungen (unter Ausschaltung der Kostenaspekte, d. h. anders als bei Bereicherungsregelungen) als Verwertungsmasse zur Verfügung stehen40. Sachgerechter wäre es, nur die Ansprüche als Objekt zu erfassen, durch die der Täter zumindest einen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil erlangt. Hinzu kommt, daß das Pfandrecht gar nicht im eigentlichen Sinne der ,,Sicherung", sondern bei bestehender Pfandreife wegen regelmäßig illiquider Schuldner bereits originär der Befriedigung dient. Letztlich kann man die Regelung nur darüber rechtfertigen, daß man jedem, der aus Veröffentlichungen über Straftaten Entgelte erzielt oder verspricht, generell dieses Risiko auferlegen mag. In der Tendenz geht nach meiner Auffassung dieser Ansatz eher zu weit, schon weil mitunter Darstellungen von Straftaten- z. B. als Sozialstudien- in jeder Hinsicht erwünscht sind. S. Vergleichsf"älle
Das Opferpfandrecht ist das erste hier behandelte, wenn auch nicht einzige Pfandrecht, das originär zur Sicherung von Ansprüchen aus gesetzlichen Schuldverhältnissen eingeführt wurde. Die Idee, gesetzliche Schuldverhältnisse mangels rechtsgeschäftlicher Sicherungsmöglichkeit mit gesetzlichen Verwertungsrechten zu sichern, liegt an sich nahe. Trotzdem gibt es im bürgerlichen Recht abgesehen vom Befriedigungsrecht nach §§ 1000, 1003 BGB (vgl. S. 199 ff.) keine Verwertungsrechte zugunsten solcher Gläubiger. Allenfalls das allgemeine Zurückbehaltungsrecht des § 273 BGB steht zur Sicherung der deliktischen, bereicherungsrechtlichen oder aus Geschäftsführung ohne Auftrag resultierenden Ansprüche zur 39 Die Frage, ob das Pfandrecht (dann) nicht wegen Verstoßes gegen die Presse- und Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 GG) bedenklich ist, wird hier ausgeklammert, um den Rahmen der Untersuchung zu begrenzen; die einen Verstoß verneinende Erörterung in BT-Drucks. XIII/ 6831 S. 8 bezieht sich noch auf den enger formulierten Vorläufer des§ 7 OASG. 40 Daß bei einer längeren Vermarktungskette (Summe der Vertriebsschritte = x) je Buch dessen x-facher Wert erfaßt wird, läßt sich nur- im Sinne Heinzes - mit Präventionsgedanken begründen.
XV. Havereipfandrecht
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Verfügung. Im handelsrechtliehen Bereich kann das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht etwas weiter führen (vgl. S. 179 ff.), ändert aber nichts am grundsätzlichen. Erst im Schiffahrtsrecht gibt es eine andere Struktur (siehe sogleich unter XV.- XVII.). Die vorne für die Schaffung des Opferpfandrechts als maßgebend angeführten Kriterien sind natürlich nicht einmalig und können den Unterschied in der Behandlung kaum erklären. So trifft die besondere Schutzbedürftigkeit des Opfers auf alle Straftatopfer zu. Für manche von ihnen wäre auch das zweite Kriterium erfüllt: Erlangt der Tater nämlich durch die Tat einen Vorteil (bspw. über den Betrug am Opfer eine Geldforderung) zu Lasten des Opfers, hat dieses für seinen Anspruch kein gesetzliches Pfandrecht an dem Vermögen des Taters. Zwar sieht der Staat dann von einem Verfall (§ 73 Abs. 1 S. 2 StGB) oder einer Einziehung ab (§ 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB), unterstützt das Opfer aber bei der Anspruchsdurchsetzung nicht mehr als andere Gläubiger des Taters. Der Gedanke läßt sich noch über das enge Feld der Kriminalitätsopfer hinaus erweitern. Es gibt eine Reihe von Gläubigern, die als schutzwürdiger erscheinen als andere (Deliktsrecht, Unterhaltsansprüche) und die zusätzlich einzelnen Vermögenspositionen des Taters näher stehen als sonstige Gläubiger. So könnte man für Bereicherungsansprüche gesetzliche Pfandrechte an den herauszugebenden Gegenständen (Mobilien, Forderungen) konstituieren. Auf solche grundsätzlichen Erwägungen wird im Befund zurück zu kommen sein. XV. Havereipfandrecht Das Verständnis der gesetzlichen Pfandrechte (§ 726 Abs. 1 und 2 HGB, § 89 Abs. 1 und 2 BSchG), die in Folge einer "großen Haverei" (auch "Havarie grosse" oder "general average") entstehen, setzt Grundkenntnisse des Rechtes der großen Haverei voraus. Da es sich um eine nicht leicht zugängliche Materie handelt, erscheint dazu eine Einleitung zweckmäßig, bevor die Pfandrechte selbst betrachtet werden. Erste Schwierigkeiten ergeben sich aus dem Begriff "Haverei". Klarzustellen ist, daß Haverei im rechtlichen Sinne ein ausschließlich schiffahrtsrechtlicher Terminus ist 1• Das Schiffahrtsrecht selbst trennt drei Rechtsbegriffe der Haverei 2 : Die "große", die "kleine" und die "besondere". Allein die Ansprüche aus der "großen Haverei" sind durch die gesetzlichen Pfandrechte (§ 726 HGB, § 89 BSchG) gesichert und daher hier zu behandeln. Unter großer Haverei versteht man ein "Opfer'a, d. h. einen bewußt in Kauf genommenen Schaden oder Aufwand, durch welJ Anders im aUgemein-sprachlichen Bereich, vgl. Duden, wo auch andere Unfä11e gemeint sein können. 2 Die "uneigentliche Haverei" ist eine Sonderform der "großen" (vgl. Prüßmann/ Rabe Vor§ 700 Anm. B).
21 Bechtloff
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
chen Schiff und Ladung vor einer gemeinsamen Gefahr gerettet wurden und der in der Folge von allen gemeinsam zu tragen ist4 • Alle Beteiligten einer Frachtreise (der Inhaber des Schiffes, die Ladungsinteressenten und die Inhaber der Frachtansprüche) werden so zu einer Risiko- und Interessengemeinschaft zusammengefaßt, bei der im Schadensfall Aufwendungen, Kosten und I oder Schäden ausgeglichen werden5 . Ganz anders bei der "kleinen" (§ 621 Abs. 1 und 2 HGB 6 ) und der "besonderen Haverei"(§ 701 HGB, § 78 Abs. 2 BSchG), die gerade nur spezielle Aufwendungen I Kosten bezeichnet, die der jeweils von ihnen Betroffene allein trägt. Diese Havereibegriffe sind daher ganz selbständige Begriffe, die von der großen Haverei (einschließlich deren Pfandrechten) rechtlich unabhängig sind7 • Ungewöhnlich erscheint der Regelungsinhalt der großen Haverei: Ein Schaden, der eigentlich nur einen Beteiligten trifft, oder Zusatzkosten der Schiffahrt, die an sich vom Reeder oder Verfrachter zu tragen sind, werden hier - wenn die tatbestandliehen Voraussetzungen erfüllt sind - auf alle Beteiligten der Reise (sog. "Beitragspflichtige") umgelegt und sind für den Betroffenen plötzlich ersatzfähig (sog. "Havereivergütung"). Ein Importeur, der einen Container Waren über See nach Europa verschiffen läßt, kann sich durchaus fragen, warum er sich an "Opfern" beteiligen soll, obwohl sein Container vielleicht am anderen Ende des Schiffes stand, als andere Ladung Feuer fing. Wieso wird er zwangsweise beteiligt, obwohl Löschwasserschäden vielleicht nur an den Sachen eingetreten sind, die in der Nähe des Feuers waren? Wieso soll er weiter dem Verfrachter dessen zusätzliche Kosten für das Anlaufen eines Nothafens ersetzen? Sicher wäre ohne ein Löschen des Feuers auch sein Container verloren gewesen. Aber nicht er hatte das Feuer zu vertreten, und das ordnungsgemäße Erreichen des Zieles war Vertragspflicht seines Verfrachters! Nach allgemeinem Zivilrecht, insbesondere nach Landtransportrecht, wäre eine solche den Ladungsinteressenten treffende "Beitragspflicht" regelmäßig ausgeschlossen. Bricht in einem Lagerhaus Feuer aus, trägt die Schäden und Kosten, die durch das Löschen entstehen, entweder deijenige, der den Brand verschul3 Eine weitere begriffliche Quelle für Mißverständnisse ist, daß nach dem Sprachgebrauch (auch der Juristen) jedes der drei Elemente der genannten Definition (die Gefahr, das Opfer und das Verfahren zur Umlage) bereits für sich als "Havarie grosse" bezeichnet wird. Näher Puttfarken Rn. 761: Havariegrosseals Bezeichnung sowohl für das Feuer auf dem Schiff (als gemeinsame Gefahr) als auch für den Wasserschaden durch die Löscharbeiten (als Opfer) als auch für das Verfahren, in dem der Schaden umgelegt wird. 4 So das allgemeine Verständnis, wie es sich aus den§§ 700, 703 HGB, § 78 BSchG und entsprechend aus Rule Ader York-Antwerp-Rules ergibt (zu den "YAR" vgl. Fn. 18). s Eine knappe und prägnante Beschreibung als Einführung dazu bei Wüst TranspR 1987, s. 365. 6 Im BSchG nach Aufhebung des§ 66 BSchG im Zuge des TRG 1998 nicht mehr geregelt. 7 Zur "besonderen Haverei" als Ursache für die "große" und zu Gefahrverlagerungen Puttfarken Rn. 774 ff.; Wüstendoifer SHR S. 393 f. Zu den historisch aus dem Versicherungswesen herzuleitenden Gründen dieser Begriffsvielfalt der "Haverei" Landwehr FS Niederländer s. 57,67 f.
XV. Havereipfandrecht
323
dete oder der für die Güter verantwortliche Lagerhalter oder eventuell der Eigentümer der betroffenen Waren. Eine Beteiligung des vom Brand im selben Lagerhaus nicht Betroffenen kommt niemandem in den Sinn. Anders im Schiffahrtsrecht: "Opfer" als Folge einer gemeinsamen Gefahr werden im Falle der (zumindest teilweise) erfolgreichen Abwendung auf alle Beteiligte der Reise umgelegt und so eine vom Landfrachtrecht abweichende Risikoverteilung bestimmt8 . Wieso aber dieser Unterschied? Die Ursprünge des Instituts fuhren weit zurück bis in die frühe Antike, wahrscheinlich bis zu den Phöniziern und damit an den Anfang des ersten Jahrtausends v.Chr.9 • Bekannt ist die "lex Rhodia de iactu" (der "Seewurf"): Wurde zur Abwendung der gemeinsamen Gefahr (z. B. bei Sturm oder Flucht vor Piraten) Ladung oder Schiffszubehör über Bord geworfen 10, war in der Folge der Schaden oder sonstige Aufwand von allen zu tragen. Diese aus dem Rhodisehen Recht stammende Regel erlangte in republikanischer Zeit auch in Rom Geltung, wurde vom Juristen Paulus (in der Klassik) schriftlich festgehalten und fand später Aufnahme in die Digesten 11 . Spätestens in Rom erfolgte die Ausdehnung der Regelung auf weitere Aufopferungshandlungen 12. Sehr plastisch, allerdings ohne dies zu belegen, erläutert Puttfarken die Grundlagen aus den Ursprüngen des Seehandels 13 : Danach waren Seereisen früher gemeinsame Unternehmungen von Kaufmann (Befrachter), Reeder, Kapitän (insb. im BSchG auch "Schiffer" genannt) und sogar der Mannschaft. Es gab quasi eine Handelsgesellschaft, zu der jeder seinen Teil beitrug, deren Gewinn geteilt wurde und auf deren Grundlage außerordentliche Aufwendungen (wie z. B. ein Seewurf) gewinnmindernd umgelegt wurden. Ob dieser sehr weitgehende gesellschaftsrechtliche Ansatz (mit der Reise als Handelsunternehmen) tatsächlich allein als Erklärung für das Institut genügt, ist nicht eindeutig 14• Richtig ist jedenfalls, daß die Regelung zum Seewurf einen Zusammenschluß mehrerer zur gemeinsamen Seereise s Für die recht komplexen Einzelheiten der Seefrachtvertrages und der großen Haverei (Voraussetzungen, Einschränkungen, Anspruchskonkurrenzen) muß auf die spezielle Literatur verwiesen werden, vgl. insb. Priißmann I Rabe und Schaps I Abraham. 9 Siehe Plön/Kreutziger Bd. I S. I; Lowndes&Rudolf Rn. 3. Der Wortstamm "awar" (arab. für beschädigte Ware, Schaden) stützt diese Herkunftsvermutung (vgl. Heck Große Haverei S. 630; Priißmann I Rabe Vor § 700 Anm. I.A). Die Datierung von Grau TranspR 1998, 279 auf 2000 v.Chr. ist wohl übertrieben (und kann kaum für Phönizier gelten). 10 Lau TranspR 1993, 173, weist auf die Seewurffälle im alten und neuen Testament der Bibel hin (Jona I, 4 ff.; Apostel XXVII, 13 ff.). 11 Dig. 14.2. Vgl. die Analyse der Quellentexte bei Kreller ZHR 85, S. 257 ff. 12 Wüstendorfer SHR S. 376; Prüßmann I Rabe Vor § 700 Anm. I.B. 13 Ders. Rn. 753 i.V.m. Rn. 5. Übereinstimmend insoweit die Darlegung der geschichtlichen Grundlagen des Seehandels von Wagner SR Bd. I S. 5 f., 8 ff. mit umfassenden Nachweisen. 14 Für die römische "Iex Rhodia de iactu" ist dies nicht so sicher. Der Frachtvertrag mit dem autonomen Schiffer war in Rom schon bekannt (vgl. Landwehr Hdwb. Rechtsgeschichte, "Seerecht" Anm. II und vorne S. 142). 21*
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
voraussetzt 15 und zumindest eine "kleine" gesellschaftsrechtliche Variante dem Havereifall stets zugrunde lag. Selbst wenn sich verschiedene Kaufleute nur zur gemeinsamen Fahrt zusammenschlossen (damals regelmäßig mit tatsächlicher Teilnahme des Kaufmanns), aber jeder auf eigene Rechnung handelte, kann man einen gesellschaftsrechtlichen Zweck der Umlage des Opfers nachvollziehen: Eine Seereise war immer für alle Beteiligten ein besonders gefabrliches, von vielerlei Wagnissen begleitetes Unternehmen. Bei Auftreten gemeinsamer Gefahren waren Opfer im Interesse aller notwendig. Wer das Opfer erbrachte, mußte jeweils durch Abstimmung ermittelt werden 16 oder es war - bei entsprechender Dringlichkeit Zufall. Im Falle der Abstimmung war die Umlage des Opfers der dann zugesagte Ausgleich für den Eingriff in die Ladung, der später für Eilfalle mit vorheriger oder konkludenter Absprache und schließlich ohne Anwesenheit des Kaufmanns durch den Kapitän durchgeführt wurde. Der gesellschaftsrechtliche Hintergrund mit dem gemeinsamen Zweck "Gefahrabwendung" bleibt erkennbar. Diese ursprüngliche Haverei-Absprache wurde dispositives Gesetzesrecht und gilt - da man sich nicht zur Abschaffung entschließen konnte - heute noch: Der Transport mittels eines Schiffes wird weiter als derart besonders angesehen, daß man eine von anderen Lösungsmodellen abweichende Konfliktbewältigung vorsieht, obwohl die gemeinsame Reise als Handelsunternehmen und ebenso die besondere Gefährlichkeit der Schiffahrt heute kaum mehr zu erkennen sind 17• Das Prinzip der großen Haverei gilt praktisch weltweit kraft nationaler Regelungen, die zumeist durch Vereinbarung der "York-Antwerp-Rules" 18 (d. h. durch angelsächsisches Recht geprägtes, dem deutschen Recht ähnliches Vertragsrecht) oder entspr. Vereinbarungen im Binnenschiffbereich überlagert werden 19 . Bei Vorliegen einer großen Haverei, d. h. hier des Opfers infolge der gemeinsamen Gefahr, und "Erklärung" der Haverei durch den Reeder (bzw. gern. § 728 Abs. l HGB durch den Kapitän), wird in einem anschließenden (Dispache-)Verfahren von einem sog. Dispacheur der Gesamtschaden festgestellt, zu den an der Reise beteiligten Werten (Schiff, Ladung und Fracht) in Verhältnis gesetzt und so errechnet, wieviel dem einen als "Vergütungsanspruch" zusteht und die anderen als sog. "Beiträge" zu leisten haben20• Hier schließt sich dann der Kreis zu den Pfandrech15 Solange Ladung und Schiff in einer Hand sind, bedarf es keiner Regelung zum Seefrachtrecht; vgl. zu den Ursprüngen kurz und anschaulich Landwehr Hdwb. Rechtsgeschichte, "Seerecht" und Wagner a. a. 0. S. 5. Auch heute noch sind Leerfahrten (,,Ballastreisen") kein Anwendungsbereich für große Haverei, siehe OLG Hbg. v. 16. 12. 1922, HansGZ 1923, S. 128 f.; RGZ 143, 382 ff. v. 14. 2. 1934. 16 Landwehr; Haverei in den mittelalterlichen Seerechtsquellen, S. 21 ff. 17 Anders insoweit aber Prüßmann I Rabe Ein!. I B 2. 18 "YAR" Fassung Sydney 1994; Vorfassung abgedr. und kommentiert bei Prüßmann I Rabe Anh. § 733. Grundlage für die YAR war eng!. Recht, vgl. Grau TranspR 1998, 279, 282; allgemein Wüstendorfer SHR S. 376. 19 Vgl. noch unter 2.b). zo Näher - mit einfachen Berechnungsbeispielen für eine Dispache - Puttfarken Rn. 771 ff.
XV. Havereipfandrecht
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ten, die nämlich genau diesen Anspruch auf Beitragsleistung mit einem Pfandrecht an den noch vorhandenen Werten (Schiff und Ladung) sichern (vgl. § 726 HGB, § 89 BSchG). Das Rechtsinstitut der "großen Haverei" kann verschiedene Formen von gesetzlichen Pfandrechten zur Folge haben: Sie variieren zum einen danach, ob das Pfandrecht an dem Schiff (für die Beiträge von Schiff und Fracht) oder an der Ladung (für deren Beiträge) besteht. Das (Haverei-) Pfandrecht am Schiff ist eines der sogenannten Schiffsgläubigerrechte (siehe §§ 726 Abs. 1, 754 Nr. 4 HGB, §§ 89 Abs. 1, 102 Nr. 3 BSchGl 1, die an späterer Stelle näher behandelt werden (vgl. XVII.). Die Pfandrechte an der Ladung (§ 726 Abs. 2 HGB, § 89 Abs. 2 BSchG) heißen dementsprechend "Ladungsgläubigerrechte". Sie sind vorwiegender Untersuchungsgegenstand dieses Kapitels. Die zweite notwendige Differenzierung erfolgt durch die getrennten Regelungen von Seerecht einerseits (§§ 700 ff. HGB) und Binnenschiffahrtsrecht andererseits (§§ 78 ff. BSchG). Zwar sind die Regelungen des BSchG bei der Konstituierung zur Jahrhundertwende noch sehr an die Bestimmungen des (älteren, auf dem ADHGB 1861 beruhenden) Seerechts angelehnt gewesen und unterschieden sich nur geringfügig22• Da aber das BSchG die grundlegenden Änderungen des ersten Seerechtsänderungsgesetzes (SRÄG) nicht mitvollzog 23 , ist seitdem (1973) der konstruktive Unterschied unübersehbar [näher dazu unter l.a)]. Zum Schluß dieser Einleitung bleibt die Überlegung, ob es sich überhaupt lohnt, auf die gesetzlichen Verwertungsrechte eines so eigentümlichen Institutes mehr als einen flüchtigen Blick zu werfen? Meines Erachtens schon: Zum einen wird sich zeigen, daß gewisse Muster selbst bei diesem Sonderinstitut wiederzufinden sind und damit inzwischen bekannte "Systemansätze" unterstützen. Zum anderen ist das Institut auch in seinen Besonderheiten von grundsätzlichem Interesse. So läßt sich im nächsten Abschnitt eine Rechtfertigungserwägung aufzeigen, die bei den zuvor behandelten Rechten nie in dieser Deutlichkeit auftrat: das Verwertungsrecht als Mittel des Schuldnerschutzes, speziell als Instrument zur Haftungsbegrenzung. Übergreifend läßt sich fragen, ob dieser Aspekt vielleicht sogar generell zu wenig Beachtung findet. Weiter könnte der angesprochene gesellschaftsrechtliche "Background" des Instituts Ausgangspunkt für Überlegungen sein: Gesetzliche Verwertungsrechte als ein Mittel für gesellschaftsrechtliche Abwicklungen?
21 Gewöhnliche Pfandrechte entstehen nicht an eingetragenen Schiffen, siehe auch § 648 Abs. 2 BGB (einführend dazu Palandt/ Bassenge § 929a u. Vor§ 1204 Rn. 4 f.). 22 Im BSchG bleibt bspw. die Frachtforderung beitragsfrei (vgl. Vortisch I Bemm § 78 Rn. 13). Ob seine These in Rn. 1 zutrifft, nach der die Unterschiede "durch die Verhältnisse der Binnenschiffahrt bedingt seien", kann man bezweifeln. 23 Auch in der jüngsten Reform von 1998 sah man bewußt - in Erwartung einer baldigen Reforrnierung der §§ 740 ff. HGB - von der Angleichung ab (vgl. BT-Drucks. XIII/ 8446 s. 16 f.).
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte 1. Rechtfertigende Erwägungen
a) Pfandrecht als ein Mittel zur Haftungsbeschränkung?
Bei der Betrachtung der BSchG-Normen tritt also ein neuer "Pfandrechtszweck" in das Blickfeld: Das Verwertungsrecht als (notwendiges) Mittel in einem Sondersystem zur Haftungsbeschränkung. Im Binnenschiffahrtsrecht gibt es als Folge der Haverei zwar die genannten Beitragspflichten, aber ausdrücklich ohne persönliche Verpflichtung (§ 90 Abs. 1 BSchG). Die Beitragspflicht beschränkt sich auf die dingliche Verbindlichkeit in Form des Pfandrechts, dessen Bestehen somit Selbstzweck ist (Identität statt Akzessorietät). Ohne persönliche Forderung ist das Verwertungsrecht nicht nur kein Sicherungsrecht mehr, sondern vermittelt überhaupt die einzige Verbindlichkeit des "Pflichtigen"24• Noch bis 1973 (bis zum 1. SRÄG) war dies im Seerecht ebenso; der entsprechende § 726 HGB a.F. war sogar Vorbild für den heutigen§ 90 BSchG. Ist in einem solchen Regelungssystem ein Pfandrecht notwendig, um überhaupt den Havereiausgleich zu ermöglichen, eriibrigt sich scheinbar die weitere Untersuchung nach einer Rechtfertigung des Verwertungsrechtes. Allerdings nur scheinbar: Zum ersten stellt sich die Frage, warum eine solche - unserem allgemeinen Zivilrecht fremde - Konstruktion ohne persönliche Schuldner konstituiert wird; zum zweiten ergeben sich Zweifel daran, ob tatsächlich diese Haftungsbegrenzung zur Entwicklung des Verwertungsrechts geführt hat. Der Antwort auf die erste Frage kommt näher, wer sich bewußt macht, daß dieses Haftungssystem kein Spezifikum der Haverei, sondern im Schiffahrtsrecht bis 1973 beinahe die Regel war [vgl. weiter beim Rettungskostenpfandrecht (XVI.) und bei den Schiffsgläubigerrechten (XVII.)]. Im heutigen allgemeinen Wirtschaftsleben werden längst als notwendig akzeptierte Haftungs- und damit Risikobegrenzungen ftir Unternehmer üblicherweise dadurch erreicht, daß man ,juristische Personen" griindet, sie mit Vermögen ausstattet und als Rechtssubjekte agieren läßt. Das Risiko des wirtschaftlich Handelnden läßt sich so auf einen abgegrenzten Teil des Vermögens begrenzen und ermöglicht, Unternehmerische Risiken leichter in Kauf zu nehmen. Noch vor 150 Jahren fehlte ein entsprechend entwikkeltes Gesellschaftsrecht25 . Es bestand aber durchaus ein wirtschaftliches Bedürfnis nach einer Haftungsbegrenzung. Gerade im Seerecht gab es erkennbar besonders viele Risiken26• Schiffahrtsrechtliche Haftungsbeschränkungen wurden so be24 Im Sinne eines Anspruch auf Duldung der Verwertung. V gl. zu Schuld und Haftung Larenz SehR AT § 2 IV; MüKo-BGB I Kramer Einleitung Schuldrecht Rn. 41 ff. 25 Der Weg zur gesellschaftsrechtlichen Haftungsbeschränkung war tatsächlich erst mit Abschaffung des Konzessionssystems (1870) eröffnet, weil erst damit der allgemeine Zugang dazu wirklich offenstand. 26 Darauf wird insbesondere in der älteren Seerechtsliteratur stets hingewiesen, siehe Wüstendorfer Ehrenbergs Hdb. VII/2 S. 322 f.; zur veränderten Situation heute Basedow JZ 1999, 9, 13; Herber§ 2 V, VI u. § 13 V.
XV. Havereipfandrecht
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reits im Mittelalter als billigenswert anerkannt und können in gewisser Hinsicht mit dem heutigen Haftungsbegrenzungsmodell (z. B. der GmbH) verglichen werden: Heute separiert der Existenzgründer einen Teil seines Vermögens und setzt nur dieses einem Risiko aus. Es wird Haftungsmasse einer GmbH und teilt deren Schicksal im Wirtschaftsleben. Damals schickte man einen "Vermögensteil" (insbesondere das Schiff, aber auch die Ladung) auf Seereise und sollte- kraft Gesetzes - dabei das Risiko und die Haftung gleichfalls auf dieses Vermögen beschränken dürfen. Der Unterschied ist konstruktiv vor allem der, daß man dem auf See geschickten Vermögen damals keine eigene Rechtspersönlichkeit zubilligte und daher eine rein "dingliche Haftung" regeln mußte. Heute hat das Gesetz mit den juristischen Personen eine rechtliche Konstruktionsmöglichkeit geschaffen, die eine "persönliche Haftung" ermöglicht und gleichwohl - wirtschaftlich vergleichbar - das Risiko beschränkt27 • Damit dürfte der Grundgedanke, der zu dieser heute ungewöhnlichen, rein dinglichen Haftung führte, deutlich geworden sein. Für die Entstehung des Pfandrechts und damit für dessen Rechtfertigung ist allerdings im zweiten Schritt festzustellen, daß das Verwertungsrecht trotzdem keine echte Folgeerscheinung dieses Modells einer Haftungsbeschränkung ist. Es ist vielmehr anzunehmen, daß man sich für das Modell der "dinglichen Haftung" bestehender Sicherungsrechte bediente und nur der letzte Schritt von diesen zum Pfandrecht in einer Wechselwirkung entstand. Zum einen ist nämlich deutlich, daß Haftungsbegrenzungsmodelle in allen Schifffahrtsrechten weltweit seit langem üblich sind und dabei das System der "dinglichen Beschränkung" der Haftung nur eines von vielen ist28. Andere- z. B. das englische Recht - kannten stets eine persönliche, nur der Höhe nach beschränkte Haftung der Beteiligten und gleichzeitig gesetzlich entstehende Verwertungsrechte für die Haverei (so das "maritime lien"29). Dies indiziert, daß Ursprung des gesetzlichen Havereipfandrechts auch bei uns nicht allein die Haftungsbeschränkung ist30• Rechtsgeschichtlich ist festzustellen, daß die rein dingliche Haftung - in der Deutlichkeit, in der sie bis 1973 bestand- erst ein Produkt des 19. Jahrhunderts ist. Sicherungsrechte für die Havereiansprüche sind dagegen viel älteren Ursprungs: Das römische Recht wickelte die Haverei mit der damals üblichen Konstruktion von zwei auf persönliche Haftung zielenden Anspruchsformen mit dem Schiffer als Anspruchsmittler ab. Der Schiffer war einerseits persönlich haftender Schuldner des Anspruchs zugunsten der Vergütungsberechtigten (actio locati) und andererseits Gläubiger des Havereibeitrages gegenüber den Beitragspflichtigen (actio conducti). Letztgenannter Anspruch korrelierte bereits früh mit einem Retentionsrecht am Gut31 . Dieses Retentionsrecht war Ausdruck der "bona fides", die IetztDie ,,Ein-Schiff-GmbH" ist heute vielfache Praxis. Darstellungen der verschiedenen Systeme bei Prüßmann/ Rabe Vor § 484 Anm. II 8; Wüstendorfer SHR S. 144 ff. 29 Zu diesem noch S. 391 f. 30 So auch Herber§ 13 V (für das Schiffsgläubigerrecht). 27
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme - B. Entstehung der Verwertungsrechte
lieh auch den Frachtvertrag beherrschte und die damit an die aus dem vorherigen Abschnitten bekannten "exceptio doli- Grundlagen" erinnert. Hier zeigen sich insofern also ftir das Havereipfandrecht wieder bekannte Ursprünge. ·Die ersten Ansätze der schiffahrtsrechtlichen Haftungsbeschränkung liegen dagegen im Mittelalter32. Die Frage aber, wie diese Beschränkung erreicht wurde, war, wie andere Dogmatik auch, erst in den wissenschaftlichen Auseinandersetzungen des 19. Jahrhunderts Gegenstand der Rechtswissenschaft und spielte vorher kaum eine Rolle. Landwehr hat in einer eingehenden Untersuchung zu den Havereiregeln dieser Zeit nachgewiesen, daß es in den Quellen keine Hinweise auf eine dinglich beschränkte Haftung gibe3 . Dagegen lassen sich Sicherungsrechte für Havereiansprüche, so das aus dem römischen Recht bekannte und dann rezipierte Zurückbehaltungsrecht, bereits in verschiedenen alten Rechten nachweisen (Hamburger Stadtrecht von 1497 ebenso im Lübecker Recht) 34. Lange Zeit gab es für die Haverei daher wohl eine persönliche Haftung, kombiniert mit einem Sicherungsrecht. So kennt noch das preußische Recht eine persönliche Haftung für die Ansprüche (II 8 §§ 1889, 1894 f. ALR), gesichert mit einem Konkursvorzugsrecht (für die Ladung II 8 § 1898; für das Schiff I 20 §§ 318 f., 326: "mit Vorzug vor allen Verpfändungen", ähnlich heute§ 726a Abs. 1 HGB) und einer Vorstufe zur gesetzlichen Verwertungsbefugnis35 • Der letzte Schritt im deutschen Recht von solchen schwächeren Sicherungsformen36 hin zum gesetzlichen Pfandrecht erfolgte erst mit der KO 185537 . Beinahe zeitgleich wurde im ADHGB (Art. 727) 31 Vgl. Kreller ZHR 85, 257, 277 ff., 285, der dies bereits für die vorklassische Zeit nachweist; ähnlich, auf gewisse Widersprüche in den Quellen hinweisend, Heck Große Haverei s. 622 f. 32 Prägende Wirkung hatte die seerechtliche Rechtsprechung des Seegerichts von Oleron bereits im 12. I 13. Jahrhundert (Röles des judgement d'Oieron), siehe Herber§ 2 III 2, § 13 V 1; Tetley S. 6 ff.; Landwehr Hdwb. Rechtsgeschichte "Seerecht" VII.l. 33 Landwehr, Haverei in den mittelalterlichen Seerechtsquellen, S. 64 ff. 34 Landwehr, a. a. 0. (Fn. 33), S. 69. 35 ALR li 8 § 1896: ,,Auch kann der Schiffer auf öffentlichen gerichtlichen Verkauf der Waaren, so viel dazu nöthig ist, antragen". Dieses Recht hatte noch keinen Pfandrechtscharakter. Die Sicherung der Ware brauchte einen Arrest (li 8 § 1895) bzw. bestand hinsichtlich des Schiffes (nur) als Anspruch auf Bestellung eines Pfandrechtes (I 20 §§ 318, 319). 36 Nach Meno Pöhls S. 748 bestand seinerzeit (1830) wegen der "Havarie grosse" nur ein Anspruch mit Zurückbehaltungsrecht und kein Pfandrecht zur Verfügung. 37 Bei Schaffung des Konkursvorrechtes für die Haverei in§ 33 Nr. 7 KO 1855 formulierte man dazu plastisch (Motive zitiert in Goltdarnrner, KO 1855, § 33 Anm. 1): .,Es erscheint nothwendig, hier (gemeint ist in§ 33) die Fälle zu .fixieren, in welchen ein gesetzliches Faustpfand anzunehmen ist, theils weil dieselben zur Zeit nicht überall unzweifelhaft f eststehen, theils weil für gewisse Rechtsverhältnisse, bei welchen ein Pfandnexus gegenwärtig nicht anerkannt wird, die aber alle Bedingungen eines solchen in sich tragen, das Bedürfnis der pfandrechtliehen Sicherung eine gesetzliche Abhülfe erheischt. Das letztere gilt namentlich in mehreren Fällen, in welchen nur ein ... Retentionsrecht gegeben ist, obgleich der Gläubiger und dessen Forderung in einer nicht weniger unmittelbaren Beziehung zu den Sachen stehen, als in anderen Fällen, wo das Gesetz . . . schonjetzt ein Pfandrecht ertheilt."
XV. Havereipfandrecht
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materiell-rechtlich das gesetzliche Pfandrecht als "Mittel in einem kunstvollen System" der Haftungsbeschränkung eingesetzt38 . Der vorher mit schwächeren Sicherungsrechten geschützte, persönliche Anspruch aus der Haverei wurde so mit der Konstituierung der dinglich-beschränkten Haftung zum echten Pfandrecht. Man kombinierte also die gewünschte und in der Sache althergebrachte Haftungsbeschränkung mit dem stets gesicherten und bevorrechtigten Anspruch und vollzog den damit nur kleinen Schritt zur dinglich beschränkten Haftung mittels isolierten Pfandrechts. Von Erkenntniswert für die rechtfertigenden Erwägungen für das Pfandrecht ist festzuhalten, daß ein gesetzliches Pfandrecht historisch jedenfalls gerade als Mittel des Schuldnerschutzes, d. h. als Modell der Haftungsbeschränkung, eingesetzt wurde. Man bediente sich dazu allerdings bekannter Sicherungsrechte, schuf also nicht im eigentlichen Sinne dafür ein neues gesetzliches Verwertungsrecht Der Gedanke vom Haftungskorrelat war also nicht allein maßgebliches Konstituierungskriterium, sondern es spielten - wie bei den anderen Pfandrechten- weitere Aspekte eine Rolle. Aus heutiger Sicht ist das Modell eines Pfandrechts als Haftungskorrelat in der Bedeutung riickläufig, da sich gesellschaftsrechtliche Modelle und schiffahrtsrechtliche Summenhaftungssysteme (vgl. §§ 485 ff. HGB) mehr und mehr durchsetzen39. Aus dem deutschen Seerecht ist der Gedanke so inzwischen verschwunden und im BSchG nicht mehr durchgängig, sondern nur noch partiell vorhanden.
b) Weitere Erwägungen und Zusammenfassung
Konstruktiv ähnelt die Beschränkung dem Zurückbehaltungsrecht des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses40, bei dem der Gläubiger- allerdings nur nach Disposition durch den Eigentümer - ebenso auf die Befriedigung aus der Sache begrenzt ist. Die Parallele geht noch über das Zusammenspiel von Haftung und Verwertungsbefugnis hinaus, denn auch die Grundlagen der Rechte sind vergleichbar. Das Havereipfandrecht basiert gleichfalls auf Werterhaltungszusammenhängen, die wiederum eine Konnexität von Sicherungsobjekt und gesicherter Forderung herstellen. Der Ursprung der Entstehung des persönlichen oder dinglichen Anspruchs ist das Opfer, das zur Abwendung der Gefahr auch vom Sicherungsobjekt dient. Ohne diesen Aufwand würden - so die Grunderwägung - das Ladungsgut oder das Schiff, die späteren Sicherungsobjekte, verloren sein (daher auch die Berechtigung für die Regelung in § 726a Abs. I HGB). Es ist zwar nicht Anspruchsvoraussetzung für die Haverei, daß das Opfer tatsächlich die Rettung der Sache bewirkt hat (entscheidend ist eine "ex ante"-Beurteilung des Kapitäns). Notwendig ist aber, So Wüstendorfer Ehrenbergs Hdb. VII/2 S. 323. Zum heutigen (Summenhaftungs-) System im Seerecht z. B. Puttfarken Rn. 815 ff. m.w.N. 40 Vgl. zu diesem schon S. 199 ff. 38
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daß für das Gut eine erhebliche Gefahr bestand und daß im Ergebnis eine Rettung erfolgreich war41 • Außerdem ist die Beitragspflicht im BSchG durch die dinglichbeschränkte Haftung, im HGB durch die Beschränkung der Höhe nach auf den Wert der Sachen(§ 725 Abs. 3 HGB), an diese Werterhaltungsmaßnahme gekoppelt. Es läßt sich festhalten, daß im entwicklungsgeschichtlichen Ursprung eine persönliche Haftung der Beitragspflichtigen bestand, die mit einem Zuriickbehaltungsrecht gesichert war. Die Berechtigung zur Sicherung ließ sich aus der vertraglichen Beziehung ableiten (als exceptio doli, nicht als Vertragspfand). Solange der Ladungsberechtigte noch wegen der Werterhaltung dieses Gutes Havereibeiträge schuldete, konnte er redlicherweise nicht Herausgabe desselben fordern. Kam er der Forderung nicht nach, war letztlich der Zugriff auf das Sicherungsgut eröffnet. Daß dabei Kompensationsgedanken eine Rolle gespielt haben42 , ist nach der Entstehungsgeschichte unwahrscheinlich. Zwar betrifft das Pfandrecht auf Seiten der Ladung im Grunde nur Handelsware (das Gut der Reisenden und der Besatzung sowie die Schiffsvorräte sind nicht beitragspflichtig, § 723 Abs. 1 HGB, § 85 Abs. 1 BSchG). Der Schritt zum echten Verwertungsrecht mit dem ADHGB erfolgte aber gerade unter Aufgabe des persönlichen Anspruchs (den die Kompensation voraussetzt). Erst mit dem neuen Seerecht von 1973 kam es wieder zu einer Kombination von Pfandrecht und persönlicher Forderung. Die jetzt neu geschöpfte Kombination befindet sich in bezug auf die rechtfertigenden Erwägungen des Pfandrechtes also in mancher Hinsicht auf einer Linie mit den bereits besprochenen Verwertungsrechten. In einem Punkt ist die Rechtfertigung des Havereipfandrechts sogar noch schlüssiger als bei vielen anderen: Das Havereipfandrecht sichert nämlich vom gedanklichen Ausgangspunkt gerade Forderungen aus gesetzlichen Schuldverhältnissen [dazu noch sogleich 2.a)]. Da bei solchen eine vertragliche Sicherung in der Regel ausgeschlossen ist, muß eine gesetzliche Entstehung angeordnet sein, will man überhaupt eine Sicherung erreichen. 2. Gesicherte Forderungen
§ 726 HGB sichert, § 89 BSchG begründet die Haftung für die Beitragsforderung aus der großen Haverei, die in der Dispache festgestellt wird. Die Forderung ist insoweit an die Voraussetzungen der großen Haverei gekoppelt. Schuldner der Forderung ist der einzelne Beitragspflichtige, d. h. hinsichtlich der Beiträge für Ladung der Wareneigentümer im Zeitpunkt des Beginns der Lö41 Prüßmann I Rabe § 700 Anm. B; vgl. auch RGZ 165, 166 ff. v. 8. 11. 1940: keine gemeinsame Gefahr, wenn die Ladung (Eisenbahnschienen) durch das Sinken nicht gefährdet ist. 42 Zur Tragfähigkeit derselben vgl. noch S. 436 ff.
XV. Havereipfandrecht
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schung des Gutes (vgl. § 725 Abs. 1 HGB). Auch im Seerecht, wo zwischen persönlicher und dinglicher Schuld unterschieden werden kann, gibt es im entscheidenden Zeitpunkt der Löschung auf diese Weise immer eine personelle Identität zwischen Forderungs- und Pfandschuldnerschaft Das Pfandrecht entsteht zwar bereits im Zeitpunkt der Opfererbringung (vgl. § 762 Abs. 3 i.V.m. § 726a Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 HGB) und damit zu einer Zeit, in der der Schuldner der Forderung noch gar nicht bekannt ist. Bei Löschung der Ladung ist es aber stets mit der gesicherten Verbindlichkeit personell vereint43 • Die Beitragsforderung besteht nur in der Höhe, in der wegen der Haverei auch ein Beitrag auf das jeweilige Gut entfällt (Teilschuldnerschaft). Das Pfandrecht besteht dementsprechend an jedem einzelnen Gut nur in Höhe der darauf lastenden Beiträge. Dies gilt selbst dann, wenn der Eigentümer aus der Dispache für weitere Beiträge haftet, z. B. weil er noch andere Ladung an Bord hatte. Gläubiger der Forderung ist jeder Vergütungsberechtigte in Höhe seines Anteils, so daß es - anders als im römischen Recht - nicht mehr einer Zwischenschaltung des "Schiffers" (als Anspruchsgegner der Vergütungsansprüche und -inhaber der Beitragsforderungen) bed~. Allerdings sind Kapitän und Verfrachter zur Vertretung der Beteiligten berechtigt(§§ 731, 615, 535 HGB). Der Rahmen der gesicherten Forderungen ist, da das Pfandrecht eben nur die spezielle Beitragsforderung sichert (für deren Sicherung es überhaupt geschaffen wurde), eng gezogen. Das Pfandrecht weist insofern ein hohes Maß an Konnexität auf. In Anbetracht dieser engen Verbindung stellen sich keine besonderen Schwierigkeiten in der Abgrenzung gesicherter und ungesicherter Forderungen. a) Rechtsnatur des gesicherten Schuldverhältnisses
Nach dem gesetzlichen Modell der§§ 700 ff. HGB liegt der Haverei nicht notwendig ein Vertrag zugrunde; die Haverei begründet vielmehr ein gesetzliches Schuldverhältnis. Zwar werden regelmäßig alle Beteiligten in bezug auf die Schiffsreise in vertraglichen Beziehungen stehen, typischerweise aber nicht alle miteinander, denn die Zeiten gemeinsamer Handelsreisen aller Beteiligten sind vorbei. Die Reise verläuft anonym, häufig ist es praktisch schwierig genug, die zutreffenden Beteiligten überhaupt zu ermitteln. So hat z. B. der Reeder als Eigentümer des Schiffes sein Schiff verchartert, der Verfrachter kontrahiert mit einem Seehafenspediteur, und der die Güter empfangende Ladungseigentümer ist mitunter nur über einen Kaufvertrag (z. B. Lieferklausel "FOB") mit der auf der Reise 43 Konstruktiv wird man das Zusammenspiel zwischen § 725 Abs. 1 und § 762 Abs. 3 HGB so verstehen müssen, daß die Verbindlichkeit mit dem Havereifall gegenüber dem jeweiligen Ladungseigentümer entsteht, bis zur Löschung aber kraft Gesetzes (daher kein Fall des§ 414 BGB) auf den jeweils neuen Eigentümer übergeht. 44 Vgl. zum römischen Recht Kreller a. a. 0. (Fn. 11) S. 277 f.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
befindlichen Ware verbunden. Solange alle Beziehungen auf fehlerloser vertraglicher Grundlage basieren, mag man noch eine vertragliche Haverei-Einigung konstruieren (tatsächlich eher fingieren): Wer sich - sei es auch nur über die Lieferklausei - auf eine Schiffsreise einläßt, willigt damit ausdrücklich oder konkludent für den Havereifall in die entsprechende Abwicklung ein. Es steht jedoch außer Zweifel, daß die gesetzliche Regelung weiter geht. Ganz gleich wieso und ob bewußt oder unbewußt: jeder, dessen Güter sich auf der Seereise befinden, ist durch die Havereiregeln gebunden. Mag es ein Dieb gewesen sein, der die Ladung auf Seereise schickte, mag der Frachtvertrag nichtig sein oder nicht über die volle Gütermenge bestehen45 oder der Eigentümer nicht über die Transportform informiert gewesen sein, die §§ 700 ff. HGB, §§ 78 ff. BSchG sind unabhängig davon anwendbar. Mit anderen Worten begründet die Haverei ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen den Reisebeteiligten (d. h. jedem Schiffs- oder Ladungsberechtigten) als Gefahrengemeinschaft, das allein an die Tatsache der gemeinsamen Seereise anknüpft.
b) Sicherung von nicht gesetzlich vorgesehenen Ansprüchen (z. B. aus YAR)
Die Praxis sieht gleichwohl anders aus, denn die §§ 700 ff. HGB bzw. §§ 78 ff. BSchG sind dispositiv46 und können gänzlich ausgeschlossen oder modifiziert werden47 • Letzteres ist die Regel: Praktisch werden international einheitlich im Seerecht die Anwendung der "York-Antwerp-Rules"48 und in der Binnenschiffahrt die Rhein- oder die Donau-Regeln für den Havereifall-meist durch AGB -vereinbart. Zwar wird als Voraussetzung für ein Dispacheverfahren nach Vertragsregeln zurecht gefordert, daß sich alle Reisebeteiligten dann den betreffenden gleichen Regeln unterworfen haben49 . Dennoch erfolgt die Abwicklung herkömmlich nach den YAR. Zum einen sind diese als quasi übergeordnetes, supranationales (Vertrags-) Recht - etabliert50. Zum anderen genügt es in der Praxis, wenn sich 45 Vgl. Prüßmannl Rabe§ 702 Anm. F 1; s.a. §§ 708 Ziff. 3, 723 Abs. 3 HGB, YAR Rule XIX Abs. 1. 46 Allgemeine Auffassung: RGZ 89, 285, 287 v. 3. 1. 1917; PrüßmanniRabe Vor§ 700 Anm. li A; Vortisch I Bemm § 78 Rn. 19; EngeS. 60; weitere Nachweise in Fn. 18. 47 Zu den Voraussetzungen, unter denen überhaupt deutsches Recht anwendbar ist, Prüßmann I Rabe Vor § 700 Anm. IV. 48 Vgl. z. B. die CONELINEBILL Bedingungen Ziff. 14, abgedr. bei Prüßmannl Rabe Anh. § 643. Zu den YAR Fn.l8. 49 Prüßmann I Rabe Vor§ 700 Anm. III B; Schlegelberger/ Liesecke Vor§ 700. so Praktisch alle Rspr. zur Haverei der letzten Jahre ist auf Basis der YAR ergangen: OLG Hbg. v. 17. 2. 1994 VersR 1996, 393 ff. ; OLG Hbg. v. 3. 9. 1992 TranspR 1993, 66 ff.; Schiedsgericht Hbg. v. 6. 12. 1991 TranspR 1992, 375 ff.; BGHZ 78, 384 v. 17. 11. 1980; s.a. Puttfarken Rn. 758 f., im Bereich des BSchG die Rhein-Regeln: OLG Hbg. v. 28. 10. 1982 VersR 1983, 533; BGHZ 80, 16 v. 19. 1. 1981.
XV. Havereipfandrecht
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nicht gebundene (Einzel-)Beteiligte gegen ein Verfahren nach Maßgabe der YAR zumindest nicht sperren51 . Auch das mag vorkommen, zumal die Unterschiede zwischen den Vertragsregeln und den Bestimmungen des Gesetzes nicht sehr groß sind52. Die YAR stellen außerdem kein vollständiges Regelungswerk zur Haverei, sondern im wesentlichen nur hinsichtlich der Havereivoraussetzungen zur Verfügung53. Insbesondere die Frage der Haftung für die Beiträge (vgl. zum Verfahren Rule XVI - XXII YAR) und damit die Regelungen zu deren Sicherung und Durchsetzung, einschließlich der Entstehung eines Pfandrechtes, bleiben dem Gesetzesrecht vorbehalten54. Dies wirft die Frage auf, ob das gesetzliche Verwertungsrecht, das an sich zur Sicherung der in seinem Rahmen geregelten gesetzlichen Ansprüche geschaffen ist, Forderungen sichert, die nur nach den YAR und nicht nach den HOB-Bestimmungen bestehen5 5 . So wie überall die vorrangige Bedeutung der YAR für die Haverei betont wird, gehen offensichtlich alle Autoren davon aus, daß auch solche durch das Pfandrecht gesichert sind, ohne darin überhaupt ein Problem zu sehen56• Tatsächlich liegt hier die Sicherung nicht originär vorgesehener Ansprüche durch das gesetzliche Verwertungsrecht näher als bei den vertragsnahen gesetzlichen Pfandrechten57 : Die Haverei wurde als gesetzliches Schuldverhältnis geregelt, weil man den Reisebeteiligten jedenfalls diese Ausgleichsregelungen nebst Sicherung unabhängig von einem Vertrag - vorgeben wollte. Das bedeutet nicht, daß das Gesetz die gesetzliche Sicherung versagen will, wenn die Beteiligten sich auf einen abweichenden Ausgleichsmodus einigen. Hält man daher die gesetzlichen Bestimmungen zur Haverei überhaupt für dispositiv - und daran kann schon aus teleologischen Erwägungen kein ernsthafter Zweifel bestehen -, ist es nur konsequent, gegebenenfalls rechtsgeschäftlich modifizierte Ansprüche innerhalb dieses Instituts ebenfalls als durch das Verwertungsrecht gesichert anzusehen. Zu klären wäre allenfalls noch die Grenze, d. h. die Frage, inwieweit vertragliche Regelungen vom "Idealtypus" der Haverei abweichen dürfen, und gleichwohl noch eine Sicherung durch das Havereipfandrecht besteht58• Die Überlegung ist 51 V gl. die Feststellung des BGH in BGHZ 78, 384, 396 v. 17. 11. 1980: "nach dem- unwidersprochenen -Vorbringen ist die D. nach den YAR aufzumachen". 52 Bsp. zu Unterschieden insb. im Haftungsumfang etwa bei OLG Hbg. v. 3. 9. 1992, TranspR 1993, 66 ff.; Wüst TranspR 1987, S. 365 (Fn. 5). 53 Vgl. im einzelnen zu den Klauseln der YAR, Fassung Sydney 1994, Grau a. a. 0. s. 281 ff. 54 Priißmann/ Rabe Vor§ 700 Anm. I C; Wüstendoifer SHR S. 377; gleiches gilt für die YAR 1994. 55 Vgl. Fn. 52. 56 Z. B. Puttfarken Rn. 770; EngeS. 63; Grau a. a. 0. S. 285. 57 Vgl. dazu noch S. 486 ff. 58 Dies reicht von der Einschränkung oder Erweiterung der Anwendungsfalle bis hin zur Erstreckung der Havereiprinzipien auf nicht-seerechtliche Anwendungsflille (z. B. Landfrachtrecht).
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
für die Haverei aber pure Theorie, weil immer nur die üblichen Regelungskataloge vereinbart werden (schon, um die notwendige Einheitlichkeit zu erreichen). Diese wahren die wesentlichen Grundprinzipien der Havereivorstellungen des Gesetzgebers, so daß jedenfalls YAR-Ansprüche durch das Havereipfandrecht gesichert sind. Schließlich wird auf das vergleichbare Problem im "Befund" ohnehin zurückzukommen sein. Die Frage entspricht nämlich im Ergebnis der Prüfung, inwieweit die gesetzlichen Verwertungsrechte überhaupt analog auf andere Fälle anwendbar sind59. 3. Sicherungsobjekt
Objekt des (Ladungs-)Pfandrechtes sind alle Güter; soweit sie beitragspflichtig sind. Dadurch, daß sich die Forderung stets gegen den Eigentümer der beitragspflichtigen Ladung zum Zeitpunkt der Löschung richtet (§ 725 Abs. I HGB), gibt es zwangsläufig - bei Entstehen des Pfandrechtes - kein Auseinanderfallen von Beitragsschuld und Pfandhaftung. Das Pfandrecht entsteht nie an schuldnerfremden Sachen. Dies gilt im Seerecht durch die konstruktiv notwendige Personenidentität der Ansprüche, im Binnenschiffahrtsrecht durch die Begrenzung auf den Anspruch aus dem Pfandrecht.
a) Publizität
Besonderheiten - wie allerdings beinahe bei allen schiffahrtsrechtlichen Pfandrechten - bestehen in bezug auf die besitzrechtliche Lage und damit für die Publizität dieser Rechte. Betrachtet man die tatsächliche Ausgangsposition der Reise, haben die Beitragsberechtigten regelmäßig keinen Besitz an den potentiellen Pfandobjekten. Dies gilt zumindest für die Ladungsberechtigten (denn Pfandobjekt ist gerade die Ladung der "anderen")60• Der Havereifall könnte allerdings als Zäsur wirken: § 731 Abs. 2 HGB und entsprechend § 89 Abs. 3 BSchG regeln, daß der (hinsichtlich des betroffenen Gutes) jeweilige und stets zumindest mittelbar besitzende Verfrachter das Pfandrecht für die Beitragsberechtigten - kraft Gesetzes ausübt (und ausüben muß). § 731 Abs. 1 HGB (§ 91 BSchG) sichert die Zurückbehaltung durch den Kapitän61 • Damit ist die Herleitung des Pfandrechtes als Besitzpfandrecht auf (drei) konstruktiv verschiedenen Wegen möglich. Entweder man nimmt eine modifizierte Form des Nebenbesitzes62 an, so daß der Verfrachter soSiehe S. 516ff. Für die Schiffsgläubigerrechte siehe unten XVII. 61 Der Kapitän ist insoweit Vertreler des Verfrachters, so Prüßmann/ Rabe§ 731 Anm. C 1; Schaps I Abraham § 731 Rn. 4, m. w. N. u. a. auf die Protokolle. 62 Gegen die Rechtsfigur des Nebenbesitzes die h.M., vgl. BGHZ 28, 16, 27 v. 24. 6. 1958; MüKo-BGB/ Jaast § 868 Rn. 19; differenzierend Medicus BR Rn. 558 Geweils m. w. N.). 59 60
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wohl für den eigentlich Ladungsberechtigten als auch für den Vergütungsberechtigten besitzt. Modifiziert deswegen, weil der Herausgabeanspruch des eigentlich an der Ladung Berechtigten eben nur unter dem Vorbehalt der Zahlung des Beitrages besteht und für den Fall der Nichtzahlung die Verwertung des Gutes durchzuführen ist63 • Diese Modifikation könnte sogar - als zweiter Weg - zur These verdichtet werden, daß es der Konstruktion über einen Nebenbesitz gar nicht bedarf, da der Verfrachter zunächst nur ftir den originär Berechtigten (Ladungseigentümer), dann nur für den Pfandgläubiger und- nach Entrichtung des Beitrages- wieder nur für den Ladungseigentümer besitze64. Als dritte Möglichkeit wäre ein "Treuhandmodell" denkbar, wonach der Verfrachter, der- nach allgemeiner, aus § 731 HGB, § 89 BSchG hergeleiteter Auffassung65 -ohnehin allein die Rechte der Vergütungsberechtigten geltend machen kann, insoweit direkt als Pfandgläubiger für die treuhänderisch gehaltenen Vergütungsanspruche angesehen werden könnte. Die Frage, ob die Ladungsgläubigerrechte der Haverei damit wirklich besitzgebunden sind, ist mit der konstruktiven Möglichkeit allein allerdings nicht beantwortet. Sie hat für das Entstehen des Rechtes auch keine Bedeutung, denn zum Zeitpunkt der Pfandentstehung, also im Havereifall (§§ 726 Abs. 2, 762 Abs. 3 HGB) hat der Verfrachter- als Mittler der Berechtigten -immer Besitz. Bedeutung erlangt diese Einordnung aber für die Frage, ob das Pfandrecht bei freiwilliger Auslieferung(§§ 1257, 1253 BGB) erlischt66. Nach der bisherigen mit Teil B erfolgten Einzelbestandsaufnahme gibt es Besitzpfandrechte, die bei freiwilligem Besitzverlust unmittelbar oder aufgrund spezieller Regelungen nach Ablauf einer Übergangsfrist untergehen. Weiter gibt es besitzlose Pfandrechte, die - quasi als Ausgleich für den fehlenden Besitz - an einen "Raum" gekoppelt sind und nur bei gebilligtem Verlassen des Raumes erlöschen67 • Sind die Havereipfandrechte an der Ladung hier einzuordnen oder stellen sie unter Umständen eine neue Gruppe dar? aa) Binnenschiffahrt Für das Binnenschiffahrtsrecht ist die Möglichkeit der Einordnung in bereits bekannte Kategorien jedenfalls zu verneinen: Aus der Bestimmung des § 89 Abs. 2 S. 2 BSchG ist im Umkehrschluß eindeutig ersichtlich, daß der Gesetzgeber 63 Der wesentliche Aspekt für die Ablehnung des Nebenbesitzes - die parallele Anerkennung zweier Herausgabepflichten (siehe bspw. Palandt/ Bassenge § 868 Rn. 2 m. w. N.) entfällt damit. 64 Konstruktiv durchaus vergleichbar BGH v. 24. 6. 1958 a. a. 0. (Fn. 62). 65 So - für die Geltendmachung bis zur Auslieferung - Schaps I Abraham § 731 Rn. 4 m. w. N.; a.A. zuletzt wohl Heck Große Haverei S. 463. 66 Unfreiwilliger Besitzverlust führt nicht zum Erlöschen, vgl. S. 62 ff. 67 Siehe schon S. 62 ff., 66.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
eine Auslieferung für unschädlich hielt und erst - als Sonderfall des damals noch nicht existenten § 936 BGB - einen gutgläubigen Dritterwerber schützen, d. h. diesem einen gutgläubigen Erwerb ermöglichen wollte. § 1253 BGB, der den Untergang von Pfandrechten mit Rückgabe an den Eigentümer oder dessen Geheißperson68 anordnet, ist durch diese Sonderregelungtrotz § 1257 BGB nicht anwendbar. Nach der Trennung vom Schiff ist das Pfandrecht gänzlich publizitätslos. Wenn diese für betroffene Dritte ungünstige Lage auch zugunsten gutgläubiger Erwerber (wozu nicht der Ladungsempfänger zählt69) durch besagten § 89 Abs. 2 S. 2 BSchG in den Folgen entschärft wird, sind die tatsächlichen Nachteile nicht zu übersehen. Insbesondere für Gläubiger, die auf die verfügbare Masse vertrauen, ist ein solches Recht gefährlich. Praktisch sorgt allerdings die geringe praktische Bedeutung des Havereipfandrechts (vgl. noch unter 4., S. 339), für eine Schadensbegrenzung. bb) Seeschiffahrt Im Seerecht ist die Lage nicht so deutlich. § 725 S. 3 HGB a.F., der inhaltsgleiches Vorbild für die Regel des BSchG war, ist mit dem 1. SRÄG gestrichen worden. Die Materialien geben über die Hintergründe nur begrenzt Aufschluß: Man hielt die Regelung allein für eine besondere Ausprägung des Gutglaubenstatbestandes und in Anbetracht des § 936 BGB für entbehrlich70• Daß es der einzige Anhaltspunkt für ein besitzlos geltendes Pfandrecht war, hat man möglicherweise nicht gesehen. Es ist auf diese Weise nicht unverständlich, daß die seerechtliche Literatur insoweit den Stand von vor 1973 fortschreibt und allgemein die Auslieferung für unschädlich, das Pfandrecht damit für ein gänzlich besitzloses und raumungebundenes hält71 • Für diese Fortschreibung der alten Rechtslage spricht, daß § 726 Abs. 2 HGB von der Notwendigkeit eines Besitzes nichts erwähnt, anders als die Besitzpfandrechte in §§ 583, 647 BGB, § 623 HGB. Aus den Materialien72 ist weiter ersichtlich, daß man offensichtlich von einem Fortbestehen des Pfandrechtes nach Auslieferung ausging, denn anderenfalls ist der Hinweis auf § 936 BGB nicht recht verständlich. Allerdings verweist § 731 Abs. 2 HGB "für die Geltendmachung auf das Verfrachterpfandrecht", das seinerseits ein über§ 623 Abs. 2 HGB "verlängertes" Besitzpfandrecht ist (mit Untergang dreißig Tage nach Auslieferung, d. h. vorher mit Anwendungsbereich für§ 936 BGB). § 731 Abs. 2 HGB wird von den Vertre68 Dazu Staudinger I Wiegand § 1253 Rn. 4 m. w. N.; dies erlangt Bedeutung insbesondere dann, wenn der Empflinger bei Löschung nicht Eigentümer ist. 69 Selbst wenn er erst nach der Löschung Eigentum erlangt: "dritter" Erwerber. Allgemeine Meinung: Vortisch I Bemm § 89 Rn. 8; Mittelstein Ehrenbergs Hdb. VIII1 S. 361. 70 BT-Drucks. Vl/2225 S. 31 f. 71 Prüßmann I Rabe § 731 Anm. C II; Schaps I Abraham § 731 Rn. 5 m.N. auf die alte Literatur und den Streit über Details der Geltendmachung (nach Auslieferung). 72 Nachweis Fn. 70.
XV. Havereipfandrecht
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tern der erwähnten "Publizitätslosigkeit" des Havereipfandrechts jedoch nicht als Verweis auf § 623 Abs. 2 HGB verstanden73 . Eine Begründung dafür findet sich aber weder in den Gesetzesmaterialien noch läßt sie sich aus § 726a Abs. 3 HGB herleiten, denn dieser kann auch (wie§ 623 HGB) als Bestimmung des Erlöschens bei vorhandenem Besitz verstanden werden. Neben dem Herkunftsverständnis bleibt daher nur das begriffliche Argument, eine "Geltendmachung" (§ 731 Abs. 2 HGB) schließe nicht unbedingt die Regelung des Erlöschens mit ein. Der unbefangene Betrachter findet dagegen eine Reihe von Ansätzen gegen die Annahme eines besitzlosen Pfandrechtes. Grundsätzlich führt§ 1257 BGB für alle gesetzlichen Pfandrechte zu § 1253 BGB, wenn sich nicht ausnahmsweise- aus der ersichtlichen Besitzlosigkeit- anderes ergibt74• Eine solche ausdrücklich andere Regelung fehlt aber im Seerecht. Statt dessen gibt es mit§ 731 HGB eine Norm, die durchaus - in zweifacher Weise - auf eine Besitzbindung hindeutet. Die Herkunftsgeschichte ist kein besonders tragfähiges Argument, zumal der Streit über das Für und Wider besitzloser Pfandrechte stets in der Historie präsent war und das geltende Privatrecht dem Grundsatz nach eine gegenteilige Entscheidung getroffen hat. Mit der Novelle 1973 wurde das einzig zwingende Argument für ein besitzloses Pfandrecht gestrichen. Selbst wenn der Gesetzgeber damit nicht die Aufgabe des besitzlosen Pfandrechtes bezweckt hat, wäre dies kein durchgreifendes Gegenargument, solange er dies nicht im Gesetz zum Ausdruck gebracht hat und über § 1257 BGB die gegenteilige Richtung vorgegeben ist. Hinzu kommt, daß es keine praktischen Gründe für eine Besitzlosigkeit gibt, während der Verkehrsschutz gerade ein wesentliches Gegenargument darstellt. Die Herkunft des Pfandrechtes aus dem Seerecht, die vielfach als "Schutzschild" für angeblich nötige Sonderlösungen gebraucht wird, läßt zumindest hier keine taugliche Begründung für den Publizitätsmangel erkennen. Mit dem Verlassen des Schiffes verliert die Ladung den erkennbaren Bezug zum Schiffahrtsrecht. Ein derart publizitätsloses Recht, das anderen Sicherungsrechten regelmäßig vorgeht (wenn nicht gerade ein "gutgläubig lastenfreier Erwerb" vorliegt), ist- trotz § 936 BGB -ein stete Belastung des Rechtsverkehrs und daher auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken. Für eine Beschränkung bietet sich die Frist des§§ 623 Abs. 2 i.V.m. § 731 HGB an. Daß esinsoweit sei vorgegriffen - im Schiffahrtsrecht mit den Schiffsgläubigerrechten, im BSchG und auch beim Rettungskostenpfandrecht75 unbestreitbar besitzlose Pfandrechte gibt, ist kein durchschlagenes Gegenargument In der Regel sind diese auf das Sondergut "Schiff' begrenzt und durch diese Beschränkung weniger gefährlich. Auch eine notwendige Parallelität zum BSchG ist nicht erkennbar. Die Situa73 Gegen die Anwendbarkeit der Frist Prüßrnann/ Rabe § 731 Anrn. C II; Schaps/ Abraham§ 731 Rn. 7; der Verweis ist allerdings schon 1973 vorhanden gewesen, vgl. zur Einführung des Verweises Denkschrift HGB S. 284. 74 Siehe Staudinger/Wiegand § 1257 Rn. 20 (rn.N. zur Anwendung auf§ 559 BGB). 75 Vgl. dazu noch S. 356.
22 Bechtloff
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
tion im BSchG gleicht zum einen seit 1973 der im Seerecht geltenden ohnehin nicht mehr; zum anderen ist das binnenschiffahrtsrechtliche Pfandrecht gerade als Übel anzusehen, das es- de lege ferenda- zu korrigieren gilt76• Als stärkstes systematisches Argument bleibt dann die Nähe zum Rettungskostenpfandrecht (dazu unter XVI.). Dieses dem§ 726 HGB ansonsten nahestehende und sowohl besitzlose als auch raumungebundene Pfandrecht ist insoweit von der Ausgangslage doch anders77 . Im übrigen ist das Rettungskostenpfandrecht wegen des Publizitätsmangels ebenso bedenklich und - de lege ferenda - zu ändern. Zuletzt ist auch aus Praktikabilitätsgründen kein Gegenargument zu gewinnen: Das Pfandrecht kann primär solange ausgeübt werden, wie der Verfrachter die Ladung besitzt, was ebenso gut oder schlecht ausreicht wie im Falle eines Fortbestehens nach Auslieferung. Praktisch führt dies - in Anbetracht von stets langwierigen Dispacheverfahren - nämlich immer dazu, daß keine Auslieferung ohne Sicherstellung erfolgt78 . Daß dieses Prinzip so gut wie möglich durchgeführt wird, ist durch eine Schadenersatzhaftung des Kapitäns (§§ 5ll f., 731, 615 HGB, 91 BSchG), des Reeders(§ 512 Abs. 3 HGB)79 und im BSchG mit einer persönlichen Haftung des bösgläubigen Empfängers sichergestellt(§ 90 Abs. 2). cc) Zusammenfassung Zusammenfassend ist damit - de lege lata - für das seerechtliche Havereimodell ein entsprechend § 623 Abs. 2 HGB verlängertes Besitzpfandrecht anzunehmen. Das Sicherungsrecht im Binnenschiffahrtsgesetz ist auch insofern ein Sonderfall: Es besteht nach der Auslieferung ohne Besitz und damit ohne jede Publizität. Wenn dafür zwar im BSchG eigentlich kein Grund ersichtlich ist (insbesondere auch nicht aus der dinglichen Beschränkung, denn aus der Auslieferung folgt die Haftungsausdehnung der§§ 90, 91 BSchG), so ist der Publizitätsmangel hier durch den eindeutigen Wortlaut unvermeidlich. b) Konkurrenzen
Hingewiesen sei zuletzt noch darauf, daß § 726a Abs. I HGB, § ll6 BSchG80 den Havereipfandrechten einen generellen Vorrang vor allen früher entstandenen 76 Zukünftig ist eine Anpassung des BSchG an ein neues Seerecht geplant, BT-Drucks. XIII/8446 S. 16 f. 77 Einen gleichen Ansatz (d. h. ein Faustpfandrecht bei der Haverei, sowie das Bergungskostenpfand als besitzlose "Hypothek") vertritt Endemann Bd. IV 11 S. 311 schon für das ADHGB. 78 Vgl. bspw. die Schilderung von Puttfarken Rn. 770, siehe auch noch sogleich 4. 79 I.d.S. BT-Drucks. VI/2225 S. 33; OLG Hbg. v. 10. 7. 1969, Hansa 70, 715, 716 f. (zum Seerecht a.F.).
XV. Havereipfandrecht
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Pfandrechten einräumt. Die Rechtfertigung dafür liegt - noch viel mehr als bei den Transporteurpfandrechten - im Wertsicherungsaspekt, denn ohne die erfolgreiche Rettung wären die älteren Rechte verloren. 4. Praktische Bedeutung
In der deutschen Rechtsprechung findet man keine einzige veröffentlichte Entscheidung, in der Havereipfandrechte an der Ladung eine Rolle spielen oder erwähnt werden. Dies gilt für das Seerecht ebenso wie für das Binnenschiffahrtsrecht, und selbst wenn man weit in der Vergangenheit sucht, stellt man fest, daß es in diesem Jahrhundert keine einschlägigen Rechtsstreitigkeiten dazu gegeben zu haben scheint81 . Offensichtlich schließen die tatsächlichen Umstände in der Schiffahrt und ein nicht zum Pfandrecht passendes Havereiverfahren Streit über das Pfandrecht regelmäßig aus. Zum ersten sind die Beteiligten in der Schiffahrt praktisch durchweg versichert82. Anwendungsfälle für das Pfandrecht wegen Zahlungsschwierigkeiten oder als Folge einer Insolvenz scheiden damit aus. Der zweite Grund liegt im Haverei- bzw. Dispacheverfahren selbst: Der Anspruch der Berechtigten, die Verpflichtung der Beitragspflichtigen, wird erst dann erfüllt werden, wenn die Dispache aufgemacht ist und man sich geeinigt hat oder die Dispache im FGG-Verfahren bestätigt worden ist. Selbst wenn man beachtet, daß aus der Sicht des Pfandgläubigers für die Durchsetzung die erste Feststellung der Dispache genügt, vergehen tatsächlich dabei Monate oder Jahre, bis man alle Werte einerseits und alle Schäden andererseits festgestellt und die Dispache abgeschlossen hat. Bis zu dieser Feststellung, die für eine Durchsetzung des Pfandrechtes nötig ist, hat jedoch kein Beteiligter Zeit zu warten 83 . Im Gegenteil, das Havereiverfahren beginnt hektisch84, weil die an der Ladung Interessierten auf die Ware angewiesen und die übrigen Beteiligten an der Auslieferung zumindest interessiert sind. Von den potentiell Beitragspflichtigen werden in unmittelbarer Folge sogenannte "Havarie-grosse-Verpflichtungsscheine" ausgefertigt. Aufgrund dieser übernimmt der Unterzeichner die persönliche Haftung für den Beitrag, und zwar unabhängig davon, ob er Eigentümer der Ladung ist, aber vorbehaltlich der Richtigkeit einer zukünftigen Dispache85. Häufig wird dies mit einer Garantieerklärung der Ladungsversicherung, ggf. 80 Die Fassung des § 116 BSchG ist nicht so weitgehend, erfaßt aber wohl die denkbaren Pfandrechte. 81 Auch sämtliche Literatur zu den Havereipfandrechten beschränkt sich auf Literaturzitate. 82 Puttfarken Rn. 775 ff., 878; zur Versicherung der "Havarie grosse" Enge S. 60 ff.; Grau a. a. 0 . (Fn. 9) S. 284. 83 Zum gleichen Problem bei etwas anderer Gestaltung im angelsächsischen Recht Lowndes&Rudolf Rn. 452. 84 So die Formulierung in diesem Zusammenhang von Puttfarken Rn. 770. 22*
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
auch einer Bank, gekoppelt86. Sie übernimmt so die Sicherungsfunktion des Pfandrechtes und im Gegensatz zur Ladung verliert diese nicht durch die Verfahrensdauer ihren Wert. Das Pfandrecht hat damit zwar die Funktion, zumindest diese dauerhaftere Sicherung der Beiträge zu erzwingen. Dies könnte natürlich jedes Zurückbehaltungsrecht bewirken, da der Druck schon daraus resultiert, daß die Ladung nicht dem Empfänger übergeben wird. Bedenken gegen das Genügen eines Zurückbehaltungsrechtes könnten zum einen aus dem Insolvenzrecht resultieren, was allerdings durch einen Verweis auf § 51 InsO zu widerlegen ist. Zum anderen würde ein Zurückbehaltungsrecht grundsätzlich keinen Vorrang vor anderen Rechten genießen (entspr. § 726a HGB). Dies erweist sichjedoch nicht als wesentlich, wenn man erkennt, daß durch die Versicherungsmodelle die finanzielle Absicherung nur nachrangige Bedeutung hat. Eines Verwertungsrechtes bedarf es daher bei der Haverei im Grunde nicht. Die Haverei ist heute als gesamtes Regelungsmodell häufig kritisiert; sogar ihre Abschaffung wird gefordert87. Die Regelung sei nicht zeitgemäß, zu aufwendig und daher zu teuer, sie diene insbesondere zur Kostenabwälzung vom Verfrachter zu Lasten der Ladung (bzw. der jeweiligen Versicherung). Tatsächlich ist kaum ein Grund erkennbar, warum für das heutige Schiffahrtsrecht eine solche, vom allgemeinen Transportrecht abweichende Risikoverteilung sinnvoll sein soll. Nachdem die Seereise seit langem kein gemeinsames wirtschaftliches Unternehmen der Beteiligten mehr ist, erscheint die große Haverei nur noch als Relikt alter Traditionen. Gleichwohl wurden die YAR 1994 neu gefaßt und damit diese Bedenken überspielt, so daß sowohl international eine Abschaffung des Instituts "Haverei" als auch national eine Abschaffung des Pfandrechtes - welches von der internationalen Entwicklung losgelöst ist88 - nicht absehbar ist. 5. Vergleichsfälle
Wirklich vergleichbare Fälle sind nicht ersichtlich, denn der Grundgedanke des Institutes Haverei als schiffahrtsrechtliche Besonderheit erschwert Vergleiche mit anderen Regelungen. Eine gewisse konstruktive Ähnlichkeit besteht mit gesellschaftsrechtlichen Systemen und u. U. auch mit den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag89 . Im 85 Schaps I Abraham § 725 Rn. 8 f.; Prüßmann I Rabe § 725 Anm. D; s. a. BGH v. 19. 1. 1981 a. a. 0. (Fn. 50). 86 Vgl. EngeS. 61; Prüßmannl Rabe§ 725 Anm. D. 87 Überzeugend Puttfarken Rn. 777; s.a. Grau a. a. 0 . S. 285 f. m. w. N. 88 Jedes nationale Recht geht insoweit eigene Wege; zum hier wichtigen anglo-amerikanischen Recht Fn. 83. 89 Deutlicher ist die Parallele beim Rettungskostenpfandrecht, vgl. sogleich S. 341 ff.
XVI. Rettungskostenpfandrecht
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Gesellschaftsrecht, insb. der §§ 705 ff. BGB, sind vergleichbare Sicherungssituationen zwar denkbar, aber die Ausnahme. Eine vergleichbare Lage besteht dann, wenn nur ein Teil der Gesellschafter die geschuldeten Beiträge geleistet hat, diese aber allen zugute gekommen sind. Weiter wäre vorauszusetzen, daß die Gesellschaft bzw. die vorleistenden Gesellschafter ein nicht mehr dem Gesellschaftsvermögen angehörendes, aber gleichwohl durch die Beiträge bereichertes Gut des Verpflichteten im Besitz haben. Eine solche Situation ist sicher nicht typisch, aber denkbar. Finden sich z. B. mehrere Oldtimer-Liebhaber zusammen und gründen eine von allen auszustattende Selbsthilfewerkstatt, in der dann die beitragssäumigen Partner ebenso ihr Fahrzeug bspw. reparieren und unter Aufsicht unterstellen, ergibt sich eine vergleichbare Sicherungssituation. An dem ggf. in ihrem Besitz befindlichen, mit Hilfe der Gesellschaftsmittel im Wert gesteigerten Fahrzeug haben die Mitgesellschafter wegen des ausstehenden Gesellschaftsbeitrags nur ein Zurückbehaltungsrecht im Sinne von § 273 BGB. Unser Gesellschaftsrecht kennt keine gesetzlichen Pfandrechte90. Resümierend läßt sich festhalten, daß es de lege ferenda jedenfalls nicht sinnvoll erscheint, hier neue Pfandrechte vorzusehen, wenn man dazu die Vielzahl der Tatbestände noch erweitern muß. Allenfalls, wenn sich über ein allgemein tragfähiges Konzept (vgl. noch im Befund) ein Verwertungsrecht für bestimmte gesellschaftsrechtliche Ansprüche ergeben würde, wäre dies zu begrüßen.
XVI. Rettungskostenpfandrecht Das schiffahrtsrechtliche gesetzliche Rettungskostenpfandrecht der § 752 HGB, § 97 BSchG steht im Kontext der Bestimmungen zur Hilfeleistung und Bergung in Seenotfällen 1 • Geregelt sind dort die Voraussetzungen und die Durchsetzung der Entgelt- und anderer Ansprüche des Helfenden/Bergenden (im folgenden des "Retters"). Inhaltlich handelt es sich um besondere Regeln, die im allgemeinen Zivilrecht, d. h. außerhalb der Schiffahrt, entweder im Bereich der Geschäftsführung ohne Auftrag, im Werk-, Dienstvertrags- oder im Fundrecht geregelt sind (zu diesen "Vergleichsfällen" noch unter 5.). Die Rettungsbestimmungen regeln nämlich die Ansprüche des Helfenden unabhängig davon, ob dieser mit oder ohne Vertrag tätig wird (vgl. §§ 742-744 HGB), und davon, ob der Retter der Besatzung des gefährdeten Schiffes nur "Hilfe leistet" oder aber besitzlose2 Sachen "birgt"3• 90
Siehe auch zu entspr., nicht ins geltende Recht übernommenen Ansätzen schon vorne
s. 102.
I §§ 740 - 753 HGB bzw. in Fällen von "Schiffsgefahr" (so die Bezeichnung im Binnenschiffahrtsrecht, dort§§ 93-101 BSchG), dazu Vortisch I Bemm § 93 Rn. 1. z Gegen einen Zusammenhang von "Bergung" und Besitz Prüßmann/ Rabe§ 740 Anm. C 1, 2. 3 Die Differenzierung von Bergung und Hilfeleistung in § 740 HGB, § 93 BSchG (zusammengefaßt: Rettung) wird meist ignoriert und hat nur für das Sicherungsrecht Bedeutung (siehe § 752 Abs. 3 HGB und noch 3.). Es würde de lege lata ausreichen, überhaupt nur für das
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme - B. Entstehung der Verwertungsrechte
Die Pfandrechte- als Teil der Durchsetzungsregelung näher bestimmt in §§ 752, 752a, 753 HGB, §§ 97 ff. BSchG - sichern diese Ansprüche des Retters. Sie entsprechen in weiten Bereichen dabei konstruktiv den Havereipfandrechten4 : So entstehen sowohl ein Schiffsgläubigerrecht am Schiff (dazu näher Kapitel XVII.) als auch Pfandrechte an der Ladung (sogenannte Ladungsgläubigerrechte, denen sich dieser Abschnitt wiederum vorrangig zuwendet), siehe § 752 Abs. 2 HGB, § 93 Abs. 1 Alt. 2 BSchG. Im Seerecht ist das Pfandrecht wiederum ein Sicherungsrecht für einen schuldrechtlichen Anspruch (seit dem 1. SRÄG von 1973), im Binnenschiffahrtsrecht dagegen ein allein dinglich beschränkter Anspruch gegen den Eigentümer des geretteten Gutes. Zuletzt gibt es Sonderregeln zum Ausschluß durch Sicherheitsleistung §§ 752, 753 HGB, §§ 97 Abs. I S. 2, 99 BSchG, zur Befristung § 752a Abs. 3 HGB und zum Rang§ 752a Abs. I und 2 HGB, § 116 BSchG5 • 1. Rechtfertigende Erwägungen
Der Grund für die Sonderregelung eines Rettungsschuldrechtes für die Schifffahrt (und mittelbar so auch für das gesetzliche Pfandrecht) ist- wie so oft- in der geschichtlichen Entwicklung zu finden. Über Jahrhunderte konkurrierte der in diesen Bestimmungen festgehaltene Rettungsgedanke mit dem sogenannten "Strandrecht" (Strandregal) der Küstenvölker, nach dem gestrandetes und geborgenes Gut grundsätzlich der Aneignung der Küstenbewohner offen stand6 . Dies lief nicht nur ihrem Bemühen um eine etwaige Rettung zuwider, sondern führte sogar dazu, daß mit "Irrlichtern" Schiffbrüche bewußt herbeigeführt wurden, um das gestrandete Gut zu bergen oder die Schiffbrüchigen zu plündern. Das Strandrecht war häufig rechtlich anerkannt7 (denn fremde Schiffe galten nicht als schutzwürdig), stand aber seit alters her stets in Konkurrenz mit dem Bemühen, die Schiffahrt sicherer zu machen und daher ein entsprechendes Rettungsrecht zu gestalten8 . Die letzte Eindämmung des Strandrechtes liegt nicht einmal 150 Jahre zurück, mit ihr wurde das Aneignungsrecht der Strandbewohner endgültig beseitigt9 . Etwa zeitgleich Verwertungsrecht zu differenzieren. Das IÜB von 1989 (Fn. 14) kennt nur einen jede "Rettung" umfassenden Begriff der Bergung, dazu Bahnsen, S. 136. 4 Vgl. S. 321, 324 ff. 5 Für die Rangfolge ist weiter das vorne (S. 40) erwähnte pfandrechtsähnliche öffentlichrechtliche Vorrecht wegen der Beseitigung von Schiffahrtshindernissen aus § 30 Abs. 5 BWaStrG zu beachten (das gerade zum Rettungskostenpfandrecht in Konkurrenz stehen kann). Es ersetzt das vormals bestehende Pfandrecht in§ 25 StrandO (siehe§ 752a Abs. 1 S. 2 HGB a.F.) und geht wie dieses allen privaten Rechten vor. Zu Einzelheiten Friesecke, BWaStrG, § 30 Rn. 13 ff. 6 Priißmann/ Rabe Vor§ 740 Anm. I; Bahnsen S. 24 ff., umfassend KalthoffS. 1 ff. 7 Vgl. Kalthoff S. 13 ff. m. w. N. auf Regelungen dazu im mittelalterlichen Feudalrecht und in der "goldenen Bulle" v. 1356 (S. 16); noch das ALR (11 15 §§ 81, 87) kannte das Strandrecht, wenn auch nur an Schiffen fremder Nationen. s So im römischen Recht, siehe Kalthoff S. 1 ff.; zum Stadtrecht der Hansestädte ders. s. 24ff.
XVI. Rettungskostenpfandrecht
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wurde durch das ADHGB mit u.U. hohen Entgeltansprüchen (vgl. heute § 745 HGB, § 94 Abs. 4 BSchG) 10 versucht, Retter zum Einsatz für den Gefährdeten zu bewegen 11 . Seit Anfang des Jahrhunderts ist das deutsche Recht auf Basis eines internationalen Übereinkommens (sog. IÜS 12) überarbeitet worden, ohne daß die vorgenannten Prämissen des ADHGB geändert wurden, und entspricht so im wesentlichen dem internationalen Standard (hinsichtlich der Sicherungsrechte ist ein "Standard" allerdings nicht feststellbar, vgl. noch Teil C.). Das BSchG vollzog die Änderungen nicht mit und spiegelt insofern das Bild des ADHGB gut wieder13 (die wesentlichste Abweichung resultiert - wie bei der Haverei - aus der nicht nachvollzogenen Novelle des 1. SRÄG 1973). Die nächste Refonn steht allerdings wohl demnächst an 14• Mit der Vereinheitlichung des Rettungs- bzw. Strandungsrechtes im 19. Jahrhundert und der Konstituierung des besonderen Entgeltanspruchs begründete man auch das gesetzliche Pfandrecht. Die Grundidee eines Rettungslohnes stammt dabei schon aus Rhodos 15 und taucht im byzantinischen Recht, im Recht von Pisa und Venedig und im Recht der Hansestädte wieder auf16• Nicht eindeutig ist allerdings, ob dieser bereits gesichert war. Das preußische ALR (noch geprägt vom Gegeneinander des Strand- und des Rettungsrechtes) erwähnt gleichfalls einen Anspruch auf Rettungslohn (näher ausgestaltet in den Strandungsordnungen der Provinzen) 17, kennt aber keine entsprechende Absicherung (nicht einmal soweit 9 Einheitliches Reichsrecht StrandungsO von 1874, vgl. Prüßmann/Rabe Vor § 740 Anm. I B; aus Rostocker Sicht ist interessant, daß noch 1777 von Friedeich dem Großen das in Mecklenburger Kirchen offenbar übliche Gebet "für einen gesegneten Strand" verboten werden mußte, vgl. KalthoffS. 105 f.; Wüstendorfer SHR S. 410. IO Dazu Lau VersR 1988, 1089, 1090, der Löhne bis zu 35% des geretteten Wertes in der Rspr. ermittelt; Entgelte, die nach dem BGB nie zu erzielen wären (vgl. § 971 BGB, der nur auf den Sachwert, nicht auf die Leistung abstellt). II Zur geschichtlichen Entwicklung der Rettungslohnansprüche näher bei Fn. 15. 12 Internationales Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung von Regeln über die Hilfeleistung und Bergung in Seenot vom 23. September 1913; Vertragsstaat ist u. a. die Bundesrepublik; abgedr. bei Prüßmann/ Rabe Anhang I zu§ 753. 13 Vgl. Mittelstein Ehrenbergs Hdb. VII/I S. 380. 14 Als Nachfolger des IÜS wurde 1989 das IÜB (Internationales Übereinkommen von 1989 über Bergung) beschlossen (siehe Bahnsen S. 49 ff. mit Abdruck desselben). Der darauf basierende Referentenentwurf für das deutsche Recht ("3. SRÄG"), der Binnenschiffahrt und Seeschiffahrt reformieren soll, liegt vor (Stand 23. Februar 2000). Zu Einzelregelungen vgl. noch in der Folge. 15 So nachgewiesen im nachjustinianischen Rechtsbuch zum rhodiseben Recht, dazu Ashbumer S. 288; die These, daß das Prinzip deswegen erst im 6. Jh. entstanden ist, so Leveringhaus S. 3; Bahnsen Fn. 16, erscheint unwahrscheinlich, denn das Rechtsbuch ist als Niederschrift alten (rhodischen) Rechts anzusehen. Richtig ist aber, daß es in das eigentliche römische Recht nicht übernommen wurde, vgl. KalthoffS. 7; Ashbumer a. a. 0. 16 Siehe Ashbumer S. 289 ff.; zum Schiffsrecht der Hansestädte KalthoffS. 30, 32 f. 17 Vgl. einerseits ALR II 8 § 1577, II 15 § 85 (Rettungslohn) und andererseits II 15 §§ 80, 87 (Strandrecht).
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
wie beim Havereianspruch) 18• Die preußische KO von 1855, Vorläufer der meisten unserer gesetzlichen Verwertungsrechte und des Havereipfandrechts, sieht denn auch kein Konkursvorzugsrecht vor (vgl. § 33 KO). Der preußische Entwurf zum ADHGB von 1861 beabsichtigte nur die Schaffung eines reinen Zurückbehaltungsrechts für den Anspruch (Artt. 599 ff. preuß. Entwurf19). Der Wandel hin zum Pfandrecht erfolgte erst mit den Beratungen zum ADHGB (Artt. 742 ff., 753 ADHGB). Die Entwicklung des Pfandrechtes weist hier daher zwei zu differenzierende Komponenten auf. Erstens läßt sie sich im Zusanunenhang mit der Entwicklung vom Aneignungsrecht im Rahmen des Strandrechtes hin zum Entgeltanspruch des Rettenden sehen. Konnte der Bergende zuvor das in seinen Besitz Gelangte als sein Eigentum betrachten, ist der Weg dahin, das Gut nun als seine Sicherung des Rettungsentgeltes anzusehen, durchaus naheliegend. Begleitend tritt hinzu, daß das Pfandrecht auch bei reiner Hilfeleistung entsteht, um den Retter bereits zur Hilfe zu animieren, bevor der Bedrohte den Besitz verliert. Dieses Verwertungsrecht hat damit - im Sinne einer modifizierten "Aneignung" - insoweit einen anderen Ursprung als die zuvor untersuchten Rechte. Gewisse Grundparallelen sind gleichwohl ähnlich: Der Wertschaffungs- bzw. hier Wenerhaltungsaspekt ist offensichtlich, denn ohne das Eingreifen des Rettenden wäre die Sache auch für den ursprünglich Berechtigten verloren. Eine strukturelle Ähnlichkeit zu den schon untersuchten Rechten ergibt sich ferner dadurch, daß die Konstituierung auch im Interesse des durch das Pfandrecht Belasteten erfolgt (der natürlich erst durch die Rettung zum Schuldner wird, also anders als etwa bei § 559 BOB): Man verspricht dem Retter nicht nur kraft Gesetzes ein leistungsbezogenes Entgelt; man sorgt auch dafür, daß er - ohne Sorge um die Bonität des Schuldners - auf den Anspruch vertrauen kann, wenn er nur hinreichende Werte rettet. Damit sind zwei zusammenhängende, aber nicht deckungsgleiche Erwägungen zu erkennen: Einerseits billigt man dem Retter wegen seiner objektbezogenen Leistung ein Recht an diesem zu (Wertschaffungsaspekt), andererseits schafft man im Interesse des Hilfsbedürftigen einen Leistungsanreiz, um die Rettung für Dritte attraktiv zu machen (Aspekt "Schuldnerinteresse"). Eine weitere Komponente ist der Zusanunenhang des Rechtes mit der - heute nur noch im Binnenschiffahrtsrecht vorhandenen - dinglichen Beschränkung des Anspruchs. Konnte beim Havereipfandrecht dieser Zusanunenhang noch nicht definitiv verifiziert werden, ist er beim Rettungspfandrecht sehr deutlich. Nicht nur, daß die Schaffung absolut parallel verläuft; in den Protokollen zum ADHGB wird gerade die Notwendigkeit eines Pfandrechts mit der dort explizit geregelten Haftungsbeschränkung begründet20• Aber auch für das Recht der Bergung gilt natürlich, daß die von Internationalität geprägte Entwicklung dieses Modell überholt hat V gl. S. 328. Abgedruckt in ADHGB-Protokolle Band 8. zo So explizit in der 332. Sitzung (3. 5. 1859), siehe ProtokolleS. 2833 f. 18
19
XVI. Rettungskostenpfandrecht
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(freilich ohne das Pfandrecht zu beseitigen) bzw. für das BSchG zukünftig mit hoher Wahrscheinlichkeit überholen wird21 • 2. Gesicherte Forderungen
In Rettungsfallen im Seerecht ist beinahe regelmäßig zu klären, ob überhaupt auf das Pfandrecht deutschen Rechtes zurückgegriffen werden kann. Bei Rettungen auf deutschem Hoheitsgebiet (deutschen Küstengewässern) können auf Seiten des Retters, des zu Rettenden oder auf beiden Seiten Schiffe anderer Nationalitäten beteiligt sein; umgekehrt sind außerhalb deutschen Hoheitsgebietes Deutsche mitunter als Retter oder Opfer betroffen22 • Die Frage, wann deutsches Recht Anwendung findet, bereitet oft Probleme; für die folgenden Ausführungen wird dieses natürlich vorausgesetzt. Zum Lösungsansatz für die Anwendungsfrage hier nur in Kürze: Nach herrschender- in der Vergangenheit sehr umstrittener- Meinung23 bestimmt sich das anwendbare nationale Recht des gesetzlichen Pfandrechtes nach dem Statut der durch das Recht gesicherten Forderung (sog. lex causae) 24. Zumindest für das Schiffsgläubigerrecht hat die letzte !PR-Novelle 1999 dieses Prinzip explizit in das Gesetz aufgenommen (Art. 45 Abs. 2 Satz 1 EGBGB)25 • Auf eine kurze Formel gebracht läßt sich sagen, daß die deutschen Bestimmungen zum Rettungskostenpfandrecht am Schiff(§§ 726 Abs. 1, 754 ff. HGB) gelten, wenn auf den Rettungsvertrag bzw. das gesetzliche Rettungsschuldrecht deutsches Recht Anwendung findet26. Ob das für die Ladungsgläubigerrechte (§ 726 Abs. 2 HGB) ebenso gilt, ist dagegen nach wie vor unklar. Nach altem Recht galt: Das Recht, das für das Pfandrecht am Schiff festgestellt wurde, wird für die Ladung als maßgebend erachtet, sofern diese nicht vom Schiff getrennt wird, z. B. die Bergung des Gutes am Strand des Nachbarstaates erfolgt?7 Für bewegliche Sachen auf Reise ("res in transitu"), konnte der Reformgesetzgeber keine Einigung erzielen und hat die Frage offengelassen28 . Und auch der neue Art. 43 Abs. 1 EGBGB bietet gerade bei Vgl. die Absichtserklärung bei der Novelle 1998: BT-Drucks. XIII/ 8446 S. 17. Die Rettung des von Schweden gecharterten, italien. Eignern gehörenden Schiffes "Pallas" (Flagge: Bahamas) im Herbst 1998 fand in deutschen und dänischen Küstengewässern unter Beteiligung u. a. von Holländern statt. 23 OLG Hbg. v. 8. 6. 1989, TranspR 1989, 374 (dort ständige Rspr.); Prüßmann/ Rabe Vor § 754 Anm. U B 3c m. w. N.; a.A. Puttfarken Rn. 662 (ftir "Iex fori"); Mankowski, TranspR 1990, 213 ff. (Registerort des Schiffes); Schlegelherger I Liesecke § 754 Rn. I ; Schaps I Abraham Vor§ 754 Rn. 26 f. m. w. N. (urspr. h.M.: Flaggenstatut). 24 Das Forderungsstatut wiederum bestimmt sich nach einer ganzen Staffel von Kriterien (Artt. 27 f. EGBGB). 25 Zur Novelle SpickhoffNJW 1999, 2209, 2214. 26 Findet allerdings ausländisches Recht vor einem deutschen Gericht Anwendung, wird wenn dieses eine vergleichbare Sicherung gibt - unser Pfandrecht entsprechend angewendet, vgl. BGH v. 21. l. 1991 NJW-RR 1991, 1211 ff. 27 Vgl. Prüßmann I Rabe § 740 Anm. E 4; SeeSchG v. 27. 11. 1986 VersR 1989, 173, 174. 28 Siehe näher Herber TranspR 1999, 294. 21
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Sachen auf Schiffen keine eindeutigen Antworten29 . Vielleicht ist die alte Lösung nach wie vor doch die beste? Eine Vertiefung dieses !PR-Problems soll hier jedoch nicht erfolgen.
a) Anspruchsgrund: Gesetz oder Vertrag
aa) Sicherung des gesetzlichen Anspruchs Die §§ 740 ff. HGB, §§ 93 ff. BSchG regeln im Grundsatz ein gesetzliches Schuldverhältnis; das Pfandrecht sichert gerade den gesetzlichen (Entgelt-)Anspruch aus diesem Verhältnis. Die Notwendigkeit zur Regelung als gesetzliches Schuldverhältnis ergibt sich daraus, daß in der Notlage ein Vertragsschluß heute u.U. kaum möglich ist und insbesondere früher nicht möglich war. Geriet zu Zeiten des ADHGB ein Schiff in Schwierigkeiten, mußte zumeist ohne nähere Kontaktaufnahme (und damit ohne Vertragsverhandlungen) geholfen werden. Die Sachlage hat sich in heutiger Zeit geändert, denn die moderne Telekommunikation führt dazu, daß die Besatzung beinahe stets - telefonisch - Kontakt mit der Außenwelt und dem Reeder aufnehmen kann. Vertragsabschlüsse werden damit bei Rettungen immer leichter und häufiger30. Gleichwohl wird der hergebrachte Grundsatz, daß ein Rechtsgeschäft für die Ansprüche nicht Voraussetzung ist, weiter in den Bestimmungen deutlich (siehe bspw. §§ 743, 744 HGB, §§ 94, 95 Abs. 3 BSchG u. a.) und soll auch zukünftig beibehalten werden31 . Wesentlich ist für die Rettungsbestimmungen das Prinzip, daß nur bei Erfolg der Leistung überhaupt ein Entgelt geschuldet wird32 (§ 741 HGB; im BSchG ist dies nicht ausdrücklich fixiert, ergibt sich aber aus der dinglichen Beschränkung einerseits und einem Umkehrschluß aus § 93 Abs. 1 BSchG andererseits 33). Nicht erheblich ist dabei, wie bei einer Mehrheit von Beteiligten die Retter den Erfolg herbeiführen: Ein Zusammenwirken oder auch ein Nacheinander kausaler Rettungshandlungen genügt (vgl. auch §§ 744 Abs. 2 HGB, 95 BSchG)34 . Im Rahmen des gesetzlichen Verhältnisses gibt es ohne Erfolg keinen Anspruch und daher kein Pfandrecht.
29 Die ersten Stimmen zum neuen Recht wollen die Bestimmung auch auf transportierte Sachen anwenden: Palandt/ Heldrich Art. 43 Rn. 2; Herber TranspR 1999, 294. 30 Sehr anschaulich dazu der Bericht im "Stern" 46/98 S. 26 ff. zum Fall der erfolglosen Rettung der "Pallas"; zu praktischen Problemen durch solche Verhandlungen Puttfarken Rn. 729. 31 Insoweit zum IÜB 1989: Bahnsen S. 69. 32 Das neue Recht (dazu Fn. 14) wird das voraussichtlich ändern, vgl. § 744 Referentenentwurf 3. SRÄG nebst Begründung. 33 Ebenso Vortisch I Bemm § 93 Rn. ll. 34 Wüstendoifer SHR S. 417.
XVI. Rettungskostenpfandrecht
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Bei Erfolg bestimmt sich die Höhe des Anspruchs nach den §§ 744, 745 HGB, § 94 BSchG, die im wesentlichen leistungsbezogen, aber auch durch den Wetterhaltungsaspekt geprägt sind (§ 745 Abs. 2 HGB, § 94 Abs. 4 letzte Variante BSchG). Der Wert ist nach § 745 HGB nur an "zweiter Stelle" zu berücksichtigen, so daß ein System entsprechend § 971 BGB ausscheidet35 . Er bildet aber immer die Obergrenze (siehe§ 741 Abs. 2 HGB, im BSchG systembedingt) und ist- insoweit allerdings pfandrechtsirrelevant - Maßstab für den Ausgleich zwischen mehreren Gesamtschuldnern(§ 750 Abs. 2 HGB 36). bb) Sicherung des vertraglichen Anspruchs Ausgangspunkt ist nach dem gesetzlichen Modell der vertragslose Zustand, mit anderen Worten, die Sicherung des Anspruchs aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis. Trotzdem ist eindeutig, daß die Bestimmungen bei Vorliegen eines Vertrages ebenfalls anwendbar sind. Praktisch sind Verträge inzwischen beinahe die Regel; jedenfalls dann, wenn professionelle Rettungsspezialisten tätig werden37 . Ein häufig verwendetes, von Versicherem geprägtes Vertragswerk ist "Lloyds Standard Form of Salvage Agreement" (abgekürzt LOF) 38• Bei Bestehen eines Vertrages sichert das Pfandrecht die rechtsgeschäftliehen (Vergütungs-)Ansprüche. Das Pfandrecht besteht insofern unabhängig vom Rechtsgrund des Entgeltanspruchs39. Das Rettungskostenpfandrecht ist damit ein Beispiel dafür, daß der Geltungsgrund eines gesetzlichen Verwertungsrechtes unabhängig vom Rechtsgrund des Anspruchs sein kann. Zwei Aspekte sind im Rahmen des vertraglichen Anspruchs noch bemerkenswert. Zum einen gilt das Prinzip des "no eure, no pay" im Grundsatz ebenso für das Vertragsrecht40 • Zum anderen wird für das Binnenschiffahrtsrecht gemeinhin angenommen, daß auch ein Vertrag nichts daran ändert, daß keine persönliche Haf35 Allgemein wird der Abs. 2 nur als Verbot eines solchen Schemas verstanden, siehe Puttforken Rn. 740. 36 Das BSchG enthält keine entsprechende Bestimmung, gleichwohl i.d.S. Vortisch I Bemm § 97 Rn. 6; Mittelstein a. a. 0. 37 Zur heutigen Lage auch Puttforken Rn. 730. 38 Vgl. Prüßmann/ Rabe Vor§ 740 Anm. IV.A.; Bahnsen S. 69 f.; Altfassung abgedr. bei Schaps I Abraham Anh. II, aktuell LOF 1995. 39 Möglich ist auch ein Nebeneinander von vertraglichem und gesetzlichem Schuldverhältnis, wenn sowohl vertragliche als auch nicht-vertragliche Helfer an der Rettung mitwirken, wobei jeder einen selbständigen Anspruch auf Teile des Gesamtlohnes erhält, siehe Prüßmann/ Rabe § 744 Anm. C I u. 2.b. Dieses Nebeneinander kann zu Problemen führen (z. B. beim vertraglichen Fixlohn). 40 Allgemeine Auffassung: Prüßmann/Rabe § 741 Anm. A 2; Schaps/Abraham § 741 Rn. 7; in vielen Verträgen ist diese Frage ausdrücklich i.S. dieses Prinzips- bei LOF- oder eben gegenteilig geregelt.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
tung des ein Entgelt Versprechenden anzunehmen ist41 : § 100 Abs. 1 BSchG bestimmt diese historisch gewachsene Besonderheit des (heute nur noch binnenschiffahrtsrechtlichen) Rettungsrechtes sowohl für den gesetzlichen als auch für den vertraglichen Fall (der in den§§ 93 ff. BSchG gleichfalls mit geregelt ist, siehe § 94 Abs. 1 BSchG). Beide Aspekte stehen allerdings, da es sich um dispositive Normen handelt, unter dem Vorbehalt einer anderen Vertragsauslegung. Eine abweichende Regelung müssen die Parteien allerdings deutlich zum Ausdruck bringen (konkludent oder ausdrucklich); ansonsten gilt - wie überall im Vertragsrecht - das dispositive Gesetzesrecht Daß bei der Haftungsfrage, aber wohl auch hinsichtlich des geschuldeten Erfolges (zur pfandrechtliehen Sicherung desselben noch unten), außerhalb des Binnenschiffahrtsrechtes etwas anderes gelten würde, insbesondere ein vertragliches Schuldverhältnis für den Verpflichteten grundsätzlich eine persönliche Haftung begrundet, ändert daran nichts. Man wird zwar bei der Auslegung der Willenserklärungen ein solches Abweichen von "allgemeiner Zivilrechtsnormalität" berucksichtigen müssen. Da aber solche Verträge in der Regel nicht von Außenstehenden, sondern nur in Schiffahrtskreisen geschlossen werden, kann man prinzipiell deren Kenntnis dieser gesetzlichen Sonderlage annehmen und aus einem Schweigen auf ein Einverständnis mit der gesetzlichen Regelung für den Vertrag schließen. Dies ist insoweit nur Ausdruck allgemeiner Grundlagen dispositiven Schuldrechts: Wer eine abweichende Regelung wünscht, muß dies (dem Vertragspartner) deutlich machen. Zu klären bleibt die Frage der pfandrechtliehen Sicherung solcher gegenüber dem gesetzlichen Regelfall modifizierter Anspruche. Wenn die Bestimmungen einer Modifikation zugänglich sind, spricht viel dafür - zumindest bis zu einer noch zu definierenden Grenze-, nicht nur die den Berechnungsregeln des Gesetzes entsprechenden Vergütungen, sondern auch anders bemessene Rettungslohnanspruche als gesichert anzusehen. Verabreden die Parteien bspw. vor Rettungsbeginn eine Fixvergütung und schließen sie die Berechnung nach gesetzlichem Muster aus, ist regelmäßig auch dieser Anspruch gesichert. Nehmen sie im Bereich des BSchG in ihren Vertrag eine persönliche Haftung auf, spricht nichts dagegen, daß aus dem Pfandrecht als allein-dinglichem Anspruch ein echtes Sicherungsrecht für den persönlichen Anspruch wird. Die bestehende Parallele im Seerecht erleichtert hier die Argumentation. Schwieriger ist die Beurteilung bei Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Vergütung. Sicher ist das Pfandrecht nicht schon allein wegen einer solchen Abrede ausgeschlossen, so daß es jedenfalls im Erfolgsfall entsteht. Wie aber ist die Lage, wenn der "Retter" keinen Erfolg hat? Die § 752 HGB, § 97 BSchG konstituieren das Pfandrecht an den "geretteten Sachen". Ist die Rettung insgesamt erfolglos, 41 Vortisch I Bemm § 100 Rn. 4. Vor dem I. SRÄG war dies für das Seerecht entsprechend allgemeine Meinung, vgl. Schlegelberger I Liesecke § 753 Rn. 2. Mit der Streichung des § 753 HGB (der § 100 BSchG entsprach) hat sich dies für das Seerecht geändert. Auch für das BSchG steht dies wohl durch die sich anbahnende Novelle demnächst bevor (der Referentenentwurf, dazu Fn. 14, kennt keine entsprechende Bestimmung).
XVI. Rettungskostenpfandrecht
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Schiff und Ladung mit anderen Worten verloren, ist die Frage natürlich obsolet. Wird die Rettung aber (allein) durch Dritte oder den in Seenot Befindlichen selbst durchgeführt, zeigt sich das Problem und führt der Wortlaut zu keiner eindeutigen Antwort. Gleichwohl wird man insofern die Bestimmungen gedanklich um ein "mit seiner Hilfe geborgenen ..." ergänzen müssen42 • Die historische Entwicklung (vgl. vorne) und die Systematik(§ 741 HGB) sprechen dafür, stets nur den erfolgreichen Retter mit dem Pfandrecht abzusichern. Der Wertschaffungsaspekt, der zwar nicht absolut gilt, aber das Pfandrecht doch prägt, unterstützt diese Auffassung. Es läßt sich damit festhalten, daß zwar unstreitig per Rettungsvertrag erfolgsunabhängige Vergütungsansprüche geregelt werden können, daß diese ohne Erfolg aber nicht pfandrechtlich gesichert sind43 . b) Anspruchsinhalt: Entgelt, Aufwendungs- und Schadenersatz
aa) Grundsatz Die§§ 740 ff. HGB, §§ 93 ff. BSchG regeln im Grundsatz die- wie ausgeführt - erfolgsabhängigen Vergütungsansprüche des Rettenden. Wenn der Anspruch im Erfolgsfall gewährt wird, beinhaltet er den Ersatz von Kosten und Schäden sowie sonstiger Nachteile, wie sich aus der Bestimmung zur Lohnbemessung ergibt (§ 745 Abs. 1 HGB, § 94 Abs. 2 und 4 BSchG). Nicht im Lohn enthalten - dazu gibt es mit § 746 HGB, § 94 Abs. 3 BSchG Sondernormen - sind die Aufwendungen, die erst als weitere Folge der Rettung entstehen (sog. Rettungskosten). Nach dem Wortlaut der § 752 HGB, § 97 BSchG werden diese gleichfalls durch das Pfandrecht gesichert, denn diese sprechen von (Rettungs-)Kosten und nicht etwa nur vom (Rettungs-)Lohn44 • Dies deckt sich auch mit der Gesetzessystematik (am Beispiel des Seerechtes): §§ 740-745, 749, 751 HGB sind Bestimmungen (nur) zum Lohn, § 746 HGB zu den nicht im Lohn enthaltenen Nebenkosten, während die Haftungs- und Sicherungsbestimmungen der §§ 750, 752 ff. HGB für die gesamten Kosten gelten. bb) Sicherung von Ansprüchen im Erfolgsfall Stellt man insoweit fest, daß die§§ 740 ff. HGB Regelungen zu allen drei Bereichen (Entgelt, Aufwendungen und Schäden) enthalten, ist zu überlegen, ob diesen damit für den Fall der erfolgreichen Rettung eine abschließende Wirkung zu42 Ohne deswegen aber den Anspruch aus § 751 HGB (Rettung von Menschen) ungesichert zu lassen. 43 Diese Frage wurde - soweit ersichtlich - bisher nie problematisiert. 44 Zum Sonderfall der Sicherung der Vergütung nach Art. 14 IÜB Bahnsen S. 221.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
kommt. In Anbetracht der gemeinhin hohen Lohnansprüche besteht zumeist wenig Bedarf, auf andere Anspruchsgrundlagen zurückzugreifen. Mitunter werden solche aber ohnehin für ausgeschlossen gehalten45 . Die Frage kann Bedeutung erlangen, wenn die potentiell in Anspruchskonkurrenz stehenden Ansprüche u.U. einmal höher sind. Dies kann insbesondere beim Schadenersatzrecht vorkommen; so wenn die Besatzung des in Gefahr befindlichen Schiffes das zur Rettung eilende Schiff bei der Hilfeleistung erheblich beschädigt. Der einen Schaden abdeckende Rettungslohn ist auf den Wert des Rettungsobjektes begrenzt und kann so durchaus niedriger sein als ein Schaden am Schiff des Retters. Für einen abschließenden Charakter des Rettungsschuldrechts kann man anführen, daß § 745 HGB ein Schadensrisiko beim Retter gesehen und mit dem Entgelt für abgegolten erachtet hat. Daß deswegen aber jeder Schadensfall berücksichtigt sein soll, ist § 745 HGB nicht zu entnehmen: Näher liegt es anzunehmen, daß die Norm nur die Schiffsrettung als ein per se besonderes risikobehaftetes "Geschäft"46 berücksichtigt, bei dem ein Schadenseintritt beim Retter oft mehr oder weniger wahrscheinlich ist. Im Lohn ist insofern die Inkaufnahrne von Schäden mit zu berücksichtigen und so unverschuldet eingetretene Schäden durch den lukrativen Rettungslohn mit als abgegolten anzusehen. Deswegen aber verschuldete Schäden nicht über die ,jedermann"-Ansprüche des Deliktsrechts zu entschädigen, ist nicht einzusehen. Im Gegenteil: Der mit dem Rettungsrecht beabsichtigte Anreiz würde durch eine solche Privilegierung des Hilfsbedürftigen eher unterlaufen werden. Der potentielle Retter trägt ohnehin das Risiko, daß seine Schäden manchmal nicht liquidierbar sind; ihn auch noch rechtlich schlechter zu stellen, kann seiner Bereitschaft zu retten nur zuwiderlaufen. Es liegt daher näher, bei schuldhafter Schädigung zu Lasten des Retters eine Anspruchskonkurrenz des Rettungsrechtes mit deliktischen Ansprüchen anzunehmen. Klar ist dann allerdings, daß man einen nach Deliktsrecht zu ersetzenden Schaden nicht zusätzlich für die Entgeltbestimmung nach § 745 HGB berücksichtigen darf. Eine pfandrechtliche Sicherung der deliktischen Ansprüche wird man hingegen ablehnen müssen. Weder der Wortlaut der Entstehungstatbestände, die schon sprachlich auf die speziellen Rettungsansprüche ("Rettungslohn und -kosten") zugeschnitten sind, noch die rechtfertigenden Erwägungen der Pfandrechte bieten für eine Sicherung derselben einen Anhaltspunkt. Die deliktischen Ansprüche stehen außerdem nicht im systematischen Kontext des Rettungsrechtes, was gleichfalls als Argument gegen deren Sicherung durch das rettungsspezifische Pfandrecht anzusehen ist.
45 So wohl Puttfarken Rn. 742; ähnlich Prüßmann/ Rabe§ 744 Anm. B 6; anders Schaps/ Abraham § 745 Rn. 27 (für weitergehende Ansprüche bei Verschulden); offengelassen von RGZ 70, 274, 278 v. 10. 2. 1909 (da ein Vertrag vorlag). 46 Vgl. zum Gedanken der Risikoprämie auch Wüstendorfer SHR S. 417.
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cc) Sicherung von Ansprüchen ohne Erfolg Zuletzt sei noch ein Blick auf den erfolglosen Retter geworfen. Sicher ist, daß ohne Erfolg kein Rettungslohn zu zahlen ist, wenn nicht etwas anderes verabredet wurde. Und auch für die Erstattung sonstiger Rettungskosten wird man konsequenterweise schon auf der Ebene der Anspruchsentstehung sagen müssen, daß im Bereich des gesetzlichen Schuldverhältnisses nur der eigene, für die Rettung kausale Beitrag zu beachten ist. Mit anderen Worten: Ohne eigenen Erfolg sind die Ansprüche aus §§ 740 ff. HGB oder §§ 93 ff. BSchG (vgl. §§ 93 Abs. 1, 97 Abs. 1 BSchG) nicht denkbar. Vertreten wird zwar, daß ohne Erfolg zumindest Ansprüche nach allgemeinen BGB-Regeln- wie z. B. einer Geschäftsführung ohne Auftrag- hergeleitet werden können47 . Bereits dieser Ansatz ist aber zweifelhaft: Zumindest für die gesetzlichen Ansprüche des BGB spricht das problematische Nebeneinander von Ansprüchen aus Rettungsrecht einerseits (zugunsten des Erfolgreichen) und anderen Ansprüchen des erfolglosen Retters (aus Geschäftsführung ohne Auftrag) eindeutig gegen diese Annahme. Nicht nur, daß so die Wertobergrenze des § 741 Abs. 2 HGB durchbrochen zu werden droht, die doch obere Belastungsgrenze für die Eigentümer sein soll. Vor allem führt die Rechtsprechung zur Geschäftsführung ohne Auftrag für gewerbliche Helfer u.U. zum Entgeltanspruch48 , der mit § 741 HGB für den erfolglosen Helfer gerade vermieden werden soll. Für diesen ist eine Anwendung konkurrierender allgemeiner Bestimmungen, insbesondere der Geschäftsführung ohne Auftrag, daher abzulehnen. Bei Mißerfolg ist somit allenfalls ein Rückgriff auf vertragliche Regelungen möglich. Anders wird man die Frage beurteilen müssen, wenn der Retter per Vertrag herbeigerufen wird. In dem Fall wird er jedenfalls dann einen Anspruch erlangen, wenn sein Erfolg vom Vertragspartner vereitelt wird. Es kommt vor, daß der zu Rettende, obwohl nicht akut bedroht, nicht auf den Partner wartet, sondern sich von einem anderen herbeigeeilten Bergungsunternehmer "an die Leine nehmen" und retten läßt. Der Herbeigerufene sieht den Partner dann nur noch entschwinden. In diesen Fällen greifen - ob "no eure, no pay" oder nicht - entweder § 649 BGB49 oder - wenn das Verhalten des zu Rettenden nicht zur Annahme einer Kündigung genügt- §§ 324, 275 (neu: § 326 Abs. 2) BGB ein5°.
47 Vortisch I Bemm § 93 Rn. 25; dagegen Puttfarken Rn. 738; unklar Wüstendorfe r SHR S. 412 f. 48 Vgl. BGHZ 65, 384, 390 v. 2. 4. 1968 (Bergung von Lukendeckeln); Medicus BR Rn. 430 m. w. N. 49 So LG Hbg. v. 8. 5. 1906 HansGZ 1907, S. 77 ff., v. 22. 10. 1910 HansGZ 1910 S. 292, 294 ff.; Prüßmann/ Rabe § 742 Anm. A 3; zum Rettungsvertrag als Werkvertrag ders. Vor § 740 Anm. IV.A. so Die Gegenleistung ist nach der Abrede und ggf. über § 745 HGB zu bestimmen und reduziert sich entsprechend bei geringem Aufwand und Risiko.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Allerdings sind diese "Ansprüche ohne Erfolg" nicht von den gesetzlichen Pfandrechten gesichert. Zwar könnte man die Ansprüche aus §§ 324, 649 BGB eher unter den Begriff des Rettungslohnes subsumieren als z. B. deliktische Schadenersatzansprüche, denn sie sind in gewisser Hinsicht "Ersatz" zum eigentlich werkerfolgsabhängigen Entgelt. Trotzdem wird man eine Sicherung wie für das erfolgsunabhängige Entgelt [vgl. oben b)] ablehnen müssen, denn die Abhängigkeit des Pfandrechtes vom Erfolg ist historisch, systematisch und auch vom Wortlaut der Bestimmungen vorgegeben. Die enge Verbindung der Pfandbestimmungen zu den gesetzlichen Regelungen mit dem Hinweis auf das dispositive Recht zu durchbrechen, kann nicht überzeugen. Als Zwischenergebnis läßt sich formulieren: Es hängt zwar nicht notwendig jeder Anspruch des Retters (in diesem Sinne auch des erfolglosen), sehr wohl aber die pfandrechtliche Absicherung der Ansprüche davon ab, daß der Anspruchsinhaber eine Ursache gesetzt hat, die zur Rettung führte. Diese Prämisse gilt unabhängig vom Ursprung des Pfandrechts aus Vertrag oder gesetzlichem Schuldverhältnis. Wünscht der Retter eine weitergehende Sicherung, bleibt ihm allenfalls die Möglichkeit eines vertraglichen (AGB-)Pfandrechtes. Aber auch dieses wird ihm nur dann nützen, wenn er das Objekt in seinen Besitz bekommt [zur besitzrechtlichen Situation noch unter 3.c)].
c) Sachlicher Anwendungsbereich: Retter und Rettungsobjekt
Anders als die zuvor behandelten Fragen gehört das Problem des sachlichen Anwendungsbereichs der Rettungsbestimmungen zu einer häufig diskutierten Materie. Wer ist im Sinne der Rettungsbestimmungen tauglicher Retter und damit potentieller Anspruchsinhaber, und wer muß auf Seiten des zu Rettenden stehen, damit die§§ 740 ff. HGB, §§ 93 ff. BSchG Anwendung finden? aa) Der Retter Als erstes stellt sich die Frage, wer tauglicher Anspruchsinhaber der (insb. gesetzlichen) Ansprüche auf Rettungslohn sein kann. Betrachtet man den Wortlaut der Bestimmungen, versteht man kaum die Frage: Eine Einschränkung des Kreises der Retter ist weder aus den seerechtliehen noch aus den binnenschiffahrtsrechtlichen Bestimmungen zu ersehen51 .
51 Ein anderes Problem regelt § 740 S. 2 HGB: Bei Rettung eines Binnenschiffes durch ein "dem HGB unterliegendes Schiff' ist Seerecht (§§ 740 ff. HGB statt §§ 93 ff. BSchG), d. h. die Stellung des Retters, maßgebend. In diesem Fall ergibt sich eine persönliche Haftung der an sich dem BSchG Unterliegenden.
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Während im Bereich des BSchG das Problem einer Eingrenzung des Kreises tauglicher Retter nie aufgetreten ist52, bedurfte es im Seerecht immerhin einer viel beachteten und ausführlich begründeten Entscheidung des BGH (nach zwei abweichenden Vorinstanzen), um festzustellen, daß der Kreis der Retter im Grundsatz nicht beschränkt ist53• Art. 7 EGHGB steht danach einer Anwendung der§§ 740 ff. HGB auf Nichterwerbsschiffe nicht entgegen. Dieser erweitert zwar - anders als für andere Seehandelsbestimmungen - die Anwendbarkeit der §§ 740 ff. HGB ("als Seehandelsbestimmungen des 5. Buches des HGB") nicht auf sonstige Schiffe. Er ist aber nicht als abschließend anzusehen, sondern regelt nur Zweifelsfälle (Haftungsfragen). Natürlich war für den Gesetzgeber des ADHGB das Handelsbzw. Erwerbsschiff der Ausgangspunkt der Überlegung. Selbstverständlich erfolgt eine Rettung vielfach von Schiff zu Schiff. Aber gerade das historische Zusammenspiel mit dem Strandrecht zeigt durchaus auch andere Normadressaten als Retter. Es ist nur sachgerecht, die Rettungsvorschriften immer anzuwenden, wenn ein Schiff in Not ist (zum Rettungsobjekt siehe sogleich)54 und damit jedermann (als Retter) den pfandrechtlich gesicherten Anspruch zuzusprechen55 (vorbehaltlich der gesetzlichen Ausschlüsse in§§ 742, 748 HGB). Daß in§ 740 S. 2 HGB ausnahmsweise der Retter als Anknüpfungspunkt maßgeblich ist (siehe Fn. 51), führt dabei nicht zur Einschränkung (auf Erwerbsschiffe als Retter), sondern zur Erweiterung des Anwendungsbereiches der §§ 740 ff. HGB.
bb) Rettungsobjekt Eine zunehmend stärker vertretene Auffassung56 nimmt weiter an, daß auch auf Seiten des Objektes kein Erwerbsschiff, sondern nur irgendein Schiff beteiligt sein muß57 . Man widerspricht damit der früher ganz herrschenden Meinung58 . Sie kann sich dabei auf die oben angeführte BGH-Entscheidung stützen. Der BGH mußte zwar nicht über ein Nichterwerbsschiff als Rettungsobjekt entscheiden, hat aber in 52 Das Hauptargument (Art. 7 EGHGB, s.u.) greift im BSchG nicht (vgl. § 1 BSchG), s.a. Kastenbauer VersR 1980, 305, 307. 53 BGHZ 69, 197 ff. v. 4. 7. 1977. Die Entscheidung betraf den Lohnanspruch eines Nichterwerbsschiffes (Kriegsschiffes), so schon vorher die ganz h.M.: Wüstendoifer SHR S. 410; Schaps/ Abraham§ 740, Rn. 24. 54 Anders als bei Haverei (siehe S. 324) bedarf es nicht des Zusammenhanges Schiff-Ladung. 55 Nunmehr allgemeine Auff.: Prüßmann/ Rabe § 740 Anm. § 740 B 1; Puttfarken Rn. 731; Kastenbauer VersR 1980, 305, 306; für Rettung vom Land aus OLG Harnm v. 4. 5. 1984 VersR 1985, S. 660 f. 56 Vgl. Nachweise in Fn. 55; weiterhin Bahnsen S. 83, Fn. 184. 57 Zum Begriff "Schiff" vgl. Prüßmann/ Rabe Einf. I.A; Palandt/ Bassenge § 929a Rn. 1; BGH v. 14. 12. 1951 NJW 1952, 1135 ff. 58 RGZ 47, 191, 193 v. 19. I. 1901; Wüstendoifer SHR S. 410; Schaps/Abraham § 740 Rn. 17; Schlegelberger/Liesecke § 740 Anm. I.
23 Bechtloff
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
der Begründung dies eindeutig ausgeführt (in Zusammenhang mit dem Vorwurf der Ungleichbehandlung)59• Die Tatsache, daß das HGB damit u.U. den Anwendungsbereich des "Handelsrechts" verläßt, ist dann unbedenklich, wenn das 5. Buch des HGB gerade Bereiche regelt, die tatsächlich nicht Handelsrecht, sondern sachlich allgemeines Schiffahrtsrecht sind (das ist vielfach und auch bei den §§ 740 ff. HGB der Fall). Wenn man aber annimmt, daß §§ 740 ff. allgemein anwendbare Grundsätze enthalten und die Anwendung nicht durch Art. 7 EGBGB ausgeschlossen ist, können die Normen auch dann eingreifen, wenn ein Schwimmer eine Motoryacht birgt60 (für das BSchG ist dies ohnehin selbstverständlich, siehe § 1 BSchG). Steht diese Auslegung mit dem Wortlaut der Bestimmungen noch im Einklang, wird es schwieriger, wenn über Schiffe hinaus "sonstige Objekte" in Seenot gleichfalls in den Anwendungsbereich der Bestimmungen einbezogen werden. Sicher kann es sich dann nur noch um eine analoge Anwendung der Vorschriften handeln. Es macht dann im Grundsatz keinen Unterschied, ob es sich dabei um eine Mittelschiffsektion (einem Teil eines zukünftigen Schiffes)61 , um ein Flugzeug62 oder um ein sonstiges Objekt63 handelt. Tatbestandlieh notwendig ist aber immer zusätzlich eine Schiffsgefahr oder Seenot64 (will man keine doppelte Analogie begründen). Die neue Tendenz im IÜB von 1989 und dem Entwurf für das neue deutsche Recht65 bricht die Objektbegrenzung grundlegend auf. Art. 1 IÜB und der § 740 Referentenentwurf-HGB knüpfen nicht mehr nur an ein Schiff als Rettungsobjekt an, sondern erfassen jeden Vermögensgegenstand. Außerdem knüpft Art. I nicht an die See, sondern an jegliches Gewässer als Rettungsgebiet an66. Es ist so eine Entwicklung zum universalen Wasserrettungsrecht erkennbar.
Vgl. BGH a. a. 0. (Fn. 53) S. 202. So zutr. OLG Hamm v. 4. 5. 1984 a. a. 0. (Fn. 55). 61 OLG Bremen v. 1. 11. 1973, VersR 1975 S. 759,760 f. 62 Für Anwendbarkeit in diesem Fall Puttfarken Rn. 731; anders Schaps/ Abraham Vor § 740 Rn. 6; Bahnsen S. 80, Fn. 161. 63 Zum schwimmenden Gaszylinder vgl. den Nachweis bei Schaps/ Abraham§ 740 Rn. 17 (aus dem eng!. Recht). 64 Diese ist kaum denkbar bei "nur" über Bord gegangener Ladung (Containern); vgl. BGHZ 65 (Fn. 48); BGHZ 96, 332 ff. v. 9. 12. 1985, die allein GoA anwenden; modifizierend BGH v. 10. 4. 1969 NJW 1969, 1205 ff. (Veljährung nach§ 117 BSchG). 65 Siehe schon Fn. 14. 66 Im einzelnen (zum IÜB) Bahnsen S. 77 ff., 108 ff. mit Kritik und Anregung für eine sinnvolle Umsetzung. 59
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XVI. Rettungskostenpfandrecht
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3. Sicherungsobjekt a) Grundsatz
Objekt des Schiffsgläubigerrechts ist das Schiff, Objekt des Ladungsgläubigerrechts sind alle an Bord des Schiffes befindlichen Sachen, insoweit anders als beim Havereipfandrecht nicht etwa nur die Ladung. Begrenzungen ergeben sich nur aus den allgemeinen Beschränkungen, so daß per se nicht verwertbare Sachen - wie überall so auch hier - keinem Verwertungsrecht unterliegen. Das bedeutet jedoch nicht, daß diese Sachen deswegen (vom Kapitän) ausgeliefert werden dürfen, denn als ein Weniger besteht - so ein allgemeiner Grundsatz - zumindest die Zurückbehaltungsbefugnis gemäß §§ 752 Abs. 3, 753 HGB (ebenso bei Postsendungen67 , wenn diese - wie Briefpost - unverwertbar sind). Als allgemeines Prinzip ist auch der Vorbehalt anzusehen, den der BGH in seiner schon mehrmals zitierten Entscheidung vom 4. 7. 197768 gemacht hat: Staats- und insbesondere Kriegsschiffe begründen als Rettungsobjekt zwar den Anspruch, sind aber nicht Objekt des Pfandrechts (oder Zurückbehaltungsrechts). Dieser Ausschluß gilt für alle gesetzlichen Verwertungsrechte und findet seine Rechtfertigung (und seine Grenze) in der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben. Soweit diese den Eingriff nach ihrer Notwendigkeit und ihrem Zweck verbieten, ist das Sicherungsrecht ausgeschlossen, gleichgültig, ob es sich um ein Werkunternehmer- oder ein Rettungskostenpfandeecht handelt. b) Eigentümerdes Sicherungsobjektes
Im Rahmen des BSchG ist Anspruchsgegner des gesetzlichen Schuldverhältnisses stets der Eigentümer der jeweiligen pfandbelasteten Sache. Dies folgt - wie schon beim Havereipfandrecht- aus der Natur des rein dinglichen Anspruchs. Im Seerecht stellt sich dagegen die Frage, ob eine personelle Trennung des persönlichen Anspruchs und der pfandrechtliehen Belastung denkbar ist. Da gemäß § 750 HGB persönlicher Schuldner (des Rettungslohnes im gesetzlichen Schuldverhältnis) stets der Eigentümer des Gutes ist, ist der Pfandrechtsschuldner immer der persönlich Verpflichtete. Erst nach der Pfandrechtsentstehung kann es daher zu einem Auseinanderfallen kommen. Eine Sondersituation ergibt sich allenfalls bei Vorliegen eines Vertrages. Durch diesen kann - entgegen § 750 HGB - ebenso jeder Dritte allein oder neben den Eigentümern Anspruchsgegner werden. Für diesen Fall bleibt es natürlich dabei, daß Pfandschuldner der Eigentümer ist und die persönliche Schuld davon abweichend nur oder auch gegenüber Dritten bestehen kann. 67 Die Pfandrechtsentstehung an Postsendungen ist str., dafür Schaps I Abraham § 752 Rn. 3; RGZ 82,417, 419 v. 18. 6. 1913 (diff., aber im obiter dieturn bei Besitz pro§ 752); a.A. Schlegelberger!Liesecke § 751 Rn. 1. 68 BGH a. a. 0. (Fn. 53) S. 202 f.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
c) Besitz aa) Publizität Konnte beim Havereipfandrecht noch mit Recht und im Interesse eines Verkehrsschutzesüber Besitzanhindung und Publizität diskutiert werden69 , besteht für das Rettungspfandrecht nach eindeutiger gesetzlicher Lage weder Besitz- noch Raumbindung. Im Ausgangspunkt ähnelt die Situation zwar der beim Havereipfandrecht, denn § 753 HGB bestimmt wie § 731 HGB eine Zurückbehaltungspflicht des Kapitäns. Solange die Pfandobjekte (vom Schiff sei hier einmal abgesehen, dazu in XVII. Schiffsgläubigerrechten) noch auf dem Schiff- oder sogar im Besitz des Retters (dazu § 752 Abs. 3 HGB, siehe sogleich)- sind, ist jedenfalls eine Raumbindung sichergestellt, kann auch der Verkehr sich im gewissen Rahmen auf das Bestehen eines Pfandrechtes einstellen. Die Formulierung des § 752a Abs. 4 S. 2 HGB ergibt jedoch weiter, daß auch die Auslieferung das Pfandrecht nicht erlöschen läßt, sondern das Pfandrecht fortbesteht. Anders ist es nicht erklärlich, daß die klagweise Geltendmachung des Pfandrechtes speziell für die Güter, "die noch nicht ausgeliefert sind", geregelt wird. Der Umkehrschluß, nach dem das Pfandrecht auch nach Auslieferung besteht, erscheint mir zwingend. Hinzu kommt, daߧ 752 Abs. 3 HGB (und wiederum anders als beim Havereipfandrecht) nur für einen Teilbereich ein Zurückbehaltungsrecht vorsieht. Das deutet gleichfalls darauf hin, daß hier nicht an eine Besitzmitdung durch den Kapitän, sondern eben an ein publizitätsloses Recht gedacht war70• Aus Sicht des Verkehrsschutzes ist diese Konstruktion bedenklich, denn auch hier gilt, daß nach Verlassen des Schiffes (und Hafens) der reine Landverkehr mit diesem publizitätslosen Pfandrecht konfrontiert und damit gefährdet wird. Daß dies praktisch kein Problem ist, liegt in der geringen Bedeutung des Rettungskostenpfandrechts. Es ändert aber nichts daran, daß dies de lege ferenda geändert werden sollte. Letztlich wäre die Verschlechterung der Lage für den Retter dadurch gering, denn zum einen bedeutet eine Auslieferung dann stets, daß ein weiterer Schuldner haftet (siehe § 753 HGB), zum anderen bleibt das Pfandrecht am Schiff immer erhalten71 . bb) Zurückbehaltungsbefugnis § 752 Abs. 3 HGB und § 97 Abs. 2 BSchG regeln explizit - für einen Teilbereich der gesicherten Ansprüche - ein besonderes Zurückbehaltungsrecht. Der Grund für die Anordnung einer solchen Befugnis neben dem Pfandrecht, die bei besitzgebundenen Pfandrechten überflüssig wäre, liegt gerade in der möglichen 69 70 71
Vgl. dort S. 334 ff. Im BSchG tritt neben den entsprechenden§ 97 Abs. 2 S. 1 noch§ 98 BSchG. Zur Sondersituation des - publizitätslosen - Schiffsgläubigerrechts noch unter XVII.
XVI. Rettungskostenpfandrecht
357
Besitzlosigkeit des Verwertungsrechtes. Die in diesen Bestimmungen vorgenommene sicherungsrechtliche Differenzierung danach, ob eine Bergung oder eine Hilfeleistung vorliegt ("geborgenen Sachen"), ist konsequente Folge des besitzrechtlichen Statuts des Retters: Bei der Bergung, bei der ausweislich der Legaldefinition des § 740 HGB der Retter das Gut in Besitz nimmt, ist ein Zuriickbehaltungsrecht denkmöglich (ohne daß deswegen ein besitzgebundenes Pfandrecht vorliegt). Bei der (bloßen) Hilfeleistung, wo dem Retter der unmittelbare Besitz fehlt und eben auch keiner vermittelt wird, scheidet das Zuriickbehaltungsrecht aus. Es muß überraschen, wenn teilweise diese Abgrenzung zwischen Bergung (Rettung mit Besitzerwerb) und Hilfeleistung (Rettungsmaßnahme ohne Besitzerwerb) so nicht gesehen wird. Insbesondere Rabe vertritt anscheinend, daß für die Bergung ein Verfügungsverlust entscheidend sei, der aber ohne Besitzverlust möglich sein soll, weil es auch Bergungen ohne Besitzverlust gebe (Bsp. erkrankte Besatzung)72. Dem kann jedoch - wenn er das tatsächlich so meint- nicht gefolgt werden, denn es gibt keinen Verfügungsverlust ohne Besitzverlust Vielmehr ist eine stete Parallelität dieser Begriffe anzunehmen. Der Begriff des Besitzes im BGB stellt gerade auf die tatsächliche Herrschaft ab, und diese fehlt bei einem Verfügungsverlust in Seenot. Handelt es sich allein um "voriibergehende Verhinderung", für die im allgemeinen Zivilrecht ein Besitzverlust verneint werden würde, ist auch kein Verfügungsverlust im Sinne des Rettungsrechtes anzunehmen. Die Differenzierung zwischen Bergung und Hilfeleistung spielt gerade nur für das Zuriickbehaltungsrecht eine Rolle. Da ein solches ohne Besitz nicht denkbar ist, macht allein die Unterscheidung danach einen Sinn. Betont wird weiter, daß die Besitzerlangung durch den Retter allein nicht genügt73, um eine "Bergung" und damit das Zuriickbehaltungsrecht aus§ 752 Abs. 3 HGB anzunehmen. Bergung setze begrifflich - man stützt sich auf § 740 HGB immer einen vor der Besitzergreifung liegenden Verfügungsverlust des Opfers voraus. Insbesondere bei einer schlichten Umladung (d. h. einer Besitzübergabe) liege daher keine Bergung - sondern nur eine Hilfeleistung - vor. Es bedarf somit für eine Bergung und für § 752 Abs. 3 HGB neben einem Besitzerwerb durch den Rettenden kumulativ des vorherigen Verlusts durch den Bedrohten. Die Ähnlichkeit der Bergung zum Fundrecht(§§ 965 ff. BGB) ist deutlich74. Tatsächliche Relevanz hat dieses zusätzliche Merkmal allerdings kaum, sofern die Besitzergreifung rechtmäßig war (also insbesondere bei einer Übergabe). Es mag dann zwar keine Bergung und kein Recht aus § 752 Abs. 3 HGB vorliegen, gleichwohl besteht ein Zuriickbehaltungsrecht zumindest nach § 273 BGB, das dann das Pfandrecht ergänzt. Die Voraussetzung der Konnexität in § 273 BGB ("einheitlicher Lebenssachvern Prüßmann I Rabe § 740 Anm. C 1, 2; Schaps I Abraham § 740 Rn. 29; wie hier aber RGZ 57, 23, 25 f. v. 10. 2. 1904; ebenso wohl Schlegelberger/ Liesecke § 740 Rn. 4; Vortisch I Bemm § 93 Rn. 13. 73 So Prüßmann I Rabe § 740 Anm. C 2. 74 Ebenso Vortisch I Bemm § 93 Rn. 13.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
halt") ist stets erfüllt. Eine Verdrängung des § 273 BGB durch § 752 Abs. 3 HGB ist nicht anzunehmen, da die Gesetzesverfasser offensichtlich nur bei der Bergung an die Besitzerlangung und an Fälle rettungsbegleitender Verwahrung gerade nicht gedacht haben. Sinnvoller wäre es, entweder § 752 Abs. 3 HGB gleich erweiternd zu formulieren oder - entsprechend neuerer Tendenz - die Differenzierung Bergung/Hilfeleistung aufzugeben, § 752 Abs. 3 HGB zu streichen und gänzlich auf allgemeine Grundlagen zurückzugreifen. cc) Sonderform der Durchsetzung Konsequenzen hat die teilweise vollständige Besitzlosigkeit auch für den Inhalt des Pfandrechtes, denn anders als das Havereipfandrecht kann die Durchsetzung nur nach den für die Zwangsvollstreckung geltenden Vorschriften erfolgen (§§ 752a Abs. 4 S. 1 HGB). Dies gilt selbst dann, wenn der Retter (als Bergender oder durch Übergabe) Besitz erlangt hat. Anders ist die Lage nach dem BSchG, dem eine vergleichbare Norm fehlt. In der Konsequenz bedeutet das durch den Verweis in § 1257 BGB, daß bei Besitz (des Bergenden) an der Ladung auch ein Pfandverkauf nach BGB möglich ise5 • 4. Praktische Bedeutung
Auch wenn man den betrachteten Zeitraum weit in die Vergangenheit - das gesamte Jahrhundert umfassend- zurückverlegt, findet man keine Rechtsprechung zum Rettungskostenpfandrecht; und dies, obwohl die Durchsetzung des Pfandrechts im Rahmen der § 752 HGB, § 97 BSchG sogar stets einer Klage bedarf. Insbesondere hinsichtlich der Rechte an der Ladung kommt es anscheinend - und die praktischen, wenn auch nicht repräsentativen Erfahrungen bestätigen dies nie zur Geltendmachung des Pfandrechts. Bei den Schiffsgläubigerrechten mögen die Rettungskosten eine gewisse Rolle spielen. Dies läßt sich jedoch nicht überprüfen, da in den veröffentlichten Fällen die Grundlagen des Schiffsgläubigerrechts nicht immer publiziert werden. In der Literatur wird dem Pfandrecht kaum mehr Aufmerksamkeit zuteil. Man beschränkt sich in Kommentaren, Monographien und Lehrbüchern im Grunde allerorts auf ein Skizzieren der rechtlichen Ausgestaltung. Die Ursache dafür liegt weniger darin, daß es keinen Streit im Zuge von Rettungen gibt. Auch insofern ist zwar nicht viel Rechtsprechung veröffentlicht (man beachte die Nachweise in den vorhergehenden Fußnoten). Der Grund dafür ist, daß ein Großteil der Streitigkeiten durch Schiedsahreden nicht vor die ordentlichen Ge75 Vortisch I Bemm § 97 Rn. 9; mißverständlich aber in Rn. 10 (Verweis auf § 103 BSchG, der nur für das Schiffsgläubigerrecht gilt).
XVI. Rettungskostenpfandrecht
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richte, sondern statt dessen vor das Deutsche Seeschiedsgericht in Harnburg76 oder vor ausländische, insbesondere Londoner Schiedsgerichte gelangt77 . Der Grund für das Fehlen jeglicher Entscheidung zum Pfandrecht an der Ladung ist das geringe Sicherungsbedürfnis (insbesondere im Seerecht), das zumindest zwei Ursachen hat. Da jede gerettete Sache für die gesamten Kosten haftet, hält sich der Gläubiger im Zweifel zunächst an das Schiff. Dieses ist zumeist gleichfalls gerettet, reicht zur Befriedigung regelmäßig aus, ist leicht zu finden (auch nach Reiseende) und ist der einfachste Angriffspunkt des Retters78 . Zum zweiten ist der Rettungsfall für den Reeder zumeist versichert, den Rettungslohn trägt dann die Versicherung79, bei der fast kein Ausfallrisiko besteht. Zur Anspruchsdurchsetzung bei verweigerter Zahlung sind die Ladungsgläubigerrechte durch die erschwerte Geltendmachung schlecht geeignet und ist der Schiffsarrest dann ohnehin das bessere Mittel. Man kann insoweit meines Erachtens gut vertreten, daß das Pfandrecht de lege ferenda gestrichen werden könnte. Das IÜB 1989 sieht - entsprechend der fehlenden internationalen Einheitlichkeit hinsichtlich von Sicherungsrechten an der Ladung80- nur das Schiffsgläubigerrecht vor (Art. 20 IÜB). Bei einer Umsetzung könnte man im Rettungsrecht von einem Pfandrecht an der Ladung - nicht aber vom Lohnanspruch gegenüber den Eigentümern! - absehen81 .
5. Vergleichsfälle
Potentielle seerechtliche Vergleichsfälle wurden schon im Rahmen der Diskussion zum Rettungsobjekt (siehe S. 353 f.) angesprochen. Je weiter man die Ausdehnung der Rettungsvorschriften auf weitere (Nichterwerbs-)Schiffe, auf sonstige Beförderungsmittel auf See und weitere schwimmende Objekte ausdehnt, um so geringer ist die Bandbreite möglicher nicht gesicherter Vergleichsfälle: Letztlich besteht kaum ein Unterschied, welches mit Menschen besetzte Objekt in Seenot ist (Schiff, Floß, Flugzeug oder Bohrinsel). Die Anwendung des Sonderrechts der §§ 740 ff. HGB erscheint entweder stets oder eben nie gerechtfertigt. Und nicht 76 Puttfarken Rn. 739: das SeeSchG als "fast reines Bergelohn-Schiedsgericht"; s.a. Lau a. a. 0. (Fn. 10) S. 1090: 29 Bergungsentscheidungen des SeeSchG von 1973-1987, die teilweise veröffentlicht sind, vgl. z. B. Fn. 27. 77 Vgl. Prüßmann/ Rabe Vor§ 740 Anm. IV,§ 744 Anm. A 3; Schaps/Abraham Vor§ 740 Rn. 7; allgemein zu dieser Tendenz Basedow JZ 1999, 9, 13. 78 Für die Ermittlung des Reeders genügt ein Blick in "Lloyds Register of Ships". Mit ihm wird bei der Rettung verhandelt; Zusammensetzung und Eigentümer der Ladung sind dagegen häufig unbekannt. 79 Siehe Puttfarken Rn. 727; vgl. weiter ADS 1973 Ziff. 1.5.; näher dazu EngeS. 98 ff. 80 Das englische "maritime Iien" ähnelt dem deutschen Recht, das französische und spanische Recht kennen ein solches Sicherungsrecht nicht (vgl. S. 382 ff. und Bahnsen S. 221). 81 Anderer Meinung Bahnsen S. 221 (ohne Begründung).
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
einmal die gemachte Einschränkung "mit Menschen besetzt" ist von den Rettungsvorschriften vorgegeben und daher auch nicht für Vergleichsfälle entscheidend. An der Bergung, die gerade verlassene Objekte (Schiffe) erfaßt, zeigt sich das deutlich. Lehnt man diese Erweiterung auf andere Objekte dagegen ab, bleibt nur - wie im ,,Landrecht" -der Rückgriff auf allgemeine zivilrechtliche Institute. Im außervertraglichen Bereich sind dies einerseits die Vorschriften zur Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff., 670 BGB), andererseits das Fundrecht (insbesondere §§ 970-972 BGB). Wie bei den Rettungsvorschriften verläuft hier ebenso eine Abgrenzungslinie zwischen Rechten an "verlassenen I verlorenen Gegenständen", an denen Besitz ergriffen wird (Fundrecht), und einem allgemeinen Bereich, der zu einem weniger an Rechten führt (Geschäftsführung ohne Auftrag). Während im Schiffahrtsrecht die aus der Differenzierung folgende Konsequenz, vergleichsweise moderat, nur auf die Frage des Zurückbehaltungsrechtes Einfluß hat, ist die im BGB vorgenommene Unterscheidung deutlich folgenreicher. Während das Fundrecht eine Form von Rettungsentgelt (den Finderlohn, § 971 BGB), einen "Nebenkostenanspruch" (§ 970 BGB) und sogar zuweilen einen Eigentumserwerb des Finders(§§ 973 f. BGB) kennt, führt die Geschäftsführung ohne Auftrag- als Pendant zur Hilfeleistung - grundsätzlich nur zum Aufwendungsersatzanspruch (§§ 683, 670 BGB). Beim Fundrecht bleiben die Ansprüche zur Geschäftsführung ohne Auftrag, einschließlich des Aufwendungsersatzes, zusätzlich subsidiär anwendbar82. Zuletzt gibt es beim Fund durch den Verweis in§ 972 BGB auf die Bestimmungen des Zurückbehaltungsrechts beim Eigentümer-Besitzer-Verhältnis ein gesetzliches Verwertungsrecht, so daß die Regelungen auch insofern dem Schiffahrtsrecht recht nahe kommen. Für den vermutlich bedeutenderen Bereich der reinen Hilfeleistung kommt dagegen zumeist ein Entgelt nicht in Frage. Ein Vorbehalt wird - durch Rechtsfortentwicklung des Aufwendungsersatzes - dann gemacht, wenn der Geschäftsführer das jeweilige (Rettungs-) Geschäft gewerblich oder beruflich betreibt83 , wie der Abschleppunternehmer die Hilfe gegenüber Kraftfahrzeugen oder evtl. auch kommerzielle Helfer der Bergrettung. Fehlt es daran, bleibt es beim reinen Ersatz der Kosten (einschließlich der Zufallsschäden)84. Eine Absicherung der Ansprüche durch ein Verwertungsrecht fehlt dabei regelmäßig. Erlangt der Geschäftsführer Besitz an Sachen, unterstützt ihn§ 273 BGB, nicht aber§ 1000 BGB, da die Geschäftsführung ohne Auftrag das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis ausschließt85 . Allenfalls § 369 HGB kann bei Beteiligung von Kaufleuten weiterführen.
Palandt I Bassenge Vor § 965 Rn. 3 Jauernig I Vollkammer § 683 Rn. 6 a.E. m. w. N.; s.a. Nachweise in Fn. 48. 84 Palandtl Sprau § 670 Rn. 9 ff., bei verschuldeten Schäden gelten allgemeine Regeln (insb. pFV). 85 Vgl. schon S. 207 ff. 82
83
XVII. Schiffsgläubigerrechte
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Liegt ein .,Rettungsvertrag" außerhalb der Regelungen der §§ 740 ff. HGB, 93 ff. BSchG vor, handelt es sich um einen Werkvertrag oder, wenn ausnahmsweise kein Erfolg geschuldet ist, um einen Dienstvertrag. Die Frage des Entgelts und des Aufwendungsersatzes bestimmt sich nach der Absprache, fehlt eine solche nach § 632 (oder § 612) BGB. Eine Absicherung mittels Verwertungsrechts gibt es nicht, da eine Rettung kaum zu ,,hergestellten oder ausgebesserten" Sachen i. S. d. § 647 BGB führt86 und der Vertrag regelmäßig dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis im Wege steht. Unter Umständen kann (neben § 273 BGB) über das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht wieder anderes gelten, wenn der Rettungsvertrag beiderseitig ein Handelsgeschäft ist. Die Lage des Retters an Land ist daher nicht nur rechtlich komplizierter, sondern auch - wenn man Anspruchshöhe und Absicherung betrachtet - deutlich schlechter. Ob dies sachgerecht ist, kann bezweifelt werden. Trotzdem ist eine generelle Erstreckung der Rettungskostenansprüche (nebst Absicherung) auf alle Fälle einer Geschäftsführung ohne Auftrag kaum wünschenswert. Selbstverständlich gibt es an Land viele Fälle, in denen ein Rettungslohn genauso angemessen ist wie in der Seenot. Ein Rettungslohn für jeden, der ohne Auftrag Geschäfte tätigt, ist aber und dies gilt bei der extensiven Neigung im Rahmen der Anwendung der §§ 677 ff. BGB87 um so mehr - offensichtlich nicht sachgerecht. Andererseits ist der gesicherte Rettungslohn als Anreiz auf See nach Überwindung des Strandrechts nicht mehr unbedingt erforderlich, da die Hilfe ungerufener Dritter im Zeitalter der Telekommunikation nicht mehr in dem Maße nötig ist. Gleichwohl bleiben diese Privilegien des Retters - trotz Absicherung der Hilfepflicht durch die Strafbarkeit der unterlassenen Hilfeleistung(§ 323c StGB)88 - natürlich für eine schnelle Hilfe förderlich. Eine Lösung könnte daher in einer generelleren Regelung liegen, die im IÜB schon anklingt; aber damit ist das Regelungspotential noch nicht notwendig zu Ende: Eine solche Norm könnte an eine abstrakt beschriebene Notlage- vielleicht als Sonderfall der Geschäftsführung ohne Auftrag- anknüpfen und hier Rettungslohn versprechen. Ein Sicherungs- und Verwertungsrecht könnte man, davon losgekoppelt, bei jeder sachbezogenen Werterhaltung zusprechen (vgl. dazu noch im Befund). XVII. SchitTsgläubigerrechte Schiffsgläubigerrechte sind spezielle Pfandrechte am Schiff, die zugunsten bestimmter Forderungen, die mit Bezug zum Schiff begründet wurden, kraft Gesetzes eingeräumt werden (vgl. schon XV. und XVI.). Genauer betrachtet ist das .,Schiffsgläubigerrecht" nicht allein das Pfandrecht, sondern die Kombination aus schuld86 87
88
Vgl. dazu schon S. 83 ff. Vgl. kritisch z. B. Medicus Rn. 411 ff. m. w. N. Trotz Herkunft aus dem Dritten Reich ist die Norm heute anerkannt.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
rechtlicher Forderung und pfandrechtlicher Sicherung 1• Die Gläubiger dieser pfandrechtlich gesicherten oder teilweise auch nur dinglich bestehenden Rechte sind die sogenannten Schiffsgläubiger (§§ 754 HGB, 102 BSchG). In der Folge wird - entsprechend der verbreiteten Terminologie - das Pfandrecht selbst als "Schiffsgläubigerrecht" bezeichnet. Sowohl in den§§ 754-764 HGB als auch in den§§ 102-115, 117 BSchG sind Einzelbestimmungen zur Ausgestaltung dieser Rechte enthalten, die ausführlicher als bei anderen gesetzlichen Pfandrechten sind. Diese Sonderbestimmungen haben keine Bedeutung, soweit sie ohnehin das regeln, was über § 1257 BGB gelten würde (so entspricht§ 755 Abs. 2 HGB der Regel des§ 1210 BGB, § 758 HGB- zur Akzessorietät-§ 1252 BGB). Zum größten Teil wird in ihnen aber ein in der Wirkung über die üblichen BGB-Pfandrechte hinausgehendes Rechtsinstitut geregelt. Nach § 755 Abs. I S. 2 HGB, §§ 103, 110 f. BSchG gibt es keinen gutgläubig pfandrechtsfreien Erwerb zu Lasten der Schiffsgläubiger. § 756 HGB, § 115 BSchG erweitern den Haftungsumfang der Rechte, § 760 Abs. 2 u. 3 HGB erleichtern die Durchsetzung und§ 761 HGB, § 109 BSchG schaffen für sie einen generellen Vorrang. In anderer Hinsicht unterliegen die Schiffsgläubigerrechte dafür größeren Beschränkungen: Sie sind zeitlich durch § 759 HGB, § 117 BSchG auf ein Jahr begrenzt und vermitteln keine unmittelbare Verwertungsbefugnis, vgl. § 760 HGB, § 103 Abs. 3 BSchG. Die Differenzen zwischen BSchG und HGB beruhen- wie schon beim Havereipfandrecht - zunächst auf der Seerechtsnovelle von 1972 ( l . SRÄG; auf Grundlage eines internationalen Übereinkommens von 1967). Das seinerzeit zunächst nicht novellierte Binnenschiffahrtsrecht konservierte das Seerecht des ADHGB. Dieser Zustand ist durch die BSchG-Novelle 1998 (unter Aussparung von Rettung und Haverei) geändert worden: Man näherte das BSchG- vgl. noch 3. -durch unvollständige Einführung persönlicher Haftung dem Seerecht an und will dies in Zukunft noch weiter betreiben 2, beschritt teilweise aber auch neue Wege. Im Seerecht wurde ein neues internationales Abkommen zu den Schiffsgläubigerrechten bereits 1993 beschlossen3 , das in Deutschland (und den meisten anderen Staaten) aber nicht umgesetzt ist4 •
Schaps/Abraham Vor 754 Rn. 7 m.N. zu den alten Theorien zum Schiffsgläubigerrecht. Siehe BT-Drucks. XIII /8446 S. 17, 35. Zur Bergungsrechtsnovelle vgl. schon S. 343 bei Fn. 14. 3 Dazu Czerwenka TranspR 1994, 213 ff.; Herber SHR S. 111. 4 Die BSchG-Novelle hat mögliche Konsequenzen daraus schon beriicksichtigt (vgl. BTDrucks. XIII /8446 S. 35), das HGB im .,Wettlauf der Reformen" also überholt. Herber TranspR 1999, 294, 295 bezweifelt allerdings, daß das Übereinkommen je in Kraft tritt. I
2
XVII. Schiffsgläubigerrechte
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1. Rechtfertigende Erwägungen
An den Bestimmungen zu den Schiffsgläubigerrechten fällt auf, daß sie anders als die übrigen gesetzlichen Pfandrechte von BGB und HGB nicht im Zusammenhang mit einem besonderen Schuldverhältnis geregelt sind. Die Normen bieten insofern ähnlich den Bestimmungen zum Vertragspfand (§ 1204 BGB) und zu manchen Zuriickbehaltungsrechten (§ 273 BGB, § 369 HGB) - relativ abstrakte Regelungen zum Verwertungsrecht In den§ 754 HGB, § 102 BSchG sind die gesicherten Schuldverhältnisse zwar aufgezählt, sie werden dort jedoch nicht näher bestimmt. Beide Forderungskataloge bauen vielmehr auf der Festlegung der Forderungen an anderen Stellen im Gesetz auf. a) Das Objekt "Schiff" als maßgebender Ansatz
Diesem Unterschied zu den bisher erörterten gesetzlichen Pfandrechten liegt eine andere konzeptionelle Prägung zugrunde. Bei den zuvor untersuchten Rechten (einmal abgesehen vom kaufmännischen Befriedigungsrecht) erfolgte die Rechtfertigung der Verwertungsbefugnis konstruktiv in erster Linie über die gesicherte Forderung. Erwägungen aus dem Sicherungsobjekt standen dagegen nur "in zweiter Reihe". Anders bei den Schiffsgläubigerrechten: Der Ansatz für die Sicherung dieser Forderungen ist deren Bezug zum Schiff als besonderem Sicherungsobjekt. Nicht der Gläubiger als solcher (z. B. die Position als Arbeitnehmer) wird geschützt, sondern derjenige, der gerade mit seinem Anspruch einen besonderen damit wieder sehr speziellen- Objektbezug hat (z. B. seine Leistung für das Schiff erbringt). Man kann daher von drei Konzeptionsformen sprechen: Neben den forderungsorientierten gesetzlichen Pfandrechten (und §§ 1000, 1003 BGB) stehen die objektorientierten Schiffsgläubigerrechte. Als dritte Konzeptionsvariante wäre eine beidseitig abstrahierte Form denkbar, wie wir sie vom § 273 BGB kennen5 . Näher dargelegt werden nunmehr die Umstände, aus denen diese Entwicklung der Schiffsgläubigerrechte erfolgt ist, und die Konsequenz für die Rechtfertigung derselben. Das konstruktive Loslösen des Verwertungsrechtes von Einzelforderungen führt dazu, daß viele der von den anderen Rechten als fruchtbar bekannten Rechtfertigungserwägungen Uedenfalls für die Gesamtheit der Schiffsgläubigerrechte) nicht tragfähig sind. So zeigt sich beispielsweise, daß die Schiffsgläubigerrechte als solche einen Wertschaffungs- bzw. Werterhaltungszusammenhang nicht voraussetzen. Er besteht zwar hinsichtlich einzelner Forderungen (wie den Rettungskosten), aber eben nicht bei allen, wie anband der§ 754 Nr. 3 HGB, § 102 Nr. 4 BSchG deutlich wird. Für die gesicherten Ersatzansprüche wegen Schäden, die bei Betrieb des Schiffes entstanden, fehlt ein Wertbezug offensichtlich6 . 5
Siehe näher noch S. 469 ff.
364
2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
Von besonderem Interesse ist die Frage, wie es zu dieser konstruktiv anderen Ausrichtung und zu der damit funktionell abweichenden Rechtfertigung kommt. Die Antwort erschließt sich aus einem historisch im Schiffahrtsrecht gewachsenen Verständnis vom Objekt "Schiff", das als gewissermaßen von seinem Rechtsträger verselbständigtes Vermögensobjekt angesehen wurde (bzw. noch wird). Es ähnelt in manchen Ansätzen einem selbständigen Unternehmen7 , das man von den natürlichen Personen, denen es wirtschaftlich gehört, über gesellschaftsrechtliche Modelle trennt (wie den juristischen Personen8 oder vielleicht noch eher der OHG). Dieses (teil-subjektivierte) Objektverständnis zeigt sich in aus der Perspektive des sonstigen Privatrechtes eigentümlichen Strukturen von Haftung des Betreibers einerseits und Sicherung der (bzw. einiger) Gläubiger andererseits. Es führt zu einem Pfandrechtssystem, das ganz wesentlich Verteilungsgesichtspunkte verfolgt und damit fast an das (frühere) Insolvenzrecht erinnert. Im einzelnen: Auffällig ist zunächst die vor dem 1. SRÄG (bis 1973) oft betonte Verbindung von Schiffsgläubigerrecht und der besonderen Reederhaftung bei vielen schiffsbezogenen Forderungen9 . Tatsächlich funktionierte das damalige Modell der dinglich-beschränkten Haftung des Reeders gerade nur über das dingliche Verwertungsrecht10. Erinnert sei an den zum Havereipfandrecht (Kapitel XV., speziell S. 326 ff.) dargelegten Grund für diese Konstruktion, der den Gedanken vom Schiff als selbständiges Unternehmen nahelegt Als Gesetzesalternative zu den heute etablierten gesellschaftsrechtlichen Modellen bestand für den besonders risikobehafteten Wirtschaftszweig der Schiffahrt 11 eine nicht-gesellschaftsrechtliche, aber funktionell ähnliche Haftungsbeschränkung. Für die schiffsbezogenen Forderungen, bei denen sich die Haftung gerade auf das Pfandrecht beschränkte 12, wurde dieses als Korrelat der begrenzten Haftung gerechtfertigt. Wie beim Havereipfandrecht gilt allerdings ebenso für die (übrigen) Schiffsgläubigerrechte, daß sie nicht allein als Mittel zur Haftungsbeschränkung zu erklären sind. Zum einen waren in Deutschland Schiffsgläubigerrechte immer auch für solche Forderungen anerkannt, für die durchweg eine persönliche Haftung des 6 Allenfalls ein ganz entfernter Zusammenhang ist festzustellen, weil der Schaden Folge des Betreibens des Schiffes ist, was letztlich der kaufmännischen Gewinnerzielung über das Unternehmen "Schiffsbetrieb" dient. 7 Vgl. allgemein zum Unternehmensbegriff z. B. K. Schmidt HR5 § 41. s Ähnlich Puttfarken Rn. 659. 9 Vgl. statt vieler: Wüstendorfer Ehrenbergs Hdb. VII/2 S. 319 ff., 322 ff.; Sotiropoulos S. 62 ff.; auf den damaligen Zusammenhang verweisen noch heute Prüßmann/ Rabe Vor § 754 Anm. I B; Herber SHR § 13 V l. 10 Das Modell wurde mit dem l. SRÄG zugunsten eines Summenhaftungssystems aufgegeben, näher Herber SHR § 2 V 5 und § 24 II. 11 Vgl. die Schilderung von Wüstendorfer SHR S. 125. 12 So z. B. auch Schadenersatzansprüche wegen Verschuldeos der Besatzung und manche vertragliche Ansprüche (z. B. aus Handeln des Kapitäns), näher Wüstendorfer SHR S. 131 ff.
XVII. Schiffsgläubigerrechte
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Schuldners bestand 13 • Zum anderen zeigt der internationale Vergleich, daß es Schiffsgläubigerrechte in allen Rechtsordnungen der Welt, insbesondere auch in solchen gibt, die nie eine dinglich-beschränkte Haftung (sondern nur andere Formen beschränkter Reederhaftung) kannten 14• Es ist davon auszugehen, daß sich Schiffsgläubigerrechte und beschränkte Haftung über eine lange Zeit von mehreren hundert Jahren nebeneinander in Wechselwirkung entwickelten. Für die Fortentwicklung zu einem abgeschlossenen Systemzusammenhang der beiden Institute, d. h. dem dinglich-beschränkenden Haftungssystem, bediente man sich der zuvor vorhandenen Ursprünge derselben 15 . Die Wechselwirkung dieser Prinzipien ist nachvollziehbar. Traditioneller Anknüpfungspunkt für die Haftungsbeschränkung war stets (und ist oft noch 16) das vom Reeder auf die Reise geschickte Schiff, d. h. das dem Risiko tatsächlich ausgesetzte Vermögen. Dieses (Haftungs-) Privileg ist zwar nützlich, um dem Reeder die Inkaufnahme des wirtschaftlichen Risikos zu erleichtern. Es bedeutet aber ein erhöhtes Risiko für die betroffenen Gläubiger (und dies sogar unabhängig von der Art der Haftungsbeschränkung). Das Privileg ist im Ergebnis wirtschaftlich sinnlos, wenn die Gegenseite es nicht akzeptiert und "dem Schiff' die notwendigen Leistungen (wie die Arbeit der Mannschaft, die Lotsentätigkeit oder den Proviant in den Häfen etc.) verweigert. Zur "Evolution" eines funktionsfähigen Haftungssystems gehört daher ein Prinzip, das für den nötigen Ausgleich auf Seiten der Gläubiger sorgt. Für einen solchen Ausgleich stand nach dem tatsächlichen Verständnis das Schiff (ebenso wie als Haftungsobjekt) auch als Zugriffsobjekt für die Forderungssicherung zur Verfügung. Wer an ein in den Hafen einlaufendes, fremdes Schiff eine Leistung erbrachte, kannte seinen Schuldner und dessen Bonität nicht und leistete im Grunde "an das Schiff'. Wurde nicht bezahlt, blieb nur- schon rein tatsächlich - der Rückgriff auf dieses. Selbst die Mannschaft des Schiffes hatte, ins13 Z. B. die Heuerforderungen; siehe Schlegelberger/Liesecke § 754 Rn. 4 a.E. und Wüstendorfer SHR S. 136 f. 14 Ebenso Herber SHR § 13 V 1. Wenn die Ausgestaltung auch unterschiedlich ist, gibt es doch überall Vorzugs- bzw. Zugriffsrechte auf das Schiff für Forderungen aus dem Betrieb der Schiffahrt (s. Puttfarken Rn. 652). Bei der Frage, welche Ansprüche im einzelnen dazu zählen, ob es weniger (wie in Deutschland) oder beinahe alle schiffsbezogenen Forderungen (wie in den USA) sind, gibt es erhebliche Unterschiede. Umfassende Darstellung zu den Auslandsrechten: Prüßmann I Rabe Vor § 754 Anm. IV; Schaps I Abraham Vor § 754 Rn. 38 ff. 1s Erste Schiffsgläubigerrechte kannten wohl die "Roles des jugement des Oleron", die Urteile des Seegerichtshofs der Insel Oleron ab dem 12. Jahrhundert, vgl. Herber SHR § 13 V 1; Tetley S. 6 ff.; Bahls S. 35 ff. Ursprünge der Haftungsbeschränkungen gab es jedenfalls im späten Mittelalter, vgl. die Nachweise für die mittelalterlichen Haftungsregeln der Haverei bei Landwehr. Haverei in den mittelalterlichen Seerechtsquellen, S. 64 f. Für einen Ansatz in der frühen Neuzeit Puttfarken Rn. 870. 16 Die Haftungssysteme - auch die mit persönlicher Haftung -koppeln zumindest der Höhe nach die Haftung des Reeders an das Schiff. Das Summenhaftungssystem (vgl. Fn. 10) knüpft für die Berechnung der Höchsthaftung an die Tonnage des Schiffes an. Zu anderen Systemen Wüstendorfer Ehrenbergs Hdb. Vll/2 S. 320 f.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
besondere wenn der Schiffseigner nicht mehr selbst an Bord war, als Sicherheit für die Heuerforderung (noch heute eine der gesicherten Forderungen) ebenso nur das Schiff im Zugriffsbereich. Allgemein gesprochen läßt sich sagen, für schiffsbezogene Leistungen war stets das Schiff nicht nur das naheliegende, sondern oft das einzig tatsächlich greifbare Sicherungsmittel, denn das Vermögen in der Heimat des Reeders war praktisch kaum erreichbar. Das Schiff ist damit - historisch entstanden - neben dem riskierten Haftungsvermögen ebenso Sicherungsgarant für die Zahlung gewesen. Die letztgenannten Ausführungen erinnern an den hier oft fruchtbaren "exceptio doli-Gedanken" 17 • Sehr weit trägt die Parallele aber nicht. Der Bezug zum Schiff ist zwar Ursprung der Rechtsentwicklung, er ist aber nicht Basis für die Aufrechterhaltung der Rechte in der gewährten Form: Die Schiffsgläubiger sind regelmäßig nicht nur nicht im Besitz des Schiffes, sie sind weitergehend sogar noch geschützt, wenn sie nicht einmal mehr wissen, wo sich das Schiff überhaupt befindet. Ein geringeres tatsächliches Vertrauen in das Noch-Bestehen der Sicherheit ist kaum denkbar. Gerade die Ausgestaltung der Schiffsgläubigerrechte wird klarer, wenn man die aufgezeigten rechtlichen Strukturen unter dem Blickwinkel vom "Schiff als unternehmensähnlichen Quasi-Subjekt" betrachtet. So zeigen die Regelungen der Schiffsgläubigerrechte in weiten Teilen Parallelen zum bis vor kurzem (1998) geltenden Konkursrecht Teile der Forderungsauflistung in den§ 754 HGB, § 102 BSchG erinnern an die alten - mit der InsO abgeschafften - Konkursvorrechte des § 61 K0 18 . Dies gilt für die Selektion der Forderungen (näher 2.b.) über die Rangfolgeregelung in § 762 HGB, § 107 BSchG bis zur Rechtsfolge der vorrangigen Befriedigung: Erst nach den privilegierten kommen gemäß § 761 HGB, § 109 BSchG die sonstigen Gläubiger zum Zuge (wobei dies natürlich nur die dinglichen Gläubiger - insbesondere Pfandgläubiger - sein können, denn es gibt keine "persönliche Haftung" des Schiffes). Das Gesetz selbst legt damit fest, welche Gläubiger (und in welcher Reihenfolge) vorab Anspruch auf den Erlös haben, bevor dingliche Gläubiger (einschl. der Pfandungsgläubiger) Zugriff nehmen können. Man kann sagen, die Schiffsgläubigerrechte dienen als Regeln zu einem "Sonderkonkurs" des Schiffes, konstituieren nämlich ein gesetzliches Verteilungssystem19.
Damit keine Mißverständnisse entstehen, ist zu betonen, daß das Schiff selbst natürlich nie juristische Person oder Rechtssubjekt war (und es so heute nach § 11 lnsO nicht "insolvenzfähig" ist). Dies gilt selbst dann, wenn es das einzige 17 Zum "Vertrauen auf die in der Hand des Gläubigers befindliche Sicherheit" z. B. beim Werkunternehmerpfandrecht S. 77, 82 f. und im Befund ab S. 422. 18 Es wurde schon aufgezeigt, daß die Konkursprivilegien Vorläufer für viele gesetzliche Pfandrechte waren; vgl. noch S. 413. 19 In schwächerer Ausprägung ist dieser Aspekt schon von anderen Verwertungsrechten bekannt, siehe beim Früchtepfandrecht S. 304.
XVII. Schiffsgläubigerrechte
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Objekt eines Rechtsträgers- z. B. einer Schiffsbetriebs-GmbH- wäre20. Aber gerade deswegen ist es an dieser Stelle lohnend, darauf hinzuweisen, daß es eine rechtlich abgesicherte Sonderposition innehat, die es von anderen Objekten trennt und in Ansätzen an unternehmensrechtliche Subjekte annähert. Auch wirtschaftlich ist der "Sonderkonkurs" erkennbar: Die Geltendmachung der Schiffsgläubigerrechte bedeutet gerade die Verwertung des Schiffes und damit das Ende dieses "Unternehmens" wie bei der Insolvenz im eigentlichen Unternehmensrecht Zu Zeiten dinglich-beschränkter Reederhaftung folgte aus der Verwertung des Schiffes - wie bei der Abwicklung juristischer Personen - der Untergang der (dinglich-beschränkten) Forderungen. Aber selbst ohne dieses besondere Haftungsmodell ist das wirtschaftliche und zum Teil sogar das rechtliche Ergebnis entsprechend. Es ist heute so, daß es zur Durchsetzung der Schiffsgläubigerrechte (zur Verwertung des Schiffes) nur dann kommt, wenn der Reeder mangels Masse oder aus Kalkül das Schiff aufgibt, anstatt die Forderung zu bezahlen21 • Die Durchsetzung geht zumeist mit einer Insolvenz des Rechtsträgers einher und ersetzt so mitunter- wenn die eigentliche Masse außerhalb des Insolvenzverfahrens verteilt wird- ein solches Verfahren22. Natürlich sind die Schiffsgläubigerrechte nicht wie die alten Konkursvorrechte begrenzt: Außerhalb der Durchsetzung hat das Schiffsgläubigerrecht für den gesicherten Gläubiger - insofern wie andere Pfandrechte23 - eine Sicherungsfunktion. Durch eine Beschlagnahme des Schiffes ist schnell eine Sicherheitsleistung (durch Bank- oder P&I-Club-Garantie) und so eine Forderungssicherung ohne notwendigen Zugriff auf das Schiff zu erreichen. Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß für das Objekt "Schiff', das aus der historischen Entwicklung eine gewisse Verselbständigung erlangt hat, mit den Schiffsgläubigerrechten ein im Zusammenspiel von Haftung und Sicherung entwickeltes Sonderinstitut entstanden ist. Basierend auf einer tatsächlichen Grundlage schafft es einen Ausgleich gegenüber den Haftungsvorteilen des Schiffseigners im Verhältnis zu - aus verschiedenen Gründen - schutzwürdigen Gläubigem. Neben den gewöhnlichen, dem Schiffsgläubigerrecht als dinglichem Verwertungs20 In dieser Form wird das Verständnis vom Schiff als selbständigem Unternehmen heute mitunter gesellschaftsrechtlich nachvollzogen und so abgesichert. 21 Siehe Puttfarken Rn. 658; offensichtlich gegen Berücksichtigung der Schiffsgläubigerrechte im Konkurs aber Würdinger/Sotiropoulos S. 82 (mir unverständlich). 22 Nicht dinglich gesicherte Gläubiger gehen dann natürlich leer aus. Trotzdem ist international für die Schiffal!rt das System der Schiffsgläubigerrechte durchschaubarer als die jeweiligen nationalen Insolvenzrechte. 23 Die von Puttfarken Rn. 652 hervorgehobene Ähnlichkeit der Schiffsgläubigerrechte mit öffentlich-rechtlichen Belastungen von Liegenschaften ist nur hinsichtlich der Publizität zutreffend. Funktionell bestehen kaum Parallelen, denn die Schiffsgläubigerrechte sichern auch, aber keineswegs ausschließlich oder überwiegend, öffentlich-rechtliche Belastungen. Dies mehrt nicht nur ihre Anzahl und die Höhe der Belastungen, sondern ändert die Rechtfertigungsbasis.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
recht zukommenden Wirkungen wird mit ihm ein gesetzliches Verteilungssystem konstituiert, was sich in der Forderungsselektion und im Rangmechanismus ausprägt. b) Die Auswahl der gesicherten Forderungen
Von den Ursachen für das Sondersystem für "Schiffspfandrechte" ist die Frage zu unterscheiden, welche Forderungen als gesichert zu bestimmen sind. Der Ausgangspunkt der Selektion ergibt sich zwar aus dem Vorgenannten: Versteht man die Schiffsgläubigerrechte als Abwicklungssystem mit Privilegierung spezieller schiffsbezogener Gläubiger, ist deren Schutzbedürftigkeit zwangsläufiges entscheidendes Kriterium. Woran man diese Schutzbedürftigkeit aber mißt und wann in diesem Sinne Schutzbedürftigkeit vorliegt, ist damit nicht gesagt. Als Folge unterschiedlicher Antworten auf diese Frage unterscheiden sich heute die beiden geltenden Forderungskataloge des See- und des Binnenschiffahrtsrechtes. Gemeinsam ist ihnen, daß ihre Verfasser die Änderung der Reederhaftung zum Anlaß nahmen, die Schiffsgläubigerrechte zu überarbeiten. In beiden dazugehörigen Materialien findet sich der Hinweis, daß nach dem - bis auf wenige Ausnahmen im BSchG24 - vollständigen Wegfall der dinglichen Haftungsbeschränkung die Schiffsgläubigerrechte nicht mehr allein mit ihrer Funktion als Haftungskorrelat zu rechtfertigen seien25 • Trotz ähnlicher Ausgangslage und der allseitigen Erkenntnis, daß die Schutzbedürftigkeit der Gläubiger als Auswahlkriterium in den Vordergrund geruckt sei26, unterscheiden sich die Ergebnisse. Für das Seerecht (Änderung 1973) richtete man sich in dem Bemühen um internationale Einheitlichkeit, möglichst weitgehend nach den Vorgaben eines 1967 geschlossenen internationalen Übereinkommens 27. Als Folge wurden die bisher gesicherten Forderungen (z. B. Anspruche für Ladungsschäden) erheblich eingeschränkt und besonders sozialpolitische Gesichtspunkte für die Auswahl in den Vordergrund geruckt [vgl. dazu die Forderungen, die unter 2.b) näher behandelt werden]. Andere, insbesondere wirtschaftliche Schutzaspekte, die ursprunglieh für die Entwicklung der Schiffsgläubigerrechte durchaus maßgebend waren, nämlich gerade den Betrieb des Schiffes aufrecht erhielten28, wurden "geopfert". Im Ausland - und dort auch für deutsche Schiffe - ist das oft anders und deswegen Siehe schon beim Haverei- und beim Rettungskostenpfandrecht S. 326 ff., 342. BT-Drucks. VI/2225 S. 13, 33 (Seerecht); BT-Drucks. XIII/8446 S. 35 (BSchG). 26 Siehe BT-Drucks. VI/2225 S. 33 f. ; BT-Drucks. XIII/8446 S. 36. 27 Herber TranspR 1999, 294 f. verweist auf das Mißlingen der Vereinheitlichung: Die meisten anderen Staaten setzten das Übereinkommen nicht um, so daß es jetzt "Lücken" im Vergleich zu anderen Nationen gibt. 28 So das Schiffsgläubigerrecht für Ansprüche aus Kapitänsgeschäften für Lieferungen an das Schiff im fremden Hafen. 24
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XVII. Schiffsgläubigerrechte
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heute für manche Anlaß zur Forderung nach (Rück-)Änderungen des deutschen Rechts29. Bei der Änderung des BSchG- 25 Jahre später- setzte man die Prämissen anders. Die Verfasser beließen es mehr beim alten Rechtszustand und verwiesen darauf, daß sie die Rechtslage im Seerecht eher für nur vorübergehend hielten. Gerade besagte Ladungsschäden und manche rechtsgeschäftliehen Forderungen sind weiter gesichert. Der Ansatz für die Schutzbedürftigkeit ist daher im BSchG nicht nur ein sozialpolitischer30• Man befindet sich damit zwar in guter internationaler Gesellschaft, hat aber die unerfreuliche Konsequenz in Kauf genommen, daß in derselben nationalen Rechtsordnung verschiedene Systeme nebeneinander stehen. Bei der Betrachtung der Einzelforderungen [2.b)] wird noch darauf eingegangen, wo und warum Korrekturen zu befürworten wären. Keine Rolle spielt (insbesondere im BSchG) offensichtlich weiter die Frage, ob der Gläubiger die Möglichkeit hat, sich vertraglich zu sichern31 . Alle Schiffsgläubiger mit vertraglichen Ansprüchen könnten rechtlich vertragliche Pfandrechte (Schiffshypotheken) ohne Besitz begründen32 . Die heutige Situation, die diese Schiffshypotheken als wirtschaftlich etwas entwertet zeigt (vgl. 4.), folgt gerade daraus, daß die Schiffsgläubigerrechte ihnen regelmäßig vorgehen (§ 761 HGB, § 109 BSchG). Es ist damit sogar so, daß die originäre vertragliche Sicherungsmöglichkeit durch die gesetzliche Sicherung ihre massivste Beeinträchtigung erfahren hat33 • Zuletzt ist zu betonen, daß die Gesetzverfasser mit ihren - einschränkenden Forderungskatalogen bewußt eine abschließende Regelung treffen wollten34. Aus dem Verständnis heraus, daß man ein Verteilungssystem nach vom Gesetzgeber festgelegter Schutzwürdigkeit der Gläubiger schaffen wollte, ist das nicht erstaunlich. Bei der Auslegung der Tatbestände und bei der Frage nach Analogiemöglichkeiten ist diese Intention zu berücksichtigen und regelmäßig daraus zu folgern, daß nur, sofern die betreffende Forderung noch unter den Wortlaut der § 754 HGB, Herber TranspR 1999, 294 f. Vgl. auch Fn. 27. So liegt dem Schutz von Schiffsausrüstern bei Lieferungen an auswärtige Schiffe (dazu BT-Drucks. XIII I 8446 S. 36) eher ein volkswirtschaftlicher Aspekt zugrunde. 31 Dies gilt für das BSchG- vgl. zu den Forderungen unter 2.b)- deutlicher als für das Seerecht, denn dort sichert man mehr vertragliche Ansprüche. Tatsächliche Hindernisse für die Sicherung sind natürlich erkennbar: Bspw. Arbeitnehmer oder Lotsen sind nicht in der Position, vertragliche Sicherungen (Schiffshypotheken) durchzusetzen, weil solche gemeinhin nur Großgläubigem gewährt werden. 32 Vgl. Palandt I Bassenge Einf § 1204 Rn. 4 f. 33 Zu rechtsgeschäftliehen Alternativen vgl. Puttfarken Rn. 653. Die Einschränkung der Kataloge der Schiffsgläubigerrechte erfolgte auch zum Schutz der vertraglichen Pfandgläubiger, BT-Drucks. Vl/2225 S. 34. 34 Allgemeine Auffassung, siehe bspw. BGHZ 96, 332 v. 9. 12. 1985 (zum BSchG); Schaps/Abraham § 754 Rn. 3 m. w. N. Deutlich auch die Materialien: BT-Drucks. VII 2225 s. 34 ff. 29
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24 Bechtloff
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
§ 102 BSchG zu subsumieren ist, ein Schiffsgläubigerrecht besteht und im übrigen auch eine Analogie ausscheidet.
2. Gesicherte Forderungen
a) Anwendbarkeit deutschen Rechts
Bei einem Objekt, das sich stets zwischen verschiedenen Rechtsordnungen hin und her bewegt, ist eine wesentliche Frage, welches nationale Recht über das Bestehen von Schiffsgläubigerrechten entscheidet. Zwar kennen praktisch alle Rechtsordnungen ein entsprechendes Institut; der Umfang und welche Forderungen erlaßt sind, ist aber unterschiedlich bestimmt35• Aus deutscher Sicht ist die bis vor kurzem umstrittene Frage nach dem Statut des Pfandrechtes36 nach der !PRNovelle 1999 beseitigt37 • Art. 45 Abs. 2 Satz 1 EGBGB bestimmt jetzt ausdrücklich, daß gesetzliche Sicherungsrechte an Fahrzeugen dem Recht unterliegen, das für die gesicherte Forderung gilt (sogenannte "lex causae"38). Im Ergebnis bedeutet das, daß über Art. 45 Abs. 2 Satz 1 EGBGB die Artt. 27-42 EGBGB auch das Pfandrechtsstatut bestimmen: Für Schiffsgläubigerrechte zugunsten vertraglicher Forderungen gilt damit z. B. das jeweilige Vertragsstatut, zugunsten der Forderungen wegen einer Kollision das Deliktsstatut etc. b) Die Forderungstatbestände
Da die Kataloge des § 754 HGB und des § 102 BSchG nicht vollständig identisch sind, wird bei der nachfolgenden Betrachtung der Einzelforderungen insoweit differenziert. aa) Heuerforderungen Die erste Rangstelle im Seerecht gebührt den Heuerforderungen der Mannschaft des Schiffes. Nach der üblichen Auslegung gehören dazu alle Ansprüche auf Vergütung der auf dem Schiff zum Betrieb desselben beschäftigten Arbeitnehmer39 Siehe schon oben Fn. 14. Siehe vorne S. 345 (Rettung) mit Nachweis zum früheren Streitstand. 37 Zur Novelle SpickhoffNJW 1999, 2209, 2214. 38 Für Schiffsgläubigerrechte war dies wohl vorher bereits h.M.: Prüßmann/ Rabe Vor § 754 Anm. li B 3c m. w. N. Es gab aber diverse andere Ansätze: Für modifizierte "Iex rei sitae" Schaps/Abraham Vor § 754 Rn. 27; "Iex fori" Puttfarken Rn. 662; "Recht des Registerortes" Mankowski TranspR 1990, 213 ff. Eine Ausnahme vom gesetzlichen Prinzip des Art. 45 regelt Art. 46 EGBGB. 39 Nach Schaps/Abraham § 754 Rn. 7 muß das Arbeitsverhältnis mit dem Reeder bestehen. Das folgt aber weder aus dem Wortlaut noch aus dem Normzweck Schiffsgläubiger35
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XVII. Schiffsgläubigerrechte
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(einschließlich des Lohnsteueranteils 40). Nicht gesichert sind sonstige Ansprüche der Seeleute (bspw. auf Schadenersatz). Auffällig ist, daß die Seeleute damit eine zivilrechtliche gesetzliche Sicherung erhalten, während der Arbeitsvertrag ansonsten kein gesetzliches Sicherungsmittel kennt (abgesehen von § 273 BGB). Zwar gab es im Konkursfall bis 1998 eine Privilegierung aller Arbeitnehmer (durch Masseansprüche bzw. Konkursvorrechte). Diese ist mit der InsO jedoch entfallen. Die wirtschaftlichen Folgen sind durch das sozialrechtliche "Versicherungsmodell" entschärft41 , der Unterschied zu Arbeitnehmern auf See ist aber dadurch noch größer geworden. Die Frage, ob das Schiffsgläubigerrecht Vergütungsansprüche ohne vertragliche Basis urnfaßt, also z. B. Ansprüche bei unwirksamem Vertrag, wurde bislang nicht problematisiert. Ich meine, man wird im Seerecht diese als gesichert anzusehen haben, ohne auch nur über eine Analogie nachdenken oder die Rechtsfigur der "faktischen" oder besser "fehlerhaften Arbeitsverhältnisse" bemühen zu müssen42 • Vom Wortlaut ("Heuerforderung") her ist die Bestimmung so offen, daß eine rechtsgeschäftliche Entstehung nicht zwingend ist. Systematisch steht die Regelung im Gegensatz zu vielen anderen gesetzlich gesicherten Forderungen gerade nicht im Kontext eines vertraglichen Schuldverhältnisses, so daß sich auch insofern kein Argument für die Notwendigkeit eines Vertrages ergibt. Eher im Gegenteil: Ein Vertrag ist evident nicht das Selektionskriterium für die Aufnahme der Forderungen in die Liste der Schiffsgläubiger gewesen. Mitunter ist die rechtsgeschäftliche Herleitung von Forderungen sogar ein Argument für einen Ausschluß der Sicherung, wie§ 754 Nr. 3 HGB zeigt. Zuletzt ist zu beachten, daß gerade die sozialpolitische Schutzbedürftigkeit der Gläubiger wesentlicher Aspekt für deren Aufnahme in den Katalog war. Es erscheint dann teleologisch nur naheliegend, Ansprüche, die vertragliche Heuerforderungen ersetzen, als vom Schiffsgläubigerrecht gesichert anzusehen, denn das Schutzbedürfnis des Gläubigers ist bei einem unwirksamen Vertrag noch größer. Ist das ausnahmsweise eirunal anders (z. B. bei arglistig erschlichener Anstellung des Arbeitnehmers), erfolgt die nötige Korrektur rechte sind ansonsten nicht eigenturnsfixiert ausgerichtet (vgl. 3.). Es entwertet dieses Schiffsgläubigerrecht ohne sachlichen Grund, wenn Schiffe ohne Mannschaft verchartert oder Aushilfskräfte beschäftigt werden. Tatsächlich ist rn.E. jeder geschützt, sofern er nur zur Schiffsbesatzung gehört, d. h. zum gewöhnlichen Betrieb des Schiffes auf der Reise angestellt ist (ähnlich LG Bremen v. 23. 1. 1992 AiB 1992, 362 f.), also regelmäßig nicht die Stauer oder Schauerleute. 40 OLG Hbg. v. 19. 10. 1955 MDR 1956, 176; nicht aber bei isolierter Geltendrnachung dieser Steuer, LG Stade v. 5. 5. 1987 mit zust. Anrn. v. Büchmann EWiR § 754 HGB 1 I 87 s. 1117. 41 Nach§ 183 SGB III haben alle Arbeitnehmer für 3 Monate einen Anspruch auf "Insolvenzgeld" gegenüber der Arbeitslosenversicherung. Die Abschaffung des § 61 KO erfolgte zur größeren Gläubigergleichbehandlung, siehe BT-Drucks. XIII2443 S. 96. 42 Im Arbeitsrecht ist die weitgehende Gleichbehandlung ,,fehlerhafter" und fehlerfreier Arbeitsverträge ganz herrschende Meinung: MüKo-BGB I Müller-Glöge § 611 Rn. 330; Palandtl Putzo Ein!. § 611 Rn. 29 u. § 611 Rn. 23; Staudinger I Richardi § 611 Rn. 180 ff., 187 ff. (jeweils rn. w. N.). 24*
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
schon auf der Ebene der Forderungsentstehung43 • Mit einer Sicherung gesetzlicher Ansprüche nutzt das seerechtliche Schiffsgläubigerrecht daher die erweiterten Möglichkeiten einer gerade gesetzlichen Entstehung. Die Lage nach dem BSchG unterscheidet sich von der seerechtliehen in mehreren Aspekten: Das BSchG sichert nicht nur die Heuerforderung, sondern alle "aus den Dienstverträgen herrührenden Forderungen der Schiffsbesatzung" (§ 102 Nr. 2). In diesem Rahmen gelten daher auch Schadenersatzforderungen44 und der arbeitsrechtliche Freistellungsanspruch als gesichert45 • Umgekehrt stellt der Wortlaut enger als im Seerecht auf vertragliche Forderungen ab. Bei fehlerhaftem Heuervertrag trotz vertragsgemäßer Leistung des Seemanns scheint danach kein Schiffsgläubigerrecht zu bestehen, obwohl die Situation sich im übrigen offensichtlich nicht unterscheidet. Tatsächlich wird man eine mögliche sachwidrige Ungleichbehandlung jedoch abwenden können, denn über die Grundsätze der "fehlerhaften Arbeitsverhältnisse" ist die Lage im BSchG doch angeglichen. Bei Arbeitsverhältnissen, die trotz fehlgeschlagenem I fehlerhaftem Vertragsschluß durchgeführt wurden, wird allgemein für die Abwicklung in der Vergangenheit erbrachter Leistungen auf Vertragsrechtsbestimmungen zurückgegriffen46• Erst für die Zeit ab Kenntnis der Nichtigkeit eines Vertrages besteht eine frist- und formlose Kündigungsmöglichkeit der Parteien. Die Gründe dafür sind zum Teil ganz ähnlich wie die teleologischen Erwägungen, die oben für die Ausdehnung des Forderungskreises im Seerecht sprachen (insb. der Sozialschutz47). Als Folge dieses Prinzips wird für§ 102 Nr. 2 BSchG modifiziert zu gelten haben, daß jedenfalls die vor Kenntnis der Vertragslosigkeit entstandenen Ansprüche durch das Schiffsgläubigerrecht gesichert sind48 . Dies ist nur die konsequente Fortentwicklung der im Arbeitsrecht anerkannten Grundsätze. Das BSchG bringt noch weitere Unterschiede. Die gesicherten Vergütungsansprüche sind auf sechs Monate vor der Beschlagnahme begrenzt49 • Die Abweichungen im Forderungskreis der beiden Tatbestände (im Bezug auf die Heuer) sind Ausfluß der letzten Novellen. Bis 1972 waren die Bestimmungen fast wortgleich. Wie beschrieben veränderte das 1. SRÄG den Tatbestand, um eine international verstärkte Einheitlichkeit zu erzielen. Das BSchG folgte dem nicht und brachte sogar mit vorgenannter Zeitbegrenzung eine neue deutsche Entwicklung. Abgesehen V gl. Staudinger I Richardi § 611 Rn. 190 ff. Siehe Vortisch I Bemm § 102 Rn. 16. 45 BGHZ 66, 1, 5 f. V. 24. 11. 1975. 46 Ausführliche Nachweise in Fn. 42. 47 Dazu Staudinger I Richardi § 611 Rn. 180, 185 f., weitere Nachweise Fn. 42. 48 Für § 61 KO war dies im übrigen bei vergleichbarer Lage allgemein anerkannt, statt vieler: BAG 5. 7. 1967 NJW 1967, 2224; Kilger/ K. Schmidt § 61 Anm. 4 i.V.m. §59 Anm. 5 Da. 49 Beachte die Ähnlichkeit mit der Regelung des § 563 BGB a. F.; neu: § 562 d BGB); zum Vermieterpfandrecht S. 234. 43
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XVII. Schiffsgläubigerrechte
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von der abweichenden Forderungsbestimmung ist allerdings traditionell auch der Rang ein anderer, den das BSchG der Schiffsmannschaft sichert50. Im BSchG steht die Heuerforderung nämlich erst nach den öffentlichen Abgaben an zweiter Stelle. Die bestehende Differenzierung zwischen den Mannschaften I Arbeitnehmern von See- und Binnenschiffen ist weder nachvollziehbar noch zu rechtfertigen. Das Differenzierungskriterium zwischen BSchG und HGB ist die typische Verwendung des Schiffes einerseits zur See, andererseits auf Binnengewässern. Dies aber kann (allein) eine solche Unterscheidung der Arbeitnehmerforderungen nicht rechtfertigen. Ein Wechsel des Schiffes von der einen in die andere Ordnung ist zwar praktisch selten, aber immerhin möglich [siehe noch 3.a)cc)], so daß es sogar zu Mischformen kommen kann. Hier besteht offensichtlicher Reformbedarf51 . bb) Öffentliche Abgaben Als Nummer 2 im Seerecht und an erster Stelle im BSchG entsteht ein Schiffsgläubigerrecht zugunsten der öffentlichen Abgaben, die für das Schiff oder die Schiffahrt anfallen [zu Lotsengeldem als Inhalt der Nr. 2 des§ 754 HGB siehe sogleich cc)]. Die beiden Gesetze unterscheiden sich inhaltlich- hinsichtlich der Bestimmung dieses Forderungskreises - nicht. Wenn gleichwohl bei der Auslegung Unterschiede gemacht werden, handelt es sich nur um verschiedene Auffassungen zur gleichen Ausgangsfrage52. cc) Lotsengelder Gleichfalls noch in § 754 Nr. 2 HGB [und damit mit den Ansprüchen zu bb) gleichrangig, § 763 Abs. 1 HGB], im BSchG dagegen erst nachrangig zu § 102 Nr. 3 zählend, sind die Gläubiger von Lotsengeldem ("Lotsgeldem") genannt. Lotsengelder können sowohl auf öffentlich-rechtlicher als auch auf Basis eines privatrechtlichen Vertrages bestehen. Nach Bemm sind öffentlich-rechtliche Lotsengelder nicht von § 102 Nr. 3 BSchG erfaßt, sondern gehören noch zur Nr. I (den öffentlichen Abgaben)53 . Im Seerecht spielt dies dagegen- bei ohnehin bestehender Gleichrangigkeit - keine Rolle54 • Die Auffassung von Bemm ist überzeugend, Die Rangfolge war schon vor dem 1. SRÄG nicht gleich. Die jüngste BSchG-Novelle sah dies anscheinend anders, vgl. BT-Drucks. XIII/ 8446 S. 35. 52 So werden für das Seerecht ganz allgemein nur "öffentlich-rechtliche" (Abgaben-)Forderungen als gesichert angesehen (vgl. LG Stettin v. 4. l. 1932 HansGZ 1932/B, 726 f.; Prüßmann I Rabe § 754 Anm. B 2), während es für das BSchG nicht auf den öffentlich-rechtlichen Charakter der Norm ankommen soll, solange die "Abgabe" in öffentliche Kassen fließt (Vortisch/ Bemm § 102 Rn. 15). 53 Vortisch I Bemm § 102 Rn. 15. 54 In diesem SinneSchaps/Abraham § 754 Rn. 11. 50 51
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
wenn man § 102 Nr. 1 BSchG gerade als Sonderbestimmung für öffentlich-rechtliche Abgaben ansieht (was Bemm aber nicht macht!). Lotsengelder können daher alle auf nicht-abgabenrechtlicher Basis zu leistenden Vergütungen sein, ohne daß es auf eine vertragliche Basis ankäme (u.U. daher ebenso ein Aufwendungsersatz im Sinne von § 670 BGB). dd) Schadenersatzansprüche Beide Schiffahrtsgesetze sichern Forderungen auf Schadenersatz, die unmittelbar aus der Schiffsverwendung resultieren. Die Unterschiede der Ordnungen sind trotzdem beinahe größer als die Gemeinsamkeiten. Im Seerecht sind ausschließlich gesetzliche Ansprüche gesichert (einschließlich § 904 BGB55). Dies führt dazu, daß kein Schiffsgläubigerrecht besteht, wenn die Forderung vertraglich konkurrierend herleitbar ist (so Nr. 3 letzter Halbsatz). § 102 Nr. 4 BSchG sichert dagegenauch nach der neuesten Novelle - jegliche Schadenersatzansprüche aus dem Schiffahrtsbetrieb, gleichgültig ob gesetzlicher oder vertraglicher Natu~6 . Bei der Novelle 1998 hat man die Rechtslage im Seerecht durchaus gesehen, aber sich gleichwohl gegen eine entsprechende Regelung entschieden. Die HOB-Bestimmung beruhte auf dem Abkommen von 196757, dessen Regelungen man 1998 insoweit nicht für überzeugend hielt, so daß man bewußt weitergehend formulierte 58• Im Binnenschiffahrtsrecht ist damit die funktionelle Basis vom "Konkurs des Schiffes" gefestigt, in dem man - weitergehend als im Seerecht - Forderungen in die bevorrechtigte Aufteilung einbezieht und so eine endgültige Abrechnung im Rahmen der Verwertung fördert (allerdings auf Kosten aller nicht Berücksichtigten). Die Differenzierung zwischen Binnenschiffahrts- und Seerecht ist im Ergebnis auch hier nicht überzeugend. Im Grundsatz sind die tatsächlichen Ausgangslagen zu ähnlich, als daß die Abweichungen als Ausdruck vorhandener Unterschiede zu begreifen wären (zur geänderten Rangfolge vgl. noch den Folgeabschnitt). Es läßt sich nachvollziehen, daß es im Seerecht wesentlich erschien, international eine möglichst hohe Einheitlichkeit zu erreichen. Nachdem das nicht geglückt ist, da viele andere Nationen nicht mitzogen, wird der Schritt zurück zur Ausgangslage gefordert59. Zugunsten der derzeitigen seerechtliehen Regelung läßt sich sagen, daß der Gläubiger im Bereich vertraglicher Ansprüche eher die Möglichkeit hat, Vgl. Schaps/Abraham § 754 Rn. 13. Auch Ansprüche aus Ladungsschäden wegen Verlust oder Beschädigung, siehe BTDrucks. XIII/8446 S. 36. 57 Auf dem sich die gegenteilige deutsche Auffassung nicht durchsetzen konnte, vgl. BTDrucks. Vl/2225 S. 35. 58 Kritisch zum Ausschluß von Ladungsschäden im Seerecht Herber TranspR 1999, 294, 295. 59 Siehe Herber TranspR 1999, 294, 295. 55
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XVII. Schiffsgläubigerrechte
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sich rechtsgeschäftlich zu sichern60. Praktisch besteht diese Alternative für Schadenersatzansprüche aber kaum. Die Ladungsgläubiger, als wichtigste potentielle vertragliche Schadenersatzgläubiger, können sich allenfalls zu ihrer Sicherung vorab von einer - praktisch meist vorhandenen - Versicherung des Partners überzeugen. Wie immer man dieses spezielle Schiffsgläubigerrecht zukünftig regeln mag, es wäre zumindest eine nationale Einheitlichkeit sinnvoll, wenn sie international schon nicht zu erreichen ist. ee) Haverei, Rettung, Wrackbeseitigung Im Seerecht nach den Schadenersatzforderungen, im BSchG dagegen vor diesen, sind die Forderungen aus Bergung und Hilfeleistung einerseits und großer Haverei andererseits gesichert(§ 754 Nr. 4 HGB, § 102 Nr. 3 BSchG). Zu den Forderungen im einzelnen kann in diesem Rahmen auf die Ausführungen in den Kapiteln XV. und XVI. verwiesen werden. Für die Rangunterschiede - einerseits nach, anderseits vor den Schadenersatzansprüchen (vgl. aber auch § 762 Abs. 2 HGB: Abweichungsgrund ist hier der Werterhaltungsgesichtspunkt) - sind Gründe erkennbar: Die Ansprüche im BSchG beschränken sich bei Rettung und Haverei (aber auch nur da!) auf das Pfandrecht61 , so daß die Gläubiger bei einem Ausfallen ungleich härter getroffen werden als im Seerecht. Diese Ungleichheit in der Ausgangstage ist eine nachvollziehbare Erwägung, eine Rangumkehr vorzusehen62 • § 754 Nr. 4 HGB erwähnt zusätzlich die Kosten der Beseitigung des Wracks, die gleichberechtigt neben den vorgenannten Ansprüchen gesichert sind. Im BSchG sind diese dagegen nicht aufgeführt. Auf deutschen Bundeswasserstraßen - und damit einem wesentlichen Teil des Binnenschiffsverkehrs - gibt es mit § 30 BWaStrG eine Sonderregel, nach der die öffentlich-rechtliche Forderung wegen der Kosten einer Beseitigung von Schiffahrtshindernissen (insb. eines Wracks) aus dem Gegenstand selbst zu befriedigen ist (§ 30 Abs. 5 BWaStrG). Das BWaStrG begründet zwar kein Pfandrecht im Sinne des Privatrechts (anders noch die bis 1990 geltende StrandO), aber ein öffentlich-rechtliches Befriedigungsrecht mit Vorrang vor allen anderen Rechten (einschließlich der Schiffsgläubigerrechte). Allein außerhalb des Anwendungsbereiches des BWaStrG (d. h. der Bundeswasserstraßen) oder bei privatrechtliehen Ansprüchen63 kann es deswegen einen Unterschied bedeuten, daß im BSchG kein Pfandrecht besteht.
So wohl Würdinger/Sotiropoulos S. 83. Dazu schon ab S. 326. 62 Noch überzeugender wäre allerdings wohl die Angleichung der Ausgangslage, d. h. die Abschaffung der Rudimente dinglicher Beschränkung. 63 § 754 Nr. 4 HGB gilt ebenso für Ansprüche aus privater Wrackbeseitigung. 60
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
ff) Kapitänsgeschäfte
Als Nummer 5 des neuen § 102 BSchG und heute ohne Pendant im Seerecht sind Forderungen aus sog. "Kapitänsgeschäften" gesichert64• Gemeint sind damit Ansprüche von Dritten gegenüber dem Schiffseigner aus Rechtsgeschäften des Schiffers (Kapitäns), die dieser (nur) kraftseiner gesetzlichen Befugnis aus§§ 15 f. BSchG geschlossen hat. Hintergrund dieser Bestimmung ist, daß der Schiffer auf der Reise (an Orten, an denen der Eigner keine Vertretung hat) kraft Gesetzes zu allen Rechtsgeschäften befugt ist, die für die Ausführung der Reise nötig sind (vgl. §§ 15, 16 BSchG); so z. B. zum Ankauf von Treibstoff und Verpflegung, zur Anordnung von Reparaturarbeiten am Schiff etc. Gesichert sind alle Forderungen aus diesen Geschäften65 [mit langer Tradition, siehe oben l.a)], sofern diese nicht "mit Bezug auf eine Vollmacht" eingegangen wurden (vgl. Nr. 5 letzter Halbsatz). Zwar ist 1998 im BSchG die früher insoweit bestehende dingliche Haftungsbeschränkung (vgl. § 4 BSchG a.F.) entfallen. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist die Durchsetzung solcher Forderungen gegenüber "ausländischen" Schiffseignern aber so erschwert, daß man das Schiffsgläubigerrecht aufrechterhielt66. Das Verbleiben dieser Privilegierung im BSchG und noch mehr die konkrete Ausgestaltung der Norm ist verfehlt. Zunächst ist die Differenzierung zwischen den Rechtsgeschäften, für die der Schiffseigner allein kraft gesetzlicher Vertretungsbefugnis des Schiffers haftet(§§ 15, 19 BSchG) und solchen, für die er auch kraft rechtsgeschäftlicher Vollmacht haftet, nach der von den Verfassern der Norm gegebenen Erläuterung nicht nachvollziehbar. Nachdem die bisherige dinglich-beschränkte Haftung für Geschäfte, die allein auf Basis der gesetzlichen Befugnis getätigt wurden, entfallen ist, macht eine differenzierte Behandlung der beiden Anspruchsgruppen (mit und ohne Bezug zur Vollmacht) keinen Sinn mehr67 . Die Geschäfte sind für die Gläubiger seitdem gleich leicht oder schwer durchsetzbar. Aber abgesehen von dieser konkreten Ausgestaltung, ist eine Privilegierung der Ansprüche der Nummer 5 meiner Ansicht nach ohnehin nicht mehr zu befürworten. Die seerechtliche Praxis demonstriert seit beinahe 30 Jahren- und insofern keineswegs auf den deutschen Rechtsbereich beschränkt68 -, daß jedenfalls heute der Ge64 Das BSchG bis 1998 unterschied noch verschiedene Formen von privilegierten Kapitänsgeschäften (§ 102 Nr. 3 und 5 a.F.), ebenso das Seerecht vor 1973: § 754 Nr. 6 und 8 HGB a.F. Die damalige nochmalige Privilegierung von "Notgeschäften" (für die nur eine dingliche Haftung bestand) ist insgesamt entfallen. 65 Damit nicht nur das Entgelt, sondern auch Nebenansprüche und vertraglicher Schadenersatz. 66 BT-Drucks. XIII/ 8446 S. 36. 67 Es mag eine Überlegung wert sein, ob man den Tatbestand der Nummer 5 nach der Novelle 1998 nicht teleologisch dahingehend auslegen kann, daß alle Geschäfte des Kapitäns, auch mit Bezug auf eine Vollmacht, gesichert sind. In Anbetracht des deutlichen Wortlauts erscheint mir das aber zweifelhaft. 68 Lieferungen "an das Schiff' sind in vielen nationalen Rechten (so in Großbritannien und den skandinavischen Ländern) nicht geschützt, Schaps/ Abraham Vor§ 754 Rn. 38 ff.
XVII. Schiffsgläubigerrechte
377
schäftsablauf in der Schiffahrt ohne dieses Schiffsgläubigerrecht funktioniert. Man hat im BSchG damit eine weitere nicht nachvollziehbare Abweichung zum Seerecht aufrechterhalten. Der in der Gesetzesbegründung69 erfolgte Hinweis, daß das Seerecht mit Hinblick auf das Abkommen von 1993 wieder reformiert wird, überzeugt nicht, denn auch dieses Abkommen kennt keine Parallele zu § 102 Nr. 5 BSchG. Die Forderung, das deutsche Seerecht anderen nationalen Rechten anzupassen, um so eine Einheitlichkeit zu erzielen, überzeugt nicht, wenn es zum einen keine guten Gründe für die Privilegierung der speziellen Forderung gibt70 und zum anderen ein international einheitlicher Schutz ohnehin nicht feststellbar ist. gg) Sozialversicherungsbeiträge Den letzten (Vor-)Rang beider Auflistungen genießen die Forderungen der Sozialversicherungsträger (hinsichtlich der Besatzung). Insoweit ist, wie schon bei den Abgaben, der öffentlich-rechtliche Bezug für die Bestimmung des Forderungskreises entscheidend. hh) Kosten und Zinsen
Immer mit umfaßt sind zuletzt Zinsen und Kosten. § 1210 BGB wird hier von § 755 Abs. 2 HGB, §§ 103, 105 BSchG untermauert. ii) Zusammenfassung Abstrahiert kann man sagen, daß ähnlich dem alten Konkursvorrecht in § 61 KO Arbeitnehmeransprüche, Sozialversicherungsforderungen und Ansprüche der öffentlichen Kassen gesichert sind. Hinzu kommen Ansprüche aus bestimmten SeeEreignissen, wie Bergung und Haverei und spezielle gesetzliche Schadenersatzforderungen, die aus dem Schiffsbetrieb entstehen. Das BSchG sichert noch weitere Ansprüche. Festhalten kann man, daß die Forderungskataloge im Seerecht und im Binnenschiffahrtsrecht deutliche Unterschiede aufweisen. Besonders beim BSchG erscheinen sowohl die Forderungsselektion als auch die Rangfolge nicht recht nachvollziehbar. Der Eindruck verstärkt sich, wenn man die beiden Ordnungen vergleicht. Der Hinweis auf "sozialpolitische Motivationen" und Bestrebungen zur internationalen Vereinheitlichung können kaum eine der Differenzierungen der beiden Ranglisten rechtfertigen. Die derzeitige Lage ruft beim Betrachter vielfach nur den Eindruck einer gewissen Willkür hervor. 69 70
BT-Drucks. XIII/8446 S. 36. A.A. wohl Herber TranspR 1999, 294, 295.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
3. Sicherungsobjekt
a) Schiff
aa) Begriff Sicherungsobjekt dieses Pfandrechts ist das Schiff. Ein Schiff ist dabei nach der üblichen Definition ,jeder schwimmfähige Hohlkörper von nicht ganz unbedeutender Größe, der zur Fortbewegung und zur Beförderung im Wasser bestimmt und in der Lage ist"71 . Auf diese Weise werden Flöße und nicht zur Fortbewegung bestimmte Objekte (wie Hausboote oder Hotelschiffe) aussortiert. Nicht dazu gehören nach der üblichen Verkehrsanschauung kleine Boote wie Kanus, Jollen oder Ruderboote. Daß sie nicht der Fortbewegung auf dem Wasser dienen72, ist zwar nicht richtig. Allerdings wird auch im allgemeinen Sprachgebrauch ein kleines Boot nicht als "Schiff' bezeichnet, und der Bootsausflug dient nicht der "Schifffahrt" (bei aller ersichtlichen Abgrenzungsungenauigkeit). bb) Wrack Bestimmungsprobleme gibt es mit "Wracks", d. h. bergungs- oder ausbesserungsunfähigen (ehemaligen) "Schiffen". Wird ein Schiff in diesem Sinne reparaturunfähig, verliert es nach weitverbreiteter Auffassung seine Eigenschaft, "Schiff' zu sein73 • Als Folge davon soll, ab dem Zeitpunkt, in dem ein Schiff zum Wrack wird, an diesem kein Schiffsgläubigerrecht mehr entstehen und bisherige nicht fortbestehen können74. Allenfalls als gewöhnliche Mobiliarpfandrechte sollen sie dann noch an diesem Objekt fortwirken (was aber regelmäßig am Besitzerfordernis scheitert). In Anbetracht der Bestimmung des § 754 Nr. 4 HGB letzte Variante, nach der Forderungen wegen "Wrackbeseitigung" gerade die Rechte eines Schiffsgläubigers begriinden, ist diese Auffassung wohl unvertretbar. Ganz offensichtlich bestimmt das Gesetz in Folge des Abkommens von 1967 die Lage anders, denn ansonsten hätte man - wie bspw. mit § 30 BWaStrG oder sonstigen gesetzlichen Verwertungsrechten - eine andere Regelung, losgelöst vom Schiffsgläubigerrecht, entwickelt. Auch die Auffassung von Rabe, nach der die Nr. 4 nur für ,,reparaturfähige" Wracks gilt75, findet keine Unterstützung im Gesetz und erlaubt keine brauchbare Abgrenzung (denn technisch kann praktisch alles repariert werden)76• 71 In diesem Sinne: Schaps/Abraham Vor § 476 Rn. I ; Prüßmann I Rabe Einf Anm. I A I; Herber SHR § 10 I I; ähnlich auch BGH v. I4. I2. I95I NJW 52, I135 f. 72 So Wüstendorfer SHR S. 39. 73 Siehe Wüstendorfer SHR S. 39; gegen einen starren Definition I Rechtsfolgen-Zusammenhang Brauer MDR I955, 453 f. m. w. N. zum damaligen Diskussionsstand. 74 Mittelstein Ehrenbergs Hdb. VII/I S. S. 413; Schaps/Abraham§ 755 Rn. 6 f. m. w. N. 75 Prüßmann I Rabe Einf I A 3 und § 755 Anm. A 2.
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Der Hauptgrund für diese Begrenzungen des Objektbegriffes ist, daß Schiffsgläubigerrechte nicht infolge eines gutgläubigen Erwerbes untergehen [§ 755 Abs. 1 Satz 2 HGB, § 103 Abs. 2 BSchG, siehe noch 3.c)], was ftir nicht mehr nutzbare Schiffe als unbefriedigend angesehen wird. Die von beiden Ansichten gewählten Wege zur Lösung dieses vom Gesetz vorgegebenen Konfliktes sind in Anbetracht der eindeutigen anderen Regelung in § 754 HGB für das Seerecht untauglich und überzeugten ebensowenig für das BSchG: Gerade für bereits vorhandene ·Rechte gilt, daß sich die Lage kaum von der beim intakten Schiff unterscheidet, solange das Wrack als Schiff erkennbar ist. Ist es aber bereits so weit zerlegt, daß die Herkunft der Einzelteile von einem Schiff nicht mehr offensichtlich ist, ist tatsächlich kein "Schiff' (§ 479 HGB) und damit kein taugliches Objekt eines Schiffsgläubigerrechts mehr vorhanden. cc) Begrenzung auf Handelsschiffe Ein weiteres Grenzfeld ist die im HGB vermeintlich erfolgte Begrenzung auf Kauffahrtei-l oder Handelsschiffe. Während im BSchG stets alle Schiffe erfaßt sind, wird - wie beim Rettungskostenpfandrecht bereits erwähnt (Kapitel XVI. S. 353 f.) - im HGB die Anwendbarkeit traditionell auf die Schiffe begrenzt, die zum Erwerb durch die Schiffahrt dienen. Diese Prämisse wird ebenso für die Schiffsgläubigerrechte vertreten77• Meiner Meinung nach ist diese Beschränkung bereits de lege lata nicht berechtigt. Wie schon vorne ausgeführt, ist eine Begrenzung der Bestimmungen der Rettungskosten auf Handelsschiffe nicht angebracht und weder durch Art. 7 EGHGB noch durch den Titel des 5. Buches des HGB geboten. Die dem BGH folgende, heute herrschende Meinung erstreckt die§§ 740 ff. HGB daher auf Nichterwerbsschiffe als Rettungsobjekt78 • Es ist nur konsequent, ein wesentliches Teilstück der Regelung - den § 752 Abs. I HGB - gleichfalls für anwendbar zu halten, der bereits bestimmt, daß an dem Schiff ein Schiffsgläubigerrecht entsteht79• Bedenkt man weiter, daß für ein Nichterwerbsschiff im Binnenschiffsverkehr die dort geltenden Schiffsgläubigerrechte ohnehin anwendbar sind80 und ein Wechsel eines Schiffes durch reine Änderung der regelmäßigen Verwendung möglich ist81 , erscheint die Erstreckung der Schiffsgläubigerrechte auf Nichterwerbsschiffe 76 Auf§ 479 HGB kann sich Rabe kaum stützen, denn dieser spricht gerade vorn reparaturunfahigen "Schiff'. 77 Priißrnann/ Rabe Vor 754 Anrn. I. C.; Herber SHR § 13 V 9. 78 BGHZ 69, 197 ff. v. 4. 7. 1977; Priißrnann/ Rabe § 740 Anrn. § 740 B 1; Puttforken Rn. 731; Kastenbauer VersR 1980, 305, 306. Siehe auch oben S. 353. 79 Der BGH hat dies genau so gesehen und nur für Staatsschiffe eingeschränkt. 80 Vortisch I Bemm § 102 Rn. 10. 81 Ganz h.M.: Priißrnann I Rabe Einfl B 1a; Wüstendorfer SHR S. 40.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
im Seerecht nur naheliegend. Davon zu trennen bleibt selbstverständlich die Frage, ob hinsichtlich jeder der in § 754 HGB bezeichneten Forderungen ein Schiffsgläubigerrecht am Nichterwerbsschiff entstehen kann. Dies ist abhängig von der Natur der Forderung und nicht des Schiffsgläubigerrechts und kann für einzelne Typen (bspw. Havereiforderungen) durchaus negativ zu beantworten sein.
b) Eigentum am Schiff Schiffsgläubigerrechte entstehen an dem Schiff, zu dem der Anspruch den erwähnten Bezug hat, unabhängig davon, ob dessen Eigentümer Schuldner der gesicherten Forderung ist82 . Selbst in bezug auf die Vorstellung (Gutgläubigkeit) des Gläubigers definiert § 510 Abs. 2 HGB83 eine modifizierte Grenze, so daß der Gläubiger das Pfandrecht auch dann erwirbt, wenn er weiß, daß Reeder und Schuldner nicht identisch sind.
c) Schiffsvermögen Insbesondere für das ältere Recht (für das BSchG noch bis 1998) war die Formulierung geläufig, dem Schiffsgläubiger hafte weiterhin das sogenannte "Schiffsvermögen"84. Die Bedeutung lag und liegt vor allem darin, daß neben dem Schiff eine Reihe von dem Schiffsbetrieb zuzuordnender Objekte in die Pfandhaftung mit einbezogen wurden. Ein wichtiger Bestandteil des sog. Schiffsvermögens, die Frachtforderungen, sind allerdings seit 1972 für das Seerecht, seit 1998 für BSchG dem Haftungsverband entnommen worden. Die Gründe für die Streichung sind der Fortfall der dinglichen Beschränkung und die Änderung der tatsächlichen Gegebenheiten, die diese Haftung praktisch obsolet werden ließ85 . Zum "Schiffsvermögen" gehören aber nach wie vor neben allen Bestandteilen des Schiffes, die bereits nach dem BGB Pfandobjekt sind(§§ 1212, 93, 99 BGB), das Zubehör und einige Surrogate. § 756 Abs. 1 HGB, § 103 Abs. 1 HGB erstrecken das Verwertungsrecht auf das Zubehör(§ 97 BGB, § 478 HGB) des Schiffes. Die Bestimmungen reichen weiter als die zum Mobiliarpfandrecht des BGB, bei dem nur bei Mitübergabe des Zubehörs eine Mitverpfändung vermutet wird86. Die Bestimmung zum SchiffsgläubiStatt vieler: Herber SHR § 13 V 3. Abs. 2: Der Eigentümer kann denjenigen, welcher aus der Verwendung einen Anspruch als Schiffsgläubiger herleitet, an der Durchführung des Anspruchs nicht hindern, es sei denn, daß die Verwendung ihm gegenüber eine widerrechtliche und der Gläubiger nicht in gutem Glauben war. 84 Wüstendorfer SHR S. 126 f.; Vortisch I Bemm § 103 Rn. 10. 85 Vgl. BT-Drucks. Vl/2225 S. 34 für das HGB, Xlll/8446 S. 37 für das BSchG. 86 Palandt/ Bassenge § 1212 Rn. 2. 82
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XVII. Schiffsgläubigerrechte
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gerrecht deutet eine Nähe zu den Immobiliarpfandrechten an (siehe§ 1120 BGB). Wie bei diesen- aber abweichend vom Grundsatz [oben b)]- unterliegt im Seerecht seit dem 1. SRÄG nur Zubehör des Reeders der Pfandhaftung (§ 756 HGBr. Die Regelung im BSchG macht den Vorbehalt nicht, so daß es nicht erstaunt, wenn im BSchG - entsprechend der ursprünglich einheitlichen Rechtslage für Schiffe- eine Unabhängigkeit von der Eigentumsfrage angenommen wird. Der erneute Unterschied von Seerecht und BSchG ist nicht erfreulich, kann aber nur de lege ferenda geändert werden: Der Ausschluß der Mithaftung fremden Zubehörs im Seerecht ist weder allgemeines Prinzip noch drängt die Systematik der Schiffsgläubigerrechte zu einer solchen Regelung. Das Binnenschiffahrtsrecht setzt den tradierten Rechtszustand fort und es ist kaum vertretbar, anzunehmen, daß die Gesetzesänderung im Seerecht für das BSchG Wirkung erlangt. Die§ 756 Abs. 2 HGB, § 115 Abs. 1 BSchG (seit 1998 inhaltsgleich) erweitern die Haftung auf bestimmte Surrogate und gehen auch insofern über die Bestimmungen zum Mobiliarpfandrecht (§§ 1219 Abs. 2, 1247 BGB) hinaus 88• Als Surrogate haften neben den vertraglichen oder gesetzlichen Schadenersatzansprüchen gegen den Schädiger des Schiffes auch alle anderen Ersatzansprüche wie aus EiDgriffskondiktion oder aus rechtmäßigem Handeln (§ 904 BGB 89). Gleichfalls Ersatzanspruch in diesem Sinne - und gesondert erwähnt - ist die Forderung auf Havereivergütung gegen die anderen Havereibeteiligten. Beim Verkauf des Schiffes gibt es dagegen natiirlich keine Surrogation (hinsichtlich des Kaufpreises). Durch die hohe Bestandskraft des Rechtes [vgl. noch d)] bedarf es einer solchen nicht, solange das Schiff in seinem Wert fortbesteht90. Auch zum Immobiliarpfandrecht gibt es insofern keine Parallele. Für diese räumt § 1127 BGB nur eine dingliche Surrogation an Versicherungsforderungen ein. Diese sind im Schiffahrtsrecht aber gerade nicht den Schiffsgläubigem (siehe § 756 Abs. 3 HGB, § 115 Abs. 2 BSchG), sondern statt dessen den Schiffshypothekaren zugewiesen (§ 32 SchiffsRG)91 . Zwar zeigt sich wiederum der Charakter dieser Regelungen als Verteilungsordnung, die Zuordnung erfolgt diesmal aber nicht zugunsten der Schiffsgläubiger: Für Hypotheken (an Immobilien und Schiffen) dient die Versicherungsentschädigung als Surrogat, und andere Ersatzansprüche - z. B. gegen einen Schädiger - sind nicht erlaßt. Die Schiffsgläubiger sind dagegen im Falle des Schiffsverlustes I -schaden insoweit ausgeschlossen (was in Anbetracht des sonstigen Schutzumfangs überraschen mag) und auf Ansprüche gegen mögliche Schädiger verwiesen.
Anders noch vor dem 1. SRÄG, vgl. BT-Drucks. VI /2225 S. 37. Siehe zu einem Teilbereich dazu schon oben S. 67 ff. 89 In diesem Sinne BT-Drucks. Vl/2225 S. 37. 90 So schon zum alten Recht Wüstendorfer SHR S. 129. 91 Dem liegt eine Entscheidung bereits im ADHGB zugrunde, vgl. Prot. S. 1606 ff., 4168 ff., die man mit der Novelle nicht ändern wollte, vgl. BT-Drucks. VI/2225 S. 37. 87
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
d) Publizität
Die Schiffsgläubigerrechte sind publizitätsfrei, d. h. sie müssen und können selbst dann nicht in das Schiffsregister eingetragen werden, wenn das Schiff nach dem SchRG registriert ist. Da das Pfandrecht auch keinen Besitz voraussetzt, ist seine Existenz im Grunde überhaupt erst nach umfassenden Recherchen feststellbar. Dem Verkehrsschutz dient insofern allein der Schiffsbezug der Schiffsgläubigerrechte. JederErwerbereines Schiffes und ebenso jeder sonst am Schiff Berechtigte muß stets damit rechnen, daß Schiffsgläubigerrechte an diesem bestehen und dies bei seiner Disposition berücksichtigen. Es besteht eine geringe Ähnlichkeit zu den Raumsicherungspfandrechten des Vermieters etc., bei denen ebenso für die im Raum befindlichen Sachen ein Pfandrecht zu vermuten ist. Beim Schiff gibt es zwar keinen die Pfandobjekte einschließenden Raum, aber gleichwohl ist hier der Raum (nämlich das Schiff) nebst Inventar selbst Pfandobjekt In diesem Sinne ist die Existenz dieser Pfandrechte doch in gewissem Maße publik. Wer daher ein schiffbezogenes Geschäft abschließt, muß allein aus diesem Bezug sein Schutzbedürfnis erkennen und die nötige Vorsicht walten lassen. Für den Verkehr sind die Schiffsgläubigerrechte daher nicht in dem Maße gefährlich, wie es zunächst scheint oder wie es ein publizitätsloses Recht (aus einem nur vorübergehenden Schiffsbezug) an anderen Mobilien wäre92. Auf den ersten Blick ist es überraschend, daß hinsichtlich der Schiffsgläubigerrechte kein gutgläubig lastenfreier Erwerb möglich sein soll. Selbst der Verweis auf§ 755 Abs. 1 Satz 2 HGB, § 103 Abs. 2 BSchG mag nicht jeden überzeugen, wenn die Bestimmungen auch nur bei diesem Verständnis einen Sinn haben (Besitzer des Schiffes ist nur der Eigentümer oder Ausrüster)93 • Letztlich ist der Schluß jedoch zwingend, denn worauf sollte sich bei einem publizitätsfreien Recht der gute Glaube des Erwerbers gründen? Es fehlt- und darin liegt der Unterschied zu den Ladungsgläubigerrechten - der schutzwürdige Vertrauenstatbestand des Verkehrs, daß man ein Schiff durch Besitzerlangung lastenfrei erwirbt. Das Verständnis von der sehr weitgehenden Privilegierung der Schiffsgläubigerrechte ist historisch gewachsen. Sie sind damit regelmäßig bestandskräftiger als andere gesetzliche Verwertungsrechte, gewissermaßen zum Ausgleich aber zeitlich auf ein Jahr beschränkt (§ 759 HGB, § 117 BSchG). 4. Praktische Bedeutung
Es gibt relativ viel Rechtsprechung zu den Schiffsgläubigerrechten94• Gerade in Anbetracht der hier bestehenden Möglichkeit des "forum shopping" kann dies So zu den Ladungsgütern schon S. 334 ff. und 356. Vgl. Prüßmann/ Rabe Vor§ 556 Anm. III B 4. 94 Zum Seerecht: BVerfGE 91, 207 ff. v. 12. 10. 1994 (zur Haftung des Schiffes für Abgaben); LG Bremen v. 8. 2. 1994 RIW 1995, 326 ff.; OLG Hbg. v. 30. 9. 1993 TranspR 1994, 92 93
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überraschen: Die Wahl des Zugriffsortes (des Hafens, in dem die Beschlagnahme erfolgt) wird nach den regional sehr unterschiedlichen Verwertungskosten und zeiten und dem anwendbaren Recht getroffen (vgl. schon vorne zum IPR, S. 370). Da Deutschland dabei nicht als besonders attraktiv gilt95 , wären eher weniger Entscheidungen zu erwarten. Um so mehr ist die Menge der Gerichtsentscheidungen ein Indiz für die praktische Bedeutung dieser Rechte. Sucht man nach Ursachen, ist eine relativ hohe Bedeutung allerdings zu erklären. Die Vielzahl von verschiedenartigen gesicherten Forderungen führt gegenüber anderen Pfandrechten zu einem vergrößerten Anwendungsbereich. Sie sind zumeist auch nicht anderweitig gesichert, so daß der Zugriff auf das Schiff naheliegt Gegen den irgendwo im Ausland befindlichen Reeder sind die Forderungen nur erschwert beizutreiben, während das Schiff praktisch relativ einfach als Zugriffsobjekt aufzuspüren ist, sofern es noch seinem gewöhnlichen Betrieb nachgeht96. Selbst für Forderungen, für die ein zahlungskräftiges Rechtssubjekt im Zugriffsbereich wäre, kann durch die erweiterte Möglichkeit der Beschlagnahme soviel wirtschaftlicher Druck auf die Beteiligten I ihre Versicherer ausgeübt werden, daß bis zur rechtlichen Klärung über den Forderungsbestand dem Gläubiger Sicherheit geleistet wird97• Außerdem bedarf es gern. § 760 HGB, § 103 Abs. 3 BSchG für die Durchsetzung der Schiffsgläubigerrechte stets der gerichtlichen Entscheidung. Zuletzt erhöht die angesprochene funktionelle Parallelität zum Insolvenzrecht die praktische Bedeutung: Wer sich nicht um seine Schiffsgläubigerrechte kümmert, droht ganz auszufallen. Kommt man auf diese Weise zum Ergebnis, daß diese Art gesetzliches Verwertungsrecht durchaus praktische Bedeutung hat, muß es überraschen, daß bspw. Puttfarken die Schiffsgläubigerrechte als Institution für überholt und in der Sache für grundsätzlich funktionslos hält, weil sie sich nur noch in einer "erweiterten Arrestmöglichkeit" erschöpfen98. Diese Einschätzung geht meines Erachtens von unvollständigen und teilweise unzutreffenden Prämissen aus und muß zumindest relativiert werden. Zwar sind die Schiffsgläubigerrechte nach dem Fortfall der ding69 f.; LG Bremen v. 23. 1. 1992, AiB 1992, 362 f.; BGH v. 21. 1. 1991 TranspR 1991, 198 ff.; OLG Bremen v. 17. 1. 1990 IPRax 1992,323 f.; LG Stade v. 5. 5. 1987 EWiR § 754 HGB 1 I 87 1117 f.; zum BSchG: ROG Karlsruhe v. 20. 10. 1995 VRS 90, 406 ff.; ROG Köln BinSchiff 1996, Nr. 6, 41 f.; LG Würzburg v. 1. 8. 1995 BinSchiff 1996, Nr. 3, 47 f.; ROG Karlsruhe v. 7. 2. 1995 VRS 89, 107 ff.; dasselbe v. 29. 6. 1994 VRS 90, 426 ff.; OLG Hbg. v. 30. 10. 1986 VersR 1988, 514; BGHZ 96, 332 ff. v. 9. 12. 1985; früher insb. BGHZ 66, 1 ff. V. 24. 11. 1975; BGHZ 6, 102 ff. V. 13. 5. 1952. 95 Vgl. Büchmann EWiR § 754 HGB 1187 S. 1117, der auf die Vorteile der niederländischen Häfen hinweist, deren Wahl u.U. ein Dreiviertel der Dauer des Verfahrens und damit der Kosten gegenüber deutschen Häfen spart. 96 Man denke an die "Lloyds Shipping List", die die angelaufenen Häfen weltweit publiziert. 97 Oft bspw. durch Garantien der P & I- Clubs, vgl. auch Puttfarken Rn. 666. 98 Puttfarken Rn. 659.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- B. Entstehung der Verwertungsrechte
liehen Haftungsbeschränkung einem gewissen Funktionswandel unterworfen worden99. Ihre Funktion beschränkte sich aber nie - und schon diesbezüglich geht Puttfarken fehl - auf diesen Haftungsersatz, wie bereits dargelegt wurde. Aber auch die weitere Annahme, die Berechtigung beschränke sich auf eine erweiterte Arrestmöglichkeit (was im übrigen manchmal schon viel sein kann), ist so nicht zutreffend. Als gesetzliches Pfandrecht verschafft es nämlich dem Schiffsgläubiger die Rechtsmacht zur Verwertung (sei es auch nur auf dem Weg des § 760 HGB) und den Vorrang vor anderen Verwertungsrechten (§ 761 HGB). Richtig ist daher, daß das Schiffsgläubigerrecht kein Selbsthilferecht verschafft. Im übrigen sichert es den Gläubigem jedoch in und außerhalb der Insolvenz besser als andere - sogar vertragliche - Verwertungsrechte. Natürlich ließe sich das Schiffsgläubigerrecht - wie alle gesetzlichen Verwertungsrechte - funktionell durch ein neu zu gestaltendes Institut ersetzen und wäre sogar eine ersatzlose Streichung nicht undenkbar (vgl. noch unten 5. und im Befund). Gerade im Bereich der Schiffsgläubigerrechte ist dies durch den engeren Zusammenhang zu anderen Rechtsordnungen aber am wenigsten praktikabel, und schon deswegen sollte eine möglichst internationale Konformität der Institute erreicht werden. 5. VergleichsfaDe
Betrachtet man die einzelnen gesicherten Forderungen, so lassen sich trotz Beriicksichtigung der Besonderheiten vergleichbare ungesicherte Anspruche im "Landrecht" finden. Ersichtlich sind Seeleute die einzigen Arbeitnehmer, deren Anspruch auf Vergütung dinglich gesichert ist. Man könnte als Rechtfertigung überlegen, daß sie durch die stete und weltweite Reisetätigkeit- ohne diese Sicherung möglicherweise größere Schwierigkeiten bei der Durchsetzung von Anspriichen gegen ihren Arbeitgeber hätten. Tatsächlich unterscheidet sich ihre Situation aber nicht grundsätzlich von vielen anderen Arbeitnehmern. Diese sind im Frachtgewerbe (bspw. auf der Straße) oder in sonstigen Bereichen, wie technische Monteure im Ausland oder angestellte Handelsvertreter, in durchaus vergleichbaren Lagen. Die Situation des auf See "von der Welt abgeschnittenen" Seemannes ist im Zeitalter der Telekommunikation und des Flugverkehrs Vergangenheit. Das Risiko der Seeleute ist heute weniger die Zahlungsunwilligkeit I -unfähigkeit ihres Reeders, als die mit dem Ausflaggen verbundene Gefahr des Arbeitsplatzverlustes oder des Verlustes der Annehmlichkeiten deutschen Arbeitsrechts100. Findet jedoch auf den Vertrag deutsches Recht keine Anwendung, hilft auch der dann gleichfalls nicht anwendbare § 754 HGB nicht weiter. Unterfällt der Insofern ebenso Würdinger/Sotiropoulos S. 82. too Dazu Herber SHR § 18 V 4, IV; Puttfarken Rn. 563 ff.
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I. England
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Vertrag dagegen deutschem Arbeitsrecht, bedarf es kaum dieses Schutzes, denn über § 183 SGB III (vgl. oben Fn. 41) hat der Seemann immer einen Mindestschutz. Im Bereich der Schadenshaftung ist das Schiffsgläubigerrecht gleichfalls ein Unikat, zu dem es an Land nichts Entsprechendes gibt. Bedenkt man, daß hier das Schiffsgläubigerrecht zur Erzwingung von Sicherstellungen dient (siehe 4.), da im übrigen meist liquide Versicherungen eine Insolvenz ohnehin praktisch ausschließen101, kann man auch diese Abweichung zum Landrecht in Frage stellen. Im Ergebnis bringt das Seerecht in vielen Punkten - allerdings im Einklang mit anderen Rechtsordnungen - Sonderregeln, für die bei objektiver Betrachtung unklar bleibt, warum (jedenfalls heute) eine Abweichung besteht und- speziell für diese Untersuchung -, warum Verwertungsrechte hier, aber nicht an Land eingeräumt werden. Es besteht heute allgemein die erkennbare Tendenz, eine Angleichung des See- an das Landrecht herbeizuführen 102•
C. Rechtsvergleich Vor dem Übergang in den Abschnitt zum "Befund" und damit den Folgerungen, die man aus den Ergebnissen der Bestandsaufnahme gewinnen kann, soll ein Exkurs zu ausgewählten Rechtsordnungen europäischer Nachbarn unternommen werden. Letztlich stellt sich das Problem, ob und wie man spezielle Gläubiger gesetzlich sichert, überall ähnlich. Am Beispiel einzelner repräsentativer Nachbarn, nämlich England, Frankreich, Schweiz und Österreich kann gezeigt werden, inwieweit doch unterschiedliche Lösungen vorhanden sind.
I. England 1. Allgemeines
Das in weiten Teilen nicht kodifizierte, auf Richterrecht (case law) basierende 1 englische Recht ist schwerer zu erfassen als die kontinental-europäischen Rechtsordnungen, bei denen der Gesetzgeber zumindest gelegentlich abstrahierend und systematisierend reguliert. Gerade bei der Untersuchung der Sicherungs- und Verwertungsrechte zeigt sich, daß man im Umgang mit den englischen Rechtstermini vorsichtig sein muß, weil diese wenig einheitlich verwendet werden, mitunter sogar als "schillernd" zu bezeichnen sind2 . 101 Es ist allerdings zuzugeben, daß man mit einigen P&I-Clubs auch insoweit schlechte Erfahrungen sammeln kann/konnte. 102 Vgl. Basedow JZ 1999, S. 9, 14 f. I Einführend dazu bspw. Blumenwitz S. 7 ff.
25 Bechtloff
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- C. Rechtsvergleich
Zumeist wird als wichtigstes "gesetzliches Sicherungsrecht" das "Iien" angesehen3. Es wird gelegentlich unseren "gesetzlichen Pfandrechten" gleichgestellt4 , überwiegend aber mit ,,Zurückbehaltungsrecht" übersetzt5 . Tatsächlich handelt es sich um einen Sammelbegriff, der in Voraussetzungen und Folgen sehr unterschiedlich ausgestaltete Rechte umfaßt, die - je nachdem - einzelnen deutschen gesetzlichen Pfandrechten oder auch Zurückbehaltungsrechten, mitunter sogar rechtsgeschäftliehen Sicherungen ähneln. Aus dem Blickwinkel dieser Untersuchung ist festzuhalten, daß ein "Iien" üblicherweise kein "gesetzliches Verwertungsrecht" ist, aber manchmal doch dessen Definition entsprechen kann. Mitunter wird in der Rechtsliteratur das "Iien" einführend als ein Sicherungsrecht beschrieben, das "nicht durch Vertrag, sondern aufgrund allgemeinen Rechtes entsteht"6 und das damit von den rechtsgeschäftliehen Sicherungen wie "pledge"7 oder "mortgage"8 zu unterscheiden ist. Wenige Sätze später wird aber klargestellt, daß auch eine Entstehung aufgrund von Vereinbarungen möglich9 ist und praktisch häufig vorkommt 10• Sucht man nach der verbindenden Gemeinsamkeit aller "liens", kann man nur entweder einzelne Formen als terminologisch unpassend "aussortieren" 11 oder sich darauf beschränken, festzustellen, daß der Sicherungszweck des Rechtes die einzige wirkliche Verbindung ist. Um übergreifende Aussagen machen zu können, wird zwischen verschiedenen Gruppen von "Iiens" differenziert. Da sie funktionell in England oft unsere gesetzlichen Verwertungsrechte ersetzen, werden sie unter 2. noch näher vorgestellt. Weiteres gesetzliches Sicherungsrecht und mitunter auch "Verwertungsrecht" ist das (right of) "distress" ("Selbstpfändungsrecht"), das dem Gläubiger ein Recht z Siehe auch- auf die Nachteile des historisch gewachsenen Systems hinweisend- Stahl S. 221m. w. N. 3 Palmherger S. 21; Brink/Habel Rn. 412; Riemenschneider S. 88 ff. Zur hohen praktischen Bedeutung Silvertown S. 1 f. Vgl. zum "lien" auch schon S. 154 (Fn. 71), 359 (Fn. 80). 4 So die Übersetzung bei Romain, Stichwort "lien". 5 Triebel/Hodgson Rn. 324; Brink/Habel Rn. 412; ZRE/ Schmitzlv.Schwartzkoppen S. 294, 296, siehe dazu insb. noch S. 389 f. 6 Siehe explizit Smith & Keenan S. 520; Sheridan S. 204; Brink/Habel Rn. 412. 7 Entspricht etwa unserem rechtsgeschäftliehen Faustpfandrecht, siehe Riemenschneider S. 89; ausführlicher Triebel/Hodgson Rn. 317 ff. s Das Mortgage - funktionell unseren besitzlosen Sicherungsrechten vergleichbar - entsteht rechtsgeschäftlich durch Übertragung treuhändensehen Eigentums von Mobilien ("chattel mortgage", Riemenschneider S. 88 f.) oder Immobilien ("mortgage of land", Smith & Keenan S. 507 ff.). 9 Smith & Keenan S. 520; Silvertown S. 5. 10 Gesetzliche "liens" können vertraglich erweitert werden, vgl. Prüßmann I Rabe § 623 Anm. G; vertragliche werden individuell oder durch AGB geschaffen, Triebel/Hodgson Rn. 324, 326; Scrutton S. 378, 382 ff.; ZRE/ Schmitzlv.Schwartzkoppen S. 296; StahlS. 220, 222 ff. 11 So StahlS. 222, 223, nach dem- unter Berufung auf die übliche Definition -die rechtsgeschäftlich vereinbarten "lien" nach "engerer Terminologie" keine sind.
I. England
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zum Zugriff auf Objekte des Schuldners gewährt und gleichfalls funktionell an einzelne unserer gesetzlichen Pfandrechte erinnert (vgl. noch 3.). Es kommt allerdings praktisch viel seltener vor als das "Iien". 2.Lien
a) Differenzierung im englischen Recht Die gebräuchlichste Unterteilung von "Iiens" ist die nach ihrer Rechtsherkunft Die Grundunterscheidung ist dabei die allein historisch zu erklärende, in Großbritannien aber allgegenwärtige Trennung zwischen "equity" und "common law" 12 (und demgemäß zwischen "equitable Iien" und .,common law lien") 13 • Diese Differenzierung erscheint zunächst - als nur historisch geprägt - wenig sinnvoll. Da mit ihr aber als Folge der separierten Entwicklung wichtige inhaltliche Unterscheidungen einhergehen, wird sie auch hier zugrunde gelegt. Eine weitere Unterteilung der "Iiens" erfolgt danach, ob Besitz für den Rechtserwerb und -erhalt notwendig ist (.,possessory Iien ") oder nicht 14. Innerhalb der besitzgebundenen Rechte unterscheidet man nach dem Umfang des Sicherungsrechtes 15: .,Particular Iien" sind insofern sachbezogene Rechte, die nur solche Forderungen sichern, die in einer engen Verbindung zum Objekt stehen. ., General Iien" dagegen sichern alle - auch inkonnexe - Forderungen durch eine Berechtigung am jeweiligen Einzelobjekt Da nur die "common law Iien" an den Besitz gebunden sind, wird diese weitere Differenzierung zwischen "general" und "particular" meist nur als Unterteilung innerhalb des "common law Iien" verwendet16.
12 Im alten englischen Recht gab es zwei Gerichtszweige, die- mehr oder weniger- unabhängig voneinander Recht sprachen. Neben dem .,Court of Comrnon Law" mit seinem Aktionenrecht entstand das konkurrierende, an Billigkeit orientierte System des "Court of Equity". Erst mit dem ,)udicature Act 1873-1875" wurden die beiden Zweige zusammengeführt. Näher zur Entstehungsgeschichte und zum Konkurrenzverhältnis Blumenwitz S. 6 ff. Daraus sind die beiden voneinander unabhängigen Normenkomplexe erwachsen, die bis heute fortwirken. 13 Silvertown S. 5 ff; Smith & Keenan S. 520; Palmberger S. 21, 26; Sheridan S. 205; StahlS. 221. 14 Silvertown S. 19 ff.; Smith & Keenan S. 520. IS So insb. Brink/Habel Rn. 413 f.; ZRE/ Schmitz/v.Schwartzkoppen S. 294 f. 16 Smith & Keenan S. 520 ( "possessory" u. "comrnon law Iien" gleichsetzend); Silvertown S. 6, 19 ff.; Palmberger S. 21 ff.; Triebel/Hodgson Rn. 325; anders nur die Unterteilung von Riemenschneider S. 90. 25*
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- C. Rechtsvergleich
b) Common Law Lien
Die "common law Iien" (auch "legallien" genannt) sind im Rechtsbereich des "common law" entstanden, so daß sich ihre Voraussetzungen und Wirkungen nach dessen Grundsätzen richten. Die Entstehung des Einzelrechtes kann dabei entweder aus Gesetz (kraft im "common law" anerkanntem Handelsbrauch oder aus neu gesetzten - das alte Recht modifizierenden - Gesetzen, "Statutes") oder aber auch aus einer Parteivereinbarung resultieren 17 • Das ursprüngliche "common law Iien" (sei es "general" oder "particular") ist ein an den rechtmäßig erworbenen, nicht freiwillig aufgegebenen Besitz gebundenes Recht ("possessory lien") 18. Es ist ein reines Abwehrrecht und berechtigt in dieser Urform - hier jedenfalls paßt der Vergleich zu den Zurückbehaltungsrechten - nur dazu, die Herausgabe der Sache zu verweigern, bis die eigene (fällige) Forderung beglichen wird. Für die den "particular Iiens" zugrundeliegende, richterrechtlich verfestigte Usance war teilweise eine wesentliche Rechtfertigung, daß der Begünstigte zum Vertragsschluß verpflichtet und mangels möglicher Schuldnerauswahl besonders schutzbedürftig gewesen ist (so bspw. "common carrier" oder "innkeeper") 19. Dies ist eine Begründung, die - in dieser besonderen Ausprägung (Kontrahierungszwang) - für deutsche Rechte keine erkennbare Rolle spielte. Die etablierte Übung dagegen, demjenigen ein "Iien" zuzubilligen, der den Wert des betreffenden Objektes geschaffen oder erhöht hat, entspricht durchaus einer uns bekannten rechtfertigenden Erwägung. Inwieweit dieses Prinzip der Werterhöhung für das heutige englische Recht noch zu berücksichtigen ist, ist umstritten20. Anerkannt sind "particular Iiens" heute zugunsten des Frachtführers (sowohl des "common carrier" als auch des "private carrier"21), des Reeders für die Frachtforderung22, des Spediteurs ("forwarding agent") 23 , jeweils am Frachtgut, - des Gastwirtes ("innkeeper")24 an den Sachen des Gastes, Silvertown S. 2; Riemenschneider S. 90; Palmberger S. 22 f. Smith & Keenan S. 520; Silvertown S. 6: daher kein "lien" bei arglistiger Besitzerschleichung. 19 Riemenschneider S. 92; Silvertown S. 20; ZRE/ Schmitzlv.Schwartz/wppen S. 296 alle m.w.N. 20 Im Fall "Hatton vs. Car Maintenance Co Ltd." [1915] Bd. 1 Ch. 621 hat die Chancery Division, ein erstinstanzliebes Gericht, Werterhöhung arn Objekt als Voraussetzung für das lien einer Werkstatt angenommen und reine Werterhaltung nicht für ausreichend erachtet; dagegen Silvertown S. 16 f. 21 Näher zum "öffentlichen Frachtführer" Triebeil Hodgson Rn. 391, 393m. w. N. 22 Scrutton S. 379-382; Triebel/Hodgson Rn. 325, 393; Smith & Keenan S. 521. 23 Triebel/ Hodgson Rn. 399, auch zur Ausnahme, wann diesem ein "generallien" zusteht. 24 Smith & Keenan S. 520; ZRE/ Schmitzlv.Schwartzkoppen S. 296 f. 17 18
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- spezieller Werkunternehmer für den Lohn am betreffenden Objekt25 und - des Verkäufers ("vendor of chattels") wegen des Kaufpreises am noch nicht übergebenen Gue6 (ähnlich § 320 BGB). "General Iien" entstehen im Grundsatz ebenso wie "particular" Iien. Der bei ihnen nicht erforderliche Bezug der gesicherten Forderungen zum Sicherungsobjekt verdeutlicht allerdings eine andere Grunderwägung. Das Beispiel des zu dieser Gruppe zählenden "factors lien'm, also des Rechtes zugunsten eines unserem Kommissionär nahestehenden Gewerbetreibenden, zeigt aber wieder Entsprechungen zu bekannten Rechtfertigungsstrukturen: Die persönliche Beziehung zwischen den Parteien soll hier den erweiterten Umfang legitimieren. Die gesetzliche Sicherung inkonnexer Forderungen ist in England allerdings - natürlich gerade in Ermangelung allgemeiner Sicherungen - in den speziellen Fällen viel verbreiteter als bei uns. Zurecht wird daher darauf hingewiesen, daß die "general Iien" insofern funktionell§ 369 HGB entsprechen28 . Sie bestehen bspw. - für "solicitors" (eine Fonn des Anwalts) an den in seinem Besitz befindlichen Papieren des Mandanten für alle Gebühren und Auslagen29, - für Lagerhalter an dem eingelagerten Gut, - für Banken an den Wertpapieren der Kunden30, - für Handelsvertreter ("agent") an den Waren des Prinzipals31 • Viele dieser zunächst richterrechtlich entwickelten Rechte sind im Laufe der Jahre in speziellen Parlamentsgesetzen kodifiziert und inhaltlich geändert worden ("statutory Iien ")32. Über diese "Statutes" erhalten so die "common law Iien"- abweichend vom Nonnalfall - mitunter ein Verwertungsrecht33 : Dies gilt für das "Iien" des Gastwirtes ("lnnkeepers Act 1878", Sec. 1), der Frachtführer (,,Railways Clause Consolidation Act 1845", Sec. 97; "Transport Act 1962"), des Reeders ("Merchant Shipping Act 1894", Sec. 494 ff.), der Werften ("Harbours, Docksand 25 Brink/Habel Rn. 413. Ausführlich, speziell zum gutgläubigen Erwerb, Riemenschneider S. 88 ff., 99 ff. 26 Triebel/Hodgson Rn. 327; zum Ursprung (Teehandel) Ha!sbury's/Jackson Bd. 28 Anm. 545. 27 ZRE/ Schmitzlv.Schwartzkoppen S. 298. 28 Pairoberger S. 22. 29 ZRE/ Schmitzlv.Schwartzkoppen S. 298; Silvertown S. 45 ff.; Triebel/Hodgson Rn. 325. 30 Silvertown S. 41 ff.; Brink/Habel Rn. 415 ff. 31 Triebel/Hodgson Rn. 325. 32 Vgl. Riemenschneider S. 94 f.; Silvertown S. 6, ab S. 77 mit einer ausgewählten Auflistung von dreißig wichtigen "lien"-Gesetzen. Nach seinen Angaben gibt es insgesamt weit über 100. 33 Siehe Halsbury's/ Jackson Bd. 28 Anm. 545; Smith & Keenan S. 521 ; Riemenschneider s. 94f.
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- C. Rechtsvergleich
Piers Clauses Act 1847", Sec. 45), des Verkäufers von Gütern ("Sale of Goods Act 1893", Sec. 39, 41 f.) und desjenigen, der Güter zur Bearbeitung oder Reparatur entgegennimmt ("Disposal of Unealleeted Goods Act 1952")34• Bereitskraft alten "common law" berechtigt außerdem das "banker's Iien" abredeunabhängig zur Verwertung35 . Konsequenz aus der Vielzahl der Rechtsquellen ist im englischen Recht, daß die Unterschiede der Einzelrechte groß sind, so daß übergreifende Aussagen nur in geringem Umfang möglich sind: Als ein Beispiel entstehen die "Iien" teilweise am Eigentum Dritter (so u.U. beim Frachtführer und beim Gastwirt), häufig aber auch niche6 . Das vertragliche "common law Iien" ("Iien by express agreement") entsteht durch ausdrückliche vertragliche Vereinbarung und ist in der englischen Vertragspraxis durchaus gängig37• Es ist, da das englische Recht im Grunde kaum Begrenzungen vertraglicher Vereinbarungen, noch insoweit Typenzwang kennt, frei auch mit Verwertungsbefugnis - konstruierbar. Sofern es auf Basis des "common law" anerkannt werden soll, ist es an die von diesem vorgegebenen Grenzen gebunden (z. B. hinsichtlich des Besitzes)38• c) Equitable Lien Bei den aus dem Bereich der "equity" stammenden "equitable Iiens", handelt es sich um besitzlose39 Berechtigungen mit dinglichem Charakter40, die dem Inhaber ein Recht auf bevorrechtigte Befriedigung gewähren. Diese "Iien" sind schon deswegen keine Zurückbehaltungsrechte in unserem Sinne41 , weil der Berechtigte des "equitable Iien" gewöhnlich gar nicht in der Position ist, etwas zurückzuhalten: Er hat die betreffende Sache gerade nicht im Besitz und es ist auch nicht Voraussetzung, daß er sonst einem Anspruch des Schuldners ausgesetzt ist. Statt dessen besteht für ihn eine mittelbare Verwertungsbefugnis, die einerseits ermächtigt, einen gerichtlichen Verkauf zu betreiben und andererseits ein Vorrecht vor anderen Gläu34 Zum komplizierten Verwertungsverfahren auf Basis dieses Gesetzes eingehend RiemenschneiderS. 95 ff. 3s So die Entscheidung ,,Brandao vs. Barnen" (1846) 12 Cl. & Fin. 787; Silvertown S. 43; Brink/Habel Rn. 422; Smith & Keenan S. 523. 36 Zum Frachtführer Triebel/Hodgson Rn. 393; zum Gastwirt ZRE/ Schmitz/v.Schwartzkoppen S. 296 f.; zur Situation allgemein und speziell beim Werkunternehmer RiemenschneiderS. 99 ff. 37 Prüßmann/ Rabe§ 623 Anm. G; StahlS. 220 ff.; Tet/ey S. 233 ff. 38 Siehe z. B. bei .,Iien"-Klauseln in Charterverträgen, StahlS. 222 ff. 39 Dies wird als Besonderheit oft betont, vgl. Smith & Keenan S. 522; Triebelf Hodgson Rn. 328. 40 StahlS. 223; Palmberger S. 27. 41 Entgegen Behauptungen der deutschen Literatur, z. B. bei Triebelf Hodgson Rn. 328.
I. England
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bigern verschafft42. Die Besitzlosigkeit führt allerdings dazu, daß das Recht erlischt, wenn ein Dritter die Sache im guten Glauben an die Lastenfreiheit erwirbt43. Die "equitable liens " entstehen entweder durch ausdrückliche Vereinbarung oder- im Grundekraft Treu und Glauben- aus der Beziehung der Parteien44• Sie haben im Vergleich zu den "common law Iiens" geringe praktische Bedeutung45 . Als Hauptanwendungsfall wird der Verkauf von Immobilien erwähnt46: Sowohl der Verkäufer als auch der Käufer erwerben zugunsten ihres Anspruchs ein "equitable Iien" an dem Kaufobjekt, wenn sie vorleisten47 . Eine wirkliche Entsprechung zu den "equitable Iiens" gibt es im deutschen Recht nicht. Aus § 242 BGB werden zwar verschiedene Rechtsbehelfe abgeleitet, aber ein so starkes dingliches Recht ohne Besitz und sogar an Immobilien folgt daraus nie. Am ehesten sind sie mit den deutschen Schiffsgläubigerrechten (vgl. S. 361 ff.) vergleichbar. Als Pendant dazu gibt es in England aber ein speziellesunseren§§ 754 ff. HGB ähnliches- Institut: Die ,.maritime liens". Ob diese "maritime Iiens" eine eigene Gruppe neben den "common law Iiens" und "equitable liens" darstellen oder ob sie nur eine besondere Form der "equitable Iien" sind, wird nicht einheitlich beurteilt48 • Die Frage ist anband der rechtsgeschichtlichen Entwicklung zu treffen und daher an dieser Stelle nicht zu beantworten. Fest steht, daß sie den "equitable Iiens" jedenfalls in vielen Punkten ähnlich sind, aber auch gewisse Besonderheiten aufweisen. Ein "maritime Iien" setzt wie ein "equitable Iien" keinen Besitz voraus und berechtigt zur bevorzugten Befriedigung (in Form einer mittelbaren Verwertungsbefugnis)49. Im Unterschied zu den "equitable Iiens" gelten sie als abschließend bestimmt50, haben Vorrang vor anderen "Iiens" und untereinander eine festgelegte 42 Smith & Keenan S. 522; ZRE/ Schmitz/v.Schwartzkoppen S. 295; Palmberger S. 27; Riemenschneider S. 91. 43 Smith & Keenan S. 522; entspr. für das US-Recht Palmberger S. 32. 44 Silvertown S. 8; Riemenschneider S. 90; Smith & Keenan S. 522. Als Folge der engen Anhindung an Billigkeitsrecht wird die Notwendigkeit von "clean hands" des Berechtigten betont, vgl. Silvertown a. a. 0. 45 Triebe/ I Hodgson Rn. 328 sprechen von im Handel "sehr untergeordneten Bedeutung". 46 Weiterer Anwendungsfall nach Triebel/Hodgson Rn. 328: Ansprüche von Gesellschaftern. 47 Ausführlich dazu Sheridan S. 228 ff.; Silvertown S. 8 ff. 48 Als eigene Gruppe behandeln sie Smith & Keenan S. 522; ZRE/ Schmitzlv.Schwartzkoppen S. 295; StahlS. 221; als Untergruppe werden sie von Prüßmann/ Rabe § 623 Anm. G; Schaps/ Abraham Vor§ 754 Rn. 38 bezeichnet. 49 Smith & Keenan S. 522; Schaps/Abraham Vor§ 754 Rn. 38; Tetley S. 40 f. (zur bist. Entwicklung ders. S. 1 ff.; zu Einzelforderungen S. 42 ff.; zum RangS. 392 ff.; zur Befugnis S. 422 ff.). so Palmberger S. 27 f.; Aufstellung bspw. bei Prüßmann/ Rabe Vor§ 754 IV G l; näher Tetley a. a. 0. (Fn. 49).
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme - C. Rechtsvergleich
Reihenfolge51 . Für Schiffsgläubigerrechte typisch, aber anders als bei "equitable Iiens", ist weiterhin, daß ein gutgläubig lastenfreier Erwerb des Schiffes durch Dritte ausgeschlossen ist52• 3. Distress
Das ,,remedy of distress" entstammt ursprunglieh dem "common law" und beinhaltete dort die Befugnis, die in dem Zugriffsbereich des Gläubigers befindlichen Sachen des Schuldners wegen einer fälligen Forderung in Besitz zu nehmen53 . Der Gläubiger konnte diese dann zurliekbehalten und einen "Status quo" erreichen, war aber nicht zur Verwertung der Sache berechtigt. Ein wichtiger Anwendungsfall - und wieder zeigen sich gemeinsame Entstehungslinien zu unserem Recht54 - war das "distress" des Immobiliarvermieters 55 , das- so wird behauptet- heute an Bedeutung verloren hat56. Weitere Fälle des "distress" gibt es an Sachen und Tieren, die auf das Land des Gläubigers gelangt sind und dort Schaden anrichteten, zugunsten dieser Schadenersatzanspriiche57 , und für öffentliche Abgaben58 . Für den Vermieter (und später für weitere "distress"-Gläubiger) wurde bereits im 17. Jahrhundert durch Gesetz (,,Distress for Rent Act 1689", Sec. 1) ein Veräußerungsrecht anerkannt, um so eine Durchbrechung des letztlich unergiebigen "Status quo" zu erreichen. In weiten Teilen erinnert dieses Recht daher durchaus an unsere §§ 559 ff. BGB59. So besteht das Recht nur an den eingebrachten beweglichen Sachen (nicht aber an Rechten), berechtigt zur Selbsthilfe, dauert nach heimlicher Entfernung 30 Tage fort60 und erfaßt keine nach unserem Verständnis "pfandungsfreien" Gegenstände61 • Es bestehen allerdings durchaus auch Unter51 Silvertown S. 66 f.; Tetley a. a. 0. S. 392 ff. (Fn. 49). Bei gleichen Forderungen gehen jüngere den älteren vor, und damit anders als sonst, denn gewöhnlich gilt das Prioritätsprinzip, siehe Silvertown S. 65. 52 Smith & Keenan S. 522; ZRE/ Schmitzlv.Schwartzkoppen S. 290. 53 Halsbury's/ MacLennan Bd. 13 Anm. 202; ZRE/ Langenbach S. 445. 54 Zur vergleichbaren Entwicklung vgl. schon S. 226. 55 Riemenschneider S. 88; ZRE/ Langenbach S. 445; Halsbury's/ MacLennan Bd. l3 Anm. 202. 56 Halsbury's/ MacLennan Bd. 13 Anm. 202, basierend auf einer Behauptung in einer sehr kritischen Entscheidung aus 1968 von Lard Dennington. Das Vermieter-"distress" wird heute stark kritisiert und wurde von der ,,Law Commission" 1991 zur Abschaffung empfohlen, siehe näher Bright/Gilbert S. 73, 486, die selbst einen deutliche Wiederbelebung des Rechtes für gewerbliche Vermietung behaupten. 57 Halsbury's/ Field-Fisher/Sharpe Bd. 2 Anm. 478. 58 Halsbury's/ MacLe"fl!lan Bd. 13 Anm. 201; ebenda Amies Anm. 397 ff. (rates) u. Argles Anm. 434 ff. (taxes). 59 Zutreffend Riemenschneider S . 88. Auch in der Rechtfertigung für die Existenz, vgl. Bright/Gilbert S. 73. 60 Weitere Einzelheiten bei ZRE/ Langenbach S. 445 ff.
II. Frankreich
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schiede zu § 559 BGB, die teilweise marginal62 , teilweise kurios63 , teilweise aber auch sehr grundsätzlich sind: Der "distress" des Vermieters besteht -jedenfalls urspriinglich - auch an Fremdeigentum. Dies wurde auch nach Einräumung des Verwertungsrechtes nur eingeschränkt und ist noch irnrner nicht völlig beseitigt. Die Verwertungsbefugnis ist eine unmittelbare, da dem Gläubiger ein eigenes Zugriffsund Verkaufsrecht zusteht64 • Eingeschränkt wird das Recht dadurch, daß ihm nur ein Hilfscharakter zugestanden wird, der eine Geltendmachung ausschließt, wenn der Vermieter bereits ein Zahlungsurteil erlangt hat65 . 4.Resümee
Das englische Recht geht ersichtlich eigene Weg, wenn mitunter auch gemeinsame Wurzeln und Erwägungen erkennbar sind. Einen Modellcharakter für ein verbessertes Recht in Deutschland bietet es sicher nicht. Dies liegt zum einen an dem grundsätzlich anderen Ansatz, zum anderen aber auch daran, daß der vorgefundene Bestand im Grunde alle Nachteile hat, die dem deutschen Recht eigen sind. Im Gegenteil, die Unübersichtlichkeit durch die Vielzahl von Einzelfällen ist noch viel stärker ausgeprägt. Der für England mögliche Vorteil der größeren Offenheit für neue Entwicklungen durch die Rechtsprechung scheidet für Deutschland ohnehin systembedingt aus.
II. Frankreich 1. AUgemeines
Das französische Privatrecht, basierend auf den alten Kodifikationendes "Code civil" (Ce) für das allgemeine Zivilrecht und des "Code de cornrnerce" (Ccom) für das Handelsrecht 1, zeigt ein vom deutschen und vom englischen Ansatz erheblich 61 "Law of Distress Amendment Act 1888", Sec. 4 ist teils enger, teils weiter als § 811 ZPO, ohne daß die Selektionskriterien ganz deutlich werden, vgl. Halsbury's I MacLennan Bd. 13 Anm. 227 ff. 62 So die Begrenzung auf fällige Ansprüche oder die Möglichkeit, bis zu sechs Jahre alte Forderungen geltend zu machen, vgl. ZREI Langenbach S. 446, 447; Halsbury'sl MacLennan Bd. 13 Anm. 288. 63 So die Beschränkung auf Geltendmachung nur bei Tageslicht, dazu Bright/Gilbert S. 486. 64 Näher zum Verfahrensablauf ZRE I Langenbach S. 447; Halsbury's I MacLennan Bd. 13
Anm. 311 ff., 333 ff.
ZREI Langenbach S. 448; Halsbury'sl MacLennan Bd. 13 Anm. 350. Code civil, im Ursprung von 1804, und Code de commerce von 1807 (zur Entstehung Hübner/Constantinesco S. 3 f.) haben auch die Rechtsentwicklung in Deutschland mit beeinflußt; s. Larenz AT § 1 lc. 65 1
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- C. Rechtsvergleich
abweichendes Bild: Im Sinne der zu Beginn angeführten Definition läßt sich für Frankreich feststellen, daß es - abgesehen von wohl einer Ausnahme2 - keine "gesetzlichen Verwertungsrechte" an Mobilien gibt. Ein Recht gegenüber dem Schuldner, die Verwertung einer beweglichen Sache zu betreiben, um sich auf diese Weise zu befriedigen, besteht im Prinzip nur auf der Grundlage des rechtsgeschäftliehen Pfandrechtes "gage" (Artt. 2073-2084 Ce)3 • Und selbst dieses beinhaltet grundsätzlich keine unmittelbare, sondern nur - siehe Art. 2078 Ce - eine mittelbare Verwertungsbefugnis, denn zur Versteigerung benötigt man die entsprechende richterliche Anordnung4 • Anders dagegen- zumindest konstruktiv- bei Immobilien: Hypotheken- also akzessorische Grundpfandrechte5 - können nämlich sowohl rechtsgeschäftlich ("hypotheques conventionnelles"), als auch durch richterliche Entscheidung (,,hypotheques judiciaires") oder durch gesetzlichen Tatbestand ("hypotheques legales") entstehen (noch näher unter 4.). Allerdings bedeutet das Fehlen eines gesetzlich entstehenden "gage" im Mobiliarsachenrecht nicht, daß die in Deutschland so gut geschützten Gläubiger in Frankreich völlig ohne gesetzliche Sicherung verbleiben. Man kennt im Bereich der Realsicherheiten neben den vertraglichen Rechten ("natissement", außer dem "gage" zählt dazu ein Nutzungspfand, sog "antichrese") und den erwähnten Hypotheken, die gesetzlichen "privileges" (übersetzt: Vorzugsrechte oder Privilegien) und das Zurückbehaltungsrecht ("droit de retention "). 2. Zurückbehaltungsrecht ("droit de retention")
Das französische Zurückbehaltungsrecht unterscheidet sich von den deutschen Zurückbehaltungsrechten zum einen dadurch, daß es stets ohne Befriedigungsrecht besteht6 . Zum anderen gibt es in Frankreich kein Zurückbehaltungsrecht in Form einer allgemeinen Bestimmung, wie in Deutschland mit § 273 BGB oder § 369 HGB, sondern nur eine Kasuistik verschieden geregelter Sonderfälle (z. B. Artt. 1612 f. Ce, Einrede des nicht erfüllten Kaufvertrages)7 . Entgegen früher verbreiteter Auffassung ist die Möglichkeit der Zurückbehaltung heute aber nicht auf diese ausdrücklich geregelten Fälle beschränkt, sondern wird - in bezug auf Sachen und bei Bestehen eines Näheverhältnisses (Konnexität) - auf vergleichbare Fälle entZur Ausnahme vgl. noch sogleich beim Vorzugsrecht des Kommissionärs. Ferid/Sonnenherger 3 D 102; dem franz. Vollstreckungsrecht sind selbst Pf"ändungspfandrechte konstruktiv fremd. 4 Anders nur beim Handelspfand (.,gage commercial", Artt. 91-93 Ccom) bei Verpfändungen für Forderungen aus Handelsgeschäften, vgl. Ferid/Sonnenberger 3D 153 ff. s Hypotheken gibt es außer an Grundstücken - wie in Deutschland - auch an See- und Binnenschiffen und weiter an Luftfahrzeugen, dazu Ferid/Sonnenberger 3D 175-179. 6 Ferid 2 B 178, 189. 7 Auflistung bei Ferid 2 B 175. 2
3
II. Frankreich
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sprechend angewendet8 . Ein Funktionsäquivalent zu unseren gesetzlichen Verwertungsrechten ist das reine "droit de retention" durch die Beschränkung auf reine Leistungsverweigerung aber keinesfalls.
3. Vorzugsrechte ("privili~ges")
Gewissermaßen als Ersatz unserer gesetzlichen Pfandrechte kann man die "privileges" (Artt. 2095-2ll3 Ce) ansehen9 , die ausschließlich kraft Gesetzes entstehen10. Es gibt sie im französischen Recht in großer Zahl 11 ; teilweise aufgezählt in den Artt. 2101-2105 Cc 12 und weiter in einer Vielzahl von Sondergesetzen 13 • Diese Vorzugsrechte sind - und das ist kein Unterschied zu den gesetzlichen Verwertungs- oder Pfandrechten in Deutschland - nicht einheitlich ausgestaltet, sondern nur als Sammelbezeichnung mit gewissen (begrenzt) einheitlichen Prinzipien anzusehen 14• Der wichtigste Unterschied zu unseren gesetzlichen Verwertungsrechten besteht darin, daß sie dem gesicherten Gläubiger beinahe durchweg keine Befugnis zur Verwertung vermitteln 15 . Sie berechtigen nach der Definition in Art. 2095 Ce vielmehr (nur) für den Fall einer aus anderem Grund (Titel) stattfindenden Verwertung zur bevorrechtigten Befriedigung 16• Will der durch das Privileg gesicherte Gläubiger dagegen aktiv zur Verwertung schreiten, muß er- wie jeder andere - den Weg der normalen Zwangsvollstreckung gehen 17• Die "privileges" vermitteln auch kein s Näher Ferid 2 B 181-183. In Deutschland gab es im letzten Jahrhundert noch Vorzugsrechte nach französischem Vorbild, sie wurden aber- bis auf die Sonderform des Konkursvorrechtes in § 61 KO- mit den Reichsjustizgesetzen abgeschafft, vgl. Hübner ZIP 1980, 825, 827. Seit 1999 sind selbst unsere Konkursvorrechte Rechtsgeschichte. 10 Vgl. Ferid/Sonnenberger 3 D 7 u. 3 D 208. Mißverständlich insofern Art. 2102 Nr. 2 Ce, der vom "gage" als Privileg spricht (aber nur die Einordnung in die Rangfolge regelt), näher Ferid/ Sonnenberger 3 D 209 f. m. w. N. 11 Nach Palmberger S. 11 ca. 300; er spricht allerdings - begrifflich unscharf- von "gesetzlichen Pfandrechten". 12 Zu diesen bspw. Hübner ZIP 1980, 825, 827 f. 13 So bspw. für die "privileges", die funktional den deutschen Schiffsgläubigerrechten entsprechen. Ursprünglich in Artt. 191 ff. Ccom geregelt (vgl. Würdinger/Sotiropoulos S. 63 ff.), sind diese seit 1967 im ,,Loi portant statut de navires et autres batiments" Artt. 31-42 fixiert. Dazu kurz Prüßmann/ Rabe Vor§ 754 Anm. IV B; Schaps/ Abraham Vor§ 754 Rn. 4; näher Palmberger S. 18 ff. (auch für Binnenschiffe) mit Vergleich zum deutschen Recht. 14 Siehe Ferid/ Sonnenherger 3D 10 und Palmberger S. 12 ff. 15 Ferid/Sonnenberger 3D 210, 225. Anders allerdings wohl beim Privileg des Kommissionärs und entsprechend des Spediteurs, das in Art. 95 Ccom- neben Art. 2102 Nr. 6 Ceeine Sondererwähnung erfährt. Dort wird zwar gleichwohl kein Recht auf Verwertung erwähnt, aber anscheinend aus dem Kontext zu Artt. 91 ff. Ccom (vgl. oben Fn. 4) ein Verwertungsrecht abgeleitet, so jedenfalls Röske S. 134, Sonnenberger I Dammann IV 184 a.E. 16 Ferid/ Sonnenherger 3D 207 (u.U. auch vor anderen dinglich gesicherten Gläubigern). 9
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- C. Rechtsvergleich
Abwehrrecht bei Vollstreckungen Dritter (vergleichbar § 771 ZPO), sondern sind in der Funktion eher dem § 805 ZPO vergleichbar. Es gibt aber Vorzugsrechte mit weitergehenden Befugnissen, wie zugunsten des Vermieters (zur Sicherung) oder bestimmter Kaufleute 18. Eine übliche Unterscheidung der "privileges" erfolgt danach, welche Vermögensobjekte von ihnen erfaßt werden. Es gibt im Grunde vier Gruppen 19: - Generalprivilegien, die alle Mobilien des Schuldners und (subsidiär) auch seine Immobilien (!)erfassen (Artt. 2101 Nr. 1 und 4, 2104 f. Ce), - allgemeine Mobiliarprivilegien, die die Gesamtheit der schuldnereigenen beweglichen Sachen belegen (Art. 2101 Ce), - besondere (spezielle) Mobiliarprivilegien, die nur einzelne Mobilien des Schuldners als Objekt haben (Art. 2102 Ce), - besondere (spezielle) Immobiliarprivilegien, die sich auf spezielle Immobilien des Schuldners beziehen (Art. 2103 Ce) und die nach dem französischen Rechtsverständnis wie "echte" Legalhypotheken (gern. Art. 2121 Ce) gehandhabt werden20. Die Generalprivilegien - früher stärker verbreitet, seit den fünfziger Jahren auf drei begrenzt - sind publizitätslose Vorrechte zugunsten der Verfahrenskosten für die Erhaltung und Verwertung des Schuldnervermögens21 , der Lohn- und Gehaltsforderungen aller Arbeitnehmer sowie zugunsten von Urheberansprüchen22 . Ebenso publizitätslos bestehen die allgemeinen Mobiliarprivilegien an der Sachgesamtheit des beweglichen Schuldnervermögens. Begünstigt sind eine umfassende Auswahl vermeintlich besonders schutzwürdiger Gläubiger bzw. Ansprüche (Beerdigungskosten, Kosten der letzten Krankheit, Ammengelder, Sozialversicherungsbeiträge, Ansprüche aus Lieferungen für den Lebensbedarfu.v.m.). Die in Deutschland qua gesetzlichem Verwertungsrecht geschützten Gläubiger werden weitgehend durch die speziellen Mobiliarvorzugsrechte in Art. 2102 Ce geschützt: So ist es beim Vermieter, Verpächter, Gastwirt (Nr. 1, 5)23, Kommissionär, Ferid/Sonnenberger 3D 210. Der Vennieter- der in Frankreich als Besitzer der eingebrachten Sachen gilt (vgl. Palmberger S. 14)- hat das Recht, nach einem einfachen Verfahren ohne Gericht die erfaßten Sachen "sicherzustellen", näher Ferid/Sonnenberger 3 D 267 f., 271. Zum Kornmissionär vgl. schon Fn. 15. 19 In den Sondergesetzen gibt es weitere Gestaltungsforrnen, siehe Ferid/Sonnenberger 3 0202. 20 Ferid/Sonnenberger 3D 205 und 412 ff. Siehe auch noch unten 4. 21 Insofern ähnlich unseren in der Insolvenz bevorrechtigten Verfahrenskosten (§§ 53, 54 lnsO), wobei das franz. Privileg aber zugunsten von Einzelgläubigern (im Gesarntinteresse) und auch außerhalb eines- für Nichtkaufleute ohnehin ausgeschlossenen (Hübner/Constantinesco S. 166)- Konkurses gilt. 22 Im einzelnen zu diesen Ferid/Sonnenberger 3D 232- 235. 17
18
li. Frankreich
397
Spediteur, Frachtführer (Nr. 6f4 und sogar Saatgutlieferanten (Nr. 1 Abs. 4) und bei einer Vielzahl von in Deutschland nicht geschützten Forderungsinhabern (wie bspw. generell Arbeitnehmern und öffentlich-rechtlichen Gläubigem). Werkunternehmer und Pächter sind dagegen nur über das allgemeine "Sacherhaltungsprivileg" gesichert, das nur Forderungen wegen der Erhaltung, aber nicht wegen sonstiger Wertsteigerung erfaßt25 • llire Sicherung ist daher in Frankreich ersichtlich schlechter als in Deutschland, was um so mehr ins Gewicht fällt, weil viele konkurrierende Gläubiger besser gesichert sind. In Anbetracht der starken Forderungsanbindung überrascht es nicht, daß die "privileges" streng akzessorisch sind, nur mit der gesicherten Forderung entstehen und diese auch nicht überdauern. Die speziellen Mobiliarprivilegien sind darüber hinaus besitzgebunden26 und erlöschen mit freiwilliger Rückgabe. Ein durchaus wesentlicher weiterer Unterschied ist, daß eine dingliche Wirkung - in Frankreich gemeinhin festgemacht am "Folgerecht"27 - zumeist verneint wird. 28 Die vielfaltigen, untereinander und mit anderen Rechten konkurrierenden "privileges" bedürfen umfangreicher Konkurrenzregeln, die je nach oben bezeichneter Gestaltungsform unterschiedlich sind und hier nicht im einzelnen dargestellt werden sollen29• Im Grundsatz gilt für die allgemeinen Vorzugsrechte, daß sich ihr Rang nach der Auflistung in den zugehörigen Normen (also Artt. 2101, 2104 Ce) richtet, während die speziellen sich zunächst nach Art und hilfsweise dann nach Priorität richten (zu den speziellen Immobiliarprivilegien noch unten bei den Legalhypotheken). Erwähnt sei zuletzt, daß viele der Erwägungen, die in Deutschland die Einrichtung gesetzlicher Sicherung rechtfertigen sollen, auch in Frankreich als Rechtfertigung für die Privilegien angeführt werden30. Der unterschiedliche Umfang der Sicherung zeigt anschaulich, wie relativ die Notwendigkeit solcher Regelungen und wieviel dabei freie Wertung ist.
23 Im Umfang dem deutschen Recht ähnlich, siehe Ferid/Sonnenberger 3D 255 ff., abgesehen von der vermittelten Befugnis und der Erfassung von Fremdeigentum (des Untermieters und gutgläubiger Erwerb), s. a. Fn. 18. 24 Siehe schon Fn. 15. Der Lagerhalter ist nicht generell gesichert, sondern nur öffentliche Lagerhäuser. 25 Näher Ferid/Sonnenberger 3D 281 f. Hinzu kommt ein "droit de retention". 26 Siehe Art. 2279 Ce. Allerdings bei einem etwas anderem Verständnis von Besitz (vgl. Fn. 18). 27 "droit de suite": Befugnis, das Recht Dritten, in deren Hände das Gut später gelangt ist, entgegenzuhalten. 28 Zum Streitstand vgl. Ferid/ Sonnenherger 3D 215; Palmberger S. 12. 29 Näher Palmberger S. 14 f.; Ferid/Sonnenberger 3D 231, 285 ff. 30 Siehe Ferid/Sonnenberger 3 D 220 ff.: Zugriffsnähe, Wertschaffung, Gläubiger- und Schuldnerschutz. Allein der fiskalische Gesichtspunkt spielt bei uns praktisch keine Rolle (anders nur beim Schiffsgläubigerrecht). Vgl. zum Ganzen auch im Befund.
398
2. Abschn.: Bestandsaufnahme- C. Rechtsvergleich 4. Legalhypotheken ("hypotheques legales")
Als Gestaltungsfonn gesetzlich entstehender Sicherung sind weiter die Legalhypotheken zu erwähnen. Ursprünglich kannte das französische Recht zugunsten einer großen Zahl von bestimmten Gläubigern gesetzliche Grundpfandrechte, die publizitätslos und stets gegenüber vertraglichen Rechten bevorrechtigt waren. Die Liegenschaftsrefonn 1955 hat diesen Zustand recht umfassend geändert, weil nur so ein effektives Immobiliarkreditgeschäft möglich erschien. Ganz konsequent war man aber nicht, wie die Generalprivilegien gezeigt haben. Es gibt als Folge nun zwar noch einerseits gesetzlich entstehende Hypotheken und spezielle Immobiliarprivilegien; diese haben aber im Verhältnis zu Dritten erst dann Wirkung, wenn sie im Register eingetragen sind31 • Vorher hat der Gläubiger praktisch nur einen Anspruch auf Eintragung des Rechtes gegen den Schuldner. Erst die Eintragung bestimmt dann den Rang (zum Vorbehalt bei den Immobiliarprivilegien sogleich). Die Anwendungsfälle der Legalhypothek sind vor allem in Art. 2121 Ce geregele2: Sie bestehen zugunsten des Ehegatten wegen der Ansprüche gegen den Ehepartner (Nr. 1), zugunsten des Mündels (Nr. 2), zugunsten bestimmter staatlicher Forderungen (Nr. 3) und zugunsten des Vennächtnisnehmers (Nr. 4). Wie erwähnt, werden nach französischem Verständnis die besonderen lmmobiliarvorzugsrechte den Legalhypotheken im wesentlichen gleichgestellt. Bei näherer Betrachtung sind sie eine Zwischenfonn zwischen den übrigen "privileges" und den ,,hypotheques legales": Mit der Forderungsentstehung haben die durch solche Vorzugsrechte begünstigten Gläubiger zunächst - wie bei den Legalhypotheken ein Anrecht auf eine bevorrechtigte Hypothek. Aus ihrer Natur als Privileg folgt aber, daß das Recht auf bevorrechtigte Befriedigung mit der Forderung entsteht, so daß die lmmobiliarvorzugsrechte - allerdings vorbehaltlich der Einhaltung bestimmter Fristen zur Eintragung (Art. 2113 Ce)- nach Inskription zwischenzeitlich eingetragenen Rechten vorgehen können33 • Wird die Frist versäumt, erwächst mit Eintragung die Hypothek dagegen nur als einfache (ohne Vorrang). Gleichgestellt sind die speziellen Immobiliarvorzugsrechte mit den Hypotheken hinsichtlich der vermittelten Befugnis. Anders als die anderen "privileges", die an sich kein Recht zur Verwertung beinhalten, sind die so privilegierten Gläubiger, ebenso wie gewöhnliche Hypothekare, zur Einleitung des Zwangsvollstreckungsverfahrens berechtigt und damit mit einer mittelbaren Verwertungsbefugnis ausgestattee4 • Die mittels Irnrnobiliarprivilegien gesetzlich gesicherten Forderungsinhaber wären nach deutschem Recht gewöhnlich ohne gesetzliche Sicherung: Art. 2103 Nr. 1 Ce benennt den Irnrnobiliarverkäufer wegen seiner Kaufpreisforderung; Nr. 2 den 31 Palmberger S. 15 ff. (ausführlich zur Legalhypothek des Ehegatten); Ferid/Sonnenberger3 D 397. 32 Siehe Ferid/Sonnenberger 3D 399-404, auch zu spezialgesetzlichen Sonderfallen. 33 Ferid/Sonnenberger 3D 413. 34 Zum Verfahren Ferid/Sonnenherger 3 D 431 ff., 437, 439 ff.
III. Schweiz
399
einen Grundstückserwerb Finanzierenden; Nr. 3 den Ausgleichsberechtigten bei Teilung einer Gesellschaft oder Gemeinschaft; Nr. 5 den Baudarlehensgeber und Nr. 6 den Nachlaßgläubiger. Allein Art. 2103 Nr. 4 Ce- zugunsten Bauunternehmer und Handwerker- erinnert an § 648 BGB, der funktionell ähnlich ist (ohne rückwirkendes Vorrecht, aber mit Eilverfahren, § 648a BGB).
5. Resümee
Das französische Recht unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht konstruktiv vom deutschen: Der Verzicht auf unmittelbare, meist sogar mittelbare Verwertungsbefugnisse, geht einher mit einer deutlichen Ausweitung gesetzlicher Sicherungen sowohl auf Seiten der Forderungen als auch hinsichtlich der erfaßten Objekte. Trotzdem erreicht das Modell auf konstruktiv ganz andere Weise oft funktionell vergleichbare Ergebnisse. Aus dem französischen Recht dürfte allerdings ebenfalls kein Konzept für ein zukünftiges deutsches Recht der gesetzlichen Sicherung zu erlangen sein. Auch bei Kennern überwiegt die Kritik an der "unüberschaubaren Anzahl" der Vorrechte und den Regelungen, die "alles andere als eine Meisterleistung der Systematik" sind35 • Die gesetzlichen Sicherungen an Immobilien - selbst in der seit 1955 abgeschwächten Fassung- und die allgemeinen Privilegien erscheinen durch den Publizitätsmangel einem geordneten Wirtschaftsverkehr eher hinderlich zu sein. Der weitgehende Verzicht auf unmittelbare Verwertungsbefugnisse führt außerdem zu einer Mehrbelastung der Gerichte, die aktuell in Deutschland sicher unerwünscht ist.
III. Schweiz 1. Allgemeines
Das jüngste hier behandelte Kodifikationsmodell gesetzlicher Verwertungsbzw. Sicherungsrechte stammt aus der Schweiz. Es hat sich in weiten Teilen zwar parallel zum BGB entwickelt, wurde aber um ein knappes Jahrzehnt später abgeschlossen 1• Es steht dem deutschen Recht inhaltlich näher als die beiden zuvor behandelten Ordnungen Englands und Frankreichs, ist aber in einem wesentlichen Bereich doch anders. Das Schweizer Recht kennt nämlich mit dem ,.allgemeinen Ferid/Sonnenberger 3D 3 und 3D 204. ' Das ,,Zivilgesetzbuch von 1907" (ZGB) wurde nach gleichfalls über zwanzig Jahre andauernder Bearbeitung 1912 in Kraft gesetzt (erst 1898 erhielt der Bundesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz für das gesamte Zivilrecht). Das ,.Bundesgesetz über das Obligationenrecht" (OR) stammt von 1911. Beide haben ihre Grundlagen zum Teil im alten Obligationenrecht von 1881. Zur Entwicklungsgeschichte: Tuor/ Schnyder §§ 1 f. 35
400
2. Abschn.: Bestandsaufnahme - C. Rechtsvergleich
Retentionsrecht" in Artt. 895-898 ZGB das wohl umfassendste gesetzliche Verwertungsrecht im europäischen Vergleich2 • Hinzu kommen allerdings auch im Schweizer Recht eine Reihe über verschiedene Gesetze verstreute Einzelregelungen (sog. spezielle Retentionsrechte). Der Begriff .,Retentionsrecht" erweckt zunächst- jedenfalls nach dem Verständnis aller anderen hier behandelten Rechtsordnungen3 - den Eindruck, es handele sich (nur) um ein Zurückbehaltungsrecht. Dieser Eindruck ist aber unzutreffend. Unter dem Terminus (unmittelbares) ,,Retentionsrecht" wird in der Schweiz im allgemeinen ein echtes .,gesetzliches Pfandrecht" im Sinne des in dieser Untersuchung verwendeten Begriffes verstanden. Das .,allgemeine Retentionsrecht" aus Art. 895 ZGB ist innerhalb des 23. Titels des ZGB (.,Das Fahrnispfand") geregelt; es wird in Literatur und Rechtsprechung durchweg alternativ als .,allgemeines gesetzliches Pfandrecht" bezeichnet und in den Rechtsfolgen ebenso behandelt4 • Auch die speziellen Retentionsrechte entsprechen in der Wirkung unseren gesetzlichen Pfandrechten und beinhalten dabei - anders als Art. 895 ZGB - nicht einmal notwendig ein Zurückbehaltungsrecht (so z. B. beim Vermieter, näher dazu noch unter 3.). Dagegen wird in den Fällen, in denen für einen Gläubiger tatsächlich nur ein Recht auf Zurückbehaltung besteht, auch in der Schweiz gewöhnlich explizit von ,,Zurückbehaltungsrechten" und nicht von .,Retentionsrechten" gesprochen5 . Die .,mittelbaren" Retentions- oder .,mittelbaren" gesetzlichen Pfandrechte sind keine Verwertungsrechte, sondern nur Ansprüche auf Bestellung eines Pfandrechtes an Fahrnis6 oder an Immobilien7 • Zu betonen ist, daß die Retentionsrechte - ebenso wie das rechtsgeschäftliche Faustpfandrecht gern. Artt. 884 ff. ZGB - nur mittelbare Verwertungsbefugnisse vermitteln. Art. 891 ZGB, der sowohl für das (vertragliche) Faustpfand als auch über Art. 898 Abs. 1 ZGB für das Retentionsrecht gilt, räumt zwar das Recht ein, .,im Falle der Nichtbefriedigung ... sich aus dem Erlös des Pfandes bezahlt zu machen". In der Umsetzung bedeutet das aber (nur), daß der Gläubiger über ein vereinfachtes staatliches Verfahren 8 die Faustpfandverwertung betreiben darf (nach 2 Vgl. ZürcheriOftinger/Bär Art. 895 Rn. 12 mit rechtsvergleichender Darstellung Rn. 5 ff. 3 Retentionsrecht, droit de retention, right of retention steht ansonsten - entsprechend dem lateinischen ,,retentio" (zurückhalten) - für Zurückbehaltungsrecht und vennittelt nur ausnahmsweise Verwertungsbefugnisse. 4 Vgl. BGE 86 II 355, 358 v. 29. 11. 1960; BGE 104 III 8, 9 v. 18. 5. 1978 (unter Verweis auf § 37 Abs. 2 SchKG); Bemer I Zobl System. Teil vor Artt. 884 ff. Rn. 457 ff.; ders. Art. 895 Rn. I; Tuor I Schnyder § 109 Ia. s Bemer I Zobl Art. 895 Rn. 84; Zürcher I OftingerI Bär Art. 895 Rn. 23. 6 Siehe Bemer I Zobl System. Teil vor Artt. 884 ff. Rn. 463. 7 So beim Bauunternehmer Art. 837 ZGB. Gesetzliche Grundpfandrechte kennt das Schweizer Recht nicht. 8 Vgl. näher zum Verfahren z. B. Röske S. 130 ff. Der Ablauf erinnert an das deutsche Mahnverfahren (§§ 688 ff. ZPO): Antrag, Zustellung an den Gegner, Widerspruchsmöglich-
III. Schweiz
401
Artt. 37 Abs. 2, 151 ff. SchKG), aufgrundderer er im Wege öffentlicher Versteigerung befriedigt wird9 . Ausnahmen davon- eine sog. Privatverwertung- sind nur möglich, wenn die Parteien dies entsprechend vereinbart haben 10. Bei einer gesetzlichen Entstehung fehlt es daran regelmäßig, und wenn ein solche Abrede besteht, handelt es sich jedenfalls nicht mehr um eine gesetzlich vermittelte Befugnis. 2. Allgemeines Retentionsrecht
Das allgemeine Retentionsrecht entspricht- auf eine einfache, plakative Formel gebracht - in den Voraussetzungen eher unseren Zurückbehaltungsrechten, in den Rechtsfolgen und Wirkungen aber eher unseren gesetzlichen pfandrechten. Letztlich ist diese Mischung aus der Entstehungsgeschichte heraus zu erklären: Die Artt. 895 ff. ZGB (Vorläufer waren Artt. 224 ff. OR v. 1881) basierten auf dem Vorbild des deutschen kaufmännischen Befriedigungsrechts (heute §§ 369-371 HGB, zuvor Artt. 313-315 ADHGB) 11 • Wie schon gezeigt 12, wurde in Deutschland- insb. über den Österreichischen Entwurf - für das ADHGB ein allgemeines gesetzliches pfandrecht für Kaufleute diskutiert, konnte aber nicht durchgesetzt werden, so daß es bei den§§ 369 ff. HGB einerseits und den speziellen gesetzlichen pfandrechten andererseits verblieb. Die Schweiz hat dagegen die Idee umgesetzt und dabei das Konzept sogar ausgeweitet und ein gesetzliches pfandrecht - allerdings nur mit mittelbarer Verwertungsbefugnis - nicht nur für Kaufleute, sondern als jedermannRecht, vergleichbar § 273 BGB, konstituiert. Die Voraussetzungen des allgemeinen Retentionsrechts sind (vgl. Artt. 895 Abs. 1 und 2, 896 ZGB), daß - eine bewegliche Sache (oder ein Wertpapier) willentlich in den Besitz des Gläubigers gelangt ist, - der Gläubiger eine fallige Forderung gegen den Schuldner hat und - Forderung und Sicherungsobjekt in einem "Konnexitätsverhältnis" stehen. Das Recht erlaßt, wie unser kaufmännisches Befriedigungsrecht, einerseits nur Mobilien und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitz des Gläubigers befinden l3, und sichert andererseits nur fallige Forderungen, es sei denn, der Schuldner ist zahlungsunfahig (vgl. Art. 897 ZGB). keit desselben mit Fortführung nur in einem streitigen Verfahren oder - mangels Widerspruchs - Durchführung der Verwertung. 9 Berner I Zobl System. Teil vor Artt. 884 ff. Rn. 569 ff.; ders. Art. 895 Rn. 37; Tuor I Schnyder § 1091b a.E; Riemenschneider S. 74. Die Abwendung durch Sicherheitsleistung ist möglich (Art. 898 Abs. l ZGB). 10
11 12
13
Berner I Zobl Art. 895 Rn, 37; Art. 898 Rn. 25 ff.; Tuor I Schnyder § l091b a.E. Zürcher I Oftinger/ Bär Art. 895 Rn. 9 m. w. N. Dazu oben unter Teil B.VII., S. 181 f. Dazu BGE II 86, 355, 359 f. v. 29. 11. 1960; Bemer I Zobl Art. 895 Rn. 125 - 161.
26 Bechtloff
402
2. Abschn.: Bestandsaufnahme - C. Rechtsvergleich
Das für Art. 895 ZGB nötige Konnexitätsverhältnis ist unterschiedlich, je nachdem, ob die Beteiligten Kaufleute sind oder nicht: Bei Kaufleuten genügt es, daß der Besitz am Sicherungsobjekt und die Forderung aus dem geschäftlichen Verkehr der beiden miteinander stammen (Art. 895 Abs. 2 ZGB). Ansonsten ist ein direkter Zusammenhang zwischen dem Sicherungsobjekt und der Forderung erforderlich (Art. 895 Abs. 1 Halbsatz 2 ZGB). Ein solcher Zusammenhang setzt aber keine "Konnexität" im Sinne unserer gesetzlichen Pfandrechte - also ein einheitliches Rechtsverhältnis - voraus, vielmehr genügt hier - entspr. § 273 BGB - daß eine tatsächliche Verbindung im Sinne eines einheitlichen Lebensverhältnisses besteht14. Begründet wird dies damit, daß Art. 895 eine fortentwickelte "exceptio doli" darstellt und daher nach dem Grundsatz berechtigter Erwartungen von Treu und Glauben auch der Zusammenhang von Sicherungsobjekt und Forderung zu bestimmen ist15. Weitere Konsequenz aus diesem losen Verbindungsverhältnis ist, daß alle Formen von gesetzlichen Forderungen gesichert sind, einschließlich Schadenersatz, Kondiktionen etc. 16 Das allgemeine Retentionsrecht ist nach heute allgemeiner Auffassung ein beschränktes dingliches Recht 17 . Gemäß Art. 895 Abs. 3 ZGB ist ein gutgläubiger Erwerb am Eigentum Dritter möglich, und zwar sowohl im Hinblick auf ein Vertrauen in die Eigentiimerstellung als auch in die Verfügungsbefugnis 18. Nach Schweizer Recht scheitert guter Glaube allerdings schon bei jeder Form von Fahrlässigkeit (vgl. Art. 3 Abs. 2 ZGB). Der dingliche Charakter zeigt sich ebenso an anderen Wesenszügen des Retentionsrechts: Es kann - wie deutsche Pfandrechte - zugunsten verjährter Forderungen geltend gemacht werden (entspr. Art. 140 OR) 19. Sein Rang bestimmt sich nach dem Zeitpunkt seiner Entstehung (Prioritätsprinzip), wobei ein gutgläubiger Erwerb des Vorranges möglich ist20 • Früher vertretene Zweifel an dem dinglichen Charakter des Rechtes ergaben sich vor allem daraus, daß- vormals herrschend- ein Untergang des Rechtes durch un14 Grundsätzlich dazu BG (a. a. 0 .) v. 29.110.1960 S. 361 ff. (anders noch die Vorinstanz OG Zürich); Tuor I Schnyder § 109 Ia; Zürcher I Oftinger I Bär Art. 895 Rn. 83 ff.; Röske S. 24 ff. (mit Vergleich zu § 273 BGB). 15 BG (a. a. 0.) v. 29.110.1960 S. 363 f. (auch zum Problem der Abgrenzung zu Abs. 2); Bemer I Zobl Art. 895 Rn. 23. 16 BemeriZobl Art. 895 Rn. 169; BGE 104 III 8, 9 v. 18. 5. 1978 (Schadenersatz); Kasuistik der Konnexitätsfälle bei Zobl. a. a. 0 . Rn. 186 ff.; ZürcheriOftinger/Bär Art. 895 Rn. 94 ff. 17 BemeriZobl Art. 895 Rn. 19; ZürcheriOftinger/Bär Art. 895 Rn. 14m. w. N.; zum noch vor zwanzig Jahren dazu bestehenden Streit vgl. bspw. Riemenschneider S. 75 ff. 18 Tuor I Schnyder § 109 Ia; Bemer I Zobl Art. 895 Rn. 259, 263; ausführlich zum gutgläubigen Erwerb zugunsten des Werkunternehmers Riemenschneider S. 78 ff. 19 BGE 86 II 355, 358 f. v. 29. 11. 1960; Tuor I Schnyder § 109 lb. zo ZürcheriOftinger/Bär Art. 895 Rn. 166; Röske S. 116 f.; vgl. auch Art. 898 ZGB, Art. 219 SchKG.
III. Schweiz
403
freiwilligen Besitzverlust angenommen wurde21 . Eine zunehmende Auffassung in der Schweiz geht heute allerdings davon aus, daß allein eine freiwillige Besitzaufgabe das Retentionsrecht erlöschen läßt22 • Rechtsvergleichend ist die gegenüber dem deutschen Recht verschobene Argumentation interessant: Während in Deutschland diskutiert wird, ob trotz anerkannter Dinglichkeit der kaufmännischen Pfandrechte diese infolge unfreiwilligen Besitzverlustes erlöschen23 , wurde in der Schweiz gerade umgekehrt aus dem behaupteten Erlöschen auf das Fehlen des dinglichen Charakters geschlossen.
3. Spezielle Retentionsrechte
Trotz des schon weitreichenden allgemeinen Verwertungsrechtes in Artt. 895 ff. ZGB kennt die Schweiz eine Vielzahl speziell geregelter gesetzlicher Pfandrechte in ZGB, OR und in Sondergesetzen24• Diese lassen sich in zwei Gruppen unterteilen, je nachdem, ob sie nur spezielle Ausgestaltungen oder Wiederholungen des allgemeinen Retentionsrechts beinhalten oder aber Sonderrechte enthalten, die von der allgemeinen Regelung erheblich abweichen25 . Zu den Rechten, die im Grunde nur das allgemeine Retentionsrecht wiederholen bzw. dieses im Grunde voraussetzen, gehören viele dem deutschen Recht bekannte gesetzliche Besitzpfandrechte: die Retentionsrechte des Kommissionärs26 (Art. 434 OR), des Spediteurs (Artt. 439, 434 OR), des Frachtführers (Art. 451 Abs. 2 OR), des Lagerhalters (Art. 485 Abs. 3 OR)27 • Aber auch in Deutschland nicht bekannte Vertragstypen erhalten im Obligationenrecht eine spezielle Erwähnung, wie z. B. der Beauftragte (Art. 401 Abs. 3 OR), Arbeitnehmer I-geber (Art. 339a Abs. 3 OR), Agenten (Art. 418o OR), Handelsreisende (Art. 349e OR)28 • Zu den Retentionsrechten, die inhaltlich von Art. 895 ZGB abweichen, gehören einerseits die- im deutschen Recht unbekannten- "Privatpfändungsrechte" von Siehe Riemenschneider S. 77 m. w. N. ZürcheriOftingeriBär Art. 895 Rn. 177; Bemerl Zobl Art. 895 Rn. 294m. w. N.; offen gelassen bei Tuor I Schnyder § 109 ld. 23 Dazu schon oben S. 62 ff. 24 Siehe die umfangreiche Auflistung bei Bemer I Zobl System. Teil vor Artt. 884 ff. Rn. 490. 25 So die übliche Unterteilung der Schweizer Rechtswissenschaft: Zürcher I OftingerI Bär Art. 895 Rn. 184; BemeriZobl Art. 895 Rn. 52 ff.; Röske S. 12 f. 26 Hinsichtlich des Kommissionärs wird differenziert: Soweit es um fremdes Gut geht, ist Art. 434 OR eine Entsprechung zu Art. 895 ZGB, soweit es um Gut des Kommissionärs geht (entspr. § 398 HGB), ist es eine Sonderregelung. Gleiches gilt für die Retentionsrechte des Beauftragten, siehe Bemer I Zobl Art. 895 Rn. 57 ff., 53 ff. 27 Werkunternehmer (dazu Riemenschneider S. 73) und Pächter sind "nur" nach Art. 895 ZGB geschützt. 28 Kurze Vorstellung der Rechte mit weiteren Nachweisen bei Zürcher I OftingerI Bär Art. 895 Rn. 188 ff. 21
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26*
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2. Abschn.: Bestandsaufnahme- C. Rechtsvergleich
Grundeigentümern bzw. -besitzern an den dem Grundstück zugeführten Sachen (Art. 700 ZGB) und eingedrungenen Tieren (Art. 57 OR)29. An diesen steht dem Gläubiger für seine Schadenersatzforderung ein gesetzliches Pfandrecht unabhängig davon zu, ob die Besitz- bzw. Gewahrsamserlangung mit dem Willen des Schuldners geschah30. Wie alle bisher erwähnten Rechte erkennt auch die Schweiz ein gesetzliches Sicherungsbedürfnis für Vermieter (Artt. 268 ff. OR), Verpächter und Gastwirte (Artt. 299c, 491 OR) an den eingebrachten Sachen des Schuldners an. Da der Besitz entsprechend dem deutschen Recht verstanden wird, handelt es sich bei diesen um besitzlose Retentionsrechte31 • Als Unterschied zum deutschen Vermieterpfandrecht fällt auf, daß in der Schweiz einschränkend nur bei Geschäftsraummiete ein Pfandrecht besteht (Art. 268 Abs. 1 OR) und daß dieses auf den Mietzins beschränkt ist. Auf der anderen Seite wird es aber um Dritteigentum erweitert32, so daß Sachen des Untermieters (Art. 268 Abs. 2 OR) erlaßt sind und ein gutgläubiger Erwerb (ohne Besitz) ermöglicht wird (Art. 268a OR). Im übrigen entspricht dieses Retentionsrecht im wesentlichen dem deutschen Vermieterpfandreche3. Ein von Art. 895 ZGB abweichender Sonderfall sind die auch dem Schweizer Recht bekannten Schiffsgläubigerrechte, die inhaltlich auf dem Stand des internationalen Übereinkommens von Briissel1926 basieren34. 4.Resümee
Das Schweizer Modell mit dem weitreichenden allgemeinen Sicherungsrecht führt dazu, daß diesem ein hohes Maß an praktischer Bedeutung zukommt35 und das rechtsgeschäftliche Kreditsicherungsrecht im Gegenzug etwas an Relevanz einbüßt. Weitere Folge ist, daß sich die Frage nach der Rechtfertigung ungesicherter Vergleichsfälle - anders als bei uns - kaum stellt, aber dafür - in Anbetracht des weitreichenden Umfanges- die Frage nach der Legitimation des Eingriffs in 29 Sie beruhen auf deutschrechtlicher Tradition, vgl. dazu schon oben beim VermieterpfandrechtS. 226; zum englischen ,,right of distress" S. 392, zur Lage in ÖsterreichS. 407. 30 Zürcher I Oftinger I Bär Art. 895 Rn. 186 f.; Bemer I Zobl Art. 895 Rn. 80 ff. , System. Teil vor Artt. 884 ff. Rn. 469. 31 Siehe Zürcher I Higi Art. 268- 268b Rn. 12; Bemer I Zobl System. Teil vor Artt. 884 ff. Rn. 466. Zum anderen Besitzverständnis in Frankreich vgl. S. 396, dort Fn. 18. 32 Ausführlich Zürcher/ Higi Art. 268-268b Rn. 46-67. 33 Etwas anders das Selbsthilferecht in Art. 268b OR; ebenso keine Erfassung unpfändbarer Sachen (Artt. 268 Abs. 3 OR i. V.m. 92 SchKG); siehe weiter Zürcher I Higi Art. 268268b Rn. 20 ff., zur Durchsetzung Rn. 76 ff. 34 Die Schweiz hat ein eigenes Seerecht ("Bundesgesetz über die Seeschiffahrt unter Schweizer Flagge"). Zu den Schiffsgläubigerrechten vgl. Schaps I Abraham Vor § 754 Rn. 48. 35 So- wenn auch ohne tatsächliche Daten - Bemer I Zobl Art. 895 Rn. 12.
IV. Österreich
405
das Eigentumsrecht des Schuldners und Dritter stärker in den Vordergrund rückt36. Die geltende abstrakte Regelung ist heute in der Schweiz als gelungen anerkannt37 und wird teilweise als Modell für ein zukünftiges Recht in Deutschland gepriesen38. Die abstrakte Regelung hat-trotzunbestimmter Rechtsbegriffe-den Vorteil, größere Rechtssicherheit und Gerechtigkeit als die kasuistischen Systeme zu schaffen. Die im Zuge der Schaffung des ADHGB geäußerte Befürchtung, daß ein allgemeines gesetzliches Pfandrecht den Realkredit im Wirtschaftsverkehr unzumutbar beeinträchtigt, hat sich als unzutreffend erwiesen. Allerdings ist zu beachten, daß die Retentionsrechte der Schweiz an manchen Stellen (wie beim Maßstab der Gutgläubigkeit oder bei der vermittelten Verwertungsbefugnis) im Vergleich zur deutschen Rechtslage durchaus Einschränkungen aufweisen. Gerade bei der Verwertungsbefugnis - vgl. schon das Resümee zum französischen Recht - ist der zwangsläufige Weg zu staatlichen Stellen nicht unbedingt ein Vorteil, wenn auch das u.U. nicht-streitige Verfahren dem deutschen Recht wieder näher kommt als das französische. Auch die Schweiz sah sich zuletzt, trotz Art. 895 ZGB, nicht in der Lage, die Kasuistik der Rechte vollständig oder auch nur überwiegend zu beseitigen, so daß auch dort eine gewisse Unübersichtlichkeit besteht. Dies nimmt dem Schweizer Recht doch etwas seiner möglichen "Vorbildfunktion".
IV. Österreich 1. Allgemeines
Von den hier vorgestellten ausländischen Rechtsordnungen ist das Österreichische Recht dem deutschen arn ähnlichsten. Die Nähe zeigt sich bereits in der Terminologie, denn auch das Österreichische Recht differenziert zwischen gesetzlichen 1, vertraglichen und vom Gericht eingeräumten Pfandrechten, was in § 450 ABGB 2 zum Ausdruck kommt. Die Ähnlichkeit der Rechtsordnungen ist bei Kenntnis der Herkunft nicht überraschend: Tatsächlich konserviert das Österreichische Recht in weiten Bereichen Vorstufen der heute in Deutschland geltenden gesetzlichen Verwertungsrechte. Das 36 Siehe BemeriZobl Art. System. Teil vor Artt. 884 ff. Rn. 473 ff., allerdings ohne daß die Bedenken für durchgreifend erachtet würden. 37 Zürcher I Oftinger I Bär Art. 895 Rn. 12. 38 Röske S. 150 f .; positiv auch die Bewertung von Riemenschneider S. 87. t Der in der Österreichischen Rechtswissenschaft verwendete Terminus des unechten gesetzlichen Pfandrechts bezeichnet nur einen (gesetzlichen) Anspruch auf Bestellung eines Vertragspfandrechts, vgl. Schwimann I Hinteregger § 450 Rn. 1; Koziol I S. 343. 2 Dessen S. 1 betrifft die gesetzlichen Pfandrechte: "Die Fälle, in welchem das Gesetz jemandem das Pfandrecht einräumt, sind am gehörigen Orte dieses Gesetzbuches und bei dem Verfahren in Konkursfällen angegeben."
406
2. Abschn.: Bestandsaufnahme- C. Rechtsvergleich
"Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch" (ABGB) Österreichs stammt in wesentlichen Teilen aus dem Beginn des 19. Jahrhunderts, so daß es den BGB-Verfassem bekannt war und auf diese durchaus prägenden Einfluß ausübte3 . Das ABGB kennt allerdings nur zwei gesetzliche Pfandrechte (§§ 1101 und 1321 ABGB, sogleich 2.). Das heute in Österreich geltende HGB ist- mit Modifikationen - das beim 1938 erfolgten Anschluß eingeführte deutsche HGB. Die Österreichischen Normen für HGB-Verwertungsrechte entsprechen heute noch, abgesehen vom Seerecht, dem Stand des deutschen Rechtes bis zum 1. Juli 1998: § 366 Abs. 3 HGB (Gutgläubiger Erwerb), § 397 HGB (Kommissionärspfandrecht), § 410 HGB (Spediteurpfandrecht), § 421 HGB (Lagerhalterpfandrecht), §§ 440 ff., 457 HGB (Frachtführerpfandrecht). Das Österreichische Seehandelsrecht-wenig bekannt, aber durchaus vorhanden4 -entspricht dem deutschen Recht nach der Novelle von 19405 • Für die seerechtliehen gesetzlichen Pfandrechte gilt daher, daß sie in Österreich auf dem Gesetzesstand des deutschen Rechtes vor der grundlegenden Novelle des 1. SRÄG 1972 verharren: Bei der Haverei und der Rettung ist die Haftung daher auf das Pfandrecht beschränkt, wie heute noch im deutschen BSchG6 . Der Katalog der Schiffsgläubigerrechte ist ein entsprechend umfassenderer als heute in Deutschland (mit Rechten für Bodmerei, für Geschäfte des Kapitäns etc.7 ). 2. Besonderheiten im Österreichischen Recht
Im bürgerlichen Recht ist auch in Österreich vor allem das Pfandrecht des Bestandgebers bei Grundstücken (einer Sammelbezeichnung für entgeltlich Überlassende, d. h. Vermieter und Verpächter) in § 1101 ABGB 8 von praktisch größerer Bedeutung. Ein Unterschied besteht gegenüber § 559 BGB, da ausdrücklich bestimmtes Fremdeigentum (nämlich von Familienangehörigen des Mieters) erfaßt 3 Das ADHGB- vgl. zu diesem noch S. 414- wurde zur selben Zeit wie in Deutschland in Kraft gesetzt und galt bis 1938 (als mit dem Reichsanschluß das deutsche HGB eingeführt wurde, siehe auch Fn. 5). 4 Der Blick in Lloyds Register of Ships 1999/2000 zeigt, daß es auch Seeschiffe unter österreichischer Flagge gibt, siehe z. B. die mehr als 20 der Osterreichischen Lloyd Ship Management GmbH, Wien (.,Walsertal" u. a.). s Vgl. Schaps/Abraham AllgemEin! "Österreich". Das Seerecht des ADHGB hatte Österreich 1861 nicht eingeführt, das Seerecht des HGB wurde erst mit dem Reichsanschluß Gesetz und besteht seitdem in dieser Fassung. 6 Das BSchG mit seinen privatrechtliehen Regelungen ist dagegen zum 1. 1. 1997 in Österreich ersatzlos gestrichen worden. Das neue .,Schiffahrtsgesetz" hat nur öffentlichrechtlichen Inhalt. Die Pfandrechte des BSchG sind damit entfallen, der Binnenschiff-Frachtführer ist wieder auf§§ 440 ff. HGB verwiesen. 7 Vgl. bspw. die Kommentierung dazu bei Schlegelberger/Liesecke § 755 HGB. 8 Abs. 1 ftir den Vermieter, Abs. 3 für den Verpächter; siehe zu § 1101 ABGB OGH v. 21. 11. 1985 MietSlg. 37.158 (zur Frage des Erlöschens); OGH v. 9. 2. 1988 EvBl 1988 Nr. 142 (Sicherung künftiger Forderungen).
IV. Österreich
407
wird. Der geschichtliche Rückblick auf die Entwicklung des § 559 BGB zeigt, daß dies in Deutschland vor dem BGB in vielen Landesrechten ebenso war und nur die bekannte politische Auseinandersetzung bei der Entstehung9 zu der heutigen Einschränkung geführt hat 10• Das deutsche Recht hat mit der Einschränkung- wobei funktionell über die Eigentumsvermutung des § 1362 BGB ein gewisser Ausgleich geschaffen wird 11 - keine Probleme. Die Beschränkung auf das Eigentum des Schuldners erscheint mir daher überzeugender. Die zweite Bestimmung(§ 1321 ABGB) regelt nicht ausdrücklich ein gesetzliches Pfandrecht, sondern gewährt- ähnlich dem englischen ,,right of distress" 12 ein Privat- oder Selbstpfändungsrecht. Es besteht zugunsten des Inhabers eines Schadenersatzanspruches für Schäden, die fremdes Vieh anrichtet, welches unberechtigt auf das eigene Grundstück kommt, an dem Vieh. In Deutschland wäre man bei einem entsprechenden Anspruch auf das allgemeine Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB verwiesen. Praktische Bedeutung hat dieses Recht in Österreich aber wohl nicht13 • Aus deutscher Sicht ist auffällig, daß Gastwirt und Werkunternehmer in Österreich ohne gesetzliches Pfandrecht auskommen (müssen) 14. Beiden steht - und gleiches gilt für den herausgabepflichtigen Besitzer (entsprechend unserem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis)- nur ein Zurückbehaltungsrecht gern. § 471 ABGB 15 bzw. § 970c ABGB 16 ohne Verwertungsrecht 17 zu, das etwa § 273 BGB 18 entspricht. Anzumerken ist, daß die Österreichische Rechtsprechung (mit teilweiser Zustimmung in der Literatur) beim Werkunternehmer einen gutgläubigen 19, beim Dazu schon S. 227 ff. Vgl. dazu Mugdan II S. 1251. II Dazu Palandt/ Putzo § 559 Rn. 8 a.E.; Soergel/ Heintzmann § 559 Rn. 18. 12 Vgl. S. 392 f. Zum vergleichbaren Retentionsrecht in der Schweiz S. 403 f. 13 Der zu§ 1321 ABGB zitierten Entscheidung des OGH v. 20. 3. 1974 JBI. 1975, 490 f. lag keine Privatpflindung zugrunde. 14 Für den Werkunternehmer vgl. insb. rechtsvergleichend Riemenschneider S. 56 ff. 15 Abs. 1: "Wer zur Herausgabe einer Sache verpflichtet ist, kann sie zur Sicherung seiner fälligen Forderungen wegen des für die Sache gemachten Aufwandes oder des durch die Sache ihm verursachten Schadens mit der Wirkung zuriickbehalten, daß er zur Herausgabe nur gegen die Zug um Zug zu bewirkende Gegenleistung verurteilt werden kann." Abs. 2 bestimmt die Abwendung durch Sicherheitsleistung. Zum Österreichischen Eigentümer-Besitzer-Verhältnis vgl. die Einführung bei P. Bydlinski Grundzüge Rn. 364 ff. 16 Für den nicht i.S.v. § 471 ABGB herausgabepflichtigen Gastwirt. 17 OGH v. 2. 12. 1954 JBI. 1955, 223; Rummel/ Petrasch § 471 Rn. 9 m. w. N. 18 § 471 ABGB (tatbestandlich enger gefaßt als§ 273 BGB) genießt allerdings insgesamt Schutz im Konkurs, vgl. § 10 Abs. 2 öKO, näher dazu Rummel/ Petrasch § 471 Rn. 11. Zu den Pfandrechten im Konkurs ders. § 447 Rn. 5: Absonderungsrecht 19 OGH v. 9 . 4. 1975 EvBl 1976 Nr. 1 (ÖJZ 1976, S. 12 ff.); ders. v. 15. ll. 1990 JBI. 1991, 241 ff. mit eingehender Darlegung des Streitstandes und ablehnender Anm. von Rummel; siehe weiter Rummel/ Petrasch § 471 Rn. 8 m. w. N. zu beiden Auffassungen; dort Rn. 2 gegen eine dingliche Wirkung. 9
10
408
2. Abschn.: Bestandsaufnahme - C. Rechtsvergleich
Gastwirt sogar eigentümerunabhängigen20 Erwerb dieser Zurückbehaltungsrechte an Dritteigentum zuerkennt. Insofern ist die Sicherungslage dieser Gläubiger wenn auch ohne Befriedigungsrecht - doch der in Deutschland praktizierten Situation angenähert. Betrachtet man die Rechtsprechung und Kommentierungen in Österreich, hat man durchaus nicht den Eindruck, daß ein Gastwirt- oder Werkunternehmerpfandrecht vermißt würde21 . Außerhalb von ABGB und öHGB gibt es im Österreichischen Recht eine Reihe weiterer gesetzlicher Pfandrechte. So hat der Rechtsanwalt an der Kostenersatzforderung der eigenen Partei gegenüber dem Gegner ein Pfandrecht(§ 19a RA0)22 . In der Literatur findet sich eine Reihe weiterer Verweise, teilweise im zivilrechtlichen, überwiegend aber im öffentlich-rechtlichen Bereich23 • Erwähnenswert ist dabei, daß die Pfandrechte u.U. auch an Liegenschaften bestehen können, ohne daß es dazu einer Eintragung im Grundbuch bedarf24 • Hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung der Österreichischen gesetzlichen Pfandrechte gibt es, bei sonst vielerlei Ähnlichkeiten 25 , einen bemerkenswerten Unterschied zu den deutschen gesetzlichen Pfandrechten. Originär geben Österreichische Pfandrechte (d. h. auch das Vertragspfandrecht) nämlich nur ein Recht auf mittelbare Befriedigung. Der Pfandberechtigte ist deswegen, selbst wenn er Besitzer ist, darauf verwiesen, seinen Verwertungsanspruch mittels gerichtlicher Pfandrechtsklage zunächst feststellen zu lassen (vgl. § 461 ABGB)26. Diese zivilrechtliehe Grundregel wird allerdings für die wichtigen gesetzlichen Besitzpfandrechte per Ausnahmeregelung außer Kraft gesetzt: Für die Pfandrechte des HGB und das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht gelten über die Bestimmung des Art. 8 Nr. 14 und Nr. 16 der 4. EVHGB die §§ 1219 bis 1221, 1228 bis 1248 des deutschen (!) BGB.
2o Erwerb selbst an Eigentum Dritter ist h.M., vgl. Rummel I Schuhen § 970c Rn. 2 m.w.N. 21 Und dies, obwohl in Österreich die deutsche Rechtslage viel bewußter wahrgenommen wird als umgekehrt. 22 Vgl. dazu OGH v. 7. 9. 1994 JBI. 1995, 381; ähnlich das weitere Recht in§ 19 RAO. 23 Vgl. die Aufstellung in Dittrich/Tades Übersicht I zu § 450 mit mehr als einem Dutzend weiterer "gesetzlicher Pfandrechte". Allerdings sind dies nicht alles Verwertungsrechte, denn dort sind auch sonstige Vorrechte aufgezählt. So gewährt z. B. § 216 Abs. I Ziff. 3 der Exekutionsordnung ein Vorabbefriedigungsrecht zugunsten bestimmter Lohnanspruche von Landwirtschaftsbediensteten, schafft aber nicht ein eigenes Recht, die Verwertung zu betreiben. 24 Krit. dazu Dittrich ÖJZ 1952, 147, 150. 25 Vgl. den Überblick zum Österreichischen Pfandrecht bei P. Bydlinski Grundzüge Rn. 376 ff. 26 Vgl. P. Bydlinski Grundzüge Rn. 381; Rummel/ Petrasch § 461 Rn. 4, § 466 Rn. 4.
IV. Österreich
409
3. Resümee
Trotz im einzelnen bestehender Unterschiede zeigt sich insgesamt, daß in Österreich die Rechtslage dem deutschen Recht sehr ähnlich ist. Viele Probleme stellen sich wie in Deutschland, wobei der vergleichende Blick zu uns dort viel üblicher ist als umgekehrt. Einen neuen Ansatz für eine Reform der deutschen Rechte wird man durch den Vergleich mit Österreich nicht gewinnen, zumal die Abweichungen keine besonderen Vorzüge erkennen lassen.
3. Abschnitt
Befund I. Einleitung Die vorstehende Bestandsaufnahme hat anschaulich vor Augen geführt, warum bisher keine Systematik, keine zusammenhängenden Grundzüge der gesetzlichen Verwertungsrechtel Pfandrechte herausgearbeitet worden sind: Die Entstehungstatbestände weisen eine solche Menge von Einzelheiten und Besonderheiten auf, die - in dieser Vielzahl - einen Betrachter, der Strukturen zu erkennen sucht, eine gewisse Hilflosigkeit spüren läßt. Zu Beginn dieses Befundes werden die in den Einzelbetrachtungenschon punktuell erarbeiteten, primär in der historischen Entwicklung liegenden Ursachen zusammengefaßt. 1. Historische Entwicklung als Ursache der mangelnden Systematlsierung
a) Altertum: Die Ursprunge der einzelnen Verwertungsrechte stammen aus verschiedenen zeitlichen Epochen sowie räumlichen und damit letztlich auch rechtlichen Umfeldern. Soweit sie eine lange Entwicklung (z. B. seit dem Altertum) aufweisen, sind zumindest ihre Wurzeln regelmäßig in Einzelfallregelungen zu finden. Dies kann nicht überraschen, denn alte Rechtsregeln ruhren gewöhnlich aus der Lösung eines Einzelkonfliktes her. Ein Abstrahieren und Systematisieren ist immer erst Folge rechtlicher Aufarbeitung und Fortentwicklung.
Die in der Bestandsaufnahme gezeigten Ursprunge beginnen im Recht des Altertums. Für das römische Recht sind Vorläufer der Pfandrechte des Verpächters, Vermieters, Gastwirts und des Verfrachters I Beförderers nachgewiesen 1 • In Rom kannte man allerdings nicht nur die Vorläufer unserer gesetzlichen Pfandrechte, sondern hielt im weiten Umfang - insbesondere seit der Spätklassik - besitzlose Präoder und privilegierte Pfandrechte an Sachgesamtheiten für möglich (gerade auch auf gesetzlicher Entstehungsgrundlage2). Das damit verbundene Problem I Vgl. schon S. 225 (Vermieter), S. 257 (Verpächter), S. 271 (Gastwirt), S. 284 (Beförderer). 2 Vgl. Kaser Bd. I§ 110 II 2, Bd.II § 251 I 2; Honsell/Mayer-Maly/Selb § 82 II, III: Ein gesetzliches Pfandrecht arn Gebäude für ein für die Errichtung gegebenes Darlehen; eines zugunsten des Mündels an der vom Tutor (Vormund) im eigenen Namen, aber mit Mündelgeld gekauften Sache (ähnlich § 397 HGB); eines zugunsten der Ehefrau arn Vermögen des Mannes wegen Rückforderung der Mitgift.
I. Einleitung
411
war, daß im römischen Recht der Realkredit entwertet wurde, weil diese Praxis zu Lasten der Publizität ging und Pfandgläubiger sich ihrer Sicherheit gerade nicht "sicher" sein konnten3 . Dies gilt bis heute als die Hauptschwäche des damaligen, im Laufe der Zeit hoch entwickelten Systems und ist - wie gleich ersichtlich wird -eine Ursache dafür, daß bis heute keine Systematisierung der gesetzlichen Pfandrechte durch das Gesetz erfolgt ist. Es ist zu vermuten, daß auch in anderen Rechten des Altertums Ansätze für gesetzliche Verwertungsrechte zumindest rudimentär vorhanden waren. Einige tatsächliche Ausgangslagen legen es einfach nahe, daß der Gläubiger für seine Forderung aus der in seinem Zugriff befindlichen Sache, ohne Einverständnis des Schuldners, Befriedigung sucht4 • Nachweise zu solchen parallel existierenden Rechten gibt es aber nicht. Für die Haverei kann man feststellen, daß deren Ursprünge in das griechische (rhodische) Recht zurückführen5 • Ob die Ansprüche durch Retentionsrechte oder weitergehend durch Verwertungsrechte abgesichert waren6 , ist jedoch unklar. Für den Anspruch auf Rettungslohn gilt ähnliches7. (3) Vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert: Weitere, zwar ähnliche, aber vom römischen Recht unabhängige Vorläufer entwickelten sich im deutschen Recht des Mittelalters.
Offensichtlich einen (nur) deutschrechtlichen Ursprung hat das Werkunternehmerpfandrecht8. Für das Vermieterpfandrecht ist dagegen eine zweigleisige Entwicklung festzustellen. Neben dem römisch-rechtlichen Ursprung [a)] gab es im deutschen Recht eine selbständige, parallele Entwicklung, wobei diese - anders als in Rom - nicht aus einem konkludenten Vertragspfandrecht hervorging9 . Ganz anders als in Rom herrschte im deutschen Recht - jedenfalls vor der Rezeption 10 zum einen ein strenges Faustpfandprinzip vor (das ein besitzloses Pfandrecht des Vermieters ausschloß) und gab es zum anderen im eigentlichen Sinne noch keine gesetzlichen Pfandrechte 11 • Die besagten Vorläufer mit deutscher Tradition, also So bspw. Siber S. 3 ff.; siehe auch Engelschall S. 71 ff. rn. w. N. Z. B. wie beim Selbstpfändungsrecht des Vermieters, vgl. bei Fn. 9; siehe außerdem noch S. 422 ff. und 428 ff. s Dazu näher schon S. 323. 6 A. a. 0. S. 328: Eine Absicherung der Haverei ist für die Zeit nach der Übernahme des Rechtsinstituts in das römische Recht nachzuweisen; zur "exceptio doli" noch sogleich s. 422 ff. 1 Siehe S. 341 ff. s Siehe S. 77 ff. 9 Vgl. schon S. 226. 3
4
to Ab dann kamen vereinzelt - rechtsgeschäftliche -besitzlose Pfandrechte vor; dazu Hagemann Hdwb. Rechtsgeschichte, "Pfandrecht"; etwas anders Staudinger I Wiegarni Vor § 1204 Rn. 4 [für selbständige deutsche Entwicklung besitzloser, aber anzeigepflichtiger Pfandrechte, rn.E. eher eine Wirkung der Frührezeption, siehe dazu Kiefner Hdwb. Rechtsgeschichte, ,,Rezeption (privatrechtlich)"].
412
3. Abschn.: Befund
für den Werkunternehmer und Vennieter, waren insofern "nur" Zurückbehaltungsrechte, die mit einer außerprozessualen Pfändungs- d. h. Befriedigungsbefugnis verstärkt bzw. als Zugriffsrecht ausgestaltet wurden 12• Erst mit der Rezeption hielten die gesetzlichen Pfandrechte des römischen Rechtes in die Partikularrechte der deutschen Staaten Einzug. Damit kam es zu einem vielfältigen Nebeneinander von Einzelrechten, denn mangels dogmatischer Durchdringung entwickelten sich weder einheitliche Prinzipien noch gar ein Ansatz für ein zusammenhängendes System. Im Raum der italienischen Handelsstädte begann gleichfalls etwa zu dieser Zeit die Entwicklung zu mehreren unserer heutigen kaufmännischen Pfand- und Verwertungsrechte 13 , ohne daß eine Verbindung zu den anderen schon bekannten gesetzlichen Verwertungsrechten nachweisbar wäre. Diese kaufmännischen Verwertungsrechte stellen heute noch eine rechtlich einheitliche Gruppe dar, was durch die Transportrechtsreform 1998 im wesentlichen bestätigt und verstärkt worden ist 14. Mit der auf Kompensation und einem spezifischem Gläubigerschutz beruhenden Rechtfertigung hat diese Gruppe einen eigenen Entwicklungshintergrund. Vorläufer der seerechtliehen Pfandrechte der Schiffsgläubiger sowie bei der Bergung und Haverei 15 finden sich insbesondere in den Gesetzen der Hafen- und Hansestädte. Endgültig verfestigt wurden diese aber erst mit dem ADHGB. Auch insoweit bewirkten individuelle Besonderheiten, speziell aus der seerechtliehen Haftungsbeschränkung, eine sie von anderen Rechten unterscheidende Entwicklung und Rechtfertigung. Bei diesen historischen Rahmenbedingungen ist es nicht überraschend, heute einen hohen Grad von Individualität der Verwertungsrechte vorzufinden. Ganz am Ende der Erklärung ist man dabei aber noch nicht: Bekanntlich ist das gesamte Zivilrecht in Deutschland noch vor 150 Jahren- das preußische ALR ist insofern anschauliches Beispiel - mehr oder weniger Einzelfallrecht gewesen. Erst mit der Entwicklung der modernen Rechtswissenschaft und in der Folge im Zuge der großen Kodifikationendes letzten Jahrhunderts begann die dem deutschen Zivilrecht heute eigene Abstrahierung. In einem negativen Sinne wurde damals auch für die Verwertungsrechte die Ursache für die heutige Situation geschaffen: Während andere Bereiche als abstrakte übergreifende Regelungen verfaßt wurden, erfolgte bei den gesetzlichen Verwertungsrechten nur eine vereinheitlichende Selektion, so daß 11 Mit der Rezeption fand auch hier eine Veränderung durch das römische Recht statt, vgl. Coing Bd. I § 64 II. 12 Siehe dazu Engelschall S. 5 f., beachte auch Fn. 10. 13 Näher S. 123 (Kommissionär); S. 142 (Transporteur); S. 160 (Spediteur). 14 Das Kornmissionärpfandrecht wurde dabei- wie das ganze Kornmissionsrecht- bedauerlicherweise nicht überarbeitet. Von einem "Versäumnis" spricht auch P. Bydlinski ZIP 1998, 1169, 1174 (dort Fn. 59). 15 Näher S. 328 (Haverei), 343 f. (Rettung), S. 365 (Schiffsgläubigerrechte).
I. Einleitung
413
einige Pfandrechte verschwanden 16 und die anderen anschließend reichsweit anerkannt waren. Einen Weg hin zur Systematisierung fand man in diesem Bereich jedoch nicht, so daß es bei der Kasuistik verblieb. ')')Entwicklung im 19. Jahrhundert: Ausgangspunkt für die legislatorische Entwicklung im letzten Jahrhundert war einerseits das überlieferte römische Recht, andererseits das Partikularrecht der deutschen Staaten und damit ein breites Spektrum: Nachdem mit der Rezeption zunächst viele der römischen Pfandrechte Einzug in die Partikularrechte hielten, erfolgte zunächst im 18. Jahrhundert eine Gegenbewegung, in der viele Partikularrechte zurück zum Faustpfand tendierten 17 . Der Grund dafür war, daß die von diesen - oft besitzlosen, an Sachgesamtheiten bestehenden - Pfandrechten ausgehende Gefährdung des Wirtschafts- und Rechtsverkehrs mehr in das Blickfeld geriet 18 (letztlich als Folge der zunehmenden Bedeutung und Entwicklung des Handels). Das römische Recht, aber auch die Partikularrechte untereinander, unterschieden sich damit in Deutschland hinsichtlich der gesetzlichen Einzelsicherungsrechte erheblich 19• Zwei damals maßgebende Rechtsordnungen, das Österreichische ABGB und der Code civil, sind noch heutewenn auch nach vielen Reformen - erhalten und können Zeugnis über die Allsgangssituationen liefern (zu den gesetzlichen Verwertungsrechten vgl. schon oben beim Rechtsvergleich, S. 393 ff., 405 ff.). Eine dritte für die Entwicklung im letzten Jahrhundert bedeutende Rechtsordnung, das preußische ALR, kannte bereits viele - aber nicht alle20 - Vorläufer der heutigen Verwertungsrechte (oft in abgeschwächter Form als Zurückbehaltungsrechte)21 • Eine erste Sammlungsfunktion für die heutigen Verwertungsrechte hatte die preußische Konkursordnung von 1855, die prägend für die spätere Entwicklung eine Auflistung in§§ 33, 36 KO 1855 vornahm (selbstverständlich nur als Absonderungsrechte). Sie hatte (neben dem ADHGB, dazu sogleich) einen maßgeblichen Einfluß auf die reichsweite Normierung der Absonderungsrechte in der Reichskonkursordnung von 1879 (siehe dort § 41). Die Reichskonkursordnung diente ihrerseits wiederum als Maßstab für die Konstituierung von gesetzlichen Verwertungsrechten in den Partikularrechten des späteren 19. Jahrhunderts und verhalf so bspw. dem Werkunternehmerpfandrecht zum "Durchbruch'm. 16 Vgl. z. B. die arn römischen Recht orientierte Aufzählung im Rechtslexikon aus 1854 von Weiske Stichwort "Pfandrecht" S. 28 ff. 11 Siehe schon S. 227. 18 Eingehend zur damaligen Lage: Engelschall S. 71 ff. (m. w. N.). 19 Vgl. bspw. für das Vermieter-/Verpächterpfandrecht die Darstellung von Cretschmar; AcP 68 (1885), die die unterschiedlichen Lagen sehr anschaulich zeigt, und Nachweise S. 227, Fn. 18. 20 Siehe die Entwicklung zum Pächterpfandrecht S. 100 ff., zum Werkunternehmerpfandrecht S. 77 ff. 21 Zum Vermieterpfandrecht bspw. S. 227. 22 Vgl. schon S.78.
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3. Abschn.: Befund
Zeitlich parallel zu dieser Rechtsentstehung in den Konkursordnungen verlief die handelsrechtliche Entwicklung zu den Verwertungsrechten des HGB. Für diese ist vor allem die Kodiftkation des ADHGB von 1861 (die Beratungen in Nürnberg begannen 1857) entscheidende Entwicklungsstation gewesen. Bei dieser ersten übergreifenden, wenn auch partiellen Zivilrechtskodifikation für Deutschland, gab es - durchaus im Trend der Zeit - das Bemühen um eine abstrakte Entstehungsregelung für alle gesetzlichen Verwertungsrechte des kaufmännischen Bereichs. So sah der Österreichische Entwurf eine übergreifende Pfandrechtsentstehung für alle Kaufleute vo?3, während der preußische nur eine Kasuistik mit Pfandrechten für Frachtführer, Kommissionär und Spediteur (entspr. den Retentionsrechten des ALR) bevorzugte24• Letztlich entschied man sich im ADHGB gegen ein allgemeines Pfandrecht der Kaufleute (als "zu weitgehend"), vor allem um sich nicht zu weit vom partikularrechtliehen Zivilrecht zu entfernen25 • Man beschränkte sich so einerseits auf eine Kasuistik der Pfandrechte (in den Fällen, in denen man sie insb. aus Wertschaffungsgesichtspunkten für angemessen hielt26) und schuf andererseits allgemein- 'nur- das heute bekannte Retentionsrecht unter Kaufleuten (als Vorläufer des§ 369 HGB)27 . Lohnend ist in diesem Zusammenhang noch der Hinweis auf die relative Nähe zwischen Zurückbehaltungs- I Retentionsrechten und Pfandrechten28 , die im Zuge der Handelsrechtsentwicklung deutlich wird. Im letzten Jahrhundert waren diese Begriffe offensichtlich weder so festgelegt, daß allein das Pfandrecht Verwertungsbefugnisse vermittelte (das ist - wie gesagt - auch heute nicht der Fall), noch so, daß allein das Pfandrecht dinglich wirkte. Bei der Einführung des BGB hielt man es deswegen für nötig zu erwähnen, daß das Zurückbehaltungsrecht des § 273 BGB nur obligatorisch wirke und brachte gleichzeitig zum Ausdruck, daß man dies für das geltende kaufmännische Retentionsrecht (heute § 369 HGB) anders sah29• Nach der Prämisse des ADHGB ist das Zurückbehaltungsrecht eindeutig das "schwächere" (vgl. nur § 369 Abs. 2 HGB) und das Pfandrecht das "stärkere" Recht30• Klar ist aber ebenso, daß durch die Loslösung von den Pfandrechtsgrundsätzen31 bei "den" gesetzlichen Pfandrechten und die 23 § 50 revidierter österreichischer Entwurf, noch nach der ersten Lesung so in Art. 262 ADHGB (Entwurt); vgl. im einzelnen auch Goldschmidt S. 1015 ff. 24 Dazu Altmeppen ZHR 157, 541, 549 f. (zur Entstehung "der" gesetzlichen Pfandrechte; gemeint sind wohl nur die von ihm besprochenen handelsrechtlichen). 25 Protokolle S. 1348 ff. 26 Siehe Protokolle S. 1349 und auch noch S. 428 ff. 27 Insoweit noch enger als der preußische Entwurf; zur Diskussion darüber Goldschmidt S. 1017 f. 28 Vgl. sehr instruktiv zur Entwicklung Altmeppen ZHR 157, 541, 548 ff. 29 Siehe Mugdan II S. 22. In den ADHGB-Materialien gab es einen abweichenden Standpunkt (Denkschrift S. 211). 30 Letzteres gegenüber jedermann (statt nur gegenüber Kaufleuten) und mit Vertrauensschutz beim Erwerb, vgl. auch Henke AcP 161 (1962) S. I, 11.
I. Einleitung
415
gleichzeitige inhaltliche Aufwertung der Zurückbehaltungsrechte zum Verwertungsrecht ein beinahe fließender Übergang zwischen den Instituten besteht. Dies hat sich in der Bestandsaufnahme gezeigt und wird auch in diesem Abschnitt immer wieder deutlich. h) Vom BGB bis heute: Betrachtet man die weitere Entwicklung der Verwertungsrechte mit Blick auf die Kodifikation des BGB, kann man feststellen, daß ein erneuter (dann zivilrechtsübergreifender) Versuch zur Systematisierung der Verwertungsrechte nicht unternommen wurde. Bereits die erste Kommission (zum BGB) beschränkte sich darauf, unter Hinweis auf die .,innere Verschiedenheit der Entstehungstatbestände" festzustellen, daß gemeinsame Regeln für die Entstehung lediglich den betreffenden Gesetzen zu entnehmen seien (und nicht etwa den Bestimmungen zum rechtsgeschäftliehen Pfand)32. Es ist an weiteren Stellen ersichtlich, daß wenig Bereitschaft bestand, hier eine oder auch mehrere abstrakte, aber einheitliche systematische Entstehungsgrundlage(n) zu schaffen oder sich damit auch nur auseinanderzusetzen. Man stützte sich statt dessen ganz maßgebend auf die aus § 41 KO 1877 bekannten Absonderungsrechte33 und wollte diesen Kreis weder erweitern noch beschränken, sondern nur bei Bedarf modifizieren (vgl. die Diskussionen um das Verrnieterpfandrecht). Eine Veränderung der außerhalb des BGB zu regelnden Pfandrechte war von den BGB-Verfassern natürlich ohnehin nicht beabsichtigt34• Das Ende der bisherigen Entwicklung zu einzelnen gesetzlichen Verwertungsrechten liegt im gerade beendeten Jahrhundert mit dem FPG35 und zuletzt im Jahr 1998 mit dem Opferpfandreche6 . Beide sind aus Sondersituationen entstanden, entsprechen damit vom Ausgangspunkt eher Einzelregelungen des alten Rechtes und waren daher kein Beitrag zu einer Systematisierung. Gleichwohllohnt sich ein Blick auf sie, weil sie sich einerseits in bekannte Strukturen einordnen lassen und andererseits allgemein interessierende neue Fragen aufwerfen (wie z. B. den Ansatz von Forderungen als Sicherungsobjekt). e) Resümee: Festgehalten werden kann, daß die gesetzlichen Verwertungsrechte deswegen so vielgestaltig auftreten, weil sie als Einzelrechte aus individuellen Umfeldern entstanden sind. Einige gesetzliche Pfandrechte sind mit der Zeit wieder verschwunden. Andere wurden im Laufe der Zeit teilweise überarbeitet und modifiziert, ohne daß dabei auf eine Einheitlichkeit mit anderen gesetzlichen VerDazu z. B. Baur/Stümer §55 Rn. 37. Mugdan III S. 444. 33 Das wurde durchaus als "Argument" verwendet, siehe für§ 647 BGB Mugdan II S. 276; für das Pächterpfandrecht Mugdan II S. 237; zur ,,kodifikatorischen Tendenz" im BGB vgl. schon Siber S. 7 f. 34 Dies waren damals noch deutlich mehr als heute; vgl. die Aufzählung bei Staudinger I Wiegand § 1257 Rn. 1. 35 Zu diesem siehe S. 289 ff. 36 Zu diesem siehe S. 309 ff. 31
32
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3. Abschn.: Befund
wertungs- oder auch nur Sicherungsrechten besondere Aufmerksamkeit gerichtet wurde. Sie haben daher über die individuelle Entwicklung eine mehr oder weniger eigene Ausgestaltung erfahren. Der Zeitpunkt, in dem für weite Teile des übrigen Zivilrechts eine systematisierende Aufarbeitung erfolgt ist, wurde für die gesetzlichen Verwertungsrechte verpaßt Beim ADHGB gab es Ansatzpunkte dazu, man nahm jedoch mit Rücksicht auf die allgemein-zivilrechtliehen Partikularrechte davon Abstand. Bei der Aufarbeitung des allgemeinen Zivilrechts bei Schaffung des BGB bestand dagegen dafür keine Bereitschaft mehr, so daß man zwar auf Reichsebene die Regeln vereinheitlichte, aber dabei nur eine gemeinsame Kasuistik ohne inhaltliche Abstimmung schuf.
2. Überleitung
Würde als Befund allerdings nur übrig bleiben, daß vor übergreifenden Aussagen zu warnen ist, die die gesetzlichen Verwertungsrechte insgesamt betreffen, weil keinerlei Gemeinsamkeiten bestehen, wäre dies sicher ein enttäuschendes Ergebnis. Daß dem - trotz aller Vielfalt - nicht so ist, dürfte beim Lesen der Bestandsaufnahme immer wieder deutlich geworden sein. Zwar lassen sich kaum für alle Rechte übergreifende Zusammenhänge darstellen. Erkennbar ist aber, daß gewisse "Rechtfertigungen" oder Funktionen oder Erwägungen immer wieder auftauchen, die sich sogar in lediglich drei Gruppen zusammenfassen lassen. Man kann (muß) "nur" auf wenige Entstehungskriterien zurückgreifen, die in unterschiedlichen, häufig aber auch ähnlichen Konstellationen als für die Entstehung maßgebend erarbeitet wurden. Im folgenden Kapitel (II.) werden diese zusammenhängend aufgezeigt, gruppiert, untersucht und abschließend in einer Übersicht dargestellt. Es ergibt sich auf diese Weise, daß bei den gesetzlichen Verwertungsrechten jeweils mehrere Komponenten zusammenwirken. Als anschließender Schritt (III.) sind - unter Beibehaltung des bisherigen, bei der Bestandsaufnahme verwendeten Aufbaus - die gesicherten Forderungen unter übergreifenden Kriterien darzustellen und systematisierend in Gruppen zusammenzufassen. Die Auswirkungen der Entstehungskriterien auf diese Forderungsselektion sind ein weiterer Untersuchungsgegenstand. Im Anschluß daran wird auf die in der Bestandsaufnahme regelmäßig aufgeworfenen Fragestellungen nunmehr im übergreifenden Zusammenhang geblickt: Die Erfassung atypischer Forderungen und Nebenforderungen durch die Entstehungstatbestände, die Notwendigkeit eines wirksamen Vertrages sowie temporäre Beschränkungen des Kreises der gesicherten Forderungen werden noch einmal aus globaler Sicht betrachtet. Auch dabei lassen sich übergreifende Schlußfolgerungen aufzeigen. Für die von Entstehungstatbeständen nicht erfaßten Forderungen stellt sich zuletzt die Frage einer u.U. analogen Anwendung, sei es als Analogie zu Einzelfällen oder als Gesamtanalogie. Die Prüfung, inwieweit für solche Fälle eine Analogie de lege lata möglich und geboten ist, schließt den Abschnitt.
II. Rechtfertigende Erwägungen
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Bei der Betrachtung der erfaßten Sicherungsobjekte lassen sich ebenso generelle Aussagen treffen und so eine gewisse Systematisierung - de lege lata - betreiben (IV.): Wie in der Bestandsaufnahme für die Einzelrechte wird hier nunmehr übergreifend betrachtet, welche Arten von Objekten erlaßt werden, wie ein Verkehrsschutz erreicht wird, wo Objekte Dritter belastet werden und wie ein Schuldnerschutz erfolgt. Auch beim Sicherungsobjekt kann sich zuletzt die Frage stellen, ob und inwieweit eine Erweiterung des gesetzlich ausdrücklich erfaßten Kreises der Sicherungsobjekte möglich ist. Als Abschluß dieses dritten Abschnittes soll - als rechtspolitischer Ansatz noch überlegt werden, wie de lege ferenda Regelungen zur Entstehung von Verwertungsrechten aussehen könnten bzw. sollten (V.). Dabei kann, unter Rückgriff auf die vorangegangene Systematisierung und die Erkenntnisse, die aus dem Abschnitt zur "Praktischen Bedeutung" der Bestandsaufnahme zu gewinnen sind sowie den Regelungsmodellen anderer Rechtsordnungen, ein Vorschlag für eine zukünftige Regelung gemacht werden.
II. Rechtfertigende Erwägungen 1. Taugliche und untaugliche Ansätze in der Literatur
Ersichtlich ist, daß man mit der Behauptung genereller, "den" gesetzlichen Verwertungs- oder Pfandrechten zugrundeliegender Rechtfertigungen I Leitlinien zurückhaltend sein muß, da es bei der vorhandenen Menge von Einzelrechten beinahe zu jeder Regelbehauptung ein mehr oder weniger deutliches Gegenbeispiel gibt. In der Literatur ist man wohl im Bewußtsein dieser Lage mit übergreifenden Aussagen weitgehend vorsichtig 1. Viele Abhandlungen betreffen nur ein ausgewähltes Sicherungsrecht2 , oder sind zwar übergreifend, betrachten aber nur ein spezielles Rechtsproblem3 , oder beschränken sich auf eine oberflächliche Darstellung der Gesetzeslage4 • Einige Ansätze zur Rechtfertigung werden allerdings geboten. Sie sollen hier vorab kurz vorgestellt und gewürdigt werden (1.). In der anschließenden eigenen Beurteilung der Entstehungsprinzipien (2.- 5.) wird darauf zurückzukommen sein. I So findet sich bei Staudinger I Wiegand zu § 1257, der in der Pfandrechtskomrnentierung stets um fundierte und grundlegende Aufarbeitung bemüht ist, dazu kein Ansatz. Er verweist - vgl. Rn. 5 - ausschließlich auf die Einzelregelungen. 2 Insb. die Kommentare, aber auch verschiedene Monographien, z. B. Bahts: Schiffsgläubigerrechte; Riemenschneider: Werkuntemehmersicherung; Siber: Vennieter-, Verpächter-, Gastwirtpfandrecht 3 So zum Anwartschaftsrecht als Sicherungsgegenstand die Beiträge von Reinicke und Fuchs (ArchffiR 34, S. 368 ff.); zum IPR Palmberger; diverse Arbeiten zum Erwerb vom Nichtberechtigten, nachgewiesen bei Benöhr ZHR 135, S. 144 ff. 4 So ganz überwiegend Röske S. 1 ff.; weiterführend allenfalls sein Reformvorschlag s. 150-152.
27 Bechtloff
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3. Abschn.: Befund
a) Typische Vorleistungssituationen
Ein gewisses Bemühen um übergreifende Erwägungen findet sich in den großen Lehrbüchern zum Sachenrecht. So verweisen bspw. Baur I Stüme,:S darauf, daß für manche Vertragsverhältnisse die Vorleistung des einen Teils so typisch ist, daß dies einen gemeinsamen Grund für die Schaffung gesetzlicher Verwertungsbefugnisse bietet. Bezeichnet man diesen Aspekt abstrahiert als ein "besonderes, dem Schuldverhältnis immanentes Schutzbedürfnis aus der Leistungssituation des Gläubigers", kann man ihn sehr wohl als Rechtfertigungskriterium für die Konstituierung von Verwertungsrechten ansehen. Die "typische Vorleistungssituation" für sich ist aber für den Gesetzgeber als Merkmal dabei nicht ausreichend, um ein Pfand- oder auch nur Verwertungsrecht zu konstituieren (man denke nur an den Dienstnehmer, der typischerweise ungesichert vorleistet, § 614 BGB). Zum anderen sind damit keineswegs alle gesetzlichen Verwertungsrechte zu erklären, kommt es doch u.U. überhaupt nicht auf eine Leistung des Gläubigers an (vgl. z. B. beim Opferpfandrecht, Havereipfandrecht oder einzelnen Tatbeständen des Schiffsgläubigerrechts). b) Wertschaffungsaspekte
Als weiterer (kumulativer) Aspekt wird der- hier so bezeichnete- Wertschaffungsaspekt (manchmal eher Werterhaltungsaspekt) hervorgehoben. In der Literatur formuliert man etwas anders, aber inhaltlich ähnlich, die (Vor-)Leistung käme dem Sicherungsgut zugute6 , oder das Pfandrecht schütze den Ersatz der Aufwendungen, die für die Sache gemacht wurden7 • Zu Unrecht hat Benöhr8 dagegen geltend gemacht, daß "Verwendungen" seit alters her nur zu Zuriickbehaltungsrechten geführt haben. Richtig ist, daß nicht jeder Aufwand auf eine Sache nach geltendem Recht ein Pfandrecht begriindet. Vielfach führt der Aufwand auch "nur" zu einem Befriedigungsrecht (siehe§§ 1000 ff. BGB). Es gibt sogar wertsteigernde Leistungen auf eine Sache, die zu keinem Verwertungs- oder Sicherungsrecht führen müssen (so beim Dienstvertrag oder bei ungerechtfertigten Bereicherungen außerhalb des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses9 ). Trotzdem darf man nicht übergehen, daß in den gesetzgebensehen Motiven die Wertschaffung oft einer der zentralen Gedanken war, um die Entstehung gesetzlicher Pfandrechte zu rechtfertigen. Da aber wohl nie - eine Ausnahme ist vielleicht das jüngst geschaffene Opferpfandrecht s Baur/Stümer §55 Rn. 35; ebenso auch andere, z. B . Palmberger S. 2 f.: Genannt werden Vermieter, Verpächter, Spediteur, Frachtführer. Ähnlich GK/ Canaris § 366 Anm. 74, der auf den Ausschluß der Zug-um-Zug-Leistung in bestimmten Fällen hinweist. 6 Baur/Stümera. a. 0. (Fn. 5). 7 Westermann § 126 II 1, der weitergehend darauf hinweist, daß dies nur einer der möglichen eine "Sachnähe" schaffenden Bezüge ist. s ZHR 135, 144, 151. 9 Gerade, wenn es arn Besitz fehlt, fehlt es dann an jedem Pfandrecht.
Il. Rechtfertigende Erwägungen
419
ein Aspekt allein für eine Konstituierung als ausreichend anzusehen ist (vgl. noch unten), greift es sicher zu kurz, wenn Benöhr dieses Kriterium als irrelevant erachtet10.
c) Ausschluß spezieller Forderungsformen?
Benöhr ist in seiner Abhandlung - im Zuge von Überlegungen zum Erwerb des Werkunternehmerpfandrechts vom Nichtberechtigten - weiterreichend als andere zu Aussagen über die Entstehung von gesetzlichen Pfandrechten bereit gewesen. So findet sich bei ihm die Negativprämisse, daß Gläubiger von "außervertraglichen, vertragsuntypischen, unerheblichen und unentgeltlichen" Aufwendungen stets auf Zuriickbehaltungsrechte beschränkt seien 11 • Nach der Bestandsaufnahme ist offensichtlich, daß diese Negativprämisse zu kurz greift: Daß "außervertragliche Forderungen" nicht durch Pfandrechte geschützt sind, stimmt allenfalls (und ist auch da strittig), wenn man die Perspektive allein auf die vertragsbegleitenden Pfandrechte verengt. "Untypische Aufwendungen"- im Rahmen eines Vertragessind von den meisten vertragsbegleitenden gesetzlichen Pfandrechten geschützt, da diese vielfach alle vertraglichen Forderungen - ob typisch oder nicht - sichern. Nicht weniger zweifelhaft ist der Ansatz hinsichtlich der "unerheblichen und unentgeltlichen" Aufwendungen: Eine "unerhebliche Aufwendung" ist nach Benöhrs Meinung der Aufwendungsersatzanspruch des Verwahrers (§ 693 BGB), für den nach dem BGB allerdings kein gesetzliches Pfandrecht vorgesehen ist. Die "Unerheblichkeit" dieses Entgelts ist aber eine haltlose Behauptung: Allein, daß jemand nicht gewerbsmäßig handelt (und deswegen die Lagervertragsregeln nicht greifen), besagt nichts über die Bedeutung der Forderung für den Schuldner oder den Gläubiger. Volkswirtschaftlich sind diese Forderungen vielleicht unerheblich. Eine volkswirtschaftliche Unerheblichkeit hindert aber mit Sicherheit keine Konstituierung von Pfandrechten (wie das Pächterpfandrecht, aber auch das Opferpfandrecht und Tatbestände der Schiffsgläubigerrechte verdeutlichen). Der Verwahrungsvertrag ist damit u.U. gerade ein möglicher AnalogiefalL Mit "unentgeltlichen Aufwendungen" umschreibt Benöhr den Aufwendungsersatz in unentgeltlichen Schuldverhältnissen (Auftrag, Leihe, Geschäftsführung ohne Auftrag). Wieder mag das Pächterpfandrecht daran erinnern, daß dort gerade der Vertragspartner geschützt wird, dem kein Entgelt geschuldet wird. Sollte hier die Tatsache, daß der Pächter selbst ein Entgelt schuldet, gerade den für Benöhr entscheidenden Unterschied machen? Ich meine nicht.
IO
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27*
Vgl. daher auch ganz gegenteilig unten S. 428 ff. Benöhr a. a. 0 . (Fn. 8) S. 150.
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3. Abschn.: Befund
d) Zur-Verfügung-stellen und zwingender Gläubigerbedarf
Mögen Benöhrs Negativbeispiele damit zwar nicht überzeugen, so bietet er weiter einen positiven Ansatz, wann von einer Konstituierung von Pfandrechten auszugehen sei 12. Dieser könnte ertragreicher sein. Nach Benöhr setzt die Entstehung gesetzlicher Pfandrechte zwei kumulativ notwendige Komponenten voraus: Das freiwillige "Zur-Verfügung-Stellen" der Sache (des Sicherungsobjektes) zum einen und das erhöhte Bedürfnis des Gläubigers nach dem Sachwert als Kreditunterlage zum anderen. Das erste Merkmal, das Erfordernis des freiwilligen Überlassens des Sicherungsobjektes, beinhaltet wieder zwei zu unterscheidende Unterkriterien: die ,,Freiwilligkeit" des Eigentümers und die so geschaffene "tatsächliche Zugriffsnähe" des Gläubigers. Soll dies aber wirklich als Ansatz für alle Pfandrechte dienen? So will Benöhr anscheinend verstanden werden. Sein Ausgangspunkt ist zwar originär der Erwerb vom Nichtberechtigten, insbesondere im Rahmen des § 647 BGB 13 ; seine Thesen formuliert er aber allgemein und zitiert dabei beinahe alle Pfandrechte von BGB und HGB (einschließlich der Schiffsgläubigerrechte). Versteht man seinen Ansatz derart übergreifend, ist daran nur zutreffend, daß man die Gesamtheit der Verwertungsrechte nur mit einer Kombination von Komponenten erklären kann. Weitergehend kann er nicht überzeugen: Die von ihm angegebene Kriterienkombination ist weder für alle Pfandrechte (geschweige denn Verwertungsrechte) eine taugliche Erklärung noch in dieser Kombination eine erforderliche oder auch nur hinreichende Bedingung. Insbesondere das "freiwillige Überlassen" an den Gläubiger kann allenfalls für die Pfandrechte ein Kriterium sein, die allein am Eigentum des Schuldners entstehen. Bei den raumbindungs- und besitzlosen Pfandrechten versagt es hingegen völlig. Rettungskosten- und Havereipfandrecht entstehen bspw. vollständig unabhängig von jedem Eigentümerwillen, selbst wenn die auf dem Schiff befindlichen Sachen zuvor abhanden gekommen waren (§ 935 BGB). Aber auch im übrigen gilt: Zwar bestimmt grundsätzlich der Eigentümer über die Belastung seiner Sachen14• Die gesetzlichen Verwertungsrechte bieten nun aber gerade ein wesentliches Beispiel dafür, daß dieser Grundsatz manchmal durchbrochen wird (wie schon im ersten Abschnitt deutlich gemacht wurde). Dies läßt sich nicht mit einer "abgeschwächten Version" der Einwilligung (in Form des Überlassens) überspielen. Schon beim Werkunternehmerpfandrecht erweist sich die "freiwillige Überlassung" allein nicht als ausreichend. Bereits ein leichtes Verändern des Sachverhaltes verdeutlicht das: Wird - um bei Benöhrs Ausgangspfandrecht zu bleiben - der Werkvertrag vom Unternehmer gegenüber dem Besteller und EigenBenöhr a. a. 0. (Fn. 8) S. 148, 149 ff. Dies ist ersichtlich Benöhrs Hauptaugenmerk gewesen und in diesem Bereich sind seine Darlegungen auch überzeugend ausgeführt, vgl. schon ab S. 89. 14 So Benöhrs Ansatz a. a. 0. (Fn. 8) S. 148 f. 12
13
II. Rechtfertigende Erwägungen
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tümer der Sache wirksam angefochten 15, nachdem er die Sache repariert hat, zeigt sich, daß auch freiwilliges Überlassen und möglicher Gläubigerbedarf nichts daran ändern, daß kein gesetzliches Pfandrecht besteht 16• Statt dessen ist er auf das Recht aus§§ 1000 ff. BGB, nach anderer Auffassung (Leistungskondiktion) sogar allein auf§ 273 BGB verwiesen 17. Für das Vermieterpfandrecht ist nicht nachvollziehbar, wieso die "freiwillige Einbringung" erheblich sein soll, wo diese doch für sich den Zugriff des Gläubigers gar nicht ermöglicht (nur über verbotene Eigenmacht) und es daher an jedem ,,Zur-Verfügung-stellen" fehlt. Bei jedem weiteren Beispiel wird die Bedeutung des Kriteriums wieder neu in Frage gestellt 18. Das freiwillige "Zur-Verfügung-stellen" des Sicherungsobjekts ist kein Kriterium, das bei der Konstituierung von gesetzlichen Pfandrechten von genereller Bedeutung ist. Warum auch, könnte man fragen, wo es bei einer gesetzlicher Entstehung auf die voluntativen Elemente an sich gerade nicht ankommt? Doch auch bei dieser Gegenthese ist Vorsicht geboten. Zumindest, daß es manchmal anders ist, hat Benöhr überzeugend festgehalten. Der Verweis in § 366 Abs. 3 HGB für die kaufmännischen Pfandrechte zeigt, daß es auf die entsprechenden Kriterien der §§ 932, 935 BGB- gerade beim Erwerb vom Nichtberechtigten- u.U. doch ankommen kann. Wenn Benöhrs "Kombination" als übergreifende Prämisse für gesetzliche Pfandoder Verwertungsrechte damit zu eng ist, bedarf es offensichtlich eines deutlich weiter gezogenen Kreises von Entstehungskriterien, um das Phänomen dieser vielgestaltigen Rechte zu erklären. e) Typisierter Parteiwille
Voluntative Kriterien tauchen als Maßstab nicht nur bei Benöhr; sondern auch bei anderen auf. Gleichwohl sind diese Ansätze bereits vom Ausgangspunkt nicht gleichzusetzen. Während für Benöhr die Freiwilligkeit der Objektüberlassung durch den Eigentümer entscheidend ist, halten andere einen mutmaßlichen oder typisierten Verpfändungswille des Schuldners als Ausgangsbasis 19 für die gesetzlichen Pfandrechte für maßgebend. Schon in den Motiven zum BGB wurde dieser Ansatz erwähnt Im Zusammenhang mit dem oben zitierten Hinweis auf die "innere Verschiedenheit" der Entstehungstatbestände findet sich die Behauptung, daß 15 Er hat beispielsweise statt zu DM 2.100 zu DM 1.200 (Zahlendreher) angeboten(§ 119 Abs. l Var. 2 BGB). 16 Nach allgemeiner Auffassung, vgl. S. 82. 17 Vgl. schon S. 212. 18 Man denke beispielsweise an die Früchte als Objekt von § 592 BGB und§ 1 FPG. 19 So zu finden an verschiedenen Stellen: Medicus BR Rn. 594 a.E.; Staudinger I Peters § 647 Rn. l ; Canaris HR23 § 29 Rn. 33.
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3. Abschn.: Befund
die Entstehung "meistens auf Willensakte des Eigentümers zurückzuführen" sei und deshalb auch "unter den Gesichtspunkt einer Begründung durch stillschweigende Willenserklärung (pignus tacitum)" gestellt wird20. In diesem Gedanken steckt eine gewisse verführerische Überzeugungskraft Die Konstituierung gesetzlicher Verwertungsrechte läßt sich natürlich überzeugend rechtfertigen, wenn man einen mutmaßlichen Willen der betroffenen Parteien unterstellt. Nichts rechtfertigt einen Eingriff in Eigentümerrechte besser als der Eigentümerwille selbst. Aber selbst wenn man nur einen typisierten Willensakt (als ein Weniger) annehmen könnte, käme man regelmäßig zu einer überzeugenden Rechtfertigung. Gleichwohl ist der Ansatz oft nicht tragfähig. Außerhalb der vertragsbegleitenden Pfandrechte führt er sicher nicht weiter, beim Opferpfandrecht wirkt er bspw. geradezu absurd. Und selbst innerhalb der Pfandrechte, die an vertragliche Schuldverhältnisse gekoppelt sind, paßt der Gedanke häufig nicht: Eine Typisierung setzt m.E. zumindest voraus, daß die Parteien in einem weiten Bereich eine Regelung gerade so treffen wollen21 . Wenn dies nicht der Fall ist und das Gesetz eine Regelung bspw. gerade deswegen aufnimmt, um gestaltend eine (schutzwürdige) Partei zu privilegieren22, ist es verfehlt, von einem typisierten Willen zu sprechen. Aber selbst wenn man diese Fälle als "Rechte auf Grundlage eines typisierten Parteiwillens" bezeichnen wollte, fehlt diesem (eben nur fiktiven) "Parteiwillen" dann jede rechtfertigende Wirkung. Die Erklärung für die Konstituierung ist eben nicht der Wille, sondern ein vom Gesetzgeber anerkanntes Schutzbedürfnis [dazu noch unten lit. t)]. Daß auf dieser Grundlage eine Rechtfertigung über typisierten bzw. mutmaßlichen Parteiwillen für viele gesetzliche Pfandrechte nicht zutrifft, wurde in der Bestandsaufnahme gezeigt23. Nur in wenigen Fällen, aufgrund neuerer Entwicklung seit 1998 erweitert, ist hierin eine tragfähige Erwägung für ein Verwertungsrecht zu sehen. Auf den Ansatz ist gleich noch zurückzukommen (S. 434). f) "Die Sicherheit in der Hand" tatsächliche Zugriffslage als Rechtfertigung Nochmals anknüpfend an ein bei Benöhr genanntes, aber ebenso bei anderen24 zu findendes Kriterium, ist ein Blick auf die "tatsächliche Sachnähe" als konstituierendes Merkmal zu werfen. Siehe Nachweise in Fn. 32; zu dieser Erwägung für Verwertungsrechte noch ab S. 434. Canaris' Ansatz (HR § 27 II 4b a.E.) ist etwas anders: Typisiert ist der redliche und vernünftige Parteiwille. Dies bedeutet aber letztlich nichts anderes, als daß man aufdecken muß, was denn ,,redlich und vernünftig" ist. Deckt sich dies nicht mit dem üblicherweise feststellbaren oder durchsetzbaren Parteiwillen, reduziert sich der Aspekt letztlich doch auf Schuldner- oder Gläubigerschutzerwägungen; vgl. weiter S. 424, 434 und 443 ff. 22 Gleichgültig, ob dispositiv oder zwingend. 23 Vgl. bspw. für den Werkunternehmer S. 77 f. 24 Z. B. Westennann § 126 111. 20
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II. Rechtfertigende Erwägungen
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Vielfach basiert die Begründung von gesetzlichen Sicherungsrechten, einschließlich der Verwertungsrechte, auf einem aus dem Tatsächlichen geschöpften Rechts- und Billigkeitsempfinden. Hat ein Gläubiger eine Sache seines Schuldners "in der Hand" (bildlich gesprochen gilt das auch für einen Anspruch), entspricht es einem volkstümlichen, "natürlichen" Gerechtigkeitsempfinden, daß der Gläubiger die Sache solange zuriickbehält, bis der Schuldner seine Verpflichtung erfüllt. Dieses Prinzip war bereits im römischen Recht als Erscheinungsform der "exceptio doli" bekannt. In der Form der sog. "exceptio doli praesentis" taugte sie zur Zuriickweisung eines aktuellen arglistigen oder unbilligen Fordems25 und wurde so in Rom - basierend auf einer ,,Einrede der Arglist" - als Mittel zur Geltendmachung einer Retention26 eingesetzt. Letztlich war dies auch die Grunderwägung für das heute umfassendste Sicherungsrecht unseres Zivilrechts, das allgemeine Zuriickbehaltungsrecht des§ 273 BGB27 • Dieser Zusammenhang verdeutlicht aber gleichfalls, daß sich der Gesichtspunkt allein gerade nur zu dieser eingeschränkten Form der Sicherung eignet, nicht aber als tragfahige Basis zur Konstituierung von gesetzlichen Verwertungsrechten 28 . Erstens kann die "exceptio doli" natürlich nur für jene Sicherungssituationen eine Rechtfertigung bieten, in denen der Gläubiger auf das Sicherungsobjekt gerade tatsächlichen Zugriff, also insbesondere Besitz am Objekt hat. Zweitens genügt sie regelmäßig nur zur Verweigerungsbefugnis, d. h. zur Rechtfertigung eines rein defensiven Rechtsbehelfs, aber nicht zur aktiven Selbsthilfe, also nicht, um eine Verwertung des Sicherungsobjektes zu erreichen. Diese These gegen eine Verwertungsbefugnis allein aus einem Anspruch und einer tatsächlichen Zugriffsmöglichkeit wird wohl jeder mittels der eingangs im ersten Abschnitt (S. 27, Abs. 1) aufgeworfenen Frage an das Rechtsgefühl bestätigen. Die These läßt sich im übrigen rechtshistorisch belegen: Im römischen Recht genügte die "exceptio doli" nur in einem einzigen Sonderfall als Befriedigungsrecht, nämlich in der Ausprägung als Kompensationsrecht29 . Die Kompensation wiederum wurde dabei nur bei Vorliegen "gleichartiger Forderungen", d. h. ähnlich unserer Aufrechnung gern. §§ 387 ff. BGB, anerkannt und nicht in dem erweiterten Sinne verstanden30, wie sie sich zu Beginn der Neuzeit in den italienischen Han25 Kaser Bd. 1 § 115 V; MüKo-BGB I Roth § 242 Rn. 259 (zu den Auswirkungen der "exceptio doli" auf das BGB). 26 Kaser Bd. 1 § 121 I. 27 In diesem Sinne die Motive, vgl. Mugdan II S. 22; hervorgehoben etwa in RGZ 68, 32, 34 v. 18. 2. 1908; siehe auch MüKo-BGBI Keller§ 273 Rn. 1 (,,Ausformung von Treu und Glauben", "Sonderfall der Arglisteinrede"). 28 Dies ist allerdings nicht im Sinne eines "naturrechtlichen" Zwanges zu verstehen. Das Schweizer Recht (vgl. S. 399 ff.) verdeutlicht dies durch Artt. 895 ff. ZGB, siehe auch Bemer I Zobl Art. 895 Rn. 23. 29 Kaser Bd. I§ 151 I 2 mit Nachweisen einerseits zu Zweifeln an dieser Form der "exceptio doli", andererseits zu Problemen in der Anwendung. 30 V gl. dazu noch S. 436 ff.
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3. Abschn.: Befund
delsstädten entwickelte. Auch insoweit stellte sich die "exceptio doli" daher nicht als Verwertungsrecht - gerichtet auf eine Veräußerung, um die nötige Gleichartigkeit erst zu schaffen - dar. Verläßt man den Bereich des römischen Rechtes, lohnt noch ein Blick auf das im alten deutschen Recht bestehende Selbstpfändungsrecht des Vermieters 31 , denn auch dieses knüpfte ersichtlich an die tatsächliche Ausgangslage des Gläubigers an. Aber auch hier zeigt sich, daß nicht allein eine tatsächliche Zugriffsmöglichkeit neben dem Anspruch dazu führten, dem Vermieter eine Verwertungsbefugnis zuzuerkennen. Als qualifizierendes Kriterium trat dabei nämlich eine Flucht des Schuldners hinzu, die hinsichtlich der Sicherungsobjekte quasi wie eine Dereliktion wirkte. Die Grunderwägung des "in den Händen halten einer Sicherheit" genügte friiher und genügt;heute daher nur für alle Formen der Zuriickbehaltung, ist aber nie alleinige Rechtfertigung für eine kraft Gesetzes konstituierte Verwertungsbefugnis. g) Besonderes Bedürfnis nach Gläubigerschutz
Benöhrs zweites (Haupt-)Kriterium ist - abstrahiert als "besondere Schutzbedürftigkeit des Gläubigers" bezeichnet - häufig ein bedeutender Aspekt bei der Konstituierung von Pfandrechten. Es gibt typische Ausgangslagen für einige spezielle Gläubiger (sei es tatsächlich oder rechtlich), die diese als besonders - und über das Normalmaß hinaus - schutzbedürftig erscheinen lassen. Solche Sonderlagen haben sich - in verschiedenen Facetten - mehrfach bei der Bestandsaufnahme gezeigt und werden in der Literatur durchaus angesprochen: Ganz in diesem Sinne findet sich bei Canaris z. B. der Hinweis auf die besonderen Bedürfnisse gewerblicher Gläubiger aufgrund ihres Massengeschäftes, die ein gesetzliches Verwertungsrecht erforderlich machen32 • Betrachtet man die vielen Fälle, in denen eine Forderungsart nur bei gewerbsmäßiges Handeln gesichert ist, scheint dies ein maßgebender Aspekt zu sein, der noch näher zu untersuchen sein wird33 • Eine andere Form von besonderer "Gläubigersituation", die zu einem gesetzlichen Verwertungsrecht führt, wurde von Harry Westermann angesprochen34 : Eine in speziellen Schuldverhältnissen fehlende persönliche Haftung des Anspruchsgegners wird mit einer dinglichen Haftung über das Pfandrecht für den Gläubiger ausgeglichen (vgl. dazu schon S. 326 ff.). Das gesetzliche Pfandrecht ist in diesen Fällen ein besonderes Gestaltungsmittel im Schuldverhältnis zum Schutz einer der Vertragsparteien. Es gibt noch weitere rechtliche und tatsächliche Sondersituationen von Parteien in Dazu S. 226. GK/ Canaris § 366 Anm. 74. Zweifelhaft ist es, wenn er (a. a. 0. Anm. 78 u. HR23 § 28 Rn. 36 ff.) diese Rechtfertigung auf den Werkvertrag erstreckt. Dort ist die Gewerbsmäßigkeil zwar möglich, aber gerade nicht notwendig. 33 Siehe S. 449 ff. 34 Ders. § 126 II 1. 31
32
li. Rechtfertigende Erwägungen
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Schuldverhältnissen, die den Gesetzgeber veranlassen, ein gesetzliches Verwertungsrecht zu konstituieren. Diese zu fixieren, wird noch Aufgabe im weiteren Verlauf dieses Kapitels sein.
h) Zusammenfassung und Ausblick Aus dieser Zusammenstellung - die keine Vollständigkeit beansprucht - ist ersichtlich, daß in der Literatur durchaus Ansätze für rechtfertigende Erwägungen vorzufinden sind. Einige waren zwar auszuscheiden, viele enthielten aber ersichtlich zutreffende Aspekte. Die nähere Analyse und die Vervollständigung der Rechtfertigungserwägungen ist der nächste Schritt dieser Untersuchung. Als Frage ist bislang offen, ob und wie diese Erwägungen zusammenhängen. Um dem Leser die Orientierung in den weiteren Kapiteln zu erleichtern, sei bereits an dieser Stelle einführend gesagt: Betrachtet man die Einzelaspekte der Rechtfertigung näher, entwickelt man sie weiter und versucht dabei, sie zu systematisieren und Obergruppen zu bilden, kann man m.E. drei Grundansätze (oder ,,Elemente") als "Eckpunkte" der Legitimation und Ausgestaltung gesetzlicher Verwertungsrechte erkennen. Die rechtfertigenden Erwägungen lassen sich immer auf eine besondere Situation des gesicherten Schuldverhältnisses (4.), auf Besonderheiten des Sicherungsobjektes (3.) und/oder auf eine qualifizierte Beziehung zwischen Forderung und Objekt zurückführen (2.). Bei der jetzt folgenden Erläuterung dazu wird außerdem deutlich, daß nie Ansätze aus einem der Elemente allein zur Erklärung der Einzelrechte ausreichen, sondern daß stets ein Zusammenwirken mit einem oder beiden anderen nachzuweisen ist. Auf diese Weise ist ein an den Eckpunkten ausgerichtetes "System" zur Begründung gesetzlicher Verwertungsrechte sichtbar. Dieses Zusammenwirken der voneinander abhängigen Kriterien für die Begründung gesetzlicher Verwertungsrechte erinnert an ein der juristischen Methodik seit vielen Jahren bekanntes Modell, das sogenannte " bewegliche System". Mit der Betrachtung dieses Ansatzes und den Konsequenzen daraus schließt dieses Kapitel II.
2. Konnexität - Die Verbindung von Forderung und Objekt als Entstehungsmaßstab
Naheliegender Gedanke für ein Anknüpfen gesetzlicher Verwertungsrechte könnte eine rechtlich oder tatsächlich vorgegebene Verbindung zwischen der gesicherten Forderung einerseits und dem Sicherungsobjekt andererseits sein. Die Bestandsaufnahme hat verschiedentlich bei den Einzelrechten eine solche Verbindung als rechtfertigende Erwägung der Konstituierung deutlich gemacht. Über den Begriff der Konnexität von Forderungen ist dieses Kriterium bei den Verwertungs-
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3. Abschn.: Befund
rechten35 und darüber hinaus allgemein bei den Sicherungsrechten36 in der juristischen Diskussion präsent. a) Begriff der Konnexität
Konnexität ist- nach dem lateinischen conexio für "Verbindung, Verflechtung" -nur die Bezeichnung für einen wie auch immer gearteten Zusammenhang zwischen zwei Objekten; im zivilrechtliehen Sinne zumeist zwischen wechselseitigen Ansprüchen von Parteien eines Schuldverhältnisses37 • Der Terminus "Konnexität" gibt daher nicht vor, wie ein solcher Zusammenhang auszusehen hat, sondern nur, daß irgendein Zusammenhang bestehen muß. Das bei den einzelnen Sicherungsrechten erforderliche Maß an Konnexität ist daher nicht identisch, sondern kann für verschiedene Sicherungsrechte durchaus unterschiedlich sein.
b) Konnexitätsformen bei gesetzlichen Sicherungsrechten
So braucht § 273 BGB nur einen relativ geringen Zusammenhang zwischen der gesicherten Forderung und dem Objekt (bzw. dem Anspruch, dem die Forderung entgegenhalten wird)38• Um hier "Konnexität" zu bejahen, genügt ein "einheitliches Lebensverhältnis", das beiden Ansprüchen zugrunde liege9 . Genau genommen ist der Zusammenhang in doppelter Hinsicht gelockert. Es bedarf weder eines direkten tatsächlichen Zusammenhangs zwischen gesichertem Anspruch und Sicherungsobjekt (wie er bei einer Wertschaffung besteht, siehe sogleich)40 noch eines rechtlichen(!) Zusammenhangs zwischen den Ansprüchen. Im Rahmen des § 320 BGB wird dagegen für eine die Zurückbehaltung rechtfertigende Verbindung (die dort nicht als Konnexität bezeichnet wird) verlangt, daß die Ansprüche gerade im rechtlich qualifizierten, sogenannten Gegenseitigkeitsverhältnis (Synallagma) stehen.
Deutlicher Fall einer sehr engen Konnexität ist§ 1000 BGB, der gerade nur solche Ansprüche sichert, die sich im Sicherungsobjekt selbst wirtschaftlich widerspiegeln oder zumindest - insoweit erfolgt eine Erweiterung - früher widergespie35 Vgl. z. B . Canaris HR22 § 27 II 4, HR23 § 29 Rn. 43 ff. (speziell zum gutgläubigen Erwerb der kaufmännischen Pfandrechte); MüKo-HGB/ P. Bydlinski § 410 Rn. 64 ff. (auch zum Begriff). 36 Vgl. nur bei§ 273 BGB: Palandt/ Heinrichs § 273 Rn. 9 ff. 37 Vgl. MüKo-HGB/ P. Bydlinski § 410 Rn. 64 f.; auf die ,.schwankende" Verwendung des Begriffes "Konnexität" verweist schon Laband ZHR 9, 225 ff., 425 ff., 486. 38 Enger nur§ 273 Abs. 2 BGB. 39 So über den Wortlaut hinaus die ganz h.M., Heinrichs a. a. 0. (Fn. 36) m. w. N. 40 § 273 Abs. 2 BGB ist insoweit keine Einschränkung, siehe Palandt/ Heinrichs § 273 Rn. 21.
II. Rechtfertigende Erwägungen
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gelt haben. Ein Anknüpfen der Rechtsentstehung an den Verwendungsbegriff führt dazu, daß hier ein Sicherungsrecht nur dann entsteht, wenn das Sicherungsobjekt in dem Zusammenhang, in dem die Forderung entstand, einen unmittelbaren Vorteil erlangt hatte. Der Zusammenhang zwischen Sicherungsobjekt und gesicherter Forderung ist damit ganz anderer Natur als im Synallagma des § 320 BGB und trotzdem eng begrenzt. Während der Zusammenhang des § 320 BGB durch die rechtsgeschäftliehen Erklärungen der Parteien, das "do ut des", geschaffen wird, besteht er im Rahmen des § 1000 BGB durch den rechtlich fixierten Wertschaffungsrahmen. Er hat damit eine unmittelbare, tatsächliche Basis, was wiederum rechtfertigt, ohne den Willen der Parteien ein Sicherungsrecht und sogar eine Verwertungsbefugnis einzuräumen. Der engste tatsächliche Zusammenhang zwischen Forderung und Sicherungsobjekt wäre dann anzunehmen, wenn die Forderung genau in der Höhe an dem Objekt besichert wird, in dem sie selbst den Objektwert geschaffen hat (was oft als unpraktikabel und dann kaum erstrebenswert erscheinen wird). Das Sicherungsrecht aus §§ 1000, 1003 BGB kommt diesem - an das Bereicherungsrecht erinnernden - Prinzip recht nahe. Allerdings verläßt es, vorgegeben durch den Verwendungsbegriff der§§ 994, 996 BGB, diese engste Form von Konnexität gerade im Bereich der notwendigen Verwendungen: Wie gezeigt, besteht die Sicherung fort, selbst wenn die Werterhöhung wieder weggefallen ist (Urnkehrschluß aus § 996 BGB). Schon anband dieser drei Zuriickbehaltungsrechte ist ersichtlich, daß die Bezüge zwischen Objekt und Forderung nicht nur enger(§ 1000 BGB) oder weiter(§ 273 BGB), sondern auch qualitativ unterschiedlicher Natur sein können: Beim Eigentümer-Besitzer-Verhältnis ist ein tatsächlicher Bezug in Form einer Wertschöpfung vorhanden (man könnte von ,.tatsächlicher Konnexität" sprechen). Bei§ 320 BGB wird statt dessen die Verbindung nur durch den Willen der Parteien hergestellt (hier als ,. rechtliche Konnexität" bezeichnet). Die Konnexität des § 273 BGB ist von wieder anderer Ausgestaltung; sie weist Komponenten rechtlicher und tatsächlicher Ausprägung auf. So ist denn nicht immer zwischen diesen Ausgestaltungen der (erforderlichen) Konnexität trennscharf zu unterscheiden; vielfach handelt es sich um Kombinationen. Wendet man sich speziell den Verwertungsrechten zu, findet man ebenfalls beide Formen der Konnexität. Auf die bei §§ 1000, 1003 BGB vorhandene tatsächliche Verbindung wurde bereits hingewiesen41 . Beim Werkunternehmerpfandrecht nach§ 647 BGB hat sich bei den Konstituierungserwägungen und im Entstehungstatbestand gezeigt, daß die tatsächliche Wertschöpfung relevant war42 • Die Erstrekkung auf andere Forderungen desselben Vertrages im§ 647 BGB demonstriert wei41 Auch hier spielt eine gewisse Willenskomponente eine Rolle: Das Aufleben des Befriedigungsrechtes in § 1003 BGB resultiert gerade aus dem vorherigen Eigentümerverhalten, vgl. oben S. 204. · 42 Siehe schon S. 78, 81.
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3. Abschn.: Befund
ter, daß eine nur über den Parteiwillen (das Rechtsgeschäft) verbindende Komponente gleichfalls eine Rolle spielt. Blickt man zu den Transportpfandrechten, zeigt sich ebenfalls eine Wertschöpfung, wobei für den Landtransport gerade die letzte Reform- mit der Erweiterung auf andere vertragliche (inkonnexe) Transportforderungen - eine Lockerung bewirkte43 . Da auch für diese eine personelle Identität (der Vertragsparteien) im Entstehungszeitpunkt gefordert wird, besteht jedoch immer noch eine feststellbare Verbindung von Sicherungsobjekt und gesicherter Forderung: Die von den Parteien zum wiederholten Male geschaffene Rechtsverbindung (sog. Geschäftsverbindung) schafft den Bezug. Bei§§ 369, 371 HGB findet man dagegen die Aussage, es bedürfe "keiner Konnexität"44. Diese These ist von dem Verständnis von Konnexität geprägt, das für die anderen Sicherungsrechte vorausgesetzt wird. Selbst wenn man von dem ohnehin selbstverständlichen Gegenseitigkeitserfordernis absieht, geht die Aussage, daß es überhaupt keines Zusammenhanges zwischen Sicherungsobjekt und gesicherter Forderung bedarf, zu weit. Das Merkmal der "Unmittelbarkeit", das § 369 HGB verlangt, schafft - trotz teleologischer "Umbildung" des § 369 HGB"45 m.E. ein Mindestmaß an Zusammenhang. Trotzdem zeigt sich an § 369 HGB, daß jedenfalls auch sehr lockere Verbindungen mitunter einer Verwertungsbefugnis nicht im Wege stehen. Das Opferpfandrecht ist ein weiteres Beispiel dafür "sogar" aus der Reihe der gesetzlichen Pfandrechte (zu beiden Rechten noch näher in der Folge). c) Konnexität durch Wertschaffung
Untersucht man die gesetzlichen Verwertungsrechte unter dem Gesichtspunkt der jeweiligen Beziehung des Sicherungsobjekts zur gesicherten Forderung, kann man für beinahe jedes Verwertungsrecht eine Konnexität im engeren oder weiteren Sinne als rechtfertigende Ausgangserwägung feststellen. Die Wertschaffung (oder -erhaltung) in einem weiteren Sinne ist dabei ein wichtiges, vielleicht das wichtigste Kriterium. aa) Wertschaffung mit Bezug auf das Sicherungsobjekt Hauptansatzpunkt für die Konstituierung ist dabei, daß der Gläubiger tatsächlich den Wert des Sicherungsobjektes selbst gemehrt oder zumindest erhalten (i.S.v. bewahrt) hat. Diese Erwägung kann in besonderen (extremen) Fällen sogar begründen, daß der Gläubiger das Vollrecht (Eigentum) an der Sache erlangt(§§ 947 f., 950 BGB). Auf dieser gedanklichen Linie liegt es nahe, dem Gläubiger, der "auf 43 44 45
Dazu noch unter d) aufS, 434. So K. Schmidt HR5 § 22 IV 2b; weiter oben S. 197. Dazu Canaris HR23 § 30 Rn. 16 ff. und Nachweis vorhergehende Fn.
II. Rechtfertigende Erwägungen
429
geringerem Niveau" Werte mitbegründete, die Befugnis einzuräumen, seine in diesem Zusammenhang entstandene Forderung zumindest über die Verwertung der Sache zu befriedigen, wenn der Schuldner nicht freiwillig zahlt. In einem engen Rahmen besteht diese Konnexität, wenn die Forderung gerade wegen der Sachwerterhöhung gewährt wird; in einem weiteren Rahmen dann, wenn es ausreicht, daß die Forderung im Zusammenhang mit sachwertschöpfenden Schuldverhältnissen besteht: Auf das Befriedigungsrecht des Besitzers als Verwertungsrecht mit der de lege lata unmittelbarsten Form dieser Wertschöpfung wurde bereits hingewiesen. § 647 BGB setzt ähnlich an, indem er als Sicherungsobjekt gerade (nur) die "ausgebesserten oder hergestellten" Sachen erfaßt und so in den Entstehungstatbestand des Pfandrechts stets einen gewissen Wertschaffungsbezug mit einbringt. An der Prägung des Schuldverhältnisses durch den Parteiwillen findet allerdings bei § 647 BGB und allen anderen vertragsbegleitenden Verwertungsrechten der Wertschaffungsgesichtspunkt seine Grenze. Letztlich hängt die Forderung dort in ihrer Ausgestaltung immer von dem Willen der Parteien ab. Diesen erheblichen Gesichtspunkt kann (und soll) kein Anknüpfen an die Wertschöpfung bei den gesetzlichen Verwertungsrechten außer Kraft setzen. Die gesetzlichen Entstehungstatbestände können daher Tatbestandsmerkmale aufnehmen, die einen Wertbezug einfließen lassen46, und sogar den Rang des Rechtes nach der Maßgabe des Wertschaffungszeitpunkts regeln47 . Trotzdem sind diese Rechte immer von dem die gesicherte Forderung prägenden Parteiwillen abhängig (der die Wertschaffung eben nur mehr oder weniger berücksichtigt). An einem Beispiel verdeutlicht, läßt sich sagen: Das Werkunternehmerpfandrecht besteht eben immer für die von den Parteien verabredete Werklohnforderung, unabhängig davon, ob die mit dem Werk geschaffene Wertmehrung ein Vielfaches oder bloß ein Bruchteil davon ist oder eben dem Entgelt entspricht. In diesem Sinne ist die Wertschöpfung bei den gesetzlichen Verwertungsrechten zwar oft Erwägung für die Konstituierung des Rechtes gewesen; bei der Ausgestaltung des Rechtes trat der Aspekt jedoch zumeist in den Hintergrund. Für die Schaffung des Rechtes verwies man auf die Rechtfertigung, daß ein Wertschaffungsbezug zwischen Forderung und Objekt- typisiert - bei dem Schuldverhältnis vorhanden ist. War dies als Rechtfertigungsbasis für das Verwertungsrecht dann anerkannt, wurde für die Ausgestaltung (den Umfang der Sicherung) dagegen mehr dem Umstand Rechnung getragen, daß es sich um an den Parteiwillen gebundene Forderungen handelt. Deswegen wurden z. B.- meist aus Praktikabilitätsgründen - oft alle Vertragsforderungen in die Sicherung einbezogen, also auch solche, die keinen Wertschaffungszusammenhang mit dem Sicherungsobjekt aufweisen (wie Schadenersatzforderungen z. B. aus pVV48 ). 46 47 48
Wie bei der Beschränkung des§ 647 auf "Herstellung und Ausbesserung". Wie im Rahmen der§§ 443, 752a HGB. Näher noch unten bei "III. Gesicherte Forderungen" ab S. 469.
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3. Abschn.: Befund
Betrachtet man daraufhin noch einmal die untersuchten Rechte im Überblick, so zeigt sich diese Praxis aus Rechtfertigung und Ausgestaltung für § 647 BGB und § 583 BGB; für das Pächterpfandrecht sogar in einem noch stärkerem Maß als beim Werkunternehmer. Ging es dort ursprünglich um Werterhöhungsausgleich im Zuge eines Rückabwicklungsverhältnisses, ist dies heute fast aus dem Blickfeld der Anwender verschwunden49 • Durch die Betonung der Bedeutung des Pächterpfandrechts außerhalb der Rückabwicklung erhält dieses Recht eine Zielrichtung, die zu kaum nachvollziehbaren Ergebnissen führt (siehe S. 103 ff.). Die kaufmännischen Pfandrechte von § 397 bis § 623 HGB zeigen ebenfalls das Werterhöhungsmuster (Warenwerterhöhung durch Leistung in der Lieferungskette). Die Rangfolgebestimmung in § 443 HGB ist gerade Ausdruck dessen50. Die Ausgestaltung durch die Transportrechtsreform drängt diesen Gedanken - zugunsten einer verstärkten Berücksichtigung des Parteiwillens - seit neuestem allerdings weiter zurück (dazu noch S. 434,490 f.). In entsprechender Form findet sich der Wertschaffungsaspekt auch bei den gesetzlichen Verwertungsrechten, die nicht an Verträge gekoppelt sind. Die Havereipfandrechte zeigen dies recht deutlich: Dort ist das Opfer des einen der Vorteil des anderen. Der resultierende Ausgleichsanspruch des Gläubigers für das Opfer haftet so als Verwertungsrecht an dem geretteten Gut des anderen. Aber selbst hier ist der Gedanke nur Ausgangserwägung und nicht konstituierendes Tatbestandsmerkmal, wie in der Einzelbetrachtung (S. 329) gezeigt wurde. Der Grund für die Loslösung des Rechts von der Wertschaffung ist hier allerdings nicht ein überlagernder Parteiwille, sondern allein eine Praktikabilitätserwägung. Ähnlich ist es beim Rettungskostenpfandrecht, das sogar in der Ausgestaltung an die erfolgreiche Rettung anknüpft. Der Wertschaffungsgedanke ist allerdings weiter zurückgedrängt als bei der Haverei. Da § 752 HGB u.U. eine Vertragsforderung sichert, kann ein modifizierender Parteiwille wirken, der die Forderung (insbesondere hinsichtlich der Höhe) nach sonstigen Kriterien anstelle des Werterhaltungsprinzips bestimmt51 . Davon abgesehen, ist selbst ohne vertragliche Einwirkung in der Pfandrechtsgestaltung eine Loslösung aus Praktikabilitätserwägungen52 vollzogen: Wenn dortjedes Sicherungsobjekt für den gesamten Rettungslohn für Schiff und Ladung des jeweiligen Unglücksfalls haftet, führt dies dazu, daß das einzelne (Ladungs-)Objekt rechtlich u.U. mit Forderungen in der Höhe eines Vielfachen seines Wertes belastet ist. Es gibt aber auch gesetzliche Verwertungsrechte, bei denen der Wertschaffungsaspekt für die Konstituierung keine oder kaum eine Bedeutung hat. Das Vermie49
Siehe schon S. 100 ff., 102.
so Vgl. schon bei den Kapiteln der Bestandsaufnahme, S. 123, 142, 159 ff. Si Auch für die gesetzliche Bestimmung der Forderung ist der Wert nur Kriterium zweiter Wahl, siehe S. 347. 52 Zum hier ursächlichen Gesichtspunkt "Leistungsanreiz" siehe S. 455 ff.
li. Rechtfertigende Erwägungen
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terpfandrecht entsteht an allen Sachen53, die in die gemietete Immobilie gebracht werden. Der Nutzen der Raumüberlassung für das Einzelobjekt kann zwar hoch sein, kann unter Umständen aber ebenso gegen Null tendieren. Die Immobiliarmiete ist nur in sehr eingeschränktem Maße an einer Sachnutzung ausgerichtet, so daß der Wertschöpfungsgedanke hier praktisch irrelevant ist (vgl. S. 225). Gleiches gilt für das Gastwirtpfandrecht und die Befördererpfandrechte, denn auch bei diesen ist ein Sachwertnutzen allenfalls Nebenzweck. Beim Opferpfandrecht ist die Wertschöpfung gleichfalls kaum von Bedeutung54• Ein wertschaffender Zusammenhang zwischen der Forderung des Gläubigers (dem Opfer) und dem Sicherungsobjekt im eigentlichen, vorgenannten Sinne besteht nicht. Allerdings - und dies zeigt eine gewisse Parallele zum Havereipfandrecht ist das "Opfer" des Gläubigers notwendige Voraussetzung für die Entstehung des Sicherungsobjektes. Aber anders als bei der Haverei erfolgt die Inkaufoahme eines Schadens natürlich nicht, um den späteren Wert zu schaffen, sondern ist nur Voraussetzung für eine eigenständige Nutzwertgewinnung des Schuldners oder Dritter. Der Umstand, daß gerade aus dem Opfer des Geschädigten vom Straftäter Gewinn gezogen wird, war zwar ein Ansatz für die Konstituierung; ausschlaggebend war aber der besondere Umstand des gesicherten Schuldverhältnisses (kriminelle Schädigung einerseits, Nutzen des Kriminellen andererseits), um das Pfandrecht zu schaffen. bb) Wertschaffung mit Unternehmensbezug Eine Wertschaffung ohne konkreten Sachbezug, aber gleichwohl eine wertschaffende Leistung ist Ausgangspunkt der Rechtfertigung für weitere gesetzliche Pfandrechte. Das Prinzip läßt sich insbesondere beim Verpächterpfandrecht und teilweise - bei den Schiffsgläubigerrechten erkennen. Plakativ kann man es als "Wertschaffung mit Unternehmensbezug" bezeichnen. Betrachtet man das Verpächterpfandrecht, wird der hinter dieser Verbindung stehende Grundgedanke wohl am deutlichsten55 • Die Verpachtung eines landwirtschaftlichen Gutes (als Grundlage der gesicherten Forderung) steht im Zusammenhang sowohl mit den nachher als Sicherungsobjekt erfaßten Früchten als auch mit dem ebenfalls erfaßten, dort verwendeten Inventar. Man könnte denken, daß für das Inventar "nur" die aus dem Mietrecht bekannte Situation vorliegt, für die Früchte dagegen ein echter Wertschaffungszusammenhang besteht (denn ohne die Grundüberlassung gibt es keine Früchte).
SJ Natürlich nicht ohne Einschränkungen (siehe S. 241 ff.), aber einschränkungslos hinsichtlich des hier interessierenden Aspekts. 54 Zu diesem vgl. schon S. 309 ff., 311. 55 Näher dazu schon in der Bestandsaufnahme, siehe ab S. 256.
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3. Abschn.: Befund
Der Vertragszweck, die Verpachtung eines "landwirtschaftlichen Betriebes", kann aber auch ein weitergehendes Prinzip in das Blickfeld riicken. Zweck der Verpachtung ist gerade die wirtschaftliche Nutzenerzielung, d. h. die Unternehmerische Betätigung. Die Überlassung des Pachtgegenstandes ist insofern eine Leistung, die auf den Betrieb eines wirtschaftlichen Unternehmens abzielt. Betrachtet man diesen Aspekt der Verpächterforderung auf der einen Seite und die Zusammensetzung dererfaßten Sicherungsobjekte auf der anderen Seite (Friichte des Unternehmens, aber auch Inventar, d. h. Arbeitsmaterial), ist zu überlegen, ob sich nicht ein weitergehendes, unternehmensbezogenes Objektverständnis anbietet. Entwicklungsgeschichtlich sind vielfach die Arbeitsmaterialien (das Inventar) nur ein Surrogat für die zuvor erlangten Friichte gewesen (teilweise werden sogar die Friichte selbst zum Arbeitsmaterial56). Ökonomisch betrachtet kann man sagen, das Unternehmensergebnis (die Friichte im weiteren Sinne) wird vielfach in das Unternehmen reinvestiert und so zu Anlagevermögen, d. h. zum Inventar. Bei einer gesicherten Forderung mit einem derartigen Unternehmensbezug (wie beim Verpächter) kann man insofern einen weitergehenden Wertschaffungsbezug - letztlich bezogen auf das ganze Unternehmen - fruchtbar machen. Dann aber liegt es nicht fern, die Leistung des Verpächters als wertschaffend für das Pächterunternehmen als Ganzes anzusehen und auf diesem Weg das erweiterte Sicherungsobjekt zu erklären57. Auch bei den Schiffsgläubigerrechten kann man teilweise ähnliche Grundlagen feststellen. Alle Forderungen entstehen mit Bezug auf das Schiff, das wiederum als Unternehmen verstanden werden kann. Zwar sind diese vielfach- man denke nur an die Arbeitnehmerforderungen - nicht als Leistung für das Schiff als Sache anzusehen, stets aber in einem weitergehenden Sinne als Leistung an das Unternehmen. Wenn denn auch alle diese Tatbestände als unternehmensbezogen zu bezeichnen sind, sind gleichwohl (d. h. einschränkend) nicht alle erfaßten Situationen als den Unternehmenswert mehrend anzusehen: Jedenfalls die Schadenersatzforderung hat offensichtlich keinen werterhöhenden Gehalt. Ihre Einstellung in den Katalog der "Vorrechte" muß also andere Griinde haben. Auf die Rechtfertigung der Einbeziehung in den Katalog der "Vorrechte" über "besondere Forderungssituationen" wird im Kapitel 4. zurliekgekommen (ab S. 443).
Zu den sog. Wirtschaftsfrüchten siehe vorne S. 304. Anders dagegen beim FPG (dazu oben S. 303). Auch die dort dargelegte Gegenauffassung läßt sich nicht mit einer solchen "Wertschaffung im Unternehmen" rechtfertigen: Erlaßt man- wie das OLG Karlsruhe- nicht allein die durch das Saatgut (das Düngemittel) erlangte Frucht, sondern alle Früchte des Unternehmens, führt das sogar dazu, daß der Gläubiger u.U. ganz ohne Wertschaffung eine Sicherung erlangt: So, wenn die selbst gelieferte und verwendete Ware keine Früchte trägt, aber über die Lieferung durch Dritte trotzdem eine Ernte möglich ist! 56
57
II. Rechtfertigende Erwägungen
433
cc) Zusammenfassung Zusammenfassend ist festzuhalten, daß die Wertschaffung als Konnexitätserwägung zwar beinahe regelmäßig ein Ausgangspunkt für die Schaffung von gesetzlichen Verwertungsrechten ist, über sie aber nur selten die wirkliche Entstehungsgrundlage definiert wird. Handelt es sich bei der gesicherten Forderung um eine vertragliche, überlagert die Parteibestimmung regelmäßig den Wertschaffungszusammenhang. Natürlich könnte man auch dort den Wert der Leistung für das Sicherungsobjekt feststellen und das gesetzliche Verwertungsrecht auf diesen Betrag begrenzen58. Die Entstehungstatbestände setzen aber anders an: Wenn die Parteien sich auf den Wert der Leistung bspw. eines Werkunternehmers geeinigt haben und danach die Höhe des Werklohns fixieren, ist allein diese Forderungshöhe der Ansatz für das Verwertungsrecht Die für den Gesetzgeber bestehende Möglichkeit, die Höhe der Sicherung, d. h. des gesetzlich entstehenden Verwertungsrechts, von der gesicherten Forderung autonom anband des tatsächlich geschaffenen Wertes festzulegen, erschien offensichtlich zu unpraktikabel. Der Vorteil eines solchen Ansatzes wäre allerdings ein höherer Gerechtigkeitswert des Verwertungsrechts (insbesondere im Verhältnis zu anderen Gläubigem). De lege ferenda könnte man daher in Betracht ziehen, ob eine engere Bindung an den verschafften Vorteil nicht doch Ansatz für eine allgemeine Regelung für gesetzliche Verwertungsrechte sein kann. Auch dann, wenn das Verwertungsrecht und die Forderung nicht an einen Vertrag gekoppelt sind, ist die Wertschaffung meist allein Ausgangserwägung für die Rechtfertigung der gesetzlichen Entstehung. Am stärksten ist der Bezug (auch inhaltlich) beim Eigentümer-Besitzer-Verhältnis; bei den anderen Rechten erfolgt aus verschiedenen Gründen (dazu in der Folge) ein modifizierter Ansatz. Die vorstehende Gruppenbildung in Rechte mit objektbezogener und solche mit unternehmensbezogener Wertschaffung ist möglicherweise nicht abgeschlossen. An der Zuordnung und auch an der weiteren Aufteilung kann weitergearbeitet werden, um die Bezüge noch deutlicher hervorzuheben. Diese Gruppenbildung hat darüber hinaus natürlich auch keinen eigenständigen Argumentationswert, sondern nutzt vor allem zur Darstellung und Erläuterung möglicher Ansätze. Allein über den Wertschaffungsaspekt ist keine Antwort auf die Frage möglich, warum nicht weitere Pfand- oder Verwertungsrechte für Tatbestände geschaffen wurden, die diesen - weit gesteckten - Rahmen ebenfalls erfüllen. Zu beachten ist dabei, daß die Wertschaffung zwar ein verbindender Aspekt für die (meisten) bestehenden Rechte, aber eben nicht der einzige ist.
58 Beispiel: Beträgt bei einem vereinbarten Werklohn von 100 die Werterhöhung an der Sache nur 90, könnte man das Pfandrecht auf 90 beschränken.
28 Bechtloff
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3. Abschn.: Befund
d) Konnexität durch typisierten Parteiwillen
Eine ganz andere Form von Konnexität ist über den Parteiwillen zu begründen. Natürlich kann grundsätzlich ein fehlender tatsächlicher Bezug zwischen Objekt und Forderung dadurch ersetzt werden, daß die Einwilligung speziell des Objektberechtigten in eine gegebenenfalls nötige Verwertung vorliegt (vgl. schon S. 421). Da die gesetzlichen Verwertungsrechte aber konstruktiv keinen solchen tatsächlichen Willen voraussetzen, stellt sich die Frage, ob und wann ein zumindest typisierter Wille als rechtfertigende Erwägung für die Konstituierung der Entstehungstatbestände vorliegt. Ausgehend von der Prämisse59 , daß eine Rechtfertigung über einen typisierten Willen nur möglich ist, wenn bei Konstituierung des gesetzlichen Entstehungstatbestandes von den Parteien eine Verwertungsbefugnis typischerweise als Vertragsbestandteil gewünscht war, ist ein Rückgriff auf diese Erwägung für die meisten Rechte fraglich. Überzeugend ist eine Legitimation über einen "typisierten Willen" sicher herzuleiten, wenn der Ursprung des jeweiligen Rechtes in einem rechtsgeschäftlichen, konkludent erklärten Pfandrecht zu finden ist. Ein solche Herkunft läßt sich jedoch nur für wenige der heutigen Rechte feststellen. Zu nennen sind das Vermieter-, Verpächter-, Gastwirt- und das Befördererpfandrecht. Kein Rückgriff auf eine Rechtfertigung durch einen typisierten Parteiwillen ist dagegen für die gesetzlichen Verwertungsrechte möglich, die gerade als Folge gesetzlich begründeter Forderungen entstehen (so z. B. für das Opfer- oder Havereipfandrecht). Aber auch für die meisten vertragsgebundenen gesetzlichen Verwertungsrechte war nicht ein typisierter Wille, sondern eher umgekehrt das Fehlen einer entsprechenden Vertragspraxis Anlaß für die Konstituierung: Die so geschützten Gläubiger konnten zuvor, obwohl ein Bedarf bestand, Vertragspfandrechte gerade nicht durchsetzen, und deswegen wurde der Gesetzgeber konstituierend tätig60. Eine solche Rechtfertigung für die Schaffung des gesetzlichen Rechts ist im Grunde das Gegenteil eines typisierten Parteiwillens. Eine neue Gesetzgebung sorgt allerdings mitunter für einen Legitimationswandel, wie die Reform des Transportrechts 1998 zeigt: Das alte Spediteurpfandrecht in § 410 HGB a.F. basierte nicht auf einem typisierten Willen, sondern war im Gegenteil ein Beispiel dafür, daß ein unbefriedigtes, aber als schutzwürdig anerkanntes Sicherungsbedürfnis den Gesetzgeber zur Schaffung gesetzlicher Verwertungsrechte veranlassen kann. Die Zeiten haben sich geändert: In der Weimarer Republik erschien den Beteiligten (trotz § 410 HGB a.F.) das Sicherungsbedürfnis als gestiegen, und es wurde in gemeinsamer Abstimmung von Verlader- und Spediteurverbänden ein erweitertes AGB-Pfandrecht (in§ 50 ADSp a.F.) geschaf59
60
Soeben S. 422 (siehe dort auch Fn. 21). Vgl. bspw. zum§ 647 BGB S. 77 f., zum TransporteurS. 143.
Il. Rechtfertigende Erwägungen
435
fen, das "inkonnexe" Forderungen (mit-)urnfaßte und § 410 HGB a.F. praktisch in weiten Bereichen ersetzte61 • In der Folge war dieses über das gesetzliche Verwertungsrecht hinausgehende AGB-Vertragspfandrecht über viele Jahrzehnte vertragliche Realität und dokumentierte so den "typischen" Parteiwillen. 1998 hat der Gesetzgeber dann "nachgezogen": Der neue § 464 HGB (und ebenso die anderen Pfandrechte des TRG) sichern seither als gesetzliche Rechte - entsprechend der vorherigen Vertragspraxis - auch Forderungen aus älteren Verträgen. Für § 464 HGB ist also - anders als nach altem Recht - ein typisierter Parteiwille Legitimationsbasis. Man kann damit festhalten, daß sich die rechtfertigenden Erwägungen ein bestehendes gesetzliches Verwertungsrecht ändern können. Für eine solche Änderung der Legitimationsbasis des gesetzlichen Rechtes bedarf es aber immer eines Tätigwerdens des Gesetzgebers. Es ist beinahe selbstverständlich, daß z. B. die erwähnte ADSp-Praxis nicht vor Schaffung des § 464 HGB schon die Grundlage des alten Spediteurpfandrechts geändert hatte. Eine derartige begleitende AGB-Pfandrechtspraxis besagt zum einen eher, daß das gesetzliche Recht nicht dem typisierten Willen der Parteien entspricht. Gerade wegen einer solchen Differenz werden die Parteien nämlich mittels AGB tätig62• Und selbst wenn sich die Akzeptanz der Parteien einfach dadurch zeigt, daß sie das gesetzlich geschaffene Recht schlicht akzeptieren (und nicht abbedingen) und sich seiner in der Krise bedienen, kann dies m.E. nichts an dem ursprungliehen Normzweck des gesetzlichen Rechtes ändern. Man mag dann zwar eine zusätzliche Stütze für das Recht aus dieser Akzeptanz herleiten und es auch damit z. B. gegen etwaige Forderungen nach Streichung verteidigen. Eine bei der ursprungliehen Konstituierung und im Tatbestand nicht zum Ausdruck kommende grundsätzlich andere Prägung erhält es ohne gesetzgebensehen Umsetzungsakt aber nicht. Zuletzt ist bei der Annahme solchen "Willens" beim Umgang mit den gesetzlichen Rechten und ebenso bei entsprechender AGB-Praxis Vorsicht anzumahnen: Die gesetzlichen Tatbestände sind zum Teil wenig bekannt (weil sie keine große praktische Rolle haben), so daß ein fehlender Ausschluß schon deswegen keine legitimierende Wirkung hat. Und selbst da, wo begleitende AGB-Pfandrechte bestehen, wie z. B. bei den Kfz-Werkstätten, ist ein übereinstimmender typisierter Wille häufig eine Fiktion: Solche Pfandrechte sind - und hier hatten die ausgehandelten ADSp eine andere Qualität63 -oft gar nicht bewußt akzeptiert64, sondern 61
Zur Entstehungsgeschichte der ADSp kurz MüKo-HGB I P. Bydlinski Vor § 1 ADSp
Rn. 1 ff.; mit Auswirkungen auf das gesamte Transportrecht vgl. § 2lit. a a.F.
62 Von diesem Willen "der Parteien" (und nicht nur des Verhandlungsstärkeren) kann man bei ausgehandelten Verbandsregeln (wie den ADSp, vgl. bei Fn. 63) reden. Für die ADSp bestätigen die neuen §§ 441, 464, 475b HOB daher diese These: Sie erhielten ihre neue Gestalt gerade aufgrund der vorher abweichenden AGB-Praxis. 63 Obwohl die ADSp AGB waren, war die Sonderstellung (man denke an die dort praktizierte geltungserhaltende Reduktion) zumeist anerkannt, siehe z. B. BGH v. 4. 5. 1995 NJW 1995, 3117; dazu MüKo-HGB/ P. Bydlinski Vor§ 1 ADSp Rn. 18 ff. m. w. N. 28*
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3. Abschn.: Befund
vom Partner nicht einmal gelesener Inhalt der ihm oktroyierten AGB. Aus der AGB-Praxis im Kfz-Bereich bspw. ließe sich insofern keine rechtfertigende Willensbasis für eine Typisierung herleiten 65 . e) Ergebnis
Konnexität - d. h. eine Verbindung zwischen gesicherter Forderung und Sicherungsobjekt - ist ein Grundaspekt bei der Schaffung der meisten Verwertungsrechte. Ausgangspunkt für die Konstituierung war gewöhnlich eine qualifizierte Konnexität: die Wertschöpfung des Fordernden für das Sicherungsobjekt Sie ist Legitimation für die Schaffung eines gesetzlichen Verwertungsrechts, ohne daß sie aus verschiedenen Gründen - maßgebendes Kriterium für die Entstehung innerhalb der jeweiligen Tatbestände wäre(§ 1000 BGB ist gewissermaßen die positive Ausnahme). Gleichwohl muß an diese Grunderwägung mit angeknüpft werden, wenn man über entsprechende Anwendungen (de lege lata) oder über Reformen nachdenkt. Die Verbindung zwischen Forderung und Sicherungsobjekt kann aber auch anders hergestellt werden: Der Parteiwille -bei gesetzlicher Entstehung nur in typisierter Form- kann u.U. eine entsprechende Wirkung haben. § 369 HGB ist zuletzt ein Beispiel dafür, daß trotz einer sehr schwachen Verbindung von Forderung und Objekt ein gesetzliches Verwertungsrecht für gerechtfertigt erachtet werden kann. Dies leitet über zur zweiten Quelle der Legitimation, zum zweiten ,,Eckpunkt" in der Entstehung gesetzlicher Verwertungsrechte, nämlich den Erwägungen zur Rechtfertigung der Verwertungsbefugnis aus dem Sicherungsobjekt selbst. 3. Objektbezug-Rechtfertigung aus der Natur des Sicherungsobjektes
a) Grundgedanke
Die Idee dieses Ansatzes ist nicht kompliziert: Vollig unabhängig davon, ob zwischen der Forderung und dem Sicherungsobjekt eine Beziehung besteht, ist die Verwertung des Objektes zum Einzug der Forderung eher gerechtfertigt, wenn diese für den Objekteigentümer (Objektinhaber) einen entsprechend geringfügigen Eingriff darstellt. Daß eine Verwertung des Objektes ein solcher nicht erheblicher Eingriff ist, kann aus dem Objekt selbst resultieren. 64 Die Akzeptanz bezieht sich nur auf die Geltung von AGB als solchen (was rechtsgeschäftlich für die Geltung genügt). 65 Zur berechtigten Kritik an der Anerkennung dieses Pfandrechts vgl. schon S. 80, Fn. 19. Der BGH hat tendenziell, in dem er § 3 AGBG ablehnte, eine akzeptierte Vertragspraxis behauptet.
li. Rechtfertigende Erwägungen
437
Der dahinterstehende Grundgedanke ist aus dem Aufrechnungsrecht bekannt und anerkannt. Obwohl die dort als Sicherungsobjekt (im weiteren Sinne) fungierende (Geld-)Forderung an sich bspw. durch Zahlung zu erfüllen wäre, akzeptiert man, daß der Schuldner diese Forderung (dort als Hauptforderung bezeichnet) statt dessen mit der gleich hohen eigenen Gegenforderung ("gesicherte Forderung") verrechnet und so beide Ansprüche zum Erlöschen bringt. Der Grund leuchtet allgemein ein: Doppeltes Zahlen, in die eine und in die andere Richtung, ist sinnlos. Für den Gläubiger der Hauptforderung bedeutet diese Form der Verwertung seines Anspruchs keinen wirklichen Eingrif~6 . Letztlich ist die Berechtigung zur Aufrechnung zwar nicht selbstverständlich, denn sie entspricht nicht der originären Absprache, aber doch in so hohem Maße sinnvoll, daß sie nach allgemeinem Rechtsverständnis anerkannt ist67 . b) Anwendungsbereich bei den gesetzlichen Verwertungsrechten
Dieser Grundgedanke der Kompensation kann - in konstruktiver Erweiterung auch bei unseren gesetzlichen Verwertungsrechten verwendet werden und findet sich so beim kaufmännischen Zurückbehaltungsrecht in den ADHGB-Materialien68. Noch heute wird in der Literatur mitunter auf diesen Aspekt hingewiesen69. Die Eindeutigkeit, mit der sich die Befugnis zur Kompensation bei der Aufrechnung ergibt, fehlt hier allerdings. Da die gegenüberstehenden, zu kompensierenden Ansprüche (gesicherte Forderung einerseits, Herausgabe- oder Verschaffungsanspruch auf der anderen Seite) gerade nicht gleichartig sind, ist zur Herbeiführung der Kompensationslage stets noch die Verwertung nötig, die den Eingriff weiter verschärft. Aus der Natur des kaufmännischen Geschäfts ergibt sich aber, daß der Eingriffscharakter der Verwertung abgemildert ist: Sind die betroffenen Sachen Handelswaren, hat sie der Kaufmann also nur angeschafft, um sie selbst zu verwerten, trifft ihn die Verwertung durch Dritte weniger substantiell. Zur Erinnerung sei auf das beim Kommissionär gegebene Beispiel hingewiesen70 : Für den Importeur ist die bei günstiger Gelegenheit erworbene Ware nur "Rechnungsposten", deren Verwertung letztlich auch ein Dritter betreiben kann. Dieser Gedanke vom "durchlaufenden Rechnungsposten" verdeutlicht die Brücke zur Aufrechnung. Wie bei § 369 HGB das Sicherungsobjekt, ist dort die "Hauptforderung" ebenfalls Rechnungsposten und insofern zur "Verrechnung" qua Selbsthilfe geeignet. Die einschränkenden Voraussetzungen der§§ 387 ff. BGB stellen dies letztlich sicher. V gl. zur anderen Einschätzung nach gerneinem Recht mit der Regel "ipso iure cornpensatur" Larenz AT § 18 IV. 68 Siehe näher schon S. 180. 69 Bspw. von K. Schmidt HR5 § 22 IV 1d. 10 Siehe vorne S. 125. 66
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3. Abschn.: Befund
Dieser Gesichtspunkt ist gleichfalls - wie die Wertschaffung - nur Ausgangspunkt für die Konstituierung des Entstehungstatbestandes. In der Ausgestaltung sind auch jene Rechte, für die diese Erwägung paßt, abstrahiert und durch gleichzeitigen Einfluß anderer Kriterien eigenständige Entstehungstatbestände geschaffen worden.
aa) Kaufmännische Verwertungsrechte
So ist für § 369 HGB im Entstehungstatbestand zwar ein beiderseitiges Handelsgeschäft erforderlich. Dies führt aber nicht zwingend dazu, daß die belastete Sache für den Inhaber immer als ,,Rechnungsposten" zu qualifizieren ist. Objekt eines Handelsgeschäftes - vgl. § 343 HGB - ist vielmehr alles, was der Kaufmann für sein Gewerbe erwirbt. Dies trifft nicht nur auf die Handelsware zu, die von ihm zur Weiterveräußerung angeschafft wird (das Umsatzvermögen), sondern ebenso auf seine Betriebsausstattung (sein Anlagevermögen). Man muß daher den Gedanken vom ,,Rechnungsposten" über die Anschaffung für Verwertungs- bzw. Veräußerungszwecke hinaus nochmals abstrahieren, um eine Verbindung zu sehen, die bis in den Entstehungstatbestand fortwirkt: § 369 HGB beschränkt sich auf den gewerblichen Verkehr, wo kaum jemals ein ideelles Interesse am Gegenstand, sondern tatsächlich regelmäßig nur dessen Wert von Bedeutung ist. Dies ist der fortgedachte Ansatz, der auch hier noch ein Argument bei der Konstituierung von Verwertungsrechten bietet. Im Grunde läßt sich so eine Abstufung in der Natur der Sicherungsobjekte erkennen, die man wie folgt beschreiben kann: Bei der Aufrechnung liegt im Grunde (fast) kein Eingriff vor, weil die Gleichartigkeit der Gegenstände sicherstellt, daß die Interessen der Gegenseite gewahrt sind. Bei der Kompensation nach einer Verwertung von ohnehin zum Verkauf bestimmten Sachen (Handelswaren) liegt der den Eingriff abschwächende Charakter darin, daß die Verwertung ohnehin geplant war, wenn auch durch den Schuldner selbst. Berührt ist hier dann nur das Interesse an der freien Verfügung über die Sache. Bei sonstigem Gut von Unternehmern handelt es sich dagegen immer um einen demgegenüber stärker belastenden Eingriff, denn die Verwertung war ja nicht der Zweck, den der Schuldner mit der Sache verfolgte. Trotzdem weist der Eingriff im Unternehmerischen Bereich regelmäßig zumindest eine geringere Schärfe auf als im privaten Verkehr, weil beinahe jedes Gut als bloßer "Bilanzwert" angesehen wird. Diese Abstufung nach der Eingriffsintensität läßt sich im übrigen auch im privaten Bereich fortsetzen [dazu noch unter c), ab S. 441].
Der historische Ansatz des Kompensationsgedankens läßt sich als Erwägung für gesetzliche Verwertungsrechte bei§ 369 HGB und bei den klassischen kaufmännischen Pfandrechten nachweisen. Soweit der Kommissionär, Transporteur, Spediteur oder Lagerhalter demgemäß Handelsware als Gut erhält, paßt insofern der
II. Rechtfertigende Erwägungen
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Kompensationsgedanke in der noch engeren Fassung. Soweit er mit anderem Gut agiert, was eher eine Ausnahme ist, paßt nur die weiter abstrahierte Fassung. Da "Gut", insbesondere für die mit dem Verkehr betrauten Kaufleute (also Transporteur, Spediteur oder Lagerhalter), auch bewegliche Sachen von Privaten sein können, wird bei diesen - anders als insb. bei § 369 HGB oder bei § 397 HGB - dieser Zusammenhang mitunter durchbrochen. Die Erwägungen dafür liegen außerhalb des Objektbezuges, entweder im Rahmen der "Konnexität" (2.)71 oder des Forderungsbezuges (4.)72 • bb) Weiterer Anwendungsbereich? Der Gedanke kann bei den vorne als Pfandrechte "mit Unternehmensbezug" bezeichneten Rechten weitergeführt werden. Deutlich ist dies beim FPG, das- wie dargelegt- nur die zum Verkauf bestimmten Früchte erfaßt73 • Bei diesem führt also bereits das Prinzip, daß das Sicherungsobjekt gerade zum Verkauf bestimmt war, zum Ziel. Beim Verpächterpfandrecht werden neben den Verkaufsfrüchten auch Wirtschaftsfrüchte74 und das Inventar erlaßt, so daß wieder der weitergehende Ansatz für die "Betriebsausstattung" bemüht gemacht werden muß. Bei den Schiffsgläubigerrechten wird dagegen nur das "Anlagevermögen" erlaßt. Der fortentwickelte Kompensationsgedanke ist hier also nur noch in ganz schwacher Form zu erkennen. Ein Blick ist in diesem Zusammenhang noch auf das Opferpfandrecht zu werfen. Der Bezug drängt sich insofern auf, weil hier das Sicherungsobjekt und die gesicherte Forderung gleichartig sind und deswegen die Härte einer Teilwertvernichtung durch die Verwertung unterbleibt (so die Idee bei der Kompensation allgemein, vgl. schon S. 437). Im Unterschied zur Aufrechnung fehlt es hier aber zum einen an der Gegenseitigkeit, zum anderen wird - ganz bewußt - nicht nur auf das Sicherungsgut des Schuldners, sondern auf das Recht u.U. unbeteiligter Dritter75 (Sicherungsobjekte, die Nichtschuldnern gehören) zugegriffen. Die fehlende Gegenseitigkeit ist der Umstand, der das Opferpfandrecht über den reinen Selbsthilfecharakter der Aufrechnung hinaus als Verwertungsrecht qualifiziert: Letztlich wird durch das Forderungspfandrecht in ein fremdes Schuldverhältnis (zwischen Täter und veröffentlichender Stelle) eingegriffen, was zu einer Au71 Bei Gütern von Privatpersonen verliert die Wertschaffung auch an Bedeutung: Denkt man an den Umzugsuntemehmer, hat der Transport der Möbel allenfalls subjektiv wertsteigemde Funktion. n Weiter S. 443 ff., 448 ff. 73 Siehe dazu S. 304. 74 Zu diesen Begriffen S. 304. 75 Unbeteiligt am Schuldverhältnis von gesichertem Gläubiger (Opfer) und Schuldner (Täter).
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3. Abschn.: Befund
Benwirkung und damit, trotz Gleichartigkeit von Objekt und gesicherter Forderung, zur Notwendigkeit eines Verwertungsrechts führt76• Betrachtet man den durch die Gleichartigkeit, d. h. die Objektselektion, entschärften Eingriff, kann man sich die Frage stellen, warum der Gesetzgeber sich nicht viel öfter gesetzlicher Pfandrechte an Forderungen bedient. Die Antwort ist eindeutig: Der Eingriffscharakter ist - auch beim Objektbezug - nur ein Kriterium von mehreren, die es zu herlieksichtigen gilt. Zum einen ist das freie Verfügen über Forderungen ebenso ein geschütztes Interesse unserer Rechtsordnung, so daß stets ein qualifizierendes Kriterium hinzukommen muß, das diese Verwertung rechtfertigt77 (gerade im Verhältnis zu anderen Gläubigem des Schuldners). Für das Opferpfandrecht gilt dies durch die Drittbelastung in einem nochmals verstärkten Maße. Zum anderen sind Forderungspfandrechte mit weiteren Problemen belastet: Entweder man läßt sie ohne Publizitätsakt (wie beim OASG) entstehen; dann sind sie in mehr oder weniger hohem Maße verkehrsgefährdend. Oder sie bedürfen eines Publizitätsaktes78 (entspr. § 1280 BGB beim Vertragspfand); dann verlieren sie viel an Brauchbarkeit79.
cc) Zwischenergebnis Der hier so bezeichnete (fortentwickelte) Kompensationsgedanke besagt, daß sich bestimmte Sicherungsobjekte aufgrund ihrer Natur oder ihres Verwendungszwecks für einen Gläubigerzugriff anbieten, weil der mit dem Zugriff verbundene Eingriff eine verminderte Härte bedeutet. Das Gewicht des Eingriffs läßt sich dabei in Stufen darstellen, wobei mit zunehmendem Eingriffscharakter die Erwägung an Argumentationswert verliert. Im geltenden Recht ist - dies gilt selbst für § 369 HGB - die Kompensationserwägung allerdings nie das einzig maßgebende Kriterium zur Rechtfertigung des Verwertungsrechtes. Der Grund dafür ist darin zu sehen, daß die Verwertung - anders als die Verrechnung gleichartiger Positionen - selbst im günstigsten Fall (d. h. bei eigener Verwertungsabsicht) immer doch einen relevanten Eingriff in die Rechte der Gegenseite bedeutet. Sie bedarf so immer einer zusätzlichen Rechtfertigung. Dieser erweiterte Kompensationsgedanke bietet so einen weiteren Ansatz, ein gesetzliches Verwertungsrecht vorzusehen. Man kann das Kriterium vielfach als den Tatbeständen zugrundeliegend nachweisen, aber es wirkt nur - prosaisch gesprochen - "in zweiter Linie". Als solches ist der Aspekt aber sogar dann - als Ausgestaltungsmaßstab - relevant, wenn aus ihm selbst kein eigener Begriindungs76
Vgl. schon vorne S. 36 und 125.
n Beim OASG die Qualität der Forderung, dazu unten 11.4. Zur gleichwohl vorhandenen Publizität beim OASG vgl. S. 316. Die Stärke des OASG liegt gerade in der Erfassung zunächst nicht bekannter Forderungen einerseits, im - aus Gläubigersicht- wohl perfekten Umgehungsschutz andererseits. 78
79
II. Rechtfertigende Erwägungen
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ansatzmehr zu ziehen ist [siehe sogleich c)]. Bei Berücksichtigung dieses doppelseitigen Verständnisses kann der Aspekt allerdings - ebenso wie die Erwägungen zur Konnexität - im Rahmen der Teleologie oft eine Auslegungshilfe sein. Weiter hat sich bei der Betrachtung eine objektbezogene Negativprämisse gezeigt: Der Verkehrsschutz kann der Entstehung unter Umständen entgegenstehen. Deswegen wird zumeist an besitz- oder raumgebundene Sachen als Sicherungsobjekt angeknüpft, während sich Forderungen nur sehr eingeschränkt als Pfandgegenstand gesetzlicher Rechte eignen. Dies gilt um so mehr, soweit die Rechte den Zugriff auf Dritteigentum oder Ansprüche Dritter ermöglichen80. c) Fortführung des Gedankens: Unpfändbarkeif als objektbezogenes Korrektiv
Der Gedanke kann außerhalb einer direkten Konstituierungserwägung noch fortgeführt werden. Einem ganz ähnlichen, im Einzelfall sogar entsprechenden, objektbezogenen Prinzip liegt nämlich die Negativbegrenzung mancher Verwertungsrechte für unpfandbare Sachen zugrunde. In dem Entstehungsausschluß aus Gründen der Unpfandbarkeit (z. B. § 559 S. 3 BGB i.V.m. § 811 ZP081 ) ist das weiterentwickelte Prinzip regelmäßig zwar nicht Konstituierungserwägung, aber über seine eingriffsentschärfende Ausgestaltungswirkung zumindest eine Verstärkung der Legitimation der Verwertungsbefugnis. Sehr anschaulich zeigt sich der Zusammenhang des erweiterten Kompensationsgedankens mit den Unpfandbarkeitsregeln an dem bereits zuvor unter b) erwähnten Früchtepfandrecht Der Ausschluß der unpfandbaren Früchte durch § 1 Abs. 1 S. 2 FPG führt dazu, daß nur die Verkaufsfrüchte erfaßt werden [vgl. schon oben b) cc)]. Diese Negativbegrenzung wirkt hier daher entsprechend, wie im Rahmen des § 369 HGB das positiv formulierte Tatbestandsmerkmal ,,Sachen eines Handelsgeschäftes". Aber auch bei anderen gesetzlichen Verwertungsrechten (wie den Einbringungspfandrechten82) wirkt der Ausschluß unpfandbarer Sachen als Regulativ und ist damit im Rahmen ihrer Rechtfertigung zu berücksichtigendes Kriterium. Beschränkt man das Pfandrecht durch den Negativausschluß auf die pfandbaren Sachen, erreicht man so, daß die für den Schuldner als besonders wichtig, geradezu unverzichtbar erscheinenden Sachen von der Verwertung ausgenommen werden. Das wiederum hat eine legitimierende Wirkung für den dann vom Rechterfaßten Rest80 Soweit die kaufmännischen Pfandrechte dies ermöglichen(§ 366 Abs. 3 HGB), ist die Rechtfertigung dafür also in den anderen beiden ,,Eckpunkten" zu finden. Näher dazu noch S. 549 ff. 81 Vgl. zu den Erwägungen im Ral!men der Unpfändbarkeil schon Bechtloff ZIP 1996, 994ff. 82 §§ 559, 592, 704 BGB, § 674 HGB.
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3. Abschn.: Befund
bereich; diese Legitimationsbasis führt strukturell den Grundgedanken der Kompensation fort. Denkt man an die skizzierte Skala (,.Abstufung") zurück, die die Rechte objektbezogen nach Eingriffsschärfe staffelt, sind die Einbringungspfandrechte mit einer Beschränkung über Unpfändbarkeitsregelungen die vorne angekündigte weitere Stufe: In der ersten Stufe wurde durch die Begrenzung auf gleichartige Objekte der Eingriff beinahe vermieden (Aufrechnung). Die Stufen 2 und 3 hatten über die Selektion der zur Veräußerung bestimmten und unternehmensbezogenen Objekte bereits einen zunehmend höheren Eingriffscharakter. Rechte, die den Eingriff sogar in private Objekte ermöglichen, aber zumindest unpfändbare ausschließen, bilden nun die Stufe 4. Als fünfte und letzte Stufe bleiben die insofern unbeschränkten Rechte, die sogar unpfändbare Objekte erfassen und so vom Objektcharakter her den denkbar empfindlichsten Eingriff ermöglichen (so z. B. § 647 oder § 1000 BGB). Das Unpfändbarkeitskriterium hat insofern ebenfalls eine (begrenzte) legitimierende Funktion, die gerade im Zusammenwirken mit anderen Rechtfertigungskriterien Bedeutung erlangt83 • Der Blick auf das Vermieterpfandrecht zeigt, daß mit diesem Aspekt auch gerade zur Rechtfertigung des seinerzeit umstrittenen Pfandrechts argumentiert wurde84•
d)Ergebnis Auch aus dem in Aussicht genommenen Sicherungsobjekt selbst können also Ansätze zur Konstituierung gesetzlicher Verwertungsrechte gewonnen werden. Folgt aus der Natur dieses Objektes eine geringere Härte des Verwertungseingriffs, bietet das einen selbständigen, wenn auch wieder nur kumulativ neben anderen wirkenden Ansatz für die Begründung des betreffenden Rechts. Selbständig ist der Ansatz deswegen, weil sein an das Objekt gekoppelte Bestehen von den anderen Kriterien, d. h. der Konnexität und dem Forderungsbezug, unabhängig ist. Kumulativ ist er deswegen, weil er nie für sich allein zur Rechtfertigung ausreicht, sondern immer nur ein - mehr oder weniger ausgeprägtes - Konstituierungsmerkmal ist. Der Objektbezug steht so als zweiter maßgeblicher Ansatzpunkt neben der Konnexität bei der Begründung von gesetzlichen Verwertungsrechten und wirkt regelmäßig mit diesem zusammen.
83 So insbesondere, wenn diese keine starke Legitimationsbasis für das Recht begründen können. Zum Zusammenwirken der Kriterien im Rahmen eines "beweglichen Systems" noch ab S. 459. 84 Siehe schon S. 227 f.
II. Rechtfertigende Erwägungen
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4. Forderungsbezug - Verwertungsrechte für Sondersituationen als Gläubiger- oder Schuldnerprivileg
Das dritte Element bei der Begründung gesetzlicher Verwertungsrechte kann aus der jeweils gesicherten Forderung oder dem gesicherten Schuldverhältnis (im weiteren Sinne) gewonnen werden. Ein je nach Lage unterschiedlich starkes Argument für die Konstituierung der Rechte ist häufig eine "Sondersituation" des gesicherten Schuldverhältnisses (oder Lebenssachverhalts), wie sich oft anband der Argumentation bei der Verfassung des Gesetzes bzw. der geschichtlichen Entwicklung desselben zeigte. Dieser Aspekt wird außerdem für die praktische Anwendung in den Vordergrund gerückt, weil durch die Ausgestaltung der Normen, speziell durch die Anhindung des Entstehungstatbestandes an das gesicherte Schuldverhältnis, auch systematisch gerade dieser Bezug betont wird. Es kann insofern nicht überraschen, daß bei der Rechtsanwendung die anderen beiden ,,Eckpunkte" in den Hintergrund gedrängt werden und der Forderungszusammenhang ein gewisses Übergewicht erfährt. Ob das zu Recht oder zu Unrecht geschieht, muß sich noch zeigen. a) Gläubigerschutz: Hinderung an vertraglicher Sicherung
Ein innerhalb dieser Obergruppe als ein Hauptziel zu vermerkender Aspekt ist die vermeintlich oder tatsächlich notwendige Privilegierung des Gläubigers (der gesicherten Forderung). Natürlich kann es niemanden überraschen, daß das Gesetz, wenn es einem Gläubiger zur Sicherung seiner Forderung ein zusätzliches Recht gewährt, damit gerade seine Besserstellung erreichen wi1185 . Zu klären ist aber die Frage, welche Situationen eines Gläubigers zur Einräumung eines Verwertungsrechtes führen und warum gerade diese. Erster Anknüpfungspunkt für ein Bedürfnis nach Einräumung gesetzlicher Sicherungs- oder Verwertungsrechte ist die fehlende Möglichkeit eines Gläubigers, sich-trotzbestehenden Sicherungsbedürfnisses- zu sichern. Näher betrachtet enthält diese Sondersituation zwei Gesichtspunkte: Zum einen die - in der Ursache zunächst nicht festgelegte - fehlende Gelegenheit zur Sicherung; zum anderen die Entscheidung des Gesetzgebers, daß eine Sicherung notwendig oder zumindest erwünscht ist. Lediglich der erste Gesichtspunkt stammt dabei zwingend aus dieser bezeichneten Sondersituation. Der zweite - die Schutzwürdigkeit - kann daraus erwachsen, kann jedoch auch aus dem Objekt- oder dem Konnexitätskriterium herrühren (zum Zusammenwirken vgl. näher noch ab S. 459). Untersucht man die Gläubigerposition, die zur fehlenden Möglichkeit einer Sicherung führen kann, anband der bestehenden Verwertungsrechte, ergeben sich mehr oder weniger zwingende, eine Sicherung verhindernde Ausgangslagen. Die 85 Überraschen kann allenfalls, daß manchmal auch andere Erwägungen eine Rolle spielen oder sogar der Schuldnerschutz eine zentrale Begründung ist [dazu noch 4.b)].
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einen sind dadurch gekennzeichnet, daß der Gläubiger rechtlich gehindert ist, eine Sicherheit -oder zumindest die tatsächlich naheliegende Sicherung am in Aussicht genommenen Objekt- zu erlangen [im folgenden aa), bb)]. In anderen Fällen haben die Gläubiger zwar eine vertragliche Sicherungsmöglichkeit; diese wird jedoch als Folge der tatsächlichen Situation nicht wahrgenommen [im folgenden cc)]. aa) Gesetzliche Schuldverhältnisse An einer vertraglichen Sicherung sind zunächst regelmäßig jene Gläubiger gehindert, die allein aufgrund gesetzlicher Schuldverhältnisse Forderungen gegen den Schuldner haben. Auch bei diesen kann es zwar anders sein; so wenn ein anvisiertes Vertragsschuldverhältnis "nur" wegen Entstehungsmängeln nicht rechtsgeschäftlich entsteht86, eine getroffene Sicherungsvereinbarung aber wirksam existiert und statt dessen den gesetzlichen Anspruch sichert87 . In den meisten Fällen gesetzlicher Schuldverhältnisse ist allerdings mangels jeglicher rechtsgeschäftlicher Bindung eine vertragliche Sicherung ausgeschlossen. So wird das Straftatopfer (vgl. dazu das Opferpfandrecht) für seine Ansprüche gegen den Tater regelmäßig keine vertragliche Sicherheit haben. So wird für den Havereiausgleich mangels rechtsgeschäftlicher Beziehungen der (meisten) Beteiligten keine vertragliche Sicherung vorhanden sein88 . So wird ohne Rettungsvertrag der Retter sein Rettungsentgelt ebensowenig vertraglich sichern können wie ein von einem Schiff Geschädigter (§ 754 Abs. 1 Nr. 3 HGB). Und so kann zuletzt der rechtsgrundlose Besitzer seine Verwendungsansprüche des EigentümerBesitzer-Verhältnisses nicht rechtsgeschäftlich absichern. In allen diesen Fällen kann nur mit Hilfe gesetzlicher Entstehung ein Verwertungs- oder Sicherungsrecht konstituiert werden. In all diesen Fällen ist das Fehlen rechtsgeschäftlicher Sicherungsmöglichkeiten eine Erwägung für die Schaffung des gesetzlichen Verwertungsrechtes. Andererseits zeigt die Vielzahl der Fälle, in denen gesetzliche Schuldverhältnisse ohne Sicherung bleiben, sehr anschaulich, daß dieser Aspekt allein nicht sehr weit führt. Der Blick durch das BGB verdeutlicht, daß die meisten gesetzlichen Ansprüche gerade nicht durch gesetzliche Verwertungsrechte gesichert sind. Im Grundsatz müssen die Gläubiger bei der Geschäftsführung ohne Auftrag, im Bereicherungs- und im Deliktsrecht auf gesetzliche Verwertungsbefugnisse verzichten (wenn es auch Ausnahmen gibt: §§ 752, 369, 754 Abs. 1 Nr. 3 HGB, um für jedes der Schuldverhältnisse eine zu nennen). Man kann damit zwar keine Negativprä86 Bsp.: Nach Anfechtung, beim Dissens in Hauptpunkten, bei Sittenwidrigkeit des Grundgeschäftes u. a. 87 Siehe schon oben S. 46. 88 Hier mit Einschränkungen, vgl. zur YAR-Vereinbarungen (mit Problemen) S. 332 ff.
II. Rechtfertigende Erwägungen
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missen bilden89, aber zumindest feststellen, daß allein das Fehlen vertraglicher Sicherungsmöglichkeiten für gesetzliche Schuldverhältnisse nicht genügt. Der Blick ins Deliktsrecht läßt eher den gegenteiligen Schluß zu, daß nämlich selbst eigentlich besonders schutzbedürftige (immerhin rechtswidrig und schuldhaft geschädigte) Gläubiger in gesetzlichen Schuldverhältnissen allein wegen dieses Gesichtspunkts dem Gesetzgeber noch nicht als sicherungsbedürftig erschienen. Die aufgezählten Verwertungsrechte (gerade das Opferpfandrecht und das Befriedigungsrecht des Besitzers) unterstützen statt dessen die Annahme, daß solche Gläubiger nur dann mit gesetzlichen Verwertungsrechten geschützt werden, wenn mindestens eines der beiden anderen Elemente (Eckpunkte zu 11.2. und 3.) zusätzliche Argumente für die Konstituierung liefert90. bb) Ausschluß des Objektes Nicht vollständig an jeder vertraglichen Sicherungsmöglichkeit, aber an der rechtsgeschäftliehen Sicherung am konkreten Objekt gehindert, ist eine weitere Gruppe von Gläubigem. a) Vermieterpfandrecht (§ 559 BGB): Ein Beispiel für einen derartigen Fall ist das Vermieterpfandrecht An den "eingebrachten Sachen" kann der Vermieter kein Pfandrecht bestellen, da für ein Vertragspfand im Prinzip stets die Einräumung von Besitz erforderlich ist (§§ 1205 f. BGB). Natürlich sind bei der Miete andere rechtsgeschäftliche Sicherungen möglich (vgl. § 550b BGB), aber die Sachen des Mieters (seit alters her ein naheliegendes, teilweise sogar das einzige91 Sicherungsobjekt des Vermieters) sind als Sicherheit durch die rechtlichen Vorgaben in Kombination mit der tatsächlichen Situation ausgeschlossen92.
Der sich unmittelbar aufdrängende Einwand, daß eine Raumsicherungsübereignung auch zugunsten des Vermieters möglich ist, so daß die Sachen doch als Sicherungsobjekt erfaßt werden können, steht dieser Aussage nicht entgegen. In der heutigen Rechtspraxis ist die Raumsicherungsübereignung natürlich ein möglicher Weg. Zuzugeben ist auch, daß dies in den Urspriingen des Vermieterpfandrechts in Rom, zu Zeiten der Anerkennung rechtsgeschäftlicher besitzloser Generalhypotheken, keine taugliche Erwägung war. Für die Verfasser des BGB gab es diese Alternative aber nicht, da diese von einem strikten Faustpfandprinzip ausgingen. Für sie Vgl. schon oben zum Versuch von Benöhr S. 419. Obwohl es ein "Inbegriff des schutzwürdigen Gläubigers" ist, bleibt das Straftatopfer außerhalb des OASG ungesichert. Bei gleicher Lage wie der Besitzer bleibt der gutgläubig Leistende - ohne Besitz - ungesichert. 91 Zur Berücksichtigung dieser Erwägung bei der (BGB-)Gesetzgebung vgl. schon vorne s. 227. 92 Jedes Objekt (jede eingebrachte Sache) wäre für sich durchaus taugliches Objekt einer Verpfändung, nicht aber in der Sondersituation der Miete, d. h. nicht bei reiner Einbringung. 89
90
3. Abschn.: Befund
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war die fehlende Sicherungsmöglichkeit insofern ein Aspekt, der in der Diskussion um Pro und Contra des ,,häßlichen Vermieterprivilegs" durchaus eine Rolle spielte93 • ß) Andere Anwendungsfälle: Dieser Ansatz vom Ausschluß rechtgeschäftlicher Sicherung an einem naheliegenden Sicherungsobjekt durch eine Kombination rechtlicher und tatsächlicher Gegebenheiten ist für alle gesetzlichen Mobiliarpfandrechte ohne Besitzbindung mehr oder weniger tragfähig. Beim Verpächterund Früchtepfandrecht94 zeigt sich sogar ein Vorzug dieses Ansatzes gegenüber Sicherungsübereignungen, denn diese Rechte setzen - hinsichtlich der Früchte - zu einem Zeitpunkt an, zu dem vertragliche Sicherungen noch ausgeschlossen sind. Auf diese Weise schaffen sie den vom Gesetzgeber gewünschten Vorrang vor anderen Gläubigern95 • Beim Gastwirt und beim Seebeförderer96 entspricht die rechtliche Situation der des Vermieters. Beim Rettungsfall könnte man das Rettungskostenpfandrecht (§ 752 Abs. 2 HGB, § 97 BSchG), zumindest im Rahmen eines Rettungsvertrages, durch eine Sicherungsübereignung der Ladung zu ersetzen versuchen. Um diesen Weg aber zu ermöglichen, müßte man zum einen die Befugnis des Vertragsschließenden (des Kapitäns o.a.) entsprechend erweitern, und zum anderen wären die Rechtswirkungen trotzdem noch andere als derzeit; insbesondere weil§ 752a HGB einen Vorrang des Retters anordnet97 • In dieser Form ist das Rettungskostenpfandrecht daher vertraglich nicht zu gestalten.
Statt der Schiffsgläubigerrechte wären konstruktiv - obwohl die Schiffsgläubiger keinen Besitz haben - Vertragspfandrechte möglich, hätten aber dann, statt der Besitzeinräumung einen Registereintrag zur Voraussetzung98• Durch die tatsächlichen Umstände ist auch dies in der Regel ausgeschlossen; sei es, weil es sich um Forderungen aus gesetzlichen Schuldverhältnissen handelt [siehe oben aa)], sei es, weil die tatsächliche Lage die Pfandrechtsbestellung verhindert (bei der Rettung ist bspw. schnelles Handeln gefragt), sei es, weil die Gläubigerposition dies ausschließt [dazu noch unten dd)]. Im übrigen wäre die gewünschte Verteilungsfolge, die durch das Schiffsgläubigerrecht zugleich mitgeregelt wird, de lege lata über Schiffshypotheken nicht zu erreichen (dort gilt das Prioritätsprinzip)99• /) Schaffung vertraglicher Sicherungsmöglichkeit: Nun stellt allein die Tatsache, daß (so) keine vertragliche Sicherungsmöglichkeit besteht, noch kein Argument für ein gesetzliches Sicherungsrecht dar. Als Reaktion des Gesetzgebers auf Siehe zur Entstehungsdiskussion S. 227; weiter auch noch S. 455 f. Zum Verpächterpfandrecht S. 261, zum Früchtepfandrecht S. 290. 95 Zum Wettlauf der Sonderpfandrechte bei der Landwirtschaft siehe S. 304 f. 96 Das BSchG-Befördererpfandrecht (§ 77 Abs. 2 BSchG) ist besitzgebunden und wäre daher auch als Vertragspfand möglich, näher dazu S. 283 ff. 97 Vgl. außerdem die besonderen Ausgestaltung des Rechts in§ 752a Abs. 4 HGB. 98 Zur Begründung von Vertragspfandrechten an Schiffen Palandt/ Bassenge Einf v § 1204 93
94
Rn.5. 99
Zum Aspekt "Verteilungsgerechtigkeit" siehe weiterS. 454 und 456.
II. Rechtfertigende Erwägungen
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eine fehlende vertragliche Sicherungsmöglichkeit bei gleichwohl bestehendem Bedarf liegt es zunächst näher, eine Möglichkeit zur rechtsgeschäftliehen Sicherung zu schaffen. Dies folgt schon aus der Grundprämisse der Privatautonomie. Nach dieser müßte doch grundsätzlich näher liegen, den Parteien die positive Entscheidung über die Einräumung von Sicherungen zu überlassen und nicht - wie bei den gesetzlichen Verwertungsrechten -nur die Negativentscheidung über einen möglichen Ausschluß. Auf der Suche nach Erklärungen, warum oft trotzdem eine gesetzliche Sicherung bestimmt wird, ist zunächst auf die historische Grundentscheidung gegen gewisse Formen vertraglicher Sicherungen hinzuweisen: Besitzlose Vertragspfandrechte waren vom BGB-Gesetzgeber grundsätzlich unerwünscht. Ein generelles publizitätsloses Pfandrecht war nach den schlechten Erfahrungen aus dem römischen Recht geradezu verpönt. Im Laufe des 20. Jahrhunderts sind zwar wieder (rechtsgeschäftliche) Sonderpfandrechte mit begrenzten Publizitätsanforderungen eingeführt worden 100, diese sindjedoch vom erfaßten Kreis der Sicherungsobjekte relativ eng begrenzt (z. B. beim Pachtkreditgesetz auf das Pachtinventar). Einen Umfang wie das Vermieterpfandrecht gibt es daher bei rechtsgeschäftliehen Pfandrechten nie, und man wollte diese Möglichkeit auch nicht eröffnen. Damit ist zwar geklärt, daß die generelle Schaffung entsprechender vertraglicher Regelungen ausschied, aber gleichwohl offen, warum nicht speziell für den Vermieter einfach die vertragliche Möglichkeit zur Sicherung (im Umfang entsprechend §§ 559 ff. BGB) - statt des gesetzlichen Automatismus - aufgenommen wurde. Dies hätte die Risiken für den Verkehr nicht verändert 101 . An anderer Stelle - z. B. beim Pachtkreditgesetz 102 - hat der Gesetzgeber dies genauso durchgeführt. Doch selbst dafür ist die wesentliche Ursache für den jetzt gegangenen Weg in der historischen Entwicklung zu sehen. Viele dieser Verwertungsrechte - insbesondere auch das Vermieterpfandrecht - bestehen seit alters her als "gesetzliche" und sind - ohne daß dies in Frage gestellt wurde - als solche fortgeführt worden. Nach der heutigen Gesetzeslage erweist sich daher eher das spezielle rechtsgeschäftliche Verwertungsrecht, wie das Pachtkreditgesetz, und nicht eine Regelung wie § 559 BGB als die Ausnahme. Mit anderen Worten: Für besondere (spezielle) Schuldverhältnisse, für die ein Sicherungsbedarf vom Gesetzgeber anerkannt wird, sieht das deutsche Recht typischerweise traditionell gesetzliche Rechte vor, d. h. einen direkten Entstehungsautomatismus, so daß schon die an sich schuldrechtliche Vereinbarung ohne Umsetzungsakt sachenrechtliche Konsequenzen hat. Eine damit rein entwicklungsgeschichtliche Erklärung ändert aber nichts an der Bewertung: Aus dem System des dispositiven Schuldrechts heraus wären RegelunSiehe schon S. 39, dort auch weitere Nachweise. Allenfalls hätte es dann Fälle von eingebrachten Sachen ohne Pfandbelastung gegeben, was jetzt (durch die Sicherung zukünftiger Forderungen) nie der Fall ist. 102 Besitzloses Pfandrecht arn Inventar für einen begrenzten Gläubigerkreis, kurz erläutert z. B. bei Staudinger I Wiegand Anh zu § 1257 Rn. 26, vgl. auch S. 304. IOO 101
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3. Abschn.: Befund
gen, die einen Anspruch auf Sicherheitenbestellung schaffen (wie § 648 BGB), ergänzt durch die ggf. notwendige Schaffung adäquater Sicherungsmöglichkeiten (wie beim PachtkredG), im Grundsatz überzeugender. Davon unberührt bleibt, daß gleichwohl gesetzlich entstehende Rechte das effektivere Mittel und daher vorzugswürdig sein können; insbesondere dann, wenn mit der Norm über die reine Sicherung wegen fehlender vertraglicher Möglichkeiten hinaus weitergehende Zwecke verfolgt werden. Will der Gesetzgeber - um ein Beispiel zu nennen - über den Einsatz von Verwertungsrechten eine Verteilung der Masse außerhalb des Insolvenzverfahrens erreichen 103 (wie bei Schiffen 104, in der Landwirtschaft 105 und in gewisser Hinsicht bei den Ladungsgütern 106), hat die gesetzliche Anordnung wieder erkennbar Vorteile: Eine solche Verteilung läßt sich dann leichter sicherstellen, wenn man den Beteiligten die Rechte nebst Rang gesetzlich zuteilt und es so nicht davon abhängt, ob und inwieweit diese von Vertragsmöglichkeiten Gebrauch machen. 8) Zwischenergebnis: Festzuhalten ist, daß im geltenden Recht das Fehlen vertraglicher Sicherungsmöglichkeiten ein (forderungsbezogenes) Argument für die Schaffung gesetzlicher Verwertungsrechte ist. Der Gesetzgeber hat für manche derart defizitäre Sondersituationen von dieser Möglichkeit zum Schutz der Gläubiger Gebrauch gemacht. Man kann sogar sagen, daß eine erkennbare, historisch zu begründende Tendenz besteht, solche Sonderlagen durch gesetzliche Rechte auszugleichen, selbst wenn mitunter die Schaffung vertraglicher Sicherungsmöglichkeiten einen entsprechenden Effekt erzielt hätte. Für ein zukünftiges Recht ist eine Prüfung, für welche Fälle eine vertragliche Sicherung genauso möglich und daher die gesetzliche Anordnung der Rechte vermeidbar wäre, zu empfehlen. Zuletzt zeigt die Vielzahl gesetzlich ungesicherter Vergleichsfalle, daß auch dieser Aspekt allein nie ausreichend für die Rechtfertigung gesetzlicher Verwertungsrechte ist. Es ergibt sich schon de lege lata, daß es immer weiterer Ansätze bedarf, um das jeweilige Recht zu begründen. Bei der Prüfung der Möglichkeiten für ein neues Recht ist das stets im Auge zu behalten. cc) Tatsächlicher Ausschlußaufgrund von Verkehrsbedürfnissen Außerhalb dieser rechtlichen Hindernisse, die einer vertraglichen Sicherung des Gläubigers im Wege stehen, gibt es auch tatsächliche Verhältnisse, die dazu führen, daß eine rechtsgeschäftliche Sicherung unterbleibt. Die bereits vorne erwähnte "typische Vorleistungssituation" ist ein bei manchen Vertragsverhältnissen vorgegebe-
103 104
105 106
Dies ist ein weiterer Aspekt, vgl. noch S. 452 ff. Siehe beim Schiffsgläubigerrecht S. 366. Siehe beim Früchtepfandrecht S. 304 f. Siehe§§ 443, 726a, 752a mit Verweis auf§ 762 HGB.
II. Rechtfertigende Erwägungen
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ner tatsächlicher Umstand, der auf dieser Grundlage mit als Rechtfertigung gesetzlicher Verwertungsrechte herangezogen wird. a) Typisierte Vorleistung: Besteht keine Vorleistungssituation, reicht grundsätzlich das "Universalsicherungsmittel" für gegenseitige Verträge, die Zug-um-ZugEinrede gern. § 320 BGB aus, so daß ein gesetzliches Verwertungsrecht regelmäßig nicht vorgesehen wird 107• Eine Durchsicht der im BGB und HGB geregelten Vertragstypen verdeutlicht allerdings, daß für die meisten der Schuldverhältnisse eine Zug-um-Zug-Leistung praktisch ausscheidet. Der vielfach dargelegte Zusammenhang zwischen "typisierter Vorleistung" und - zumindest den vertragsbegleitenden - gesetzlichen Pfandrechten ist daher auf den ersten Blick richtig: §§ 559, 592, 647, 704 BGB, §§ 397, 441, 464, 475b, 623, 674 HGB sind Pfandrechte für Verträge, in denen offensichtlich eine von beiden Parteien stets vorleisten muß. Auch für den Grundgedanken der Sicherung in§ 583 BGB 108, für die Rettungsverträge im Rahmen des § 752 HGB und für (einige) Tatbestände der Schiffsgläubigerrechte besteht die Vorleistungssituation.
Leider zeigt sich jedoch auf den zweiten Blick, daß Vorleistungen noch häufiger erforderlich sind, als diese schon lange Liste der Pfandrechte andeutet: Notwendige ("typisierte") Vorleistungen gibt es auch bei vielen anderen im BGB und HGB geregelten Vertragstypen ohne entsprechende Sicherung: So erbringt auch jener Werkunternehmer Vorleistungen, der nicht herstellt oder ausbessert; ebenso der Dienstnehmer, wie sich aus§ 614 BGB ergibt; der Geschäftsbesorger; der Makler; zumindest eine der Parteien beim Verwahrungsvertrag, beim ungesicherten Mobiliarmietvertrag oder beim Reisevertrag und auch der Handelsvertreter. Das Vorleistungsprinzip erweist sich insoweit zwar gewissermaßen als notwendige gedankliche Brücke für die Einräumung von Verwertungsrechten, denn ohne Vorleistung besteht zumeist keine zu sichernde Forderung im Vertrag, aber für mehr genügt es de lege lata nicht.
ß) Gewerbsmäßigkeit als Maßstab: Auf ein anderes Merkmal, das kumulativ neben der Vorleistung steht, aber genauso an die tatsächliche Ausgangslage anknüpft, wurde ebenfalls bereits hingewiesen: Das aus dem Mengengeschäft der gewerblich Tätigen resultierende Bedürfnis nach gesetzlicher Sicherung wird zur Rechtfertigung speziell der kaufmännischen Verwertungsrechte herangezogen 109. Der Aspekt ist allerdings wohl von geringerer Bedeutung für die Konstituierung der Rechte, als es zunächst erscheinen mag: Richtig ist natürlich, daß Kaufleute (bzw. gewerbsmäßig Handelnde 110) hinsichtlich der Einräumung gesetzlicher Verwertungsrechte privilegiert sind. Eine Viel107
Zu Ausnahmen und deren Gründen vgl. noch unter 11.4.b), S. 455 ff.
108
Dazu S. 100 ff.
V gl. schon GK I Canaris § 366 Anm. 74. uo Für eine generelle Ausdehnung in diesem Sinne bestehen in der Literatur die bekannten Ansätze, siehe insb. K. Schmidt HR5 § 22 IV 2a (§ 369 HGB für alle Untemehmensträger). 109
29 Bechtloff
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3. Abschn.: Befund
zahl der gesetzlichen Pfandrechte knüpft an die -jetzt neugefaßte - Kaufmannseigenschaft des Gläubigers an: Kommissions-, Transport-, Speditions- und Verwahrungsleistungen sind zumindest nach der Gesetzeslage nur für Gewerbliche mit Pfandrechten besichert. Alle Kaufleute haben für ihre Geschäfte jedenfalls über § 369 HGB eine Verwertungsbefugnis im Rahmen des kaufmännischen Zurückbehaltungsrechtes. Während im HGB gesetzliche Verwertungsrechte so beinahe die Regel sind, bleiben sie für Private die Ausnahme: Die im übrigen Zivilrecht geregelten gesetzlichen Pfandrechte sichern zwar stets Private 111 , decken aber einen nur verhältnismäßig geringen Teil der Schuldverhältnisse ab. Inwieweit ist aber die Begrundung für die regelmäßige Besicherung der gewerbsmäßig Handelnden in dem von diesen praktizierten Mengengeschäft und der damit notwendigen Abwicklungsgeschwindigkeit zu suchen? Auf den ersten Blick ist der Zusammenhang schlüssig: Das Zusammenfallen von notwendiger (typisierter) Vorleistung und der Menge und Abwicklungsgeschwindigkeit der anfallenden Verträge bei gewerblicher Ausrichtung schaffen zusätzlichen Bedarf nach einem gesetzlichen Automatismus der Sicherung, weil der Gläubiger sich unter diesen Umständen nicht individuell um eine vertragliche Sicherung kümmern kann. Betrachtet man die historische Entwicklung der Rechte (insb. bei Schaffung des ADHGB), hat diese Überlegung allerdings anscheinend keine Rolle gespielt; zumindest gibt es dafür keine Belege 112• Hinzu kommt, daß sowohl der Schutzzweck als auch die Systematik der kaufmännischen Verwertungsrechte gegen eine starke Bedeutung dieses Begriindungsansatzes sprechen. Vom teleologischen Ansatz ist der Aspekt zumindest zweischneidig: Zwar hat der gewerblich Handelnde durch die Menge der Geschäfte ein höheres Bedürfnis nach Sicherheit; er kennt sich aber durch diesen regelmäßigen Abschluß auch besser als andere mit der Vertragsgestaltung aus, und versteht es daher eher, sich abzusichern. Der erwogene Ansatz schützt damit notwendig den im Rechtsverkehr eigentlich Überlegenen besser als denjenigen, der aus Mangel an kaufmännischer Erfahrung eher auf gesetzlichen Schutz angewiesen ist. Und selbst die eine Sicherheit einschränkende Vertragsabwicklungsgeschwindigkeit des Mengengeschäftes hat heute als Argument erkennbar an Gewicht verloren. Eine individuell abgestimmte Absicherung können gesetzliche Verwertungsrechte ohnehin nicht liefern, da sie zwangsläufig typisiert ausgestaltet sind. Eine pauschalierte Sicherung aber läßt sich - in Anbetracht einer von der herrschenden Meinung weitgehend etablierten AGB-Pfandrechtspraxis ganz überwiegend heute ebenso rechtsgeschäftlich schaffen 113 . 111 § 592 BGB und das FPG weisen zwar einen Bezug zu einer beruflichen Tätigkeit auf, der aber nicht an der Position des Gläubigers ausgerichtet ist. Zum Problem des geschützten Gläubigers in § 704 BGB S. 279 ff. Das "Mengengeschäft" ist m.E. kein Argument gegen die dort von mir geäußerte Ansicht. 112 In den ADHGB-Protokollen wird die Bevorzugung von Kaufleuten nicht begründet, sondern nur darauf hingewiesen, daß "der Kaufmann sich sicher fühlen und weiteren Kredit gewähren dürfe, wenn er auf genügende Habe des Schuldners zurückgreifen könne" (ProtokolleS. 454).
II. Rechtfertigende Erwägungen
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Die spezielle Ausgestaltung der handelsrechtliehen Verwertungsrechte spricht gleichfalls nicht unbedingt für eine starke Bedeutung dieses Aspektes: So schützt insbesondere § 369 HGB den Gläubiger nur bei Geschäften mit Kaufleuten und somit zwar hinsichtlich der wirtschaftlich bedeutendsten, aber eben keineswegs hinsichtlich aller Verträge im Mengengeschäft Allein die besonderen kaufmännischen Pfandrechte (Kommissionär, Frachtführer I Verfrachter, Spediteur, Lagerhalter) sichern mit universeller Wirkung gegenüber jedem Schuldner. Da sie aber auf die speziellen Schuldverhältnisse begrenzt sind, sichern sie einen großen Bereich der kaufmännischen Geschäfte gerade nicht. Eine Erklärung für diese Ausgestaltung ist nur über den Zusammenhang zu den beiden bereits erläuterten anderen "Eckpunkten" zu erhalten: Die Begrenzung des § 369 HGB ist bloß über das insofern zugrundeliegende Objektkriterium (den "Kompensationsaspekt") zu verstehen. Der "erweiterte Aufrechnungsgedanke" setzt gerade an dem Gegenüberstehen von Kaufleuten an und prägt das kaufmännische Befriedigungsrecht insoweit mehr als der Gläubigerschutzaspekt 114• Dagegen ist bei den speziellen kaufmännischen Pfandrechten, die zwar in der "Kompensation" noch Unterstützung ihrer Rechtfertigung erhalten, ganz offensichtlich das forderungsbezogene Merkmal "Gläubigerschutz" stärker gewichtet. Als Folge sind diese Rechte gegenüber jedem Schuldner anerkannt. Sucht man eine Erklärung, warum der "Gläubigerschutzaspekt" auf diese speziellen kaufmännischen Gläubiger beschränkt sind, obwohl Mengengeschäfte offensichtlich für viel mehr Kaufleute eine große Rolle spielen, findet man den Grund dafür im ersten der ,,Eckpunkte", der besonderen Konnexität (Wertschaffung): Diese speziellen Gläubiger erbringen über ihre Vertragsleistung einen Beitrag zum späteren Wert des Sicherungsobjektes 115 und unterscheiden sich so von vielen anderen Kaufleuten. Es zeigt sich so, daß selbst bei den kaufmännischen Pfandrechten, wo die Einwirkung des forderungsbezogenen Aspektes die unmittelbarste Ausprägung erfährt, es gleichfalls nicht einziger Aspekt ist: Die Wertschaffungskomponente ist in diesem Fall offensichtlich kumulativ notwendiges Element der Rechtfertigung 116• Festgehalten werden kann, daß dem forderungsbezogenen Rechtfertigungsmerkmal "Gläubigerschutz bei Gewerbsmäßigkeit" zwar durchaus eine Rolle im System der Rechtfertigung gesetzlicher Verwertungsrechte zukommt, daß dieses aber nicht überbewertet werden darf. Das Merkmal ist - wie die schon anderen, zuvor erläuterten Erwägungen - ein in bestimmten Umständen weiterführender, aber gleichfalls nur kumulativ mit anderen wirkender Aspekt. 113 Die AGB-Pfandrechte in den ADSp, in Lagerhausbedingungen (z. B. der Bremer Lagerhausges.), im Kfz-Handwerk und den Banken-AGB demonstrieren dies sehr deutlich. 114 Wenn die Ausgestaltung auch insofern nicht in jeder Hinsicht überzeugt, siehe S. 179 ff., 436 ff. Dort auch zur entwicklungsgeschichtlichen Herleitung des Aspekts. 115 Siehe bspw. speziell zum Frachtführerpfandrecht näher S. 142 ff. 116 Die Wertschaffung für sich kann ohne das kumulativ hinzutretende forderungsbezogene Merkmal die Pfandrechte nicht erklären, weil diese konstruktiv auch ohne Werterhöhung im Einzelfall entstehen, d. h. diese nur typisiert implizieren.
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3. Abschn.: Befund
Um den Überblick auch in bezug auf die weiteren Rechte abzurunden, noch wenige Worte zu den anderen HGB-Pfandrechten: Auch das Seerecht gilt originär für Kauffahrteischiffe (Handelsschiffe), so daß insbesondere § 674 HGB und die Pfandrechte an Ladungsgütern (§§ 726 Abs. 2, 752 Abs. 2 HGB) an eine gewisse Gewerbsmäßigkeit anknüpfen. Da diese allerdings an das Schiff und nicht an den Gläubiger gekoppelt sind, steht die Sicherung der Kaufleute offensichtlich nicht im Vordergrund. Gerade Haverei- und Rettungskostenpfandrecht gelten ebenso für betroffene Privatleute, sei es als Schuldner oder als Gläubiger, wenn diese auch selten betroffen sein mögen. Bei den Schiffsgläubigerrechten ist noch deutlicher, daß der Ansatz keine Relevanz hat, weil dort der einzig notwendige Bezug zur Gewerbsmäßigkeit der ist, daß die Pfandrechte am Handelsschiff (als Sicherungsobjekt!) entstehen. Es werden damit gerade nicht die gewerbsmäßigen Gläubiger zielgerecht begünstigt, sondern es kommt umgekehrt nur darauf an, daß das Belastungsobjekt aus dieser Sphäre stammt: Die geschützten Gläubiger sind im deutschen Recht daher auch kaum am Kaufmannsbild ausgerichtet, sondern Seeleute, jeglicher Geschädigte, Lotsen etc. Die schon in der Bestandsaufnahme angesprochene Tendenz, - nach Prüfung im Einzelfall - die Anwendung dieser Rechte vom Schiffscharakter zu lösen, ist vor diesem Hintergrund bereits de lege lata gerechtfertigt 117 • dd) Schwächeposition des Gläubigers und sozialer Ausgleich Als weiterer gläubigerbezogener Begriindungsansatz der Verwertungsrechte ist darauf hinzuweisen, daß tatsächliche Schwächepositionen des Gläubigers vom Gesetzgeber als Anknüpfungspunkt für die Begrundung von gesetzlichen Verwertungsrechten verwendet werden. In einigen Fällen ist eine derartige besondere Schutzbedürftigkeit des Gläubigers als Aspekt bei der Konstituierung von Rechten nachzuweisen. Ein Beispiel, auf das in der Bestandsaufnahme schon hingewiesen wurde, sind nochmals die kaufmännischen Pfandrechte: Bei der Verfassung des ADHGB wurde gerade betont, daß die gesetzliche Entstehung angeordnet werde, weil diese Gläubiger auf die Forderung nach einer vertraglichen Sicherung als im geschäftlichen Umgang "zu delikat" verzichtet haben 118• Der Umstand, daß also diese Gläubiger durch das seinerzeitige Geschäftsgebaren nicht in der Position waren, eine eigentlich als sinnvoll und - im Zusammenwirken mit den anderen Aspekten (Wertschaffung etc.)- berechtigt erscheinende Sicherung zu verlangen, war hier also gerade RechtfertigungsmitteL Der Aspekt hat allerdings heute für die vertragsgebundenen Pfandrechte in Anbetracht der geänderten Geschäftspraxis, insbesondere der mas117 118
rer).
So beim Rettungskostenpfandrecht S. 353 f. Nachweise und nähere Erläuterung schon S. 124 (Kommission) und S. 143 (Frachtfüh-
II. Rechtfertigende Erwägungen
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senhaften Verwendung von AGB, im Grunde seine Berechtigung verloren 119• Er führt aber vor Augen, daß der Gedanke des Schutzes durchaus für die Verfasser relevant war bzw. (generell) sein kann 120. Das Prinzip, die unterlegene und daher schutzbedürftige Partei qua Gesetz zu privilegieren, ist als Grundsatz vielfach im Gesetz vorzufinden. In den "klassischen" Anwendungsfallen, in denen das Zivilrecht traditionell Schutzmechanismen für eine unterlegene Vertragspartei einsetzt, sind gesetzliche Verwertungsrechte allerdings die Ausnahme. Der Grund dafür ist, daß das soziale Kriterium der Schutzbedürftigkeit eines Gläubigers allein für die Konstituierung nicht ausreicht. Es ist jedenfalls weiter notwendig, daß dem Schutzbedürftigen zum einen durch die Funktionen eines Verwertungsrechtes zielgerecht geholfen werden kann l2l, und zum anderen, daß überhaupt ein geeignetes Sicherungsobjekt ersichtlich ist, das typisiert für das anvisierte Recht zur Verfügung stünde. Ein Beispiel, an dem das gesetzliche Verwertungsrecht bereitsamerstgenannten scheitert, ist das Mietrecht 122: Das besondere Schutzinteresse, dem Mieter die Sachleistung für ein angemessenes Entgelt zu erhalten, ist nicht durch ein Verwertungsrecht, sondern eher durch besondere Kündigungsregeln u. a. sicherzustellen 123 • Ein Beispiel für die zweite Gruppe ist das Reiserecht, wo zwar der Reisende mitunter ein anerkanntes Sicherungsbedürfnis hat, aber kein Objekt des Vertragspartners zur Verfügung steht. Der Gesetzgeber hat daher statt eines Verwertungsrechts eine Pflicht-Insolvenzversicherung geschaffen(§ 651k BGB). Der einzige dieser klassischen Sonderschutzbereiche, in dem der Gesetzgeber für den anerkannt besonders schutzbedürftigen Gläubiger ein gesetzliches Verwertungsrecht geschaffen hat, ist das Arbeitsrecht. Aber auch da ist nur ein sehr partieller Teil gesichert, denn allein für die Schiffsbesatzung besteht ein gesetzliches Pfandrecht am Schiff. Dies wirft die Frage auf, warum nur die Seeleute als Arbeitnehmer ihr Arbeitsgerät als Sicherungsobjekt erhalten, wenn denn soziale Gläubigerschutzaspekte für diese Konstituierung maßgeblich waren. Der Hintergrund wird klarer, wenn man sich nochmals die funktionelle Nähe der Schiffsgläubigerrechte zum Insolvenzrecht verdeutlicht, auf die bereits in der Bestandsaufnahme (S. 363 ff., 366 f.) eingegangen wurde: Die Durchsetzung der Schiffsgläubigerrechte bedeutet gerade das Ende des "Unternehmens Schiff' und ersetzt dort vielDarauf weist auch Benöhr ZHR 135, 144, 154, hin. Das römische Recht kannte noch weitere anschauliche Fälle, so z. B. ein Pfandrecht zugunsten des Mündels an den vom Vormund im eigenen Namen mit Mündelgeld gekauften Sachen; vgl. Honsell/Mayer-Maly /Selb § 82 II; Kaser a. a. 0 . § 110 II 2 mit Quellennachweisen. 121 Ein Beispiel für einen m.E. mißglückten Versuch ist das Pächterpfandrecht, siehe s. 103 ff. 122 Zu dem Aspekt, daß bzw. ob über den Schutz der überlegenen Partei (durch § 559 BGB) u.U. auch der Schutzbedürftige einen Nutzen erlangt, vgl. noch sogleich S. 455. 123 Ein weiteres Beispiel ist das Verbraucherkreditrecht: Der Kreditnehmer bedarf zu seinem Schutz regelmäßig keines Verwertungsrechtes. 119
12o
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3. Abschn.: Befund
fach sogar das eigentliche Insolvenzverfahren. Der bei gewöhnlichen Arbeitnehmern erst in diesem Verfahren einsetzende Schutz wird bei den Seeleuten deswegen vorgeschaltet Im Falle einer Unternehmensinsolvenz erfahren aber alle Arbeitnehmer eine (wenn auch im Umfang begrenztere) Mindestsicherung ihrer Ansprüche. Daß dort einem Versicherungsmodell (§ 183 SGB III) der Vorzug gegeben wurde, hat viele Gründe 124• Die Alternative "Verwertungsrecht" hätte viele Arbeitnehmer ungesichert gelassen; sei es, weil es in den Unternehmen zu wenig Objekte (Masse) gibt, sei es, weil die betreffenden Arbeitnehmer auf die vorhandenen keinen Zugriff haben. Darüber hinaus hätte man ein besitzloses Recht schaffen müssen, wogegen vor allem Publizitätsbedenken bestanden hätten. "Sozialpolitische Motive" bei der Forderungsauswahl spielten nicht allein bei der Sicherung der Seeleute, sondern bei vielen der durch die Schiffsgläubigerrechte gesicherten Forderungen eine Rolle, wie in den Bundestags-Materialien zum 1. SRÄG ausdrücklich hervorgehoben ist125 • Die mit den Schiffsgläubigerrechten gerade bezweckte Verteilungsgerechtigkeit unter den Gläubigem des Schiffes ist der Schlüssel zum Verständnis dafür: In dem Augenblick, in dem über gesetzliche Verwertungsrechte und deren Rangfolge entweder rechtlich 126 oder zumindest faktisch eine abschließende Verteilung der Masse zwischen den Gläubigern erzielt wird, liegt es nahe, (auch) sozialen Aspekten bei der Gläubigerauswahl Bedeutung zukommen zu lassen. Haben die Gläubiger nur diese (eine) Chance, befriedigt zu werden, muß das Gesetz bei der Auswahl und Rangfolge das Schutzbedürfnis der Gläubiger berücksichtigen. Je stärker der Gesetzgeber dabei in die Verteilung eingreift und diese über die gesetzlichen Verwertungsrechte festlegt, um so selbstverständlicher ist es, daß er sich dabei von "Gerechtigkeitserwägungen" wie dem sozialen Schutzbedürfnis leiten läßt127 • Als Resümee bleibt zu sagen, daß bei der Konstituierung einiger Verwertungsrechte berücksichtigt wurde, daß ein Gläubiger nicht selbst für eine Sicherung sorgen kann, obwohl er aus (anderen) tatsächlichen Gründen schutzbedürftig ist. Trotzdem genügt dieser Umstand für sich allein nicht, um eine gesetzliche Verwertungsbefugnis zu schaffen. Über die vorgenannten Einschränkungen hinaus ist meiner Ansicht nach wieder gleichzeitig der Rückgriff auf Kriterien der anderen Eckpunkte notwendig 128 • Als ergänzendes Rechtfertigungskriterium ist dieser Aspekt aber brauchbar. Jüngstes Beispiel dafür ist das Opferpfandrecht, bei dem 124 Spätestens in der letzten Insolvenzreform läßt sich außerdem die Tendenz erkennen, möglichst wenig durch gesetzliche Bestimmungen zwangsweise zu verteilen, sondern durch eine vergrößerte Masse die Verteilungsgerechtigkeit zu erhöhen. 125 BT-Drucks. XIII I 8446 S. 36, vgl. auch schon S. 366 f., 368. 126 So bei der reinen Sachhaftung bei Haverei und Rettung im Bereich des BSchG. 127 Letztlich führt das über die Schiffsgläubigerrechte hinaus und bildet ebenso einen hier nicht weiter betrachteten - Prüfstein in anderen ähnlichen Verteilungsordnungen wie im Bereich der Landwirtschaft, siehe S. 456. 128 Mindestens im geltenden Recht läßt sich dies auch für alle gesetzlichen Verwertungsrechte nachweisen.
II. Rechtfertigende Erwägungen
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man dem Straftatopfer, dem durch die Veröffentlichung oft erneut Nachteile entstehen, deswegen ein ungewöhnlich weitreichendes Recht einräumt 129• Die Berücksichtigung derartiger Schutzaspekte wird dringender, je weiter das Gesetz mit Hilfe gesetzlicher Verwertungsrechte ganze Verteilungssysteme schafft. Wird durch solche nämlich eine gesetzlich zwingende Aufteilung des Objektwertes vorgegeben, ist die Recht- und Zweckmäßigkeit des Systems auch daran zu messen, ob es die Verteilung sachgerecht und in ausgewogener Rangfolge durchführt. Man kann sagen, daß die Aufnahme spezieller Forderungen aus sozialen Gründen in das System sogar mehr oder weniger zwingend sein kann. b) Schuldnerschutzerwägungen
Während wenig überraschend ist, daß die Einräumung von gesetzlichen Sicherungsrechten mit Erwägungen des Gläubigerschutzes zusammenhängt, mag es verwundem, daß es Fälle gibt, in denen ein Recht zugunsten des Gläubigers im vorgeblichen Interesse des (belasteten) Schuldners geschaffen wird. In der Folge werden zwei inhaltliche Ansätze dazu unterschieden. aa) Gläubigerprivilegierung im Schuldnerinteresse o:) Anreiz zum Vertragsschluß und für die Vertragsgestaltung: Ein im Gesetzgebungsverfahren des BGB zum Vermieterpfandrecht aufgeworfener Gedanke war, daß man durch Einräumung einer privilegierten Gläubigerstellung eine Bonitätserhöhung des Schuldners erreichen kann und somit für den Gläubiger einen Anreiz zum Vertragsschluß schafft 130• Man sah die Gefahr, daß gerade bonitätsschwachen Schuldnern möglicherweise kein Mietraum zur Verfügung gestellt würde. Zur Abhilfe wurde die gesetzliche Ausgangslage des Vermieters verbessert. Ihm wurde eine Sicherheit eingeräumt, auf die er - nach damaligem Verständnis - sonst keinen Zugriff hatte und so versucht, für jeden Mieter die nötige Bonität zu schaffen.
Neben diesem Anreiz zum Vertragsschluß mit zahlungsschwächeren Partnern war das Ziel, den Vermieter dazu zu bewegen, daß er zur Vorleistung bereit blieb (vgl. § 551 BGB). Er sollte in der Position sein, auf andere Sicherheiten zu verzichten und von schnellen Kündigungen abzusehen. Man versuchte also, auf eine mögliche Vertragsgestaltung und -durchführung (im Schuldnerinteresse) Einfluß zu nehmen, indem man dem Gläubiger eine günstige Position einräumte. Beim Vermieterpfandrecht zeigt sich aber auch gleich die eingeschränkte Brauchbarkeit eines solchen Ansatzes: Die Vorleistung des Vermieters steht heute regelmäßig nur noch im Gesetz. Die Einräumung weiterer Sicherheiten mußte spä129 130
Siehe schon S. 309 ff. Vgl. im einzelnen schon S. 228.
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3. Abschn.: Befund
ter im relevanten Bereich zwingend eingeschränkt werden (§ 550b BGB), weil die freiwillige Beschränkung oft ausblieb. Die schwächsten Schuldner sind durch die Unpfandbarkeitsregeln zuletzt so geschützt, daß nur geförderter Wohnraum oder Mietgarantien (der Sozialämter) den Weg zum Vertragsschluß ebnen. Im Rahmen des § 559 BGB muß der Ansatz überwiegend als fehlgeschlagen gelten, so daß über die Abschaffung immer wieder laut nachgedacht wird131 • Bedeutung hat § 559 BGB anerkanntermaßen bei der gewerblichen Miete. Hier tritt ebenfalls das Schuldnerinteresse "Freihaltung anderer Sicherheiten" hervor und zeigt gewisse Bezüge zum oben unter 4.a.bb. erläuterten Gläubigerinteresse "Ausschluß des Objektes als vertragliche Sicherheit". Das nur einem Gläubiger eingeräumte Sonderprivileg an einer sonst nicht greifbaren Sicherheit kann vom Gesetzgeber zur Eröffnung weiteren Kreditspielraums für den Schuldner und zur Sicherstellung bestimmter Verteilungen im Krisenfall genutzt werden. ß) Verteilungssysteme im Schuldnerinteresse: Der Ansatz, den Gläubiger im Schuldnerinteresse zu privilegieren, d. h. ihm einen Anreiz zum Vertragsschluß mit dem oder zur Leistung an den Schuldner zu schaffen, zeigt sich noch bei weiteren Verwertungsrechten. Für den Landwirt, bei dem für § 592 BGB auf die gleichen Erwägungen zu§ 559 BGB verwiesen wurde 132, hat sich auf dieser Basis sogar ein Verteilungssystem entwickelt. Das FPG als konkurrierendes Recht wurde in den dreißiger Jahren gerade auch eingeräumt, um die Bonität der Landwirte soweit zu verbessern, daß wenigstens die folgenden Ernten sichergestellt waren. Das Schuldnerinteresse als Erwägung wird hier insofern von einem volkswirtschaftlichen Interesse flankiert. Im Zusammenspiel mit dem Pachtkreditgesetz erreicht das Gesetz, daß die drei wichtigsten Kreditgeber eines Landwirtes (für Boden, Ware und Geld) eigenständige Sicherheiten privilegiert vorbehalten sind 133 .
Selbst für das Verteilungssystem der Schiffsgläubigerrechte konnten ähnliche Strukturen nachgewiesen werden 134, denn auch dort ist die Privilegierung einzelner Gläubiger ursprunglieh erfolgt, um den Schiffsbetrieb (im Interesse des Reeders) aufrechtzuerhalten bzw. zu erleichtern 135 . Die Nachteile von Verteilungssystemen im Schuldnerinteresse zeigen sich allerdings gerade in der Insolvenz: Beim Landwirt, beim Schiff und auch beim Mieter erreicht man so eine spürbare Verringerung der Masse, was letztlich zu Lasten der übrigen, nicht gesicherten Gläubiger geht. Dies kann den Schuldner sogar schon im Vorfeld gegenüber diesen Dritten kreditunwürdig machen. Siehe Stemel III Rn. 258m. w. N. Weiteres und Nachweise oben S. 258. 133 Dazu schon S. 304 f. 134 Vgl. in der Bestandsaufnahme ab S. 363 ff. 135 Die Schiffsgläubigerrechte sind insofern ein anschauliches Beispiel mit einer doppelseitigen Schutzausrichtung, weil dort Schuldnerschutz mit Gläubigerschutz kombiniert wird (vgl. S. 453). Innerhalb der geschützten Einzelforderungen sind der eine oder der andere Aspekt allerdings in unterschiedlich starkem Maß kausal. 131 132
li. Rechtfertigende Erwägungen
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')') Leistungsanreize im weiteren Sinne: Auf zwei weitere Verwertungsrechte mit ähnlichen Erwägungen ist noch einzugehen: auf das Rettungskostenpfandrecht in § 752 HGB und das Havereipfandrecht in § 726 HGB. Im Rahmen der Bestandsaufnahme wurde zur Rettung bereits gezeigt, daß insbesondere der Entgeltanspruch und weiter das gesamte Schuldverhältnis im Interessenwettstreit mit dem Strandungsrecht, d. h. dem Beuterecht der Strandbewohner, entstanden ist136. Man räumte das Recht an der Sache für die Belohnung in bewußt gewandelter Fortbildung des konkurrierenden Aneignungsrechtes ein. Das Pfandrecht kann insofern auch hier als Leistungsanreiz angesehen werden.
Jedenfalls im Ursprung ähnlich liegt es sogar bei der Haverei: Gerade wenn man sich den dargelegten Ursprung des Instituts nochmals in Erinnerung ruft, nach dem der Havereiaufwand als bewußtes Opfer der "Reisegesellschaft" aus Schiffer und Kaufleuten gegen finanzielle Beteiligung der nicht unmittelbar Betroffenen erfolgt, wird die Parallele deutlich. Das Opfer der einen fällt leichter bei gesicherter Beteiligung der anderen 137 . Im Unterschied zu den vorherigen Beispielen beruht in diesen Fällen sogar das gesamte Schuldverhältnis auf dem Gedanken dieses Opferanreizes. Die Sicherung durch Verwertungsrecht ist so nur Beigabe. bb) Verwertungsrecht als Korrelat eines Schuldnerprivilegs Während in den vorgenannten Fällen durch die Konstituierung des gesetzlichen Verwertungsrechtes rechtlich keine Besserstellung des Schuldners erreicht, sondern nur auf einen Reflex der Gläubigerprivilegierung vertraut wurde, gibt es auch Fälle echter (rechtlicher) Schuldnerprivilegierungen unter Zuhilfenahme von Pfandrechten. Die Anwendungsf