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German Pages 156 [191] Year 2015
Christoph Thole Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz
ZIP Praxisbuch 6
Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz 2., überarbeitete Auflage 2015
von Prof. Dr. Christoph Thole, Dipl.-Kfm. Professor an der Eberhard Karls Universität Tübingen
RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH Köln
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Vorwort zur 2. Auflage Die gute Nachfrage nach dem erst Anfang 2014 in 1. Auflage erschienenen Werk hat schon rasch eine Neuauflage erforderlich gemacht. Zugleich hat sich das Rad des „Gesellschaftsinsolvenzrechts“ mit unverminderter Intensität weitergedreht. Insolvenzplan und Eigenverwaltung sind trotz noch geringer Fallzahlen in der Praxis angekommen. Gesellschaftsrechtliche und insolvenzrechtliche Beratung verzahnen sich zunehmend zu einer „ganzheitlichen“ Restrukturierungsberatung. Insolvenzverwalter und Insolvenzgerichte müssen sich verstärkt mit traditionell eher als gesellschaftsrechtlich verstandenen Themen beschäftigen. Das vorliegende ZIP-Praxisbuch will auch in der 2. Auflage einen ersten Überblick über die auftretenden Grenzmaterien und den Stand von Rechtsprechung und Lehre geben. Es behandelt schwerpunktmäßig Fragen der Konkurrenz von Gesellschafts- und Insolvenzrecht, insbesondere die Kompetenzverteilung im Insolvenzverfahren, Maßnahmen im Planverfahren die Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf binnengesellschaftliche Strukturen und gesellschaftsrechtliche Vorgaben sowie Fragen der Organhaftung und der Insolvenzanfechtung. Für die 2. Auflage wurde das Werk in allen Bereichen auf den Stand von Ende Februar 2015 gebracht. Neue Gerichtsentscheidungen wurden eingearbeitet. Die praktisch relevante Literatur wurde noch umfassender berücksichtigt. Das Literaturverzeichnis zu Beginn soll daher auch eine Fundgrube sein. Zusätzlich habe ich die Darstellung des Insolvenzplans an den relevanten Schnittbereichen zum Gesellschaftsrechts vertieft und auch die aktuellen Fragen der Organhaftung in der Eigenverwaltung ausgebaut, u. a. mit Blick auf das Problem der steuerlichen Pflichten der Gesellschaft und ihres Geschäftsführers. Ebenso wurden aktuelle Entwicklungen bei der GmbHG & Co. KG nachgetragen. Ziel ist es weiterhin, dem Leser eine erste Orientierung über die teils noch wenig geklärten, aber aktuellen Fragen zu geben, den Weg zu vorhandener Rechtsprechung und Literatur zu weisen und vor allem die an verschiedenen Stellen und in ganz unterschiedlichen Gesetzen (InsO, GmbHG, AktG u. a. m.) verorteten Informationen zu bündeln. Ich habe mich wiederum bemüht, mit zahlreichen Aufzählungen und einer, soweit angesichts der Komplexität der Materie möglich, knappen und möglichst übersichtlichen Darstellungsweise auch dem eiligen Leser gerecht zu werden. Ich danke Markus Sauerwald vom RWS Verlag für den erneut zügigen Produktionsprozess und Magdalena Zander für das umsichtige Lektorat. Hinweise, Kritik und Anregungen sind weiterhin jederzeit willkommen.
Tübingen, im März 2015
Christoph Thole
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Vorwort zur 2. Auflage .................................................................................... V Literaturverzeichnis..................................................................................... XIII A. Grundlagen .................................................................................... 1 .......... 1 I.
Einführung und Aufbau des Buches.............................................. 1 .......... 1
II. Die Konkurrenz von Insolvenzzweck und Gesellschaftszweck......................................................................... 4 .......... 2 1. Verdrängung des Gesellschaftszwecks oder Überlagerung durch den Insolvenzzweck? ................................................... 4 .......... 2 2. Ausgewählte praktische Folgefragen ..................................... 7 .......... 4 a) Stellung der Organe in der Eigenverwaltung ................. 7 .......... 4 b) Massefreies Vermögen und/oder Vollabwicklung des Rechtsträgers? ........................................................... 8 .......... 4 B. Rahmenbedingungen des Insolvenzantrags............................. 11 .......... 7 I.
Antragsberechtigung nach Maßgabe des Insolvenzrechts ......... 11 .......... 7 1. Grundlagen ............................................................................ 11 .......... 7 a) Mitglied des Vertretungsorgans.................................... 12 .......... 7 b) Persönlich haftende Gesellschafter .............................. 15 .......... 7 c) Abwickler ....................................................................... 21 .......... 9 2. Problemfälle........................................................................... 22 .......... 9 a) Mehrfachvertretungsberechtigung ............................... 22 .......... 9 b) Führungslosigkeit .......................................................... 28 ........ 10 c) Faktischer Geschäftsführer........................................... 34 ........ 11 d) Rücknahme des Insolvenzantrags................................. 36 ........ 12 e) Antragsrecht bei Beantragung der Eigenverwaltung ... 41 ........ 13
II. Antragspflicht (§ 15a InsO) ........................................................ 43 ........ 14 1. Anwendungsbereich.............................................................. 43 ........ 14 2. Ermittlung von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung...................................................................... 51 ........ 15 a) Problem des Rangrücktritts bzgl. Gesellschafterforderungen bei der Überschuldung ........................... 51 ........ 15 b) Sonstige gesellschaftsrechtliche Ansprüche und Verbindlichkeiten .......................................................... 57 ........ 17 3. Rechtsfolgen der Verletzung der Antragspflicht ................ 59 ........ 18 a) Haftung .......................................................................... 59 ........ 18 b) Verfahrenskostenvorschusspflicht nach § 26 Abs. 4 InsO............................................................ 60 ........ 18
VII
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III. Gesellschaftsrechtliche Voraussetzungen für den Eröffnungsantrag.......................................................................... 65 ........ 19 1. Pflicht zur Einholung eines Gesellschafterbeschlusses ..... 67 ........ 19 a) Herrschende Meinung: Pflicht zur Einholung eines Beschlusses ........................................................... 69 ........ 20 b) Gegenauffassung: keine Pflicht zur Einholung eines Gesellschafterbeschlusses .................................... 74 ........ 23 c) Stellungnahme ............................................................... 75 ........ 23 d) Erforderliches Quorum ................................................ 76 ........ 24 2. Rechtsfolgen bei Verletzung der Pflicht.............................. 79 ........ 24 C. Die Kompetenzverteilung zwischen den Gesellschaftsorganen und dem Insolvenzverwalter im Regelinsolvenzverfahren ...................................................... 82 ........ 27 I.
Die Verwaltungs- und Verfügungsmacht des Insolvenzverwalters ...................................................................... 82 ........ 27 1. Überschneidung zwischen Verdrängungs-, Schuldnerund Mischbereich .................................................................. 86 ........ 27 2. Kompetenzverteilung im Einzelnen .................................... 88 ........ 28 a) Die Geschäftsleitung ..................................................... 89 ........ 28 b) Rechte der Gesellschafter/-versammlung .................... 93 ........ 30 c) Insbesondere: Satzungsänderungen und Kapitalmaßnahmen...................................................... 100 ........ 32 d) Holzmüller-Doktrin.................................................... 108 ........ 34 e) Sonstige Rechte der Gesellschafter............................. 112 ........ 35
II. Die masselose Insolvenz ............................................................ 116 ........ 36 1. Fortsetzungsbeschluss? ...................................................... 117 ........ 37 2. Reichweite der Anlehnung an die Vorgaben der InsO ..... 119 ........ 37 III. Die Verfahrenskonkurrenz bei simultaner Insolvenz des Gesellschafters (Doppelinsolvenz)............................................ 128 ........ 39 1. Reichweite des § 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB bei Zwei-Personen-Gesellschaft............................................... 129 ........ 40 2. Reichweite des § 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB bei GmbH & Co. KG ......................................................... 132 ........ 40 D. Die Kompetenzverteilung bei Eigenverwaltung unter § 276a InsO................................................................................. 142 ........ 43 I.
Grundlagen ................................................................................. 142 ........ 43
II. „Einfluss auf die Geschäftsführung“ ......................................... 147 ........ 44 III. Einflussnahme............................................................................. 151 ........ 46 IV. Praktische Folgerungen aus § 276a InsO.................................. 159 ........ 47
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V. Kompetenzverteilung im Einzelnen ......................................... 162 ........ 48 1. Überwachungs- und Geschäftsführungsbefugnisse der Gesellschafterversammlung ......................................... 163 ........ 49 2. Grundlagengeschäfte ......................................................... 165 ........ 50 3. Holzmüller-Doktrin ........................................................... 167 ........ 51 4. Aufsichtsrat ......................................................................... 171 ........ 51 5. Herabsetzung der Vergütung von Vorständen und Geschäftsführern................................................................. 173 ........ 52 6. Abberufung und Neubestellung von Mitgliedern der Geschäftsleitung (§ 276a Satz 2 InsO) ............................. 177 ........ 53 7. Einberufung der Hauptversammlung und Wechsel des Aufsichtsrats ................................................................ 184 ........ 55 8. Verfahrensrechte des Schuldners ....................................... 191 ........ 56 9. Vetorecht des § 115 Abs. 1 HGB bei Gesamtvertretung ............................................................... 195 ........ 58 VI. Anwendung des § 276a InsO im Eröffnungsverfahren............ 197 ........ 59 1. Meinungsstand .................................................................... 198 ........ 59 2. Gesellschaftsrechtliche Veränderungssperre? ................... 206 ........ 61 E.
Das Insolvenzplanverfahren .................................................... 209 ........ 63
I.
Grundlagen ................................................................................. 209 ........ 63 1. Eingriff in Anteilsrechte ..................................................... 209 ........ 63 2. Das wertbezogene Schutzkonzept des ESUG .................. 212 ........ 63 3. Kritik an der Regelung in § 225a InsO .............................. 218 ........ 65 a) Kritik am Eingriff in Anteilsrechte im Allgemeinen..... 219......... 65 b) Kritik am Konzept des wertbezogenen Schutzes ...... 224 ........ 66
II. Gestaltungsspielraum bei gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen................................................................... 228 ........ 67 1. Möglicher Planinhalt........................................................... 228 ........ 67 2. „Gesellschaftsrechtlich zulässige Maßnahme“ (§ 225a Abs. 3 InsO) .......................................................... 232 ........ 69 3. Ersetzung der gesellschaftsrechtlichen Vorgaben durch das Planverfahren...................................................... 242 ........ 71 a) Verfahrensgang ............................................................ 242 ........ 71 b) Zuständigkeit ............................................................... 247 ........ 72 c) Abstimmung ................................................................ 251 ........ 72 d) Vorzugsaktionäre......................................................... 256 ........ 73 e) Stimmrecht................................................................... 260 ........ 74 f) Formelle Anforderungen ............................................ 265 ........ 75 g) Verhältnis zu Maßnahmen außerhalb des Planverfahrens ...................................................... 268 ........ 77 4. Materielle Anforderungen an den Planinhalt .................... 272 ........ 78 a) Gleichbehandlungsgrundsatz...................................... 273 ........ 78 b) Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht .......................... 280 ........ 79 IX
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5. 6. 7.
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Rechtsschutz: Keine Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage................................................................ 284 ........ 81 Modifizierung des Austrittsrechts (§ 225a Abs. 5 InsO) .......................................................... 286 ........ 83 Change-of-Control-Klauseln ............................................. 297 ........ 87
III. Insbesondere: Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan............... 298 ........ 88 1. Beispiele ............................................................................... 298 ........ 88 2. Übertragung von Gesellschaftsanteilen............................. 301 ........ 89 3. Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung ....................... 305 ........ 90 a) Zu wahrende Vorgaben ............................................... 305 ........ 90 b) Differenzhaftung ......................................................... 312 ........ 91 c) Bezugsrechtsausschluss ............................................... 314 ........ 92 4. Debt-Equity-Swap .............................................................. 323 ........ 94 a) Grundlagen .................................................................. 323 ........ 94 b) Bewertungsmaßstab: Nennwert oder Verkehrswert?.............................................................. 327 ........ 96 c) Sonstige Fragen des Debt-Equity-Swap..................... 337 ........ 98 5. Umwandlungen i. S. d. UmwG .......................................... 342 ........ 99 a) Grundlagen .................................................................. 342 ........ 99 b) Zulässigkeit von Umwandlungen im Insolvenzverfahren vor dem ESUG ........................... 345 ...... 100 c) Rechtslage nach Inkrafttreten des ESUG .................. 349 ...... 101 d) Verschmelzungen (§§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 ff. UmwG) ................................................................ 352 ...... 103 e) Spaltungen (§§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 123 ff. UmwG)......... 355 ...... 103 aa) Kapitaldeckungserklärung: teleologische Reduktion der §§ 140, 146 Abs. 1 UmwG? ...... 357 ...... 104 bb) Spaltungsrechtliches Gläubigerschutzregime: teleologische Reduktion der §§ 22, 23, 125 Satz 1, 133 UmwG? ............................................ 358 ...... 104 cc) Ausgliederungsverbot: teleologische Reduktion des § 152 Satz 2 UmwG? ................. 360 ...... 105 dd) Ausgliederungsvertrag ....................................... 363 ...... 106 f) Formwechsel (§§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 190 ff. UmwG)..... 364 ...... 106 F.
Gesellschafter als Anspruchsgegner und als Anspruchsteller.................................................................... 368 ...... 109
I.
Gesellschafter als Anspruchsgegner: Anwendungsbereich der § 171 HGB und § 93 InsO ......................................................... 368 ...... 109 1. Anwendungsbereich des § 171 HGB ................................. 369 ...... 109 2. Anwendungsbereich des § 93 InsO ................................... 374 ...... 110
II. Gesellschafter als Anspruchsteller: Anwendungsbereich der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO............................................... 381 ...... 112 1. Nachrang und Anfechtung von Gesellschafterdarlehen...... 381....... 112 X
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2. 3. 4. 5. 6. 7.
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Anfechtung von Rückzahlungen auf Drittdarlehen.......... 385 ...... 113 Sanierungsprivileg ............................................................... 389 ...... 114 Kleinbeteiligtenprivileg....................................................... 390 ...... 114 Verhältnis zum allgemeinen Kapitalschutz im Gesellschaftsrecht ............................................................... 391 ...... 115 Aktuelle Entscheidungen zum neuen Recht ..................... 393 ...... 115 Die Insolvenzanfechtung nach §§ 39 I Nr. 5, 135 I Nr. 2 InsO bei Unternehmenstransaktionen .............................. 394 ...... 117
III. Konzernrecht im Insolvenzverfahren ....................................... 401 ...... 119 1. Vertragskonzern.................................................................. 404 ...... 119 a) Schicksal des Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291 AktG): ................................. 404 ...... 119 b) Verlustausgleichsanspruch .......................................... 407 ...... 120 2. Faktischer Konzern............................................................. 409 ...... 120 G. Organhaftung ............................................................................ 415 ...... 123 I.
Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, § 93 Abs. 2 AktG ........... 416 ...... 123 1. Binnenhaftung und Ausrichtung am Gesellschaftsinteresse ......................................................... 416 ...... 123 2. Sanierungspflicht................................................................. 420 ...... 124 3. Pflichten in der Eigenverwaltung ...................................... 421 ...... 125 4. Insbesondere: Der Konflikt zwischen den Steuerpflichten der Gesellschaft und der Haftung des Geschäftsführers im Eröffnungsverfahren..................426a..... 126 5. Haftung des Organs wegen Verletzung einer Insolvenzplanvorlagepflicht ............................................... 427 ...... 128
II. Haftung nach § 64 GmbHG, §§ 93 Abs. 2, 93 Abs. 3 Nr. 6, 92 Abs. 2 AktG ................................................................ 429 ...... 129 1. Schutz vor einer Schmälerung der (künftigen) Masse ...... 429 ...... 129 2. Teleologische Reduktion des § 64 GmbHG im Eröffnungsverfahren? ......................................................... 432 ...... 130 III. Haftung des Organs in der Eigenverwaltung nach §§ 60, 61 InsO analog? ............................................................... 434 ...... 131 IV. Sonstige Ansprüche.................................................................... 442 ...... 132 V. Exkurs: Haftung des Insolvenzverwalters für unternehmerische Entscheidungen und gesellschaftsrechtliche Maßnahmen ............................................................... 443 ...... 133 H. Die Insolvenzanfechtung und Insolvenzfestigkeit von vorinsolvenzlichen Restrukturierungsmaßnahmen ............. 446 ...... 135 I.
Grundlagen ................................................................................. 447 ...... 135
XI
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
II. Nahestehende Personen bei Gesellschaften.............................. 448 ...... 135 III. Das Verhältnis von Insolvenzanfechtung und Kapitalerhaltung ........................................................................ 450 ...... 136 IV. Ausgewählte Restrukturierungsmaßnahmen............................ 452 ...... 137 1. Die Anfechtung von Übertragungen von Betriebsvermögen................................................................ 452 ...... 137 2. Die Anfechtung eines Leveraged Buy-Outs...................... 453 ...... 138 3. Die Anfechtung von Kapitalmaßnahmen .......................... 460 ...... 139 a) Kapitalherabsetzung .................................................... 462 ...... 140 b) Aufhebung des Kapitalerhöhungsbeschlusses ........... 463 ...... 140 c) Kapitalerhöhung und Debt-Equity-Swap (in der Folgeinsolvenz) ............................................... 464 ...... 141 aa) Debt-Equity-Swap im Insolvenzplan in der Folgeinsolvenz.......................................... 466 ...... 141 bb) Außerinsolvenzlich vollzogener Debt-Equity-Swap ............................................. 472 ...... 142 d) Anfechtung der unterlassenen Kapitalerhöhung ....... 474 ...... 142 4. Die Anfechtung von vorinsolvenzlichen Umwandlungsmaßnahmen................................................. 475 ...... 143 a) Einleitung..................................................................... 475 ...... 143 b) Anfechtung von Rechtshandlungen des übertragenden Rechtsträgers gegenüber Dritten in der Insolvenz des übernehmenden Rechtsträgers ............................................................... 478 ...... 144 c) Anfechtung der Verschmelzung in der Insolvenz des übernehmenden Rechtsträgers ............................. 488 ...... 145 aa) Vorrang des Umwandlungsrechts?.................... 491 ...... 147 bb) Kein genereller Vorrang des Umwandlungsrechts........................................... 494 ...... 148 cc) Stellungnahme..................................................... 495 ...... 148 d) Sonstige Umwandlungsmaßnahmen .......................... 498 ...... 149 5. Die Anfechtung bei der doppelnützigen Treuhand an Gesellschaftsanteilen...................................................... 502 ...... 150 a) Insolvenz des Treugebers/Gesellschafters ................. 503 ...... 150 b) Insolvenz der Treugutgesellschaft.............................. 505 ...... 151 Stichwortverzeichnis ..................................................................................... 153
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Wilhelm BGH: Insolvenzanfechtung gegenüber mittelbarem Gesellschafter bei Abtretung einer Darlehensforderung an Dritten, BB 2013, 1103 Windel Zur persönlichen Haftung von Organträgern für Insolvenzverschleppungsschäden, KTS 1991, 477 Wirsch Debt Equity Swap und Risiko der Insolvenzanfechtung, NZG 2010, 1131 Wortberg Holzmüller und die Stellung eines Insolvenzantrags wegen drohender Zahlungsunfähigkeit, ZInsO 2004, 707 Wuschek Dept-Equity-Swap – Gestaltung von Anteilsrechten im Insolvenzplanverfahren, ZInsO 2012, 1768 Zabel Der missglückte Wortlaut von § 15 Abs. 1 Satz 2 InsO – Insolvenzantragsberechtigung für Aktionäre und Genossenschaftsmitglieder?, DZWIR 2009, 500 Zeidler Ausgewählte Probleme des GmbH-Vertragskonzernrechts, NZG 1999, 692 Zeidler Zum Schadensersatzanspruch gegen Gesellschafter wegen Verursachung der Insolvenz der Gesellschaft, NZG 1999, 1018 Zimmermann § 26 IV InsO – oder: Was das ESUG, der Gesetzgeber und Aristoteles Onassis gemeinsam haben, ZInsO 2012, 396 Zipperer Die Einflussnahme der Aufsichtsorgane auf die Geschäftsleitung in der Eigenverwaltung – eine Chimäne vom Gesetzgeber, Trugbild oder Mischwesen?, ZIP 2012, 1492
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A. Grundlagen I. Einführung und Aufbau des Buches Spätestens mit Einführung des ESUG ist das Verhältnis von Gesellschafts- 1 und Insolvenzrecht, das bereits als „Ewigkeitsthema“1) bezeichnet worden ist, zu einem brandaktuellen und in vielen Nuancen noch ungeklärten „heißen Eisen“ geworden. Insbesondere erlaubt nunmehr § 225a Abs. 1 InsO erstmals explizit den Eingriff in Gesellschafterrechte im Planverfahren. Aber auch allgemein treten Eigenverwaltung und Insolvenzplan aus ihrem Schattendasein hinaus, sodass bisher unentdeckte Rechtsfragen erstmals praktische Relevanz entfalten. Indem sich das Insolvenzverfahren stärker zu einem Sanierungsinstrument wandelt, muss notgedrungen die Verquickung mit dem Gesellschaftsrecht größer werden. Darüber hinaus sind schon bisher viele Fragen der Kompetenzabgrenzung zwischen den Beteiligten offenbar geworden, deren Bedeutung nunmehr noch zugenommen hat. Dieses Buch verfolgt das Ziel, dem Praktiker einen ersten Zugriff auf die re- 2 levanten und dogmatisch oft schwierigen Fragestellungen gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen in der Insolvenz und der möglichen Kollision von Gesellschafts- und Insolvenzrecht zu verschaffen. Offene, ungeklärte Fragen sollen identifiziert und weiterführende Hinweise auch zur vorhandenen Rechtsprechung und Literatur sowie zu den bisher erreichten Streitständen gegeben werden. Die folgenden Ausführungen dienen daher dem Zweck, dem Leser einen raschen Überblick über die relevanten Fragen an der Schnittstelle von Insolvenz- und Gesellschaftsrecht und gebräuchliche Argumente zu verschaffen. Insbesondere sollen die relevanten Problemdarstellungen, die sonst an ganz verschiedenen Stellen zu finden sind, gebündelt und zusammengeführt werden. Dieser Zielsetzung entspricht es, dass sich die Darstellung ganz auf das Zusammenwirken von Gesellschafts- und Insolvenzrecht fokussiert. Damit versteht sich das vorliegende Buch auch als Ergänzung zu den allgemeineren Darstellungen der ZIP-Praxisbücher Insolvenzplan2) und Eigenverwaltung.3) In Kapitel A. werden sogleich unter II. einige Grundlagen vorgezeichnet. 3 Kapitel B. erläutert Rahmenbedingungen des Insolvenzantrags. In Kapitel C. geht es um die Kompetenzabgrenzung zwischen Gesellschaftsorganen und Insolvenzverwalter im Regelverfahren, in Kapitel D. entsprechend für die Eigenverwaltung. Kapitel E. beleuchtet den Gestaltungsspielraum bei gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen im Planverfahren. In Kapitel F. wird die Rechtsposition des Gesellschafters als Anspruchsteller und Anspruchsgegner der Masse erörtert. Die Kapitel G. und H. betreffen die gesellschaftsrechtliche bzw. in___________ 1) 2) 3)
K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2088. Rendels/Zabel, Insolvenzplan. Hofmann, Eigenverwaltung in der Insolvenzpraxis.
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A. Grundlagen
solvenzrechtliche Organhaftung und die Anfechtung von vorinsolvenzlich vorgenommenen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen. II. Die Konkurrenz von Insolvenzzweck und Gesellschaftszweck 1. Verdrängung des Gesellschaftszwecks oder Überlagerung durch den Insolvenzzweck? 4 Das Verhältnis des auf Gläubigerbefriedigung ausgerichteten Insolvenzzwecks zum durch den Gesellschaftsvertrag determinierten Gesellschaftszweck ist schon in grundlegender Hinsicht umstritten. Die Bedeutung des Streits darf nicht überbetont werden. In den praktischen Ergebnissen unterscheiden sich die Ansätze, soweit ersichtlich, kaum (zur Haftung siehe Rn. 426); zur Treuepflicht siehe Rn. 280); jedenfalls dienen sie bei der Erörterung von Einzelfragen nicht als alleinige Argumentationsgrundlage. Als theoretische Grundansätze sollten sie jedoch im Blick behalten werden. Im Wesentlichen stehen sich zwei Auffassungen gegenüber. x
Nach bisher h. M. wird der Gesellschaftszweck mit Insolvenzeröffnung geändert.4) Die Gesellschaft werde aufgelöst (§ 131 Abs. 1 Nr. 3 HGB, § 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG, § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG). Zweck der Gesellschaft sei es nunmehr, den Insolvenzweck zu verfolgen.5) Die Ziele des Insolvenzverfahrens, d. h. Liquidation oder Sanierung, füllten nunmehr den Gesellschaftszweck aus. Es werde zum Ziel der Gesellschaft, die Gläubiger bestmöglich zu befriedigen, wie es § 1 InsO zum Ausdruck bringe.
x
Die insbesondere von K. Schmidt vertretene, zunehmend anerkannte Gegenauffassung geht demgegenüber vom Fortbestand des Gesellschaftszwecks aus.6) Es sei zu unterscheiden zwischen dem Zweck des Insolvenzverfahrens und dem Zweck der Gesellschaft selbst. Die Gesellschaft werde aufgelöst, was aber sei nach dem Kontinuitätsprinzip bis zur Vollbeendigung den Gesellschaftszweck und den Gesellschaftsvertrag unangetastet lasse. Der Verfahrenszweck „überlagere“ lediglich den Gesellschaftszweck, indem er auf die Rechte und Pflichten der Gesellschaftsorgane einwirke (Lehre von der Überlagerung des Gesellschaftszwecks). Der Gesellschaft werde u. a. vom Gericht ein Insolvenzverwalter als – so jedenfalls die Lehre Schmidts7) – obligatorischer Fremdliquidator „übergestülpt“.
___________ 4)
5) 6)
7)
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BGHZ 14, 163, 168; BGHZ 103, 1, 6 = ZIP 1988, 229 (m. Bespr. Kleindiek, S. 613 und Kort, S. 681), dazu EWiR 1988, 1149 (Koch); Uhlenbruck, in: Festschrift Kirchhof, S. 479, 496; Hüffer, AktG, § 262 Rn. 2; Hüffer, in: MünchKommAktG, § 262 Rn. 12. Uhlenbruck, in: Festschrift Kirchhof, S. 479, 496. K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, S. 99 f.; K. Schmidt, KTS 2001, 373, 374 f.; K. Schmidt, ZHR 153 (1989), 270, 274; H. F. Müller, in: Jaeger, InsO, § 35 Rn. 147; Finke, Kollision von Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht, S. 193 ff. K. Schmidt, KTS 1984, 345, 362 ff.; K. Schmidt, KTS 2001, 373, 374 f.; Scholz/K. Schmidt/ Bitter, GmbHG, Vor § 64 Rn. 91.
II. Die Konkurrenz von Insolvenzzweck und Gesellschaftszweck
Stellungnahme: Unabhängig von der Frage nach der dogmatischen Einord- 5 nung des Insolvenzverwalters und dem grundsätzlichen Verständnis des Unternehmensinsolvenzrechts (siehe dazu Rn. 9) dürfte im Ergebnis die Überlagerungstheorie sachgerecht sein. Sie kann besser erklären, dass es auch im Insolvenzverfahren einen binnengesellschaftlichen Bereich gibt, der unangetastet bleibt, der sog. Schuldnerbereich (siehe dazu Rn. 86). Der werbende Zweck der Gesellschaft ist zwar mit einem auf Liquidation gerichteten Insolvenzverfahren kaum vereinbar, aber die Dinge können bei Betriebsfortführung auch anders liegen, sodass die Annahme einer generellen Änderung des Gesellschaftszwecks nicht zwingend ist. Außerdem lässt sich auf dieser Grundlage ohne Weiteres erkennen, dass die binnengesellschaftlichen Beziehungen bereits mit Antragstellung in Gestalt einer Überlagerung beeinflusst sein können. Auch in diesem Stadium kann bereits, wie sodann im eröffneten Verfahren, das prospektive Verfahrensziel der Gläubigerbefriedigung zu beachten sein. Im Ergebnis hat der Streit regelmäßig keine Auswirkungen:8)
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Der Vorrang des Insolvenzrechts ist auch unter der Überlagerungstheorie abgesichert.
x
Umgekehrt lässt die Verdrängungstheorie binnengesellschaftliche Vorgaben unberührt, soweit dies mit dem Insolvenzzweck vereinbar ist.
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Beide Auffassungen erkennen im praktischen Ergebnis an, dass die Gesellschaftsorgane im Insolvenzverfahren dem Ziel der Gläubigerbefriedigung verpflichtet sind. Denn ob sie nun dem Insolvenzzweck oder dem überlagerten Gesellschaftszweck zu dienen haben, bedeutet nur in Nuancen einen Unterschied. Insbesondere darf die Bindung an den „Gesellschaftszweck“ nicht mit der Bindung an eine vom Gläubigerinteresse unabhängige, allein dem persönlichen Gesellschafterinteresse verpflichteten Zielrichtung gleichgesetzt werden. Besteht der Gesellschaftszweck als solcher fort, bedeutet dies nicht, dass die innergesellschaftlichen Bindungen in gleicher Weise fortbestünden, wie dies außerhalb der Insolvenzsituation der Fall wäre.
Beispiel: Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht zwischen den Gesellschaftern, die auf der wechselseitigen Bindung an den Gesellschaftszweck beruht, ist im Insolvenzverfahren vom Insolvenzzweck überlagert (siehe dazu näher Rn. 280). Zur Frage, ob der Insolvenzzweck bereits im Eröffnungsverfahren vollum- 6a fänglich gilt, siehe die Darstellung bei Rn. 202.
___________ 8)
Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 60 Rn. 42: Diskussion sei „müßig“.
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A. Grundlagen
2. Ausgewählte praktische Folgefragen a) Stellung der Organe in der Eigenverwaltung 7 Im Falle einer Eigenverwaltung sind die Geschäftsführer oder die Mitglieder des Vorstands kein exklusiv insolvenzrechtliches Verfahrensorgan im Sinne eines Ersatzes für den Insolvenzverwalter. Die gesellschaftsrechtliche Legitimation ihrer Bestellung bleibt unberührt.9) Gleichwohl dürfen die Organe im Rahmen der Verwaltung massegebundenen Vermögens keine Handlungen vornehmen, die dem Insolvenzzweck widersprechen. Das ergibt sich richtigerweise aus der sie treffenden Legalitätspflicht gegenüber der Gesellschaft, die wiederum die eigentliche Eigenverwalterin ist (siehe dazu Rn. 202, 441) Die Gesellschaft muss aber wegen ihrer Einbindung als Verfahrenssubjekt in das Insolvenzverfahren die Gläubigerinteressen bedienen. Auch insoweit findet also eine (bloße) Überlagerung des Gesellschaftszwecks durch das Insolvenzrecht statt (siehe dazu näher Rn. 142 ff.). b) Massefreies Vermögen und/oder Vollabwicklung des Rechtsträgers? 8 Im Dunstkreis der Auffassungen zum Zwecke des Insolvenzrechts wird auch die Frage diskutiert, ob es bei der Unternehmensinsolvenz massefreies Vermögen geben kann. Damit im Zusammenhang steht die Frage, ob zum Zweck und zur Aufgabe des Insolvenzverfahrens auch die Vollbeendigung des Rechtsträgers gehört, d. h. ob das Insolvenzverfahren – im Regelfall – auch die Aufgaben des gesellschaftsrechtlichen Liquidationsverfahrens übernimmt. 9 Namentlich von K. Schmidt wird die letztgenannte Frage bejaht und zugleich die Möglichkeit massefreien Vermögens verneint.10) Das Insolvenzrecht bilde nur einen Unterfall des Liquidationsrechts und führe zur Vollabwicklung des Unternehmensträgers. Letztlich wird in dieser Konzeption das Vermögen der Gesellschaft mit dem Unternehmensvermögen gleichgesetzt. Das Konzept zielt darauf ab, das Fehlen einer Rechtsfähigkeit des Unternehmens zwar anzuerkennen, gleichwohl aber Regeln zu entwickeln, die im Ergebnis gelten würden, wenn das Unternehmen (und nicht der Rechtsträger) selbst Insolvenzschuldner wäre.11) Daraus folgt dann, dass es massefreies Vermögen ebenso wenig wie in der gesellschaftsrechtlichen Liquidation geben könne.
___________ 9) K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1607; Landfermann, WM 2012, 869, 872; Haas, in: Festschrift Stürner, S. 749, 763; a. A. Wimmer, Das neue Insolvenzrecht nach der ESUGReform, S. 23 f. Davon zu unterscheiden ist, dass die Schuldnergesellschaft selbst eine Amtswalterstellung innehat, Kübler/Prütting/Bork-Pape, InsO, § 270 Rn. 2. 10) K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, S. 70 f.; zu den Folgerungen etwa bei der Altlastenproblematik K. Schmidt, NJW 2010, 1489, 1492. 11) K. Schmidt, Gutachten zum 54. DJT 1982, S. D 45 f.; vgl. auch die Darstellung bei H. F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 26 ff. m. w. N.
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II. Die Konkurrenz von Insolvenzzweck und Gesellschaftszweck
Diese Position entspricht ausweislich § 36 InsO, der auch in der Gesellschafts- 10 insolvenz massefreies Vermögen kennt, nicht dem Gesetz.12) Sie beruht in Teilen auf einem rechtspolitischen Konzept und ist allenfalls de lege ferenda bedenkenswert. Das Unternehmen ist selbst nicht Verfahrenssubjekt. Dass der Insolvenzverwalter Massebestandteile freigeben kann, ist in § 32 Abs. 3 Satz 1 InsO zumindest vorausgesetzt.13) Die Theorie von K. Schmidt passt auch nicht zur Insolvenz des Einzelkaufmanns, weil es dann dort niemals unpfändbares Betriebsvermögen geben dürfte.14) Daher ist de lege lata daran festzuhalten, dass eine umfassende Kongruenz von Insolvenzschuldner, Masse und Unternehmen nicht im Gesetz verwirklicht ist. Das schließt in Einzelbereichen nicht aus, Ergebnisse zu erzielen, die dem Grundgedanken dieser Theorie Rechnung tragen (zu § 131 HGB siehe Rn. 129 ff.).
___________ 12) BGH, ZIP 2001, 1469 = ZfIR 2001, 728 = NJW 2001, 2966, 2967, dazu EWiR 2002, 395 (Flitsch/Herbst); Hüffer, in: MünchKommAktG, § 264 Rn. 48. 13) Hüffer, in: MünchKommAktG, § 264 Rn. 49. 14) H. F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 28.
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B. Rahmenbedingungen des Insolvenzantrags I. Antragsberechtigung nach Maßgabe des Insolvenzrechts 1. Grundlagen § 15 InsO regelt das Antragsrecht bei einem Schuldnerantrag juristischer 11 Personen und von „Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit“ (i. S. d. § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO). Davon zu unterscheiden sind x
die Antragspflicht nach § 15a InsO,
x
das Antragsrecht bei Gläubigeranträgen (insoweit kann auch ein Gesellschafter in seiner Funktion als Gläubiger antragsberechtigt sein),
x
binnengesellschaftsrechtliche Voraussetzungen für die Stellung eines Insolvenzantrags.
a) Mitglied des Vertretungsorgans In § 15 InsO kommt das Zusammenspiel zwischen der insolvenzverfahrens- 12 rechtlichen Antragsbefugnis und der Organisationsverfassung der jeweiligen Gesellschaft zum Ausdruck. § 15 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 InsO legt fest, dass zur Antragstellung zunächst jedes Mitglied des Vertretungsorgans berechtigt ist. Gemeint ist die aktuelle Mitgliedschaft im Antragszeitpunkt.15) Zu den erfassten Antragsberechtigten gehört bei den wichtigsten juristischen 13 Personen: x
bei der AG jedes Mitglied des Vorstands (§§ 76, 78 AktG),
x
bei der GmbH jeder Geschäftsführer (§ 35 GmbHG),
x
bei der Genossenschaft jedes Mitglied des Vorstands (§ 24 GenG).
Bei „Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeiten“ i. S. d. § 11 Abs. 2 Nr. 1 14 InsO, d. h. Personengesellschaften, gibt es kein besonderes Vertretungsorgan, sodass die Vorschrift in § 15 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 InsO hier neben dem Antragsrecht der Gesellschafter nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 InsO wohl bedeutungslos ist.16) b) Persönlich haftende Gesellschafter § 15 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 InsO legt fest, dass bei Gesellschaften ohne Rechts- 15 persönlichkeit und bei der KGaA auch jeder persönlich haftende Gesellschafter zur Antragstellung befugt ist. ___________ 15) K. Schmidt/Gundlach, InsO, § 15 Rn. 4. 16) Klöhn, in: MünchKommInsO, § 15 Rn. 40.
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B. Rahmenbedingungen des Insolvenzantrags
16 Erfasst sind neben den persönlichen haftenden Gesellschaftern der KGaA (§ 278 Abs. 1 AktG) insbesondere und unabhängig von einer bestehenden Vertretungsbefugnis x
Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft,
x
OHG-Gesellschafter,
x
bei der KG die Komplementäre, nicht aber – obwohl an sich auch persönlich haftende Gesellschafter – die Kommanditisten, da ihre Haftung beschränkt ist (anders in einem Fall des § 176 HGB).17)
17 Bei einer Kapitalgesellschaft & Co., etwa und insbesondere bei der GmbH & Co. KG, ist zunächst grundlegend zwischen der Insolvenz der KG und der Komplementär-GmbH zu unterscheiden. Für die Komplementärin ist nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 InsO der Geschäftsführer antragsberechtigt. Für die KG ist die Komplementär-GmbH oder ein sonstiger Komplementär antragsberechtigt. Ist nur die GmbH Komplementärin und ist keine weitere natürliche Person als Komplementär vorhanden, so ist zusätzlich § 15 Abs. 3 InsO zu beachten, da die GmbH nicht für sich alleine handeln kann. Danach ist der organschaftliche Vertreter des Komplementärs (oder der Abwickler) antragsberechtigt, bei der GmbH also der Geschäftsführer. Zur Insolvenz einer GmbH & Co. KG siehe Rn. 129. 18 Soweit über das Vermögen eines persönlich haftenden Gesellschafters das Insolvenzverfahren eröffnet ist, ist der Insolvenzverwalter antragsberechtigt hinsichtlich der Gesellschaft (str.).18) Das gilt unabhängig davon, dass die innergesellschaftlichen Kompetenzen grundsätzlich fortbestehen und ob die Vollliquidation zum Verfahrensziel gehört.19) Daneben bleibt der Gesellschafter selbst antragsberechtigt, weil er ein persönliches Interesse an der Vermeidung der persönlichen Haftung und der drohenden Nachhaftung hat. 19 Das gilt entsprechend auch für die GmbH als Komplementärin einer KG. Der Insolvenzverwalter der GmbH darf den Antrag stellen, ebenso aber auch der organschaftliche Vertreter, d. h. der Geschäftsführer. Im Schrifttum wird allerdings von einer Gegenauffassung angenommen, im Fall der GmbH & Co. KG habe nur der organschaftliche Vertreter das Antragsrecht, nicht aber der Verwalter der Komplementärin.20) Diese Auffassung missachtet aber die Masserelevanz, die mit der vom Verwalter gehaltenen Beteiligung verbunden ist. ___________ 17) Klöhn, in: MünchKommInsO, § 15 Rn. 49 m. w. N. 18) Gundlach/Müller, ZInsO 2011, 900, 901; Klöhn, in: MünchKommInsO, § 15 Rn. 46; a. A. AG Dresden, ZIP 2003, 1264, 1265; Schlitt, NZG 1998, 701, 706; Kübler/ Prütting/Bork-Pape, InsO, Lfg. 8/01, § 15 Rn. 19. 19) So das Argument von Kübler/Prütting/Bork-Pape, InsO, Lfg. 8/01, § 15 Rn. 19. 20) So aber AG Dresden, ZIP 2003, 1264, 1265; wie hier Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 15 Rn. 14; Gundlach/Müller, ZInsO 2011, 900, 901.
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I. Antragsberechtigung nach Maßgabe des Insolvenzrechts
Nicht erfasst ist der unbeschränkt zum Nachschuss verpflichtete Genosse 20 einer Genossenschaft (str.).21) c) Abwickler § 15 Abs. 1 Satz 1 Hs. 3 InsO erkennt auch jedem „Abwickler“ das Antrags- 21 recht zu. Mit Abwicklern sind die gesellschaftsrechtlich zur Abwicklung außerhalb eines Insolvenzverfahrens (z. B. gerichtlich) bestellten Personen/ Liquidatoren gemeint, z. B. im Fall des § 146 HGB, § 265 Abs. 3 AktG, § 66 Abs. 2 GmbHG, § 83 GenG, auch der Nachtragsliquidator.22) 2. Problemfälle a) Mehrfachvertretungsberechtigung Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 InsO ist grundsätzlich „jedes“ Mitglied des Vertre- 22 tungsorgans, „jeder“ persönlich haftende Gesellschafter, „jeder“ Abwickler antragsberechtigt, und zwar einzeln. Es kommt nicht darauf an, ob Einzeloder Gesamtvertretungsberechtigung nach den gesellschaftsvertraglichen oder binnengesellschaftlichen Vereinbarungen besteht. Allerdings besagt § 15 Abs. 2 Satz 1 InsO, dass bei Stellung des Antrags durch einen Einzelnen der jeweiligen Mitglieder oder Gesellschafter der Antrag nur dann zulässig ist, wenn der Eröffnungsgrund glaubhaft (§ 294 ZPO) gemacht wird. Außerdem sind die übrigen Mitglieder bzw. Gesellschafter oder Abwickler 23 vom Insolvenzgericht anzuhören. Zu beachten ist der Sonderfall des § 18 Abs. 3 InsO: Wird bei einer juristi- 24 schen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit der Antrag nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans, allen persönlich haftenden Gesellschaftern oder allen Abwicklern gestellt, liegt nur dann der Eröffnungsgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit vor, wenn der Antragsteller zur Vertretung der juristischen Person oder Gesellschaft berechtigt ist. Gemeint ist, dass der Antragsteller einzelvertretungsberechtigt sein muss.23) 25 Daran fehlt es nach dem gesetzlichen Leitbild für die AG und die GmbH (§ 78 Abs. 2 AktG, § 35 Abs. 2 GmbHG), anders bei den Personengesellschaften (§ 125 HGB, ggf. i. V. m. § 161 Abs. 2 HGB). Praxistipp: § 18 Abs. 3 InsO ist insbesondere bei der Beantragung eines Schutzschirmverfahrens nach § 270b InsO relevant, wenn das Verfahren wegen drohender Zahlungsunfähigkeit eingeleitet wird oder werden soll.
___________ 21) FK-Schmerbach, InsO, § 15 Rn. 11 m. w. N. 22) Klöhn, in: MünchKommInsO, § 15 Rn. 8. 23) So Haas/Hossfeld, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 92 Rn. 35; HK-Kirchhof, InsO, § 18 Rn. 17 f.
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B. Rahmenbedingungen des Insolvenzantrags
26 Entscheidend ist allerdings nicht, aus welchem Grund der Antrag gestellt wird, sondern aus welchen Gründen eröffnet werden soll. § 18 Abs. 3 InsO beschränkt nicht das Antragsrecht, sondern nur die Eröffnungsbefugnis des Gerichts. Wird der Antrag auf drohende Zahlungsunfähigkeit gestützt, wird aber das Vorliegen einer Überschuldung ermittelt, kommt die Einschränkung des § 18 Abs. 3 InsO nicht zum Tragen. Davon unberührt bleibt bei einem Einzelantrag aber stets § 15 Abs. 2 InsO. 27 Nicht antragsberechtigt sind Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte (§§ 49, 54 HGB) oder Generalbevollmächtigte.24) b) Führungslosigkeit 28 Für Fälle der „Führungslosigkeit“ ist bezüglich juristischer Personen eine gesonderte Regelung in § 15 Abs. 1 Satz 2 InsO aufgenommen worden. Sie korrespondiert mit einer Antragspflicht nach § 15a Abs. 3 InsO. Danach ist im Falle der Führungslosigkeit auch jeder Gesellschafter, bei einer AG oder Genossenschaft auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Antragstellung berechtigt. 29 Fraglich ist, wie das Wort „Gesellschafter“ zu verstehen ist. Nach strenger Wortlautauslegung wären dies nur die Gesellschafter einer GmbH oder KGaA (§ 2 Abs. 1 GmbHG, § 278 AktG). Gleichwohl könnte man prima facie annehmen, dass die Anteilseigner bei jeder juristischen Person gemeint sind, mithin auch die Aktionäre einer AG oder die Mitglieder einer Genossenschaft. Dafür könnte auch die Entwurfsbegründung sprechen.25) Trotzdem ist § 15 Abs. 1 Satz 2 InsO allein auf die Gesellschafter der GmbH zu beschränken. Dafür spricht der Gleichlauf mit § 15a Abs. 3 InsO. Das Gesetz will offenbar unterscheiden zwischen der GmbH einerseits und der AG andererseits, bei der dann jedes Mitglied des Aufsichtsrats als Ersatzantragsberechtigter ins Spiel kommt. Der Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 2 InsO ist insofern missglückt und muss entsprechend ausgelegt werden.26) 30 Bei der GmbH sind bei Führungslosigkeit nur die Gesellschafter antragsberechtigt, nicht die Mitglieder des etwa vorhandenen Aufsichtsrats.27) 31 Führungslosigkeit liegt vor, wenn die Gesellschaft keinen organschaftlichen Vertreter hat (so die Legaldefinition für juristische Personen in § 10 Abs. 2 Satz 2 InsO). Das setzt entgegen der Ansicht des AG Hamburg nicht voraus, dass der organschaftliche Vertreter rechtlich oder tatsächlich nicht mehr ___________ 24) Neußner, in: Kübler, HRI, § 5 Rn. 49 f.; Schippers, DNotZ 2009, 353, 361 (auch keine Vertretung). 25) Barthel, ZInsO 2010, 1776 f. 26) Zabel, DZWIR 2009, 500 ff.; Schmahl, NZI 2008, 6, 7 f.; K. Schmidt/Gundlach, InsO, § 15 Rn. 16. 27) K. Schmidt/Gundlach, InsO, § 15 Rn. 14.
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I. Antragsberechtigung nach Maßgabe des Insolvenzrechts
existiert;28) es genügt, dass er nicht auffindbar oder sonst nicht greifbar ist.29) Das Vorhandensein eines faktischen Geschäftsführers ändert an der Führungslosigkeit nichts.30) Auch bei Führungslosigkeit ist § 15 Abs. 2 InsO zu beachten. Soweit die als Er- 32 satzantragsteller fungierenden Gesellschafter oder Mitglieder des Aufsichtsrats nicht sämtlich den Antrag stellen, ist der Eröffnungsgrund glaubhaft zu machen. Außerdem ist nach § 15 Abs. 2 Satz 2 InsO auch die Führungslosigkeit glaubhaft zu machen. Die übrigen Gesellschafter oder Mitglieder des Aufsichtsrats müssen vom Insolvenzgericht gehört werden, § 15 Abs. 2 Satz 3 InsO. Auch § 15 Abs. 3 InsO ist bei Führungslosigkeit anwendbar. Bei einer 33 GmbH & Co. KG kann der Fall auftreten, dass die Komplementär-GmbH ihrerseits führungslos ist. Dann können die Gesellschafter der GmbH, die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 InsO für die GmbH antragsberechtigt sind, auch den Antrag betreffend das Vermögen der KG stellen (in der AG & Co. KG die Mitglieder des Aufsichtsrats).31) c) Faktischer Geschäftsführer Fraglich ist, ob ein faktischer Geschäftsführer antragsberechtigt i. S. d. § 15 34 Abs. 1 Satz 1 InsO ist. Hier sind zwei Fälle zu unterscheiden: x
Der nicht rechtswirksam bestellte Geschäftsführer: Er ist unstreitig erfasst.32)
x
Der „materiell“ faktische Geschäftsführer, der ohne einen Bestellungsakt wie ein Geschäftsführer tätig wird, und zwar im Außenverhältnis;33) der mithin „durch eigenes Auftreten im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich in die Hand genommen hat“:34) Seine Behandlung ist nicht abschließend geklärt: 1. Es wird vertreten, der faktische Geschäftsführer in diesem Sinne sei nicht erfasst35), weil das mit dem Sinn und Zweck des Antragsverfahrens nicht konform laufe. 2. Die Gegenauffassung nimmt an, der Gesetzgeber des § 15 InsO i. d. F. des MoMiG habe die Rechtsfigur des faktischen Geschäftsführers anerkannt.36)
___________ 28) 29) 30) 31) 32) 33) 34) 35) 36)
AG Hamburg, NZI 2009, 63. Gehrlein, BB 2008, 846, 848; Passarge, GmbHR 2010, 295, 297 ff. A. A. FK-Schmerbach, InsO, § 15a Rn. 15. Löser, ZInsO 2010, 799; Klöhn, in: MünchKommInsO, § 15 Rn. 62. BGHZ 41, 282, 287 f.; Haas/Hossfeld, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 92 Rn. 37; G. Roth, ZGR 1989, 421, 423. Vgl. Haas/Hossfeld, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 92 Rn. 38. BGH, NZI 2006, 63 zu § 64 GmbHG = ZIP 2005, 1550, dazu EWiR 2005, 731 (Bork). Haas/Hossfeld, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 92 Rn. 43. Gundlach/Müller, ZInsO 2011, 1055; Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 15 Rn. 2, § 15a Rn. 8.
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B. Rahmenbedingungen des Insolvenzantrags
35 Stellungnahme: Der Streit dürfte sich anhand der Antragspflicht des § 15a InsO entscheiden. Dort ist der faktische Geschäftsführer richtigerweise einzubeziehen,37) weil derjenige, der sich die Stellung als Geschäftsführer anmaßt, auch eine entsprechende Verantwortung für Belange des Gläubigerschutzes, die mit der Antragspflicht geschützt werden, übernimmt. Dafür spricht auch der Gleichlauf mit § 64 GmbHG.38) Wenn das richtig ist, muss auch das Antragsrecht gewährt werden. Dass dies das auf Zügigkeit angelegte Antragsverfahren mit praktischen Unsicherheiten belastet,39) ist einzuräumen. 35a Der 4. Strafsenat des BGH hat in einem Beschluss vom 18.12.2014 anerkannt, dass der faktische Geschäftsführer Täter einer Insolvenzverschleppung i. S. d. § 15a Abs. 4 InsO sein kann.40) d) Rücknahme des Insolvenzantrags 36 Umstritten ist, ob § 15 InsO entsprechend gilt, wenn der Insolvenzantrag zurückgenommen werden soll. Dies kann insbesondere dann relevant werden, wenn es im Kreis der Organmitglieder zum Streit gekommen ist. 37 Der BGH hat bisher lediglich eine Sonderkonstellation entschieden. In seiner Entscheidung vom 10.7.200841) ging es um den Fall, dass ein später abberufener GmbH-Geschäftsführer den Antrag gestellt hatte und nunmehr der einzig verbliebene Geschäftsführer den Antrag zurücknehmen wollte. Insoweit hält der BGH die Berechtigung für gegeben, soweit sich die Antragsrücknahme nicht als rechtsmissbräuchlich darstellt. Der BGH führt aus:42) „Jedenfalls in dem auch hier gegebenen Fall, dass die Gesellschaft nach Ausscheiden des Antragstellers aus der Geschäftsführung nur noch durch den Geschäftsführer gesetzlich vertreten wird, der die Rücknahme des Antrags des Ausgeschiedenen erklärt hat, steht diesem das Recht zur Abgabe der verfahrensrechtlichen Erklärung aus § 13 Abs. 2 InsO zu. Bei diesen Vertretungsverhältnissen der Gesellschaft kann aus dem Sinn und Zweck der Erweiterung des Antragsrechts gem. § 15 Abs. 1 InsO für eine Beschränkung des bis zur Verfahrenseröffnung geltenden Dispositionsgrundsatzes nichts gewonnen werden. (…) Dass die Rücknahme des Antrags durch jeden vertretungsberechtigten Geschäftsführer einer GmbH erklärt werden kann, stimmt mit den vertretungsrechtlichen Grundsätzen überein. Antragsteller ist die GmbH, die durch ihren oder ihre gesetzlichen Vertreter handelt.“
___________ 37) BGHZ 104, 44, 46 = ZIP 1988, 771, 772, dazu EWiR 1988, 905 (Schmidt); BGHZ 150, 61, 69 = ZIP 2002, 848, 851, dazu EWiR 2002, 679 (Blöse); HK-Kirchhof, InsO, § 15a Rn. 10; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 49 m. w. N.; vor dem MoMiG schon Noack, in: Kübler/Prütting, InsO, Sonderband Gesellschaftsrecht, Rn. 262; a. A. Haas/Hossfeld, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 92 Rn. 44, 62; Haas, DStR 2003, 423 f. 38) BGH, ZIP 2008, 1596, dazu EWiR 2008, 753 (Vosberg). 39) Haas/Hossfeld, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 92 Rn. 62. 40) BGH, ZIP 2015, 218. 41) BGH, ZIP 2008, 1596, 1597 Rn. 6. 42) BGH, ZIP 2008, 1596, 1597 Rn. 6.
12
I. Antragsberechtigung nach Maßgabe des Insolvenzrechts
Gesichert sein dürfte auch, dass der Antrag auch von der Gesamtheit der 38 Organmitglieder zurückgenommen werden kann. Ob ein einzelnes Organmitglied den von einem anderen Organmitglied gestellten Antrag, d. h. gegen dessen Willen, zurücknehmen kann oder ob dies nur derjenige darf, der den Antrag gestellt hat, ist umstritten. Nach einer häufig vertretenen Auffassung ist nur dasjenige Mitglied zur 39 Rücknahme berechtigt, das den ursprünglichen Antrag gestellt hat,43) während die Gegenauffassung davon ausgeht, es gelten die allgemeinen Vertretungsregeln, sodass auch ein anderes Organmitglied den Antrag für den Schuldner zurücknehmen dürfe.44) Das Rechtsproblem liegt hier darin, dass Antragsteller eigentlich nur die 40 Schuldner-Gesellschaft ist, sodass die Frage nach der Rücknahme eigentlich nur ein allgemeines Vertretungsproblem zu sein scheint. Gleichwohl lässt sich aus § 15 InsO auch das Ziel ableiten, einen internen Streit nicht auf das Insolvenzverfahren durchschlagen zu lassen. Ebendies wäre aber der Fall, wenn es zu einem Karussell bei den Anträgen und Rücknahmen kommen könnte.45) Daher spricht wegen der verfahrensrechtlichen Einkleidung des Antrags und der Rücknahme mehr dafür, nur das ursprüngliche Organmitglied für rücknahmeberechtigt zu erachten. Anders ist dies nur dann, wenn dieses Mitglied abberufen wurde und folglich die Dispositionsmöglichkeit für die Schuldnerin gefährdet wäre.46) e) Antragsrecht bei Beantragung der Eigenverwaltung Streitig ist das Verhältnis von gesellschaftsrechtlichen Vertretungsregeln zur 41 insolvenzrechtlichen Regelung des § 15 InsO bei einem Antrag auf Eigenverwaltung nach §§ 270 ff. InsO. § 15 InsO betrifft unmittelbar nur den Antrag auf Eröffnung des Verfahrens, nicht den davon zu trennenden Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung. Daher gibt es hier ein breites Meinungsspektrum:47) x
Nach einer Auffassung gilt § 15 InsO insoweit entsprechend.48)
x
Andere Autoren setzen eine Gesamtvertretung durch alle Mitglieder des Vertretungsorgans unabhängig von einer gesellschaftsrechtlich bestehenden Einzelvertretungsbefugnis voraus.49)
___________ 43) LG Tübingen, KTS 1961, 158, 159; LG Dortmund, ZIP 1985, 1341, 1342; AG Magdeburg, ZInsO 1998, 43; AG Potsdam, NZI 2000, 328; AG Duisburg, NZI 2002, 209; H. F. Müller, in: Jaeger, InsO, § 15 Rn. 57; HK-Kirchhof, InsO, § 13 Rn. 16; Klöhn, in: MünchKommInsO, § 15 Rn. 25. 44) Fenski, BB 1988, 2265, 2266. 45) Wortberg, ZInsO 2004, 707, 711. 46) HK-Kirchhof, InsO, § 13 Rn. 16. 47) Vgl. Neußner, in: Kübler, HRI, § 5 Rn. 96. 48) So möglicherweise Nerlich/Römermann-Riggert, InsO, § 270 Rn. 19. 49) Uhlenbruck-Uhlenbruck, InsO, § 270 Rn. 18.
13
B. Rahmenbedingungen des Insolvenzantrags
x
Nach einer dritten Auffassung soll es (letztlich analog § 18 Abs. 3 InsO) auf die gesellschaftsrechtliche Einzelvertretungsbefugnis ankommen.50)
42 Stellungnahme: Eine Einzelantragsberechtigung entsprechend § 15 InsO ist nicht angezeigt, weil dieses Recht weitgehend mit der Antragspflicht nach § 15a InsO korrespondiert, woran es hier fehlt. Für die Gesamtvertretung könnte sprechen, dass das Verfahren der Eigenverwaltung insoweit vom Streit unter Gesellschaftern freigehalten wird; gleichwohl ist zu beachten, dass es hier eben nur darum geht, wer für die Schuldnerin, d. h. das eigentliche Verfahrenssubjekt, handeln darf. Insoweit dürfte dogmatisch die letztgenannte Auffassung vorzugswürdig sein, weil die Handlungsbefugnis letztlich eine Frage allgemeiner Natur ist. Das Missbrauchspotential der Einzelvertretungsbefugnis dürfte vermindert sein, weil ein etwaiger Streit unter den Gesellschaftern oder Organmitgliedern Nachteile zulasten der Gläubiger befürchten lassen kann (§ 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO). Ohnehin bleibt unberührt, dass die Gesellschafter jeweils vor der fakultativen Antragstellung intern befragt werden müssen (siehe dazu Rn. 67 ff.). II. Antragspflicht (§ 15a InsO) 1. Anwendungsbereich 43 Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO haben bei einer juristischen Person die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, einen Eröffnungsantrag zu stellen. Es genügt der Antrag eines Organmitglieds, sodass die Pflicht der anderen entfällt, nicht aber der bloße Gläubigerantrag.51) 44 Entsprechend gilt bei einer Kapitalgesellschaft & Co. (§ 15a Abs. 2 InsO). Hier sind bei der KG die organschaftlichen Vertreter der Komplementär-AG oder -GmbH antragspflichtig (auch) bezogen auf das Vermögen der KG. 45 Keine Antragspflicht besteht bei Personengesellschaften mit natürlichen Personen als voll haftenden Gesellschaftern, d. h. insbesondere OHG, BGBGesellschaft und der KG mit einer natürlichen Person als Komplementär. 46 Antragspflichtig sind neben fehlerhaft bestellten Organmitgliedern auch faktische Organmitglieder, die wie ein Geschäftsleiter nach außen auftreten („Shadow Director“) und sich damit auch eine korrespondierende Verantwortlichkeit aufladen.52) Die Gegenauffassung meint, es fehle am Antragsrecht (siehe Rn. 34) und daher auch an der Antragspflicht.53) Richtigerweise ___________ 50) Haas/Kahlert, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 87 Rn. 9; Neußner, in: Kübler, HRI, § 5 Rn. 97. 51) Klöhn, in: MünchKommInsO, § 15a Rn. 136 f. 52) So auch Klöhn, in: MünchKommInsO, § 15a Rn. 75. 53) Haas/Hossfeld, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 92 Rn. 44, 62.
14
II. Antragspflicht (§ 15a InsO)
muss man sich entscheiden und Antragsrecht und Antragspflicht einheitlich ablehnen oder – was näher liegt – bejahen. Bei Führungslosigkeit gilt § 15a Abs. 3 InsO. Antragspflichtig sind dann:
47
x
Bei der GmbH (und UG) jeder Gesellschafter, es sei denn, er hat von der Zahlungsunfähigkeit oder54) der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.
x
Bei der AG jedes Mitglied des Aufsichtsrats, es sei denn, er hat von der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung oder der Führungslosigkeit55) keine Kenntnis.
Nicht antragspflichtig sind Aktionäre einer AG oder Mitglieder der Genossen- 48 schaft (siehe Rn. 29 f.). Einflussnahmen auf die antragspflichtigen Personen kraft des Gesellschafts- 49 rechts entlasten die antragspflichtige Person nicht. Insbesondere ist x
eine entgegenstehende Weisung der Gesellschafter(-versammlung) unbeachtlich,56)
x
die interne Ressortaufteilung unerheblich (sie kann aber zur fehlenden Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung führen).57)
Wegen des Vorrangs der gesetzlichen Pflicht kann es auch keine Verpflich- 50 tung des Geschäftsführers oder Vorstands geben, vor der Antragstellung eine Haupt-/Gesellschafterversammlung einzuberufen (siehe näher Rn. 69). Anders ist dies bei der drohenden Zahlungsunfähigkeit (siehe Rn. 69). 2. Ermittlung von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung a) Problem des Rangrücktritts bzgl. Gesellschafterforderungen bei der Überschuldung Die Antragspflicht knüpft an das Vorliegen der tatsächlichen Zahlungsunfähig- 51 keit oder der Überschuldung an (bei Genossenschaften an Letztere nur in den Grenzen von § 98 GenG). Die Eröffnungsgründe sind hier nicht ausführlich zu schildern. Ungeklärt ist, welche Anforderungen an einen Rangrücktritt im Bereich 52 von Gesellschafterforderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO zu stellen sind ___________ 54) Das Gesetz spricht von „und“. M. E. reicht es aber aus, dass der Gesellschafter entweder die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung kennt; so auch Klöhn, in: MünchKommInsO, § 15a Rn. 89. 55) Fehlende Kenntnis der Führungslosigkeit dürfte beim Aufsichtsrat kaum vorkommen. 56) BGH, DStR 2001, 1537 (Nichtannahmebeschluss); K. Schmidt/K. Schmidt/Herchen, InsO, § 15a Rn. 29; FK-Schmerbach, InsO, § 15a Rn. 10 m. w. N. 57) FK-Schmerbach, InsO, § 15a Rn. 10 m. w. N.
15
B. Rahmenbedingungen des Insolvenzantrags
(zu § 39 InsO siehe Rn. 381 ff.) und welche Wirkungen damit für die Überschuldungsprüfung verbunden sind. 53 Nach § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO sind Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, für die gemäß § 39 Abs. 2 InsO zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 InsO bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist, nicht bei den Verbindlichkeiten nach § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO zu berücksichtigen. 54 Daraus folgt zunächst, dass auch Gesellschafterforderungen zu passivieren sind, soweit nicht ein Rangrücktritt vorliegt. Ungeklärt ist, welche Anforderungen an einen Rangrücktritt zu stellen sind. 1. Vor dem MoMiG hatte der BGH einen sog. qualifizierten Rangrücktritt verlangt.58) 2. Nach dem Wortlaut des Gesetzes und einer teilweise vertretenen Auffassung genügt ein einfacher Rangrücktritt, der sich auf den Zeitpunkt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bezieht und es folglich nicht ausschließen muss, dass vor der Eröffnung Zahlung verlangt wird.59) 3
Die Gegenauffassung hält auch nach Einführung des § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO daran fest, dass ein qualifizierter Rangrücktritt erforderlich sei, bei dem sich der Gesellschafter bis zur Abwendung der Krise mit seiner Befriedigung seiner Forderung hintanstelle. Ein Rücktritt nur für den Fall des Insolvenzverfahrens genüge nicht.60) Diese Korrektur des Wortlauts sei erforderlich, weil der Gesetzgeber die bisherige Praxis nicht habe ändern wollen und weil die zu einem Stichtag aufgestellte Überschuldungsbilanz andernfalls die von einer Fortführung ausgehende Gläubigergefährdung nicht hinreichend genau abbilden würde; Überschuldungsbilanz und Insolvenzeröffnungsbilanz seien zwei Paar Schuhe.
55 Stellungnahme: Richtigerweise genügt unter § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO ein einfacher, auf die Zeit des Insolvenzverfahrens ausgerichteter Rangrücktritt. Zwar beruht die Nichtberücksichtigung von Gesellschafterforderungen in diesen Fällen stets auf dem gedanklichen Fehlschluss, dass die Einleitung des Verfahrens (und damit die Entwertung der Gesellschafterforderungen) bereits vorausgesetzt wird, obwohl es dies beim Eröffnungsgrund gerade zu prüfen gilt. Umgekehrt setzt die Gegenauffassung aber bereits die Fortführung des Unternehmens gedanklich voraus. Die Fortführungsprämisse (in___________ 58) BGHZ 146, 264, 271 = ZIP 2001, 235 (m. Anm. Altmeppen, S. 240) = NJW 2001, 1280, 1281, dazu EWiR 2001, 329 (Priester). 59) Kahlert, NWB Heft 26/2012, 2141, 2144; Horst, DB 2013, 656, 661; FK Schmerbach, InsO, § 19 Rn. 29; zum Ganzen auch Weitnauer, GWR 2012, 193. 60) Haas, DStR 2009, 326, 327; Frystatzki, NZI 2013, 609, 611 f.; K. Schmidt/K. Schmidt/ Herchen, § 39 Rn. 23.
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II. Antragspflicht (§ 15a InsO)
soweit sind auch die nachrangigen Forderungen zu berücksichtigen) wird aber bereits bei der Fortführungsprognose des § 19 Abs. 1 InsO verarbeitet, während die rechnerische Überschuldungsprüfung eben doch eine gewisse hypothetische Eröffnungsbilanz (vorbehaltlich von Sonderaktiva61) etc.) darstellt.62) Die Gefahr vorzeitiger Rückzahlung wird auch überschätzt, weil diese Rückzahlung i. d. R. anfechtbar wäre und/oder im Eröffnungsverfahren vom vorläufigen Verwalter verhindert würde. Umgekehrt sind Rückzahlungen vor Eröffnung auch bei nachrangigen Forderungen grundsätzlich gestattet, weil der Nachrang erst im Verfahren wirkt. Letztlich steckt hinter § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO zudem wohl auch die Wertung, dass das Insolvenzverfahren nicht wegen Forderungen durchgeführt werden soll, deren Befriedigung im Verfahren ausgeschlossen erscheint. Auf diese Weise werden auch die indirekten Insolvenzkosten vermieden. Praxistipp: Die Frage ist einstweilen ungeklärt und die hier abgelehnte Gegenauffassung hat ihrerseits beachtliche Argumente auf ihrer Seite. Daher empfiehlt es sich vorsorglich, auf einen qualifizierten Rangrücktritt zu beharren, wenn und soweit die Überschuldung davon abhängt.
Sonstige Rangrücktritte von Nichtgesellschaftern in einen Rang zwischen 56 § 39 Abs. 1 Nr. 4 und 5 InsO oder in den Rang des Nr. 5 InsO führen nicht dazu, dass entsprechende Forderungen nicht passiviert werden müssten. Sie führen auch nicht zur Anfechtung nach § 135 InsO,63) schon weil der Rangrücktritt dem jeweiligen Gläubiger nicht den erforderlichen Informationsvorsprung und die Insiderstellung verschafft.64) Eine Rangrücktrittsvereinbarung kann der AGB-Kontrolle unterliegen.65) b) Sonstige gesellschaftsrechtliche Ansprüche und Verbindlichkeiten Sonstige gesellschaftsrechtliche Verbindlichkeiten werden im Überschul- 57 dungsstatus passiviert.66) Dazu gehören x
Genussrechte67) und
x
stille Einlagen im Falle des § 236 HGB68).
___________ 61) Zur Einordnung der Haftung nach § 64 GmbHG als Sonderaktivum mit Recht kritisch Brünkmans, ZInsO 2011, 2167. 62) Vgl. auch Beschlussempfehlung Rechtsausschuss und Bericht zum MoMiG, BTDrucks. 16/9737, S. 58. 63) So im Ergebnis auch Bitter, ZIP 2013, 2 ff.; a. A. Bork, ZIP 2012, 2277, 2280. 64) Nach Auffassung des Verf. sind die Schutzzwecke von § 39 InsO und § 135 InsO konzeptionell – jedenfalls de lege ferenda – zu trennen, wie man am Fall des vereinbarten Rangrücktritts sehr gut verdeutlichen kann, vgl. Thole, ZHR 176 (2012), 513. 65) Zuletzt BGH, ZIP 2014, 1087, dazu EWiR 2014, 423 (Dörner). 66) K. Schmidt/K. Schmidt, InsO, § 19 Rn. 36. 67) K. Schmidt/K. Schmidt, InsO, § 19 Rn. 36; HK-Kirchhof, InsO, § 19 Rn. 22. 68) K. Schmidt/K. Schmidt, InsO, § 19 Rn. 36.
17
B. Rahmenbedingungen des Insolvenzantrags
58 Aktiviert werden auch x
Einlageansprüche,
x
Verlustdeckungsansprüche,
x
Ansprüche wegen Kapitalerhaltung,
x
entstandene Ansprüche wegen Geschäftsführerhaftung u. a. m.69)
58a Eine von der Überschuldungsprüfung zu unterscheidende Frage ist jene nach der Beachtlichkeit von Rangrücktritten bei der Zahlungsunfähigkeit. Insoweit genügt ein einfacher Rangrücktritt regelmäßig nicht, um die jeweilige Forderung unberücksichtigt zu lassen, denn bei § 17 InsO steht die Frage der Fälligkeit, d. h. eines zeitlichen Moments, und damit des vom BGH verlangten ernsthaften Einforderns im Vordergrund. Die Situation ist anders als bei der Überschuldung; die Frage ist zuletzt bei Genussrechten relevant geworden.70) 3. Rechtsfolgen der Verletzung der Antragspflicht a) Haftung 59 Die Verletzung der Antragspflicht kann Haftungsfolgen auf der Grundlage von § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a InsO haben.71) Die Haftung des Geschäftsführers für verbotene Zahlungen nach § 64 GmbHG, §§ 92 Abs. 2, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG besteht demgegenüber unabhängig von der Antragspflicht und setzt insbesondere nicht die Antragstellung oder Eröffnung des Verfahrens voraus72) (siehe näher Rn. 120). b) Verfahrenskostenvorschusspflicht nach § 26 Abs. 4 InsO 60 Die nach § 15a InsO antragspflichtigen Personen können unter Umständen auf Zahlung bzw. Erstattung eines Verfahrenskostenzuschusses in Anspruch genommen werden. Dies ergibt sich aus § 26 Abs. 3 InsO und aus der durch das ESUG neu eingeführten Regelung des § 26 Abs. 4 InsO. 61 Nach § 26 Abs. 3 InsO kann derjenige, der zur Abwendung der Abweisung mangels Masse einen Verfahrenskostenzuschuss leistet, bei derjenigen Person, die ihre Antragspflicht schuldhaft nicht oder – wie zu ergänzen ist73) – ___________ 69) K. Schmidt/K. Schmidt, InsO, § 19 Rn. 28. 70) Mock, NZI 2014, 102, 103; Bitter/Rauhut, ZIP 2014, 1005, 1013. 71) BGHZ 126, 181, 190 f. = ZIP 1994, 1103, dazu EWiR 1994, 791 (Wilhelm); BGH, WM 1993, 188 = ZIP 1993, 763 mit Anm. Ulmer (Anfragebeschluss); BGH, ZIP 1995, 124 = GmbHR 1995, 125, 126, dazu EWiR 1995, 371 (Wilhelm); NJW 1999, 2182, 2183; ZIP 2003, 1713, 1714; zust. Lutter/Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 64 Rn. 41; statt vieler Klöhn, in: MünchKommInsO, § 15a Rn. 140 m. w. N. 72) BGH, ZInsO 2010, 2101, 2102 Rn. 16; Brünkmans, ZInsO 2011, 2167, 2172. 73) OLG Brandenburg, ZInsO 2003, 224; Schilken, in: Jaeger, InsO, § 26 Rn. 92; HKKirchhof, InsO, § 26 Rn. 43; FK-Schmerbach, InsO, § 26 Rn. 96.
18
III. Gesellschaftsrechtliche Voraussetzungen für den Eröffnungsantrag
verspätet erfüllt haben, Rückgriff nehmen. Wegen des Prozesskostenrisikos werden Gläubiger es in der Regel scheuen, den Vorschuss bei bloß vager Möglichkeit der Rückerstattung zu leisten. Die Bedeutung der Vorschrift ist daher gering. Dies gilt auch für § 26 Abs. 4 InsO. Danach sind die nach § 15a InsO an- 62 tragspflichtigen Personen, die diese Pflicht verletzt haben, unmittelbar zur Einzahlung des Verfahrenskostenvorschusses verpflichtet. Anspruchsberechtigt sind der vorläufige Verwalter und jeder Gläubiger des Schuldners mit einem „begründeten Vermögensanspruch“. Das können Insolvenzgläubiger sein, aber auch Gläubiger, die erst im Eröffnungsverfahren Gläubiger geworden sind und ggf. im eröffneten Verfahren Massegläubiger wären.74) Ungeklärt ist,
63
x
wie der Anspruch im Eröffnungsverfahren durchgesetzt werden kann, insbesondere ob eine Leistungsverfügung analog § 940 ZPO denkbar ist,75)
x
ob der Anspruch nach Verfahrenseröffnung noch besteht und weiter verfolgt werden kann und ob er der Masse zusteht.76)
Die praktische Bedeutung der Vorschusspflicht dürfte wegen dieser Unklar- 64 heiten (vorerst) gering bleiben. III. Gesellschaftsrechtliche Voraussetzungen für den Eröffnungsantrag Über die eben genannten Vorgaben der InsO hinaus kann die Ausübung des 65 Antragsrechts auch an weitere binnengesellschaftliche Vorgaben gebunden sein. Dabei sind zwei Rechtsfragen auseinanderzuhalten:
66
x
Die erste Frage lautet, ob entsprechende Vorgaben und in welchem Umfang sie bestehen.
x
Die zweite Frage geht dahin, welche Rechtsfolgen eine Missachtung der binnengesellschaftlichen Anforderungen hat und wie sich dies auf die erfolgte Antragstellung auswirkt.
1. Pflicht zur Einholung eines Gesellschafterbeschlusses Bei der ersten Frage geht es um die Pflicht der Geschäftsleitung und Vertre- 67 tungsorgane, vor Antragstellung einen Gesellschafterbeschluss herbeizuführen. Diese Frage ist von praktischer Bedeutung, weil von ihrer Beantwortung ab___________ 74) A. A. wohl FK-Schmerbach, InsO, § 26 Rn. 119d. 75) Zum Ganzen Foerste, ZInsO 2012, 532 f.; Frind, ZInsO 2012, 1357, 1362; Marotzke, ZInsO 2013, 1940, 1941. 76) Zu dieser Frage verneinend Marotzke, ZInsO 2013, 1941, 1942 f.; Zimmermann, ZInsO 2012, 396, 398; bejahend Foerste, ZInsO 2012, 532 f.
19
B. Rahmenbedingungen des Insolvenzantrags
hängt, inwieweit Gesellschafter die Möglichkeit haben, den Gang in das Insolvenzverfahren und insbesondere in das Schutzschirmverfahren zu blockieren, etwa weil sie befürchten, im Insolvenzverfahren entmachtet zu werden. Eine Pflicht, ihre Zustimmung einzuholen, kann zudem Versuche einzelner Gesellschafter begünstigen, sich durch eine Lästigkeitsprämie ihre Zustimmung abkaufen zu lassen und damit Sondervorteile zu verschaffen, die bei rein wertmäßiger Beurteilung ihres Gesellschaftsanteils zu diesem Zeitpunkt als unverdient erscheinen mögen. 67a Von dem hier im Folgenden zu behandelnden Problem zu unterscheiden ist der Fall, dass ein (nicht geschäftsführender) Gesellschafter als Gläubiger einen (prima facie gewöhnlichen) Fremdantrag i. S. d. § 14 InsO stellt. Dann kommen ebenfalls Begrenzungen aufgrund der gesellschaftsinternen Treuepflicht in Betracht, ohne dass aber das Rechtsschutzinteresse nach § 14 InsO wegfällt.77) Auch ein Gesellschafter-Gläubiger kann im Grundsatz das Insolvenzverfahren nutzen, um seine Forderung (sprich seine Quotenerwartung) durchzusetzen. 68 Die Frage, ob vom Geschäftsführer ein Gesellschafterbeschluss einzuholen ist, ist Ausschnitt der übergeordneten und weitergehenden Frage, inwieweit die Kompetenzverteilung zwischen Geschäftsleitern und Anteilseignern/Gesellschaftern durch das Insolvenzrecht überlagert ist (siehe dazu ausführlich Rn. 82 ff.). a) Herrschende Meinung: Pflicht zur Einholung eines Beschlusses 69 Eine entsprechende Pflicht wird von der h. M. für Fälle des § 18 InsO, d. h. bei drohender Zahlungsunfähigkeit, im Ausgangspunkt bejaht.78) Anders wird dies beurteilt für Fälle, in denen eine Insolvenzantragspflicht der Mitglieder des Vertretungsorgans nach § 15a InsO besteht. In diesen Fällen könne das Vertretungsorgan seiner Pflicht zum Antrag nachkommen, ohne zuvor die Zustimmung des Gesellschafterkreises einzuholen.79) Damit wird insbesondere vermieden, dass die antragspflichtige Organperson in die Gefahr einer Haftung wegen Insolvenzverschleppung gerät. 70 Im Einzelnen wird von der h. M. noch nach Art der betroffenen Gesellschaftsform unterschieden: x
Bei der GmbH und der Unternehmergesellschaft wird innerhalb dieser Lehre die Pflicht, einen Gesellschafterbeschluss herbeizuführen, vergleichsweise unproblematisch bejaht, i. d. R. auf der Grundlage des § 49 Abs. 2
___________ 77) Geißler, ZInsO 2014, 1201, 1203. 78) Fölsing, ZInsO 2013, 1325, 1329; Hölzle, ZIP 2013, 1846, 1849; Wertenbruch, DB 2013, 1592, 1593 ff.; Wertenbruch, ZIP 2013, 1693, 1703; Thole, ZIP 2013, 1937, 1939; Saenger/ Al-Wraikat, NZG 2013, 1201, 1203; C. Schäfer, ZIP 2013, 2237, 2238; K. Schmidt/ K. Schmidt, InsO, § 18 Rn. 31. 79) Das ist unstreitig, Nachweise wie vor.
20
III. Gesellschaftsrechtliche Voraussetzungen für den Eröffnungsantrag
GmbHG.80) Allerdings wird zum Teil einschränkend formuliert, dass alternativ auch eine Zustimmung des Aufsichtsrats – soweit vorhanden – möglich sei und genüge.81) x
Demgegenüber wird bei einer AG eine Befragung der Hauptversammlung für unzweckmäßig erachtet.82) Andere Autoren bejahen dagegen eine Anwendung der Holzmüller-Doktrin.83) In seiner Entscheidung in der Sache Holzmüller hatte der BGH eine ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeit für eine Maßnahme bejaht, die an die Kernkompetenz der Hauptversammlung, über die Verfassung der AG zu bestimmen, rührt und tiefgreifend in die Mitgliedschaftsrechte eingreift, weil sie einer Satzungsänderung zumindest nahekommt.84) Wie der BGH in der nachfolgenden Gelatine-Entscheidung85) ausgeführt hat, ist diese Doktrin als Ergebnis einer offenen Rechtsfortbildung anzusehen.
x
Bei den Personengesellschaften (OHG, KG) wird innerhalb dieser Lehre ebenfalls unterschiedlich beurteilt, ob ein Gesellschafterbeschluss erforderlich ist. Wertenbruch differenziert danach, ob eine natürliche Person oder eine juristische Personen voll haftender Gesellschafter ist.86) Bei einer natürlichen Person als unbeschränkt haftendem Gesellschafter sei eine Einholung eines Gesellschafterbeschlusses nicht erforderlich, weil dem Gesellschafter über § 128 HGB die Inanspruchnahme aufgrund der akzessorischen Gesellschafterhaftung drohe.87) Das Interesse, diese Haftung durch Einleitung des Verfahrens zu begrenzen, genieße Vorrang vor dem Mitentscheidungsinteresse der Gesellschaftergesamtheit. Dementsprechend bejaht Wertenbruch für eine KG eine Zustimmungspflicht bezogen auf die Komplementäre und die Kommanditisten, wenn der Komplementär keine natürliche Person ist. Bei der GmbH & Co. KG ergibt sich daraus die Notwendigkeit, eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen, und zwar nach dieser Auffassung eine Zustimmung sowohl der GmbH-Gesellschafter als auch der KG-Gesellschafter. Andere Autoren wollen dagegen, soweit ersichtlich, nicht differenzieren, und be-
___________ 80) Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 60 Rn. 29; Uhlenbruck, in: K. Schmidt/ Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 5.50; Wertenbruch, DB 2013, 1592, 1593 m. w. N. 81) So K. Schmidt/K. Schmidt, InsO, § 18 Rn. 31; Kebekus/Zenker, in: Festschrift MaierReimer, S. 319, 335. 82) K. Schmidt/K. Schmidt, InsO, § 18 Rn. 31; Kebekus/Zenker, in: Festschrift MaierReimer, S. 319, 335. 83) Wortberg, ZInsO 2004, 707, 708. 84) BGHZ 83, 122, 131 = ZIP 1982, 568. 85) BGH, ZIP 2004, 993 (m. Anm. Altmeppen, S. 999), dazu EWiR 2004, 573 (Just). 86) Wertenbruch, DB 2013, 1592, 1595 f. Für die generelle Notwendigkeit offenbar K. Schmidt/ K. Schmidt, InsO, § 18 Rn. 31. 87) So auch Wortberg, ZInsO 2004, 707, 710.
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B. Rahmenbedingungen des Insolvenzantrags
jahen unterschiedslos eine Pflicht zur Einholung des Beschlusses auch bei den Personengesellschaften.88) 71 Nimmt man die für die GmbH angeführten Argumente als pars pro toto, so werden im Wesentlichen vier, sachlich miteinander verknüpfte Argumente bemüht:89) 1. Vor Insolvenzantragstellung bestünden die gesellschaftsrechtlichen Vorgaben uneingeschränkt. Sie seien noch nicht durch den Insolvenzzweck und die Verpflichtung auf das Gläubigerinteresse beeinträchtigt. 2. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens führe zu einer Zweckänderung der Gesellschaft und stehe einem Auflösungsbeschluss i. S. d. § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG gleich. 3. Es handele sich bei dem Antrag nicht um eine gewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahme, sondern um ein Grundlagengeschäft, das nach allgemeinen Regeln der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfe. 4. Für eine Pflicht zum vorherigen Gesellschafterbeschluss spreche auch die Pflicht des § 49 Abs. 3 GmbHG, eine Gesellschafterversammlung bei Verlust der Hälfte des Stammkapitals einzuberufen. Dies diene auch dem Schutz der Gesellschafter, die Maßnahmen zur Sanierung ergreifen könnten. Die Pflicht zur Einholung der Zustimmung konkretisiere vor diesem Hintergrund lediglich die allgemeine Vorgabe in § 49 Abs. 2 GmbHG, nach der die Gesellschafterversammlung einzuberufen ist, wenn es das Interesse der Gesellschaft erfordere. Dies sei bei dem Gang in das Insolvenzverfahren der Fall. 72 OLG München: Das OLG München hat in einem obiter dictum eines nicht rechtskräftigen Urteils (zur Haftung des Geschäftsführers der KomplementärGmbH einer GmbH & Co. KG) die eben referierte Auffassung gestützt. Das OLG führt aus:90) „Nach herrschender Meinung in der Literatur darf ein Geschäftsführer nämlich gegen den Willen der Gesellschafter keinen Insolvenzantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit stellen (für die GmbH: Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 60 Rn. 29, § 64 Rn. 161; Leinekugel/Skauradszun, GmbHR 2011, 1121, 1123 ff.; Tetzlaff, ZInsO 2008, 137, 139; für die AG: Wortberg, ZInsO 2004, 707, 708). Ein solcher Gesellschafterbeschluss ist zwar im Außenverhältnis keine Voraussetzung der Antragstellung oder Verfahrenseröffnung. Im Innenverhältnis einer von Zahlungsunfähigkeit bedrohten Gesellschaft ist das antragsberechtigte Organ jedoch zur Einholung eines entsprechenden Beschlusses verpflichtet, da es sich nicht um eine Geschäftsführungsmaßnahme, sondern um ein den Gesellschaftszweck änderndes – mit Verfahrenseröffnung endet die werbende Tätigkeit der Gesellschaft (Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB,
___________ 88) K. Schmidt/K. Schmidt, InsO, § 18 Rn. 31 generell ablehnend Wortberg, ZInsO 2004, 707, 711. 89) Leinekugel/Skauradszun, GmbHR 2011, 1121, 1124 f.; Wortberg, ZInsO 2004, 707, 710; Haas, DStR 1998, 1359, 1363. 90) OLG München, ZIP 2013, 1121, 1124.
22
III. Gesellschaftsrechtliche Voraussetzungen für den Eröffnungsantrag 35. Aufl. [2012], § 131 Rn. 29) – Grundlagengeschäft handelt (so für die GmbH auch Leinekugel/Skauradszun, GmbHR 2011, 1121, 1124 f.). Die drohende Zahlungsunfähigkeit löst keine – ohne schuldhaftes Zögern zu erfüllende (§ 15a Abs. 1 InsO) – Insolvenzantragspflicht aus, sondern berechtigt die Gesellschaft lediglich zur Antragstellung und das Insolvenzgericht zur Verfahrenseröffnung (§ 18 Abs. 2 InsO). Dementsprechend droht dem antragsberechtigten Organ keine Haftung wegen Insolvenzverschleppung (Bußhardt, in: Braun, InsO, 5. Aufl. [2012], § 18 Rn. 4; H.-F. Müller, in: Jaeger, InsO, 2004, § 18 Rn. 3). In den Vordergrund treten damit die Interessen der Gesellschafter als wirtschaftliche Eigentümer des Gesellschaftsunternehmens. Aus deren Sicht gleicht eine Insolvenzverfahrenseröffnung letztlich einer Auflösung der Gesellschaft, über die nach der gesellschaftsrechtlichen Zuständigkeitsordnung allerdings gerade nicht der Komplementär allein entscheidet, sondern die Gesellschafter durch Beschluss (§ 161 Abs. 2 HGB, § 131 Abs. 1 Nr. 1 HGB). Darüber hinaus haben die Gesellschafter, wenn sie sich auf Grund einer abzeichnenden finanziellen Schieflage der Gesellschaft für eine Beendigung der geschäftlichen Aktivitäten entscheiden, ein Interesse an einer geregelten, unter alleiniger Hoheit der Gesellschaft – nicht eines Insolvenzgerichts oder eines Insolvenzverwalters – stattfindenden Liquidation gem. § 161 Abs. 2 HGB, §§ 145 ff. HGB.“
Damit folgt das OLG München der Auffassung der h. L. für die Kommandit- 73 gesellschaft. Im konkreten Fall kam es darauf allerdings nicht an. Der Geschäftsführer hatte seine Pflichten schon deshalb verletzt, weil er die drohende Zahlungsunfähigkeit unzureichend dargelegt hatte. b) Gegenauffassung: keine Pflicht zur Einholung eines Gesellschafterbeschlusses In der Literatur wird die h. M. zum Teil auch kritisiert.91) Die Argumentation 74 betrifft drei Punkte: 1. Es handele sich bei der Antragstellung nicht um ein Grundlagengeschäft, sondern um eine auf Sanierung gerichtete Geschäftsführungsmaßnahme. Eine Änderung des Gesellschaftszwecks erfolge nicht mehr. Die Auflösung sei gerade nicht mehr zwangsläufige Folge eines Insolvenzverfahrens. 2. Bei der Unternehmergesellschaft gilt gem. § 5a Abs. 4 GmbHG, dass die Gesellschafterversammlung bei drohender Zahlungsunfähigkeit einzuberufen ist. Da dies bei der GmbH nicht vorgesehen sei, dürfe man auch keine entsprechende Pflicht statuieren. 3. Würde ein Beschluss verlangt, wäre das Blockadepotential der Gesellschafter nicht vollständig beseitigt. Dies widerspreche den Zielen des ESUG. c) Stellungnahme Für die Praxis dürfte vorerst von der Maßgeblichkeit der h. M. auszugehen 75 sein. Diese Auffassung erscheint auch sachgerecht. Vor Antragstellung ist zwar der in den Insolvenzverfahrenszielen zum Ausdruck gebrachte Gläubigerschutzzweck schon partiell präsent, weil dann typischerweise etwa die ___________ 91) Meyer-Löwy/Pickerill, GmbHR 2013, 1065, 1068 ff.
23
B. Rahmenbedingungen des Insolvenzantrags
Kapitalbindung nach § 30 GmbHG greift. Er überlagert aber den Gesellschaftszweck noch nicht. Unter dieser Prämisse ist eine binnengesellschaftliche Pflicht nicht schon grundsätzlich gesperrt. Obwohl die „Sanierung im Insolvenzverfahren“ nach dem Willen des Gesetzgebers nur eine Option aus dem Handwerkskasten der Sanierungsinstrumente sein soll, so sind doch die Auswirkungen für die Gesellschaft einschneidend, weil das Handeln der Organe und der Gesellschafter umfänglich auf das Gläubigerinteresse verpflichtet wird, und dies unter „amtlicher“ Überwachung durch das Insolvenzgericht und/oder Verwalter/Sachwalter geschieht. Daher wird man den Antrag als Grundlagengeschäft einordnen können und nicht als reine Geschäftsführungsmaßnahme. Ob man zumindest für die Publikums-AG wegen der Unzweckmäßigkeit der Einberufung einer Hauptversammlung eine Ausnahme einziehen muss, ist fraglich, aber zu verneinen92) – wohlgemerkt, es geht hier allein um Fälle der drohenden Zahlungsunfähigkeit. d) Erforderliches Quorum 76 Aus der Einordnung als Grundlagengeschäft folgert die bejahende Ansicht auch das erforderliche Quorum, das für den Beschluss maßgeblich ist. Entsprechend § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG ist eine Drei-Viertel-Mehrheit erforderlich.93) Gleiches wird für die AG angenommen. Dort hat der II. Senat des BGH in der Holzmüller-Situation die Notwendigkeit einer Drei-ViertelMehrheit angenommen.94) 77 Bei Personengesellschaften wird von der bejahenden Auffassung sogar Einstimmigkeit nach § 116 Abs. 2 HGB verlangt, soweit nicht durch eine Mehrheitsklausel, die ausdrücklich auf den Insolvenzantrag umfasse, Abweichendes in der Satzung geregelt sei.95) 78 Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, die nicht alleinvertretungsberechtigt sind, muss ggf. auch auf Ebene der Geschäftsführer eine Mehrheitsentscheidung herbeigeführt werden, arg. § 18 Abs. 3 InsO. 2. Rechtsfolgen bei Verletzung der Pflicht 79 Bei den Rechtsfolgen bei Verletzung der Pflicht zur Einholung des Beschlusses besteht Einigkeit. Der Insolvenzantrag wird im Außenverhältnis als wirksam betrachtet.96) Er setzt also das Eröffnungsverfahren in Gang. Das entspricht auch der Parallelargumentation in der Gelatine-Entscheidung des II. Zivilsenats des BGH zur Außenwirkung von Maßnahmen, die ohne die ___________ 92) Wertenbruch, DB 2013, 1592, 1594. 93) Saenger/Al-Wraikat, NZG 2013, 1201, 1204. 94) BGHZ 83, 122, 136, 140 = ZIP 1982, 568; Wortberg, ZInsO 2004, 707, 709; Wertenbruch, DB 2013, 1592, 1594. 95) Fölsing, ZInsO 2013, 1325, 1329. 96) Wertenbruch, DB 2013, 1592, 1593; Leinekugel/Skauradszun, GmbHR 2011, 1121. Teils anders jetzt aber H. F. Müller, DB 2014, 41, 44.
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III. Gesellschaftsrechtliche Voraussetzungen für den Eröffnungsantrag
erforderliche Zustimmung durchgeführt werden.97) Allerdings wird neuerdings vertreten, dass in einem solchem Falle – bei Nichteinholung eines Gesellschafterbeschlusses – von einem Missbrauch des Verfahrens und/oder der entsprechenden Anwendung des § 162 Abs. 2 BGB (treuwidrige Herbeiführung einer Bedingung) auszugehen sei, was auch das Insolvenzgericht zu beachten habe.98) Das ist aber m. E. eine Frage des Missbrauchs und der Zweckgemäßheit des Verfahrens insgesamt (dazu Rn. 280, 283). Allerdings löst die Verletzung der Pflicht Schadensersatzansprüche gegen den 80 Antragsteller aus. Über die konkreten Fragen bei der Berechnung des Schadens wird, soweit ersichtlich, mit Blick auf die Antragssituation bisher nicht diskutiert. Eine Naturalrestitution kann kaum sinnvollerweise erfolgen, weil der Antragsteller das Eröffnungsverfahren und erst recht das eröffnete Verfahren nicht mehr in der Hand hat.99) Die (anderen) Gesellschafter sind daher nur vermögensmäßig so zu stellen, wie sie stünden, wenn ein Gesellschafterbeschluss eingeholt worden wäre. Hier stellen sich zahlreiche Fragen der Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs und der Kausalität. Wäre eine Zustimmung zur Antragstellung auch bei Einholung des Beschlusses sicher gewesen, fehlt es am Schaden. Eine vollumfängliche Haftung scheidet auch in Bezug auf die im eröffneten Verfahren erfolgten Maßnahmen aus, wenn das Verfahren nicht wegen drohender Zahlungsunfähigkeit, sondern wegen Überschuldung oder tatsächlicher Zahlungsunfähigkeit eröffnet wird, denn dann hätte ohnehin eine Antragspflicht bestanden. Soweit es um die Haftung für den erlittenen Wertverlust des Gesellschaftsanteils geht, ist zu berücksichtigen, dass dieser Anteil schon im Zeitpunkt der pflichtwidrig erfolgenden Antragstellung wertlos gewesen sein kann. Ob auch ein (mittels einstweiliger Verfügung durchzusetzender) Anspruch 81 auf Rücknahme des Insolvenzantrags im laufenden Eröffnungsverfahren besteht, ist fraglich und bisher, soweit ersichtlich, nicht behandelt worden. Dies dürfte daran liegen, dass mit dem Antrag oft tatsächlich die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eintritt (Domino-Effekt) und dann der Bereich des § 15a InsO eröffnet ist, sodass ein Primäranspruch auf Rücknahme nicht mehr in Frage kommt. Im Übrigen ist die Frage ungeklärt. Man könnte das Rechtsschutzbedürfnis für ein entsprechendes Verfügungsbegehren verneinen, soweit man – siehe dazu Rn. 204 – auch im Antrags- bzw. Schutzschirmverfahren die Kompetenz der Gesellschafterversammlung bejaht, eine Aufhebung bzw. Rücknahme des Antrags zu beschließen und soweit der Verfügungskläger etwa über § 50 GmbHG notfalls selbst die Gesellschafterversammlung einberufen kann. Ob die angesprochene Kompetenz der Gesellschafterversammlung im Antragsverfahren noch besteht, ist eine Frage des § 276a InsO (siehe dazu Rn. 197). ___________ 97) BGH, ZIP 2004, 993 (m. Anm. Altmeppen, S. 999). 98) In diese Richtung Westermann, NZG 2015, 134, 136 f. 99) A. A. Wertenbruch, ZIP 2013, 1693, 1703.
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C. Die Kompetenzverteilung zwischen den Gesellschaftsorganen und dem Insolvenzverwalter im Regelinsolvenzverfahren I. Die Verwaltungs- und Verfügungsmacht des Insolvenzverwalters Im Regelinsolvenzverfahren tritt der Insolvenzverwalter gemäß § 80 InsO 82 weitgehend an die Stelle der Geschäftsleitung. Zugleich darf es einen Einfluss der gesellschaftsrechtlichen Überwachungsorgane (Aufsichtsrat, Haupt-/Gesellschafterversammlung) auf die Verwaltung und Verwertung der Masse nicht geben. Der Insolvenzzweck überlagert insoweit den Gesellschaftszweck. Einer ausdrücklichen Anordnung wie bei § 276a InsO bedarf es insoweit nicht. Was den genauen Zuschnitt der Befugnisse des Verwalters einerseits und 83 der Restbefugnisse der Gesellschaftsorgane andererseits angeht, so sind zwei Rechtsfragen auseinanderzuhalten: x
die Frage nach der Zuständigkeit für eine Maßnahme,
x
die Frage nach den inhaltlichen, durch den Insolvenzzweck gebotenen Schranken bei der Ausübung und Wahrnehmung der Zuständigkeit.
Selbst wenn eine grundsätzliche Zuständigkeit gegeben ist, kann ihre Wahr- 84 nehmung im Einzelfall am Insolvenzzweck scheitern. Beispielsweise kann eine Maßnahme als insolvenzzweckwidrig und auf dieser Grundlage als unwirksam oder nicht bindend angesehen werden.100) Im Folgenden steht allerdings zunächst die grundsätzliche Frage nach der 85 Kompetenz im Vordergrund. 1. Überschneidung zwischen Verdrängungs-, Schuldner- und Mischbereich Herkömmlich wird zwischen dem Verdrängungsbereich, dem Schuldnerbe- 86 reich und einem – selten einschlägigen – Misch-/Überschneidungsbereich unterschieden.101) x
Verdrängungsbereich: In diesem Bereich ist ausschließlich der Insolvenzverwalter berechtigt; die Kompetenz der Gesellschaftsorgane wird verdrängt.
___________ 100) Finke, Kollision von Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht, S. 211 ff. 101) Weber, KTS 1970, 73 ff.; darstellend Haas/Hossfeld, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 92 Rn. 296 ff.; Finke, Kollision von Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht, S. 69 ff.; Noack, ZIP 2002, 1873, 1874; Noack, in: Kübler/Prütting, InsO, Sonderband Gesellschaftsrecht, Rn. 356 ff.; im Zusammenhang mit der Eigenverwaltung auch Bierbach, in: Kübler, HRI, § 10 Rn. 161 ff.; Klöhn, NZG 2013, 81, 82; Uhlenbruck-Uhlenbruck, InsO, § 270 Rn. 37 ff. m. w. N.; Hess/Ruppe, NZI 2002, 577, 579 f.
27
C. Die Kompetenzverteilung im Regelinsolvenzverfahren
x
x
Schuldnerbereich bzw. insolvenzfreier Bereich: In diesem Bereich haben die Gesellschaftsorgane die ausschließliche Kompetenz. Dies betrifft insbesondere –
das nicht dem Insolvenzbeschlag unterliegende Vermögen (z. B. freigegebene Gegenstände) bzw. generell masseneutrale Vorgänge und
–
die Wahrnehmung von Verfahrensrechten des Schuldners.
Misch-/Überschneidungsbereich: In diesem Fall müssen Verwalter und Gesellschaftsorgane zusammenwirken, da sowohl die Masse als auch der Organisationsbereich der Gesellschaft betroffen sind. Es besteht Einigkeit, dass dies nur selten der Fall ist – genannt wird z. B. die Übertragung von vinkulierten Namensaktien (siehe dazu genauer Rn. 91).102)
87 Die jeweilige Organstellung bleibt von der Eröffnung des Verfahrens zunächst unberührt. Das entspricht der h. M.103) Davon zu unterscheiden ist ein etwaiger Anstellungsvertrag. Er kann vom Insolvenzverwalter gekündigt werden (§ 113 InsO). Ein Wechsel der Organstellung hat keine Auswirkungen auf die Masse, soweit nicht der Verwalter zustimmt.104) 2. Kompetenzverteilung im Einzelnen 88 Für die Abgrenzung der Kompetenzen von Vorstand/Geschäftsführung, Aufsichtsrat, Haupt-/Gesellschafterversammlung und Insolvenzverwaltung lassen sich folgende Grundsätze aufstellen: a) Die Geschäftsleitung 89 Die Geschäftsleitungsaufgabe (§ 35 GmbHG, § 76 AktG) betrifft nur noch den Bereich, der nicht zum Verdrängungsbereich gehört. 90 Testfrage: Bezieht sich die Maßnahme unmittelbar auf die Masse i. S. d. §§ 35, 36 InsO? Wenn die Frage zu bejahen ist, liegt die Befugnis beim Insolvenzverwalter. Beispiel: Zum Verdrängungsbereich gehört auch die Rechnungslegungspflicht nach § 41 GmbHG105) (wie § 155 InsO anordnet).
___________ 102) Noack, in: Kübler/Prütting, InsO, Sonderband Gesellschaftsrecht, Rn. 357; Windel, in: Jaeger, InsO, § 80 Rn. 91. 103) Noack, in: Kübler/Prütting, InsO, Sonderband Gesellschaftsrecht, Rn. 290; Haas/ Hossfeld, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 92 Rn. 269. 104) Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 11 Rn. 187. 105) Haas/Hossfeld, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 92 Rn. 290. Vgl. OLG Oldenburg, Rpfleger 1993, 451.
28
I. Die Verwaltungs- und Verfügungsmacht des Insolvenzverwalters
Zuständig ist die Geschäftsleitung weiterhin für folgende Geschäftsführungs- 91 maßnahmen:106) x
Wahrnehmung der Verfahrensrechte der Gesellschaft,107) z. B. Einlegung der sofortigen Beschwerde nach § 34 Abs. 2 InsO, Antrag auf Aufhebung oder Beschränkung der Postsperre nach § 99 InsO; Unterrichtung durch den Insolvenzverwalter nach §§ 158, 160 f. InsO; Schuldnerwiderspruch nach §§ 176 Satz 2, 178 Abs. 1 Satz 2 InsO; Berichtigung der Schlussrechnung (§ 66 InsO), Anträge nach § 161 Satz 2, 186, 212, 213 InsO und Vorschläge für den Insolvenzplan (siehe dazu genauer Rn. 97).
x
Beschlussmängelklagen: Zu differenzieren ist, ob der Beschluss bzw. dessen Anfechtung für die Masse nachteilig sein können; das ist im Zweifel zu bejahen, wenn nicht ausschließlich der insolvenzfreie Bereich betroffen ist. Abgrenzungskriterium ist insofern der Inhalt des angefochtenen Beschlusses. Soweit er masserelevant ist, muss sich die Beschlussmängelklage gegen den Verwalter richten, andernfalls bleibt es bei der AG bei der Doppelvertretung (§ 246 Abs. 2 Satz 2 AktG) von Vorstand und Aufsichtsrat.
x
Verwaltung insolvenzfreien bzw. freigegebenen Vermögens
x
Sonstige insolvenzneutrale Maßnahmen: Dazu gehören die Anmeldung von Änderungen des Gesellschafterkreises oder der Geschäftsführer zum Handelsregister (§ 78 GmbHG) sowie Anmeldung einer im Gesellschafterkreis beschlossenen Erhöhung des Stammkapitals (anders im Planverfahren, siehe Rn. 265)108); außerdem die Erfüllung kapitalmarktrechtlicher Pflichten,109) die Einberufung der Haupt/Gesellschafterversammlung, soweit nicht eine Einberufung schon deshalb ausscheidet, weil die Versammlung nach den Tagesordnungspunkten auf Überwachung des Insolvenzverwalters abzielt (zur Eigenverwaltung siehe insoweit Rn. 161).110)
x
Zustimmung zur Übertragung vinkulierter Namensaktien, wenn bereits voll eingezahlt (sonst auch Zustimmung des Verwalters erforderlich, weil Prüfung der Solvenz des Einlegers möglich und masserelevant).111)
___________ 106) Vgl. Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 11 Rn. 184 ff.; Haas/Hossfeld, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 92 Rn. 297 f.; für die AG vgl. Finke, Kollision von Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht, S. 88 ff. 107) Hüffer, in: MünchKommAktG, § 264 Rn. 66. 108) Haas/Hossfeld, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 92 Rn. 281 m. w. N. 109) Näher Hirte, ZInsO 2006, 1289; K. Schmidt, AG 2006, 597, 600 f.; M. Weber, ZGR 2001, 422, 432 ff.; Albrecht/Stein, ZInsO 2009, 1886 ff., 1939 ff., 1991 ff. 110) Ungenau Hüffer, in: MünchKommAktG, § 264 Rn. 71. 111) Für Mischbereich Windel, in: Jaeger, InsO, § 80 Rn. 91; Hüffer, in: MünchKommAktG, § 264 Rn. 72, 80.
29
C. Die Kompetenzverteilung im Regelinsolvenzverfahren
x
Abgabe der Entsprechenserklärung nach § 161 AktG in der AG im Zusammenwirken mit dem Aufsichtsrat.112)
92 Nicht masseneutral ist die Firmenänderung.113) b) Rechte der Gesellschafter/-versammlung 93 Die Rechte der Gesellschafter werden vorrangig über die Gesellschafterversammlung (Hauptversammlung) wahrgenommen. Sie lassen sich unterteilen in Teilhaberechte, Schutzrechte und Vermögensrechte.114) 94 Diese Rechte müssen sich ebenfalls dem Insolvenzzweck unterordnen. Das gilt unabhängig davon, ob sie über die Gesellschafterversammlung wahrgenommen werden oder ausnahmsweise als individuelles Recht gegenüber der Geschäftsleitung ausgestaltet sind, z. B. § 51a GmbHG. 95 Daher ist zunächst zu fragen, welche Befugnisse der Gesellschafterversammlung noch verbleiben. Es ergeben sich am Beispiel der GmbH folgende Grundsätze: x
Überwachung und Prüfung der Geschäftsleitung (§ 46 Nr. 6 GmbHG): bezüglich der Verwaltung der Masse ebenfalls verdrängt – keine Überwachung des Insolvenzverwalters außerhalb des Insolvenzverfahrens
x
Abberufung und Bestellung des Geschäftsführers (§ 46 Nr. 5 GmbHG): nicht verdrängt, aber folgenlos für die Masse, insbesondere keine Kompetenz zur Entscheidung über den Anstellungsvertrag
x
Entlastung des Geschäftsführers oder Vorstands (§ 46 Nr. 5 GmbHG): nicht verdrängt, hat aber auch bei der GmbH keine haftungsbefreiende Wirkung zulasten der Masse (bei der AG wegen § 120 Abs. 2 Satz 2 AktG ohnehin nicht)
x
Feststellung und Verwendung des Jahresabschlusses sowie Offenlegung (§ 46 Nr. 1 und 1a GmbHG): wegen § 155 InsO bezogen auf die Masse verdrängt und vom Verwalter vorzunehmen115)
x
Einforderung von Einlagen und Rückzahlung von Nachschüssen und Fehlbeträgen (§§ 24 ff. GmbHG i. V. m. § 46 Nr. 2 und 3 GmbHG): verdrängt, da Massebezug und typische Verwaltungsaufgabe; nicht verdrängt dagegen der bei § 26 GmbH als Tatbestandsvoraussetzung ggf. erforderliche Beschluss über die Nachschusspflicht116)
___________ 112) 113) 114) 115) 116)
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So Mock, ZIP 2010, 15, 17 f. Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 11 Rn. 192. Haas, in: Festschrift Konzen, S. 157, 160. Kritisch Haas, in: Festschrift Stürner, S. 749, 758. BGH, DStR 1994, 1129 mit Anm. Goette; a. A. offenbar für die Einforderungsbefugnis Weber, KTS 1970, 73, 80; Haas, in: Festschrift Konzen, S. 157, 162; offen UhlenbruckHirte, InsO, § 11 Rn. 193.
I. Die Verwaltungs- und Verfügungsmacht des Insolvenzverwalters
x
Teilung, Einziehung von Geschäftsanteilen etc. (§ 46 Nr. 4 GmbHG): grundsätzlich nicht verdrängt
x
Bestellung von Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten (§ 46 Nr. 7 GmbHG): verdrängt117)
x
Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Geschäftsführer und Gesellschafter (§ 46 Nr. 8 GmbHG): verdrängt
Die Verdrängungswirkung erfasst auch – streitig – die actio pro socio, wenn 96 und weil es um Sozialansprüche der Gesamthand118) geht, die Massebestandteil sind.119) Die h. M. hält die actio pro socio aber im Ergebnis für zulässig.120) x
Entscheidung über Prozessvertretung (§ 46 Nr. 8 GmbHG): verdrängt, wenn nicht der Schuldnerbereich betroffen ist
x
Bestellung von Abschlussprüfern: verdrängt, Wertung des § 155 Abs. 3 InsO; anders für Entziehung des Auftrags121)
x
Umfirmierung: grundsätzlich verdrängt, da ersichtlich masserelevant,122) allerdings kann hier ein Fall des Mischbereichs anzunehmen sein, da eine zu Sanierungszwecken angestrebte Umfirmierung auch den Insolvenzschuldnerbereich betrifft. Der Verwalter kann aber ohne Mitwirkung der Organe das Handelsgeschäft mit Firma veräußern (§ 22 HGB), der Erwerber kann ohne Weiteres die Firma ändern.123) Wird die Firma noch vom Verwalter geändert, bedarf es der Zustimmung der Gesellschaftsorgane dann nicht, wenn die Firmenänderung Teil des einheitlichen Veräußerungsvorgangs ist.
x
Beschluss über Insolvenzplan nach § 218 Abs. 1 InsO:124)
Die Gesellschaft hat nach § 218 Abs. 1 InsO ein originäres (ohne Auftrag 97 der Gläubigerversammlung bestehendes) Planvorlagerecht. Die Vorlage des Plans ist grundsätzlich Aufgabe der Geschäftsführung oder des Vorstands. Hier werden Verfahrensrechte der Schuldnerin wahrgenommen (speziell zum Problem bei Eigenverwaltung siehe Rn. 191). ___________ 117) Haas, in: Festschrift Konzen, S. 157, 162. 118) Zum Begriff der Sozialansprüche RGZ 70, 32, 33 f.; BGH, NJW 1987, 1515, 1516. 119) A. A. wohl KG, DStR 2000, 1617 f. mit Anm. Haas; Scholz/K. Schmidt/Bitter, GmbHG, Vor § 64 Rn. 114; Haas, in: Festschrift Konzen, S. 157, 165. 120) Wie vor. 121) Haas/Hossfeld, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 92 Rn. 306. 122) Schluck-Amend, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 1039, 1041. Bei persönlicher Betroffenheit des Namensträgers kann dessen Zustimmung einzuholen sein, H. F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 174. 123) OLG Karlsruhe, ZIP 1993, 133, 134; Scholz/K. Schmidt/Bitter, GmbHG, Vor § 64 Rn. 110. 124) Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 11 Rn. 191.
31
C. Die Kompetenzverteilung im Regelinsolvenzverfahren
98 Von der Kompetenz zu unterscheiden ist der Inhalt des Plans. Sieht er Strukturänderungen vor, die außerhalb der Insolvenz eine Zuständigkeit der Gesellschafter-/Hauptversammlung erfordern, z. B. bei erforderlichen Satzungsänderungen (§ 53 GmbHG, § 179 Abs. 1 AktG i. V. m. § 119 Abs. 1 Nr. 5 AktG), so tritt die Gläubiger-/Beteiligtenversammlung bei der Abstimmung über den Plan an die Stelle der Gesellschafter-/Hauptversammlung (§ 254a Abs. 2 InsO). x
Nachgründung:
99 Ist für eine Nachgründung i. S. d. § 52 AktG noch die Zustimmung der Hauptversammlung erforderlich, so tritt wegen des Massebezugs der Insolvenzverwalter an ihre Stelle.125) c) Insbesondere: Satzungsänderungen und Kapitalmaßnahmen 100 Grundsätzlich darf die Gesellschafterversammlung Satzungsänderungen beschließen, die sich nicht auf Massegegenstände beziehen.126) 101 Auch für die Sitzverlegung bleibt die Versammlung zuständig. Der Beschluss ist aber inhaltlich insolvenzzweckwidrig und – soweit man von einer Änderung des Gesellschaftszwecks mit Eröffnung ausgeht – auch gesellschaftszweckwidrig.127) 102 Bei Kapitaländerungen ist zu unterscheiden: Die Haupt/Gesellschafterversammlung bleibt grundsätzlich zuständig für Kapitalerhöhungen und -herabsetzungen nach Verfahrenseröffnung. Es ist aber zu differenzieren, ob Masserelevanz besteht. Daraus ergeben sich folgende Unterscheidungen: x
ordentliche, effektive Kapitalherabsetzung: soweit sie tatbestandlich ausnahmsweise in Betracht kommt, nicht zulässig;
x
vereinfachte Kapitalherabsetzung (Buchsanierung, §§ 58a ff. GmbHG, §§ 229 ff. AktG): Gesellschafterversammlung128)
x
effektive Kapitalerhöhung: Gesellschafterversammlung zuständig, aber nicht im Planverfahren (dann nur die Beteiligtenversammlung), aber keine Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen, die dem Verwalter nicht aufgedrängt werden dürfen;129)
___________ Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 11 Rn. 190; Noack, ZIP 2002, 1873, 1874. Vgl. Schluck-Amend, in: Festschrift Hoffmann-Becking, S. 1039, 1041. LG Berlin, ZIP 1999, 1050; Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 11 Rn. 192. BGHZ 138, 71, 78 f. = ZIP 1998, 692, dazu EWiR 1999, 49 (Dreher); OLG Dresden, ZIP 1996, 1780, 1782; H. F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 180 m. w. N.; Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 506. 129) Windel, in: Jaeger, InsO, § 80 Rn. 94. a. A. offenbar H. F. Müller, ZGR 2004, 842, 844.
125) 126) 127) 128)
32
I. Die Verwaltungs- und Verfügungsmacht des Insolvenzverwalters
x
Kapitalschnitt: grundsätzlich zulässig, aber i. d. R. wird dies im Planverfahren bewerkstelligt, sodass die Beteiligtenversammlung die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung verdrängt;
x
Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§ 57c ff. GmbHG, § 207 ff. AktG): grundsätzlich schon wegen Überschuldung tatbestandlich ausgeschlossen; im Übrigen m. E. wegen des Gestaltungsspielraums des Verwalters verdrängt130) und erst recht dann, wenn Kapitalerhöhung im Planverfahren angestrebt;
x
vor Verfahrenseröffnung beschlossene, aber noch nicht zum Handelsregister angemeldete Kapitalerhöhung:
In einem solchen Fall wird der Erhöhungsbeschluss mit Eröffnung nicht un- 103 wirksam.131) Der Insolvenzverwalter, nicht der Geschäftsleiter, ist befugt (aber nicht verpflichtet), die Erhöhung anzumelden.132) Streitig ist, ob der Kapitalerhöhungsbeschluss von den Gesellschaftern wie- 104 der aufgehoben werden darf.133) Dies scheint der BGH ebenso zu bejahen wie nunmehr das OLG Zweibrücken134). Das OLG führt aus: „Sofern keine Registereintragung erfolgt, kann der Gesellschafterbeschluss jedoch auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft wirksam aufgehoben werden. Der Insolvenzverwalter kann die Gesellschafter gegen deren Willen nicht zwingen, die Kapitalerhöhung zu Ende zu führen…Der Kl. war als Insolvenzverwalter auch nicht befugt, die Eintragung des Gesellschafterbeschlusses vom 19.9.2011 in das Handelsregister herbeizuführen. Er hat keine Rechtsmacht, die insolvente Gesellschaft im Rahmen eines Registerverfahrens auf Eintragung einer beschlossenen Stammeinlagenerhöhung zu vertreten. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht nur das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Der Gesellschafterbeschluss vom 19.9.2011 über die Stammeinlagenerhöhung hatte aber den gesellschaftsrechtlichen Bereich der Gesellschaft nicht verlassen und unterfiel deshalb nicht der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters (vgl. BayObLG, KTS 2004, 410, 413 = BeckRS 2004, 03805).“
Dies überzeugt nicht. Richtigerweise ist nach Zeitabschnitten zu unterschei- 105 den:135) 1. Sind Zeichnungs- bzw. Übernahmeverträge noch nicht abgeschlossen, darf die Gesellschafterversammlung ihren Beschluss wieder aufheben. ___________ 130) A. A. H. F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 180 ff. 131) So RGZ 77, 152, 154 f.; Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 55 Rn. 46; zum Problem ausf. Segmiller, Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan, S. 88 ff.; H. F. Müller, ZGR 2004, 842, 847. 132) H. F. Müller, ZGR 2004, 842, 847. 133) Bejahend wohl BGH, ZIP 1995, 28 = NJW 1995, 460, dazu EWiR 1995, 107 (von Gerkan); zum Ganzen Segmiller, Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan, S. 91 ff. 134) OLG Zweibrücken, GWR 2014, 109 = ZIP 2014, 588, dazu EWiR 2014, 313 (Priester). 135) Segmiller, Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan, S. 97.
33
C. Die Kompetenzverteilung im Regelinsolvenzverfahren
Dies gilt nur dann nicht, wenn es – theoretisch – Gegenstand eines zur Abstimmung gestellten Plans ist, dass der Beschluss bestätigt wird. 2. Sind dagegen Zeichnungs- bzw. Übernahmeverträge bereits geschlossen, dürfen sich die Gesellschafter ihren Verpflichtungen nicht mehr einseitig entziehen. Die Verpflichtung ist aufschiebend bedingt durch die Eintragung ins Handelsregister und damit bereits Massebestandteil. Ein Wahlrecht des Verwalters i. S. d. § 103 InsO besteht nicht, da die Verpflichtung einseitiger Natur ist. 106 Bei Einforderung der Einlagen ist der Verwalter an § 19 Abs. 2 GmbHG nicht gebunden. Er kann sich z. B. auch über die Einlageleistung vergleichen,136) wenn dies – vor dem Hintergrund der Verwalterhaftung gemäß § 60 InsO – wirtschaftlich angezeigt ist. 107 Im Planverfahren besteht eine generelle Möglichkeit, Beschlüsse wieder aufzuheben (siehe Rn. 247). d) Holzmüller-Doktrin 108 Nach den Grundsätzen der Holzmüller- und Gelatine-Entscheidungen137) besteht in der AG auch jenseits der gesetzlich normierten Zuständigkeiten eine ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeit. Fraglich ist, ob diese Grundsätze auch im Insolvenzverfahren fortgelten. 109 Auch bei der AG werden die Kompetenzen der Hauptversammlung in masserelevanten Angelegenheiten verdrängt. Daher kann die Holzmüller-Doktrin nur mit Blick auf Maßnahmen greifen, die nicht masserelevant sind. Da dies angesichts der tatbestandlichen Anforderungen der Doktrin kaum denkbar erscheint, wird eine ungeschriebene Zuständigkeit und ein Zustimmungsvorbehalt nicht in Betracht kommen. Bei der Veräußerung von Massebestandteilen müssen weder der Vorstand noch der Insolvenzverwalter die Hauptversammlung befragen.138) 110 § 179a AktG findet ebenfalls keine Anwendung,139) ebenso wenig wie das Recht, im Bereich der Masseverwaltung einen Sonderprüfer nach §§ 142 ff. AktG zu bestellen.140) 111 Zum Delisting siehe Rn. 170.
___________ 136) Haas, in: Festschrift Konzen, S. 157, 170. 137) BGHZ 83, 122 = ZIP 1982, 568; BGH, ZIP 2004, 993 (m. Anm. Altmeppen, S. 999). 138) Klöhn, NZG 2013, 81, 85; Hüffer in: MünchKommInsO, § 264 Rn. 68; zweifelnd Hirte/ Knof/Mock, DB 2011, 693, 697. 139) Haas/Mock, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 93 Rn. 25; Faerber, GWR 2013, 224; differenzierend K. Schmidt, AG 2006, 597, 605; Noack, ZIP 2002, 1873, 1878. 140) Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 693, 697 (für die Eigenverwaltung).
34
I. Die Verwaltungs- und Verfügungsmacht des Insolvenzverwalters
e) Sonstige Rechte der Gesellschafter x
Ausschüttungen an die Gesellschafter dürfen während des laufenden Insolvenzverfahrens nicht erfolgen, arg. § 199 Satz 2 InsO.141)
x
Individuelle Auskunftsrechte
Nach § 51a GmbHG haben die Geschäftsführer jedem Gesellschafter (vor- 112 behaltlich der Ausnahme in § 51a Abs. 2 GmbHG) auf Verlangen unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben und die Einsicht in Bücher und Schriften zu gestatten. Dieses Recht besteht nach Insolvenzeröffnung grundsätzlich fort.142) Das 113 OLG Hamm führt aus:143) „Der Senat sieht keine hinreichende Grundlage für die Annahme, dass das Informationsrecht des Gesellschafters nach § 51a Abs. 1 GmbHG mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vollständig erlischt oder bis zu seiner Aufhebung ruht. Das Informationsrecht des Gesellschafters besteht auch während der Liquidation. Den gesetzlichen Vorschriften weder des GmbHG noch der InsO ist zu entnehmen, dass das Informationsrecht des Gesellschafters ausgeschlossen ist, wenn die Liquidation der Gesellschaft im Wege der Durchführung eines Insolvenzverfahrens erfolgt. Die Beurteilung der Voraussetzungen und des Umfangs des Informationsrechts des Gesellschafters muss jedoch dem Funktionswandel seiner Gesellschafterstellung Rechnung tragen, die mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintritt. § 51a Abs. 1 GmbHG gewährt dem Gesellschafter ein umfassendes, mitgliedschaftliches individuelles Informationsrecht, das ihm sowohl die sachgerechte Ausübung seines Stimmrechts in der Gesellschafterversammlung ermöglichen als auch seinem mitgliedschaftlichen Eigeninteresse hinsichtlich der Bewertung und Verwertung seines Gesellschaftsanteils dienen soll (Scholz/Karsten Schmidt, § 51a Rn. 1; Baumbach/Hueck/Zöllner, § 51a Rn. 20). Die Durchführung des Insolvenzverfahrens muss zu einer inhaltlichen Einschränkung des Informationsanspruchs des Gesellschafters führen, die sich in erster Linie in dem Bereich auswirkt, in dem das Informationsrecht der sachgerechten Ausübung des Gesellschafterstimmrechts dient. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens besteht die Gesellschafterversammlung als Organ der Gesellschaft zwar fort, jedoch wird das Verwaltungsrecht der Gesellschafter durch das Verwaltungsund Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters verdrängt. Dieser unterliegt bei der insolvenzrechtlichen Abwicklung des Gesellschaftsvermögens auf Grund seiner unabhängigen Stellung nicht der Aufsicht der Gesellschaftsorgane (Schmidt, § 63 Rn. 59, 63). Die gesamte Tätigkeit des Insolvenzverwalters kann damit nicht Gegenstand eines Informationsanspruchs des Gesellschafters nach § 51a GmbHG sein, weil ihm insoweit irgendwelche Kontrollrechte nicht zustehen (Gerhardt, ZIP 1980, 941, 945 f.)“.
___________ 141) Haas, in: Festschrift Konzen, S. 157, 167. 142) OLG Hamm, NZG 2002, 178, 179; Haas/Hossfeld, in: Gottwald, InsolvenzrechtsHdb., § 92 Rn. 310. 143) OLG Hamm, NZG 2002, 178, 180.
35
C. Die Kompetenzverteilung im Regelinsolvenzverfahren
114 Daraus folgt: 1. Wird geltend gemacht, die Auskunft diene der Vorbereitung der Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung, kann sich die begehrte Auskunft nur auf solche Belange beziehen, in denen die Gesellschafterversammlung noch zuständig ist, d. h. auf den Schuldner- und den Überschneidungsbereich. 2. In allen Fällen ist das Begehren an den Insolvenzverwalter zu richten. Nur der Verwalter ist vertretungsberechtigt i. S. d. § 51b GmbHG. Das erscheint auch deshalb sinnvoll, weil dem Verwalter die Einschätzung darüber ermöglicht werden muss, ob die Masse bzw. der Verdrängungsbereich tangiert sein könnte. 3. Das Informationsrecht darf nicht zu einer Kontrolle des Verwalters und seiner Masseverwaltung führen. Der Verwalter als Amtsperson ist nur den Gläubigerorganen und dem Insolvenzgericht auskunftspflichtig. Vorgänge aus der Zeit nach der Verfahrenseröffnung können daher ganz regelmäßig nicht Gegenstand der Auskunftspflicht sein.144) 4. Ein Auskunftsrecht nach § 51a GmbHG kann daher nur noch in Bezug auf den masseneutralen Schuldnerbereich bestehen. 114a Entsprechendes gilt für das außerordentliche Auskunftsrecht des Kommanditisten in der Insolvenz der KG nach § 166 HGB. Es richtet sich ausschließlich gegen den Insolvenzverwalter.145) 115 Zur Treuepflicht speziell siehe Rn. 280. II. Die masselose Insolvenz 116 Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt, stellt die Rechtskraft des Abweisungsbeschlusses nach § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG, § 262 Abs. 1 Nr. 4 AktG einen Auflösungsgrund dar. Es schließt sich daher das gesellschaftsrechtliche Liquidationsverfahren an, das zwar Ähnlichkeiten mit dem Insolvenzverfahren aufweist, allerdings – im Grundsatz – wieder dem Prioritätsprinzip der Einzelzwangsvollstreckung und nicht dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung folgt.146) Das Liquidationsverfahren endet mit der Löschung der Gesellschaft (§ 394 FamFG).
___________ 144) Vgl. auch Robrecht, GmbHR 2002, 692, 693. 145) KG, ZIP 2014, 1744, 1745, dazu EWiR 2015, 21 (Priebe). 146) Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 60 Rn. 67; Buchner, Amtslöschung, Nachtragsliquidation und masselose Insolvenz von Kapitalgesellschaften, S. 16 ff.; Stobbe, Durchsetzung gesellschaftsrechtlicher Ansprüche, Rn. 337 ff. (teils kritisch).
36
II. Die masselose Insolvenz
1. Fortsetzungsbeschluss? Es ist umstritten, ob die Gesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft be- 117 schließen dürfen. 1. Nach wohl h. M. kommt ein Fortsetzungsbeschluss nicht in Betracht, da § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG – anders als § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG – einen von der Auflösungsfolge abweichenden Fortsetzungsbeschluss nicht ausdrücklich vorsehe.147) 2. Die Gegenauffassung hält einen Fortsetzungsbeschluss für grundsätzlich möglich, stellt aber – mit Unterschieden im Detail – mitunter einschränkende Voraussetzungen auf, etwa dass x
das Stammkapital bereits wieder gedeckt ist,148)
x
die Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit beseitigt ist149)
x
bzw. die Insolvenz nachhaltig überwunden ist entsprechend § 212 InsO150) und
x
nicht bereits mit der Verteilung des Gesellschaftsvermögens nach § 72 GmbHG begonnen wurde.151)
Diese Auffassung erscheint im Ausgangspunkt vorzugswürdig. Vom Ab- 118 wicklungsziel her ist die Ähnlichkeit zwischen Insolvenzverfahren und Liquidationsverfahren kaum zu leugnen. Die Gläubigerinteressen bleiben mit den genannten Einschränkungen hinreichend berücksichtigt. 2. Reichweite der Anlehnung an die Vorgaben der InsO Der Gesetzgeber der InsO hat die masselose Insolvenz nur rudimentär geregelt. 119 Daher ist im Einzelnen umstritten, inwieweit Grundsätze des insolvenzrechtlichen Verfahrensmodells auf die masselose Liquidation übertragbar sind. Darüber rankt sich eine recht breite Diskussion.152) Im Einzelnen sind insbesondere folgende Problemkreise zu identifizieren: x
120
die Frage, ob ein (unabhängiger) Notliquidator vom Gericht bestellt werden darf: diese Frage wird analog §§ 29, 48 BGB im Grundsatz be-
___________ 147) OLG Köln, ZInsO 2010, 682, 683; Vallender, NZG 1998, 249, 251. 148) LG Berlin, BB 1971, 759, 760; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 60 Rn. 33; Scholz/K. Schmidt/Bitter, GmbHG, § 60 Rn. 97. 149) Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 60 Rn. 53 f. 150) Haas/Hossfeld, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., Rn. 261. 151) OLG Düsseldorf, GmbHR 1979, 267, 277 re. Sp. 152) Vgl. W. Schulz, Die masselose Liquidation, S. 166 ff. (Übertragung der Gleichbehandlung auf die Liquidation); Buchner, Amtslöschung, Nachtragsliquidation und masselose Insolvenz von Kapitalgesellschaften, S. 47 ff.; Stobbe, Durchsetzung gesellschaftsrechtlicher Ansprüche, Rn. 662.
37
C. Die Kompetenzverteilung im Regelinsolvenzverfahren
jaht153) (zu unterscheiden vom Nachtragsliquidator, der nach Löschung zu bestellen ist, wenn noch Vermögenswerte auftauchen), x
inwieweit der Grundsatz der Gleichbehandlung gilt: dies wird ganz mehrheitlich verneint, wenn auch gelegentlich einschränkend formuliert wird, Gleichbehandlung sei (immerhin) eine Soll-Vorgabe,154)
x
in welchem Umfang die Gläubiger im Wege der Pfändung auf Ansprüche der Gesellschaft gegen Gesellschafter (z. B. Einlageforderungen; Kapitalerhaltung) oder Geschäftsführer (§ 64 GmbHG) zugreifen können: Grundsätzlich unterliegen die Ansprüche der Gesellschaft der Pfändung. Insbesondere ist für § 64 GmbHG nicht erforderlich, dass das Insolvenzverfahren eröffnet wird; die Haftung kommt auch bei Abweisung mangels Masse in Betracht.155)
121 Fraglich ist dann lediglich, in welcher Höhe der Gläubiger den gepfändeten und überwiesenen Anspruch einziehen darf und ob Beschränkungen greifen. Für Einlageforderungen hat der BGH angenommen, dass sie nur bei Vollwertigkeit i. S. d. § 19 Abs. 2 Satz 1 GmbHG gepfändet werden dürfen, weil sonst der einzelne Gläubiger zum Nachteil der anderen darauf zugreifen könne.156) Daher sei eine Pfändung nur dann zulässig, wenn keine anderen Gläubiger vorhanden sind oder eine Rechtsdurchsetzung durch sie oder durch die Gesellschaft zugunsten aller Gläubiger nicht zu erwarten steht und wenn der Geschäftsbetrieb eingestellt ist und die Einlageforderungen den einzig verbliebenen pfändbaren Vermögenswert darstellen. 122 Diese Rechtsprechung ist zweifelhaft, weil sie das Vollwertigkeitsgebot gegen die Gesellschaftsgläubiger wendet; im Übrigen dürfte die Darlegungslast hier beim Anspruchsgegner liegen.157) 123 Für die Ansprüche aus §§ 9, 9a GmbHG und aus Unterbilanzhaftung dürfte unter den Prämissen des BGH Entsprechendes gelten.
___________ 153) W. Schulz, Die masselose Liquidation, S. 106; Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 66 Rn. 32. 154) So K. Schmidt, ZIP 1982, 12; vgl. auch K. Schmidt, ZHR 153 (1989), 270, 284 f. In diesem Zusammenhang wird der dogmatische Streit um das Wesen der Liquidation und der Gesellschaftsinsolvenz relevant. Zum Meinungsstand Buchner, Amtslöschung, Nachtragsliquidation und masselose Insolvenz von Kapitalgesellschaften, S. 50. 155) BGH, ZIP 2009, 956 = NZI 2009, 486, 487 Rn. 9, dazu EWiR 2009, 645 (Wilkens/ Breßler), 20; ZIP 2010, 2107, 2108; zur Frage, ob dann wenigstens der Abweisungsbeschluss erforderlich ist, dies bejahend Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 64 Rn. 12; Haas, in: Festschrift Hopt, Bd. I, 2010, S. 703, 705 ff.; Haas, NZI 2009, 489, 490. 156) BGH, ZIP 1992, 992, 993, dazu EWiR 1992, 881 (Schmidt). Kritisch Stobbe, Durchsetzung gesellschaftsrechtlicher Ansprüche, Rn. 679; K. Schmidt, ZHR 157(1993), 291 ff., 303 f., 310. 157) Stobbe, Durchsetzung gesellschaftsrechtlicher Ansprüche, Rn. 681.
38
III. Die Verfahrenskonkurrenz bei simultaner Insolvenz des Gesellschafters
Demgegenüber werden Ansprüche aus Kapitalerhaltung (§§ 30, 31 GmbHG) 124 in der masselosen Insolvenz ohne Einschränkungen für pfändbar erachtet;158) die Rechtsprechung hat sich dazu nicht explizit geäußert. Ob auch Ansprüche aus § 64 GmbHG einer Einschränkung unterliegen, ist 125 ungeklärt. Äußerungen des BGH (II. Zivilsenat) sprechen aber dafür, dass die Rechtsprechung die für Einlageforderung entwickelten Einschränkungen übertragen könnte.159) Im Grundsatz ist damit allerdings immerhin anerkannt, dass eine Inanspruchnahme durch den einzelnen Gläubiger grundsätzlich möglich ist. Der BGH führt aus:160)
126
„Ist die Eröffnung des Konkursverfahrens – wie im vorliegenden Fall – mangels Masse abgelehnt worden, so kann der insolvenzrechtliche Gesichtspunkt der verhältnismäßigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger keine ausschlaggebende Rolle mehr spielen (vgl. BGHZ 53, 71, 74 = NJW 1970, 469 = LM § 19 GmbHG Nr. 5), und ist daher dem einzelnen Gläubiger der Zugriff auf den gem. § 64 II GmbHG der Gesellschaft zugeordneten Anspruch im Wege der Einzelzwangsvollstreckung eröffnet (vgl. auch Fleck, GmbHR 1974, 224, 230). Insoweit gilt hier Ähnliches wie für die Pfändung einer rückständigen Einlageforderung der Gesellschaft (§ 19 Absatz 1 GmbHG) im Falle ihrer masselosen Insolvenz (vgl. dazu BGHZ 53, 71, 74 = NJW 1970, 469 = LM § 19 GmbHG Nr. 5; Senat, NJW 1992, 2229 = LM H. 11/1992 § 19 GmbHG Nr. 14 = ZIP 1992, 992, sowie Karsten Schmidt, ZHR 157 [1993], 291, 317 f.).“
Insgesamt ist der Umweg über die Pfändung steinig und mit erheblichen 127 praktischen Schwierigkeiten verbunden. Im Schrifttum werden deshalb Alternativen erwogen, wie z. B. eine Direktklagemöglichkeit der Gläubiger gegen die Gesellschafter und Geschäftsleiter, teils auch lediglich auf Leistung an die Gesellschaft.161) Das Problem liegt dann wiederum darin, dass nur wenige Anreize bestehen, mit eigenem Kostenrisiko Klage zu erheben. III. Die Verfahrenskonkurrenz bei simultaner Insolvenz des Gesellschafters (Doppelinsolvenz) Die gleichzeitige oder nachfolgende Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über 128 das Vermögen eines Gesellschafters des Schuldners wirft die Frage auf, welche Rückwirkungen sich daraus für das Verfahren betreffend die Gesellschaft ergeben. Viele dieser Probleme sind allgemeiner Natur und betreffen nicht speziell
___________ 158) Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 31 Rn. 6; tendenziell anders und die Rechtsprechung des BGH zu den Einlageforderungen übertragend OLG Hamm, NZG 2001, 1144. 159) BGH, ZIP 2000, 1896 = NZI 2001, 87, 88, dazu EWiR 2000, 1159 (Keil). 160) BGH, ZIP 2000, 1896 = NZI 2001, 87, 88. 161) Kritisch zum Letzteren Windel, KTS 1991, 477, 514 ff.; zum Meinungsstand Stobbe, Durchsetzung gesellschaftsrechtlicher Ansprüche, Rn. 945 ff. m. w. N.
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C. Die Kompetenzverteilung im Regelinsolvenzverfahren
die gesellschaftsrechtliche Seite162) und sind daher hier nicht zu erörtern. Zur Simultaninsolvenz und Anteilsübertragung im Insolvenzplan siehe Rn. 304. 1. Reichweite des § 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB bei Zwei-Personen-Gesellschaft 129 Problematisch ist die Simultaninsolvenz insbesondere bei den Personenhandelsgesellschaften. § 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB, der gemäß § 161 Abs. 2 HGB entsprechend für die KG gilt,163) sieht vor, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters zu dessen Ausscheiden führt. Demnach würde der Gesellschaftsanteil den anderen Gesellschaftern vorbehaltlich abweichender Regelungen anwachsen (§ 738 HGB). Dem Gesellschafter bzw. seiner Masse steht dann der Abfindungsanspruch zu. 130 Hier ist zunächst folgende Frage zu klären: Gilt § 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB auch dann, wenn die Gesellschaft nur aus zwei Gesellschaftern besteht, sodass der verbliebene (nicht insolvente) Gesellschafter in den Genuss des ihm anwachsenden Gesellschaftsanteils kommt? 131 Diese Frage ist zu bejahen. Der Gesellschaftsanteil fällt von vornherein nicht in die Masse, wenn er mit der Eröffnung dem anderen Gesellschafter anwächst und sich in den Abfindungsanspruch wandelt.164) 2. Reichweite des § 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB bei GmbH & Co. KG 132 Fraglich ist darüber hinaus, ob § 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB in der Simultaninsolvenz einer GmbH & Co. KG oder einer sonstigen zweigliedrigen Gesellschaft gilt: 133 Gesichert ist, dass § 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB nicht gilt, wenn alle Gesellschafter einer Gesellschaft gleichzeitig in Insolvenz fallen, weil sonst reine Zufälligkeiten über den Abwicklungsmodus entschieden würden.165) 134 Ungeklärt ist der Fall, dass sowohl die KG als auch die KomplementärGmbH insolvent ist oder wird. 135 Das Problem begründet darin, dass bei Anwendung der Vorschrift die (einzige) Komplementär-GmbH ausschiede und ihr Anteil sodann auf einen einzig verbliebenen Kommanditisten im Wege der Rechtsnachfolge überginge, ___________ 162) Z. B. die Frage nach der Aussonderungskraft des Anfechtungsanspruchs in der Insolvenz des Anfechtungsgegners (z. B. Gesellschafter), dazu BGHZ 155, 199, 203 = ZIP 2003, 1554, dazu EWiR 2004, 347 (Haas/H. Müller); BGHZ 156, 350, 359 ff. 163) Nach § 9 Abs. 1 PartGG auch die Partnerschaftsgesellschaft. Bei der GbR bedarf es wegen § 728 HGB einer Fortsetzungsklausel. 164) K. Schmidt, in: MünchKommHGB, § 131 Rn. 75; Kruth, NZI 2011, 844. 165) OLG Hamm, ZIP 2003, 2264, 2265; Bork/Jacoby ZGR 2005, 611, 652; Scholz/ K. Schmidt/Bitter, GmbHG, Vor § 64 Rn. 160.
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III. Die Verfahrenskonkurrenz bei simultaner Insolvenz des Gesellschafters
die KG automatisch beendet würde und der Kommanditist zugleich in die unbeschränkte Haftung des Einzelkaufmanns gedrängt würde. Der BGH hat bisher nicht explizit über einen Fall der Simultaninsolvenz ent- 136 schieden, wohl aber gezeigt, dass er teleologischen Einschränkungen der Vorschrift eher skeptisch gegenüber steht.166) Er formuliert:167)
137
„Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der KomplementärGmbH einer GmbH & Co. KG mit einem einzigen Kommanditisten führt zum Ausscheiden der Komplementär-GmbH aus der KG (§§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB) und zur liquidationslosen Vollbeendigung der KG unter Gesamtrechtsnachfolge des Kommanditisten.“
Diese Aussage hat der BGH auch für eine BGB-Gesellschaft bestätigt.168)
138
Der I. Senat des BGH hat diese Rechtsprechung in einem Urteil vom 8.5.2014 138a für einen Fall fortgeführt, in dem allerdings noch zwei Kommanditisten verblieben. Der BGH führt aus:169) „Nach einer Ansicht soll eine einschränkende Auslegung nur dann Platz greifen, wenn über das Vermögen sämtlicher Gesellschafter und der Gesellschaft Insolvenzverfahren eröffnet werden (Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 131 Rn. 46; Oetker/Kamanabrou, HGB, 3. Aufl., § 131 Rn. 32; Bork/Jacoby, ZGR 2005, 611, 650 ff.]). … Nach anderer Ansicht soll nur bei einer zweigliedrigen GmbH & Co. KG die insolvente Komplementärin in der KG verbleiben, weil sonst die Gesellschaft liquidationslos voll beendet wäre (Liebs, ZIP 2002, 1716, 1717])…. Nach einer dritten Ansicht soll § 131 III 1 Nr. 2 HGB im Fall einer Simultaninsolvenz von KG und Komplementärin allgemein keine Anwendung finden (MüKoHGB/Karsten Schmidt, 3. Aufl., § 131 Rn. 76 f.; Schäfer in Großkomm. z. HGB, 5. Aufl., § 131 Rn. 92 u. 95)… Nach einer weiteren Auffassung kommt § 131 III 1 Nr. 2 HGB auch in der Simultaninsolvenz uneingeschränkt zur Anwendung, weil die Personengesellschaft und die anderen Gesellschafter davor geschützt werden sollen, sich in Angelegenheiten der Gesellschaft mit dem Insolvenzverwalter des insolventen Mitgesellschafters auseinandersetzen zu müssen. Die Notwendigkeit dieses Schutzes entfalle nicht dadurch, dass zeitnah über das Vermögen sowohl der KG als auch der Komplementärgesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet werde. Der Insolvenzverwalter der insolventen Komplementärin habe andere Aufgaben und Pflichten als der Insolvenzverwalter der KG und die übrigen Gesellschafter (vgl. BVerwGE 140 = NJW 2011, 3671 = NZG 2011, 1223 Rn. 15 ff.; Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., Anh. § 177a Rn. 45a; vgl. auch BGH, NZG 2004, 611 = TranspR 2004, 326 = ZIP 2004, 1047). Dieser Auffassung schließt sich der Senat jedenfalls für die vorliegende Fallkonstellation an, in der nach der Simultaninsolvenz der Kl. und ihrer Komplementärgesellschaft zwei weitere Kommanditisten als Gesellschafter ver-
___________ 166) BGH, ZIP 2004, 1047. 167) BGH, ZIP 2004, 1047, 1048. 168) BGH, ZIP 2008, 1677, 1678 Rn. 9 ff. (m. Bespr. K. Schmidt, S. 2337), dazu EWiR 2008, 679 (Vortmann). 169) BGH, ZIP 2014, 1280 Rn. 9 ff.
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C. Die Kompetenzverteilung im Regelinsolvenzverfahren bleiben. Dadurch werden hier Interessenkonflikte zwischen der Kl. und ihren verbliebenen Gesellschaftern einerseits und den Insolvenzverwaltern der übrigen Gesellschafter andererseits – vorliegend der Komplementärgesellschaft und der weiteren Kommanditistin, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren ebenfalls eröffnet worden ist – verhindert.“
139 Der BGH will allerdings auf anderem Wege vermeiden, dass der frühere Kommanditist unerwartet und entgegen § 171 Abs. 1 HGB mit einer unbeschränkten Haftung für die Gesellschaftsverbindlichkeiten belastet wird. Er gestattet es ihm daher, die Haftung auf das ihm zugefallene Gesellschaftsvermögen zu beschränken.170) Häufig wird insoweit die Möglichkeit eines Partikularinsolvenzverfahrens analog §§ 315 ff. InsO über das zugefallene Gesellschaftsvermögen bejaht.171) 140 In dieser Konstellation gibt es folglich ein Insolvenzverfahren über das (übrige) Vermögen der GmbH und ein Sonder-Insolvenzverfahren über das vom (nicht insolventen) Kommanditisten gehaltene, ihm zugefallene Gesellschaftsvermögen. 141 Die insbesondere von Karsten Schmidt auf der Grundlage seines Modells der Unternehmensinsolvenz (siehe Rn. 9) vertretene Gegenauffassung bejaht dagegen eine teleologische Reduktion des § 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB jedenfalls für diesen Sonderfall.172) Daraus folge, dass eine „konsolidierte“ Abwicklung des „Unternehmens“ in den allerdings rechtlich getrennten Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH und der KG stattfinde. Die GmbH scheidet nicht aus der KG aus, die folglich als solche zunächst bestehen bleibt. 141a Bei einer sog. „Innen-KG“, „Quasi-KG“ oder atypischen Kapitalgesellschaft & Still findet die Abwicklung ausschließlich über das Vermögen der Kapitalgesellschaft statt, weil die Innengesellschaft als solche nicht insolvenzfähig ist.173) Wegen der treuhänderischen Funktion der Kapitalgesellschaft ist in diesen Fällen an die Frage von Aussonderungsrechten zu denken.
___________ 170) BGH, ZIP 2004, 1047, 1048; NJW 1991, 844, 846; zust. wohl Kruth, NZI 2011, 844, 846. 171) AG Köln, NZI 2009, 621; AG Hamburg, ZInsO 2005, 838, 839; Kruth, NZI 2011, 844, 848 (aber differenzierend); zur Rechtsnachfolge auf den Komplementär BVerwG, NZI 2011, 871, 873 Rn. 19; AG Hamburg, ZIP 2006, 390, 391. 172) K. Schmidt, ZIP 2008, 2337, 2344; K. Schmidt, in MünchKommHGB, § 131 Rn. 76a; Scholz/K. Schmidt/Bitter, GmbHG, Vor § 64 Rn. 158, jew. m. w. N. Ablehnend Bork/ Jacoby, ZGR 2005, 611, 651. 173) K. Schmidt, ZIP 2014, 1457, 1464.
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D. Die Kompetenzverteilung bei Eigenverwaltung unter § 276a InsO I. Grundlagen § 276a InsO sieht vor, dass im Falle der Eigenverwaltung der Aufsichtsrat, 142 die Gesellschafterversammlung oder entsprechende Organe keinen Einfluss auf die Geschäftsführung des Schuldners haben. Die Abberufung und Neubestellung von Mitgliedern der Geschäftsleitung ist nur wirksam, wenn der Sachwalter zustimmt. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Maßnahme nicht zu Nachteilen für die Gläubiger führt. Darin liegt ein Eingriff in die innergesellschaftliche Kompetenzverteilung. 143 Er soll nach der Begründung des RegE erreichen, dass die Organbefugnisse der Überwachungsorgane in der Eigenverwaltung nicht weiter, aber auch nicht geringer sind als im Falle einer Fremdverwaltung durch einen Insolvenzverwalter im Regelverfahren (Gleichlaufgedanke).174) Die Vorschrift stellt klar, wie die Kompetenzen in der Eigenverwaltung verteilt sind. Diese Frage war bisher lebhaft umstritten (siehe Rn. 144). Hintergrund dieses Streits ist die Frage, in welchem Ausmaß die Zuständigkeiten vom Insolvenzzweck überlagert werden, mithin die Frage, wie in der Eigenverwaltung die Parallelen zum Verdrängungsbereich, zum (vom Insolvenzverfahren unberührten) Schuldnerbereich und zum Überschneidungsbereich zu ziehen sind (siehe dazu Rn. 162 ff.). Für die Eigenverwaltung war vor dem ESUG umstritten, inwieweit mit der 144 Anordnung der Eigenverwaltung eine Beschneidung der Kompetenzen der Gesellschaftsorgane verbunden war. Dazu wurden drei Auffassungen vertreten. x
Nach einer Auffassung sollte die Eigenverwaltung die gesellschaftsrechtlichen Zuständigkeiten nicht beeinträchtigen; dies sei die Konsequenz daraus, dass die Verwaltungs- und Verfügungsfreiheit des Schuldners nicht eingeschränkt sei.175)
x
Die Gegenauffassung ging vom Gleichlaufgedanken aus und setzte Sachwalter und Geschäftsführungsorgane einem Fremdverwalter gleich. Das bedeutete, dass das Gesellschaftsrecht hinter §§ 270 ff. InsO zurücktreten musste, soweit die Geschäftsleitung anstelle eines Insolvenzverwalters tätig wurde (Verdrängungsbereich einschließlich Überschneidungsbereich).176)
x
Eine vermittelnde Auffassung nahm an, dass keine generelle Leitlinie vorgegeben, sondern jeweils anhand des Verfahrenszwecks des § 1 InsO zu ermitteln sei, ob die Kompetenzen der Gesellschaftsorgane eingeschränkt sind.177)
___________ 174) Begr. RegE, BT-Drucks. 17/5712, S. 42. 175) Ringstmeier/Homann, NZI 2002, 406 ff. 176) Prütting/Huhn, ZIP 2002, 777; Kübler/Prütting/Bork-Pape, InsO, § 276a Rn. 13 (dort auch Darstellung des bisherigen Streitstands). 177) Noack, ZIP 2002, 1873, 1876 f.; ähnlich auch Smid, DZWIR 2002, 493, 499 f.
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D. Die Kompetenzverteilung bei Eigenverwaltung unter § 276a InsO
145 Diesen Meinungsstreit löst § 276a InsO nunmehr zugunsten eines Vorrangs des Insolvenzrechts. Dabei schwebt dem Gesetzgeber ersichtlich eine Anlehnung an das Regelverfahren vor.178) 146 Ist es nunmehr der Zweck des § 276a InsO, einen Gleichlauf mit dem Regelverfahren herzustellen, so ist sein Anwendungsbereich nur eröffnet, soweit es um Befugnisse der Gesellschafter bzw. des Aufsichtsrats geht, die nicht den Schuldnerbereich betreffen. Auch wenn es der Wortlaut nicht hinreichend zum Ausdruck bringt, muss § 276a InsO daher entsprechend teleologisch reduziert werden.179) Das bedeutet, dass beispielsweise in Bezug auf insolvenzfreie oder vom Insolvenzverwalter freigegebene Vermögensgegenstände keine Einschränkungen durch den Verfahrenszweck des § 1 InsO bestehen. Es bedarf also einer Kontrollüberlegung anhand des § 80 InsO: Hätte ein Fremdverwalter die Verwaltungs- und Verfügungsmacht, greift § 276a InsO. In den seltenen Fällen, in denen dies nicht der Fall ist, bleiben die gesellschaftlichen Kompetenzen unangetastet. II. „Einfluss auf die Geschäftsführung“ 147 § 276a Satz 1 InsO untersagt den Einfluss auf die „Geschäftsführung“. Bisher ist nicht vollständig geklärt, wie dieser Begriff auszulegen ist. Es gibt im Wesentlichen zwei Ansätze, den Begriff zu definieren:180) x
Ein gesellschaftsrechtlicher Ansatz würde danach fragen, was im gesellschaftsrechtlichen Sinne unter einer Geschäftsführung zu verstehen ist. Dieser Begriff ist allerdings nicht definiert, sondern wird im AktG, GmbHG, HGB und BGB nur punktuell aufgegriffen (z. B. §§ 114 – 116 HGB). Daher ist insbesondere für die GmbH schon im Gesellschaftsrecht nicht vollständig geklärt, wieweit die vorrangig den Geschäftsführern zugewiesenen, aber in einzelnen Punkte auch von der Gesellschafterversammlung wahrgenommene (§ 37 GmbHG) Geschäftsführung reicht. Gewöhnlich versteht man unter Geschäftsführung alle Betätigungen, die in Verfolgung des Gesellschaftszwecks vorgenommen werden.181) Ausgenommen sind aber die sog. Grundlagengeschäfte, d. h. z. B. Satzungsänderungen (§§ 53 ff. GmbHG). Sie bleiben also der Gesellschafterversammlung vorbehalten.
x
Ein insolvenzrechtlicher Ansatz würde § 276a InsO dagegen in erster Linie nicht als Regelung der Kompetenzverteilung zwischen Gesellschafterversammlung und Geschäftsführung im Insolvenzverfahren verstehen, sondern als Abschirmung der Geschäftsführung gegenüber Einflüssen
___________ 178) Klöhn, NZG 2013, 81, 82. 179) Haas, in: Festschrift Stürner, S. 749, 758. Generell kritisch zu § 276a InsO Bilgery, ZInsO 2014, 1694, 1696 f. 180) Vgl. Haas, in: Festschrift Stürner, S. 749, 758. 181) Vgl. Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 37 Rn. 2.
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II. „Einfluss auf die Geschäftsführung“
jeweils anderer Gesellschaftsorgane und insoweit als weitgehende Abschirmung gegenüber der Gesellschafterversammlung und dem Aufsichtsrat. Danach sind jegliche gesellschaftsrechtliche Folgepflichten und sonstige Einflussnahmen der Anteilseignerebene und anderer gesellschaftsrechtlich institutionalisierter Kontroll- und Überwachungsorgane außer Kraft gesetzt.182) Der Hintergrund eines solchen insolvenzrechtlichen Verständnisses ist, dass der Zweck der Gläubigerbefriedigung dominiert. Gemeint ist mithin, dass § 276a InsO die Einflussnahme der Gesellschafterorgane auf die Masseverwaltung und -verwertung ausschließt. Unter dieser Prämisse kann auch eine Einflussnahme der Gesellschafterversammlung mittels Satzungsänderungen und anderer Grundlagengeschäfte gesperrt sein, selbst wenn die Geschäftsführer diese nicht allein vornehmen könnten. Die Gläubigerversammlung könnte ja im Planverfahren an die Stelle der Gesellschafterversammlung treten. Ist gesellschaftsvertraglich etwas anderes vereinbart, weil Geschäftsführungs- 148 befugnisse auch über § 46 GmbHG hinaus der Gesellschafterversammlung übertragen sind, spielt dies keine Rolle – § 276a InsO gilt gleichermaßen.183) Ein Fremdverwalter wäre daran nicht gebunden. Stellungnahme: Dem insolvenzrechtlichen Verständnis ist nach dem oben 149 Gesagten zu folgen. § 276a InsO will den Gleichlauf mit dem Regelinsolvenzverfahren herstellen. § 276a Satz 1 InsO ist zunächst zu entnehmen, dass die Gesellschafterversammlung und der Aufsichtsrat nicht auf die Verwaltung und Verwertung der Masse Einfluss nehmen könnten; dies könnten sie auch im Regelverfahren bei Fremdverwaltung nicht. Ferner sind neben der Überwachungsaufgabe auch die Geschäftsführungsbefugnisse der Gesellschafterversammlung und des Aufsichtsrats suspendiert, soweit sie nicht insolvenzrechtlich neutral sind (näher zur Abgrenzung siehe Rn. 162 ff.).184) Zur Geschäftsführung in diesem Sinne gehören daher sämtliche Maßnahmen, die auch in der Fremdverwaltung vom Insolvenzverwalter vorzunehmen wäre bzw. seine Zustimmung voraussetzten (Verdrängungs- und Mischbereich). Der Unterschied zwischen den beiden Ansätzen ist bei Lichte besehen ohne- 150 hin gering. Er betrifft lediglich die Grundlagengeschäfte. Grundlagengeschäfte sind der Gesellschafterversammlung ebenfalls grundsätzlich untersagt, soweit sie dem Verfahrenszweck oder den Kompetenzen des Eigenverwalters widerstreiten.185) Selbst wenn man die Zuständigkeit als solche unberührt ließe, müsste sich dessen Ausübung am Verfahrenszweck messen lassen. Die Gesellschafterversammlung darf beispielsweise keine Umwandlung oder sonstige Strukturänderung beschließen, wenn damit der Insolvenzzweck be___________ 182) 183) 184) 185)
Hölzle, NZI 2011, 124, 131. Klöhn, NZG 2013, 81, 84 f. HambKomm-Fiebig, InsO, § 276a Rn. 5. Vgl. für das Regelverfahren Windel, in: Jaeger, InsO, § 80 Rn. 80.
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D. Die Kompetenzverteilung bei Eigenverwaltung unter § 276a InsO
einträchtigt wird. Ob man dieses Ergebnis, dass auch Grundlagengeschäfte der Gesellschafterversammlung beschränkt sind, aus § 276a InsO entnimmt oder aus der allgemeinen Überlagerung des Gesellschaftszwecks durch den Insolvenzzweck, bleibt im Grunde für alle kritischen Situationen gleich. Wie der BGH mit Recht formuliert, hat der Insolvenzschuldner „die gesamte Abwicklung des Insolvenzverfahrens ausschließlich an den Interessen der Gläubiger auszurichten und eigene Interesse zurückzustellen“.186) III. Einflussnahme 151 § 276a Satz 1 untersagt jegliche Einflussnahme auf die Geschäftsführung. 152 Dazu gehören: x
Eine direkte Einflussnahme: Allein-/Mitentscheidungsrechte, Weisungs-, Widerspruchs-, Vetorechte u. Ä. können, soweit sie nicht ausnahmsweise nur den Schuldnerbereich betreffen, nicht ausgeübt werden.187)
x
Eine indirekte Einflussnahme: Noch nicht vollständig geklärt ist, ob auch eine mittelbare Einflussnahme sowie Minderheitenrechte von Gesellschaftern in Gestalt von Einberufungs-, Auskunfts- und Informationsrechten gesperrt sind, z. B. § 122 AktG, § 118 HGB, § 51a GmbHG:188)
153 Hier ist zu zunächst zu prüfen, ob die Gesellschafter-/Hauptversammlung überhaupt einberufen werden darf. Das ist allein nach Maßgabe des Gesellschaftsrechts zu beurteilen und kann zu verneinen sein, wenn die Einberufung lediglich Informationszwecke verfolgt.189) 154 Für die verbleibenden Fälle ist anzunehmen, dass auch eine mittelbare Einflussnahme auf die Geschäftsführung, d. h. die masserelevante Verwaltung, nicht gestattet ist. Das ergibt sich auch aus der Begründung des RegE. Dort heißt es:190) „Eine zusätzliche Überwachung durch die Organe des Schuldners erscheint nicht erforderlich“.
155 Ungeklärt ist insoweit, ob auch die nicht über die Versammlung geltend zu machenden Rechte der Gesellschafter tangiert sind. § 276a InsO redet zwar, ___________ 186) BGH, ZIP 2007, 249 Rn. 8 = ZVI 2007, 260, dazu EWiR 2007, 249 (Bähr/Landry). 187) Hirte/Knof/Mock DB 2011, 693, 697. 188) Haas, in: Festschrift Stürner, S. 749, 758; HambKomm-Fiebig, § 276a Rn. 6; Klöhn, NZG 2013, 81, 86. 189) Klöhn, DB 2013, 41, 44. 190) Begr. RegE, BT-Drucks. 17/5712, S. 42.
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IV. Praktische Folgerungen aus § 276a InsO
was nicht immer sauber erkannt wird,191) nur von der Gesellschafterversammlung. Allerdings muss man die Sperrwirkung, ob nun aufgrund des § 276a InsO oder wegen der dahinterstehenden Grundwertung, auch auf Einflussnahmen erstrecken, die nicht über die Gesellschafterversammlung wahrgenommen werden, sondern unmittelbar vorgenommen werden. Zur Treuepflicht siehe Rn. 280. Auskunftsrecht: Mit Blick auf § 51a GmbHG wird daher mit Recht vertre- 156 ten, in der Eigenverwaltung bestehe kein Auskunfts- und Informationsrecht des Gesellschafters gegen die Gesellschaft vertreten durch den Geschäftsführer, soweit Kompetenzen infolge des § 276a InsO beim Geschäftsführer liegen.192) Gemeint ist damit richtigerweise Folgendes: Ein Auskunftsrecht kann sich gegen den eigenverwaltenden Schuldner nicht 157 richten auf Belange der Masseverwaltung und die Durchführung des Insolvenzverfahrens. Insoweit sind der Schuldner bzw. seine Organe nur den Gläubigern und dem Insolvenzgericht sowie dem Sachwalter auskunftspflichtig. Ein Auskunftsrecht nach § 51a GmbHG kann daher nur noch in Bezug auf 158 den masseneutralen Schuldnerbereich bestehen. Beispiel: Die Gesellschafter führt einen Rechtsstreit im Hinblick auf die Zustimmung zur Abtretung seines Geschäftsanteils nach § 15 Abs. 4 GmbHG und benötigt dazu bestimmte Informationen über die Gesellschaft. Die Abgrenzung ist in einem solchen Fall besonders schwer. Der Gesellschafter muss sein Informationsinteresse entsprechend darlegen. Es ist darauf zu achten, dass eine Kontrolle der Insolvenz(eigen-)verwaltung über das Recht nach § 51a GmbHG nicht statthaft ist. Der Geschäftsführer darf insoweit auch keine Auskunft erteilen. IV. Praktische Folgerungen aus § 276a InsO Aus § 276a InsO ergibt sich zugleich der Handlungsspielraum des Geschäfts- 159 führers und Vorstands. Ist eine Einflussnahme nicht gestattet, so ist insbesondere die Folgepflicht, die der GmbH-Geschäftsführer gegenüber Weisungen der Gesellschafterversammlung hat, suspendiert. Eine entgegenstehende Weisung ist als eine gesetzeswidrige oder gläubigergefährdende Weisung entsprechend § 43 Abs. 3 Satz 3 GmbHG anzusehen.193) Einer Weisung muss der Geschäftsführer nur insoweit folgen, wie der Bereich des § 276a InsO ___________ 191) So bei Klöhn, NZG 2013, 81, 86. 192) Haas, in: Festschrift Stürner, S. 749, 759 = Haas/Hossfeld, in: Gottwald, InsolvenzrechtsHdb., § 92 Rn. 310 m. w. N. 193) Ströhmann/Längsfeld, NZI 2013, 271, 276.
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D. Die Kompetenzverteilung bei Eigenverwaltung unter § 276a InsO
nicht berührt ist. Zugleich darf er eine entsprechende Weisung nicht befolgen, weil er sonst gegen seine Organpflicht verstieße. Diese besteht darin, die Eigenverwaltungspflichten der Schuldnerin zu erfüllen und umzusetzen (zur Haftung siehe Rn. 421). 160 Nur rein zufällig kann ein inhaltlich der Weisung entsprechendes Handeln der Geschäftsleitung der Pflicht zur bestmöglichen Verwertung der Masse entsprechen. Dies änderte aber nichts daran, dass sich der Geschäftsführer pflichtwidrig verhält, wenn er sich unreflektiert an die Weisung hält; in einem solchen Fall kommt es dann lediglich nicht zu einem kausal auf der Pflichtverletzung beruhenden Schaden. 161 Ob die Überwachungsorgane gehindert sind, Fragen der Insolvenzgeschäftsführung auf die Tagesordnung zu setzen, ist fraglich.194) Es dürfte zu differenzieren sein: x
Gesellschafterrechte können nicht ausgeübt werden, um eine Einberufung der Gesellschafter-/Hauptversammlung allein zu Informationszwecken über die Eigenverwaltung und den Lauf des Verfahrens zu erwirken (siehe Rn. 184). Die Geschäftsleitung selbst darf aus eigenem Entschluss die Gesellschafterversammlung informieren, solange sie den Gesellschaftern keine Sonderinformationen zukommen lässt, die andere Beteiligte und Gläubiger nicht erhalten.
x
Der Aufsichtsrat darf im Rahmen seiner Tätigkeit Fragen der Insolvenzgeschäftsführung auf die Tagesordnung setzen und darüber diskutieren, darf aber keine Rechenschaft vom Vorstand verlangen und auch keine Beschlüsse über die Geschäftsführung fassen. Ein solcher Beschluss wäre nichtig.
V. Kompetenzverteilung im Einzelnen 162 Eine genaue Bestimmung des Verdrängungsbereichs und des Überschneidungsbereichs wird bisher für die Eigenverwaltung selten vorgenommen. Ausgangspunkt muss sein, dass alle Gesellschaftsorgane in der Eigenverwaltung den Insolvenzzweck und damit die Gläubigerinteressen fördern müssen, wenn nicht der reine Schuldnerbereich betroffen ist.195) Hintergrund ist die in § 276a InsO zum Ausdruck gebrachte Testfrage nach dem alternativen Szenario einer Fremdverwaltung.196) Folgende Leitlinien können für die Abgrenzung der Zuständigkeiten von Geschäftsführung und Aufsichtsorganen herausgestellt werden.197)
___________ 194) 195) 196) 197)
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Fragend K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1607. K. Schmidt/Undritz, InsO, § 276a Rn. 3. Siehe Rn. 146 und K. Schmidt/Undritz, InsO, § 276a Rn. 3. Vgl. im Einzelnen bereits die Darstellung zum Regelinsolvenzverfahren unter Rn. 88 ff.
V. Kompetenzverteilung im Einzelnen
1. Überwachungs- und Geschäftsführungsbefugnisse der Gesellschafterversammlung x
Überwachung und Prüfung der Geschäftsführung (§ 46 Nr. 6 GmbHG): verdrängt wegen § 276a InsO – diese Aufgabe nimmt der Sachwalter wahr
x
Abberufung und Bestellung des Geschäftsführers (§ 46 Nr. 5 GmbHG): grds. nicht verdrängt, aber siehe § 276a Satz 2 InsO, dazu siehe Rn. 177.
x
Entlastung des Geschäftsführers (§ 46 Nr. 5 GmbHG): nicht verdrängt, Entlastung hat aber keine haftungsbefreiende Wirkung198)
x
Feststellung und Verwendung des Jahresabschlusses sowie Offenlegung (§ 46 Nr. 1 und 1a GmbHG): wegen der Wertung des § 155 InsO bezogen auf die Masse verdrängt (siehe Rn. 90) und von der Geschäftsführung vorzunehmen199)
x
Einforderung von Einlagen und Rückzahlung von Nachschüssen (§ 46 Nr. 2 und 3 GmbHG): verdrängt, da Massebezug und typische Verwaltungsaufgabe; nicht verdrängt dagegen der Beschluss über Nachschüsse bei § 24 GmbHG200)
x
Teilung, Einziehung von Geschäftsanteilen etc. (§ 46 Nr. 4 GmbHG): grundsätzlich nicht verdrängt
x
Bestellung von Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten (§ 46 Nr. 7 GmbHG): verdrängt
x
Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Geschäftsführer und Gesellschafter (§ 46 Nr. 8 GmbHG): verdrängt, soweit § 280 InsO (Sachwalter) reicht
Das gilt auch sonst für die actio pro socio, wenn und weil es um Sozialan- 163 sprüche der Gesamthand geht, die Massebestandteil sind. Bei der Eigenverwaltung ist daher die Geschäftsführung für die Einforderung der Ansprüche zuständig. Tut sie dies nicht, liegt eine Pflichtverletzung vor. x
Entscheidung über Prozessvertretung (§ 46 Nr. 8 GmbHG): verdrängt201)
x
Bestellung von Abschlussprüfern: verdrängt, Wertung des § 155 Abs. 3 InsO; anders für Entziehung des Auftrags202)
x
Umfirmierung: verdrängt, da ersichtlich masserelevant
Die Kosten für Gesellschafterbeschlüsse sind nicht von der Masse zu tragen. ___________ 198) 199) 200) 201) 202)
Wie im Regelverfahren, siehe Rn. 95. Kritisch Haas, in: Festschrift Stürner, S. 749, 758. Siehe Rn. 95. Zipperer, ZIP 2012, 1492, 1494 f. Siehe Rn. 95.
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164
D. Die Kompetenzverteilung bei Eigenverwaltung unter § 276a InsO
2. Grundlagengeschäfte 165 Befugnisse der Gesellschafterversammlung für Grundlagengeschäfte wie Satzungs- und Strukturänderungen nach § 53 GmbHG; Umwandlungsmaßnahmen, Neuaufnahme von Gesellschaftern und die Zustimmung nach § 15 Abs. 5 GmbHG bleiben der Gesellschafterversammlung unter zwei Grundbedingungen erhalten. 1. Ihre Ausübung muss mit dem Insolvenzverfahrenszweck und damit dem Gläubigerinteresse vereinbar sein. Auch für die Gesellschafterversammlung gilt die materielle Verpflichtung auf die Gläubigerinteressen, soweit es nicht – bei Prüfung nach Maßgabe einer hypothetischen Fremdverwaltung – um den reinen Schuldnerbereich geht;203) 2. die Befugnis darf – auch unabhängig vom Verständnis des § 276a InsO – nicht mit den Befugnissen der insolvenzrechtlichen Willensbildungsorgane, also insbesondere der Gläubigerversammlung im Insolvenz(plan-)verfahren kollidieren. 166 Daraus ergibt sich beispielsweise folgendes Bild: x
vereinfachte Kapitalherabsetzung: Gesellschafterversammlung zuständig, wenn kein Planverfahren (dann alleinige Zuständigkeit der Beteiligten/ Gläubigerversammlung)
x
gewöhnliche Kapitalherabsetzung: schon wegen § 276a InsO unzulässig, soweit und weil mit Abfluss von Gesellschaftskapital verbunden
x
Kapitalerhöhung: Gesellschafterversammlung zuständig, wenn kein Planverfahren (dann alleinige Zuständigkeit der Beteiligten/Gläubigerversammlung); aber mangels Masseneutralität ohne Zustimmung der eigenverwaltenden Geschäftsführer keine Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen (Aufdrängungsschutz), streitig.204) Die Einlageforderungen gehören zur Masse und sind von der Geschäftsführung geltend zu machen (Bereich des § 276a InsO, siehe dazu auch Rn. 95).
x
Aufhebung einer vor Eröffnung des Verfahrens beschlossenen Kapitalerhöhung: wegen § 276a Satz 1 InsO verdrängt, da masserelevant (a. A. die h. M.205)) – Zustimmung der (insoweit an § 1 InsO gebundenen) Geschäftsführung erforderlich.
___________ 203) Vgl. auch Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 60 Rn. 57. 204) Windel, in: Jaeger, InsO, § 80 Rn. 94 für das Regelverfahren; anders offenbar H. F. Müller ZGR 2004, 842, 844. 205) KG, NZG 2000, 103, 104 („Gesellschafter Herren des Kapitalerhöhungsverfahrens); OLG Zweibrücken, GWR 2014, 109; Götze, ZIP 2002, 2204, 2208; Kuntz, DStR 2006, 519, 520; wohl auch betr. die Anmeldebefugnis Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 509; gegen die alleinige Zuständigkeit der Gesellschafter mit Recht Segmiller, Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan, S. 96 m. w. N.
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V. Kompetenzverteilung im Einzelnen
3. Holzmüller-Doktrin Nach den Grundsätzen der Holzmüller und der Gelatine-Entscheidungen206) 167 besteht bei der AG auch jenseits der gesetzlich normierten Zuständigkeiten eine ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeit. Dies wurde unter Rn. 108 näher ausgeführt. Fraglich ist, ob diese Grundsätze auch im Eigenverwaltungsverfahren fortgelten. Insoweit gilt nichts anderes als im Regelverfahren. Auch bei der AG werden 168 die Kompetenzen der Hauptversammlung in masserelevanten Angelegenheiten verdrängt. Daher kann die Holzmüller-Doktrin nur in solchen Belangen greifen, die nicht massebezogen sind bzw. bei Fremdverwaltung wären. Der Vorstand muss die Hauptversammlung nicht befragen, wenn und weil es auch der Fremdverwalter nicht müsste. Insofern greift also die Aussage in § 276a Satz 1 InsO.207) § 179a AktG findet ebenfalls keine Anwendung,208) ebenso wenig wie das 169 Recht, einen Sonderprüfer nach §§ 142 ff. AktG zu bestellen.209) Delisting: In der Macroton-Entscheidung hatte der BGH für die Entschei- 170 dung über das Delisting von Aktien eine ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeit mit der Notwendigkeit eines Beschlusses auf einfacher Mehrheit erkannt.210) Diese Grundsätze wurden durch das Frosta-Urteil wieder aufgegeben.211) Ohnehin würden die Vorgaben des Macroton-Urteils in der Insolvenz verdrängt, weil zwar die Aktien als solche nicht Massebestandteil sind, wohl aber das Vermögen der emittierenden Gesellschaft. Ob eine Gesellschaft ihre Geschäftsanteile an der Börse handeln lässt und sich zur Börse zulässt, ist aber eine genuin massebezogene Frage, weil das Börsenbenutzungsverhältnis der Gesellschaft und nicht den Aktionären zugeordnet ist.212) Auch insofern hat die Aussage des § 276a InsO Gültigkeit.213) 4. Aufsichtsrat In der AG und – soweit dort vorhanden – in der GmbH nimmt der Auf- 171 sichtsrat Überwachungsaufgaben wahr, in der mitbestimmten AG und GmbH hat er auch die Personalkompetenz inne, § 31 MitbestG. Der Aufsichtsrat ___________ BGHZ 83, 122 = ZIP 1982, 568; BGH, ZIP 2004, 993 (m. Anm. Altmeppen, S. 999). Zweifelnd Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 693, 697. Haas/Mock, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 93 Rn. 25 und oben Rn. 110. Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 693, 697. BGH, ZIP 2003, 387, 389 (m. Anm. Streit, S. 392) = ZBB 2003, 202 (LS; m. Bespr. Klöhn, L., S. 208). 211) BGH, ZIP 2013, 2254 (m. Bespr. Schockenhoff, S. 2429), dazu EWiR 2014, 3 (Bungert/ Wettich). 212) Kreymborg/Land/Undritz, ZInsO 2011, 71, 76. 213) Näheres zu den Folgen von Kapitalmaßnahmen für die Börsennotierung siehe Pleister/ Kindler, ZIP 2010, 503, 507. 206) 207) 208) 209) 210)
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D. Die Kompetenzverteilung bei Eigenverwaltung unter § 276a InsO
kann sich nach § 111 Abs. 4 AktG (entsprechend) Zustimmungsvorbehalte ausbedingen. 172 Diese Funktionen sind durch § 276a InsO suspendiert; Zustimmungsvorbehalte nicht bindend. Der Aufsichtsrat darf keinen Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen (zu den Folgerungen siehe Rn. 177 ff.). 5. Herabsetzung der Vergütung von Vorständen und Geschäftsführern 173 Nach § 87 Abs. 2 AktG soll der Aufsichtsrat die Vergütung des Vorstands herabsetzen, wenn sich die Lage der Gesellschaft so verschlechtert, dass die Weitergewährung der Bezüge unbillig wäre. In der GmbH gelten vergleichbare, tendenziell etwas strengere Maßstäbe für eine Herabsetzung.214) Unklar ist insoweit, ob § 87 AktG analog angewendet werden darf oder ob sich eine Herabsetzung aus dem Gedanken der organschaftlichen Treuepflicht ergibt.215) Bei der GmbH ist jedenfalls die Zustimmung des betroffenen Geschäftsführers erforderlich, zu der er aber in einem gegebenen Fall verpflichtet ist, es geht also nicht um ein Gestaltungsrecht wie im direkten Anwendungsbereich des § 87 AktG.216) 174 Es ist anerkannt, dass § 87 Abs. 2 AktG auch und gerade im Insolvenzverfahren eingreift, vor allem dann, wenn der Tätigkeitskreis des Geschäftsleiters nunmehr eingeschränkt ist.217) Bei vor Verfahrenseröffnung eingewechselten Sanierungsexperten kann aber ggf. eine „Gefahrenzulage“ angezeigt sein.218) Allerdings gilt ergänzend § 113 InsO und es besteht die Möglichkeit, Anstellungsverträge zu kündigen. Daraus hat das OLG Stuttgart in einem nicht rechtskräftigen Urteil vom 1.10.2014 geschlossen, dass § 87 Abs. 2 AktG nach Insolvenzeröffnung nicht mehr eingreife.219) Ein solches Vorrangverhältnis ist dem Gesetz aber nicht zu entnehmen. 175 Kontrovers diskutiert wird, ob im Regelverfahren der Aufsichtsrat oder der Insolvenzverwalter für die Herabsetzung und die Ausübung des aus § 87 Abs. 2 AktG folgenden Rechts zuständig ist. Richtig ist, dass es hier um genuine Fragen mit Massebezug geht, weil die Bezügezahlungen jedenfalls nicht primär in der binnengesellschaftlichen Organstellung, sondern vielmehr in dem Anstellungsvertrag gründen. Daher ist die Zuständigkeit des Aufsichtsrats verdrängt. ___________ 214) OLG Köln, GmbHR 2008, 1216, 1217; OLG Naumburg, GmbHR 2004, 423, 424. 215) BGH, ZIP 1992, 1152, 1154, dazu EWiR 1992, 825 (Fleck); BGH, ZIP 2008, 1818 Rn. 18; OLG Frankfurt/M, GmbHR 2005, 550, 554; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 6 Rn. 93; Jaeger, in: MünchKommGmbHG, § 35 Rn. 305. 216) Wie vor. 217) Göcke/Greubel, ZIP 2009, 2086, 2087; Undritz/Röger, InsVZ 2010, 123, 125. 218) Bauder, BB 1993, 369, 372. 219) OLG Stuttgart, ZIP 2014, 2497, 2500.
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V. Kompetenzverteilung im Einzelnen
Entsprechendes gilt für die Eigenverwaltung aufgrund des § 276a InsO. 176 Dies führt freilich zu dem Problem, dass der eigenverwaltende Vorstand seine eigenen Bezüge herabsetzen müsste (soweit bei Fortführung der Geschäftsführung in der Eigenverwaltung gleichwohl eine Herabsetzung gefordert ist). Hier dürfte es zur Vermeidung des evidenten Moral-Hazard-Problems naheliegen, den Sachwalter analog § 280 InsO mit der Aufgabe zu betrauen. 6. Abberufung und Neubestellung von Mitgliedern der Geschäftsleitung (§ 276a Satz 2 InsO) Nach § 276a Satz 2 InsO darf die Gesellschafterversammlung (§§ 6, 38 GmbHG) 177 oder der Aufsichtsrat (§ 84 AktG) weiterhin Mitglieder der Geschäftsleitung abberufen oder neu bestellen. Nach § 276a Satz 2 InsO ist die Abberufung und Neubestellung von Mitgliedern der Geschäftsleitung nur wirksam, wenn der Sachwalter zustimmt. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Maßnahme nicht zu Nachteilen für die Gläubiger führt. Daraus folgt, dass die Kompetenz zur Bestellung und Abberufung grundsätz- 178 lich beim Aufsichtsrat (AG) bzw. der Gesellschafterversammlung (GmbH) verbleibt, denn sonst hätte Satz 2 keinen Sinn. Indes wird die Ausübung der Kompetenz an die Zustimmung des Sachwalters gebunden, dessen Ermessen allerdings auf Null reduziert ist (§ 276a Satz 3 InsO), wenn die Maßnahme nicht zu Nachteilen für die Gläubiger führt. Ist unklar, ob die Maßnahme zu Nachteilen führen wird oder führen kann, bleibt es richtigerweise dabei, dass der Sachwalter nicht nach § 276a Satz 3 InsO zur Zustimmung verpflichtet ist.220) Die Zustimmungspflicht besteht nur, wenn positiv feststeht, dass keine Nachteile zu erwarten sind. Bei Ungewissheit obliegt es der Einschätzung des Sachwalters, ob er die Zustimmung erteilt. Dies wird i. d. R. dazu führen, dass er die Zustimmung versagen muss, um die Gläubigerinteressen nicht zu gefährden. Eine reine abstrakte Gefahr wird man indes nicht genügen lassen können, um die Zustimmung zu verweigern, weil eine solche Gefahr bei einem Wechsel der Geschäftsleitung stets gegeben ist.221) Allerdings kann über die Wahl der Person in gewisser Weise auch manipula- 179 tiv auf die Führung der Eigenverwaltung eingewirkt werden, wenn beispielsweise ein Geschäftsführer abberufen wird, der eine bestimmte, den Gesellschaftern eher unliebsame Sanierungsstrategie favorisiert.222) Dies wird aber zur Versagung der Zustimmung nach § 276a Satz 2 InsO führen (bei Ungewissheit siehe Rn. 178), jedenfalls aber, wenn es offenbar wird, einen Grund zur Aufhebung der Eigenverwaltung nach § 272 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO darstellen. ___________ 220) A. A. Ströhmann Längsfeld, NZI 2013, 271, 274 f. 221) Für Versagung der Zustimmung nur im Ausnahmefall Schluck-Amend, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 1039, 1041. 222) Kübler/Prütting/Bork-Pape, InsO, § 276a Rn. 35.
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D. Die Kompetenzverteilung bei Eigenverwaltung unter § 276a InsO
180 Die Neubestellung betrifft nur die organschaftliche Stellung der gewählten Person, begründet aber keinen Anstellungsvertrag zulasten der Masse.223) Gesellschaftsrechtlich ist für den Abschluss des Vertrags außerhalb des Insolvenzverfahrens grundsätzlich die Gesellschafterversammlung kraft Annexkompetenz, sonst der Aufsichtsrat (§ 84 AktG) zuständig (zur mitbestimmten Gesellschaft siehe Rn. 171).224) Insofern wäre bei Fremdverwaltung die Zustimmung des Verwalters erforderlich, wenn die Vergütung aus der Masse gezahlt werden soll.225). Dies würde in der Eigenverwaltung wegen des Gleichlaufgedankens eigentlich bedeuten, dass der Geschäftsführer als QuasiVerwalter zustimmen müsste. Nur würde dann das neu bestellte Organ in eigener Sache tätig. Man sollte daher davon ausgehen, dass sich die Zustimmung des Sachwalters (und ggf. seine Verweigerung) nach § 276a Satz 2 InsO auf die gesamten Umstände des Einzelfalls erstreckt und mithin nicht nur abdeckt, dass die Person zum Mitglied der Geschäftsleitung gewählt wird, sondern dass auch (als Masseverbindlichkeit) etwaige Vergütungsansprüche entstehen. Der Umstand, dass, wenn auch ggf. in geringem Maße, Vergütungen gezahlt werden müssen, muss nicht zwingend zu einem Nachteil für die Gläubiger nach § 276a Satz 3 InsO führen. Entscheidend ist eine Gesamtwürdigung. Ist aufgrund der Lage der Dinge nur eine unentgeltliche Tätigkeit „masseadäquat“, kommt auch eine geteilte Zustimmung (keine Zustimmung zum Anstellungsvertrag, Zustimmung zur Organbestellung als solcher) in Betracht. 181 Entsprechendes gilt für die Abberufung.226) 182 In der AG kann der Aufsichtsrat nach § 84 Abs. 3 AktG die Bestellung eines Vorstandsmitglieds aus wichtigem Grund widerrufen und neue Vorstandsmitglieder bestellen. Die Hauptversammlung ist nicht zu beteiligen, § 265 AktG greift nicht. Auch insoweit muss der Sachwalter zustimmen. 183 Ohne Zustimmung ist die Bestellung/Abberufung unwirksam. Rechtsschutz gegen die Versagung der Zustimmung besteht nur in Gestalt der Aufsicht des Insolvenzgerichts über den Sachwalter; ggf. kann vom Gericht eine Gläubigerversammlung einberufen werden.227) Der Aufsichtsrat kann nicht aus eigenem Recht gegen den Sachwalter vorgehen. ___________ 223) Vgl. für das Regelverfahren Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 11 Rn. 187. 224) Zur Annexkompetenz BGH, ZIP 1991, 580 = NJW 1991, 1680, dazu EWiR 1991, 583 (Riegger). 225) Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 11 Rn. 188 (dort auch zum anders gelagerten Problem bei der Vergütung des Aufsichtsrats selbst). 226) Hat der abberufene Person daraufhin Schadensersatzansprüche wegen Nichteinhaltung des Anstellungsvertrags bis zum vorgesehenen Vertragsende, so sind diese Ansprüche m. E. nicht vollumfänglich Masseverbindlichkeiten, sondern auf die Laufzeit des Vertrags nach Verfahrenseröffnung quotal herunterzurechnen; siehe zu Schönheitsreparaturklauseln K. Schmidt/Thole, InsO, § 55 Rn. 34. 227) FK-Foltis, InsO, § 276a Rn. 12.
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V. Kompetenzverteilung im Einzelnen
7. Einberufung der Hauptversammlung und Wechsel des Aufsichtsrats Die Rechtsprechung hat sich bisher nur punktuell mit den sich aus § 276a er- 184 gebenden Abgrenzungsfragen beschäftigt. In einem Fall des AG Montabaur228) hatte ein Aktionär nach § 122 Abs. 1 Satz 1 AktG verlangt, dass ermächtigt werde, eine Hauptversammlung einzuberufen mit den Tagesordnungspunkten (1) Lagebericht des Vorstandes über die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Gesellschaft, (2) Bericht des Vorstands über den beabsichtigten Insolvenzplan und die Sanierungsmaßnahmen in Eigenverwaltung und (3) Wahlen zum Aufsichtsrat. Das AG Montabaur hat den Antrag in seiner Gesamtheit abgelehnt und sich 185 dabei auf § 276a InsO gestützt. Das AG führt aus:229) „Die Hauptversammlung könnte wegen der Vorschrift des § 276a InsO nämlich weder wirksame Entscheidungen betreffend das weitere Insolvenzverfahren, noch betreffend das Vermögen der Gesellschaft noch über die Neuwahl des Aufsichtsrates treffen. Insoweit bedarf es daher auch nicht der Abhaltung einer Hauptversammlung, da diese den Charakter einer reinen Informationsbeschaffung hätte.“
Diese Entscheidung überzeugt nur zum Teil.230) Für die ersten beiden Tages- 186 ordnungspunkte ist es richtig, von § 276a Satz 1 InsO auszugehen. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass beispielsweise der Aufsichtsrat in seinen Sitzungen auch über die wirtschaftliche Lage der „Masse“ diskutiert (siehe dazu Rn. 161). Hier ging es aber gerade darum, dass der Vorstand informieren sollte. Wäre der Vorstand zur Berichterstattung über die wirtschaftliche Lage und die Sanierung verpflichtet, läge darin mittelbar eine Einflussnahme auf die Geschäftsführung, weil der Vorstand in eine „Rechenschaftslage“ käme. Der Inhalt der Berichterstattung betrifft genuin die Masse und das Verfahren der Eigenverwaltung. Differenzierter zu betrachten ist dagegen die Wahl zum Aufsichtsrat. Auch 187 in der Fremdverwaltung wäre die Bestellung von Organmitgliedern eine Angelegenheit der Hauptversammlung. Insoweit ist zwischen der Zuständigkeit für die Wahl zum Aufsichtsrat und der vom Aufsichtsrat ausgeübten Überwachungsaufgabe zu unterscheiden. Letztere ist suspendiert, erstere nicht, es sei denn, man erkennt bereits in der Wahl als solcher eine mittelbare Einflussnahme auf die Geschäftsführung. Das wäre dann anzunehmen, wenn sich der Vorstand hinsichtlich der von ihm vorgenommenen Eigenverwaltungsmaßnahmen mit dem Aufsichtsrat in irgendeiner Weise abstimmen müsste.231) Doch gerade dies muss er wegen § 276a Satz 1 InsO nicht. Daher berührt die Wahl zum Aufsichtsrat letztlich allein den Schuldnerbereich. ___________ 228) 229) 230) 231)
AG Montabaur, ZIP 2012, 1307. AG Montabaur, ZIP 2012, 1307, 1308. Kritisch auch Klöhn, DB 2013, 41, 43 f. Wohl auch Klöhn, DB 2013, 41, 44.
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D. Die Kompetenzverteilung bei Eigenverwaltung unter § 276a InsO
188 Das OLG Düsseldorf hat in einer Entscheidung vom 11.4.2012 eine vom AG Montabaur abweichende Auffassung vertreten.232) Allerdings betraf der Fall die Situation einer Fremdverwaltung. Das OLG betonte jedoch den Gleichlaufgedanken und führte aus: „Im Regelinsolvenzverwahren bleiben aber die Kompetenzen der Gesellschaftsorgane im gesellschaftsinternen Insolvenzschuldnerbereich unberührt. Zu dem sogenannten insolvenzneutralen Bereich gehört insbesondere die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern sowie deren Abberufung (vgl. nur Hüffer in Münchener Kommentar, AktG, § 264, Rn. 79). Dessen ungeachtet ist Adressat der durch § 276a InsO ausgeschlossenen Einflussnahme das Geschäftsführungsorgan, bei einer Aktiengesellschaft also der Vorstand. Durch § 276a InsO, der den Gleichlauf der Einflussmöglichkeiten der Überwachungsorgane im Falle der Fremd- und Eigenverwaltung mit dem Ziel der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung (vgl. Klöhn, NZG, 2013, 81 ff., unter II.) bezweckt, wird die Einflussnahme auf die Nicht-Geschäftsführungsorgane nicht gehindert. Daher kann auch im Falle des § 276a InsO insbesondere die Hauptversammlung der AG weiter gemäß § 101 AktG die Mitglieder des Aufsichtsrates wählen (Klöhn, NZG 2013, 81 ff. unter VII 3.).“
189 Die Wahl des Aufsichtsrats an sich führt nicht dazu, dass Ansprüche gegen die Masse entstehen können. Das gilt unabhängig davon, ob ein gesonderter Anstellungs- oder sonstiger Vertrag mit dem Aufsichtsratsmitglied geschlossen wird oder in der Satzung eine Vergütung vorgesehen ist.233) Entsprechendes gilt für Aufwendungsersatzansprüche.234) Praxistipp: Wer eine Auswechselung des Aufsichtsrats erreichen will, muss sich fragen, ob dies der Mühe wert ist. Eine Einflussnahme auf das Insolvenzverfahren ist auf diese Weise wegen § 276a Satz 1 InsO nicht zu erreichen. Selbst wenn angestrebt ist, über den Aufsichtsratswechsel einen Wechsel der Geschäftsführung zu erreichen, wird diese Strategie wegen § 276a Satz 2 InsO möglicherweise scheitern (siehe dazu Rn. 177).
190 In praktischer Hinsicht ist die Auswechselung des Aufsichtsrats wenig zu empfehlen, weil der Aufsichtsrat auf die laufende Geschäftsführung gerade keinen Einfluss nehmen kann. 8. Verfahrensrechte des Schuldners 191 Für die Fremdverwaltung im Regelverfahren wird angenommen, dass die Überwachungsorgane auf die Geschäftsleitung ungehindert Einfluss nehmen können, soweit es um die Verfahrensrechte des Schuldners geht, d. h. beispielsweise das Widerspruchsrecht bei Forderungsanmeldungen zur Tabelle (§§ 176 Satz 2, 178 Abs. 1 Satz 2 InsO) oder das Planinitiativrecht (§ 218 ___________ 232) OLG Düsseldorf, NZI 2013, 504. 233) Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 11 Rn. 188. 234) Oechsler, AG 2006, 606, 608 f.
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V. Kompetenzverteilung im Einzelnen
InsO).235) Inwieweit Vergleichbares in der Eigenverwaltung anzunehmen ist, ist nicht gesichert. Es ist jeweils gesondert anhand der einzelnen Verfahrensrechte zu prüfen, ob und inwieweit eine Einflussnahme durch die Gesellschaftsorgane in diesem Fall mit dem Verfahrenszweck kollidieren würde. Beispiele: Das Widerspruchsrecht bei Forderungsanmeldungen zur Tabelle berührt im Rahmen einer Fremdverwaltung die Feststellung nicht und ist nur nach dem Insolvenzverfahren von Bedeutung (§§ 178 Abs. 1 Satz 2, 201 Abs. 2 InsO). Für die Eigenverwaltung gilt das aber gerade nicht, § 283 Abs. 1 Satz 2 InsO. Daraus muss man schließen, dass der Schuldner insoweit wie ein Verwalter tätig wird und gerade nicht das Verfahrensrecht der Schuldnerin geltend macht. Eine Verdoppelung der Widerspruchsrechte (als Amtswalter und in der Rolle des persönlichen Schuldners) wäre fragwürdig.236) Daher muss § 276a Satz 1 InsO gelten: Weisungen der Gesellschafterversammlung an die Geschäftsleitung, einer Forderung zu widersprechen, sind unbeachtlich. Der Geschäftsführer muss in seiner Rolle als Eigenverwalter eigenverantwortlich prüfen, ob die Forderung besteht. Beim Planinitiativrecht dürfte zu unterscheiden sein. Der Schuldner tritt bei § 218 InsO an die Stelle des Insolvenzverwalters, soweit nicht nach § 284 InsO ein Auftrag der Gläubigerversammlung an den Sachwalter erfolgt. Insoweit darf die Gesellschafterversammlung nicht auf die Geschäftsführung einwirken, weil die Planvorlage unmittelbar das masserelevante Vermögen betrifft. Das ergibt sich schon aus § 276a InsO. Ob daneben das originäre Vorlagerecht des Schuldners als eigenes Verfahrensrecht fortbesteht, ist fraglich und tendenziell zu verneinen. Wenn man es indes bejaht und soweit der Schuldner mithin – was wenig sinnvoll sein mag – einen Alternativvorschlag unterbreiten will oder soll, ist unklar, ob der Geschäftsführer insoweit Weisungen der Gesellschafterorgane unterliegt, ob ihn also die Gesellschafterversammlung beispielsweise anweisen darf, einen Alternativplan (zu seinem eigenen als Eigenverwalter vorgelegten Plan!) vorzulegen und darüber abstimmen zu lassen. Denn der Plan ist ja einerseits ersichtlich masserelevant, sodass der Gesellschaftszweck vom Verfahrenszweck überlagert wird. Andererseits geht es ja gerade um ein Verfahrensrecht des Schuldners und der Schuldner würde in zwei sozialen Rollen tätig werden, nämlich zur Wahrung eigener Interessen und als Quasi-Verwalter. Es stellt sich dann auch das Problem, ob das originäre, eigennützige Vorlagerecht des Schuldners verdrängt ist, wenn die Gläubigerversammlung den Schuldner als Eigenverwalter mit der Planerstellung beauftragt. Dies wird mehrheitlich verneint.237)
___________ 235) Weitere Beispiele bei Finke, Kollision von Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht, S. 206. 236) Dagegen mit Recht auch K. Schmidt/Undritz, InsO, § 283 Rn. 2. 237) Eidenmüller, in: MünchKommInsO, § 218 Rn. 105; Nerlich/Römermann-Riggert, InsO, § 284 Rn. 4.
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D. Die Kompetenzverteilung bei Eigenverwaltung unter § 276a InsO
192 Im Ergebnis dürfte es richtig sein, dass eine Weisung bezogen auf das originäre Planvorlagerecht möglich ist, weil eben der Schuldnerbereich und der Verdrängungsbereich nebeneinander stehen. Eine andere Frage ist, ob die Geschäftsführung einen Plan vorlegen dürfte, der ersichtlich wegen seines Inhalts darauf abzielte, den Erfolg des Planverfahrens oder sonst die Interessen der Gläubiger zu benachteiligen. Ganz abgesehen von der möglicherweise fehlenden Erfolgsaussicht der Annahme dieses Alternativplans ist zu berücksichtigen, dass der Umstand, dass sich die Gesellschaft im Insolvenzverfahren befindet, auch die inhaltliche Marschroute bei der Planerstellung bietet. Insofern darf schon rein gesellschaftsrechtlich das Interesse an der Gläubigerbefriedigung nicht ausgeklammert werden. Eine abweichende Weisung wäre wohl auch gesellschaftsrechtlich unbeachtlich. 193 Entsprechendes gilt im Bereich der Kompetenzabgrenzung zum Sachwalter oder anderen Beteiligten des Insolvenzverfahrens. Zwar gehört es zum Wesen des Schuldnerbereichs, dass der Schuldner, soweit er in Eigenverwaltung ist, auch eigene Interessen weiterverfolgen darf. Aber dies geht eben nur insoweit, wie es mit dem Interesse an der Gläubigerbefriedigung vereinbar ist. Denn nach seiner Rechtsstellung (siehe dazu Rn. 7) ist der Schuldner zwar nicht in einem statusrechtlichen Sinne, wohl aber von der Funktion her wie ein Amtswalter anzusehen.238) Unter dieser Prämisse sind Kompetenzkonflikte zwischen Schuldner und Sachwalter eine insolvenzrechtliche Angelegenheit, für die § 276a Satz 1 InsO einschlägig ist. Die Gesellschafterversammlung und der Aufsichtsrat dürfen sich hier nur dann einmischen, wenn es um Streitigkeiten geht, die das reine, „massefreie“ Innenleben des jeweiligen Organs betreffen.239) 194 Auf die Erfüllung der sonstigen verfahrensrechtlichen Pflichten des Schuldners dürfen die Überwachungsorgane nicht einwirken, weil die gesetzlichen Pflichten nicht zur Disposition stehen. 9. Vetorecht des § 115 Abs. 1 HGB bei Gesamtvertretung 195 Nicht gesichert ist, wie sich das Vetorecht des § 115 Abs. 1 Hs. 2 HGB in der Insolvenz einer Personengesellschaft auswirkt.240) Danach kann zwar nach außen grundsätzlich stets jeder geschäftsführender Gesellschafter handeln. Die Maßnahme muss aber unterbleiben, wenn ein Gesellschafter widerspricht. Dies ist im Ergebnis Ausfluss der Rücksichtnahmepflicht der Gesellschafter (näher zur Treuepflicht siehe Rn. 280). Es ist fraglich, ob dieses Recht über § 276a InsO oder ggf. nach allgemeinen Regeln gesperrt ist.
___________ 238) K. Schmidt/Undritz § 270 Rn. 16; Kübler/Prütting/Bork-Pape, InsO, § 276a Rn. 25; a. A. Haas, in: Festschrift Stürner, S. 749, 763. 239) Vgl. Klöhn, DB 2013, 41, 44. 240) Fragend K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1607.
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VI. Anwendung des § 276a InsO im Eröffnungsverfahren
Richtigerweise bleibt das Widerspruchsrecht intakt, bezieht sich aber auf das 196 vom Insolvenzzweck überlagerte Gesellschaftsinteresse. Daher ist ein Widerspruch unbeachtlich, wenn er erkennbar den insolvenzrechtlichen Pflichten (z. B. der Verteilung der Quote) zuwiderläuft, die die Schuldnerin und damit über die Legalitätspflicht auch die Organe bzw. Geschäftsführer in der Eigenverwaltung treffen. VI. Anwendung des § 276a InsO im Eröffnungsverfahren Umstritten ist, ob § 276a InsO auch im Eröffnungsverfahren gilt, wenn ein 197 vorläufiger Sachwalter bestellt ist, d. h. im Verfahren der vorläufigen Eigenverwaltung nach § 270a InsO und im Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO. In § 270a Abs. 1 Satz 2 InsO wird nicht auf § 276a InsO verwiesen; andererseits unterscheidet der Wortlaut des § 276a InsO nicht. 1. Meinungsstand Die Frage nach der Sperrwirkung war schon vor dem ESUG umstritten, so- 198 weit dort eine vorläufige Eigenverwaltung für zulässig erachtet wurde.241) x
Zum Teil wird eine Anwendung des § 276a InsO bejaht.242) Ein Einfluss der Überwachungsorgane auf die Geschäftsleitung müsse bereits in diesem Stadium verhindert werden, die Überwachungsaufgabe werde vom vorläufigen Sachwalter wahrgenommen. Zudem bedürfe es in den sensiblen Fällen der §§ 270a, 270b InsO gerade des Schutzes der Geschäftsleitung und des prospektiven Insolvenzverfahrens.243)
x
Die h. M. lehnt eine Anwendung des § 276a InsO im Eröffnungsverfahren ab.244) Argumentiert wird, eine Überlagerung des Gesellschaftszwecks durch den Insolvenzzweck und die haftungsrechtliche Zuweisung des Vermögens des Schuldners an die Gläubiger finde zu diesem Zeitpunkt noch nicht statt.
Stellungnahme: Eine (analoge) Anwendung des § 276a InsO ist zu bejahen. 199 Selbst wer die Frage verneint, muss annehmen, dass die Überwachungsfunktion bereits aus allgemeinen Gründen eingeschränkt ist. Gegen eine analoge Anwendung spricht nicht der fehlende systematische Verweis auf § 276a InsO in § 270a Abs. 1 Satz 2 InsO, da dieser nur die Aufgaben des Sachwalters als solche betrifft. Zugegebenermaßen spricht § 276a Satz 2 InsO vom Sachwalter ___________ 241) Bejahend Braun, NZI 2003, 588, 589; Ehricke, ZIP 2002, 782, 785 ff.; verneinend Uhlenbruck, NZI 2001, 632 ff. 242) Brinkmann, DB 2012, 1368 Fn. 50; Haas, in: Festschrift Stürner, S. 749, 765; Ströhmann/ Längsfeld, NZI 2013, 271, 274. 243) Ströhmann/Längsfeld, NZI 2013, 271, 274. 244) K. Schmidt/Undritz, InsO, § 276a Rn. 2; Kübler/Prütting/Bork-Pape, InsO, § 276a Rn. 6; Hofmann, Eigenverwaltung in der Insolvenzpraxis, Rn. 353; Klöhn, NZG 2013, 81, 84; Zipperer, ZIP 2012, 1492, 1494 f.; Riggert, in: Braun, InsO, § 276a Rn. 2.
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D. Die Kompetenzverteilung bei Eigenverwaltung unter § 276a InsO
und nicht vom vorläufigen Sachwalter, doch dürfte daraus noch nichts Abschließendes herzuleiten sein. 200 Der Zweck, eine Gefährdung der Gläubigerinteressen verhindern zu wollen, erscheint gerade auch im Eigenverwaltungs-Eröffnungsverfahren beachtlich. Ohne eine dem § 276a InsO entsprechende Sicherung könnten die Gesellschafter die Weichen in eine Richtung stellen, die eine Sanierung zu ihren Gunsten und zulasten der Gläubiger erwarten ließe. Denkbar wäre auch, dass der Geschäftsführer, der eine Sanierungsstrategie verfolgt, die den Gesellschaftern Einschnitte abverlangt oder die auf einen Insolvenzplan hinausläuft, der zu dem Eingriff in Gesellschafterrechte führt, abberufen und durch eine „Marionette“ ersetzt wird. 201 Freilich ist eine generelle Sperre der gesellschaftsrechtlichen Überwachung schwierig zu begründen, weil in der Tat erst mit Eröffnung das Vermögen des Schuldners haftungsrechtlich vollständig den Gläubigern zugewiesen ist.245) Außerdem ist stets die Aufhebung der Eigenverwaltung nach § 272 Abs. 2 InsO denkbar, was das Schutzbedürfnis der Gläubiger in Gestalt des § 276a InsO vermindert; aber das gilt bei eröffnetem Verfahren gleichermaßen. 202 Zudem zeigt sich gerade an der Einsetzung des vorläufigen Sachwalters und den Aufhebungsgründen, dass die Gesellschaft bereits in diesem Verfahrensstadium die Gläubigerinteressen wahren muss. Die gesellschaftsrechtlichen Befugnisse sind bereits vom Verfahrenszweck überlagert, und zwar unabhängig davon, ob man die Situation mit einer starken vorläufigen Fremdverwaltung oder einer schwachen vorläufigen Verwaltung gleichstellt.246) Der Gesellschaftszweck mag sich zwar noch nicht ändern, wohl aber ist in der konkreten Situation zu berücksichtigen, dass die Gesellschaft eine Insolvenzeröffnung anstrebt. Daher sind die Gesellschaft und über die Legalitätspflicht auch die Organe verpflichtet, die Masse so zu sichern und auf die Gläubigerbelange so Rücksicht zu nehmen, dass die Masse nicht weiter geschmälert wird. Im Schutzschirmverfahren muss das Handeln auf das Ziel ausgerichtet werden, einen Insolvenzplan zu entwickeln. 202a Das AG Hamburg geht davon aus, dass Zahlungen auf Insolvenzforderungen in der vorläufigen Eigenverwaltung „insolvenzzweckwidrig“ sind.247) Der Begriff ist insofern missverständlich, weil damit nicht gemeint sein kann, dass die Zahlung im Außenverhältnis zum Gläubiger (dinglich) unwirksam ist (ggf. nur Anfechtung nach Eröffnung über § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Richtig ist lediglich, dass eine solche Zahlung in der Regel (aber nicht notwendigerweise ausnahmslos) mit dem Gebot, die künftige Masse zu erhalten, kollidiert und aus diesem Grund als gläubigergefährdend angesehen und zum Anlass für Sicherungsmaß___________ 245) Hofmann, Eigenverwaltung in der Insolvenzpraxis, Rn. 353; Kübler/Prütting/BorkPape, InsO, § 276a Rn. 6. 246) Ströhmann/Längsfeld, NZI 2013, 271, 274. 247) AG Hamburg, ZInsO 2014, 2390.
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VI. Anwendung des § 276a InsO im Eröffnungsverfahren
nahmen oder eine Aufhebung der Eigenverwaltung genommen werden kann. Zum Problem bei Steuerzahlungen siehe unten Rn. 426a. Das Ergebnis wäre aber auch dann nicht anders, wenn man eine generelle 203 Anwendung des § 276a InsO ablehnte: Denn auch dann müsste man fragen, ob im Einzelfall der Zweck des Eröffnungsverfahrens eine bestimmte Weisung unzulässig macht, sodass zumindest eine materielle Ausübungsschranke eingriffe. Im Schutzschirmverfahren sind der Schuldner und damit seine Organe verpflichtet, das Ziel des Eröffnungsverfahrens – die Entwicklung und Abstimmung eines erfolgversprechenden Insolvenzplans – zu erreichen. Daher wäre eine Weisung, die den Geschäftsleiter anweist, dahingehende Bemühungen einzustellen, nicht verbindlich. Denkbar erscheint dagegen eine Weisung, den Eigenverwaltungsantrag im 204 Verfahren nach § 270b InsO zurückzunehmen, denn die Gläubiger haben keinen Anspruch darauf, dass gerade durch das und im Schutzschirmverfahren saniert wird. Eine Abberufung der Geschäftsführer oder Vorstände gegen den Wider- 205 spruch des vorläufigen Sachwalters ist dagegen nicht gestattet (§ 276a Satz 2 InsO analog). Praxistipp: Berater müssen darauf hinweisen, dass die Frage der Anwendung des § 276a InsO im Eröffnungsverfahren bisher noch nicht verbindlich entschieden ist.
2. Gesellschaftsrechtliche Veränderungssperre? Hölzle schlägt vor, die analoge Anwendung des § 276a InsO im Schutzschirm- 206 verfahren zu einer „gesellschaftsrechtlichen“ Veränderungssperre auszubauen, da das Schutzschirmverfahren materiell-rechtlich bereits das Planverfahren einleite und es einen „Verdrängungsbereich II“ gebe.248) Danach soll entsprechend § 233 InsO ein Antrag an das Insolvenzgericht möglich sein, der auf eine Sicherungsanordnung abzielt, die den Planzielen kollidierende Beschlüsse der Gesellschafterversammlung verhindert bzw. untersagt. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Eine solche Anordnung dürfte nicht 207 weitergehen als die Reichweite des § 276a InsO. Insofern ist mit der (analogen) Anwendung des § 276a InsO bereits festgelegt, dass die Überwachungsorgane keinen Einfluss nehmen können. Einer gerichtlichen Anordnung bedarf es deshalb nicht. Es kann auch nicht abstrakt generell und ex ante festgelegt werden, welche Beschlüsse unzulässig sind und welche nicht. Die Grenzziehung muss im Einzelfall erfolgen, sodass eine solche Anordnung auch kaum eine verlässliche Orientierung böte. Zur Haftung siehe Rn. 434.
208
___________ 248) Hölzle, ZIP 2012, 2427 ff.; Hölzle, ZIP 2013, 1846, 1847.
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E. Das Insolvenzplanverfahren I. Grundlagen 1. Eingriff in Anteilsrechte Mit dem ESUG ist die gesellschaftsrechtliche Neutralität des Insolvenzplan- 209 verfahrens aufgegeben. § 225a InsO lässt nunmehr explizit den Eingriff in die Anteilsrechte zu. Die Gesellschafter werden als nachrangige Gläubiger249) eingeordnet und nehmen als eigene Gruppe an der Abstimmung teil. Dies gilt dann, wenn die Planverfasser die Anteilsrechte einbeziehen. Obligatorisch ist dies nicht. § 225a Abs. 1 InsO geht von dem Grundsatz aus, dass die Anteilseigner von dem Plan unberührt bleiben. Der Eingriff in ihre Rechte ist insofern in der Systematik des Gesetzes ein Ausnahmefall. § 225a InsO steht im Zusammenhang mit der Grundfrage, ob die Mitglied- 210 schaft als Massebestandteil angesehen werden kann. Diese Frage wird nach überwiegender Ansicht mit Recht verneint.250) Dies bedeutet aber gerade nicht, dass die aus der Mitgliedschaft/Anteilsinhaberschaft folgenden Rechte von dem Insolvenzverfahren unberührt bleiben: x
Die Gesellschafter sind nach § 199 Satz 2 InsO nur dann zu bedienen, wenn die Gläubiger vollständig befriedigt worden sind.
x
Die Anteilsrechte können nach § 225a InsO n. F. in den Insolvenzplan einbezogen werden. Seit dem ESUG kann daher unmittelbar in die Mitgliedschaftsrechte eingegriffen werden.
x
Die aus dem Anteilsrecht folgenden Ansprüche und Teilhaberechte sind überdies ohnehin schon vom Insolvenzzweck überlagert, wie z. B. das Informationsrecht (siehe dazu Rn. 112).
Die insoweit für die Trennlinie zwischen Gesellschaftsrecht und Insolvenz- 211 recht im Planverfahren maßgebliche Norm ist § 225a InsO. Hier heißt es in Abs. 3: (3) Im Plan kann jede Regelung getroffen werden, die gesellschaftsrechtlich zulässig ist, insbesondere die Fortsetzung einer aufgelösten Gesellschaft oder die Übertragung von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten.
2. Das wertbezogene Schutzkonzept des ESUG Soweit es um den Schutz der Mitgliedschafts- und Gesellschafterrechte des 212 Gesellschafters geht, reduziert das Insolvenzplanverfahren nach seiner gesetzlichen Ausgestaltung den Schutz des Gesellschafters auf einen wertbezogenen ___________ 249) Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 638; K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 225a Rn. 35. 250) Haas, NZG 2012, 961, 963; tendenziell anders Bitter, ZGR 2010, 147, 186; Braun, in: Festschrift G. Fischer, S. 53, 70.
63
E. Das Insolvenzplanverfahren
Schutz.251) Insoweit noch zum Suhrkamp-Fall Rn. 285a. Dieses Konzept wird an mehreren Stellen sichtbar: x
im Abstimmungsmodus, denn die Gesellschafter nehmen wie die Gläubiger an der Abstimmung als Gruppe teil
x
in § 225a Abs. 5 Satz 1 InsO: Abfindungsanspruch gemessen an der Vermögenslage, die sich bei Abwicklung des Schuldners eingestellt hätte
x
im Obstruktionsverbot des § 245 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 InsO: Gesellschafter dürfen nicht schlechter gestellt werden als ohne den Plan
x
im Minderheitenschutz des § 251 Abs. 1 und 3 InsO: keine Schlechterstellung gegenüber dem Verfahren ohne Plan; Bereitstellung von Geldmitteln für den Fall der Schlechterstellung
213 Wenn im Rahmen des Planverfahrens sogar das Mitgliedschaftsrecht zwangsweise vollständig entzogen werden kann, zeugt dies von dem gesetzgeberischen Willen, den Schutz des Gesellschafters in seiner statusbezogenen Richtung für entwertet zu erachten. 214 Zu beachten ist, dass auch schon vor Verfahrenseinleitung und -eröffnung infolge der „Sanieren oder Ausscheiden“-Rechtsprechung des II. Zivilsenats des BGH252) dem ausscheidenden Gesellschafter, der sich nicht mit einem Sanierungsbeitrag beteiligen will, nur der Liquidationswert gesichert ist. 215 Der Gesetzgeber legt die Einsicht zugrunde, dass die Anteile in der Insolvenz in der Regel wertreduziert oder gar wertlos sind.253) In der Begründung des Regierungsentwurfs heißt es:254) „Allerdings ist im Insolvenzverfahren regelmäßig von einer Wertlosigkeit der Anteile auszugehen“.
216 Der Gesellschafter ist daher geschützt in seiner Funktion als abstimmender „Quasi-Gläubiger“, als verfahrensrechtlich Beteiligter am Planverfahren, nicht aber mit seiner umfassenden mitgliedschaftlichen Stellung und sich daraus ergebenden subjektiven Rechten. § 251 InsO sichert dem Gesellschafter nur den Liquidationswert seines Anteils. Damit werden auch die mitgliedschaftlichen Elemente der Gesellschafterstellung, die nicht vermögensmäßiger Natur sind, unberücksichtigt gelassen. Zum Suhrkamp-Fall insoweit noch Rn. 285a. 217 Grundprämisse dieser Auffassung ist im Ergebnis, dass sich der Gesellschafter über diese „Entwertung“ nicht beschweren darf, weil er bei Abwicklung des ___________ 251) Hölzle, in: Kübler, HRI § 31 Rn. 31 f. 252) BGHZ 183, 1 = ZIP 2009, 2289 (m. Bespr. Holler, ZIP 2010, 1678) = ZfIR 2010, 503 = NJW 2010, 65, dazu EWiR 2009, 739 (Armbrüster). 253) Begr. RegE, BT-Drucks. 17/5712, S. 32; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 124. 254) Begr. RegE, BT-Drucks. 17/5712, S. 32.
64
I. Grundlagen
Rechtsträgers ebenfalls seiner Mitgliedschaft beraubt würde und dass die Rücksichtnahme auf die Gesellschafter insoweit zugleich eine Benachteiligung der mit Vorrang ausgestatteten Gläubiger darstellte. Die Gesellschafter hätten vorinsolvenzlich zur Sanierung beitragen können und haben nunmehr in der Vorstellung dieser Konzeption ihr Mitwirkungsrecht in Form der mitgliedschaftlichen Rechte – untechnisch formuliert – „verwirkt“.255) Sie sind damit gewissermaßen in ihrer statusbezogenen Hinsicht aus dem Spiel genommen. 3. Kritik an der Regelung in § 225a InsO Die Eingriffsbefugnis und die Möglichkeit eines zwangsweisen Eingriffs in 218 den Bestand des Anteilsrechts werden in der Literatur verschiedenfach und mit Blick auf unterschiedliche Aspekte kritisiert.256) a) Kritik am Eingriff in Anteilsrechte im Allgemeinen Es wird kritisiert, das vollstreckungsrechtlich geprägte Verfahren der Insol- 219 venzordnung könne nicht den Zugriff erlauben auf Gegenstände, die nicht Schuldnervermögen und damit nicht Massebestandteil sind.257) Das Argument überzeugt auch als rechtspolitisches Argument nicht, weil die 220 InsO zwar grundsätzlich vollstreckungsrechtlich denkt, aber den Einfluss auf Dritte nicht gänzlich ausschließt. Es ist zudem die Sonderrolle des Anteilsrechts zu erkennen, die gerade darin liegt, dass bei Vollbeendigung des Rechtsträgers im Insolvenzverfahren auch das Anteilsrecht wegfällt. Diese „Akzessorietät“ macht den Eingriff in Gesellschafterrechte gerade nicht systemfremd. Daher bedarf es keiner telelogischen Reduktion des § 245 Abs. 3 InsO in 221 dem Sinne, dass die Zustimmung der Gesellschaftergruppe stets erforderlich wäre.258) Ein zweites Argument lautet, der Eingriff sei im Lichte des Art. 14 GG ver- 222 fassungsrechtlich bedenklich; insbesondere dürfe die Mitgliedschaft auf ihren (verlorenen) wirtschaftlichen Wert reduziert werden.259) Auch dieses Argument überzeugt nicht, weil auch eine Liquidation angestrebt werden könnte, die die nicht vermögensrechtlichen Wertbestandteile der Mitgliedschaft ebenfalls zunichte machte. ___________ 255) Altmeppen, in: Festschrift Hommelhoff, S. 1, 19; Decher/Voland, ZIP 2013, 107, 110. 256) Brinkmann, WM 2011, 97, 100 (vor dem ESUG); speziell zum Bezugsrechtsausschluss H. F. Müller, KTS 2012, 419, 442; Madaus, ZIP 2012, 2133, 2137 Fn. 33; Simon/ Merkelbach, NZG 2012, 121, 125; K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2088. 257) Madaus, ZGR 2011, 749, 756 ff., 771; Madaus, International Insolvency Review, 1.1002 unter B. 258) So aber Madaus, ZGR 2011, 749, 756 ff., 771. 259) Brinkmann, WM 2011, 97, 100.
65
E. Das Insolvenzplanverfahren
223 Noch nicht vollständig geklärt ist die Vereinbarkeit von Kapitalmaßnahmen durch die Gläubigerversammlung mit der Zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie (RL 77/91/EWG),260) weil Art. 25 der Richtlinie nur die Hauptversammlung als kompetentes Organ für Kapitalmaßnahmen ansieht. Es ist davon auszugehen, dass insofern kein Hindernis besteht, weil die Richtlinie nicht ausschließt, dass das als reines Binnenrecht geregelte (europäische) Aktienrecht insolvenzrechtlich überlagert wird.261) b) Kritik am Konzept des wertbezogenen Schutzes 224 Im Schrifttum wird zudem kritisiert, dass die Mitgliedschaft nicht auf ihren Wert heruntergebrochen werden kann, weil – gerade in Personen- und kleineren Kapitalgesellschaften – der Aspekt der gesellschaftsvertraglichen Verbundenheit und die mit der Gesellschafterstellung verbunden Status- und Mitgliedschaftsrechte ungenau tangiert würden.262) Daher sei es insbesondere nicht gerechtfertigt, den Wert der Gesellschaftsanteile mit Null zu taxieren und damit diesen verbleibenden mitgliedschaftlichen Statusposten als wertlos anzusehen. Argumentiert wird zudem, in einem Fortführungsszenario lebe anders als bei Liquidation auch die mitgliedschaftliche Komponente wieder auf.263) Die kritische Grundhaltung wirkt sich vor allem auf die Frage des Bezugsrechtsausschlusses bei einer Kapitalerhöhung aus (siehe dazu Rn. 314) und mithin auf die Frage, ob die Altgesellschafter „kalt“ enteignet werden dürfen. 225 Meines Erachtens taugt das letztgenannte Argument eines Bestrafungsmechanismus für die Nicht-Sanierung durch die Gesellschafter zwar wenig, weil die Insolvenz auch „unverschuldet“ eingetreten sein kann.264) Trotzdem ist der Gedanke plausibel, dass die Gesellschafter jederzeit durch Nachschüsse das Insolvenzverfahren beenden und die Herrschaft der Gläubiger brechen könnten.265) Im Grundansatz gibt es wenig daran zu ändern, dass das Gesetz einem wertbezogenen Ansatz verfolgt. Mit der Einpassung in das staatliche „Gläubigerbefriedigungsverfahren“ muss notwendigerweise der Einfluss der Gesellschafter beschnitten werden – dies ergibt sich im Grunde schon daraus, dass die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners beschnitten ist. Die Gesellschafter nehmen nur noch als Teilhaber eines etwaigen Liquidationsüberschusses am Verfahren teil.266) Wenn aber – trotz fehlender Masse___________ 260) Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1820; Madaus, ZGR 2011, 749, 767; wohl auch SchluckAmend, in: Festschrift Hoffmann-Becking, S. 1039, 1049 (für den Debt-Equity-Swap; Kapitalherabsetzung als solche sei aber unproblematisch). 261) Verse, ZGR 2010, 299, 313; K. Schmidt, BB 2011, 1605, 1609 f.; Kübler/Prütting/BorkSpahlinger, InsO, § 225a Rn. 107. 262) Brinkmann, WM 2011, 97, 100; H. F. Müller, KTS 2011, 1, 20; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1819; krit. wohl auch K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2087 f. 263) Madaus, ZGR 2011, 749, 755 ff.; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1819. 264) Insoweit auch Madaus, International Insolvency Review, 1.1002 unter C. 3. (4). 265) Altmeppen, in: Festschrift Hommelhoff, S. 19. 266) Altmeppen, in: Festschrift Hommelhoff, S. 19.
66
II. Gestaltungsspielraum bei gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen
zugehörigkeit des Anteils selbst – die Gesellschaft insolvenzrechtlich fremd gesteuert wird – sei durch den Verwalter, sei es durch den nach § 1 InsO verpflichtete Eigenverwaltung – kann auch für die auf Führung der Gesellschaft ausgerichteten Gesellschafterrechte, die Statusrechte, nicht anders gelten. Die Kritik an dem wertbezogenen Schutzkonzept ist nach Inkrafttreten des 226 ESUG im Wesentlichen rechtspolitischer Natur. Auch sachlich überzeugt die Kritik nicht. Stets ist zu beachten, dass das Insolvenzverfahren auch zum Verlust der gesamten Mitgliedschaft führen könnte. Die Gesellschafter sind nur mit ihrem Residualanspruch beteiligt. Der Vorrang der Gläubigerbefriedigung gilt im deutschen Einheitsverfahren unabhängig von einem Liquidations- oder Reorganisationsszenario, zumal beispielsweise auch eine übertragende Sanierung letztlich eine Liquidationsstrategie ist und daher beides eine Seite derselben Medaille.267) Der Umstand, dass eine Fortführung nur angestrebt wird, besagt noch nichts für ein Wiederaufleben der mitgliedstaatlichen Komponente der Mitgliedschaft. Die Gesellschaft befindet sich weiterhin in dem staatlichen Rechtspflegeverfahren und daher bleibt die Überlagerung durch den Insolvenzzweck beachtlich. Ebendieser Insolvenzzweck entwertet aber die Stellung des Schuldners im Verfahren und damit zugleich die Stellung seiner Mitglieder. Das Wiederaufleben ist erst dann gegeben, wenn die Sanierung erfolgreich war und das Verfahren beendet wurde. Ob liquidiert oder saniert wird, weiß man erst am Ende des Verfahrens mit hinreichender Verlässlichkeit. Zuzugeben ist allerdings, dass aus dieser grundsätzlichen Weichenstellung 227 noch nicht folgen muss, dass beispielsweise ein Bezugsrecht der Altgesellschafter ohne Weiteres ausgeschlossen ist. Insofern können aus allgemeinen Überlegungen keine konkreten Problemlösungen folgen. II. Gestaltungsspielraum bei gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen 1. Möglicher Planinhalt Allgemeine Vorgaben für den Insolvenzplan sind im ZIP-Praxisbuch Insol- 228 venzplan beschrieben. Im Folgenden wird das Verhältnis zum Gesellschaftsrecht beleuchtet. Wie weit der Gestaltungsspielraum des Insolvenzplans in inhaltlicher Hinsicht reicht, ist noch nicht vollständig geklärt. Aus § 225a Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 InsO und den weiteren Regelungen lassen 229 sich insbesondere folgende Maßnahmen als möglicher Planinhalt ableiten: x
(Zwangsweise) Übertragung von Anteilen, auch im Rahmen eines DebtEquity-Swaps (§ 225a Abs. 3 und 2 InsO, siehe dazu Rn. 323 ff.).
x
Fortsetzung der Gesellschaft (§ 225a Abs. 3 InsO):
___________ 267) A. A. Madaus, ZGR 2011, 749, 755 f.
67
E. Das Insolvenzplanverfahren
230 Schon nach dem Wortlaut von § 225a Abs. 3 InsO kann im Insolvenzplanverfahren eine Fortsetzung der (zumeist mit Insolvenzeröffnung, § 131 Abs. 1 Nr. 3 HGB etc.) aufgelösten Gesellschaft beschlossen werden. Hier wird deutlich, dass der Planinhalt auch solche Geschäfte umfasst, die außerhalb des Planverfahrens als Grundlagengeschäfte des Schuldners anzusehen wären (siehe dazu Rn. 235). x
Kapitalherabsetzung oder -erhöhung (§ 225a Abs. 2 Satz 2 InsO)
x
Leistung von Sacheinlagen (§ 225a Abs. 2 Satz 2 InsO)
x
Ausschluss von Bezugsrechten (§ 225a Abs. 2 Satz 2 InsO, siehe dazu Rn. 314)
x
Zahlung von Abfindungen an ausscheidende Anteilsinhaber
x
Abweichende Regelungen zur Restschuldbefreiung (§ 227 InsO)
231 Darüber hinaus ist anerkannt, dass der Gestaltungsspielraum weit268) ist und jegliche Strukturmaßnahmen denkbar sind, z. B. x
Satzungsänderungen, z. B. die Streichung von Sonderrechten von Minderheitsgesellschaftern,269)
x
sonstige Kapitalmaßnahmen sowie Umwandlungsbeschlüsse nach UmwG (siehe dazu Rn. 342 ff.). Praxistipp: Angezeigt sein kann beispielsweise eine Satzungsänderung, die einem Investor die Investitionsentscheidung erleichtert. Bei der Planerstellung sind daher möglicherweise investorenfeindliche Satzungsbestimmungen auf den Prüfstand zu stellen.
231a Erklärungen Dritter, die nicht Planbeteiligte sind, können zwar dem Plan beigefügt werden, aber nicht durch den Plan ersetzt werden. § 254a Abs. 1 InsO ist nur eine Formerleichterung. Das ist zum Beispiel bei Investitionsentscheidungen, etwa auch bei der Übertragung von Geschäftsanteilen durch Planregelung, zu beachten.270) 231b Auch auf gesellschaftsrechtliche Ansprüche bzw. Ansprüche, die mit der Organstellung eines Beteiligten zusammenhängen, wie z. B. Ansprüche nach § 64 GmbHG aufgrund Geschäftsführerhaftung oder auch Anfechtungsansprüche, kann u. U. im Plan und damit aufgrund des Gläubigerwillens verzichtet werden. Allerdings sind hier strenge Anforderungen zu stellen, wobei freilich stets im Blick gehalten werden muss, ob die Anfechtung wirklich ___________ 268) Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 123; K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 225a Rn. 34 f.; Hölzle, in: Kübler, HRI § 31 Rn. 22, 25 f. 269) Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 242 mit Beispiel. 270) Brünkmans, ZIP 2014, 1857, 1858 f.
68
II. Gestaltungsspielraum bei gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen
durchsetzbar ist und ob die Durchsetzung aufgrund der Komplexität der Dinge wirklich auch für die Masse zielführend ist. Ein kompensationsloser und damit für die Masse nachteiliger Verzicht kann zum einen mit Blick auf die Vergleichsrechnung, zum anderen auch aufgrund allgemeiner Wertungen unzulässig sein.271) Jedenfalls auf die Ermittlung und Bewertung von (Erfolgswahrscheinlichkeiten von) Ansprüchen und deren Umfang darf nicht verzichtet werden. Der Insolvenzplan darf nicht dazu dienen, Geschäftsführer und Gesellschafter, die eigene Forderungen noch zum Nachteil anderer Gläubiger befriedigt haben, ohne Weiteres freizustellen. Andererseits würde bei Durchsetzung der Anfechtung eine Insolvenzforderung wieder aufleben, was bei der Bewertung des Anfechtungsanspruchs sogleich zu berücksichtigen ist. 2. „Gesellschaftsrechtlich zulässige Maßnahme“ (§ 225a Abs. 3 InsO) Es ist noch nicht vollständig geklärt, wie es zu verstehen ist, wenn § 225a 232 Abs. 3 InsO von den „gesellschaftsrechtlich zulässigen Maßnahmen“ spricht. Man könnte dies als Gesamtverweisung an das Gesellschaftsrecht verstehen,272) oder aber vielmehr als bloßen Hinweis darauf, dass der gesellschaftsrechtliche numerus clausus nicht unterlaufen werden darf, indem gesellschaftsrechtlich unbekannte Mitgliedschaftsformen kreiert werden.273) Danach ist nur das zwingende „technische“ Gesellschaftsrecht zu beachten. Die letztgenannte Auffassung erscheint richtig. Die vollständigen Vorgaben 233 des Gesellschaftsrechts müssen nicht erfüllt sein; so tritt z. B. die Gläubigerversammlung ja gerade an die Stelle der sonst zuständigen Gesellschafterversammlung. Entscheidend ist, dass der Plan beispielsweise nicht die Rechtsposition eines beschränkt haftenden OHG-Gesellschafters vorsehen kann, weil dies mit dem Wesen der OHG nicht vereinbar wäre. Daraus folgt:
234
Die Gläubigerversammlung und das Planverfahren treten umfassend an die Stelle der Gesellschaftsorgane bzw. der Gesellschafterversammlung. Grundlagengeschäfte: Fraglich ist, ob dies auch für die folgenden Maßnahmen 235 und Grundlagengeschäfte gilt:274) x
Abberufung und Bestellung von Organmitgliedern (Personalkompetenz)
___________ 271) Das Problem ist behandelt bei Thole, ZIP 2014, 1653; großzügiger wohl Buchalik/ Hiebert, ZInsO 2014, 109. 272) Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125; H. F. Müller, KTS 2012, 419, 441 f.; C. Schäfer, ZIP 2013, 2237, 2242. 273) Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466; K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 225a Rn. 35; Haas, NZG 2012, 961, 965; Eidenmüller, NJW 2014, 17, 18. 274) Vgl. Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 239; Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 22.
69
E. Das Insolvenzplanverfahren
x
Ausschluss von Gesellschaftern (aber Problem der Gleichbehandlung, § 226 InsO)275)
x
Widerruf und Erteilung von Prokura und Handlungsvollmacht
x
Feststellung von Jahresabschlüssen
x
Sonstige Überwachung der Geschäftsführung; interne Geschäftsordnungen
x
Teilung, Zusammenlegung und Einziehung von Geschäftsanteilen
236 Im Kern geht es hier um die Grundfrage, ob dasjenige, was im Regelverfahren und in der „Regel-Eigenverwaltung“ zum Schuldnerbereich (siehe dazu Rn. 86) gehört und daher von der Verfügungsmacht des (Eigen-)Verwalters unangetastet bleibt, in das Planverfahren miteinbezogen werden kann. 237 Hier lassen sich zwei Lager ausmachen: x
Nach einer Auffassung bleibt der „Schuldnerbereich“ jedenfalls insoweit unberührt, wie es um die Kompetenzen anderer Organe als der AltGesellschafter geht. Ein Eingriff in die Organstellung des Aufsichtsrats und in die Personalkompetenz der Gesellschafterversammlung sei von § 225a Abs. 3 InsO beispielsweise nicht gedeckt. Diese Auffassung wird zum Teil dahingehend formuliert, dass ein „intensiver Bezug zu den Anteils- und Mitgliedschaftsrechten“ gegeben sein müsse.276)
x
Nach der Gegenauffassung erlaubt der Insolvenzplan auch die Übernahme der sonst der Gesellschafterversammlung verbleibenden Kompetenzen.277) Hölzle spricht von einem Verdrängungsbereich II.278) Daher seien auch Grundlagengeschäfte und solche Geschäfte denkbar, die im Regelverfahren dem Insolvenzverwalter entzogen wären, insbesondere auch die Abberufung und Bestellung von Organmitgliedern.
238 Stellungnahme: M. E. ist der letztgenannten Auffassung zu folgen. Die erstgenannte Auffassung muss zu Abgrenzungsfragen führen, wenn nach dem „intensiven“ Bezug zur Mitgliedschaft gefragt wird. Zwar ließe sich argumentieren, das Insolvenzverfahren sei eben nur auf die Masse bezogen und im Schuldnerbereich fehle es – definitionsgemäß – am Massebezug, sodass auch im Plan nichts anderes geregelt werden könne. Doch damit setzte man bereits voraus, dass hier wirklich nur der Schuldnerbereich betroffen ist. Davon kann indes nicht die Rede sein, wenn und weil die Ausübung der Personalkompetenz oder andere Geschäfte durchaus geeignet sind, auf die Masse einzuwirken. Jedenfalls zeigt bereits § 276a Satz 2 InsO, der im Regel-Eigenverwaltungsverfahren die Zustimmung des Sachwalters verlangt, dass zumindest der Austausch der Ge___________ 275) 276) 277) 278)
70
Haas, NZG 2012, 961, 965. Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 241; Madaus, ZIP 2012, 2133, 2137. Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 22 ff; Haas, NZG 2012, 961, 965. Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 24; Hölzle, ZIP 2014, 1819, 1821.
II. Gestaltungsspielraum bei gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen
schäftsführung an die „insolvenzrechtliche“ Zustimmung des Sachwalters gebunden und daher nicht per se masseneutral ist. Das ESUG strebt an, dass die Gläubigerversammlung umfassend an die Stelle der Gesellschafterversammlung oder der sonstigen Gesellschaftsorgane treten soll. Ob der Insolvenzverwalter (bzw. der eigenverwaltende Schuldner) selbst nach Maßgabe der Abgrenzung von Verdrängungs-/Schuldnerbereich die Maßnahme hätte treffen können, spielt keine Rolle. Wäre dies anders, bedürfte es ja des Planverfahrens nicht, das nach § 1 InsO gerade eine abweichende Regelung erlaubt. Die für das Regelverfahren entwickelte Abgrenzung der Kompetenzen (siehe 239 Rn. 88 ff.) steht mithin unter dem Vorbehalt, dass es zu einem Planverfahren kommt. Daraus folgt, dass die Gläubigerversammlung sämtliche der aufgeführten Maßnahmen beschließen kann. Für den Widerruf und die Erteilung von Prokura bedarf es allerdings einer 240 Planregelung nicht zwingend, weil diese Maßnahme schon nach allgemeinen Regeln vom Insolvenzverwalter bzw. bei Eigenverwaltung von der Geschäftsleitung vorgenommen werden darf.279) Sollte vor Rechtskraft der Planbestätigung in Eilfällen ein Handlungsbedarf 241 entstehen, bleibt es bei der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung.280) Inhaltlich ist der Beschluss der Gesellschafterversammlung sodann aber an den Planinhalten zu messen und darf diese nicht konterkarieren. 3. Ersetzung der gesellschaftsrechtlichen Vorgaben durch das Planverfahren a) Verfahrensgang Die formellen Anforderungen und Vorgaben, die das Gesellschaftsrecht 242 bzw. die jeweilige Satzung für die Einberufung einer Gesellschafterversammlung kennt, werden durch die Regeln zur Einberufung der Gläubigerversammlung weitgehend verdrängt.281) Einberufen wird die Versammlung vom Insolvenzgericht (§ 235 Abs. 1 InsO). 243 Der Ort der Gläubigerversammlung muss nicht derjenige Ort sein, der z. B. in der Satzung für die Gesellschafterversammlungen bestimmt ist. Dazu sind, soweit der Plan einen Eingriff in ihre Rechte vorsieht, auch die Anteilseigner gesondert zu laden (§ 235 Abs. 2 Satz 2 InsO). Dies gilt nicht für Aktionäre oder Kommanditaktionäre.
244
Für börsennotierte Gesellschaften findet § 121 Abs. 4a AktG entsprechen- 245 de Anwendung. Eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts des Plans ___________ 279) Siehe Rn. 95. 280) Rendels/Zabels, Insolvenzplan, Rn. 240. 281) Haas, NZG 2012, 961, 964 ff.; Thole, ZIP 2013, 1937, 1940.
71
E. Das Insolvenzplanverfahren
ist auf der Internetseite der Gesellschaft (nicht des etwaigen Verwalters) zugänglich zu machen. 246 Für die Planbestätigung und die zugehörigen Unterlagen gilt § 252 Abs. 2 InsO. b) Zuständigkeit 247 Die Gläubigerversammlung tritt insoweit umfassend an die Stelle der Gesellschafterversammlung. Das lässt sich im Wesentlichen auf zwei Weisen begründen.282) 248 Man kann wegen der Überlagerung durch den Insolvenzzweck davon ausgehen, dass die Gläubigerversammlung eine insolvenzrechtliche Sonderzuständigkeit in Anspruch nimmt und damit auch gesellschaftsrechtlich die Legitimation für Strukturmaßnahmen herbeiführt.283) 249 Alternativ lässt sich davon ausgehen, dass zwar die Gesellschafterversammlung weiterhin die Legitimation für die Strukturmaßnahme geben muss, dass ihr die Gläubigerversammlung durch die Abstimmung über den Insolvenzplan aber eine Stimmbindung auferlegt.284) 250 Der letztgenannte Weg mag formal die Zuständigkeit der Haupt/Gesellschafterversammlung unberührt lassen, bedeutet aber in der Sache nichts anderes als die insolvenzrechtliche Sonderzuständigkeit, weil anerkannt wird, dass sich der Wille der Gesellschafter dem Gläubigerwillen unter bestimmten Kautelen beugen muss. Der Ansatz erscheint daher unnötig konstruiert. c) Abstimmung 251 Für die Abstimmung gilt das Gruppenprinzip des § 222 InsO. Die Anteilseigner bilden nach § 222 Abs. 1 Nr. 4 InsO eine eigene Gruppe. Allerdings dürfen („können“) nach § 222 Abs. 3 Satz 2 InsO für geringfügig beteiligte Anteilsinhaber mit einer Beteiligung am Haftkapital von weniger als 1 Prozent oder weniger als 1.000 € besondere Gruppen gebildet werden. 252 Es wird im Schrifttum vorgeschlagen, die Grenze teleologisch zu reduzieren und sie nur auf Aktiengesellschaften anzuwenden, weil 1.000 € bereits eine erhebliche Schwelle darstelle.285) Tatsächlich besteht für eine solche Einschränkung keine Notwendigkeit: Sind je nach Einzelfall unter den Gesellschaftern verschiedene Gruppen mit gleichartigen wirtschaftlichen Interessen ersichtlich (z. B. Kleingesellschafter oberhalb der 1 %-Schwelle), dürfen sie nach der allgemeinen Regel des § 222 Abs. 2 InsO zu einer eigenen Gruppe ___________ 282) 283) 284) 285)
72
Prusko, Die Gesellschafterstellung in der Insolvenz, S. 174 f. Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 238. So Prusko, Die Gesellschafterstellung in der Insolvenz, S. 176. Landfermann, WM 2012, 821, 828 Fn 59.
II. Gestaltungsspielraum bei gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen
zusammengefasst werden. § 222 Abs. 3 schließt das richtigerweise nicht aus.286) Insgesamt ist für die Gruppenbildung nicht das gesellschaftsvertragliche Verständnis maßgeblich, sondern nur die wirtschaftliche Gleichartigkeit der Rechtspositionen.287) Wenn in der Literatur vorgeschlagen wird, dass zwischen sanierungswilligen 253 und sanierungsunwilligen Anteilseignern unter § 222 InsO oder nach Art des Sanierungsbeitrags oder der Höhe der Beteiligung unterschieden werden kann,288) so ist das mit Zurückhaltung zu bewerten. Bei der Gruppenbildung kann kaum zwischen sanierungswilligen und sanierungsunwilligen Gesellschaftern unterschieden werden; das zeigt sich ja verbindlich oft erst durch die Abstimmung selbst. Jedenfalls darf durch die Gruppenbildung nicht der Gleichbehandlungsgrund- 254 satz nach § 226 und § 245 Abs. 3 Nr. 2 InsO ausgehebelt werden. Daher dürfen – richtigerweise – den Gesellschaftern keine unterschiedlichen Angebote gemacht werden (siehe dazu Rn. 273), unabhängig davon, in welcher Gruppe oder Untergruppe sie zusammengefasst werden. Selbstverständlich kann auch im Planverfahren dasjenige abgebildet werden, 255 was dem Urteil „Sanieren oder Ausscheiden“289) entspricht. Es kann den – und dann aber allen – Altgesellschaftern angeboten werden, sich durch Einlageleistung an der Sanierung zu beteiligen; verneinendenfalls werden ihre Anteile übertragen.290) Darin liegt gerade keine Ungleichbehandlung der Gesellschafter. d) Vorzugsaktionäre Vorzugsaktionäre genießen keine gesonderte Behandlung. Auf Vorzugs- 256 rechte kommt es im Verfahren wegen § 238a InsO gerade nicht an (siehe Rn. 260). Entscheidend ist, dass auch die Vorzugsaktionäre sich der Wertung des § 199 InsO entsprechend verhalten müssen und nur dann befriedigt werden, wenn ein Liquidationsüberschuss zu gewärtigen ist, d. h. die Gläubiger befriedigt werden.291) Sie müssen daher nicht notwendigerweise eine eigene Gruppe bilden mit der Folge, dass es grundsätzlich (vorbehaltlich § 245 InsO) auf ihre Zustimmung zum Plan ankäme.
___________ Insoweit auch Landfermann, WM 2012, 821, 828 Fn. 59. Segmiller, Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan, S. 80. K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 222 Rn. 16. BGHZ 183, 1 = ZIP 2009, 2289 (m. Bespr. Holler, ZIP 2010, 1678) = ZfIR 2010, 503 = NJW 2010, 65. 290) K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 579. 291) So auch BGHZ 185, 206 = ZIP 2010, 1039 (m. Bespr. Madaus, S. 1214), dazu EWiR 2010, 465 (Mock).
286) 287) 288) 289)
73
E. Das Insolvenzplanverfahren
257 Daraus folgt: x
Vorzugsaktionäre bilden keine eigene obligatorische Gruppe i. S. d. § 222 Abs. 1 Satz 1 InsO.
x
Vorzugsaktionäre können nach dem Ermessen des Planerstellers in eine eigene Gruppe gesteckt werden, § 222 Abs. 2 InsO.292) Praxistipp: Angezeigt ist das letztlich nicht, weil sich dadurch das Obstruktionspotential erhöht, selbst wenn § 245 InsO greifen würde.
258 Soweit Vorzugsaktionäre noch Nachzahlungsansprüche wegen nicht gewährter Dividenden haben, war ungeklärt, in welchem Rang diese Forderungen zu berücksichtigen sind. Insoweit hat der BGH bereits vor dem ESUG zur Behandlung von nicht geleisteten Zahlungen auf Vorzugsdividenden Folgendes ausgeführt:293) „Den selbständigen Nachzahlungsansprüchen der Vorzugsaktionäre kann eine Befriedigungsmöglichkeit lediglich im Rang nach den nachrangigen Forderungen des § 39 Abs. 1 InsO zuerkannt werden. Denn auch die Gläubiger der nachrangigen Insolvenzforderungen müssen durch das Insolvenzgericht erst zur Forderungsanmeldung aufgefordert (§ 174 Abs. 3 InsO), deren Forderungen geprüft (vgl. § 177 Abs. 2 InsO) und erfüllt worden sein, bevor nach § 199 InsO die Auskehrung eines Überschusses an die Inhaber von Vorzugsaktien in Betracht kommt (HK-InsO/Depré, § 199 Rn. 1 f.). Derartige Ansprüche müssen deshalb auch im Insolvenzplanverfahren, das gemäß § 274 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AktG zur Fortsetzung der Gesellschaft führen soll, gemäß § 225 Abs. 1 InsO als erlassen gelten, wenn, wie im vorliegenden Fall, im Insolvenzplan nichts Abweichendes geregelt ist. Eine entsprechende Wertung ergibt sich auch aus § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO“
259 Hierbei kommt es auch nicht darauf an, ob in der Satzung eine Regelung i. S. d. § 140 Abs. 3 AktG zur Anspruchsentstehung zu finden ist. Vorzugsaktionäre werden hinsichtlich ihrer rückständigen Dividendenansprüche daher wie Gläubiger sonstiger Gesellschafterforderungen i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO behandelt. e) Stimmrecht 260 Für das Stimmrecht und die notwendigen Mehrheiten gilt § 238a InsO. Es gilt der Vorrang des Insolvenzrechts insoweit, als nach § 238a Satz 2 InsO Sonderstimmrechte oder besondere (satzungsmäßige oder durch Vereinbarung sich ergebende) Beschränkungen des Stimmrechts für das Planverfahren außer Betracht bleiben (zur Treuepflicht als Beschränkung des Stimmrechts siehe Rn. 283). Daher sind § 34 BGB, § 47 Abs. 4 GmbHG, § 136 Abs. 1 ___________ 292) Segmiller, Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan, S. 85. 293) BGHZ 185, 206, 212 = ZIP 2010, 1039 (m. Bespr. Madaus, S. 1214).
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II. Gestaltungsspielraum bei gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen
AktG, § 43 Abs. 6 GenG und die entsprechende Anwendung dieser Regeln bei den Personengesellschaften nicht anwendbar.294) Der jeweilige Gesellschafter darf daher auch bei eigener Betroffenheit und Interessenkonflikten abstimmen; dies ist ja gerade denklogisch stets der Fall. Die Wahrnehmung des Stimmrechts ist richtigerweise zumindest auch eine 261 Prozesshandlung.295) Daher wird man über § 4 InsO die Prozesshandlungsvoraussetzungen verlangen müssen. Ein minderjähriger Gläubiger muss wirksam vertreten werden, § 4 InsO i. V. m. § 51 InsO. Das gilt unabhängig davon, ob man den Insolvenzplan einem Prozessvertrag gleichstellt.296) § 89 ZPO gilt aber wegen der Singularität der Stimmabgabe eher nicht.297) Über die Wirksamkeit der Stimmabgabe befindet das Insolvenzgericht bei 262 der Planbestätigung; das Verfahren nach § 77 Abs. 2 InsO, nachdem vorrangig eine Einigung zwischen dem (Eigen-)Verwalter und den anderen Abstimmungsberechtigten zu suchen ist, greift nicht, weil insoweit auch die Interessen der anderen Gruppen tangiert sind.298) Das Stimmgewicht entspricht allerdings den gesellschaftsrechtlichen Wer- 263 tungen. Für die Annahme in der Gruppe der Gesellschafter ist nach § 244 Abs. 3 InsO erforderlich, dass mehr als die Hälfte der Summe der Beteiligungen zustimmt. Es geht also ausschließlich um Summenmehrheit, nicht auch zusätzlich um eine Kopfmehrheit. Die Rechtslage ist daher anders bei der Abstimmung in den Gläubigergruppen (§ 244 Abs. 1 InsO). Die nicht erreichte Zustimmung der jeweiligen Gesellschaftergruppe kann 264 über das Obstruktionsverbot ersetzt werden, § 245 InsO. Die Zustimmung gilt auch dann als erteilt, wenn sich die Gesellschafter als Gruppe gar nicht beteiligen, § 246a InsO. f) Formelle Anforderungen Die rechtskräftige Planbestätigung nach §§ 248, 254 Abs. 1 InsO ersetzt ge- 265 mäß § 254a InsO auch weitere formale Anforderungen, die aus gesellschaftsrechtlicher Sicht für die Wirksamkeit des Vorgangs erforderlich wären.299) Das sind z. B.: x
Das Beurkundungserfordernis nach § 15 Abs. 3, 4 GmbHG und sonstige Formvorschriften bei Übertragung von Geschäftsanteilen: ersetzt wegen § 254a Abs. 1 und 2 InsO.
___________ 294) 295) 296) 297) 298) 299)
K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 238a Rn. 14. A. A. Madaus, Der Insolvenzplan, S. 396 ff., 406. Madaus, Der Insolvenzplan, S. 406 (mit anderer Begründung). Madaus, Der Insolvenzplan, S. 406. K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 238a Rn. 16 gegen HambKomm-Thies, InsO, § 238a Rn. 32. Haas, NZG 2012, 961, 964.
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E. Das Insolvenzplanverfahren
x
Das Beurkundungserfordernis für Satzungsänderungen nach § 53 Abs. 2 GmbHG: ersetzt wegen § 254a Abs. 1 InsO.
x
Ladungen, Bekanntmachungen, sonstige Vorbereitungshandlungen (z. B. §§ 183 Abs. 1, 186 Abs. 4 AktG: ersetzt wegen § 254a Abs. 2 Satz 2 InsO.
x
Anmeldungen zum Handelsregister: Wie sich aus § 254a Abs. 2 Satz 3 InsO im Umkehrschluss ergibt, sind die Anmeldungen zum Handelsregister nicht entbehrlich. Der Insolvenzverwalter ist berechtigt, die Anmeldung vorzunehmen. Fraglich ist, ob daneben noch die Gesellschaftsorgane zur Anmeldung berechtigt sind. Das ist zu bejahen, weil § 254a Abs. 2 Satz 3 InsO lediglich verhindern will, dass die Geschäftsleitung durch Nicht-Anmeldung die Wirkungen der Maßnahmen torpediert.300)
266 Den Registergerichten kommt nach Rechtskraft der Planbestätigung keine Überprüfungskompetenz mehr zu.301) Sie sind nur noch in der Registerfunktion tätig.302) Praxistipp: Wegen der für die Registergerichte ungewohnten Situation empfiehlt es sich, die einzutragenden Maßnahmen und Beschlüsse, im gestaltenden Teil des Plans noch einmal deutlich so zu formulieren, wie es den registerrechtlichen Usancen entspricht.303) Der Insolvenzverwalter sollte außerdem ermächtigt werden, den Planinhalt so zu korrigieren, wie es mit Blick auf die Registeranmeldung ggf. erforderlich ist. Eine solche Ermächtigung ist im Gesetz auch in § 221 Satz 2 InsO vorgesehen, wenngleich richtigerweise offensichtliche Fehler auch ohne Ermächtigung berichtigt werden dürfen.304) Jedenfalls kann eine klarstellende Regelung sinnvoll sein. Sinnvoll erscheint es auch, den Planinhalt vorab mit dem Registergericht hinsichtlich der für die Eintragung sachgerechten Formulierung abzustimmen.
267 Gesellschaftsrechtliche Eintragungsfristen (z. B. § 228 Abs. 2 Satz 2 AktG: sechs Monate nach Beschlussfassung in der Hauptversammlung) bleiben richtigerweise von der Fiktionswirkung des § 254a InsO unberührt;305) hier wird man „Hauptversammlung“ durch die Gläubigerversammlung als substituiert ansehen können. Daher empfiehlt sich eine unverzügliche Anmeldung nach Rechtskraft der Planbestätigung. Droht wegen eines eingelegten Rechtsbehelfs i. S. d. § 253 InsO und ausstehender Rechtskraft der Planbestätigung der Ablauf der Eintragungsfrist, so wird man annehmen können, dass die Frist während der Rechtshängigkeit der sofortigen Beschwerde gehemmt ist – ___________ 300) 301) 302) 303) 304) 305)
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So auch Spliedt, GmbHR 2012, 462, 470; Haas, NZG 2012, 961, 965. Spliedt, GmbHR 2012, 462, 470. Tendenziell Begr. RegE, BT-Drucks 17/5712, S. 37; a. A. Becker, ZInsO 2013, 1885, 1890. So auch HambKomm-Thies, InsO, § 254a Rn. 13. Vgl. HambKomm-Thies, InsO, § 221 Rn. 16 f. Wohl auch Begr. RegE, BT-Drucks. 17/5712, S, 36 f.; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 470.
II. Gestaltungsspielraum bei gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen
insofern gilt z. B. § 228 Abs. 2 Satz 2 AktG, der nur von der Anfechtungsund Nichtigkeitsklage spricht, analog. g) Verhältnis zu Maßnahmen außerhalb des Planverfahrens Oben unter Rn. 86 ff. wurde ausgeführt, dass im Regelinsolvenzverfahren 268 und auch bei der Eigenverwaltung unter § 276a InsO in weitem Umfang eine Verdrängung der gesellschaftsrechtlichen Organkompetenzen durch den Verwalter bzw. die Eigenverwalter stattfindet. Theoretisch, weniger praktisch, wären, soweit die Gesellschafterversammlung 269 zuständig bleibt, Situationen denkbar, in denen die Gesellschafterversammlung eine Strukturmaßnahme vorsieht, die mit dem Inhalt eines z. B. vom Verwalter vorgelegten Plans nicht konform läuft. Beispiel: Der Verwalter strebt mit dem von ihm vorgelegten, aber noch nicht bestätigten oder abgestimmten Plan eine Anteilsübertragung bestehender Anteile an Dritte an. Die Gesellschafterversammlung beschließt einen Kapitalschnitt. Der Verwalterplan sieht einen Debt-Equity-Swap vor. Die Gesellschafterversammlung beschließt vorher eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechten. Im Regelinsolvenzverfahren bleibt in solchen Fällen die Zuständigkeit der 270 Gesellschafterversammlung nach den Grundsätzen (siehe Rn. 100 ff.) zwar unberührt. Grundsätzlich ergeben sich aber keine Probleme, weil die Gesellschafterversammlung bei Masserelevanz auch nach allgemeinen Regeln nicht zuständig ist. Zudem kann eine Sanierungsbeteiligung der Gesellschafter ja eigentlich nur erwünscht sein – das ist freilich dann anders, wenn die Altgesellschafter gerade aus der Gesellschaft „herausgeschossen“ werden sollen. Sollte gleichwohl ein Kollisionsfall entstehen, ist davon auszugehen, dass die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung bereits dispensiert ist, sobald ein Insolvenzplan vorgelegt ist. Denn in einem solchen Fall soll nach der gesetzlichen Ausgestaltung des Verfahrens über den Plan befunden werden. In diesem Fall dürfen die Gesellschafter zwar in ihrer Eigenschaft als Organ des Schuldners über dessen originäres Planvorlagerecht selbst einen Plan vorlegen (§ 218 InsO), nicht aber das laufende Plan- und Abstimmungsverfahren torpedieren, indem sie Tatsachen schaffen. Man wird daher sagen können, dass schon die Zuständigkeit zugunsten der Gläubiger/Beteiligtenversammlung zurücktritt und nicht erst eine materielle Ausübungsschranke besteht. Das gilt jedenfalls für solche Maßnahmen, die den Planinhalt tangieren könnten. Daher besteht de facto schon vor Rechtskraft der Planbestätigung eine „Ver- 271 änderungssperre“. Ein widersprechender Gesellschafterbeschluss wäre unwirksam und dürfte auch von einem Eigenverwalter nicht zum Handelsregister angemeldet werden. – Unberührt bleibt ohnehin stets die Möglichkeit, im Plan Beschlüsse der Gesellschafter aufzuheben.
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E. Das Insolvenzplanverfahren
4. Materielle Anforderungen an den Planinhalt 272 Aus § 225a Abs. 3 InsO ergibt sich, dass auch das materielle Gesellschaftsrecht grundsätzlich verdrängt ist, soweit es nicht den gesellschaftsrechtlichen Typenzwang betrifft. a) Gleichbehandlungsgrundsatz 273 Der gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gilt sowohl im Recht der Kapitalgesellschaften als auch im Recht der Personengesellschaften.306) Er ist Bestandteil der Mitgliedschaft. 274 Daher unterliegt dieser Grundsatz denselben Einschränkungen, denen auch die Mitgliedschaft selbst unterliegt. 275 Die Überlagerung des Gesellschaftszwecks durch den Verfahrenszweck führt dazu, dass die gesellschaftsrechtlichen Grundsätze nicht mehr gelten können, soweit das Verfahren eigene Maßstäbe setzt. Dies ist im Planverfahren der Fall, weil der Gleichbehandlungsgrundsatz hier speziell als insolvenzrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz geregelt und auf die Anteilseigner einwirkt, soweit sie in den Plan einbezogen werden. Nach § 226 Abs. 1 InsO sind den Beteiligten innerhalb einer Gruppe dieselben Rechte anzubieten. Nach § 245 Abs. 3 Nr. 2 InsO darf kein Anteilsinhaber, der ohne einen Plan den Anteilsinhabern der Gruppe gleichgestellt wäre, bessergestellt werden als diese. 276 Damit sind Gleichbehandlungsfragen bereits im Gesetz aufgenommen worden. Die Regelungen treten an die Stelle des gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Dies erscheint sachgerecht, weil der Plan die Perspektive weitet und nunmehr auch die Gesellschafter-Gläubigerbeziehungen zu berücksichtigen sind. 277 Ungeklärt ist, was genau mit § 245 Abs. 3 Nr. 2 InsO gemeint ist und ob jede Differenzierung zwischen den Anteilsinhabern verbietet,307) obwohl sie ohne den Plan rechtlich als gleichgestellte Personen i. S. d. Vorschrift anzusehen sind: x
Nach einer Auffassung ist letztlich eine wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgebend. Dies lasse eine Differenzierung zwischen den Anteilsinhabern durchaus zu.308) Beispielsweise könnten Kleinbeteiligten i. S. d. § 222 Abs. 3 Satz 2 AktG bessere Konditionen angeboten werden als anderen Gesellschaftern.
___________ 306) Enzinger, in: MünchKommHGB, § 109 Rn. 20; Verse, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften, S. 3, 67 ff. 307) Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 245 Rn. 19, der jedenfalls Bagatelldifferenzierungen zulässt. 308) K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 245 Rn. 35; Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 245 Rn. 19.
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II. Gestaltungsspielraum bei gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen
x
Die Gegenauffassung betont, dass es auf die Gruppenbildung gerade nicht ankomme. Gesellschaftern müssten, soweit es ihre Anteilsrechte betrifft, gleichgestellt werden.309) Daraus folgt, dass eine Übertragung einzelner Anteilsrechte und die damit verbundene Schonung anderer Gesellschafter insolvenzrechtlich unzulässig sind. Über die Bildung von Untergruppen innerhalb der Anteilseigner lässt sich daher das Obstruktionsverbot nicht beeinflussen.
Stellungnahme: Im Ergebnis und im Grundsatz dürfte der Gegenauffassung 278 zu folgen sein. Denn § 245 Abs. 3 InsO soll gerade einen Minderheitenschutz bewerkstelligen, wie er auch außerhalb des Planverfahrens bestünde. Wenn und soweit aber gesellschaftsrechtlich eine Binnendifferenzierung zwischen einzelnen Gesellschaftern nicht zulässig ist, ist dies auch im Planverfahren insoweit nicht möglich. Folgt man dem Verständnis, dass Gesellschafter nach-nachrangige Gläubiger sind, ist es auch unter einem insolvenzrechtlichen Verständnis geboten, innerhalb dieser „Gläubiger“-Gruppe nicht zu differenzieren. Das ergibt sich dann allerdings aus dem insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgebot, nicht aus einem Vorrang des Gesellschaftsrechts. Daraus folgt allerdings zugleich, dass der Schutz der Gleichbehandlung durch 279 die Vorgaben der InsO bereits abschließend geregelt ist. Raum für eine allgemeine Geltung von gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsätzen besteht nicht, wenn die rechtliche Gleichbehandlung der Gesellschafter ohnehin schon insolvenzrechtlich gesichert ist.310) b) Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht Ob die zwischen den Gesellschaftern bestehende gesellschaftsrechtliche Treue- 280 pflicht, die im Fall Suhrkamp maßgeblich war, auch im Insolvenzverfahren beachtlich und von den Beteiligten des Insolvenzverfahrens zu berücksichtigen ist, ist bisher nicht höchstrichterlich geklärt. Ist die Pflicht beachtlich, könnte dies möglicherweise311) dazu führen, dass ein Mehrheitsgesellschafter nicht auf einen Insolvenzplan hinwirken könnte, der in treuwidriger Weise einen Minderheitsgesellschafter „kaltstellt“ und ihn beispielsweise mit einer Umwandlung der Gesellschaft seiner bisher bestehenden Sonderrecht und Einflussmöglichkeiten beraubt. Im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem LG Frankfurt312) hat das LG die Frage bejaht, ob die im Gesellschaftsrecht anerkannte Treuepflicht einen Gesellschafter dazu zwingen kann, bei der Abstimmung über einen Insolvenzplan sein Stimmrecht in einer bestimmten Weise auszuüben; ein zweites Verfahren betraf die Frage, ob die ___________ 309) Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 33; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 127 f. 310) Haas, NZG 2012, 961, 965. 311) Ob etwa im Fall Suhrkamp tatsächlich ein Treueverstoß vorlag, ist eine andere Frage als die hier allein aufgeworfene Frage, ob die Treuepflicht überhaupt beachtlich ist. 312) LG Frankfurt/M., ZIP 2013, 1831.
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E. Das Insolvenzplanverfahren
Treuepflicht zu einer Rangrücktrittserklärung zwingen kann.313) Das OLG hat die Verfügung jeweils aufgehoben.314) 281 Vor dem Suhrkamp-Fall war die Frage nach der Geltung der Treuepflicht im Verfahren und ihren Grenzen indes weitgehend ungeklärt.315) Teils wurde angenommen, für gesellschaftsrechtliche Treuepflichten und Minderheitenschutz sei im Planverfahren nunmehr kein Raum oder jedenfalls kein Bedarf mehr,316) doch gesichert war dies nicht.317) 282 Insgesamt zeichnet sich im Gefolge der Diskussion zum Suhrkamp-Fall ein differenziertes Meinungsbild ab; die Diskussion steht allerdings erst am Anfang: x
Nach wohl herrschender Auffassung bleibt die Treuepflicht jedenfalls im Planverfahren (weitgehend) unbeachtlich.318) Sie dürfe insbesondere nicht über die einstweilige Verfügung in das Verfahren und das Abstimmungsverhalten einwirken. Das Insolvenzrecht und die Schutzmechanismen des Planverfahrens, z. B. das Gleichbehandlungsgebot des § 226 InsO, gingen vor. Anders sei dies ggf. nur für Treuepflichten bei der Frage der Antragstellung für das Verfahren, die letztlich noch nicht vom Insolvenzzweck überlagert sei.
x
Nach der Gegenauffassung319) gibt es im Insolvenzverfahren keine vollständige Verdrängung der gesellschaftsvertraglichen Bindungen. Das gelte insbesondere bei Treuwidrigkeit der Verfahrenseröffnung oder der jeweiligen Maßnahme und bei noch erheblicher Werthaltigkeit des Anteils. In diesem Fall seien auch einstweilige Verfügungen möglich.
x
Andere Autoren gehen ebenfalls davon aus, dass die Treuepflicht fortbestehe, wenngleich sie – wie hinzugefügt wird – inhaltlich eingeschränkt sei.320)
___________ 313) LG Frankfurt/M., ZIP 2013, 1720. 314) OLG Frankfurt/M., ZIP 2013, 2018 und 2022. 315) Knapp vor dem ESUG Haas, in: Festschrift Konzen, S. 157, 175, der aber zweifelt, ob die gesellschaftsrechtlichen Maßgaben für das Insolvenzplanverfahren fruchtbar gemacht werden können. 316) Haas, NZG 2012, 961, 965; Segmiller, Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan, S. 151. 317) Anders wohl Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1819 (soweit nicht Liquidation angestrebt); Häsemeyer, ZHR 160(1996) hält Treuepflichten bei amtlicher Sanierung offenbar für gegeben, aber modifiziert. Möglicherweise anders auch Madaus, ZGR 2011, 749, 770; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125. 318) OLG Frankfurt/M., ZIP 2013, 2018; Haas, NZG 2012, 961, 965; Thole, ZIP 2013, 1937 ff.; Lang/Muschalle, NZI 2013, 953; Pape, ZInsO 2013, 2129, 2136; Wertenbruch, ZIP 2013, 1693, 1700; Eidenmüller, NJW 2014, 17, 18; wohl auch Brinkmann, ZIP 2014, 197, 201. 319) C. Schäfer, ZIP 2013, 2237 ff.; insoweit ähnlich Müller, DB 2014, 41, 44. 320) Spliedt, ZInsO 2013, 2155: Treuepflicht besteht (inhaltlich eingeschränkt) fort; Stöber, ZInsO 2013, 2457, 2463: Art. 14 GG verlangt Geltung der Treuepflicht; Meyer, ZInsO 2013, 2361, 2367: Treuepflicht besteht fort, aber wegen § 245 InsO mangels Schlechterstellung des Minderheitsgesellschafters nicht verletzt; Müller, DB 2014, 41, 45, der aber Rechtsschutz außerhalb des Insolvenzverfahrens für nicht statthaft hält.
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II. Gestaltungsspielraum bei gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen
Stellungnahme: Wie andernorts ausgeführt,321) ist grundsätzlich davon aus- 283 zugehen, dass die Treuepflicht zwischen den Gesellschaftern im Verfahren unbeachtlich sein muss. Sie kann möglicherweise als Grundlage für nachgelagerte Schadensersatzansprüche dienen, darf aber – als rein interne Bindung zwischen den Gesellschaftern – die Gläubiger und damit den Verfahrensgang an sich nicht belasten. Dafür sprechen u. a. das allein wertbezogene Schutzkonzept der §§ 225a ff. InsO, die praktischen Nachteile, wenn es wechselseitige einstweilige Verfügungen vor ordentlichen Gerichten gäbe, die Bindung auch des Gesellschaftsinteresses an den Insolvenzzweck in der konkreten Situation u. a. m. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob auf insolvenzrechtlicher Grundlage Einschränkungen denkbar sind. Richtigerweise ist Missbrauch allgemein im Prozessrecht unbeachtlich; missbräuchliche (Eröffnungs-)Anträge wären nicht zu berücksichtigen. Insolvenzzweckwidriges Handeln wird auch sonst für unwirksam angesehen. Dass Missbrauch schwer festzustellen ist, stellt insoweit nur ein allgemeines Problem dar. Wieder anders liegt dann die Folgefrage, ob etwa in einem Fall wie bei Suhrkamp das Herausdrängen des Minderheitsgesellschafters tatsächlich ein insolvenzrechtlich missbräuchliches, zweckwidriges Verhalten darstellt. Insofern kann als Grundsatz genannt werden, dass der strategische Einsatz des Insolvenzverfahrens gerade auch erwünscht ist. Anders könnte der Fall allenfalls dann liegen, wenn das Restrukturierungspotential des Insolvenzverfahrens nur deshalb in Betracht kommt, weil zum Beispiel die Insolvenzgründe manipulativ dargelegt werden und sie nur zum Schein erfüllt sind (das wäre ein Fall, der verfahrensrechtlich einer unbeachtlichen „Zuständigkeitserschleichung“ gleich käme). Insgesamt sind hier viele Fragen noch offen; die verschiedenen Positionen können jeweils gute Gründe für ihre Haltung anführen. 5. Rechtsschutz: Keine Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage Im Planverfahren können von der Beteiligtenversammlung beschlossene 284 Strukturänderungsbeschlüsse nicht auf der Grundlage der §§ 246 ff. AktG (analog) im Wege der Beschlussmängelklage angefochten werden.322) Dies gilt auch dann, wenn die Beteiligtenversammlung Maßnahmen beschließt, die außerhalb des Planverfahrens von der Gesellschafter- bzw. Hauptversammlung zu beschließen wären, also im Schuldnerbereich verbleiben. An die Stelle dieser Klagebefugnis treten zwei Rechte:
das Recht, die Versagung der Planbestätigung (nach vorheriger Glaubhaftmachung der Schlechterstellung) zu beantragen, § 251 Abs. 1 und 2 InsO,
das Recht zur sofortigen Beschwerde gegen die Planbestätigung, § 253 InsO.
___________ 321) Thole, ZIP 2013, 1937 ff. 322) Haas, NZG 2012, 961, 965.
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E. Das Insolvenzplanverfahren
285 An die Stelle des Freigabeverfahrens nach § 246a AktG tritt die Möglichkeit des Insolvenzverwalters, zum Zwecke der beschleunigten Umsetzung des Plans die Zurückweisung der Beschwerde nach § 253 Abs. 4 Satz 1 InsO zu beantragen. In diesem Fall ist der Beschwerdeführer grundsätzlich auf Schadensersatz nach § 253 Abs. 4 Satz 3 InsO verwiesen. Er kann nicht die Rückgängigmachung des Plans verlangen. Obwohl § 253 Abs. 4 InsO nur das Antragsrecht des Insolvenzverwalters kennt, ist die Vorschrift auch bei Eigenverwaltung anwendbar (über die allgemeine Verweisung in § 270 Abs. 1 Satz 2 InsO). 285a Das eigentliche Problem lag und liegt im Suhrkamp-Fall, der einen Fall des Gesellschafterstreits betraf, darin, den richtigen Vergleichsmaßstab bei der Frage zu finden, ob der Minderheitsgesellschafter schlechtergestellt wird, als er ohne den Plan stünde (§ 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO), und ob der Mehrheitsgesellschafter bei rechtlicher Umgestaltung der Anteile bessergestellt wird (§ 245 Abs. 3 Nr. 2 InsO).323) Der BGH hat in seinem Suhrkamp-Beschluss vom 17.7.2014 als Handlungsanweisung an das Beschwerdegericht folgende Überlegungen zum Begriff der Schlechterstellung hinsichtlich der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde angestellt:324) „Nach dem Inhalt des Insolvenzplans werden hier alle Insolvenzgläubiger ohne die Notwendigkeit weiterer Sanierungsmaßnahmen voll befriedigt. Vor diesem Hintergrund hätte die Schuldnerin in ihrer bisherigen Rechtsform weitergeführt oder ihr Geschäftsbetrieb im Wege einer übertragenden Sanierung veräußert werden können. Angesichts des Fortbestands des insolventen Unternehmens ist nicht der von § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO gemeinte Regelfall gegeben, dass der Wert der Beteiligung an der insolventen Gesellschaft wirtschaftlich mit Null anzusetzen ist (BT-Drs. 17/5712, 24 f.; FK-InsO/Jaffé, 7. Aufl., § 251 Rn. 6a, § 253 Rn. 3h). Bei einer Fortsetzung der Schuldnerin in ihrer unveränderten Rechtsform hätte für die Bet. zu 1 die Möglichkeit bestanden, jederzeit ihre Kommanditbeteiligung nach eigenem Ermessen an einen beliebigen Erwerber zu ihrem vollen Wert frei zu veräußern. Im Falle der Alternative einer übertragenden Sanierung und Veräußerung des Unternehmens an einen meistbietenden Erwerber hätte die Bet. zu 1 ebenfalls entsprechend ihrer Beteiligung an dem erzielten Verwertungserlös partizipiert. Ungeachtet der von der Schuldnerin geäußerten Bedenken ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass angesichts ihrer Stellung im Verlagswesen und der in ihr vereinigten Werte die lohnende Veräußerung einer Kommanditbeteiligung oder des gesamten Geschäftsbetriebs ohne Weiteres möglich wäre.“
285b Der BGH vergleicht damit den Planinhalt (konkret: Umwandlung in AG mit Beseitigung der Sonderrechte des Gesellschafters) mit einer alternativen Art der Abwicklung und zugleich auch mit einer Veräußerung des Geschäftsanteils. Bei einem Insolvenzplan, der – wie bei Suhrkamp – einen Gesellschafterstreit auflösen will, werden vor dem Hintergrund dieser nicht ganz eindeutigen Aussage mehrere Auffassungen vertreten: 1. Eine Auffassung geht davon aus, es sei stets der Liquidationserlös nach § 199 Satz 2 InsO in einer Regelinsolvenz als Vergleichsmaßstab in der ___________ 323) Vgl. Madaus, ZIP 2014, 500, 507. 324) BGH, ZIP 2014, 1442 (LS).
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II. Gestaltungsspielraum bei gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen
Situation „wie er ohne den Plan stünde“ zu ermitteln.325) Im Regelverfahren wären die Sonderrechte des Gesellschafters aber untergegangen. 2. Eine weitere Auffassung geht im Kern davon aus, dass der Verlust an Sonderrechten wirtschaftlich zu berücksichtigen und in einen Wert zu übersetzen ist; Vergleichsgegenstand ist nicht nur die nominelle Höhe der Beteiligung, sondern die Sonderrechte fließen in die Bewertung ein.326) 3. In dieselbe Richtung geht die Auffassung, die sogar weitergehend davon ausgeht, dass bei Werthaltigkeit der Anteile nach allgemeinen Regeln eine nicht bezifferbare Verschlechterung der Mitgliedschaft der Gesellschafter per se unzulässig sei.327) 4. Darüber hinaus wird zum Suhrkamp-Fall vielfach vertreten, die Grenzen der Gestaltungsmacht seien hier nur im Insolvenzzweck bzw. im Missbrauchsgedanken zu finden.328) Im Ergebnis darf sich das Gericht nicht einen Alternativplan ausdenken; die 285c Zweckmäßigkeitsprüfung ist allein Aufgabe des Planverfassers und der abstimmenden Gläubiger. Richtigerweise dürfte zu unterscheiden sein. In den Ist-Wert der Beteiligung muss naturgemäß auch ein daran geknüpftes Sonderrecht einbezogen werden; es erhöht den Beteiligungswert. Das ist der richtige Kern der eben geschilderten Ansichten 2 und 3. Werden daher Anteile von Mehrheits- und Minderheitsgesellschaftern – jeweils anteilig gemessen am Nominalwert – reduziert oder beeinträchtigt, bliebe der „SonderrechtsWert“ unberücksichtigt. Das kann für § 245 InsO und die Besserstellung (bzw. die geringere Verschlechterung) innerhalb der Gruppe relevant sein. Für die Situation „ohne Plan“ ist das Regelverfahren entscheidend. Auch im Regelverfahren kann ein Liquidationserlös i. S. d. § 199 Satz 2 InsO erzielt werden bzw. eine Sanierung möglich sein (die aber dann ja gerade nicht mit dem Planinhalt begründet werden darf!). Ist der prospektive Liquidationserlös so groß, dass ein Überschuss für die Gesellschafter verbleibt, liegt allerdings ein Grund für eine Verfahrenseinstellung vor;329) das ist bei der Vergleichsbetrachtung allerdings auszuklammern. 6. Modifizierung des Austrittsrechts (§ 225a Abs. 5 InsO) Grundsätzlich kann ein Gesellschafter außerhalb des Insolvenzverfahrens je- 286 denfalls dann aus der Gesellschaft austreten, wenn ein wichtiger Grund vor___________ 325) Hölzle, ZIP 2014, 1819, 1822; ebenso LG Hamburg, ZInsO 2015, 159, 161. 326) So wohl Madaus, ZIP 2014, 500, 507 (aber nur bei § 245 Abs. 1 Nr. 2, nicht bei § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO!). 327) So Schäfer, ZIP 2014, 2417, 2149; Wohl auch Westermann, NZG 205, 134, 138. 328) Brünkmans/Uebele, ZInsO 2014, 265, 266 ff.; auch Eidenmüller, ZIP 2014, 1197, 1203 (aber „eher theoretischer Fall“); siehe den Text zu Rn. 283. 329) Thole, WuB VI. A. § 235 InsO, 1.14, S. 515, 518.
83
E. Das Insolvenzplanverfahren
liegt.330) Ob ein solcher wichtiger Grund vorliegt, ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu ermitteln. Ist der Austritt wirksam, hat der Gesellschafter Anspruch auf Abfindung in Höhe des Werts seines Gesellschaftsanteils. 287 Zu diesem Austrittsrecht, das Ausdruck der negativen Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 GG ist, verhält sich § 225a Abs. 5 InsO speziell. Er lautet: „Stellt eine Maßnahme nach Absatz 2 oder 3 für eine am Schuldner beteiligte Person einen wichtigen Grund zum Austritt aus der juristischen Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit dar und wird von diesem Austrittsrecht Gebrauch gemacht, so ist für die Bestimmung der Höhe eines etwaigen Abfindungsanspruches die Vermögenslage maßgeblich, die sich bei einer Abwicklung des Schuldners eingestellt hätte. Die Auszahlung des Abfindungsanspruches kann zur Vermeidung einer unangemessenen Belastung der Finanzlage des Schuldners über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren gestundet werden. Nicht ausgezahlte Abfindungsguthaben sind zu verzinsen.“
288 Aus der Norm folgt, dass das Austrittsrecht auch im Planverfahren grundsätzlich unberührt bleibt. Lediglich der Abfindungsanspruch unterliegt einer gesetzlichen Einschränkung. Er wird in der Höhe auf den Betrag beschränkt, der sich bei einer Abwicklung des Schuldners eingestellt hätte. Gemeint ist der Liquidationswert (siehe dazu noch Rn. 294).331) Da aber der Anteil in der Insolvenz der Gesellschaft regelmäßig wertlos ist oder jedenfalls bei Abwicklung des Schuldners eine Kompensation des Gesellschafters regelmäßig nicht erfolgt wäre, entfällt damit i. d. R. der Abfindungsanspruch insgesamt. 289 Zu beachten ist allerdings, dass § 225a Abs. 5 Satz 1 InsO nur dann gilt, wenn gerade die im Plan beschlossene Maßnahme einen wichtigen Grund zum Austritt gibt und von dem auf dieser Grundlage entstandenen Austrittsrecht auch tatsächlich Gebrauch gemacht wird. Insoweit sind noch mehrere Fragen offen: Die erste Frage ist, ob § 225a Abs. 5 Satz 1 InsO selbst ein insolvenzrechtliches Austrittsrecht gewährt. Dies wird zum Teil angenommen.332) Diese Auffassung kommt aber im Gesetzeswortlaut nicht hinreichend zum Ausdruck. Das Gesetz legt nicht fest, dass der Gesellschafter austreten darf, sondern setzt voraus, dass ein Austrittsrecht entstanden ist, weil ein wichtiger Grund vorliegt. Auch legt das Gesetz nicht etwa fest, dass eine Maßnahme im Plan nach § 225a Abs. 2, 3 InsO einen wichtigen Grund darstellte, sondern dies ist noch zu prüfen. Das Austrittsrecht an sich entsteht daher nach den gesellschaftsrechtlichen, außer-insolvenzrechtlichen Maßstäben.333) Sieht der Gesellschaftsvertrag ein Lösungsrecht un___________ x
330) BGH, NJW 1992, 892, 895, dazu EWiR 1992, 131 (Holch); Lutter, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rn. 70; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 34 Anh. Rn. 18; K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, Fn. 9. 331) Insoweit auch K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2086 (anders für § 245 InsO); H. F. Müller, KTS 2012, 419, 432. 332) Haas, NZG 2012, 961, 966. 333) C. Schäfer, ZIP 2013, 2237, 2242.
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II. Gestaltungsspielraum bei gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen
terhalb der Schwelle des wichtigen Grunds dar, bleibt es durch den Eintritt in das Insolvenzverfahren zunächst unberührt.334). Die Lösung auf dieser Grundlage ist kein Austritt aus wichtigem Grund und fällt daher gar nicht unter § 225a Abs. 5 InsO (siehe aber sogleich Rn. 290). x
Die zweite Frage ist, unter welchen Voraussetzungen Maßnahmen nach § 225a Abs. 2 und 3 InsO einen wichtigen Grund darstellen. Das ist vom Inhalt der konkreten Maßnahme abhängig, wird aber jedenfalls dann, wenn eine Veränderung der Beteiligungsstruktur angestrebt ist, regelmäßig zu bejahen sein.335) Auf dieser Linie liegt bereits die für das vorinsolvenzliche Stadium geltende „Sanieren oder Ausscheiden“-Rechtsprechung, die den Austritt ermöglicht, wenn sich der Gesellschafter an der Sanierung nicht beteiligen will.336)
x
Vor diesem Hintergrund ist die im Schrifttum vertretene Auffassung, das Austrittsrecht könne erst nach der Rechtskraft der Planbestätigung ausgeübt werden, weil die Strukturmaßnahmen erst dann wirksam werden können,337) in der Generalität nicht haltbar. Es ist vielmehr die Frage, ob der wichtige Grund bereits dann zu bejahen ist, wenn die Maßnahme nur droht, aber noch nicht verbindlich ist. Regelmäßig wird man einen wichtigen Grund erst mit Planbestätigung annehmen können. Ausgeschlossen erscheint die Bejahung eines wichtigen Grundes aber auch zu einem früheren Zeitpunkt nicht, wenn der zur Abstimmung gestellte Planinhalt einen Verbleib in der Gesellschaft bereits zu diesem Zeitpunkt unzumutbar macht.
Eine weitere Frage ist, ob der Austritt auch im Plan selbst geregelt werden darf. Das ist im Grundsatz zulässig; dann aber wird der Austritt erst mit Bestätigung wirksam.338) Theoretisch wäre es auch denkbar, Austrittsrechte und die Abfindungsansprüche im Plan zu modifizieren und z. B. zu versagen oder die in § 225a Abs. 5 Satz 2 InsO vorgesehene Stundung zu verlängern. Aber: Dies wird regelmäßig dazu führen, dass der Gesellschafter durch den Plan schlechter stünde als ohne, sodass der Minderheitenschutz nach § 251 InsO greift. Dem steht auch nicht § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO entgegen mit dem Argument, dass die Abfindung eine Benachteiligung der vorrangigen Gläubiger bedeutete.339) Denn die Abfindung ist vom Gesetzgeber als Mindestschutz des Gesellschafters vorgesehen. Er bekommt deshalb ja auch keinen Vermögenszuwachs, sondern erhält eben nur den Liquidationswert, der häufig Null ist. ___________
x
334) So auch wohl K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 225a Rn. 40. 335) Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 11. 336) BGHZ 183, 1 = ZIP 2009, 2289 (m. Bespr. Holler, ZIP 2010, 1678) = ZfIR 2010, 503 = NJW 2010, 65. 337) Haas, NZG 2012, 961, 966. 338) K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 225a Rn. 40. 339) H. F. Müller, KTS 2012, 419, 434.
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E. Das Insolvenzplanverfahren
290 Jedenfalls die Stundungsgrenze in § 225a Abs. 5 Satz 2 InsO (drei Jahre) ist als gesetzlich zwingende Höchstgrenze anzusehen. Eine längere Stundung ist ohne Zustimmung des Gesellschafters nicht durch den Plan durchsetzbar. x
Es bleibt die Frage, ob gesellschaftsvertragliche Austrittsrechte, die nicht an einen wichtigen Grund i. S. d. § 225a Abs. 5 Satz 1 InsO anknüpfen, durchsetzbar sind. Denkbar erscheint etwa der Fall, dass gesellschaftsvertraglich eine Abfindung zu Buchwerten vorgesehen ist oder dass ein Austrittsrecht schon mit Insolvenzeröffnung o. Ä. begründet wird. Dazu verhält sich § 225a Abs. 5 Satz 1 InsO nicht. Es wäre dann denkbar, dass sich Gesellschafter im Lichte der drohenden Eingriffe in ihre Rechtsstellung bereits vorzeitig „verabschieden“ und sodann auf einer höheren Abfindung beharren.
291 Insoweit dürfte grundsätzlich das entsprechende Recht Bestand haben, da § 103 InsO für Gesellschaftsverträge nicht gilt.340) Allerdings wird man annehmen müssen, dass eine solche Abwicklung grundsätzlich nicht im Insolvenzverfahren stattfindet (Wertung des § 84 Abs. 1 BGB) und daher auch nicht den Verwalter bzw. die Masse bindet. Etwaige Abfindungsanspruche aus dem Anwendungsbereich des § 225a Abs. 5 InsO wären aus dem insolvenzfreien Vermögen bzw. von den anderen Gesellschaftern zu begleichen. x
Auch innerhalb des § 225a Abs. 5 InsO kann es zum Konflikt mit dem Kapitalerhaltungsrecht kommen.341) Der prospektive Liquidationsüberschuss ist mit den Vorgaben des Kapitalerhaltungsrechts nicht identisch. Denn bei Unterbilanz (§ 30 GmbHG) oder nicht vorhandenem Bilanzgewinn (§ 57 AktG) darf nicht an den Anteilseigner ausgeschüttet werden. Dies gilt auch (und erst recht) im Insolvenzverfahren. Daher muss ggf. sichergestellt werden, dass der Abfindungsanspruch durch Dritte aufgebracht wird. Denn der Abfindungsanspruch darf dem ausscheidenden Anteilseigner durch den Plan nicht entzogen werden.342)
292 Aus der Kapitalbindung folgt aber entgegen Spliedt343) nicht zwingend, dass der Minderheitenschutz nach § 251 Abs. 3 InsO ausgelöst wäre. Denn in der Regelinsolvenz wäre dem Gesellschafter zwar der Abwicklungsüberschuss verblieben. Dass der Abfindungsanspruch indes wegen der Kapitalerhaltungsgrundsätze nicht durchsetzbar ist, ist richtigerweise eine vom Gesellschafter insgesamt hinzunehmende Belastung, die gerade nicht auf der Planvariante beruht, sondern dem Planverfahren gewissermaßen vorgelagert und zugleich generell in der Stellung als Gesellschafter begründet ist, eben auch außerhalb des Insolvenz- und speziell des Planverfahrens. ___________ 340) 341) 342) 343)
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HK-Marotzke, InsO, § 103 Rn. 21. K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 225a Rn. 58, H. F. Müller, KTS 2012, 419, 435. Vgl. K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 225a Rn. 58. K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 225a Rn. 58.
II. Gestaltungsspielraum bei gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen
Börsenkurs: Es wird diskutiert, ob bei § 225a Abs. 5 InsO auch der Börsen- 293 kurs im Falle einer börsennotierten AG als relevanter Abfindungsmaßstab in Betracht kommen kann, da die Aktie ggf. noch als Penny-Stock im CentBereich notiert. Tatsächlich wird der Börsenwert bei werbenden Gesellschaften als Mindestwert verstanden.344) Im Rahmen des Insolvenzverfahrens wird eine solche Berücksichtigung je- 294 doch mit Recht abgelehnt.345) Die Rechtsprechung des BVerfG steht dem nicht entgegen, weil auch das BVerfG berücksichtigt, dass der Börsenkurs in bestimmten Fällen den Verkehrswert nicht sachgerecht widerspiegelt.346) Gegen die Maßgeblichkeit des Börsenkurses spricht, dass
295
x
der Börsenkurs nur einen Hoffnungswert und Spekulationswert auf die erfolgreiche Sanierung darstellt,347)
x
die Verkehrsfähigkeit der Aktie zumindest faktisch eingeschränkt ist348) und
x
der Börsenkurs auf das Verhältnis zwischen Gesellschaftern und Gläubiger nicht passt.349)
Vor allem ist allein auf den Liquidationswert abzustellen. Der Liquidations- 296 wert dürfte aber unabhängig davon entstehen, wie der Börsenkurs noch notiert, weil bei z. B. übertragender Sanierung der Preis eher nach fundamentalen Daten ermittelt würde. 7. Change-of-Control-Klauseln § 225a Abs. 4 InsO erklärt, dass Maßnahmen i. S. d. § 225a Abs. 2 und 3 InsO, 297 d. h. der Eingriff in Gesellschafteranteile und die Strukturänderung, außenstehende Vertragspartner der Gesellschaft nicht zur Lösung von einem Vertrag berechtigen und dass anderweitige Vereinbarungen unwirksam sind. Die Vorschrift hat eine allgemeine Parallele in § 119 InsO, nach dem insolvenzbezogene Lösungsklauseln unwirksam sein können, soweit sie ein Wahlrecht des Verwalters nach § 103 InsO vereiteln. Die Vorgabe des § 225a Abs. 4 InsO greift aber nur, wenn die Kündigung oder der Rücktritt gerade auf die Maßnahme bzw. dessen Wirkung gestützt wird. Eine Lösung aus anderen Gründen bleibt ebenso unberührt wie die Lösung auf der Grundlage gesetzlicher ___________ 344) BVerfGE 100, 289, 308 ff. = ZIP 1999, 1436, 1440 f. (m. Anm. Wilken, S. 1443), dazu EWiR 1999, 751 (Neye); BGH, ZIP 2010, 1487 (m. Bespr. Decher, S. 1673 u. Bungert/ Wettich, ZIP 2012, 449), dazu EWiR 2010, 509 (Wilsing/Paul, C.); Gärtner/Handke, NZG 2012, 247, 249 (für das Spruchverfahren). 345) Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466 f.; Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 111. 346) BVerfGE 100, 289, 309 = ZIP 1999, 1436, 1441 (m. Anm. Wilken, S. 1443). 347) Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 111; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 467. 348) Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 111. 349) Spliedt, GmbHR 2012, 462, 467.
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E. Das Insolvenzplanverfahren
Lösungsrechte.350) Wird aus „wichtigem Grund“ unter Berufung auf die Gesamtumstände gekündigt, so muss dieser wichtige Grund auch dann ausgefüllt sein, wenn man sich die mit dem Plan bewirkte Änderung der Gesellschafterstellung wegdenkt. Ausgeschlossen erscheint im Lichte des § 225a Abs. 4 InsO und des Umgehungsschutzes auch eine frühzeitige Lösung auf der Grundlage des angestrebten Planinhalts, selbst wenn über den Plan noch gar nicht abgestimmt oder dieser bestätigt wurde. Auch mit dem Umgehungsschutz des § 225a Abs. 4 S. 3 InsO („entgegenstehende vertragliche Vereinbarungen sind unwirksam“) sind noch ungeklärte Fragen verbunden. Die Unwirksamkeitsfolge kommt nach dem eben Gesagten nur in Betracht, wenn die Klausel gerade und zumindest auch an Maßnahmen nach § 225a Abs. 2 und 3 InsO anknüpft und eine Beendigung des Vertrags vorsieht.351) In diesem Fall tritt wohl eine materiell-rechtliche Unwirksamkeit der Klausel ein; allerdings erscheint im Lichte des § 139 BGB eine geltungserhaltende Reduktion möglich, wenn teils an Maßnahmen nach § 225a Abs. 2 und 3 InsO, teils an unverdächtige Maßnahmen angeknüpft wird. III. Insbesondere: Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan 1. Beispiele 298 Auf Kapitalmaßnahmen ist im Folgenden gesondert einzugehen. 299 Denkbar sind etwa x
Anteilsübertragungen (siehe dazu Rn. 301)
x
Debt-Equity-Swap (siehe dazu Rn. 323)
x
Kapitalherabsetzungen und -erhöhungen (siehe dazu Rn. 305)
x
Nachschüsse:
300 Sind Nachschüsse im Gesellschaftsvertrag vereinbart worden, können sie bzw. ihre Einforderung auch im Plan geregelt werden. Vor dem Planverfahren kann aber auch der Insolvenzverwalter den Nachschussanspruch geltend machen (siehe Rn. 95). Zusätzliche Anforderungen an einen Fortbestand der Nachschusszusage im Planverfahren sind richtigerweise nicht zu stellen.352) Zu beachten bleibt aber das Schlechterstellungsverbot. Daher darf der Plan den Gesellschafter über den Nachschuss nicht schärfer belasten als außerhalb des Plans. x
Umwandlungen (siehe dazu Rn. 342)
x sonstige Grundlagengeschäfte etc. ___________ 350) Siehe die Diskussion zu § 119 InsO nach dem Urteil BGH, ZIP 2013, 274 (dazu Thole, ZNER 2013, 465; m. Bespr. Huber, S. 493 u. Bespr. Jacoby, ZIP 2014, 649), dazu EWiR 2013, 153 (Marotzke). 351) Dazu Längsfeld, NZI 2014, 734. 352) A. A. K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 225a Rn. 47 unter Übernahme von Grundsätzen zum Finanzplan- und Sanierungskredit.
88
III. Insbesondere: Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan
2. Übertragung von Gesellschaftsanteilen § 225a Abs. 3 InsO sieht vor, dass im Plan die Übertragung von Anteils- und 301 Mitgliedschaftsrechten geregelt werden kann. Hier ist zu unterscheiden zwischen x
der Übertragung von Beteiligungen des Schuldners an Drittgesellschaften: diese Maßnahme der Vermögensverwertung ist unproblematisch;353)
x
der Übertragung von Gesellschaftsanteilen an der Schuldnergesellschaft (auch gegen den Willen des Gesellschafters).
Die letztgenannte Maßnahme bedeutete mithin eine ggf. zwangsweise Ent- 302 setzung der Gesellschafter. Hier sind mehrere Fragen zu diskutieren: 1. Zunächst stellt sich die Frage, ob diese Maßnahme überhaupt erfasst ist oder ob es einen Vorrang des Debt-Equity-Swaps nach § 225a Abs. 2 Satz 1 InsO gibt. Beim Debt-Equity-Swap können (nur?) Forderungen der Gläubiger in Mitgliedschaftsrechte umgetauscht werden. Richtigerweise ist die Gewährung und Übertragung von Gesellschaftsanteilen und ihre Entziehung aus der Rechtsposition der Altgesellschafter aber nicht auf Fälle des Debt-Equity-Swaps beschränkt. Daher kommt auch eine Übertragung an Gläubiger, Investoren oder sonstige Personen in Betracht, ohne dass dafür Forderungen umgewandelt werden müssten. Der Debt-Equity-Swap bildet also lediglich einen Sonderfall des Wechsels in der Gesellschafterstellung und des Kapitalschnitts.354) 2. Eine Übertragung einzelner Gesellschafteranteile bei Schonung anderer ist aber nicht statthaft (siehe Rn. 273). 3. Die nächste Frage lautet, welche Rechtsfolgen mit einer zwangsweisen Abtretung von (allen) Gesellschaftsanteilen verknüpft sind und ob Abwehrrechte der Altgesellschafter in Betracht kommen: Wird ein Anteil übertragen, wird der Erwerber Rechtsnachfolger des Altge- 303 sellschafters. Die den Veräußerer treffenden Pflichten nach § 16 Abs. 2 GmbHG (rückständige Einlageverpflichtungen) und die Ausfallhaftung nach § 24 GmbHG bestehen neben der Haftung des Erwerbers fort. § 227 Abs. 2 InsO gilt insoweit weder zugunsten des Gesellschafters noch des Erwerbers. Auf diese Ansprüche darf schon aus insolvenzrechtlichen Gründen im Interesse der Gläubigerbefriedigung grundsätzlich nicht verzichtet werden, weil sich das als ungerechtfertigte Begünstigung darstellte.355) ___________ 353) Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 127. 354) Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 37; Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 244. 355) Zu den gesellschaftsrechtlichen Anforderungen an den im Grundsatz zulässigen Vergleich über Differenzhaftungsansprüche BGH, ZIP 2012, 73, 75 Rn. 20 ff., dazu EWiR 2012, 129 (Vosberg/Klawa).
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E. Das Insolvenzplanverfahren Praxistipp: Wenn sich ergibt, dass Risiken einer Haftung des Anteilserwerbers bestehen, sollte an einen Kapitalschnitt als Alternative gedacht werden (siehe nächste Rn.)356)
303a Ein Kapitalschnitt im Insolvenzplanverfahren kann gegenüber dem herkömmlichen Asset Deal und auch einer Übertragung vorhandener Geschäftsanteile nach § 225a Abs. 2 InsO insbesondere bei der Unternehmensakquisition Vorteile haben. Dies sind u. a.:357) x
Die Nachteile des Asset Deals bei personenbezogenen Genehmigungen etc. werden vermieden.
x
Der Investor übernimmt neue Geschäftsanteile. Das Haftungsrisiko ist geringer.
x
Notarkosten können bei Aufnahme in den Plan gespart werden, ebenso wie aufwendige Bewertungen wie bei der Sachkapitalerhöhung.
304 Doppelinsolvenz: Fraglich ist, wie sich die Möglichkeit der Zwangsübertragung bei Simultaninsolvenz von Gesellschaft und Gesellschafter verhält.358) Das Anteilsrecht gehört dann zur Masse in der Insolvenz des Gesellschafters. Der Insolvenzverwalter nimmt die Rechte des Gesellschafters wahr. Das ändert jedoch nichts daran, dass das Anteilsrecht Eingriffen im Planverfahren der Gesellschaftsinsolvenz ausgesetzt sein kann. Der Insolvenzverwalter des Gesellschafters kann zwar versuchen, den Anteil zu verwerten, nur wird er im Zweifel keinen Erwerber finden, wenn dieser mit dem Zwangsentzug des Anteils in der Insolvenz der Gesellschaft rechnen muss. 3. Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung a) Zu wahrende Vorgaben 305 Denkbar sind im Plan auch Kapitalherabsetzungen und Kapitalerhöhungen und eine Kombination in Gestalt des Kapitalschnitts. Der Debt-Equity-Swap (siehe Rn. 323) bildet lediglich einen Sonderfall, der andere Kapitalmaßnahmen nicht ausschließt. 306 § 225a Abs. 2 Satz 3 InsO nennt ausdrücklich die Kapitalherabsetzung und -erhöhung. Im Planverfahren kommt grundsätzlich jede Art der Kapitalmaßnahme in Betracht.
___________ 356) Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 250; Brünkmans, ZIP 2014, 1857, 1860 ff. 357) Brünkmans, ZIP 2014, 1857, 1863. 358) Prusko, Die Gesellschafterstellung in der Insolvenz, S. 200.
90
III. Insbesondere: Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan
Denkbar und zur Beseitigung der Buchverluste auch geboten erscheint häufig 307 eine Kapitalherabsetzung. Sie kann auf Null erfolgen.359) Die Gesellschaftsanteile dürfen nicht zu Fortführungswerten angesetzt werden.360) Das Verfahren hinsichtlich Ladungen, Abstimmungen etc. erfolgt nach den Vorschriften des Insolvenzrechts. Der Beschluss i. S. d. § 222 AktG und §§ 53 ff. GmbHG wird von der Betei- 308 ligtenversammlung getroffen; ein eigener Beschluss der Haupt-/Gesellschafterversammlung ist nicht erforderlich. Die buchtechnische Umsetzung der Kapitalherabsetzung folgt den Vor- 309 schriften der §§ 58 ff. GmbHG, § 229 AktG. Bei der AG müssen zunächst die Rücklagen i. S. d. § 229 Abs. 2 AktG aufgelöst werden. Außerdem ist bei einer Sacheinlagenerhöhung ggf. ein Bewertungsgutachten einzuholen (§§ 183 Abs. 3, 33 Abs. 3 – 5, 34 f. AktG);361) das erscheint auch im Insolvenzverfahren nicht entbehrlich. Die Kapitalherabsetzung muss nicht mit einer Kapitalerhöhung verbunden 310 werden, wie es der BGH auf der Grundlage der Treuepflicht für Situationen außerhalb des Insolvenzverfahrens verlangt.362) Freilich hätte eine isolierte Kapitalherabsetzung auf Null keinen Sinn, wenn die Fortführung der Gesellschaft angestrebt ist. Daher muss anschließend das Kapital wieder erhöht werden. Grundsätzlich können Barkapitalerhöhung und Sachkapitalerhöhung kombi- 311 niert werden. Für die AG ist aber § 235 Abs. 1 Satz 2 AktG und § 228 AktG zu beachten;363) vgl. auch § 58a Abs. 4 Satz 1 GmbHG. Beispiel: Die Fragen des Kapitalschnitts standen im Fall Pfleiderer zur Diskussion (siehe dazu ausführlich Decher/Voland ZIP 2013, 103; K. Schmidt ZIP 2012, 1185). b) Differenzhaftung Die Differenzhaftung nach Kapitalaufbringungsrecht (§ 9a Abs. 1 GmbHG) 312 wird bei einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage nicht durch § 254 Abs. 4 ___________ 359) Das entspricht dem Urteil Sanieren oder Ausscheiden BGHZ 183, 1, 7 ff. = ZIP 2009, 2289 (m. Bespr. Holler, ZIP 2010, 1678) = ZfIR 2010, 503; dazu einschränkend BGH, ZIP 2011, 768, 770 ff., dazu EWiR 2011, 417 (Binkowski); für gesellschaftsrechtlich unzulässig hält die Herabsetzung auf Null Thiessen, in: Görtemaker/Safferling, Die Rosenburg, Studie BMJ, 2013, S. 278 f. 360) So noch vor dem ESUG Verse, ZGR 2010, 299, 311; im Ausgangspunkt auch Eidenmüller/ Engert, ZIP 2009, 541, 546, die dann aber den Nennwert der Gläubigerforderungen wegen Vorrangs der insolvenzrechtlichen Verteilungsregel abziehen. 361) K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 225a Rn. 50; Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 565 Fn. 47. 362) BGHZ 142, 167, 170 = ZIP 1999, 1444. 363) Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 105; Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 565 Fn. 46.
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E. Das Insolvenzplanverfahren
InsO ausgeschlossen. Diese Vorschrift gilt nur im Rahmen eines DebtEquity-Swaps;364) zur Haftung bei Anmeldung siehe Rn. 335. 313 Noch ungeklärt ist, ob § 254 Abs. 4 InsO auch Ansprüche von Gläubigern nach § 171 HGB gegen Kommanditisten einer (GmbH & Co.) KG beschneidet. Denn die Vorschrift erfasst explizit nur Ansprüche der Gesellschaft. Bei der Kommanditistenhaftung wird bei nicht eingezahlter Hafteinlage ein Anspruch der Gläubiger über (§§ 161 Abs. 2, 128 HGB i. V. m.) § 171 HGB gewährt. Bei Einbringung einer überbewerteten Forderung könnte dieser Anspruch greifen, wenn und weil es auf die objektive Bewertung der Forderung ankommt.365) Nach der ratio von § 254 Abs. 4 InsO spricht aber viel dafür, dass auch in diesen Fällen das Bewertungsrisiko und das damit verbundene Haftungsrisiko über § 254 Abs. 4 InsO ausgeschlossen sein sollen, zumal die Einziehungsbefugnis bezüglich des Anspruchs in der Insolvenz der KG ohnehin noch beim Insolvenzverwalter gebündelt bleibt, § 171 Abs. 2 HGB.366) c) Bezugsrechtsausschluss 314 Äußert umstritten ist, ob und unter welchen Voraussetzungen das Bezugsrecht der Altgesellschafter ausgeschlossen werden darf. 315 Außerhalb der Insolvenz gelten hier folgende Grundsätze: x
Der Bezugsrechtsausschluss bedarf der sachlichen Rechtfertigung und muss im Gesellschaftsinteresse liegen, geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein.367)
x
Bei einer Sachkapitalerhöhung zu Sanierungszwecken werden diese Voraussetzungen regelmäßig bejaht.368)
x
Bei einer Barkapitalerhöhung kann der vollständige Bezugsrechtsausschluss ggf. gerechtfertigt sein, wenn der neue Investor andernfalls nicht investieren würde und er die Aktien en bloc erhalten soll und keine andere Sanierungsmöglichkeit besteht.369)
316 Für den Bezugsrechtsausschluss nach Verfahrenseröffnung hat das LG Heidelberg in einem Urteil vom 16.3.1988 Folgendes ausgeführt:370) „Beurteilungsmaßstab für die Angemessenheit eines Bezugsrechtsausschlusses ist, ob die Gesellschaft aufgrund sorgfältiger Abwägung zu dem Urteil kommen
___________ 364) K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 254 Rn. 16; Kübler/Prütting/Bork-Spahlinger, InsO, § 225a Rn. 70. 365) BGHZ 61, 59, 71 = NJW 1973, 1691, 1694; K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 575. 366) So K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 582 f.; K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 254 Rn. 15. 367) BGHZ 71, 40, 44; BGHZ 83, 319, 323 f. = ZIP 1982, 689; Hüffer, AktG, § 186 Rn. 25. 368) BGH, ZIP 1982, 689, 690 (re. Sp.); Hüffer, AktG, § 186 Rn. 35, Löbbe, Liber amicorum M. Winter, 2011, S 425, 433, 445 (dort auch zu einzelnen Gestaltungsmöglichkeiten). 369) Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 105. 370) LG Heidelberg, ZIP 1988, 1257, 1258.
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III. Insbesondere: Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan durfte, ein solcher Ausschluß sei gerechtfertigt… Danach stellte sich der Bezugsrechtsausschluß in diesem Fall als einziges Mittel dar, ein Wiederaufleben der Gesellschaft zu ermöglichen. Um die Beklagte sanieren zu können, mußte Kapital für einen Zwangsvergleich beschafft werden. Daß die im Konkurs befindliche Beklagte gegenüber einem potentiellen Geldgeber nicht eine solche starke Verhandlungsposition besitzt wie ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen, liegt auf der Hand. Aus ihrer Sicht stellte sich nur die Möglichkeit, die Bedingungen der Kaufinteressenten anzunehmen oder aber die Einstellung des Konkursverfahrens mangels Masse hinzunehmen…“.
Das Urteil betraf zwar den eröffneten Konkurs. Für das neue Recht nach dem 317 ESUG kann daraus aber nicht abgeleitet werden, dass nunmehr dieselben Maßstäbe griffen und folglich die Angemessenheit konkret zu prüfen wäre. Nunmehr wird der Eingriff in die Gesellschafterrechte explizit ermöglicht. 318 Ob die eben aufgezeigten Maßgaben auch im Planverfahren gelten, ist daher noch unklar. Insoweit dürfte Folgendes richtig sein: Für das Planverfahren sieht § 225a Abs. 2 Satz 3 InsO ausdrücklich vor, dass 319 der Plan einen Bezugsrechtsausschluss enthalten darf. Allerdings ist fraglich, ob die Gesellschafter vollständig vom Bezug ausgeschlossen werden dürfen, wenn sie sich beteiligen wollen.371) In der Entwurfsbegründung heißt es zum Debt-Equity-Swap und damit zur Sachkapitalerhöhung:372) „Zugleich muss für die Kapitalerhöhung, die vom Inferenten übernommen wird, ein Bezugsrechtsausschluss zulasten der Anteilsinhaber geregelt werden.“
Zur Barkapitalerhöhung finden sich dort keine Aussagen. Daher kann man aus 320 den Materialien keine abschließenden und übergreifenden Aussagen gewinnen. Im Grundsatz haben sich drei Auffassungen herausgebildet:
321
x
Eine Auffassung geht davon aus, dass eine materielle Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses im Planverfahren nicht erforderlich sei, weil die Schutzrechte der Gesellschafter in diesem Verfahren suspendiert seien.373)
x
Eine andere Auffassung verlangt eine materielle Rechtfertigung entsprechend den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Vorgaben, geht aber davon aus, dass diese Voraussetzungen regelmäßig vorliegen.374)
x
Eine dritte Auffassung geht davon, dass es einer sachlichen Rechtfertigung für einen Bezugsrechtsausschluss bedarf, der nämlich sonst auf einen insolvenzrechtlichen Squeeze Out hinauslaufe.375) Diese Rechtfertigung könne
___________ 371) K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 580; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125 f.; Brinkmann, WM 2011, 97, 100 (vor dem ESUG). 372) Begr. RegE, BT-Drucks. 17/5712, S. 32. 373) Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 106; Fischer, NZI 2013, 823 ff.; Eidenmüller, NJW 2014, 17, 18. 374) Madaus, ZIP 2012, 2133, 2137 Fn. 33; wohl auch Hölzle, KTS 2011, 291, 321 f.; Horstkotte/ Martini, ZInsO 2012, 557, 563 Fn. 45. 375) Begriff bei K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2086.
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E. Das Insolvenzplanverfahren
dann fehlen, wenn den Altgesellschaftern nicht die Chance eingeräumt würde, sich mit einem Sanierungsbeitrag zu beteiligen und damit am Sanierungserfolg zu partizipieren.376) Das gelte insbesondere für den Debt-Equity-Swap, wenn es den Gesellschafter nicht eröffnet würde, sich in gleicher Weise zu beteiligen wie die (einbringenden) Gläubiger.377) Grundlage dieser Auffassung ist sowohl § 225a Abs. 3 InsO als auch das Argument, eine vollständige Entziehung der Mitgliedschaft verletze die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG und die Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 GG.378) 322 Stellungnahme: Zu folgen ist der erstgenannten Auffassung. Der Bezugsrechtsaussschluss ist ohne Weiteres möglich. Das Bezugsrecht ist Ausdruck des Individual- und Minderheitenschutzes der Altgesellschafter. Diese Rechte werden vom Insolvenzzweck überlagert. Die Gesellschafter nehmen nur noch mit ihrem Residualanspruch am Verfahren teil. Jedenfalls war das die gewollte Konzeption des Gesetzgebers. Daran ist de lege lata kaum zu deuteln,379) auch wenn man rechtspolitisch Zweifel haben kann.380) Das Obstruktionspotential der Gesellschafter, das sich diese unter Missachtung der Gläubigerbelange häufig teuer haben abkaufen lassen, sollte gerade gebrochen werden. Ein Verstoß gegen § 225a Abs. 3 InsO ist darin nicht zu sehen, weil der Passus von der gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit nur die Wahrung des gesellschaftsrechtlichen Typenzwangs anstrebt. Auch Art. 14 GG dürfte nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht verletzt sein, solange der volle wirtschaftliche Wert entschädigt wird (näher zur Wertberechnung siehe Rn. 327).381) Dies ist aber über das Obstruktionsverbot und den Minderheitenschutz der §§ 245, 251 InsO insolvenzrechtlich gewährleistet. 4. Debt-Equity-Swap a) Grundlagen 323 Ein Debt-Equity-Swap (DES) wird durch § 225a Abs. 2 Satz 1 InsO ausdrücklich als möglicher Planinhalt vorgesehen. Praktisch bedeutet ein solcher Swap den Tausch von Fremdkapital in Eigenkapital. Die Gläubiger bringen, wenn sie sich beteiligen wollen (§ 230 Abs. 2 InsO und § 225a Abs. 2 Satz 2 InsO) und es der Plan vorsieht,382) ihre Forderungen als Sacheinlage ein. Daher ___________ 376) K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 580; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125 f.; Brinkmann, WM 2011, 97, 101 (vor dem ESUG); tendenziell Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 39 (aber nur bezogen auf die Einbringung von Gesellschafterforderungen). 377) Brinkmann, WM 2011, 97, 101. 378) Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125 f. 379) Altmeppen, in: Festschrift Hommelhoff, S. 1, 19. 380) So denn wohl auch K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2088 (unklar, ob nur als rechtspolitische Kritik). 381) Näher Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 8. 382) K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 225a Rn. 31: kein Anspruch auf Beteiligung!
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III. Insbesondere: Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan
erfolgt der DES im Rahmen eines Kapitalschnitts mit nomineller Kapitalherabsetzung und anschließender effektiver Kapitalerhöhung. Mit Einbringung der Forderung durch Abtretung an die Gesellschaft (Folge: Konfusion) oder Erlass wird die Überschuldung beseitigt. Wegen § 226 InsO muss die Gleichbehandlung beim Angebot zum DES gewahrt bleiben. Einzelheiten, auch zum Erhalt der Börsennotierung u. Ä.,383) werden andernorts beschrieben.384) Beim unechten Debt-Equity-Swap werden die bestehenden Anteile nach 323a § 225a Abs. 3 Hs. 2 Alt. 2 InsO auf die Gläubiger übertragen, die sodann durch eigenständigen Erlassvertrag auf ihre Forderungen verzichten.385) Das hat den Vorteil des Erhalts eines „Freefloats“ bei börsennotierten Gesellschaften, bereitet aber Probleme bei besicherten Aktien (da dadurch die Sicherheit wohl nicht beeinträchtigt wird) und hinsichtlich der Haftung des Erwerbers als Rechtsnachfolger. Beim Reverse-Debt-Equity-Swap wird die Gesellschaft in eine neu gegrün- 324 dete oder bereits bestehende Gesellschaft eingebracht.386) Dies geschieht durch Sacheinlagen in die neu gegründete Gesellschaft oder durch Bargründung der Gläubiger mit anschließender Einbringung der Forderungen. Der Schuldner bringt demgegenüber mindestens einen Betriebsteil einschließlich der gegenüber den Gläubigern bestehenden Verbindlichkeiten in die neue Gesellschaft ein (durch Ausgliederung, § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG387) oder Einzelübertragung). Als Gegenleistung erhalten je nach Ausgestaltung der Schuldner und/oder die Gläubiger Geschäftsanteile an der neuen Gesellschaft.388) Praxistipp: Als Alternative zum DES kommt eine einfache Anteilsübertragung in Betracht. Sie ist insbesondere dann sinnvoll, wenn eine Erwerbsbereitschaft der Gläubiger nicht gegeben ist. Ein DES hat dagegen den Vorteil, dass der Rechtsträger identisch bleibt. Anders als bei einer übertragenden Sanierung bleiben öffentlich-rechtliche Genehmigungen oder sonstige rechtsträgerspezifische Berechtigungen unberührt.
Vor dem ESUG war der DES ebenfalls möglich. Allerdings war die (i. d. R. 325 mindestens 75-prozentige) Zustimmung der Altgesellschafter erforderlich.389) ___________ 383) Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697 ff. 384) Spliedt, GmbHR 2012, 462; Ekkenga, DB 2012, 331, 334; Weber/Schneider, ZInsO 2012, 374, 377 ff.; Wuschek, ZInsO 2012, 1768. 385) Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697 ff. 386) Heckschen, in: Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis, Rn. 208. 387) Dazu ausführlich Kahlert/Gehrke, DStR 2013, 975. 388) Dazu Heckschen, in: Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis, Rn. 208. 389) Näher Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 35.
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E. Das Insolvenzplanverfahren
Durch die Einbeziehung der Altgesellschafter in die Gläubigerversammlung und in das Obstruktionsverbot wird diese Blockademacht vermindert. 326 Mit Blick auf das hiesige Thema der Konkurrenz von Gesellschafts- und Insolvenzrecht stellen sich im Wesentlichen drei Fragen: x
Die Frage nach dem Bezugsrechtsausschluss zum Nachteil der Altgesellschafter (siehe dazu Rn. 314).
x
Die Frage nach dem Verhältnis von Kapitalaufbringungsrecht und Planverfahren, d. h. die Frage nach der Bewertung der einzubringenden Forderungen (siehe dazu Rn. 327).
x
Die Einbringungsfähigkeit von Forderungen der Gesellschafter i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO (siehe dazu Rn. 338).
b) Bewertungsmaßstab: Nennwert oder Verkehrswert? 327 Die Frage nach dem anzulegenden Bewertungsmaßstab ist umstritten. Sie ist relevant für die Kapitalaufbringungspflicht (reale Kapitalaufbringung) des § 9 Abs. 1 GmbHG. Zwar schließt § 254 Abs. 4 InsO eine Differenzhaftung aus, daraus folgt aber nicht, dass es auf die Bewertung nicht mehr ankäme,390) weil beispielsweise bei Überbewertung eine Haftung nach § 826 BGB möglich bleibt.391) 328 Vor allem ist die Richtigkeit der Bewertung Gegenstand sowohl der Prüfungspflicht des Verwalters als auch des Insolvenzgerichts bei der Planbestätigung.392) Das Insolvenzgericht muss den Plan nach § 231 Abs. 1 Nr. 1 InsO zurückweisen bzw. die Bestätigung wegen eines wesentlichen Mangels versagen (§ 250 Nr. 1 InsO), wenn eine Überbewertung erkennbar ist.393) 329 In der Begründung des Regierungsentwurfs wird angenommen, dass für die Bewertung ggf. ein Gutachten einzuholen ist,394) was dafür spricht, einen wie auch immer zu bestimmenden Verkehrswert der Forderung zu ermitteln.395) 330 Es stehen sich zwei Auffassungen gegenüber: x
Nach einer Auffassung ist die Forderung zum Nennwert einzubringen.396)
___________ 390) 391) 392) 393) 394) 395) 396)
96
So aber Römermann, NJW 2012, 645, 651. Gehrlein, NZI 2012, 257, 260 f.; Kanzler/Mader, GmbHR 2012, 992, 997. K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 573. Haas, NZG 2012, 961, 967. Begr. RegE, BT-Drucks. 17/5712, S. 32. So Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 123. Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238; dies., DB 2010, 1629, 1631 f.; dies., DB 2012, 501 ff.; Maier-Reimer, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, VGR 2012, 107, 113 ff.; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 464; K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 225a Rn. 23 (der aber meint, in der Praxis müsse man sich vorsorglich an der Gegenauffassung orientieren); Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 47 ff.
III. Insbesondere: Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan
Für die Maßgeblichkeit des Nennwerts werden folgende Argumente geltend 331 gemacht: Es handele sich anders als bei gewöhnlichen Sachkapitalerhöhungen um 332 einen bilanziellen Passivtausch (Verbindlichkeiten – EK). Die Gläubiger hätten kein schutzwürdiges Vertrauen in die reale Kapitalaufbringung, weil bekannt sei, dass die Insolvenzforderung eingebracht werde. Die nicht tauschbereiten Gläubiger stünden sogar besser, weil sie die Einbringenden als konkurrierende Gläubiger verlieren, und ihnen gegenüber nunmehr den Vorrang genießen.397) Die Perspektive, dass die Forderungen der anderen Gläubiger durch den DES erst wieder werthaltig würden, sei zu berücksichtigen.398) Schließlich stelle auch § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG bei Wandelanleihen auf den Nominalwert ab bzw. die Regelung unterwirft den Tausch nicht den Regeln für Sacheinlagen.399) x
die Gegenauffassung geht demgegenüber davon aus, dass der Verkehrswert der einzubringenden Forderung zu ermitteln ist.400) Dabei ist innerhalb dieser Gruppe noch unklar, ob dieser Verkehrswert durch den Zerschlagungswert,401) allgemeiner den Liquidationswert,402) oder aber den Fortführungswert403) bestimmt wird, ob also die Planperspektive einbezogen werden darf.
Stellungnahme: Im Ergebnis ist der Gegenauffassung zu folgen, die einem 333 Ansatz zum Nennwert entgegentritt. Wenn das Prinzip der realen Kapitalaufbringung nicht vollständig entwertet sein soll – und § 254 Abs. 4 InsO trägt diese Annahme gerade nicht – dann darf der Einleger nicht mit einer wertlosen Forderung eine Kapitalbeteiligung mit höherem Wert erreichen. Die Forderung ist im Stadium des Insolvenzverfahrens eben nicht mehr voll werthaltig, was man schon daran sieht, dass kein außenstehender Dritter bereit wäre, die Forderung zum vollen Nennwert abzukaufen. Auf umständliche Erwägungen zum Erkennenmüssen oder Erkennenkönnen durch die Gläubiger sollte man sich nicht einlassen.404) Auch sonst kann der Rechtsverkehr ggf. erkennen, dass z. B. ein Mindestkapital vielleicht bereits durch Verluste ___________ 397) 398) 399) 400)
401) 402) 403) 404)
Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 52. Maier-Reimer, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, VGR 2012, 107, 112 ff. Spliedt, GmbHR 2012, 462, 463. Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 123; K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1609; K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2087; Altmeppen, in: Festschrift Hommelhoff, 1, 13 f.; Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, S. 29, 42; Kanzler/Maden, GmbHR 2012, 992, 993; H. F. Müller, KTS 2012, 419, 445; Kleindiek, in: Festschrift Hommelhoff, S. 543, 553 ff.; Urlaub, ZIP 2011, 1040, 1044. Altmeppen, in: Festschrift Hommelhoff, S. 1, 15; Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 642; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 124. Kleindiek, in: Festschrift Hommelhoff, S. 543, 553 f. K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1609; ders., ZIP 2012, 2085, 2087. Mit Recht Altmeppen, in: Festschrift Hommelhoff, S. 1, 14 gegen Cahn/Simon/ Theiselmann, DB 2010, 1629 ff.
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E. Das Insolvenzplanverfahren
aufgezehrt ist. Trotzdem würde man deshalb auf die reale Kapitalaufbringung nicht verzichten. 334 Die einzige Frage bleibt, ob die Hoffnung auf ein Gelingen der Sanierung und damit die Fortführungsperspektive bei der Wertermittlung einbezogen werden darf. Richtig dürfte es sein, die Fortführungsperspektive auszuklammern, weil diese Fortführung ja gerade davon abhängt, dass der DES nach Maßgabe seiner Voraussetzungen (und dazu gehört eben die Wertermittlung) vollzogen wird, sodass man den Vollzug des nicht voraussetzen darf. Wollte man die Fortführungsprognose berücksichtigen, müsste man eigentlich (zumindest i. W.) zum Nennwert ansetzen, weil die Überschuldung ja beseitigt wäre und die Forderung insofern wieder bilanziell gedeckt wäre. Praxistipp: Fraglich ist der Inhalt der Anmeldung zum Handelsregister nach § 8 GmbHG.405) Der Geschäftsführer kann an sich nicht versichern, dass er über die Sacheinlage frei verfügen kann, weil der Gesellschaft die Forderungen ja nicht als reale Mittel zu fließen und sie darüber nicht nominell verfügen kann. Hier kommt eine modifizierte Erklärung in Betracht.
335 Zu beachten ist, dass § 254 Abs. 4 InsO eine Haftung des Geschäftsführers bei Anmeldung zum Handelsregister auf der Grundlage des § 9a Abs. 1 und 3 GmbH und des § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 82 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG nicht ausschließt.406) 336 Meldet der Insolvenzverwalter an, haftet er ggf. nach § 60 InsO; allerdings fehlt es dann i. d. R. am tauglichen Anspruchssteller.407) Eine Haftung analog §§ 57 Abs. 4, 9a GmbHG kommt für den Insolvenzverwalter nicht in Betracht.408) c) Sonstige Fragen des Debt-Equity-Swap 337 Sanierungsprivileg: Die einlegenden Gläubiger kommen regelmäßig in den Genuss des Sanierungsprivilegs des § 39 Abs. 4 InsO, was in einer Folgeinsolvenz relevant werden kann.409) 338 Für Forderungen von Gesellschaftern nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO gelten zwar keine grundsätzlichen Besonderheiten. Gesellschafter dürfen sich, soweit es vorgesehen ist, am DES mit ihrer Forderung beteiligen, obwohl die Forderung nachrangig ist und im Plan grundsätzlich als erlassen gilt, § 225 Abs. 1 InsO. Das gilt aber nur, wenn der Plan einen solchen DES auch bezogen auf Gesellschafterforderungen vorsieht. Aus dem Gleichbehandlungsgebot des § 226 InsO folgt aber nicht, dass diese Forderungen umfänglich mit ge___________ 405) 406) 407) 408) 409)
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Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 59. Haas, NZG 2012, 961, 967. a. A. K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 254 Rn. 15. Haas, NZG 2012, 961, 967. A. A. Haas, NZG 2012, 961, 967. K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 225a Rn. 32, Gehrlein, NZI 2012, 257, 261.
III. Insbesondere: Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan
wöhnlichen Gläubigerforderung gleichzusetzen wären – im Gegenteil. Im gegebenen Fall ist der Wert in aller Regel mit Null anzusetzen, wenn nicht ausnahmsweise eine Quote zu erwarten ist. Auch eine anfechtungsfeste Besicherung der Forderung kann ihr einen Wert erhalten.410) Für den Rechtsschutz der Gesellschafter gelten die allgemeinen Regeln des 339 Obstruktionsverbots und seinen Grenzen einerseits (§ 245 InsO) und des Minderheitenschutzes des § 251 InsO. Insoweit wird auf die Darstellung u. a. im ZIP-Praxisbuch Insolvenzplan411) verwiesen. Eine teleologische Einschränkung des § 245 Abs. 3 InsO zugunsten der Gesellschafter ist weder angezeigt noch statthaft.412) Der Streit über die Höhe einer Abfindung ist grundsätzlich außerhalb des Insolvenzplanverfahrens zu führen. Nach § 251 Abs. 3 InsO kann bezüglich des Antrags auf Minderheiten- 340 schutz ebenso wie bei § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO eine Abweisung der sofortigen Beschwerde gegen die Planbestätigung erreicht werden, wenn im Plan Mittel bereitgestellt werden für den Fall, dass ein Beteiligter eine Schlechterstellung nachweist. Dann ist die Frage nach der Berechtigung außerhalb des Planverfahrens zu klären, d. h. vor den ordentlichen Gerichten. Decher/Voland schlagen vor, wegen der unklaren Wertberechnung des Liquidationswerts und der möglichen Maßgeblichkeit eines Börsenkurses (siehe Rn. 293) jedenfalls bei börsennotierten Aktiengesellschaften einen entsprechenden Topf zu notieren.413) Im Fall Pfleiderer AG hat das AG (Insolvenzgericht) Düsseldorf auch unter Hinweis auf die Existenz dieses Topfs den Antrag auf Versagung der Planbestätigung zurückgewiesen.414) Unberührt bleibt aber der mögliche Konflikt mit dem Kapitalerhaltungs- 341 recht hinsichtlich der Auszahlung der Mittel (siehe dazu Rn. 338).415) Besondere Schwierigkeiten weist der Debt-Equity-Swap im Zusammenhang 341a mit der Restrukturierung von Anleihen auf, weil insoweit die Abstimmung mit den Regeln des SchVG gesucht werden muss.416) 5. Umwandlungen i. S. d. UmwG a) Grundlagen Da § 225a Abs. 3 InsO im Plan jede Regelung zulässt, die gesellschaftsrecht- 342 lich zulässig ist, wurde bereits in den ersten Stellungnahmen zum Regie___________ 410) 411) 412) 413) 414)
K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 225a Rn. 21. Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 450 ff. So aber Madaus, ZGR 2011, 749, 770; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1819. Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 113. AG Düsseldorf vom 18.10.2012, 501 IN 84/12, zitiert bei Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 113. 415) K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 225a Rn. 58. 416) Ausführlich, auch zu weiteren Problemen, Thole, ZIP 2014, 2365.
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E. Das Insolvenzplanverfahren
rungsentwurf zum ESUG die Frage aufgeworfen, ob auf der Grundlage des § 225a Abs. 3 InsO nunmehr auch Umwandlungsmaßnahmen i. S. d. UmwG Gegenstand des Insolvenzplanverfahrens sein können.417) Im Schrifttum wird diese Frage nunmehr verstärkt diskutiert (siehe dazu Rn. 349 ff.).418) 343 Umwandlungen können bestimmte Defizite anderer Sanierungsinstrumente überwinden helfen. Die übertragende Sanierung im Wege des Asset Deals stößt an Grenzen, wenn rechtsträgerspezifische Berechtigungen, wie beispielsweise Lizenzen, Genehmigungen und/oder langfristige Verträge419) des Schuldners, mitübertragen werden müssen.420) Das Umwandlungsrecht mit der sie prägenden Gesamtrechtsnachfolge erlaubt es dagegen möglicherweise (siehe Rn. 349) auf der Grundlage des § 225a Abs. 3 InsO und mithilfe des Spaltungsrechts sanierungswürdige Betriebsteile des schuldnerischen Unternehmens auf eine Vorrats-/Auffanggesellschaft auszugliedern und ihre Anteile zugunsten der Masse an einen Investor zu veräußern (Share Deal).421) 344 Interessant können aus Sicht der Restrukturierungspraxis ferner Verschmelzungen und Formwechsel sein. Letztere können ein sinnvolles Instrument zur vorbereitenden und begleitenden Sanierung (bspw. Änderung der Corporate Governance Struktur) sein.422) Dies ist auch im Fall Suhrkamp relevant geworden (siehe dazu näher Rn. 280). b) Zulässigkeit von Umwandlungen im Insolvenzverfahren vor dem ESUG 345 Vor dem ESUG ging die allgemeine Auffassung davon aus, dass Umwandlungsmaßnahmen ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unzulässig seien.423) Neben dem Hinweis auf den schon unter der Konkursordnung (KO) geltenden „Vorrang des Konkursbeschlages“ stützten sich die Vertreter dieser Auffassung auf einen Umkehrschluss zu § 3 Abs. 3 UmwG.424) Dort heißt es: „An der Verschmelzung können als übertragende Rechtsträger auch aufgelöste Rechtsträger beteiligt sein, wenn deren Fortsetzung beschlossen werden könnte.“
___________ 417) Siehe etwa Stellungnahme des Deutschen Anwaltsvereins durch den Insolvenzrechtsausschuss zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) v. 4.3.2011, BR-Drucks. 127/11, S. 6; abrufbar unter: http://www.anwaltverein.de. 418) Becker, ZInsO 2013, 1885 ff.; Madaus, ZIP 2012, 2133 ff.; Kahlert/Gehrke, DStR 2013, 975 ff. 419) Begr. RegE, BT-Drucks. 17/5712, S. 30; ausf. zu den einzelnen Rechtspositionen und ihrer Werthaltigkeit Bitter/Laspeyres, ZIP 2010, 1157 ff. 420) Vgl. auch Begr. RegE, BT-Drucks. 17/5712, S. 30. 421) Zum Ganzen ausf. Kahlert/Gehrke, DStR 2013, 975 ff. 422) Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 128. 423) Statt aller Limmer, Handbuch der Unternehmensumwandlung, Teil 5 Rn. 102 ff. m. w. N. 424) Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG, § 3 Rn. 24.
100
III. Insbesondere: Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan
Die danach tatbestandlich bereits ausreichende Möglichkeit, den Fortsetzungs- 346 beschluss zu fassen,425) war ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens jedenfalls nach bisher h. M. nicht mehr gegeben (siehe Rn. 345). Daraus folgerte die herrschende Meinung, dass x
Verschmelzungen,
bei denen der insolvente Rechtsträger als übertragender Rechtsträger auftritt, sowie umgekehrt solche, bei denen er als übernehmender Rechtsträger auftritt, unzulässig seien.426) Entsprechendes galt über die Verweisung in § 124 Abs. 2 UmwG auf § 3 347 UmwG für x
Spaltungen (Auf- und Abspaltungen sowie Ausgliederungen) sowie
nach der inhaltsgleichen Regelung in § 191 Abs. 3 UmwG für x
Formwechsel.427)
Ein praktischer Anwendungsbereich für den Einsatz des Umwandlungsrechts 348 verblieb bis zum Inkrafttreten des ESUG nur für den Zeitraum, in dem die Gesellschaft überschuldet oder zahlungsunfähig, ein Insolvenzantrag aber noch nicht gestellt war, sowie nach z. T. vertretener Auffassung für den Zeitraum zwischen Insolvenzantragsstellung und Eröffnung des Insolvenzverfahrens.428) c) Rechtslage nach Inkrafttreten des ESUG Die Stellungnahmen zum ESUG bejahen dagegen nunmehr die Zulässigkeit 349 von Umwandlungsmaßnahmen im Insolvenzplanverfahren teils generell,429) teils unter Bezugnahme auf das Zusammenspiel von § 225a Abs. 3 InsO mit §§ 3 Abs. 3, 124 Abs. 2, 191 Abs. 3 UmwG.430) Das gilt für die Verschmelzung jedenfalls insoweit, als der insolvente Rechts- 350 träger als übertragender Rechtsträger auftritt (Ausgangsrechtsträger).431) Umstritten ist, ob auch Verschmelzungen möglich sind, bei denen der insol___________ 425) Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG, § 3 Rn. 27. 426) Limmer, a. a. O. 427) Limmer, Handbuch der Unternehmensumwandlung, Teil 5 Rn. 48 ff. m. w. N. Dass eine Verschmelzung unter Beteiligung überschuldeter Rechtsträger zulässig ist, wird jedoch in Deutschland heute, soweit ersichtlich, nicht mehr bestritten, siehe nur OLG Stuttgart, ZIP 2005, 2066 (Verschmelzung einer überschuldeten GmbH auf den Alleingesellschafter), dazu EWiR 2005, 839 (Heckschen). Zur z. T. abweichenden Rechtslage in anderen Rechtsordnungen Kalss, ZGR 2009, 74 ff. 428) Heckschen, DB 2005, 2675; Blasche, GWR 2010, 441 ff. 429) Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 128. 430) Kahlert/Gehrke, DStR 2013, 975; Madaus, ZIP 2012, 2133, 2134. 431) Madaus, ZIP 2012, 2133, 2134.
101
E. Das Insolvenzplanverfahren
vente Rechtsträger als übernehmender Rechtsträger auftritt (Zielrechtsträger). Teilweise wird das generell verneint.432) Angeführt wird, dass § 3 Abs. 3 UmwG nur die Verschmelzung aufgelöster übertragender, nicht aufgelöster übernehmender Rechtsträger zulasse, d. h. es sich nicht um eine gesellschaftsrechtlich zulässige Regelung i. S. d. § 225a Abs. 3 InsO handele. Demgegenüber wird mit Recht nicht nach der Richtung der Umwandlung, sondern danach differenziert, ob „infolge der Verschmelzung ein Rechtsträger entsteht, der saniert am Markt tätig wird“ (Sanierungs-, nicht Abwicklungsfusion).433) Einen stichhaltigen Grund für die formaljuristische Differenzierung nach der Richtung der Umwandlung gibt es nicht. Problematisch sind wegen der mit § 3 Abs. 3 UmwG bezweckten Privilegierung von Sanierungsfusionen hingegen allein die Abwicklungsfusionen. Ein Teil der Literatur will diese nur eingeschränkt zulassen, nämlich nur für den Fall, dass eine wirtschaftlich gesunde Tochter- auf die insolvente Muttergesellschaft als Zielgesellschaft verschmolzen wird (Up-Stream-Merger) und die übertragende Tochtergesellschaft keine eigene Gläubiger hat, d. h. wenn der Gläubigerschutz auf Seiten des übernehmenden Rechtsträgers keine Rolle spielt.434) Angeführt wird, dass die Gläubiger insoweit auf die Ansprüche nach § 22 UmwG verwiesen wären, diese aber gerade bei Abwicklungsfusionen leer liefen. Auch könne das dadurch verursachte Gläubigerschutzdefizit durch das Insolvenzplanverfahren nicht geschlossen werden, weil die Gläubiger des übertragenden Rechtsträgers nicht Beteiligte des Planverfahrens seien. Ob diese Begründung trägt, ist fraglich. Die Gestaltungsmacht im Insolvenzplan sollte nicht an der praktischen Reichweite umwandlungsrechtlicher Einzelvorschriften hängen. Entscheidend ist eher, dass der Gesetzgeber mit § 3 Abs. 3 UmwG Sanierungs-, nicht Abwicklungsfusionen erleichtern wollte,435) was letztlich gegen ihre Zulässigkeit spricht. 351 Im Einzelnen bietet das Insolvenzplanverfahren nunmehr mehrere Gestaltungsoptionen. Zu erwägen sind jeweils x
Verschmelzungen (siehe Rn. 352)
x
Spaltungen (siehe Rn. 355)
x
Formwechsel (siehe Rn. 364) Praxistipp: Umwandlungen können insbesondere deshalb von Interesse im Insolvenzverfahren sein, weil sie eine Gesamtrechtsnachfolge beinhalten, die bei klassischen Asset-Übertragungen nicht erzielbar ist (ausführlich Brünkmans, ZInsO 2014, 2533; siehe auch Rn. 356).
___________ 432) 433) 434) 435)
102
Becker, ZInsO 2013, 1885, 1888. Madaus, ZIP 2012, 2133, 2135. Madaus, ZIP 2012, 2133, 2134. Begr. RegE, BT-Drucks. 12/6699, S. 82.
III. Insbesondere: Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan
d) Verschmelzungen (§§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 ff. UmwG) Verschmelzungen zeichnen sich dadurch aus, dass der übernehmende Rechts- 352 träger unter Auflösung ohne Abwicklung sein Vermögen als Ganzes auf einen x
bestehenden oder
x
neu gegründeten Rechtsträger
(Verschmelzung zur Aufnahme oder Neugründung) überträgt.436) Denkbar 353 ist es insoweit, dass der insolvente Rechtsträger als übertragender sowie, soweit man dies entgegen den teilweise erhobenen Bedenken für zulässig erachtet (siehe Rn. 351), auch als übernehmender Rechtsträger auftritt. Tritt der insolvente Rechtsträger als übertragender Rechtsträger auf, stünden dessen Gesellschaftern nach §§ 2 Abs. 1, 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG grundsätzlich Anteile am übernehmenden Rechtsträger zu.437) Das Umwandlungsrecht lässt insoweit allerdings einen Verzicht zu (vgl. §§ 54 Abs. 1 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 3 UmwG).438) Das Recht der Gesellschafter auf die Anteile unterfällt nach § 217 Satz 2 InsO der materiellen Regelungsmacht des Insolvenzplans und kann daher den Gesellschaftern entzogen werden.439) Etwaige Ansprüche der Gläubiger des insolventen übertragenden Rechtsträgers 354 auf Sicherheitsleistung nach § 22 UmwG sind der Höhe nach auf die Planquote zu beschränken.440) Die Gläubiger des nicht insolventen Rechtsträgers werden geschützt, indem mit der Planbestätigung der Insolvenzgrund beseitigt wird. Die Vorteile der Verschmelzung liegen in der Gesamtrechtsnachfolge. Rechtsträgerspezifische Berechtigungen können auf diesem Wege ohne rechtliche und wirtschaftliche Hemmnisse übertragen werden. Der Sanierungseffekt liegt vor allem in der Verbesserung der Unternehmensliquidität durch das Hinzutreten des übernehmenden Rechtsträgers (Sanierungsfusion). e) Spaltungen (§§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 123 ff. UmwG) Besonders interessant sind aus Sicht der Restrukturierungspraxis Spaltungen, 355 insbesondere Ausgliederungen. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass der übertragende Rechtsträger aus seinem Vermögen einen Teil auf einen x
bestehenden oder
x
neu gegründeten Rechtsträger
(Ausgliederung zur Aufnahme oder Neugründung) gegen Gewährung von Anteilen an diesem Rechtsträger im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge überträgt.441) ___________ 436) 437) 438) 439) 440) 441)
Limmer, a. a. O., Teil I Rn. 93. Dazu Heckschen, DB 2008, 1363 ff. Dazu Heckschen/Gassen, GWR 2010, 101 ff. Madaus, ZIP 2012, 2133 (2136). K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 225a Rn. 45. Limmer, a. a. O., Teil 3 Rn. 12.
103
E. Das Insolvenzplanverfahren
356 Einer der Vorteile dieser Gestaltungsoption liegt in der (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge, mittels derer sich rechtsträgerspezifische Berechtigungen, wie bspw. Lizenzen, Genehmigungen und/oder günstige langfristige Verträge,442) ohne größere rechtliche oder wirtschaftliche Hemmnisse in das Sanierungskonzept einbeziehen lassen. Flankiert wird dieser Vorteil durch § 225a Abs. 4 Satz 1 bis 2 InsO, nach dem Maßnahmen nach § 225a Abs. 2 InsO (d. h. auch Spaltungen) nicht zum Rücktritt oder zur Kündigung von Verträgen berechtigen, insbesondere auch nicht zu einer anderweitigen Beendigung der Verträge führen. Entgegenstehende Vereinbarungen sind nach § 225a Abs. 4 Satz 3 InsO unwirksam. 357a Durch eine Ausgliederung kann insbesondere der Verkaufsprozess vorbereitet werden, insbesondere wenn nur bestimmte Teile des Unternehmens sanierungsfähig sind.443) aa) Kapitaldeckungserklärung: teleologische Reduktion der §§ 140, 146 Abs. 1 UmwG? 357 Die von dem Insolvenzverwalter444) (bei Eigenverwaltung: Schuldner) nach § 140 UmwG (GmbH) bzw. § 146 Abs. 1 (AG und KGaA) abzugebende Kapitaldeckungserklärung stellt nach zutreffender Auffassung kein Ausgliederungshindernis dar. Richtigerweise ist bei der Ausgliederung zu berücksichtigen, dass beim übertragenden Rechtsträger ein Aktivtausch stattfindet (übertragenes Vermögen gegen Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger) und eine Unterdeckung insoweit entfällt. §§ 140, 146 Abs. 1 UmwG sind daher teleologisch zu reduzieren.445) bb) Spaltungsrechtliches Gläubigerschutzregime: teleologische Reduktion der §§ 22, 23, 125 Satz 1, 133 UmwG? 358 Umstritten ist, ob das spaltungsrechtliche Gläubigerschutzregime der §§ 22, 23, 125 Satz 1, 133 UmwG auch bei Ausgliederungen im Insolvenzplanverfahren zum Tragen kommt. Den in einer Stellungnahme im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum ESUG geäußerten Vorschlag, § 133 UmwG für den Erwerb vom Insolvenzverwalter gesetzlich auszuschließen,446) hat der Gesetzgeber nicht aufgegriffen. Z. T. wird deshalb angenommen, dass die ___________ 442) Begr. RegE, BT-Drucks. 17/5712, S. 30; ausf. zu den einzelnen Rechtspositionen und ihrer Werthaltigkeit Bitter/Laspeyres, ZIP 2010, 1157 ff. 443) Ausführlich Simon/Brünkmans, ZIP 2014, 657; Brünkmans, ZInsO 2014, 2533, 2545. 444) Nach § 254a Abs. 2 Satz 3 InsO ist der Insolvenzverwalter zur Handelsregisteranmeldung ermächtigt, wenn die Ausgliederung im Insolvenzplanverfahren erfolgt. 445) Limmer, a. a. O., Teil 5 Rn. 85. 446) Stellungnahme des Deutschen Anwaltsvereins durch den Insolvenzrechtsausschuss zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) v. 4.3.2011, BR-Drucks. 127/11, S. 6; abrufbar unter: http://www.anwaltverein.de.
104
III. Insbesondere: Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan
gläubigerschützenden Vorschriften auch bei Ausgliederungen im Insolvenzplanverfahren Anwendung fänden.447) Nach einer im Vordringen befindlichen und auch überzeugenden anderen Ansicht sollen §§ 22, 23, 125 Satz 1, 133 UmwG dagegen teleologisch zu reduzieren sein.448) Die Vertreter dieser Auffassung stützen sich insoweit auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 419 BGB a. F., § 25 HGB.449) Bei diesen Vorschriften ist anerkannt, dass sie beim Erwerb vom Insolvenzverwalter keine Anwendung finden. Für die zuletzt genannte Ansicht spricht die Erwägung, dass die Gläubiger 359 des insolventen Rechtsträgers von dem gewinnbringenden Verkauf der Anteile an der Vorrats-/Auffanggesellschaft profitieren, ein Investor sich in aller Regel aber nur finden lassen wird, wenn ihm nicht die unbeschränkte Haftung für die Altverbindlichkeiten des insolventen Rechtsträgers droht. Ob diese Auffassung den Praxistest übersteht, ist aber völlig offen. Gegebenenfalls bleibt § 25 HGB nämlich anwendbar, wenn nur einzelne Gegenstände übertragen werden;450) eben dies ist bei der Ausgliederung der Fall. Praxistipp: Aus Sicht des Praktikers lassen sich die eben geschilderten Risiken dadurch minimieren, dass die Gläubiger des insolventen Rechtsträgers im Insolvenzplan, auf die Geltendmachung der Rechte aus §§ 22, 23, 125 Satz 1, 133 UmwG verzichten.451) Auch insoweit dürften die Mehrheitserfordernisse der §§ 244 ff. InsO gelten mit einer möglichen Bindung auch dissentierender Gläubiger.452)
cc) Ausgliederungsverbot: teleologische Reduktion des § 152 Satz 2 UmwG? Umstritten ist ferner, ob das Ausgliederungsverbot des § 152 Satz 2 UmwG 360 im Insolvenzplanverfahren zum Tragen kommt: x
Überwiegend wird die Geltung des Ausgliederungsverbots bejaht, weil die Vorschriften der §§ 217 ff. InsO mit Blick auf § 152 Satz 2 UmwG keine mit § 225a Abs. 3 UmwG vergleichbare Sonderregelung enthalten.453)
x
Nach einer anderen Ansicht soll eine Ausgliederung aus dem Vermögen des Einzelkaufmanns hingegen zulässig sein, wenn diese „uno actu“ mit der Entschuldung durch den Insolvenzplan wirksam wird.454)
___________ 447) Madaus, ZIP 2012, 2133, 2136; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 128 ziehen eine teleologische Reduktion nicht in Betracht. 448) Kahlert/Gehrke, DStR 2013, 975, 977; Simon/Brünkmans, ZIP 2014, 657, 663; a. A. Becker, ZInsO 2013, 1885, 1891. 449) BGH, ZIP 1988, 727, dazu EWiR 1988, 811 (Joost); BAG, ZIP 2007, 836, dazu EWiR 2007, 497 (Joost) jeweils m. w. N. 450) OLG Stuttgart, ZIP 2010, 1543. 451) Becker, ZInsO 2013, 1885, 1891. 452) Becker, ZInsO 2013, 1885, 1891. 453) Kahlert/Gehrke, DStR 2013, 975, 976; Madaus, ZIP 2012, 2133, 2134. 454) K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 225a Rn. 46.
105
E. Das Insolvenzplanverfahren
361 Stellungnahme: Richtigerweise bietet sich hier eine teleologische Reduktion des § 152 Satz 2 UmwG an. Zutreffend wurde bereits darauf hingewiesen, dass es der Schutzwirkung des Ausgliederungsverbots des § 152 Satz 2 UmwG im Regelungsbereich des Insolvenzplans nicht bedarf.455) Im Übrigen bedeutet § 225a Abs. 3 InsO gerade nicht, dass sämtliche Zulässigkeitsvoraussetzungen des Gesellschaftsrechts vorliegen müssten (siehe dazu Rn. 232). Auch insoweit gilt der grundsätzliche Vorrang des Insolvenzrechts. Daher kommt § 152 Satz 2 UmwG hier nicht zum Tragen. 362 Gesichert ist diese Auffassung bisher nicht. Daher sind in der Praxis die Risiken einer anderweitigen Beurteilung zu berücksichtigen. dd) Ausgliederungsvertrag 363 Parteien des Ausgliederungsvertrages sind der Insolvenzverwalter (bei Eigenverwaltung nach §§ 270 ff. InsO: Schuldner) und das Vertretungsorgan des übernehmenden Rechtsträgers. Der Inhalt bemisst sich wie sonst auch nach § 126 UmwG. Es ist auf eine klare Zuordnung der Aktiva (insbesondere Dauerschuldverhältnisse, wie bspw. Miet-, Pacht- und Leasingverträge etc.) sowie Passiva zu achten. Für die vom Insolvenzverwalter als Anlage i. S. d. § 230 Abs. 3 InsO zum Plan aufgenommene Zustimmungs-/Annahmeerklärung gilt die Formfiktion des § 254a Abs. 3 InsO. Ob dies auch für die als Anlage zum Plan aufgenommene Zustimmungs-/Annahmeerklärung des Vertretungsorgans des übernehmenden Rechtsträgers gilt, ist umstritten.456) Vorsorglich sollte die Erklärung notariell beurkundet werden (vgl. §§ 125 Satz 1, 6 UmwG). f) Formwechsel (§§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 190 ff. UmwG) 364 Interessant sind aus Sicht der Restrukturierungspraxis ferner auch Formwechsel. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass der Rechtsträger unter Beibehaltung seiner rechtlichen und wirtschaftlichen Identität die Rechtsform wechselt.457) Anders als bei den übrigen Umwandlungsarten findet eine Vermögensübertragung nicht statt.458) 365 Denkbar ist insoweit insbesondere die Umwandlung x
von einer Kapital- in eine Personengesellschaft oder umgekehrt
x
von einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft.
___________ 455) Madaus, ZIP 2012, 2133, 2134. 456) Kahlert/Gehrke, DStR 2013, 975, 979; Madaus, ZIP 2012, 2133 (bejahend); Becker, ZInsO 2013, 1885, 1888 (verneinend). 457) Limmer, a. a. O., Teil 1 Rn. 96. 458) Limmer, a. a. O., Teil 1 Rn. 96.
106
III. Insbesondere: Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan
Die Beweggründe für einen Formwechsel in die eine oder andere Richtung 366 können ganz unterschiedlich sein.459) Mittels der Umwandlung von einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft lässt sich bspw. für die Zukunft eine Haftungsbeschränkung erzielen (vgl. etwa § 1 Abs. 1 Satz 2 AktG, § 13 Abs. 2 GmbHG). Ebenso kann eine Änderung der Corporate Governance Struktur bezweckt sein,460) wie dies im Fall Suhrkamp relevant geworden ist. Gegenstand des dort in der Eigenverwaltung vorgelegten Insolvenzplans war ein Formwechsel von einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft (in casu: Formwechsel von einer GmbH & Co. KG in eine AG).461) Zur Treuepflicht siehe Rn. 280. Zur Insolvenzanfechtung von vorinsolvenzlichen Umwandlungsmaßnahmen 367 siehe Rn. 475.
___________ 459) Limmer, a. a. O., Teil 5 Rn. 91. 460) Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 128. 461) Siehe LG Frankfurt/M, ZIP 2013, 1831 – Suhrkamp, dazu EWiR 2013, 589 (Hölzle) m. abl. Bspr. Thole, ZIP 2013, 1937 ff.; nachfolgend OLG Frankfurt/M, ZIP 2013, 2112, dazu EWiR 2013, 753 (Bähr/Schwartz).
107
F. Gesellschafter als Anspruchsgegner und als Anspruchsteller I. Gesellschafter als Anspruchsgegner: Anwendungsbereich der § 171 HGB und § 93 InsO Aus § 93 InsO ergibt sich, dass gesellschaftsrechtliche Ansprüche gegen Ge- 368 sellschafter wegen persönlicher Haftung der Gesellschafter in der Insolvenz der Gesellschaft gewissen Einschränkungen unterliegen. Der anspruchsberechtigte Gläubiger ist während der Dauer des Insolvenzverfahrens gehindert, den Anspruch (auf Leistung an sich462) geltend zu machen. Stattdessen macht der Insolvenzverwalter den Anspruch für die Masse geltend. Der jeweilige Gläubiger partizipiert daher am Erfolg der Anspruchsgeltendmachung nur quotal über die Quote. Dem Gläubiger fehlt die Einziehungsbefugnis. Mit dieser Regelung soll ein Wettlauf der Gläubiger auf das Vermögen des (nicht insolventen) persönlich haftenden Gesellschafters verhindert werden.463) Bei Eigenverwaltung gilt § 93 InsO entsprechend für den Sachwalter, § 280 InsO. 1. Anwendungsbereich des § 171 HGB § 93 InsO ergänzt § 171 Abs. 2 HGB.
369
§ 171 HGB lautet:
370
„(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist. (2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.“
Der Fall des § 171 Abs. 2 HGB ist damit derjenige der Kommanditistenhaftung 371 auf der Grundlage von §§ 161 Abs. 2, 128 HGB i. V. m. § 171 Abs. 1 HGB. Im praktischen Ergebnis wird der Anspruch der Gläubiger in eine Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft = Insolvenzverwalter umgewandelt. Für die unbeschränkte Haftung nach § 176 HGB vor Eintragung gilt nicht 372 § 171 Abs. 2 HGB, sondern § 93 InsO. Davon zu unterscheiden sind Ansprüche auf offene Einlagen oder, soweit im 373 Innenverhältnis in Abweichung zu § 167 Abs. 3 HGB vereinbart, etwaige Nachschussansprüche nach § 735 BGB.464) Diese Einlageforderungen als solche fallen nicht unter § 171 Abs. 2 HGB, sondern sind bereits Massebe___________ 462) Bork, ZInsO 2001, 835 ff., 841. (Klage auf Leistung an die Masse ist ggf. möglich); gänzlich gegen eine Restprozessführungsbefugnis Haas/Hossfeld, in: Gottwald, InsolvenzrechtsHdb., § 92 Rn. 513. 463) HK-Kayser, InsO, § 93 Rn. 1 f. 464) K. Schmidt, in: MünchKommHGB, § 171 Rn. 96.
109
F. Gesellschafter als Anspruchsgegner und als Anspruchsteller
standteil und daher vom Insolvenzverwalter nach § 80 InsO geltend zu machen (entsprechend in der Eigenverwaltung durch die Organe der Schuldnerin). 2. Anwendungsbereich des § 93 InsO 374 § 93 InsO erweitert den Anwendungsbereich über die beschränkte Kommanditistenhaftung auch und gerade für die unbeschränkte persönliche Haftung von Gesellschaftern einer „Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit“ (i. S. d. § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO) oder einer KGaA. 375 Damit sind erfasst insbesondere x
die (Außen-)GbR: der Gesellschafter haftet analog § 128 HGB (ggf. i. V. m. § 130 HGB),
x
die OHG: Haftung nach § 128 HGB,
x
die KG (insbesondere für die Haftung des Komplementärs nach §§ 161 Abs. 2, 128 HGB und die Haftung nach § 176 HGB),
x
Partner einer Partnerschaftsgesellschaft: Haftung nach § 8 PartGG.
376 Die Regelung des § 93 InsO betrifft im Ausgangspunkt nur Fälle, in denen der Gesellschafter in seiner Eigenschaft als Gesellschafter wegen der akzessorischen Gesellschafterhaftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft in Anspruch genommen wird. 377 Daran fehlt es, wenn x
der Gesellschafter in seiner Funktion als Geschäftsführer in Anspruch genommen wird, z. B. nach § 69 AO i. V. m. § 34 AO,465)
x
der Gesellschafter in seiner Funktion als Sicherungsgeber für Gesellschaftsverbindlichkeiten in Anspruch genommen wird;466) § 93 InsO gilt richtigerweise auch dann nicht, wenn der Gesellschafter seine eigene Haftung aus § 128 HGB besichert, weil ein Wettlauf der Gläubiger hier weniger zu befürchten ist, da die Sicherheitenbestellung individuell vereinbart sein muss und nicht schon wie § 128 HGB mit der Gesellschaftshaftung gesetzlich parallel läuft.
378 Ausnahmsweise kann dies auch bei einer juristischen Person der Fall sein, wenn die Voraussetzungen einer Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung vorliegen.467) 379 Davon zu unterscheiden ist der Fall der Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs nach § 826 BGB. Der BGH hat diese Haftungsfigur zu einer ___________ 465) BGH, ZIP 2002, 1492, dazu EWiR 2003, 335 (Welzel); FK-App, InsO, § 93 Rn. 4. 466) LG Bayreuth, ZInsO 2002, 40, 41; Bitter, ZInsO 2002, 557, 560; HK-Kayser, InsO, § 93 Rn. 14; a. A. Bork, NZI 2002, 362, 364; FK-App, InsO, § 93 Rn. 4. 467) Näher Haas/Hossfeld, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 92 Rn. 489.
110
I. Anwendungsbereich der § 171 HGB und § 93 InsO
Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft ausgestaltet468) – daher greift bereits § 80 InsO. Ob auch Ansprüche gegen ausgeschiedene Gesellschafter, die das Gesell- 380 schaftsrecht in Grenzen zulässt (§ 736 BGB, § 160 HGB), von § 93 InsO erfasst werden, wird bejaht.469) Dafür spricht, dass der Schutzzweck des § 93 InsO hier gleichermaßen zutrifft und die entstandenen Ansprüche rechtlich nicht anders zu bewerten sind als Ansprüche gegen noch aktive Gesellschafter. Neuerdings wird diskutiert, ob Leistungen eines Komplementärs oder auch 380a eines Kommanditisten an Gläubiger einer KG in der (alleinigen) Insolvenz der KG wegen § 93 InsO vom Verwalter der KG angefochten werden können.470) Der Insolvenzverwalter der KG mache dann den Anfechtungsanspruch treuhänderisch ermächtigt geltend. In der Sache wird also eine Leistung des Gesellschafters angefochten, die dann zurückzugewähren ist, wenn und weil das Verfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet wurde. Richtigerweise bedarf es der Anwendung des § 93 InsO nicht stets. Eine Gläubigerbenachteiligung bezüglich des Vermögens der KG tritt schon dann ein, wenn sie den Gesellschafter anweist, die Zahlung zu erbringen, bzw. wenn sie gegenüber dem Gesellschafter Anspruch darauf hatte. Im Übrigen liegt meist eine mittelbare Benachteiligung vor. Dann ist die Anfechtung ohne Weiteres zwischen KG und Gläubiger erfüllt. In den verbleibenden Fällen einer freiwilligen Zahlung aus dem Gesellschaftervermögen kann man eine mittelbare Benachteiligung der Gläubiger der Gesellschaft darin sehen, dass sie über den nach § 93 InsO einziehungsbefugten Gesellschaftsverwalter nunmehr nicht mehr gegen den Gesellschafter vorgehen können, wenn von diesem keine Befriedigung der Ansprüche aus §§ 161 Abs. 2, 128 HGB mehr zu erwarten ist. Auch liegen die Anfechtungsvoraussetzungen im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gläubiger meist vor, jedenfalls soweit keine Schuldnerhandlung vorausgesetzt wird (wie bei § 133 InsO). Ob man in den dann noch verbleibenden Fällen, also bei fortbestehender Solvenz des Gesellschafters, eine Anfechtung gegenüber dem Gläubiger begründen kann, ist dagegen fraglich, zumal ja dann denknotwendig eine Befriedigung der Gesellschaftsverbindlichkeiten aufgrund der akzessorischen Haftung für die bisher unbefriedigten Gläubiger noch möglich ist. Letztlich lassen sich die relevanten Fragen wohl ohne § 93 InsO lösen.
___________ 468) BGHZ 173, 246 = ZIP 2007, 1552 (m. Bespr. Weller, S. 1681), dazu EWiR 2007, 557 (Wilhelm); BGH, ZIP 2013, 894, 895 Rn. 20, dazu EWiR 2013, 555 (Hölzle). 469) FK-App, InsO, § 93 Rn. 5; HK-Kayser, InsO, § 93 Rn. 11; Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 93 Rn. 10. 470) BGHZ 178, 171 = ZIP 2008, 2224 Rn. 11 ff., dazu EWiR 2009, 273 (Runkel/Schmidt, J.M.); BGH, ZIP 2009, 2204 Rn. 15; ausführlich Bork/Vogelsang, ZIP 2014, 2313.
111
F. Gesellschafter als Anspruchsgegner und als Anspruchsteller
II. Gesellschafter als Anspruchsteller: Anwendungsbereich der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO 1. Nachrang und Anfechtung von Gesellschafterdarlehen 381 Der Gesellschafter kann nicht nur als Einleger und Eigenkapitalgeber auftreten, sondern der Gesellschaft auch als Gläubiger gegenübertreten. Damit ist der Dunstkreis des früher sog. Eigenkapitalersatzrechts berührt, das mit dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) von 2008 vollständig in das Insolvenzrecht überführt wurde. Der BGH unterstellte zuvor Darlehen, die der Gesellschaft in der Krise gewährt oder ihr in der Krise belassen wurden, den Regelungen zum Kapitalschutz (§§ 30, 31 GmbHG a. F.) und behandelte sie infolgedessen auf der Grundlage der sog. Finanzierungsfolgenverantwortung wie haftendes Eigenkapital.471) 382 Gesellschafterdarlehen erhalten nach Maßgabe der Neuregelungen in der Insolvenz nun einen Rangrücktritt (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Bei Tilgung des Gesellschafterdarlehens innerhalb eines Jahres vor dem Eröffnungsantrag kann die Rückzahlung nach §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO angefochten werden.472) Bei Gesellschaftersicherheiten liegt gem. §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO eine anfechtbare Finanzierungsleistung des Gesellschafters vor, wenn die Handlung in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder nach dem Antrag vorgenommen wurde.473) Zu beachten ist auch § 135 Abs. 2 InsO: Die Rückzahlung eines gewöhnlichen Drittdarlehens kann zugleich eine gegenüber dem Gesellschafter anfechtbare Begünstigung sein, wenn der Gesellschafter wegen der Tilgung von der potentiellen Einstandspflicht mit einer von ihm gestellten Sicherheit befreit wird. 383 Auf das Merkmal der Krise wird nach neuer Rechtslage verzichtet;474) allein maßgeblich ist jetzt die Darlehensgewährung durch den Gesellschafter, unabhängig von ihrem Zeitpunkt.475) 384 Im Einzelnen sind mit den Neuregelungen einige Streitfragen aufgekommen. Umstritten ist beispielsweise: x
welchen Normzweck die Neuregelung verfolgt,476)
x
ob die bisher anerkannten Fallgruppen für Drittdarlehen uneingeschränkt fortgeführt werden können,477)
___________ 471) BGH, ZIP 1980, 361 = NJW 1980, 1524; zur Rechtsprechungsentwicklung Gehrlein, in: MünchKommInsO, § 135 Rn. 1 ff. 472) Gehrlein, in: MünchKommInsO, § 135 Rn. 13. 473) Gehrlein, in: MünchKommInsO, § 135 Rn. 13. 474) Gehrlein, in: MünchKommInsO, § 135 Rn. 13; für eine gesetzliche Vermutung Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3602. 475) Gehrlein in: MünchKommInsO, Band 2, § 135 Rn. 13. 476) Dazu Thole, ZHR 176 (2012), 513 ff. m. w. N. 477) Diese Frage hängt mit dem Normzweck zusammen.
112
II. Anwendungsbereich der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO
x
wie Sicherheiten des Gesellschafters und ihre Verwertung zu behandeln sind,478)
x
wie Zessionsfälle zu behandeln sind (siehe dazu Rn. 394).
2. Anfechtung von Rückzahlungen auf Drittdarlehen Erfasst werden außerdem Forderungen, die einem solchen Darlehen wirt- 385 schaftlich entsprechen. Obwohl der Normzweck des neuen Rechts bisher ungeklärt ist,479) entspricht es der mittlerweile herrschenden, vom BGH geteilten Auffassung und auch den Äußerungen in den Gesetzesmaterialien,480) dass die nach alter Rechtslage bekannten Fallkonstellationen für derartige wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlungen sowohl in sachlicher als auch in personeller Hinsicht weitgehend übernommen werden.481) Zur Abgrenzung der von §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 Abs. 1 InsO erfassten Dritt- 386 darlehen und anderen regulären Drittdarlehen wurden in Literatur und Rechtsprechung verschiedene Fallgruppen gebildet:482) Neben der Anwendung der Regeln auf bereits ausgeschiedene483) oder noch 387 nicht eingetretene Gesellschafter484) hat der BGH eine Anfechtung nach §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 Abs. 1 InsO bzw. eine Anwendung des früheren Eigenkapitalersatzrechts u. a. gegenüber folgenden Nichtgesellschaftern bejaht: x
Zessionar485)
x
Mittelbare Stellvertreter486)
x
Atypische Pfandgläubiger487)
x
Atypische stille Gesellschafter488)
___________ 478) Vgl. dazu die Kontroverse bei Altmeppen, NZG 2013, 441, ZIP 2013, 1745; Bitter, ZIP 2013, 1497, ZIP 2013, 1998. 479) Umfassend dazu Thole, ZHR 176 (2012), 513 ff. 480) Begr. RegE, BT-Drucks. 16/6140, S. 56. 481) BGH, ZIP 2011, 575 = NJW 2011, 1503; Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 39 Rn. 36. 482) Vergleiche zum alten Recht noch Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Anhang nach § 30 Rn. 120 ff.; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 32a a. F. Rn. 144 ff.; Michalski-Dahl, GmbHG, Anh. I zu §§ 32a, 32b a. F. Rn. 18 ff. 483) BGH, ZIP 1987, 169 = NJW 1987, 1080, dazu EWiR 1986, 1209 (von Gerkan). 484) Dazu Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3603. 485) BGH, ZIP 1988, 638 = NJW 1988, 1841; vgl. dazu auch Führ/Wahl, NZG 2010, 889. 486) BGH, ZIP 1981, 1332 = NJW 1982, 386; OLG Hamburg, Entscheidung v. 8.12.1989 – 11 U 154/89, LSK 1991, 270043; OLG Schleswig, NZG 2001, 273. 487) BGH, ZIP 1992, 1300 (m. Bespr. Altmeppen, ZIP 1993, 1677) = NJW 1992, 3035, dazu EWiR 1992, 999 (von Gerkan); dazu Goette, DStR 1992, 1480. 488) BGH, ZIP 1989, 95 = NJW 1989, 982, dazu EWiR 1989, 587 (Koch); BGH, ZIP 2006, 703 = NJW-RR 2006, 760, dazu EWiR 2006, 653 (Kort); BGH, ZIP 2012, 1869 = NZI 2012, 860.
113
F. Gesellschafter als Anspruchsgegner und als Anspruchsteller
x
Treugeber489)
x
Nahestehende Personen, insbesondere nahe Angehörige wie minderjährige Kinder und Ehepartner, wenn weitere Voraussetzungen erfüllt sind,490) da allein das Bestehen des Verwandtschaftsverhältnisses nicht ausreicht.491)
x
Mit einem Gesellschafter verbundene Unternehmen492) (anders bei der Darlehensgewährung durch eine AG).493)
388 Umstritten ist in der Literatur die Anwendung der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO insbesondere im Hinblick auf Darlehen Unterbeteiligter494) und Nießbraucher,495) sowie bei Darlehen von durch Covenants gesicherten Gläubigern.496) 3. Sanierungsprivileg 389 Nach § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO gilt auch nach dem MoMiG weiterhin ein Sanierungsprivileg. Erwirbt der Gesellschafter bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder bei Überschuldung Anteile zum Zweck ihrer Sanierung, führt dies bis zur nachhaltigen Sanierung nicht zur Anwendung von § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO auf seine Forderungen aus bestehenden oder neu gewährten Darlehen oder auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen. Der Erwerber darf nicht vorher bereits i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO beteiligt gewesen sein, es sei denn, er unterfiel dem Kleinbeteiligtenprivileg.497) Des Weiteren gilt das Privileg nur bis zum Zeitpunkt der „nachhaltigen Sanierung“.498) Nach Erreichen dieses Stadiums wird der Gesellschafter wie ein „normaler“ Gesellschafter behandelt und die Forderung unterfällt in einer späteren Insolvenz dem Nachrang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO.499) 4. Kleinbeteiligtenprivileg 390 Nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO findet auch § 39 Abs. 5 InsO auf Gesellschafterdarlehen Anwendung. Danach gilt § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nicht für den nicht ___________ 489) 490) 491) 492) 493) 494) 495) 496) 497) 498) 499)
114
Grundlegend BGH, NJW 1960, 285. BGH, ZIP 1981, 1332 = NJW 1982, 386; NJW-RR 1991, 746; NJW 2000, 3278. BGH, ZIP 2009, 1273 = NZG 2009, 782. BGH, ZIP 1981, 1200 = NJW 1982, 383; NJW 1984, 1036; NJW 1992, 1167; NJW 1997, 740; NJW 2001, 1490; NZG 2005, 395; NZG 2008, 507. BGH, ZIP 2008, 1230 = NJW-RR 2008, 1134, dazu EWiR 2008, 463 (Jungclaus/ Keller). Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 32a a. F. Rn. 181. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 32a a. F. Rn. 182 f. Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Anhang nach § 30 Rn. 47; Krolop, GmbHR 2009, 397, 399. Ehricke, in: MünchKommInsO, § 39 Rn. 55. Zum Begriff Ehricke, in: MünchKommInsO, § 39 Rn. 55; Haas/Hossfeld, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 92 Rn. 415. Ehricke, in: MünchKommInsO, § 39 Rn. 56.
II. Anwendungsbereich der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO
geschäftsführenden Gesellschafter einer Gesellschaft i. S. d. § 39 Abs. 4 Satz 1 InsO, der mit 10 Prozent oder weniger am Haftkapital beteiligt ist. 5. Verhältnis zum allgemeinen Kapitalschutz im Gesellschaftsrecht Zu beachten gilt es, dass neben Nachrang und Anfechtung im Insolvenzrecht 391 grundsätzlich auch weiterhin die allgemeinen Kapitalschutzgrundsätze des Gesellschaftsrechts gelten. In der GmbH ist der Grundsatz der Kapitalerhaltung in § 30 Abs. 1 GmbHG mit dem dazugehörigen Anspruch auf Erstattung nach § 31 GmbHG zu beachten. Die AG hingegen unterliegt dem noch strenger ausgestalteten Schutz des § 57 AktG, der durch § 62 AktG ergänzt wird. Im Hinblick auf Gesellschafterdarlehen hingegen gelten seit dem MoMiG 392 ausschließlich die insolvenzrechtlichen Regelungen der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Sowohl § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG als auch § 57 Abs. 1 Satz 4 AktG ordnen die Nichtanwendbarkeit der Vorschriften auf die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen an, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen. 6. Aktuelle Entscheidungen zum neuen Recht Der BGH hat bereits mehrfach zum neuen Recht entschieden. Zu nennen 393 sind: x
BGH, Urt. v. 18.7.2013 – IX ZR 219/11, ZIP 2013, 1579 (m. Anm. Bitter, S. 1583, Bespr. Altmeppen, S. 1745 u. Mylich, S. 2444) = NZI 2013, 742 (mit Anm. Thole: Wird eine für ein Gesellschafterdarlehen anfechtbar bestellte Sicherung verwertet, greift die Anfechtung – nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO i. V. m. 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 818 Abs. 2, 4, 819, 292, 989 BGB – mangels einer Sperrwirkung des Befriedigungstatbestands auch dann durch, wenn die Verwertung länger als ein Jahr vor der Antragstellung erfolgte.), dazu EWiR 2013, 521 (Bork).
x
BGH, Versäumnisurt. v. 4.7.2013 – IX ZR 229/12, ZIP 2013, 1629, dazu EWiR 2013, 657 (Plathner/Luttmann): Rückzahlung eines vom Gesellschafter in Anspruch genommenen Darlehens der Gesellschaft auf debitorisches Konto der Gesellschaft bei einer Bank, für das der Gesellschafter eine Sicherheit gestellt hatte, ist ein Fall des § 135 Abs. 2 InsO.
x
BGH, Urt. v. 7.3.2013 – IX ZR 7/12, ZIP 2013, 734, dazu EWiR 2013, 393 (Delaveaux): Gewährt ein Gesellschafter seiner Gesellschaft fortlaufend Kredite, die in der Art eines Kontokorrentkredits jeweils vor Erhalt des Nachfolgedarlehens mit Hilfe öffentlicher Beihilfen abgelöst werden, ist die Anfechtung wie bei einem Kontokorrentkredit auf die Verringerung des Schuldsaldos im Anfechtungszeitraum beschränkt.
115
F. Gesellschafter als Anspruchsgegner und als Anspruchsteller
x
BGH, Urt. v. 21.2.2013 – IX ZR 32/12, ZIP 2013, 582 (m. Bespr. Preuß, S. 1145 u. Reinhard/Schützler, S. 1898): Tritt der Gesellschafter eine gegen die Gesellschaft gerichtete Darlehensforderung binnen eines Jahres vor Antragstellung ab und tilgt die Gesellschaft anschließend die Verbindlichkeit gegenüber dem Zessionar, unterliegt nach Verfahrenseröffnung neben dem Zessionar auch der Gesellschafter der Anfechtung. Dazu EWiR 2013, 217 (Bork).
x
BGH, Urt. v. 28.6.2012 – IX ZR 191/11, ZIP 2012, 1869: Der atypisch stille Gesellschafter einer GmbH & Co. KG steht mit seinen Ansprüchen wirtschaftlich dem Gläubiger eines Gesellschafterdarlehens insolvenzrechtlich gleich, wenn in einer Gesamtbetrachtung seine Rechtsposition nach dem Beteiligungsvertrag der eines Kommanditisten im Innenverhältnis weitgehend angenähert ist. Der Nachrang von Ansprüchen des atypisch stillen Gesellschafters in der Insolvenz einer GmbH & Co. KG als Geschäftsinhaberin kann jedenfalls dann eintreten, wenn im Innenverhältnis das Vermögen der Geschäftsinhaberin und die Einlage des Stillen als gemeinschaftliches Vermögen behandelt werden, die Gewinnermittlung wie bei einem Kommanditisten stattfindet, die Mitwirkungsrechte des Stillen in der KG der Beschlusskompetenz eines Kommanditisten in Grundlagenangelegenheiten zumindest in ihrer schuldrechtlichen Wirkung nahekommen und die Informations- und Kontrollrechte des Stillen denen eines Kommanditisten nachgebildet sind. Dazu EWiR 2012, 669 (Spliedt).
x
BGH, Urt. v. 1.12.2011 • IX ZR 11/11, ZIP 2011, 2417: Wird die am Gesellschaftsvermögen und am Vermögen eines Gesellschafters gesicherte Forderung eines Darlehensgläubigers nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft durch Verwertung der Gesellschaftssicherheit befriedigt, ist der Gesellschafter zur Erstattung des an den Gläubiger ausgekehrten Betrags zur Insolvenzmasse verpflichtet. Dazu EWiR 2012, 57 (Henkel).
x
BGH, Beschl. v. 15.11.2011 – II ZR 6/11, ZIP 2012, 86: Der Darlehensrückzahlungsanspruch eines ausgeschiedenen Gesellschafters ist im Insolvenzverfahren allenfalls dann als nachrangig zu behandeln, wenn er im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag ausgeschieden ist. Dazu EWiR 2012, 91 (Rendels).
x
BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 131/10, ZIP 2011, 575: Die Forderung aus der Rechtshandlung eines Dritten entspricht einem Gesellschafterdarlehen nicht schon deshalb, weil es sich bei dem Dritten um eine nahestehende Person i. S. d. § 138 InsO handelt. Gewährt eine nahestehende Person (§ 138 InsO) dem Schuldner ein ungesichertes Darlehen, begründet dies keinen ersten Anschein für eine wirtschaftliche Gleichstellung mit einem Gesellschafterdarlehen. Dazu EWiR 2011, 285 (Spliedt).
116
II. Anwendungsbereich der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO
Beachte außerdem:
393a
x
OLG Koblenz, Urt. v. 15.10.2013 – 3 U 635/13, ZIP 2013, 2325, dazu EWiR 2014, 57 (Spliedt): Gewinnvorträge als Gesellschafterdarlehen.
x
OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.5.2014 – I-12 U 87/13 (n. r.), ZIP 2015, 187: Nachranggläubiger (Genussrechte) nicht als gesellschaftergleicher Dritter anzusehen.
7. Die Insolvenzanfechtung nach §§ 39 I Nr. 5, 135 I Nr. 2 InsO bei Unternehmenstransaktionen In seinem Urteil vom 21.2.2013500) hat der BGH eine gesamtschuldnerische 394 Haftung von Zedent und Zessionar bejaht, wenn der (zumindest mittelbare) Gesellschafter als Zedent seine Darlehensforderung an einen Dritten veräußert und abtritt und anschließend die Gesellschaft das Darlehen innerhalb der Jahresfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO an den Dritten zurückzahlt. Damit haftet der Gesellschafter auch dann weiter, wenn er nicht mehr Gläubiger der Forderung ist. Der Zessionar wird zum Anfechtungsgegner nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO, obwohl er gerade nicht Gesellschafter ist (Fall der angeblichen „Verstrickung“ des Darlehens).501) Die Entscheidung ist insgesamt eher kritisch zu betrachten.502) Ungeklärt ist, wie sich das Urteil im Rahmen von M&A-Transaktionen 395 auswirkt:503) Im Rahmen von Unternehmenstransaktionen kommt es regelmäßig nicht 396 nur zu einem Gesellschafterwechsel durch Übertragung von Geschäftsanteilen. Auch etwaige vom Gesellschafter zur Verfügung gestellte Darlehen, die noch nicht zurückbezahlt wurden, werden an den Erwerber verkauft und die Rückzahlungsforderung abgetreten.504) Der Käufer als neuer Gesellschafter erhält dann die Rückzahlung der Darlehensforderung von der Gesellschaft. Vor der genannten Entscheidung des BGH wurde diese Konstellation im 397 Hinblick auf eine Anfechtung nach §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO zulasten des Verkäufers als nahezu risikolos gesehen.505) Nachdem der BGH aber eine gesamtschuldnerische Haftung von Zedent und Zessionar bejaht, wenn der Gesellschafter als Zedent seine Darlehensforderung an einen Dritten veräußert und abtritt und anschließend die Gesellschaft an den Dritten ___________ 500) 501) 502) 503) 504) 505)
BGH, ZIP 2013, 582 (m. Bespr. Preuß, S. 1145 u. Reinhard/Schützler, S. 1898). BGH, ZIP 2013, 582 Rn. 32 (m. Bespr. Preuß, S. 1145 u. Reinhard/Schützler, S. 1898). Zur Vorinstanz schon Thole, ZInsO 2012, 661. Dazu zuletzt Lauster, WM 2013, 2155. Azara, DStR 2013, 2280, 2287. Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898 m. w. N.; Heckschen, DStR 2007, 1442, 1448; Wälzholz, DStR 2007, 1914, 1920.
117
F. Gesellschafter als Anspruchsgegner und als Anspruchsteller
zurückzahlt, könnte nun anderes gelten.506) Der BGH führt im Urteil vom 21.2.2013 aus, dass bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Zahlung an den Dritten eine Leistung an den Gesellschafter darstelle.507) Der Gesellschafter habe die Zahlung an den Zessionar als seine Geheißperson nämlich veranlasst.508) 398 Eine Abtretung der Darlehensforderungen wird aber i. d. R. auch im Rahmen von Unternehmenstransaktionen vorgenommen, sodass sich die Frage stellt, ob die gleichzeitige Veräußerung der Geschäftsanteile, die soeben beschriebene Rechtsfolge verhindern kann. Wird dies verneint, ergeben sich erhebliche Risiken für Altgesellschafter.509) 399 In der Literatur wird die Frage kontrovers diskutiert.510) Da sie höchstrichterlich nicht geklärt ist, ist das Risiko für den Verkäufer zu berücksichtigen.511) Richtigerweise ist die genannte Situation nicht als Fall des § 135 InsO einzustufen, weil der Gesellschafter nach seinem Ausscheiden nicht mehr in der Position ist, sich gegenüber gewöhnlichen Gläubigern einen Vorteil zu verschaffen. Anders wäre es nur dann, wenn man die Zahlung des Kaufpreises für die erworbene Darlehensforderung durch den Erwerber als mittelbare Zahlung der Gesellschaft ansieht. Das setzt aber voraus, dass die Mittel für den Kaufpreis bezogen auf die Darlehensforderung aus dem Vermögen der Gesellschaft stammen. 400 Im Schrifttum werden gleichwohl mehrere Reaktionsmöglichkeiten in Betracht gezogen: x
Negativverpflichtungen und Freistellungsverpflichtungen512) oder sonstige Bestimmung zum Innenausgleich der Gesamtschuldner,513)
x
Besicherung potentieller Verkäuferansprüche, d. h. des Freistellungsanspruchs,514)
x
Einbringung der Forderung in die Kapitalrücklage im Vorfeld des Unternehmenskaufvertrags515) (soweit steuerneutral),
___________ 506) Gegen eine Anwendung der Rechtsprechung auf Unternehmenstransaktionen mit „Abtretungslösung“, Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898, 1899. 507) BGH, ZIP 2013, 582 Rn. 29 (m. Bespr. Preuß, S. 1145 u. Reinhard/Schützler, S. 1898). 508) BGH, ZIP 2013, 582 Rn. 29 (m. Bespr. Preuß, S. 1145 u. Reinhard/Schützler, S. 1898); kritisch dazu Commandeur/Utsch, NZG 2013, 575, 576. 509) Azara, DStR 2013, 2280, 2287. 510) Siehe zum Beispiel Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898, 1900 f., die sich gegen eine Anfechtung gegenüber dem Unternehmensverkäufer aussprechen, anders aber Haas, NZG 2013, 1241, 1244, der sich auf § 39 I Nr. 5 InsO als Ausgangspunkt stützt und eine Anfechtung gegenüber dem Zedenten bejaht. 511) So Azara, DStR 2013, 2280, 2287. 512) Lauster, WM 2013, 2155, 2159; Wilhelm, BB 2013, 1103, 1107 zur insolvenzfesten Absicherung eines internen Rückgriffsanspruchs. 513) Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898, 1901; Azara, DStR 2013, 2280, 2287. 514) Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898, 1902. 515) Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898, 1902; Lauster, WM 2013, 2155, 2160.
118
III. Konzernrecht im Insolvenzverfahren
x
Erlass der Darlehensforderung durch den Altgesellschafter.516) Praxistipp: Bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung ist ratsam, die möglichen Folgewirkungen der BGH-Entscheidung in die Betrachtung einzubeziehen und bei M&A-Transaktionen vorsorglich das Anfechtungsrisiko zu berücksichtigen.
III. Konzernrecht im Insolvenzverfahren Das Konzerninsolvenzrecht bietet Raum für eigenständige Darstellungen517) 401 und ist hier nur anzureißen. Zu beachten ist, dass das Trennungsprinzip gilt. Eine materielle Konsolidie- 402 rung der Vermögensmassen der jeweiligen Konzerngesellschaften findet mit Recht nicht statt. Daran ändert auch das (geplante) Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen nichts.518) Die Folgen der Insolvenz können stichwortartig wie folgt zusammengefasst 403 und unterschieden werden. 1. Vertragskonzern a) Schicksal des Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291 AktG): Die Auswirkungen der Insolvenz eines Vertragspartners sind umstritten:
404
x
Nach einer, insbesondere zum bisherigen Recht vertretenen Auffassung: automatisches Erlöschen mit Eintritt in das Insolvenzverfahrens eines Vertragspartners; daran wird auch für die InsO festgehalten.519)
x
Nach anderer Auffassung: Fortbestehen, aber suspendiert und/oder (jedenfalls) keine Folgepflicht sowie außerordentliches Kündigungsrecht (§ 297 Abs. 1 AktG) oder Wahlrecht entsprechend § 103 InsO für das insolvente Unternehmen; insofern also Überlagerung durch das Insolvenzrecht.520)
___________ 516) Azara, DStR 2013, 2280, 2287. 517) Bous, Die Konzernleitungsmacht im Insolvenzverfahren konzernverbundener Kapitalgesellschaften; Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz; umfassend zum Konzerninsolvenzrecht siehe auch Flöther, Hdb. Konzerninsolvenzrecht, 2015. 518) RegE v. 28.8.2013, abrufbar unter http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/ RegE_Entwurf_eines_Gesetzes_zur_Erleichterung_der_Bewaeltigung_von_Konzerninsolvenzen.pdf. 519) BGHZ 103, 1, 6 f. = ZIP 1988, 229 (m. Bespr. Kleindiek, S. 613 und Kort, S. 681); Hüffer, AktG § 297 Rn. 22a; Krieger, in: Festschrift Metzeler, S. 139, 142; Darstellung bei Schmollinger, Der Konzern in der Insolvenz, S. 196 ff. 520) Noack, in: Kübler/Prütting, InsO, Sonderband Gesellschaftsrecht, Rn. 723 ff.; UhlenbruckHirte, InsO, § 11 Rn. 398; Freudenberg, ZIP 2009, 2037, 2040; Zeidler, NZG 1999, 692, 696; Bous, Die Konzernleitungsmacht im Insolvenzverfahren konzernverbundener Kapitalgesellschaften, S. 157.
119
F. Gesellschafter als Anspruchsgegner und als Anspruchsteller
405 Der Unterschied zwischen beiden Auffassungen ist eher gering, wenn ein Recht zur Kündigung anerkannt wird.521) Insbesondere unterliegt der Insolvenzverwalter keiner Weisungsbefugnis.522) 406 Grundsätzlich macht es für diese Streitfrage richtigerweise keinen Unterschied, ob die Eigenverwaltung angeordnet ist oder ob ein Regelverfahren geführt wird523) – Gedanke des § 276a InsO. b) Verlustausgleichsanspruch 407 Der Verlustausgleichsanspruch nach § 302 AktG x
ist Massebestandteil der Masse des abhängigen Unternehmens; in der Insolvenz des herrschenden Unternehmens ist er als Insolvenzforderung anzumelden;
x
schließt ggf. eine Insolvenz des abhängigen Unternehmens aus, soweit der Anspruch werthaltig ist.
408 Fraglich ist aber, ob sämtliche Verluste auszugleichen und ob die Liquidations- und Abwicklungskosten einzubeziehen sind sowie solche Verluste, die unabhängig von der Konzernbildung eintreten.524) 2. Faktischer Konzern 409 Im faktischen Konzern greift bei abhängiger AG die Ausgleichspflicht des herrschenden Unternehmens nach §§ 311, 317 AktG. Für den faktischen GmbH-Konzern gilt dies nicht, weil in der GmbH Gesellschafter von vorneherein Weisungsrechte haben;525) die Grenzen der Einflussnahmemöglichkeit des herrschenden Unternehmens und auch eine Pflicht zum Nachteilsausgleich ergeben sich insoweit aus den allgemeinen Regeln des GmbH-Rechts (Treuepflicht etc.).526) 410 In der Insolvenz des abhängigen Unternehmens fallen diese Ansprüche in die Masse und sind vom Insolvenzverwalter geltend zu machen.
___________ 521) Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 11 Rn. 410; Haas, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 95 Rn. 8. 522) Dazu Brünkmans, Die Koordinierung von Insolvenzverfahren konzernverbundener Unternehmen nach deutschem und europäischem Insolvenzrecht, S. 75. 523) Vgl. Schmollinger, Der Konzern in der Insolvenz, S. 218 f. 524) Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 32.10; Haas, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 95 Rn. 11. 525) Haas, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 95 Rn. 19. 526) BGHZ 65, 15, 20 f.; Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 11 Rn. 412.
120
III. Konzernrecht im Insolvenzverfahren
Ungeklärt ist, wie sich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das 411 Vermögen von Ober- oder Untergesellschaft auf die faktische Konzernierung auswirkt: x
Nach einer Auffassung endet die faktische Konzernierung mit Verfahrenseintritt einer der beteiligten Gesellschaften (soweit nicht die Eigenverwaltung angeordnet ist527)), da nur die Gesellschaftsorgane Leitungsmacht ausüben dürften bzw. erdulden müssten.528)
x
Nach der Gegenauffassung fällt der Gesellschaftsanteil in die Masse des herrschenden Unternehmens und folglich könne der Insolvenzverwalter des herrschenden Unternehmens die gesellschaftsrechtlichen Einflüsse in gleicher Weise nutzen, wie dies außerhalb des Insolvenzverfahrens möglich wäre. Die Ausgleichspflicht nach §§ 311, 317 AktG sei dann Masseverbindlichkeit,529) im GmbH-Konzern unterliege der Insolvenzverwalter des herrschenden Gesellschafters wie dieser der Treuepflicht.530)
Diese Stellungnahmen sind teils überholt. Richtigerweise ist für die Zeit nach 412 dem ESUG zu unterscheiden: Ist nur das herrschende Unternehmen im Insolvenzverfahren, kann der 413 Insolvenzverwalter den Gesellschaftsanteil halten und die sich daraus ergebenden Mitgliedschaftsrechte wahrnehmen. Dies darf er auch im Sinne einer Konzernleitungsmacht tun. Die Bindung an den Verfahrenszweck des § 1 InsO schließt das nicht aus, sondern kann es gerade erforderlich machen.531) Der Verwalter ist aber eben auch an die Grenzen der Leitungsmacht gebunden, weil er den Gesellschaftsanteil mit diesen Beschränkungen übernimmt. Ein Grund, warum die faktische Konzernierung hier automatisch enden sollte, ist nicht recht ersichtlich.532) Befindet sich dagegen (auch) das abhängige Unternehmen im Insolvenz- 414 verfahren, so muss man die Konzernleitungsmacht durch den Insolvenz-
___________ 527) So Ehricke, ZInsO 2002, 393, 395 (fraglich). 528) Noack, in: Kübler/Prütting, InsO, Sonderband Gesellschaftsrecht, Rn. 732; Böcker, GmbHR 2004, 1257, 1259; Haas/Hossfeld, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 92 Rn. 533; Haas, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 95 Rn. 20. 529) Vgl. Schmollinger, Der Konzern in der Insolvenz, S. 228. 530) Haas, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., § 95 Rn. 20; unklar Schmollinger, Der Konzern in der Insolvenz, S. 235 (der seltsamerweise für das ESUG und die Eigenverwaltung und für das Planverfahrens trotz § 276a InsO anders sieht – unklar bleibt daher auch das Regelverfahren. 531) Brünkmans, Die Koordinierung von Insolvenzverfahren konzernverbundener Unternehmen nach deutschem und europäischem Insolvenzrecht, S. 245 ff. 532) Schmollinger, Der Konzern in der Insolvenz, S. 227.
121
F. Gesellschafter als Anspruchsgegner und als Anspruchsteller
zweck im Verfahren der Untergesellschaft als überlagert ansehen. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob Eigenverwaltung für die Untergesellschaft angeordnet wurde oder nicht.533) Im Einzelnen gilt: x
Befindet sich die Untergesellschaft in Eigenverwaltung, schließt schon § 276a InsO eine (auch konzernrechtliche) Einflussnahme der Obergesellschaft aus. Die Konzernleitungsmacht kann allenfalls im insolvenzfreien Bereich fortbestehen.
x
Im Planverfahren sind die Mitgliedschaftsrechte der Gesellschafter in Fällen des § 225a Abs. 1 InsO verdrängt bzw. entwertet und durch den insolvenzrechtlichen Schutz verdrängt.
x
Auch in der Regelinsolvenz ergibt sich schon aus allgemeinen Überlegungen, dass der Insolvenzverwalter der abhängigen Gesellschaft die Geschäfte unabhängig von den Weisungen der Gesellschafter fortführen darf; auch insoweit kann sich die Konzernleitungsmacht nur auf den Schuldnerbereich beschränken.
___________ 533) So vor ESUG noch Brünkmans, Die Koordinierung von Insolvenzverfahren konzernverbundener Unternehmen nach deutschem und europäischem Insolvenzrecht, S. 247.
122
G. Organhaftung Das Zusammenspiel von gesellschaftsrechtlichen Vorgaben und dem Insol- 415 venzrecht wird häufig im Haftungsfall und bei den im Gesellschaftsrecht vorgesehenen Haftungstatbeständen virulent. I. Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, § 93 Abs. 2 AktG 1. Binnenhaftung und Ausrichtung am Gesellschaftsinteresse § 43 Abs. 2 GmbHG, § 93 Abs. 2 AktG (ggf. i. V. m. § 116 Satz 1 AktG für 416 den Aufsichtsrat) enthalten den allgemeinen Haftungstatbestand für eine Schadensersatzpflicht der Geschäftsleiter gegenüber ihrer Gesellschaft. Im Insolvenzverfahren kann der Insolvenzverwalter den Anspruch für die Masse geltend machen (§ 80 InsO). Zugleich kann der Tatbestand des § 43 GmbHG grundsätzlich auch nach Antragstellung oder im eröffneten Verfahren verwirklicht werden, soweit der Geschäftsführer weiter (eingeschränkt) tätig bleibt. Die Binnenhaftung gilt damit grundsätzlich auch für die Eigenverwaltung (siehe dazu genauer Rn. 434). Die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 GmbHG ist suspendiert.534) Da sich der Anspruch am Gesellschaftsinteresse orientiert, dürfen die Ge- 417 sellschafter außerhalb eines Insolvenzverfahrens grundsätzlich auch auf den Anspruch verzichten. Allerdings zieht der Gläubigerschutz und damit im weiteren Sinne das Insolvenzrecht Grenzen: x
Im Insolvenzverfahren und insoweit auch schon im Eröffnungsverfahren dürfen die Gesellschafter nicht zulasten der Masse auf den Anspruch verzichten.
x
Bei der AG gilt darüber hinaus § 93 Abs. 5 Satz 1 und 3 AktG: Der Verzicht oder Vergleich bindet die Gläubiger nicht, wenn der Ersatz zur Gläubigerbefriedigung erforderlich ist.
x
Bei der GmbH ist umstritten, ob § 93 Abs. 5 Satz 1 und 3 AktG entsprechend gilt535) und der Verzicht daher schon dann unwirksam ist, wenn der Schadensersatzbetrag (später) zur Gläubigerbefriedigung benötigt wird. Jedenfalls bei der Verletzung der Insolvenzantragspflicht sollte man dies annehmen.536)
Wie sich das Gesellschafts- bzw. Gesellschafterinteresse in Insolvenznähe 418 oder im Insolvenz(antrags-)verfahren bestimmt, ist wenig geklärt. Im Grundsatz gilt, dass § 43 Abs. 2 GmbHG, § 93 Abs. 2 AktG keine spezifische gläubigerschützende Haftungsnorm darstellt. Anders ist dies nur in Fällen der ___________ 534) Siehe Rn. 95. 535) Befürwortend Altmeppen, NJW 2002, 321, 323 ff.; Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1845. Grundsätzlich verneinend Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 43 Rn. 47. 536) Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 64 Rn. 160.
123
G. Organhaftung
Verletzung des Kapitalerhaltungsgebots (§ 43 Abs. 3 GmbHG, § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG i. V. m. § 93 Abs. 2 AktG) und speziell bei § 64 GmbHG (siehe dazu Rn. 429 ff.). 419 Im Normfall der Geschäftsführerhaftung lehnt die Rechtsprechung des BGH zu § 43 GmbHG eine Orientierung an dem übergeordneten Gesellschaftsoder Gläubigerinteresse ab und weigert sich, den Geschäftsleiter auch als Sachwalter dritter Interessen anzuerkennen.537) Das ist zwar zweifelhaft,538) aber für die Praxis hinzunehmen. Insbesondere sollen die Gläubiger nicht vom Schutzzweck des § 43 Abs. 2 GmbHG erfasst sein. Als Binnenhaftungsnorm erfasst § 43 Abs. 2 GmbHG gläubigerbenachteiligende Rechtshandlungen daher nur reflexartig, wenn mit der Handlung zugleich die Pflicht zur Förderung des Gesellschaftswohls verletzt wurde und dies zu einem Schaden der Gesellschaft (nicht der Gläubiger) geführt hat.539) Insbesondere kann die Verletzung der Legalitätspflicht des Geschäftsleiters zu einer Haftung nach § 43 GmbHG führen.540) Der Geschäftsleiter muss – weil die Gesellschaft nicht selbst handeln kann – für die Erfüllung der seine Gesellschaft treffenden Rechtspflichten nach außen sorgen. 2. Sanierungspflicht 420 Für Insolvenz- und Sanierungssituationen außerhalb des Antragsverfahrens oder des eröffneten Verfahrens lassen sich daraus folgende Leitgedanken ableiten: x
Vor dem Eröffnungsantrag kann es zur Förderung des Gesellschaftswohls erforderlich sein, Sanierungsschritte einzuleiten (Sanierungspflicht).541)
x
Auch die Verletzung der Insolvenzantragspflicht kann eine Verletzung der Gesellschaftsinteressen darstellen; fraglich ist dann der Schaden:542) Die Neuverbindlichkeiten bei Fortführung im Insolvenzverfahren zählen dazu ebenso wenig wie Schäden, die auch bei rechtzeitiger Antragstellung eingetreten wären.
___________ 537) BGH v. 14.12.1959 – II ZR 187/57, BGHZ 31, 258, 278; BGH v. 28.9.1992 – II ZR 299/91, BGHZ 119, 257, 261 = ZIP 1992, 1734, dazu EWiR 1992, 1203 (Kort); BGH v. 10.5.1993 – II ZR 74/92, BGHZ 122, 333, 336 = ZIP 1993, 917, dazu EWiR 1993, 693 (Maier-Reimer); BGH v. 18.3.1974 – II ZR 2/72, NJW 1974, 1088, 1089; BGH v. 31.1.2000 – II ZR 189/99, ZIP 2000, 493 = NJW 2000, 1571; BGH v. 16.9.2002 – II ZR 107/01, ZIP 2002, 2128 = NJW 2002, 3777, 3778, dazu EWiR 2003, 119 (Blöse); BGH v. 7.4.2003 – II ZR 193/02, ZIP 2003, 945, 946, dazu EWiR 2004, 443 (Sinewe); kritisch Drygala, ZGR 2006, 587, 606. 538) Fleischer, ZGR 2004, 437, 447; vgl. Klöhn, ZGR 2008, 110, 119 f., 149 ff.; näher Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 691. 539) Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 64 Rn. 160. 540) Thole, ZHR 173 (2009), 504. 541) Kleindiek, in: Festschrift Schneider, S. 617, 619 f.; Bork, ZIP 2011, 101, 106 (mit weiterer Ausdifferenzierung); Hölzle, ZIP 2013, 1846, 1849. 542) Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 64 Rn. 160.
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I. Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, § 93 Abs. 2 AktG
x
Außerdem ist eine Haftung denkbar, wenn der GmbH-Geschäftsführer (ggf. anders beim AG-Vorstand543) bei drohender Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag stellt, ohne zuvor eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Das gilt nach dem Urteil des OLG München vom 21.3.2013 auch für den Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH der GmbH & Co. KG, der insoweit auch gegenüber der KG für den verursachten Schaden haftet.544)
3. Pflichten in der Eigenverwaltung Im Insolvenzeröffnungsverfahren wird die Haftungsfrage vor allem für das 421 Schutzschirmverfahren und die vorläufige Eigenverwaltung relevant, im eröffneten Insolvenzverfahren regelmäßig ebenfalls allein für die Eigenverwaltung, weil der Geschäftsführer im Regelverfahren allenfalls noch im Schuldnerbereich relevante Pflichtverletzungen begehen machen kann. In allen diesen Fällen kann die Verletzung der die Organe des Schuldners 422 treffenden Pflichten zur Erfüllung der der Schuldnerin übertragenen Eigenverwaltungspflichten schadensersatzpflichtig machen. Kraft der Legalitätspflicht muss der Geschäftsführer (und zwar nicht nur der etwaige Chief Restructuring Officer) dafür sorgen, dass z. B. x
die Masse gesichert wird,
x
die für die Unternehmensfortführung erforderlichen Zahlungen veranlasst werden,
x
die Abwicklung des Zahlungsverkehrs durchgeführt und organisiert wird, solange nicht der Sachwalter die Kassenführung nach § 275 Abs. 2 InsO an sich gezogen hat,
x
Aus- und Absonderungsrechte beachtet werden,
x
der Bericht für die erste Gläubigerversammlung (§ 156 InsO) erstellt und dort Bericht erstattet wird,
x
Wahlrechte aus §§ 103 ff. InsO ausgeübt werden
x
u. v. m.545)
Im Schutzschirmverfahren (§ 270b InsO), welches letztlich eine besondere 423 Form der vorläufigen Eigenverwaltung darstellt, hat der Schuldner sein Handeln auf das Verfahrensziel, die Ausarbeitung eines Insolvenzplans, auszurichten; zudem gehört es u. a. zu den Pflichten des Schuldners, die eingetretene ___________ 543) Zur Frage der Geltung der Holzmüller-Grundsätze siehe Rn. 167. 544) OLG München, ZIP 2013, 1121, 1122; richtigerweise gilt dies wegen des Drittschutzes der Organstellung und unabhängig vom Anstellungsvertrag, wie es aber das OLG München anzudeuten scheint. 545) Thole/Brünkmans, ZIP 2013, 1097.
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G. Organhaftung
Zahlungsunfähigkeit anzuzeigen, § 270b Abs. 4 Satz 2 InsO. In der vorläufigen Eigenverwaltung des § 270a InsO muss der Geschäftsführer ebenfalls den Massesicherungszweck beachten. 424 Die Verletzung dieser Pflichten macht den Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft ersatzpflichtig. Der Anspruch kann vom Sachwalter geltend gemacht werden, § 280 InsO.546) Bei unternehmerischen Entscheidungen kommt die Business Judgment Rule zum Tragen.547) 425 In der geschilderten Einpassung der Pflicht des § 43 Abs. 1 GmbHG, § 93 Abs. 2 AktG in die Eigenverwaltungspflichten liegt keine Auswechselung des Pflichtenmaßstabs von der Förderung des Gesellschaftswohls hin zu einer direkten Förderung der Gläubigerinteressen. Vielmehr entspricht es in der Eigenverwaltungssituation und generell im Insolvenzverfahren gerade den Interessen der Gesellschaft, das Antragsverfahren bzw. das Insolvenzverfahren erfolgreich und im Einklang mit den gesetzlichen Pflichten zu durchlaufen. Insoweit werden die Gesellschaftsinteressen eben von den Insolvenzzwecken überlagert. 426 Mit der Entscheidung für eine Haftung nach § 43 GmbHG ist zugleich ausgedrückt, dass die gesellschaftsrechtliche Legitimation des Organs im Grundsatz unberührt bleibt.548) Zu beachten ist, dass auch im Bereich der Binnenhaftung § 276a InsO beachtlich ist. Anders formuliert: Eine etwaige Weisung der Gesellschafter würde an der Haftung gegenüber der Gesellschaft nichts ändern, weil sie in Bezug auf die Legalitätspflicht des Geschäftsführers (zur Erfüllung der insolvenzspezifischen Pflichten der Schuldnerin) unbeachtlich ist und folglich der Geschäftsführer sie nicht beachten darf. Die Legalitätspflicht genießt auch Vorrang, wenn die Missachtung der Pflicht aus Sicht der Gesellschaft nützlich wäre549) (was freilich an sich nicht vorkommen kann, da das Gesellschaftsinteresse im Ergebnis in dieser Situation mit dem Gläubigerbefriedigungsinteresse übereinstimmt). 4. Insbesondere: Der Konflikt zwischen den Steuerpflichten der Gesellschaft und der Haftung des Geschäftsführers im Eröffnungsverfahren 426a Für einen eigenverwaltenden Geschäftsleiter ist oft unklar, wie er mit Steuerforderungen sowie den Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung umzugehen hat. Das gilt insbesondere für die vorläufige Eigenverwaltung nach § 270a InsO. Führt der Geschäftsleiter die von der Gesellschaft zu entrichtenden Steuern nicht ab, droht ihm als gesetzlichem Vertreter eine mögliche Haftung nach §§ 69 AO i. V. m. §§ 34, 35 AO, bei der Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen die Strafbarkeit nach § 266a StGB sowie die ___________ 546) 547) 548) 549)
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Brinkmann, DB 2012, 1369. Brinkmann, DB 2012, 1369 f.; Buchta/Ott, ZInsO 2015, 288. So auch Haas, in: Festschrift Stürner, S. 749, 763; Haas, ZHR 178(2014), 603, 613. Zu nützlichen Pflichtverletzungen Thole, ZHR 175 (2009), 504, 512 ff.
I. Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, § 93 Abs. 2 AktG
Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266a StGB. Wird jedoch gezahlt, kann dies weitergehende Sicherungsmaßnahmen durch das Insolvenzgericht veranlassen oder gar einen Antrag auf Aufhebung der Eigenverwaltung provozieren.550) Die finanzgerichtliche Rechtsprechung geht – in Vernachlässigung der insol- 426b venzrechtlichen Wertungen551) – davon aus, dass die steuerlichen Pflichten auch nach Antragstellung so lange bestehen und haftungsbegründend sein können, wie nicht dem Schuldner die Verfügungsbefugnis entzogen worden ist552). Selbst bei einem Zustimmungsvorbehalt zugunsten des vorläufigen Verwalters (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO) werden der Schuldner und seine Geschäftsleitung nicht vollständig von den steuerlichen Pflichten befreit. In einem Beschluss von 2010 hat sich der BFH für einen solchen Fall zwar gegen eine umfassende Einwirkungspflicht auf den vorläufigen Sach- bzw. Insolvenzverwalter ausgesprochen, wohl aber anerkannt, dass im Einzelfall zu konkretisierende Pflichten, sozusagen Bemühenspflichten, fortbestehen.553) Das FG Köln hat in einem Urteil vom 25.2.2014 eine Haftung nach § 69 AO für den Fall einer vorläufigen Verwaltung mit Zustimmungsvorbehalt bejaht.554) Demgegenüber dürfte eine Haftung nach § 64 GmbHG (dazu Rn. 429) nicht 426c eingreifen, weil insoweit die Grundsätze gelten, die der II. Zivilsenat des BGH zur Pflichtenkollision mit der Steuerzahlungspflicht aufgestellt hat.555) Danach kann von dem Geschäftsführer nicht erwartet werden, dass er Zahlungen an den Fiskus zurückhält und in die drohende Strafbarkeit und persönliche Haftung läuft. Daher raten Berater oft dazu, die Zahlung zu erbringen, aber sodann nach 426d Eröffnung die Zahlungen über § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO durch Anfechtung wieder zur Masse zu bringen („Anfechtungslösung“). Das ist ein tauglicher Weg. Die Anfechtung ist richtigerweise zu bejahen, § 142 InsO greift nicht.556) Das schließt allerdings Sicherungsmaßnahmen durch das Insolvenzgericht 426e und nachteilige Folgen für die Eigenverwaltung während des Eröffnungsver___________ 550) Dazu Thole, DB 2015 (i. E.); Buchalik/Kraus, ZInsO 2014, 2354; Frind, ZInsO 2015, 22. 551) Kritisch Thole, DB 2015, (i. E.); Kahlert, ZIP 2012, 2089, 2090. 552) BFH, ZIP 2009, 122, 123. 553) BFH, ZIP 2010, 1900 Rn. 14, dazu EWiR 2011, 3 (Kahlert); zurückhaltend BFH/NV 2007, 2225; BFH/NV 2005, 661. 554) FG Köln, NZI 2014, 627, 628 f.; so schon BFH, ZIP 2009, 122, 123. 555) BGH, ZIP 2008, 1229 = GmbHR 2008, 813 = NZI 2008, 509 Rn. 8, dazu EWiR 2008, 557 (Schulz, D./Schröder, H.); in diese Richtung bereits BGH, ZIP 2007, 1265 (m. Bespr. Wilhelm, S. 1781) = NJW 2007, 2118, dazu EWiR 2007, 495 (Henkel/Mock); sodann ausdrücklich für die Lohnsteuer BGH, ZIP 2011, 422 Rn. 12 ff., dazu EWiR 2011, 257 (Giedinghagen/Göb). 556) Entgegen Knospe, ZInsO 2014, 748 ff., der die verfehlte Prämisse zugrunde legt, die Beiträge seien Lohnbestandteil. Wie hier OLG Dresden, ZIP 2014, 1294, 1295; OLG Saarbrücken, ZIP 2014, 1791, 1792; ebenso Hunsalzer, ZInsO 2014, 1748, 1751.
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G. Organhaftung
fahrens nicht aus. Das AG Hamburg hat insoweit (unausgesprochen auf der Grundlage von § 21 Abs. 1 InsO) dem Sachwalter die Kassenführung übertragen.557) Das AG Düsseldorf hat einen Zustimmungsvorbehalt nach „§ 21 Abs. 1, 270a InsO“ zugunsten des vorläufigen Sachwalters angeordnet.558) Beide Ansätze sind mit dem Gesetz vereinbar, weil § 21 Abs. 1 InsO in der vorläufigen Eigenverwaltung des § 270a InsO (wohl nicht bei § 270b InsO, arg. e. contr. § 270b Abs. 2 InsO) weiter anwendbar ist und ein breites Anordnungsermessen vorsieht. Denkbar wäre auch eine schlichte Untersagung an den Schuldner, Steuerforderungen zu bezahlen. Dann wäre es nur konsequent, wenn eine Haftung nach § 69 AO ausscheidet, weil von dem Geschäftsleiter, der die Pflichten des Schuldners zu erfüllen hat, nicht erwartet werden kann, dem gerichtlichen Befehl (Hoheitsakt!) zuwider zu handeln.559) Es besteht also eine rechtliche Unmöglichkeit, die Steuern abzuführen.560) Freilich hat sich die finanzgerichtliche Rechtsprechung dazu noch nicht explizit geäußert. 5. Haftung des Organs wegen Verletzung einer Insolvenzplanvorlagepflicht 427 Verfahrensrechtlich ist der Schuldner nicht verpflichtet, im Planverfahren von seinem originären Planvorlagerecht Gebrauch zu machen und einen Plan vorzulegen. Nicht ganz geklärt ist, ob das Organ gesellschaftsrechtlich gegenüber der Gesellschaft verpflichtet ist, einen Plan vorzulegen. Dies wird im Grundsatz bejaht,561) wenn und soweit die Gesellschafter und die Gesellschafter/ Anteilsinhaber über den Wertzuwachs ihrer Beteiligung daran partizipieren können. 428 Richtigerweise kann die Planvorlage in der Tat Bestandteil der auf der Grundlage des § 43 GmbHG, § 93 Abs. 2 AktG haftungsbewehrten Pflicht zur Vornahme geeigneter Sanierungsschritte sein. Allerdings handelt es sich hier um eine unternehmerische Entscheidung, für die sich der Geschäftsleiter auf die Business Jugdment Rule berufen kann. Außerdem sind die Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Da der Geschäftsleiter in der konkreten Situation das Interesse der Gesellschaft an der Befriedigung ihrer Gläubiger wahren muss, dürfte eine Pflicht, einen (den Gesellschaftern eher günstigen) Alternativplan vorzulegen, nicht bestehen, soweit beispielsweise der Verwalter ___________ 557) AG Hamburg, ZIP 2014, 2101 = ZInsO 2014, 2390. Die Anordnung erfolgte wohl auf der Grundlage von § 21 Abs. 1 InsO, weil es nämlich für § 275 Abs. 2 InsO und die Übernahme der Kassenführung durch den Sachwalter sonst gar keines Beschlusses bedürfte. 558) AG Düsseldorf ZInsO 2014, 2389. 559) Dazu Thole, DB 2015 (i. E.). 560) Vgl. auch Altmeppen, in: Festschrift für Goette, 2011, S. 1, 4. 561) Rendels, in: Kübler, HRI, § 24.Rn. 13; Eidenmüller, in: MünchKommInsO, § 218 Rn. 136; Schluck-Amend/Walker, GmbHR 2001, 375, 380; sehr streng auch Götker, Der Geschäftsführer in der Insolvenz, Rn. 536.
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II. Haftung nach § 64 GmbHG, §§ 93 Abs. 2, 93 Abs. 3 Nr. 6, 92 Abs. 2 AktG
schon einen Plan vorgelegt hat oder soweit die Gläubigerversammlung einen Auftrag zur Erstellung eines Plans erteilt hat. Haftungsrechtlich kann es im Übrigen an der Kausalität oder objektiven Zurechnung eines bejahten Verstoßes fehlen, wenn und soweit der vermeintlich vorzulegende Plan ersichtlich keine Chance auf Annahme hatte. Daher wird eine Haftung in diesem Bereich nur ganz ausnahmsweise in Betracht kommen. II. Haftung nach § 64 GmbHG, §§ 93 Abs. 2, 93 Abs. 3 Nr. 6, 92 Abs. 2 AktG 1. Schutz vor einer Schmälerung der (künftigen) Masse Eine Haftung der Geschäftsführungsorgane in der Insolvenzsituation, insbe- 429 sondere in der vorläufigen Eigenverwaltung und im Schutzschirmverfahren sowie im eröffneten Verfahren kann sich möglicherweise auch aus der Masseschmälerungshaftung des § 64 Satz 1 GmbHG, § 93 Abs. 2, 3 Nr. 6 AktG i. V. m. § 92 Abs. 2 AktG ergeben. Diese Haftungsvorschrift stellt eine genuin insolvenzrechtliche, der Sicherung der künftigen Masse dienende Schutznorm dar. Kollisionsrechtlich ist sie daher richtigerweise insolvenzrechtlich zu qualifizieren.562) Auch dieser Haftungstatbestand führt aber nur zu einer Binnenhaftung, die 430 im Insolvenzverfahren über § 80 InsO vom Verwalter, sonst vom Sachwalter (§ 280 InsO i. V. m. § 92 InsO) geltend zu machen ist. Im Falle des § 64 GmbHG setzt sie (anders als bei der AG) allerdings gerade keinen Schaden bei der Gesellschaft voraus, sondern es geht um die Erstattung von Zahlungen. Darunter wird meist nur die Verminderung des Aktivvermögens verstanden.563) Allerdings können unmittelbar zurückfließende Vorteile beachtlich sein, wie der BGH jüngst entschieden hat.564) Im Eigenverwaltungsfall erfasst § 64 GmbHG daher nur den begrenzten Teil der oben dargestellten Pflichten und Aufgaben des Schuldners, wie etwa die Befriedigung eines einfachen Insolvenzgläubigers, nicht hingegen den Eingriff in Aus- und Absonderungsrechte oder die nur suboptimale Ausnutzung von Verwertungs- und Sanierungschancen. Eine Außenhaftung gegenüber individuellen Gläubigern ist mit der Haftung nicht verbunden. Die genannten Regelungen sind grundsätzlich und nach dem Wortlaut der 431 Norm sowohl vor als auch innerhalb des eröffneten Verfahrens anwendbar. Soweit allerdings die Geschäftsführungsbefugnis nicht mehr bei dem jeweiligen Organ angesiedelt ist, muss eine Haftung schon aus tatbestandlichen Gründen ausscheiden. Das gilt jedenfalls dann, wenn ein (starker vorläufiger) Verwalter bestellt ist. ___________ 562) EuGH, Rs. C-295/13, ZIP 2015, 196; OLG Jena, ZIP 2013, 1820. 563) Kritisch Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 706 f. 564) BGH, ZIP 2015, 71 Rn. 9, dazu EWiR 2015, 69 (Spliedt).
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G. Organhaftung
2. Teleologische Reduktion des § 64 GmbHG im Eröffnungsverfahren? 432 Fraglich ist, ob bei Bestellung eines (vorläufigen) Sachwalters im Verfahren nach §§ 270a, 270b InsO oder eines schwachen vorläufigen Verwalters im regulären Eröffnungsverfahren oder im eröffneten Verfahren eine teleologische Reduktion der Haftung angezeigt ist. Diese Frage ist umstritten. x
Nach einer Auffassung soll die Haftung schon ab Antragstellung generell nicht mehr eingreifen.565) Dafür wird angeführt, dass die Haftungsnorm ungeachtet ihres im Einzelnen umstrittenen Zwecks im Zusammenhang mit der Insolvenzantragspflicht stehe und nach Erfüllung dieser Pflicht daher für eine Haftung kein Raum mehr gegeben sei.
x
Nach einer anderen Auffassung ist eine solche teleologische Reduktion abzulehnen.566) Dass die Betriebsfortführung Zahlungen erforderlich macht, schließe den Tatbestand auch sonst nicht aus, sondern sei unter dem Gesichtspunkt der Pflichtwidrigkeit zu beurteilen. Entscheidend komme es daher auf § 64 Satz 2 GmbHG und den Maßstab der sorgfältigen Geschäftsleitung an. Zahlungen, die eine notwendige Versorgung des Betriebs sicherstellen, mögen daher unter diesem Gesichtspunkt gerechtfertigt sein, wenn Masseverbindlichkeiten begründet werden oder wenn andernfalls noch größere Nachteile für die Gläubigerschaft drohen.567)
x
Für die letztgenannte Auffassung spricht, dass eine genuin insolvenzrechtliche Haftungsabsicherung erforderlich erscheint, gerade weil §§ 270a, 270b InsO die gesellschaftsrechtliche Legitimation der Organe unberührt lassen, zugleich aber ihr Handeln unter den Insolvenzzweck gestellt wird. § 64 Satz 1 und 2 GmbHG entspricht ja gerade der Wertung, dass nur mit der Gläubigerbefriedigung vereinbare Zahlungen noch gestattet sein sollen. Das aber ist im Antragsverfahren nicht anders als außerhalb des Verfahrens, soweit Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit vorliegen. Daher kann § 64 Satz 1 GmbHG spezifischer als der einen Schaden voraussetzende § 43 Abs. 2 GmbHG568) auf Fälle reagieren, in denen „eigenverwaltungswidrige“ Zahlungen erfolgen. Unter § 64 Satz 2 GmbHG lässt sich auch – allgemein und insofern sachgerechter – das Problem der Pflichtenkollision lösen.569)
___________ 565) Brinkmann, DB 2012, 1369. 566) Thole/Brünkmans, ZIP 2013, 1097, 1101; Siemon/Klein, ZInsO 2012, 2009, 2013 ff.; Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 64 Rn. 67a; Bachmann, ZIP 2015, 101, 107; Klinck, DB 2014, 938, 940 ff. 567) Dazu BGH, ZIP 2008, 72 Rn. 6 = ZVI 2008, 55. Freilich ist der vom BGH gebrauchte vage Hinweis auf drohende Nachteile für die Gläubiger in seiner Weite gefährlich. 568) Das Argument gilt freilich nicht für §§ 93 Abs. 2, 92 Abs. 2 AktG. 569) Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 64 Rn. 74 ff.; Poelzig/Thole, ZGR 2010, 836, 853 ff.
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III. Haftung des Organs in der Eigenverwaltung nach §§ 60, 61 InsO analog?
Zu beachten ist zudem, dass § 64 GmbHG schon tatbestandlich ausscheidet, 433 solange die Gesellschaft nur drohend zahlungsunfähig ist. Insofern darf die Haftungsgefahr in den Fällen des Schutzschirmverfahrens und der vorläufigen Eigenverwaltung auch nicht überschätzt werden (soweit nicht die Antragstellung zur Zahlungsunfähigkeit führt). Zur Haftung bei Nichtzahlung von Steuern und Nichtabführung der Sozial- 433a versicherungsbeiträge oben Rn. 426a. III. Haftung des Organs in der Eigenverwaltung nach §§ 60, 61 InsO analog? Ungeklärt ist bisher, ob die Organe, d. h. die Geschäftsführer der Schuldne- 434 rin im Falle der Eigenverwaltung nach §§ 60, 61 InsO analog wie ein Insolvenzverwalter haften. Diese Frage steht im Zusammenhang mit der Frage, ob die Schuldnerin selbst nach §§ 60, 61 InsO haftet, da gerade die Schuldnerin und nicht etwa das Organ der Eigenverwalter ist. Es ist daher zu unterscheiden zwischen der Haftung der Schuldnerin und 435 der Haftung ihrer Organe. Sowohl für das eröffnete Verfahren als auch für das Eröffnungsverfahren 436 wird gemeinhin davon ausgegangen, dass es auf die Frage, ob §§ 60, 61 InsO für die Haftung des in Eigenverwaltung handelnden Schuldners gilt, praktisch nicht ankomme, da der Schuldner ohnedies gemäß § 35 InsO mit seinem gesamten Vermögen hafte, also kein zweiter Schuldner hinzugezogen würde.570) Ohne dass eine umfassende Diskussion entstanden wäre, wird die Frage teils bejaht,571) teils verneint.572) Die Frage, ob auch oder nur in Bezug auf das Organ eine Haftung unter 437 §§ 60, 61 InsO in Betracht kommt, wird mehrheitlich verneint, meist ohne nähere Begründung.573) Vereinzelt und von einer im Vordringen befindlichen Auffassung wird eine analoge Anwendung jedoch bejaht.574) Zur Begründung dienen das Bedürfnis nach einer Disziplinierung der Geschäftsführung und damit das Schutzinteresse der außenstehenden Gläubiger sowie die vergleichbare Stellung des eigenverwaltenden Schuldners bzw. der Organe als Amtswalter. ___________ 570) Hofmann, Eigenverwaltung in der Insolvenzpraxis, S. 102; Marotzke, in: Festschrift Kirchhof, S. 349 (aber selbst bejahend, S. 321 Fn. 39); Flöther, in: Kübler, HRI, § 17 Rn. 6; Bachmann, ZIP 2015, 101, 104 f.; im Erg. Uhlenbruck, in: Festschrift Kirchhof, S. 479, 500. 571) AG Duisburg, ZIP 2005, 2335; HambKomm-Fiebig, InsO, § 270 Rn. 32; Schlegel, Die Eigenverwaltung in der Insolvenz, S. 172 ff. 572) Wie Fn. 570. 573) Bierbach, in: Kübler, HRI, § 10 Rn. 169; HK-Landfermann, InsO, § 270 Rn. 27; Tetzlaff/ Wittig, in: MünchKommInsO, § 270 Rn. 73a; Kessler, Die Aktiengesellschaft in der Eigenverwaltung, S. 324. 574) AG Duisburg, ZIP 2005, 2335; HambKomm-Fiebig, § 270 Rn. 32; Flöther, in: Kübler, HRI, § 17 Rn. 25 ff.
131
G. Organhaftung
438 Wie andernorts ausführlich begründet,575) ist im Ergebnis m. E. eine Außenhaftung der Organe der Schuldnerin analog §§ 60, 61 InsO abzulehnen. 439 Dagegen spricht u. a. x
die grundsätzlich auf eine Binnenhaftung beschränkte Haftungsdogmatik der Organhaftung,576)
x
die fortbestehende gesellschaftsrechtliche Legitimation der Organstellung577) und
x
die Ausrichtung der §§ 270 ff. InsO auf den Schuldner (der sogar eine natürliche Person sein könnte) und nicht auf seine Organe.
440 Demgegenüber sollte man eine Haftung der Schuldnerin analog §§ 60, 61 InsO bejahen.578) Damit würde das enge Deliktsrecht überwunden, das sonst nur einen begrenzten Schutz gewähren würde. Den Erwartungen, dass der Schuldner anstelle des Insolvenzverwalters, aber wie ein Insolvenzverwalter tätig wird, wird Rechnung getragen und seinen insolvenzspezifischen Eigenverwaltungspflichten wird eine flankierende Haftungsregelung an die Seite gestellt. 441 Vor allem bietet sich dann eine systemgerechte Verknüpfung mit der Binnenhaftung des Organs an: Das Organ haftet gegenüber der Gesellschaft für die schuldhafte Verletzung ihrer Legalitätspflicht, d. h. der Pflicht, für die Erfüllung der die Gesellschaft treffenden (hier: Eigenverwaltungs-)Pflichten zu sorgen. Die Gesellschaft erleidet ihrerseits einen Haftungsschaden, wenn sie mit der sie treffenden Haftung nach §§ 60, 61 InsO analog belastet wird. Auf diese Weise kann das Organ in die Verantwortung genommen werden, ohne dass aber – was grundsätzlich nicht in Betracht kommt – ein unmittelbarer Anspruch der Gläubiger damit verbunden wäre.579) Zugegebenermaßen ist fraglich, inwieweit tatsächlich ein Haftungsschaden der Gesellschaft begründet werden kann.580) IV. Sonstige Ansprüche 442 Sonstige Ansprüche wie § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a InsO, § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266 StGB oder § 826 BGB sowie vertragsähnliche Ansprüche
___________ 575) Thole/Brünkmans, ZIP 2013, 1097, 1101 ff. 576) Vgl. nur BGH, ZIP 2012, 1552 Rn. 22, dazu EWiR 2012, 597 (Paefgen, W./Causevic). 577) Haas, in: Festschrift Stürner, S. 749, 763 – das Argument ist freilich für sich genommen wenig aussagekräftig, weil die Überlagerung durch den Insolvenzzweck eben auch die Haftungsregime modifizieren könnte. 578) Thole/Brünkmans, ZIP 2013, 1097, 1103 f. 579) Näher Thole/Brünkmans, ZIP 2013, 1097, 1103 f. 580) Deshalb zurückhaltend Bachmann, ZIP 2015, 101, 104.
132
V. Exkurs: Haftung des Insolvenzverwalters für unternehmerische Entscheidungen
sind allgemeiner Natur und daher hier nicht zu erörtern.581) Zu beachten ist hier insbesondere die Baustoff-Doktrin des BGH.582) V. Exkurs: Haftung des Insolvenzverwalters für unternehmerische Entscheidungen und gesellschaftsrechtliche Maßnahmen Ob die gesellschaftsrechtliche Business Judgment Rule auch für die insol- 443 venzspezifische Haftung des Insolvenzverwalters nach § 60 InsO gilt, wenn der Verwalter gesellschaftsrechtliche Maßnahmen und unternehmerische Maßnahmen vornimmt, ist ebenfalls eine Frage an der Schnittstelle zwischen Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht. Hier gilt m. E. Folgendes:583) Bei Betriebsfortführung hat der Verwalter die Sorgfalt eines ordentlichen und 444 gewissenhaften Geschäftsleiters auch bei unternehmerischen Entscheidungen an den Tag zu legen. Die Maßstäbe können im Ansatz der Business Judgment Rule des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG entnommen werden.584) Auf die Pflicht zu rechtskonformen Verhalten ist sie nicht anwendbar (Legalitätspflicht). Eine Pflichtverletzung ist zu verneinen, wenn der Verwalter auf der Grund- 445 lage angemessener Informationen und in bestem Gewissen eine unternehmerische Entscheidung zum Wohle der Insolvenzmasse trifft, auch soweit sich ex post zeigt, dass es bessere Optionen gegeben hätte. Es ist zudem zu beachten, dass der Verwalter nicht für die vorgefundenen strukturellen Schwächen des Unternehmens haftbar gemacht werden kann.585) Sanierung ist stets eine Gratwanderung;586) verlangt werden kann und muss „nur“ ein schlüssiges und tragfähiges Konzept.587)
___________ 581) Thole/Brünkmans, ZIP 2013, 1097, 1099. 582) BGHZ 100, 19, 25 = ZIP 1987, 509, 510, dazu EWiR 1987, 483 (Klaas); BGHZ 109, 297, 303 = ZIP 1990, 35, 36, dazu EWiR 1990, 357 (Brüggemeier) und jetzt offenbar einschränkend BGH ZIP 2012, 1552 Rn. 24 ff. 583) K. Schmidt/Thole, InsO, § 60 Rn. 13. 584) K. Schmidt/Thole, InsO, § 60 Rn. 13, so auch Berger/Frege, ZIP 2008, 204, 206 ff.; Uhlenbruck, in: Festschrift K. Schmidt, S. 1603, 1616 ff.; Kebekus/Zenker, in: Festschrift Maier-Reimer, S. 319, 337; zur Anwendung auf Rechtsfragen Thole, ZHR 173 (2009), 504 ff. 585) Begr. RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 129; HambKomm-Weitzmann, InsO, § 60 Rn. 30; K. Schmidt/Thole, InsO, § 60 Rn. 13. 586) Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 507. 587) Wenngleich eine analoge Anwendung der BJR wegen der Fremdbestimmtheit des Handeln des Verwalters nicht ohne Weiteres in Betracht kommt (so Jungmann, NZI 2009, 80, 84, der daher die Anwendung der BJR ablehnt) und wegen der Begrenzung des Verfahrenszwecks auf die Verwertung das unternehmerische Risiko geringer ist (BGH, ZIP 1980, 851, 853), ist doch richtig, dass der Verwalter Entscheidungen unter Unsicherheit treffen muss.
133
H. Die Insolvenzanfechtung und Insolvenzfestigkeit von vorinsolvenzlichen Restrukturierungsmaßnahmen Vorinsolvenzliche gesellschaftsrechtliche Restrukturierungsmaßnahmen können 446 unter Umständen über das Insolvenzrecht und speziell das Insolvenzanfechtungsrecht wieder „kassiert“ werden, wenn die angestrebte Sanierung im Ergebnis scheitert und das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Zur Anfechtung der Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen siehe Rn. 381 ff. Auf einzelne Maßnahmen ist besonders einzugehen (siehe dazu Rn. 452 ff.). I. Grundlagen Generell können je nach Sachlage sämtliche Anfechtungstatbestände in Be- 447 tracht kommen. Zu berücksichtigen ist, dass insbesondere auch die Vorsatzanfechtung des § 133 InsO eingreifen kann. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass bei Kenntnis des Schuldners von seiner zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit oder den zwingend darauf hinweisenden Umständen ein Beweisanzeichen für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und sodann spiegelbildlich auch für die Kenntnis des Anfechtungsgegners verwirklicht ist.588) Dieses Beweisanzeichen kann allerdings im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung entkräftet sein, wenn die Rechtshandlung der Umsetzung eines schlüssigen, von den erkannten und erkennbaren tatsächlichen Gegebenheiten ausgehenden realistischen Sanierungskonzepts dient, das mindestens in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt ist und infolgedessen auf der Seite des Schuldner zur Zeit der Rechtshandlung ernsthafte und begründete Aussichten auf Erfolg rechtfertigt.589) Zum Verhältnis zur Kapitalerhaltung siehe Rn. 450. II. Nahestehende Personen bei Gesellschaften Das Insolvenzanfechtungsrecht nimmt in § 130 Abs. 2, § 131 Abs. 2 Satz 2 448 InsO, § 132 Abs. 3, § 133 Abs. 2 InsO auf die Vorschrift des § 138 InsO über nahestehende Personen des Schuldners Bezug. Mit dieser Einordnung sind verschärfte Beweisanforderungen verbunden bzw. umgekehrt Beweiserleichterungen für den anfechtenden Insolvenzverwalter. Der Begriff der nahestehenden Personen wird insolvenzrechtlich determiniert, nicht ausschließlich gesellschaftsrechtlich.
___________ 588) BGHZ 180, 98 = ZIP 2009, 922 Rn. 10 = ZVI 2009, 292, dazu EWiR 2009, 485 (Wallner); BGH, ZIP 2007, 1511 Rn. 8; 2008, 1291 Rn. 18; 2009, 573 Rn. 13. 589) BGH ZIP 1984, 578, 580; 1993, 276, 279; 1995, 297, 299; 1998, 248, 251; 1999, 406, 408; 2012, 137 Rn. 11; 2013, 174 Rn. 17; OLG Düsseldorf, ZInsO 2013, 1199; st. Rspr. zuletzt BGH, ZIP 2012, 137 Rn. 11 = ZVI 2012, 110, dazu EWiR 2012, 147 (Freudenberg/ Wolf, Jan); BGH, ZIP 2013, 174 Rn. 17.
135
H. Die Insolvenzanfechtung und Insolvenzfestigkeit
449 Nahestehende Personen einer Gesellschaft sind gemäß § 138 Abs. 2 InsO insbesondere und u. a.: x
Mitglieder des Aufsichtsrats,
x
Mitglieder des Vertretungsorgans (Geschäftsführer, Vorstand; bei der OHG und KG mangels „Organ“ nicht schon die Gesellschafter, soweit kein Gremium etabliert, siehe aber sogleich),
x
Gesellschafter mit mindestens 25 %-Beteiligung: das gilt unabhängig von der Vertretungsbefugnis, daher auch Kommanditisten erfasst,
x
andere Personen oder Gesellschafter, die „auf Grund einer vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen oder dienstvertraglichen Verbindung zum Schuldner haben, sich über dessen wirtschaftliche Verhältnisse zu informieren; darunter fallen u. a. –
die Stellung als herrschendes Unternehmen i. S. d. § 17 AktG,
–
OHG und GmbH untereinander bei Identität der Gesellschafter,590)
–
möglicherweise ein Gesellschafter einer geschlossenen GmbH oder AG schon ab einer 10 %-Beteiligung wegen des Auskunftsrechts nach § 51a GmbHG591) (das ist wegen der Aussage in § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO fraglich),
–
der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH im Verhältnis auch zur KG,592)
–
möglicherweise auch Schwestergesellschaften untereinander (sehr streitig)593)
–
u. a. m.
III. Das Verhältnis von Insolvenzanfechtung und Kapitalerhaltung 450 Soweit es um vorinsolvenzliche erbrachte Leistungen an GmbH-Gesellschafter oder Aktionäre einer AG geht, kann neben dem Recht der Insolvenzanfechtung regelmäßig auch ein Anspruch auf Rückgewähr nach §§ 30, 31 GmbHG oder § 62 AktG bestehen, etwa bei verdeckten Vorteilsgewährungen. Gleichzeitig kann eine Insolvenzanfechtung auf der Grundlage insbesondere von §§ 133, 134 InsO gegeben sein. Der Vorrang der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO gilt wegen §§ 30 Abs. 1 Satz 2, 57 Abs. 1 Satz 3 AktG inso___________ 590) Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 138 Rn. 42. 591) Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 138 Rn. 25 f.; Ropohl, NZI 2006, 425, 427 f. (allgemeiner Auffangtatbestand). 592) Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 138 Rn. 38. 593) Bejahend Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz, S. 24 ff., 30; Brinkmann, in: Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, 2006, Kap. 18 Rn. 20. Ablehnend Henckel, in: Jaeger/Henckel, InsO, § 138 Rn. 30.
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IV. Ausgewählte Restrukturierungsmaßnahmen
weit nur für Gesellschafterdarlehen i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO, nicht für sonstige Zuwendungen der Gesellschaft an den Gesellschafter. Fraglich ist in diesen Fällen das Verhältnis zwischen Insolvenzanfechtung 451 und Kapitalerhaltung: x
Nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung besteht ein Vorrang des Kapitalschutzes. Unter § 134 InsO könne eine verdeckte oder offene Auszahlung an den Gesellschafter nur dann als unentgeltlich eingeordnet werden, wenn sie gesellschaftsrechtlich wegen Verstoßes gegen § 30 GmbHG unzulässig sei.594) Hinsichtlich der Vorsatzanfechtung seien Zuwendungen der GmbH an ihre Gesellschafter immer dann, wenn sie gesellschaftsrechtlich zulässig sind, wie eine kongruente Deckung zu behandeln, was regelmäßig die Feststellung des Benachteiligungsvorsatzes erschwere.595)
x
Dieser Auffassung ist aus mehreren Gründen nicht zu folgen:596) Einen generellen Vorrang des Gesellschaftsrechts gibt es nicht. Dass eine Haftung auch über die engen Stammkapitalbindung des § 30 GmbHG hinaus möglich ist, zeigt zudem die Existenzvernichtungshaftung, die gerade als Erweiterung gedacht ist. Die Insolvenzanfechtung bestimmt aufgrund eigenständiger Wertungen, ob eine Leistung anfechtbar ist; an die bilanzielle Betrachtungsweise des § 30 GmbHG ist sie gerade nicht gebunden. Auch bei § 134 InsO kann die Mitgliedschaft bzw. Gesellschafterstellung nicht schon als solche als hinreichend konkretisiertes Entgelt für die dem Gesellschafter gemachte Zuwendungen angesehen werden, sodass sie die Unentgeltlichkeit auch bei z. B. bilanzneutralen Geschäften oder bei Geschäften aus nicht gebundenem Vermögen nicht ausschließt. Aus diesen Gründen stehen Ansprüche aus Kapitalerhaltung und aus Insolvenzanfechtung selbstständig nebeneinander.
IV. Ausgewählte Restrukturierungsmaßnahmen 1. Die Anfechtung von Übertragungen von Betriebsvermögen Wird vorinsolvenzlich Betriebsvermögen, etwa im Wege einer übertragenden 452 Sanierung, auf einen Erwerber übertragen, kann dies nach allgemeinen Regeln anfechtbar sein. Zu beachten ist, dass das Sanierungsprivileg greifen kann (siehe Rn. 389). Im Übrigen gelten allgemeine Regeln. Die Rückgewähr i. S. d. § 143 InsO ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Rückab___________ 594) So Grigoleit, Gesellschafterhaftung für interne Einflussnahme, S. 163 ff.; dem im Erg. folgend Eidenmüller, RabelsZ 70 (2006), 474, 500; ähnlich auch Haas, ZIP 2006, 1373, 1378, der die Mitgliedschaft bei entsprechender Werthaltigkeit für eine taugliche Gegenleistung erachtet. 595) So Grigoleit, Gesellschafterhaftung für interne Einflussnahme, S. 170 ff. 596) Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 611 ff.
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H. Die Insolvenzanfechtung und Insolvenzfestigkeit
wicklung mit tatsächlichen Schwierigkeiten verbunden ist.597) Der BGH hat in einer Entscheidung vom 24.10.1962 formuliert, dass die Anfechtungsklage auf die Rückübertragung der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens (jedenfalls soweit pfändbar) gerichtet werden müsse und dürfe.598) 2. Die Anfechtung eines Leveraged Buy-Outs 453 Ein Leveraged Buy-Out (LBO) soll die „Hebelwirkung“ der geringeren Finanzierungskosten des Fremdkapitals auf die Eigenkapitalverzinsung (LeverageHebel) ausnutzen.599) Die Zielgesellschaft wird von dem Erwerber weitgehend ohne Einsatz von Eigenkapital, sondern mit Fremdkapital erworben, das von der Zielgesellschaft selbst besichert wird bzw. die Zielgesellschaft besorgt im Ergebnis den Schuldendienst bezüglich der Akquisition ihrerselbst.600) 454 In einer Folgeinsolvenz ist daher das Anfechtungsrecht möglicherweise einschlägig. Die wissenschaftliche Diskussion konzentriert sich allerdings bisher auf die Kapitalerhaltung und die Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs.601) 455 Zu unterscheiden sind im gedanklichen Ansatz drei Situationen: x
Insolvenz der Zielgesellschaft (Fall 1),
x
Insolvenz des Erwerbers (Zweckgesellschaft) (Fall 2),
x
Insolvenz der auf die Zielgesellschaft verschmolzenen Erwerber-/Zweckgesellschaft (Fall 3).602)
456 In Betracht kommt neben der Schenkungsanfechtung vor allem die Vorsatzanfechtung. 457 § 134 InsO kann in der Insolvenz der Zielgesellschaft (Fall 1) und im Fall 3 theoretisch gegenüber dem Finanzierer und Sicherungsnehmer in Betracht kommen – im Zweifel liegt jedoch eine entgeltliche Leistung vor, weil der Finanzierer im Gegenzug für die Sicherheit den Kaufpreis vorfinanziert. 458 Bei der Vorsatzanfechtung wird es für die Handhabung der Vorsatzfeststellung entscheidend sein, „Erfolgsfaktoren“ von LBOs darzulegen, die trotz ___________ 597) 598) 599) 600)
Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 143 Rn. 9. BGH, KTS 1962, 252 = WM 1962, 1316; z. T. kritisch K. Schmidt, BB 1988, 5. Tasma, Leveraged Buy Out und Gläubigerschutz, S. 10 ff. Zuletzt Siemon, ZInsO 2012, 1549, 1550 mit generellen Hinweisen zu den Gefahren eines LBO, auch soweit er im Insolvenzverfahren erfolgt. 601) So Lutter/Wahlers, AG 1989, 1, 8 ff. (zur Kapitalerhaltung und gesellschaftsinternen Bindungen); Fleischer, AG 1996, 494 (§ 71a AktG); Becker, DStR 1998, 1429, 1430 ff. (zur Kapitalerhaltung); Diem, ZIP 2003, 1283 ff. (existenzvernichtender Eingriff); Weitnauer, ZIP 2005, 790 (zur Kapitalerhaltung); Link, ZIP 2007, 1397, 1398 (zur Kapitalerhaltung und Existenzvernichtungshaftung). 602) Vgl. K. Schmidt, BB 1988, 5, 6.
138
IV. Ausgewählte Restrukturierungsmaßnahmen
der Finanzierungsform das Vertrauen auf ein Ausbleiben der Insolvenzsituation berechtigt oder bei ihrem Fehlen unberechtigt erscheinen lassen:603) Dazu gehören neben der Insolvenzwahrscheinlichkeit vor und nach dem Buyout auch die Gepflogenheiten in der jeweiligen Branche im Hinblick auf die informationelle Vorbereitung des Vorhabens, eine solide Finanzplanung sowie die bestehenden Erfahrungen mit dieser Finanzierungsform.604) Ohne eine vernünftige Planung darf es einen Leveraged Buy-Out wegen der Gefahren für die Gläubiger nicht geben. Wiederum muss der Zusammenhang mit der finanzwirtschaftlichen Lage hergestellt werden: Je höher die Insolvenzwahrscheinlichkeit bei der Transaktion ist und je weniger abgesichert die Planung erscheint, desto eher ist von einem Benachteiligungsvorsatz der Zielgesellschaft, aber auch dem der Erwerbsgesellschaft (in ihrer Insolvenz) auszugehen. Anfechtungsgegner können je nach Situation sein:
459
x
Veräußerer (Zielgesellschaft) und (unabhängig vom Eintrittszeitpunkt) dessen
x
Altgesellschafter: Das gilt allerdings wohl nur in der Insolvenz der Erwerber-/Zweckgesellschaft und im Fall 3, nicht aber bei Insolvenz der Zielgesellschaft: Der von den Altgesellschaftern kassierte Kaufpreis stammt zumindest wirtschaftlich nur von dem Erwerber (trotz der Besicherung durch die Zielgesellschaft selbst).
x
Erwerber-/Zweckgesellschaft: Sie profitiert von der von der Zielgesellschaft gestellten Sicherheit bzw. dem Schuldendienst der Zielgesellschaft.
x
Gesellschafter der Erwerber-/Zweckgesellschaft: Sie sind in der Regel nicht erfasst, soweit man sie nicht als Hintermann der Erwerber-/Zweckgesellschaft und diese als bloßen Strohmann ansieht,605) und
x
der finanzierende Sicherungsnehmer (Bank).
3. Die Anfechtung von Kapitalmaßnahmen Auch Kapitalmaßnahmen könnten theoretisch einer Anfechtung unterliegen, 460 wenn sie in der späteren Insolvenz eine gläubigerbenachteiligende Wirkung entfalten. Soweit die Gesellschafterversammlung die Maßnahme beschließt, ist dies Handeln der Gesellschaft selbst.606) ___________ 603) Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 670 ff. 604) Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644, 675. 605) Bejahend im Ergebnis Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644, 676, zurückhaltend Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 674. 606) Vgl. BGHZ 132, 30, 35 = ZIP 1996, 548, dazu EWiR 1996, 585 (Taupitz); im Zusammenhang mit dem Anfechtungsrecht RGZ 68, 374, 375 f.; 80, 1, 5; RG, JW 1916, 317, 318 (§ 166 BGB); BGH, ZIP 1995, 1021, 1028 (insoweit nicht in BGHZ 129, 236), dazu EWiR 1995, 781 (Henckel); Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 129 Rn. 80, § 130 Rn. 55.
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H. Die Insolvenzanfechtung und Insolvenzfestigkeit
461 Insbesondere drei Fälle sind zu beachten: a) Kapitalherabsetzung 462 Eine aus anderen Gründen zur Sanierung eher ungeeignete607) effektive Kapitalherabsetzung kann zu Ausschüttungen an die Gesellschafter bzw. zur Rückzahlung der Einlage führen, einen Verzicht auf noch nicht eingezahlte Einlagen bedeuten und den Spielraum für künftige Ausschüttungen erhöhen.608) Anfechtungsrechtlich muss man daher unterscheiden zwischen der Anfechtung der jeweiligen Zuwendung und der Insolvenzanfechtung der Kapitalherabsetzung als solcher. Letztere kann sich wie die Zuwendung jedenfalls mittelbar als gläubigerbenachteiligend herausstellen. Für diese Fälle wird diskutiert und zum Teil bejaht, dass die Kapitalmaßnahme mit der Eintragung ins Handelsregister anfechtungsfest sei.609) Dem ist nicht zu folgen. Die Bestandskraft mag in der späteren Insolvenz zur Unmöglichkeit der Rückgewähr führen, würde aber eine Sekundärhaftung (§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO) grundsätzlich nicht ausschließen. Das gesetzliche Schutzsystem des GmbH-Rechts ist ohnehin eher defizitär.610) Im Zweifel geht es zudem allein um die Anfechtung der an den Gesellschafter erfolgten Leistung. Insoweit kommt die Anfechtungsfestigkeit des Kapitalherabsetzungsbeschlusses ohnehin nur als Vorfrage zum Tragen. Ist der Beschluss ausnahmsweise – etwa unter § 133 InsO – anfechtbar, kann dies z. B. zu der Annahme führen, dass die daraufhin erfolgte Rückzahlung der Einlage nicht kongruent ist.611) Rein nominelle Kapitalherabsetzungen oder Kapitalherabsetzung zur Erhöhung der Rücklagen dürften anfechtungsrechtlich unverdächtig sein. Soweit infolge einer Kapitalherabsetzung noch nicht erfüllte Einzahlungsverpflichtungen erlöschen sollen, geschieht dies nicht automatisch, sondern durch Erlass (§ 397 BGB). Dann ist dieser Erlass selbstständig (potentiell) anfechtbar, ohne dass es auf die Anfechtung der Kapitalherabsetzung ankäme. b) Aufhebung des Kapitalerhöhungsbeschlusses 463 Denkbar wäre, einen vor Insolvenzeintritt erfolgten Aufhebungsbeschluss anzufechten, mit dem ein Kapitalerhöhungsbeschluss aufgehoben wird. Mit dem Aufhebungsbeschluss ist die Einlagepflicht der ursprünglich einlagebereiten Gesellschafter beseitigt und die Erfüllung des Übernahmevertrags wird unmöglich (zur Situation nach Verfahrenseröffnung siehe Rn. 100 ff.). ___________ 607) Segmiller, Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan, S. 32. 608) Lwowski/Wunderlich, NZI 2008, 595. 609) Zum Problem mit Darstellung des Meinungsstands Lwowski/Wunderlich, NZI 2008, 129, 132. 610) Lwowski/Wunderlich, NZI 2008, 595, 596. 611) Der Rückzahlungsanspruch (dazu Casper, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2008, § 58 Rn. 62; Michalski-Waldner, GmbHG, Vorbem § 58 – 58f Rn. 8) ist dann haftungsrechtlich nicht voll wirksam entstanden und die Befriedigung nicht zu beanspruchen.
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IV. Ausgewählte Restrukturierungsmaßnahmen
Die entscheidende Frage bei der Anfechtung dieses Aufhebungsbeschlusses ist dann, ob eine Gläubigerbenachteiligung vorliegt. Das ist zu verneinen, wenn der Beschluss nur als ein bloßer Hoffnungswert angesehen wird, weil es dann nur um unterlassenen Erwerb geht, der allgemein als nicht anfechtbar gilt.612) Richtigerweise ist aber mit dem ursprünglichen Beschluss, bzw. genauer: jedenfalls mit der Übernahmeerklärung nach § 55 GmbHG, eine hinreichende Erwerbsaussicht für die Gesellschaft gegeben. Ihre vorinsolvenzliche Vereitelung kann gegenüber dem betroffenen Gesellschafter anfechtbar sein. c) Kapitalerhöhung und Debt-Equity-Swap (in der Folgeinsolvenz) Theoretisch ist es denkbar, dass in einer Folgeinsolvenz der im vorherigen 464 Verfahren oder auch außerinsolvenzlich vollzogene Debt-Equity-Swap oder auch die sonstige Sachkapitalerhöhung bzw. genauer: eine in dessen Zuge vorgenommene Leistung angefochten wird. Denkbar wäre etwa, den Verzicht auf die Einlageschuld durch Verrechnung mit der Gläubigerforderung oder das Erlöschen durch Konfusion als Befriedigung und Deckung des Einlegers anzufechten, weil der Inferent für seine Forderung ein Erfüllungssurrogat in Gestalt der Einlage erhält und nominell voll ausgeglichen wird, obwohl er auf die Forderung eigentlich nur die Quote (oder bei Einbringung von Gesellschafterforderungen nichts) bekäme. Es stellen sich hier mehrere, für die Praxis noch nicht geklärte Fragen. Dabei 465 ist zwischen dem im Planverfahren vollzogenen DES und sonstigen außerinsolvenzlich erfolgten DES/Sachkapitalerhöhungen zu unterscheiden. aa) Debt-Equity-Swap im Insolvenzplan in der Folgeinsolvenz Die Anfechtung eines in einem Planverfahren vollzogenen DES dürfte in der 466 Folgeinsolvenz nicht schon grundsätzlich an § 254 Abs. 4 InsO scheitern, weil dieser Ausschlusstatbestand nur die Differenzhaftung nach § 9a GmbHG ausschließt.613) Bei § 133 InsO könnte man aber aus teleologischen Gründen bezweifeln, ob 467 eine Rechtshandlung des Schuldners bzw. dem Schuldner zurechenbare Rechtshandlung vorliegt, wenn der DES im Plan von den Gläubigern beschlossen wurde; um Haftungsvereitelung geht es dann nicht. Jedenfalls fehlt es für § 133 InsO bei einem im Verfahren vollzogenen DES 468 am Gläubigerbenachteiligungsvorsatz. Fraglich ist daher nur, ob § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO eingreift. Die Vorschrift 469 greift richtigerweise nur in Bezug auf die Einbringung von Forderungen, die bereits vor dem DES Gesellschafterforderungen waren. Gewöhnliche Gläu___________ 612) HK-Kreft, InsO, § 129 Rn. 24 m. w. N. 613) A. A. Segmiller, Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan, S. 226 f.
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H. Die Insolvenzanfechtung und Insolvenzfestigkeit
bigerforderungen sind nicht erfasst, selbst wenn die Gläubiger mit ihrer Einbringung Gesellschafter werden. Davon zu unterscheiden ist – insoweit gelten allgemeine Regeln – die Rückzahlung der nach Eintritt in die Gesellschafterstellung gewährten oder durch Abtretung eines Gesellschafters erhaltenen Darlehensforderungen. Insofern gilt aber meist § 39 Abs. 4 InsO.614) 470 Unklar ist, ob eine Gläubigerbenachteiligung i. S. d. § 129 InsO in Bezug auf den DES selbst vorliegen kann. Das wird unter Hinweis darauf verneint, dass der DES neutral oder für die übrigen Gläubiger gar vorteilhaft sei, weil der Gläubiger in den Rang der Gesellschafter zurücktrete und die Gesellschaft das erhalte, worauf sie Anspruch habe, nämlich die einzubringende gegen sie selbst gerichtete Forderung, während der gewährte Geschäftsanteil als solcher ohnehin der Vollstreckung der Gläubiger nicht offenstehe.615) 471 Dem ist für den Regelfall zu folgen. Fraglich ist aber, ob dies auch dann gilt, wenn die eingebrachte Forderung nicht voll werthaltig war, denn die Differenzhaftung ist (zulasten gerade der nach dem DES hinzutretenden Gläubiger) ja gerade ausgeschlossen. Ob man den DES bzw. die Schuldbefreiung des Einlegers insoweit anfechten kann mit der Begründung, die mittelbare Gläubigerbenachteiligung zeige sich in der gesetzlichen Folge des Ausschlusses des Differenzhaftungsanspruchs (d. h. des gesetzlichen Verlusts eines eigentlich zustehenden Anspruchs), ist ungeklärt und schwierig darzulegen, erscheint aber mit dem gesetzgeberischen Willen nicht von vornherein unvereinbar. Auch insoweit ist aber zweifelhaft, ob ein Anfechtungstatbestand dargelegt werden kann, da § 135 InsO ausscheidet (wegen § 39 Abs. 4 InsO oder mangels Gesellschafterstellung) und § 133 InsO an den eben genannten Schwierigkeiten (siehe Rn. 468 f.) leidet. bb) Außerinsolvenzlich vollzogener Debt-Equity-Swap 472 Ein außerinsolvenzlich vollzogener DES bzw. generell eine Sachkapitalerhöhung und die damit verbundenen Austauschbeziehungen sind grundsätzlich als Rechtshandlungen des Schuldners anfechtbar. Auch § 254 Abs. 4 InsO greift hier in keinem Fall ein. 473 Auch insoweit ist aber fraglich, ob jeweils eine Gläubigerbenachteiligung erkannt werden kann. Das gilt umso mehr, als der Differenzhaftungsanspruch aus § 9 Abs. 1 GmbHG in diesen Fällen nicht ausgeschlossen ist. d) Anfechtung der unterlassenen Kapitalerhöhung 474 Das Unterlassen einer Kapitalerhöhung durch die Gesellschafterversammlung und den Verzicht auf einen Nachschuss kann man zwar als ein Handeln ___________ 614) Gehrlein, NZI 2012, 257, 259. 615) Wirsch, NZG 2010, 1131, 1132 f.; Thiessen, in: Bork/Schäfer, GmbHG, Anh. § 30 Rn. 60; Segmiller, Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan, S. 224.
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IV. Ausgewählte Restrukturierungsmaßnahmen
der Gesellschaft selbst ansehen. Gleichwohl ist das Unterlassen entgegen teilweise vertretener Auffassung616) grundsätzlich nicht anfechtbar, weil dies voraussetzte, dass materiell-rechtlich gesehen ein Anspruch auf Nachschuss bzw. Kapitalerhöhung gegen die Gesellschafter bestand. Da davon grundsätzlich nicht ausgegangen werden kann, fehlt es an einem rechtlich relevanten Unterlassen.617) Davon zu unterscheiden sind Fälle, in denen bestehende Einlageansprüche nicht geltend gemacht wurden. Dieses Unterlassen kann anfechtbar sein, soweit nicht ohnehin der Verwalter den noch bestehenden Anspruch selbst einzieht. 4. Die Anfechtung von vorinsolvenzlichen Umwandlungsmaßnahmen a) Einleitung Auch Umwandlungsmaßnahmen i. S. d. UmwG, die außerhalb des Insolvenz- 475 verfahrens vorgenommen werden, können ggf. der Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO unterliegen. Die Diskussion darüber kommt allerdings erst langsam in Gang.618) Neben Spaltungen (Auf- und Abspaltungen sowie Ausgliederungen) können 476 insbesondere Verschmelzungen Bestandteil eines vorinsolvenzlichen Sanierungskonzepts sein, beispielsweise, wenn ein überschuldeter Rechtsträger auf einen wirtschaftlich gesunden Rechtsträger verschmolzen und auf diesem Wege die Insolvenz und dann ggf. drohende Zerschlagung des übertragenden Rechtsträgers abgewendet wird.619), 620) Da die Probleme hier vielfältig sind und die Umwandlungsmaßnahmen vielschichtig, werden im Folgenden lediglich Eckpunkte bezüglich der Anfechtung bei Verschmelzungen angesprochen. Wird nach der Verschmelzung oder ggf. sogar gerade wegen dieser Ver- 477 schmelzung das Insolvenzverfahren über das Vermögen des übernehmenden Rechtsträgers eröffnet, stellt sich die Frage, ob x
Rechtshandlungen, der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger im Vorfeld der Verschmelzung, anfechtbar sind und
x
ob die Verschmelzung selbst
nach Maßgabe der §§ 129 bis 147 InsO anfechtbar ist. ___________ 616) Paulus, ZIP 1996, 2141, 2147. 617) Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 129 Rn. 67; anders für die Nichtgeltendmachung begründeter Einlageansprüche Nöll, ZInsO 2005, 964, 969. 618) Kalss, ZGR 2009, 74, 120; Keller/Klett, DB 2010, 1220, 1223 ff.; Lwowski/Wunderlich, NZI 2008, 595 (596 ff.); J. Roth, ZInsO 2013, 1597 ff. u. 1709 ff.; aufschlussreich ferner Kalss/Eckert, Insolvenz-Forum, Grundlsee, 2008, 65, 85 ff.; Trencker, Insolvenzanfechtung gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen, S. 283 ff. (jeweils zum österreichischen Recht). 619) Zum Ganzen Limmer, Handbuch der Unternehmensumwandlung, Teil 5 Rn. 48 ff. 620) Dass solche Verschmelzungen bei überschuldetem Rechtsträger grundsätzlich zulässig sind, ist in Deutschland heute anerkannt, siehe OLG Stuttgart, ZIP 2005, 2066, dazu EWiR 2005, 839 (Heckschen); LG Leipzig, DB 2006, 885; Limmer, Handbuch der Unternehmensumwandlung, Teil 5 Rn. 39 m. w. N. auch zur Gegenauffassung.
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H. Die Insolvenzanfechtung und Insolvenzfestigkeit
b) Anfechtung von Rechtshandlungen des übertragenden Rechtsträgers gegenüber Dritten in der Insolvenz des übernehmenden Rechtsträgers 478 Bereits die Frage, ob Rechtshandlungen der beteiligten Rechtsträger im Vorgriff der Verschmelzung anfechtbar sind, wirft einige Zweifelsfragen auf.621) 479 Auf der Seite des übertragenden Rechtsträgers gilt es zunächst zu beachten, dass dieser im Zuge der Verschmelzung nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG erlischt. 480 Insolvenzfähig ist mit dem Wirksamwerden der Verschmelzung nur noch der übernehmende Rechtsträger. Ein Sonderinsolvenzverfahren über das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers wird in dessen Insolvenzverfahren weder durchgeführt noch ist es möglich.622) 481 In Frage steht daher, ob potentiell anfechtbare Rechtshandlungen, die der übertragende Rechtsträger im Vorgriff der Verschmelzung vorgenommen hat, in der Insolvenz des übernehmenden Rechtsträgers anfechtbar sind. 482 Der BGH hat sich mit dieser Fragestellung, bisher nur einmal, in einer Entscheidung v. 10.5.1978 – VIII ZR 32/77623) befasst. Danach soll es dem Insolvenzverwalter möglich sein, in der Insolvenz des übernehmenden Rechtsträgers auch solche Rechtshandlungen anzufechten, die in einem Sonderinsolvenzverfahren des übertragenden Rechtsträgers – wenn ein solches möglich wäre – einen Rückgewähranspruch nach §§ 129 ff., 143 InsO auslösen würden.624) Der BGH führt aus: „Ist in einer Kapitalgesellschaft eine Personenhandelsgesellschaft durch Übernahme aller Gesellschaftsanteile aufgegangen, so kann im Falle eines späteren Konkurses der Konkursverwalter auch Rechtshandlungen der erloschenen Personenhandelsgesellschaft anfechten, wenn noch nicht befriedigte Gläubiger der Personenhandelsgesellschaft vorhanden sind. Vermögenswerte, die auf solche Weise zur Masse kommen, sind in Form einer „Sondermasse” auf diese Gläubiger zu verteilen. Zum Kreis dieser Gläubiger kann auch die übernehmende Gesellschaft gehören.“
483 Dieser Ansicht ist zu folgen,625) unabhängig davon, ob man die grundsätzliche Anfechtbarkeit der jeweiligen Rechtshandlungen bereits aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG herleiten will626) oder aus dem allgemeinen Gedanken der Gesamtrechtsnachfolge. 484 Die Probleme liegen insoweit eher auf der Rechtsfolgen-, als auf der Tatbestandsseite. Denn: Den Altgläubigern des übernehmenden Rechtsträgers hätten ___________ 621) 622) 623) 624) 625) 626)
144
Dazu bereits J. Roth, ZInsO 2013, 1597 ff. BGHZ 71, 296, 300; Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 11 Rn. 50. BGHZ 71, 296 ff. (Verschmelzung einer KG auf eine GmbH). BGHZ 71, 296, 303. Dies bejahend J. Roth, ZInsO 2013, 1598. Henckel, in: Jaeger, InsO, § 129 Rn. 33, § 143 Rn. 103 m. w. N. zum Meinungsstand.
IV. Ausgewählte Restrukturierungsmaßnahmen
die von dem übertragenden Rechtsträger in anfechtbarer Weise weggegebenen Vermögenswerte – die Verschmelzung einmal hinweggedacht – nie gehaftet.627) Eine gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger aus dem aus der Anfechtung Erlangten würde mithin dazu führen, dass die Altgläubiger des übertragenden Rechtsträgers zugunsten derer des übernehmenden Rechtsträgers benachteiligt würden. Der BGH hat diesen Verteilungskonflikt in der Entscheidung vom 10.5.1978 – 485 VIII ZR 32/77 aufgelöst, indem er in solchen Fällen aus dem aus der Anfechtung Erlangten zugunsten der Altgläubiger des übernehmenden Rechtsträgers eine Sondermasse zu bilden verlangt, die ausschließlich der Befriedigung dieser Gläubigergruppe dient.628) Je nach Sachlage kann zu dieser Gläubigergruppe auch der übernehmende 486 Rechtsträger zählen. Konfusion, d. h. das Erlöschen der Schuld durch das durch § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG bewirkte Zusammentreffen von Forderung und Schuld, tritt insoweit nicht ein. Nach Auffassung des BGH ist die Forderung des übernehmenden Rechtsträgers in solchen Fällen im Verhältnis zu der Sondermasse so zu behandeln, als ob sie noch bestünde.629) Nicht befasst hat sich der BGH mit der Frage, ob an dieser Sondermasse 487 auch die Neugläubiger des übernehmenden Rechtsträgers zu beteiligen sind. Teile des Schrifttums sprechen sich für ihre Einbeziehung aus und weisen – zutreffend – darauf hin, dass die Wiederherstellung der Masse nach §§ 129 ff., 143 InsO nicht nur den Altgläubigern, sondern auch den Neugläubigern zugutekommen soll.630) c) Anfechtung der Verschmelzung in der Insolvenz des übernehmenden Rechtsträgers Anders gelagert und noch ungeklärt ist die Frage, ob die Verschmelzung als 488 solche zumindest potentiell anfechtbar ist.631) Hier ist – am Beispiel der Verschmelzung zur Aufnahme – zunächst nach 489 verschiedenen Situationen zu differenzieren: 1. Bei der Verschmelzung zur Aufnahme gehen die Vermögensgegenstände des übertragenden Rechtsträgers auf den übernehmenden Rechtsträger über. Daher ließe sich argumentieren, diese Übertragung sei in der Insol___________ 627) Henckel, in: Jaeger, InsO, § 129 Rn. 33. 628) BGHZ 71, 296, 305; a. A. Petersen, NZG, 2001, 836 ff., der der Auffassung ist, dass eine solche Sonderzuordnung dem Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge widerspricht und der sich daher für eine Gleichbehandlung aller Gläubiger ausspricht; differenzierend Kirchhof in MünchKommInsO, Vor §§ 129 bis 147 Rn. 102. 629) BGHZ 71, 296, 305. 630) Henckel, in: Jaeger, InsO, § 129 Rn. 33. 631) Dazu bereits J. Roth, ZInsO 2013, 1597 ff.
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H. Die Insolvenzanfechtung und Insolvenzfestigkeit
venz der übernehmenden Gesellschaft deshalb (wohlgemerkt potentiell) anfechtbar, weil das Insolvenzverfahren über das Vermögen des übernehmenden Rechtsträgers eben auch das Insolvenzverfahren über das Vermögen der übertragenden, nunmehr erloschenen Gesellschaft sei. Dies liefe auf eine Anfechtung des Verwalters gegen sich selbst bzw. einen Sonderinsolvenzverwalter hinaus. Dieser Fall ist richtigerweise schon aus tatbestandlichen Gründen auszuscheiden: Denn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der erloschenen Gesellschaft findet eben mangels Insolvenzfähigkeit dieser Gesellschaft nicht statt, und folglich auch keine Insolvenzanfechtung bezogen auf diese Weggabe von Vermögenswerten durch die erloschene Gesellschaft. Die Wertung des § 11 InsO und die fehlende Insolvenzfähigkeit der übernommenen Gesellschaft lässt sich insoweit nicht beiseiteschieben. Dies lässt sich auch nicht durch § 145 InsO überwinden, der nur die Rechtsnachfolge auf der Ebene des Anfechtungsgegners erfasst. Auch § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG dürfte daran nichts ändern, weil zwar der „latente“ Anfechtungsanspruch des übertragenden Rechtsträgers auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen mag, es aber nicht zu einer Insolvenzeröffnung über das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers kommt. 2. Eine andere Frage ist, ob in der späteren Insolvenz des übernehmenden Rechtsträgers eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung dieses Rechtsträgers, d. h. eine unmittelbar eigene Rechtshandlung, anfechtbar ist. Der übernehmende Rechtsträger hat ja immerhin an der Verschmelzung mitgewirkt und die (überschuldete) Gesellschaft erworben. Es ist daher fraglich, ob unter diesem Blickwinkel die Verschmelzung als solche anfechtbar ist. Insoweit wäre eine Anfechtung durchaus denkbar, weil die eigenen Gläubiger des übernehmenden Rechtsträgers durch den Erwerb der überschuldeten Gesellschaft ggf. benachteiligt worden sind. Die durch den Verschmelzungsbeschluss mittelbar verursachte Gläubigerbenachteiligung i. S. d. § 129 Abs. 1 InsO wäre etwa darin zu erblicken, dass die Altgläubiger des wirtschaftlich gesunden Rechtsträgers zugunsten derer des überschuldeten Rechtsträgers benachteiligt würden.632) Diese stünden nach der Verschmelzung mit denen des überschuldeten Rechtsträgers in Konkurrenz und sähen sich im Vergleich zu der Situation wie sie ohne Verschmelzung stünden mit einer geringeren Quote konfrontiert, während die Altgläubiger des überschuldeten Rechtsträgers in den, ___________ 632) Eine Gläubigerbenachteiligung könnte auch darin zu erblicken sein, dass im Zuge der Verschmelzung bisher gebundenes Kapital „entsperrt“ wird, beispielsweise wenn das gebundene Kapital des übernehmenden Rechtsträgers geringer als das des übertragenden Rechtsträgers ist, und die frei werdenden Mittel im Nachgang der Verschmelzung an die Anteilsinhaber ausgeschüttet werden. Die h. M. im gesellschaftsrechtlichen Schrifttum ist insoweit allerdings der Auffassung, dass § 22 UmwG den Gläubigerschutz abschließend regelt; siehe dazu bereits Rn. 358.
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IV. Ausgewählte Restrukturierungsmaßnahmen
für sie unerwarteten, Genuss einer entsprechend höheren Quote kämen.633) Allerdings käme dann nur der überschuldete übertragende Rechtsträger als Anfechtungsgegner in Betracht.634) Dieser ist indes im Zuge der Verschmelzung erloschen. Eine auf §§ 129 ff. InsO gestützte Anfechtung der Verschmelzung bzw. des Fusionserwerbs sieht sich daher mit dem Problem konfrontiert, dass der Fortbestand des übertragenden Rechtsträgers in irgendeiner Weise fingiert werden müsste (siehe dazu Rn. 486).635) Ob insoweit die Anfechtung jedenfalls potentiell möglich ist, ist, soweit er- 490 sichtlich, umstritten. aa) Vorrang des Umwandlungsrechts? Die ganz h. M. im Gesellschaftsrecht ist der Auffassung, dass eine Insolvenz- 491 anfechtung jedenfalls vollzogener Umwandlungsmaßnahmen, einschließlich der Verschmelzung, unzulässig sei.636) Es wird vorgebracht, dass das Umwandlungsrecht mit §§ 22, 23, 125 Satz 1, 133 UmwG spezifische Gläubigerschutzmechanismen bereithalte, die keiner Ergänzung durch das Insolvenzanfechtungsrecht bedürften. Dem Umwandlungsrecht gebühre daher gegenüber dem Insolvenzanfechtungsrecht der Vorrang;637) d. h. §§ 22, 23, 125 Satz 1, 133 UmwG seien im Verhältnis zu §§ 129 ff. InsO leges specialis. Darüber hinaus wird auf den Bestandsschutz vollzogener Umwandlungsmaßnahmen verwiesen. Eine auf §§ 129 ff. InsO gestützte „Rückabwicklung“ konterkariere den Bestandsschutz des § 20 Abs. 2 UmwG.638) Die Vertreter dieser Auffassung stützen sich insoweit im Wesentlichen auf 492 zwei oberlandesgerichtliche Entscheidungen, eine des OLG Jena v. 3.3.1998 – 8 U 1166639) und eine des KG v. 22.1.1998 – 12 U 3839/96,640) in denen die Insolvenzanfechtungsklage gegen eine Abspaltung nach dem SpTrUG641) je___________ 633) Lwowski/Wunderlich, NZI 2008, 595, 596; J. Roth, ZInsO 2013, 1597, 1598. 634) Trencker, Insolvenzanfechtung gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen, S. 297 (zum österreichischen Recht). 635) Kalss, ZGR 2009, 74, 121; Kalss/Eckert, Insolvenz-Forum, S. 65, 87 (zum österreichischen Recht). 636) Heckschen, ZInsO 2008, 824, 829; Kalss, ZGR 2009, 74, 120; Kalss/Eckert, InsolvenzForum, Grundlsee, 2008, 65, 85 ff. (zum österreichischen Recht) sowie insbesondere Keller/Klett, DB 2010, 1220, 1223; Lwowski/Wunderlich, NZI 2008, 595, 598. 637) In diese Richtung insbesondere Keller/Klett, DB 2010, 1220, 1223 unter Bezugnahme auf Kalss/Eckert, Insolvenzforum, 2008, 65, 88, die sich mit dieser Aussage indes nur auf Spaltungen beziehen; ähnlich auch Lwowski/Wunderlich, NZI 2008, 595, 597. 638) Heckschen, ZInsO 2008, 824, 829; Keller/Klett, DB 2010, 1220, 1223; Lwowski/ Wunderlich, NZI 2008, 595, 598. 639) OLG Jena, Urt. v. 3.3.1998 – 8 U 1166/98, n. v., best. v. BGH, Beschl. v. 2.3.2000 – IX ZR 126/98, n. v. 640) KG, NZG 1999, 1016, dazu Zeidler, NZG 1999, 1018, best. v. BGH, Beschl. v. 21.6.1999 – II ZR 379/98. 641) Gesetz über die Spaltung der von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen (SpTrUG) v. 5.4.1991, zuletzt geändert durch Art. 8 Abs. 9 BilanzrechtsreformG v. 4.12.2004, BGBl. I S. 854.
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H. Die Insolvenzanfechtung und Insolvenzfestigkeit
weils mit der Begründung abgewiesen wurde, dass es wegen der gesamtschuldnerischen Haftung der an der Spaltung beteiligten Rechtsträger bereits an der für alle Anfechtungstatbestände erforderlichen Gläubigerbenachteiligung fehle. 493 Der BGH hat die gegen beide Urteile eingelegte Revision des Insolvenzverwalters nicht angenommen; in den Gründen des Beschlusses v. 2.3.2000 – IX ZR 126/98 heißt es dazu: „der Schutz der Altgläubiger ist in diesem Gesetz >gemeint ist das SpTrUG@ abschließend geregelt.“642) bb) Kein genereller Vorrang des Umwandlungsrechts 494 Nach einer Gegenauffassung ist eine Insolvenzanfechtung von Umwandlungsmaßnahmen nicht grundsätzlich ausgeschlossen.643) Argumentiert wird, dass die gesamtschuldnerische Haftung der an der Spaltung beteiligten Rechtsträger nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SpTrUG bzw. § 133 Abs. 1 Satz 1 UmwG nach Sinn und Zweck, Voraussetzungen und Rechtsfolgen anders ausgestaltet sei, als die Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO, die der Wiederherstellung der Masse vor der angegriffenen Rechtshandlung dient.644) Ein Vorrang des Umwandlungsrechts gegenüber dem Insolvenzanfechtungsrecht bestünde daher nicht. Umwandlungsmaßnahmen, insbesondere auch Spaltungen, seien nach Maßgabe der §§ 129 ff. InsO anfechtbar. cc) Stellungnahme 495 Ein genereller Vorrang des umwandlungsrechtlichen Gläubigerschutzregimes ist ebenfalls nicht anzuerkennen. So dient Insolvenzanfechtungsrecht beispielsweise nicht nur dem Schutz der Altgläubiger, sondern auch dem der Neugläubiger. Letztere werden aber weder von § 133 UmwG noch von §§ 22, 23 UmwG geschützt.645) Auch ein Vorrang aufgrund der Handelsregistereintragung ist nicht gegeben. Es ist ja auch sonst nicht ungewöhnlich, dass sich anfechtbare Rechtshandlungen verfestigt haben. Das betrifft allein die Frage, ob die Rückgängigmachung in natura noch möglich oder Wertersatz zu leisten ist. Ein derart weitreichender Ausschluss würde im Übrigen u. a. missbräuchlichen gläubigerschädigenden Verschmelzungen Vorschub leisten.646) Lediglich in § 48h Abs. 2 Hs. 2 KWG und § 11 Abs. 4 Satz 4 KreditReorg wurde die Ausgliederung insolvenzfest ausgestaltet. Ein Rück- bzw. Umkehrschluss für oder wider die Anfechtung von Umwandlungsmaßnahmen, ein___________ 642) BGH, Beschl. v. 2.3.2000 – IX ZR 126/98, n. v. 643) Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 129 Rn. 68; J. Roth, ZInsO 2013, 1597 ff. u. 1709 ff.; Trencker, Insolvenzanfechtung gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen, S. 283 ff. (zum österreichischen Recht). 644) Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 129 Rn. 68. 645) Trencker, Insolvenzanfechtung gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen, S. 286 (zum österreichischen Recht). 646) J. Roth, ZInsO 2013, 1597, 1606.
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IV. Ausgewählte Restrukturierungsmaßnahmen
schließlich der Verschmelzung, lässt sich daraus nicht ableiten. Die Begründung zum Restrukturierungsgesetz647) ist insoweit unergiebig.648) Im Ergebnis dürfte allerdings jedenfalls bei der Verschmelzung trotz des 496 Fehlens eines generellen Vorrangs des Umwandlungsrechts mehr dafür sprechen, die Anfechtung nicht zuzulassen. Dies lässt sich insolvenzrechtlich begründen: Es fehlt schlicht an einem tauglichen Anfechtungsgegner. Der übertragende Rechtsträger, der die Zuwendung des übernehmenden Rechtsträgers (in Gestalt der Aufnahme des übertragenden Rechtsträgers) vornimmt, ist nicht mehr existent. Es ist aber ein allgemeines Risiko für den anfechtungsberechtigten Verwalter, dass der Anfechtungsgegner weggefallen ist. Zwar ist der übernehmende Rechtsträgers wiederum Rechtsnachfolger des 497 eigentlichen Anfechtungsgegners, d. h. des übertragenden Rechtsträgers, i. S. d. § 145 InsO. Daraus folgt aber nicht, dass der Verwalter des übernehmenden Rechtsträgers nunmehr gegen sich selbst anfechten dürfte. Denn § 145 InsO kann richtigerweise nicht für die Anfechtung der Rechtsnachfolge selbst gelten, weil sonst § 145 InsO keinen Sinn hätte. § 145 InsO setzt die wirksame und damit auch insolvenzrechtlich beständige Rechtsnachfolge ja gerade voraus. Daher scheidet die Anfechtung der Verschmelzung insoweit aus.649) Anfechtbar bleiben lediglich – wie unter Rn. 478 – bemerkt, die Rechtshandlungen sowohl des übernehmenden als auch des übernommenen Rechtsträgers gegenüber Dritten. d) Sonstige Umwandlungsmaßnahmen Bei der Verschmelzung zur Neugründung dürften die eben skizzierten 498 Grundsätze im Wesentlichen gleichermaßen gelten; die Frage ist aber auch insoweit noch nicht diskutiert. Bei anderen Umwandlungsmaßnahmen, bei denen insbesondere beide be- 499 teiligten Rechtsträger fortbestehen, ist eine generelle Sperre des Anfechtungsrechts ebenfalls nicht angezeigt. Bei einer Spaltung zur Neugründung dürfte dieser Vorgang freilich in der Insolvenz des neu gegründeten Rechtsträgers nicht anfechtbar sein. Damit würde faktisch das Existentwerden des Rechtsträgers angefochten, das aber Grundvoraussetzung für die Entstehung einer Gläubigerstellung (und ihre Benachteiligung) ist. Jedenfalls entstünden erhebliche praktische Schwierigkeiten.650) Bei der Spaltung zur Aufnahme ___________ 647) Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung (Restrukturierungsgesetz) v. 9.12.2010, BGBl. I S. 1900. 648) Begr. RegE, BT-Drucks. 17/3024, S. 52 (zu § 11 KreditReorg) u. S. 67 (zu § 48h KWG). 649) Andere Lösungswege zur Vermeidung eines In-Sich-Prozesses aber bei Trenker, Insolvenzanfechtung gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen, S. 298 ff. (zu §§ 226, 228 AktGÖsterreich); J. Roth, ZInsO 2013, 1597 (1605 ff.). 650) Kalss, ZGR 2009, 121 f.
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H. Die Insolvenzanfechtung und Insolvenzfestigkeit
ist fraglich, ob man in der Insolvenz des aufnehmenden Rechtsträgers in dem „Erhalt“ der übernommenen Betriebsteile eine Benachteiligung der Gläubiger des aufnehmenden Rechtsträgers sehen kann. 500 Die Anfechtung von Spaltungsvorgängen (Abspaltung/Ausgliederung) in der Insolvenz des übertragenden Rechtsträgers erscheint demgegenüber grundsätzlich möglich,651) soweit die Gläubiger dieses Rechtsträgers durch den Verlust der Vermögenswerte benachteiligt werden. Auf Rechtsfolgenseite wird es dann meist um Wertersatz gehen (§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO).652) 501 In der Insolvenz eines Gesellschafters können auch dessen im Zusammenhang mit der Umwandlung vorgenommenen Rechtshandlungen anfechtbar sein.653) 5. Die Anfechtung bei der doppelnützigen Treuhand an Gesellschaftsanteilen 502 Vorinsolvenzlich wird der Gesellschaftsanteil vom Gesellschafter häufig auf einen Treuhänder übertragen, der den Anteil zugleich im Interesse der finanzierenden Bank hält und im Sicherungsfall zur Verwertung befugt ist. Anfechtungsrechtlich ist zwischen der späteren Insolvenz des Gesellschafters/ Treugebers und der Insolvenz der Gesellschaft selbst zu unterscheiden. Die Insolvenz des Treuhänders dürfte regelmäßig nicht praktisch werden. a) Insolvenz des Treugebers/Gesellschafters 503 Zu denken ist an folgende Anfechtungstatbestände und Anfechtungsgegenstände:654) x
Anfechtung des Treuhandvertrags: i. d. R. nur die Vorsatzanfechtung denkbar
x
Anfechtung der Übertragung des Gesellschaftsanteils: –
§ 134 InsO gegenüber der finanzierenden Bank: Scheidet i. d. R. aus, wenn die Bank ein neues Darlehen ausreicht (Stehenlassen genügt für Entgeltlichkeit nicht).
–
§ 134 InsO gegenüber dem Treuhänder: wegen Entgeltlichkeit in der Regel nicht gegeben
–
§ 133 InsO: grundsätzlich denkbar
___________ 651) Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 129 Rn. 68. 652) Zum Ganzen HK-Thole, InsO, § 133 Rn. 7b. 653) Zur Anfechtung bei einem Verzicht nach § 54 Abs. 1 Satz 3 UmwG Keller/Klett, DB 2010, 1220, 1223. 654) Im Einzelnen Thole, KTS 2014, 45 ff.
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IV. Ausgewählte Restrukturierungsmaßnahmen
x
Anfechtung der Zahlung der Treuhändervergütung: Soweit aus dem Gesellschaftervermögen geleistet, als Deckung ggf. an- 504 fechtbar (§§ 130, 131, 133 InsO), wenn nicht der Treuhänder auch Absonderungsberechtigter bezogen auf den Anteil wegen der Vergütungsansprüche ist (dann keine Gläubigerbenachteiligung).
b) Insolvenz der Treugutgesellschaft 1. Anfechtung der Zahlung der Treuhändervergütung: Soweit die Gesellschaft den Treuhänder bezahlt, ist das Leistung auf fremde Schuld; dies kann nach §§ 134 und 133 InsO gegenüber dem Treugeber und/oder dem Treuhänder anfechtbar sein. 2. Anfechtung der Darlehensrückzahlung: Tilgt die Gesellschaft das von der Bank neu ausgereichte Darlehen, für das der Gesellschaftsanteil als Sicherheit haftet, so hat das folgende Konsequenzen: x
Anfechtung gegenüber dem Kreditgeber: nur allgemeine Regeln, grds. nicht § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO
x
Anfechtung gegenüber Treugeber: § 135 Abs. 2 InsO – der Gesellschafter wird von der potentiellen Einstandspflicht mit seinem Anteil befreit.
Tilgt die Gesellschaft ein sonstiges Darlehen des Treugebers durch Rückzah- 505 lung an den Treugeber, ist dies gegenüber dem Treugeber nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO trotz formalen Verlusts der Gesellschafterstellung anfechtbar. Eine Anfechtung gegenüber dem Treuhänder ist in diesem Fall allenfalls denkbar, wenn er die Rückzahlung erhält (dann wohl § 133 InsO), nicht aber (trotz formaler Gesellschafterstellung) nach § 135 InsO, weil und wenn der Treuhänder nicht Zessionar der Darlehensforderung geworden ist.655)
___________ 655) Zum Urteil betr. die Zession von Gesellschafterforderungen siehe BGH, ZIP 2013, 582 (m. Bespr. Preuß, S. 1145 u. Reinhard/Schützler, S. 1898).
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Stichwortverzeichnis
Abschlussprüfer
– – – – –
Schuldnerbereich 114, 146 Weisung 159 f. Grundlagengeschäft 165 ff. Kapitalmaßnahmen 166 Anwendung § 276a InsO im Eröffnungsverfahren 197 ff. – Haftung 434 ff. Einlagen 106 Entsprechungserklärung 91
96, 163 Abstimmung 251 Abtretung 395 Actio pro socio 96, 163 Anleihen 341a Anwachsung 129 Auskunftsrecht 112 ff. Ausgliederung s. Umwandlungen Ausscheiden des Gesellschafters – Austrittsrecht 296 ff. Ausschüttung 111, 462 Austritt s. Ausscheiden
Firma 96 Formwechsel s. Umwandlungen
Beschlussmängelklagen
Geschäftsführer
91 Bezugsrechtsausschluss 314 Börsenkurs 293
Change-of-Control-Klauseln 297 ff.
Debt-Equity-Swap
323 ff., s. a. Insolvenzplan – Bewertung der Forderungen 327 – Reverse Debt-Equity-Swap 324 Delisting 111, 170 Differenzhaftung 312 Doppelinsolvenz 128 ff., 304 Doppelnützige Treuhand s. Treuhand
Eigenkapitalersatzrecht s. Gesellschafterdarlehen Eigenverwaltung 142 ff. – Aufsichtsrat 171, 177, 184 – Auskunftsrecht 156 ff. – Einflussnahme 152 – Gesellschafterversammlung 162 ff. – Kompetenzen 162 ff. – Sachwalter 142, 144, 162, 176 ff., 178
– Abberufung 162, 177, 181 – Bestellung 162, 177 ff. – Entlastung 95, 162 – Überwachung 95, 154, 162 Gesellschafter – Ausscheiden 286 ff. Gesellschafterbeschluss – im Verfahren 100 ff., 162, 164 – vor Antragstellung 67 ff. Gesellschafterdarlehen 381 Gesellschafterhaftung 368 ff. Gesellschafterversammlung 70 ff., 93 ff., 184 Gesellschaftsanteil – Übertragung s. Insolvenzplan Gesellschaftszweck 4 ff. Gläubigerversammlung – Abstimmung 251 – Einberufung 242 – Zuständigkeit 247 GmbH & Co. KG 17 ff., 129 ff. Grundlagengeschäfte 71, 150, 165 ff., 235 Gruppenbildung 251 ff., 277
Haftung – § 64 GmbHG 125 – bei Antragstellung 80
153
Stichwortverzeichnis
– Business Judgment Rule 443 – Eigenverwaltung 421, 429 ff., 434 f. – Insolvenzverwalter 443 – Organhaftung 415 ff. – Planvorlagepflicht 427 – Sanierungspflicht 420 – Vergleich 106, 417 – Verzicht 417 Handelsregister 91, 102, 265, 334 Handlungsbevollmächtigter 27, 95 Hauptversammlung s. a. Gesellschafterversammlung – Einberufung 184
Insolvenzanfechtung – – – –
Debt-Equity-Swap 464 Gesellschafterdarlehen 385 Insolvenzplan 231b Kapitalerhaltung, Verhältnis zur 450 – Kapitalmaßnahme 460 ff. – Leveraged Buy-Out 453 – nahestehende Personen 448 – Spaltung 475 ff. – Treuhand 502 ff. – Umwandlung 475 ff. – Verschmelzung 478 ff. Insolvenzantrag 11 ff. – Abwickler 21 – Antragspflicht 43 ff. – Antragsrecht 11 ff. – Eigenverwaltung 41 – faktischer Geschäftsführer 34, 46 – Führungslosigkeit 28 ff., 47 – Gesamtvertretung 22 – Geschäftsführer 13 – Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit 14 – Gesellschafter 15 ff. – GmbH & Co. KG 17 – Insolvenzverwalter 18 – Mitglied des Vertretungsorgans 12, 43
154
– Rücknahme des Insolvenzantrags 36 ff., 81 – Schadensersatzansprüche 80 – Vorstand 13 Insolvenzplan 209 ff. – Abfindungsanspruch 212, 286 – Anteilsübertragung 229, 301 – Beschwerde, sofortige 285a ff. – Bezugsrechtsausschluss 314 ff. – Debt-Equity-Swap 323 – Fortsetzung 229 – Gesellschaftsanteil s. Anteilsübertragung – Gleichbehandlungsgrundsatz 273 – Grundlagengeschäfte 235 – Handelsregister, Anmeldung zum 265 – Kapitalerhöhung 298 ff., 305 – Kapitalherabsetzung 298 ff., 305 – Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage 284 – Planbestätigung 241, 246, 262, 265 ff. – Planinhalt 228 ff. – Planvorlage 101, 270 – Satzungsänderung 231 – Treuepflicht 280 – Umwandlungen 342
Jahresabschluss Kapitalerhaltung
95, 162, 235
58, 120, 124, 291, 341, 391, 450 ff. Kapitalerhöhung 102, 166, 305 – Insolvenzanfechtung 460 ff. Kapitalherabsetzung 102, 166, 305 – Insolvenzanfechtung 460 ff. Kapitalmarktrechtliche Pflichten 91 Kapitalschnitt 102, 302, 305, 311 Kommanditgesellschaft s. GmbH & Co. KG Kommanditistenhaftung 313, 371
Stichwortverzeichnis
Konzernrecht 401 ff. – Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag 404 ff. – faktischer Konzern 409 – Verlustausgleichsanspruch 407
Legalitätspflicht
Schuldnerbereich 86, 96, 114, 146 Schutzschirmverfahren 67, 81, 197, 202 ff., 421, 429 Simultaninsolvenz s. Doppelinsolvenz Sitzverlegung 101 Spaltung s. Umwandlungen Stimmrecht s. Abstimmung
7, 196, 202, 420 Leveraged Buy-Out s. Insolvenzanfechtung Liquidationswert 214, 285a, 288, 296
Treuhand, doppelnützige 502 Treuepflicht s. Insolvenzplan
M&A-Transaktionen
Überschneidungsbereich
395 ff. Masselose Insolvenz 116 ff. – Festsetzungsbeschluss 117 – Gleichbehandlung 120 – Notliquidator 120 – Pfändung 121 Minderheitenschutz 212, 289, 322, 339 Mischbereich 86
Nachgründung 99, 300 Nachschüsse 95 Namensaktien 91 Obstruktionsverbot
264
Prokurist
27, 95, 162 Prozessvertretung 96, 163
s. Mischbereich Überschuldung – Rangrücktritt 51 ff. – Überschuldungsbilanz 57 ff. Umwandlungen 348 ff., s. a. Insolvenzplan – Ausgliederung 355 – Formwechsel 364 – Spaltung 355 – Verschmelzung 352
Verdrängungsbereich
86 Verschmelzung s. Umwandlungen Vetorecht 195 Vorstand 161 ff., 168, 182 – Vergütung 173 ff. Vorzugsaktionäre 256
Rechnungslegung 90 Rangrücktritt s. Überschuldung
Widerspruch bei Forderungs-
Sanieren oder Ausscheiden
Zeichnungsvertrag 105 Zuständigkeit – Eigenverwaltung 142 ff. – Regelinsolvenzverfahren 88 ff.
214, 255, 289 Sanierungsprivileg 337, 389, 452 Satzungsänderung 70, 98, 100 ff., 147, 231
anmeldung 191
155