Geschichte der Stadt Worms 3806231583, 9783806231588


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German Pages 1096 [1127] Year 2015

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Table of contents :
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Titel
Impressum
Inhalt
Worms und sein Umland – eine geografische Skizze
Worms von der vorgeschichtliche Epoche bis in die Karolingerzeit
Worms – Stadt und Region im frühen Mittelalter von 600–1000
Die Blütezeit des hohen Mittelalters: Von Bischof Burchard zum Rheinischen Bund (1000–1254)
Königtum – Fürsten – Städtebünde: Die Außenbeziehungen der Stadt Worms im Spätmittelalter
Zwischen Bischof, Reich und Kurpfalz: Worms im späten Mittelalter (1254–1521)
Kirchenregiment, reformatorische Bewegung und Konfessionsbildung in der Bischofs- und Reichsstadt Worms (1480–1619)
Die Reichsstadt Worms im 17. und 18. Jahrhundert
Worms im Zeitalter der Französischen Revolution und Napoleons (1789/92–1814/16)
Die hessische Landstadt in Vormärz und Revolution 1848/49 (1816–1852)
Zwischen Reaktion und hessischer Städteordnung (1852–1874)
Der Sprung in die Moderne: Das »Neue Worms« (1874–1914)
Von der Blüte in den Abgrund: Worms vom Ersten bis zum Zweiten Weltkrieg (1914–1945)
Worms von 1945 bis zur Gegenwart
Die Ortssprache von Worms in Einzelaspekten
Warmaisa – das jüdische Worms. Von den Anfängen bis zum jüdischen Museum des Isidor Kiefer (1924)
Das geistliche Worms: Stifte, Klöster, Pfarreien und Hospitäler bis zur Reformation
Baugeschichte und Baudenkmäler
Soziale Verhältnisse und Arbeitsbedingungen in der Industriestadt Worms bis zum Ersten Weltkrieg
Worms und das »Nibelungenlied«
Bemerkungen zur Entwicklung der Stadt Worms seit 2003
Anmerkungen
Abkürzungen und Siglen
Bibliografie zur Geschichte der Stadt Worms
Abbildungsnachweis
Register
Anmerkungen zur Erforschung der Wormser Stadtgeschichte 2005 bis 2015
Auswahlbibliografie: Neuere Forschungen zur Geschichte der Stadt Worms 2005 bis 2015
Herausgeber und Autoren
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Geschichte der Stadt Worms
 3806231583, 9783806231588

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Geschichte der Stadt Worms 2., aktualisierte und erweiterte Auflage

Herausgegeben im Auftrag der Stadt Worms von Gerold Bönnen

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. Der Konrad Theiss Verlag ist ein Imprint der WBG. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage © 2015 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Umschlaggestaltung: Stefan Schmid Design, Stuttgart, unter Verwendung einer Abbildung aus dem Stadtarchiv Worms (Ausschnitt aus der Stadtansicht von Sebastian Münster, um 1550) Programm-Management THEISS Regionalia: Stefan Brückner, Stuttgart Satz: Utesch Media Processing GmbH, Hamburg Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-8062-3158-8 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF) 978-3-8062-3231-8 eBook (epub) 978-3-8062-3232-5

Geleitwort

Die Stadt Worms verfügt über eine außergewöhnlich lange und reiche Vergangenheit. Mit ihr sind große Ereignisse und Personen der deutschen und europäischen Geschichte eng verbunden. Diese große Tradition und das beispiellose Wechselspiel des Schicksals sind im Stadtbild trotz aller Zerstörungen und Brüche noch immer eindrucksvoll erlebbar. Das Interesse am reichen geschichtlichen und kulturellen Erbe der Stadt ist selbstverständlicher Bestandteil der städtischen Identität; der Pflege dieses Erbes gelten seit der Mitte des 19. Jahrhunderts große Anstrengungen der Politik und der Bürgerschaft. Vor mehr als hundert Jahren, zwischen 1897 und 1901, erschien mit der von Heinrich Boos verfassten vierbändigen »Geschichte der rheinischen Städtekultur mit besonderer Berücksichtigung der Stadt Worms« die bis dahin erste zusammenhängende Darstellung der Stadtgeschichte. Vorausgegangen war eine Neuordnung des städtischen Archivs in einer Zeit wachsenden Interesses an der Geschichte. Finanziert wurde das Unternehmen seinerzeit von der Industriellenfamilie von Heyl. Nach mehr als einhundert Jahren konnte im September 2005 erstmals wieder eine Gesamtdarstellung der Stadtgeschichte vorgelegt werden, die von der Stadt selbst herausgebracht worden ist. Immer wieder war bis dahin das Fehlen einer modernen Ansprüchen genügenden Veröffentlichung dieser Art als Mangel empfunden worden. Erfreulicherweise fand das seinerzeit veröffentlichte Gemeinschaftswerk ausgewiesener Verfasserinnen und Verfasser aus den Bereichen Geographie, Kunstgeschichte, Archäologie, Geschichte sowie Sprach- und Literaturwissenschaft einen enormen Zuspruch und wurde bereits unmittelbar nach seinem Erscheinen nachgedruckt; in der Fachwelt gab es überaus positive Besprechungen des Bandes. Nach zehn Jahren kann nun eine aktualisierte Neuauflage des Sammelwerks der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Sowohl hinsichtlich des weiteren Gangs der Erforschung zentraler Aspekte der Stadtgeschichte als auch mit Blick auf die vielfältige Entwicklung von Worms insbesondere während der letzten zehn Jahre kann der Band den Anspruch erheben, bis in das Erscheinungsjahr zu führen und damit einen aktuellen Blick auch und gerade auf die jüngsten Entwicklungen zu vermitteln. Das Gemeinschaftswerk soll sowohl dem interessierten Laien als auch dem Fachwissenschaftler einen lesbaren und zuverlässigen Zugang zur Wormser Stadtgeschichte auf dem heutigen Kenntnisstand vermitteln und weitere Hinweise auf Forschung und Quellen gewähren. Wichtig war insbesondere eine Zusammenfassung und Bündelung der

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G ELEITWORT

Ergebnisse der Spezialforschung zu den zahlreichen Aspekten der Stadtgeschichte aus den letzten gut zehn Jahren. Das Werk soll auch künftig weitere Forschungen und wissenschaftliche Arbeiten auf bisher vernachlässigten Gebieten anregen und auf die vor allem im Stadtarchiv, der Stadtbibliothek und den Museen der Stadt verwahrten schriftlichen, fotografischen und gegenständlichen Quellen aufmerksam machen. Darüber hinaus ist es das Ziel der Darstellung, für die zukünftige Entwicklung der Stadt die notwendigen historischen Hintergrundinformationen und Einschätzungen zu vermitteln, als Nachschlagewerk und Handbuch zu dienen und nicht zuletzt wieder einen herausgehobenen Beitrag zur angemessenen Außendarstellung der Stadt Worms zu leisten. Die Neuauflage der Stadtgeschichte dokumentiert den Stellenwert, den die Erforschung und Vermittlung der Geschichte unserer Stadt nach innen und außen gerade in Zeiten immer schnelleren Wandels vieler Lebensbereiche besitzt. Die Publikation dokumentiert weiterhin das Bestreben, die Zukunft der Stadt aus ihrer reichen Geschichte heraus zu gestalten und sich immer wieder des Herkommens und der eigenen Vergangenheit zu vergewissern. Dem Archiv ist an dieser Stelle für seine Arbeit auch an der Neuauflage zu danken. Wir sind froh, dass die Früchte der oft im Verborgenen geleisteten Arbeit des Archivs und vieler Fachgelehrter den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Freunden der Stadt und der wissenschaftlichen Öffentlichkeit weit über Worms hinaus in aktueller Form greifbar sind und zur kritischen Aneignung zur Verfügung stehen. Für finanzielle Hilfe zur Realisierung der neuen Auflage ist dem Altertumsverein Worms e.V., der Sparkasse Worms-Alzey-Ried und der Volksbank Alzey-Worms eG ganz herzlicher Dank abzustatten. Für die Stadt Worms, den Rat, die Stadtverwaltung und die Bürgerschaft bringe ich meine Freude und die Hoffnung zum Ausdruck, dass auch die Neuauflage »unserer« Stadtgeschichte gute Aufnahme und weite Verbreitung finden möge. Michael Kissel Oberbürgermeister der Stadt Worms Worms, im Sommer 2015

Vorwort

Das Stadtarchiv hat mit der ersten Auflage der vorliegenden Arbeit vor zehn Jahren eine neue Gesamtdarstellung der Stadtgeschichte von Worms vorgelegt, nachdem bis dahin mehr als einhundert Jahre seit dem Erscheinen der ersten Gesamtdarstellung aus der Feder von Heinrich Boos vergangen waren. Die im Vorfeld intensive Erschließung der reichen Archivbestände und die weitere Förderung der Erforschung der Stadtgeschichte haben unsere Arbeit seit 2005 stets begleitet und konnten weiter fortgeführt werden. Das Stadtarchiv begrüßt die Möglichkeit zur Aktualisierung und erneuten Verfügbarmachung des als Sammelband von Fachautorinnen und -autoren angelegten Bandes ganz außerordentlich. Die Neuauflage eröffnet die Chance, die »Geschichte der Stadt Worms« auf längere Sicht nach dem heutigen Stand (wieder) greifbar zu machen. Zugleich belegt das Neuerscheinen, dass die erste Auflage hinsichtlich ihrer Anlage, der Qualität und des vermuteten Interesses richtig angelegt war. Das Ziel der Arbeit bleibt auch in der neuen Auflage die Schaffung eines wissenschaftlich fundierten, aber dennoch lesbaren, gut ausgestatteten Handbuches zur Geschichte der Stadt, das als Fundament auch für weitere Arbeiten dienen soll. Auch die neu vorliegende Darstellung versteht sich als Grundlage für weitere Forschungen, auch nach zehn Jahren in vieler Hinsicht noch als Zwischenbilanz, als Aufforderung zu weiterer Arbeit an den Quellen. Durch die Neuauflage war es möglich, den Gang der wissenschaftlichen Forschung seit 2005 in einem beschreibenden Überblick und in Form einer mehr als einhundert Titel umfassenden Literaturliste vorzustellen. Die Darstellung der jüngsten Stadtentwicklung – notwendigerweise ein subjektiv gefärbter Versuch, wichtige Aspekte der selbst erlebten Zeitgeschichte der Stadt zu erfassen – führt Ereignisse und Entwicklungen bis in das Erscheinungsjahr der vorliegenden Gesamtdarstellung. Eine genauere Einordnung und klarere Bewertung der jüngsten Zeit bleibt dabei künftigen Darstellungen vorbehalten. Die übrigen Beiträge des Bandes geben die bereits in der ersten Auflage präsentierten Beiträge wieder. Für ihre weitere Erforschung haben sich durch Übernahme von Akten, Nachlässen und vielfältigem Sammlungsgut in das Stadtarchiv als dem »Gedächtnis der Stadt« seit 2005 samt der Erschließungsfortschritte in der Archivdatenbank die Grundlagen weiter laufend verbessert. Dies gilt in besonderer Weise auch für das fotografische Material, für das der Übergang in das digitale Zeitalter mit besonderen Herausforderungen verbunden bleibt. Neben der weiteren Erfassung der analogen Fotobestände sind von

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V ORWORT

der leistungsfähigen, überregional beachteten Fotoabteilung des Archivs inzwischen auch genuin digitale Fotosammlungen übernommen worden, deren Bewertung und Nutzbarmachung weitgehend noch aussteht. Das Stadtarchiv kann sich mit dem jetzt wieder vorliegenden Werk im Dienste der Bürgerschaft der Stadt der Erforschung und Vermittlung der Stadtgeschichte wieder neu und noch besser als bisher widmen. Die Konzeption verbindet wie schon in der ersten Auflage nach einem geographischen Einstieg einen größeren chronologischen mit einem kleineren thematischen Abschnitt. Im Rahmen einer einbändigen Geschichte können auf vielen Feldern einer so langen und ereignisreichen Geschichte naturgemäß nicht alle Themen ausführlich behandelt werden, jedoch ermöglicht die Anlage der Arbeit stets eine weitere Beschäftigung mit der einschlägigen Spezialliteratur. Im thematischen Teil werden auch hier wieder ausgewählte, für Worms zentrale bzw. charakteristische Themenfelder behandelt. Das Stadtarchiv dankt in diesem Zusammenhang zunächst den politisch Verantwortlichen, die ungeachtet der schwierigen kommunalen Haushaltslage bereit waren, das Vorhaben zu fördern. Oberbürgermeister, Kulturdezernent und die Mitglieder des Stadtrates haben dem Vorhaben stets Interesse und Förderung entgegengebracht, ein Umstand, der motivierend und damit für die Arbeit auch an der neuen Auflage sehr ermutigend war. Den Autorinnen und Autoren ist für ihr Engagement, ihre Beiträge und ihre fruchtbare Mitarbeit bei dem Gesamtwerk ebenso herzlich zu danken wie dem Theiss-Verlag. Dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter vor allem Herr Brückner, haben mit großem Einsatz, mit Kompetenz und Geduld die Herstellung des Bandes betreut. Die Kooperation war stets überaus angenehm; die Arbeit hat dabei von den reichen Erfahrungen des Verlages profitiert. Schließlich ist dem gesamten, engagierten und fachkundigen Team des Stadtarchivs ein herzlicher Dank für die großartige Gemeinschaftsleistung zu sagen. Ein ungewöhnliches Maß an Identifizierung aller Beteiligten mit den Notwendigkeiten des Projekts »Stadtgeschichte« war die Voraussetzung auch für die rasche Realisierung der zweiten Auflage des Bandes, dem wir die Hoffnung auf eine gute und nachhaltige Aufnahme in der Öffentlichkeit mit auf den Weg geben. Gerold Bönnen Leiter des Stadtarchivs Worms Worms, im Mai 2015

Inhalt

Worms und sein Umland – eine geografische Skizze Otto Kandler Seite 13 Worms von der vorgeschichtliche Epoche bis in die Karolingerzeit Mathilde Grünewald Seite 44 Worms – Stadt und Region im frühen Mittelalter von 600–1000 Thomas Kohl/Franz J. Felten Seite 102 Die Blütezeit des hohen Mittelalters: Von Bischof Burchard zum Rheinischen Bund (1000–1254) Gerold Bönnen Seite 133 Königtum – Fürsten – Städtebünde: Die Außenbeziehungen der Stadt Worms im Spätmittelalter Bernhard Kreutz Seite 180 Zwischen Bischof, Reich und Kurpfalz: Worms im späten Mittelalter (1254 –1521) Gerold Bönnen Seite 193 Kirchenregiment, reformatorische Bewegung und Konfessionsbildung in der Bischofs- und Reichsstadt Worms (1480 –1619) Frank Konersmann Seite 262

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I NHALT

Die Reichsstadt Worms im 17. und 18. Jahrhundert Gunter Mahlerwein Seite 291 Worms im Zeitalter der Französischen Revolution und Napoleons (1789/92 –1814/16) Franz Dumont Seite 353 Die hessische Landstadt in Vormärz und Revolution 1848/49 (1816–1852) Manfred H.W. Köhler Seite 401 Zwischen Reaktion und hessischer Städteordnung (1852–1874) Fritz Reuter Seite 441 Der Sprung in die Moderne: Das »Neue Worms« (1874 –1914) Fritz Reuter Seite 479 Von der Blüte in den Abgrund: Worms vom Ersten bis zum Zweiten Weltkrieg (1914 –1945) Gerold Bönnen Seite 545 Worms von 1945 bis zur Gegenwart Stephanie Zibell Seite 607 Die Ortssprache von Worms in Einzelaspekten Alfred Lameli Seite 650 Warmaisa – das jüdische Worms. Von den Anfängen bis zum jüdischen Museum des Isidor Kiefer (1924) Fritz Reuter Seite 664 Das geistliche Worms: Stifte, Klöster, Pfarreien und Hospitäler bis zur Reformation Gerold Bönnen/Joachim Kemper Seite 691

I NHALT

Baugeschichte und Baudenkmäler Irene Spille/Otto Böcher Seite 735 Soziale Verhältnisse und Arbeitsbedingungen in der Industriestadt Worms bis zum Ersten Weltkrieg Hedwig Brüchert Seite 793 Worms und das »Nibelungenlied« Otfrid Ehrismann Seite 824 Bemerkungen zur Entwicklung der Stadt Worms seit 2003 Gerold Bönnen Seite 850 Anmerkungen Seite 864 Abkürzungen und Siglen Seite 995 Bibliografie zur Geschichte der Stadt Worms Seite 996 Abbildungsnachweis Seite 1039 Register Seite 1041 Anmerkungen zur Erforschung der Wormser Stadtgeschichte 2005 bis 2015 Gerold Bönnen Seite 1078 Auswahlbibliografie: Neuere Forschungen zur Geschichte der Stadt Worms 2005 bis 2015 Seite 1086 Herausgeber und Autoren Seite 1094

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Worms und sein Umland – eine geografische Skizze O TTO K ANDLER

Das Konzept der Herausgeber sieht vor, der Wormser Stadtgeschichte ein Kapitel voranzustellen, in welchem die Stadt in ihr Umfeld eingebettet wird. Damit sind in erster Linie geografische Fragestellungen angesprochen: Die geografische und topografische Lage der Stadt, das vom geologischen Untergrund, geomorphologischen Prozessen, Klima und Vegetation geprägte Bild der Naturlandschaft und ihre Entstehungsgeschichte, aber auch die Veränderungen durch den wirtschaftenden Menschen, zum Beispiel im Zuge einer jahrtausendelangen Bodennutzung. In diesem Zusammenhang wird die Landwirtschaft, insbesondere der Weinbau angesprochen. Neben diesen Schwerpunkten soll von geografischer Seite noch ein kurzer Blick auf Größe und Struktur der Stadtbevölkerung sowie auf die Stellung der Stadt zu ihrem Umland geworfen werden, Letzteres aufgezeigt an den Pendlerströmen. Weitere, ansonsten ebenfalls in geografischen Abhandlungen anzusprechende Themen wie Entwicklung der baulichen Gestalt, Wirtschaft, Verwaltung etc. sind im Rahmen dieses Werkes den einschlägigen historischen Kapiteln zugeordnet.

Die Lage im Großraum Die rheinland-pfälzische kreisfreie Stadt Worms liegt in 49°37'52" nördlicher Breite und 8°21'45" östlicher Länge. Diese Gradnetzangabe ist zwar sehr exakt, aber gleichzeitig völlig abstrakt. Denn um einen Ort anschaulich im Raum zu verankern, muss man zu bekannten oder auffälligen Orientierungshilfen greifen. Das ist zum Beispiel bei Koblenz – am Zusammenfluss von Rhein und Mosel – oder Mainz – im östlichen Rheinknie gegenüber der Mainmündung – einfach. Auch Mannheim und Ludwigshafen sind durch die Neckarmündung gut zu verorten. Für Worms fehlen solche markanten Zeichen, denn die Angabe »an der Mündung der Pfrimm in den Rhein gelegen« ist wenig hilfreich; dazu ist die Pfrimm überregional zu unbekannt. Auch die in der Literatur immer wieder zitierte Wormser Brückenkopflage über den Rhein ist aus Karte und Atlas nicht zu erschließen. Es bleibt also nur eine einengende Angabe: Worms liegt am linken Rheinufer, 25 km nördlich von Ludwigshafen und 50 km südlich von Mainz. Topografisch ist die Lage von Worms leichter zu definieren. Dies ist besonders aus großmaßstäblichen Karten, aber auch – bei genauerem Hinsehen – aus normalen Atlas-

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UND SEIN

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EINE GEOGRAFISCHE

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karten zu ersehen: Eine deutliche Landschaftsgrenze durchquert nord-südlich verlaufend die Stadt. Östlich dieser Grenze dehnt sich kilometerweit ein fast reliefloses Gebiet aus. Die Höhen schwanken zwischen 88 und 92 m NN. Trotz dieser geringen Differenz von nur 4 m ist die Ebene abwechslungsreich gekammert. Oft mehrere Kilometer lang, aber nur wenige hundert Meter breit, durchziehen sichelförmig gekrümmte Sumpf- oder feuchte Grünlandstreifen die Ebene. Sie umschließen offene, meist intensiv genutzte Ackerflächen. Sumpfvegetation und Nasswiesen zeigen damit an, dass sie um einige Dezimeter näher am Grundwasser sind als die trockene Ackerflur, ein Höhenunterschied, der mit dem bloßen Auge kaum erkennbar ist. Waldinseln und Waldstreifen untergliedern die Landschaft weiter. Und überall Wasser: Eine Unzahl kleiner Kanäle, Teiche und Seen, große bogenförmige Gewässer mit kaum erkennbarer oder gar ganz fehlender Strömung und natürlich der Rhein, der dieser Ebene seinen Namen gibt. Ein ganz anderes Gesicht hat das Gebiet westlich der die Stadt Worms querenden Linie. Aus dem Niveau der Rheinebene bei 90 m NN steigt die Landschaft stetig an, erreicht im westlichen Stadtgebiet, etwa bei Pfeddersheim, ca. 160 m NN und behält diese Höhe dann bis zu einer Linie Bockenheim – Dalsheim – Westhofen bei. Diese »schiefe Ebene« ist leicht gewellt und wird von wenigen, flach muldenförmig eingesenkten Bachtälern in West-Ost-Richtung zerschnitten. Ackerflächen und Weingärten bestimmen das Bild, Wald fehlt völlig. Westwärts von Bockenheim – Dalsheim schwingt sich die Oberfläche steil nach oben, um in 270 bis 290 m NN in ein relativ ausdrucksloses Plateau überzugehen, das dann über Alzey hinaus bis Bingen, Ingelheim und Mainz den Charakter der Landschaft prägt. Rheinhessisches Tafel- und Hügelland wird dieser Raum westlich der Rheinebene genannt. Der Wormsgau oder Wonnegau, das hier interessierende Gebiet, nimmt also den südöstlichen Teil dieses Naturraums ein. Diese beiden angesprochenen Landschaften haben eine lange gemeinsame (Natur-)Geschichte. Sie soll in aller Kürze der Stadtgeschichte vorangestellt werden, auch wenn die extrem unterschiedlichen zeitlichen Dimensionen eine Verknüpfung zunächst wenig sinnvoll erscheinen lassen. Aber der geologisch-petrographische Aufbau des Untergrundes und die Oberflächenformen haben Einfluss genommen auf die frühe siedlungsgeschichtliche Entwicklung und haben bis heute Auswirkungen auf Siedlung, Wirtschaft, Verkehr und anderes mehr.

Die erdgeschichtliche Entwicklung im Tertiär Der kurze Gang durch die Erdgeschichte soll vor etwa 50 Millionen Jahren beginnen. Als Folge großräumiger Spannungen begann Europa entlang einer Linie vom westlichen Mittelmeer bis Südnorwegen zu zerbrechen, ein Vorgang, der bis heute nicht abgeschlossen ist. Dies geschah jedoch nicht entlang einer glatten Bruchlinie, sondern es spielte sich in einer wechselnd breiten Schwächezone ab, in der die Erdkruste in unzählige große und kleine Schollen zerlegt worden ist und immer noch wird, die dann gegeneinander überwiegend vertikal, aber auch horizontal bewegt werden.

D IE

ERDGESCHICHTLICHE

E NTWICKLUNG

IM

T ERTIÄR

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Die oberrheinische Tiefebene zwischen Basel und Mainz ist der mittlere Abschnitt dieser Nordnordost-Südsüdwest streichenden, hier etwa 30 bis 35 km breiten Schwächezone. In unserem Arbeitsbereich kreuzt sie eine noch 100 Millionen Jahre ältere, auch heute noch aktive NE-SW verlaufende tektonische Linie, was die regionale Geologie erheblich kompliziert. Sie hat auf unsere Betrachtungen aber nur insofern Einfluss, als sie für den Verlauf der Gebirge Hunsrück und Taunus verantwortlich ist, die unseren Raum nach Norden abschließen. In der Summe aller horizontalen und vertikalen Schollenbewegungen ist die Schwächezone ein Graben, was bedeutet, dass das 30 bis 35 km breite Krustenteil zwischen einer östlichen (Schwarzwald, Odenwald) und einer westlichen (Vogesen, Haardt, Pfälzer Wald) stabilen Hochscholle absinkt. Dabei wechseln Phasen hoher tektonischer Aktivität mit Phasen relativer Ruhe ab, wobei sich die Intensitätsbereiche auch regional verlagern. Eine Zeit hoher Mobilität begann vor etwa 40 Millionen Jahren. Von Süden nach Norden fortschreitend wurde die Bruchzone abgesenkt. Schließlich hatte sie vor 34 Millionen Jahren ein Niveau erreicht, dass das Meer über die burgundische Pforte in unser Gebiet vordrang. Gleichzeitig bildete sich am Nordwestrand der Schwächezone ein weiteres Senkungsfeld, das bis zum Pfälzer Wald im Westen und zum Rheingau im Norden reichte. Das Mainzer Becken war entstanden. Schließlich war die Absenkung so groß, dass auch von Norden über die Wetterau das Meer eindrang. Diese Verbindung bestand nur für kurze Zeit, meist waren der nördliche Oberrheingraben und das Mainzer Becken eine Lagune, die nur schwachen Wasseraustausch mit dem offenen Ozean hatte. Infolgedessen herrschten in den Tiefenzonen dieses Meeres, die natürlich im zentralen Senkungsbereich lagen, sauerstoffarme Verhältnisse. Hier konnten die abgestorbenen Organismen folglich nicht abgebaut werden, reicherten sich am Boden an und bildeten damit das Ausgangssubstrat für Erdgas und Erdöl (Förderung bis in jüngste Zeit ca. 100 000 t Rohöl und 30 Mill. m3 Erdgas jährlich. Förderorte z. B. bei Eich und im Landauer Feld). Dunkle Tone kennzeichnen dieses Ablagerungsmilieu. Im Flachwasser wurden Sande abgelagert, unter anderem auch die glimmerreichen Schleichsande, die dort, wo sie heute an die Oberfläche kommen, für Hanginstabilität und Rutschungen in ganz Rheinhessen verantwortlich sind, besonders stark zum Beispiel im Zellertal. Im Küstenbereich fossilisierte Krokodile und Schildkröten und Zähne von 28 Haifischarten zeigen subtropisch warmes Klima an. Nach zwei Millionen Jahren erlahmte die Absinkbewegung. Die Lagune wurde vom offenen Meer abgeriegelt, Flüsse süßten den Binnensee aus, Kalke mit einer großen Fülle von Landschnecken entstanden (abgebaut z. B. bei Gundersheim lieferten sie beliebte Bausteine und Brennkalke). Vor 24 Millionen Jahren drang noch einmal das Meer bis in unser Gebiet vor. Es herrschte vorwiegend Flachwassermilieu. Inseln durchragten die Wasserfläche, auf Untiefen wurden Riffe aufgebaut. Sie wurden zum Liefergebiet ehemals sehr beliebter Bausteine (Abbau z. B. Dalsheim, Westhofen) und sind heute Standort einiger Kalksteinbrüche zur Zementherstellung (Oppenheim). Vor 15 Millionen Jahren endete die marine Zeit in unserem Raum endgültig. Die Bäche aus den umgebenden Gebirgen mündeten in der Folgezeit nicht mehr in ein Meer, sondern vereinten ihre Wasser in einem zentralen Gewässer. Dieser Strom lässt sich vom nördlichen Schwarzwald im Oberrheingraben bis Worms und von dort über Alzey quer

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EINE GEOGRAFISCHE

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durch das Mainzer Becken bis Bingen verfolgen. Er konnte sich dabei allerdings kein richtig eingetieftes Tal schaffen. Dazu war das Gefälle auf dem ehemaligen Meeresboden zu gering. So durchzog er in bis zu 15 km weiten Schlingen die Landschaft und lagerte überall seine mitgeführten Sedimente ab. Im engsten Wormser Raum sind es viele Dutzend Meter, weil dort die zeitgleiche Absenkung am größten war, im Alzeyer Raum sind es nur noch wenige Meter und im Durchfluss durch das Schiefergebirge entlang dem heutigen Rheintal fehlen sie ganz. Wegen dieses Verlaufs bezeichnet man diesen vor zehn Millionen Jahren bestehenden Fluss als Urrhein. Dies soll deshalb hervorgehoben werden, weil in seinen Sedimenten eine weltweit berühmte Fauna gefunden wurde, so auch bei Westhofen. Sie spiegelt ein Milieu wider, das etwa den heutigen warmen bis heißen Steppen entspricht: Entlang des Gewässers, in dem sich Flusspferde tummelten, wuchsen dichte Galeriewälder, weiter vom Ufer entfernt und damit auf trockenerem Untergrund dominierten Graslandschaften, auf denen Pferd, Nashorn und Hirsch und das riesige Dinotherium giganteum lebten. Dieses weitläufig mit den Elefanten verwandte Tier, das den Sedimenten den Namen Dinotheriensande gab, erreichte eine Höhe von fast 6 m und eine Länge von über 6 m ohne Rüssel (heutige Elefanten sind etwa 3 m hoch und 4 m lang). Bis vor etwa 1 Million Jahren steuerte die räumlich differenzierte Tektonik die landschaftliche Entwicklung besonders stark. Während der Wormser Raum – wenn auch langsamer – doch gleichsinnig mit dem Graben weiter absank, blieb Rheinhessen zunächst in Ruhe und begann dann von West nach Ost fortschreitend sich zu heben. Die Flüsse aus Haardt und Pfälzer Wald schütteten zunächst weiße tonreiche Sande in das Senkungsfeld, in dem sich ein großer See aufstaute. Bei Kriegsheim werden sie für die keramische Industrie und die Glasherstellung gewonnen. Danach wurden in diesem See ockerfarbene Sande abgelagert. Der Urrhein durchfloss wohl diesen See von Süden nach Norden und vereinigte sich bei Mainz mit einem Urmain, dokumentiert durch die Arvernensisschotter, benannt ebenfalls nach einem den Elefanten ähnlichen Tier. Dies zeigt zweierlei: 1. Durch die Hebung in Rheinhessen war der Urrhein nach und nach ostwärts verlagert worden und hatte vor etwa einer Million Jahren seinen heutigen Verlauf bei Mainz erreicht. 2. Dem Fachmann sagt der Farbwechsel der Sedimente von Weiß nach Ocker, dass sich das Klima verändert hat. Es ist kälter, den Jetztzeittemperaturen ähnlicher geworden. Diese tektonische Zweiteilung unseres Arbeitsgebietes in einen sich hebenden Westund einen absinkenden Ostteil setzt sich bis heute fort. Als Grenze ist seit etwa 500 000 Jahren eine Bruchlinie anzusehen, die von Oppenheim südwärts zieht, bei Osthofen nach Südsüdost umbiegt, um unmittelbar östlich am Wormser Dom vorbei weiter südwärts zu verlaufen. Die landschaftliche Entwicklung geht also seitdem östlich und westlich dieser Linie getrennte Wege; erst jetzt werden das Rheinhessische Tafel- und Hügelland einerseits und das Oberrheinische Tiefland andererseits zu ihrer heutigen Form gestaltet. Folglich wird diese jüngste ins Quartär zu stellende Phase auch getrennt betrachtet.

D IE

QUARTÄRE

E NTWICKLUNG

DER

O BERRHEINISCHEN T IEFEBENE

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Die quartäre Entwicklung der Oberrheinischen Tiefebene Wie betont setzt sich die Absenkung im Graben im Quartär unvermindert, teilweise sogar besonders schnell fort. Liegen die ältesten oben angesprochenen marinen tertiären Gesteine 2 km östlich Worms schon in über 2 600 m Tiefe, so wurde während der letzten Million Jahre die gesamte Scholle nochmals um 200 bis 400 m tiefer gelegt. Das entspricht einer mittleren Absenkung von 0,4 mm/a, eine Größenordnung, die auch für die heutige Aktivität Gültigkeit hat, denn Nivellements zwischen 1938 und 1967 ergaben im Bereich Worms Höhendifferenzen von 15 mm. So minimal diese Beträge erscheinen, summieren sie sich doch zum Beispiel seit dem Neolithikum, der Sesshaftwerdung des Menschen, auf 2 bis 3 m. Diese Unruhe in der Erdkruste äußert sich in einer Unzahl ständig auftretender Erdbeben, die meist allerdings so schwach sind, dass sie nur instrumentell registriert werden. Aber auch stärkere Beben und sogar Schadbeben sind aus dem Oberrheingraben bekannt (Mainz 1. 1. 858, Basel 1356). Die Tabelle 1 zeigt eine kleine Zusammenstellung von überlieferten Ereignissen der letzten 1 200 Jahre im Wormser Raum. 18. 1. 838

Erdbeben im Mainzer Becken, gemeldet aus Worms, Mainz, Lorsch

23. 3. 845

Erdbeben in Worms

1. 1. 858

Erdbeben, das erhebliche Schäden verursacht. In Mainz stürzen Teile der Stadtmauer und der St. Alban-Kirche ein. In Worms sind die Schäden geringer.

21. 1. 1626

Kräftiges Beben in Worms und Umgebung

28. 11. 1642

Weit verbreitetes Erdbeben im Mainzer Becken, bestehend aus mehreren Stößen. Das Schüttergebiet reicht im Süden bis Herrenalb, im Norden bis Holland.

3. 8. 1728

Weit ausgebreitetes Erdbeben im Oberrheingraben. Gebäudeschäden auch in Worms

10. 5. 1733

Kräftiges, aus drei Stößen bestehendes Erdbeben

28. 11. 1776

Erdbeben am Oberrhein mit Sachschäden, genannt sind Mannheim, Worms.

13. 1. 1869 – 30. 7.1871

Mehr als 2 000 Erdstöße; davon 190 großräumig bemerkbar.

24. 2. 1952

Erdbeben im Rheintal. Aus Ludwigshafen werden Gebäudeschäden gemeldet.

Tab. 1: Auswahl gemeldeter Erdbeben seit 800 n. Chr.

Dass diese Senkungsbewegung ein für die Gestaltung der Tiefebene steuernder Faktor ist, ist nicht so leicht nachzuvollziehen, denn östlich von Worms liegt keine 200 bis 400 m tiefe und 30 km breite Einsenkung. Der Grund: Der Rhein kompensiert durch die Jahrhunderttausende diese Tieferlegung durch Ablagerung der Sande und Gerölle, die ihm aus den Randlandschaften und seit 700 000 Jahren auch aus dem Alpenraum zugeführt werden. Dabei ist festzustellen, dass die Sedimentfracht zu verschiedenen Zeiträumen sehr starken Wechseln unterlegen war. Denn das Quartär ist eine Zeit bedeutsamer Klimaschwankungen, die um ein Vielfaches größer waren als die gegenwärtig diskutierten. Mehrmals, zusammengefasst mindestens in sechs Zyklen, sanken die Jahresmitteltemperaturen um 8 bis 10 °C unter die heutigen. In diesen kalten Phasen wurden dem Fluss große Mengen Abtragungsmaterial zugeführt, gleichzeitig aber die Transportkraft des Fließgewässers wegen vielmonatiger Vereisung drastisch herabgesetzt. Mächtige Schotterpakete wurden dadurch im Oberrheingraben übereinander gehäuft, wobei die letzte Abla-

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EINE GEOGRAFISCHE

S KIZZE

gerungsphase, die etwa die heutige Oberfläche nachzeichnet, seit etwa 15 000 Jahren immer schwächer wurde und vor etwa 12 000 Jahren ausklang. Im geomorphologischen Sprachgebrauch wird dieses Niveau als Niederterrasse bezeichnet. Seitdem herrscht in Wellen fortschreitende Erwärmung, sodass es vor ca. 6 000 Jahren sogar deutlich wärmer war als heute. Damit änderte sich auch das Fließverhalten des Rheins. Überschwemmte er in den Sommern der Kaltzeiten die Ebene auf einer Breite von 15 bis 20 km, so schnitt er sich seitdem leicht ein und verringerte entsprechend dem jetzt fast ganzjährigen Abfluss sein Bett zu Normalwasserzeit auf wenige 100 m und auch bei Hochwasser stand nur noch ein schmaler Streifen der Ebene unter Wasser. Diese Situation galt bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts: Wegen des geringen Gefälles durchzieht der Fluss in weiten Mäandern die Ebene, dabei immer wieder seine zentrale Fließlinie verlagernd und damit Altwasserbögen zurücklassend. Die Verlagerung des zentralen Fließbereichs erfolgt dabei in Zeiten besonders starken Hochwassers. Dann führt der Fluss extrem große Mengen an Sanden und Schottern mit sich, die er bei Niedrigwasser wieder ablagert und mit denen er sich dann von Zeit zu Zeit auch seinen Lauf selbst verbaut. Die Abflussmenge zwischen Hoch- und Niedrigwasser schwankt seit einigen tausend Jahren im Mittel bei Worms zwischen 500 und 4 000 m 3/sec. Extremereignisse, die dann eine Flussverlagerung besonders fördern, wurden zum Beispiel 1824 (5 000 m3/sec.), 1882/83 (5 500 m3/sec.), 1955 (5 300 m3/sec.) und 1988 (5 350 m3/sec.) registriert. Mindestens zwölf solcher Mäandergenerationen sind im Großbereich Worms nachweisbar. Diese ständige Stromverlagerung ist für den bei der einführenden Landschaftsbeschreibung festgestellten Abwechslungsreichtum verantwortlich. Besonders die noch offenen, aber auch die schon verlandeten ehemaligen Flussabschnitte spielen heute im Natur- und Landschaftsschutz eine bedeutsame Rolle. Noch vor knapp 200 Jahren wurden aber genau diese Bereiche als sehr nachteilig angesehen, waren sie doch in Hochwasserzeiten eine ständige Bedrohung für Mensch und Vieh und bei Niedrigwasser eine Quelle von Seuchen, vor allem von Sumpffiebererkrankungen. So begann der Bauingenieur Tulla (Gründer der TU Karlsruhe) Anfang des 19. Jahrhunderts mit der Rheinbegradigung. Mäanderbögen wurden durchstochen, damit sich die Lauflänge verkürzt und das Gefälle und die Fließgeschwindigkeit erhöht. Die Folgen sind Einschneidung des Flusses um ca. fünf m und Absenkung des Grundwassers um 5 bis 7 m. Damit waren die Fiebergebiete trockengelegt und reichlich leicht beackerbares Neuland gewonnen, in Zeiten eines starken Bevölkerungsdrucks ein äußerst willkommener Effekt. Unmittelbar bei Worms wurde erst 1879 zwischen Stromkilometer 438 und 440 der Rhein begradigt und damit der Lampertheimer Altrhein geschaffen. Heute sieht man diese Tulla’sche Landschaftsumgestaltung sehr viel kritischer. Denn durch den schnelleren Durchlauf der Wassermassen sind die Hochwasserscheitel gestiegen und damit wieder zu einer Bedrohung geworden, weil gleichzeitig die den Abfluss bremsenden natürlichen Retentionsräume durch Dämme vom Fluss abgetrennt wurden. Und so werden diese von der Natur vorgegebenen jährlichen Abflussschwankungen paradoxerweise zu Naturkatastrophen, weil der Mensch gegen jede Logik auch Wohn- und Industrieanlagen in den Überschwemmungsgebieten errichtet hat und immer weiter errichtet.

D IE

QUARTÄRE

E NTWICKLUNG

DES

W ORMSGAUS

19

Die quartäre Entwicklung des Wormsgaus als Teil des Rheinhessischen Tafel- und Hügellandes Wie schon gesagt, koppelte sich vor einer Million Jahren der Bereich westlich der Linie Oppenheim – Worms tektonisch vom Oberrheingraben ab, indem von Westen (Pfälzer Bergland, Hunsrück-Südrand) nach Osten fortschreitend das Gebiet gehoben wurde. Ganz zum Schluss wurde vor etwa 500 000 Jahren auch das engere Wormser Stadtgebiet in die Hebung einbezogen. In Rheinhessen kombinierten sich also im Quartär, im Gegensatz zum sinkenden Oberrheintiefland, Hebungsprozesse mit Klimaschwankungen. Der Raum wurde Liefergebiet für die Schuttmassen, die im Rheingraben sedimentiert wurden; in den kalten Phasen war die Schuttproduktion enorm. Intensiver Frost zersprengte die Gesteine an der Oberfläche. Der Boden war ganzjährig viele Meter tief gefroren und taute während der kurzen Sommerzeit nur maximal einen Meter tief auf. Durch Schmelzwasser extrem durchfeuchtet flossen die Lockermassen schnell hangab (Solifluktion), zumal eine bremsende Vegetationsdecke als Folge der Klimaverhältnisse fehlte. Man kann flächig von einer schütteren Flechtentundra (wie heute im nördlichsten Skandinavien), in besonders geschützten Lagen vielleicht niedriger Strauchvegetation (Heidelbeeren, Preiselbeeren) ausgehen. Wollnashorn, Rentier, Eisfuchs, Moschusochse und natürlich das Mammut belegen das subarktische Milieu. Für die Gestaltung der Oberfläche bedeutet das zweierlei: Einmal wurden die Hangbereiche durch die Bodenflussbewegungen abgeflacht und eingerundet, zum anderen konnten die Nebenflüsse, hier Pfrimm und Eisbach, die anfallenden riesigen Schuttmassen nicht komplett dem Rhein zuführen und verfüllten folglich damit ihre Talmulden. In Zeiten der Klimaerwärmung schnitten sich die Bäche in ihre eigenen Schuttmassen wieder ein, sodass alte Talböden über dem jeweiligen Gerinnebett erhalten blieben. Terrassen entstanden, die ältesten hoch am Hang, die jüngste unmittelbar dem Gerinne benachbart. Schotter, die im Rheingraben also ganz unten liegen, sind im Hebungsgebiet ganz oben. Diese Terrassen begleiten zum Beispiel die Pfrimm bis in die Nähe ihres Quellgebietes zurück. Die jüngste kaltphasige Aufschüttung war im Würm und endete vor ca. 15 000 Jahren mit der schon oben angesprochenen Niederterrasse, im Tiefland die höchste Fläche, im Hügelland die niedrigste Verebnung bildend. Dabei muss erwähnt werden, dass bei der Mündung der Seitenflüsse (hier der Pfrimm) in den Rhein diese mit den mitgeführten Sanden und Schottern große Schwemmfächer aufschütteten, die später bevorzugte Siedlungsflächen wurden, auch im Fall von Worms. Und noch etwas ist von eminenter Bedeutung für den Raum. Die Übergänge von Jetztzeitklima (Warmzeiten) zu Kaltzeiten (fälschlicherweise auch Eiszeiten genannt) waren nicht schlagartig, sondern verliefen in Zeiträumen. Folglich änderten sich auch die Prozesse, welche die Landschaft formten, fließend. So fanden die Frostverwitterung, die Transportüberlastung der Fließgewässer und damit die Sedimentation vorwiegend in den Zeiten der starken Abkühlung, die Einschneidung der Gewässer bei aufsteigender Erwärmung statt. In der Kulmination der kältesten Phasen herrschten modifizierte Verhältnisse. Es war so kalt, dass nur noch geringe Niederschläge fielen; zur Kälte kam die Trockenheit. Die Oberfläche war häufig frei von Schnee bei noch spärlicherer, oft sogar

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völlig fehlender Vegetation. Stürme konnten aus den Schuttflächen vor allem der weiten Bach- und Flusstäler Material aufnehmen und abtransportieren; gröbere Sandpartikel nur über eine kurze Strecke, feineren Staub auch über große Entfernungen. Der Sand wurde nahe beim Liefergebiet zu Dünen aufgehäuft (heute die Bereiche des Spargelanbaus überall in der Oberrheinebene), der Staub wurde über die gesamte Region ausgebreitet. Dieses als Löss bezeichnete äolische Sediment erreicht auf den Flächen eine mittlere Mächtigkeit von 2 m, in Leelagen kann das Paket aber bis zu 15 m mächtig werden. Dadurch wurden die vorher bestehenden Reliefunterschiede geglättet, zum Beispiel sind die oben angesprochenen Terrassen nur noch andeutungsweise erkennbar. Auf den Löss und seine überragende Bedeutung für die Kulturlandschaftsentwicklung soll weiter unten im Zusammenhang mit der Landwirtschaft eingegangen werden. Die unterschiedlichen Landschaftstypen in der Nachbarschaft von Worms sind also letztlich das Ergebnis differenziert wirksamer Tektonik. Zur Ausgestaltung des heutigen (Natur-)Landschaftsbildes trug aber noch entscheidend das Klima bei. Das Präfix ›Natur‹ wurde eingeklammert, weil der Mensch in Jahrtausenden aktiv den Raum so umgestaltet hat, dass der Naturzustand nirgends mehr vorzufinden ist. Auch die ausgewiesenen Naturschutzgebiete dokumentieren bestenfalls einen naturnahen Zustand (z. B. die Rheinauen) oder konservieren sogar ausschließlich vom Menschen geschaffene Landschaftsteile (z. B. die Hohlwege, s. u.).

Zum Klima des Wormser Raumes Das Großklima des Wormser Raumes ist charakterisiert durch die Lage in der überwiegend durch westliche Winde geprägten »kühl gemäßigten Zone« der mittleren Breiten. Es sind dementsprechend hauptsächlich atlantische (also maritime) Luftmassen südwestlicher, westlicher und nordwestlicher Herkunft, die das Wettergeschehen steuern. Als Folge dieses Einflusses sind im Allgemeinen alle thermischen Schwankungen gedämpft, im Sommer ist es nicht zu heiß, im Winter nicht zu kalt und das Niederschlagsgeschehen verteilt sich auf das ganze Jahr. Nur episodenhaft treten östliche (und damit kontinentale) Luftmassen oder auch direkt in Mitteleuropa geprägte Witterungseinflüsse hinzu, was sich dann häufig in sommerlichen Hitze- und winterlichen Kälteperioden niederschlägt. Die »sibirische Kälte« ist sprichwörtlich. Diese so allgemein formulierte, großräumig gültige Klimagestaltung wird regional variiert durch die besondere, oben angesprochene topografische Lage von Worms im Oberrheinischen Tiefland, nach Westen hin umschlossen von Pfälzer Wald und Rheinischem Schiefergebirge. Diese Gebirge schirmen unseren Raum gegen Westen etwas ab, was die typischen Klimaeigenheiten der gesamten Beckenregion zur Folge hat. Die das Klima von Worms charakterisierenden Daten sind aus Tabelle 2 zu ersehen: Die Mitteltemperaturen der Sommermonate liegen nahe 20 °C, womit die Region zu einem der wärmsten Gebiete Deutschlands wird.

Z UM K LIMA

I

II

1,0

TM

III

DES

21

W ORMSER R AUMES

IV

V

VI

VII

VIII

IX

X

XI

2,4

6,1

10,0

14,4

17,8

19,4

18,8

15,4

10,4

5,4

XII 2,2

10,2

a

maxTM

3,2

5,3

10,2

15,0

19,6

23,0

24,7

24,2

2o,7

14,1

7,9

4,2

14,3

minTM

–1,4

– 0,4

2,4

5,6

9,8

13,0

14,5

14,2

11,3

7,7

3,0

0,0

6,6

Ampl.

4,6

5,7

7,8

9,4

9,8

10,0

10,2

10,0

9,4

6,4

4,9

4,2

7,7

maxTabs

13,9

18,2

25,3

30,0

31,7

36,2

36,1

35,7

32,8

27,5

17,6

16,2

minTabs

–17,1

–15,9

–10,3

– 4,2

0,6

4,6

7,5

6,3

4,6

– 2,9

– 6,4

–13,5

36

34

37

39

63

68

68

58

49

47

46

43

Nmm

Tropentage (maxT>30 °C)

10

Tage mit N>0,1mm

162

Sommertage (maxT>25 °C)

47

Tage mit N>1,0mm

108

Frosttage (minT10,0mm

13

Eistage (maxT1 mm/ Tag: Mittel 108, Schwankung 77–146). Die stärksten Niederschlagsereignisse sind im Sommer an Gewitter, im Winter an Dauerregen gebunden. Nach so viel Unterschiedlichkeit tut sich die Frage auf, ob Klimatabellen überhaupt sinnvoll sind. Uneingeschränkt Ja; aber nur wenn sich der Nutzer der Wechselhaftigkeit bewusst ist und bei einschlägigen Fragen die Spannbreite der Abweichungen in seine Antwort mit einbezieht. Daran mangelt es leider sehr häufig – wissentlich oder unwissentlich. Das wird immer dann deutlich, wenn klimatisches Datenmaterial – je nach Ziel-

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9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 °C –1 –2 –3 –4 –5 –6 –7 –8 –9 –10 –11

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S KIZZE

Tm = –0,5 °C 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31

Grafik 3: Die mittlere Temperatur im Januar 1971 und die Mitteltemperatur der Einzeltage des Monats

vorstellung des Benutzers – in Fragen der Landwirtschaft, des Hochwasserschutzes, der Planung von Gewerbegebieten oder Verkehrsanlagen usw. eingesetzt werden muss. Am einzelnen Objekt wird die Lösung klimarelevanter Probleme aber auch sehr schwierig, manchmal fast unmöglich. Denn zu der zeitlich dynamischen Variabilität kommt nun noch die Beeinflussung der unteren Atmosphärenschichten durch Relief, Vegetation, Bebauung usw. Diese Einflüsse treten besonders bei windschwachen Wetterlagen in Erscheinung. Sie zeitigen das, was als Lokalklima oder Geländeklima, in unserem Falle als Stadtklima zusammengefasst wird. Der Einfluss des Reliefs macht sich besonders nachts bemerkbar und beruht auf der Tatsache, dass unterschiedlich temperierte Luft unterschiedlich schwer ist. Nächtlich abgekühlte schwere Luft fließt dementsprechend im Gelände hangab, sammelt sich in den Talzonen und strömt dort weiter talab oder staut sich an Hindernissen zu Kaltluftseen mit hoher Frostanfälligkeit auf. Deswegen sind Rebanlagen in der Region nie in der Talsohle zu finden. Die Vegetation unterstützt die Stärke der Abkühlung durch Verdunstungskälte. Der angenehme Aufenthalt in einem Park an einem heißen Sommertag ist jedem bekannt. In Stadtregionen spielt die Bebauung weiterhin eine große Rolle, denn Steine, Beton und Asphalt speichern die Wärme des Tages bis weit in die Nacht. Insgesamt wird so das ohnehin komplizierte Klimageschehen noch einmal stark regional aufgesplittert, und zwar in bedeutenden Größenordnungen. Die geländeklimatische Gliederung des Wormser Raumes ist in Teilen in der »Stadtklimauntersuchung Worms« der SPACETEC zusammengefasst. Wie zu erwarten sind die besonders warmen Bereiche die dichtester Bebauung und Bodenversiegelung. Dazu gehören der Stadtkern, Teile von Horchheim, aber auch alle anderen Ortskerne, allerdings in abgeschwächter Form. Ihnen stehen die Gebiete gegenüber, in denen nächtlich Kaltluft produziert wird. Es sind die ackerbaulich genutzten Flächen und sanften Rücken südlich von Wiesoppenheim, zwischen Heppenheim und Pfeddersheim, das gesamte Feld zwischen

L ÖSS

UND

L ANDSCHAFTSBILD

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Pfeddersheim, Herrnsheim, Mörstadt, Abenheim und der Raum nördlich von Abenheim. Von den Höhen fließt die entstandene Kaltluft in die Täler von Eisbach, Pfrimm und Lachgraben. Leider sind diese Talsysteme aber als Frischluftbringer für die überwärmte Innenstadt nur von geringer Bedeutung, weil zum einen Pfrimm- und Eisbachtal so stark verbaut sind, dass ein Kaltluftfluss ständig gestaut wird, und zum anderen der funktionierende Kaltluftstrom des Lachgrabens nördlich an der Stadt vorbeigeht. Die überwärmte, mit Immissionen belastete Luft der Innenstadt kann so nur von der ebenfalls Kaltluft produzierenden Rheinaue melioriert werden. Die Größenordnung der städtischen Überwärmung gegenüber dem nahen Umland ist mit 2 °C im Jahresmittel sehr groß. Zum Vergleich: Die Differenz der Jahresmitteltemperatur zwischen den Klimastationen Worms und Hamburg beträgt 1,8 °C. Das unterstreicht noch einmal, dass klimatische Aspekte bei Raumentwicklungsfragen dringend berücksichtigt werden müssen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das Großklima eines Raumes langfristig durch natürliche Klimaschwankungen und kurzfristig durch Wechselhaftigkeit charakterisiert ist. Unter Einflussnahme der Erdoberfläche entwickeln sich daraus die Grundzüge des Lokalklimas, das letztlich an der Kulturlandschaftsentwicklung und dem Bild der heutigen Umwelt stark prägend mitbeteiligt ist.

Löss und Landschaftsbild Im Rahmen der quartärgeologischen Betrachtung wurde bewusst der Löss nur knapp und unzureichend angesprochen. Diese Lücke soll nun an dieser Stelle geschlossen werden. Die Begründung für die Abtrennung von der Geologie ist einfach zu geben: Der den ganzen Wormser Raum in wechselnder Mächtigkeit überdeckende und damit das Relief ausgleichende und verschleiernde Löss hat eine überragende Bedeutung für das Bild der Natur- und die Entwicklung der Kulturlandschaft. Dieser prägende Einfluss des Gesteins kommt aber nur im Zusammenspiel mit dem Wirkungskomplex Klima zum Tragen. Das gilt für die Zeit seiner Entstehung bis in die Gegenwart. Um dieses Geflecht deutlich zu machen, ist die Kenntnis des regionalen Klimageschehens notwendig. Deshalb wurde das Kapitel Klima zwischengeschaltet. Wie oben gesagt, fällt die Entstehung des Lösses in eine Kaltzeitphase, die durch Trockenheit und extreme Kälte charakterisiert war. Durch Frostsprengung wurden die Oberflächengesteine in immer kleinere Partikel zerlegt. Es fehlte aber als Folge der tiefen Temperaturen fast jede chemische Verwitterung. Der von starken Winden in den Liefergebieten (z. B. Schotterfluren des Rheins) aufgenommene und in der Nachbarschaft als Löss wieder abgelagerte Gesteinsstaub hat also praktisch die gleiche chemische Zusammensetzung wie das Ausgangsgestein. Alle für die Bodenfruchtbarkeit wichtigen Minerale sind dementsprechend noch vorhanden. Noch während der Sedimentation jüngerer Staubschichten wurden in den darunter liegenden, also vorher abgelagerten, die Einzelkörner durch den Kalkanteil fest verbacken. Die Vorgänge von Ablagerung und Verfestigung liefen über mehrere tausend Jahre zwischen 25000 und 18000 v.h. ab. Damit wur-

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den die Grundeigenschaften des Substrates Löss festgelegt: hohe Standfestigkeit, große Wasseraufnahmefähigkeit im Porenraum zwischen den Körnern und potentielle Bodenfruchtbarkeit. Jede Einwirkung auf diese Eigenschaften zum Beispiel durch klimatische Veränderungen oder anthropogene Aktivitäten zeitigt dann typische, nur Lösslandschaften eigene Ergebnisse. Hierzu ein paar auch den Wormser Raum prägende Beispiele: 1. Durch seine flächige Ausbreitung einerseits reliefausgleichend, kann der Löss durch Einwirkung des Menschen andererseits auch reliefverstärkend sein. Hier seien die überall an der Rheinfront bekannten Hohlwege genannt. Ihre Entstehung: Unter der Belastung von Fahrzeugrädern zerbricht das Kalkgerüst des Lösses. Die nun losen Einzelkörner werden durch den nächsten Regen leicht abgeschwemmt. So tiefen sich zunächst die Radspuren und dann der gesamte Fahrweg schnell ein, während der unverletzte Löss senkrechte Wände bildet. In wenigen Jahrzehnten entstehen viele Meter tiefe und oft nur wagenbreite Gassen. Diese Lösshohlwege bildeten früher ein dichtes Schluchtennetz, vor allem am Übergang von den Tälern auf die Höhen. Der in allen Gemarkungen verbreitete Name »Hohl« belegt dies. Mit der Mechanisierung in der Landwirtschaft wurden diese Wege immer mehr zum Hindernis. Vor allem als Ergebnis der Flurbereinigungen sind sie deshalb fast völlig aus dem Landschaftsbild verschwunden. Die wenigen verbliebenen Exemplare werden heute dagegen streng geschützt, denn sie sind die einzigen Rückzugsräume für die regionale Flora und Fauna in einer ansonsten ausgeräumten Agrarlandschaft. 2. Neben dem Relief prägt die Vegetation das Bild der Naturlandschaft. Auch hier haben Lösslandschaften eigene Züge. Parallel zur oben beschriebenen postglazialen Erwärmung ersetzten Wärme liebende Pflanzen nach und nach die Tundrenvegetation. Vor etwa 9 000 Jahren war schließlich ganz Mitteleuropa von einem dichten Waldkleid überzogen. Man kann aber davon ausgehen, dass das nicht in gleichem Maße für Rheinhessen galt. Denn die ohnehin geringen Niederschläge unseres Raumes versickerten zu einem großen Teil im porenreichen Löss, sodass die den Pflanzen zur Verfügung stehende Wassermenge für eine geschlossene Walddecke nicht ausreichte. In den feuchteren Phasen, beispielsweise während des Atlantikums vor ca. 5 500 Jahren, ist deshalb hier bestenfalls mit einer parkartigen Landschaft zu rechnen, in den trockneren Phasen wohl sogar nur mit einer weiten Grassteppe. Reste von Schwarzerden, wie sie heute zum Beispiel in den Steppen Südrusslands zu finden sind, belegen dies. Nur in den lössfreien Flussund Bachtälern (ehemals ja die Liefergebiete des Lösses) waren die Bedingungen für Waldvegetation – in unserem Fall feuchte Auewälder – gegeben. 3. Zeitigten die Lösseigenschaften durch Standfestigkeit und Porenvolumen charakteristische Relief- und Vegetationsbilder, so werden beide durch die Auswirkungen der potentiellen Bodenfruchtbarkeit in ihrer Bedeutung für das Landschaftsbild noch weit übertroffen. Denn durch die Erwärmung wurde nicht nur eine anspruchsvollere Vegetation ermöglicht, sondern gleichzeitig wurden auch chemische Verwitterungsprozesse wieder in Gang gesetzt. Diese führten in den oberflächennahen Bereichen zur Aufspaltung der Minerale in für das Pflanzenwachstum verfügbare Bausteine. Sich zersetzendes organisches Material lieferte wiederum Säuren, die den Zerfallsprozess der Minerale verstärkten. Diese Vorgänge führten zur Bildung von Böden, die in Folge des mineralreichen

D IE L ANDWIRTSCHAFT

IM

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Ausgangssubstrates zu den fruchtbarsten überhaupt gehören. Je nach topografischer Situation und Reifezustand handelt es sich um Pararendzinen, Parabraunerden und Braunerden. Damit waren in den Lössgebieten Rheinhessens alle Voraussetzungen für eine Gunstlandschaft erfüllt: Wärme und ausreichende Feuchtigkeit, äußerst fruchtbare, infolge der Feinkörnigkeit auch leicht zu bearbeitende Böden, lichte Vegetation, die aufwändige Rodungsarbeit ersparte. Löss und Klima führten also dazu, dass schon in frühesten Zeiten der Mensch diesen Raum nutzte und ihn so umgestaltete, dass von der Naturlandschaft nichts mehr übrig ist. Selbst naturgeschützte Räume, wie zum Beispiel die Hohlwege, sind nur »Natur aus zweiter Hand«. Die Lössgebiete Rheinhessens sind seit dem frühen Neolithikum landwirtschaftlich geprägte Kulturlandschaften, manchmal etwas abfällig auch als »Kultursteppen« bezeichnet. Dazu passt ein in der Region gängiges ironisches Wort: »Was höher ist als Korn und Rebe ist nutzlos«; oder positiver die Beschreibung Merians von Rheinhessen in seiner Topographia Germaniae: »… über die Maßen fruchtbar an Wein und Kornfrüchten.«

Die Landwirtschaft im Wormser Raum Aus dem vorher Gesagten ergibt sich fast zwangsläufig, dass der Landwirtschaft ein eigener Abschnitt gewidmet wird, auch wenn sie in der Wirtschaftsbilanz von Worms heute nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Dabei wird die Strukturveränderung dieses Wirtschaftszweiges nach dem Zweiten Weltkrieg knapp beleuchtet und ein besonderes Augenmerk auf den Weinbau gerichtet. Die rheinhessische Landwirtschaft ist über Jahrhunderte hinweg als Gemischtwirtschaft zu typisieren. Ackerbau und Viehzucht, ergänzt durch Sonderkulturen von Wein, Obst und Gemüse prägen die Betriebe. Um 1950 dominierten in erster Linie Klein- und Mittelbetriebe. Das geht aus der Grafik 4a deutlich hervor. Von den 1 230 Betrieben im heutigen Wormser Stadtgebiet bewirtschafteten 560 (= 46 %) weniger als 2 ha und weitere 418 Betriebe (= 34 %) zwischen 2 und 10 ha. Dagegen existierten nur knapp 250 Betriebe (= 20 %) mit mehr als 10 ha Nutzfläche. Diese Strukturen änderten sich bis zur Jahrtausendwende dramatisch. Die Gesamtzahl der bäuerlichen Unternehmen sank auf 270, eine Schrumpfung auf gut ein Fünftel der Situation des Jahres 1950. Dabei erfolgte der stärkste Einbruch zwischen 1960 und 1970. Genauso dramatisch wie der Rückgang der Zahl der Betriebe ist die Veränderung in den Betriebsgrößenklassen. Im Jahr 2000 wurden nur noch 110 Klein- und Mittelbetriebe (bis 10 ha) gezählt, womit ihr Anteil nur noch 40 Prozent beträgt. Die Quote der großen Unternehmen über 10 ha ist dagegen auf 60 Prozent gewachsen, vor allem die Betriebe über 20 ha haben sich seit 1950 von 35 auf 122 fast vervierfacht. Die Gründe für diese Umstrukturierungen sind vielschichtig, lassen sich aber stark vereinfacht so zusammenfassen: Die Öffnung der Märkte brachte sinkende Preise und erzwang höhere Produktivität. Diese war nur durch stärkere Investition in die Mechanisierung und Rationalisierung zu erreichen. Dies konnte die Mehrzahl besonders der kleineren Betriebe nicht leisten. Sehr erschwerend machte sich hier die

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Besitzstruktur bemerkbar; denn die in der Region traditionelle Realerbteilung hat eine Besitzzersplitterung in Parzellengrößen erbracht, auf denen Maschineneinsatz kaum noch lohnt. Im Durchschnitt muss ein Betrieb 20 bis 25 solcher über die Gemarkung verteilten Zwergparzellen bearbeiten, was zusätzlich erheblichen Wegezeiteinsatz erfordert. Genauso umwälzend waren in diesen 50 Jahren die Veränderungen in der Bewirtschaftung (Grafik 4b). Nur noch oder immerhin noch 25 Prozent der Betriebe betreiben die klassische rheinhessische Mischwirtschaft von Viehhaltung und Ackerbau, wobei sich die Viehbestände allerdings gewaltig verkleinert haben. (Rinder: 1950 ca. 1800 Stück, 2000 noch 250 Stück; Schweine: 1950 3800 Stück, 2000 800 Stück; Pferde: 1950 900 Stück, 2000 90 Stück). Dies hat natürlich auf die Bodennutzung entscheidenden Einfluss. Grünland- und Futterpflanzen für die Rinderhaltung streben in der Bodennutzung heute gegen Null, genauso wie der Hackfruchtanbau (Kartoffeln als Schweinefutter) auf Kosten des Getreideanbaus zurückging. Erst in jüngster Zeit wächst der Anteil der Hack-

1400

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Betriebe

1000

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600 > 20 ha 400

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< 2 ha 1952

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ha

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Wein Hackfrüchte

2000 Getreide Futterpflanzen

0 1952

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2000

Grafik 4: Die Entwicklung von Betriebsstruktur und Bodennutzung in der Landwirtschaft von Worms zwischen 1952 und 2000 a. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in den Betriebsgrößenklassen b. Die wichtigsten Bodennutzungsarten

Z UM W EINBAU

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früchte wieder, allerdings werden nun überwiegend Zuckerrüben angebaut. Die für die rheinhessische Mischwirtschaft ebenfalls typischen Streuobstwiesen sind heute aus dem Kulturlandschaftsbild verschwunden. In der Größe hat sich die gesamte ackerbaulich genutzte Fläche von knapp 6000 ha im Jahre 1950 auf ca. 4500 ha im Jahr 2000 verringert. Im gleichen Zeitraum wuchs der Rebflächenanteil von 350 ha auf fast 1600 ha an und besetzt damit heute 25 Prozent der Landwirtschaftsflächen mit weiterhin wachsender Tendenz. Das seit Jahrhunderten dem Raum zuerkannte Attribut »Land der Traube und Ähre« trifft heute mehr denn je zu. Wegen dieser – nicht nur optisch – den Raum prägenden Kraft des Weinbaus soll ihm ein etwas vertiefender Abschnitt gewidmet werden.

Zum Weinbau Die Rebpflanze ist in unserem Raum seit dem Tertiär heimisch, in den Kaltzeiten des Quartärs wohl nach Südwesten abgedrängt, aber bei Erwärmung immer wieder, so auch nach der letzten kalten Phase, in unseren Raum, vor allem in die feuchten Auewälder, zurückgekehrt. Dies ist botanisch belegt, ebenso wie die Tatsache, dass schon die steinzeitlichen Jäger und Sammler die Früchte zu schätzen wussten. Trotzdem wurde das wichtigste Produkt der Rebe, der Wein, bis nach der Zeitenwende in unseren Raum importiert. Erst gegen Ende des 1. Jahrhunderts schien es den Römern wohl sinnvoller, den Wein vor Ort zu produzieren als ihn über große Strecken zu transportieren. Belege dafür sind Traubenkerne und Rebruten, die man in entsprechenden Kulturschichten gefunden hat (z. B. in Mainz). Dass sich der Rebanbau aber in diesem Zeitabschnitt rasant ausbreitete, bezeugen über das ganze Land verstreute Fundorte von Werkzeugen wie Karste, Winzermesser und Keltern. Es scheint sicher, dass seit dieser Zeit der Rebanbau kontinuierlich bis heute in unserem Gebiet betrieben wird. Zwar stagnierte er wohl etwas während der Völkerwanderungszeit, aber die Dichte der (seit dem 8. Jahrhundert auch urkundlichen) Belege in fränkischer Zeit bezeugen die flächendeckende Verbreitung der Kultur etwa in den Grenzen des heutigen Weinanbaugebietes. Aus dem Wormser Stadtgebiet wird Pfeddersheim 763 und Worms 766 erstmals erwähnt. Aus karolingischer Zeit ist die Einrichtung von Mustergütern bekannt (z. B. in Ingelheim). Vor allem bezeugen aber die Erlasse zu Anbau und Bewirtschaftung (Rebschnitt, Weinausbau und -lagerung) die große Bedeutung dieses Wirtschaftszweiges. Ein weiterer Markstein in der Weinbauentwicklung wird ebenfalls durch Karl den Großen gesetzt, der bessere Rebsorten, besonders die Burgunderrebe, einführte. In der Folgezeit übernahmen die Klöster und anderen geistlichen Institutionen die Fortentwicklung der Weinbergs- und Kellerwirtschaft, wobei sie selbst die besten Lagen besetzten. Die Qualität des rheinhessischen Weines erreichte überregionales Renommee. Allenthalben entstanden Weinmärkte, die ein weites Einzugsgebiet bis nach Holland hatten. Und man kaufte sich von außerhalb in der Region ein. So hatten zum Beispiel die Klöster von Fulda, Würzburg, Prüm, Metz und Tholey Weinbergsbesitz in Rheinhessen. Der Wormsgau war das Herzstück von »des Reiches Weinkeller«. In den folgenden Jahrhunderten wurde die Rebfläche weiter ausgedehnt, erreichte teilweise deutlich weitere Verbreitung als heute, sicher nicht zuletzt auch eine Folge der günstigen Klimaphase. Aber da die Maxime »Masse statt Klasse« war, ging die

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Qualität zurück und der gute Ruf des Weines verloren. Damit begann ein langsamer, aber lang anhaltender Niedergang, verstärkt durch den Bauernkrieg (1524/25), den Dreißigjährigen Krieg (1618 –1648) und den Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688 –1697). Südweinimporte und der wachsende Konsum von anderen Getränken wie Kaffee forcierten die Krise. Um 1700 konnte der regionale Eigenbedarf kaum noch gedeckt werden. Man versuchte gegenzusteuern. Neupflanzungen durften nur in ausgewiesenem Weinbergsgelände stattfinden, qualitativ hochwertige Rebsorten mussten gesetzt werden, so um 1700 in großem Umfang der Riesling. Der Weinbau erholte sich etwas. Aber andere Weinbaugebiete wie Rheingau und Mosel waren vorbeigezogen. Die Folgen waren Preisverfall und Absatzprobleme der vergleichsweise schlechten Massenweine. Im 19. Jahrhundert taten Reblausbefall und andere Krankheiten wie Sauerwurm, Schimmel und Peronospora ein Übriges. Um 1910 war der rheinhessische Weinbau auf dem absoluten Tiefpunkt. Kurz vorher setzten gezielte Förderungsmaßnahmen ein: Ausbildung der Winzer in Weinfachschulen; Entwicklung und praktische Umsetzung von neuen Techniken in Weinbau und Kellerwirtschaft; Rebzüchtung in Fachinstituten. Dazu wurden die Landeslehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Gartenbau in Oppenheim (1895) und die Landesanstalt für Rebzüchtung in Alzey (1907) gegründet. Winzergenossenschaften zur Steigerung des Absatzes entstanden (Gau-Bickelheim 1897), staatliche Musterbetriebe (Weinbaudomänen) wurden eingerichtet. Trotzdem trat zunächst keine entscheidende Veränderung ein. Erst nach 1950 kam eine Entwicklung in Gang, die letztlich zu dem heute doch hohen Standard der Rheinhessenweine führte. Das lässt sich an der Betriebsstrukturentwicklung ablesen (Grafik 5). Der oben beschriebene Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe trifft in gleichem Umfang auf die Weinbau treibenden Betriebe zu, was nicht verwunderlich ist, da es sich meist um Mischbetriebe handelt. In Worms halbierte sich die Zahl zwischen 1979 und 1999 von 430 auf 210. Ebenso parallel ist der Rückgang der Kleinbetriebe und der Zuwachs der größeren Unternehmen über 5 ha Rebfläche zu sehen. Aber genau

500 1500 400 1250

Betriebe

> 5 ha 750 200

3–5 ha 500

2–3 ha 100

250

1–2 ha < 1 ha

0 1979

1999

0 1979

1999

Grafik 5: Die Weinbaubetriebe in Worms nach Größe und von ihnen bewirtschafteter Rebfläche im Vergleich der Jahre 1979 und 1999

ha

1000

300

33

100

Dornfelder Portugieser

80

25 sonstige Sorten

Rotwein

Z UM W EINBAU

60 %

Kerner

40

Riesling Silvaner

Weißwein

Huxel Faber Bacchus Scheurebe

20 Müller Thurgau

0 1970

1980

1990

2000

Jahr

Grafik 6: Die Veränderung der Anteile der Rebsorten an der bestockten Rebfläche in Rheinhessen zwischen 1964 und 2000

gegenläufig ist die Flächenentwicklung. Während der Ackerbau seit 1950 kontinuierlich zurückgeht, wächst die Rebfläche stürmisch, von 350 ha auf 1600 ha im Jahr 2000 (Grafik 4b), wobei 90 Prozent der Fläche von den größeren Betrieben bewirtschaftet werden (Grafik 5). Hier werden anno 2000 in 150 Haupterwerbsbetrieben immerhin über 1 000 Arbeitskräfte beschäftigt, davon 240 Vollzeitkräfte. Die Gründe dieses positiven Trends sind regionaltypisch und gehen nicht zuletzt auf die Förderungsmaßnahmen der Jahrhundertwende zurück. Rheinhessen wurde, angestoßen durch die Alzeyer Rebzucht, zum Musterland der Neuzüchtungen. Bis in die 1960er Jahre war die Region »Weißweinland« (über 90 Prozent der Fläche), ausschließlich mit den Rebsorten Müller-Thurgau, Silvaner und Riesling bestockt (Grafik 6). Dann nach 1960 und verstärkt ab 1970 wurden Kerner, Scheu, Bacchus, Faber, Huxel und 25 weitere Sorten (viele in Alzey gezüchtet) angepflanzt. 1985 standen so deutlich mehr Neuzüchtungen als klassische Sorten im Ertrag. Der Weinbau gewann durch diese Sorten- und damit Geschmacksvielfalt weltweit viele neue Freunde. Und eben zu dem Zeitpunkt – die Zugkraft der Neuzüchtungen begann schon etwas zu erlahmen – setzte eine neue Entwicklung ein, die gegenwärtig fast beängstigende Ausmaße annimmt. Der Markt forderte Rotwein und die Region reagierte. Zwischen 1980 und 2000 vervierfachte sich die Rotweinproduktion, wobei der stärkste Zuwachs wiederum einer neuen Rebsorte, der Dornfelder, zuzuschreiben ist, während die klassischen Portugieser und Burgunder nur langsam ansteigen. Heute sind schon 20 Prozent der Rebfläche mit roten Trauben bestockt, mit wachsender Tendenz. Im Jahr 2000 betrug die Neuanpflanzungsrate der roten Sorten über 50 Prozent. Anzumerken ist noch Folgendes: Dass die Grafiken 5 und 6 sich einmal auf Rheinhessen und einmal auf Worms beziehen, hat Gründe in der statistischen Erhebung, ist aber für die Aussage ohne Belang, da Stadtregion Worms, Wonnegau und Rheinhessen in diesen Strukturen fast austauschbar sind. Zum Schluss ein paar Worte zum Weinbau innerhalb der einzelnen Wormser Stadtgemeinden. Aus den spärlichen Daten lässt sich ablesen, dass die aufgezeigte Entwicklung

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von Betriebsstruktur und Anbau auch auf die Einzelstadtteile übertragbar ist: Rückgang der Betriebszahl, Wachsen der Rebfläche, Sortenvielfalt. Die größten Gemeinden mit Weinbau sind in der Reihenfolge Abenheim, Herrnsheim, Pfeddersheim und Heppenheim. Aber bis auf Ibersheim und Rheindürkheim stehen auch in allen anderen Stadtteilen Rebfelder. Interessantes ergibt sich, wenn man Rebfläche und Gemarkungsfläche zueinander in Bezug setzt. Dann wird Leiselheim zur Weinbaugemeinde schlechthin, denn hier sind 40 Prozent der Flur mit Reben bestockt, gefolgt von Abenheim mit knapp 30 Prozent. Herrnsheim (14 Prozent) und Pfeddersheim (10 Prozent) folgen erst mit großem Abstand. Die weltbekannten Weinlagen im inneren Stadtbereich (Liebfrauenmilch) werden in den entsprechenden historischen Kapiteln angesprochen. Zusammenfassend kann man feststellen, dass im Wormser Bereich auch alle wirtschaftlichen Probleme der deutschen Nachkriegslandwirtschaft erkennbar sind, aber dank der Sonderkultur Weinbau doch zum großen Teil abgepuffert werden. Deswegen hat wohl auch in Zukunft, selbst in einem urbanen Ballungsraum wie Worms, die Landwirtschaft, insbesondere der Weinbau, eine hoffnungsvolle Zukunft, selbst wenn das wirtschaftliche Gewicht nicht mehr sehr bedeutsam ist. Für den Erhalt des Kulturlandschaftsgefüges ist das sehr erfreulich.

Zur Bevölkerung der Stadt Worms In Worms lebten zur Jahrtausendwende knapp 84 000 Einwohner auf einer Fläche von 108 km2, was einer Dichte von 765 E/km 2 entspricht. Die Grafik 7 zeigt die Entwicklung zu dem heutigen Zustand auf: Um 1800 waren es 5 000 Bewohner, und es dauerte ein halbes Jahrhundert, bis sich die Zahl verdoppelt hatte. Danach verstärkte sich der Wachstumsprozess, um zwischen 1890 und 1900 eine bis heute nicht mehr erreichte Steigerungsrate von 30 Prozent zu erlangen (1890: 25 000 E., 1898: 34 000 E.). Fortschreitende Industrialisierung und Landflucht bedingen sich gegenseitig. Dieser Expansionsdynamik der Stadt wurde durch die Eingemeindung von Hochheim, Neuhausen und Pfiffligheim (1898) mit zusammen über 6 000 Einwohnern Rechnung getragen. Zwischen 1900 und 1950 war das Wachstum nur noch minimal, der zahlenmäßige Anstieg beruht auf der Eingemeindung von Herrnsheim, Horchheim, Leiselheim und Weinsheim von 1942. In dieser Phase ist die Kurve der Grafik 7 sehr unruhig. Die Zeit des Ersten und Zweiten Weltkriegs wird durch Einbrüche dokumentiert, wobei die Evakuierung nach der Zerstörung der Stadt 1945 besonders herausfällt. Das Absinken der Einwohnerzahl auf 36 000 (1. 4. 1945) wurde aber bis zum Ende des gleichen Jahres zum großen Teil wieder ausgeglichen. Trotzdem dauerte es bis 1955, bis die Vorkriegszahlen wieder erreicht wurden. Auch bis heute wäre die Bevölkerungszahl ohne die Eingemeindung von 1969 (Abenheim, Heppenheim, Ibersheim, Pfeddersheim, Rheindürkheim, Wiesoppenheim mit zusammen fast 15 000 E.) nur sehr schwach angewachsen. Mit dieser Zunahme der Bewohnerzahl ging natürlich eine bauliche Verdichtung einher, die aber regional sehr unterschiedlich ausfiel. Im Kernstadtbereich stieg die Dichte

erste Eingemeindung (6289 E.)

90 80 70 60

19 45

50

ier un g

40 ku

30

Ev a

Einwohner in 1000

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S TADT W ORMS

20

dritte Eingemeindung (14800 E.)

DER

zweite Eingemeindung (8130 E.)

Z UR B EVÖLKERUNG

10 0 1800

1850

1900 Jahr

1950

2000

Grafik 7: Die Bevölkerungsentwicklung von Worms seit 1800

Alter 100 84 90 73 80 63 70 52 60 50 50 50 40 47 30 51 20 50 10 48 0 % 8

6

4 Männer

2

0

0

2

4 6 Frauen

8 %

Grafik 8: Der Altersaufbau der Wormser Wohnbevölkerung im Jahre 2000 (1 % = 837 Einwohner)

in den letzten zwei Jahrhunderten von 330 auf ca. 1 800 E./km 2, fast eine Versechsfachung. Hier wohnen also 2,5-mal so viele Menschen pro Fläche wie im eingangs genannten Durchschnitt der Gesamtstadt (765 E/km 2); in manchen Bereichen, so zum Beispiel im Gebiet von Neuhausen, erreicht die Dichte sogar noch ein Vielfaches davon. Auch Pfeddersheim, Rheindürkheim und Wiesoppenheim haben mit Werten von vier- bis

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fünffacher Verdichtung fast Kernstadtdimension. Ganz anders sieht es dagegen in den randlich gelegenen Stadtteilen Abenheim, Heppenheim und Ibersheim aus. Hier hat sich die Einwohnerdichte in 200 Jahren nur verdoppelt. Über die gegenwärtige altersmäßige Zusammensetzung der Wormser Bevölkerung gibt Grafik 8 Auskunft. Die angewendete Form der Darstellung des Anteils der Altersgruppen an der Gesamtbevölkerung, getrennt nach Geschlecht, wird landläufig als »Bevölkerungspyramide« bezeichnet; denn aus biologischer Sicht müsste der Anteil von jung nach alt abnehmen, folglich die Basislänge (=jüngste Gruppe) am größten sein, nach oben (=älter) kürzer werden und so im Umriss eine pyramidale Form annehmen. Für viele Länder der Erde (v. a. »Dritte Welt«) trifft dies auch zu. Doch ein Blick auf die Grafik 8 zeigt für Worms ein ganz anderes Bild. Der Anteil der Altersgruppen wächst von unten nach oben und erreicht bei den 30- bis 40-Jährigen ein Maximum. Erst oberhalb davon kann man in Ansätzen von einer Pyramide sprechen. Anstatt eines pyramidalen Umrisses zeigt die Grafik nun einen baumartigen mit Stamm und sich verjüngender Krone. Etwas ironisch spricht man von der Altersverteilung in Form eines Weihnachtsbaumes. Dieses Bild findet man heute in allen westlichen Industrienationen, gleich ob man die Altersgliederung einer kleinen Stadt oder eines ganzen Staates darstellt; jede Abwandlung ist nur graduell. Dabei lässt sich der obere »Stammbereich« bzw. die untere Grenze der »Baumkrone« an den Zahlen der heute 30- bis 35-Jährigen, das heißt an den Geburtsjahrgängen ab 1965, sehr exakt festmachen. Ursache dieses global auftretenden Phänomens ist die Einführung der Antibabypille 1964, weshalb man auch vom Pillenknick spricht. In Worms lässt sich das sehr deutlich an der biologischen Bevölkerungsbilanz ablesen: 1965 wurden noch 354 mehr Geburten als Sterbefälle registriert, 1969 waren es lediglich 29. Seitdem ist die Bilanz immer negativ mit einem Überschuss von etwa 200 Sterbefällen. Bei genauerem Hinsehen zeigt die »Baumkrone« selbst eine deutliche Asymmetrie. Bei den 30- bis 40-Jährigen überwiegt der Anteil der männlichen Bevölkerung (53 %). Der Grund dafür lässt sich aus dem vorliegenden Datenmaterial nicht zahlenmäßig belegen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird dieser Überschuss aber durch Gastarbeiter hervorgerufen, die gerade in diesem Alter häufig ohne Familien in Deutschland sind. Noch deutlicher ist die Ungleichverteilung zwischen Männern und Frauen jenseits der 65 Jahre. Das starke Übergewicht der weiblichen Bevölkerung ist einmal bedingt durch die deutlich höhere Lebenserwartung der Frauen, dass es aber ein so derartiges Ausmaß annimmt (63 % bis 84 %), hängt mit der großen Zahl der Gefallenen im 2. Weltkrieg zusammen, die ja den Jahrgängen 1900 bis 1925 angehörten. Interessant ist die Beobachtung, dass diese beschriebene Altersstruktur in den Wormser Stadtteilen z. T. beachtliche quantitative Abweichungen zeigt. In Pfiffligheim, Leiselheim, Horchheim und Weinsheim sind zwischen 27 % und 28 % der Bevölkerung älter als 60 Jahre und nur 18 % jünger als 20. Umgekehrt leben in Herrnsheim, Wiesoppenheim, Rheindürkheim und Ibersheim deutlich mehr unter 20-Jährige als über 60-Jährige. Offensichtlich sind hier die Wohnverhältnisse für Familien mit Kindern günstiger. Die Altersstruktur des Innenstadtbereiches entspricht in etwa den Werten der Gesamtstadt, obwohl doch gerade hier die stärkste Überalterung zu erwarten wäre. Grund dafür ist der

Z UR B EVÖLKERUNG

DER

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hohe Anteil ausländischer Bürger, die mit relativ hohen Kinderzahlen zu einer Verjüngung dieser Stadtteile beitragen. Zuletzt noch einige Daten zu der nicht-deutschen Bevölkerung. In Worms wohnen zur Zeit 9 200 Ausländer, womit sie 11 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen. Dies liegt über dem Durchschnitt von Rheinland-Pfalz (8 Prozent), aber weit unter dem Wert der Nachbarstädte Mainz und Ludwigshafen (über 18 Prozent). 55 Prozent der Wormser Ausländer sind Männer, was auf das oben angesprochene Übergewicht in der Alterspyramide hinweist. Ihre Wohnplätze sind sehr ungleich über das Stadtgebiet verteilt. In der Innenstadt macht ihr Anteil 18 Prozent aus, wobei in manchen statistischen Bezirken von Stadtzentrum und südlicher Innenstadt auch Werte über 30 Prozent erreicht werden. In allen anderen Stadtteilen ist der Anteil sehr viel niedriger mit einem Minimum von 2,2 Prozent in Heppenheim. Damit ist in Worms die gleiche Tendenz zu beobachten wie in allen deutschen Städten: Aus den Innen- bzw. Altstädten ziehen die deutschen Familien in die durchgrünten Randgebiete, die entstehenden Freiräume werden durch Ausländer aufgefüllt. Durch ihre große Kinderzahl wird der hohe Anteil der zurückbleibenden älteren deutschen Bewohner statistisch verschleiert. Dass mit dieser Konzentration von Nichtdeutschen in bestimmten Stadtregionen – was in dieser Größenordnung schon an »nationale Viertelbildung« gemahnt – große Probleme der Integration verbunden sind, liegt auf der Hand. Östliches Europa (15) Rest-Europa (13) Südeuropa und Balkan (12)

9201 Ausländer (126 Länder)

Türkei

Amerika (21) Afrika (33) Asien (31)

Grafik 9: Die Herkunft der nicht-deutschen Wohnbevölkerung von Worms im Jahr 2001 (in Klammer die Zahl der Herkunftsländer)

In Worms sind Bürger aus 126 Ländern der Erde wohnhaft, eine überraschend große Zahl. Das Gros, nämlich 40 Prozent, stammt aus der Türkei (s. Grafik 9). Stark sind auch noch Südeuropa, vor allem der Balkanraum, und das östliche Europa vertreten; über 35 Prozent stammen aus diesen Ländern. Resteuropa und die anderen Kontinente entsenden das letzte Viertel aus immerhin 100 Ländern, wobei manche dementsprechend nur mit weniger als fünf Personen vertreten sind.

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Zur Vernetzung der Stadt Worms mit dem Umland Wie im Vorwort betont, sollen aus dem großen Bereich der Stadtgeografie neben der Bevölkerungsstruktur nur knapp Fragen der Zentralität von Worms angesprochen werden, wobei teilweise das Pendlerwesen als Messlatte herangezogen werden kann. Das Faktum Zentralität erwächst aus dem Dilemma, dass einerseits ein in einer Region annähernd vergleichbares Lebensniveau der Bewohner in Bezug auf Ausbildung, Arbeitsplatz, Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen und angemessene Freizeitgestaltung gewährleistet sein muss, andererseits nicht jede Gemeinde diese Ansprüche erfüllen kann und auch gar nicht soll. Die Folge ist, dass sich in Einzelgemeinden bestimmte Angebote so stark konzentrieren, dass Nachbargemeinden mitversorgt werden können. Und je nach Art und Maß der Bedarfsdeckung entsteht eine Hierarchie von Zentren. So soll zum Beispiel ein Unterzentrum für die umliegenden Gemeinden eine weiterführende Schule, eine kleine medizinische Station, eine größere Sportanlage und Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf vorhalten. Ein Mittelzentrum soll ein breiteres Konsumangebot, Krankenhäuser und ein Spektrum von Fachärzten, Gymnasien und Fachschulen, Bibliotheken, öffentliche Verwaltung usw. bereitstellen und damit alle Gemeinden, auch die Unterzentren, versorgen. Und darüber steht schließlich das Oberzentrum, das zum Beispiel mit Hochschulen, Theater, Spezialkliniken, Sportstadien, Kaufhäusern und Spezialgeschäften, höheren Verwaltungseinrichtungen den Bedarf einer größeren Region abdeckt. In diesem Schema ist Worms leicht in die Kategorie des Mittelzentrums einzuordnen; allerdings sind die einzelnen Angebotsfelder unterschiedlich stark ausgeprägt. So ist die Stadt im Bereich des Gesundheitswesens Zentrum eines großen links- und rechtsrheinischen Einzugsgebietes. Als Verwaltungsstandort hat sie dagegen durch die Gebietsreformen an Bedeutung eingebüßt, ebenso steht sie als Einkaufsziel unter Konkurrenzdruck anderer Gemeinden (v. a. im rechtsrheinischen Bereich). Auf dem kulturellen Sektor wiederum hat die Stadt infolge ihrer reichen Ausstattung mit Bibliotheken, Veranstaltungen, Fachschulen, historischen Attraktionen ein Angebot, das an die Erfordernisse eines Oberzentrums fast heranreicht. Im Einzelnen sollen diese Zentralitätskriterien von Worms nicht näher untersucht werden. Das würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, denn vor allem eine exakte Quantifizierung ist mit großem Aufwand verbunden. Anhand des Pendlerwesens zum Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz soll aber die räumliche Vernetzung mit dem Umland kurz aufgezeigt werden. Dies ist auch statistisch abzusichern. Das Zahlenmaterial dazu basiert auf der letzten, allerdings leider schon 18 Jahre zurückliegenden Volks- und Berufszählung von 1987. Die daraus abgeleiteten Aussagen sind aber bis heute unverändert gültig. In Worms sind etwa 32 000 Menschen erwerbstätig, wobei sie sich auf die Sektoren Land- und Forstwirtschaft (2,5 %), produzierendes Gewerbe (43,3 %), Handel und Verkehr (20,9 %) sowie öffentliche und private Dienstleistungen (33,3 %) sehr ungleich verteilen. Diese Zahlen sagen aber erst etwas über die spezifische Erwerbsstruktur der Stadt aus, wenn man sie mit denen der großen Nachbarn Mainz und Ludwigshafen vergleicht. In Mainz sind über 51 Prozent im Dienstleistungssektor beschäftigt, während das Pro-

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DER

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MIT DEM

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duktionsgewerbe mit 30 Prozent hinter Worms bleibt. Umgekehrt dominiert in Ludwigshafen dieser Produktionsbereich mit 65 Prozent, während nur 23 Prozent in der Dienstleistung stehen. Die Stadt Worms sieht sich also auf den bedeutsamen Beschäftigungsfeldern Produktion und Dienstleistung äußerst starker Konkurrenz ausgesetzt. Dies drückt sich im Bild der Erwerbstätigen deutlich aus. Im Stadtgebiet wohnen zwar 31 000 Beschäftigte, davon haben aber über 8 000 ihren Arbeitsplatz außerhalb der Stadt. Dafür pendeln knapp 10 000 Menschen in die Stadt ein. Daraus errechnet sich zwar ein positiver Saldo von etwa 1 700 Personen, eine Größenordnung, die im Vergleich zu anderen Zentren aber sehr gering ist. In Mainz beträgt der Saldo 36 000, in Ludwigshafen sogar 45 000. Worms steht mit diesem Wert auch weit hinter Kreuznach, Alzey und Sobernheim, aber etwa auf dem Niveau von Bingen. Dieser Vergleich zeigt das Problem der Stadt im Überlappungsbereich von Zentren höherer Anziehungskraft überdeutlich: Worms kann im Beschäftigungsbereich nicht den dominanten Einfluss auf sein Umland ausüben, wie es seiner Einwohnerzahl nach zu erwarten wäre. von



Kr Alzey-Worms

6941

nach/von

Kr Donnersberg

592

Kr Ludwigshafen

560

Kr Mainz-Bingen Kr Bad Dürkheim St Ludwigshafen

273



nach

Saldo

1002

Kr Alzey-Worms

+5939

81

Kr Donnersberg

+ 511

354

Kr Ludwigshafen

+ 206

433

134

Kr Mainz-Bingen

+ 299

425

188

Kr Bad Dürkheim

+ 237

1611

St Ludwigshafen

–1338

W

O

St Frankenthal

268

801

St Frankenthal

– 533

St Mainz

136

777

St Mainz

– 641

Rest Rhl-Pf Kr Bergstraße

377

R

1728

Kr Groß Gerau

61

St Darmstadt

27

336

Rest Rhl-Pf

+

Kr Bergstraße

+ 532

145

Kr Groß Gerau



211

St Darmstadt

– 184

1196 M

41 84

St Frankfurt

19

246

St Frankfurt

– 227

Rest Hessen

130

262

Rest Hessen

– 132

St Mannheim

224

St Mannheim

–1242

Kr Rhein-Neckar

159

161

Kr Rhein-Neckar



91

197

Rest Ba-Wü

– 106

Rest Ba-Wü

S

1466

2

Tab. 3: Das Pendlerwesen von Worms

Ein ähnliches Bild ergibt sich für Worms als Ausbildungsstandort. 2 500 täglich nach Worms einreisenden Besuchern der Fachhochschule, der Realschulen, Gymnasien, Berufs- und Berufsfachschulen stehen 900 Ausbildungsauspendler gegenüber. Auch hier ist also der Saldo mit 1 600 positiv, aber im Vergleich mit anderen Zentren wiederum sehr klein. In Mainz liegt der Wert weit über 20 000. Selbst Bingen liegt weit vor dem viel größeren Worms, das damit ebenso wie als Erwerbsstandort in der Rangfolge von RheinlandPfalz im hinteren Mittelfeld der Mittelzentren steht. Eine Betrachtung der räumlichen Anordnung der Pendlerströme ermöglichen die Zahlen (s. Tab. 3). Die Anziehungskraft von Worms ist stark auf die unmittelbaren Anrai-

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nerkreise beschränkt. Fast 70 Prozent der Einpendler kommen aus den zwei Landkreisen Alzey-Worms und Bergstraße. Schon für die Nachbarn Frankenthal, Bad Dürkheim, Donnersberg und Mainz-Bingen ist Worms fast nur noch von marginalem Interesse. Ludwigshafen zieht aus Frankenthal 5 200, aus Bad Dürkheim 11 000 und aus dem Donnersbergkreis 1 350 Personen an; ganz zu schweigen von Mainz, das selbst aus dem Wormser Kerngebiet, dem Kreis Alzey-Worms, 8 200 Pendler und damit mehr als Worms selbst anlockt. Die Wormser Auspendler zieht es vor allem nach Ludwigshafen und Mannheim. Insgesamt lässt sich also ablesen, dass Worms ein gut ausgestattetes Mittelzentrum ist, eng vernetzt mit seinem Umland. Es wird aber schwer sein, vor allem auf dem Erwerbssektor, aber auch als Einkaufszentrum eine höhere Anziehungskraft auf sein Umland zu entwickeln. Nicht nur die Situation zwischen den rheinland-pfälzischen Konkurrenten Mainz und Ludwigshafen ist dafür verantwortlich, sondern – fast noch schwerwiegender – die Lage im Spannungsfeld von Rhein-Main- und Rhein-Neckar-Ballungsraum, zu denen Worms jeweils eine mehr randliche Position einnimmt. Grafik 10: Die Zahl der jährlichen Gästemeldungen in Worms seit 1980 und der Anteil der ausländischen Gäste

60

Gästemeldungen in 1000

50

40

30

20

10

Ausländer

0 1980

1985

1990 Jahr

1995

2000

Grafik 11: Die Auslastung des Bettenangebotes in Worms im Lauf des Jahres 2001

45 40 35 30 25 % 20 15 10 5 0 1

2

3

4

5

6 7 Monat

8

9

10

11

12

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DER

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MIT DEM

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Neben den Pendlerbewegungen sind auch die Touristenströme Indiz für die Attraktivität einer Stadt. Hier haben sich in Rheinhessen – mit weitem Abstand hinter Mainz (4 100 Betten mit 620 000 Übernachtungen) – Worms und Bingen an zweiter Stelle positioniert. Im Jahr 2001 stellt Worms in 22 Betrieben etwa 850 Betten zur Verfügung. Diese wurden von über 47 000 Gästen in 97 000 Übernachtungen in Anspruch genommen (s. Grafiken 10 und 11), ein leichter Anstieg seit 1980. Gleichzeitig ist die Zahl der ausländischen Gäste aber deutlich zurückgegangen. Die Kapazität der Hotelbetriebe ist damit nur zu 33 Prozent ausgelastet. Besonders die Wintermonate sind für das Gewerbe problematisch, während die Sommermonate, besonders der September, befriedigende Ergebnisse zeitigen. Aber auf diesem Sektor ist eine Steigerung der Anziehungskraft von Worms leicht vorstellbar. Die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Besichtigungstourismus sind durch die eindrucksvollen Zeugen einer reichen Geschichte gegeben. Vielleicht hilft dieses Buch mit, sie einem weiteren Publikum und damit potenziellen Gästen bekannt zu machen.

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Karte 1: Das Wormser Stadtgebiet

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Karte 2: Worms in seinem Umland

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Worms von der vorgeschichtlichen Epoche bis in die Karolingerzeit M ATHILDE G RÜNEWALD

Die Geschichte beginnt in der Steinzeit »Worms ist eine uralte Stadt, liegt am Rhein an einem lustigen Ort, hat rund um sich ein gutes Erdreich, das viel und guten Wein und Korn trägt. Es sind auch mehr als 100 starke Flecken und Dörfer darum herum gelegen, die da täglich zu Markt gehen …« So beginnt der Text zur ältesten Stadtansicht in der Weltbeschreibung (Cosmographei) des Sebastian Münster zu einem Holzschnitt von HSD 1. In wenigen Worten ist hier das Wesentliche der Stadt Worms zum Ausdruck gebracht: die angenehme Lage, das fruchtbare Land, die Funktion als Mittelpunkt eines großen Gebietes und das Bewusstsein, immer schon da gewesen zu sein – ein Stolz, den sicher die Bürger dem Künstler vermittelten. Das Bewusstsein des Werdens und Wachsens der heutigen Stadtgemeinschaft, die außer der alten Kernstadt auch eine Reihe eingemeindeter Stadtteile umfasst, auf deren Boden man ebenfalls von alters her siedelt, erzeugte stets die Verbundenheit der Bürger mit ihrem Wohnort und trug dazu bei, ihn zur Heimat werden zu lassen. An den Lebensformen der Vergangenheit lässt sich dann die eigene messen: Hat es eine gute oder eine schlechte Entwicklung gegeben? Hat der moderne Mensch etwas gewonnen oder vieles verloren? Hängt die Zufriedenheit mit dem heutigen Leben nicht vom Ergebnis eines solchen Vergleiches ab? Archäologie und Geschichtswissenschaften bieten die Hintergrundfolien für die Moderne: Wir definieren und relativieren den eigenen Platz in der Gesellschaft und in der Abfolge der Generationen anhand der Lebensmuster der Vergangenheit. »Suchet der Stadt Bestes.« (Jer. 1,7). Unter diesem biblischen Motto möge also der archäologische Teil der Stadtgeschichte stehen.

Neolithikum und Hinkelstein Liegt Worms am Rhein? Solange der Strom noch nicht in einem begradigten Bett verlief, sondern im nördlichen Oberrheingebiet mehrarmig und weithin mäandrierte, ja noch bis in das späte 19. Jahrhundert, die Zeit des Stadtbaumeisters Karl Hofmann, der auf Anbindung der Stadt an den Strom sann, kann allenfalls von Flussnähe die Rede sein.

N EOLITHIKUM

UND

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Die ersten Menschen hinterließen ihre Spuren nicht am Rhein, sondern an der Pfrimm. Diese ältesten Artefakte, die auf menschliche Tätigkeiten im Wormser Raum zurückgehen, stammen aus dem Mittelpaläolithikum (die mittlere Altsteinzeit umfasst den großen Zeitraum vor 300 000 bis vor 35 000 Jahren). Wilhelm Weiler stellte sich vor, wie auf einer Insel in der Pfrimm eine Gruppe von Neandertalmenschen erbeutetes Großwild wie Rentier, Bison, Pferd zerlegten, und er entwarf in den 1930er Jahren das Bild eines »Lagerplatzes« bei Pfeddersheim2. Vor 70 Jahren konnte man mit Fantasie und Begeisterung viel unbekümmerter als heute aus wenigen sicheren Fundobjekten kühne Gemälde entwerfen! Allerdings ist es nicht leicht, aus Weilers Berichten und Funden dies nachzuvollziehen, und viele Unsicherheiten bleiben. Handelte es sich um Spuren eines einzigen längeren oder kürzeren Aufenthaltes einer Gruppe von Menschen, die von der Jagd lebten, wurde der Platz mehrfach aufgesucht? Vielleicht ist es kein Zufall, dass sich diese ältesten Spuren des Menschen nicht am Rheinufer fanden. Die Wormser Landschaft, Teil des rheinhessischen Hügellandes, ist ursprünglich bestimmt und gegliedert von Wasserläufen, die sie von Westen nach Osten durchziehen. In Rheinnähe entstanden so Schwemmkegel, hochwasserfreie Anhöhen, welche Siedlungen begünstigten: Im Norden sind es die Rheingewann und im Süden der Adlerberg, während der Domhügel in der nachmaligen Stadtmitte und seine Umgebung bislang keinerlei Funde aus dem Neolithikum oder der vorrömischen Eisenzeit geliefert haben. Fruchtbare und vor allen Dingen leicht zu bearbeitende Ackerböden und die gute Wasserversorgung (Rheinarme, Eisbach, Pfrimm) zusammen mit einem günstigen Klima machten die Gegend für frühe Bauern zu einem idealen Siedlungsland. Im heutigen Stadtgebiet treten Eisbach, Altbach, Mariamünsterbach, Pfrimm und Mühlbach, Waschbach, Kreielsbach usw. kaum noch offen in Erscheinung, und wenn, dann als Gräben. Sie wurden verlegt, verrohrt, kanalisiert. Die noch verbliebenen alten Rheinarme, Woog und Gießen, wurden schließlich 1893 verfüllt. Im »Fruchtbaren Halbmond«, dem heutigen Palästina, Syrien, Irak und der Südosttürkei, sind lange vor dem europäischen Neolithikum die meisten domestizierten Tiere sowie Pflanzen in anbaufähiger Zuchtform zu finden, die dann auch in unserer Region kultiviert und herangezogen wurden. Die ältesten Haustiere wie Schafe/Ziegen (die anhand ihrer Knochen noch nicht unterscheidbar sind), das Schwein und das Rind gehören dazu, auch die frühen Weizenarten Emmer und Einkorn sowie Gerste und die eiweißhaltigen Hülsenfrüchte Erbse und Linse. Über das Mittelmeer und den Balkan sowie über das Rhônetal gelangten diese Errungenschaften nach Mitteleuropa. Von der Donau bis ins Pariser Becken ist die »Bandkeramik« oder linearbandkeramische Kultur3 zu finden, die in den Jahrhunderten um 5500 bis 4900 v. Chr. mit gemusterten Bändern verzierte Flaschen und Kümpfe herstellte und verwendete. (Da von Völkern oder Stämmen noch lange keine Rede sein kann, behelfen sich die Archäologen mit Bezeichnungen, die von Verzierungen auf Töpferwaren oder Fundorten abgeleitet worden sind. Auch der Wormser Raum hat solche Begriffe geliefert, wie wir noch sehen werden.) Bis vor kurzem sprach die Forschung von der »Neolithischen Revolution« und postulierte einen gravierenden Schnitt am Ende des Mesolithikums (der mittleren Steinzeit ab etwa 8000 v. Chr.) Man dachte an die Einwanderung fremder Gruppen, die Kenntnisse

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der Töpferei (der frühen Bandkeramik), domestizierte Tiere und landwirtschaftliches Wissen mitbrachten und in der Folge die mesolithischen Jäger verdrängten oder mit den neuen Leuten verschmolzen. Derzeit sieht man den Prozess der Neolithisierung differenzierter. Neue Funde aus dem Rheingebiet, wenn auch nicht aus Worms, haben angedeutet, dass es schon frühe Keramik außerhalb der Linienbandkeramik gab, die zudem älter war als diese. Zwischen umherziehenden Jägern und sesshaften Bauern muss es viele Zwischenformen gegeben haben. Heute neigt man eher dazu, auch vorangegangene Traditionen zu berücksichtigen, aus denen – zusammen mit neu hinzukommenden Kenntnissen, Materialien, Tieren und Menschen – bisher nicht in dieser Form geübte Siedlungsund Lebensweisen entstanden sind. Die sesshaften, landwirtschaftlich bestimmten Daseinsformen haben allerdings unser Leben bis heute massiv geprägt und prägen es noch, auch nach mehr als einhundert Jahren der Industrialisierung. Wie immer sich der Prozess der »Neolithisierung« abgespielt haben mag: im Verlaufe des 6. Jahrtausends v. Chr. wandelte sich die menschliche Lebensform. Die Menschen engagierten sich mehr und mehr als Ackerbauern und Viehzüchter, sie gaben zunehmend die Mobilität zugunsten von Sesshaftigkeit auf. Das bedingte Planungen oder zog solche nach sich. Gebäude für Mensch und Tier wurden gebaut, Vorratshaltung und Weidewirtschaft mussten organisiert werden. Schnell müssen sich Arbeitsteilungen entwickelt haben, denn aus den Artefakten wie den (noch bis in keltische Zeit freihändig geformten) Töpferwaren oder den Werkzeugen lässt sich ein tastendes Ausprobieren nicht erkennen, sie waren sogleich professionell gearbeitet, zweckmäßig und zumeist auch noch formschön. Es versteht sich von selbst, dass sich die Menschen schon in der Frühzeit bemühten, ihre Häuser und vor allem die Gräber ihrer Angehörigen auf hochwasserfreiem Gelände anzulegen. Was die zu den Friedhöfen gehörigen Siedlungen und Wohngebäude angeht, so kann man sich gerade in dieser Frühzeit auch Modelle wie Uferrandsiedlungen oder Pfahlbauten vorstellen. Die klimatischen Verhältnisse waren andere als heute, die Temperaturen lagen im langjährigen Mittel um 1,5 bis 2° höher. Untersuchungen haben in den rheinnahen Gebieten, etwa der Bürgerweide bei Worms, jedoch nicht stattgefunden4.

Das älteste Grab: am Adlerberg im Wormser Süden Die Kulturstufe der Bandkeramiker wäre wie geschaffen dafür, erste Wohngebäude im Wormser Raum zu finden, doch gibt es bislang nur Grabfunde. Zeugnisse für die älteste Bandkeramik stammen aus dem Süden der Stadt. Nach seinen Beigaben wird ein Grab am Adlerberg in die »Stufe Flomborn« (um 5600 v. Chr.) eingeordnet. Dr. Carl Koehl (1847– 1929), Arzt und Sanitätsrat, Begründer und Altmeister der Archäologie in Worms und Rheinhessen, gab ihr nach den Funden aus dem gleichnamigen Ort zwischen Worms und Alzey den Namen. Bei Flomborn hatte er 1900 ein jungsteinzeitliches Gräberfeld mit we-

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nigstens 85 Bestattungen ausgegraben. Hier finden wir erstmals einen offensichtlich äußerst begehrten Rohstoff. Man liebte Spondylus, eine Muschel aus der Adria, die damals rezent gesammelt und bis an den Rhein gehandelt wurde. Das Grab am Adlerberg enthielt eine V-förmig eingeschnittene Spondylusmuschel, die in unbekannter Verwendungsweise als Gürtelschmuck diente5. Es war Sitte, die Menschen auf der Seite liegend mit angewinkelten Beinen zu begraben (Hockergräber). Von den Beigaben haben sich Schmuck aus Muscheln, Tongefäße wie die »Flomborner Flasche« und Werkzeuge aus Stein erhalten. Gegenstände aus organischen Materialien vergingen, so dass schon bei diesen frühesten Gräbern (ebenso wie bei allen Grabfunden bis zum Ende der Beigabensitte im Frühmittelalter) immer gewisse Fragen nach dem Reichtum oder der Armut bzw. dem Status des Menschen zu Lebzeiten offen bleiben müssen.

Das mittlere Neolithikum: Hinkelstein Unsere spärlichen Kenntnisse über die längst vergangenen Zeiten beziehen wir vor allem aus Gräbern, die in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts und noch im frühen 20. Jahrhundert ausgegraben wurden. Siedlungen mit den für die Epoche typischen, in etwa nordsüdorientierten Langhäusern von 30 – 50 m Länge bei 5 – 8 m Breite wurden bislang in Rheinhessen noch nicht erforscht, allenfalls stammt Siedlungsmaterial wie Scherben, Webgewichte, Hüttenlehm von oberflächlichen Aufsammlungen oder aus einzelnen Gruben. Später mit Abfall verfüllte Gruben dienten ursprünglich zur Materialentnahme (Lehm für den Wandverputz) und zur Konservierung von Getreide unter Luftabschluss. Da sie zumeist tiefer in den Boden reichten als die Pfosten der lang gestreckten Wohnhäuser, haben sich oft nur die unteren Bereiche solcher Gruben, nicht jedoch die Spuren der Wohnhäuser erhalten. Wie die Menschen lebten, vor allem, wie sie zusammenlebten und ihre Gemeinschaft organisierten, entzieht sich unserer Kenntnis. Der Zusammenhalt innerhalb der kleinen Ansiedlungen scheint auch durch bestimmte Muster ausgedrückt worden zu sein, denn gleiche Verzierungen auf der (allein übrig gebliebenen) Keramik beschränken sich auf kleine Räume. Etwas deutlicher tritt die nachfolgende Kulturstufe ans Licht. Mit der Zeit differenzierten sich im Mittelneolithikum immer stärker regionale Gruppen. Von allen neolithischen Kulturen oder Gruppen ist in Rheinhessen die sich um 4900 v. Chr. aus der Bandkeramikkultur entwickelnde Hinkelsteingruppe am stärksten vertreten. Sie hat ihren Namen von dem Gewann »Am Hinkelstein« bei Monsheim. Den ursprünglich dort befindlichen Menhir (Hünen- oder Hinkelstein) unbestimmter Zeitstellung hat man von seinem alten Standort in den Hof des Monsheimer Schlosses versetzt und am dortigen Wasserbassin eingemauert6. Plätze der Hinkelsteinleute haben sich in Rheinhessen besonders zahlreich gefunden. Deshalb vermutet man die Entstehung dieser besonderen Kultur auch hier. Darüber hin-

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aus finden sich Hinkelsteinartefakte noch in der Pfalz und einem Teil Baden-Württembergs sowie in Trebur auf der hessischen Rheinseite 7. Die Hinkelsteinleute verhielten sich, verglichen mit benachbarten Kulturgruppen der gleichen Zeit, auffällig anders. In Worms scheinen sie sich mehr als alle vergleichbaren Gruppen der Jungsteinzeit am Rhein orientiert zu haben. Die beiden Gräberfelder von Worms-Rheingewann und Worms-Rheindürkheim, die bis zu den jüngst erfolgten Grabungen im hessischen Trebur die größte Menge an Funden geliefert hatten, sind am Hochufer des Rheins angelegt worden. In den Gräbern mitgegebene mannigfaltige Beile aus Felsgestein (Schuhleistenkeile, Dechsel, Breitkeile) belegen zur Genüge die Kenntnis differenzierter Holzbearbeitung. Boote, Bauten und Brunnen wurden aus Holz gebaut. Jedoch gibt es für den Wormser Raum hierfür keinerlei materielle Belege. Ahlen und Pfrieme aus Knochen dienten zur Bearbeitung von Leder und Stoffen für die Kleidung. Spondylus, die weit verhandelte Muschel, blieb beliebtes Ausgangsmaterial für Schmuck. Hirschgrandeln (paarweise wachsende Eckzähne vom Hirsch) spielten eine große Rolle – welche, wissen wir nicht. Sie waren derart hochgeschätzt, dass sie auch aus Spondylusschalen nachgeahmt und geschnitzt wurden. Frauen und Männer trugen solchen Schmuck. (Bei manchen Geschlechtsbestimmungen von Dr. Carl Koehl stellt sich die Frage, wonach er sie vornahm: nach den Knochenmerkmalen oder weil ihm Muschelschmuck als typisch weiblich galt?). Auch kleine fossile Schnecken aus dem Tertiär des Mainzer Beckens und Süßwassermuscheln fanden als Bestandteile von Halsketten oder Kleiderbesatz Verwendung. Die Kleidung blieb ja nicht erhalten, daher schließt man aus der Fundlage am Hals, auf der Brust oder im Taillenbereich auf unterschiedliche Verwendung des Muschelschmucks (Tafel 1). Die Wissenschaft der Archäologie bemüht sich, aus den Spuren der Vergangenheit auch die Vorstellungen und Gedanken der vergangenen Kulturen zu erschließen. So fällt auf, dass in einer Welt, in der die Bestattungen als seitlich liegende Hocker üblich waren, die Hinkelsteinleute ihre Toten in gestreckter Rückenlage mit dem Kopf im Südosten, den Füßen im Nordwesten, begruben. Die Werkzeuge scheinen geschlechtsspezifisch verwendet und in die Gräber gelegt worden zu sein: Handwerkszeug zur Holzbearbeitung sowie Feuersteinklingen finden sich bei Männern, Mahl- und Reibsteine als Relikte der Getreideverarbeitung zu Grütze und Mehl bei den Frauen. Es hat den Anschein, als hätten sich die Rollen der Geschlechter in agrarisch bestimmten Gesellschaften bis heute kaum geändert. Die Frage, ob die Rinderrippen, die im Fleischverband über manchen Toten gelegt waren, als Nahrungsbeigabe zu verstehen sind oder eine uns verborgene Bedeutung hatten, ist derzeit nicht zu beantworten. Aus den auf die Hinkelsteinleute folgenden spätneolithischen Kulturen existieren mehrfach Gräber- und Einzelfunde im Stadtgebiet von Worms. Sie treten in sicherer Entfernung von den Bachläufen in hochwasserfreiem Gelände auf. Der Rhein scheint keine besondere Rolle bei diesen Besiedlungsvorgängen gespielt zu haben. Vor allem in der Nähe der Pfrimm und des Eisbachs wurden Steinbeile und andere Werkzeuge als Oberflächenfunde aufgesammelt, so in Worms-Weinsheim in der Nähe des Alten Zollhauses. Mehrere neolithische Steinbeile stammen übrigens aus dem heutigen Bereich der Innen-

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stadt. Allerdings zählen sie nicht als Indizien für eine frühe Besiedlung. Sie fanden sich nämlich in römerzeitlichen Straßenaufschüttungen, so zum Beispiel vor der Kirche von St. Paulus. Das Baumaterial hatte man aus Rheinkies gewonnen und offensichtlich dort abgebaut, wo es Reste aus neolithischer Zeit gab. Von der Vorstellung einer kontinuierlichen Besiedlung im Sinne ununterbrochen aufeinander folgenden Lebens sollte man schon für das Neolithikum Abstand nehmen. Archäologisch betrachtet, liegen immer wieder einmal einige fundfreie Jahrhunderte zwischen den Kulturen.

Adlerberg, Glockenbecher, frühe Bronzezeit Aus der Übergangszeit vom späten Neolithikum zur frühen Bronzezeit, dem Ende des 3. Jahrtausends v. Chr., stammen einige Einzelgräber der so genannten Becherkulturen. Man hat sie so benannt, weil in den stets vereinzelt angetroffenen Gräbern ein auf der Seite liegender Mensch in Embryohaltung bestattet wurde, dem oft ein auf bestimmte Weise verziertes großes Bechergefäß mitgegeben wurde. Linksrheinisch werden vor allem nach ihrer Form benannte »Glockenbecher« gefunden. Die Gräber sind nordsüdlich orientiert: die Männer mit dem Kopf im Norden liegen auf ihrer linken Seite, die Frauen wurden mit dem Kopf im Süden als rechts liegende Hocker begraben. Die Bewaffnung mit Pfeil und Bogen, auf die Armschutzplatten aus Knochen oder Stein schließen lassen, kann den Männern sowohl auf der Jagd als auch im Kampf gedient haben. Gräber der Glockenbecherkultur haben sich in Hochheim bei der Anlage des Friedhofs, am Übergang von der Rheinebene zum Hang in Herrnsheim und Hochheim, am Hochufer des Rheins auf der Rädergewann, südlich des Eisbachs bei Wiesoppenheim und am Adlerberg im Wormser Süden gefunden 8. Aus der Glockenbecherkultur ist die von Dr. Carl Koehl nach dem ersten Fundort benannte frühbronzezeitliche Adlerberg-Kultur entstanden9. In Bestattungssitten und Waffen stehen sich beide sehr nahe. Ihr Verbreitungsgebiet umfasst Rheinhessen, Hessen, die Pfalz und Nordbaden. Man datiert sie in die Zeit zwischen 2300/2200 und 1800 v. Chr. Der Adlerberg, ein Gewann nahe der südlichen Stadtgrenze, ist kein Berg, sondern eine allenfalls auf der Ostseite (Rheinseite) um 3 m ansteigende Anhöhe, die sich nach Westen auf 1,50 m verflacht. Im Nordwesten sorgte offenbar der Altbach in seinem ursprünglichen Verlauf für die Entstehung eines hochwasserfreien Schwemmkegels auf der Niederterrasse des Rheins. Der Flurname bildete sich aus dem wohl frühmittelalterlichen Eigennamen Adilo. Koehl hat 1900 hier neben Gräbern des Neolithikums, der jüngeren Bronzezeit und vermutlich einem der Römerzeit wenigstens acht Gräber der Adlerberg-Kultur ausgegraben (Abb. S. 50). Obwohl die Metallgegenstände noch aus unlegiertem Kupfer bestehen, wird die Adlerbergstufe der Frühen Bronzezeit zugerechnet. Wo das Kupfer abgebaut wurde, ist noch unbekannt. Die nächstgelegenen Vorkommen sind am Donnersberg anzutreffen, doch fehlen bislang Nachweise für den Abbau schon in dieser Zeit. Erst in der nachfolgenden

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Abb. 1: Grab 21, Hockergrab der Frühbronzezeit vom Adlerberg

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Epoche legierte man Kupfer und Zinn und erhielt so die stabilere Bronze. Zu den Waffen der Adlerbergleute gehören unterschiedlich große trianguläre Dolche (d. h. von ungefähr dreieckiger Form) aus Kupfer. Sie messen nur 4,5 –11 cm, ihre Handhaben dürften aus Holz bestanden haben. Vermutlich waren sie eher Statussymbole, die bei bestimmten Anlässen gezückt und gezeigt wurden, als Waffen. Männer und Frauen trugen gerne aus Rinderknochen gefertigte Ringe auf der Brust, die Frauen elegant geschwungene Säbelnadeln mit einem eingerollten Ende aus Knochen oder Bronze. Die Adlerbergleute pflegten weit reichende Handelsbeziehung. Erste Bernsteinperlen kamen aus dem Baltikum. Die »Adlerbergtassen« aus Ton stehen auf kleinem Boden und haben einen Bauchknick, an dem nun erstmals ein echter Henkel ansetzt. Manche sind mit geritzten Linien- und Winkelbändern verziert, auch kommt orange bis rotbraune und schwarze Bemalung vor. Sie wurden bis ins Nördlinger Ries und nach Landshut getauscht bzw. gehandelt.

Die mittlere Bronzezeit In den folgenden Jahrhunderten wird die Gewinnung von Kupfer samt der Verarbeitung mit Zinn zu Bronze in großen Teilen Europas Allgemeingut. Der Wormser Raum gehörte in der mittleren Bronzezeit (etwa 1600 –1200 v. Chr.) zum Gebiet der Hügelgräberkultur, die vom Elsass bis ins ungarische Karpatenbecken verbreitet war. Die einzelnen Regionen unterscheiden sich durch Schmuckformen, Bewaffnung und in der Keramik, während nun allgemein über vielen Gräbern (von Männern) künstliche Erdhügel angelegt wurden. Ein anderes, uns unbekanntes Bild von der Welt, dem Himmel darüber oder vom Leben nach dem Tod mag sich dahinter verbergen. Vor allem aber scheint es eine Überschuss- und Überflussgesellschaft gewesen zu sein, die es sich leisten konnte, das goldglänzende Metall in großen Mengen herzustellen und zu verarbeiten. Vielleicht hatte man leistungssteigernde Methoden im Ackerbau entdeckt. Mit den jetzt erhältlichen Bronzesicheln konnte schneller gearbeitet werden als vorher mit den aus Feuersteinklingen zusammengesetzten. Innerhalb der Bevölkerungen müssen zudem große Unterschiede zwischen arm und reich bestanden haben, vermutlich hatten sich längst fürstliche Familien oder Führungsschichten herausgebildet. Die Verfügbarkeit des Metalls führte zur Herstellung von massivem Schmuck. Breite Manschetten, deren offene Enden zu Draht ausgezogen und in große Spiralen gedreht wurden, unterarmlange Drahtumwicklungen, zahlreiche Anhänger in der Form von Doppelspiralen (Brillenspiralen) gehörten zur Ausstattung vieler Frauen und Mädchen. Sie trugen ihren schweren Arm- und Beinschmuck vermutlich Tag und Nacht, denn manche dieser Oberarm- oder Beinbergen müssen vom Schmied angelegt worden sein und konnten nicht einfach abgestreift werden. Vielleicht bevorzugten die Damen dann entsprechend kürzere Röcke, damit der Schmuck auch zu sehen war. Große Radnadeln hielten einen Umhang oder ein anderes Kleidungsstück an den Schultern fest, manche trugen einen Gürtel oder Brillenspiralen als Anhänger. In manchen Gegenden fertigte man

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üppige Kolliers aus baltischem Bernstein. Rheinhessische Damen besaßen einzelne Perlen. In ihrer Kleidung wurden sie auch bestattet, jedenfalls lässt die Fundlage der Bronzeobjekte diesen Schluss zu. Den Männern standen Rasiermesser und Pinzetten zur Verfügung, als Waffen gibt es erstmals Schwerter. Die Beile (Randleisten-, Lappen-, Tüllenbeile) weisen häufig eine kleine mitgegossene Öse auf, gerade groß genug, um einen Strick hindurchzuziehen. Hier liegt es nahe, den Objekten auch Geldcharakter zuzusprechen, wenn Beile zu Zähleinheiten gebündelt wurden. Über die Frage, ob die seit der mittleren Bronzezeit sich häufenden Metalldepots als Weihegeschenke an die Götter vergraben waren oder als profane Materiallager dienten, ist sich die Forschung nicht einig. Aus Rheinhessen sind mehrere solcher unterschiedlich zusammengesetzten Verwahrfunde bekannt und im Museum der Stadt ausgestellt. Einzelne Waffen und Nadeln hat man aus dem Main und dem Rhein geborgen – zufällige Verluste bei der Überfahrt oder nicht doch eher Gaben an die Wassergötter? In einigen Stadtteilen sind Objekte aus der Hügelgräberbronzezeit gefunden worden: aus Heppenheim stammen Spiralarmreifen, Brillenspirale, Pfeilspitze; aus Ibersheim ein Paar Radnadeln; Gräber in Leiselheim enthielten reichen Schmuck wie Nadeln, Armreifen und Bernsteinperlen. Beim Bau der Eisenbahnbrücke wurde vermutlich ein Grab zerstört, zwei Spiralarmringe gehörten einer hier bestatteten Frau. Nördlich der Liebfrauenkirche entdeckte verzierte Goldscheiben, wohl das älteste Gold unserer Gegend, gelangten nach Darmstadt in das dortige Museum. Mehrere Gräber, darunter das eines kleinen Mädchens mit Beinschmuck in kindgerechter Größe, lagen bei der Westendschule. Einzelfunde stammen von der Klosterstraße und der Rheingewann bzw. der Unteren Platt im Wormser Norden10.

Das Ende der Bronzezeit – die Urnenfelderkultur In der Spätbronzezeit gehörte Rheinhessen und damit Worms zur Urnenfelderkultur (1300/1200 – 800 v. Chr.)11. Nun wurde die Verbrennung der Toten und die Beisetzung der Überreste in einer Urne üblich, und manchmal finden sich Friedhöfe mit zahlreichen Bestattungen, eben Urnenfelder. Diese Epoche muss außerordentlich unruhig gewesen sein. Völkerverschiebungen fanden statt, die nicht nur Süddeutschland betrafen, sondern sich bis nach Ägypten fortsetzten, wo Pharao Ramses III. die »Seevölker« abwehren musste. Der Wormser Raum dürfte damals an mehreren Stellen bewohnt gewesen sein, ohne dass man von Dörfern oder anderen Formen größerer Gemeinschaften sprechen könnte. Wir zählen zwei Gräber und einige Gruben (als Reste von Siedlungen) im Rheingewann, einige Funde aus dem Westend, sechs Gräber in der Röderstraße bei der Westendschule, einige Brandgräber vom Adlerberg (darunter ein Männergrab mit Rasiermesser und Pfeilspitzen), eine Gewandnadel aus dem Gebiet des späteren Klosters Mariamünster (aufgelesen aus römischem Schutt!), auch ein paar Fundaufsammlungen aus Abenheim, dazu Einzelfunde und ehemalige Vorratsgruben in Herrnsheim, Leiselheim und ein Brandgrab in Wiesoppenheim.

A M Ü BERGANG

ZUR

H ALLSTATTZEIT :

EIN GANZ BESONDERER

F UND

AUS

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Die meisten Objekte der späten Bronzezeit im Museum der Stadt Worms stammen allerdings nicht aus dem eigentlichen Stadtgebiet, sondern aus dem rheinhessischen Umland. Es hat den Anschein, als sei unsere Gegend in der späten Bronzezeit allenfalls spärlich besiedelt gewesen. Hervorheben muss man ein Schwert aus einem Grab in oder bei Pfeddersheim, das schon vor 1864 gefunden und in das British Museum London gekommen sein soll. Im Wormser Museum befindet sich eine Kopie. »Von dem weiteren Inhalt des reich ausgestatteten Grabes – man spricht von einem Goldreif – ist leider nichts mehr erhalten«, bedauerte Koehl. Aus Pfeddersheim stammt schließlich ein Urnengrab, das unter einem Hügel lag, dessen Kreisgraben in den 1980er Jahren festgestellt wurde. Oben am südlichen Hang, in der Nähe des Heppenheimer Kreuzes und der heutigen Bundesstraße, hatten sich bis 1934 seine Reste erhalten. Bei Drainagearbeiten stießen Arbeiter dann auf zahlreiche Gefäße, die sie bis zum Eintreffen der Mitarbeiter des Museums zerschlugen. Nur zwölf von ihnen ließen sich für das Museum retten. Außerdem fanden sich ein elegantes Griffdornmesser mit verziertem Rücken, Nadeln, Spiralringe und ein besonderer Armring aus Bronze. Die Grabanlage war vollständig verwühlt worden. Der aufwändig mit Steggruppen, Strichbündeln und Kreisaugen verzierte Armreif mit abgerundet dreieckigem Querschnitt, aus Bronze gegossen, gab dem »Typus Pfeddersheim« den Namen12.

Am Übergang zur Hallstattzeit: ein ganz besonderer Fund aus Neuhausen Die frühe Eisenzeit (9.– 5. Jh. v. Chr.), so benannt, weil sich nun die Verarbeitung von Eisen und seine Verwendung für Geräte, Gebrauchsgegenstände und Trachtbestandteile verbreitete, wird als Hallstattkultur bezeichnet. Der namengebende Fundort liegt im österreichischen Salzkammergut. In Hallstatt, einem antiken Industrieort, dessen Friedhöfe und beigabenreiche Gräber seit Mitte des 19. Jahrhunderts erforscht werden, baute man das lebensnotwendige Salz bergmännisch ab und handelte es weiträumig. Im Frühjahr 1990 entdeckte der damals zehn Jahre alte Marc Füchsle beim Spielen in den gerade ausgehobenen Baugruben in der Talstraße, in Neuhausen nahe der Pfrimm, einen echten Schatz. Er sammelte grün patinierte Metallteile ein, immerhin etwa 8 kg Bronze. Die Nachgrabung durch die Mitarbeiter des Museums konnte eine ursprüngliche Deponierung in einem Tongefäß wahrscheinlich machen, von dem sich ein Abdruck und Scherben in der Baugrubenwandung etwa 1,30 m unter der modernen Oberfläche gefunden haben. Die erste Sichtung zeigte, dass es sich um einen gemischten Hortfund, bestehend aus mehr als 20 Beilen (ganz oder in Fragmenten), Arm- und Fußreifen sowie Gusskuchenteilen und Altmetallfragmenten handelte. Insgesamt, mit den nachträglich eingesammelten und von Nachbarn übergebenen Stücken, setzt sich der Fund aus 92 Objekten zusammen, ursprünglich mögen es noch ein paar mehr gewesen sein. Der Großteil besteht aus mangelhaften Exemplaren, oft weisen sie Gussfehler auf. Einige der Beile müssen aus Westfrankreich stammen, andere Stücke finden Parallelen in Südhessen (Abb. 2).

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Abb. 2: Worms-Neuhausen, aus dem Hortfund der späten Urnenfelder- bzw. frühen Hallstattzeit (9. Jh. v. Chr.). Tüllenbeile, Fußreif, Armringe (Zeichnungen H.- J. Windecker)

F ÜRSTENRESIDENZ

IN

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UND

L UXUS

AUS DEM

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Hallstattzeitliche Hortfunde sind im Gegensatz zu solchen der Bronzezeit außerordentlich selten. Über die Gründe oder den Anlass, einen derartigen Hort zu vergraben, der seinerzeit einen beträchtlichen Wert dargestellt haben muss, gehen die Meinungen auseinander: Angst vor kriegerischen Ereignissen – Vorratshaltung eines Metallhandwerkers – Gabe an die Götter, zwischen diesen Deutungen bewegt sich die Archäologie. Am Adlerberg stieß man im höher gelegenen Teil sowohl am Ende des 19. Jahrhunderts als auch wieder 1939 auf Reste einer hallstattzeitlichen Siedlung, zu datieren etwa gegen 600 v. Chr.

Am Ende der Hallstattzeit: Fürstenresidenz in Herrnsheim und Luxus aus dem Süden Von allen Funden der vorrömischen Eisenzeit sind die »Fürstengräber« von Herrnsheim aus der Flur »ostwärts der Klauern«, heute im nördlichen Industriegebiet, am herausragendsten. Ähnliche Gräber finden sich erst wieder in 20 bis 40 km Entfernung (Luftlinie) wie in Laumersheim, Armsheim, Schwabsburg. Näher, aber durch den Rhein getrennt, saßen die fürstlichen Nachbarn von Groß-Rohrheim. Vielleicht bezeichnen die Grablegen den Mittelpunkt des jeweiligen Herrschaftsbereiches. Um die Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. haben sich als »Fürsten« bezeichnete Angehörige einer Familie (oder einer anders als durch Verwandtschaft bestimmten Elite) in der Herrnsheimer Gemarkung bestatten lassen, deren Frauen mit goldenen Fingerringen und Armreifen geschmückt waren und die Importe wie bronzene Schnabelkannen aus Etrurien (der heutigen Toskana) kaufen konnten. Im Jahre 1952 fand Paul Lott beim Spielen eine Schnabelkanne. Wieder gab ein spielendes Kind den Anstoß für wichtige Erkenntnisse! Erst 1969 jedoch erfolgte auf Wunsch von Ulrich Schaaff (Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz) eine Nachgrabung durch den damaligen Landesarchäologen Bernd Stümpel, die das Grab einer Frau mit zwei Fingerringen und zwei Armreifen aus Gold und reichhaltigen Gürtelgarnituren freilegte. Die Funde kamen damals sogleich in das Wormser Museum. Das Grab war nordsüdorientiert, die Frau mit dem Kopf im Norden gebettet worden. Ein Armreif aus Sapropelit (versteinertes Holz, ähnlich Jett oder Gagat, Import aus Böhmen) schmückte ihren rechten Oberarm. Eine Stangengliederkette aus abwechselnd eisernen und bronzenen Gliedern, ein eiserner Hüftreif und wohl ein Ledergürtel mit durchbrochen verziertem eisernem Gürtelhaken gehörten zu ihrer Ausstattung ebenso wie eine Fibel mit eingelegtem Bügel und aufgesteckten Perlchen aus Knochen. Der Gürtelring bestand aus einem im frischen Zustand biegsamen Holzreif, der mit Eisenblech ummantelt war. Zur Tragezeit glänzte er wie blankes Silber13. Nahezu regelhaft wurde in besonders reichen Gräbern der Frühlatènezeit eine bronzene, ehemals goldglänzende Kanne mitgegeben (Tafel 1). Der Gefäßkörper ist getrieben, der Henkel gegossen. Auf kurzem zylindrischen Hals ist die Mündung zu einem betonten Ausguss hochgezogen, dem ein angenieteter Henkel gegenübersitzt, welcher in einer

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Maskenattasche endet und am Gefäßkörper befestigt ist. Im Rhein – Mosel – Dreieck häufen sich die Fundpunkte solcher Kannen. Masken bzw. Gesichtsdarstellungen scheinen dem hiesigen keltischen Geschmack besonders entsprochen zu haben. Werkstätten in Etrurien (der heutigen Toskana) haben die Kannen vermutlich eigens für den Export nach Norden gefertigt, wo sie als unverzichtbare Statussymbole gegolten haben müssen. In die Gräber wurden sie, wie aus andernorts erhobenen Analysen hervorzugehen scheint, mit einer Art Honigwein (Met) gefüllt und, sorgsam in textile Materialien gewickelt, als Beigabe gesetzt 14. Auch an der Herrnsheimer Kanne hatten sich Gewebereste erhalten, die leider nicht bestimmt wurden. Hingegen konnte festgehalten werden, dass die Verstorbene in zwei unterschiedliche feine gewebte Wollstoffe gekleidet war, von denen der Rost des eisernen Hüftrings Spuren bewahrt hatte. Solche kostbaren Objekte waren zwar Statussymbole, doch sollte man sie nicht mit den heutigen neidvollen Maßstäben für den Besitz von Luxus messen. Ein Fürst der Antike war in hohem Maße für das Wohlergehen seiner Anhänger und seiner Abhängigen verantwortlich. Wenn er sich Kostbarkeiten leisten und öffentlich vorzeigen konnte (der reiche Schmuck wurde ebenso öffentlich präsentiert wie das kostbare Trinkgeschirr bei Festmählern), vermittelte er nicht nur Wohlstand, sondern machte auch gelungene Geschäfte und Fernverbindungen sichtbar, von denen sein gesamtes Volk profitierte, und daraus resultierte das Ansehen, das Macht erst ermöglichte. Der Reichtum war derart groß, dass man den Toten davon mitgeben und somit selber auf dieses Vermögen verzichten konnte. Seit 1992 wurde in der Umgebung des Grabes unserer Herrnsheimer Fürstin durch das Landesamt für Denkmalpflege, Abt. Bodendenkmalpflege, Mainz, ein Friedhof des 5./4. Jahrhunderts v. Chr. mit wenigstens einem weiteren Prunkgrab einer Dame aufgedeckt. Wieder traten in diesem paarweise Armreifen, Fingerringe und zusätzlich Haarringe mit Traubengranulation aus Gold auf. Untersuchungen an den Goldschmiedearbeiten zeigen, dass die Armreifen als Paar in einer Schmuckwerkstatt hergestellt wurden, die Abnehmer zwischen Saar und Rhein bediente 15. Man wüsste gerne mehr über das Verhältnis der Prunkgräber untereinander (gab es allein Frauengräber oder auch solche von Männern?) und zu den schlichteren Bestattungen, zur Ausdehnung und zur Zeitstellung des Friedhofes. Könnte er mit der bei Abenheim-Rautwiesen gefundenen Siedlung in etwa 3 km Entfernung zusammenhängen? Müsste nicht auf einer Anhöhe eine Art Burg, ein befestigter Fürstensitz zu entdecken sein? In der Gemarkung Herrnsheim, nördlich des heutigen Ortes am Osthang sowie im Süden, häufen sich weitere späthallstatt-, vor allem frühlatènezeitliche Grabfunde. Einige Siedlungsspuren, die zeitlich zu den Herrnsheimer Prunkgräbern passen könnten, haben sich auch auf dem Hochufer des Rheins gefunden, im Gebiet Pfaffenwinkel. Kontrollierten die »Fürsten von Herrnsheim« und ihre Nachfolger, in welcher sozialen Form des Zusammenlebens auch immer, die Verkehrswege, die später in römischer Zeit als Straßen (und noch heute z. B. als Bundesstraße 9) dem Fernverkehr und damit dem Warenaustausch dienten?

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Latènezeit: Epoche der Kelten Nach dem Schweizer Fundort wird die an die Hallstattzeit anschließende Epoche ab etwa 450 v. Chr. bis zur Römerzeit als Latènezeit oder als die Zeit der Kelten bezeichnet. Nun bringt man erstmals einen von den Archäologen geprägten Zeitbegriff mit dem aus schriftlichen Quellen bekannten Namen eines Volkes zur Deckung. Gallier nannten die Römer die Kelten im großen linksrheinischen Raum. Das südliche Mitteleuropa war das Land der Kelten. Sie treten zunächst undeutlich in Erwähnungen der antiken Schriftsteller hervor, und was wir über sie wissen, hat man aus den lückenhaften und tendenziösen Nachrichten ihrer Gegner, der Griechen und Römer, oder gar aus mittelalterlichen Überlieferungen herauszufiltern versucht. Zwischen Spanien und Kleinasien bewegten sich keltische Stammesgruppen, was von den dort schon ansässigen Menschen durchaus als feindlich beurteilt wurde. Gallier besetzten sogar einen Teil der heutigen inneren Türkei. Es sei hier an die Kämpfe um Pergamon in Kleinasien erinnert. Die siegreichen Pergamener weihten im 3. Jahrhundert v. Chr. Skulpturen wie »Gallier tötet sein Weib und sich« den Göttern als Dank für den erfochtenen Sieg über die Eindringlinge. Was die Lebensverhältnisse der im Lande gebliebenen Kelten betrifft, unterrichtet uns die archäologische Forschung allerdings nur ansatzweise. Manchmal bleibt von einem Grab allein ein einzelner Fund übrig, so wie in Pfeddersheim, als 1938 in einer Sandgrube ein massiv gegossener, reich verzierter Halsreif mit

Abb. 3: Reich verzierter Halsreif aus Bronze, 4. Jh. v. Chr. Worms – Pfeddersheim (Zeichnung Michael Ober, Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz)

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Schälchenenden aus Bronze gefunden wurde. Das zugehörige Skelett dürfte von dem kalkarmen Boden aufgezehrt worden sein. Der Halsreif ist für den Wormser Raum singulär. Rautenförmige Ritzungen schließen sich an achtfach geperlte Partien an, die Perlen sind mit kleinen Kreisaugen verziert. Die Übergänge von den betonten Schälchenenden zu den geperlten Reifpartien sind mit feinsten gekerbten zarten Ringen versehen. Der Reif glänzte ursprünglich golden, wie jedes Schmuckstück aus Bronze. Er stammt aus der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. 16 Als 1985 in der Gewann Rautwiesen von Worms-Abenheim ein Verteilerkreuz für eine neue Autobahnauffahrt gebaut werden sollte, vermutete man hier zunächst eine spätneolithische Siedlungsstelle. Die Grabung des Museums der Stadt Worms erbrachte dann Siedlungsreste und Gruben aus der Hallstatt- und Latènezeit. Hervorzuheben ist besonders eine Grube, in die eine trächtige Stute gelegt worden war. Die Spuren an den Knochen belegen, dass man dem Pferd die Haut abgezogen und Beine und Kopf abgeschnitten hat, um dann den Kadaver und seine Teile zu vergraben. Analysen datieren das Pferd in die Zeit zwischen Mitte des 8. Jahrhunderts und des 5. Jahrhunderts v. Chr. Ein vollständiges Pferdeskelett aus der vorrömischen Zeit ist für Zoologen so bedeutsam wie ein Metallhortfund (etwa der aus Neuhausen) für Archäologen. Deshalb wurde das Pferdeskelett nach Untersuchung und Restaurierung in einer nachempfundenen Situation im Museum auch ausgestellt 17. Gräber, kleinere oder größere Gräberfelder der Mittel- und Spätlatènezeit, sind an vielen Stellen in Worms gefunden worden. Wiederum hatte man sie zumeist auf den hochwasserfreien Flächen angelegt. In der Gemarkung Abenheim haben sich Kriegergräber sogar auf der Höhe südlich gegenüber den Rautwiesen gefunden. In Pfeddersheim scheint allerdings der Gräberbereich in Pfrimmnähe beim Naherholungsgebiet angelegt gewesen zu sein. Daneben existieren jedoch auch irreguläre Bestattungen in Siedlungsgruben. Das spektakulärste ist das als »Mutter und Kind« bezeichnete Grab aus dem Sandgebiet von Eich. Hier war zunächst ein fünf bis sechs Jahre altes Kind in eine ehemalige Vorratsgrube gelegt und mit Erde bedeckt worden. Darüber wurde in seitlicher Schlafposition eine junge Frau von etwa 25 Jahren gebettet. Der Befund wurde im Block gehoben, und Generationen von Museumsbesuchern rätseln, ob es sich um ein Unglück oder ein Kapitalverbrechen gehandelt haben könnte. Die Lage der Skelette lässt jedoch auf ein geordnetes Beisetzen schließen, nicht auf ein hastiges Verscharren der Toten. Auch zwei Siedlungsgruben in den Rautwiesen von Worms-Abenheim waren nachträglich als Gräber verwendet worden In einer Grube lag eine gut 30-jährige Frau, eine wenigstens zweifache Mutter, mit stark angezogenen Beinen und angewinkelten Armen auf ihrer linken Seite. Ihr bronzener Dreiknotenreif am rechten Arm und die Vogelkopffibel, die vielleicht an einem Kleidungsstück befestigt war, mit dem man sie zugedeckt hatte, datieren das Grab in die 1. Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. Das zweite Grab im oberen Teil einer kreisrunden Trichtergrube barg ebenfalls eine Frau, wieder in Seitenlage mit stark angezogenen Beinen und den Händen vor dem Gesicht. Haube oder Haar schmückten kleine Ringe aus Bronze. Ihr hatte man einen Satz Tongefäße mit Nahrungsmitteln beigegeben (Abb. 4).

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Abb. 4: Worms-Abenheim, irreguläre Bestattungen von zwei Frauen. Oben Grab 3 in Grube 75, unten Grab 2, Frau mit Dreiknotenarmreif und Vogelfibel, Frühlatène, 5. Jh. v. Chr. (Zeichnungen H.-J. Windecker)

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In der mittleren Latènezeit bestattete man immer noch im heutigen nördlichen Industriegebiet. Es gibt sowohl Körpergräber als auch Feuerbestattungen. Die Überreste von Brandgräbern sind heute allerdings manchmal so unscheinbar, dass sie schnell durch eine Baggerschaufel abgetragen und vernichtet sein können. Siedlungen der Latènezeit konnten im Wormser Raum bisher nicht planmäßig erforscht werden. Derzeit haben neue Untersuchungen auf dem westlich von Worms gelegenen Donnersberg begonnen, auf dem im 2. Jahrhundert v. Chr. ein großes keltisches Oppidum begründet wurde, das den (ideellen, wirtschaftlichen, religiösen, politischen?) Mittelpunkt des in Rheinhessen und der Nordpfalz ansässigen Stammes darstellte. Seinen Namen kennen wir nicht. Vielleicht war er ein Teilstamm, jedenfalls der östliche Nachbar der Treverer. Deren wichtigstes Oppidum lag auf dem Titelberg (in Luxemburg). Leider sind wir über den Anfang und die Entwicklung des Donnersberg-Oppidums nicht besonders gut informiert. Hinreichende Veröffentlichungen der alten Grabungen gibt es nicht. Unter anderem ist bekannt, dass auf dem Donnersberg zahlreiche keltische Münzen der Zeit von ca. 190 –85 v. Chr. gefunden wurden 18. In diese Münzreihe passen auch die wenigen in Worms entdeckten keltischen Münzen, von denen die meisten die am Eisbach gelegene Gemarkung von Wiesoppenheim erbrachte. Ein Gräberfeld lag westlich des Ortes, und Koehl berichtete 1890 von dem unversehrten Brandgrab eines Kindes, dessen Überreste ein Satz von neun Gefäßen umgab, »in einigen Speisereste, bestehend aus Schweine- und Vögelknochen«. Bei einem Körpergrab hätten sich »Kinnbacken vom Schwein« gefunden. Weitere Gräber seien durch den Weinbau schon vor langer Zeit zerstört worden. Die Ausgrabungen des Museums bei der St. Pauluskirche in Worms, zum Rhein hin am Rande der ersten hochwasserfreien Terrasse gelegen, erbrachten aus Gruben im gewachsenen Boden, der etwa drei Meter unter der modernen Oberfläche liegt, einige Scherben von Gefäßen, von denen weniger als fünf von großen Schalen mit eingebogenem Rand aus der Spätlatènezeit (2. Jh. v. Chr.) stammen. Eine Bau- oder Siedlungstätigkeit um die Zeitenwende ist hier jedoch nicht nachweisbar.

Dunkles 1. Jahrhundert v. Chr. Wo sind noch Kelten, wo die Vangionen? Die Zeit der keltischen Oppida an Rhein und Donau endete abrupt im 1. Jahrhundert v. Chr. Irgendwann in den Jahren um oder nach 80 v. Chr., in einem Zeitraum, welchen die Archäologen bevorzugt mit der Umschreibung »am Ende der Stufe Latène D 2« belegen, scheinen große Umwälzungen stattgefunden zu haben. Man bringt sie gemeinhin mit den Verwerfungen zusammen, die durch Germaneneinfälle bis nach Gallien hinein erzeugt wurden. Die Ereignisse (gallische Stämme flüchteten und brachten die Nachbarn in Bedrängnis), verbunden mit dem Namen und dem Handeln des Germanenfürsten Ariovist, riefen schließlich C. Julius Caesar und die römischen Legionen auf den Plan. Ebenso enden die Gräberfunde Rheinhessens, in Worms und der nördlichen Pfalz mit dem

D UNKLES 1. J AHRHUNDERT V . C HR . W O

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1. Viertel des 1. Jahrhunderts v. Chr. In Gallien, dem heutigen Frankreich, und schon im Kerngebiet der Treverer nebenan verhält es sich anders, doch sind die dortigen Verhältnisse nicht auf die Rheinzone übertragbar. Bis zum Beginn der römischen Epoche um die Zeitenwende müssen wir für Worms und Rheinhessen mit weitgehender Siedlungsleere von wenigstens zwei Generationen Dauer – mindestens 60 Jahre – rechnen. Es erscheint nach Jahrzehnten der archäologischen Forschungen, Grabungen und Geländebegehungen mit dem Wunschziel, eine Kontinuität zwischen Kelten und Römern belegen zu können, nicht mehr zulässig, noch immer auf neue Erkenntnisse zu hoffen oder zu argumentieren, die Toten des 1. Jahrhunderts v. Chr. seien eben spurenlos beseitigt worden. Abgesehen davon, dass dies einen einzigartigen Bruch mit allen bisher und danach im Umgang mit verstorbenen Angehörigen geübten Bestattungssitten bedeutete, sind Siedlungen ebenfalls nicht nachzuweisen. Helmut Bernhard gelangte für die Stadt Speyer denn auch zu dem Schluss, die These von einem keltischen Noviomagus als Vorgängersiedlung müsse endgültig zu den Akten gelegt werden19. Die Befunde in Worms lassen keine andere Folgerung zu. Die keltischen Städtenamen wie Noviomagus oder Borbetomagus widersprechen dem nicht, man wird sie mit den in der Römerzeit angesiedelten Kelten verbinden dürfen (s. u.). Der Stamm der Vangionen tritt zum ersten Mal in Caesars Schrift über den Gallischen Krieg in Erscheinung, als Vangionen zusammen mit anderen germanischen Abteilungen wie solchen der Markomannen, Triboker, Nemeter, Sueben im Jahre 58 v. Chr. in einer Schlachtreihe den Römern gegenüberstehen (bellum gallicum I, 51,2)20. Plinius der Ältere, der einen gelehrten Zettelkasten mit Nachrichten zu allen Wissensgebieten gesammelt und für seine »Naturgeschichte« verwendet hatte, bezeichnete die Vangionen ganz eindeutig – ebenso wie Caesar – als Germanen (naturalis historia IV 106). Ihre ursprüngliche Heimat dürfte irgendwo östlich des Rheins gelegen haben, wo, weiß allerdings niemand. Leider hilft auch die Ableitung ihres Namens vom germanischen *wanga, Feld, nicht weiter. Dass sie in Worms frühestens nach der Zeitenwende heimisch werden konnten, werden wir gleich sehen. Die Schlussfolgerung: Vangionen haben eine Vangionenstadt, – die Vangionen sind bei Caesar genannt – also existierte die Vangionenstadt schon zur Zeit des Gallischen Krieges – ist nicht zulässig. Denn Caesars Politik richtete sich strikt gegen eine Ansiedlung der von ihm als landhungrig dargestellten Germanen auf der gallischen Rheinseite. Er schrieb nach Rom, einige Gallier klagten darüber, dass sich immer mehr Germanen fruchtbares Land (auf der linken Rheinseite, in der Gegend des heutigen Elsass) aneigneten: Das germanische Land könne man mit dem gallischen nicht vergleichen, ebensowenig die hier in Gallien übliche Lebensweise mit der jener Menschen – eine im Jahr 2005 modern anmutende Angst vor Überfremdung kommt in den von Caesar wiedergegebenen Worten des Häduers Diviciacus zum Ausdruck. Die Treverer berichteten etwa gleichzeitig, einhundert suebische Stammesgruppen hätten sich am Rhein versammelt und wollten den Fluss überschreiten. Caesars Bericht über den Gallischen Krieg ist ein politisches Lehrstück: Er benutzte die Germanenangst in Rom, wo man sich noch mit Schrecken an die Kimbern und Teutonen erinnerte, um freie Hand für sein Agieren in Gallien zu haben. Völkerkundliche Genauigkeit war sicher nicht beab-

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sichtigt. Eine Ansiedlung von Germanen am linken Rheinufer passte jedoch ganz und gar nicht in Caesars politisches Gebäude und widerspräche seinen Absichten21.

Auf der Suche nach Siedlern vor den Römern Die Nachbarschaft eines spätlatènezeitlichen, wenn auch bislang nicht durch Grabungen erforschten, sondern nur durch einige Zufallsfunde belegten Gräberfeldes in Pfeddersheim mit einigen römischen Brandgräbern des 1. Jahrhunderts n. Chr. (dazwischen fließt noch die Pfrimm) spricht derzeit weder für noch gegen eine Besiedlungskontinuität. Immerhin liegen wenigstens einhundert Jahre zwischen den keltischen und den römischen Funden. Ausgesprochen »germanisches« Fundgut der frühen Römerzeit ist in Worms und in Rheinhessen bislang nicht identifiziert worden, und wenn wirklich die eine oder andere Scherbe von einem germanischen Topf stammen sollte, so ist dann noch immer zu überlegen, ob dieser als Bestandteil von Hausrat übersiedelte oder als Verpackung einer Spezialität über den Rhein gelangte. Schon Gustav Behrens hatte 1923 bemerkt: »… die Gegend um Worms ist trotz der aufmerksamen Fundbeobachtung des dortigen Museums leer, was umsomehr auffällt, als Worms der Vorort der späteren römischen Civitas war, die ihren Namen von den Wangionen hatte. Diese Erwägungen mahnen zur Vorsicht in der Deutung aller unrömischen Funde Rheinhessens als wangionische.« 22 Die Diskussion war während vieler Jahrzehnte durch den Zeitgeist beeinflusst. Es ist noch nicht lange her, da mussten alle Brandgräber Germanen, alle Körpergräber hingegen Kelten bergen. Während aber die Forschung selbst inzwischen differenzierter denkt 23, hält sich in der Sekundärliteratur noch gerne manche alte Meinung. Neuerdings scheint sich, angeschlossen an den Begriff »Romanisierung«, der aktives Gestalten, ja ausgeübten Druck andeutet, die Idee zu verbreiten, spätkeltische Keramikformen, die mit augusteischem Geschirr zusammen in Gruben gefunden wurden, müssten »Kontinuität« anzeigen, in dem Sinne, dass ortsansässige Kelten nun mit römischer Kultur und deren materiellen Zeugnissen versehen worden seien. Das plötzliche Einsetzen römischer Artefakte muss jedoch keineswegs losgelöst von keltischen Gefäßen gesehen werden, die möglicherweise ebenso importiert waren. Gerade das Einsetzen römischer Geschirrformen, durch die sich letztlich ja neue Speisegewohnheiten ausdrücken, spricht für eine neue, mit römischen Sitten schon vertraute (also schon romanisierte) Bevölkerung, die nun in Rheinhessen angesiedelt wird. Beispiele können neuerdings aus Alzey angeführt werden24. Unbestritten ist, dass um die Zeitenwende neue Aktivitäten in Rheinhessen beginnen. Man könnte an eine Neubesiedlung der menschenleeren Gebiete zunächst durch Kelten aus Gallien denken, denen dann die Vangionen hinzugesellt wurden. Womit wir bei der Frage angelangt sind, wie denn die älteste respektive die erste von den Römern veranlasste Niederlassung in Worms einzuschätzen und zu datieren ist.

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Der römische Militärstützpunkt Vor 20 Jahren entdeckte Verf.25 in den Scherbenkisten des Museums, die während der Nachkriegszeit in den Baugruben der Innenstadt gefüllt worden waren, erstmals eine nennenswerte Anzahl von Fragmenten einer bestimmten Art von Terra Sigillata, die als »Arretina« bezeichnet wird. Platten, Teller und Schälchen sind aus feinem roten Ton gefertigt und tragen einen seidenmatt glänzenden Überzug. Die dünnwandigen Fabrikate weisen sich durch fein profilierte Randabschlüsse aus. Nicht selten haben die Manufakturen (die erst im italischen Arezzo, später in Lyon arbeiteten) einen mittigen Töpferstempel anbringen lassen. Formen und Töpferstempel finden sich etwa im römischen Lager von Haltern an der Lippe wieder, das Rom als einer der vorgeschobenen Posten nach Germanien diente, und zwar zwischen 9 v. Chr. und der wohl einem jeden bekannten Niederlage in der Varusschlacht 9 n. Chr. nördlich des Wiehengebirges bei Kalkriese, durch die Rom in der Folge die Expansion nach Osten aufgab26. Helmut Bernhard wies nun allerdings darauf hin, dass andere feine Keramikwaren aus den Lyoner Töpfereien in Speyer fehlen27, und genauso verhält es sich auch in Worms. Ist mit den Sigillaten schon der Beweis für die römische Besetzung in dieser Zeit erbracht? Darf man auf ein Militärkastell der gleichen Zeitstellung schließen oder handelte es sich um einen Restposten mittelaugusteischer Sigillaten oder um Altstücke im Gepäck? Wäre die Datierung des Beginns der militärischen Präsenz (mit Kastell und regulärer Truppeneinheit besetzt) noch etwas zu verschieben? Gleichermaßen können Münzen nicht zur Bestätigung eines so frühen Kastells herangezogen werden. Die vergleichsweise geringe Anzahl der in mehr als hundert Jahren in Worms gefundenen Exemplare (etwa 50, davon etliche mit Gegenstempeln des Tiberius, Augustus Nachfolger), sprechen nicht unbedingt für augusteische Soldzahlungen an hier in größerer Anzahl stationierte Soldaten. Als Alternative ist nicht ausgeschlossen, dass der wegen der genannten Indizien vermutete älteste römische Militärstützpunkt noch keines der später üblichen Hilfstruppenkastelle war. Man könnte an eine Art Polizeiposten denken, eine kleinere Anzahl von Reitern und Soldaten zu Fuß, romanisierte Kelten (also Gallier), vielleicht auch einige angeworbene Germanen, unter Führung eines Vertrauensmannes des Militärkommandos (ein Gallier als Offizier?), zunächst mehr zur Sicherung der Verkehrswege (Straßen wie Wasserläufe) als zum Aufbau einer perfekten Infrastruktur. Einen solchen Posten kann man sich auf einige Jahre auch in Speyer (wo es deutlichere Hinweise als in Worms gibt) und ebenso an anderen Punkten am Rhein vorstellen, etwa in der Gemarkung Osthofen. Von dort stammen Gräberfunde aus dem frühen 1. Jahrhundert n. Chr. Um die Posten herum bildeten sich unter Aufsicht des Militärs alsbald gewisse zivile Strukturen. Sie stellten für die Soldaten bereit, was über die von der Zentrale gewährte Grundversorgung hinaus erwünscht war oder zu ihrer Unterhaltung diente. Bald bildete sich eine Art Dorf, ein Kastellvicus mit regelmäßigen Parzellen zu Seiten der Straße. Und wo gelebt wurde, da starb man auch, also mussten außerhalb der Wohnbereiche Gräberfelder angelegt werden. Sebastian Sommer hatte übrigens bei seiner Gesamtuntersuchung zu römischen Kastelldörfern und Bauernhöfen in Obergermanien und Rätien nirgendwo Reste irgendeiner zeitlich knapp davor liegenden Bevölkerung feststellen können 28.

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Man sollte sich die Ausdehnung des römischen Einflussgebietes an und über den Rhein nicht zwingend als eine für Jahrzehnte vorgeplante bzw. festgelegte, flächendeckende Maßnahme denken. Im Rückblick mag es sich so darstellen. Vermutlich hat man sich in Rom nicht vor dem Desaster der als Varusschlacht bekannten Niederlage von 9 n. Chr. entschlossen, den Rhein als Grenzlinie zu sichern. Erst um 14 n. Chr. wurde in Straßburg eine Legion stationiert. »Der systematische Ausbau der Rhein- und Donaulinie erfolgte schließlich unter Kaiser Claudius (41– 54 n. Chr.)«, formulierte Egon Schallmayer knapp 29. Der älteste erhaltene Grabstein in Worms wurde schon 1666 an der Martinspforte gefunden. Er war für den Reitersoldaten Argiotalus, Sohn des Smertulitanus gesetzt, einen Mann aus der Gegend von Nantes und Angehörigen einer gallischen Hilfstruppeneinheit (der Ala Indiana Gallorum, eine etwa 500 Mann starke Kavallerieeinheit). Aus stilistischen Gründen und anhand von Vergleichsbeispielen wird er von Walburg Boppert 30 in tiberische Zeit datiert (Kaiser Tiberius regierte von 14 bis 38 n. Chr.). Am Truppenstandort Worms kann man kein »Hausregiment« finden. Die hier entdeckten Grabsteine der Soldaten, die im aktiven Dienst starben oder fielen (die Sterbeursache kommt im Formular nicht vor), nennen eine Reihe von Alen (berittene Einheiten à 500 Mann) und Kohorten (eine cohors umfasste in der Regel ebenfalls 500 Mann, manche auch 1000). Sie unterstanden dem Militärkommandanten in Mainz. Die Soldatengrabsteine sind bislang unsere einzigen Zeugnisse für die Anwesenheit mehrerer Einheiten im 1. Jahrhundert n. Chr. Außer der genannten Ala Indiana, die ursprünglich aus Galliern rekrutiert war, sind in Worms bezeugt: Ala Agrippiana, Ala Sebosiana, Ala Hispanorum (anfangs aus Spaniern bestehend); an Infanterietruppen Cohors I Thracum (zunächst aus Thrakern), Cohors VII Breucorum (rekrutiert etwa im heutigen Ungarn), Cohors Raetorum, Cohors Vindelicorum (Raeter und Vindeliker bewohnten das Voralpengebiet) 31. In welcher Reihenfolge die Truppen stationiert waren, ob als ganze Einheit, in Abteilungen oder gemischt, ist unbekannt. Sie sind sämtlich auch in Mainz bezeugt, wo neben dem Zweilegionenlager (ab 13 v. Chr.) in Weisenau auch ein Hilfstruppenkastell nachgewiesen ist. Der bekannteste, größte und schönste römische Grabstein gehört dem Feldzeichenträger Quintus Carminius Ingenuus32 (Abb. 5). Er war Reiter und Feldzeichenträger, signifer, der Ala Hispanorum und starb nach 25 Dienstjahren, in einem Alter zwischen 40 und 45 Jahren. Bei den Reitergrabsteinen des 1. Jahrhunderts n. Chr. wird der Verstorbene in Aktion dargestellt, in voller Rüstung auf seinem Pferd. Unser Mann trägt über der Tunika einen kurzen geschlitzten Kettenpanzer zu engen Hosen. Am Gürtel hängt das Schwert, auf dem Rücken der Schild. Seine Rechte zielt mit der Lanze auf einen schon am Boden zusammengebrochenen Gegner, ein zweiter Germane liegt tot vor den Hinterläufen des reich gezäumten Pferdes. Das Signum neben dem Kopf des Reiters sieht aus wie eine Lanze mit Querstange und Anhängern. Der Stein entstand gegen 30/50 n. Chr. Dieser Stein wurde wie der oben genannte des Argiotalus 1666 beim Bau der Befestigungsanlagen an der Martinspforte gefunden. »Als im Jahre Christi 1666 bei dem Martinsthor der Graben vor dem Wall zurecht gemacht wurde (gelegentlich der Anlage starker Ravelins) sind ziemlich viel Denkmäler und Grabstätten, irdene Gefäße, so teils leer,

Tafel 1a: Späte Hinkelsteinkultur: Grab 21 Worms-Rheindürkheim

Tafel 1b: Importe aus Etrurien. Schnabelkannen des 5. Jhs. v. Chr. v.l.n.r.: Worms-Herrnsheim, Rheinhessen, Slg. Heyl

Tafel 2a: Beigaben aus Grab 26 von Worms-Maria Münster, frühes 1. Jh. n. Chr.

Tafel 2b: Beigaben aus einem Sarkophag in der Schillerstraße Gläser der 1. Hälfte des 4. Jhs. n. Chr.

Tafel 3a: Terra Sigillata – Becher aus einem Frauengrab in Worms-Weinsheim, 3. Jh. n. Chr.

Tafel 3b: Wormser Gesichtskrüge, frühes 4. Jh. n. Chr.

Tafel 3c: Merowingischer Triens, 6./7. Jh. n. Chr. nach einem Solidus Justinians I.

Tafel 3d: Goldscheibenfibel aus dem fränkischen Gräberfeld von Worms-Abenheim, 7. Jh. n. Chr.

Tafel 4: Zeitgenössische Zeichnung des 1880 ausgegrabenen fränkischen Grabes 8 in Worms, Schillerstraße

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Abb. 5: Grabstein des Feldzeichenträgers Q. Carminius Ingenuus (Museum der Stadt Worms)

teils mit versengten Knochen und Asche angefüllt gewesen, ausgegraben worden …« 33. Vor dem Martinstor scheint demnach der Hauptfriedhof des 1. Jahrhunderts n. Chr. gelegen zu haben, und leider sind die wohl ältesten Brandgräber für die Forschung verloren. Andere Soldatengrabsteine standen im südlichen Gräberfeldbereich (bei Mariamünster). Soweit man es beurteilen kann, gab es keine Trennung zwischen Gräbern der Soldaten und der Zivilisten. Die ältesten heute noch bekannten Gräber gehören in die Jahre um 20/30 n. Chr. (Tafel 2). Wo könnte denn das Kastell in Worms gelegen haben? Wenn es im inneren Stadtgebiet zu suchen ist, dann sicher im Areal zwischen den Friedhofsbereichen im Norden und im Süden, zwischen der Judengasse und dem Gebiet von Mariamünster. Auf der ersten hochwasserfreien Terrasse zwischen den Linien Kämmererstraße – Speyerer Straße und

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Klosterstraße – Fischmarkt – Bauhofgasse wurden die augusteischen Sigillaten und auch die meisten anderen Funde aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. eingesammelt. Näher ist das Kastell derzeit leider nicht einzugrenzen. Jedenfalls kommt der Domhügel, der etwas oberhalb der genannten Terrasse liegt, nicht in Betracht. Bei römischen Truppenstandorten ist es üblich, dass außer dem ein- oder mehrperiodigen Standlager in der Umgebung weitere, oft kurzfristig bestehende oder zu Übungszwecken angelegte Kastelle gefunden werden. In Worms-Horchheim schnitt man 1976 die Ecke eines solchen Lagers an, mehrere Gräben wurden erkannt. Luftaufnahmen von einem weiteren Truppenlager im Norden der Stadt lagern im Landesamt für Denkmalpflege. Zeitstellung und Funktion sind völlig unbekannt. Römisches Militär blieb bis in die 80er Jahre des 1. Jahrhunderts n. Chr. in Worms stationiert, dann wurden die Truppen abgezogen. Das Reichsgebiet hatte sich ostwärts über den Rhein hinaus ausgedehnt, der Ort war keine Grenzstadt mehr. Wie es zur Errichtung des Odenwaldlimes kam – wieder zogen sich über Jahrzehnte Maßnahmen im rechtsrheinischen Gebiet hin, die in dieser Anlage gipfelten – ist andernorts ausführlich beschrieben worden. Als lineare Grenzsicherung wurde der Limes zwischen 80 und 90 n. Chr. ausgebaut. Um das Jahr 85 wurden die linksrheinischen Heeresbezirke aufgelöst und das Gebiet als die Provinzen Germania Inferior und Germania Superior unter ziviler Verwaltung eines Statthalters eingerichtet. (Kaiser Domitian hätte ihnen richtiger einen Namen mit »Gallia …« gegeben). Die Grenze zwischen den beiden Provinzen verlief etwa am Vinxtbach südlich von Bonn. Germania Superior (oder Obergermanien) umfasste im Süden Teile der heutigen Schweiz, vom Genfer See bis Langres, den Ostteil der Vogesen und das Elsass, die Stammesgebiete der Triboker um Straßburg, der Nemeter um Speyer, der Vangionen um Worms, das Stadtgebiet von Mainz und die Bereiche östlich des Rheins bis zum Odenwaldlimes. Der Abzug des Militärs muss für das damalige zivile Gemeinwesen, das sich in räumlicher Nähe und in wirtschaftlicher Abhängigkeit des Kastells entwickelt hatte, ein Rückschlag gewesen sein, vergleichbar mit dem Abzug der amerikanischen Streitkräfte und der Schließung von Bundeswehrstandorten in Deutschland, mit dem Unterschied, dass es keine Überbrückungsmaßnahmen oder Kompensationsleistungen gab. Daseinsvorsorge hatte jeder für sich selbst zu treffen. Archäologisch fassbar ist das Phänomen durch den Rückgang der Importe von Terra Sigillata in der 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts. Bis zur Mitte des 2. Jahrhunderts hatte sich die Stadt endlich wieder von dem Rückschlag erholt.

Civitas Vangionum Das Wort civitas bezeichnete in der römischen Kaiserzeit die Gemeinschaft, das Gebiet eines Stammes. Zur Verwaltung und als Mittelpunkt diente ein Zentralort, im Fall der Civitas Vangionum ist das Borbetomagus. Erst in der Spätantike und dann vor allem im Mittelalter erfährt Civitas einen Bedeutungswandel zu »Stadt«. Der Name »Borbetomagus« erscheint erstmals im 2. Jahrhundert bei dem Geografen Ptolemaeus. Die Stadt

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wurde auch schlicht Vangiones genannt, oder CV, Civitas Vangionum. Wieweit sich die Bewohner als Römer oder als Vangionen empfanden, sicher auch eine Frage des Bürgerrechtes, entzieht sich unserer Kenntnis. Frühestens in der Regierungszeit des Kaisers Augustus, der 14 n. Chr. starb, oder unter seinem Nachfolger Tiberius, wohl nachdem die Römer eine militärische Kontrolle als etabliert ansahen, wurden die germanischen Vangionen in Rheinhessen angesiedelt, gleichzeitig die Triboker um das spätere Straßburg, die Nemeter im Raum Speyer. Im Jahre 50 n. Chr. stellten Vangionen und Nemeter der römischen Verwaltung reguläre Auxiliarverbände, womit das erste schriftliche Zeugnis für die Reichsangehörigkeit der Stämme existiert. Der Militärkommandant von Obergermanien in Mainz, Publius Pomponius, schickte sie zusammen mit Legionskavallerie auf eine Strafexpedition über den Rhein gegen die räuberischen Chatten im heutigen Hessen, denen sie ihre linksrheinisch gemachte Beute erfolgreich entrissen. Die genauen Grenzen zwischen den Civitates sind uns nicht bekannt. Rheinhessen und vielleicht ein Teil der heutigen Pfalz (wie der vicus in Eisenberg34) dürften zum vangionischen Territorium gehört haben. Das Gebiet bevölkerte sich schnell. Das Land muss wenigstens entlang der Wasserläufe vermessen und parzelliert worden sein, hier teilte man Gutshöfe ein, villae rusticae. Sie belieferten mit ihren Produkten Marktorte wie Eisenberg (antiker Name nicht bekannt) und natürlich den Hauptort Worms, dessen heutiger Name sich von Borbetomagus herleitet. In welche Verwaltungsstruktur das römische Worms vor der Einrichtung der Provinz Germania Superior eingebunden war, wissen wir nicht.

Römische Verwaltung Die Römer machten einen Unterschied zwischen militärischer Verwaltung und der zivilen Organisation einer Provinz. Die schlanken Strukturen der Verwaltung sind erwähnenswert. Dem Statthalter mit Residenz in Mainz (legatus Augusti pro praetore) standen für eine Provinz mittlerer Größe wie die Germania superior etwa 300 Mann zur Verfügung, außer seiner Leibwache und dem Militär. Verwaltung, Gerichtsbarkeit, Aufsicht über die lokalen Verwaltungen, Kultpflege gehörten zu seinen Aufgaben. Die Finanzen betreute der Finanzprokurator in Trier. Eine Stadt wie Borbetomagus, Hauptort der Civitas Vangionum, musste sich nach römischer Vorstellung organisieren. Zunächst erhielten wohl einige wohlhabende und einflussreiche Familien das römische Bürgerrecht, denn die Einwohner galten als Peregrine, im rechtlichen Sinne Roms als Ausländer. Das von der Militärverwaltung in die Provinzverwaltung übergegangene Territorium galt weiterhin als Staatsbesitz. Grunderwerb war allein Menschen mit dem römischen Bürgerrecht möglich. Alle anderen konnten Land zur Nutzung bekommen und zahlten dafür Pacht und bestimmte Abgaben, während für römische Bürger ein anderes Steuer- und Erbrecht galt. Die Bürgerversammlung wählte aus den Familien der Oberschicht den ordo decurionum, einen Rat, auf Lebenszeit. Nur freigeborene Männer mit Landbesitz und einem be-

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stimmten Vermögen kamen in Betracht. Aus ihrer Mitte wurden für jeweils ein Jahr duoviri, zwei Bürgermeister, gewählt. Sie standen mit ihrem Vermögen für den Steuereingang gerade, nahmen weitere Sonderlasten wie die Finanzierung bei Errichtung oder Reparatur öffentlicher Bauten auf sich und sprachen in einfachen Streitfällen Recht. Die Finanzverwaltung besorgten zwei quaestores, für die öffentliche Ordnung waren zwei aediles zuständig. Aus der gesamten römischen Geschichte von Worms sind nur zwei Wahlbeamte namentlich bekannt. Der decurio (Ratsherr) Lucius Romanius Respectus weihte der Göttin Victoria einen heute verschollenen Stein, der sich in der bischöflichen Sammlung am Dom befand, und Gaius Lucius Victor stiftete im 3. Jahrhundert zusammen mit seinen Söhnen ein Tor35. Der Verwaltungssitz in der curia (Rathaus) lag neben dem Forum und der Marktbasilika.

Geplante Stadt: Straßen und öffentliche Bauten Spaziergang mit einem Stadtplaner »Nachdem die Nebenstraßen eingeteilt und die Hauptstraßen festgelegt sind …« (Vitruv, Zehn Bücher über Architektur, Buch I, VII,1 36). Zur Zeit des Kaiser Augustus schrieb der Architekt und Ingenieur Vitruv ein Handbuch, in dem er alle Anforderungen an Kollegen und Stadtplaner zusammenfasste. Es ist verblüffend, dass sich in Worms einige seiner Regeln wiederfinden lassen. Schon Dr. Carl Koehl hatte sich bemüht, aufgrund von eigenen Beobachtungen und der von Gewährsleuten in Baustellen sowie dann mittels Grabungen das Straßensystem festzustellen. Auf seiner Skizze, eingetragen auf einem Stadtplan von 1889, der sich glücklicherweise im Museum erhalten hat 37, basieren auch noch die Einträge auf Karte 3. Für diese Karte wurden nochmals alle Nachrichten kritisch gelesen und verglichen sowie anhand der neueren Grabungsergebnisse (bis 1989, jüngere Befunde standen nicht zur Verfügung) verbessert bzw. bestätigt. Danach hat Worms zwei nordsüdlaufende Römerstraßen besessen. Die besser bezeugte, von Koehl »Talstraße« genannte, verläuft von Süden kommend etwa parallel zur Klosterstraße und zur Römerstraße, wo man sie 1990 auf deren Westseite in einem Kabelschacht sehen konnte. Nach Koehl war sie solide gebaut und bestand »aus einer in Lette gebetteten und bis zu einem Meter dicken Schicht aus Beton und grobem Donnersbergkies«. Ihre Fortsetzung nach Norden ist spätestens ab der Korngasse fraglich. Dort schnitt zwar eine Baugrube ein Stück Straße, doch scheint diese eher in Richtung Nordost zu ziehen. Die zweite Straße verlief auf der Linie Speyrerstraße – Valckenbergstraße – Kämmererstraße. Für sie haben wir allein Koehls Nachricht. Im Norden sollen beide Straßenzüge in einem spitzen Winkel bei der späteren Martinspforte zusammengetroffen sein. Ihre Verlängerung in die heutige Mainzerstraße hatte Koehl durchgezogen und erst ab der Einmündung der Hermannstraße gestrichelt, also als vermuteten Verlauf angegeben. Jedoch haben Grabungen des Museums 1989 gezeigt, dass sich gerade in dem von Koehl noch durchgezogen

S TRASSEN

UND ÖFFENTLICHE

B AUTEN . S PAZIERGANG

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Karte 3: Römisches Worms (Entwurf M. Grünewald, Kartographie St. Weber, Stadtvermessungsamt Worms)

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gezeichneten Stück römische Urnenbeisetzungen befanden. Die Straße kann demnach nicht hier verlaufen sein. Die Straße in Richtung Mainz nach Norden konnte bislang auch in den östlichen Bereichen nicht entdeckt werden. Vermutlich ist sie in der Linie Remeyerhofstraße zu suchen. Die Koehlsche Straßenkreuzung unter dem Westteil von St. Paulus wurde durch Grabungen etwas nach Westen korrigiert, vor die Kirche. Hier trafen sich aus Kiesschüttungen gebildete Straßenkörper von einer Breite zwischen fünf und sechs Meter, die noch in einer Mächtigkeit von rund einem Meter erhalten und wenigstens teilweise gepflastert gewesen waren 38. Die nordsüdwärts gerichtete Straße wurde wohl noch einmal in der Pfalzgrafenstraße angeschnitten. Dort lag sie so hoch, dass die neuzeitliche Gasleitung sie schon störte. Koehls Scharfsinn entdeckte auch eine nach Südosten gerichtete Straße, die von der modernen Kreuzung Valckenbergstraße – Stelzengasse im spitzen Winkel fortstrebte, durch die Heylschen Fabrikanlagen zog und weiter am Gräberfeld Bollwerk/Kirschgartenweg verlief. Er nannte sie »Hochstraße«. Andere von Koehl erfasste Straßen – »solide gebaut, aus Kies ohne Steinpackung, welcher häufig mit Ziegelstücken vermischt ist« – fassen insulae (Viertel) ein, das ganze in einer gewissen regelhaften Anlage39. Jedoch bleibt das Bild von der Bebauung merkwürdig unscharf, es scheinen immer wieder nur punktuell die Straßen festgestellt worden zu sein, ohne dass man die Häuser untersucht hätte – unter den heutigen Freiflächen steckt noch eine Chance für die Stadtarchäologie. Die Civitas war für den Unterhalt der Straßen in ihrem Gebiet zuständig. Es wurde Gewohnheit, größere Baumaßnahmen mit Meilensteinen zu versehen, die außer der Entfernungsangabe bis zum Stadtmittelpunkt auch eine Ergebenheitsadresse (Widmung) an den regierenden Herrscher trugen, womit auch eine heute willkommene Datierung verbunden ist. Wo aber befand sich der Mittelpunkt von Borbetomagus? In der Nähe des Fundortes (hier steht eine Kopie) des im Jahre 253 gesetzten Meilensteines an der Kreuzung Römerstraße – Wollstraße? Dieser caput viae oder Ausgangsstein trägt keine Entfernungsangabe, weil er ja ursprünglich am gedachten Nullpunkt aufgestellt war. Nun stimmt aber die Entfernung zum zweiten Stein aus den Jahren 293/305 n. Chr. nicht, der, gefunden an der Ecke Klosterstraße – Cornelius-Heyl-Straße, etwa 2,25 km weit weg stehen sollte (Kopie in der Nähe des Fundplatzes). (C V L I, das heißt »von der Stadt der Vangionen 1 Leuge«, das gallische Längenmaß Leuge entspricht 2,25 km.) Einer von beiden oder gar beide Steine dürften nachträglich versetzt worden sein. Auf dem Koehlschen Originalplan gibt es noch eine blaue Signatur, die er für spätrömische Straßen verwendete. Es hat den Anschein, als seien solche nach einer massiven Zerstörung in der Mitte des 4. Jahrhunderts neu aufgeschüttet worden. Oder haben wir es sogar mit frühmittelalterlichen Wegen zu tun? Bei den Grabungen des Museums sind derartige Wege nicht gefunden worden, so dass eine Beurteilung leider nicht möglich ist.

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Tempel »Für die heiligen Gebäude der Götter aber, in deren Schutz die Bürgerschaft in erster Linie zu stehen scheint, für Jupiter, Juno und Minerva, müssen die Bauplätze an der höchstgelegenen Stelle, von der der größte Teil der Stadt zu sehen ist, eingeteilt werden.« (Vitruv, I,VII,1 ). Auf dem höchsten Punkt von Worms, dem mittleren Schwemmkegel, befand sich der Tempel für die Kapitolinische Trias (etwa Heylshofgarten), daneben, unter dem Dom, lag das Forum als Marktplatz, Verwaltungs- und Kommunikationszentrum40. Während vom Tempel allenfalls ein Mauerstück im Verlauf der späteren westlichen Stadtmauer erhalten blieb und Weiheinschriften oder Altäre für die Gottheiten überliefert sind, gibt es von den Mauerzügen des Forums und der Marktbasilika eine maßstabsgerechte Zeichnung, angefertigt 1906/7 vom Baumeister Philipp Brand. Die Anlage dürfte etwa 50 auf 30 m gemessen haben. »… (der Tempel) für Mars (sei) aber außerhalb der Stadt … Da die Gottheit des Mars außerhalb der Stadtmauern durch ein Heiligtum geehrt ist, wird es keine bewaffnete Zwietracht unter den Bürgern geben ….« (Vitruv, I,VII,1). Bei den heutigen Stadtwerken an der Klosterstraße hat man zwei Hinweise auf das Heiligtum des Mars gefunden: einen zweihenkeligen Krug mit der eingeritzten Inschrift »Marti f(eliciter)«, freudig dem Mars gestiftet, und eine beschriftete Basis, möglicherweise von einer Statue. Dem Mars Loucetius (d. h. dem keltischen Gott Leucetius, der in seinen Eigenschaften dem römischen Gott Mars glich) hat Amandus, Sohn des Velugnus, aus Deva (Chester) im 3. Jahrhundert dieses kostspielige Geschenk gemacht41. Als Peter Hamman nach der großen Zerstörung der Stadt im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 die vergangene Pracht dokumentierte, rief er mehrfach den antiken Kriegsgott an (auf Blatt 9, Ansicht von Norden): »O Mars, wie hast du mit deinen Waffen die Stadt Worms so elend zugerichtet … Gott wird dich darum strafen.«

Leben in Borbetomagus: Was wir über Wohnhäuser wissen Die Häuser bei St. Paulus wurden nicht vor Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. gebaut, ihre Wandmalereien sind wohl im späten 1. Jahrhundert entstanden42. Bis zum Abbruch der Häuser um 370 n. Chr. scheinen sie nicht erneuert worden zu sein, jedenfalls gibt es nur eine Malschicht. Südgallische Terra Sigillata aus La Graufesenque (einige Scherben von Steilrandtellern und Schüsseln mit Reliefverzierung), etwas »Belgische Ware« (rote und graue Tellerfragmente) sowie Gebrauchskeramik des mittleren 1. Jahrhunderts n. Chr. sind die ältesten Funde, begleitet von einigen gleichzeitigen Fibeln. Die fragmentierte Schnalle eines Militärgürtels aus claudischer Zeit (um 50 n. Chr.) kann für die Gebäude wohl keine Interpretation hinsichtlich der Bewohner liefern. Haus 1 bei St. Paulus maß etwa 30 m (West – Ost) zu 15 m (Nord – Süd). An der Ostseite befand sich ein sorgfältig gemauerter Keller, Mauerstärke 0,70 – 0,80 m, aus Kalksteinen (Handsteinen), vermörtelt und mit Fugenstrich, mit Zugang im Süden (Abb. 6).

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Abb. 6: Römische Kellerwand, Haus 1 bei St. Paulus

Wenigstens ein Raum von etwa 4,70 x 4 m Größe konnte von einem praefurnium, einer externen Feuerstelle, beheizt werden, der Unterboden, auf dem die warme Luft entlangstrich, bestand aus einem Mörtelestrich mit darauf liegenden Ziegelplatten. Vermutlich wurde das Praefurnium vom Hof aus bedient, an dessen Nord- und Westseite möglicherweise überdachte Veranden gebaut waren. Im Westen befand sich ein Backofen von etwa 0,80 m Durchmesser, mit Ziegelplatten ausgelegt. Zwei Nutzungs- oder Bauperioden konnten festgestellt werden. Die Deutung als Backofen wird gestützt durch Asche und Holzkohle sowie Getreidefunden in der Nähe: einmal Weizenkörner, also Brotgetreide, ein andermal vor allem Gerste (Braugetreide?). Die Dimension des Ofens geht über rein familiäre Nutzung hinaus. Unterhalb des Ofens, in der Verfüllung einer tiefen Grube, fanden sich mineralisierte (also nicht verkohlte) Kerne von Früchten, die nicht gleichzeitig reifen: Kirschen, Pflaumen, Weintrauben, Äpfel. Reste von Trockenobst oder Kompott 43? Jedenfalls werfen diese Funde ein kleines Licht auf den römerzeitlichen Speisezettel.

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Von Haus 2, das sich westlich von Haus 1 und in ähnlicher Größe nach Westen bis zur Römerstraße erstreckt haben dürfte, ist allein der Keller dokumentiert, der wie der vorgenannte gemauert war. Er maß etwa 4,20 x 2,90 m, der Zugang von Norden dürfte über eine Treppe erfolgt sein. Das Aufgehende bestand sicherlich vor allem aus Fachwerk, einige Wände waren aber auch mit Kalksteinen gemauert. Als unter dem Bischof Burchard (1000 –1025) überall in der Stadt neue Kirchen und Stifte gebaut wurden, stießen die Bauarbeiter auf römische Reste, und die Maurer verwendeten die handlichen Steine erneut. Man sieht sie heute noch auf der Südseite des Paulusstiftes, in den Türmen von St. Andreas und am Dom. Beide Häuser wurden in der Spätantike systematisch abgerissen, die Keller eingefüllt und das Gelände planiert44. In den Planierungsschichten steckten die Fachwerkwände mit Lehm, Verputz und Malerei. Sie könnten sich zu mehreren Wandfeldern rekonstruieren lassen: Sockelzonen mit Rauten und Kreisen, die Porphyr und Marmor nachahmen, darüber abwechselnd rote und weiße Felder, getrennt von breiten Rahmenstreifen. Es gibt sogar Giebelfelder mit Hippokampen und Reste von männlichen Figuren. An der Schönauer Straße hatte man vor dem Bau der Fabrik von Doerr & Reinhart den Teil eines Gebäudes ausgegraben und gezeichnet, der auf eine Villa mit säulenumstandenem Hof schließen lässt, also wohl eine luxuriösere Ausführung unseres Hauses 1 von St. Paulus darstellt45. Nicht nur hier war die Trinkwasserversorgung mittels eines Brunnens gesichert. Auf der nördlichen Seite der Schönauer Straße zeigten sich, durchschnitten von der mittelalterlichen Stadtmauer, Teile eines anderen Hauses mit aus Sandsteinen gemauertem Brunnen, schiefergepflastertem kleinem Hof sowie ypsilonförmiger Schlauchheizung. In einen Raum baute man im 4. Jahrhundert einen Töpferofen ein. Das Haus dürfte im 4. Jahrhundert zerstört und teilweise erneuert worden sein 46. Verschiedentlich wurden Keller beobachtet, die nicht aus Steinen, sondern aus aufeinander geschichteten Dachziegeln mit Lehm erbaut waren, so zwischen Judengasse und Friedrichstraße. Von den Grabungen des Landesamtes Mainz im Stadtgebiet (Koehlstraße, Kranzbühlerstraße, Speyererstraße/Schönauer Straße) könnte man weitere Aufschlüsse zur frühesten Besiedlung und zu den Wohnhäusern erwarten.

Wirtschaft und Industrie Bauernhöfe des Umlandes versorgten mit ihren Produkten die Stadtbewohner. Wieweit auch gewisse Eigenprodukte in Borbetomagus erzeugt wurden, entzieht sich unserer Kenntnis. An eine Bäckerei bei St. Paulus dachten wir schon. An der Schönauer Straße fanden sich Stücke von Getreidemahlsteinen. Denkbar wären Obst- und Gemüsegärten und die Haltung von geringeren Mengen an Nutztieren wie Hühnern, Schweinen etc. Die Vangionen (die Bewohner der Stadt also) schätzten Rind- und Schweinefleisch und verzehrten auch Schafe und Fische sowie Pferdefleisch, wenn man die Tierknochen aus den Siedlungsschichten ebenso betrachtet wie die Beigabenreste in den Gräbern. In den Brandgräbern des 1. und 2. Jahrhunderts waren fast alle Toten mit Schweinefleischbeiga-

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ben bedacht worden, in der Häufigkeit gefolgt von Rind und Huhn. In den Körpergräbern des 3. und 4. Jahrhunderts traten verstärkt Hühnerknochen auf 47. Man verwendete Olivenöl aus Südspanien, das in besonders markanten kugeligen Amphoren seit den 40er Jahren des 1. Jahrhunderts bis in das 3. Jahrhundert auch nach Worms gehandelt wurde 48. Töpfereien sind an mehreren Punkten südlich der Andreasstraße gefunden worden, doch nur in zwei Fällen kennen wir die Erzeugnisse verlässlich. Einmal handelt es sich um schlichte grautonige Teller ohne Standring, die wohl in das fortgeschrittene 3. Jahrhundert gehören. Auffälliger ist hingegen eine Sorte von Krügen, die in dieser Gestalt nur kurzfristig um 300 n. Chr. in Töpfereien an der Hochstraße erzeugt worden sind: die bekannten »Wormser Gesichtskrüge« 49 (Tafel 3). An verschiedenen Orten der gallischen Provinzen und in Britannien wurden zu Zeiten des Wohlstands im späten 3. und im ersten Drittel des 4. Jahrhunderts n. Chr. derartige Krüge hergestellt. Auf einem schlanken eiförmigen Körper ist gegenüber dem Henkel auf gestrecktem Hals stets ein aus einem Model gewonnenes Frauengesicht andekoriert. Hals und Schultern sind oft weißlich bemalt, der Körper trägt einen an Sigillata erinnernden roten dünnen Überzug mit weißen, horizontalen Streifen. Sie stellten eine Spezialität dar. Die Frauengesichter gab es in zehn Typen. Manche ausgefallen bemalten Stücke scheinen auf Bestellung angefertigt worden zu sein. Aufschriften lassen auf eine Verwendung beim Weingenuss schließen. In denselben Töpfereien produzierte man selbstverständlich auch andere Keramikformen in der gleichen Machart, etwa kugelige Amphoren. Auf einer solchen mit einem Fassungsvermögen von etwa zwei Litern liest man die freundliche lateinische Aufforderung »ebibe cara« – »Trinke aus, Liebste«. Sie war einem Grab beigegeben. Sicher wurde auch ein guter Teil des Gebrauchsgeschirrs in Worms selbst hergestellt. Anderes wie die teurere Terra Sigillata importierte man zuerst aus Südfrankreich (La Graufesenque, Banassac), später aus Heiligenberg und ab etwa der Mitte des 2. Jahrhunderts massenhaft aus Rheinzabern. Viele Güter wurden auf dem Rhein transportiert, weshalb die Stadt über einen Hafen verfügt haben muss. Seine Lage ist unbekannt, vielleicht lag er zwischen dem jüngeren Woog und der ersten hochwasserfreien Terrasse? Es gab Großhändler und Einzelhändler für alle Arten von Waren, Tuche, Geschirr etc., andernorts existieren hinreichend Belege 50. Ein Wormser Grabstein soll in diesem Zusammenhang erwähnt werden, der lange für anhaltende Diskussionen unter den Historikern gesorgt hat 51. Ein kleines Bildfeld zeigt zwei Halbfiguren. Die Männer, bekleidet mit Tunica und Paenula (Mantel aus dickem Stoff), halten Schriftrollen vor der Brust in der rechten Hand. Die Inschrift weist außergewöhnlich viele Ligaturen auf, die Verstorbenen sind durch Berufsbezeichnungen erläutert und der Name der Mutter, Licontius, ist eine männliche Form. Zwei Brüder, Severius Lupulus und Severius Florentinus, 35 und 22 Jahre alt, lagen im Grab, ob sie etwa bei einem Unglück gemeinsam starben, steht nicht auf dem Stein. Die unglückliche Mutter Licontius musste ihre Söhne begraben. Frauen mit männlichem Namen sind etwa in Lyon oder im Treverergebiet öfter bezeugt. Die Berufe der Söhne sind mit Kaufmann (negotiator) und Flussschiffer (caudicarius) wiedergegeben. Möglicherweise waren beide Männer Kaufleute und Transportunternehmer, die allgemeinen Handel größeren Umfangs betrie-

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ben. Unser Stein bietet den ersten Beleg für die Berufsbezeichnung caudicarius, Flussschiffer, am Rhein. Walburg Boppert unterscheidet den selbstständigen Binnenschiffer (nauta) des 1. Jahrhunderts allerdings von dem zu Dienstleistungen für das Militär verpflichteten caudicarius des 3. Jahrhunderts. Die militärischen Aktionen des 3. Jahrhunderts unter Septimius Severus und seinen Nachfolgern bilden den historischen Rahmen. Als Teil der Steuerlast musste das Militär mit Baumaterial, Getreide, Öl und Ähnlichem versorgt werden. Die Brüder dürften die Transportverträge in der Hand halten. Römische Grabsteine sind ja auch stets Statussymbole. Obwohl der Weinbau in der Römerzeit vorauszusetzen ist, gibt es zu diesem Wirtschaftszweig außerordentlich wenige Zeugnisse. Zu den beiden Rebmessern im Museum ist kein Fundort überliefert52. Der ursprüngliche Aufstellungsort des »Sifridsteins« am Dom ist unbekannt. Es handelt sich bei diesem um einen römischen Kelterstein aus Kalkstein (Jurakalk?). Die seitlichen Nuten dienten zur Aufnahme der Hölzer einer Rahmenkonstruktion, mittels derer man den Stein als Gewicht an einer Holzspindel befestigte. Ihr unteres Ende ragte in die kreisrunde Vertiefung auf der Oberseite des Steins. Der nächste Kelterstein befindet sich in Bechtheim, Krs. Alzey-Worms 53. Die Wormser Gräber des 3. und 4. Jahrhunderts weisen einen besonderen Reichtum an gläsernem Trinkgeschirr, Flaschen, Krügen, Bechern usw. auf54 (Tafel 2). Zwei Hinweise auf lokale Glasherstellung sind bekannt. Reste eines Glasschmelzofens befinden sich in den Fundkisten der alten Domgrabungen des frühen 20. Jahrhunderts. Ein zweiter Ofen wurde, allerdings innerhalb des Militärkastells nach 370 n. Chr., vor der nachmaligen Kirche St. Paulus betrieben55. Ebenfalls staatlich bzw. von der Militärverwaltung im weitesten Sinne kontrolliert gewesen wäre, wenn sich der jüngst gemachte Vorschlag bewahrheiten sollte, eine spätantike Ziegelei, von der jedoch außer einem einzigen Fehlbrandziegel keine Spur gefunden ist56. Wo Häuser gebaut wurden, hat es selbstverständlich auch Handwerker gegeben, und da mehr Baukeramik bzw. Ziegelplatten unterschiedlicher Größe ohne Stempel gefunden worden sind als solche mit staatlichen Stempeln, ist wohl auch mit privaten Ziegeleien zu rechnen.

Leben auf dem Lande Bis heute wurde keiner der Bauernhöfe im engeren Umland ausgegraben. Erst in der Pfalz, in Bad Dürkheim-Ungstein oder Wachenheim, fanden solche Untersuchungen statt. Gleichwohl kennt man aus dem Wormser Stadtgebiet einige Stellen mit einer villa rustica. Entlang den Wasserläufen dürften im Zuge der Verwaltungsorganisation der Civitas Vangionum ungefähr gleich große Landlose vermessen und verteilt worden sein. Die Wohn- und Wirtschaftsgebäude der Bauernstellen, die man gerne von ehemaligen Soldaten bewirtschaften ließ, befinden sich zumeist in einiger Entfernung von den Straßen. Für die Zufahrt, einen leicht befestigten Weg, war der Besitzer oder Eigentümer selbst zuständig. Zunächst haben die Bewohner ihre toten Angehörigen wohl auf dem

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Friedhof des nächsten größeren Gemeinwesens begraben. So fanden sich in Pfeddersheim sowohl westlich als auch östlich des Ortes Brandgräber des 1. Jahrhunderts n. Chr. Im fortgeschrittenen 3. und im 4. Jahrhundert richteten sich die Gutsbesitzer eigene, teilweise ummauerte Grabbezirke in Hofnähe ein. Von solchen stammen die Sandsteinsarkophage oder Ziegelplattengräber, die immer wieder einzeln oder in kleinen Gruppen gefunden werden. Westlich des latènezeitlichen Gräberfeldes von Heppenheim wurden 1897 einige Brandgräber gefunden, die durch Münzen in das späte 1. Jahrhundert n. Chr. zu datieren sind. Ähnlich wie in Pfeddersheim gab es dabei auch eine Tannenholzkiste als Grabbehälter. »Bei einem anderen fand sich ein ganzes Schwein als Beigabe, dessen Skelett noch vollständig erhalten war«, so Koehl (Schweinefleisch war schon in der Latènezeit beliebt). Allerdings sind nicht alle unsere Nachrichten leicht zu interpretieren. So berichtet der Kunsthistoriker Walter Bauer, 1935 bis 1938 Assistent am Wormser Museum, in seinem im Museum bewahrten und noch nicht vollständig ausgewerteten Tagebuch zum 30. 5. 1936: »Anruf aus Heppenheim a(n) d(er) W(iese). Es sollen Funde gemacht worden sein, vor allem Töpfe und ein Skelett. Die In-Augenscheinnahme zeigte, dass es sich um zwei römische Urnen handelte, die zu Brandbestattungen benutzt worden waren. Sie waren derart zerstört, dass es sich nicht lohnte, sie zusammenzusetzen. Sie wurden gefunden ebenso wie ein Skelett, dessen Knochen in total wirrem Zustand ich im Pfarrhaus besuchen konnte, auf der Burgwiese bei Heppenheim, anlässlich von Erdarbeiten zur Eisregulierung.« Schließen wir aus dieser Nachricht auf ein Dörfchen oder einen Bauernhof? Ein andermal schreibt Bauer auf »Herr … brachte Scherben, die er 1928 beim Weinsheimer Zollhaus in einem Ziegelplattengrab fand. Das Grab war auf dem Gelände der Ziegelei Rücker. Rest einer … Schüssel mit umgeschlagenem Rand. Reste verschiedener Urnen aus grauem und rotem Ton. Rest eines Deckels mit Knauf. Nicht zu erhalten, da sehr beschädigt.« Und, muss man hinzufügen, leider nicht nachprüfbar, da nicht für sammelwürdig erachtet und also nicht vorhanden! In der Nähe der Westendschule könnte schon der erste Bauernhof gelegen haben. Westlich von Heppenheim verbirgt der Humus knapp eine Villa mit Eckrisaliten ebenso wie ihre Nebengebäude 57. Auf einem zur Pfrimm geneigten Südhang bei der Neumühle in Leiselheim sind frührömische Gräber und vielleicht auch eine Siedlungsstelle bekannt. In der Gemarkung Abenheim befinden sich mehrere Plätze. Auf besonderen Wohlstand könnte die Ausstattung eines Frauengrabes in Weinsheim schließen lassen. Hervorzuheben ist der große Terra Sigillata-Becher mit Jagdszenen en Barbotine, der eine weiß aufgemalte Inschrift mit einem Hexameter trägt. Übersetzt lautet er etwa »Nimm an, was wir freudig und gerne darbringen« und könnte somit als Gabe an die Totengötter gedacht gewesen sein (Tafel 3). Von einem Grabmonument in Gestalt eines großen Pfeilers, wie sie aus dem Trierer Land bekannt sind, stammen Reliefplatten aus Sandstein, die in einem fränkischen Plattengrab in Weinsheim wiederverwendet wurden58. Für alle sichtbar, ließ die Familie die Quelle ihres Reichtums und ihren Wohlstand darstellen. Erhalten blieben eine Büroszene, in welcher Herr und Verwalter die Konten vergleichen und Geldsäcke übergeben werden, und eine Botenszene. Man ließ eigene Boten wichtige Post zustellen. Leider wurden weitere Reliefs anscheinend nie gefunden.

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Aus der privaten Sammeltätigkeit eines Bürgers in Horchheim ist eine Fundmünzenreihe bekannt, die vom späten 1. bis an das Ende des 4. Jahrhunderts reicht. Auch dieser Stadtteil dürfte demnach während der gesamten Römerzeit bewohnt gewesen sein. In Pfiffligheim wurde 1987 nicht sehr weit von der Pfrimm ein Sandsteinsarkophag beim Ausschachten für ein Gartenschwimmbad entdeckt. Er war vermutlich in der fränkischen Zeit wiederverwendet worden. Zwischen Heppenheim und Wiesoppenheim legten die Erdbewegungen beim Bau der Autobahn 1973 einen Sarkophag frei, den man im Friedhof von Heppenheim aufstellte. An der Bundesstraße 9 wurden 1989 beim Verlegen von Leitungen in einem Gehweg des Rheingewannweges (Pfaffenweg) mehrere Sarkophage untersucht. Sie enthielten Reste von Gläsern wie Kugelflaschen mit Trichterhals. Vielleicht lag in ihrer Nachbarschaft die 1888 gefundene »Aschenbestattung an der südöstlichen Gemarkungsgrenze von Herrnsheim, an der Rheinstraße, in einer Kiste aus fünf flachen Ziegeln mit Deckplatte«, von der Koehl berichtete. In Herrnsheim wurden 1995 am Krankenhaus vier Sarkophage durch das Landesamt freigelegt, sie scheinen komplett mit Beigaben versehen und ungestört gewesen zu sein. In Leiselheim stieß der Bagger 1997 in der Pfeddersheimer Straße auf vier Sandsteinsarkophage, die ebenfalls vom Landesamt untersucht wurden. Einer wurde möglicherweise im 6. Jahrhundert für eine Frau wiederverwendet, denn es haben sich ein Fibelpaar und Reste eines Gürtelgehänges in ihm gefunden59. Kleine private Friedhöfe der Blütezeit Rheinhessens im 3. bis zur Mitte des 4. Jahrhunderts und landwirtschaftliche Betriebe, deren Gebäude uns allerdings fehlen, sind demnach im Stadtgebiet häufig nachzuweisen. Wie die hier und da bezeugten Friedhöfe mit Brandgräbern des 1. Jahrhunderts einzuordnen sind, wird hoffentlich bald erforscht sein60.

Blütezeit der Stadt In den Jahren um und nach 260, als der Odenwaldlimes als Reichsgrenze nach und nach fiel, die zwischen dem Rhein und dem Odenwald ansässigen Römer sich wegen häufiger Überfälle räuberischer Alamannen westlich des Rheines ansiedelten und staatliche Maßnahmen ergriffen wurden, wenigstens den Rhein als römische Grenze zu halten (auch wenn man die Verluste im Osten offiziell nie anerkannte), erhielt unsere Stadt neue Impulse und erreichte vermutlich ihre größte Ausdehnung. Vielleicht zogen, wie in Mainz belegt61, auch hier Grundstücksbesitzer aus den nun nicht mehr sicheren Gebieten östlich des Rheins zu. Im 3. Jahrhundert wurden wieder militärische Einrichtungen, von denen wir jedoch keine Baureste besitzen, und damit Soldaten in Worms installiert. Den Schäden durch germanische Raubzüge suchte man durch eine schnelle Eingreiftruppe zu begegnen, bewegliche Reitereinheiten sollten die Eindringlinge spätestens auf dem Rückweg abfangen. Die Grabsteine des Aurelius Dizza, eines Waffen- oder Zeugmeisters der 2. Parthischen Legion, und des Wachoffiziers Aurelius Vapinus mögen in diesem Zusammenhang zu sehen sein62.

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Die aus alten Rheinarmen bei der modernen Kiesgewinnung gehobenen Beutefunde von Hagenbach und Neupotz haben illustriert, dass berittene Germanen im letzten Drittel des 3. Jahrhunderts in der Lage waren, schnell bis ins südliche Frankreich vorzustoßen, reiche Metallbeute zu machen und sich wieder zurückzuziehen. Wer weiß, wie oft ihnen gelang, was in Neupotz 63 und Hagenbach64 scheiterte. An diesen Fundstellen scheinen die schon beladenen Flöße oder Kähne gekentert zu sein oder wenigstens ihre Ladung verloren zu haben, ob durch Zufall oder durch eine bewaffnete Auseinandersetzung mit römischen Soldaten, mag dahingestellt sein. Nicht genau zu datieren sind die Grabsteine von zwei Reitersoldaten. Sie gehörten der Abteilung der schweren Panzerreiterei (katafractarii) an und stammen spätestens aus dem Anfang des 4. Jahrhunderts. Der Reitersoldat Valerius Maxantius wurde 32 Jahre alt. Sein Bruder begrub ihn im südlichen Gräberfeld beim späteren Kloster Mariamünster65. Außer Vermittler gefühlter oder tatsächlicher Sicherheit sind Soldaten wie heutige Beamte Empfänger und Distributeure regelmäßiger Besoldung. Sie stellen einen gewichtigen Wirtschaftsfaktor dar. Die medizinische Versorgung der Bevölkerung der Antike war selbstverständlich nicht durchorganisiert wie in unserer Zeit. Ein Versorgungsanspruch existierte nicht, man half sich weitgehend selbst. Es gab allerdings Hebammen und Ärzte. Sie sind im Römischen Reich an vielen Orten durch Grabsteine bezeugt66. Das hohe medizinische Niveau belegt eine Anzahl medizinischer Instrumente aus Worms. So entstammt dem südlichen Gräberfeld ein schön verzierter Skalpellgriff des 1. Jahrhunderts n. Chr. aus Eisen mit Einlagen von Kupfer und Silber. Die Schneide selbst bestand aus gehärtetem Eisen67. Eine wichtige Rolle spielten Salben, deren Substanzen auf einem glatten Stein zerrieben wurden. Klammern, Pinzetten und Sonden verwendete man auch bei der Wundversorgung. Ein in Worms gefundener Salbenstempel eines Augenarztes und vielleicht sogar eine Nadel zum Starstechen bezeugen diesen Zweig der Medizin 68. Bis wenigstens zur Mitte des 4. Jahrhunderts blüht und wächst die römische Stadt mitsamt ihren Gräberfeldern. Das mag makaber klingen, doch die Archäologen filtern aus den Grabfunden in Worms mehr als aus den selteneren Siedlungsfunden. Die römische Stadt ist durch Bautätigkeit der Folgezeit, als tiefe Ausschachtungen (im Synagogenbereich kennen wir zwei und drei Stockwerke tiefe Keller) alle älteren Reste vernichteten, viel schwieriger zu finden. Die Bevölkerung in Borbetomagus trat offenbar bunt gemischt auf. Sowohl Funde germanischen Ursprungs (Kämme, Fibeln, Halsreifen) als auch die Formenvielfalt der untersuchten Skelettmerkmale »weisen auf eine eher wohlhabende Bevölkerung im spätkaiserzeitlichen Worms hin. Dabei deuten die Schädelformen auf eine Mischbevölkerung mit großer Typenvielfalt und mediterranen Einflüssen«, schrieb der Anthropologe Erwin Hahn zu den Gräbern aus dem Nordfriedhof 69. Um 300 n. Chr. wird vielleicht sogar ein neues Friedhofsareal ausgewiesen. Es handelt sich um das Areal, das Dr. Carl Koehl entdeckte und als »Gräberfeld am Bollwerk« in die Literatur einführte. Erst Ende der 1960er Jahre wurden hier, jetzt mit dem Namen »Kirschgarten«, Flächen bebaut. Ernstfried Töpfer, Ausgräber und Fundpfleger der Stadt von 1954 bis 1987, barg einen Teil der Beigaben und erfasste einige Gräber wenigstens

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grob. Weder Stadt noch Landesamt konnten offenbar einschreiten. Kostbare Funde wie einzigartige Gläser70 und den schönsten jemals gefundenen Gesichtskrug71 verkauften Raubgräber an Museen des In- und Auslands.

Aus einer Linie wird eine Mauer In der Frühzeit der archäologischen Erforschung von Borbetomagus ging es dem Altmeister Dr. Carl Koehl auch um die Abgrenzung der Wohnbereiche gegen die sie umgebenden Friedhofsareale (in der Römerzeit schließt eines das andere aus, in der Stadt durfte nicht bestattet werden) und um die Frage nach einer Stadtmauer im 2. oder 3. Jahrhundert, wie sie etwa aus Trier bekannt ist. Auf dem oben S. 68 zitierten Plan hatte Koehl mit schwarzer Tinte eine mehrfach korrigierte Linie um den Bereich mit Wohnbebauung gezogen. Es fiel ihm auf, dass auf der Westseite seine Linie mit einem noch erhaltenen Stück eindeutig römischer Mauer übereinstimmte. So war die Frage geboren, ob denn nicht um Borbetomagus eine Stadtmauer gebaut worden sei? Man glaubte auch, durch die Grenzlage der Stadt nach 260 sei eine solche Befestigung nötig geworden, ohne zu bedenken, dass für die Ummauerung auch stadtrechtliche Voraussetzungen galten, die hier wie in Mainz und anders als in Trier nicht erfüllt waren. Jede Stadt hat ihre unsterblichen Mythen. Ein Mythos in Worms ist die Stadtmauer des 3. Jahrhunderts, die ein Gebiet von unglaublichen 60 ha eingeschlossen hätte. Um es kurz zu machen: Von einer solchen Mauer ist nie etwas gefunden worden, und die Archäologen haben nach ihr genauso akribisch gesucht wie nach Funden aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. Wäre der Mythos nicht scheinbar unsterblich72, müsste man nicht darauf eingehen. Sogar die mittelalterliche Abschrift eines oder mehrerer römischen Inschriftensteine, eingemauert in ein mittelalterliches Stadttor, wird dabei zum Zeugnis für die römische Stadtmauer unvorstellbarer Größe herangezogen. Dabei weiß niemand, wie und woher der Stein in die Speyerer Pforte geriet oder wie der Text wirklich lautete, den man so rekonstruiert: C. Lucius Victor Sevir Civitatis Vangionum / omnibus honoribus functus / Florentius et Victorinus filii / ob amorem patriae et civium / portam omni sumptu suo / exstructam / In honorem domus divinae, oder übersetzt: »Gaius Lucius Victor, sevir (Beamter) der Civitas Vangionum, der die gesamte Ämterlaufbahn durchlaufen hat, (stiftet) mit seinen Söhnen aus Liebe zur Vaterstadt und ihren Bürgern das ganz auf eigene Kosten erbaute Tor. Zu Ehren des vergöttlichten Kaiserhauses.« Es kann sich, wenn richtig abgeschrieben wurde, ebenso um den prächtigen Eingang zum Rathaus, zu den ebenfalls unbekannten Thermen oder sonst einem öffentlichen Gebäude gehandelt haben. Man muss ebenso bedenken, dass repräsentative Tore auch unabhängig von einer Ummauerung errichtet worden sind (wie in Trier die Porta Nigra). Es ist an der Zeit, sich von diesem lange kritiklos gehegten Mythos zu verabschieden. Speyer wie Worms erhielten Mauern erst in der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts in Verbindung mit der Sicherung der Rheingrenze unter Kaiser Valentinian I. 73.

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Fast am Ende: Vangiones in der Mitte des 4. Jahrhunderts Die Verlegung der Soldaten am Ende des 1. Jahrhunderts im Zusammenhang mit der Einrichtung des Odenwaldlimes hatte die Stadt zwar in ihrer Entwicklung zurückgeworfen, doch war nach einigen Jahrzehnten wirtschaftliche Erholung eingetreten. Von dem nächsten einschneidenden Ereignis der Reichsgeschichte, dem faktischen Rückzug Roms aus den Gebieten östlich des Rheins um 260, profitierte das linksrheinische Gebiet durch Zuzug von Menschen, die man sich nicht als arme Flüchtlinge vorzustellen hat. Die Zeit der Prosperität tritt noch heute sichtbar in den Resten der großen Bauten des Kaisers Konstantin in Trier vor Augen, der im Odenwald Granitsäulen fertigen ließ – auch eine Demonstration des nie aufgegebenen römischen Anspruchs auf diese Gebiete. Um 352 wird ein größerer Einschnitt fassbar. Die Truppen, die das Rheingebiet sichern sollten, waren abgezogen worden, um andernorts Krieg zu führen, eine schwerwiegende Fehlentscheidung Roms, denn nun verwüsteten und plünderten Alamannen das linksrheinische Gebiet, möglicherweise vor allem im ländlichen Raum. »Die Barbaren hatten Straßburg, Brumath, Zabern, Selz, Speyer, Worms und Mainz im Besitz und wohnten auf deren Land, denn Städte meiden sie…«, berichtet der Historiker Ammianus Marcellinus, ein Zeitgenosse. In den Städten konstatiert der Numismatiker eine Lücke in der Münzversorgung, welche die Jahre von 352 bis 364 umfasst. Für die Pfalz hat Helmut Bernhard gezeigt, dass »auch entlegene Bereiche und nicht nur Großvillen, sondern auch arme Waldbauerngehöfte von den Wirren und der daraus folgenden Wirtschaftskrise erfasst wurden.« Er vergleicht die Entvölkerung mit den Ereignissen infolge des Dreißigjährigen Krieges74. Auch in Worms sind Spuren dieser Alamanneneinfälle feststellbar. Bei neueren Grabungen an einem römischen Haus in der Südstadt (Schönauer Straße) zeigten sich Zerstörungs- und Brandschichten. Ebenfalls in der Südstadt wurde schon 1904 ein wohl als Beute zu interpretierender Metallsammelfund geborgen, bestehend aus einem großen und einem kleineren Bronzekessel, einem schweren Bleigerät mit staatlichen Stempeln, das bei der Traubenmostgewinnung eingesetzt war, sowie eisernen Werkzeugen und Gerätschaften. Man könnte sich einige Germanen vorstellen, welche dieses Konvolut in der Hoffnung auf noch bessere Beute absetzten und nicht an den Verwahrort zurückkehrten75. Vielleicht versteckte in dieser Zeit jemand aus Angst vor den Alamannen sein kleines Vermögen, 197 Münzen vor allem der Jahre 330/346, in der Unterbodenheizung des Hauses an der Schönauer Straße 76.

Worms erhält ein Kastell und endlich eine Mauer Kaiser Julian mit dem Beinamen Apostata, der (dem Christentum) Abtrünnige, suchte von 360 bis 363 die Alamannen zu vertreiben und die Gebiete wieder zu gewinnen. »Kaiser Julian zog bei der Stadt der Vangionen ein Heer zusammen«, schrieb Sulpicius Severus, der Biograf des hl. Martin, der als Offizier im römischen Heer diente. Dem Glauben

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des späteren Bischofs von Tours, der unbewaffnet den Germanen gegenübertrat, sei der kampflose Sieg über die Feinde zu verdanken gewesen. In den 360er Jahren erhielt Worms im Zuge der Grenzorganisation Valentinians I. (wieder) eine Garnison, vor allem aber eine teilweise Umwehrung, und diesmal gibt es hierfür eine ganze Anzahl von archäologischen Zeugnissen. Reste des Kastells, zu dessen Erbauung zivile Häuser (die seit der 2. Hälfte des 1. Jhs. bestanden hatten) planmäßig niedergelegt worden sind, haben sich in der Umgebung der späteren St. Pauluskirche gefunden. Die eingangs geschilderten Wohnhäuser müssen systematisch abgerissen worden sein: Die Dachziegel wurden wiederverwendet, der Bruch zum Schluss auf dem planierten Areal verteilt. Man zog die Balken aus den Fachwerkhäusern, deckte die Keller auf und verfüllte sie mit dem Lehm des Fachwerks und dem Bauschutt und stellte eine nur leicht zur Bauhofgasse hin geneigte Fläche her. In leichter Bauweise errichtete man anschließend neue Häuser, mutmaßlich Kasernen. Ein Bau war sogar von einem Praefurnium aus beheizbar. Parallel zur späteren Bauhofgasse entstand eine im Fundament 1,75 m breite Mauer. Sie durchschnitt den Keller von Haus 1 und fasste offensichtlich die Terrassenkante zur Bauhofgasse. Hier konnte man bei den Grabungen 1987/9 eine Reihe abwechselnd roter und weißer Sandsteine beobachten, die wohl als Schmuckband oder gar als Abschluss gesetzt worden sind. Eine solche Reihe betrachtet man auch an der Westseite der Stadtmauer, zwischen Dom und Heylshofgarten, wo sie über dem älteren römischen Mauerstück sitzt (vgl. Abb. 8 S. 94). Diese Steinreihe lässt vermuten, dass hier im Zuge der mittelalterlichen Stadtmauer die römische Kastellmauer des späten 4. Jahrhunderts fassbar ist77. Die Besatzung des Kastells, eine Truppe mit dem Namen milites II Flaviae, unterstand dem Dux Mogontiacensis, dem Kommandanten in Mainz. Einer der Offiziere trug einen prächtigen, ursprünglich mit vergoldetem Silberblech verzierten leuchtenden Helm, den man in der Schildergasse fand. Nach der Vertreibung der Alamannen siedelte die Provinzverwaltung im Umkreis der Vangionenstadt gezielt wieder Bauern in Rheinhessen an. Ihre Höfe sind vor allem an den Überlandstraßen zu finden, sie sollten in erster Linie die Versorgung der Garnisonsstädte (außer Worms auch Alzey) übernehmen. Die Bevölkerung suchte man auch durch Menschen germanischer Herkunft zu verstärken. Die Bauern dürften, wie Funde eindeutigen Charakters zeigen, auch militärische Aufgaben erfüllt haben bzw. Soldaten gewesen sein. So stammen aus vielen Orten auf dem Land etwa Teile von Militärgürteln oder bestimmte Fibeln. In ihren kleinen Friedhöfen bestatteten sie die Toten noch Ende des 4. Jahrhunderts mit Beigaben wie Becher und Kanne, als dies in der Stadt offenbar als nicht mehr zeitgemäß galt78.

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Der Brief des Hieronymus »Ungezählte, sehr wilde Stämme halten ganz Gallien besetzt. Das ganze Gebiet zwischen Alpen und Pyrenäen, zwischen Ozean und Rhein, haben Quaden, Wandalen, Sarmaten, Alanen, Gepiden, Heruler, Sachsen, Burgunden, Alamannen, und, o weh, der pannonische Feind völlig zerstört … Mainz, einstmals eine vornehme Stadt, ist eingenommen und verwüstet, in den Kirchen wurden tausende Menschen erschlagen, Worms nach langer Belagerung erledigt, die stolze Stadt Reims …« usw. Dies ist der Ausschnitt aus einem Brief des Eusebius Hieronymus, der seit 386 in Bethlehem lebte79. Wohl zwischen August 408 (nach dem Verrat Stilichos) und vor der Plünderung Roms im August 410 schreibt Kirchenvater Hieronymus an Ageruchia (oder Geruchia), die junge Witwe eines Mannes namens Simplicius, den (nicht datierten) Brief. Eine Weltuntergangsstimmung schildert Hieronymus in düsteren Farben, um eine junge Witwe davon abzubringen, sich wieder zu verheiraten. Hier wird das alte römische Ideal von der Univira, der nur mit einem einzigen Mann verheirateten Frau, gemäß den asketischen Vorstellungen des Hieronymus umformuliert. Kein weiteres Schriftzeugnis unterstützt die vermeintliche Zerstörung ganz Galliens vom Rhein bis zum Atlantik. Dennoch gründeten sich weit reichende Hypothesen auf die Briefpassage. Auch wenn immer wieder erkannt wird, dass der erschlossene Zeitpunkt (inzwischen hat sich die Forschung auf die Neujahrsnacht 406/7 verständigt) keineswegs die zu postulierende Unterbrechung des Lebens in den Städten und Festungen am Rhein darstellt – »406/7« ist eine feste Größe geworden so wie »1945« für das unbestrittene Ende des Zweiten Weltkriegs. Jedoch konnten die Archäologen nirgendwo passende Zerstörungshorizonte oder Brandschichten aus dem Beginn des 5. Jahrhunderts finden. Vangiones, wie man Borbetomagus auch nannte, wurde im frühen 5. Jahrhundert ebensowenig zerstört wie andere Orte. Ein grenznaher Zerstörungshorizont ist nicht vorhanden. Mutmaßliche Zerstörungen und Schadensfeuer, wie sie die ersten Wormser Altertumsforscher Carl Koehl und August Weckerling interpretierten, können wir gleichfalls nicht verifizieren. Sie betreffen vor allem die Südstadt südlich der Schönauer Straße, wo seither nicht gegraben wurde. Manches hat sich durch den damaligen Stand der Forschung ergeben: Funde wie lange Knochenkämme oder Hanseschüsseln, Ende des 19. Jahrhunderts noch als antik angesehen, stammen aus dem Mittelalter. Sie datieren die entsprechenden Brandschichten sinngemäß und können nicht als Beweis für Zerstörungen des 5. Jahrhunderts herangezogen werden. Die Stadt ist offensichtlich bis hoch in das 5. Jahrhundert nicht beeinträchtigt worden, dies vermittelt auch die akribische Untersuchung der Versorgung mit Argonnensigillata von Lothar Bakker 80. Der Schwerpunkt dieser Importe liegt sogar überaus deutlich in der Zeit vom letzten Drittel des 4. Jahrhunderts bis nach 430, wahrscheinlich bis um die Mitte des 5. Jahrhunderts Auch wenn die Versorgung mit neu geprägten Münzen nicht mehr die Regel war, denn die Anzahl der Fundmünzen sinkt im späten 4. Jahrhundert stark ab, so zeigt doch das von weit her gebrachte Geschirr, dass die Ware mit Geld bezahlt werden konnte. Der Übergang von der römischen Verwaltung zu frühmittelalterlichen Verhältnissen ist nicht als brutale Zäsur zu verstehen, sondern er gestaltete sich fließend.

G ERMANEN

AUS DEM

N ORDEN

UND

O STEN …

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Germanen aus dem Norden und Osten … Archäologische Funde stehen allein da, wenn es darum geht, in der Spätantike Leben in Worms und Rheinhessen nachzuweisen, denn der Ort wird bei keinem Historiker mehr genannt. Der Kaiserhof hatte sich vor dem Jahr 400 von Trier nach Mailand begeben. Mitte des 5. Jahrhunderts bereiste der römische Heermeister Avitus noch einmal die Rheingegend. Hier wie auch anderswo ist längst ein buntes Gemisch aus den verbliebenen Romanen, Nachkommen schon länger ansässiger Germanen, die vermutlich vollständig assimiliert waren, und neu hinzukommenden Menschen Realität geworden. Es wird vermutet, dass auch germanische Söldner zum Schutz der Rheingrenze unter ihnen waren. Doch leider erwähnen die antiken Historiker derartige Bündnisse für unseren Raum mit keinem Wort. Ob man die Menschen noch an ihrer Kleidung erkennen konnte? Hin und wieder scheint Trachtzubehör wie Fibeln, die am Gewand von Mann oder Frau steckten und mitbegraben wurden, darauf zu deuten. Ob aus Norddeutschland oder dem Donaubecken – so, wie Rom schon immer seine Soldaten aus allen Regionen rekrutiert hatte, so ließen sich Männer auf Zeit oder ganze Familien in Rheinhessen nieder. Das Gräberfeld von Kahl am Main weist beispielsweise einen Mangel an Männern im Alter zwischen 20 und 40 auf – sie könnten als »Gastarbeiter« in römischen Diensten gestanden haben81.

… und Burgunden, das Volk unter der Tarnkappe Auch Burgunden (oder Burgunder)82 hielten sich in Gallien auf, so wie andere Germanen. Junge adelige Männer dienten als Offiziere im römischen Heer und in höchsten Chargen am Trierer Kaiserhof. Der einzige Burgunde, dessen wir archäologisch habhaft werden können, nämlich der 20-jährige Hariulfus, Sohn des Hanavald, aus königlicher Familie, dem sein Onkel Reutilo den Grabstein in Trier setzen musste, starb schon vor dem Jahr 400. Er diente mit dem Titel protector domesticus als hoher Offizier am Kaiserhof, der gegen 395 Trier verließ und nach Mailand übersiedelte. Im Jahre 411 könnten Burgunden (Teile des Volkes? Ein Teilstamm?) nicht allzuweit von den römischen Gebieten entfernt gewesen sein. Sie befanden sich zeitweise auch diesseits des Rheins und griffen in die Reichspolitik ein. Zusammen mit Alanen, Alamannen und Franken riefen Burgunden den Gallier Iovinus, einen Mann vornehmster Abkunft, zum Kaiser aus. Der Ort, in dem sie sich trafen, soll Moundiakon geheißen und sich in der Provinz Germania Secunda (demnach eher am Niederrhein) befunden haben. Man möchte dennoch für die Deutung des Ortsnamens als Moguntiacum, Mainz, plädieren. Zum Kaiser ließ man sich in einer Regierungsstadt erheben, denn für Akklamation und Umritt wurde Publikum benötigt. Befanden sich vielleicht germanische, namentlich burgundische Truppen unter ihrem Anführer Guntiar schon jetzt, 411, in großer Zahl auf der linksrheinischen Seite? Wir wissen es nicht. Für das Jahr 413 ist überliefert, dass Burgunden einen Teil Galliens am Rhein besetzten.

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Der römische Heerführer Aetius versuchte in den Jahren seit 425 Ordnung und Ruhe für den jungen Kaiser Valentinian III. herzustellen. Auch die Burgunden bekamen es mit ihm zu tun: Der Zeitgenosse Prosper schrieb »Burgundiones qui rebellaverunt a Romanis duce Aetio debellantur«, die aufständischen Burgunden seien von den Römern unter dem Feldherrn Aetius völlig besiegt worden (wo? Es gibt dazu keine Ortsangabe). Der Chronist nannte Gundichar als den burgundischen König, dem Aetius die erbetene Gnade und Schonung gewährt habe. Zum Jahr 437 vermerkte er lakonisch »Zwanzigtausend Burgunden tot« . Vermutlich ersetzt man die Zahl am besten durch »sehr viele«. Endlich tauchen in der Chronica Gallica auch die Hunnen auf, die schließlich den burgundischen König und sein Volk vollständig ausrotteten. Die komplett geschlagenen bzw. völlig ausgerotteten Burgunden vermehrten sich allerdings innerhalb von nur sechs Jahren dergestalt, dass sie 443 in die Sapaudia (heute etwa Savoyen) mit Genf als erster Kapitale umgesiedelt werden können, nun als römische Bundesgenossen und vermutlich mit dem Auftrag, die Alpenpässe zu kontrollieren und somit Italien einen gewissen Schutz zu geben. Das Urteil darüber, was oder wie viel von den (ohnehin bloß sparsam überlieferten) historischen Ereignissen, die schon schwer genug zu interpretieren sind, in die frühmittelalterlichen Sagen und Heldenlieder einfloss, ist vom Temperament und dem Standpunkt des jeweiligen Bearbeiters abhängig. Da sich die antiken Autoren als unergiebig erweisen, muss das um 1200 aufgeschriebene Nibelungenlied, in welchem ein Königreich Burgund seinen zentralen Mittelpunkt in Worms hat, als »Beweis« dienen. Wie andere germanische Völker haben auch die Burgunden ihre Gesetze zusammengestellt. Unter dem Titel Constitutiones, Verfassung, gibt es ein Konvolut, das 517/518 von König Sigismund, Sohn des Gundobad, herausgegeben wurde. Nach der hier aufgeschriebenen Liste seiner königlichen Vorfahren müsste die Erinnerung sogar bis in die Zeit eines ersten Königreiches irgendwo am Rhein zurückgehen, das der Sage nach so schrecklich in einem Blutbad endete. Doch kein Wort wird darüber verloren. Die Schlacht auf den Katalaunischen Feldern (im Gebiet von Troyes – Châlons-sur-Marne) von 451, in der die Burgunden in einer römischen Koalition gegen die Hunnen antraten, wird als pugna mauriacensis nur einmal in einer Verordnung erwähnt: Alle Ansprüche aus Forderungen vor diesem Datum sollen als erledigt gelten83. In burgundischen Selbstzeugnissen fand weder ein Aufenthalt »am Rhein« eine Erwähnung, noch wurde irgendwo ein erlittenes gewaltiges Gemetzel beklagt oder auch bloß erwähnt. Archäologisch ist alles versucht worden, um Sachzeugnisse oder Bestattungssitten ausfindig zu machen und mit den Burgunden zu verbinden, bis heute jedoch ohne Erfolg. Und man wüsste ja auch gar nicht, was man denn eigentlich suchen sollte: Ostgermanisches, Donaugermanisches oder Elbgermanisches? Von allem kann man in Rheinnähe finden, doch was ist Burgundisch? Selbst im heutigen Burgund, der Landschaft, die ihren Namen trägt, ist archäologisch nichts »Burgundisches« aus dem 5. Jahrhundert zu identifizieren. Ein Volk auf der Wanderschaft verwendet Gebrauchsgegenstände der Umgebung und schafft sich somit keine eigene Identität durch signifikante Kleidungsbestandteile, die sich in Gräbern erhalten können.

ZU

GUTER

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G RÄBER

UND

F RIEDHÖFE

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Außerhalb der mittelalterlichen Sage nennt keine Quelle Worms und Burgunden zusammen, und es ist längst bekannt, dass der Dichter des Nibelungenliedes um 1200 auf ein seiner Zeit näher stehendes Burgund anspielte. Käme jemand ohne das Nibelungenlied auf die Idee, ein Burgunderreich in Worms zu suchen? Wohl nicht. Worms als Hauptstadt der antiken Burgunden ist ein weiterer Mythos, entstanden in einer national denkenden Zeit, genährt von einigen scheinbaren Parallelen zwischen dem Nibelungenlied und ein paar historischen Nachrichtenschnipseln.

Zu guter Letzt: noch einmal Gräber und Friedhöfe Seit der Steinzeit haben die Menschen ihre Freunde und Angehörigen würdig bestattet. Mag man auch oft die Sitten und Gebräuche nicht kennen und verstehen, so kann man doch sicher sein, dass überall Sitten und Gebräuche galten und respektiert werden mussten. Gräber ohne Beigaben können mittellosen Personen gehören, das muss jedoch nicht sein. Ob Feuerbestattung oder Körpergrab, ob Grabgärten an der Straße oder Kammergräber unter Hügeln, immer versucht die Archäologie, das Regelhafte der jeweiligen Epoche herauszufiltern und damals Gedachtes heute verständlich und nachvollziehbar zu machen. In der Römerzeit dominierten zunächst Brandgräber. Der Tote wurde verbrannt, seine Asche beigesetzt, für beide Vorgänge sind verschiedene Vorgehensweisen belegt. Aus der Regelhaftigkeit der ins Grab gestellten Dinge ist die Vorstellung erkennbar, der Tote habe Speisen und Getränke nötig, auch ein Licht. Manche Menschen erhielten zusätzlich besondere Gegenstände: Maler, Ärzte, vielleicht Schreiber, auch Zauberkundige wurden nicht von ihren Utensilien getrennt. Als unrömisch gilt die Waffenbeigabe: Kelten und Germanen übten sie in unterschiedlicher Weise. Die in Worms Bestatteten sind, um die Angelegenheit nicht zu einfach erscheinen zu lassen, romanisierte Kelten (Gallier) oder Germanen, in den seltensten Fällen »Römer« aus Italien, oder Menschen aus anderen Teilen des Imperiums. Hat sich die Bestattung des Galliers Argiotalus aus Nantes von der eines spanischen oder thrakischen Mitsoldaten unterschieden? Was bedeutet es, dass etwa ein Viertel aller in Worms gefundenen Aschenurnen aus Ton ein sorgfältig eingeschlagenes Loch aufweisen, zumeist im Boden, aber auch in der Wandung84 ? Vielleicht lässt sich in absehbarer Zeit das Völkergemisch durch derartige kleine, bislang wenig beachtete Anzeichen im Grabritus besser aufschlüsseln. Speisen und Getränke in Tongefäßen oder manchmal auf noch zu ahnenden, vergangenen Holzschüsseln, etwas Parfum im Fläschchen, dann in wachsendem Maße Glasgefäße, begleiteten auch die im 2. Jahrhundert einsetzenden Körpergräber. Holzsärge und Totenbretter erhielten sich kaum. Bleisärge waren in Borbetomagus selten, häufiger stieß man auf Sarkophage aus Sandstein. Ihre Deckel können in schlichter Dachform, mit Eckwürfeln oder Pinienzapfen ausgeführt sein. Wenn der Sarg eine Grabinschrift trägt wie der seit 1666 bekannte, an der Martinspforte zu Tage gekommene, bis 1689 im Bürgerhof aufgestellte und durch eine Hammanzeichnung bezeugte Sarkophag85 für Spectatia Spectata,

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beweint von Ehemann und Töchtern, möchte man an eine Aufstellung auf einem Sockel über der Erde oder gar im Rahmen eines Familiengrabbaues denken. Übrigens hat dieser Sarg alle zerstörerischen Ereignisse überstanden und befindet sich heute im Museum der Stadt im Andreasstift. Andere schlichtere Sarkophage sind am tiefsten in die Erde eingelassen, man trifft sie in bis zu 2,50 m Tiefe an. Wohl zur Beschleunigung der Zersetzung wurden viele Leichname mit einer Kalkmasse begossen. Einige solchermaßen entstandene Hohlkörper ließ Koehl ausgießen und gewann auf diese Weise eine plastische Wiedergabe von in Tücher gewickelten Leichnamen. Sie sind nicht mehr im Museumsfundus vorhanden. Die Beigaben (Getränkeservices wie Krug und Becher, aber auch Teller und Schüsseln und manchmal ganz persönliche Utensilien) können im Sarkophag stehen, es gibt jedoch auch Bestattungen mit Geschirrnischen in der Wand des Grabschachtes. In der 1. Hälfte des 5. Jahrhunderts bestatteten die Romanen grundsätzlich beigabenlos. Hier kann die Archäologie allenfalls statistisch arbeiten, wenn nicht die Anthropologie unterstützend wirkt. Leider wurden solche Gräber eben wegen ihrer Beigabenlosigkeit oder »Fundleere« im stadtnahen Bereich des Wormser Nordfriedhofs noch in den 1970er Jahren bei Bauarbeiten vernichtet. Man hat sie nicht dokumentiert. Eine von hier ins Museum gelangte Glasschale aus dem 2. Drittel des 5. Jahrhunderts beweist, wie groß der Verlust ist: Eine Untersuchung der Skelette hätte vielleicht ebenso Auskunft über eventuelle Zuwanderer gegeben wie sonst Sachgüter. Die Gräberfelder von Mariamünster, Bollwerk/Kirschgarten und im Norden der Stadt haben über etwa einhundert Jahre hinweg immer wieder Einblicke gewährt. Im Westen der bewohnten Stadt befanden sich Gräber im Gelände des Krankenhauses Hochstift, der Kreuzung mit der Brücke, im heutigen Bahngraben, und noch im Eckgrundstück der Seidenbenderstraße traf man Ende des 19. Jahrhunderts Brandgräber und Körpergräber in Holzsärgen an. Dieser Teil ist am wenigsten bekannt und erforscht. Wie weit erstreckte sich das Gräberfeld südlich der Alzeyer Straße? Überlagert der mittelalterliche Judenfriedhof tatsächlich, wie es schon Koehl auf seinem Plan markierte, römische Gräber? Wäre dann seine Deutung als ursprüngliche Sandgrube, ausgebeutet für Baumaßnahmen des Bischofs, dem die Juden für jedes Begräbnis hier eine Gebühr zahlen mussten, hinfällig?

Christentum und frühe Kirchen? Seit dem Mittelalter bestimmen steinerne Kirchen das Bild der europäischen Stadt. Hoch ragen die Türme von Dom und Stiftskirchen auch in Worms über die Dächer. Da liegt es nahe, nach den ersten Christen zu suchen. Frühe christliche Gemeinschaften trafen sich in privaten Häusern. Es wäre mehr als ein glücklicher Zufall, fände man eine Ritzinschrift im Verputz eines Raumes oder gar eine frühe Altarplatte, die den Schluss auf christliche Verwendung zuließen. Als frühestes Zeugnis muss die eingepunzte Inschrift »Lupiane vivas« (Lupianus, du mögest leben) mit einem Chi-Rho-Zeichen (Christogramm) auf einer bronzenen Balkenkopfzier von einem Reisewagen gelten. Das Stück hat sich angeblich in der Baugrube eines Brunnens an der Koehlstraße gefunden. Im Brunnen lagen in der un-

C HRISTENTUM

UND FRÜHE

K IRCHEN ?

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tersten Schicht Scherben von Keramik aus der 1. Hälfte des 5. Jahrhunderts (Bestimmung Lothar Bakker86). Nun besagt der Fund noch nichts über Christen in Worms, denn ein Wagen kann weit gereist sein, und das Objekt lag offenbar im Müll. Von den beiden ältesten christlichen Gräbern der Pauta (1. Hälfte des 5. Jhs.) und des Ludino (Mitte 5. Jh.) verwahrt das Landesmuseum Mainz aus der Sammlung Bandel die Beigaben ebenso wie die zugehörigen Grabsteine. Ein seltener Fall, sind doch öfter die Steine als Baumaterial oder für eine andere Verwendung verschleppt worden. Die Grabsteine sind in lateinischer Sprache beschriftet, wenn auch die Namen eher germanisch anmuten: Der Pauta widmeten Leute wie Puasi, Quito, Siggo den Stein. Wer waren sie, woher kamen sie? Kein Sprachforscher kann hier deuten. Auch die Grabsteine des 7. Jahrhunderts sind noch lateinisch beschrieben 87. Das heißt doch wohl, dass Romanen in der ortsansässigen Bevölkerung noch immer dominierten. Rätselhaft bleibt derzeit, warum wir keine romanischen Namen finden. Gerne möchte man Kirchen in Worms auf frühchristliche Wurzeln zurückführen. Hat ein Bischof namens Victor aus Worms wirklich 346 an einem Konzil in Köln teilgenommen? Die Meinungen sind geteilt. Ein Bischof braucht eine Bischofskirche, und eine solche ist in der Mitte des 4. Jahrhunderts gar nicht in Sicht. Die ununterbrochene Bischofsreihe beginnt in Speyer wie in Worms erst mit dem Jahr 614. Der erste Dom ist offensichtlich um 600 direkt auf die Ruinen des römischen Forum gebaut worden. Das nächste Problem bekämen wir mit Burgunden, wenn dieses Volk oder bedeutende Teile davon tatsächlich in Worms gelebt hätten. Im 5. Jahrhundert gehörten sie der Glaubensrichtung der Arianer an, während die Romanen den katholischen Ritus ausübten. Eine gemeinsame Kirche für beide ist völlig undenkbar, also müssten wir schon zwei Bischofskirchen finden, was bei allem Bemühen bis heute nicht im Ansatz gelungen ist. Wie steht es mit Memorien über oder bei Gräbern in den Friedhöfen? Fritz Reuter hat nachgewiesen, dass die frühchristlichen Grabsteine des Nordfriedhofs aus einem Grundstück an der Mainzer Straße und nicht aus der Umgebung von Liebfrauen stammen88. Die Liebfrauenkirche ist eine mittelalterliche Gründung ohne die Spur einer Vorgängerin. Als 1987 Grabungen an der nachmaligen Stiftskirche St. Paulus begannen, hielt man es noch für möglich, dass die ältere Pfarrkirche St. Rupert wenig nördlich der Stiftskirche wenigstens bis in das 6. Jahrhundert zurückreichen könnte. Davon kann ebenfalls nicht die Rede sein. Man wird das Patrozinium nach dem Wormser Bischof Rupert, der das mittelalterliche Salzburg gründete, jedoch nach 716 zum Ende seines Lebens in sein angestammtes Bistum zurückkehrte und hier starb, ernst nehmen müssen und eine Datierung frühestens im 8. Jahrhundert ansetzen dürfen89. Die Reste der Lampertikirche bei St. Martin wurden ohne Dokumentation bei Anlage der Tiefgarage unter dem heutigen Ludwigsplatz beseitigt, doch stand sie hier nicht in antikem Friedhofsareal. St. Martin hat ebenfalls keinen Vorgängerbau offenbart, das Stift dürfte wie St. Andreas und St. Paulus auf Bischof Burchard (1000 –1025) zurückgehen. Selbst wenn der Biograph des hl. Bischofs Martin von Tours erzählt, dieser sei bei oder auch in Worms auf Befehl des Kaisers Julian Apostata festgehalten worden – so war dieser Gewahrsam bei einem Heer auf dem Marsch oder am Tag vor der Schlacht sicherlich kein festes Gebäude, sondern eher ein bewachtes Zelt. Ob die Leute in Borbetomagus die Er-

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innerung an den Ort bewahrten und dann einen Kerker zur Verehrung bauten, oder ob nicht eher der mittelalterliche Bischof das Martinspatrozinium wählte? St. Magnus hat ein ähnlich seltenes Patrozinium wie die Rupertikirche. Die in den 1930er Jahren unternommenen Grabungen ließen allenfalls auf das 8. oder 9. Jahrhundert schließen, doch sind wirklich gesicherte Aussagen hier nicht möglich. Sicher ist allein, dass die Kirche nicht in einem spätrömischen Gräberfeld situiert ist. Für das alte Kloster St. Andreas auf dem Berg, auf einem kleinen Hügel (?) westlich des Domes gelegen, ist kaum eine Aussage zu treffen. Zwar wird hier und in der Umgebung von römischen Gräber berichtet, auch das Fragment eines Grabsteines aus dem 7. Jahrhundert und andere Einzelfunde des Frühmittelalters wie Waffenbeigaben wurden hier aufgesammelt. Der eine oder andere Bodeneingriff in der Neuzeit hat allerdings nichts dergleichen ans Licht treten lassen. Es gibt einfach nichts, das für oder gegen ein frühes Entstehungsdatum spricht. So bliebe allein der südliche Friedhof mit insgesamt drei Kirchen zu untersuchen. Das Kloster Mariamünster soll nach der mittelalterlichen Gründungstradition auf Ludwig den Frommen (um 838/9) zurückgehen. Hier findet man wohl keine spätrömische Wurzel. An der Südseite des Klosters standen aber auch noch St. Cäcilia und St. Meinhart. Über diese eher kleineren Kirchen ist wenig bekannt, doch haben sie innerhalb des römischen Gräberfeldes in etwa 25 m Abstand voneinander gelegen. Den Zwischenraum nahm ein ovaler Hügel (ein Grabhügel?) ein, in der Neuzeit für das Grab des »Hünen Siegfried« gehalten. Kaiser Friedrich III. ließ hier 1488 die ersten Ausgrabungen in Worms vornehmen, um die Gebeine des Riesen zu heben. Zu allgemeiner Enttäuschung brachten sie jedoch menschliche Gebeine von normaler Größe hervor. Überhügelte Gräber wären in der Römerzeit möglich. Sie sind bislang in der Stadt allerdings nirgendwo belegt, und sie hätten sich sicher nicht unbeeinträchtigt erhalten, weshalb das Frühmittelalter eher in Betracht kommt (wie z. B. in Langenlonsheim) – oder der Hügel hatte einen ganz anderen Ursprung, etwa von der Bautätigkeit an der äußeren Stadtmauer. Die Angelegenheit ist derzeit nicht zu lösen, es soll auch nicht der Anschein erweckt werden, als müsse man hier unbedingt mit der Entstehung der zwei längst vergangenen Kirchen in der Spätantike rechnen. Man sollte die Frage jedoch in Hinsicht auf Bauvorhaben in dem betreffenden Areal beachten. Zusammenfassend ist von archäologischer Seite festzustellen, dass offenbar der Dom St. Peter die älteste Wormser Kirche aus dem frühen 7. Jahrhundert ist, gefolgt von St. Rupert, St. Magnus und vielleicht St. Lampertus, wohl im 8. Jahrhundert. Im 11. Jahrhundert erbaute man in ihrer unmittelbaren Nähe jeweils ein Stift, St. Paulus, St. Andreas und St. Martin.

Das Frühmittelalter: Fränkische Neusiedler Für die Zeit nach dem faktischen Ende der römischen Verwaltung, als seit etwa 500 eine planmäßige Neubesiedlung Rheinhessens in großem Maßstab durch die neuen fränkischen Herren beginnt, sind wiederum die Gräber unsere einzigen Zeugen. Einige wenige Scherben, Reste von Pressblechbeschlägen und ein Drahtohrring stammen aus der Gra-

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bung bei St. Paulus90. Die fränkischen Friedhöfe liegen in der Nähe der römischen, teilweise überlagern sie diese, und nicht selten hat ein Franke den Sarkophag eines Römers für einen Angehörigen einer zweiten Verwendung zugeführt. (Sogar noch in der Saliergruft im Dom finden sich römische Sarkophage wieder). Aus der Lage der Begräbnisstätten schließt man auf eine Besiedlung des Stadtareals wie in der Zeit zuvor. Besser als in der Stadt Worms lässt sich die fränkische »Landnahme«, die von den Königen der Merowingerdynastie veranlasst und wohl von adeligen Familien organisiert wurde, im Umland nachvollziehen, wobei bislang nirgendwo Siedlungsreste ergraben wurden. Allein aus den Gräberfunden werden die Schlüsse gezogen. Eine fortgesetzte Bewirtschaftung und Nutzung seit der Römerzeit ist nicht für alle bisherigen Standorte von Bauernhöfen und Altsiedlungen gesichert. Vor allem in und bei den Garnisonsorten wie Speyer, Worms, Alzey und Mainz wird mit dem Weiterbestehen der romanischen Bevölkerung in größerem Maße gerechnet. Sämtliche Orte im Umkreis, die heute noch auf -heim enden, weisen sich durch ihren neuen germanischen Namen als fränkische Neugründungen der Jahre um 500 aus. Andere Ortschaften verloren die »heim«-Endung wie beispielsweise Eich (Echinheim)91. Es scheint aus alldem hervorzugehen, dass einzelne Grundherren bestimmte, ihnen zugewiesene kleinräumige Gebiete mit ihren Angehörigen und weiteren Menschen übernahmen, neue Hofstellen oder kleine Dörfer und zwangsläufig einen Friedhof begründeten. Aus der Zusammensetzung der archäologischen Funde, vor allem der Trachtbestandteile, wird eine Vielfalt dergestalt deutlich, dass es sich bei der »Landnahme« nicht um eine Aktion mit Vertreibung der romanischen Restbevölkerung gehandelt hat, sondern eher um Zusiedlung verbunden mit Verwaltung und Kontrolle. Hierbei erreichten auch Kontingente von Siedlern Rheinhessen, die aus dem heutigen Mitteldeutschland aufbrachen. Funde in den Gräbern mit donauländischem (Flomborn), böhmischem (Schillerstraße), auch angelsächsischem (Flonheim) Charakter lassen diesen Schluss zu. Am Beispiel von Flonheim92 und Flomborn93, zwei Orten, deren Namen auf einen möglichen gemeinsamen Gründer (etwa Flono) deuten lassen, wurden die zahlreichen Zuwanderer auch der nächsten Jahrhunderte schon herausgearbeitet, für andere rheinhessische Orte und Worms selbst kann man vergleichbare Ergebnisse erwarten. Die Gründergeneration begrub den ersten Anführer mit den Zeichen seiner Stellung und Würde. Eine Goldgriffspatha, die Scheide besetzt mit Almandinen, gehörte in Eich wie in Flonheim zur repräsentativen Ausstattung. Die Waffen waren als solche wohl schon lange nicht mehr funktionstüchtig: Das Flonheimer Schwert war repariert, das aus Eich zu einer Art breitem Dolch umgearbeitet94. Zu Jagd und Kampf verwendeten beide Herren zweckmäßige Schwerter. Das Gräberfeld bei Abenheim, aus dem die reiche Goldscheibenfibel des 7. Jahrhunderts stammt (Tafel 3), ist durchgehend seit dem 5. Jahrhundert belegt worden. Etwas später setzte wohl das von Hochheim ein. In Pfiffligheim könnte die Siedlung westlich des heutigen Ortes und nördlich der Pfrimm gelegen sein. Die etwa 60 bekannt gewordenen Gräber wurden an der alten Straße Richtung Pfeddersheim von Koehl ausgegraben. Ein Lavezbecher95, im 6./7. Jahrhundert hergestellt im alpinen Raum, stellt einen besonders erwähnenswerten Fund dar.

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Abb. 7: Holzbecher überzogen mit Pressblech, christliche Szenen, aus einem fränkischen Grab von Worms-Wiesoppenheim

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In Pfeddersheim ist leider die Fundstelle der etwa 17 Gräber nicht mehr bekannt, vermutlich lag sie nördlich der Kirche. Bis auf eine mit Almandinen besetzte Scheibenfibel scheinen die Funde zudem verschollen zu sein. Das Gräberfeld von Wiesoppenheim südlich des heutigen Ortes lieferte besondere Funde: Neben einem seltenen und kostbaren Rüsselbecher aus Glas (einen zweiten besitzt das Museum aus Westhofen) war einem Grab ein Holzbecher mit Pressblechverkleidung aus dem 5. Jahrhundert beigegeben. Vermutlich hatte das Blech ursprünglich ein Holzkästchen verkleidet. In kleinen Feldern sind Szenen aus der Bibel wiedergegeben: Adam und Eva, neben dem Baum mit der Schlange, Christus, der Hahn auf einer Säule mit Petrus, der Christus verleugnet (Luk. 22,34), Daniel in der Löwengrube (?), Christogramm.

Einflüsse aus West und Ost Bei der Betrachtung der frühmittelalterlichen Neubesiedlung von Worms und Rheinhessen ist die Mobilität der Menschen schon angeklungen. Nicht nur in der Gründungsphase ist dies festzustellen. Monika Lange hat an den Gräbern von Flonheim gezeigt, dass auch im 6. und 7. Jahrhundert immer wieder Menschen mit neuen Moden und Objekten nach Rheinhessen zuzogen. Eine Dame aus dem englischen Kent trug ihre heimische Tracht offenbar bis zu ihrem Tod – vielleicht ein spektakuläres Beispiel. Langobardische und donauländische Einflüsse werden ebenso wie nordgallische Moden fassbar. In Westhofen gibt es thüringische Komponenten schon vor der Eroberung Thüringens durch die Franken im Jahr 531. Kaufleute sorgten darüber hinaus für regen Handelsaustausch mit dem Mittelmeerraum, sei es mit Italien, mit dem Balkan oder dem Reich von Byzanz. Leuchtend rote Almandine, die für Frauenschmuck ebenso beliebt waren wie für Schwertscheiden und Taschenbeschläge herausgehobener Männer, wurden im 5. und 6. Jahrhundert aus Indien geliefert. Böhmische Steine (Granate) ersetzten sie wohl in der 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts. Man ist der Auffassung, dass der örtliche Handel wie bisher mit römischem Kleingeld funktionierte, denn die Merowingerkönige prägten hauptsächlich Goldmünzen und kaum Scheidemünzen. Im Alltag der landwirtschaftlichen Selbstversorgergemeinschaft wurde weitaus weniger Geld benötigt, als dies heute vorstellbar ist. Für Groß- und Fernhandel verwendete man Goldmünzen in Nachahmung der römischen und byzantinischen Prägungen. Da offenbar der dort übliche Solidus mit ca. 4 g Gold zu wertvoll war, prägte man Drittelstücke, manche mit dem abgekürzten Königsnamen. Ein solcher Triens nach dem Vorbild eines Solidus des Kaisers Justinian I. (527– 565) hat sich in Pfeddersheim nicht allzu weit entfernt von der Kirche gefunden (Tafel 3).

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Nicht gefunden: der Hafen Eine Stadt in der Nähe des Rheins ist spätestens seit der Römerzeit ohne Hafen undenkbar. Die Kosten für Transporte auf dem Wasser lagen weit unter denen auf dem Land. Selbst das Treideln flussaufwärts war billiger als der Transport auf Ochsenkarren, auch wenn das Straßen- und Wegenetz gut ausgebaut war. Wagen benutzte man für den Personenverkehr, wobei lieber ritt, wer konnte, oder zu Fuß ging, wer ein Reittier nicht besaß. Lastkarren beförderten Waren vor allem im Nahverkehr. Man bediente sich zudem, wie es in nichteuropäischen Ländern noch immer üblich ist, der Tragtiere oder menschlicher Träger, auch wenn das hier archäologisch nicht nachweisbar ist. In einer Urkunde vom 18. März 858 erhielt das Kloster St. Nazarius in Lorsch das Privileg, frei auf dem Rhein zu verkehren und jederzeit im Wormser Hafen zollfrei anzulegen. Das ist die erste Nennung des als selbstverständlich anzusetzenden Hafens. Aber wo befand er sich? Worms, das sahen wir schon am Beginn der Geschichte, liegt nicht am Rhein, sondern in Rheinnähe. Am Prallhang, dort, wo das Wasser aus Fließrichtung ankommt, ist ein Hafen nicht sinnvoll. Betrachten wir die neuzeitlichen Verhältnisse etwa Mitte des 16. Jahrhunderts in dem Holzschnitt des Monogrammisten HSD in der »Cosmographei« von Sebastian Münster, wo jeweils ein Lastkran am Hauptstrom und am Neuturm im Norden östlich von Liebfrauen dargestellt sind, so bietet sich das rechteckige Becken des Woog, in dem Boote liegen, als Hafen an. Die Fischer nutzten den Woog, um ihren Fang auszuladen und durch das Fischerpförtchen in die Stadt auf den sogleich erreichbaren Fischmarkt zu bringen. War der Woog der eigentliche Hafen? Die Stadtmauer an seiner Westseite entstand um 1200. Der Streifen zwischen ihr und der Bauhofgasse wurde erst im 12. Jahrhundert bebaut, was wegen des feuchten Bodens Gründungen mit Eichenpfählen erforderte, und aus demselben Grund hat noch heute kein Bauherr in diesem Areal Freude an einem Keller. Die Friesen, die den Juden als Fernhändler vorangingen, seit sie der Mainzer Erzbischof Bonifatius um die Mitte des 8. Jahrhunderts als Kaufleute an den Rhein holte, haben sich vermutlich im Gebiet des nachmaligen Judenviertels niedergelassen. Wenn unsere Datierung der einzelnen Stadtmauerperioden richtig ist (siehe unten), lag ihr Gebiet damit außerhalb des ummauerten Stadtzentrums96. Man kann eventuell im Bereich der späteren Synagoge sogar eine eigene kleine befestigte Anlage vermuten, deren Umriss sich nach ihrer Beseitigung in Wegeform erhalten haben könnte (vgl. Karte 10 unten S. 252 f.), denn das heutige Straßennetz ist ja nicht das ursprüngliche. Nicht allzu weit entfernt dürfte der Hafen gelegen haben. Vermutungsweise ist er im Streifen östlich der ersten Stadtmauer an St. Paulus und damit östlich der hochwasserfreien Terrasse eingezeichnet (Karte 4 Tafel 5). Weiter nördlich liegt das Gelände höher, man hat auch schnell die Ausläufer des römischen Nordfriedhofs erreicht, sodass ein Hafen auf der Nordseite nicht gut möglich scheint. Die Frage nach dem antiken und frühmittelalterlichen Hafen, die Verf. erstmals in die Erforschung der Stadtgeschichte einbrachte, sollte bei künftigen Eingriffen in den Boden berücksichtigt werden.

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ARCHÄOLOGISCH BETRACHTET

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Das Mittelalter, archäologisch betrachtet Die Burg der Grafen von Worms: Die Salierburg Die Grafen im Worms- und Speyergau, bekannt als Familie der Salier, besaßen in Worms und in der Region wichtige Rechte sowie Ländereien und Grundstücke. Ihre Grablege hatten sie im Dom St. Peter zu Worms. Die Biografie des herausragenden Bischofs Burchard von Worms (1000 –1025) gab den Ort der Grafenburg, die als ein Räubernest geschildert wurde, in dem sich alle Verbrecher sammeln durften, während die Stadt verfiel und Wölfe sich in ihr tummelten, klar und deutlich an: das Stift St. Paulus stehe an ihrer Stelle. Das Stift ließ Burchard aus dem Bauholz und den Steinen der Burg Herzog Ottos errichten, als er die Anlage im Jahr 1002 übernehmen konnte, so liest man in der Lebensbeschreibung. Niemand hätte vermutet, dass der Biograf hierin wörtlich zu nehmen war. Die Stadt beschrieb er ja deswegen als völlig verfallen, um die Bautätigkeit seines Bischofs umso glänzender erscheinen zu lassen. Tatsächlich fanden sich aber an St. Paulus oberhalb der römischen Schichten, unter dem mittelalterlichen Friedhof, Bauspuren, Fundamentgruben von Mauerzügen, eingetieft in nach der Römerzeit angewachsenem Humus, und diese Mauerzüge waren restlos abgerissen worden. Nur Steinsplitter und Mörtelreste füllten die Fundamentgruben an, buchstäblich war kein Stein auf dem anderen geblieben. Man konnte diese Befunde nicht anders deuten als die Reste der Burg, die Bischof Burchard hatte abreißen lassen. Der Grundriss ist leider nicht zu rekonstruieren, zu stark sind die jüngeren Eingriffe namentlich durch die Anlage von mittelalterlichen bis neuzeitlichen Gräbern auf der Nordseite der Stiftskirche St. Paulus 97. Die durch die Grabungen in Resten nachgewiesene Kirche St. Rupert, wenige Meter nördlich von St. Paulus, ist entweder schon nach dem Tod des Bischofs Rupert von Worms bald nach 716 zu datieren oder aber erst nach 774, der feierlichen Verbringung (Translatio) der Gebeine nach Salzburg, wo sie heute teils im Dom, teils in St. Peter ruhen. Die wenigen rekonstruierbaren Mauerzüge der Salierburg scheinen den Schluss zuzulassen, dass Burg und Kirche in einem axialen System aufeinander bezogen waren 98. Lag nun ein Stück unterhalb der Burg der Hafen? Eine verlockende Vorstellung.

Die Mauern von Worms Eine Ummauerung in der römischen Kaiserzeit hat es, wie wir sahen, nicht gegeben, Wunschdenken wandelte eine mit der Feder gezogene Linie in Stein um. In der Spätantike macht hingegen das neue Verteidigungssystem Kaiser Valentinians I. eine Befestigung unabdingbar. Der Kaiser selbst inspizierte den Rhein in den 360er Jahren und erließ an verschiedenen Orten Gesetze, so auch in Worms99. Die Grabungen an St. Paulus haben erstmals Bautätigkeiten des späten 4. Jahrhunderts nachgewiesen. Der oben dargestellte Abriss der Häuser, die Planierung des Geländes sind durch Münzen und Argonnensigillaten datiert. In diesen baulichen Zusammenhang gehört von der Stratigrafie her auch eine Mauer entlang der östlichen Terrassenkante, der Bauhofgasse. Sie bildete in der Folge den Ostabschluss der Salierburg. Der Mauerzug diente, immer wieder repariert, auch als die erste mittelalterliche Stadtmauer. Den Stiftsherren von St. Paulus wurde schriftlich ge-

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stattet, Türen »zu eigenem Gebrauch« in die Stadtmauer brechen zu lassen – diese Durchgänge wurden an der Bauhofgasse, irgendwann wieder zugemauert, auch gefunden. Als die

Pauluskirche

ab

1002

erbaut

wurde,

übrigens

mit

einem

dreiapsidalen

Ostabschluss100, nicht mit einem geraden, musste die Terrassenkante wohl verstärkt werden. Die in diesem Bereich eingesetzten massiven Quader zeigen ähnliche Schraffuren wie solche im südlichen Westturm des Domes, den man in die Zeit Bischof Burchards datiert. Auf der Innenseite war eine auffällige Steinsetzung in etwa einem Meter Höhe über dem damaligen Laufniveau vorgenommen worden: eine Reihe abwechselnd weißer und roter Sandsteine. Eine ebensolche Reihe ist an der Westseite der Stadtmauer zu sehen, und zwar dicht über dem Teil, der wohl am besten als Rest eines der römischen Tempelgebäude zu deuten ist (vgl. Karte 4 Tafel 5 und Abb. 8).

Abb. 8: Teil der Stadtmauer auf der Westseite am Heylshofgarten

D IE M AUERN

VON

W ORMS

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Die Verfasserin war schon 1986 der Meinung, hier sei eine römische Hauswand in die Stadtmauer integriert worden. Der Befund an der Bauhofgasse legt nun nahe, an beiden Stellen Reste valentinianischer Bautätigkeit zu sehen. Das Hantor (Hafentor?) an der Westseite ist leider bei keiner modernen Baumaßnahme von Archäologen gesichtet worden, doch selbst nach der winzigen Zeichnung in Peter Hammans Vogelschau könnte man noch einen römischen Bau vermuten. Im weiteren Verlauf ist die spätrömische Mauer nicht gesichert. Auf der Südseite bietet sich die Linie Andreasstraße – Wollstraße an, die Gründe hierfür liegen in Beobachtungen Koehls und Weckerlings, die von massiven Fundamenten in einiger Tiefe berichteten. An der Nordseite könnte allenfalls die Rodensteinerhofgasse, die einen Geländesprung markiert, einen Anhaltspunkt geben, doch wäre auch die Linie Hardtgasse – Paulusstraße denkbar. Dies müsste oder könnte die urbs antiqua sein, die in einer Urkunde Ottos II. im Jahr 979 Erwähnung findet101. Daraus ergibt sich sofort die Frage nach der urbs nova des 10. Jahrhunderts. Aus archäologischen Beobachtungen geht hervor, dass die Stadtmauern sehr unterschiedlich errichtet wurden: Im Westen und Süden präsentiert sich kleinteilig zusammengesetztes, buntes Mauerwerk, die den Wehrgang tragenden Stützpfeiler sind nachträglich (in einer späteren Phase?) angesetzt, während auf der Nordseite gleichmäßige Steinlagen sichtbar wurden und die tief fundamentierten Pfeiler im Verbund mit der Mauer errichtet worden sind. Die kleinteilig zusammengesetzten Partien überformen auch die römische Partie im Westen. Die urbs nova, die Neustadt des 10. Jahrhunderts, müsste sich in der Wormser Mauerbauordnung widerspiegeln, die in der Zornschen Chronik des 16. Jahrhunderts dem Bischof Thietlach um 900 zugeschrieben wird. Wie immer man diese Beschreibung des Mauerringes interpretiert: Sie passt wörtlich weder auf die Nord- noch auf die Süderweiterung. Vermutlich berücksichtigen die modernen Historiker die Interpretationen aus der Zeit des 16. Jahrhunderts nicht. Friedrich Zorn hatte ja den letzten Zustand der Stadtmauer vor Augen und nicht ältere Phasen. Eine erste Erweiterung nach Süden (Andreasstraße bis Neusatz, heute Willy-Brandt-Ring) kann aus archäologischen Gründen durchaus dem 10. Jahrhundert zugeschrieben werden. Das Andreasstift dürfte 1020 an diese Mauer gesetzt worden sein, vielleicht nahe an St. Magnus, ähnlich wie das Stift St. Paulus 1002 innerhalb der Befestigung an die ostseitige Mauer neben St. Rupertus gebaut worden war. Mit dem nördlichen Mauerbogen müssen weit reichende Planungen verbunden gewesen sein. Die römische Mauer könnte noch zwei Ausgänge nach Norden gehabt haben. Nun gibt es nur noch ein Tor nach Norden, das Martinstor. Sowohl die Martinsgasse, ausgehend von der unter Burchard begonnenen Martinskirche, als auch die Judengasse wurden im Zuge der Mauer mitgeplant. Es sei hier die Vermutung geäußert, dass der gesamte Bogen mit dem Entwurf des Nordteils der Stadt verbunden war. Die Friedrichstraße dürfte kein römischer Straßenzug sein – der eher unter der modernen Karolingerstraße zu vermuten ist –, sondern eine Umlegung der Straßentrasse darstellen. Dadurch ließ man zwei alte Straßen (heutige Kämmerer- und Römerstraße) auf ein neues Tor zulaufen und erübrigte somit den Bau eines zweiten. Nun befand sich die alte Handelssiedlung, die wir im Bereich oder Umkreis der 1034 gegründeten Synagoge vermuten dürfen, innerhalb der Mauern.

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An der Westseite der mittelalterlichen Stadt besitzt Worms mit seiner Stadtmauer ein einzigartiges Monument, steingewordene Stadtgeschichte: Vom römischen Tempelrest über die Kastellmauer des 4. Jahrhunderts bis zur Befestigung des 10. Jahrhunderts ist hier jede Epoche ablesbar, und noch der große Aufschwung der Stadt durch die Industrialisierung im 19. Jahrhundert hinterließ seine Spuren, indem für ein Stadtpalais der Familie von Heyl die Mauer teilweise in den romantischen Garten einbezogen und eine künstliche Grotte angelehnt wurde. Bei der nächsten Stadterweiterung, die sich nicht auf das Land im Westen, sondern zum Rhein hin erstreckte, können wir dank mehrerer archäologischer Untersuchungen (Fischmarkt, Mähgasse, Mayfels) mit gesicherten Daten argumentieren. Der Bereich des mutmaßlichen Hafens war im 12. Jahrhundert so weit verlandet, dass Häuser erbaut werden konnten. Allerdings waren dazu massive Pfahlgründungen notwendig, noch heute ist der Boden so feucht, dass Keller zumeist nicht geplant werden. Eine Reihe der Pfähle aus verschiedenen Baugruben konnte mittels der Dendrochronologie datiert werden, wobei sich Fälldaten um 1104, 1118, um 1143 ergaben. Um 1200 errichtete man dann an der Ostseite der mittelalterlichen Stadt die noch heute in großen Partien sichtbare Mauer aus Sandsteinquadern. Bauholz wurde im Mittelalter nach dem Schlagen sofort verwendet. Das Fälldatum 1196 erscheint mehrfach an Bauhölzern, die im Umkreis des Turms Mayfels gezogen wurden, wo sie möglicherweise in einer Spundwand saßen 102. Der Wehrgang, und damit die Mauer, wurde auf der Ostseite der Stadt wenigstens einmal erhöht.

Mittelalterliche Holzbauten am Fischmarkt Ein Straßenzug parallel zu rheinseitigen Stadtmauer heißt Fischmarkt. In der Baugrube der Häuser 24–26 wurden in 2 m Tiefe gut erhaltene Reste von zwei Holzhäusern und Spuren von zwei weiteren aus der Mitte des 12. Jahrhunderts angetroffen. Es dürfte sich nicht um Wohnbauten, sondern um die zugehörigen Nebengebäude gehandelt haben, denn die Maße betrugen nur etwa 8 und 11 m 2. Auch die Interpretation als Marktbuden wäre möglich. Ein Bau besaß noch einen mit Holz verschalten Kriechkeller. Nach der Errichtung der rheinseitigen Stadtmauer um 1200, wodurch die Stadterweiterung zur Rheinseite abgeschlossen war, hat man die Holzbauten teilweise abgerissen und dann verfüllt. Kann man bei archäologischen Grabungen grundsätzlich vermuten, dass der hinterlassene Kulturschutt von den einstmaligen Bewohnern stammte, so verhält es sich am Fischmarkt anders. Die zahlreichen Hornzapfen und Lederreste stammten nicht von Gerbereien. Man hat im Gegenteil Haus- und Gewerbemüll aus der Stadt herbeigebracht. Darunter fanden sich Lederreste, fragmentierte Daubenschalen, viele Gefäßscherben, die sich nicht zusammensetzen ließen, Kacheln von verschiedenen Öfen sowie Reste von Pflanzen, die nicht zusammen gewachsen waren. Bemerkenswert sind vor allem zahlreiche Fragmente von mittelalterlichen Glasgefäßen und etliche Splitter von mehreren gläsernen Spiegeln Es handelt sich hier um die bei weitem am besten erhaltenen Spiegelglasreste aus dem Mittelalter. Der Spiegelmacher (der vielleicht in der Spiegelgasse arbeitete) musste zunächst einen Glasballon blasen und innen mit nahezu reinem Blei beschich-

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ten. Die Form der Scherben lässt jedoch nicht einen zerbrochenen Spiegel, sondern eher Produktionsabfälle eines Spiegelmachers vermuten.103

Wasserversorgung Zahllose Brunnen sind aus der Wormser Innenstadt bekannt. Schon in der Römerzeit gab es Brunnen, die einzelne Häuser mit Grundwasser aus heute sieben bis neun Meter Tiefe versorgten. Sie sind zumeist aus Sandsteinen gemauert. Ob an der Schönauer Straße oder am Adlerberg, mehrfach wurde als unterster Einbau ein Holzfass beobachtet, das wohl als Filter eingesetzt war. In der mittelalterlichen Stadt dürfte in sehr vielen Innenhöfen ein Brunnen existiert haben. Im Einzelnen sind sie schlecht zu datieren. Manche Brunnen dienten der Bevölkerung bis in die Neuzeit (Hasenbrunnen in der Judengasse, Brunnen nördlich der Pauluskirche), in ihnen steckten noch die eisernen Pumpenrohre. Den römischen Brunnen an der Schönauer Straße hat man in den 1980er Jahren mit einem Deckel verschlossen, er kann jederzeit wieder seinen Dienst aufnehmen. Öffentliche Brunnen wurden von Brunnengemeinschaften genutzt und erhalten, Brunnenbücher und Brunnenfeste legen Zeugnis davon ab104. Auch Gewerke wie die Färber brauchten Wasser, ebenso musste die Entwässerung der Stadt organisiert werden. Wann eine Ableitung vom Eisbach im Süden in das Stadtzentrum geführt wurde, ist noch immer nicht bekannt. Der Bach trat durch die südliche Mauer in die Stadt ein, querte die Valckenbergstraße, floss offen durch die Gerbergasse, dann hinter dem Neumarkt und verdeckt unter dem damaligen Rathaus und der späteren Dreifaltigkeitskirche zur Färbergasse und bog mit ihr in Richtung auf die Pauluskirche um. Südlich von St. Paulus betrieb der Bach bis wenigstens 1689 eine Mühle, die deutlich auf der Zeichnung Peter Hammans zu sehen ist. Dort mündete er nicht in den Woog, sondern lief in einem holzgefassten Kanal parallel zu Stadtmauer und Woog zwischen beiden, um nördlich des Rheintors eine weitere Mühle zu bewegen. Es handelt sich also um ein kompliziertes Werk, an dem mehrere Generationen beteiligt waren und das die Bürger immer wieder ausbesserten. Im 19. Jahrhundert wandelte man den Stadtbach in einen gemauerten Kanal um, der nördlich der Petersstraße durch die Stadtmauer geleitet wurde. Außer dem Stadtbach, der wohl sauberes Brauchwasser bereitstellen sollte, denn der Rat drohte für seine Verunreinigung mehrfach Strafen an und verordnete, er solle mit blanken Steinen ausgelegt sein, haben auch Entwässerungskanäle existiert. Ein aus der St. Rupertgasse kommender aus Holz gebauter Kanal wurde von der um 1200 errichteten Stadtmauer gekappt. Ein gemauerter Kanal ersetzte ihn und führte dann knapp südlich am Turm Mayfels durch die Mauer, wo man mittels eines Schiebers den Durchlass schließen konnte. Dann lief das Wasser teils in einem erneuerten, teils im alten Holzbett in den Stadtbach, der zwischen Mauer und Woog nordwärts floss. Hier sieht es nach einem Planungsfehler aus, der repariert wurde: Die Mühe des Kanalumbaus hätte man sich erspart, wäre der Mayfels einen Meter nach Norden gerückt worden.

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Die Suche nach der Vergangenheit – Sammeln, Forschen, Bewahren Die vermutlich erste Grabung veranlasste, wie erwähnt, Kaiser Friedrich III. 1488 aus Neugier und brach sie enttäuscht ab, als das Gewünschte, die Gebeine eines Riesen, so nicht gefunden wurde. Der Humanistenfreund Johann von Dalberg, 1480 Dompropst und seit 1482 Bischof, sammelte erste Weiheinschriften und Grabsteine aus der Römerzeit am Bischofshof und schuf so eines der ältesten Museen. Weitere Steine und Denkmäler sammelte man, seit 1666 die Befestigungsanlagen vor dem Martinstor im Nordfriedhof angelegt und zahlreiche Gräber angeschnitten wurden. Gelehrte Reisende schrieben die Texte ab 105. Doch auch die Bürgerschaft war stets stolz auf die Zeugnisse ihrer Geschichte und stellte »in stein gehauwenen Bildnusen, … nebenst vielen Antequiteten von ungeheuwern Riesen und thier gebeinen …« an ihrem Rathaus sichtbar aus, wie die HammanBrüder zu ihrer Zeichnung des Stadthauses Zur Münze 1692 schrieben 106. Allerlei Figuren wurden dort also gezeigt und Mammutknochen (man kann sie noch heute im Rheinkies finden), die man für die Gebeine von Riesen hielt. Victor Hugo legte 1838 auf seiner Rheinreise in Worms an, dessen mittelalterliche Größe er suchte. Er erkundete die Stadt (gegen den Rat seines Schiffers, der empfahl, im Gasthaus an der Anlegestelle zu nächtigen) und fand im Zimmer seines Gasthofes römische Keramik vor, was ihm mit den Worten »dergleichen findet man hier oft« erklärt wurde. Die Sammlung Bandel mit vielen römischen Gräberfunden und auch Grab- und Weihesteinen aus dem nördlichen Friedhof, wo Bandel außer dem Grundstück der »Eulenburg« auch Wingerte besaß, wurde 1862 vom Rat der Stadt nicht angekauft. Ein Teil der bedeutenden Sammlung (darunter die berühmten frühchristlichen Inschriften) gelangte wenigstens in das Landesmuseum Mainz. Dort sind sie noch immer ausgestellt. Dann aber gründeten Bürger, nicht nur von außen angestoßen, sondern auch durch die zahlreich beim Bau der verschiedenen Lederwerke und Fabriken auftretenden archäologischen Funde bewogen, am 14. Juli 1879 endlich den Altertumsverein. Der damalige Bürgermeister Heimburg übernahm den Vorsitz und teilte bereits in der Gründungsversammlung mit, man bemühe sich um ein Museum. Der Altertumsverein schuf sich alsbald eine Sammlung namentlich archäologischer Objekte, die vor allem Dr. Carl Koehl und Maximilian von Heyl ständig vermehrten. Eine Heimat fanden sie am 9. Oktober 1881 im »Paulusmuseum«, der renovierten Pauluskirche. Maximilian von Heyl betrieb die Renovierung, bezahlte alles und beauftragte den berühmten Münchner Bildhauer Lorenz Gedon mit der Einrichtung des Museums. Die Sammlung wuchs zudem durch die Ausgrabungen, die alsbald in großem Stil unternommen wurden. Teils waren sie angestoßen durch Industriebauten, etwa im römischen Nordfriedhof oder im Süden bei Mariamünster, teils ging man Hinweisen aus dem Umland nach, wo vor allem die frühmittelalterlichen Gräberfelder der fränkischen Neuansiedlungen ausgegraben wurden. Eine frühe Grabung legte fränkische Gräber im Bereich der Schillerstraße frei, die Ergebnisse wurden in einem Plan dokumentiert, ein besonders reich ausgestattetes Frauengrab anschließend prachtvoll umgezeichnet (Tafel 4). Ebenso machte die Erforschung des Neolithikums große Fortschritte. Es sei hier an das linienbandkeramische Gräberfeld von Flomborn und die Hinkelsteingräber von

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NACH DER

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Rheindürkheim und der Rheingewann erinnert, die noch immer als Marksteine der Archäologie gelten. Dr. Carl Koehl entwickelte eine besondere Art der Dokumentation von Gräbern. Er zeichnete unter Weglassung alles Überflüssigen seine berühmten »Strichmännchen« auf ein Blatt seines Rezeptblocks, doch im Gegensatz zu Kinderzeichnungen enthalten sie Maße (Tiefe, Länge, Breite), die einzelnen Beigaben oder Trachtbestandteile in Fundlage einschließlich Angaben zur Erhaltung, auch die Armhaltung wurde berücksichtigt. Insgesamt liefern diese Zettelchen eine Fülle von Informationen, und man wünschte sich, die Nachfolger hätten wenigstens diese Form beibehalten. Gräberfeldpläne allerdings gibt es nur in wenigen Fällen. Auch wollte das Inventarisieren erst gelernt sein. Viele Jahre behalf man sich mit Klebeetiketten auf dem Objekt und privaten Notizen. Erst spät, 1921, beauftragte Maximilian von Heyl den Speyrer Museumsdirektor Dr. Friedrich Sprater, der als letzte Abteilung die frühmittelalterliche Sammlung durchging und Stück für Stück in ein Inventarbuch eintrug. Dabei konnte Koehl noch Auskünfte zu seinen Grabungen liefern. Maximilian von Heyl sorgte wiederum für die Finanzierung. Das namhafte Honorar war pauschal festgelegt, weshalb Sprater wohl im Akkord arbeitete. Manche Fehler und Ungenauigkeiten entstanden vermutlich dadurch. Die Zeit der ersten Kustoden, des Arztes und Sanitätsrats Dr. Carl Koehl, der aus Neigung und Talent zum Altmeister der rheinhessischen Archäologie wurde, und des Gymnasiallehrers Prof. Dr. August Weckerling (er betreute später die Bibliothek des Vereins respektive des Museums, aus welcher die Stadtbibliothek erwuchs), war auch die Zeit der stärksten Entwicklung des Museums107. Auf der Sammel- und Forschungstätigkeit von Koehl und Weckerling, unterstützt vom Altertumsverein und vor allem durch Maximilian von Heyl, beruht der Ruf des Museums noch heute108. Andere Schwerpunkte wurden nach 1929/30 gesetzt, als die Sammlungen in das Eigentum der Stadt übergegangen, in das Andreasstift umgezogen und zum Museum der Stadt Worms umgewandelt worden waren. Im Zusammenhang mit dem Orts- und Generationswechsel müssen nicht nur Verluste an Wissen verbucht werden. In den folgenden Jahrzehnten konnte nicht an die große Tradition der Grabungen angeknüpft werden. Die Methoden wurden nicht zeitgemäß fortentwickelt, auch politische Einflüsse der Zeit sind an manchen Interpretationen auszumachen. Vor allem entstand unter dem Historiker und Stadtarchivar Dr. Friedrich Maria Illert, der auch zum Direktor aller Kultureinrichtungen ernannt wurde, der Mythos von Worms als Mittelpunkt Europas in allen Zeiten der Geschichte. Worms wurde in seiner Epoche zur »ältesten Stadt Deutschlands« und hatte selbstverständlich eine der größten römischen Stadtmauern besessen. Sammlungen ebenso wie Forschungen zur Stadtgeschichte entwickelten sich nicht angemessen. Funde, die sich zur musealen Präsentation nicht eigneten, wurden gar nicht erst dokumentiert oder aufgehoben. Erst mit Dr. Georg Illert kam 1954 das Museum wieder unter die fachliche Leitung eines Archäologen, der sich sogleich bemühte, die Inventare zu sichten und fortzuführen. Allerdings waren ihm nur wenige Jahre bis 1958 hierfür beschieden, dann folgte er seinem Vater in der Leitung der Kulturinstitute nach109. Während aber Bibliothek und Archiv, die ebenfalls aus Sammlungen des Altertumsvereins hervorgegangen waren, fachlich ausgewiesene Leiter erhielten, ging das Museum leer aus und musste notgedrungen ebenso vernachlässigt werden wie die archäolo-

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Abb. 9: Museum der Stadt im Andreasstift: Blick in den Kreuzgang mit Lapidarium

gische Forschung. Nur so ist zu verstehen, dass in der Zeit des Wiederaufbaus und der starken Neubautätigkeit, die sich bis in die 1970er Jahre erstreckte, keine Grabungen stattfanden, sondern allenfalls Notbergungen. Ernstfried Töpfer, seines Zeichens Fundpfleger und Ausgräber der Stadt Worms bis 1987, verlor oftmals den Kampf gegen Bagger und Bauleute. Unermessliche Verluste entstanden so im Baugebiet Kirschgarten (Gräberfeld mit sehr reichen Funden), im Eckgrundstück Mainzer Straße – Berliner Ring (Nordfriedhof mit Gräbern des 5. Jahrhunderts) an der Schönauer Straße mit dem Einkaufszentrum. Zum Ende des Jahres 1979 löste man die Kulturinstitute wieder auf, Bibliothek, Archiv, Volkshochschule, Museum bekamen als Einzelinstitutionen fachlich ausgewiesene Amtsleiter. Das Museum erhielt zu seinem 100-jährigen Bestehen 1981 unter Oberbürgermeister Neuß die beste personelle Ausstattung seiner bisherigen Existenz: Grabungstechniker, Zeichner, Magazinverwalter. Neue Abteilungen konnten eingerichtet werden. Bis 1989 wurden, veranlasst durch Bauvorhaben und unterstützt durch das staatlich geförderte Instrument der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM), Ausgrabungen in antiken und mittelalterlichen Siedlungsbereichen durchgeführt: Eisenzeitliche Siedlung Rautwiesen in Abenheim, Haus an der Schönauer Straße, Gerbergruben am Fischmarkt, Stadtmauer am Mayfels, das Gelände bei St. Paulus u. a. Ein Ausschnitt des römischen Nordfriedhofs, als letzte Grabung 1989 durchgeführt, konnte ein Jahr später sowohl in einer Ausstellung im Museum als auch in einer Publikation dargestellt werden, wodurch erst-

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mals Erkenntnisse zur römerzeitlichen Bevölkerung von Worms gewonnen und veröffentlicht wurden, die auf wissenschaftlichen Methoden der Archäologie wie der Anthropologie beruhten110. Im Museum im romantischen Andreasstift, einem der schönsten Gebäude der Stadt, konnten 1983 das »Lutherzimmer«, 1986 das Glaskabinett und eine neue Römische sowie 1991 die lange geplante Prähistorische Abteilung entstehen. Weitere Ausstellungsbereiche harren noch einer neuen Gestaltung. Seit dem Jahre 1990 ist im Übrigen ausschließlich das Landesamt für Denkmalpflege mit der Durchführung der Bodendenkmalpflege in Worms betraut. Nicht immer einfach ist die Abwägung der Interessen nach einer Nutzung der Baulichkeiten und der notwendigen Beachtung denkmalpflegerischer Belange und des Schutzes der überkommenen Kulturgüter.

Ausblick Wie stellt sich die Stadt am Ende der archäologischen Betrachtung dar? Worms ist sicher nicht die älteste Stadt hierzulande, doch ganz gewiss eine der ältesten und an Geschichte reichsten Städte Deutschlands. Sie birgt Zeugnisse und lehrreiche Funde aus prähistorischer Zeit, sie war eine Stadt der Römer, der Vangionen und der Franken. Schichten aus Jahrtausenden liegen übereinander. Auf alle Zerstörungen erfolgte, manchmal nach Jahrzehnten der Unterbrechung, doch immer wieder ein hoffnungsvoller Neubeginn. Geschunden, zerstört, erneuert mit vielen Überlagerungen ist die Stadt Worms lebendig geblieben und gewachsen. Man wünschte sich Verständnis, Bewusstsein, Liebe für die wenigen noch vorhandenen Denkmäler der Vergangenheit, Respekt vor den alten, uns anvertrauten Dingen. Das Museum der Stadt Worms hat in seiner bald 125-jährigen Existenz einen Umzug, zwei Weltkriege und unterschiedliche politische Konstellationen überlebt. Als Hüter der materiellen Hinterlassenschaften kann es Geschichte sichtbar machen: die Geschichte der Stadt Worms, die im Neolithikum beginnt.

Worms – Stadt und Region im frühen Mittelalter von 600–1000 T HOMAS K OHL/F RANZ J. F ELTEN

Einleitung, Quellen und Forschung Eine eigentliche Stadtgeschichte des frühen Mittelalters kann mangels Quellen nicht geschrieben werden. Es ist lediglich möglich, eine Stadt wie Worms in ihren Funktionen im Gefüge von Reich und Kirche als Ort eines Bischofssitzes und von Herrscheraufenthalten und Synoden zu betrachten. Nur spärliche Streiflichter erhellen die Verhältnisse in der Stadt und im Umland. Die Zeit der Merowinger, Karolinger und Ottonen war aber für die Stadt und die Region um Worms ein wichtiger Abschnitt, in dem Entwicklungen ihren Ausgang nahmen, die ihr Gesicht bis heute prägen. Im Merowingerreich, das 751 mit der Thronbesteigung Pippins endete, war Worms, wie auch schon im römischen Reich, am Rande gelegen. Der Zerfall der römischen Autorität am Rhein hatte die Stadt und die Region schwer getroffen. Ein Mindestmaß an städtischem Leben wie die Erinnerung an die städtische Rolle blieben aber wohl erhalten und waren eine Voraussetzung dafür, dass hier (wieder?) ein Bistum entstehen konnte. Römische Bauten, unter anderem die Stadtoder Kastellmauer, prägten weiterhin das Stadtbild. In ihrer Randlage wurden Worms, das stets civitas genannt wird, und seine Umgebung von den merowingischen Königen nur wenig beachtet; dies änderte sich jedoch in der Karolingerzeit, als eine Familie die Königswürde erlangte, die aus dem Raum zwischen Maas und Rhein stammte. Mit der Expansion des Reichs nach Osten und Süden rückte Worms von der Peripherie ins Zentrum. Hier fanden regelmäßig Reichsversammlungen statt und insbesondere Karl der Große hielt sich hier häufig und für längere Zeit auf. Auch nach dem Zerfall des karolingischen Großreichs seit 840 blieb Worms einer der wichtigsten Orte im ostfränkischen, später deutschen Reich. Für die Merowingerzeit haben wir leider nur wenige Quellen, die uns über Stadt und Region unterrichten. In den Geschichtswerken der Merowingerzeit ist Worms nur einmal, beim so genannten Fredegar, erwähnt1. Im Wormser Urkundenbuch gibt es eine einzige merowingerzeitliche Urkunde des Königs Dagobert I., sie ist aber eine Fälschung, die wohl auf einer echten Vorlage beruht, die allerdings eher zu Dagobert III. (711–715) zu stellen ist; dazu kommen noch einige Inschriften2. Entsprechend der gestiegenen Bedeutung der Stadt seit der Karolingerzeit findet sich Worms in den Geschichtswerken der Karolinger- und Ottonenzeit, in denen über Königsaufenthalte und Reichsversammlungen berichtet wird3. Neben den historiographischen Zeugnissen gibt es für die Karolinger-

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und Ottonenzeit auch urkundliche Quellen, die Schlaglichter auf die Stadtentwicklung und die Tätigkeit der Bischöfe, Könige und Kaiser vor Ort werfen 4; seit 767 kennen wir auch Privaturkunden, größtenteils über Schenkungen Wormser Einwohner an die neu gegründeten Klöster Lorsch und Fulda. Für die spätere Karolingerzeit gibt es eine Quelle von besonderer Bedeutung: Die so genannte Wormser Mauerbauordnung des Bischofs Thietlach, die für die Instandhaltung der Stadtmauer sorgen soll und die die früheste ihrer Art sein dürfte5. Ein Prestarievertrag (Vertrag über die Verleihung von Gütern) des gleichen Bischofs von 893 ist kürzlich von Wolfgang Haubrichs wieder entdeckt, ediert und untersucht worden6. Reichlicher als für die Stadt Worms fließen die urkundlichen Quellen für die Region. Die Überlieferung des nahen Klosters Lorsch enthält, neben einem chronikalischen Teil, zahlreiche Traditionsnotizen und Urkunden, meist über Schenkungen, aus dem Wormsgau, dem auf der rechten Rheinseite gelegenen Oberrheingau und dem sich südlich davon anschließenden Lobdengau, aus denen Aufschluss über die Wirtschafts- und Sozialstruktur und die Kultur der Menschen in der Region zu gewinnen ist. Ähnliches gilt, wenn auch in geringerem Umfang, für die Urkunden des Klosters Fulda7. Das in dem Beitrag von Gerold Bönnen behandelte Hofrecht Bischof Burchards sowie dessen Vita können auch für frühere Zustände ausgewertet werden 8. Die nicht sehr reiche Forschungsliteratur über die Stadt Worms im frühen Mittelalter spiegelt das größere Interesse der Stadtgeschichtsschreibung seit dem 19. Jahrhundert vor allem an der Geschichte der ausgeprägten städtischen Gemeinde, der Selbstverwaltung und der urbanen Gemeinschaftsformen wie der Zünfte wider. Das einzige umfassende Werk war bisher die »Geschichte der rheinischen Städtekultur« von Heinrich Boos9; weitere Arbeiten untersuchten schwerpunktmäßig die Pfalz oder die Mauerbauordnung 10. Die einzige größere Arbeit zu den Wormser Bischöfen der ottonisch-salischen Zeit stammt von Andreas U. Friedmann11. Aufgrund der für die Karolingerzeit hervorragenden urkundlichen Überlieferung des Umlandes ist der Mittelrhein und damit auch die Wormser Gegend mehrfach das Thema größerer Arbeiten gewesen 12.

Stadt und Region in der Merowingerzeit (600 –751) Die düstere Quellenlage für Worms ist zwar sicher eine Folge der Randlage des Mittelrheingebiets in der Merowingerzeit, aber auch dem Umstand geschuldet, dass die uns erhaltenen erzählenden Quellen überwiegend aus westfränkisch-neustrischer oder burgundischer Perspektive geschrieben sind. Nicht nur Worms, auch die anderen alten mittelrheinischen römischen civitates, Mainz und Speyer, sind in dieser Zeit nur schwach dokumentiert. Fränkische Große und merowingische Könige waren aber durchaus am Rhein und darüber hinaus tätig. Erstmals im frühen Mittelalter wird Worms in der Chronik des so genannten Fredegar erwähnt, eines burgundischen Autors, der wohl um 658/60 schrieb: Königin Brunichilde floh 613 mit ihren Urenkeln, den Söhnen des verstorbenen Königs Theuderich, vor den Anhängern König Chlothars II. nach Worms, um von hier aus Hilfe von den »Völkern

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jenseits des Rheins« 13 zu bekommen, jedoch ohne Erfolg: Brunichilde wurde wenig später gefangen genommen und grausam hingerichtet. Die Erinnerung an diese herausragende Frauengestalt der Merowingerzeit scheint sich jedoch gehalten zu haben, wie die Gestalt der Brunhilde in der Nibelungensage zeigt 14. Auch die Bischöfe der Merowingerzeit sind kaum bekannt; insgesamt kennt man aus fünf Quellenstellen, von denen jede für sich problematisch ist, vier Bischöfe. Nachdem sich Chlothar II. 614 als einziger fränkischer König durchgesetzt hatte, berief er eine Reichsversammlung und eine Synode in Paris ein; die Beschlüsse der Synode wurden unter anderem vom Wormser Bischof Berthulf unterschrieben. Dies ist die erste Erwähnung eines Wormser Bischofs und Bistums 15; im gleichen Dokument findet sich auch zum ersten Mal ein Speyerer Bischof. Berthulfs germanischer Name deutet darauf hin, dass er eher Franke als Romane war; mehr ist über ihn nicht bekannt. Auch über seine Nachfolger wissen wir nur wenig, da uns eine zuverlässige Bischofsliste fehlt und wir deshalb auf zufällige Erwähnungen in den seltenen Quellen angewiesen sind. Bischof Amandus ist nur aus der oben erwähnten Urkunde König Dagoberts von angeblich 628 bekannt. Sie beruht wohl auf einer echten Vorlage, die aber eher Dagobert III. (711–715) zuzuweisen ist16; es wäre auch möglich, dass Dagobert I. tatsächlich eine Immunitätsurkunde für einen Bischof Amandus von Worms ausstellte 17. Sein Name ist identisch mit dem eines bekannten Missionars, der im späteren 7. Jahrhundert vor allem im Gebiet des heutigen Belgiens tätig war und schon bald als Heiliger verehrt wurde. Auch wenn mit der Möglichkeit gerechnet werden muss, dass die Erinnerung an den Missionar mit der an den Wormser Bischof verschmolz, deuten das seltene Patrozinium der 1007 erstmals bezeugten Amanduskirche und seine Verehrung als Patron des Bistums und der Stadt auf eine lokale Tradition hin 18. Wimpfen am Neckar, ein Stift in Wormser Besitz, führt seine Gründung im 13. Jahrhundert auf einen Bischof Chrodoald von Worms zurück 19. Eine Urkunde für das Kloster St. Dié in den Vogesen aus der Zeit zwischen 662 und 675 wurde von zahlreichen Bischöfen bezeugt; neben den leicht zu identifizierenden Bischöfen von Speyer, Metz, Toul, Verdun, Straßburg und Trier findet sich in der Urkunde ein Chroabald 20. Da bis auf Mainz und Worms sonst wohl alle Bistümer der Umgebung vertreten waren, ist dies möglicherweise eine verschriebene Version des Namens Chrodoald, der somit im 7. Jahrhundert Bischof von Worms gewesen sein könnte. Der nächste bekannte Bischof, Rupert, ist in Worms urkundlich nicht belegt. Als Gründungsheiliger von Salzburg hat er im späten 8. Jahrhundert eine Lebensbeschreibung erhalten, von der zwei in einigen Details unterschiedliche Versionen überliefert sind21. In beiden Viten wird berichtet, dass er Bischof von Worms war, aus königlichem Geschlecht stammte und auf Einladung des bayerischen Herzogs Theodo wohl 696 nach Regensburg ging. Historiker haben daraus geschlossen, dass er möglicherweise in Opposition zum aufstrebenden karolingischen Hausmeier Pippin dem Mittleren stand. Während die ältere Version A davon spricht, dass er die Bayern im Glauben bestärkte, geht die Vita B davon aus, dass er als Missionar tätig war 22. Beide berichten, dass er im Land umherreiste und schließlich vom Herzog die alte Stadt Salzburg erhielt, wo er mehrere Kirchen und Klöster gründete 23. Als Ausstattung erhielt er Güter, die weit über die Schen-

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kungen an die anderen Bistümer Bayerns hinausgingen und die unter anderem dazu führten, dass Salzburg zum wichtigsten bayerischen Bistum und schließlich 782 Erzbistum wurde24. Wahrscheinlich um 712 kehrte Rupert kurzzeitig in seine Heimat zurück, laut den Viten, um dort Gefährten für seine Arbeit in Bayern zu finden; möglicherweise besteht aber auch ein Zusammenhang mit der Schwächung des alten Hausmeiers Pippin in dieser Zeit. Mit zwölf Anhängern und einer verwandten, Gott geweihten Jungfrau namens Erintrud kam er zurück nach Salzburg. Nach Vita B, die in diesem Fall glaubwürdig erscheint, kehrte er vor seinem Tod nach Worms zurück, wo er nach 715 verstarb25; seine Gebeine wurden wohl 774 von Bischof Arn nach Salzburg überführt. Auffälligerweise wurde er, vielleicht aus Rücksichtnahme auf das kanonische Recht, das es einem Bischof verbietet, ein weiteres Bistum zu übernehmen, nie als Bischof von Salzburg bezeichnet, obwohl er klar als Gründungsfigur des Bistums dargestellt ist. Auch in Worms hielt sich eine lokale Rupert-Tradition, wie die allerdings erst 1140 bezeugte Kirche St. Rupert zeigt26. Während in Gallien und Italien die Grenzen der römischen civitates, der römischen Verwaltungseinheiten um eine Stadt herum, allgemein für das Bistum beibehalten wurden, war die Kontinuität dafür am Rhein zu gering. Rechtsrheinisch, im Gebiet bis zum Limes, wo die römische Ordnung schon im 3. Jahrhundert zerfiel, mussten neue Gebiete und Einflussbereiche erschlossen werden, die sich wohl erst nach dem Tod des Bonifatius im Jahr 754 festigten. Man kann sogar die Entwicklung der Bistumsgrenzen als eine Art »Wettlauf« der Bistümer Mainz, Trier, Worms und Speyer um die von kirchlicher Organisation noch unberührten rechtsrheinischen Gebiete deuten27. Trier orientierte sich an der Lahn, während Mainz dem Lauf des Mains folgte, aber auch weit nach Süden ausgriff, sodass das unmittelbare rechtsrheinische Vorland von Worms zur Mainzer Diözese gehörte; daher lag auch das später wichtige Kloster Lorsch nicht im Wormser Bistum. Die Wormser Diözese entwickelte sich, wie die Forschung aus der Besitz- und Patroziniengeschichte schließt, am Neckar entlang28 und hatte um 670, wenn die Wimpfener Gründungstradition einen historischen Kern hat, schon Wimpfen erreicht29. Auch die Wormser Position in Ladenburg, einem alten römischen Vorposten, die erst im 10. Jahrhundert gesichert ist, wird weiter zurückreichen, kann aber nicht über die gefälschte Dagoberturkunde auf 628 zurückgeführt werden30. Ladenburg scheint aber, wie die Bezeichnung als civitas publica, die Benennung des Lobdengaus und zahlreiche Urkundenausstellungen dort zeigen, eine zentrale Rolle im Gefüge der Region im frühen Mittelalter innegehabt zu haben. Ab 742 wurde die weitere Entwicklung des Bistums nach Osten durch die Gründung des Bistums Würzburg durch Bonifatius verhindert. Es ist nun auffällig, dass die gleichzeitig gegründeten Bistümer Büraburg (bei Fritzlar) und Erfurt, die die Mainzer Diözese nach Osten abgeschlossen hätten, nach der Ernennung des Bonifatius zum Mainzer Bischof oder spätestens unter seinem Schüler und Nachfolger Lull wieder untergingen und in das Bistum Mainz integriert wurden, während Würzburg bestehen blieb. Wir kennen den Wormser Bischof zur Zeit des Bonifatius nicht; er ist jedoch nicht als Teilnehmer der Reformkonzilien bezeugt, die Bonifatius in den 740er Jahren im Frankenreich abhielt. Daher liegt der Verdacht nahe, dass der Wormser Bischof, wie seine Mitbischöfe Milo von Trier und Gewilib von Mainz und wahrscheinlich auch der gleichfalls

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Karte 5: Das Bistum Worms im Mittelalter

unbekannte Speyerer Bischof zu den Gegnern des Bonifatius zählte. Diese »falschen Priester«, wie sie in den Akten der Reformsynoden und in den Briefen des Bonifatius bezeichnet werden, vergnügten sich auf der Jagd, hielten Falken und Hunde, nahmen an Kriegszügen teil – pflegten also eine aristokratische Lebensweise wie ihre weltlichen Brüder; Bischof Gewilib von Mainz soll gar Blutrache geübt haben31. In diesem Fall wäre es nicht verwunderlich, wenn Bonifatius oder Lull dafür gesorgt hätten, dass Worms im Osten nicht weiter expandieren konnte, um damit die Früchte der jahrzehntelangen Missions- und Reformarbeit des Bonifatius und seiner Schüler im mainfränkischen Raum zu ernten. Aber auch schon vor Bonifatius scheint das Bistum eine schwache Stellung im Vergleich mit den Nachbarn gehabt zu haben, denn nach Westen entwickelte es sich lediglich entlang der wichtigen Straße nach Metz bis zur Kaiserslauterner Senke, wurde aber auch hier eingeengt von Speyer und Mainz. So ergab sich die eigentümliche Sichelform des Bistums mit einer Ausbuchtung links des Rheins nach Norden32. Bemerkenswert ist auch, dass sich in der Wormser Diözese keine so bedeutsamen Klöster wie in den Nachbardiözesen Speyer (Weißenburg, Klingenmünster), Mainz (Lorsch, Hersfeld), Metz (Hornbach) und Würzburg (Fulda) entwickelten. Für die Zeit bis 1000 kennt man in der Diözese nur wenige kleinere Klöster: Heiligenberg, eine Lorscher Props-

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tei, die um 882 gegründet wurde und bald wieder unterging, das Kloster Ellwangen in Schrießheim, das wohl im 10. oder 11. Jahrhundert gegründet wurde und die Gorzer Filiale St. Georgenberg in Pfeddersheim33. Das lothringische Kloster Gorze, aus dem auch die ersten Mönche des Klosters Lorsch kamen, hatte bereits 793 eine Kirche in Pfeddersheim; die Entstehungszeit des Priorats, das erst 1156 belegt ist, könnte im 10., aber auch im 12. Jahrhundert liegen34. Das Wormser Frauenkloster Nonnen- oder Mariamünster, angeblich eine Gründung Ludwigs des Frommen35, ist zuerst 1016 belegt, wurde also auch wahrscheinlich vor 1000 gegründet. Die geringe Prominenz der Wormser Bischöfe der Merowingerzeit in den Quellen scheint also auch die Schwäche ihrer Position widerzuspiegeln. Weniger noch als über die Bischöfe können wir über die anderen Bewohner der Stadt und des Umlandes sagen, von denen so gut wie kein einziger Name bekannt ist. Auch über die Stadt selbst ist fast nichts bekannt; ja sie wird in den Quellen kaum einmal genannt, doch sollte sich dies bald ändern.

Worms im Karolingerreich Worms als politisches Zentrum unter Pippin und Karl dem Großen (751– 814) Ob es in der Merowingerzeit eine Pfalz in Worms gab, ist trotz des Aufenthalts der Brunichilde und ihrer Urenkel im Jahr 613 unsicher; die früher angenommene Existenz einer merowingischen Pfalz beim späteren Cyriacusstift in Neuhausen wird in der Forschung seit langem abgelehnt36. Pippin, der erste Karolinger auf dem Thron, berief 764 eine Reichsversammlung nach Worms ein. Nachdem Karl der Große 770 hier erstmals seinen Hoftag abgehalten hatte, wurde Worms zu einem Zentrum der politischen Macht, das erheblich von seiner strategisch günstigen Lage profitierte: Über den Rhein und über die Straße aus dem alten fränkischen Kernland von Paris und Metz, eine Verbindung, die bereits Brunichilde genutzt hatte, war Worms leicht zu erreichen und verband den fränkischen Kernraum mit den alemannischen, hessischen und thüringischen Gebieten. In dieser Zeit muss hier auch eine leistungsfähige Pfalz mit der nötigen Infrastruktur existiert haben, denn von 770 bis zum Brand der Pfalz im Winter 790/791 fanden hier insgesamt acht Hoftage statt (770, 772, 776, 781, 784, 786, 787, 790)37. Auf den Reichsversammlungen oder Hoftagen, bei denen sich das Heer – dem zumindest ideell alle freien, erwachsenen, männlichen Franken angehören sollten – und die Großen versammelten, wurden politische Entscheidungen getroffen und bekannt gegeben; es wurde Gericht gehalten, Urkunden wurden ausgestellt, Ämter neu vergeben; auch empfing der Herrscher die jährlichen Geschenke seiner Getreuen und Gesandtschaften aus nahen und fernen Ländern: aus Byzanz, von den Sarazenen aus Spanien, aus Jerusalem oder gar aus Bagdad. Die Besuche fremder Gesandter dienten nicht nur diplomatischen Verhandlungen, in denen Grenzverläufe festgelegt, Freundschaftsbündnisse geschlossen oder Unterwerfungen zelebriert wurden. Sie waren auch Ereignisse, bei denen der König seinem Volk wie den Vertretern aus der Ferne seine Macht und Stärke demonstrieren konnte38. Über den Zeit-

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vertreib auf solchen Reichsversammlungen erfahren wir durch Nithard, einen Enkel Karls des Großen, der von einem längeren Aufenthalt der Könige Karl (»der Kahle«) und Ludwig (»der Deutsche«) mit ihren Heeren im Jahr 842 in Worms berichtet 39. Dort hätten die Brüder häufig friedliche Kampfspiele durchgeführt, bei denen vor Zuschauern Mannschaften aus den verschiedenen Völkern des Reichs gegeneinander antraten; auch die Könige selbst nahmen teil. Da die Versammlungen im Frühjahr häufig Kriegszüge einleiteten, könnte die Entscheidung Karls, 770 das Heer nach Worms zu rufen, mit dem sich zuspitzenden Konflikt mit seinem Bruder Karlmann zusammenhängen. Seit dem 9. Oktober 768 teilten sich die Brüder die Herrschaft über das Frankenreich. Karlmann hielt sich 770 im elsässischen Selz auf, das heißt relativ nahe der Grenze der Teilreiche, die südlich des Speyergaus verlief, und es ist gut möglich, dass sich beide Könige belauerten. Der Konflikt zwischen den Brüdern, in dem ihre Mutter Bertrada zu vermitteln suchte, brach nicht mehr offen aus, weil Karlmann schon 771 starb. Mit der Versammlung von 772 in Worms begann Karl den ersten Heereszug nach Sachsen, der mit der Eroberung der Eresburg und der Zerstörung des Heiligtums Ermensul an der Diemel endete. Es war der Auftakt der Sachsenkriege, die mit einigen Unterbrechungen über 30 Jahre andauern sollten. Möglicherweise ließ Karl um diese Zeit die so genannte Wormser Straße anlegen, die von Worms über Hofheim, Biblis, Rohrheim und Gernsheim zum Königshof Frankfurt verlief 40. Nachdem die Eresburg von den Sachsen zerstört worden war, fand nach einem Hoftag in Worms 776 erneut ein Feldzug nach Sachsen statt, der, wie uns die fränkische Geschichtsschreibung (die einzige, die wir für diese Zeit haben) berichtet, ebenfalls siegreich war. Im Jahr 781, bei der nächsten Versammlung in Worms, ging es unter anderem um die seit langem gespannten Beziehungen zwischen Bayern, dessen Herzog Tassilo seinen Anspruch auf eine königsgleiche Herrschaft betonte, und der fränkischen Reichsgewalt. Tassilo musste nun dem seit seinen Erfolgen in Italien und Sachsen übermächtig gewordenen Karl in Worms die Treue schwören. Nach einem gescheiterten Versuch, mit Hilfe des Papstes Schutz vor Karl zu erlangen, musste er seinen Eid 787 wiederum in Worms erneuern und darüber hinaus seinen Sohn Theodo als Geisel stellen. 788 wurde ihm schließlich in Ingelheim unter einem Vorwand der Prozess gemacht; er wurde abgesetzt, in Klosterhaft genommen und Bayern ins Frankenreich integriert 41. 783 feierte Karl in Worms seine Hochzeit mit der Ostfränkin Fastrada; ein Jahr später war Worms der Ausgangspunkt eines Winterfeldzuges nach Sachsen; 786 wurden Karl in Worms die Anführer der von seinem Seneschall Audulf geschlagenen Bretonen übergeben und 790 hielt sich Karl sogar fast das ganze Jahr in Worms auf. Während sein Vater Pippin den Winter meist in den westlichen Reichsteilen verbracht hatte, spiegelt sich die wachsende strategische und wirtschaftliche Bedeutung des Mittelrheins und der großen Pfalz Worms auch in den Winteraufenthalten Karls wider: Dreimal – 779/80, 789/90 und 790/791 – verbrachte Karl den Winter in Worms und feierte dort Weihnachten und Ostern. Diese Winteraufenthalte spielten eine wesentliche Rolle in der fränkischen Politik, auch wenn sie in den Quellen meist mit lapidaren Formulierungen abgehandelt werden. Wie wir von Hinkmar von Reims wissen, der unter explizitem Rückblick auf die Verhältnisse unter Karl dem Großen berichtet, versammelten sich dort die

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engsten Berater des Königs, die Großen des Reichs, und planten die Angelegenheiten des kommenden Jahres, etwa Kriegszüge. Die Beschlüsse in kleinem Kreise sollten allerdings den Franken auf den großen Versammlungen im Frühjahr so präsentiert werden, dass diese den Eindruck erhielten, an der Entscheidung mitgewirkt zu haben42. Nach einem Brand der Pfalz im Winter 790/91 verlor Worms seine herausragende Stellung als Pfalzort, wenn auch offenbar nur ein Teil der Gebäude abbrannte und Karl noch bis Ostern in Worms blieb43. In der Folge wurde Aachen massiv ausgebaut und stieg nach der Kaiserkrönung im Jahr 800 zur kaiserlichen »Residenz« auf; hier ließ sich Karl der Große begraben; unter den Karolingern war es neben Rom sedes regni und wurde im hohen und späten Mittelalter regelmäßiger Krönungsort der deutschen Könige. Leider führt die gestiegene Bedeutung von Worms unter Karl dem Großen nicht dazu, dass wir etwas über das städtische Leben erfahren. Selbst über die Bischöfe wissen wir nur wenig. Ermbert, wahrscheinlich ein »Rupertiner« 44, Bischof von Worms spätestens 764 – 793 und zugleich Abt von Weißenburg45, ist der erste Wormser Bischof, von dem wir wissen, dass er im Auftrag des Königs tätig war: 769 nahm er als einer von zwölf fränkischen Bischöfen am Laterankonzil teil46. Bischof Bernhar (vor 799–826), spätestens seit 811 auch Abt von Weißenburg, war ebenfalls 809 beim Papst in Rom, um im Auftrag Karls theologische Streitfragen zu besprechen47. 813 nahm er an der Mainzer Synode teil, einem der großen Reformkonzilien dieses Jahres48. Über Größe und Aussehen der Stadt können wir nichts sagen; nicht einmal die Lage der Pfalz in der Stadt ist sicher. Lediglich zwei der diskutierten fünf Standorte49 kommen mit guten Gründen infrage: Der spätere Bischofshof am Dom, der 1689 abbrannte, und der Vorläufer der salischen Burg, an deren Stelle Bischof Burchard 1016 das St. Paulusstift errichten ließ50. Vermutlich aber hatte der Bischof seine Residenz schon in frühester Zeit direkt am Dom; wenn spätere Könige und Kaiser bis hin zu Maximilian und Karl V. im Bischofshof residierten, ist dies kein Beweis, dass er ursprünglich Königsgut war; spätestens seit Heinrich II. war es üblich geworden, dass die Könige in Bischofsstädten beim Bischof zu Gast waren. Eher kommt die Grafenburg der Salier infrage, sie dürfte auf ehemaligem Reichsgut errichtet worden sein und lag zudem wie andere Stadtpfalzen an der Stadtmauer51. Der letzte Beleg für einen öffentlichen/königlichen Palast (Wormatiae palatio publico), eine Urkunde Bischof Annos, die zwischen 962 und 979 ausgestellt wurde, erlaubt keine eindeutige Aussage über die Lage 52.

Das Reichsgut in Stadt und Umland In karolingischer Zeit dominierte in Worms der König bzw. Kaiser. Davon zeugen nicht nur die zahlreichen Herrscheraufenthalte, sondern auch die Tatsache, dass Worms in den Königsurkunden häufiger civitas publica, das heißt öffentliche oder königliche Stadt, genannt wird53. Lediglich zwei weiteren Städten, Orléans und Pavia, wurde die gleiche Ehre zuteil; in Mainz und anderen Städten begegnet die Bezeichnung nur in Privaturkunden. Wir wissen zudem aus dem »Lorscher Reichsurbar«, einem Abgabenverzeichnis von Reichsgut am Mittelrhein von ungefähr 830, dass der Landbesitz der Könige in Worms sehr umfangreich war: Er umfasste 171 Tagwerke Ackerland, das sind etwa 43 ha, Wie-

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senland mit einem Ertrag von 150 Wagenladungen Heu; hinzu kommen auf der Maaraue (Pferdeweide) gegenüber von Worms Wiesen mit einem Ertrag von 400 Wagenladungen Heu sowie Weingärten mit einem Ertrag von 300 Wagenladungen54. Von privatem Landbesitz in der Stadt zeugen die freilich nicht sehr zahlreichen Schenkungen von Privatleuten an die Klöster Lorsch und Fulda55. Längere Aufenthalte des Königs und seines Hofstaats, etwa bei einer Überwinterung, oder gar bei Reichsversammlungen, an denen mehrere tausend Leute teilnahmen, waren nur möglich, weil Worms in ein leistungsfähiges Versorgungssystem eingebunden war.

Karte 6: Worms und sein Umland im 10. Jahrhundert

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In der näheren und weiteren Umgebung der Stadt lagen zahlreiche Königshöfe, die Getreide, Fleisch, Wein, Bier, Holz, Wachs und viele andere Produkte zur Versorgung des Königshofs lieferten. Das Lorscher Reichsurbar nennt königliche Besitzungen unter anderem in Gernsheim im Ried, Mörstadt, Nierstein, Biblis, Bürstadt, Alsheim, Trebur, zu denen zum Teil wiederum Nebenhöfe gehörten, aber auch an zahlreichen anderen Orten 56. Manche dieser Orte mit großen Königshöfen, vor allem Nierstein und Gernsheim, scheinen sich ausschließlich in der Hand des Königs befunden zu haben, in den meisten Orten aber war die Besitzstruktur gemischt57. Leider wissen wir nur wenig darüber, wie die gewaltigen Gütermengen nach Worms gelangten, fehlen doch im Lorscher Reichsurbar Angaben über Transportleistungen. Aber auch die Hintersassen des Klosters Weißenburg mussten Transportleistungen an die Königshöfe nach Mainz, Frankfurt und Worms erbringen, möglicherweise als Gegenleistung für königliche Schenkungen an das elsässische Kloster58. Es ist sicherlich kein Zufall, dass alle Pfalzen des Mittelrheingebiets, außer Worms waren dies vor allem Frankfurt, Ingelheim, Trebur und Mainz, in unmittelbarer Nähe der großen Flüsse Rhein und Main lagen; sie waren die billigsten und leistungsfähigsten Transportwege. Wir wissen für das 9. Jahrhundert von einem regen Fern- und Nahhandel auf dem Rhein. Auch Worms hatte selbstverständlich einen Hafen, erstmals 858 genannt59, der aber sicherlich älter ist und über den ein Großteil der Versorgung der Pfalz gelaufen sein wird. Aus dem Güterverzeichnis der Abtei Prüm in der Eifel von 893, das für jeden Ort genau den vorhandenen Besitz des Klosters und die ihm zustehenden Leistungen verzeichnet, wird deutlich, wie komplex die Organisation einer großen Grundherrschaft war. Zu den Diensten der abhängigen Bauern gehörten auch Arbeiten an weit entfernten Orten und Transportleistungen, selbst über große Strecken. Aus Dienheim, südlich von Oppenheim, etwa mussten Leute zur Heumahd nach Altrip bei Mannheim geschickt und Transportdienste in das 50 km nördlich gelegene St. Goar geleistet werden, während zur Weinlese Prümer Hintersassen aus dem pfälzischen Geinsheim nach Dienheim gehen mussten60. Das Königsgut musste überdies noch flexibel genug organisiert sein, um den wechselnden Bedarf des Hofes an verschiedenen Orten zu decken.

Das Umland Eine spezifische Bindung des Umlands an die Stadt wird in der Bischof Thietlach zugeschriebenen Mauerbauordnung deutlich. Dort sind unter anderem die Orte genannt, die einen Beitrag zur Erhaltung der Wormser Stadtmauer zu leisten hatten. Dabei handelt es sich um die Dörfer den Rhein entlang entsprechend der Bistumsgrenzen von Dienheim im Norden bis Oggersheim und Hemmingesheim (wüst bei Friesenheim) im Süden, sowie die Orte am Oberlauf der Pfrimm, den Eisbach entlang bis Mertesheim und den Karlbach entlang bis Kirchheim a.d. Weinstraße61 (vgl. Karte 6). Fast alles, was wir ansonsten über das Umland wissen, verdanken wir der urkundlichen Überlieferung von Lorsch (gegründet 764) und Fulda (gegründet 744), in geringerem Maße auch Weißenburg, Hersfeld und Prüm, während die Urkunden für die Wormser Bischofskirche fast alle verloren sind62: Namen der Schenker, Zeugen und Nachbarn, Zahl

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und Namen der geschenkten Unfreien, Besitzgröße und ansatzweise die landwirtschaftliche Struktur. Der Umfang der Schenkungen reichte von einem Weingarten oder einem Tagewerk (ca. 0,25 ha) Ackerland bis hin zu riesigen Gutskomplexen mit über einhundert, über mehrere Orte verteilten Unfreien. Als einzige Motivation ist in den Quellen das Seelenheil der Schenker oder bestimmter Begünstigter genannt; dies ist auch durchaus ernst zu nehmen, schließt aber andere Gründe nicht aus: Oftmals wurde das verschenkte Land als so genannte Prekarie, zum Teil noch vermehrt um andere Güter des Klosters, sofort wieder an den Schenker verliehen, der nun zwar nicht mehr der Eigentümer des Guts war, sich aber möglicherweise wirtschaftlich verbessert hatte. Von der Schenkung an die Klöster versprach man sich den Schutz der Heiligen, die ja eigentliche Empfänger der Schenkung waren und den durchaus weltlichen Schutz des mächtigen Abtes gegen die in dieser Zeit belegten Unterdrückungsversuche der Großen63. Freilich übten auch mächtige Geistliche, Bischöfe und Äbte Druck aus, um Schenkungen zu erhalten 64. Zu den Orten, die in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts erstmals in den Quellen genannt werden, gehören auch fast alle heutigen Wormser Stadtteile, in denen Landschenkungen vor allem an Lorsch gemacht wurden. In der Wormser Diözese finden sich mit (Mannheim-)Seckenheim, (Heidelberg-)Handschuhsheim und Dienheim bei Oppenheim drei Orte, die zu den am besten belegten Dörfern der Karolingerzeit überhaupt gehören. Während für Seckenheim 58 und für Handschuhsheim immerhin 120 Schenkungen an Lorsch bekannt sind, summieren sich die Schenkungen, die in Dienheim an Lorsch, Fulda, vereinzelt auch an Prüm und Hersfeld gingen, auf 153 65. Diese Zahl wird von keinem anderen Dorf der Karolingerzeit in Europa erreicht und bietet die einmalige Gelegenheit, die innere Struktur eines Dorfes dieser Zeit zu untersuchen. Über den Zeitraum von etwa drei Generationen, von 754 bis 840, sind die Namen von mindestens 215 Landbesitzern in Dienheim bekannt, vom König bis zum kleinen Bauern. Die Größe der königlichen Villa, das heißt des Hofs, der 782 an Fulda geschenkt wurde, und die Anzahl der darauf lebenden Menschen sind leider unbekannt, werden aber wahrscheinlich keinen geringen Teil der Bevölkerung ausgemacht haben. Auch Angehörige der großen Familien des Wormser Raums und des Mittelrheingebiets waren hier begütert, insbesondere die Mitglieder der Familie der Rupertiner 66 in Person eines oder mehrerer Grafen Rupert und der Gott geweihten Rachilt67. Auch zahlreiche geistliche Herren und Institutionen, wie Bischof Freido von Speyer, Bischof Richbod von Trier, der zugleich Abt von Lorsch war, die Klöster St. Alban in Mainz und St. Maximin in Trier hatten Besitz in Dienheim. Daneben sind dort auch solche Menschen bezeugt, die entweder gar nicht außerhalb des Dorfs oder nur in der unmittelbaren Umgebung auftraten. Sie scheinen in Dienheim ansässig gewesen zu sein, wie auch die über 140 Unfreien, die wir zum größten Teil namentlich kennen, weil über sie bei Besitzschenkungen mitverfügt wurde. Der Grundbesitz war also sehr zersplittert und lag, wie Anliegernennungen zeigen, bunt durcheinander verstreut in der marca. In den Weinbaugebieten des Wormser Raums bestand eine landwirtschaftliche Einheit, die von einer freien oder unfreien Bauernfamilie bewirtschaftet wurde, in der Regel aus etwa zwei bis sieben Weingärten, die einen Ertrag von je ein oder zwei Wagenladungen Wein hatten, und 10 bis 20 iurnales, das heißt Tagwerken Ackerland, also ca. 2,5 bis 5 ha, mitsamt einigen Wiesen 68.

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Über die Größe der Siedlungen und die Zahl der Einwohner sind kaum allgemeine Aussagen möglich. Obwohl es sicherlich auch kleinere Siedlungen gab, so ergibt sich doch in vielen Orten mit einer ausreichenden Überlieferung eine Anzahl von ca. 20 bis 30 Betriebsstätten69, in Dienheim dürften es sogar 60 gewesen sein70. Auch wenn das frühmittelalterliche Dorf im Wormsgau im Wesentlichen landwirtschaftlich geprägt war, so darf man sich doch keine romantischen Vorstellungen von einer relativ statischen, ortsgebundenen, hauptsächlich durch Subsistenzwirtschaft geprägten Lebensweise machen. Es überrascht nicht, wenn wir auch im Wormser Raum Anzeichen für regen Handel finden71. In Dienheim wie in der Wüstung Zullestein nahe Lorsch gab es Rheinhäfen oder zumindest Fähren; in Dienheim sind um 800 Waage und Zoll belegt72, während es im benachbarten Alsheim in merowingischer Zeit sogar eine Münzprägestätte gab73; Ladenburg scheint ein wirtschaftliches Zentrum gewesen zu sein.

Worms unter Ludwig dem Frommen und seinen Söhnen (814 – 843) Auch im frühen 9. Jahrhundert blieb Worms ein Ort von herausragender Bedeutung, wenn Ludwig auch wie sein Vater in der späten Zeit nur selten hierhin kam. 821 schickte er jedoch seinen Sohn und Mitkaiser Lothar nach dessen Hochzeit mit Irmingard nach Worms um zu überwintern, ein klarer Hinweis darauf, dass die Pfalz bewohnbar und leistungsfähig war. 828 befand sich Ludwig selbst kurz in Worms und hielt hier im August 829 eine Reichsversammlung ab. Dort empfing er die jährlichen Geschenke seiner Großen, traf sich mit Gesandten aus Rom und dem süditalienischen Herzogtum Benevent, aber auch aus weiter entfernten Ländern. Gemeinsam mit seinem Sohn Lothar stellte er am 11. September eine Urkunde aus, in der er der Wormser Kirche unter ihrem Bischof Folkwin den Zoll aller nach Worms kommenden Kaufleute, Händler und Friesen überließ74. Die Söhne Karl (»der Kahle«) und Ludwig (»der Deutsche«) waren ebenfalls anwesend, denn nach Thegan, Verfasser einer Vita Ludwigs, wurde dem jüngsten Sohn Karl, der zu diesem Zeitpunkt erst sechs Jahre alt war, ein Stück des Reichs zugesprochen. Anders als dessen Halbbrüder Lothar, Ludwig und Pippin, die mit Italien, Bayern und Aquitanien periphere Reichsteile bekommen hatten, sollte Karl hier mit Rätien, Alemannien und Burgund zentrale Teile des Reichs erhalten. Dies habe seinen Halbbrüdern ebenso wenig gefallen wie die Tatsache, dass nun ein weiterer Königssohn nach dem Tod des Vaters Ansprüche stellen würde75. Auch die zweite Vita Ludwigs berichtet, dass die Unzufriedenheit der älteren Söhne, die bald zum Aufstand gegen den Vater führen sollte, hier ihren Ausgang nahm 76. In dem seit dem Frühjahr 830 über den Tod Kaiser Ludwigs 840 hinaus geführten Bürgerkrieg kämpften der Kaiser und seine vier Söhne in ständig wechselnden Koalitionen und mit ebenso wechselndem Erfolg gegeneinander. Im Jahr 833, als der Kaiser sich über Ostern und Pfingsten in Worms aufhielt, berief er alle Bischöfe des Reichs zu sich und zog von dort ins Elsass, wo ihn auf dem so genannten Lügenfeld sein Heer verließ und er sich seinen Söhnen vorläufig geschlagen geben musste. Im September 836, als wieder eine Reichsversammlung nach Worms berufen wurde, hatte der alte Kaiser die Oberhand, während der junge Kaiser Lothar es vorzog,

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unter dem Vorwand einer Krankheit fernzubleiben. Nach dem Tod Pippins 838 hatte sich das Blatt wieder gewendet: 839 wurde das Reich König Ludwigs auf Bayern beschränkt, während der inzwischen volljährige Karl und Lothar von ihrem schon 61-jährigen Vater jeweils eine Hälfte des gesamten restlichen Reichs erhielten; der Wormsgau sollte mit dem gesamten Ostteil an Lothar gehen. Als Lothar nach dem Tod des Vaters 840 im Einklang mit der ursprünglichen Reichsordnung von 817 seine Vorherrschaft über die jüngeren Brüder durchsetzen wollte, wehrten sich Karl und Ludwig. Lothar konnte schnell die rechtsrheinischen Gebiete unter seine Kontrolle bringen und sich in Mainz festsetzen. 841 gelang es ihm, von Worms aus den Rhein zu überqueren und nach Osten vorzudringen. Ludwig aber schlug ihn zurück und besiegte ihn vorentscheidend gemeinsam mit Karl bei Fontenoy im nördlichen Burgund in der angeblich blutigsten Schlacht, die jemals unter Franken geschlagen wurde. Dennoch konnte sich Lothar zunächst in Worms halten und dort die Hochzeit seiner Tochter feiern. Im folgenden Jahr, 842, wurde er von hier vertrieben. Die Heere Karls und Ludwigs trafen sich zunächst in Straßburg, wo die berühmten Straßburger Eide in romanischer (lingua romana) und deutscher (lingua theodisca) Sprache geschworen wurden, und zogen dann nach Worms, Ludwig den Rhein entlang, Karl über Weißenburg. Von Worms aus verhandelten die Könige mit Lothar. Schließlich wurde 843 in Verdun das Reich geteilt: Ludwig (»der Deutsche«) erhielt das Gebiet rechts des Rheins und die Bistümer Mainz, Worms und Speyer, »wegen der Menge an Wein«, wie der Chronist Regino von Prüm Jahrzehnte später notierte – wohl ein Versuch, einen Grund für die auffällige Abweichung von der Flussgrenze zu finden 77. Welches Schicksal Worms und sein Umland in diesen kriegserfüllten Jahren hatte, berichtet keine Quelle – mit Ausnahme der Xantener Annalen, die über Verwüstungen des Wormsgaus im Jahr 842 berichten. Auch wenn es hier zu keinen Schlachten zwischen den Brüdern gekommen war, so muss man doch davon ausgehen, dass Stadt und Region durch die häufigen und lang andauernden Königsaufenthalte und die durchziehenden Heere schwer belastet wurden. Die Nachrichten der Annalen 78 sind daher ernst zu nehmen. Außer den direkten Folgen der Kriegszüge sind die politischen Auswirkungen zu beachten, denn die sich ständig verändernden Machtverhältnisse und Koalitionen zwangen die Großen der Region zu schwierigen Entscheidungen. Wollten sie ihre Position ausbauen oder auch nur wahren, durften sie nicht auf den falschen Kandidaten setzen. Die »Rupertiner« zum Beispiel, die einst das Kloster Lorsch gegründet hatten und mehrmals als Grafen im Wormsgau und Oberrheingau tätig waren, verschwinden zwischen 837 und 840 aus den Quellen des Mittelrheingebiets. Dafür taucht um diese Zeit ein Rupert/Robert im westlichen Teil des Frankenreiches auf, wahrscheinlich der in einer Urkunde für Mettenheim von 83479 genannte Rubertus filius Ruberti comitis (Rupert, Sohn des Grafen Rupert). Trifft diese Identifikation zu, so liegt die Annahme nahe, dass er sich während der Bürgerkriege für Karl entschied und deshalb in dessen westfränkisches Reich abwanderte, wo er als Robert der Tapfere und Stammvater des späteren Königsgeschlechts der Kapetinger in die Geschichte eingehen sollte 80. Auch die Wormser Bischöfe mussten sich für eine Seite entscheiden. Bischof Bernhar (vor 799–826) war von den Kämpfen noch nicht tangiert. Er hatte gute Beziehungen zum

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Kaiser und zu dessen Söhnen und war unter Ludwig als missus (Königsbote – eine von Karl dem Großen institutionalisierte Kontroll- und Gerichtsinstanz) in der Mainzer Kirchenprovinz tätig81. Noch vom Totenbett aus schrieb er einen Brief an Einhard, den Biografen Karls des Großen, um Unterstützung für seinen Wunsch zu finden, Folkwin als seinen Nachfolger in Weißenburg – angeblich wünschten dies auch die Weißenburger Mönche – und wohl auch in Worms einzusetzen82. Der trotz seines Rückzugs vom Hof immer noch einflussreiche Einhard kam diesem Wunsch offenbar nach; jedenfalls wurde Folkwin (826 –nach 830), wahrscheinlich ein Verwandter Bernhars, trotz seiner Jugend sein Nachfolger in Worms und Weißenburg83. Über ihn, der nach 830 gestorben (oder abgesetzt worden) sein muss, erfahren wir nur wenig. Sein Nachfolger Samuel (vor 840 – 856)84, der 837 Abt von Lorsch und wohl wenig später Bischof von Worms wurde, entschied sich dagegen wie sein Freund Hrabanus Maurus, der Abt von Fulda, zunächst für die Partei Kaiser Ludwigs und stand nach dessen Tod mit dem größten Teil der kirchlichen Würdenträger auf Seiten Kaiser Lothars85. Gewiss nutzten Karl und Ludwig daher 842 bei ihrem längeren Aufenthalt in Worms auch die Ressourcen des Klosters Lorsch und des Wormser Bistums, denen schließlich ein Parteigänger Lothars vorstand. Samuel war schon als Kind in dieses Kloster gegeben worden und hatte vor seiner Rückkehr in Fulda und in Tours gelebt und gelernt86. Samuels Distanz zu König Ludwig, die auch zahlreiche andere noch im karolingischen Großreich geprägte hohe Geistliche wie Hrabanus Maurus oder Erzbischof Otgar von Mainz zunächst bewahrten, zeigt sich deutlich in der Datierung der Urkunden des Klosters Lorsch: Sie zählten Ludwigs Regierungsjahre ab 84087 und nicht ab 832, wie es Ludwig selbst in seinen Urkunden tat 88. Trotz seiner Vorgeschichte scheint sich Samuel, wie auch Hrabanus Maurus, der 847/48 Erzbischof von Mainz wurde, bald mit der neuen Situation arrangiert zu haben, womöglich im Umfeld der Mainzer Synoden von 847/48, und 852 erhielt er von Ludwig Immunitätsurkunden für das Kloster Lorsch und wohl auch für das Wormser Bistum89.

Worms im ostfränkischen Reich (843 – 911) Auch wenn 843 niemand ahnen konnte, dass mit dem Teilungsvertrag von Verdun eine der »großen Zäsuren der europäischen Geschichte angelegt wurde«90, bedeutete die Reichsteilung von 843 trotz einer kurzzeitigen »Wiedervereinigung« unter Karl III. das Ende des karolingischen Großreichs, und Worms geriet wieder an die Peripherie des (nun ostfränkischen) Reichs. Ludwig der Deutsche (840 – 876) hielt sich häufiger in Frankfurt oder Regensburg auf. Dennoch scheinen in Worms gerade Versammlungen stattgefunden zu haben, die von besonderer Wichtigkeit waren, oder wenn die verkehrsgünstige Lage zum Westfrankenreich genutzt werden sollte. So sammelte Ludwig 858 hier sein Heer, um nach Westen zu ziehen, wo er innere Unruhen dazu ausnutzen wollte, selbst die Herrschaft zu übernehmen. Nachdem er dort politisch und militärisch gescheitert war, kehrte er nach Worms zurück und empfing hier im Sommer 859 westfränkische Gesandte zu Verhandlungen, die auf dem Rhein bei Andernach fortgesetzt und schließlich 860 im Frie-

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den von Koblenz besiegelt wurden. 862 hielt Ludwig noch einmal eine Reichsversammlung in Worms ab, 865 und 866 traf er sich in Worms mit dem päpstlichen Gesandten Arsenius, der im Konflikt zwischen Ludwig und seinen Neffen Ludwig von Italien und Lothar II. vermitteln sollte. Im November 866 fand hier die offizielle Versöhnung zwischen Ludwig und seinem aufständischen Sohn Ludwig dem Jüngeren (876 – 882) statt. Dazu kommen noch Aufenthalte und Reichsversammlungen in der Wormser Region in Trebur (871, 873, 874), Bürstadt (861, 870, 873) und Gernsheim (871). Wichtiger noch als die Herrscheraufenthalte war wohl das Konzil von Worms im Jahr 86891, auf dem fast alle ostfränkischen Bischöfe anwesend waren und Beschlüsse über das Verhalten von Laien und Geistlichkeit fassten 92. Es dürfte kein Zufall sein, dass die ostfränkischen Synoden häufig in den alten Bischofsstädten Mainz (847, 848, 852, 877/78, 888) und Worms (868, 891) stattfanden93, da diese beiden Orte mit (dem unbedeutenden, gar einmal als »Kuhdorf« bezeichneten 94) Speyer die ältesten, womöglich auch größten und am stärksten von der galloromanisch-fränkischen Tradition geprägten Bischofsstädte in Ludwigs Reich waren. Zu diesem Prestige kam wahrscheinlich auch ein höherer Grad an Schriftlichkeit verglichen mit den erst wenige Generationen vorher ins Frankenreich integrierten rechtsrheinischen Gebieten. Beide Faktoren dürften dazu beigetragen haben, dass man hier dem westfränkischen Vorbild zu folgen vermochte, wo sich eine stärker schriftlich geprägte Kultur der Gesetzgebung hielt, von der auch zahlreiche Konzilscanones und königliche Kapitularien zeugen. Auch unter den Nachfolgern Ludwigs des Deutschen fanden noch etliche Reichsversammlungen/Hoftage in Worms und am Mittelrhein statt. Ludwig der Jüngere (876 – 882), der schon 875 seine Großen in Trebur versammelt hatte, hielt 880 in Worms eine Reichsversammlung und zog von dort gegen die Normannen, die sich in der Pfalz Nimwegen festgesetzt hatten. Nach Ludwigs frühem Tod übernahm sein jüngster Bruder Karl (III., 876 – 887), der zuvor schon Alemannien regiert hatte, die Gebiete Ludwigs und des schon 880 verstorbenen Bruders Karlmann von Bayern. 882 ließ er sich, nachdem er in Rom zum Kaiser gekrönt worden war, in Worms von den ostfränkischen Großen huldigen. Dorthin kamen auch Flüchtlinge vom Niederrhein, die von den Normannen vertrieben worden waren, weshalb auf der Versammlung ein Feldzug gegen die immer wieder den Rhein heraufziehenden Heere aus dem Norden beschlossen wurde. Nachdem dieser im Herbst gescheitert war, fand im November erneut eine Versammlung in Worms statt, auf der, wie der Fuldaer Annalist schrieb, wenig Nützliches beschlossen wurde; freilich wurden mehrere auswärtige Gesandtschaften empfangen, ebenso wie im Frühjahr 884 und 885, als in Worms auch westfränkische Bischöfe und Grafen anwesend waren, da Karl inzwischen nach dem Tod der Söhne Karls des Kahlen 884 auch die Herrschaft im Westfrankenreich übernommen hatte. In seiner Person war das Karlsreich noch einmal vereinigt, doch schon 887 wurde Karl, von inneren und äußeren Gegnern bedrängt und durch Krankheit geschwächt, in Trebur von seinem Neffen Arnulf von Kärnten (887– 899) gestürzt und musste sich nach Alemannien zurückziehen, wo er kurz darauf starb. Da Arnulf nur die Herrschaft im ostfränkischen Reich übernahm, gehörte das karolingische Großreich nun endgültig der Vergangenheit an. Schon 888 war Arnulfs Position so gefestigt, dass er auf einem Hoftag in Worms in den westfränkischen Thronstreit um die

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Nachfolge Karls III. eingreifen konnte. Gegen die Anhänger seines Verwandten Karl, der noch ein Kind war, unterstützte er Odo, den Sohn Roberts des Tapferen. Im Sommer 888 huldigte Odo, der mutmaßliche Nachfahre der mittelrheinischen Rupertiner, Arnulf in Worms95. 894, beim nächsten in Worms bezeugten Reichstag, vollzog Arnulf eine Kehrtwende: Nun unterstützte er gegen Odo den Karolinger Karl (»den Einfältigen«). Die verworrene Situation im westfränkischen Reich war auch ein Thema der nächsten Versammlung in Worms im Jahr 895, als Arnulf, auf dem Höhepunkt seiner Macht von der großen Synode in Trebur kommend, die beiden Könige zur Schlichtung zu sich rief. Es kam jedoch nur Odo, der von Arnulf erneut als König anerkannt wurde. Seinen eigenen Sohn Zwentibold setzte Arnulf damals zum König der immer wieder zwischen dem westlichen und östlichen Frankenreich umstrittenen Regionen Lothringen und Burgund ein, die seit 869 bzw. 879/80 zum ostfränkischen Reich gehörten; seine letzte Reichsversammlung in Worms fand 897 statt. In der Regierungszeit Arnulfs lebten auch die Synoden wieder auf; neben einer Synode in Worms im Jahr 891 ist vor allem die große Synode von Trebur 895 zu nennen, die einen Höhepunkt und zugleich das Ende der ostfränkischen Synodaltätigkeit in der Karolingerzeit markiert96. Dort wurde die Verpflichtung des Königs betont, Vergehen gegen die Kirche und ihre Ordnung zu verfolgen und sie vor den Übergriffen von Laien zu schützen97. Von Arnulfs Sohn Ludwig dem Kind (899– 911), kennen wir keine Aufenthalte in Worms, obwohl er mehrfach in Trebur war (900, 906, 910). Über Samuels Nachfolger im Wormser Bischofsamt, Gunzo (vor 858 – 875) und Adalhelm (875 –nach 888), wissen wir wenig. Gunzo war 858 wie bereits Bernhar als missus in Speyer tätig98, wo er zwischen dem dortigen Bischof und den Erben eines Schenkers vermittelte. Obwohl in seiner Amtszeit, im Jahre 872, der erst von Samuel erneuerte Dom vom Blitz getroffen wurde und abbrannte, erfahren wir nichts über den Wiederaufbau. Dagegen wissen wir von Adalhelm immerhin, dass er eine Beziehung zum Cyriacus-Stift hatte. Wenn Adalhelm seine Ausbildung in St. Gallen und, trotz seiner Herkunft aus dem Thurgau, in St. Cyriacus erfahren hatte, könnte dies ein Indiz für die Entwicklung dieser Einrichtung zu einer weithin bekannten, wichtigen Ausbildungsstätte für Geistliche und für die hohe intellektuelle Bedeutung der Stadt Worms in dieser Zeit sein99. Adalhelm gehörte der Hofkapelle Ludwigs des Deutschen an und wurde, gefördert von Grimald, Erzkaplan und Abt der wichtigen Klöster Weißenburg und St. Gallen, als noch nicht einmal 32-Jähriger zum Bischof ernannt100. Mehr wissen wir über Adalhelms Nachfolger Thietlach (vor 891– 914), der vom guten Verhältnis Arnulfs zu den Bischöfen profitierte, das sich auch in massiven Besitzübertragungen äußerte. Insgesamt erhielten das Bistum und das St. Cyriacus-Stift in Neuhausen vier Schenkungen Arnulfs, zunächst 27 Hufen in Oppenheim, Horchheim und Weinsheim, dann das Land, das fünf königliche servitores in der Stadt besaßen, denen später die servitores selbst folgten, und schließlich weiteres Land in Oppenheim, Horchheim, Weinsheim und Worms mitsamt elf zu Reiterdiensten verpflichteten zinspflichtigen Fiskalinen und ihren Familien101. Darüber hinaus erhielt er von Ludwig, der 904 die Schenkungen seines Vaters bestätigte, 906 noch fünf Hufen in Eich und Besitz in Deidesheim102. Auch sonst scheint Thietlach offensiv Besitzerwerbun-

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gen angestrebt zu haben, wie eine Urkunde von 891 zeigt, in der das St. Cyriacus-Stift gegen die Verleihung von Gut an sieben Orten zwischen Bingen und Alzey Gut im Donnersberggebiet erhielt, das allerdings auf die Lebenszeiten der Schenker Graf Erinfrid und seiner Frau Altgunde in deren Verfügung bleiben sollte 103. Durch diese Schenkungen, die einen wesentlichen Teil des Königsguts in der Stadt an den Bischof übertrugen, entwickelte sich der Bischof allmählich, auch wenn der Begriff anachronistisch ist, de facto zum Stadtherrn. Klar zeigt sich diese Position bei der wohl von Thietlach erlassenen Mauerbauordnung, die den Bischof in der Verantwortung für die Befestigung der Stadt zeigt. Wahrscheinlich ließ Thietlach sie als Reaktion auf die Gefahr durch die Normannen, die 882 Trier verheerten und bis nach Mainz vordrangen, erneuern und gar teilweise neu errichten 104. Die erstarkte Stellung des Bischofs in der Stadt bedeutete jedoch nicht, dass die Könige in der Folgezeit aus Worms verdrängt worden wären; wenn sie sich in der Stadt aufhielten, dürften sie von nun an jedoch zumindest in der Versorgung der noch im 10. Jahrhundert belegten königlichen Pfalz 105 vom Bischof abhängig gewesen sein.

Worms unter den Ottonen (911–1000) Reichsversammlungen und Königsaufenthalte in Worms Als 911 König Ludwig ohne Nachkommen starb und die ostfränkischen Großen Konrad, den Herzog von Franken, zum König erhoben, entschieden sich die lothringischen Großen für den überlebenden Karolinger im Westfrankenreich. Damit geriet Worms wieder in eine Randlage. Dies dürfte einer der Gründe dafür sein, dass sich die unter Ludwig dem Kind begonnene Abkehr vom Versammlungsort Worms fortsetzte, obwohl Konrad I. (911– 919) sich vom Besitzschwerpunkt seiner Familie an der Lahn aus eine starke Stellung am Mittelrhein erkämpft hatte. Auf ihn folgte die Dynastie der Ottonen, die ihre Besitz- und Interessenschwerpunkte in Sachsen hatten und für ihre Aufenthalte im Rhein-Main-Gebiet eher Mainz, Frankfurt oder Ingelheim wählten106. 923 drang der westfränkische König Karl in die Wormser Gegend bis nach Pfeddersheim vor, konnte sich dort aber wohl nicht festsetzen. Erst nach der Wiederangliederung Lothringens 925 kamen die ottonischen Könige regelmäßig nach Worms; wie die Karolinger hielten sie hier hauptsächlich Reichsversammlungen ab, mit allem Gewinn an Prestige, aber auch sämtlichen Kosten, die damit verbunden waren. Nach den massiven Schenkungen des Königsguts an die Wormser Kirche mussten sie wohl vor allem vom Bischof getragen werden. Es ist auffällig, dass die Reichsversammlungen, die unter den Ottonen in Worms stattfanden, überwiegend Ereignisse von besonderer innen- oder außenpolitischer Bedeutung waren. Schon die erste in Worms bezeugte Reichsversammlung Heinrichs I. (919– 936), die 926 unter dem Eindruck seiner frühen Erfolge, dem Gewinn Lothringens und der Friedenssicherung im Inneren, abgehalten wurde, war Anlass wichtiger Weichenstellungen. Auf dieser Versammlung wurde der Konradiner Hermann, also ein Verwandter König Konrads, zum Herzog von Schwaben ernannt, eine offizielle Freundschaft mit König

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O TTONEN (911–1000)

Rudolf von Burgund geschlossen und über die Abwehr der Ungarn beraten. Als 950 die Neubesetzung des alemannisch-schwäbischen Dukats anstand, ernannte Otto der Große (936 – 973) in Worms seinen ältesten Sohn Liudolf zum Nachfolger. Bei der Reichsversammlung im Mai 961 war wohl wieder die günstige Lage der Stadt entscheidend für die Ortswahl, denn diese Versammlung stand ganz im Zeichen der Vorbereitung eines Italienzugs, der mit der Kaiserkrönung Ottos in Rom seinen Höhepunkt fand. Bei dieser Gelegenheit wurde in Worms auch die Nachfolge geregelt, indem Otto seinen nach dem Tod Liudolfs einzig überlebenden ehelichen, aber noch minderjährigen Sohn Otto II. zum Mitkönig erheben ließ. Der Huldigung der Großen in Worms folgte die Krönung in Aachen – ein Zeichen dafür, dass Otto mit einem längeren Aufenthalt in Italien rechnete. Der junge Otto II. (973 – 983) verblieb nördlich der Alpen unter der Aufsicht seines Halbbruders, des Erzbischofs Wilhelm von Mainz, und seines Onkels, des Erzbischofs Brun von Köln. Gemeinsam mit ihnen und Hermann Billung, der Sachsen verwaltete, vertrat er seinen Vater im ostfränkischen Reich. Keine Reichsversammlung, aber einen längeren Aufenthalt des Kaisers, des jungen Königs und des Erzbischofs Brun in Worms verzeichnen die Quellen für die Fastenzeit des Jahres 965. Die Wormser Infrastruktur konnte demnach weiterhin einen längeren Königsaufenthalt bewältigen. Der nächste Hoftag des Kaisers in Worms fand im Jahr 966 wiederum in Vorbereitung eines Italienzugs statt, und als Otto II. 967 nach Italien gerufen wurde, um dort am Weihnachtstag die Kaiserkrone zu empfangen, folgte er dem Beispiel seines Vaters und hielt zuvor einen Hoftag in Worms. Auch als Otto II. nach dem Tod seines Vaters am 7. Mai 973 18-jährig die Regierung antrat, führte er seine erste Versammlung schon im Juni des gleichen Jahres in Worms durch. Otto III. (983 –1002) hingegen, der Sohn und Nachfolger Ottos II., war nur selten in Worms; er stellte hier einige Urkunden aus, hielt aber, soweit bekannt, keine Versammlung ab, obwohl er enge Beziehungen zu den Wormser Bischöfen pflegte 107.

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Original: W. Schlesinger, Pfalzen im Rhein-Main-Gebiet, GWU 8/65, S. 492. Bearbeitung: M. Würz (2004) Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V.

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Das Bistum unter den Bischöfen Richgowo (vor 916 – 949) und Anno (950 – 978) Die Wormser Bischöfe der frühen Ottonenzeit, Richgowo und Anno, fallen durch ihre außergewöhnlich langen Amtszeiten auf, die beiden erhebliche Gestaltungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten in der Reichspolitik, vor allem aber in ihrem Bistum brachten. Dessen ungeachtet fällt gerade die Zeit Richgowos in eine der quellenärmsten Zeiten des Mittelalters, sodass wir über die konkreten Aktivitäten dieses Bischofs trotz seiner mindestens 33-jährigen Amtszeit nur sporadisch Auskunft erhalten. 921 nahm er an dem berühmten Herrschertreffen in Bonn teil, bei dem die Könige Heinrich und Karl der Einfältige von Westfranken einen Freundschaftsbund schlossen, im folgenden Jahr ist er unter den Teilnehmern des Koblenzer Konzils zu finden. Erst 937 findet er sich als Intervenient zu Gunsten des Mainzer Klosters St. Alban wieder in den Quellen108; 948 nahm er am Konzil von Ingelheim teil. Hatte Thietlach die Stellung des Bistums in Stadt und Umland kräftig ausbauen können, so hatten seine Nachfolger starke Konkurrenz in der Region. Bis zu seinem Tod im Aufstand gegen Otto den Großen im Jahr 939 konnte Herzog Eberhard, Bruder und eigentlicher Erbe König Konrads, dessen Unterstützung für König Heinrich aus diesem Grund von besonderer Bedeutung war, die herausragende Machtstellung seiner Familie am Mittelrhein erhalten. Dennoch scheint das Verhältnis Bischof Richgowos (vor 916 –949) zu Eberhard nicht schlecht gewesen zu sein, wie die Schenkung einer Kirche mitsamt einer Königshufe in Neunkirchen aus dem Lehen Eberhards an den Bischof zeigt109. Nach Eberhards Tod ging die Machtstellung in Francien, also an Mittelrhein und Main, an Konrad den Roten, einen der frühen »Salier«, wie das Geschlecht der späteren Könige seit dem 12. Jahrhundert genannt wurde, über110. Die Vita Bischof Burchards malt das Verhältnis zwischen den Saliern und den Wormser Bischöfen in den düstersten Farben aus111; die anderen Quellen bestätigen diesen Eindruck nicht, im Gegenteil, das Verhältnis zwischen Graf und Bischof scheint zunächst freundlich gewesen zu sein, da auch Konrad 942 ein Lehen von weiteren acht Königshufen in Neunkirchen sowie 20 Unfreie an Worms schenken ließ112. Dennoch waren Konrad, der 941 die Grafschaften seines Vaters am mittleren Rhein (Nahegau, Wormsgau, Speyergau113) und den Niddagau nördlich von Frankfurt innehatte, und seine Nachfolger, die in Worms ein Herrschaftszentrum aufbauen konnten, eine erhebliche Konkurrenz für den Bischof und alle anderen Personen und Institutionen, die in der Stadt und der Region Interessen hatten. Das Gewicht Konrads wuchs erheblich, als er 944 oder 945 Herzog von Lothringen und 947 durch die Ehe mit Liutgard Schwiegersohn Ottos des Großen wurde. Diese enge Verbindung mit dem Königshaus nutzte Konrad zum Ausbau der Macht seines Hauses auch in Worms. Seine Burg an der Innenseite der Wormser Stadtmauer, womöglich in der alten Königspfalz, war militärischer Stützpunkt und Demonstration der Macht gegenüber Stadt und Bischof. Daraus resultiert der hohe reale und symbolische Wert, den ihr die Vita Burchardi und Thietmar von Merseburg zuschreiben114. In Speyer verfügte Konrad der Rote im Frühjahr 946 über stadtherrliche Rechte, die er nach einer umstrittenen Urkunde an den Bischof vergab gegen die Verleihung von

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Landbesitz115. In Worms ist eine solche Position nicht zu erkennen, vielmehr konnte Richgowo 947 vom König eine Bestätigung der Zollschenkung Ludwigs des Frommen erlangen116. Vielleicht wollte Otto der Große die Stellung seines Schwiegersohns nicht übermächtig werden lassen. Möglicherweise wollte er mit dieser Bestätigung Richgowo auch für die Teilnahme an einem Feldzug ins Westfrankenreich im Vorjahr belohnen117. 949 verstarb Bischof Richgowo und wurde durch Anno ersetzt, der eine für diese Zeit typische Karriere machte: Ursprünglich wohl in Nordhessen zu Hause, wo er zumindest über Besitz verfügte118, war er zunächst in das Reformkloster St. Maximin in Trier eingetreten, von wo er 937 nach Magdeburg gerufen wurde, um dort Abt des von Otto neu gegründeten Mauritiusklosters zu werden – ein deutliches Indiz für seine Königsnähe. Seine herausragende Bedeutung im Reich wird auch aus der Platzierung in einer Bischofsliste des Augsburger Konzils von 952 vor dienstälteren Mitbischöfen deutlich119. 953 scheint er das letzte noch nicht der Wormser Kirche gehörende Drittel der Zölle in Ladenburg erhalten zu haben 120. Dennoch geriet Anno wohl bald in Gegensatz zum König und nahm vielleicht am Aufstand des Königssohns Liudolf teil, der 953 ausbrach und schnell das ganze Land ergriff. Konrad der Rote, einer der Führer des Aufstands, schenkte Anno 952 ein Lehen in Deidesheim 121. Nach der Niederschlagung der Rebellion im Jahr 954 verlor Konrad zwar das Herzogtum Lothringen, konnte aber seine Machtstellung am Mittelrhein wahren und wurde vom König bald wieder in Gnaden aufgenommen. Bei der Schlacht auf dem Lechfeld gegen die Ungarn 955 kam er durch einen Pfeil ums Leben; der König und die Franken haben den Verlust eines der wichtigsten Heerführer nach dem Bericht Widukinds beweint122. Der Leichnam wurde nach Worms überführt und im Dom bestattet. Mit dieser außergewöhnlichen Beisetzung im Dom bahnte sich eine herausragende Familiengrablege der Salier an, neben der Burg eine weitere deutlich sichtbare Manifestation der Machtstellung der Familie in der Stadt und umgekehrt der zentralen Bedeutung der Stadt für die Familie – zumal ihre Stellung in Worms durch die Ereignisse 953/55 nicht gelitten hatte. Denn noch als Kind erhielt Konrads Sohn Otto (!), durch seine Mutter Enkel Ottos des Großen, schon 956 die Grafschaft Nahegau, zu der im Laufe der Zeit weitere Grafschaften links und rechts des Mittelrheins hinzukamen123. Annos Postition im Aufstand ist unklar. Möglicherweise versuchte er, wie sein Metropolit Friedrich von Mainz eine Vermittlerstellung zu wahren; an der Seite des Königs ist er jedenfalls nicht zu finden. Obwohl er 954 zwar Bischof blieb, scheint er seine Königsnähe seit 953 für längere Zeit verloren zu haben 124. In keiner Königsurkunde zwischen 953 und 965 ist sein Name erwähnt, nicht einmal als der König 956 die Schenkung eines Waldes in Neunkirchen an das Bistum Worms bestätigte. Da Otto sich bewusst an die »Brüder der Wormser Kirche« wendete, muss dies als Affront verstanden werden und deutet auf schwere Auseinandersetzungen hin125. Spätestens im Jahr 965 hatte sich das Verhältnis zwischen Anno und Kaiser Otto wieder soweit entspannt, dass Anno bei einem längeren Aufenthalt beim König in Sachsen im Sommer und Herbst dieses Jahres eine Immunitätsurkunde nach karolingischem Vorbild erhielt 126. Damit wurde der Zugriff anderer Herren auf Besitz und familia des Bischofs verboten und so die Position der Kirche gegenüber anderen Machthabern der Region, insbesondere den Saliern, gestärkt. Möglicherweise war dies nötig geworden, da inzwi-

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schen der Salier Otto, der in der Vita Burchardi als Gegner der Wormser Kirche dargestellt wird127, volljährig geworden war. Im folgenden Jahr hielt sich Anno erneut einige Zeit am Hof in Aachen auf128, reiste dann aber zunächst nicht mit nach Italien, wo er erst 969 erschien. Von dort stammen einige Zeugnisse, die zeigen, dass er auch Jahrzehnte nach seinem Weggang aus Magdeburg noch ein besonderes Interesse an der sächsischen Kirche hatte: 969 und 970 erscheint er in Pavia als Intervenient für das neu gegründete Erzbistum Magdeburg und lässt ein Gut aus seinem Lehen an Magdeburg geben129; 970 setzt er sich für die Ernennung Giselhers zum Bischof vom Merseburg ein und interveniert im gleichen Jahr in Ravenna zu Gunsten seines alten Klosters St. Maximin130. Wie der Kaiser selbst kehrt er erst 972 aus Italien zurück und ist im September des gleichen Jahres als Teilnehmer einer Synode in Ingelheim nachgewiesen. Zu Otto II. scheint Anno ein gutes Verhältnis gehabt zu haben, auch wenn er nur selten in Königsurkunden erscheint131. Trotz seines inzwischen hohen Alters gehörte er zu den Teilnehmern der Mainzer Synode von 976 und stellte sich im gleichen Jahr auf die Seite Kaiser Ottos II., der wie schon sein Vater gegen Verwandte zu kämpfen hatte, die meinten, bei der Machtverteilung zu kurz gekommen zu sein 132. Zentralfigur dieses Aufstands war Herzog Heinrich der Zänker von Bayern, der möglicherweise um die Königsherrschaft kämpfte. Nachdem Heinrich 976 in Haft genommen werden konnte, wurde Anno wohl mit der Abtei Mosbach in der Würzburger Diözese mitsamt Besitz in 23 Dörfern belohnt133. Wie eine große Schenkung eines Grafen Burchard in der gleichen Gegend aus der Zeit zwischen 962 und 978 in diese Vorgänge einzuordnen ist, wissen wir nicht; die Schenkung zeigt aber, wie Anno sich bemühte, den Besitz des Bistums am Neckar, wo der Salier seine Position mächtig ausgebaut hatte, auch außerhalb der Diözesangrenzen zu erweitern134. Eine weitere Entscheidung des Königs nach der Inhaftierung Heinrichs des Zänkers im Jahr 976 könnte die Position des Bischofs gegenüber dem übermächtigen Salier gestärkt haben: Otto, der Sohn Konrads des Roten und Liutgards, hatte seit 956 neben dem Nahegau und den Grafschaften Worms-, Speyer- und Niddagau, die schon sein Vater besessen hatte, auch einige Grafschaften zwischen Neckar und Rhein in seiner Hand vereint und verfügte damit über einen »annähernd geschlossenen Großgrafschaftskomplex um den Mittel- und Oberrhein«135. 978 wurde er zum Herzog von Kärnten ernannt. Somit war der stärkste Konkurrent des Bischofs um Einfluss und Besitz in der Region und der Stadt vorerst im Südosten des Reichs beschäftigt und damit für einige Zeit von seinen Familienbesitzungen in und um Worms abgelenkt.

Bischof Hildibald und seine Nachfolger (978 –1000) Gerade in dieser Zeit trat mit Hildibald, dem Nachfolger Annos, ein Bischof sein Amt in Worms an, der wie kein zweiter frühmittelalterlicher Bischof von Worms den Königen und Kaisern seiner Zeit nahe stand, und keiner erwarb dem Bistum so viel Besitz – durch Schenkungen, aber auch durch Fälschungen. Hildibalds Herkunft ist unklar; die Vermutung, er stamme wie zahlreiche andere Wormser Bischöfe aus Nordhessen, ist unsicher136. 977 wurde er von Otto II. zum Kanzler ernannt; eine Stellung, die er als Erster trotz seiner Ernennung zum Bischof bis kurz vor seinem Tod im Jahr 998 beibehielt. Diese Funktion

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brachte ihm eine besondere Nähe zu Otto II. und Otto III.; außerdem gehörte er gemeinsam mit dem Mainzer Erzbischof Willigis auch zum engsten Kreis um die Kaiserinnen Theophanu und Adelheid, die 984 bis 994 als Regentinnen für ihren minderjährigen Sohn bzw. Enkel Otto III. fungierten. Diese Doppelrolle Hildibalds hatte zwiespältige Folgen für das Bistum: Einerseits musste man bis zu sechs Monate im Jahr, bei Italienreisen gar noch länger, auf die Anwesenheit des Bischofs verzichten 137, andererseits befand sich dieser in einer Stellung, die bestens dazu geeignet war, dem Bistum erhebliche Vorteile zu verschaffen138. Sein Einfluss am Hof wird besonders an der Zahl seiner Interventionen zu Gunsten von Urkundenempfängern deutlich. Insgesamt ist Hildibald in 48 erhaltenen Urkunden als Fürsprecher genannt, während sein Vorgänger Anno es trotz einer längeren Amtszeit lediglich auf fünf Interventionen brachte. Hildibalds herausragende Stellung wird auch daran deutlich, dass Otto II. ihm 979 einen porticus und etwas Land direkt an der Frankfurter Pfalz schenkte, damit er dort bei Königsaufenthalten in Frankfurt wohnen könne139; zudem erhielt er im gleichen Jahr dasjenige Drittel der Zölle und Bußeinnahmen, das bisher dem Salier Otto als Inhaber der Grafenrechte zustand140, was die Position des Bischofs in der Stadt stärkte. Nach 984 ist er an der Seite der Regentinnen zu finden, die 985 im Namen Ottos III. die Schenkung des Zolldrittels von 979 bestätigten, nachdem sie bereits zuvor eine Lehensschenkung um Eppingen an Worms bestätigt hatten141. Dazu kamen im Laufe der Jahre die königlichen Rechte an den Wäldern um Wimpfen und Neckarbischofsheim, möglicherweise auch in Kastellaun, und das Stift Weilburg an der Lahn, zu dem später noch weiterer Besitz in der Gegend kam; das Domkapitel erhielt 990 ein Gut im Breisgau, das 995 gegen ein anderes Gut in (Bad Vilbel-) Gronau bei Frankfurt eingetauscht wurde 142. Insbesondere zu Kaiserin Theophanu scheint Hildibald ein enges Verhältnis gehabt zu haben, da sie schon vor Theophanus Regentschaftszeit häufig gemeinsam intervenierten, während Theophanu sich wiederholt für Hildibald einsetzte143. Die Zeit Bischof Hildibalds war aber nicht nur aufgrund dieses Erwerbs von Grundbesitz und Rechten, der noch fortgesetzt wurde, von großer Bedeutung für die Fortentwicklung des Bistums. Denn auch die Konkurrenz in der Region wurde stärker, insbesondere Herzog Otto, der nach der Rückkehr Herzog Heinrichs des Zänkers nach Bayern sein Kärntner Herzogtum aufgeben musste und sich für diesen Verzicht mit Besitz am Mittelrhein entschädigen ließ. Der Erwerb dieser Güter, die zum Teil aus Besitz des Bistums Worms und vor allem des Klosters Weißenburg stammten, machte ihn in der Weißenburger Überlieferung zum Kirchenräuber und dürfte zu seinem negativen Bild in der Vita Burchardi beigetragen haben 144. Dazu kamen 985 der Wasgau und der Königshof Kaiserslautern145. Wie stark der Wormser Schwerpunkt seines Machtbereichs auch von den Zeitgenossen wahrgenommen wurde, zeigt die Bezeichnung als Uurmacensis Otto, »Wormser Otto« in einer Urkunde von 982 146, die in dieser Zeit einmalig ist. Obwohl er noch nach der Aufgabe des Kärntener Herzogtums als dux, also Herzog, bezeichnet wurde, war er jedoch nie, wie verschiedentlich zu lesen, »Herzog von Worms«, einen solchen hat es nie gegeben147, sondern nur Herzog. Dieser Titel kennzeichnet seinen persönlichen Rang und den seiner Familie im Personengeflecht des Hochadels; Worms wird gleichsam vor der Zeit zum Beinamen des Geschlechts. Trotz der überragenden Position

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des salischen Herzogs – »aus eigener Kraft«, die durch die Verfügung über Klöster noch abgerundet und verdichtet wird148 – scheint das Verhältnis zwischen Otto und dem Bistum so gut gewesen zu sein, dass mindestens ein Sohn Ottos, Brun, und möglicherweise ein Enkel, Konrad, in der Domschule unterrichtet wurden: Es handelte sich um keine geringeren als den späteren Papst Gregor V. (996 – 999) und den Kaiser Konrad II. (1024 – 1039). Die überragende Stellung des Hauses im Wormser Raum wurde entscheidend geschwächt, als Ottos Sohn Heinrich (wohl schon 990/91) vor der Zeit starb und der Vater es offenbar nicht mehr vermochte, sich nach dem Thronwechsel von 1002 der Politik des überragenden Bischofs Burchard im Zusammenspiel mit Heinrich II. (1002 –1024) zu widersetzen. Er musste im Oktober 1002 auf den Besitz des Hauses mit der symbolträchtigen Burg in Worms verzichten – gegen reiche Entschädigung mit dem Königshof Bruchsal und dem königlichen Forst Lußhardt zwischen Speyer und Bruchsal149. Der andere große Konkurrent um Einfluss und Besitz in Worms-, Rhein- und Lobdengau war schon seit seiner Gründung das Kloster Lorsch, das es dem Bistum unmöglich machte, zusammenhängende Besitzkomplexe an Rhein oder Neckar aufzubauen. Ein militärisches Aufgebot Ottos II. (oder möglicherweise eine Nachforderung von Panzerreitern) nach Italien aus dem Jahr 980/81 zeigt, dass Lorsch 50 Panzerreiter, Worms lediglich 40 zu schicken hatte. Beide waren damit stärker beansprucht als Speyer (30), blieben aber weit hinter dem Spitzenreiter Mainz (100) zurück; ein Otto, der der Salier sein könnte, führte ebenfalls 40 Panzerreiter150. Wenn diese Zahlen ein Indikator für die wirtschaftliche und militärische Leistungsfähigkeit sind, war also Lorsch dem Nachbarn sogar überlegen. In der Auseinandersetzung mit seinen Konkurrenten und zur Stärkung der Wormser Kirche verließ sich Hildibald aber nicht nur auf Schenkungen und Verfügungen der Monarchen. Wenn diese in der Auseinandersetzung mit den Konkurrenten ausblieben, griff er auf die ihm zur Verfügung stehende königliche Kanzlei zurück und ließ dort Fälschungen zu Gunsten der Wormser Kirche anfertigen151. Dabei ließ er regelrechte Urkundenketten meist auf der Basis einer echten Vorurkunde herstellen, die dem Bistum Rechte zusprachen, die in den ebenfalls ge- oder verfälschten Folgeurkunden späterer Könige bestätigt und erweitert wurden. Von ihm stammt die schon mehrfach erwähnte angebliche Urkunde Dagoberts, ebenso wie die angeblichen Urkunden Pippins, Karls des Großen, Ludwigs des Deutschen, Arnulfs und noch Ottos des Großen; ob er noch Urkunden zu jüngeren Daten anfertigen ließ, ist unklar, da sie kaum als Fälschungen erkennbar wären. Inhaltlich lassen sich drei Gruppen unterscheiden: Eine erste Gruppe von Fälschungen spricht dem Bistum weit reichende Rechte und Besitzungen in Ladenburg, dem Odenwald und im gesamten Lobdengau zu152; eine zweite Gruppe behandelt Wimpfen 153, eine dritte Worms154. Als Hauptkonkurrent erscheint, insbesondere bei der ersten Gruppe, das Kloster Lorsch, das im Lobdengau und im Odenwald großen Besitz hatte, der einer Arrondierung und Ausweitung des Wormser Besitzes entgegenstand. Offensichtlich versuchte Hildibald auf diese Weise um die älteren Zentren Worms, Wimpfen und Ladenburg einen weit reichenden, territorial geschlosseneren Besitzkomplex aufzubauen. Da er dabei wohl häufig echte Wormser Urkunden als Vorlagen verwendete, sind sie und damit die Kenntnis des ursprünglichen Inhalts verloren gegangen, sodass wir über das Ausmaß

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der tatsächlichen und der angemaßten Rechte nichts wissen. In der Folge waren die von Hildibald behaupteten bischöflichen Rechte in Worms, Ladenburg und Wimpfen jedenfalls relativ sicher und blieben bis ins Spätmittelalter wesentliche Bestandteile des Gebiets des Wormser Hochstifts. Mit den erheblichen Zinsleistungen, die dem Wormser Bischof nun (durch Schenkung oder Anmaßung) zustanden, und dem erweiterten Grundbesitz hatte Hildibald die wirtschaftliche Grundlage für die aufwändige Neugestaltung der Stadt geschaffen, die unter Bischof Burchard seit dem Jahr 1000 begann. Zuvor aber wurde nach Hildibalds Tod 998 zunächst Franco (998/99), der Bruder Burchards und enge Freund des Königs aus der Hofkapelle, zum Bischof ernannt. Die Vita Burchardi schildert ihn als strengen Asketen, der zur Buße gemeinsam mit dem König mehrere Wochen in einer Höhle gefastet und gebetet habe155. Von seiner Tätigkeit als Bischof erfahren wir nur, dass er versuchte, die Machtkämpfe mit Lorsch durch die Angliederung des Klosters an das Bistum zu beenden 156. Diese Einverleibung durch eine königliche Urkunde widersprach jedoch dem kanonischen Recht; in einer Papsturkunde, die das Kloster wieder alleine der päpstlichen und königlichen Jurisdiktion unterstellt, ist sogar Franco selbst als Befürworter aufgeführt157. Sollte diese Urkunde authentisch sein, wäre Franco also gezwungen worden, auf seine eigenen Ansprüche zu verzichten und rechtliche Schranken gegen die seiner Nachfolger zu errichten. Auf Franco folgten Erpo und Razo, wiederum aus der Hofkapelle Ottos III., die beide kurz nach ihrer Ernennung und noch vor ihrer Weihe starben 158. Die Vita Burchardi sieht in diesen plötzlichen Todesfällen das Eingreifen Gottes, weil sich der Kaiser dem letzten Wunsch des heiligmäßigen Franco widersetzte, seinen Bruder Burchard zum Bischof zu ernennen159. Umso deutlicher wird, wie sehr die Berufung Burchards, dem ein langes, erfolgreiches Wirken beschieden war, dem Willen Gottes entsprach.

Topografie und Bevölkerung von Worms im frühen Mittelalter Die Stadt Worms im frühen Mittelalter hatte gegenüber der Römerzeit einiges an städtischem Charakter und Bevölkerung eingebüßt, war aber auch nach den Verwerfungen der Völkerwanderungszeit eine civitas mit deutlich städtischem Leben, regem Fern- und Nahhandel, der durch die Lage an der Kreuzung der wichtigen Straße von Paris und Metz nach Osten und dem Rhein begünstigt wurde. Es war eine lebendige Stadt, die im Laufe der hier dargestellten Jahrhunderte immer wieder Schauplatz wichtiger Ereignisse der inneren wie äußeren Politik des (ost-)fränkischen Reichs war. Zwischen den nicht näher bekannten Überresten der Römerzeit, die zum Teil in anderer Funktion weitergenutzt wurden, und den neu gebauten Kirchen, Häusern und Höfen trafen sich immer wieder Könige und Kaiser, Bischöfe und Grafen mit ihrem Volk oder ihren Heeren und belebten die Stadt für einige Monate, strapazierten aber auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Stadt und des Umlands bis zum Äußersten. Neben der verkehrsgünstigen Lage führte sicherlich auch das Prestige, das Worms als alte Römerstadt und alter fränkischer Bistumsvorort genoss, dazu, dass hier immer wie-

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der wichtige Reichsversammlungen abgehalten wurden; auch die Erinnerung an die Pfalz Karls des Großen wird gerade nach dem Zerfall des fränkischen Großreichs seit der Mitte des 9. Jahrhunderts wichtig gewesen sein. Wie in fast allen Städten, die im frühen Mittelalter auf dem Gebiet des ehemaligen römischen Reichs lagen, war in Worms die römische Vergangenheit noch bis weit ins Hochmittelalter unübersehbar160, auch wenn wir über die einzelnen Bauwerke mit Ausnahme gewisser Teile der Stadtmauer nichts wissen. Die Mauern und die Reste der übrigen Bauten erinnerten die Bevölkerung und die Durchreisenden an die unerreichten Leistungen der Vergangenheit. Noch in spätkarolingischer Zeit wurden zwei Inschriften, die an einem Tor wahrscheinlich aus dem 3. Jahrhundert zu lesen waren, in einer nordfranzösischen Handschrift niedergeschrieben161. Zu den Städten, deren Gründung das Annolied (entstanden um 1080) Julius Caesar zuschrieb, gehörten neben Mainz auch Worms und Speyer162. Ebenfalls prägend waren im Allgemeinen die Kirchen, von denen in Worms allerdings nur sehr wenige vor 1000 sicher angenommen werden können. Am frühesten belegt ist die Bischofskirche, der Vorgängerbau des heutigen Doms, der sicherlich spätestens um die Wende zum 7. Jahrhundert entstand, mit seinem wohl ursprünglichen Peter- und Paul-Patrozinium aber auch bis auf die Spätantike zurückgehen könnte163. Die Erbauung oder Erneuerung des Doms durch Brunichilde oder Dagobert I., die verschiedentlich in der Literatur angenommen wird164, ist jedoch reine Spekulation. Auch die weitere Geschichte des Doms ist nur in Eckpunkten bekannt. Wie sich etwa das starke Erdbeben auswirkte, das am 18. Januar 837 die Gegend um Lorsch, Worms, Ladenburg und Speyer erschütterte165, ist unbekannt; es ist aber auffällig, dass Bischof Samuel nur wenig später mit einer umfassenden Renovierung der Kirche begann166, sodass hier ein Zusammenhang bestehen könnte. Doch schon 872 brannte der Dom nach einem Blitzschlag ab und musste erneut wiederhergestellt werden, bevor er unter Bischof Burchard nach der Jahrtausendwende vollkommen neu gestaltet wurde167. Auch die meist erst später erwähnten Kirchen St. Rupert, St. Lambert, St. Magnus und St. Amandus sind wohl früh entstanden, ebenso wie die geistlichen Gemeinschaften von Nonnen- oder Mariamünster, St. Andreas und das von Bischof Samuel wieder belebte St. Cyriacus-Stift in Neuhausen, dessen ursprüngliches Dionysius-Patrozinium ebenfalls auf ein höheres Alter hindeutet168. Deutliche bauliche Anteile aus karolingischer Zeit lassen sich allerdings nur an der Magnuskirche erkennen (Abb. 10, 11) Andere größere Gebäude dürften die Königspfalz und später die Burg der Salier gewesen sein, die möglicherweise auf spätantike Befestigungen zurückgingen. Der Verlauf der Stadtmauer, die im Beitrag von Mathilde Grünewald in diesem Band ausführlicher behandelt wird, lässt sich aus der schon mehrfach erwähnten Mauerbauordnung des Bischofs Thietlach von Worms, die um die Wende zum 10. Jahrhundert entstand, in Teilen rekonstruieren169. Nach ihr verlief die Stadtbefestigung, die zum Teil auch aus Wällen und Palisaden bestanden haben wird, auf der Rheinseite wohl wie in römischer Zeit170 und entsprach dem Verlauf der heutigen Bärengasse, Mähgasse, Bauhofgasse, Fischmarkt und Pfauenpforte. Von diesem Mauerabschnitt, der im 12. Jahrhundert durch eine Stadterweiterung nach Osten überflüssig wurde, ist noch ein kleines, spätantikes Stück Mauerwerk in der Gartenmauer östlich des St. Paulusstifts erhalten171.

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Von der Pfauenpforte knickte die Mauer nach Süden ab, und es ist dieser Abschnitt, der wahrscheinlich als Neubau aus der Zeit Thietlachs zu gelten hat. Er verläuft parallel zur Schönauer Straße am Willy-Brandt-Ring entlang. Hinter St. Andreas knickte die Mauer zwischen Willy-Brandt-Ring und Luginsland nach Norden ab und folgte dort, wohl wieder auf römischer Grundlage, dem Lauf der heutigen Anlagen an Luther- und Adenauerring; hier sind noch einzelne Abschnitte sichtbar. Auf der Nordseite, an der sich ein Teil der Mauer in neueren Gebäuden erhalten hat, folgte die Mauer der Nordanlage bis zur Friesenspitze, deren Name noch heute an die dort siedelnden Friesen erinnert. Anders als in Speyer, Bonn und Xanten verlagerte sich die Siedlung also nicht allmählich an einen anderen Ort, sondern lag größtenteils innerhalb der römischen Mauern; es gab aber auch einige Siedlungsteile außerhalb der Stadt, so genannte Suburbien, die im Norden und Süden vor den Stadtmauern lagen und die mit Alt-St. Andreas und St. Amandus auch Kirchen hatten; auch Nonnenmünster lag vor der Mauer. Dies war nicht, wie die Vita Burchards uns berichtet, eine Folge der Kämpfe und Unsicherheit innerhalb der Stadtmauern172, sondern vielmehr der Normalfall in einer frühmittelalterlichen Stadt, bei der sich häufig Vorstädte mit einer besonderen Bedeutung für Handel und Handwerk befanden. Insgesamt dürfte die Besiedlungsdichte wesentlich geringer als zu römischen Zeiten gewesen sein, sodass wir mit einer relativ kleinen Bevölkerung zu rechnen haben, die wahrscheinlich mit Rückschlägen bis zur Jahrtausendwende wieder etwas wuchs, Zahlen lassen sich aber nicht einmal schätzen. Die freien Flächen innerhalb der Mauern dürften, wie in anderen Städten der Zeit, landwirtschaftlich genutzt worden sein, auch wenn die Quellen uns lediglich von einer Scheune innerhalb der Mauern berichten, die 771 an das Kloster Lorsch geschenkt wurde173. Das zugehörige Acker- und Weideland lag in diesem Fall außerhalb der Mauern in der marca, der »Gemarkung« von Worms, während das Hausgrundstück, so ist der Quellenbegriff mansus in diesem Fall zu übersetzen, mit Haus und Scheune darauf innerhalb der Mauern lag. Wie die Häuser aussahen, ob sie möglicherweise auf den Fundamenten römischer Bauten ruhten, ob sie aus Steinen erbaut waren, die aus römischen Gebäuden stammten, oder ob sie wie auf dem Land aus Holz, Lehm und Flechtwerk bestanden, wissen wir nicht. Neben der zentralörtlichen Funktion, die Worms als Zentrum eines Bistums, als wichtige Pfalz und als civitas publica hatte, spielte auch der Handel eine wesentliche Rolle und war eines der Elemente, die in Worms ein begrenztes Maß an städtischem Leben aufrecht erhielten. Diese Rolle ist allerdings nur indirekt, etwa durch Münzprägungen und Zollprivilegien, belegt. Karl der Große ließ in Worms Münzen prägen; sein Sohn, Ludwig der Fromme, schenkte 829 dem Bischof die Zölle der nach Worms kommenden Kaufleute, Handwerker und Friesen, die in karolingischer Zeit einen großen Anteil am Fernhandel im Frankenreich hatten174. Die Händler des Klosters Lorsch brauchten nach einer Urkunde von 858 keinen Zoll im Wormser Hafen zu entrichten 175. Der damit erstmals bezeugte Hafen lag möglicherweise nordöstlich der Stadtmauer in der Nähe der Friesenspitze, wo auch der Markt zu vermuten ist 176. Die wichtige Rolle der Stadt im überregionalen Handel wurde begünstigt durch die Lage am Rhein, der eine zentrale Achse des frühmittelalterlichen Handels war, und an der wichtigen Straße, die von Metz über Kai-

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serslautern nach Osten führte. Der Handel profitierte auch davon, dass sich bei den Reichsversammlungen und Winteraufenthalten der Könige regelmäßig eine große Menge von Verbrauchern in der Stadt aufhielt. Seit Otto III. ist erneut eine Münzprägestätte in der Stadt bezeugt; sie dürfte im Zusammenhang mit einem allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung seit der Mitte des 10. Jahrhunderts zu sehen sein 177, der zusammen mit den von Bischof Hildibald geschaffenen und gesicherten Besitzgrundlagen des Bistums den Bauboom unter Bischof Burchard nach der Jahrtausendwende ermöglichte. In der Stadtgeschichtsforschung gilt die wichtige Rolle des Handels, wie sie in Worms deutlich wird, als ein entscheidendes Moment der Stadtwerdung 178. Die Rolle der Stadt als intellektuelles, kulturelles Zentrum ist nur schlecht in den Quellen zu fassen; im 9. Jahrhundert dürfte das Stift St. Cyriacus in Neuhausen eine Rolle für die Ausbildung der Geistlichkeit gespielt haben 179. Spätestens unter Bischof Hildibald gab es auch am Dom eine Schule, aus der nicht nur Papst Gregor V. (996 – 999), sondern auch Erzbischof Heribert von Köln (999–1021), ein Schüler und enger Vertrauter Hildibalds, hervorging, der später auch dessen Nachfolge als Kanzler antrat. Er stammte nach mittelalterlichen Quellen aus einer angesehenen Wormser Familie, hinter der sich nach den ansprechenden Forschungen Heribert Müllers ein Zweig der Konradiner verbergen könnte 180. Über das tägliche Leben der Menschen erfahren wir nur wenig, und auch über die stets drohenden Gefahren für das Leben durch Krankheit, Hunger und Krieg können wir nur spekulieren. So ist anzunehmen, dass auch die Wormser Bevölkerung unter den immer wiederkehrenden Hungersnöten und Teuerungen litt, die beispielsweise für das Jahr 850 für den Mittelrhein belegt sind 181. Die Stadt scheint zwar zumindest seit karolingischer Zeit von direkten Kampfhandlungen verschont geblieben zu sein, dennoch ist sicher, dass die längere Anwesenheit oder der Durchzug von Heeren auf dem Weg nach Sachsen oder Italien, ins Westfrankenreich oder gegen einen inneren Feind schwere Belastungen mit sich brachten, wie auch ein einzelner Bericht aus der Bürgerkriegszeit des 9. Jahrhunderts zeigt182. Auch äußere Feinde gefährdeten Worms und wurden als ernsthafte Bedrohung empfunden. Die Mauerbauordnung dürfte im Zusammenhang mit der Bedrohung durch die Normannen stehen, die allerdings nie bis nach Worms kamen. Zu Beginn des 10. Jahrhunderts erschien allerdings mit den Ungarn ein neuer Feind, der auch mehrfach die Wormser Region erreichte. Obwohl die Bedrohung seit dem Erlass der so genannten »Burgenbauordnung« Heinrichs I., die den Bau von Fluchtburgen für die Bevölkerung vorsah, abnahm, nutzten die Ungarn bis zu ihrer großen Niederlage 955 auf dem Lechfeld noch innere Unruhen im Reich zu Kriegszügen. 937, nur wenige Monate nach dem Amtsantritt Ottos des Großen, überquerten ungarische Reiter den Rhein bei Worms, scheinen aber die Stadt, möglicherweise wegen der Stadtmauern, auf ihrem Zug nach Lothringen verschont zu haben; im Umland dürften die Schäden aber erheblich gewesen sein 183. Auch 954, beim Aufstand Liudolfs und Konrads des Roten, erreichten die Ungarn angeblich mit Hilfe Liudolfs Worms, wo sie nach Widukind von Corvey mit Gold beschenkt und bewirtet worden sein sollen, bevor sie ihren Zug fortsetzten 184. Im frühen Mittelalter unterschied sich der Rechtsstatus der Menschen auf dem Land im Allgemeinen nicht von dem der Stadtbewohner. Die Gesellschaft war nach den Wor-

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ten Karls des Großen nur in Freie und Unfreie geteilt185, doch ist es unbestritten, dass sich hinter diesen plakativen Bezeichnungen heterogene Gruppen verbergen. Bei den Freien reichte die Spanne von kleinen, armen Freien, die auf dem Land eines Grundherrn oder ihrem eigenen Land als Bauern lebten, bis hin zur Aristokratie, aus der im Laufe des frühen und hohen Mittelalters der rechtlich abgehobene Adel entstehen sollte. Das Spektrum der Unfreiheit reichte von Sklaven im engeren Sinne über so genannte »behauste Unfreie«, die in Familien zusammenlebten und einen eigenen Hof bewirtschafteten, bis hin zu den Ministerialen, die seit dem 10. Jahrhundert im Auftrag ihrer Herren in bedeutende Positionen aufsteigen konnten und deren Entwicklung sich im Hofrecht Bischof Burchards nachzeichnen lässt186. Die andere wesentliche Quelle über die Wormser Bevölkerungsgruppen um die Wende zum 10. Jahrhundert ist die mehrfach erwähnte Mauerbauordnung, die neben zahlreichen Dörfern aus dem Umland drei städtische Bevölkerungsgruppen mit Aufgaben bei der Instandhaltung der Stadtbefestigung nennt: Die Friesen, die familia des heiligen Leodegar, das heißt die Abhängigen des Klosters Murbach im Elsass, und die urbani, qui heimgereiden vocantur, die Stadtbewohner. Die Friesen, die von 829 an bis ins 10. Jahrhundert in der Stadt nachgewiesen sind 187, galten als eigenständige Gruppe und mussten den Abschnitt von der so genannten Friesen-spira bis zum Rhein wiederherstellen, also wahrscheinlich den Bereich an Hafen und Markt188. Juden, deren Viertel später ebenfalls in diesem Bereich lag, werden nicht genannt; möglicherweise lebten zu diesem Zeitpunkt noch keine oder noch nicht genug Juden in der Stadt, um als eigenständige und leistungsfähige Gruppe wahrgenommen zu werden189. Die familia des heiligen Leodegar, Patron des Klosters Murbach, hatte nur ein Tor zu versorgen. Es ist dies die einzige Quellenstelle, in der wir erfahren, dass dieses Kloster Besitz und ständige Bewohner in Worms hatte. Nicht genannt werden auch die familiae der anderen Kirchen und Klöster, die wir aus anderen Quellen kennen, insbesondere die Abhängigen des nahen Klosters Lorsch. Warum sie offenbar keiner Verpflichtung unterlagen, ist heute nicht mehr zu ermitteln. Von besonderer Bedeutung ist die Nennung der Gruppe der urbani, qui heimgereiden vocantur. Dies ist eine der frühesten Quellenstellen überhaupt, die zeigen, dass Stadtbewohner als eine eigene Gruppe angesehen wurden. Wer sich dahinter verbirgt, ist unklar; es sind möglicherweise Angehörige der bischöflichen familia, in den Stadtmauern lebende Freie und Unfreie weiter entfernter geistlicher und weltlicher Grundherren, die fern der Kontrolle ihrer Herren wie die übrigen Stadtbewohner leben konnten, möglicherweise weil sie als kopfzinspflichtige Zensualen bzw. Fiskalinen weit gehende Freizügigkeit genossen. Thietlach bezeichnete sie ausdrücklich nicht als seine familia, sondern ohne offenen Besitzanspruch als urbani. Auch die Heimgereiden, die hier zum ersten und für Jahrhunderte auch zum einzigen Mal erwähnt werden, sind rätselhaft. Im Spätmittelalter werden unter den Heimgereiden in Südwestdeutschland Nutzungsgemeinschaften für Dorfallmenden verstanden190. Möglicherweise wurde der Begriff auch von späteren Chronisten hinzugefügt, die einen ihnen vertrauten zeitgenössischen Begriff nutzten, um einen unverständlich gewordenen Ausdruck zu ersetzen, oder den Begriff urbani zu präzisieren. Deshalb muss auch offen bleiben, ob die Bewohner der Stadt sich in irgendeiner Weise in einer oder mehreren Genos-

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senschaften zusammengeschlossen hatten. Allgemein gilt die genossenschaftliche Vereinigung von Stadtbewohnern als wichtige Triebkraft für die Entstehung der verfassten Stadtgemeinde seit dem 11. Jahrhundert 191. Genaueres über die familia des Bistums erfahren wir aus dem Hofrecht Bischof Burchards, das um 1023/25 aufgezeichnet wurde und nicht nur im Hinblick auf die entstehende Ministerialität an der »Schwelle zweier Epochen« 192 steht. In dieser Quelle, die sowohl Elemente eines Hofrechts wie auch eines Stadtrechts enthält, finden sich Abhängige mit unterschiedlichem Status: Neben einigen, die als mancipia bezeichnet werden und lediglich als Besitz anderer Abhängiger erscheinen, also wohl auf der untersten Stufe der familia stehen, gibt es Dagwarte, die ursprünglich zu täglichem Dienst verpflichtet waren, zum Zeitpunkt der Entstehung des Hofrechts aber schon über ein erhebliches Maß an Freiheiten verfügten, und Fiskalinen, die nicht zur Annahme niedriger Arbeit gezwungen werden konnten, sondern nur einen jährlichen Zins entrichteten 193. Während die Fiskalinen ihren Zins ursprünglich dem König schuldeten und durch Schenkung an das Bistum geraten waren 194, waren die Zensualen entweder an eine Kirche freigelassene Unfreie oder ehemalige Freie, die sich in den Schutz eines Altars begeben hatten. Sie alle bezahlten einen in der Regel geringen Kopfzins (auch in Wachs, daher Wachszinser). Hinzu kamen Abgaben beim Tod (bestes Stück Vieh beim Mann, bestes Kleid bei der Frau) und Einschränkungen im Eherecht. Entscheidend aber war, dass sie keine Frondienste leisten mussten, demnach über ihre Arbeitskraft und ihren Ertrag verfügten, freizügig waren und etwa in der Stadt ihr Glück versuchen konnten. Daher waren sie im 11./12. Jahrhundert von großer Bedeutung für die Entwicklung der Städte und ihrer Institutionen 195. Ihre Existenz wird im Hofrecht nur angedeutet; es ist aber aus anderen Wormser Quellen bekannt, dass es eine erhebliche Anzahl an Zensualen geben hat196. Von großer Bedeutung waren auch die Ministerialen, die Angehörigen einer äußerst vielgestaltigen Gruppe, die in den Quellen unter verschiedenen Namen erscheint. Aus seiner familia konnte der Bischof geeignete Leute für verschiedene Dienste in Verwaltung oder mit Waffen auswählen, wobei Fiskalinen keine niederen Dienste leisten mussten. Das Hofrecht griff aber auch über die bischöfliche familia hinaus, indem es Anspruch darauf erhob, das Zusammenleben in der Stadt – die nun erstmals als gesonderter Friedensbereich mit höheren Strafen für bestimmte, insbesondere gewalttätige Vergehen erscheint – zwischen allen Bewohnern zu regeln. Damit erhob sich der Bischof endgültig zum Stadtherrn. Wie stark sich die Auseinandersetzung um die Stadtherrschaft am Ende des 10. Jahrhunderts auf das Bild der Stadt auswirkte, ist unklar; die Schilderung der zerfallenen Stadtmauer und der in die Stadt eindringenden Wölfe in der Vita Bischof Burchards197 dürfte allerdings weit übertrieben sein, um die Leistung des Bischofs in hellerem Licht erscheinen zu lassen. Die Stadtbewohner, eine bunte Mischung aus Reich und Arm, Freien und Unfreien unterschiedlicher Herren, wurden von außen allmählich als Gemeinschaft wahrgenommen, wie die Bezeichnung als urbani zeigt, und organisierten sich in Verbänden, was aber nicht ausschloss, dass sich die Anhänger der Salier und der Bischöfe um die Jahrtausendwende bekämpften 198. Unstreitig ist aber, dass in dieser Zeit die Grundlage für die spätere stürmische Entwicklung der Stadt unter dem großen Bischof Burchard, aber auch in der späteren Zeit gelegt wurde.

Die Blütezeit des hohen Mittelalters: Von Bischof Burchard zum Rheinischen Bund (1000–1254) G EROLD B ÖNNEN

Überlieferungslage und Forschungsstand zum Hochmittelalter Die Geschichte von Worms erreicht mit dem Wachstum der Bedeutung der Stadt, ihrem zunehmenden politischen, wirtschaftlichen und religiös-geistlichen Gewicht sowie ihrer baulichen Ausgestaltung während des hohen Mittelalters unzweifelhaft einen Gipfelpunkt. Die Quellenlage für die Analyse der Zeit zwischen der Jahrtausendwende und der Mitte des 13. Jahrhunderts ist allerdings alles andere als befriedigend. Hinsichtlich des Urkundenmaterials ist nach wie vor das 1886 im ersten Band erschienene Wormser Urkundenbuch von Heinrich Boos maßgeblich, daneben die Ausgabe der Hessischen Urkunden von Ludwig Baur1. Die Königsdiplome sind nahezu alle in den entsprechenden Bänden der Urkundenserie der Monumenta Germaniae Historica greifbar oder in den Regesta Imperii nachgewiesen. Von zentraler Bedeutung für die frühe Überlieferung der Wormser Domkirche ist dabei das in Hannover verwahrte Chartular aus der Mitte des 12. Jahrhunderts2. Besonders schmerzlich ist das Fehlen von Regesten bzw. einer Ausgabe der Urkunden der Wormser Bischöfe, wodurch der Quellenteil in Schannats Historia episcopatus Wormatiensis (1734, Bd. II) nach wie vor herangezogen werden muss. Wichtig für die hoch- und spätmittelalterliche Wormser Stadt- und Bistumsgeschichte ist die urkundliche Überlieferung der Zisterzienserklöster Schönau und Otterberg3. Zahlreiche Urkunden zu Worms und seinem Umland enthält der 1997 in das Landesarchiv Speyer gelangte Gatterer-Apparat, eine für die Region Rheinhessen/Pfalz bedeutsame Urkundensammlung 4. Der weitaus größte Teil der Archivalien der vormals bestehenden Wormser geistlichen Institutionen befindet sich im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt (v. a. Best. A 2 Urkunden Rheinhessen; Best. C Handschriften, Kopialbücher etc.)5. Bedauerlich ist das weitgehende Fehlen von Memorialquellen6, wohingegen die Wormser Inschriften 1991 von Rüdiger Fuchs in einer grundlegenden Edition mit ausführlichen und sehr wertvollen überlieferungsgeschichtlichen und quellenkritischen Bemerkungen zu zentralen mittelalterlichen Quellen der Stadt- und Kirchengeschichte der Forschung zur Verfügung gestellt wurden; die Zeit von ca. 1000 bis um 1250 ist hierbei mit ca. 40 Stücken vertreten7. Hinsichtlich der erzählenden Quellen erweist sich die Lage für die Zeit vor 1250 als ebenfalls relativ dürftig. Sieht man einmal von der sehr wichtigen Vita Bischof Burchards (um 1030/40) und der bald nach 1135 aufgezeichneten aufschlussreichen Lebensbeschreibung Eckenberts, des aus Worms stammenden Gründers des Chorherrenstifts in

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Frankenthal, ab8, so finden sich bis in die 1220er Jahre und damit zum Einsetzen der bemerkenswerten und sehr wichtigen städtischen Wormser Annalen bzw. des aus bischöflicher Warte verfassten Chronicon Wormatiense 9 kaum erzählende Quellen zur Wormser Stadt- und Kirchengeschichte. Für die Zeit Bischof Burchards (1000 –1025) treten neben Urkunden und der Lebensbeschreibung noch die so genannte Ältere Wormser Briefsammlung und das Hofrecht für die bischöfliche Familia hinzu 10. Die archäologischen Zeugnisse haben bislang nur punktuell überzeugende Beiträge zur Aufhellung der Stadtentwicklung in der fraglichen Zeit liefern können 11. Nicht unwichtig sind für die jüdische Gemeinde – aber auch für Fragen der Wormser Stadtgeschichte insgesamt – die hebräischen Quellen aus dem Umfeld des ersten Kreuzzugs 12. Die wissenschaftliche Forschung des späten 19. Jahrhunderts hat sich intensiv und in zeitbedingter, aus heutiger Sicht einseitig rechts- und verfassungsgeschichtlicher Fragestellung mit Aspekten der Wormser Stadtverfassung beschäftigt, wovon die im ersten Band 1897 erschienene »Geschichte der Rheinischen Städtekultur« des Altmeisters der Wormser Stadtgeschichte, Heinrich Boos13 (1859–1917), Zeugnis ablegt. Die weitere Forschung zur Wormser Stadtgeschichte stand noch sehr lange Zeit im Bannkreis der bürgerlich-liberal-antiklerikalen Stadtgeschichtsschreibung der Zeit und hat beispielsweise die Bedeutung der geistlichen Institutionen für die Stadtentwicklung viel zu lange zu wenig beachtet bzw. das Verhältnis von Bischof und Geistlichkeit zur Stadt ganz einseitig beurteilt. Hinsichtlich des bedeutendsten Wormser Bischofs, Stadt- und Bauherrn Bischof Burchard (1000 –1025) hat das Jubiläumsjahr 2000 eine Reihe wichtiger neuer Forschungen auch zur Stadtgeschichte angeregt, die unsere Kenntnisse über diese für die Stadt höchst wichtige Zeit nachdrücklich verbessert haben 14. Besonderes Interesse galt in letzter Zeit Fragen der Topografie, der Entwicklung der sakralen Ausstattung und der äußeren Stadtentwicklung 15, wiewohl hier noch zahlreiche Fragen offen und etliche Aspekte kaum untersucht sind (vgl. die Karte 8 auf S. 141). Über die Entwicklung von Stadtverfassung und Stadtgemeinde für den Zeitraum von ca. 1070 bis 1233 liegt – in vergleichender Perspektive und mit Blick auf die Nachbarstädte Mainz und Speyer – eine neuere Untersuchung vor, ebenso eine Studie zu Fragen der Verfassungstopografie und hier vor allem zur Bedeutung des Dombezirks für die Rechts- und Verfassungsgeschichte während des hohen und späten Mittelalters 16. Für die Verfassungsgeschichte des 13. Jahrhunderts ist die Arbeit von Keilmann (1985) über den »Kampf um die Stadtherrschaft« grundlegend, die auch die reichsgeschichtlichen Bezüge und die Stellung der Bischöfe und der Geistlichkeit eingehend würdigt 17. Die Problematik der Ministerialität und Zensualität als wesentliche Triebfedern der Stadtentwicklung wurde seit den 1960er Jahren in einer Reihe grundlegender und weit über Worms hinaus für die Stadtgeschichtsforschung wegweisender Studien vor allem von Knut Schulz untersucht. Ihm verdankt die Forschung eindringliche Analysen zentraler Fragen der hochmittelalterlichen Wormser Geschichte 18. Einige wichtige Axiome der Forschung über den Charakter der Ministerialität in Bischofsstädten sind in letzter Zeit, darunter in der Arbeit von Sabine Happ (2002), wieder stärker in die Diskussion geraten19. Wichtige Beiträge zur Frage nach der Herausbildung und den Besonderheiten

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der bischöflichen Dienstmannschaft verdanken wir Arbeiten von Thomas Zotz (1977) und Helge Seider (1978)20. Eine jüngere Untersuchung fragt – unter anderem am Wormser Beispiel – nach den Beziehungen zwischen südwestdeutschen Reformklöstern der Zeit um 1100 und den entstehenden bürgerlich-ministerialischen Führungsschichten in den rheinischen Kathedralstädten21. Die Wormser Bischöfe – auch und gerade in ihrer überaus engen Verbindung zur salischen und noch mehr zur staufischen Königsherrschaft – wurden für das 12. Jahrhundert 1995 sehr eingehend von Hubertus Seibert in den Blick genommen22. Andras U. Friedmann hat im selben Jahr eine materialreiche Untersuchung über die Beziehungen zwischen Bischöfen und Reich von ottonischer Zeit bis etwa 1125 vorgelegt, die für zahlreiche Detailfragen der Bischofsherrschaft und quellenkritische Aspekte der ottonischen und salischen Epoche wichtig ist23. Für die Beziehungen der Stadt zum Reich sei für die Zeit des 12. Jahrhunderts auf die Studien von Ferdinand Opll aufmerksam gemacht24. Zur Geschichte von Bistum und Hochstift während des hohen Mittelalters liegt seit 1997 neben der älteren, immer noch wichtigen Arbeit von Schaab (1966) eine zuverlässige handbuchartige Überblicksdarstellung bis zu dessen Ende 1801 vor25. Zu den Biografien der Bischöfe sei neben den genannten Arbeiten von Friedmann und Seibert jetzt auf einschlägige Handbuchartikel von Burkard Keilmann verwiesen26. Die im behandelten Zeitraum so reiche Baugeschichte spiegelt sich in einer umfangreichen kunstgeschichtlichen Literatur wieder, auf die an anderer Stelle eingegangen wird27. Wenig Beachtung haben – allerdings auch quellenbedingt – Fragen der wirtschaftlichen Entwicklung, des Handelslebens und Münzwesens für die Stadt und das mit ihr verflochtene fruchtbare, dicht besiedelte und von Weinbau geprägte Umland der Stadt28 gefunden29. Auf starkes Interesse stieß dagegen die bemerkenswerte Entwicklung der blühenden, weit ausstrahlenden, mit den Nachbargemeinden Mainz und Speyer auf das engste verwobenen Wormser jüdischen Gemeinde, deren hochmittelalterliche Geschichte in der Stadt vor dem Hintergrund der jüdischen Geschichte insgesamt angesichts zahlreicher ungeklärter Fragen und neuer Erkenntnisse über die größeren Zusammenhänge jüdischer Geschichte im mittelalterlichen Deutschland eine neue Gesamtdarstellung verdient hätte30.

Bischof Burchard und seine Zeit: Worms als Großbaustelle (1000 –1025) Jede Beschäftigung mit der hochmittelalterlichen Wormser Stadtgeschichte muss ihren Ausgangspunkt von der Figur, den Leistungen und der Zeit Bischof Burchards (1000 – 1025) nehmen31. Welche Quellen stehen für die Beschäftigung mit Burchard und seiner Zeit zur Verfügung? In erster Linie ist die Vita Burchards zu nennen. Mit der vom Domscholaster Ebbo, dem späteren Konstanzer Bischof, bald nach Burchards Tod verfassten Lebensbeschreibung und ihrer Einschätzung hat sich die jüngere Forschung intensiv beschäftigt. Der Autor, der geradezu als der »Testamentsvollstrecker« Burchards bezeichnet werden kann, wollte mit seinem Text dessen Bedeutung als entscheidender Förderer der

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Wormser Stifte besonders hervorheben. Die Vita kann als ein Vermächtnis des Bischofs für die ihm in Seelsorge und Verwaltung zugewiesenen Kanoniker gelten. 32 Dazu kommen die Urkunden, das so genannte »Hofrecht« für den Personenverband der Domkirche, die ältere Wormser Briefsammlung und das Dekret, also die bedeutende, von der kirchen- und rechtsgeschichtlichen Spezialforschung nach wie vor intensiv untersuchte kirchenrechtliche Sammlung des Bischofs. In gewissem (allerdings sehr begrenztem) Umfang treten archäologische Quellen und Beobachtungen vor allem der letzten drei Jahrzehnte hinzu. Burchards umfangreiche Bautätigkeit hat zudem kunsthistorische Forschungen ermöglicht, die unser insgesamt schmales, großenteils mindestens unsicheres Wissen ebenfalls erweitern helfen. Wie auch in den benachbarten Kathedralstädten der Zeit hatten sich seit der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts auch in Worms die wirtschaftlichen Verhältnisse verbessert. Spiegel der beginnenden Aufbruch- und Wachstumsphase war das Münzwesen. In den 960er Jahren setzten Wormser Münzprägungen ein, nachdem hier bereits bis zur Zeit Karls des Großen eine Prägestätte bestanden hatte; es begann die »Glanzzeit der Wormser Münzgeschichte« (Heß). Unter Otto III. (983–1002) setzte die Sonderentwicklung der bis dahin dem Mainzer Vorbild folgenden Wormser Pfennige bzw. Denare ein. Diese trugen den Namen des Herrschers als Münzherrn sowie das Wormser Münzzeichen, den Halbmond mit Punkt 33. Die Nachfolge der Friesen als Träger des Handelsverkehrs am Rhein haben die kurz vor 1000 erstmals bezeugten Juden angetreten. Ein Schwerpunkt des Wirtschaftslebens dürfte sich im Gebiet der Pfauenpforte und des späteren Niedermarkts, dem Eintritt der alten Römerstraße in die Stadt, befunden haben. Der bis heute bestehende wirtschaftliche Schwerpunkt an der Nord-Süd-Achse (Neumarkt, Kämmererstraße) hat sich erst seit dem hohen Mittelalter herausgebildet. In den Jahren um 1000 ist der Wormser Markt in Herrscherurkunden ausdrücklich bezeugt34. Über die Frage der überregionalen Bedeutung des Markt- und vielleicht auch Jahrmarktplatzes Worms sowie den Stellenwert von Fernhandel und überregional wichtigem Gewerbe in der Stadt fehlt es bis weit in das Mittelalter hinein an verlässlichen Quellen, was zu unterschiedlichen Einschätzungen seines Stellenwertes in der Literatur geführt hat. Bemerkenswert genug ist, dass – neben anderen – der Wormser Markt bei der Marktrechtsverleihung Ottos III. an den Abt von Reichenau für Allensbach am Bodensee im Jahr 998 neben den Märkten (mercati) und der Münze von Mainz und Konstanz gleichsam als Vorbild und Bezugsgröße genannt wird 35. Zu den wenigen Belegen für Handelsverkehr gehört neben der zwischen 1074 und dem 13. Jahrhundert sich wandelnden Liste der für die Wormser Händler zollfreien Handelsorte im Reich gemäß den herrscherlichen Privilegien der im so genannten Trierer Stadtrecht der Zeit um 1190 für die Moselmetropole genannte Handel Wormser Kaufleute sowie die Nennung von Worms mit anderen Orten im so genannten Koblenzer Zolltarif, der trotz der vermutlichen Fälschung der entsprechenden Urkunde Heinrichs V. vom Jahr 1104 reale Verhältnisse des 11. Jahrhunderts widerspiegelt 36. Erstmals wird den Wormser Bischöfen im Jahre 1044 durch ein königliches Diplom ausdrücklich das Münzrecht bestätigt; seit etwa 1050 erlangten die Bischöfe das Recht auf Prägung ihres Bildnisses mit Namensnennung auf den hier geprägten Münzen 37.

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Burchard wurde vermutlich um 965 als Sohn einer an der oberen Eder begüterten nordhessischen Adelsfamilie geboren38. Seine Ausbildung als Geistlicher erhielt er u. a. in Koblenz. Im Jahre 993 wurde er vom einflußreichen Mainzer Erzbischof Willigis (975 – 1011), seinem eigentlichen 'Lehrer', in seine Bischofsstadt geholt, wo er seine entscheidende Formung erhielt. Um 995 wurde er erster Propst des neu gegründeten Mainzer Kollegiatstifts St. Viktor, 997 folgte dann die Priesterweihe. Willigis übertrug dem jungen Kleriker mit der erzbischöflichen Verwaltung in Mainz eine verantwortungsvolle Position, in der Burchard für die Beziehungen zur Stadt verantwortlich wurde. Hier muss er sich besonders bewährt haben. Inzwischen war er auch in die königliche Hofkapelle aufgenommen worden, trat also in direkten Kontakt mit dem unmittelbaren personellen Umfeld von König Otto III. (983 –1002). In dieser Zeit war der Wormser Bischof Hildibald (979–998, s.o.) als dessen Kanzler tätig. Nach einigen Pontifikaten kurzzeitiger Bischöfe bestimmte Otto III. im März/April 1000 in Heiligenstadt (Eichsfeld) Burchard zum neuen Bischof von Worms, wobei vermutlich Willigis entscheidenden Einfluss auf die Wahl genommen hat. Burchard hielt während seines Episkopats stets enge Beziehungen zu Otto III. und seinen Nachfolgern auf dem Königsthron (1002 –1024 Heinrich II., 1024 –1039 Konrad II.). Der Oberhirte fand angeblich schauderhafte Verhältnisse in seiner Stadt vor39: Die Stadt habe – ohne effektive Befestigung – fast schutzlos dagelegen, sei eine friedlose Brutstätte für Räuber und Gesindel geworden, die Bewohner hätten begonnen, die Stadt zu verlassen, um auswärts Schutz zu suchen usw. Wenngleich der nach dem Tod Burchards schreibende Chronist die von Burchard vorgefundenen Zustände in den dunkelsten Farben schildert, um daraufhin die Leistungen des Geistlichen umso heller erstrahlen zu lassen, so dürfte der Bericht im Kern doch zutreffen. Durch die Vernachlässigung der Stadtbefestigung und das Fehlen der herrschaftlichen Gewalt sowie die ungehemmte Machtausübung der seit dem 10. Jahrhundert in Stadt und Region starken salischen Herzogsfamilie war die Stadt in eine tiefe Krise geraten. Die erste Maßnahme zur Besserung der Lage war dabei die äußere Sicherung der Existenz der Bewohnerschaft. Neben der erneuten Befestigung der Stadt verstärkte Burchard als zusätzliche Verteidigungsmaßnahme auch den höher gelegenen Bereich um den Dom und sein bauliches Umfeld, eine Maßnahme, die wohl vor allem gegen die salischen Herzöge und ihre starke herrschaftliche Stellung in der Stadt gerichtet war. Unklar ist, ob es unter Burchard auch zu einer äußeren Stadterweiterung gekommen ist. Die zunächst ungünstige Lage änderte sich erst, als König Heinrich II. nach seiner von Burchard unterstützten Wahl 1002 den Salierherzog Otto von Kärnten dazu bewegen konnte, seine Besitzungen in Worms – allen voran die vielleicht von Konrad dem Roten (gefallen 955, Grab im Dom) errichtete Burganlage an der Rheinfront – gegen königliche Besitzungen in Bruchsal einzutauschen, um sie Bischof Burchard als Belohnung dafür zu schenken, dass er ihn bei der Königswahl unterstützt hatte. Zu den weitreichenden Folgen der für Burchard wichtigen Demontage der salischen Stellung in der Stadt gehört die zunehmende Ausrichtung der neuen Königsfamilie, deren Angehörige seit der Mitte des 10. Jahrhunderts im Wormser Dom ihre letzte Ruhe gefunden hatten 40, auf ihre künftige Grablege in Speyer. Das Ziel Burchards musste die Herstellung und Sicherung der bischöflichen Stadtherrschaft auf der Grundlage der bis zum Jahr 979 den Bischöfen bestätigten Grafenrechte

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(Bannrechte, Zollrechte) sein. Der Rückzug der Salier bedeutete ohne Zweifel eine erhebliche Stärkung der Position des Bischofs. Allerdings kann das Verhältnis beider Seiten nicht so zerrüttet gewesen sein, wie dies die Burchard-Vita glauben machen will, zumal die Grablege der Familie im Dom auch nach Burchards Neubau fortbestanden hat. Bemerkenswert an dem beeindruckenden »großangelegten Urbanisierungsprogramm« 41 ist vor allem, dass es ohne vorherige Ansätze erfolgt ist, wie diese in den weitaus meisten Kathedralstädten links des Rheins zu beobachten sind. Burchard verlieh seiner Stadt innerhalb von 25 Jahren ein völlig neues Gesicht. Nach dem Vorbild seines Mainzer Lehrers ging Burchard sofort nach seinem Amtsantritt an den Neubau einer überaus großzügig geplanten Domkirche. Burchard setzte an die Stelle eines offenbar ungenügenden Gebäudes ein völlig neu konzipiertes Bauwerk in riesigen Dimensionen. Diese kann man an dem heutigen, aus dem 12. Jahrhundert stammenden Dom noch gut ablesen, denn der Grundriss wurde von Burchards Nachfolgern weitestgehend übernommen. Von dem Dom, bei dem nur die Apsiden eingewölbt waren, sind heute noch die Untergeschosse der Westtürme, die Sockelmauern der Ostteile und des südlichen Querschiffs sowie Reste des Fußbodens erhalten. Der noch nicht ganz fertig gestellte Dom wurde im Sommer 1018 anläßlich eines Aufenthalts von König Heinrich II. auf dessen Bitten hin geweiht. Zwei Jahre später stürzte der Westteil der Kirche ein. Innerhalb kurzer Zeit konnte dieser Rückschlag jedoch überwunden und der Dom – vielleicht 1022 – fertiggestellt werden. Als Spezifikum von Burchards Lebenswerk kann die Gründung, Förderung und Ausstattung von Kollegiatstiften angesehen werden 42. Das Gefüge dieser mit Ausnahme von St. Cyriakus/Neuhausen bis zur Säkularisierung kurz nach 1800 bestehenden Institutionen blieb über Jahrhunderte ein typischer Zug der geistlichen Ausstattung der Stadt. Während in anderen Bischofsstädten des 10. bis 12. Jahrhunderts überall sowohl Stifte als auch Benediktinerabteien gegründet wurden, konzentrierte sich Burchard ausschließlich auf die Förderung des kanonikalen Lebens. Dies und die gleichzeitigen Bemühungen um verbesserte Bildung und Ausbildung der Geistlichkeit hängen eng mit den Funktionen des Kanonikerstandes für die wachsenden Aufgaben der Verwaltung und Seelsorge in Stadt und Diözese zusammen. Die Multifunktionalität der von Burchard errichteten und geförderten Stifte ist besonders hervorzuheben: Weltliche Aufgaben (Beteiligung an der Verteidigung, Güterverwaltung, Sorge um Schriftlichkeit und Rechtsprechung etc.) und geistliche Funktionen (Seelsorge, Kampf gegen Aberglauben, Aufgaben für das Bistum usw.) gingen hier Hand in Hand. Sie waren wichtige Elemente der Herrschaft des Bischofs über die Stadt, das Umland und das Bistum und stellten für ihn ein unverzichtbares Loyalitätsnetz und ein personelles Reservoir dar. Zunächst galt Burchards Sorge dem Domstift, dessen materielle Grundlage verbessert wurde. Die Domschule als geistiges Zentrum stand am Beginn des 11. Jahrhunderts in hoher Blüte43. Ob bei der Zurückhaltung Burchards gegenüber dem benediktinischen Mönchtum auch die Nähe und Konkurrenz zu der knapp 20 Kilometer rechtsrheinisch schon im Mainzer Sprengel liegenden Benediktinerabtei Lorsch mit ihrer weit ausgreifenden Grundherrschaft, ihren Märkten und ihrem bedeutenden, öfter zu Konflikten führenden Einfluss gerade auch in der Region um Worms eine Rolle gespielt bzw. ob dieses Kloster möglicherweise den Bedarf an benediktinischer Lebensweise

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gedeckt hat, darüber kann man nur spekulieren44. Als Ausdruck der machtbewussten Stellung innerhalb seiner Stadt ließ Burchard nach dem Bericht der Vita in programmatischer Absicht die 1002 auf ihn übergegangene Salierburg bis auf die Grundmauern abreißen und mit denselben Baumaterialien ein dem Apostel Paulus geweihtes Stift errichten45. Dazu erfolgte die Anbringung einer Inschrift, dass die Errichtung des Stifts ob libertatem civitatis geschehen sei: Die Gründung erfolgte demnach »wegen der Freiheit der Stadt«, als Zeichen für die Herstellung der mit dieser gleichgesetzten bischöflichen Gewalt über Worms. Auch der zeitgenössische sächsische Chronist Thietmar von Merseburg deutete den Rückzug der Salier aus Worms als Akt städtischer Befreiung. Im Übrigen ist die Wahl des Kirchenlehrers Paulus als Patron auch unter dem erwähnten Gesichtspunkt der Förderung des Kanonikerstandes und seiner Bildung als programmatischer Schritt zu sehen46. Tatsächlich zog sich die mit Güterübertragungen verbundene Errichtung des Stifts, dem die ältere Rupertuskirche zugeordnet wurde, noch einige Jahre hin. Endgültig erfolgt ist die Stiftung nach Auskunft einer gefälschten Urkunde erst durch einen Rechtsakt vom Tag des Dom- und Stiftspatrons (29. 6.) im Jahr 1016. Für St. Andreas berichtet die Vita über die Verlegung der Klerikergemeinschaft unbekannter Verfassung von einer Stelle westlich außerhalb der ummauerten Stadt an deren südliche Peripherie. In diesem Fall wird die Funktion des Stifts als Teil der städtischen Verteidigungsorganisation sehr deutlich. Zugewiesen wurde dem besitzmäßig neu ausgestatteten Stift die nördlich benachbarte Magnuskirche. Im Nordwesten der ummauerten Stadt, nahe St. Lampert, wurde mit St. Martin ein Stift an der Stelle einer älteren Kirche, deren Anfänge ebenfalls unklar sind, errichtet. Der Bau der Kirche war jedoch nach Aussage der Vita bei Burchards Tod 1025 noch unvollendet; erstmals genannt ist das Stift 1016. Der Grundriss des Gotteshauses dürfte auf Burchards Bau des frühen 11. Jahrhunderts zurückgehen. In seiner späteren Gründungstradition hat sich das Martinsstift als eine kaiserliche Gründung Ottos III. (991/996) verstanden. Unklar ist, ob bzw. inwieweit die spätere, auch räumlich klar erkennbare Aufteilung des innerstädtischen Gebietes auf vier Pfarreien noch auf Burchard zurückzuführen ist. Die frühere Annahme einer Aufteilung durch Burchard und eine direkte Zuweisung von Pfarreifunktionen an die älteren, jeweils zugeordneten Kirchen wird in letzter Zeit zu Recht stark in Zweifel gezogen. Mit Nonnen- bzw. Mariamünster bestand im südöstlichen Vorstadtgebiet eine weibliche Religiosengemeinschaft, bei der unklar ist, ob sie nach der Benediktinerregel lebte oder als Frauenstift bestanden hat. Die Gründung soll angeblich auf Ludwig den Frommen zurückgehen (um 838/39). Burchard setzte hier seine Schwester Mathilde als Vorsteherin ein, befahl die Befolgung der kanonischen Regel und sorgte für eine ausreichende Güter- und Besitzausstattung. Auch für die Neubestimmung des Schicksals dieser Institution wurde der 29. Juni 1016 zum entscheidenden Tag. Am Hochfest des Dompatrons wurden nicht nur die Gründungs- und Ausstattungsurkunde für das Stift St. Paulus ausgefertigt, sondern auch Nonnenmünster eine neue Verfassung gegeben. Die Festlegung zentraler rechtlicher Bestimmungen für das Frauenstift und seinen Hörigenverband fand in einem eindrucksvollen Rahmen statt: Wie es in der Urkunde heißt, wurde sie im Dom »öffentlich vor dem Altar des heiligen Petrus« vorgenommen. Nach Angaben der Zeugenreihe der darüber ausgestellten Urkunde waren

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neben Burchard zehn hohe Geistliche, alle Stiftsherren von St. Cyriakus/Neuhausen, St. Andreas, St. Paulus und St. Martin sowie 43 namentlich genannte Laien sowie »fast alle Stadtbewohner« bei der Zeremonie anwesend 47. Unklar sind die Hintergründe der Errichtung der Bergkirche St. Peter in Hochheim (gut drei Kilometer vom Dom entfernt gelegen) mit ihrer auf Burchard zurückführbaren Krypta. Möglicherweise lässt sich mit dem Ort diejenige Stelle identifizieren, an der laut Lebensbeschreibung Burchard ein kleines Kloster (cella) mit einem oratorium (Gebetshaus) samt Wirtschaftsgebäuden errichtet hat. Die unter Burchard geschaffenen Strukturen blieben über Jahrhunderte für die Stadtgestalt bestimmend. Die geistliche Ausstattung bestand nach Burchards Tod zwei Jahrhunderte ohne eine Veränderung fort. Die Karte »Worms bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts« gibt den Zustand der Stadtentwicklung wieder und verzeichnet die quellenmäßig gesicherten Elemente der städtischen Topografie. Wesentlicher Bestandteil der umfassenden Ordnungsbemühungen Burchards war das vor dem Hintergrund chaotisch-anarchischer Zustände innerhalb des Hofrechtsverbandes (familia) und damit im Wormser Umland erlassene so genannte »Hofrecht«, ein »hervorragendes Zeugnis zur Rechts- und Sozialgeschichte des frühen 11. Jahrhunderts«48. Der Rechtstext gestattet einen Einblick in die Lebensverhältnisse um die Jahrtausendwende und zugleich in die genossenschaftlichen Strukturen der Bevölkerung. Die abhängigen Angehörigen des Verbandes waren demnach der Willkür von Vögten und Amtsträgern der bischöflichen Wirtschaftsverwaltung ausgesetzt; dauernde gewaltsame Auseinandersetzungen und Fehden verschiedener Familienverbände untereinander, Mord und Totschlag gehörten zur Tagesordnung. Die Stadt Worms tritt in den Bestimmungen als lokal hervorgehobener Bereich mit erhöhtem Stadtfrieden hervor. Die Regelungen befassen sich unter anderem mit der Wormser Stadtherrschaft; die Stadt wird in Fragen der Bannbuße und des Besitzrechts als eigener Rechtsraum definiert und von den übrigen bischöflichen Herrschaftsbereichen abgegrenzt. Die Bestimmungen über Darlehen und Geldvermögen weisen auf unfreie Handeltreibende innerhalb der familia hin. Hier wird bereits der Kern der späteren Ministerialität erkennbar, die seit dem hohen Mittelalter zur Triebfeder einer dynamischen Entwicklung der Stadt wurde: bischöfliche Dienstleute, die ihre ihnen ursprünglich übertragenen Funktionen in Verwaltung, Militär und Wirtschaft selbständig ausgebaut und Herrschaftsrechte über die Stadt und das Umland beansprucht haben. Sie waren zudem als Grundbesitzer in Stadt und Umland begütert und am Handelsleben beteiligt. Neben dem Charakter als Gemeinschaft mit außerordentlich breitem sozialem Spektrum ist auch die Funktion der familia als an den Domheiligen Petrus gebundener Kultverband von Bedeutung. Unter Burchard erfolgte zudem die Grundlegung des stets schmal gebliebenen Hochstifts, also der Aufbau eines weltlichen Herrschaftsgebietes der Wormser Bischöfe, mit einem Zentrum um die spätere bischöfliche Residenz Ladenburg. Auch Wimpfen am Neckar blieb bis in das 13. Jahrhundert ein dauerhaft gewichtiger Wormser »Stützpunkt«. Eine höchst wichtige und aktive Bevölkerungsgruppe waren die Juden, die vor allem als Träger des Handelsverkehrs tätig waren. Die ersten Hinweise auf die Existenz jüdischen Lebens reichen in Worms in das endende 10. Jahrhundert zurück. Die Juden haben in

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ihrer Funktion als überregional orientierte Handeltreibende offenbar die Nachfolge der im frühen Mittelalter bezeugten Friesen angetreten, deren Siedlungsschwerpunkt im nördlichen Stadtgebiet direkt an der Stadtmauer sie übernahmen. Die bedeutsame jüdische Gemeinde war im Jahr 1034 durch die Stiftung eines Ehepaares in den Besitz einer Synagoge gekommen (vgl. Abb. 76, S. 667). Dies lässt auf gefestigte Gemeindestrukturen und eine beachtliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit schließen 49. Das Wormser Bistum gehörte zu den kleinsten im deutschen Reichsgebiet, hatte jedoch Anteil an einer fruchtbaren und politisch höchst wichtigen Zentrallandschaft des mittelalterlichen Deutschlands 50. Die Herausbildung der Diözese als geistlicher Jurisdiktionsbezirk des Bischofs geht noch auf die Merowingerzeit zurück. In diese Zeit fällt mit der Erwerbung von Ladenburg und Wimpfen der Gewinn dauerhaft wichtiger rechtsrheinischer Stützpunkte des sich neckaraufwärts erstreckenden, an der Verkehrsachse in Richtung zur Donau hin orientierten Bistums. In der Karolingerzeit war Worms als Suffragan des Mainzer Erzbistums in die nun endgültig verfestigte Kirchenverfassung eingebunden worden (s. o.). Die Bedeutung der Stadt für die Herrscher hatte auch eine Stabilisierung der Bistumsstrukturen zur Folge, nachdem nach der Gründung des Bistums Würzburg 742 der Neckar zur Bistumsgrenze geworden war. Seit der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts kam es zu zahlreichen Schenkungen von Rechten, Einkünften und Besitzungen aus königlichem Eigentum an das Bistum. Hier liegt der Keim für die Herausbildung eines weltlichen Herrschaftsbereiches der Bischöfe, des in Resten bis zum Ende des Alten Reiches um 1800 bestehenden Hochstifts Worms. Eine Sonderstellung besaß dabei der auf starken römischen Überresten erbaute Ort Ladenburg, der im späten Mittelalter zur Residenz der Wormser Bischöfe wurde51. Auch hier, wo die Bischöfe auch über Zoll- und Marktrechte verfügten, engagierte sich Burchard. In seine Zeit fällt möglicherweise zudem eine Stiftsgründung in (Bad) Wimpfen im Tal, dem zweiten präurbanen Stützpunkt der Wormser Kirche. Entlang einer Achse Worms – Ladenburg – Wimpfen war Burchard auf älteren Grundlagen um eine Herrschaftssicherung bemüht, wobei Worms vor allem mit der Abtei Lorsch in Konkurrenz trat. Die von Burchard gegründeten bzw. gestärkten Wormser Stifte erhielten durch die Zuweisung von Archidiakonatsbezirken innerhalb des Bistums zugleich Verwaltungsfunktionen für die Diözese. Bischof Burchard starb am 20. August 1025. Gemäß der Sitte der Zeit trugen die milites des Bischofs seinen Leichnam durch alle Kirchen zum Dom. Bestattet wurde Burchard im Westchor des Doms vor dem Laurentiusaltar. Bei Grabungen im Zuge der Domrestaurierung fand man im Jahr 1907 am Eingang des Chores seine Grabstelle. Burchards Nachfolger Azecho verfügte 1033 die regelmäßige Feier einer Messe am Todestag Burchards. Wie sehr die Verehrung des Verstorbenen bzw. die Erinnerung an ihn in Worms nach dessen Tod anhielt, zeigt das um 1116 verfasste Vorwort zu der Abschrift des Hofrechts. Im Prolog heißt es von Burchard, sein Andenken werde wegen des Vorrangs seiner Verdienste bei den Menschen gefeiert und sei unsterblich; seine Leistungen bezeugten Klerus und Volk ebenso wie die verschönerte und vergrößerte Stadt (civitas adornata et adaucta) sowie das ganze Bistum, das mit Gütern und Besitz reich ausgestattet worden sei. 52

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Die Formierung der Stadt: Worms in der Salierzeit (1025 –1125) Die Entwicklung der Stadt in der Zeit nach 1025 liegt bis um 1073/74 in tiefem Dunkel. Nach den großen Anstrengungen unter Burchard kehrte jedenfalls hinsichtlich der äußeren Entwicklung wieder mehr Ruhe ein. Nur mit Mühe sind die Grundzüge der Bischofsherrschaft und die unterschiedlich engen Beziehungen zum Reich und den salischen Herrschern erkennbar53. Wichtig erscheint, dass der Dom trotz des beginnenden Ausbaus von Speyer als künftiger Familiengrablege der Königsfamilie unter Konrad II. in der Funktion als Familiengrab zunächst noch gestärkt wird; dies erfolgt durch seine in der Forschung stark beachtete Memorienstiftung für die Wormser Domkirche vom 30. Januar 1034, die auch für die Rekonstruktion der Grabanlage grundlegende Bedeutung besitzt54. Demnach ruhen die namentlich genannten Körper der Familienangehörigen am Heilig-Kreuz-Altar. Verfügt werden die Abhaltung einer täglichen Messe, die Anbringung einer ewigen Lampe und die Festlegung feierlicher Messen samt Ausgabe von Almosen am Jahrtag von Konrads hier bestattetem Vater Graf Heinrich. Die Nennung des Heilig-Kreuz-Altars lässt vor dem Hintergrund der engen Bindungen der Salier an dieses aufblühende Patrozinium bzw. die sehr rasch wachsende Kreuzesverehrung die Annahme gerechtfertigt erscheinen, dass im Zusammenhang der Stiftung auch der Altar – etwa zwölf Jahre nach dem Abschluss des Dom-Neubaus – gestiftet bzw. errichtet worden sein könnte. Im Juni 1034 beurkundete Burchards Nachfolger Bischof Azecho (1025 –1044) die von ihm im Dom erfolgte Stiftung eines Altars der beiden römischen Märtyrerheiligen Hippolyt und Nikomedes zum Gedächtnis und für das Seelenheil seines »senior« Kaiser Konrad II. und seiner Frau Gisela sowie ihres Sohnes Heinrich samt einer Güterübertragung

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. Daneben stehen zwei fast zeitgleiche weitere Altarstiftungen zu Gunsten der

Heiligen Mauritius und Kilian in den Jahren 1033/34, die den Eindruck einer gezielten kultischen Aufwertung des Dombereichs und die beabsichtigte Stärkung des Memorialdienstes am Dom unterstreichen. Neben der Dotierung einer dem heiligen Mauritius geweihten Kapelle wohl südlich des Domes kommt es zur Stiftung einer dem heiligen Kilian geweihten Kapelle im Bereich der inneren Stadt 56. Besonders wichtig ist die 1058 geweihte Nikolauskapelle57, Zeugnis für die beginnende Verehrung des Heiligen im Rheinland (vgl. Weiheinschrift Abb. 84 S. 741). Die zeitweilig engen Bindungen von Bischöfen und Stadt an das Reich spiegeln sich vor allem in den zahlreichen Hof- und Reichstagen wieder, von denen die Wormser Versammlung vom Dezember 1048, auf der König Heinrich III. mit Bruno von Toul (Leo IX.) den für die Reform der Kirche sehr wichtigen, aus dem Elsass stammenden Geistlichen zum künftigen Papst designiert hat, herausragt58. Heinrich III. hat sich öfter in Worms aufgehalten, wobei unter seinem Nachfolger Heinrich IV. die Bedeutung der Stadt für das Königtum noch stärker greifbar ist; so hat dieser zwischen 1066 und 1076 etwa 20-mal in der Stadt geweilt und hier mehrfach hohe Kirchenfeste begangen 59. Quellenbedingt ist die Fortentwicklung der bischöflichen Stadtherrschaft für die Zeit von Burchards Nachfolgern kaum zu rekonstruieren60. Die Jahrzehnte nach 1025 müssen jedoch gleichsam als eine Inkubationszeit für grundlegende gesellschaftliche Entwicklungsprozesse angesehen werden, die unter anderem mit dem Begriff der Zensualität ver-

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bunden sind. Ausgangspunkt für die Beleuchtung der innerstädtischen Verhältnisse ist das erwähnte Hofrecht (um 1023/25), das mit der Erwähnung regelmäßiger, rechtlich geschützter Versammlungen der Bürger (conventus concivium) ein interessantes Indiz für die Existenz einer Gerichtsgemeinde der Stadtbewohner erkennbar macht61. In der jüngeren Literatur – unter anderem für das in vielem mit Worms vergleichbare Speyer62 – wird vor allem die Rolle der Zensualität für die Stadtentwicklung betont, die seit der Zeit Burchards auch in Worms nachgewiesen werden kann. Die Teilhabe des personellen Umfelds des Stadtherrn an dessen Entscheidungen ist eine seit der Zeit Bischof Burchards hervortretende Konstante des bischöflichen Handelns. Das Ausmaß der Fortentwicklung der städtischen Verhältnisse tritt nach längerem Schweigen der Quellen zum Jahreswechsel 1073/74 plötzlich in das Licht der Überlieferung. Vor dem Hintergrund der krisenhaft zugespitzten politischen Situation im Reich und angesichts einer nahezu aussichtslosen Lage für die Königsherrschaft Heinrichs IV. wurde dieser nach dem Bericht des zeitgenössischen Chronisten Lampert von Hersfeld von den Stadtbürgern feierlich in die Stadt aufgenommen, nachdem der Stadtherr vertrieben worden war. Bewaffnet und gerüstet zogen die Wormser Heinrich entgegen, gelobten ihm Beistand und schworen Treue und Hilfe. So verfügte der König nach Lamperts Worten über eine hervorragend befestigte Stadt; sie war nach seiner Schilderung »volkreich, ihre Mauern uneinnehmbar, durch die Fruchtbarkeit der Umgebung war Worms reich« 63. Die Stadt verfügte offenbar über starke Befestigungsanlagen und einen ausgeprägten Wehrcharakter. Die Wehrgemeinschaft der Stadtbewohner kann als wesentliches gemeinschaftsförderndes Element angesehen werden. Deutlich wird die enge Bindung an den König und sein personelles Umfeld. Die Wormser Bürger treten erstmals als politisch-militärischer Faktor hervor, während der Bischof aus der Stadt ausziehen muss. Von nun an spielt die Stadt eine wesentliche Rolle für das salische Königtum. Als programmatisches Dokument der Dankbarkeit in einer außergewöhnlichen politischen Konstellation, als demonstratives politisches Manifest ist die von Heinrich IV. am 18. Januar 1074 den Wormsern ausgestellte, im Stadtarchiv erhaltene Urkunde anzusehen, deren dispositiver Teil lediglich einen Satz enthält und die vor allem ein Lob der als vorbildlich gefeierten Tat der Bewohner (Uormatiensis civitatis habitatores) darstellt64. Den »Juden und übrigen Wormsern« wird im Gegenzug für ihre Hilfe der Zoll an genannten königlichen Zollstätten erlassen. Festzuhalten ist, dass es sich hier um die erste den Bewohnern einer Stadt als Kollektiv ausgestellte Herrscherurkunde im Deutschen Reich überhaupt handelt. Für die Situation in der Stadt ist es interessant, dass die Bewohner im Vorfeld gemeinschaftlich gehandelt hatten (communi civium favore). Bereits die Tatsache, dass die Urkunde und die nach ihr folgenden Privilegien in einer städtischen Archivüberlieferung verblieben sind, zeigt, dass es ein funktionsfähiges Leitungs- und Beratungsgremium oder eine (wie auch immer geartete) auf Dauerhaftigkeit angelegte kommunale Organisationsform vor der Herausbildung einer fester institutionalisierten Stadtgemeinde gegeben haben muss. Nicht zu unterschätzen sind die legitimatorische Wirkung, die Freisetzung weiterer Triebkräfte zur fortschreitenden Gemeinschaftsbildung und die Steigerung des Selbstwertgefühls der Wormser frühstädtischen Führungsgruppe.

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Die Jahre 1073/74 markieren neben der erstmaligen Anerkennung der Gemeinschaft der Stadtbewohner auf der Grundlage einer außerordentlichen ökonomisch-politischmilitärischen Machtstellung unter ausdrücklichem Einschluss der den Herrschern nahe stehenden, an Wirtschaftskraft und Handel besonders stark beteiligten Juden den Beginn einer bis zum Jahr 1125 reichenden Epoche nahezu ohne jede bischöfliche Herrschaft in der bzw. über die Stadt65. An die Stelle des formalen Stadtherrn (Bischof Adalbert lässt sich vor seinem Tod 1107 nur noch sehr kurzzeitig in Worms handelnd nachweisen) tritt nun bis 1125 das salische Königtum als diejenige Kraft, die die Stadtherrschaft und die finanziell-militärische Nutzung der Stadt und ihres Umlandes beansprucht. Dass dies in langen Zeiträumen der Abwesenheit der Herrscher und ihres Gefolges den städtischen Kreisen erheblich gesteigerte Einflussmöglichkeiten gab, ja dass die Fortexistenz öffentlicher Ordnung nun weitaus stärker die Beteiligung der Bürger und der führenden Familien an den öffentlichen Belangen notwendig machte, muss als Grundzug für die spätsalische Zeit beachtet werden. Seit den 1070er Jahren mehren sich die Anzeichen für ein gemeinschaftliches Handeln der Bewohner von Worms66. Im Zusammenhang mit der Wahl des Gegenkönigs Rudolf von Rheinfelden 1077 haben sich die mit militärischer Macht auftretenden Bürger gegen ihren zwischenzeitlich nach Worms zurückgekehrten Bischof Adalbert und den König verschworen67. Das Interesse der salischen Herrscher an der Stadt hatte seinen Grund auch in den Beziehungen zu den ihnen unterstellen Juden und ihrer bedeutsamen Wormser Gemeinde. Seinen besonderen Ausdruck findet die äußerst enge Bindung zwischen den Juden und dem Herrscher in den Bestimmungen des Diploms Heinrichs IV. für die iudei de Wormacia (1090), die in gleicher Form den Juden von Speyer zugesichert und wohl von dieser Vorlage her übernommen wurden. Bekräftigt werden hier die Erlaubnis zum Geldwechsel, die Verfügung über christliche Dienstleute, die Bestätigung des Hausbesitzes der Juden an der Stadtmauer, das Verbot von Zwangstaufen sowie weitere, offenbar vom jüdischen Recht beeinflusste rechtliche Bestimmungen. Der König nahm in Worms die unmittelbare Schutzgewalt über die Juden in die Hand. Unklar bleiben Fragen der Gemeindeverfassung. Ein Vorsteher der Gemeinde ist sicher anzunehmen, er wird hier als »deren Bischof« (episcopus eorum) vorausgesetzt68. Auf die Existenz eines ratsähnlichen Gremiums an der Gemeindespitze scheinen die hebräischen Quellen zur Kreuzzugsverfolgung von Mai 1096 zu verweisen, die für Worms die »Häupter der Gemeinde« nennen. Dem Herkommen entspricht die herrscherlich zugestandene Wahl von Funktionsträgern innerhalb der Gemeinde. Streitigkeiten unter den Juden sollen von ihnen selbst nach jüdischem Recht entschieden werden. Die Gemeinde als religiös fundierter Verband ist somit seit dem 11. Jahrhundert nachweisbar. Dass diese herrscherlich begünstigte Verbandsbildung nicht ohne Vorbildwirkungen für die noch ganz in den Anfängen stehende, gerade in den Jahren um 1100 in ihrer frühen Formierungsphase begriffene christliche Einwohnergemeinschaft geblieben ist, davon darf man schon angesichts des verhältnismäßig großen Anteils der Juden an Bevölkerung und Wirtschaftskraft der Stadt sicher ausgehen. So glänzend sich die Situation zum Zeitpunkt der Urkundenausstellung für die Juden theoretisch darstellt, so jäh ist die Katastrophe des Kreuzzugspogroms vom Mai 1096 gerade über die Wormser Gemeinde

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hereingebrochen. Michael Toch sieht die Lehrhäuser in Worms und anderswo »tödlich getroffen« und geht von einem dramatischen Einbruch des geistigen Schaffens in Worms und Mainz aus69. Wie geradezu erbärmlich es um die bischöfliche Autorität (aber auch die Eingriffsmöglichkeiten des Königtums) in der Stadt bestellt war, darauf werfen die Ereignisse des Pogroms am Beginn des Ersten Kreuzzugs ein grelles Licht. Wir wissen nicht einmal, wer zu dieser Zeit überhaupt anstelle des zwischenzeitlich abgesetzten Adalbert Oberhirte war. Es war keiner Seite möglich, das mehrtägige Blutbad mit seinen in die Hunderte gehenden Todesopfern zu verhindern oder die Juden zu schützen, wie dies der Speyerer Bischof für die von ihm 1084 angesiedelten Juden vermocht hat. Einer hebräischen Quellen zu entnehmenden Legende zufolge sollen die zwölf Gemeindevorsteher den Wormser Stadtrat (!) vergeblich um Schutz ersucht und nach dessen Verweigerung ermordet haben, bevor sie sich auf dem Friedhof das Leben nahmen. Die Ereignisse von 1096, für die Kreuzfahrer, Stadtbürger und Bewohner des Umlandes verantwortlich waren, bedeuteten einen tiefen Einschnitt vor allem in die seit der Jahrhundertmitte in hoher Blüte stehende Gelehrsamkeit der Wormser Talmud-Hochschule, an der mit Rabbi Salomo ben Isaak (Raschi) aus Troyes um 1060/65 eine der später größten Autoritäten der jüdischen Religionsgeschichte studiert hatte. Die Wormser Talmudhochschule (Jeschiwa) besaß in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts eine ungeheure Attraktivität; die Gemeinde, die ab 1076/77 einen Friedhof südwestlich vor der Stadt belegte (vgl. Karte 18, S. 684), stand in hoher Blüte. Die leidlich rasche Wiedergewinnung ökonomischer Potenz im Laufe des frühen 12. Jahrhunderts kann die tief greifenden Folgen des schweren Pogroms auch im Selbstverständnis und im kollektiven Gedächtnis der Gemeinde nicht überschatten. In den ersten Jahren des 12. Jahrhunderts tritt uns in einer wirtschafts- wie verfassungsgeschichtlich gleichermaßen wichtigen Urkunde erstmals die beratende und in herrschaftlichen Belangen mitentscheidende Funktion einer Gruppe von optimates entgegen: In einem um 1106/07 von Bischof Adalbert ausgestellten Privileg heißt es, er habe auf Bitten und mit Beratung des Grafen Werner und anderer seiner »Besten« eine Gemeinschaft von 23 Fischhändlern mit einem erblichen Recht auf Mitgliedschaft eingerichtet, wobei das Recht auf Zuwahl in die Gemeinschaft »durch gemeinsame Beratung der Stadtbewohner« (urbanorum communi consilio) geregelt wird70. Dem Gremium wird das ausschließliche Recht auf den Handel mit Fisch in einem Bereich um die Stadt Worms herum zugesprochen. Die Maßnahme steht offenbar in einem Zusammenhang mit weiteren, Markt und Handelsleben betreffenden Verfügungen des Bischofs, wobei auch die Domkirche in die Verwaltung des Wirtschaftslebens einbezogen worden ist. Hinsichtlich der Frage nach der Stadtverfassung ist zunächst der erstmalige Hinweis auf den von den Saliern eingesetzten Stadtgrafen und Hochstiftsvogt von Bedeutung 71. Von besonderem Interesse ist sodann die Selbstverständlichkeit, mit der diese Maßnahme durch Rat und Zustimmung eines Melioratsverbandes mitbestimmt wird, eine Rolle, die die Beteiligten für die Zukunft ausdrücklich fixieren. Nach der jahrzehntelangen Abwesenheit war eine Abstützung der bischöflichen Herrschaft (die – bedingt durch den Tod Adalberts 1107 – eine Episode bleiben sollte) durch Heranziehung der inzwischen gestärkten städtischen Kräfte offenbar unbedingt erforderlich.

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Über die Verhältnisse in der Stadt erfahren wir drei Jahre nach Adalberts Tod – der Bischofssitz ist vakant – Näheres. Im Jahr 1110 wird in einer Notiz über eine Gütertransaktion des Paulusstifts von einer (sonst nicht bekannten) Memorienstiftung in der Zeit Bischof Arnolds (1044 –1065) berichtet, die dieser zu Gunsten Kaiser Heinrichs II. (1002 – 1024) und dessen Gemahlin Kunigunde am Stift St. Paulus verfügt und dazu Besitzungen übertragen habe. Damit sollte deren Jahrgedächtnis von den Kanonikern in feierlicher Form durchgeführt werden72. Da jedoch die Pröpste in der Vergangenheit die Besitzungen entfremdet hätten, habe dieser die Großen (maiores) unter den Klerikern und Laien in der Stadt zusammengerufen, um über die damit zusammenhängenden Fragen zu beraten (convocatis de civitate maioribus clericis scilicet et laicis). Das Stift St. Paul hat eine der Legitimation dienende Versammlung der geistlichen und weltlichen Großen der Stadt zusammengerufen. Wie gesehen amtierte in dieser Zeit kein bischöflicher Stadtherr, Worms stand vielmehr unter direkter herrschaftlicher Kontrolle Kaiser Heinrichs V. 73 Unter diesen Umständen haben offenbar gemeinsam mit den führenden ministerialischen Laien insbesondere die Wormser Stifte, an ihrer Spitze das Domkapitel, faktisch zentrale Aufgaben in der Organisation des städtischen Gemeinwesens übernommen. Die Liste der anwesenden städtischen Großen umfasst 30 Kleriker (darunter vier Stiftsdekane) und 30 Laien. In diesem öffentlichen Rahmen sind dann die korrigierenden Bekundungen erfolgt. Dabei werden Festlegungen über Fragen des Totengedenkens, auch und gerade für Heinrich II., getroffen. Anwesend sind insgesamt sechs Erzbischöfe bzw. Bischöfe, sodass der Vorgang im Zusammenhang mit dem Aufenthalt Heinrichs V. und seines Gefolges anlässlich einer Weihehandlung am Dom im Juni 111074 steht und auf diese Weise die besonders engen Bindungen der Stadt an den Herrscher markiert. Die Bestimmungen über das gleichsam kollektiv von Laien wie Geistlichen erneuerte Gedächtnis für das Königshaus verweist in auffälliger Weise auf die Bestimmungen in der bekannten Stiftung Heinrichs V. für das Totengedächtnis für sich und seine Vorfahren, das dieser gut ein Jahr später für den Dom zu Speyer fixiert hat. Angesichts der engen Beziehungen beider Seiten ist es sicher kein Zufall, dass die Stadtbevölkerung von Worms in diese zumindest indirekte Regelung des Gebetsgedenkens für Heinrich II. und andere Personen mit einbezogen worden ist. Die Urkunde wirft ein Schlaglicht auf die engen Beziehungen zwischen dem salischen Königtum, dem Paulusstift und der zunehmend an Fragen des Totengedenkens interessierten laikalen Führungsgruppe innerhalb der politisch aktiven Stadtbevölkerung, einen Zusammenhang, den wir allerdings mangels einer fehlenden Nekrologüberlieferung (im Gegensatz zur Situation in Speyer, wo das laikale Totengedenken in der Domkirche bereits um diese Zeit nachweisbar ist75) nicht genauer fassen können. Die Verfügung datiert nur wenige Jahre nach dem durch neuere Forschungen ermittelten Zeitpunkt, an welchem unmittelbar nach dem Ersten Kreuzzug (1096 –1099) die orientalischen Vorbildern verpflichteten Bekrönungen der Türme der Stiftskirche von St. Paulus fertig gestellt worden sind (um 1105 –1108), kunst- und kulturgeschichtliche Besonderheiten, die wiederum Vorbildwirkungen auch über Worms hinaus entfaltet haben76. Das Verhältnis der Stadt Worms zu Heinrich V. ist zum einen von punktuellen militärischen Aktionen der Bürger gegen den Herrscher in den Jahren 1111, 1114 und 1124,

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zum anderen von der Erteilung wichtiger Privilegien, mit denen der Rechtsstatus der Bürgerschaft abgesichert und (zumindest partiell) erweitert wurde, gekennzeichnet77. Das mehrmalige militärische Vorgehen der Wormser ab 1111 löst sich bis zu Heinrichs Tod 1125 mit Phasen des friedlichen Miteinanders ab. Auch andere Bischofsstädte erweisen sich in der Zeit des Investiturstreits als militärisch-politische Machtfaktoren. Erstmals gingen die Wormser im September 1111 gegen den Herrscher vor, der sich erkrankt in Neuhausen, dem wenige Kilometer nördlich von Worms gelegenen Sitz des St. Cyriakusstifts, aufhielt. Im Hintergrund stand möglicherweise der Wunsch nach einer Bestätigung bzw. Erweiterung der Privilegien, nachdem die Speyerer Bürger unmittelbar zuvor ein herausragendes und in der Stadtgeschichtsforschung zu Recht stark beachtetes Privileg erhalten hatten (s. u.). Als Handelnde treten 1111 in den erzählenden Quellen die Wormser hervor, die einen bewaffneten Vorstoß unternommen hätten. Im Zusammenhang des schweren Konflikts zwischen Heinrich V. und seinem Kanzler, dem Mainzer Erzbischof Adalbert I. von Saarbrücken, trat dann Ende 1112 auf kaiserlicher Seite der Vorwurf auf, Adalbert habe Klerus und Volk von Worms gezwungen, einen Bischof zu wählen und den Tod des Herrschers vorzubereiten 78. Adalbert habe es vermocht, fast die ganze Bürgerschaft gegen den Kaiser zu bewaffnen. Wenige Jahre später, im August 1116, wird erneut über ein militärisches Vorgehen städtischer Kräfte gegen den Salier berichtet. Herzog Friedrich von Schwaben und weitere Anhänger Heinrichs V. hielten die Stadt besetzt und standen in Friedensverhandlungen mit ihrem Gegner Adalbert von Mainz, als die Besatzung der Stadt ohne Rückversicherung bei ihren Anführern einen Ausfall aus Worms vornahm. Infolgedessen wurden die Wormser völlig geschlagen und mussten sich in die Stadt zurückziehen, die durch einen Brand größtenteils zerstört wurde 79. Einen dramatischen Höhepunkt erreichten die kriegerischen Auseinandersetzungen beider Seiten im Sommer des Jahres 1124, als sich die städtischen Kräfte zum Abfall von Heinrich V. entschlossen. Unterstützt wurden die Wormser dabei von Herzog Friedrich von Schwaben, der gegen den Willen des Kaisers den für Worms vorgesehenen neuen Bischof Buggo in die Stadt eingeführt hatte. Dieser sollte nach dem Willen Heinrichs V., der die Stadt direkt verwalten und ihre Einkünfte nutzen wollte, von der Herrschaft über Worms ausgeschlossen bleiben. Die Wormser bemächtigten sich des von kaiserlicher Seite in Neuhausen angelegten befestigten Platzes und zerstörten ihn. Es gelang Kaiser Heinrich V. und seinem Gefolge jedoch, die Übergabe der Stadt zu erzwingen. Zahlreiche Angehörige der städtischen Führungsgruppe (meliores) wurden niedergemacht, die Stadt bekam eine hohe Strafsumme auferlegt. Der Bischof musste Worms wieder verlassen und konnte erst nach Heinrichs Tod 1125 seine faktische Herrschaft über die Stadt antreten 80. Diese Quellenzeugnisse lassen erkennen, dass das militärisch-politische Agieren gegen den faktischen Stadtherrn eine für die führenden Kräfte aufwändige und risikobehaftete Angelegenheit blieb. Am 23. September 1122 wurde die Stadt Worms zum Ort eines höchst bedeutsamen Ereignisses. Das von Legaten des Papstes und Vertretern des Königs ausgehandelte so genannte »Wormser Konkordat« wurde urkundlich fixiert und regelte nun die seit den Tagen Papst Gregors VII. (1073–1085) strittige Investiturfrage. Auf den »Loubwiesen« – auf der rechten Rheinseite vor Worms gelegen – kam es zu einer vertraglichen Vereinbarung

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über die Investitur der Bischöfe und Reichsäbte: Heinrich V. verzichtete auf die Investitur der Bischöfe mit den geistlichen Symbolen Ring und Stab und garantierte die freie kanonische Wahl und ungehinderte Weihe der Bischöfe, während dem Herrscher innerhalb des Regnum Teutonicum die Wahl der Reichsbischöfe in seiner Gegenwart zugesichert wurde. Der Einfluss des Königs auf die Besetzung der Bischofsstühle blieb auf diese Weise grundsätzlich gewahrt. Der Streit zwischen dem Papsttum und den salischen Reichsherrschern wurde mithin im Wege eines Kompromisses beigelegt81. Wie bereits erwähnt, kam es unter Heinrich V. zu einer deutlichen Fortentwicklung der Anerkennung bzw. Förderung des Städtewesens. Die einschlägigen inschriftlichen und urkundlichen Zeugnisse aus Speyer (111182) und Worms (1112 und 111483) sind in den letzten Jahrzehnten von der stadtgeschichtlichen Literatur immer wieder herangezogen worden, um die frühe und in vielem vorbildgebende Entwicklung hin zum verbandsmäßigen Zusammenschluss der Bürger sowie die Tendenz zur Angleichung ihres sich verbessernden Rechtsstandes aufzuzeigen. Allerdings wird man künftig die Beurteilung der beiden im Stadtarchiv verwahrten Wormser Diplome von 1112 und 1114 wesentlich differenzierter handhaben müssen, da diese nach jüngerer, überzeugender Einschätzung als verunechtet gelten müssen. Die im Oktober 1112 den Bürgern von Worms (Warmacienses cives) wie auch den Juden ausgestellte Urkunde84 (vgl. Abb. 12 und Tafel 8a) bestätigte zunächst die von Heinrich IV. gewährte Zollfreiheit an königlichen Zollstätten und erließ den Wormsern darüber hinaus das jährlich zu entrichtende Wachtgeld. Dafür wurde ihnen im Gegenzug die Aufrechterhaltung der städtischen Bewachung (custodia civitatis) ausdrücklich eingeschärft, eine Leistung, welche die Städter jetzt offenbar mit eigenen Mitteln gewährleisten sollten. In diesem Teil ist die Urkunde als echt anzusehen. Probleme bereitet allerdings ein Nachsatz, der die Wertschätzung der Wormser Bürger ausdrücklich betont und von dem angenommen werden muss, dass er nachträglich eingefügt wurde. Die Wormser fügten diesen besonderen Ausdruck ihres Selbstwertgefühls in Gestalt einer Betonung ihres gehobenen Rechtsstatus eigenmächtig dem Text zu, nachdem ihnen der Herrscher diesen Rang eventuell nicht mehr zugestehen wollte. Gut zwei Jahre später, am 30. November 1114, wurde eine weitere Urkunde Heinrichs ausgestellt, in der eine Reihe von (angeblichen) Rechtsverbesserungen bestätigt wird. Auch diese Urkunde wird in der stadtgeschichtlichen Forschung immer wieder herangezogen85. Das Hauptproblem bei der Auswertung des wohl sehr bald nach 1114 hergestellten Diploms besteht in der Trennung zwischen dem auf eine tatsächliche Verfügung zurückgehenden wahren Kern von fälschenden Zutaten der Wormser. Der Inhalt zerfällt in zwei Teile: Zum Ersten erfolgen erbrechtliche Regelungen hinsichtlich Eheschließungen von Personen aus unterschiedlichen Hofrechtsverbänden. Dabei werden Anordnungen getroffen, die den 1111 für Speyer fixierten Bestimmungen entsprechen und den Rechtsstatus und die Rechtssicherheit für die Stadtbewohner in Richtung auf ein uneingeschränktes Erbrecht verbessern. Die Bestimmungen des Diploms können in ihrem ersten Teil Glaubhaftigkeit beanspruchen, da sie durch die spätere Urkunde Barbarossas von 1184 (s. u.) nicht nur bestätigt, sondern noch ausgeweitet wurden. Schwieriger erscheint eine Bewertung des zweiten Teils. Hier geht es um die Verpflichtung zur Über-

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Abb. 12: Diplom Kaiser Heinrichs V. für Worms, 1112 (StadtA Wo Abt. 1 A I Nr. 4)

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nahme eines königlichen Amtes durch die Bürger, die Aufsicht über den Schiffszoll. Keiner der Städter dürfe von städtischen Funktionsträgern (a magistratibus urbis) als Bevollmächtigter für diese dem Herrscher zustehende Abgabe eingesetzt werden. Als Anreiz für die Übernahme der Funktion wird ein genau festgelegter Teil des Tuchzolls als zusätzliche Amtsausstattung festgesetzt. Erkennbar wird hier der Zugriff des Herrschers auf die finanziell bzw. ökonomisch relevanten Ressourcen. Eine Funktion des städtischen Handelsund Verkehrslebens, im Auftrag und auf Rechnung des Herrschers vermutlich durch städtische Kaufleute ausgeübt, wird von Amtsträgern des Königs für die Stadt bzw. von einem eigenständigen städtischen Gremium an Bürger vergeben und dazu mit Zuwendungen aus regelmäßigen Einnahmen ausgestattet – so will der zweite Teil des Diploms glauben machen. Trotz der Bestätigung der Bestimmungen im Diplom Barbarossas 1184 stellt uns dieser wirtschaftsgeschichtlich wichtige Abschnitt vor noch nicht gelöste Probleme. Vom Meliorat und den städtischen Führungsgremien war bereits die Rede. Ein aufschlussreicher Hinweis auf das Vorhandensein informeller Beratungs- und Beschlussgremien in der Stadt am Ende der salischen Zeit findet sich in einer Quelle, deren Bedeutung für die Wormser Stadtgeschichte des späten 11. und frühen 12. Jahrhunderts in mehrerer Hinsicht kaum hoch genug eingeschätzt werden kann, der kurz nach 1132 niedergeschriebenen »Vita Eckenberti«, einer Lebensbeschreibung des Gründers des Regularkanonikerstifts Frankenthal unweit südlich von Worms86. In dieser Erzählung wird von der gewaltsamen Gefangennahme und Misshandlung eines Mannes durch einen Richter berichtet. Dieser vor der Rache in den Dom geflüchtete Richter soll vor einer aufgebrachten Menge von Eckenbert geschützt worden sein. Im Zusammenhang mit den Verhandlungen über das weitere Schicksal des Mannes wird nun eine Art Ältestenrat (seniorum consilium) erwähnt, das dem Mann den Frieden gewährt habe. Offenkundig bestand um 1125, kurz nach dem Tod Heinrichs V. und am Beginn der Bischofsherrschaft Buggos, ein informelles Beratungsgremium von Ältesten, die in Fragen der inneren Ordnung der Stadt rechtsprechend und ordnend in der Stadt tätig waren. Möglicherweise handelt es sich hierbei um eine Erwähnung des bischöflichen Hoch- bzw. Friedensgerichts. Dies wäre ein wichtiger Hinweis auf die Nähe zwischen dem anzunehmenden Beratungsgremium an der Stadtspitze und dem im Namen des Bischofs ausgeübten Gerichtswesen als Ansatzpunkt für die Beteiligung von führenden Laien an Fragen der inneren Ordnung und Verwaltung der Civitas sowie zugleich ein Hinweis auf einen Vorläufer des 1180 erstmals genannten Friedensrichter-Gremiums (s. u.). Die Vita Eckenberti gewährt uns weit darüber hinaus Einblicke in die gesellschaftliche Struktur und die religiös-politischen Handlungsweisen exponierter Personen und Familien im Kontext der Ministerialität und der Kanonikerreform. Sie führt mitten hinein in den Bereich der Verbindungen zwischen städtischer Entwicklung und städtischer Führungsgruppe zum einen und den wirkmächtigen religiös-monastischen Reformbestrebungen in der Zeit des Investiturstreits zum anderen. Faszinierend sind Person, Stand, Lebenslauf und verwandtschaftlicher Hintergrund des bischöflichen Ministerialen. Sein kurz nach seinem Tod 1132 schreibender Biograf bezeichnet den um 1080 geborenen Eckenbert als »Bürger adliger Abkunft«. Die Quellen lassen erkennen, dass er verwandtschaftlich mit dem bischöflichen Umfeld verbunden ist, einer sehr reichen Familie entstammt und von seinen Eltern als Erbe eines großen

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Vermögens für eine ritterliche Karriere vorgesehen war. Zugleich wird er in der bischöflichen Bestätigungsurkunde für Frankenthal von 112587 als »Bürger unserer Stadt« bezeichnet. Besonders interessant ist die Erziehung Eckenberts, der von seinen Eltern dem Abt des Klosters Limburg anvertraut und dort unterrichtet worden sei. Er steht in einem freundschaftlichen Vertrauensverhältnis zum Kustos des Paulusstifts und verfügt demnach auch über Beziehungen zum Stiftsklerus seiner Heimatstadt. Die Gründung des regulierten Chorherrenstifts in Frankenthal erfolgt auf einem Besitz des Ritters und Bürgers und seines aus Laien wie Geistlichen zusammengesetzten Gefolges. Das Streben nach einem Leben gemäß der vita apostolica wird schließlich mit der Errichtung des Stifts in Frankenthal im Jahr 1119 erreicht, wobei die Episode über die Existenz einer zeitweiligen religiösen Frauengemeinschaft im nördlichen Vorstadtgebiet von Worms von besonderem Interesse ist. Die herausragende und durch die Gunst der Überlieferung recht klare Erscheinung Eckenberts steht hinsichtlich der Verbindungen zwischen städtischem Leben und Wirtschaften, zwischen Handel, Besitz und Reichtum und damit einem Lebensstil bürgerlich-ministerialisch-ritterlicher Prägung sowie der Ausrichtung auf neue Formen des religiös-gemeinschaftlichen Lebens samt einer an den Vorstellungen der Urkirche orientierten Frömmigkeit keineswegs allein da. Eckenberts Verhalten und seine Stellung werden nur vor dem Hintergrund einer kurz vor 1100 allmählich erkennbaren Schicht von Bürgern der rheinischen Bischofsstädte und ihrer Ausrichtung auf ein religiöses Gemeinschaftsleben sowie der seit ca. 1100 für bürgerliche Kreise gegebenen Möglichkeit zur Teilhabe an monastischer Memoria verständlich 88. Es drängt sich angesichts der schillernden Persönlichkeit Eckenberts die Frage auf, wie der gesellschaftliche Hintergrund der dynamischen Entwicklung der Zeit um 1100 in einer Stadt wie Worms einzuschätzen ist. Wer tritt hier eigentlich auf, was wissen wir über die bürgerlichen Protagonisten, wie wir sie hinter den kollektiven Bezeichnungen meliores, maiores oder optimates vermuten bzw. vereinzelt namhaft machen können? In welchen Kontext gehört Eckenbert? Aufschlussreiches Quellenmaterial findet sich in der Überlieferung zu den aufblühenden Reformklöstern des südwestdeutschen Raumes wie Hirsau, Reichenbach und St. Georgen, zu denen von Worms und anderen rheinischen Civitates seit den 1090er Jahren personelle Bindungen und Kontakte bestanden haben89. Die Überlieferung der genannten geistlichen Institutionen enthält Indizien über die vielfältigen Kontakte und Beziehungen beider Seiten und markiert eine starke Ausrichtung des wirtschaftlich erstarkenden und politisch ambitionierten bürgerlich-ministerialischen Worms in der Zeit zwischen etwa 1100 und 1140 auf diese der Reform verpflichteten Einrichtungen. Auch aus Straßburg, Speyer, Mainz und Köln sind etwa dem Kloster Hirsau umfangreiche Güter und Besitzungen in den Städten zugeflossen, eine besondere Affinität zwischen Reformabteien und Stadtbürgertum ist allenthalben erkennbar. Beispielhaft ist die Abtei St. Georgen zu erwähnen. Der aufschlussreiche Bericht der »Vita Theogeri« beschreibt einen 1102 gestorbenen Liutfried als jungen, sehr reichen und mit großer Verwandtschaft versehenen Bürger der Stadt Worms, der angesichts einer Hungersnot Schenkungen an das Kloster in und bei Worms vorgenommen, seine materiellen Möglichkeiten in Worms dem Kloster nutzbar gemacht hat und dem Konvent unmittelbar vor seinem Tode beigetreten ist. Liutfried verfügte über persönliche

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Beziehungen zu Abt Theoger (1088 –1110), der zuvor als Kanoniker am Stift St. Cyriakus/ Neuhausen nachweisbar ist90. Neben der Zugehörigkeit zum Konvent waren es vor allem Schenkungen, durch die sich Wormser Bürger und gleichermaßen Stiftsgeistliche an die Reformorden gebunden haben. Neben St. Georgen hat das Kloster Hirsau eine starke Attraktivität auf städtisch-ministerialische Kreise wie auch auf Kleriker ausgeübt. Auch das Hirsauer Priorat Reichenbach hat seit etwa 1100 von Schenkungen städtischer Kreise aus Mainz und Worms profitiert.

Urbaner Aufschwung unter den frühen Staufern (1125 –1198) Mit dem Tod Kaiser Heinrichs V. 1125 konnte der bereits zehn Jahre zuvor ernannte Bischof Buggo/Burchard II. (gest. Dezember 1149), seine Herrschaft auch über seine Bischofsstadt antreten 91. Zugleich wurden die Beziehungen zwischen Worms und den Staufern durch ihren zwischen 1115/16 und 1125 erfolgten Erwerb der Hochstiftsvogtei eng miteinander verbunden. Buggo trat in enge Beziehungen zu König Konrad III. (1138 –1152), in dessen Gefolge er nachweisbar ist. Die Beziehungen der Wormser Bischöfe zum Königtum erreichten eine seit der Zeit Bischof Burchards nicht mehr gekannte Intensität92. Die Amtszeit Buggos war daneben durch Bemühungen um den Ausbau des Hochstiftes, die wichtige Gründung des Zisterzienserklosters Schönau (bei Heidelberg, ab 114293), das bald über sehr enge Beziehungen in die Kathedralstadt verfügte, sowie den Dombau als zentrales und monumentales Bauvorhaben gekennzeichnet. Der Errichtung eines weitgehend auf dem Burchardschen Grundriss erfolgten neuen Domes (Abb. 85 S. 742; Tafeln 6 und 17) ab etwa 1125/3094 kommt für die weitere Stadtentwicklung (und hierbei insbesondere der festeren Ausprägung der Wormser Stadtgemeinde bzw. der in ihr handlungsfähig agierenden ministerialischen Führungsgruppe) eine erhebliche Bedeutung zu. Der Bau vollzog sich in drei wesentlichen Schritten. Dabei sind ein erster Bauabschnitt (Chor, Querhaus, Vierungsturm, Osttürme und Ansatz des Langhauses) von ca. 1125/30 bis 1145, ein zweiter von 1160 bis 1170 (Errichtung des Langhauses, diese Zeitangaben können sich auf dendrochronologische Untersuchungen stützen) und ein dritter (ca. 1171 bis 1181, Westchor mit westlichem Kuppelturm; Obergeschosse der Rundtürme) zu unterscheiden. Der Dombau war gleich von Beginn an in starkem Umfang auch ein von führenden Laien bzw. von Personen aus dem Umfeld des Bischofs geprägtes und von diesen getragenes Gemeinschaftsunternehmen, wovon das um 1132 geschaffene, von dem der Ministerialität zuzurechnenden Münzer Adelbraht (Adelbraht monetarius) gestiftete Juliana-Relief bis heute ein höchst eindrucksvolles Zeugnis ablegt95. In der Zeit Bischof Buggos gewinnen die Zeugenreihen der Bischofsurkunden an Aussagekraft, sodass wir von jetzt an die stärkere Rolle der Ministerialität erkennen können96. Als städtischer Funktionsträger tritt uns dabei in den Jahren 1140/41 bis 1166 der Stadtpräfekt (prefectus urbis) Graf Simon (wahrscheinlich von Saarbrücken) entgegen, über dessen konkrete Rechte und Position in der Stadt nichts Sicheres bekannt ist. Dau-

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R HEINISCHEN B UND (1000–1254) Abb. 13: Juliana-Relief, nordöstlicher Vierungspfeiler Dom Worms, um 1130/32

erhaft wichtig und von nun an bis um 1200 zu verfolgen ist die Reihe der ab 1127 belegten vicedomini, die offenbar unter anderem rechtsprechende Funktionen in der Stadt innehatten. Immer häufiger markieren Zöllner und Münzer in den Zeugenreihen den hohen Stellenwert der wirtschaftlichen Betätigung bischöflicher Dienstmannen, welche die ihnen übertragenen Aufgaben vermehrt zu städtischen Funktionen weiterentwickeln. Das erhebliche Gewicht der ökonomischen Elite innerhalb der Stadt wird auch durch eine erzählende Quelle belegt, die durch einen Augenzeugen überlieferte Beschreibung des Durchzuges französischer Kreuzfahrer und der Vorgänge bei ihrem Übersetzen über den Rhein Ende Juni 1147 (Zweiter Kreuzzug). Zunächst wurden die Kreuzfahrer nach dem zeitgenössischen Bericht »von Klerus und Volk der Stadt an den Feierlichkeiten zu Peter und Paul« (in sollemnitate Petri et Pauli), dem festlich begangenen und vermutlich mit Markt- und Handelsverkehr verbundenen Tag des Dompatrons (29. 6.), freudig empfangen97. Während der folgenden Tage entwickelte sich lebhafter Verkehr mit den Stadtbürgern, der aber dann im Zuge des Übersetzens über den Rhein durch tätliche Aus-

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einandersetzungen überschattet wurde. Die Kreuzfahrer lagerten auf der Worms gegenüberliegenden Rheinseite und wurden eine Zeit lang von den Wormsern mit dem Lebensnotwendigen versorgt. Im Zusammenhang mit Übergriffen der »überheblich« auftretenden Fremden auf die am Übersetzen beteiligten Wormser wird die spontane Bewaffnung der Bürger ebenso beschrieben wie die Mitwirkung offenkundig tonangebender reicher Kaufleute und Geldwechsler an den Verwicklungen. Vom Auftreten des bischöflichen Stadtherrn oder seines Personals in dieser anarchisch-außeralltäglichen Situation, die durch Verhandlungen zweier Abordnungen entschärft werden konnte, ist der Quelle nichts zu entnehmen98. In enger Wechselwirkung stand die Kreuzzugspropaganda mit einer dramatischen Hungersnot in weiten Teilen Mitteleuropas und mit Pogromen gegen Juden. Besonders wirkmächtig war das Auftreten des großen Reformmönches und Predigers Bernhard von Clairvaux, der nur wenige Monate vor dem Truppendurchzug des französischen Königs und seiner Kreuzfahrer, Anfang November 1146, von Mainz kommend vor einer unübersehbar großen Menschenmenge in Worms zum Kreuzzug gepredigt hatte. Seit der Mitte und der zweiten Hälfte des Jahres 1146 war es auch in Worms zu punktuellen Übergriffen auf Juden gekommen, wozu insbesondere das Auftreten des in äußerst populärer Weise einen offenen Judenhass predigenden, aus Frankreich nach Deutschland gekommenen Zisterziensermönches Radulf in Worms im selben Jahr beigetragen hat. Bernhard von Clairvaux hat diese Übergriffe scharf verurteilt. Nach hebräischen Quellen hätten sich die Juden einer Anzahl vor allem rheinischer Gemeinden seit dem Herbst des Jahres 1146 bis zum Abebben der Kreuzzugswelle durch die Flucht in »feste Burgen« in Sicherheit gebracht, wobei über die genauen Vorgänge in Bezug auf Worms vieles im Unklaren bleiben muss. Die Quellen zu den Ereignissen 1146/47 stehen in zeitlicher Nähe zur ersten bekannten Beschreibung der Stadt durch den arabischen Reisenden und Geographen Idrisi, der Worms um 1140 als »große, schöne und reiche Stadt am Rhein« beschrieben hat 99. Genau die im Jahr 1147 handelnd hervortretenden Geldwechsler sind es, die kurze Zeit später (1165) von König bzw. Kaiser Friedrich I. (1152–1190) in besonderer Weise privilegiert werden. Dem consorcium der später so genannten Münzerhausgenossen, einer Gemeinschaft der am Geldwechsel teilhabenden Personen, wurden auf seine »gerechten Bitten« hin wirtschaftliche und rechtliche Sonderrechte bestätigt, darunter ein eigener Gerichtsstand100. Barbarossa bekräftigt (vornehmlich aus fiskalischen Gründen und in dieser Form erstmals überhaupt) die Existenz und die Vorrechte einer wirtschaftlich und politisch exklusiven, in einem Nahverhältnis zum Herrscher und unter Führung eines Münzmeisters stehenden Gruppierung, die vermutlich von den im Hofrecht Bischof Burchards zu Beginn des 11. Jahrhundert genannten Fiskalinen herstammen. Bezeugt sind während der Regierungszeit Barbarossas königliche Münzprägungen, die zu Zeiten seines Aufenthaltes als Zeichen der aktiven Ausübung seiner Regalrechte angefertigt wurden. Die Münzen zeigen – in stilistisch großer Nähe zu den bischöflichen Münzen – mit dem drachenartigen Lindwurm und dem Schlüssel (in Ableitung vom Petrus-Patrozinium) die redenden Zeichen der Wormser Münzstätte. Die Aufgabe der Hausgenossen war es, den Münzmeister zu stellen und die Versorgung der Münzstätte mit Silber zu gewährleisten. Dafür hatten sie - neben den jüdischen Wechslern – das Monopol auf den Betrieb

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der Wechselbänke inne. Daneben gingen sie dem Metall- und Fernhandel nach. An die inhaltlich – wie gesehen – nicht gesicherten Bestimmungen des Diploms Heinrichs V. vom Jahr 1114 erinnert die Verfügung, der zufolge Münzer nicht in eine städtische Funktion (officium civitatis vel magistratum) gewählt werden dürfen. Damit wird eine von nun an lange Zeit bestehende, erst kurz vor 1500 formal aufgehobene Sondergemeinschaft innerhalb der Stadt bevorrechtet und eng an den Herrscher gebunden, so wie dies bereits 1157 mit der Bestätigung der Rechte der Wormser Juden in Handel und Geldverkehr durch Friedrich Barbarossa in ähnlicher Weise zu beobachten war101. Die auffallend frühe Privilegierung der jüdischen Gemeinde, die sich von den Verheerungen des Kreuzzugspogroms von 1096 (jedenfalls soweit es die ökonomische Seite betrifft) offenbar einigermaßen rasch wieder erholen konnte, zieht die Frage nach der Stellung dieser religiösen Sondergruppe nach sich. Es erscheint denkbar, dass die Existenz einer herrscherlich anerkannten, eigenständigen Gemeinde mit den ausdrücklich zuerkannten Rechten auf die Regelung der inneren Angelegenheiten nicht ohne Vorbildwirkung für die Wormser Bürgerschaft und Ministerialität geblieben ist. Beide Gruppen, Juden und Münzer, haben sich das einträgliche, für die Stadt und die Reichsherrschaft gleichermaßen wichtige Münz- und Geldwesen untereinander aufgeteilt und besaßen eine herausgehobene Stellung im Gefüge der Stadt. Die beachtliche ökonomische Blüte des jüdischen Worms im Verlauf des von antijüdischen Aktionen weitgehend freien 12. Jahrhunderts findet ihren Ausdruck in der vor allem zwischen 1174 und 1213 zum Abschluss gelangten baulichen Neugestaltung des Gemeindemittelpunktes mit der Synagoge (1174/75) und dem 1185/86 gestifteten Ritualbad/Mikwe. Charakteristisch für das Beziehungsgefüge der Wormser Gemeinde ist ihre Einbindung in überörtliche Vernetzungen, wie sie vor allem unter den so genannten SCHUM-Städten (Speyer, Worms, Mainz) beobachtet werden kann. Enger wirtschaftlicher Verkehr, verwandtschaftlicher und religiös-geistiger Austausch der Gemeinden untereinander, Absprache bei Fragen der Rechtsprechung und in religiösen Belangen – dies sind mit dem Aufblühen der Speyerer Gemeinde seit ihrer bemerkenswerten Privilegierung durch den dortigen Bischof im Jahr 1084 und noch verstärkt durch die dort weitaus geringeren Folgen des Kreuzzugspogroms von 1096 wesentliche Kennzeichen der Gemeindeentwicklung in den drei jüdischen Zentren. Doch zurück zur städtischen Führungsgruppe: Die Quellenüberlieferung gestattet uns in einem besonderen Fall, ein wenig mehr über die Position eines an der Politik und der Wirtschaft der Stadt gleichermaßen teilhabenden Mitglieds der Münzergenossenschaft und damit einer der führenden städtischen Familien auszusagen. Es handelt sich um den zwischen 1152 und 1182 urkundlich bezeugten Zöllner Werner. Er hatte als Zeuge einer großen Zahl königlicher und bischöflicher Rechtshandlungen beigewohnt, bevor er im Jahr 1160 selbst stärker in das Licht der Überlieferung getreten ist. Der vom ausstellenden Abt von Lorsch als honoratus et spectabilis vir gewürdigte Vertragspartner, ein Wormser Bürger, pachtete im Jahre 1160 vor zahlreichen und prominenten geistlichen wie weltlichen Zeugen einen offenbar größeren Teil des Lorscher Klosterhofes inmitten von Worms unweit der dem Klosterheiligen geweihten Nazariuskapelle gegen eine jährliche Abgabe102. Der Aufwand dieses vor Geistlichen (an ihrer Spitze Bischof Konrad und der

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Lorscher Abt), Wormser Bürgern und Lorscher Klosterministerialen beurkundeten Geschehens lässt auf eine von Umfang und Bedeutung her beachtliche Transaktion schließen. Dafür spricht auch, dass wir eine Identität zwischen diesem Besitzkomplex und dem noch etwa 60 Jahre später nach der Funktion Werners benannten festen, mit Sicherheit steinernen Haus (dictam ad Thelonarium) annehmen können, das vermutlich in den 1220er Jahren von den Vertretern der Stadt erworben und anschließend zum Rathaus der Stadt ausgebaut wurde. Ersichtlich wird hier die immer stärker exponiert hervortretende Rolle einzelner Angehöriger der städtischen Führungsgruppe. Werner ist zudem in dem um 1190 angelegten Lehensverzeichnis Graf Werners II. von Bolanden als Lehensträger des Grafen in Heuchelheim (bei Ludwigshafen) bezeugt, was einen Zugang zu der Frage nach den Lehensbindungen dieser Schicht und ihrer Beziehungen in das Wormser Umland ermöglicht103. Von der Stabilisierung der bischöflichen Herrschaft seit der Zeit Buggos profitierten auch die Wormser Kollegiatstifte sowie die Frauengemeinschaft von Nonnenmünster, für die um 1140/41 außerordentlich intensive Bemühungen um innere Reformen, Verbesserungen ihres Besitzstandes und eine neue Absicherung ihrer Rechte zu beobachten sind, Anstrengungen, die treffend als »Neuordnungswelle« charakterisiert wurden (Friedmann)104. Im Zusammenhang mit diesen bischöflichen Erneuerungsbestrebungen lassen sich die ersten Indizien für eine räumliche Verfestigung bzw. Abgrenzung der vier innerstädtischen Pfarreibezirke (St. Johannes, St. Magnus, St. Rupertus, St. Lampert) ausmachen, die sich bis spätestens um 1200 zu eigenständigen Faktoren der Stadtentwicklung mit einem eigenen Platz in der Stadtverfassung entwickelt haben und die als Ausdruck der Mehrzelligkeit der mittelalterlichen Bischofsstadt angesehen werden können105. Die bischöfliche Stadtherrschaft wurde während der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts von zwei königsnahen und äußerst tatkräftigen Oberhirten wahrgenommen. Mit Konrad I. (1150 –1171) und Konrad II. von Sternberg (1171/72 –1192) 106, unter dem 1181 der Dombau mit dem Westchor (vgl. Tafel 6) abgeschlossen werden konnte, waren Bischöfe tätig, die sich in teilweise sehr enger Bindung an die Reichsherrschaft Friedrichs I. Barbarossa in hohem Maße in der Reichsverwaltung bzw. im Gefolge des Herrschers engagiert haben und deren Einwirkungsmöglichkeiten auf die städtischen Verhältnisse infolge dieser Rahmenbedingungen und damit langen Abwesenheitszeiten nur eingeschränkt zur Geltung kommen konnten. Gerade sie waren auf funktionsfähige Verhältnisse in der Stadt, deren wirtschaftliche Potenz und ein leistungsfähiges personelles Umfeld angewiesen, schon allein, um ihren aufwändigen Gastungs- und Gefolgschaftsverpflichtungen nachzukommen. Zudem war die Zeit Friedrich Barbarossas und Heinrichs VI., in der Worms eine Spitzenstellung in den nordalpinen Herrscheritineraren einnahm und die mit diplomatischen Missionen und Legatendiensten betrauten Wormser Bischöfe mit »jedes übliche Maß weit übersteigendem Einsatz« (Seibert) zu den engagiertesten Reichsbischöfen überhaupt gehört haben, die Region um Worms als »Kraftzentrum des Reiches« (Otto von Freising) höchsten Stellenwert besaß und in der die Besetzung der Wormser Stifte auf das Engste mit staufernahen Adelskreisen verflochten war, von einer faktischen Mit-Stadtherrschaft Friedrichs I. gekennzeichnet. Eingebettet war diese Konstellation in eine intensive Nutzung der regionalen Ressourcen im Dienst des

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Königtums107. Auch die personellen Kontakte zwischen bischöflicher und Reichsministerialität und das vorzügliche Verhältnis Konrads II. zur päpstlichen Kurie gehören in diesen Zusammenhang. Auf die (zwiespältige) Wahl von Konrads II. Nachfolger, dem aus dem Niederrheingebiet stammenden Magister Heinrich von Maastricht (Anfang 1192 –Ende Dezember 1195), nahm Kaiser Heinrich VI. starken Einfluss. Der Geistliche stand als dessen Kanzler und Stellvertreter in Italien in einem äußerst engen persönlichen Vertrauensverhältnis zum Herrscher und beherbergte das königliche Gefolge bei gleich vier Reichs- und Hoftagen zwischen 1192 und 1195 in Worms. Die starke Zunahme der Bedeutung der Stadt im Herrscheritinerar ab 1192 hängt neben der traditionellen Stellung der Stadt im staufischen Herrschaftsgefüge sicherlich auch mit der engen persönlichen Verbindung des Staufers mit dem Oberhirten zusammen, dessen starkes Engagement im Reichsdienst durchaus Auswirkungen auf seine Rolle in seiner Bischofsstadt zeigen sollte. Am Nikolaustag des Jahres 1195 ließ Heinrich VI. in Worms das Kreuz predigen, wobei der feierliche Hoftag, auf dem sich zahlreiche Adlige und Geistliche des süd- und westdeutschen Raumes zum Kreuzzug bereit fanden, außerdem im Zusammenhang mit dem Kultort des Heiligen am Wormser Dom im Zusammenhang steht, für den auch Heinrichs Gemahlin Konstanze durch Schenkungen tätig war. Immerhin hatte das Kreuzzugsunternehmen zu Ostern 1196 in Bari am zentralen Ort der Verehrung des Schutzpatrons der Pilger und Schiffsleute begonnen und wurde in Worms für das nordalpine Reich gleichsam noch einmal nachdrücklich vertieft und an gegebener Stelle erneuert. Heinrichs Nachfolger Lupold (von Scheinfeld) war nach seiner Wahl Anfang 1196 um die Aufrechterhaltung der engen Kontakte zur Reichsspitze bemüht, bis Heinrich VI. im September 1197 überraschend starb108. Bischof und Herrscher als Mit-Stadtherren mussten aus eigenem herrschaftlich-ökonomischen Interesse an einem Fortgang der bemerkenswerten Blütezeit der Stadt interessiert sein, die sich in den alle Kräfte anspannenden und die organisierenden Kräfte fördernden christlichen wie jüdischen Großbauten der Stadt (Dom, Neubau der Synagoge um 1174/75 etc.) manifestierte und unterstützten die Stadtentwicklung sowie das Wirtschafts- und Marktleben maßgeblich. Der Dombau band vor allem nach ca. 1160 alle Kräfte und führte auch zu einem Rückzug Bischof Konrads aus der Reichspolitik109. Die mit einer Reliquienübertragung aus dem Hochaltar in das Langhaus verbundene feierliche Gesamtweihe fand am 2. Mai 1181 statt, ein noch jahrhundertelang liturgisch herausgehobenes Datum in der Wormser Domkirche; eine gelegentlich behauptete Teilnahme Friedrich I. Barbarossas am Weiheakt kann dabei auf Grund des Herrscheritinerars ausgeschlossen werden110. Zur gleichen Zeit – und dies spiegelt über das zeitliche Zusammenfallen hinaus auch die Wechselwirkungen zwischen den gewaltigen Dombauanstrengungen und der äußerst dynamischen Verfassungsentwicklung wider – existierten erste festere Formen einer stadtbürgerlichen Mitsprache an der Spitze von Gerichtswesen und Verwaltung der Kathedralstadt (s. u.). 1192 fand der Dombauherr Konrad II. in dem dem heiligen Laurentius geweihten Westchor, symbolträchtig neben Burchard, dem Erbauer des ersten Domes, seine letzte Ruhestätte 111. Während seines Episkopats nahm auch die Entwicklung der städtischen

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Verfassung einen bemerkenswerten Fortgang. Am Ende der Zeugenreihe einer Urkunde eben dieses Bischofs Konrad aus dem Jahr 1180 findet sich die erste Erwähnung eines 40köpfigen Friedensgerichts (quadraginta judices), das zusammen mit einer Reihe von Geistlichen und elf namentlich aufgeführten Laien eine Übereinkunft zwischen dem Abt von Gorze und dem Pfarrer von Pfeddersheim bei Worms, Sitz eines Priorats der lothringischen Benediktinerabei, hinsichtlich der Zehntrechte vor Ort fixiert112 hat. Bei diesem von nun an bis zur Reform der Ratswahl im Jahr 1233 an der Spitze der Stadtgemeinde stehenden Kreis handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um ein aus dem bischöflichen Gerichtsgremium bzw. Schöffenkolleg hervorgegangenes, mit Fragen der Rechtsprechung und Beratung des Stadtherrn betrautes Organ. Die Frage nach Vorbildern und Hintergründen ist nicht leicht zu beantworten, zumal die wichtigste Quelle zu den Kompetenzen – abgesehen von der übersehenen Aufnahme in die in diesem Punkt emendierte inschriftliche Fassung des Barbarossadiploms von 1184 (s. u.) – des zum nächsten Mal erst wieder 1198 nachweisbaren Gremiums, der Stadtfrieden Barbarossas für Worms von angeblich 1156, eine der Legitimation des Wirkens des Richtergremiums dienende, wohl kurz nach 1200/1208 angefertigte Fälschung ist113. Auch das Auftreten des Gremiums im Zusammenhang mit einer die Stadt gar nicht direkt betreffenden Rechtsfrage 1180 ist bei der Bewertung zu beachten; seine Funktionen dürfen sicher nicht allein auf das städtische Rechtsleben allein bezogen werden. Wertet man das Diplom von 1156, dem in der späteren Chronistik und dem Rechtsleben der Stadt erhebliche Bedeutung zukommt und das in den folgenden Jahrhunderten als eine Art Grundgesetz der Stadtverfassung angesehen wurde114, unter der Annahme aus, dass die beschriebenen Funktionen zumindest dem Stand der Zeit um 1200 entsprechen, dann finden sich für die Richter vor allem strafrechtliche Kompetenzbereiche. Ohne den Zufallsbeleg überzubewerten, kann man aus der Nennung eines noch relativ neuen Organs an der Spitze der Gerichtsgemeinschaft der Stadt im Jahr 1180 doch schließen, dass es in der Barbarossazeit zu einer Fortentwicklung der stadtbürgerlichen Verhältnisse gekommen ist. Die sich erweiternden Handlungsspielräume und Tätigkeitsfelder eines festen Richterverbandes im Umfeld des Stadtherrn können zum einen mit wachsenden Aufgaben in der aufblühenden Stadt und dem zunehmend komplexeren Zusammenleben der Bewohner samt der großen Gemeinschaftsleistung des Dombaus erklärt werden; zum anderen weisen sie auf die stärkere Notwendigkeit der Absicherung der formalen Bischofsherrschaft in Zeiten einer starken Beanspruchung der Oberhirten durch den Reichsdienst hin. Auf den erhöhten Bedarf nach breiter legitimierten Organen der Friedenssicherung in einem präzise räumlich beschriebenen Bereich weisen die auf die Ahndung von Kapitalverbrechen abzielenden strafrechtlichen Bestimmungen hin. Wichtig erscheint neben der Bezeichnung der Rechtsgrundlage des Stadtrechts (secundum iura civitatis) auch der Hinweis auf die Zusammensetzung des 40-köpfigen Gremiums (12 Ministerialen, 28 burgenses). Belege dafür, dass Barbarossa diesen Kreis der Richter in irgendeiner Weise privilegiert haben könnte, fehlen, was für seine allmähliche Entwicklung aus bestehenden Gerichtsfunktionen heraus sprechen dürfte. Einblicke in die Folgen des zunehmend selbstständigen und selbstbewussten Handelns des Verbandes der führenden Familien und damit in erstmalig sichtbare Konflikte

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mit der (Dom-)Geistlichkeit gewährt ein vom Hofgericht Friedrich Barbarossas 1182 entschiedener Streitfall. Es ging dabei um die umstrittene Verpflichtung von Dienstpersonal des Domkapitels, Abgaben und Steuern zu entrichten. Offenkundig hatten die Wormser Bürger (an der Spitze ihrer Delegation wird hier der bereits erwähnte Zöllner Werner mit seinem Bruder Giselbert genannt) die dem König in Worms zustehenden Einkünfte (collectas) auch von solchen Personen erhoben115. Die ebenfalls in anderen, ähnlichen Fällen dieser Art formulierte Entscheidung Barbarossas ging dahin, dass lediglich die nicht im Handel tätigen Dienstleute des Kapitels von der Abgabe befreit sein sollten, womit die Existenz einer Gruppe von als Kaufleute (publici mercatores) tätigen Dienstleuten (ministri) bezeugt wird. Die auf Initiative der Wormser Geistlichkeit zu Stande gekommene Entscheidung des Hofgerichts belegt das ökonomische Gewicht der Geistlichkeit, welche über ein eigenes Reservoir an Handeltreibenden und mit dem Marktleben verbundenen Personen verfügt hat. Zugleich zeigt die Quelle, wie stark die führende Gruppe der Wormser Laien an der Finanzierung des Aufenthalts der Herrscher beteiligt war. In der ursprünglich auftragsweisen Erhebung von Abgaben bzw. Steuern für das Reich (collectae) durch stadtbürgerliche Steuereinnehmer könnte auch die Geburtsstunde eigener kommunaler Einnahmen gelegen haben, die man indirekt aus der Quelle ablesen kann. Vielleicht handelt es sich bei den umschriebenen Verpflichtungen schon um Vorformen städtischer Steuern etwa für die Aufrechterhaltung und Erweiterung der Stadtbefestigung. Der Streit verweist erstmals auf die seit dem ersten Viertel des 13. Jahrhunderts virulent werdenden Konflikte um die geistlichen Sonderrechte, die bis dahin noch überhaupt keine erkennbare Rolle gespielt haben. Im Januar 1184 wurde dann in Straßburg von Kaiser Friedrich I. zu Gunsten der Wormser Bürger (ad favorem civium Vvormatiensium) eine Urkunde ausgestellt, welche die engen Beziehungen des Reichsoberhauptes zur Stadt Worms in besonderer Weise dokumentiert und die für das Rechtsleben der Stadt von grundlegender Bedeutung geworden ist. Es handelt sich um ein kurz nach der Erteilung ähnlicher Freiheiten an die Speyerer Bürger (1182) ausgestelltes Diplom mit der Bestätigung und gezielten Erweiterung der Rechte der Bewohner von Worms. Geregelt werden unter anderem das Erbfolgerecht von Ehegatten, die Scheidungsgewalt des Vogtes, die Befreiung von der Sterbefallabgabe, die Aufhebung der Todfallabgabe (houbitreht) in Gestalt von Besthaupt bzw. Bestkleid und vor allem die Abschaffung des Kopfzinses. Die stadtgeschichtliche Forschung hat in den vergangenen Jahren immer wieder die exzeptionelle Stellung der Urkunde für den Prozess der Erlangung bürgerlicher Freiheitsrechte bzw. ihrer wichtigsten Voraussetzung, die Angleichung des Rechtsstatus der Bewohner der Stadt und die wirtschaftliche Förderung der Bürgerschaft, herausgestellt. Die zuvor durchgeführte Rechtshandlung wird ausdrücklich als auf Ersuchen (peticio) des Bischofs und führender Domgeistlicher bezeichnet und konnte somit einvernehmlich zwischen allen Beteiligten vollzogen werden. Das Diplom bestätigt zunächst die zugleich rechtlichen und ökonomischen Vergünstigungen aus den Privilegierungen der Jahre 1074 und 1114, wobei die Liste der abgabenfreien Zollstätten hier um Nimwegen und Duisburg erweitert wird 116. Darüber hinaus bringt es den Prozess der fortschreitenden Rechtsverbesserung der Wormser Stadtbewohner insofern zu einem Abschluss, als der jährlich zu leistende Kopfzins, das letzte Zeichen verblie-

Tafel 5 (Karte 4): Bauphasen der inneren Stadtmauer. Entwurf M. Grünewald, Kartographie St. Weber, Stadtvermessungsamt Worms

Tafel 6: Dom St. Peter, von Westen, vor bzw. um 1181

Tafel 7: Stift St. Paulus, Westfassade, um 1235

Tafel 8a: Siegel König Heinrichs V. an einem Diplom für die Bürger von Worms, 1112

Tafel 8b: Zeichnung des Stadtwappens im Kommissariatsprotokoll, 1715 (StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1219)

Tafel 8c: Stadtmauer im Bereich Nordanlage/Judengasse

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Abb. 14: Diplom Kaiser Friedrichs I. für Worms, 1184 (StadtA Wo Abt. 1 A I Nr. 7)

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bener persönlicher Abhängigkeit, beseitigt wird. Damit erlangen wesentliche Teile der städtischen Bevölkerung die volle persönliche Freiheit; zugleich werden damit wichtige wirtschaftliche Hemmnisse beseitigt. Die Ausstellung und anschließende inschriftliche Anbringung der Urkunde am Nordportal des Domes – nach Speyerer und Mainzer Vorbild – sind für die weitere Stadtentwicklung zentrale Ereignisse, denen – wie Rüdiger Fuchs 1991 zutreffend betont hat – »von allen Betroffenen in Worms eine außerordentliche Bedeutung beigemessen wurde«117. Entscheidend für die Herausbildung von als stadtbürgerliche Vertretungsorgane auftretenden Gremien sind die traditionellen Mitwirkungsrechte und der Übereinstimmungsbedarf zwischen Bischof, Kaiser und führenden Ministerialenfamilien bzw. Kaufleuten und Stadtbürgern. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang zunächst die Nennung und damit auch vermutliche Beteiligung bzw. Zustimmung des über eine Reihe von Jahren in den Zeugenreihen exponiert genannten vicedominus Burchard, der vielleicht als vom Bischof legitimierter Sprecher oder Vertreter der führenden Familien bzw. der Stadt anzusehen ist. Immerhin findet sich dieser unter den Personen genannt, die »Recht und Herrschaftsgewalt an den Wormser Bürgern innehaben« (ius et potestatem in cives Vvormatienses habere videbantur). Auch die Anbringung des Diploms am Portal der Kathedrale ist als Beleg für die ausgeprägte politische Mitsprache führender Vertreter der

Abb. 15: Nordportal des Wormser Domes, um 1181/84, Zustand heute

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ministerialischen Familien und ihre Rückbindung in den kirchlich-sakralen Bereich anzusehen. In welch enger Verbindung diese Übereinstimmung mit der wirtschafts- und städtefördernden Politik des Wormser Bischofs Konrad II. steht, zeigt die Tatsache, dass auf ihn die Errichtung von Verkaufsständen (cramas) am Niedermarkt im südlichen Stadtbereich unweit der schon 1035 als Ziel von Fernverkehr genannten Pfauenpforte und damit in einer gewerblichen Intensivzone der Stadt zurückgeht118 – eine Maßnahme der direkten Wirtschaftsförderung, die das Einvernehmen und die Interessengemeinschaft der wirtschaftlichen und politisch-herrschaftlichen Führungsgruppen mit dem geistlichen Stadtherrn aufzeigt119. Das anhand der Barbarossaurkunde erkennbare Einvernehmen mit den führenden Familien und ihre politische Mitwirkung ist die Voraussetzung für die vermutlich unmittelbar darauf erfolgende inschriftliche Anbringung des Textes über dem Dom-Nordportal und einer weiteren, den Text kommentierenden Spruch- und Widmungsinschrift, die in Form einer fiktiven Rede in sieben Hexametern einen Lobpreis auf die Treue und politische Klugheit der Stadt ausspricht, »eine stark verklausulierte Deutung der engen Beziehung zwischen Reichsoberhaupt und Stadt Worms«120. Das Säulenportal wurde repräsentativ mit ebenso reicher wie qualitätvoller bauplastischer Ausstattung gestaltet sowie mit einem aufwändigen Kapitellgürtel und einem ornamentgerahmten Bogenfeld versehen. Obwohl Art und Ausmaß der nach der Urkundenausstellung und der mit ihr zusammenhängenden Anbringung der Metalltafel vollzogenen baulichen Veränderungen in der kunsthistorischen Forschung umstritten sind, kann von repräsentativen Neuerungen am gerade fertig gestellten Gotteshaus im Zusammenhang mit diesen Ereignissen ausgegangen werden. Es spricht alles dafür, dass die zeitliche Spanne zwischen der Herstellung der Tafel und der Ausstellung der Urkunde sehr kurz gewesen sein dürfte. Unumstritten sind die stilistische Nähe zu den zeitgleichen Portalen der Wormser Synagoge (vgl. Abb. 76, S. 667) und der wenige Wochen nach dem Dom geweihten Kirche des mit Worms eng verknüpften Kanonikerstifts Groß-Frankenthal121, Vorgänge, die zugleich die außerordentliche wirtschaftliche Leistungskraft von Stadt und Region, von jüdischer und christlicher Gemeinde in einer Phase des sozialen und ökonomischen Aufbruchs eindrucksvoll bezeugen. Eine weitere wichtige Spur, die die Verflechtungen von Dombau und der Entwicklung der Stadtgemeinde augenfällig macht, nimmt ihren Ausgang von dem Text der erwähnten Widmungsinschrift im Bogenfeld des Nordportals. Ihr letzter Satz entspricht exakt der Umschrift des frühesten und gut drei Jahrhunderte verwendeten Wormser Stadtsiegels (TE SIT TVTA BONO WORMACIA PETRE PATRONO, Abb. 16). Toni Diederich hat dazu bemerkt: »Als Ausdruck städtischen Selbstbewußtseins am Ende des 12. Jahrhunderts kann das Wormser Stadtsiegel nicht hoch genug eingeschätzt werden«122. Es zeigt unter einem Kleeblattbogen den thronenden Petrus mit zwei Schlüsseln in der Rechten und einem geöffneten Buch in der Linken. Über dem Bogen erhebt sich ein von zwei Rundtürmen flankierter breiter Turm. Am rechten und linken Rand befinden sich jeweils hintereinander zwei Türme; mithin haben wir eine Kombination von profaner und sakraler Architektur vor uns. Bild und Umschrift verdeutlichen zweifelsfrei die zentrale Rolle des Stadtpatrons Petrus (»Unter dir, Petrus, seinem guten Patron, möge Worms si-

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R HEINISCHEN B UND (1000–1254) Abb. 16: Wormser Stadtsiegel, gestochen um 1184, Abdruck 1505

cher sein«, Schriftzug über dem Kleeblattbogen: »Stets wirst du, mein Volk, unter meinem Schild sicher sein«). Ganz bewusst steht der Dom als zentrales Gebäude und liturgisch-politischer Mittelpunkt der sich zugleich als Sakralgemeinde konstituierenden Stadtgemeinde im Zentrum der Aussage. Deutlich wird hier, wie sehr die Herausbildung der Stadtgemeinde von Vorbildern der heiligen Stadt, von der Öffentlichkeit und Legitimität stiftenden, für die kommunale Identität der Gemeinde zentralen christlichen Religion und Gemeinschaftsbildung abhängt und verwoben ist123. Obwohl das Siegel der Stadt erst im Jahr 1198 erstmals erwähnt wird (s. u.) und der früheste bekannte Abdruck erst für 1249 überliefert ist124, kann – nicht zuletzt auf Grund plausibler stilgeschichtlicher Überlegungen von Diederich, der ein relativ hohes Alter annimmt – davon ausgegangen werden, dass es wohl in direktem Zusammenhang mit der Anbringung der Inschrift und der Ausstellung des Barbarossa-Diploms als äußeres Zeichen rechtlicher Handlungsfähigkeit und des Rückbezugs auf den Stadtpatron – somit kurz nach 1184 – gestochen wurde. Das zur ältesten Gruppe deutscher Städtesiegel gehörende Wormser Stück hat seinerseits ausgestrahlt, und zwar nach Straßburg, wo zum Jahr 1201 das mit der Schutzpatronin Maria geschmückte Siegel in ganz ähnlicher Anordnung erstmals belegt ist 125. Mit dem Auftreten eines in dieser Form neuartigen Friedensrichtergremiums (1180), der Anfertigung eines Stadtsiegels in engem Einvernehmen mit dem Bischof, der Fertigstellung der von nun an auch als gesamtstädtischer Mittelpunkt bestehenden Domkirche (1181) und dem für das bürgerliche Rechtsleben höchst wichtigen Diplom Barbarossas (1184) erreicht die in Symbiose mit Geistlichkeit und Kaiser dynamisch voranschreitende Stadtentwicklung im letzten Jahrzehnt der Herrschaft des Staufers eine neue Qualität. Für die Jahre bis zum Beginn des Thronstreits sind keine weiteren Neuerungen im Bereich der Stadtverfassung und der Gemeindeentwicklung zu beobachten126. Mit dem

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Thronstreit zwischen Staufern und Welfen nach dem frühen Tod Kaiser Heinrichs VI. (September 1197) beginnt dann eine neue, sehr intensive Phase des deutlicher erkennbaren Auftretens städtisch-bürgerlicher Kräfte nach außen. Zu den bestimmenden Faktoren des herrschaftlichen Rahmens der Entwicklung gehört dabei der Übergang der Hochstiftsvogtei an den Halbbruder Barbarossas, Pfalzgraf Konrad I., um 1173/74127. In dem 1198 beginnenden Zeitabschnitt beschleunigt sich die Weiterentwicklung der Verfassungsverhältnisse in geradezu dramatischer Weise.

Vom Auftreten des Stadtrates bis zur ersten Rachtung (1198 –1233) Der nach Kaiser Heinrichs VI. Tod im September 1197 einsetzende Thronstreit, der die staufische Reichsherrschaft in eine tiefe Krise stürzte, hatte zunächst auf die städtischen Verhältnisse keine direkt fassbaren Auswirkungen. In das Jahr 1198 datieren nach längerem Schweigen der Quellen gleich zwei weitere Erwähnungen des Friedensgerichts, die dessen zwitterhafte Stellung zwischen Gerichtsgremium und Stadtrat verdeutlichen. Zudem findet sich die erste Nennung des Wormser Stadtsiegels. Bischof Lupold (1196/98 – 1217), Neffe Bischof Konrads II. und entschiedener Anhänger der staufischen Partei und damit König Philipps von Schwaben (1198 –1208, April 1198 Festkrönung in Worms) am Mittelrhein128, seit 1200 auch Erzbischof von Mainz sowie 1199/1220 Abt von Lorsch, bekundete in diesem Jahr einen Güterverkauf an die Zisterzienserabtei Schönau. Nachdem die Ministerialen und Bürger bereits in einer Urkunde des Jahres 1197 mit ihrer Anwesenheit die Wahrung städtischer Interessen bei einer Regelung des Patronatsrechts für die innerstädtische Pfarrei St. Rupert demonstriert hatten129, wird das städtische Führungsgremium ab 1198 immer öfter selbst als handelnd bzw. in Entscheidungen einbezogen erwähnt. Die Zeugenreihe einer Urkunde des Jahres 1198 nennt nach einer Namensliste die 40 Richter (et de quadraginta iudicibus in Wormatia) als an dem Verkauf als Zeugen beteiligte Gruppe. Dazu wird das Siegel der Wormser Bürger (sigillo … civium Wormatiensium) neben denen des ausstellenden Bischofs und des Stifts St. Cyriakus/Neuhausen angekündigt130. Von dieser Zeit an ist eine enge Verbindung von Rechtsgeschäften mit den beiden in Worms präsenten Zisterzen Otterberg und Schönau in den Quellen nachweisbar. Die Nähe zwischen der führenden stadtbürgerlichen Gruppe und den im städtischen Wirtschaftsleben engagierten Reformorden ist ein von nun an konstanter Zug. Der Überlieferung beider Klöster verdanken wir einen erheblichen Teil der bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts auf uns gekommenen Quellen der Stadtgemeinde. Ebenfalls 1198 hat Bischof Lupold für das Andreasstift eine dessen verstorbenen Propst betreffende Urkunde ausgestellt. Die Zeugenliste nennt hier nach 13 Geistlichen namentlich 11 Laien »und andere von den 40 Ratsleuten« (et alii de quadraginta consiliariis131). Dass aus einem Jahr zwei Urkunden überliefert sind, die dasselbe Gremium mit unterschiedlichen Ausdrücken bezeichnen, lässt erkennen, dass die Grenzen zwischen dem Stadtrat132 (als der der Kreis in der zweiten Quelle erscheint) und den Gerichtsgremien fließend sind.

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Wichtig für den Hintergrund des städtischen Handelns ist der im Januar 1198 abgeschlossene Vertrag zwischen der Stadt Speyer und dem noch als dux Sueuie urkundenden künftigen König Philipp von Schwaben, in dem den Bürgern das Recht bestätigt wurde, zwölf Vertreter zu wählen, »durch deren Rat die Stadt regiert werden soll« 133. Bischof Lupold musste wegen seines starken Engagements im Reichsdienst und seiner zahlreichen diplomatisch-kirchlichen Auseinandersetzungen um das Mainzer Erzbischofsamt sein Bistum und seine Stadt vernachlässigen, was zu dem seit ca. 1200 sehr deutlich festzustellenden Machtzuwachs des Rates stark beigetragen hat. Lohnenswert ist auch ein Blick auf die Besiegelungspraxis: Das Stadtsiegel tritt von Beginn an schwerpunktmäßig in Kombination mit anderen Siegeln auf; der Stadtrat bzw. das Richtergremium lassen sich mithin zunächst als Mitsiegler nachweisen. Dies relativiert die in jüngster Zeit mit guten Gründen infrage gestellte Gleichsetzung des Vorhandenseins eines Stadtsiegels mit der Existenz einer »autonomen« Stadtgemeinde. Auch das Wormser Stadtsiegel ist zu verstehen als ein Spiegel der »Symbiose von Bischofsherrschaft und gemeindlichen Organisationsformen unter der Führung weniger dominierender Familien«134. Die Tatsache, dass die Ministerialen und Stadtbürger von nun an wesentlich häufiger als Kollektiv auftreten und dass dies keineswegs nur bei Angelegenheiten der Fall ist, welche die Stadt betreffen, lässt sich auch dahin gehend verstehen, dass die Autorität der Bischofsherrschaft vor dem allgemeinen unsicheren politischen Hintergrund einer zusätzlichen Absicherung bedurfte. Zudem ist darauf aufmerksam zu machen, dass in den 1190er Jahren eine archäologisch bezeugte, technisch aufwändige Erweiterung der ummauerten Stadt nach Osten, zum Rhein hin, erfolgt ist, die das gemeinschaftliche Auftreten der Stadtgemeinde und ihrer führenden Vertreter in besonderem Maße erforderlich gemacht hat bzw. weiter gestärkt haben dürfte135. Eine neue Qualität des Auftretens der Stadt als Gemeinschaft und ihrer entsprechenden Anerkennung ist mit der ersten erhaltenen, von der Stadt ausgestellten Urkunde aus dem Jahr 1202 erreicht. »Ministerialen, Ratsleute und die gesamte Bürgerschaft« sind Aussteller eines für die Zisterzienserabtei Wörschweiler angefertigten Dokuments 136, in dem Domkanoniker und Ratmannen als Zeugen einer von dem Wormser Ritter David von Hochheim und seiner Frau vorgenommenen Schenkung fungieren. Auch hier siegelt die Stadt nicht allein, sondern in Gegenwart des Bischofs. Das Selbstbewusstsein der städtischen Führung in den Jahren unmittelbar nach 1200 lässt sich immer besser urkundlich verfolgen, wobei in dieser Zeit (vielleicht im Zeitraum von 1204 bis 1208) auch das Barbarossadiplom von angeblich 1156 gefälscht worden sein könnte. In Anwesenheit König Philipps von Schwaben und mit ausdrücklich vermerkter Zustimmung Bischof Lupolds haben die Bürger der beiden in vieler Hinsicht untereinander verbundenen Städte Speyer und Worms kurz vor der Ermordung des Königs (21. 6. 1208) – vielleicht schon 1207 – einen bemerkenswerten Zollvertrag mit detaillierten Regelungen für das Wirtschafts- und Handelsleben bzw. die Zollsätze und fälligen Abgaben ihrer Bürger abgeschlossen und bis zum Jahr 1209 auch beurkundet 137. Die Übereinkunft verweist bereits auf späteres städtebündisches Verhalten. Die Quelle nennt die Verwendung von Finanzmitteln für kommunale Zwecke (ad commune opus civitatis) und lässt erkennen, dass die Stadt über eigene, unter anderem für Verteidigungszwecke zu verwendende

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Mittel verfügt hat. Ebenfalls aus dem Jahr 1208 datiert eine wiederum von den »Wormser Bürgern« ausgefertigte Urkunde über die erneuerte Schenkung eines Hofes in der Stadt durch die Bürgerin Gisela (burgensis nostra Gisela) an das Andreasstift, die im Kreuzgang der Domkirche ausgestellt wurde. Auch hier siegelt die Stadt allein138. Die Urkunde ist vor allem durch die Bezeichnung der Schenkgeberin als soror ecclesie sancti Andree von Bedeutung, eine Formulierung, die auf das Vorhandensein einer bislang nicht beachteten weiblichen Religiosengemeinschaft an St. Andreas (oder dem späteren Reuerinnenkloster St. Andreasberg?) ebenso hinweist wie auf die Bindungen führender Familien an die Kollegiatstifte. Fast zeitgleich, im November 1208, hat König Otto IV. nach seiner allgemeinen Anerkennung als Reichsherrscher bei einem Aufenthalt in Worms Rechte und Privilegien der Stadt bestätigt und damit die Stellung des Rates weiter gefestigt139. Einblick in die rechtlichen und personellen Gegebenheiten der Stadtverfassung und die engen Bindungen der Bürgerschaft an die aufblühenden Reformklöster um diese Zeit gewährt eine 1213 ausgestellte Schenkungsnotiz des im Rheingau gelegenen Zisterzienserklosters Eberbach 140. Zwei offenbar aus Worms stammende Familiaren der Abtei beurkunden darin eine Besitzübertragung in Dienheim (südlich von Oppenheim) und Worms. Für die Bewohner des Wormser Klosterhofes am Obermarkt wird festgehalten, dass sie zu den bürgerlich-städtischen Verpflichtungen (necessitates burgensium et civitatis) herangezogen werden sollen. Damit sollte sicher die Beanspruchung geistlicher Sonderrechte – vor allem die Befreiung von den städtischen Verteidigungs- und Finanzlasten – von vornherein ausgeschlossen werden. Die Vereinbarung wurde »vor den Richtern und Bürgern von Worms« ausgefertigt, wobei die Zahlung aller Summen an diese bekundet wird, welche »das bürgerliche Recht erfordert«. Das in Ausbildung begriffene städtische Recht umfasste demnach zu Beginn des 13. Jahrhunderts kommunale Abgaben und Steuern. Die Bezeichnung des offenbar institutionell noch nicht gefestigten Führungsgremiums schwankt innerhalb kurzer Zeit. So haben im selben Jahr die Wormser Ratsleute im Bereich der Königspfalz bzw. des Bischofspalastes einen Güterbesitz betreffenden Vertrag mit dem Cyriakusstift fixiert141. Der Rat wird im Jahr 1215 wieder als Gesamtheit genannt, als Bischof Lupold vor Klerus, Ministerialität und Bürgern wiederum in seinem als Rechtsort wichtigen Palast »mit dem gesamten Wormser Rat« eine Urkunde für die Zisterze Otterberg ausgestellt hat, die ebenso wie Schönau seit etwa 1200 in sehr engen Beziehungen zur Stadt steht142. Den einzigen ausdrücklichen Hinweis, dass der Rat zu diesem Zeitpunkt aus 40 Personen bestanden hat, können wir einer in der Stephanskirche (bischöfliche Palastkapelle) am Martinstag 1216 ausgestellten Urkunde des Dompropstes und Domkapitels entnehmen, die gemeinsam mit den führenden Gremien der Stadt (universitas concilii et primatum eiusdem civitatis) ein Rechtsgeschäft der Abtei Schönau schriftlich fixiert. In der Zeugenreihe sind 22 namentlich genannte Angehörige des Rates zu finden. Der hier bezeichnete Kauf von Allodialgut durch den Abt ist »durch Vermittlung und Zustimmung der 40 Ratsleute« erfolgt. Sieben Ministeriale treten als Bürgen bzw. Garanten des Rechtsgeschäfts auf143. Derartige Besitztransaktionen müssen in hohem Maße die Interessen der führenden Kreise der Stadtbevölkerung betroffen und deren jetzt deutlich stärker als bis ca. 1200 erkennbare Initiative gefördert haben.

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Eine neue Qualität erreichte das Handeln der städtischen Seite kurze Zeit nach dem etwa ein Jahr lang die Bischofsherrschaft stark schwächenden Schisma (1217/18) auf dem Bischofsstuhl nach dem Tod Bischof Lupolds bis zur Bestätigung seines Nachfolgers Heinrich von Saarbrücken (1217/18 –1234). Im April 1220 gelang dem Rat der Erwerb eines ältere Privilegien bestätigendes Diploms Kaiser Friedrichs II. 144 und damit die ausdrückliche Bekräftigung des (angeblichen) Stadtfriedens aus dem Jahr 1156, womit das bestehende Gerichts- bzw. Ratsgremium explizit anerkannt wurde. Auf höchster politischer Ebene werden die Vertreter der Stadt fast zeitgleich genannt, als Ministerialen, Ratsleute und Bürger ihre Zustimmung zur Belehnung Friedrichs II. mit dem bischöflichen Vorort Wimpfen am Neckar durch Bischof Heinrich geben 145. Dieser Vorgang macht das Ausmaß des erreichten Zustimmungsrechts der Stadt im Hinblick auch auf Fragen des Verhältnisses zum Reichsoberhaupt und zum Hochstift deutlich. Das selbstbewusste Auftreten der führenden Kreise an der Spitze der Stadtgemeinde nach innen und der betonte Anspruch auf die Regelungskompetenz für innergemeindliche Fragen werden im gleichen Jahr deutlich. Mit Bezug auf die Ehre und den öffentlichen Nutzen der Stadt erlassen »Ministerialen, Richter und Ratsleute« im August 1220 eine aufschlussreiche Verordnung146, in der verboten wird, Fremde den Belästigungen durch Gaukler auszusetzen, nach Begräbnissen Gastmähler abzuhalten und (im Interesse der Vermeidung unnützer Kosten) Gelage in Häusern abwesender Wormser Bürger abzuhalten. Unter anderem ist die Erwähnung der fabrica civitatis, also gleichsam der Stadtkasse, als Empfängerin von Geldbußen von Relevanz. Mit der programmatisch vorgetragenen Regelung detaillierter Fragen des Zusammenlebens erreicht die in den Quellen ablesbare Regelungskompetenz der Herrschaft beanspruchenden und ausübenden Führungsgruppe der Stadt eine neue Stufe. Denkbar ist, dass das mit 40 Angehörigen große Ratsgremium zur besseren Bewältigung seiner Aufgaben mit den beiden (hier erstmals und in der Datierungszeile (!) genannten) Bürgermeistern zwei Vertreter an seine Spitze gesetzt hat, die von nun an bei schwankender Terminologie - in den Quellen Erwähnung finden 147. Das Zeugnis belegt, wie sehr die Verhältnisse an der Spitze der Stadtgemeinde im Fluss sind. Ein weiteres Indiz dafür ist auch eine 1223 wiederum das Kloster Schönau betreffende Urkunde, in der sich die städtischen Aussteller als Universi iuris consulti, iudices et concives in Wormatia bezeichnen. Anwesend bei dem in der Kilianskapelle fixierten Rechtsakt, dem ein gleicher Vorgang beim Gerichtstag vorausgegangen war, sind von der Geistlichkeit der Dompropst und der Kustos des Stifts in Neuhausen 148. Dass zu Beginn der 1220er Jahre die an der Stadtherrschaft beteiligten Kräfte an der Regelung der städtischen Angelegenheiten Anteil hatten, zeigt exemplarisch eine ›öffentlich und feierlich‹ im bischöflichen Hof zu Worms coram episcopo et consiliariis Wormatiensibus erfolgte Güterschenkung an Otterberg, die von König Heinrich (VII.) genehmigt wurde149. In den aus der Zeit bis zum Ende der 20er Jahre belegten Quellen ist überwiegend von den ›consules‹ bzw. ›consularii‹ als Handelnden die Rede; 1226 werden der Rat und die universitas civium genannt. In diesem Jahr muss es auch zu einem städtebündischen Zusammengehen zwischen Worms und anderen Städten der Region gekommen sein, über das allerdings nur wenige gesicherte Angaben gemacht werden können150.

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Aus den Jahren ab etwa 1226/29 datieren dann erste Hinweise auf Konflikte zwischen Bischof und Geistlichkeit zum einen und dem Rat zum anderen um zentrale Fragen der Stadtherrschaft und der herrschaftlichen Kompetenzen innerhalb bzw. gegenüber der Stadt und ihrer Bevölkerung. In diesem Zusammenhang ist auf die seit den 1220er Jahren immer verheerender werdenden finanziellen Zustände im Hochstift aufmerksam zu machen, die als Hintergrund der nun einsetzenden, bis zur Regelung der Besetzung des Rates Anfang 1233 (Erste Rachtung) eskalierenden Konflikte betrachtet werden müssen. An den Streitigkeiten, die sich im Übrigen mit Konflikten zwischen Bischof, Domkapitel, Stadtklerus und den 1226 nach Worms gekommenen Dominikanern um deren Niederlassung ab 1229 überschnitten haben (s. u.), sind der Bischof, die Geistlichkeit, Vertreter der Stadt sowie König Heinrich (VII.) und Kaiser Friedrich II. beteiligt. Als Ursachen für die in grundsätzliche Fragen der Stadtherrschaft gehenden Meinungsverschiedenheiten werden von geistlicher Seite zunächst Übergriffe auf Rechte und Privilegien der Kirche ins Feld geführt, Klagen, hinter denen unter anderem die stärkere finanzielle Beanspruchung der ohnehin monetär klammen Geistlichkeit vermutet werden kann. Offener Konflikt entzündete sich an der Frage einer vom Bischof für die Reise zum Reichstag nach Ravenna von den Bürgern geforderten Beisteuer. Schließlich entschied sich die Ratsmehrheit für die Entsendung einer eigenen Gesandtschaft zu dem von Kaiser Friedrich II. einberufenen Reichstag. Auf diesem wurden nun Beschlüsse gefasst, die deutlich gegen eigenständige städtische Ratsgremien, wie sie sich auch in anderen Bischofsstädten herauszubilden begonnen hatten, vorgingen und die Bildung und Tätigkeit von Räten und Bruderschaften in den Städten zu unterbinden suchten. Die Zielrichtung war dabei die Aufrechterhaltung der stadtherrschaftlichen Position der Bischöfe gegen die vermehrten Ansprüche bürgerlicher Gremien auf Teilhabe an der Stadtherrschaft. Der Wormser Konflikt ist jedoch nicht nur wegen dieser verfassungsrechtlichen Streitigkeiten interessant. Als Zeichen der Absetzung von der bischöflichen Herrschaft hatten der Rat bzw. die Ratsherren (consules) vor dem Jahr 1232 ein großes steinernes (also befestigtes) Haus an der Hagenstraße samt einem bis zur Nazariuskapelle reichenden Areal erworben und es für ihre Zwecke aufwändig um- und ausgebaut; hier fanden nun die Beratungen (consilium) der Ratsherren statt, wobei man den Bischof, wie es in den Wormser Annalen heißt, »gleichsam für nichts erachtete«151. Unter Absetzung von der traditionell engen räumlichen Zusammengehörigkeit versuchten die Ratsmitglieder, sich dem öffentlichen, gegenseitige Kontrolle und Legitimation verschaffenden Dombereich zu entziehen und ihre Autonomiebestrebungen auf diese Weise – eben durch ein eigenes Rathaus – sinnfällig zu demonstrieren; ein Vorhaben, das bei Bischof und Geistlichkeit verständlicherweise auf heftigen Widerstand stoßen musste. Der Versuch misslang zwar, da das Haus nach seiner vom Kaiser vorgenommenen Übertragung an die Wormser Kirche im Frühjahr 1232 abgebrochen wurde 152, doch stellt sich die Frage, wie es mit dem Schicksal des Versammlungsplatzes vor dem Dom bestellt war. Erstaunlicherweise gab es nach der »Niederlage« der städtischen Seite im Konflikt 1232/33 sehr lange keine Versuche mehr, die Gültigkeit dieser Stelle als originär städtischem Versammlungsplatz infrage zu stellen.

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Es gelang dem Wormser Bischof im Zusammenhang mit dem Konflikt zwischen Friedrich II. und seinem Sohn Heinrich (VII.) mit Hilfe der übrigen Reichsfürsten, die bis 1231 eingetretenen Verhältnisse hinsichtlich der Größe und eigenmächtigen Bestimmung des Rates für ungültig erklären zu lassen. Nach mehrmonatigem Hin und Her sowie dem Einsatz von Kirchenstrafen (Bann, Interdikt etc.) wurde im Februar 1233 zwischen den Beteiligten eine Übereinkunft in Gestalt einer Neubestimmung über die Ratswahlen (die so genannte Erste Rachtung) abgeschlossen153. Nach dieser als Kompromiss unter Berücksichtigung der ausbalancierten Interessen aller Seiten zu interpretierenden Regelung erhielt der Bischof – unter Einbeziehung des Dompropstes als Vertreters der Geistlichkeit – das Recht, unter den Wormser Bürgern neun geeignete Ratsleute zu wählen. Diese hatten dann unter Eid sechs Wormser Ritter (milites) hinzuzuwählen, sodass von nun an ein 15köpfiger Rat amtierte, dem auch der Bischof selbst angehören sollte, wobei die Ratsmitglieder auf Lebenszeit in ihrer Funktion blieben. Für Beschlüsse war die Mehrheit der Ratsstimmen erforderlich. Im Falle seiner Abwesenheit konnte der Bischof einen geeigneten Vertreter delegieren. Die Wahl des Schultheißen und anderer Amtsträger – darunter auch je vier Vertreter der vier innerstädtischen Pfarreien – sollte jährlich am Martinstag (11.11.) erfolgen. Der König hatte einen der beiden Bürgermeister aus der Riege der bürgerlichen Ratsmitglieder zu ernennen, der zweite Bürgermeister sollte dagegen vom Bischof aus den sechs ritterlichen Ratsleuten bestimmt werden. Mit Ausnahme der in ihrem Bestand ausdrücklich bestätigten Hausgenossen und der hier quellenmäßig erstmals greifbaren Gemeinschaft der Pelzhändler bzw. Kürschner wurden alle bruderschaftlichen Vereinigungen von Bürgern (fraternitates civium) verboten. Offenkundig hatten sich bis um 1230 auch im gewerblichen Bereich handlungsfähige Gemeinschaften zur Interessenvertretung herausgebildet, über die die Quellen bis dahin allerdings schweigen. Die hier angesprochene Gemeinschaft mit besonderem Charakter findet sich in ähnlicher Weise auch in Trier und Straßburg; es handelt sich um zum bischöflichen Hofpersonal gehörige angesehene Kürschner und Pelzhändler, die vormals dem Stadtherrn zu besonderen Dienstleistungen verpflichtet waren. Ihre Genossenschaft bewahrte bis mindestens in das 14. Jahrhundert eine punktuell immer wieder einmal fassbare rechtliche Sonderstellung in der Stadt, die auf die anfangs starke Nähe zum Bischof zurückzuführen ist und die sich noch im gemeinsamen Besitz eines Hauses um 1300 manifestiert 154. Die jüngere Forschung hat hinsichtlich der fortbestehenden Präsenz derselben Familien im Ratsgremium und ihrer Nennung in den urkundlichen Zeugenreihen vor und nach 1233 155 sowie im Hinblick auf die Gesamtverfassung der Stadt die Kontinuität der Ratsentwicklung über die Rachtung hinaus zu Recht stärker betont als in den Regelungen einen Bruch zu sehen, wohin die ältere Forschung neigte. Dem ist zwar zuzustimmen, zugleich markieren die Jahre 1231 bis 1233 aber den Beginn einer gegenüber der Zeit bis 1230 neuen Phase, in der das Zusammenleben der an der Stadtherrschaft beteiligten Kräfte erstmals von offenen Konflikten gekennzeichnet wird. An die Stelle des aus der evolutionären Entwicklung der städtischen Verhältnisse heraus erwachsenen Rates tritt ein vom Bischof gewähltes Gremium, eine für die Legitimation des Auftretens und die prinzipiellen Einwirkungsmöglichkeiten und Reservatrechte des Bischofs und der Geistlichkeit nicht unwichtige Neuerung, wie die weitere Entwicklung der Ratsherrschaft zei-

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gen sollte. Allerdings setzt sich die gemeinsame Bekundung und Besiegelung von Rechtsgeschäften durch Bischof, Stiftsgeistlichkeit und Stadt auch in den 1230er und 1240er Jahren noch längere Zeit fort, wobei in den Urkundenformeln seit ca. 1245 in der Regel Consules et universi cives (Ratmannen und alle Bürger) als Aussteller entgegentreten. Im Rückblick lässt sich für die Entwicklung bis zum Jahr 1233 zusammenfassend feststellen: Der staufisch-welfische Thronstreit ab 1198 kann auch in Worms als wesentlicher Faktor der raschen Fortentwicklung des kommunalen Handelns angesehen werden; die städtischen Kräfte erhalten bzw. beanspruchen spätestens in dieser Zeit wesentlich mehr Handlungsfreiheit. Der Bischof stützt sich stärker auf die Zustimmung seines sich immer weiter verselbstständigenden personellen Umfeldes. Die Krisenphase der Bischofsherrschaft 1217/18 verschärft auch die wirtschaftlichen Probleme in der Wormser Kirche sowie im kleinen und stets gefährdeten Hochstift. Als wesentliche Faktoren für die allmähliche Auseinanderentwicklung der Interessen von Stadt und bischöflichem Stadtherrn (samt seinem Umfeld) sind Fragen der Finanzen und der abnehmende Respekt vor Grundfragen der bischöflichen Oberhoheit (Beratungsort des Rates) sowie das Eingreifen der Reichsgewalt auf geistlicher Seite ab 1231 anzusehen. Das Abrücken beider Seiten von der traditionellen Zustimmungs- bzw. Übereinstimmungsgemeinschaft aller Beteiligten seit etwa 1226 stellt etwas qualitativ Neuartiges dar. Das Auftreten der Bettelorden seit den 1220er Jahren und die ab 1200 allmählich erkennbare Position der Pfarreien als eigenständige Größen im Gefüge der Stadtherrschaft verschieben die Konstellation nochmals und bringen neue Kräfte in das komplexe stadtherrschaftlich-geistliche Gefüge. Zugleich dominieren die bis dahin nachweisbaren Familien weiterhin die Zusammensetzung des »neuen«, kleineren und schlagkräftigeren Rates. Die Kompetenzen des Rates werden nicht erkennbar verändert oder angetastet. Trotz der Rachtung von 1233 setzen sich die seit ca. 1200 fassbaren Kräfteverschiebungen fort.

Die Stadtentwicklung bis zum Rheinischen Bund (1233 –1254/56) Nach der im Kompromisswege erfolgten, relativ dauerhaften Regelung der Fragen der Ratsbesetzung Anfang 1233 (erst um 1300 ergaben sich Veränderungen der Stadtverfassung und ihrer normativen Grundlagen) geriet die Stadtentwicklung bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts in eine tiefe, mit der Reichs- und politischen Geschichte auf das Engste verknüpfte Krise, die mit dem Ende der staufischen Reichsherrschaft und der gemeinsam mit Mainz betriebenen Gründung des Rheinischen Bundes im Frühjahr 1254 an einen Wendepunkt kommen sollte. Zunächst ist ein kurzer Überblick über das Geschehen im Dreieck von Stadtbürgerschaft und Rat zum Ersten, Bischof und Geistlichkeit zum Zweiten und der Reichsherrschaft unter Friedrich II. (1212, 1220 Kaiserkrönung, Tod 1250) sowie seinen Söhnen (Heinrich (VII.), abgesetzt 1235; Konrad IV., 1237–1250/54) zum Dritten samt ihren Auswirkungen auf Wirtschaft und Verfassungsgefüge zu geben, wobei wir hierzu der grundlegenden Darstellung von Burkard Keilmann folgen können 156. Als

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Quellen steht neben den urkundlichen Zeugnissen die reiche chronikalische Überlieferung zur Verfügung, unter denen die aus städtischer Sicht berichtenden »Annales Wormatienses« eine Sonderrolle einnehmen, »das für das deutsche Reichsgebiet früheste Beispiel städtischer ›bürgerlicher‹ Geschichtsschreibung«157. Die Politik König Heinrichs (VII.) führte seit dem Herbst 1234, fast zeitgleich mit dem Tod Bischof Heinrichs von Saarbrücken, zum offenen Bruch mit seinem Vater. Mit dem Domdekan Landolf von Hoheneck wurde noch im gleichen Jahr ein neuer Bischof gewählt, mit ihm zum ersten Mal der Angehörige einer Ministerialenfamilie. Der Hinwendung des neuen Geistlichen zu dem stets schwankenden und schwachen König entsprach die endgültige Abkehr der Stadt von diesem. Der Versuch Heinrichs, ein Treuegelöbnis der Stadt ihm gegenüber zu erzwingen, führte 1234/35 zu militärischen Aktionen gegen die Stadt und die Verhängung des Bannes über Worms. Die Lage wendete sich mit der Ankündigung des Zuges Friedrichs II. über die Alpen. Der Herrscher traf im Juli 1235 in Worms ein, feierte dort prunkvoll Hochzeit mit der englischen Prinzessin Isabella, setzte seinen Sohn gefangen und enthob ihn der Thronwürde. Friedrich II. verfügte die bis 1236 andauernde Verwaltung der Stadt durch einen Ministerialen, der als iudex (Richter) die Gerichtsgewalt ausübte, sehr zum Ärger der Wormser Bürgerschaft, die stark zu Gunsten Friedrichs II. tätig geworden war und eine Stärkung ihrer Position erhofft hatte. Dass der Stadt 1236 durch Friedrich II. dann doch das wichtige Privileg von 1220 mit der Bestätigung der Rechte und Freiheiten (und formal auch der Stadtverfassung der Zeit vor 1233!) bekräftigt und das Regiment seines Amtsträgers in der Stadt bereits wieder beendet wurde 158, hatte allerdings so gut wie keine praktischen Auswirkungen auf die Stadtverfassung. Erst im Herbst 1236 erlangte Landolf, der als Anhänger Heinrichs (VII.) längere Zeit auf seine politische Rehabilitierung warten musste, die Bischofsweihe und wurde seither und bis zu seinem Tod 1247 zu einem ganz entschiedenen Anhänger des Staufers. Landolf unternahm nach dem Erhalt erster Gunstbeweise und im Gefolge eines starken Engagements im Umfeld Friedrichs einen Versuch zur Erweiterung seiner stadtherrlichen Rechte auf Kosten von Rat und Bürgerschaft und wurde darin in einem Herrscherdiplom vom November 1238 auch bestärkt159. Die hier vorgesehenen neuen Bestimmungen zur Ratswahl konnten wegen des massiven Widerstands der städtischen Kräfte und der insgesamt schwachen Position des Bischofs – auch auf Grund deutlicher finanzieller Probleme in seinem Hochstift – faktisch nicht zum Tragen kommen und blieben ohne Auswirkungen. Für die Verfassung waren weiterhin die Bestimmungen von 1233 maßgebend. In eine neue Phase trat die Entwicklung durch den ab 1241/42 vor allem vom Mainzer Erzbischof Siegfried von Eppstein betriebenen Kampf gegen Friedrich II., der für Worms und vor allem sein näheres Umland verheerende Folgen nach sich ziehen sollte: Die militärischen Auseinandersetzungen (Stadtbürgerschaft und Bischof blieben entschieden auf Seiten des Herrschers) führten zu Unfrieden, Fehden und gewaltsamen Übergriffen in der Region mit starken, nicht zuletzt wirtschaftlichen Rückwirkungen auf Worms. König Konrad IV. belohnte den Einsatz für die staufische Sache 1242 mit einem Zollerleichterungen fixierenden Diplom für die Stadt160. Im selben Jahr zerstörte ein bei St. Andreas ausgebrochener verheerender Brand weite Teile der Stadt, bei dem angeblich mehr als

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300 Menschen getötet worden sein sollen, ein Ereignis, dessen wirtschaftlich-finanzielle Folgen das Gemeinwesen zusätzlich ganz erheblich bedrückt haben 161. Bereits 1221 (hier vor allem mit schweren Folgen für das Marktgeschehen 162) und 1231 und dann nochmals 1259, 1269 und 1298 kam es zu ähnlichen Katastrophen, wovon uns vor allem die Wormser Annalen eindringlich berichten163. Bei den Nachrichten zur Katastrophe von 1221 handelt es sich um die ersten sicheren Hinweise auf eine Verlagerung des Marktlebens in den heutigen Bereich Marktplatz/Neumarkt: Genannt werden verbrannte Marktstände bzw. -buden und Häuser von Kaufleuten im Bereich des Alten Hospitals unweit der Johanniskirche. Die politische Situation spitzte sich 1241/43 immer mehr zu, die Stadt unternahm bis in den Rheingau reichende Kriegszüge und Flottenunternehmungen auf dem Rhein zu Gunsten der staufischen Sache, deren Aussichten sich nach dem Antritt des Pontifikats Papst Innozenz’ IV. 1243 drastisch verschlechterten, da dieser massiv die Absetzung des Kaisers betrieb. Im August 1243 wurden die Treue und die ungeheuren Aufwendungen und Lasten der Stadt durch zwei wichtige Diplome Friedrichs II. gewürdigt, wobei vor allem die Verleihung eines 14tätigen Jahrmarktes vom Termin zwei Wochen nach Ostern an (d.h. zwischen den Sonntagen Misericordia und Cantate) von Belang war164. Diese Verleihung (1333 wurde der Termin auf Pfingsten verlegt) fügte sich in das zwischen 1226 und 1245 am Mittelrhein entstehende, herrscherlich betriebene und zeitlich recht genau aufeinander abgestimmte Jahrmarktsystem mit Messen in Oppenheim (1226, 1236), Worms und Speyer ein, denen durch den Staufer ganz ähnliche Privilegien erteilt wurden. Der Erfolg dieser Maßnahme blieb allerdings angesichts des bereits bestehenden Messezyklus der Wetteraustädte und des um 1250 allmählich beginnenden starken Aufschwungs des Messeplatzes Frankfurt am Main beschränkt165. Um die Mitte des 13. Jahrhundert erlosch auch die Tätigkeit der Wormser Münze; die rasch wachsende Bedeutung der seit ca. 1260 in den schriftlichen Quellen immer stärker hervortretenden Haller Pfennige (»Heller«) aus der königlichen Zollstätte in (Schwäbisch) Hall verdrängten als neue überregionale Zahlungseinheit den Wormser Pfennig, dessen Prägung eingestellt wurde166. In den folgenden Jahren blieben die Stadt und das finanziell schwer zerrüttete und belastete Hochstift im Spannungsfeld der politischen Auseinandersetzungen. Der Mainzer Erzbischof Siegfried verhängte 1242 das Interdikt über die Stadt und 1244 bestätigte der Papst diese gravierende Maßnahme, die schließlich auf Grund des anhaltenden Widerstandes Bischof Landolfs gegen ein Einlenken auf die antistaufische Seite ab September 1245 zum Erlöschen nahezu des gesamten gottesdienstlichen Lebens in der Stadt und zum Auszug weiter Teile des Klerus geführt hat. Der Druck auf den Bischof wurde angesichts der bürgerkriegsähnlichen Lage, die allmählich Wirtschaft und Finanzen in Worms in den Ruin zu ziehen drohten, immer stärker, sodass sich Landolf nach der Absetzung Friedrichs II. durch den Papst im gleichen Jahr 1245 zu einem Kompromisskurs gezwungen sah. Mit Hilfe von Bestechungsgeldern, die die monetäre Lage seiner Domkirche weiter belasteten, suchte er beim Mainzer Erzbischof seine Lage zu entschärfen, was allerdings lediglich seinem weiteren Autoritätsverlust Vorschub leistete. Im Oktober 1245 kam es schließlich zu einem Parteiwechsel Landolfs, der freilich die aktive

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Unterstützung der Staufergegner bis zu seinem Tod im Juni 1247 hinauszögerte – sicher auch aus Rücksicht auf die Stadt, die nach wie vor – länger und intensiver als fast jede andere Stadt – an der Legitimität der staufischen Herrschaft festhielt. Die Quellen geben eindrucksvolle Belege für die Vielzahl an Privatkriegen und -fehden, einen Zustand permanenter Fried- und Rechtlosigkeit, in dem der Wormser Raum in den 1240er Jahren zu versinken drohte 167. Vor allem der regionale Niederadel, aber auch die Bewohner umliegender Dörfer, beteiligten sich an Überfällen, störten den Handelsverkehr und ergriffen jede Gelegenheit zur Schädigung der Wormser Kaufleute und Bürger. Die Situation in Worms verschärfte sich im Frühjahr 1246 noch durch innerstädtische Konflikte wegen der Besetzung des Rates. Getragen wurde diese Bewegung von führenden Persönlichkeiten der Bürgerschaft 168. Die Jahre nach dem Tod Landolfs ab 1247, welche zugleich die Phase des staufischen »Endkampfes« am Rhein und den Beginn des so genannten »Interregnums« 169 markieren, waren bis zur erneuten Etablierung einer einigermaßen stabilen und anerkannten bischöflichen Stadtherrschaft im Jahr 1253 ebenfalls von starker Unsicherheit geprägt. Ab 1247 ergab sich nach dem Intermezzo des von der Kurie zum Bischof bestimmten, noch im gleichen Jahr gestorbenen Mainzer Domdekans Konrad von Dürkheim ein Schisma durch das Gegeneinander eines vom Domkapitel gewählten (Dompropst Eberhard Raugraf) und eines vom päpstlichen Legaten bestimmten (Richard von Daun, Kleriker in Trier) Bischofs. Erst 1253/56 konnte diese für die bischöfliche Stadtherrschaft und die Lage in dem inzwischen finanziell total zerrütteten Hochstift gleichermaßen schwierige Frage zu Gunsten Richards gelöst werden, Eberhard wurde ausgezahlt. Die Bürgerschaft hatte bis Februar 1253 einen Einzug des Bischofs und damit auch seine Anerkennung als Stadtherr verweigert. Politisch ergab sich 1252/53 erstmals eine Spaltung der Bürgerschaft, deren führender Teil angesichts der für die Staufer aussichtslosen Lage, des wirtschaftlich-finanziellen Raubbaues und des Drucks der Kurie auf deren Seite überzuschwenken bereit war. Vor allem den Ratsmitgliedern und Angehörigen der im Handel aktiven Kräfte der Bürgerschaft bzw. deren führenden Familien ging es nach kriegerischen und finanziell ruinösen Jahren um eine Sicherung des für die städtische Wirtschaft entscheidenden Handelsverkehrs und damit einer entscheidenden Grundlage ihres Wohlstandes. Nach der Festigung der bischöflichen Position – immerhin hatte der Rat fast fünf Jahre ohne einen bischöflichen Herrn agiert und Versuche unternommen, die alte Ratsverfassung der Zeit vor 1233 wieder einzuführen – war Richard von Daun bestrebt, die Macht des Rates zu beschneiden. Die Versuche zur Revision der Verfassungsverhältnisse scheiterte; im September 1253 wurde der 15er-Rat in der 20 Jahre zuvor vorgeschriebenen Weise wieder vorschriftsmäßig ergänzt und ins Amt gesetzt. Vorangegangen war eine Phase starker Rechtsunsicherheit, da das als Gerichtsinstitution fungierende Gremium längere Zeit nicht zusammenkam, was die Anarchie in der Stadt noch verstärkt hat 170. Der Kampf zwischen Staufern und Kurie, der im Grunde bis zur formellen Anerkennung des neuen Königs Wilhelm von Holland durch den Rat im Oktober 1254 nicht endete, führte in der Stadt zu einer beschleunigten politischen und sozialen Verelendung. Noch zwischen 1248 und 1250 gewährte der Rat kostspielige finanziell-militärische Hilfe

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für Konrad IV., die wiederum neue Härten und Grausamkeiten für die Stadt und mehr noch das gebeutelte Umland nach sich zog. Erst auf dem Hoftag Wilhelms von Holland im Februar 1255 in Worms huldigte die Bürgerschaft dem neuen König, dessen Herrschaft allerdings durch seinen überraschenden Tod ein Jahr später bereits wieder endete.171 Seit Anfang 1254 hatten die Fried- und Rechtlosigkeit sowie das bedrohliche Machtvakuum am Mittelrhein die Städte auf den Plan gerufen172. Unter Anknüpfung an die bereits vorher punktuell bestehenden Bündnisverträge und vor dem Hintergrund seit langem vorhandener personeller Kontakte und Beziehungen kam es in der ersten Jahreshälfte 1254 zum Aufbau und zur raschen Ausbreitung eines zunächst regionalen, dann überregionalen Bündnisnetzes: Den Anfang machte im Februar 1254 ein eidlich beschworener Bund mit Mainz (confoederatio pacis et concordie), der unter anderem eine Angleichung im bürgerlichen Recht beider Städte regelte und dem im April auch die Stadt Oppenheim beitrat; vermutlich war auch die Einbeziehung von Speyer geplant, mit deren Bürgern die Wormser noch vor Ende Februar alte Streitigkeiten beilegten173. Im Juli 1254 wurde darauf aufbauend ein sehr rasch wachsendes Bündnis von Städten, Adligen und Geistlichen aus dem gesamten Rheinland vereinbart, der am 6. Oktober 1254 seinen ersten regulären Bundestag in Worms abhielt174. Ziel des Bundes war – unter Rückgriff auf religiöse Vorstellungen und die Ideen des Landfriedens – die Sicherung und Wahrung des Friedens, die Abschaffung ungerechter neuer Zölle und der Schutz des Handelsverkehrs. Die Keimzelle des bis 1256 als Machtfaktor wichtigen und weit mehr als nur die Städte umfassenden Rheinischen Bundes war gelegt. Die städtische Politik nach außen und innen wurde – quellenbedingt ist dies seit etwa 1200 allmählich besser greifbar – von einer Reihe aus der bischöflichen Ministerialität stammender, wirtschaftlich und politisch dominierender Familien getragen. Diese sind zunächst als »Ministerialen«, seit ca. 1220 als »Bürger« und »Ritter« in den Quellen – und hier vor allem in den Zeugenreihen – greifbar. Wir verdanken den seit 1968 entstandenen bahnbrechenden Untersuchungen von Knut Schulz vertiefte und weit über die Stadt Worms hinaus auch für andere Bischofsstädte beispielhaft wichtige Einsichten in die Prosopographie und verwandtschaftlichen Verflechtungen sowie die Charakteristik dieser für die Stadtentwicklung entscheidend verantwortlichen städtischen Führungsgruppe, die als Ratsmitglieder und Bürgermeister, in diplomatischen Missionen, als Schenkgeber und Stifter sowie Lehensinhaber in den Quellen entgegentreten175. Zu dieser Gruppe gehörten während des 13. Jahrhunderts die Familien Richer und Militellus (Ritterchen, beide stehen auch um 1220 in einer Lehensbeziehung zu Pfalzgraf Ludwig), Dirolf (später hervorgetreten als Klostergründer in Hochheim)176, Holtmund (sie kann sich noch bis in das späte Mittelalter halten), Judeus, Rufus, Amella, Vulpecula (Fuchselin), Moro (Maulbaum177) und deutlich später die Familie Bonne, die ihre Bedeutung bis zum Ende des Mittelalters bewahren konnte. All diese Familien stammen aus der bischöflichen Dienstmannschaft. Die Angehörigen dieser Geschlechter vereinigen Güterbesitz in Stadt und Umland sowie politisch-militärische Funktionen an der Stadtspitze, sie sind am Handelsverkehr und Wirtschaftsleben entscheidend beteiligt, treten durch religiöse Stiftungen hervor und sind durch Konnubium miteinander verbunden178. Das religiöse Engagement

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beschränkt sich dabei nicht nur auf die durch ihr Zutun aufstrebenden neuen Niederlassungen der Mendikanten und religiösen Frauengemeinschaften, es umfasst genauso die bereits seit ca. 1190 präsenten Zisterzienserklöster (v. a. Schönau und Otterberg) wie auch die Wormser Kollegiatstifte. Dazu kommen das Engagement im Pfarreileben der Stadt und die Tätigkeit als Kirchengeschworene. Die Mitglieder dieser mit Grundbesitz im näheren Umland der Stadt ausgestatteten bürgerlichen und ritterlichen Familien stehen in engen Beziehungen zur Geistlichkeit, vor allem zu den Stiften St. Andreas, St. Paulus und St. Martin (weniger zu Domstift und St. Cyriakus/Neuhausen) sowie – was die Klöster angeht – zu den beiden in Worms stark präsenten Zisterzen Schönau und Otterberg, denen sie als Insassen, Schenkgeber und Förderer verbunden sind.179 Spätestens seit der ersten Rachtung 1233 haben sich die Ministerialen, die als solches in den Quellen nicht mehr entgegentreten, in die Gruppen der Bürger (cives) und Ritter (milites) aufgeteilt180. Der angesehenere Teil der als »Laien« in den Urkunden genannten Personen wird seit 1229 als milites (Ritter) in den Quellen genannt, der andere Teil als cives (Bürger). Trotz fortbestehender vielfältiger Beziehungen zwischen beiden Gruppen waren die Grenzen zwischen ihnen doch recht streng gezogen. Während der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts hat sich der Gegensatz zwischen den ritterlichen und den bürgerlichen Ratsvertretern weiter verstärkt und in Spannungen und Interessengegensätzen niedergeschlagen. Ein Teil der ritterlichen Familien – ohnehin mit Besitz im Umland und in Kontakten zum Adel – entwickelte sich zu niederadligem Stand weiter und lockerte oder löste seine Bindungen an und in die Stadt. Beispielhaft für diese Entwicklung steht die Familie der Kämmerer von Worms genannt von Dalberg 181. Die in der letzten Zeit vorgebrachte, letztlich nicht überzeugende Kritik an der Ministeralitätsthese in der Dissertation von Sabine Happ wird die Grundannahmen und die Richtigkeit der Schulz’schen Einschätzung nicht zu erschüttern vermögen. Happ geht davon aus, dass die »Mitglieder der führenden Bürgerschicht« Händler gewesen seien, »die aus den kirchlichen familiae stammten« 182. Über die Fortentwicklung der Verfassungsverhältnisse im frühen 13. Jahrhundert informiert eine weistumsartige Quelle, die auch Einblicke in Fragen der Verfassungstopografie und der Praxis beim Ablauf der Ratswahl gewährt 183. Der Bischofshof wird als Ort des Gerichts erwähnt. Bezeugt ist die Wahl von je vier als »Heimburgen« bezeichneten, aus den innerstädtischen Pfarreien bestimmten und unter anderem mit der Einziehung des Ungeldes und der Überwachung der Maße und Gewichte betrauten Personen. Diese sollen vor den (wie gesehen erstmals 1220 belegten) Bürgermeistern an der Saalstiege – einer bereits im kurz nach 1200 niedergeschriebenen Nibelungenlied als Rechtsort genannten Freitreppe am Bischofshof nahe dem Nordportal des Domes – ihren Eid ablegen und je ein Jahr lang amtieren. Erwähnt wird in der lateinischen Quelle auch das auf Befehl der Bürgermeister von den Heimburgen durchzuführende, aus weiteren Zeugnissen bekannte Läuten der so genannten »Hofglocke« im Dom, das eine Reihe von Rechtshandlungen begleitet. Das Weistum lässt die Vielfalt der Funktionen des als Immunitätsbezirk genannten Domvorplatzes zum Beispiel auch für das Gebiet der Strafgerichtsbarkeit erkennen. Dem-

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nach soll einem überführten und verurteilten Verbrecher das Urteil gesprochen werden, nachdem das Volk durch dreimaliges Schlagen der Hofglocke (campana curie) zusammengerufen worden ist. Das Urteil soll öffentlich von der erwähnten Saalstiege herab verkündet werden (coram omni populo). Mit Ausnahme der kurzen, wie gesehen zunächst folgenlosen Episode des Wormser Rathauses um 1225 bis 1230 fungiert der Domvorplatz während des gesamten 13. und des beginnenden 14. Jahrhunderts kontinuierlich als Versammlungs-, Wahl- und Gerichtsort im bürgerlich-städtischen Rechts- und Gemeinschaftsleben der Wormser. Mit den insgesamt 16 Heimburgen treten nach 1200 neben dem im Weistum genannten, von Bischof und Ratsleuten zu wählenden Schultheißen als Gerichtsbeamten weitere Funktionsträger im Gefüge der Stadtverfassung auf, die auf die gewachsene bzw. in den Quellen allmählich greifbare Bedeutung der Pfarreien als Keimzellen und kleinste Organisationsformen städtischen Lebens verweisen. Im Zeitraum von ca. 1190 bis 1250 verfestigt sich das System der Inkorporation inner- wie vorstädtischer Pfarrkirchen an Stifte und Klöster. Dies geschieht nicht zufällig unter starker Anteilnahme städtischer Vertreter bei den von den Bischöfen beurkundeten Rechtshandlungen. Bereits vor 1200 war – darauf wurde bereits aufmerksam gemacht – die räumliche Verfestigung der vier Parrochialbezirke in der ummauerten Stadt abgeschlossen. Die Pfarreien nahmen seither Aufgaben mindestens im Bereich der Organisation der Stadtverteidigung bzw. des militärischen Aufgebots (dies bezeugen die städtischen »Wormser Annalen« explizit zum Jahr 1270184), der Erhebung von Abgaben und der Aufsicht über das Marktleben wahr. Die Verantwortung für die Pfarrei, den Bau und die Unterhaltung der Pfarrkirchen und rechtliche Regelungen für das religiös-gemeinschaftliche Leben vor Ort tragen dabei laikale Kirchengeschworene (iurati), über deren Funktionen noch sehr wenig bekannt ist, die aber bis zum Ende des Mittelalters in den Quellen entgegentreten. Als Beispiel sei auf eine Urkunde von 1243 verwiesen, in der hergebrachte Rechte von Kirchengeschworenen (iuratorum parrochie) bzw. deren Recht auf Ratgebung und Beschlussfassung in Fragen der Pfarrei für St. Magnus ausdrücklich festgehalten werden. Welch gewichtige Rolle die Kirchengeschworenen vor allem im vorstädtischen Bereich eingenommen haben, zeigt eine Urkunde, in der das Domkapitel im Februar 1300 der als »Geschworene und Gemeinschaft der Pfarrei« auftretenden Kirchengemeinde St. Michael außerhalb der Mauern (südlich der Stadt) einen Garten zur wegen der Bevölkerungszunahme notwendigen Erweiterung ihres Friedhofes verliehen hat185. Diese Gruppe der Laien, die in der Gemeinde Mitspracherechte wahrnehmen, ist in den spätmittelalterlichen Quellen häufig erwähnt, ohne dass wir bislang über die Stellung der Parrochien im Verfassungsgefüge allzu viel wüssten186. Ebenfalls nahezu nichts ist bis weit in das 13. Jahrhundert hinein bekannt über die Rolle gewerblich-zünftischer Vereinigungen, die hinter den um 1232 ausdrücklich verbotenen städtischen Bruderschaften zu vermuten sind. Allein die Genossenschaft der im herrschaftsnahen Kürschnerhandwerk tätigen »Wildwerker«, die noch im frühen 14. Jahrhundert bezeugt ist, durfte nach den Bestimmungen der Rachtung von 1233 noch bestehen bleiben187. Als rechtlich gesonderte Gruppierung innerhalb der Stadt bestand nach wie vor die Gemeinschaft der Hausgenossen188. Hinsichtlich der Verwendung

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des Stadtsiegels ist festzuhalten, dass in mehr als der Hälfte der bis 1249 belegten Ankündigungen des Stadtsiegels eine gemeinsame Besiegelung mit geistlichen Personen oder Institutionen greifbar wird. Die äußere Stadtentwicklung ist im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts durch eine Reihe folgenschwerer Stadtbrände, fortschreitende Baumaßnahmen bzw. Neubauten bei den Stiftskirchen (Westwerk St. Paulus, vgl. Tafel 7), den Neubau eines Frauenraumes an der Synagoge (1212/13) sowie die Ansiedlung der beiden ältesten Bettelordenskonvente nebst neuen geistlichen Kommunitäten für Frauen im südlichen und westlichen Vorstadtgebiet gekennzeichnet, wodurch die seit der Zeit Bischof Burchards stabile geistliche Ausstattung erstmals wieder Zuwachs bzw. Veränderungen erfährt 189. Ende 1221 gründen zunächst die Franziskaner hinter dem Bürgerhof im Bereich der Nazariuskapelle ihre erste Niederlassung, die später in eine Liegenschaft in der Petersgasse (heute Petersstraße) verlegt wird. 1226 kommt es zur ersten Ansiedlung der Dominikaner, deren Niederlassung zwischen 1229 und 1233 zu heftigen Konflikten und schweren Misshelligkeiten mit Bischof Heinrich geführt hat. In diesem Fall verlief die Konfliktlinie zwischen dem als Förderer auftretenden Papsttum, das sich auf die Unterstützung der Bürgerschaft für die neue Niederlassung stützen konnte zum einen und dem Bischof mit seinem Stiftsklerus zum anderen. Letztere setzten sich gegen die massiven Eingriffe in gewachsene Rechte auf Kosten des in ihrer Hand befindlichen Pfarrklerus zur Wehr. Die erste den Predigerbrüdern zugewiesene Kirche war St. Andreasberg westlich vor der Stadt. Erst 1232/33 konnten die unter anderem um das Bestattungsrecht und Fragen der Kirchenzucht entbrannten Konflikte nach erheblichen Zuspitzungen und nach mehrfacher Intervention der Kurie beigelegt werden, der Konvent bezog sein dauerhaftes Quartier innerhalb der ummauerten Stadt190. Im überregionalen Vergleich belegt der frühe Zeitpunkt der Niederlassung der Mendikanten in Worms die hohe urbane Qualität und die Bedeutung der Stadt. Starke Veränderungen gab es zwischen 1236 und 1242 im Bereich der weiblichen Konvente 191. Im Jahr 1236/37 erhielt Bischof Landolf den päpstlichen Auftrag zur Reform der bis dahin einzigen Frauengemeinschaft, Maria- bzw. Nonnenmünster südlich vor der Stadt. Die Abtei wurde der Zisterzienserinnenregel unterstellt. Im März 1242 belehnte Bischof Landolf bemerkenswerterweise die Stadt mit der Klostervogtei; die Abtei stand auch über Schenkungen und Stiftungen in enger Beziehung zu führenden Kreisen der städtischen Bürgerschaft 192. 1253 wurde der Abtei die benachbarte Pfarrei St. Cäcilia inkorporiert193. Zum Zeitpunkt der Reform des Klosters Nonnenmünster 1236 hat es mit dem Reuerinnenkloster (St. Maria Magdalena, Bergkloster) bei St. Andreasberg westlich vor der Stadt vermutlich bereits eine weitere weibliche Kommunität gegeben, da der Bischof im Dezember 1238 einen Ablass zu Gunsten der hier erstmals sicher greifbaren, vielleicht einige Jahre älteren Gemeinschaft beurkundet hat. Im Jahr 1243 wurde dem Kloster die Pfarrkirche St. Andreasberg übertragen194. Mit dem südlich vor Worms gelegenen Frauenkloster Kirschgarten (später eindeutig zisterziensisch), erstmals sicher greifbar 1237 (der bischöflicherseits betriebene Gründungsvorgang hat hier nach chronikalischen Notizen bereits 1226 eingesetzt), tritt in kurzer Zeit eine dritte weibliche Religiosengemeinschaft in das Licht des Überlieferungszufalls 195. All dies vermittelt einen Eindruck

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von der Intensität des Gemeinschaftslebens, dem großen Bedarf an weiblichem religiösem Leben in Worms und von der Bereitschaft der führenden städtischen Familien als den maßgeblichen Trägern der neuen bzw. reformierten Einrichtungen zu Stiftungen und Schenkungen an die neuen Orden. Die Jahre zwischen 1220 und 1245 markieren damit einen starken Ausbau der religiösen Infrastruktur und eine enorme äußere wie bauliche Stadtentwicklung.

Königtum – Fürsten – Städtebünde: Die Außenbeziehungen der Stadt Worms im Spätmittelalter B ERNHARD K REUTZ

Das äußere Beziehungsgefüge der Stadt Worms gestaltete sich im späten Mittelalter äußerst vielfältig. Im Zentrum der salisch-staufischen Reichsmacht gelegen, war ihr weit über das hohe Mittelalter hinaus eine enge Beziehung zum Königtum vorgegeben 1. Als Kathedralstadt war ihr Schicksal stark mit dem des Wormser Bistums, aber auch des Mainzer Metropoliten und der Papstkirche insgesamt verbunden2. Im Konzert der regionalen Adelsherrschaften trat zunehmend die rheinische Pfalzgrafschaft als dominierende Macht hervor3. Schließlich ziehen sich die Beziehungen zu den Nachbargemeinden Mainz und Speyer wie ein roter Faden durch die Wormser Geschichte des Spätmittelalters. Diese reichten von informellen persönlichen Bindungen bis zu den großen Städtebünden, die weit über den mittelrheinischen Raum hinausgriffen. Den zahlreichen Abhängigkeiten und Wechselwirkungen dieser reichsweiten, regionalen und zwischenstädtischen Außenbeziehungen der Stadt Worms soll im Folgenden für die Zeit vom Beginn des 13. Jahrhunderts bis zum Ende des Mittelalters nachgegangen werden. Die Geschichte der Städtebünde dient dabei als Leitfaden4. Die Auswirkungen der Wormser »Außenpolitik« auf die innergemeindlichen Entwicklungen werden dabei nur kurz angerissen. Hierzu sei auf die Kapitel zur städtischen Verfassungsgeschichte des Mittelalters in diesem Band verwiesen5. Außer auf die edierten urkundlichen6 und chronikalischen7 Quellen der rheinischen Städte stützt sich dieser Beitrag außerdem auf die zum Teil ungedruckte zwischenstädtische Korrespondenz8.

Worms als Vorort des Rheinischen Bundes 1254/56 Im Gründungsjahr des Zweiten Lombardenbundes 1226 finden sich auch nördlich der Alpen erste Spuren eines multilateralen städtischen Bündnisses9. An einen Urteilsspruch König Heinrichs (VII.) gegen die Reichsstadt Oppenheim wegen der Aufnahme erzbischöflich-mainzischer Eigenleute schließt sich im Urkundentext ohne erkennbaren Bezug folgender Satz an: Volumus etiam confederationes sive iuramenta, quibus se civitates Maguntia, Pinguia, Wormatia, Spirea, Francinvort, Gelinhusen, Fridberc … invicem obligarunt, rescindi et in irritum revocari 10. Dieses Verbot ist der einzige Hinweis auf eine solche Verbindung der Städte Mainz, Bingen, Worms, Speyer, Frankfurt, Gelnhausen und Fried-

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berg. Bereits im Jahr 1207/08 hatten Worms und Speyer eine gegenseitige Zollvereinbarung getroffen 11. Doch die Hintergründe des Siebenerbundes von 1226 und seiner Auflösung bleiben im Dunkeln12. Er war jedenfalls der Auftakt zu einer ganzen Reihe weiterer städtischer Bündnisse im Reich, die im großen Rheinischen Bund von 1254/56 gipfelten 13. Dieser hat in der Forschung vielfältige Deutungen erfahren14. Sie reichen von einer bloßen Vollzugsordnung des Mainzer Reichslandfriedens von 123515 bis zum Durchbruch des städtischen Bürgertums als neuem politischen Faktor16. Am ehesten war er wohl eine Selbsthilfeorganisation städtebürgerlicher Gruppen gegen die Kriegszustände im Reich nach dem Zusammenbruch der staufischen Dynastie 17. Im Februar 1254 schlossen die Städte Mainz und Worms ein Bündnis (fedus concordie et unitatis 18). Noch im Frühjahr traten Oppenheim und Bingen dem Vertrag bei. Im Sommer 1254 erklärten dann die Räte von Mainz, Köln, Worms, Speyer, Straßburg, Basel und weiteren ungenannten Städten, am 13. Juli ein zehnjähriges Bündnis geschlossen zu haben19. Dieses hätten auch prominente Fürsten wie die Bischöfe von Mainz, Köln, Trier, Worms, Straßburg, Metz und Basel sowie viele weitere Grafen und Adelige geschworen. Die neuere Forschung spricht daher überwiegend nicht mehr vom »Rheinischen Städtebund«, sondern vom »Rheinischen Bund«20. Ende 1255 umfasste dieser bereits mehr als 30 Adelsherren und über 100 Städte und erstreckte sich in einem breiten Streifen entlang der Rheinachse von den Alpen bis zur Nordsee21. Seine Kernlandschaft aber war der Mittelrhein. Gemäß den Beschlüssen des Wormser Bundestages vom 6. Oktober 125422 war Mainz Vorort für die »niederen« und Worms für die »oberen« Städte, wobei die Moselmündung als Grenzpunkt diente. In Mainz und Worms fanden mit jeweils vier Treffen bis 1256 die meisten Bundestage statt. Am Mittelrhein führte der Bund seine erfolgreichsten Militäraktionen durch, so 1254 gegen die Zollburg der Bolandener in Ingelheim und 1255 gegen die Entführer Königin Elisabeths, die Herren von Rietburg an der Haardt. Doch mit dem Tod Wilhelms von Holland im Jahr 1256 und der zwiespältigen Königswahl von 1257 zerfiel der Bund nach nur knapp zwei Jahren. Die Mitglieder konnten sich nicht auf die gemeinsame Anerkennung eines Thronprätendenten einigen. Auch wurden die innerbündischen Spannungen zwischen Städten und Fürsten – etwa wegen der Zölle oder der Aufnahme von Eigenleuten zu Bürgern – nicht dauerhaft ausgeräumt. Die Gemeinden am Rhein knüpften aber nach kurzer Zeit wieder an ihre vorherige regionale Bündnistätigkeit an. Am 29. Juni 1259 erneuerten Mainz, Worms und Oppenheim ihren Bund vom April 125423. Als nach dem Tod Richards von Cornwall erneut eine zwiespältige Königswahl drohte, erklärten die Bürger dieser drei Städte zusammen mit denen der vier wetterauischen Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Wetzlar und Gelnhausen am 5. Februar 1273, nur einen einmütig gewählten König anzuerkennen. Gleichzeitig schlossen sie ein gegenseitiges Schutzbündnis gegen Angriffe in einem möglicherweise drohenden Thronstreit24. Bei einer weiteren Gelegenheit zeigt sich, wie sehr Mainz, Worms und Speyer auf informeller Ebene zusammenarbeiteten. Im Jahr 1285 vermittelten sie zwischen König Rudolf und der Reichsstadt Wetzlar, die den Hochstapler Tile Kolup aufgenommen hatte, der sich als noch lebender Kaiser Friedrich II. ausgab. Ihrem Engagement war es zu verdanken, dass der Streit am 7. Juli mit der Verbrennung Kolups als Ketzer ein für Stadt und

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König glimpfliches Ende fand 25. Doch auch für die Vermittler zahlten sich ihre Bemühungen aus. Am 26. Juni 1285 verlieh Rudolf Mainz, Worms und Speyer das Recht, nicht vor den königlichen Hofrichter geladen werden zu können 26.

Der mittelrheinische Städtebund von 1293 Nach dem Tod Rudolfs von Habsburg wählten die Kurfürsten auf Betreiben Erzbischof Siegfrieds von Köln am 5. Mai 1292 den relativ machtlosen Grafen Adolf von Nassau zum König 27. Dieser hatte nicht nur dem Kölner, sondern auch dem Mainzer Erzbischof umfängliche Wahlversprechen abgeben müssen 28. Gegen die Stadt Mainz richtete sich die königliche Zusage, Erzbischof Gerhard von Eppstein bei der Inbesitznahme des Vermögens der in den 1280er aus der Stadt geflohenen Juden zu unterstützen. Da auch die Stadt Mainz Ansprüche darauf erhob, sah sie sich gezwungen, nach Verbündeten gegen Erzbischof und König zu suchen 29. Am 12. August 1293 schloss sie mit Worms und Speyer auf unbestimmte Frist ein Bündnis, das für die Beziehungen dieser drei Städte für die kommenden Jahrhunderte bestimmend wurde 30. Eine Stadt sollte demnach einem neuen König nur dann huldigen, wenn dieser sowohl ihre Privilegien als auch die ihrer Partnerstädte schriftlich bestätigt hatte 31. In daraus erwachsenden Auseinandersetzungen zwischen einer Bundesstadt und dem König sollten die beiden anderen gemeinsam ihrem Verbündeten beistehen. Bundestreue ging also über Königstreue. Auch die Anerkennung eines neuen Bischofs wurde an die Privilegienbestätigung für die betreffende Gemeinde geknüpft. Verweigerte der Bischof diese und kam es darüber zum Konflikt, hatten die anderen Städte ihren bedrängten Partner zu unterstützen. Diese Regelung wurde sehr wahrscheinlich auf Betreiben der Wormser vereinbart, die gerade einen akuten Verfassungsstreit mit ihrem Bischof Eberhard von Strahlenberg austrugen 32. Für den gegenseitigen Beistand gegen weitere Gegner – zu denken ist an die zahlreichen Adelsherrschaften des Umlands – sah der Vertragstext detaillierte Bestimmungen vor. So musste etwa die Anzeige eines Schädigers mit Ratsmehrheit und unter Eid erfolgen, gegen angezeigte Feinde wurde ein Embargo verhängt. Abschließend beschworen die Vertreter von Mainz, Worms und Speyer ihren Bund. Zukünftige Ratsleute in jeder Stadt hatten diesen Eid ebenso zu leisten. Diese Bestimmungen wurden grundlegend für die rheinischen Städtebünde des 14. Jahrhunderts, in deren Vertragstexte sie nahezu unverändert übernommen wurden. Der Bund von 1293 hatte sich zunächst aber in den Thronkämpfen und Kriegen des kommenden Jahrzehnts zu bewähren. Schon bald begann Adolf von Nassau, sich aus der Umklammerung seiner Wähler zu lösen33. Seit 1297 betrieben die Kurfürsten seine Absetzung und traten in Kontakt zu dem bei der Wahl von 1292 übergangenen Sohn Rudolfs I., Herzog Albrecht von Österreich. Daraufhin nahm König Adolf Verhandlungen mit den Rheinstädten auf. Am 13. und 14. September 1297 erteilte er Speyer und Worms das Recht, nicht vor auswärtige Gerichte geladen werden zu dürfen 34. Gleichzeitig schloss Adolf mit den beiden Städten ein Schutzbündnis35. Zwar erkannte er darin den Bund der Wormser und Speyerer mit den

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Mainzern an, doch gelang es ihm nicht, auch die dritte und mächtigste der mittelrheinischen Bundesstädte auf seine Seite zu ziehen. Dazu haben wohl auch Spannungen innerhalb des Dreistädtebundes beigetragen, auf die ein Passus im Vertragstext von 1297 hinweist. Darin versprach nämlich der König, der Stadt Mainz keine weiteren Privilegien zu verleihen, die er nicht auch den Bürgern von Worms und Speyer gewähren wollte36. In den Kämpfen mit Gegenkönig Albrecht, die mit dem Tod Adolfs in der Schlacht bei Göllheim am 2. Juli 1298 endeten, standen die Wormser und Speyerer auf der Seite des Nassauers, während die Mainzer den Habsburger unterstützten. Die 1293 so optimistisch verabredete gemeinsame Königspolitik war kläglich gescheitert. Doch kurz darauf kam es zum Bruch zwischen König Albrecht und seinen Unterstützern37. Am 14. Oktober 1300 beschlossen die vier Kurfürsten von Köln, Trier, Mainz und der Pfalz im »Hambacher Kurverein« eine erneute Königsabsetzung. Bei seinen Vorbereitungen auf die kommenden militärischen Auseinandersetzungen bemühte sich Albrecht I. um die Unterstützung der Rheinstädte38. Anfang Mai 1301 versprach er den Wormsern und Speyerern, keine Separatfrieden mit deren Feinden zu schließen39. Bei diesem Anlass amnestierte König Albrecht Mainz, Worms und Speyer von ihrem gemeinsamen Übergriff gegen Burg und Reichsstadt Gau-Odernheim40. Dabei handelte es sich offenbar um die erste gemeinsame Militäraktion des Städtebundes von 1293. Am 7. Mai 1301 proklamierte der König, dass alle seit dem Tod Kaiser Friedrichs II. neu eingerichteten Rheinzölle aufgehoben seien41. Mit dieser regelrechten Kriegserklärung an die rheinischen Kurfürsten zog er die Städte auf seine Seite. Im so genannten »Kurfürstenkrieg« hielten Mainz, Worms und Speyer vor allem die Truppen des Mainzer Erzbischofs in Schach und isolierten ihn von den übrigen Feinden42. Nacheinander konnte Albrecht I. bis Oktober 1302 den Pfalzgrafen und die Erzbischöfe von Mainz und Köln besiegen. Kurz darauf unterwarf sich der Trierer Erzbischof kampflos. Anders als 1298 hatten die drei mittelrheinischen Bundesstädte an einem Strang gezogen und gemeinsam Erfolge erzielt. Die »außenpolitischen« Siege und Niederlagen dieser Zeit fanden für die Wormser Ratsfamilien auch in den innerstädtischen Verfassungskämpfen unmittelbar ihren Niederschlag. So konnte nach Abschluss des Städtebundes von 1293 in der Auseinandersetzung mit Bischof Eberhard ein günstiges Ergebnis erreicht werden (Zweite Rachtung von 1293). Nach dem Debakel von Göllheim 1298 musste der Rat auch gegenüber den Wormser Zünften nachgeben (Dritte Rachtung von 1300). Dem gemeinsamen Sieg im Kurfürstenkrieg folgte 1303 wiederum ein Erfolg gegen aufrührerische Ritterbürger in den Mauern der Stadt 43.

Landfrieden und Städtebünde im 14. Jahrhundert Nach der Doppelwahl Ludwigs des Bayern und Friedrichs des Schönen im Jahr 1314 bekannten sich die mittelrheinischen Kathedralstädte bald gemeinsam zu König Ludwig44. Am 22. Juni 1317 vereinigte der Wittelsbacher seine Anhänger im Bacharacher Landfrieden 45. Teilnehmer waren unter anderem Mainz, Worms, Speyer und das seit kur-

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zem mit diesen verbündete Oppenheim46. Die vier Mittelrheinstädte bildeten den »oberen« Bundesbezirk und sicherten sich gemeinsam vertragliche Sonderrechte. In den 1320er Jahren setzten sie diese gemeinsame Politik in einer Vielzahl von Bündnissen fort, in die auch der Mainzer Erzbischof Matthias von Bucheck und die Stadt Straßburg einbezogen wurden47. Diese Bündnispolitik gipfelte im »Großen Bund« vom 20. Mai 1327, in dem die Städtebünde des Bodenseeraums, des oberen und des mittleren Rheingebietes zusammengeführt wurden48. Dieser umfasste elf städtische und ein adeliges Mitglied und erstreckte sich vom Alpenvorland bis zum Main. Die Bundesartikel orientierten sich an denen der rheinischen Bünde seit 129349. Doch nach kurzer Zeit brach der Bund ohne nennenswerte Erfolge auseinander. Die Mittelrheinstädte nahmen ihr regionales Bündniswesen wieder auf50. In erster Linie ist dabei die gemeinsame Teilnahme an den kaiserlichen Landfrieden zu nennen. Am 22. Juli 1332 traten Mainz, Worms, Speyer, Oppenheim und Straßburg dem rheinischen Landfrieden Ludwigs des Bayern bei, der kontinuierlich bis 1348 verlängert wurde 51. Am 1. Mai 1338 wurde von den drei Kathedralstädten wieder ein Bund mit Straßburg abgeschlossen und am 17. Oktober 1340 erneuert 52. Nach dem Tod Ludwigs des Bayern traten Mainz, Worms und Speyer geschlossen zu Karl IV. über, unterstützten dessen Romzug von 135553 und erhielten im Gegenzug gemeinschaftlich die Reichsstädte Oppenheim54, Odernheim und Ingelheim als Pfand 55. Auch an den Landfrieden Karls beteiligten sie sich gemeinsam56. Ebenso wurde das Bündnis der drei Kathedralstädte mit Straßburg im Jahr 1365 wieder belebt 57. Mit Pfalzgraf Ruprecht dem Älteren nahm man 1353, 1356 und 1366 ebenfalls vertragliche Beziehungen auf58. Die Wormser konnten Mitte des 14. Jahrhunderts im Verbund mit ihren Bundesgenossen zahlreiche militärische Erfolge gegen die Adelsherren des Umlandes erzielen. Den Bedingungen der Stadt und ihrer Verbündeter unterwarfen sich 1322 die Raugrafen, 1326 Siegfried von Metz, 1327 Albrecht Wüst von Monsheim, 1333 Graf Friedrich von Leiningen, 1335 die Herren von Kriegsheim, 1352 Johannes von Geyslar, 1353 der Markgraf von Baden, 1360 die Herren von Liebsberg und Hirschhorn, 1365 wieder die Leininger und 1370 die Grafen von Zweibrücken 59. Ein weiteres Moment der Wormser Außenbeziehungen waren die Interventionen der Ratsherren in innergemeindliche Konflikte der Nachbarstädte. Während sich in den 1330er Jahren in Mainz, Speyer und Straßburg die Spannungen zwischen Ratsgeschlechtern und aufstrebenden Mittelschichten in blutigen Bürgerkämpfen60 entluden, wirkte Worms wie ein ruhender Pol. So vermittelten unter anderen Wormser Ratsherren 1330 nach dem fehlgeschlagenen Severinsaufstand zwischen Rat und Gemeinde in Speyer 61. Ebenso waren sie an der Beilegung der Unruhen in Mainz von 133262 und Straßburg 133463 beteiligt. Im Gegenzug waren 1366 Unterhändler aus Mainz und Speyer am Abschluss der Vierten Rachtung zwischen Stadt und Bischof von Worms involviert64. Hauptziel dieser Vermittlertätigkeit war aber nicht die Parteinahme für die eine oder andere Gruppe. Auch gab es keinen städteübergreifenden reaktionären Block, der mit Hilfe der städtischen Bündnisse die Opposition im Zaum halten wollte65. Vielmehr galt die Sorge der Stabilität und der Legitimität der Führungsgruppen in den Partnerstädten, deren Entscheidungen über Krieg und Frieden das gesamte Bündnissystem am Mittelrhein in Mitleidenschaft ziehen konnten.

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Der Rheinisch-Schwäbische Städtebund von 1381 bis 1389 In den 1380er Jahren erreichte die städtebündische Bewegung im süddeutschen Raum ihren Höhepunkt. Erstmals seit 1327 wurden Worms und seine Partnerstädte wieder in einen übergreifenden Städtebund eingebunden, der vom Bodensee zur Lahn und von den Vogesen bis zur Oberpfalz reichte 66. Ausgangspunkt war das Bündnis von 14 schwäbischen Reichsstädten vom 4. Juli 1376 67, das sehr bald militärische Erfolge gegen Kaiser Karl IV. und die Grafen von Württemberg erzielte und in den folgenden Jahren rasch anwuchs. Die Gründung des Rheinischen Städtebundes zwischen Mainz, Straßburg, Worms, Speyer, Frankfurt, Weißenburg und Hagenau am 20. März 1381 wurde häufig als Reaktion auf die Bildung der adeligen Löwengesellschaft von 1379 interpretiert 68. Das Auftreten der Ritterbünde am Rhein mag die Bildung des städtischen Bündnisses befördert haben, doch hatten zumindest Mainz, Worms und Speyer bereits in den Jahren 1378 bis 1381 ihre Politik gegenüber Erzbischof Adolf von Mainz eng aufeinander abgestimmt69. Nachdem noch die Reichsstadt Pfeddersheim dem Rheinischen Städtebund beigetreten war, vereinigten sich am 17. Juni 1381 die nun 8 rheinischen mit den 33 schwäbischen Bundesstädten zum Rheinisch-Schwäbischen Städtebund 70. Mainz, Worms und Speyer bildeten wieder ein gemeinsames Bundesdrittel. Anlässlich eines Streits der Stadt Frankfurt mit der Löwengesellschaft errangen die rheinischen Bundesstädte Anfang 1382 in der Wetterau entscheidende Siege. Die Macht der Ritterbünde wurde auf Dauer gebrochen71. Doch bald darauf formierte sich ein viel mächtigerer Gegner. Nachdem es König Wenzel auf dem Nürnberger Reichstag im März 1383 nicht gelungen war, die Mitglieder des Rheinisch-Schwäbischen Städtebundes zum Eintritt in seinen Landfrieden zu bewegen, machten die fürstlichen Teilnehmer diesen Vertrag zum Instrument ihrer Interessen 72. Dem großen Städtebund stand nun mit dem so genannten »Nürnberger Herrenbund« ein ebenbürtiges adeliges Bündnis gegenüber. Zwar nahmen beide Verbünde auch Vertreter des anderen »Standes« auf – dem Rheinischen Bund waren bereits 1382 die Grafen von Nassau und von Sponheim und auf Wormser Initiative die Schenken von Erbach, die Herren von Dahn und die Kämmerer von Worms beigetreten 73, während die Stadt Basel zeitweise Mitglied des Herrenbundes war74 – doch waren im Städtebund eindeutig die Stadtgemeinden und im Herrenbund die Territorialfürsten die dominierenden Mächte. Dies zeigte sich etwa beim Dauerstreit um die Aufnahme von Eigenleuten des Adels (Pfahlbürger) durch die Städte. Doch auch innerhalb des Rheinisch-Schwäbischen Städtebundes kam es zu ernsthaften Krisen. So beharrten Worms und Speyer gegen den Widerstand ihrer städtischen Bundesgenossen am Rhein hartnäckig auf die Erhebung eines Zolls, den ihnen König Wenzel im Jahr 1379 gewährt hatte75. Nur durch Vermittler aus den schwäbischen Partnerstädten konnte 1384 eine militärische Eskalation innerhalb des Rheinischen Städtebundes verhindert werden. Die Versuche des Königs, zwischen Städtebund und Herrenbund einen dauerhaften Frieden zu stiften, schlugen jedoch fehl. Die Verträge (»Stallungen«) von Heidelberg und Mergentheim der Jahre 1384 und 1387 hatten nur aufschiebende Wirkung 76. Aus Anlass der Entführung Erzbischof Pilgrims von Salzburg, eines Verbündeten des Schwäbischen Städtebundes, durch Herzog Friedrich von Bayern eskalierte der latente

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Konflikt zwischen den beiden Bundessystemen 1388 zum offenen Krieg77. Die Vermittlungsversuche Pfalzgraf Ruprechts I., der mäßigenden Kraft auf fürstlicher Seite, schlugen fehl78. Am 23. August unterlagen zuerst die schwäbischen Städte bei Döffingen den Grafen von Württemberg. Am 6. November 1388 wurden dann in der Schlacht von Pfeddersheim die Mainzer, Wormser und Frankfurter von Pfalzgraf Ruprecht II. vernichtend geschlagen. In der Chronistik der Zeit fand diese Schlacht wegen eines grausamen Kriegsverbrechens empörten Widerhall. Der Pfälzer ließ nämlich Gefangene bei lebendigem Leibe in einem Kalkofen verbrennen79. Die Niederlage der Städte wurde durch den Egerer Landfrieden König Wenzels vom 5. Mai 1389 besiegelt80. Zwar wurden darin sowohl der Rheinisch-Schwäbische Städtebund als auch der Nürnberger Herrenbund aufgehoben. Doch waren die Städte zur Durchsetzung ihrer Interessen in weit höherem Maße auf eine gemeinsame Bundespolitik angewiesen als die Territorialfürsten. Der Herrenbund war auch vielmehr eine Reaktion auf die städtischen Bünde gewesen und wurde nach deren Auflösung obsolet. In einem gesonderten Friedensvertrag wurden daneben die Städte zu Reparationszahlungen an die Pfalzgrafen in Höhe von 50 000 Gulden verurteilt, von denen die schwäbischen und die rheinischen Städte jeweils die Hälfte aufbringen mussten81. Doch da die schwäbischen Städte ihren Beitrag verweigerten, mussten die rheinischen, in erster Linie Mainz, Worms, Speyer und Frankfurt, die Summe allein aufbringen. Insgesamt sind für Worms Reparationszahlungen an ehemalige, zumeist adlige, Kriegsgegner in Höhe von rund 25 300 Gulden nachzuweisen82, hinzu kamen die übrigen Kriegskosten für Sold und Bewaffnung. Die Wormser Stadtgemeinde kam ihre Bundesmitgliedschaft also teuer zu stehen. Auf der anderen Seite hatte sie in der Blütezeit des Rheinisch-Schwäbischen Städtebundes aber auch von der Hilfe ihrer Verbündeten im Kampf gegen den Klerus profitiert. So waren Räte aus Frankfurt, Mainz und Speyer am Abschluss der Fünften Rachtung von 1386 beteiligt83. Schon von den Zeitgenossen wurde dieser Rückhalt im Rheinischen Städtebund als Hauptursache für die Wormser Hartnäckigkeit in dieser Sache erkannt84.

Worms und die Pfalzgrafen im 15. Jahrhundert Das mittelrheinische Städtenetz wirkte auch nach der Auflösung des Rheinisch-Schwäbischen Städtebundes von 1389 fort, etwa bei den Auseinandersetzungen der Wormser mit den Pfalzgrafen85. Dies zeigte sich etwa anlässlich des Konflikts um den Rheinzoll, den König Wenzel im Jahr 1396 in Worms einrichten ließ 86. Die erhobenen zwölf Tournosen pro Fuder Wein sollten zu gleichen Teilen zwischen der königlichen Kammer und der Stadt aufgeteilt werden. Doch gegen diese neue Belastung des Rheinverkehrs erhob sich bald unter Führung Pfalzgraf Ruprechts II. massiver Widerstand. Diesem folgend sagten im Jahr 1397 zahlreiche Adelsherren aus der Region der Stadt Worms Fehde an87. Unter Vermittlung von Räten aus Mainz und Speyer konnten sich die Wormser jedoch am 27. Juni 1397 mit dem Pfalzgrafen einigen. Der Zoll wurde niedergelegt, doch durfte die Stadt die bereits eingenommenen Gelder behalten88. Ein weiteres Beispiel bieten die Re-

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aktionen der Städte auf die Absetzung König Wenzels und die Königswahl Pfalzgraf Ruprechts III. im Jahr 1400 89. Als sich Mitte dieses Jahres der Konflikt zwischen dem König und seinen kurfürstlichen Gegnern am Rhein – den drei Erzbischöfen von Mainz, Köln und Trier und dem Pfalzgrafen – zugespitzt hatte, wandten sich beide Parteien schon frühzeitig an die rheinischen Städte 90. Nach gemeinsamen Beratungen äußerten sich am 1. Juli Mainz, Straßburg, Worms, Speyer, Frankfurt und Friedberg den Kurfürsten gegenüber zurückhaltend. Ohne konkrete Hilfszusagen des Gegenkönigs wollten sie sich nicht im Vorhinein von Wenzel lossagen 91. Am 21. August 1400 schufen die Kurfürsten jedoch mit der Absetzung Wenzels und der Königswahl Pfalzgraf Ruprechts III. vollendete Tatsachen.92 Nach Einholung eines juristischen Gutachtens, das das Handeln der Kurfürsten für rechtens erklärte 93, traten die rheinischen Städte in Verhandlungen mit Ruprecht ein94. Am 5. Oktober erklärte der neue König, dass Mainz, Worms und Speyer ihn gemeinsam anerkannt hätten, woraufhin er selbst sowie die rheinischen Erzbischöfe den drei Städten Schutz gegen Feinde versprochen hätten, die sie wegen ihrer Parteinahme angriffen95. Nach ihrem Übertritt zu Ruprecht begannen die rheinischen Städte zwischen diesem und der Reichsstadt Frankfurt, die dem Pfälzer die Aufnahme verweigerte, zu vermitteln. Auf die Schlichtung der Kölner, Mainzer, Wormser und Speyerer hin gewährten die Frankfurter dem neuen König am 26. Oktober schließlich Einlass in ihre Mauern 96. Ebenso griffen die Straßburger bei ihren Verhandlungen mit Ruprecht auf einen Vermittler vom Mittelrhein zurück, genauer gesagt auf Heinrich III. zum Jungen aus Mainz 97. Als die Verhandlungen mit den mittelrheinischen Gemeinden zu einem Abschluss gelangt waren, begann der König mit seinem Umritt. Am 31. Oktober 1400 bestätigte er von Mainz aus die Privilegien der Stadt Worms 98 und der dortigen Hausgenossen99. Am 3. November zog Ruprecht in die Stadt ein, wo ihm am folgenden Tag die Wormser Bürger vor dem Dom ihre Huldigung entgegenbrachten100. Trotz der einmütigen Anerkennung Ruprechts durch Mainz, Worms und Speyer, trotz ihres Bündnisses mit Pfalzgraf Ludwig III. als Reichsverweser im Jahr 1401 101 und obwohl die drei Städte gemeinsam am königlichen Landfrieden von 1404 teilnahmen 102, fanden sich Worms und Speyer bald im Lager der Gegner des Königs wieder. Unter Führung Erzbischof Johanns von Mainz hatten sich am 14. September 1405 die Grafen von Baden und von Württemberg, die Stadt Straßburg sowie 17 schwäbische Reichsstädte zum Marbacher Bund zusammengeschlossen103. Darin vereinbarten sie gegenseitigen Beistand gegen den König, falls dieser ihre Rechte verletzte 104. Wegen dieser gegen ihn gerichteten Zielsetzung verlangte Ruprecht die Auflösung des Bundes. Zu Beginn des Jahres 1406 kam es in Mainz und Speyer zu ergebnislosen Verhandlungen zwischen dem Marbacher Bund und dem König. Nachdem der Mainzer Erzbischof angeregt hatte, auch die drei Mittelrheinstädte in den Bund aufzunehmen105, traten Worms und Speyer diesem im Laufe des Jahres 1406 bei106. Die Wormser versprachen sich davon auswärtigen Rückhalt in ihren seit 1404 wieder akuten Auseinandersetzungen mit ihrem Klerus um den Weinschank 107. Doch nachdem sich im Winter 1406/07 mit dem Erzbischof von Mainz die treibende Kraft des Marbacher Bundes mit König Ruprecht ausgesöhnt hatte, brach das Bündnis auseinander. In ihrem innerstädtischen Konflikt standen die Wormser nun ohne auswärtige Unterstützung da. So waren es der König und ausgerechnet Erzbischof

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Johann, die am 9. Juli 1407 in der so genannten Großen Pfaffenrachtung ein Urteil zum Nachteil der Wormser Stadtgemeinde fällten108. Auch in der Folgezeit lässt sich ein vielfältiges Zusammenwirken der Wormser Außenbeziehungen zu Pfalzgraf, Mainzer Erzbischof und Nachbarstädten mit innerstädtischen Auseinandersetzungen ausmachen109. Schon im Jahr 1410 hatten die benachbarten Mächte, darunter Mainz und Speyer110, zunächst vergeblich versucht, zwischen dem neu gewählten Bischof Johann von Fleckenstein und der Stadt Worms, die ihm die Huldigung verweigerte, zu vermitteln. Erst im folgenden Jahr gelang es Erzbischof Johann von Mainz und Pfalzgraf Ludwig, einen Ausgleich herbeizuführen111. Als kurz darauf erneut ein Konflikt zwischen der Stadt auf der einen und Bischof und Klerus auf der anderen Seite ausbrach, konnten sich die Wormser auf mächtigen auswärtigen Rückhalt stützen. Am 25. November 1420 hatten sie nämlich zusammen mit Mainz und Speyer ein Bündnis mit Erzbischof Konrad III. von Mainz geschlossen112. Dieser war es auch, der gemeinsam mit dem Pfalzgrafen am 3. September 1424 eine Sühne zwischen den Wormsern und Bischof Johann vermittelte 113. Die erfolgreiche Wormser Diplomatie der 1420er Jahre gipfelte in einem Landfriedensbündnis, das die Stadt im Jahr 1429 für fünf Jahre mit Pfalzgraf Ludwig, Erzbischof Konrad und der Stadt Speyer schloss114. Zwar fehlte Mainz – wohl aufgrund aktueller innerstädtischer Konflikte115 – in diesem Bündnis, doch schlossen sowohl die Speyerer als auch die Wormser jeweils eine Beteiligung an Aktionen des Bundes gegen diese Stadt für sich aus 116. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts waren die Wormser außerdem ihrerseits mehrfach bei innergemeindlichen Konflikten in Mainz und Speyer als Vermittler engagiert117. Eine neue Dimension des pfalzgräflichen Zugriffs auf Stadt und Bistum Worms118 markiert die Bischofswahl des Johannes Kämmerer, eines bedeutenden Humanisten und Spross des Wormser Adelsgeschlechts von Dalberg, im Jahr 1482119. Dieser war Kanzler Pfalzgraf Philipps I., und in dem anschließenden Konflikt zwischen Bischof und Stadt ergriff der Kurfürst damit eindeutig Partei. Der Streit entzündete sich an der Selbstbezeichnung der Gemeinde in ihrem Huldigungseid als »freie Stadt«, die der Bischof nicht akzeptieren wollte120. Im Laufe des Jahres 1483 ließ der Pfalzgraf der Stadt mit dem Eisbach ihre Wasserversorgung abgraben und Wormser Bürger überfallen und ausplündern121. In den Auseinandersetzungen der Stadt mit ihrem Bischof einerseits und dem Pfälzer andererseits hatten diese Kontrahenten den jeweils anderen auf ihrer Seite. So mussten die Wormser, offenbar auch aufgrund mangelnder Unterstützung der Nachbarstädte122, schließlich beiden gegenüber nachgeben. Nachdem sie zunächst Bischof Johannes auf einem Speyerer Schiedstag weitgehende Zugeständnisse machen musste, akzeptierte die Stadt am 9. Dezember 1483 notgedrungen einen Schirmvertrag mit Pfalzgraf Philipp I. über 60 Jahre. Neben einem einmalig ausgestellten Schuldbrief über 5 000 Gulden sollte die Stadt dem Pfalzgrafen außerdem jährlich zu Weihnachten 300 Gulden zahlen123.

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Vom Wormser Reichstag zur Sickinger Fehde (1495–1518) Im Jahr 1495 war Worms Schauplatz eines bedeutenden Reichstages, der von deutschen Historikern vielfach als Epochenwende in der Verfassungsgeschichte des Reiches, ja sogar als Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit bewertet worden ist 124. Doch soll hier nicht auf die vielfachen Probleme und Ergebnisse der Reichsreform von 1495 – zum Beispiel den »Ewigen Landfrieden« 125, das Reichskammergericht126 oder die Reichssteuer des »Gemeinen Pfennigs« 127 – eingegangen werden. Vielmehr wird der Versuch unternommen, eine Bilanz des Wormser Reichstages für die Geschicke der Stadt selbst zu ziehen128. Worms war zum einen Tagungsort des Reichstages, die Gemeinde nahm zum anderen aber auch als »Freie Stadt« und Mitglied der Städtekurie daran teil129. Eine umfängliche zwischen Rat und König Maximilian I. ausgehandelte Ordnung, die in der Stadt angeschlagen wurde, regelte praktische und organisatorische Fragen der Versammlung. Sie umfasste Bestimmungen zur Unterbringung der Teilnehmer, zu Feuerbekämpfung und Glücksspiel oder legte Nahrungsmittelpreise fest. Für die öffentliche Sicherheit sorgten die Wormser Stadtknechte zusammen mit königlichen Truppen. Die geschätzte Zahl der Reichstagsteilnehmer von rund 6 000 Menschen reichte beinahe an die Einwohnerzahl der Stadt (um 7 000) heran. Der König stieg wie üblich im Bischofshof ab, die Fürsten mieteten sich in der Regel in repräsentativen Patrizierhäusern ein, und für eine Vielzahl von Besuchern dienten die Wormser Klöster – vor allem die der Bettelorden und die Johanniterkommende – als Quartiere. Das Gros des Begleitpersonals und die etwa 2 000 Pferde wurden wohl in den dünn besiedelten Vorstädten untergebracht. Die großen Versammlungen des Reichstages traten im Ratssaal zusammen, die Kurien tagten im Bürgerhof, und die Städtevertreter trafen sich zu ihren Beratungen im gegenüberliegenden Haus der Schuhmacherzunft. Die Wormser »Münze« stand für gesellschaftliche Anlässe zur Verfügung, Veranstaltungen im Freien – wie feierliche Belehnungen oder Turniere – fanden auf dem Obermarkt am Neutor statt 130. Selbst die Synagoge wurde von manchen Teilnehmern besucht, so von Pfalzgraf Philipp I., der sich den berühmten Gesang der Wormser Juden anhörte 131. Der Konflikt der Stadtgemeinde mit Bischof Johannes von Dalberg dauerte indes ungeachtet des Reichstages an. Bereits im Jahr 1494 hatten die Wormser den Rat ohne Mitwirkung des Bischofs besetzt. Im Oktober 1495 wiederholten sie – trotz der Präsenz des Königs und der führenden Reichsstände in der Stadt – diesen provokanten Akt132. Der Konflikt mit dem Dalberger zog sich, zeitweise unter Verhängung des Interdikts und mit ergebnisloser Einbeziehung von Speyerer Vermittlern, bis zum Tod des Bischofs im Jahr 1503 hin133. Ein weiterer Todesfall im selben Jahr, das Ableben Herzog Georgs von Bayern-Landshut im Dezember 1503, löste eine Krise aus, die auch Stadt und Bistum Worms in Mitleidenschaft ziehen sollte. Im Landshuter Krieg von 1504/05 kämpften die wittelsbachischen Linien Kurpfalz und Bayern-München, unterstützt von ihren Verbündeten, um das Landshuter Erbe 134. Kriegsschauplätze am Rhein waren hauptsächlich die Bergstraße und Rheinhessen. Worms wurde zum Zufluchtsort für die Flüchtlinge aus pfälzischem und leiningischem Gebiet. Der Rat der Stadt unterstützte die landgräflich-hessischen Truppen gegen Kurpfalz. Diese zerstörten Biblis, Nordheim und die Strahlenburg bei

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Schriesheim. Im September 1504 belagerten sie über einen Monat lang erfolglos das pfälzische Kaub. Auch die Klöster Limburg an der Haardt und Disibodenberg fielen dem Krieg zum Opfer. Der neue Wormser Bischof Reinhard Rüppurr, dessen Residenz Ladenburg als wormsische Enklave mitten in pfalzgräflichem Gebiet lag, hatte sich auf die Seite von Kurfürst Philipp I. und dessen Sohn Ruprecht geschlagen. Der Rat der Stadt Worms nahm diese Parteinahme zum Anlass, die vor den Kampfhandlungen in die Stadt geflohenen Geistlichen auszuweisen. König Maximilian, der auf Seiten der Bayern stand und die Reichsacht über den Pfälzer Ruprecht verhängt hatte, unterstützte die Wormser. Am 29. August 1504 befahl er ihnen zunächst, das dem Pfalzgrafen im Schirmvertrag von 1483 zugesprochene jährliche Schutzgeld fortan dem König abzuliefern. Am 25. Februar 1505 übertrug er der Stadt die Rechte des ebenfalls geächteten Bischofs Reinhard an der Besetzung der Rats- und Gerichtsämter. Auch nach dem Waffenstillstand im Landshuter Krieg von 1505135 dauerten die Auseinandersetzungen zwischen den Wormsern und ihrem Bischof weiter an. Die inneren Kämpfe dieser Zeit brachten der Stadt im Jahr 1515 obendrein eine Fehde mit dem äußerst streitlustigen Reichsritter Franz von Sickingen ein136. Nach der Niederschlagung eines Aufruhrs gegen den Rat hatte einer der Rädelsführer, der bischöfliche Notar Balthasar Schlör, auf der Sickinger Ebernburg Zuflucht gefunden. Von dort aus betrieb er eine geringfügige Geldforderung gegen die Stadt. Dabei wurde er von Franz von Sickingen unterstützt, der 1515 und 1516 das Wormser Umland so unsicher machte, dass die Pfingstmesse in diesen Jahren nicht abgehalten werden konnte. Allein dies verursachte der Stadt einen Schaden von rund 4 000 Gulden. Erst 1518 kam mit Hilfe Kaiser Maximilians ein Ausgleich zu Stande, jedoch ohne dass die Wormser eine Entschädigung für die erlittenen Verluste erhielten. Die Geschichte der Wormser Außenbeziehungen spiegelt die wichtigsten politischen und sozialen Fragen des deutschen Spätmittelalters wider: das Ringen der Dynastien Luxemburg, Wittelsbach und Habsburg um die Krone, die Machtverteilung im Reich zwischen Kaiser und Kurfürsten, der Kampf der Territorialherren um regionale Hegemonie und schließlich die innerstädtischen Auseinandersetzungen zwischen Bischöfen und Gemeinde, Klerus und Laien, Ratsgeschlechtern und Zünften. Von all diesen Fragen war die Stadt Worms existenziell betroffen. Wichtigstes Mittel der Wormser zur Durchsetzung ihrer Interessen nach außen war dabei ihre Bündnispolitik. Vom Beginn der städtebündischen Epoche im frühen 13. Jahrhundert bis zu ihrem Höhepunkt in den 1380er Jahren war Worms stets an führender Stelle an den Städtebünden beteiligt. Grundlegend für die Wormser Außenbeziehungen war dabei der unbefristete Bund mit den engsten Partnerstädten Mainz und Speyer von 1293. In ihm wurde unter anderem eine gemeinsame Königspolitik der drei Städte grundgelegt, die sich in den Thronkämpfen des 14. Jahrhunderts bewährte. Gemeinsam mit ihren Bundesgenossen erzielten die Wormser zahlreiche militärische Erfolge, besonders gegen die Adelsherren des Umlandes. Das gemeinsame Interesse an politischer Stabilität innerhalb ihrer Mauern veranlasste die Räte immer wieder zu Vermittlertätigkeiten in den Verfassungskämpfen der Partnerstädte. Ziel war dabei aber keineswegs die einseitige Unterstützung der jeweiligen Ratspartei, sondern vielmehr ein tragfähiger innergemeindlicher Frieden. Durch die katastrophale Niederlage der rheinischen Städte gegen den Pfalzgrafen bei Pfeddersheim im Jahr 1388 wurden diese Bun-

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desbeziehungen jedoch dauerhaft beeinträchtigt. In den Auseinandersetzungen mit der Kurpfalz und mit dem eigenen Bischof während des 15. Jahrhunderts waren die Wormser zunehmend auf sich gestellt. Der Schirmvertrag mit Pfalzgraf Philipp I. von 1483 und die empfindlichen Verluste der Sickinger Fehde werfen ein Schlaglicht auf die geschwächte Position der Stadt Worms am Ausgang des Mittelalters.

Zwischen Bischof, Reich und Kurpfalz: Worms im späten Mittelalter (1254–1521) G EROLD B ÖNNEN

Quellenüberlieferung und Aspekte der Forschung Quellen Edierte Quellen Die Überlieferung der Quellen zur Geschichte der Stadt Worms und der in ihr beheimateten geistlichen Institutionen während des späten Mittelalters ist durch zwei schwerwiegende Einschnitte beeinträchtigt worden. Es handelt sich um die dramatischen Verluste durch den Stadtbrand von 1689 samt verheerenden Schäden vor allem am städtischen Schriftgut zum einen und die Zerstreuung und teilweise Vernichtung der Archivalien der religiösen Institutionen (in erster Linie hinsichtlich der Bischofskirche) im Zuge der Kriegsereignisse, die der französischen Herrschaftsübernahme ab etwa 1792 vorausgingen, zum anderen1. Trotz dieser gravierenden Ereignisse hat sich sowohl in den städtischen als auch den staatlichen Archivbeständen, vor allem im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt, umfangreiches, bislang keineswegs angemessen ausgeschöpftes Quellenmaterial zur Stadtgeschichte des ausgehenden Mittelalters erhalten. Die für das späte Mittelalter grundlegende Wormser Quellenedition hat zwischen 1886 und 1893 Heinrich Boos vorgelegt, der neben den Wormser Urkunden bis 1400 auch die einschlägigen chronikalischen Quellen des 13. bis frühen 16. Jahrhunderts (Grenzjahr 1525) sowie eine Fülle weiteren Materials zum Spätmittelalter ediert hat 2. Schwerpunkte sind dabei die kurz nach 1500 kompilierte so genannte Kirschgartener Chronik, die städtische und bischöfliche Chronistik des 13. Jahrhunderts (»Annales Wormatienses« bis 1278; »Chronicon Wormatiense«), das so genannte »Tagebuch« des Bürgermeisters Reinhard Noltz nebst ausführlichen Exzerpten aus der offiziösen städtischen Geschichtsschreibung (1483 –1507) sowie Auszüge aus dem um 1400 begonnenen so genannten Älteren Eidbuch der Stadt nebst Quellen zur Verfassungsentwicklung des 15. Jahrhunderts3. Der Wert dieser grandiosen Editionsleistung kann kaum hoch genug eingeschätzt werden. Zur Geschichte des spätmittelalterlichen Stadtrates und der Zünfte liegen kleinere punktuelle Ergänzungen vor4. Für den Zeitraum von 1401 bis 1525 wurden von Erich Schwan Regesten der im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt lagernden Wormser Urkunden veröffentlicht5. Zu ergänzen sind diese Publikationen durch die Regesten bzw. Urkunden der für Worms wichtigen Zisterzienserklöster Otterberg und

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Schönau 6. Für die Entwicklung der in vielfältiger Beziehung zur Stadt stehenden Kurpfalz liegt seit einiger Zeit eine Ausgabe ausgewählter Quellen vor, die auch für Worms von Belang ist 7. Wichtig für die Rechts- und Verfassungsgeschichte ist die 1915 erfolgte Ausgabe städtischer Rechtsquellen des 13. und 14. Jahrhunderts mit ausführlichem Kommentar und Glossar durch Kohler und Koehne. Die grundlegende Inschriftenedition von Rüdiger Fuchs aus dem Jahre 1991(mit ausführlicher quellenkritischer Einleitung) erweitert das verfügbare Wormser Quellenspektrum in vorzüglicher Weise. Die einschlägigen Quellen zu den Städtebünden der Zeit bis 1347 (darunter vor allem die Akten des Rheinischen Bundes von 1254/56), an denen Worms starken Anteil hatte, wurden 1979 von Konrad Ruser publiziert. Zahlreiches Urkundenmaterial auch für das nähere Umland der Stadt enthält das 1911 von Daniel Bonin veröffentlichte Urkundenbuch der Stadt Pfeddersheim. Von den Quellen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts sind die Edition des Synodale von 1496 und die Herausgabe eines im Staatsarchiv Darmstadt verwahrten Lehnbuches aus dem 15. Jahrhundert zu nennen 8. Gerhard Köbler verdanken wir einen Nachdruck der 1499 gedruckten Stadtrechtsreformation samt einer Einleitung (1985). Hinsichtlich der Wormser geistlichen Institutionen 9 liegen Regestenveröffentlichungen vor für das Cyriakusstift in Neuhausen, die Wormser Hospitäler10 und das Frauenkloster bzw. später der Windesheimer Reform angeschlossene Chorherrenstift Kirschgarten11, daneben eine Teiledition des aufschlussreichen Rechnungsbuches der Institution aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts 12. Für das Liebfrauenstift enthält die Festschrift von 1998 einen Quellenteil mit Dokumenten zur Gründung 1298 und den Statuten von 1521 sowie Quellen zur Besitz- und Verwaltungsgeschichte13. Von besonderem Wert für die Kenntnis des Klerus der Stadt um 1500 sind die im Frankfurter Stadtarchiv erhaltenen Erhebungslisten für den Gemeinen Pfennig von 1496, die Eberhardt in ihrer Untersuchung über die Diözese Worms ausgewertet hat 14 und die in jüngster Zeit von Burkard Keilmann für verschiedene Untersuchungen herangezogen worden sind. Auch für die Wormser Geistlichkeit sind die im »Repertorium Germanicum« nachgewiesenen vatikanischen Quellen des 15. Jahrhunderts von großer Wichtigkeit 15. Unveröffentlichte Quellen Die große Masse des unveröffentlichten Quellenmaterials beherbergt das Hessische Staatsarchiv Darmstadt, vor allem in seinen Abteilungen A 2 (Urkunden Rheinhessen) und C (Handschriften, Kopialbücher etc.)16. Auf die ebenfalls wichtigen Wormser Bestände im Generallandesarchiv Karlsruhe und im Landesarchiv Speyer (u. a. Gatterer-Apparat, Best. F 7) sowie die Urkundensammlung Lehmann in der Universitätsbibliothek Heidelberg sei nur aufmerksam gemacht 17. Das Stadtarchiv Worms verwahrt in seiner relativ ungestörten Urkunden- (Abt. 1 A), vor allem aber in seiner trotz Beeinträchtigungen durch die Stadtzerstörung von 1689 insgesamt noch recht beachtlichen Aktenabteilung (Abt. 1 B) Material zu zahlreichen Aspekten der Stadtgeschichte mit einer relativ guten Überlieferung für den Zeitraum von ca. 1450 bis 1520; die ca. 300 Urkunden städtischer Provenienz im Stadtarchiv (Abt. 1 A I) aus dem Zeitraum von 1400 bis 1500 sind durch ältere, noch ungedruckte Regesten erschlossen. Von besonderem Wert ist das um 1400 begonnene, bis ca. 1500 geführte städtische (Ältere) Eidbuch, das von Boos auszugsweise

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ediert wurde; daneben ragen als offiziöse Geschichtsschreibung der Zeit um 1500 die »Acta Wormatiensia« heraus18. Wichtig sind auch das hier überlieferte Salbuch eines Teils des Hochstifts von 149019 und zahlreiche Quellen zum Verhältnis von Geistlichkeit und Stadt20.

Forschung Eine eingehende neuere Untersuchung der Entwicklung von Stadtverfassung und Ratsherrschaft für das späte Mittelalter fehlt. Grundlegend ist daher immer noch die 1897 bis 1901 erschienene »Geschichte der Rheinischen Städtekultur« von Heinrich Boos, deren dritter Band zudem eine auf das späte Mittelalter konzentrierte, sehr materialreiche und kulturgeschichtlich orientierte Strukturgeschichte zahlreicher Aspekte der inneren Stadtentwicklung bietet. Für die städtische Rechts- und Verfassungsgeschichte der Stadt vor allem im 14. und 15. Jahrhundert sowie für das Gerichtswesen liegt mit der Arbeit von Friedrich Battenberg eine neuere Studie vor, die vor allem die Tätigkeit der Gerichte in der Stadt erstmals genauer untersucht21. Auch die bereits im vorangegangenen Kapitel gewürdigten Arbeiten von Knut Schulz sowie die 1985 publizierte Darstellung von Burkard Keilmann zum »Kampf um die Stadtherrschaft« sind für das 13. Jahrhundert wesentlich; die Arbeit behandelt die Zeit bis 1293. Gerold Bönnen hat neben Studien zu den geistlichen Institutionen seit 1998 eine Studie zu Fragen der städtischen Verfassungstopografie (Dom als Rechtsort, die Beratungsorte des Stadtrates im Wandel, Frage der Ratskapelle etc.) sowie eine weitere zu städtischer Erinnerungskultur, Geschichtsschreibung und spätmittelalterlichen Gründungsmythen der Stadt vorgelegt22. Für die Entwicklung des städtischen Wehrwesens sei verwiesen auf die bis in die Neuzeit reichende Dissertation von Heribert Isele (1950). Eine umfassende Analyse der städtischen Außen- und Bündnispolitik unter starker Einbeziehung der Ebene des Königtums bzw. des Reiches bis zum Jahre 1389 liegt in der jüngst erschienenen Trierer Dissertation von Bernhard Kreutz vor23, der für das Verhältnis zur Kurpfalz die Arbeiten von Meinrad Schaab an die Seite zu stellen sind. Die in den gedruckten Reichstagsakten dokumentierten Reichstage von 1495 und 1521 können auch in ihrer Bedeutung für die Wormser Stadtgeschichte durch Sammelbände aus den beiden Jubiläumsjahren 1971 und 1995 als recht gut aufgearbeitet gelten24. Für den Rheinischen Bund von 1254/56 und die Rolle der Stadt Worms darin ist der Beitrag von Ernst Voltmer aus dem Jahr 1986 nach wie vor wesentlich. Mit der Dissertation von Jürgen Breuer wurde 1997 der Komplex des regionalen Niederadels und seiner vielfältigen Beziehungen zur Stadt Worms für das 13. bis 14. Jahrhundert erstmals näher untersucht, wenngleich die Arbeit nicht ohne grundsätzliche Kritik aufgenommen wurde. Albrecht Eckhardt hat 1975 mit der Analyse des Bauernaufstandes im Wormser Umland von 1431/32 einen Beitrag zur Geschichte der Region mit starken Wechselwirkungen zur Stadt vorgelegt. Sowohl für das Umland der Stadt als auch für die städtische Verfassungsgeschichte wichtig ist die niederadlige Familie der Kämmerer von Worms genannt von Dalberg, der seit dem späten Mittelalter der Aufbau eines kleinen reichsritterschaftlichen Territoriums nördlich von Worms gelang. Mit der Gerichtsverfassung dieser

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Herrschaft hat sich vor allem Friedrich Battenberg intensiver befasst 25. Zahlreiche und enge Kontakte bestanden auch zwischen Worms und der westlich benachbarten kleinen, seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts durchgängig verpfändeten Reichsstadt Pfeddersheim, zu deren Verfassungsgeschichte eine Studie von Wilhelm Alter aus dem Jahre 1951 vorliegt. Bemerkenswert ist für die kleine Stadt eine äußerst dichte Amtsbuchüberlieferung für das 15. und 16. Jahrhundert im Wormser Stadtarchiv. Ein Stiefkind der Forschung ist bislang die Wirtschaftsgeschichte von Stadt und Region geblieben, was auch mit der desolaten Quellenlage zu tun hat. Neben der auch Worms einbeziehenden Arbeit von Kurt Wesoly über das regionale Münzwesen sowie einer Untersuchung von Konrad Schneider über den mittelrheinischen Währungsumlauf ist Otto Volk in seiner monumentalen Untersuchung über den spätmittelalterlichen Rheingau bzw. das Mittelrheingebiet immer wieder am Rande auch auf Worms eingegangen26. Hinsichtlich der Kenntnisse zu den Bischöfen, ihrer Herkunft und Stellung in Stadt und Hochstift hat sich die Forschungslage in den letzten Jahren stark verbessert, was vornehmlich Burkard Keilmann zu danken ist. Neben seinem einschlägigen Beitrag in der Gesamtdarstellung zur Bistumsgeschichte verdankt ihm die Forschung grundlegende Artikel zu den Personen der Bischöfe 27 nebst weiteren Studien vor allem zum Wormser Stiftsklerus. Zudem hat er eine Arbeit zum Domklerus um 1300 mit wichtigen Beobachtungen auch zur Stadtgeschichte dieser Epoche vorgelegt28. Für die bischöfliche Chronistik bietet die Arbeit von Markus Müller jetzt einen Überblick über Fragen der Wormser Bistumsgeschichtsschreibung 29. Wichtig bleibt für eine der wichtigsten Bischofsgestalten der Wormser Geschichte die ältere biografische Würdigung von Karl Morneweg über Johann von Dalberg (1482 –1503). Von Hildegard Eberhardt wurde 1919 eine Analyse der inneren Verhältnisse des Klerus der Diözese um 1500 vorgenommen, die auf der Auswertung des 1875 durch von Weech edierten »Synodale« von 1496 und der im Frankfurter Stadtarchiv erhaltenen Erhebungslisten des Gemeinen Pfennigs vom selben Jahr beruht. Die Anstrengungen der kunsthistorischen Forschung in den letzten Jahren schlagen sich außer in dem hervorragenden Sammelband zu dem um 1300 geschaffenen gotischen Südportal des Domes (1999, vgl. Tafel 9) unter anderem in einer Reihe von Beiträgen zu den Festschriften der Liebfrauenkirche (1998), des vormaligen Paulusstifts (2002) und des Stifts St. Martin (1996) wieder, die von Irene Spille und Joachim Glatz vorgelegt wurden. Es liegt dazu auch eine jüngere Untersuchung über Fragen der Wormser Buchmalerei vor30. Wichtig für die Baugeschichte und Sakraltopografie bleibt die fundamentale Untersuchung von Eugen Kranzbühler über »Verschwundene Wormser Bauten« (1905). Ebenso fundiert ist dessen 1930 posthum erschienene Arbeit zur Rezeption des Nibelungenthemas mit zahlreichen Beobachtungen und Materialien auch zu Fragen der Siegel- und Wappenkunde der Stadt, ihrer geistlichen Institutionen und führenden Familien31. Nach wie vor wichtig sind die Arbeiten von Walter Hotz 32. Zu den geistlichen Institutionen sei auf den Beitrag von Gerold Bönnen und Joachim Kemper im vorliegenden Band aufmerksam gemacht. Beachtlich sind hier vor allem die in den letzten etwa zehn Jahren erzielten Fortschritte bei der Erforschung des weiblichen religiösen Lebens, einiger der Wormser Stifte sowie der monastischen Reformen in Stadt und Bistum wäh-

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rend des 15. Jahrhunderts (Kemper, Kleinjung, Kock, Wolf). Burkard Keilmann hat – wie bereits erwähnt – eine Reihe von Arbeiten zum Klerus um 1500 vorgelegt. Zur Entwicklung der Wormser jüdischen Gemeinde gibt es neuere Untersuchungen, die das Bild der Entwicklung der seit etwa 1400 durch Vertreibungen im Umland immer stärker isolierten Gemeinde relativ detailliert zeichnen33.

Offene Fragen und Forschungslücken Es fehlen nach wie vor Arbeiten zur Entwicklung der städtischen Topografie und Fragen der äußeren Stadtentwicklung, des kommunalen Bauwesens34 sowie eine eingehende Analyse der städtischen Verfassungsentwicklung und der Rolle des Rates in vergleichender Perspektive, wozu sich vor allem Speyer anbietet. Dessen spätmittelalterliche Stadtgeschichte ist durch die grundlegende und auch methodisch vorbildliche Studie von Ernst Voltmer (1981) aufgearbeitet worden. Vor allem hinsichtlich des auch die Wormser Geschichte dauerhaft begleitenden Konflikts zwischen (vereinfacht formuliert) Geistlichkeit und Rat findet man hier weit über die untersuchte Stadt hinaus grundsätzlich wichtige Analysen zur mittelalterlichen Stadtverfassung und auch für die Schwesterstadt Worms sehr aufschlussreiche Beobachtungen zur Herrschaftsstruktur, zur Geistlichkeit, zu Unruhen und städtischer Religiosität35. Ebenfalls wichtig wären Untersuchungen über die quellenbedingt besonders schwer erkennbare Rolle der Zünfte36 und die Prosopographie der städtischen Führungsgruppen. Wir besitzen kaum Kenntnisse über die handelnden Gruppen und Familienverbände und ihren Einfluss auf den Gang der städtischen Verfassungsentwicklung seit dem 13. Jahrhundert. Bislang wenig untersucht sind trotz ihrer herausragenden Bedeutung und einer keineswegs schlechten Quellenlage die vielfältigen Konflikte zwischen der differenzierten Geistlichkeit und der Stadt bzw. ihrem Rat, die komplexen, mit den Entwicklungen im Umland und den Bündnisstädten eng verflochtenen innerstädtischen Auseinandersetzungen seit der Mitte des 13. Jahrhunderts sowie die seit etwa 1400 beschleunigte Entwicklung der Ratsobrigkeit37. Die für die Zeit um 1500 ausgezeichnete Überlieferungssituation erlaubt eine bislang noch ausstehende umfassende Strukturanalyse der Stadt Worms und einen Blick in die Kulturgeschichte der Stadt mit ihren in der neueren stadtgeschichtlichen Forschung forcierten Fragestellungen und Interessengebieten38. Eine solche Arbeit könnte auch einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Entwicklungen während der Zeit der reformatorischen Bewegung in Worms liefern. Festzuhalten ist zudem das Fehlen von Untersuchungen zum Verhältnis von Stadt und Kurpfalz bis in das 16. Jahrhundert, wiewohl die herausragende Bedeutung dieses Faktors für die Stadtgeschichte spätestens seit der Mitte des 14. Jahrhunderts außer Zweifel steht und die Quellensituation nicht schlecht ist39. Eine neuere Analyse der bedeutsamen und frühen Wormser Chronistik des 13. Jahrhunderts bleibt ebenso ein Desiderat wie die Behandlung des Siegelwesens der geistlichen Institutionen und bürgerlichen Familien40. Auf dem Feld der Stifte und Klöster (siehe dazu unten S. 691–734) ist das Fehlen einer Arbeit zum Domkapitel besonders lebhaft zu bedauern, zumal auf diesem Gebiet neuere Studien für die Nachbarstädte Speyer, Mainz und Trier vorliegen; Vorarbeiten hat dazu

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Helmut Hartmann auch für den Vergleich mit den Nachbarbischofsstädten geliefert. Das Pfarreiwesen, der geistliche Grundbesitz und vor allem das Verhältnis von Zisterziensern und Stadt sind bislang ebenso wenig behandelt worden. Das gesamte Feld der städtischen Frömmigkeit, die vom Rat seit dem 15. Jahrhundert stark forcierte obrigkeitliche Religionsfürsorge und die Bemühungen um städtischen Einfluss auf diesen Bereich sowie die auch für das Verständnis der reformatorischen Bewegung sehr wesentlichen Fragen nach der Kritik am Klerus in der Situation um 1500 sind bislang kaum untersucht worden41. Vor diesem Hintergrund kann es sich bei dem folgenden Überblick lediglich um eine vorläufige Zwischenbilanz mit zahlreichen offenen Fragen handeln, die dringend der gezielten weiteren Erforschung bedürfen.

Zur Entwicklung der Stadt von der Mitte des 13. Jahrhunderts bis um 1300/04 Zu Topografie und äußerer Stadtentwicklung während des späten Mittelalters Der Fortgang der äußeren Stadtentwicklung und der städtischen Topografie ist für den im Folgenden zu betrachtenden Zeitraum nur sehr unzulänglich erkennbar und bislang kaum untersucht. Dies gilt auch für die Entwicklung der vorhandenen Verteidigungsanlagen und hier vor allem der Stadtmauer. Wir haben keine genauen Vorstellungen davon, ob überhaupt und gegebenenfalls ab wann sich die in der Literatur beschriebene zweite Ummauerung bzw. ein äußere Befestigungsring um die Stadt entwickelt hat. Eine im 13. Jahrhundert begonnene Ausweitung der befestigten Stadtfläche wird in der Literatur hartnäckig behauptet, lässt sich jedoch insgesamt kaum belegen 42. Nach einer Notiz in den städtischen »Wormser Annalen« zum Jahr 1258 wurde seit mehr als 20 Jahren das Weinungeld für den Bau von Mauern und Türmen verwendet43. Diese Nachricht, für Hellmuth Gensicke Zeugnis des beginnenden Ausbaus der Ummauerung der Vorstädte, ja »Anlaß zu einer völlig neuen Gestaltung des gesamten Stadtbildes«, ist vielmehr als Beleg für die dauerhafte Unterhaltung und Verbesserung der Verteidigungsinfrastruktur angesichts auch zahlreicher Stadtbrände anzusehen. Die weitere Nennung einer von der Stadt erhobenen Abgabe für die Mauern (ad parandas vias et tecta et vallos civitatis, qui fere perierant44) zum Jahr 1272 wurde als Beleg für die Fertigstellung der äußeren Mauer angesehen. Tatsächlich aber handelt es sich vielmehr um dauerhaft notwendige Anstrengungen zum Unterhalt, zur Absicherung und Verstärkung der vorhandenen Mauern. Zu den Steuern kommen noch mehrfach Sonderzahlungen der Juden ad refectionem muri (etwa im Jahr 1261) hinzu, was ebenfalls für die Unterhaltung und Schadensbeseitigung spricht und diese wahrscheinlicher macht als einen gezielten Ausbau, der gerade in der Zeit höchster politischer und wirtschaftlicher Unsicherheit und Instabilität zwischen 1250 und 1275 wenig wahrscheinlich ist. Dass die Stadt inzwischen die uneingeschränkte Hoheit über die Mauern innehatte, zeigt eine Quelle von 1296, in der der Rat einer Bürgerin genehmigt hat, die Mauer ihres Hauses am »alten Viehmarkt« auf die Stadtmauer zu bauen, wobei sie den freien Zugang gemäß den städtischen Bedürfnissen zu gewähr-

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leisten habe45. Im Jahr 1321 erließen Rat und Sechzehner eine Ordnung über die Aufsicht und den Unterhalt des Stadtgrabens, nachdem die Befestigung im Bereich der westlichen Mauerseite verbessert worden war46. Dabei wurde die Stadtbefestigung abschnittweise je einem Ratsherren und einem Bürger auf Lebenszeit zur Überwachung zugeteilt. Zwei Urkunden aus dem Jahr 1316 nennen Grundstücke im alten, ummauerten Stadtbereich und bezeichnen deren Lage als in antiqua civitate Wormaciensi bzw. in veteri civitate Wormaciensi situatis47. Für das Erscheinungsbild und die Entwicklung der Topografie im Vorstadtbereich liegen nur verstreute Einzelnachrichten vor, die sich zu keinem klaren Gesamtbild zusammenfassen lassen. So ist 1268 die nördlich gelegene Mainzer Vorstadt durch einen Pfahlzaun gesichert48. In einem 1275 geschlossenen Vertrag zwischen den Zisterzienserinnen von Nonnenmünster vor der Stadt und dem Rat über den Unterhalt von Verkehrswegen49 ist ein hoher Anteil der Nonnen am Ausbau der Verkehrsinfrastruktur des Vorstadtbereiches (Straßen, Steinbrücken etc.) samt ausgeprägten Unterhaltspflichten der Abtei fixiert worden. Die Übereinkunft unterstreicht die engen Bindungen zwischen den Nonnen und der Stadt als Vogteiinhaber. Wie sehr der Vorstadtbereich bis weit in das späte Mittelalter ein topografisches und auch verfassungsmäßiges Eigenleben innerhalb der vielzelligen Stadt geführt hat, davon legt eine Quelle aus dem Jahr 1300 Zeugnis ab. Hierin verleiht das Domkapitel der als Rechtspartner auftretenden Kirchengemeinde St. Michael in der südlichen Vorstadt ein Grundstück zu der wegen der Bevölkerungszunahme notwendigen Erweiterung ihres Friedhofes. Die Urkunde ist für die urbane Fortentwicklung in der nach wie vor wachsenden Vorstadt ebenso interessant wie für die Rolle der Pfarreien als handlungsfähige Gemeinschaften50. Indizien sprechen für eine rechtliche Sonderstellung auch der Vorstadt vor dem Mainzer Tor51. Für die Türme des bis 1500 nur ganz vereinzelt fassbaren zweiten Verteidigungsringes liegen erst für die Zeit seit dem 14. Jahrhundert einige wenige Belege vor, so etwa 1368 für den im Bereich der Mainzer Straße nördlich der Stadt gelegenen Neuturm52. Anfang 1499 ist von der Errichtung eines neuen Turmes und einer neuen Befestigungsanlage im Vorstadtbereich nahe dem Kloster Nonnenmünster die Rede53. Insgesamt blieb die vorhandene ältere Ummauerung – unabhängig von Bestrebungen zur verbesserten Verteidigung im suburbanen Bereich und der Anlage von Bastionen – bis in das 16. Jahrhundert für die Wehrhaftigkeit der Stadt nach außen entscheidend. Unklar ist, wie sich das später klar erkennbare Zentrum des Marktgeschehens im Bereich des Straßenmarktes (heute Neumarkt/Marktplatz) im Verlauf der nord-südlichen Verkehrsachse durch die Stadt nach den um 1220 erstmals fassbaren ausdrücklichen Belegen für diesen wirtschaftlichen Schwerpunkt weiter entwickelt hat. Nach Auskunft der schriftlichen Zeugnisse müssen wir vor allem für den unweit von St. Pankratius gelegenen Niedermarkt, der am Ende des 12. Jahrhunderts durch Bischof Konrad II. (gest. 1192) mit weiteren Marktständen versehen worden war54, auch noch bis in das 14. Jahrhundert eine durchgängig hohe Bedeutung annehmen: 1249 wird hier – unweit der bereits früh bezeugten Wollgasse – ausdrücklich eine dem Tuchverkauf dienende Fläche genannt, 1262 werden dort Fleischstände erwähnt, 1327 ist eine Brothalle bezeugt55.Wichtig ist auch der Fischmarkt, auf dem 1244 zwei und 1299 ein Verkaufsstand für Fleisch (macel-

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lum) belegt werden können56. Erst im 15. Jahrhundert verschwindet der Niedermarkt fast aus den Quellen. So werden in einer Auflistung von Fleischtaxen vom April 1402 drei Standorte von Fleischscharren erwähnt, die oberscharn (vermutlich auf dem Obermarkt), die nidern scharn by dem Fischmarte und scharn under den Kemmern, Letztere im Bereich der heutigen Kämmererstraße57. Die 1398/99 handelnd hervortretende Metzgerzunft bezeichnete sich selbst als die Zunft der Metzger der obern und nydern scharren zu Worms58. Wir können demnach mit einer größeren Zahl von dem Handel dienenden Marktgelegenheiten im Stadtgebiet rechnen, ohne dass wir wüssten, wo etwa der 1243 und 1330 von Seiten des Königs verliehene bzw. bestätigte Jahrmarkt oder der 1432 durch Bürgermeister und Rat mit Geleit versehene Montags-Wochenmarkt 59 abgehalten wurden. Um 1400 hat es offenbar noch zwei Schwerpunkte von Fleischverkaufsständen gegeben. Von Bedeutung für das gewerbliche Leben war der Lauf des Eisbaches durch die Stadt; an diesem sind zahlreiche Mühlen und verwandte Einrichtungen bezeugt. So gut wie nichts ist bekannt über den nur sehr selten genannten Hafen 60. Ein Kaufhaus der Stadt ist erstmals 1403 urkundlich nachweisbar 61. Seit ca. 1200 ist die Existenz der der Stadt gehörenden Bürgerweide im südwestlichen Vorstadtbezirk und des Bürgerfeldes auf der rechten Rheinseite urkundlich nachgewiesen. Insgesamt war Worms im späten Mittelalter hinsichtlich seiner Wirtschaftsstruktur in erster Linie eine Konsumentenstadt, deren Bedeutung im Handel durch den starken Aufstieg von Frankfurt am Main langfristig stagnierte bzw. relativ rückläufig war.

Stadtherrschaft und Stadtverfassung während der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts Nach dem faktischen Ende der Wirksamkeit des Rheinischen Bundes im Vorfeld der Königswahl von 1257 setzte sich für die Stadt und das mit ihr eng verflochtene Umland eine bis in die Mitte der 1260er Jahre andauernde Phase extremer Fried- und Rechtlosigkeit fort, wovon die zeitgenössischen erzählenden Quellen, darunter vor allem diejenigen Wormser Provenienz, eindrucksvoll berichten. Die Übergriffe auf die Landwirtschaft und die Handelswege des Umlandes, Fehden und eine ständige Bedrohung der öffentlichen Sicherheit, die zur tödlichen Gefahr für die wirtschaftliche Existenzgrundlage der städtischen Ökonomie zu werden drohten, ließen nach Auskunft der Quellen gerade in diesem Zeitraum kaum nach, wobei auch das von den Wormsern 1264 total geplünderte und niedergebrannte Pfeddersheim nicht von den Auseinandersetzungen verschont blieb. Der gleichzeitige »Kampf um die Stadtherrschaft« spielte sich währenddessen – nach dem faktischen Wegfall der Königsmacht – zwischen dem Bischof (von 1257 bis 1277 Eberhard Raugraf62), dem sich immer schärfer profilierenden Klerus und der Bürgerschaft bzw. dem Rat ab, deren Handeln nun auch nicht mehr einheitlich oder unumstritten war.63 Die in Fehden und Kriegszügen sich manifestierende Auseinandersetzung der insgesamt recht schwachen Bischöfe und der Bürgerschaft mit äußeren Gegnern, vor allem dem regionalen Niederadel, vermengte sich dabei in den Jahren 1257/58 mit der Frage der Anerkennung des Reichsoberhauptes. Auf Alfons von Kastilien hatte sich die Stadt zunächst gestützt, bevor im Juli 1258 Richard von Cornwall in die Stadt einziehen und

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Worms auf seine Seite ziehen konnte. Die Stadt stellte sich im Verlauf mancher Konflikte mit den Nachbargewalten auch auf die Seite ihres Bischofs und betrieb eine aktive Politik zur Sicherung bzw. Wiederherstellung des Landfriedens, etwa als man 1260 gewaltsam gegen das »Räubernest« Alzey vorging, das als Stützpunkt der allmählich in der Region stärker Fuß fassenden Pfalzgrafen bei Rhein der Stadt immer gefährlicher wurde. In diesem Zusammenhang wird auch ein Fahnenwagen der Stadt erwähnt, den die Bürger als Zeichen und Symbol ihrer wehrhaften Gemeinschaft mit sich führten, wie dies in einer Reihe nordalpiner Städte nach italienischem Vorbild bezeugt ist64. Die Pfalzgrafschaft war von nun an ein immer stärkerer Gegner der Position des Bischofs und dabei zugleich Lehensherr Wormser ritterlicher Familien. Im Jahr 1262 gelang es, einen lange schwelenden Streit der Grafen von Zweibrücken um deren aus dem Burggrafenamt herrührende stadtherrliche Rechte im Wege gütlicher Vereinbarung zu regeln65 und gleichzeitig den Grafen Emicho von Leiningen gegen eine Geldzahlung als Schutzherrn (adiutor, tutor) der Stadt und ihrer Bürger zu gewinnen66. Die zugespitzte Lage hatte inzwischen auf eine im Juni 1259 erfolgte Erneuerung der städtebündischen Vereinigung mit Mainz und Oppenheim gedrängt, in der die Sicherung des Landfriedens und die Aufstellung gemeinsamer Streitkräfte vereinbart wurde67. Zu den Konflikten im Umland, die die zu Lande und auf dem Flussweg68 aktiven Wormser militärischen Verbände nach den aus städtischer Sicht berichtenden chronikalischen Berichten in einem Raum zwischen der Bergstraße (Schriesheim, Starkenburg), der Region um Frankfurt und dem Mittelrhein (Burg Rheinfels), Rheinhessen (Alzey, Nieder-Olm, Pfeddersheim) sowie im Süden bis in das Elsass (Selz) aktiv werden ließen, traten dann ab 1258 verschärfend noch innere Spannungen zwischen der städtischen Bürgerschaft und dem Klerus. Streit entzündete sich zunächst mit dem stärker auf der Einhaltung seiner kirchenrechtlich sanktionierten Sonderstellung beharrenden Klerus über die Frage der Ungelderhebung. Die Forderung der Stadt nach der auch vom Klerus zu entrichtenden, vor allem für die Finanzierung bzw. den Unterhalt der städtischen Verteidigungsinfrastruktur notwendigen indirekten Nahrungsmittelsteuer wurde von der Geistlichkeit zurückgewiesen. Sie begann 1258 damit, ein Verfahren vor dem geistlichen Gericht in Mainz anzustrengen. Die Stadt jedoch, welche nach einem verheerenden Stadtbrand im Mai 1259 mehr denn je auf die Verfügung über finanzielle Mittel angewiesen war (wobei die Juden durch Sondersteuern besonders stark belastet wurden), konnte im selben Jahr durch zwei päpstliche Privilegien von 1259/60 ihre Rechtsposition festigen. Der Druck der Stadt auf die Stifte führte im Juni 1260 – ungeachtet enger personeller Verflechtungen mit Angehörigen der städtischen Führungsgruppe sowie Schenkungen und Stiftungen aus Kreisen von Bürgern und Rittern – zu einem ersten vertraglichen Zusammenschluss der nun stärker in die Defensive geratenden Klerikergemeinschaften, an deren Spitze sich das Domkapitel stellte. Ziel war die Abwehr der Schmälerung geistlicher Rechte und Freiheiten. Auf Dauer gelang es den geistlichen Einrichtungen kaum, dem Druck der Stadt standzuhalten, zumal auch die Bischöfe in diesem von nun an die Stadtgeschichte dauerhaft begleitenden, im Prinzip unlösbaren Konflikt nicht selten eine eher vermittelnde Rolle einnahmen69. Das gemeinsame Auftreten der Stifte darf über das bislang kaum näher untersuchte und von Stift zu Stift sicher ganz unterschiedliche,

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kontinuierlich fortbestehende Geflecht an Beziehungen in die Bürgerschaft und die städtische Führungsgruppe nicht hinwegtäuschen, wie es gerade Testamente und Stiftungen der Jahre des Konflikts etwa für das Andreas- und das Martinsstift bezeugen 70. Einen Fortschritt der städtischen Bemühungen um Einflussnahme im Bereich der karitativen Institutionen markiert die 1261 erfolgende Erwähnung eines städtischen Pflegers (procurator) für das hier erstmals genannte Neue Hospital der Stadt vor den südlichen Stadtmauern 71. Bemerkenswert sind gerade für die Ereignisse um die Frage der Besteuerung und des Ungeldes die fast zeitgleichen Parallelen mit der Situation in der Schwesterstadt Speyer 72. Bereits kurze Zeit später, Mitte 1264, berichten die Quellen dann auch von Spannungen um die ungeliebte Ungelderhebung beim gemein mann bzw. innerhalb der Bürgerschaft, da die Einnahmen für eigennützige Zwecke entfremdet worden seien. Es handelt sich dabei um eine verhältnismäßig frühe derartige Unmutsäußerung73. Jüngere und mächtige Kräfte, so heißt es in einer Quelle, wiegelten die Gemeinde, also die breite städtische Bevölkerung bzw. deren Wortführer, wegen der Frage der angeblich eigenmächtigen Mittelverwendung gegen die Führungsschicht auf (de civibus … iuvenes et potiores conspiraverunt). Durch »viele falsche Behauptungen« hätten die Verschworenen das Volk angezogen, berichtet das der bischöflichen Seite nahe stehende »Chronicon Wormatiense«. Der hier erstmals fassbaren innerstädtischen Opposition gelangen offenbar einige Erfolge im Kampf gegen die Politik des Rates, der Tendenzen zum sozialen Abschluss gegenüber nachwachsenden Kräften zeigte. Nach außen traten in den von der Stadt ausgestellten Urkunden zwischen ca. 1240 und 1300 stets »Ratleute und Bürger« hervor (consules et universi cives). Streit war entstanden um den Bau einer von Bischof und Ratsherren errichteten bzw. genehmigten städtischen Befestigung im Bereich des suburbanen Frauenklosters Nonnenmünster, gegen die sich die Wut der Opposition wandte und die zerstört wurde. Als Träger der auch gegen den bischöflichen Stadtherrn gerichteten Bewegung werden 1264 die fraternitates civium, die offenbar trotz des Verbots von 1233 nicht wirklich verschwundenen, im Wesentlichen wohl zunftartigen Vereinigungen von Bürgern genannt. Durch die Verhängung des Interdikts zwang Bischof Eberhard – im Schulterschluss mit dem Rat – die Aufständischen mittels kirchlicher Strafen zum Nachgeben bzw. unterstützte die Wiederherstellung der Ordnung. Laut einer im November 1264 getroffenen, unter Vermittlung der den städtischen Kräften besonders nahe stehenden Bettelordensklöster zu Stande gekommenen Vereinbarung mussten die Bruderschaften aufgelöst werden. Damit saß die überkommene Ratsobrigkeit – soweit wir dies beurteilen können – wieder fester im Sattel. Konflikte dieser Art, die sich vor allem an Fragen der Verwendung der Finanzen und der Mitbestimmung über den Haushalt der Stadt mit oppositionellen Gruppen entzündeten, gehören von nun an ebenfalls zum immer wiederkehrenden Bild der städtischen Verfassung und des Kampfes um Anteile an der Herrschaft innerhalb der bzw. um die Stadt. Fast zeitgleich – 1265 – beobachten wir auch in Speyer einen Aufstand bzw. schwere Kämpfe um die Stadtherrschaft 74. Dass der Rat und die in ihm führenden Familien selbstbewusst aus dem Geschehen hervorgegangen sind, zeigt sich an dem dann 1265/66 wiederum mit dem Bischof ausgetragenen Konflikt um das »steinerne Haus« der Kommune an der Hagenstraße im Be-

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reich des heutigen alten Rathauses. 1265 begannen die Bürger laut Bischofschronik damit, ein Häuschen in ihrem Hof in der Hagengasse, das sie seit 42 Jahren – demnach bereits seit dem Jahre 1223 – zur Verwahrung ihrer Waffen besessen hätten, auszubauen, was zur Beunruhigung von Bischof und Klerus geführt hat. Es wurde nämlich befürchtet, es könnte ein Gebäude entstehen, in dem die Bürger sich zu Beratungen versammeln würden (ubi cives possent ad consilia convenire). Dieses Häuschen stand auf dem 1232 (s.o.) durch Friedrich II. der Wormser Kirche zugesprochenen Grundstück, auf dem sich zuvor das kurzzeitige Rathaus der Stadt befunden hatte. Der Bischof musste dies als Versuch zur Schmälerung seiner stadtherrlichen Rolle werten, da er eine Verlagerung des Ortes der Ratssitzungen aus seinem Hoheitsbereich befürchtete und entsprechend gegen das Vorhaben vorging. Schließlich kam es, bevor der Konflikt fast bis zum Auszug der Geistlichkeit eskalierte, im Juli 1266 zu einer vertraglichen Vereinbarung, in der der Bischof den Besitzanspruch auf das Gelände fallen ließ und das inzwischen errichtete Steinhaus gegen eine Zinszahlung bei der Stadt blieb. Dabei wurde festgelegt, dass das von der Hagenstraße zur Nazariuskapelle sich erstreckende Grundstück von einem »öffentlichen Weg« durchzogen werden sollte, an den die Stadt Häuser zu Erbzins bauen durfte. Als Zweck war die Lagerung von Kriegsgerät fixiert worden, sodass die domus lapidea, das Steinhaus, nur als Zeughaus fungierte75. Ein Rathaus (curia civium) ist dann wieder 1284 in einem Anrainerbeleg bezeugt76, ohne dass wir etwas über seine Errichtung und Funktionen erfahren. Um diese Zeit verschärfte das Domkapitel seine Auseinandersetzungen mit dem Rat, die sich unter anderem um die Regelung des Asylrechts für den Immunitätsbezirk der Stifte und den Dombezirk drehte. Ihren Höhepunkt fanden die Konflikte in den Jahren 1266/70. Die Stadt bemühte sich zur gleichen Zeit um die Absicherung des Landfriedens, dem auch ein Hoftag König Richards von Cornwall 1269 in Worms diente77. Die Königswahl Rudolfs von Habsburg 1271 hatte die Stellung des Herrschers sowie des Königtums insgesamt gestärkt. Ende 1273 huldigte die Bürgerschaft dem neuen Reichsoberhaupt in einer feierlichen Zeremonie unter Glockengeläut vor dem Dom 78. Rudolf bestätigte zugleich die Rechte und Freiheiten der Stadt und ihrer Bürger. Nach dem Tod Bischof Eberhards 1277 folgte auf ihn sein Bruder Dompropst Friedrich Raugraf (bis 1283)79. Seine Amtszeit war mitgeprägt durch eine sich immer stärker zuspitzende finanzielle Krise der Wormser Domkirche, der man unter anderem durch den vermehrten Rentenkauf bei Angehörigen der städtischen Oberschicht zu begegnen suchte. Zudem kam es wieder zu einer Zusatzbesteuerung der Juden. Zu den ersten Amtshandlungen des Bischofs gehörte die erneute Bewilligung des städtischen Ungeldes Anfang 1278. Zur Erhebung der Verbrauchssteuern wurden Hohlmaße eingesetzt; das Ölmaß der Stadt aus demselben Jahr, hergestellt von dem aus Worms stammenden Meister Eckehard, hat sich im Museum der Stadt erhalten80. Das Gefäß (Abb. 17) ist mit einer Inschrift versehen und trägt als Zeichen einen geflügelten Drachen. Dieses Symbol verweist ebenso auf das Wappen des auf dem Bronzegefäß genannten Bürgermeisters Werner Amella wie auf die Gemeinschaft der Wormser Münzer und Geldwechsler (Münzerhausgenossen) insgesamt, die als Amtsträger des Bischofs auch die Hoheit über die Eichangelegenheiten verwalteten.

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M ITTELALTER (1254–1521) Abb. 17: Ölmaß der Stadt Worms, 1278 (Museum der Stadt Worms)

Gegen Ende der kurzen Amtszeit des Oberhirten, ab etwa 1281, verschärften sich die Konflikte zwischen Klerus und Stadtbürgern aufs Neue. In diesem Jahr beschloss das Domkapitel, künftig keine Angehörigen von bürgerlichen Familien mehr in seine Reihen aufzunehmen, was bis dahin offenbar geschehen war und aus der Sicht der Kanoniker gleichsam die Gefahr der Unterwanderung der Gemeinschaft und der gezielten Besetzung kirchlicher Pfründen verschärft hatte. Das Kapitel setzte damit ein äußeres Zeichen für eine zunehmende soziale Abgrenzung zu Gunsten vor allem adliger Familien, während in der Stadt und ihrem direkten Umfeld gleichzeitig die Zahl der Neugründungen geistlicher Einrichtungen und Gemeinschaften – auch und gerade für Frauen – in den Jahren zwischen ca. 1278 und 1300 einem später nicht mehr erreichten Höhepunkt zustrebte 81. Kurz darauf zog die auf den Tod von Bischof Friedrich folgende Vakanz 1283 einen Versuch des Rates nach sich, seine verfassungsrechtliche Lage und seine Handlungsspielräume im Gefüge der Stadtherrschaft zu verbessern. Eine städtische Klageschrift82 nennt die entscheidenden Streitpunkte und verweist auf die umstrittene Frage der Münzprägung bzw. -hoheit, die zweifelhafte Inhaftierung zweier Ministerialer, die Erhebung von Ungeld beim Klerus und das angestrebte Verbot der Getreideausfuhr durch geistliche Institutionen. Bereits seit einiger Zeit gibt es nun Indizien für Uneinigkeit an der Stadtspitze. Die seit der Rachtung von 1233 vorgeschriebenen sechs ritterlichen Angehörigen des Gremiums traten seit der Mitte des 13. Jahrhunderts in einen zunehmenden Gegensatz zu den neun bürgerlichen Funktionsträgern, da sich ihre herrschaftlich-wirtschaftlichen Interessen, ihr Tätigkeitsschwerpunkt und ihre soziale Verortung in einem starken Wandel befanden, der zu einem Abdriften aus der stadtbürgerlichen Front führte83. Wie dramatisch diese Entwicklung sein konnte, zeigt die Nachricht in den Wormser Annalen, die Ritter hätten sich 1272 geweigert, eine Abgabe zur Wiederherstellung der fast ruinösen Stadtmauer zu leisten84. In der Situation des Jahres 1283 und damit am Vorabend der Einsetzung eines neuen Bischofs kam es offenkundig zu einer Spaltung des Rates. Die neun bürgerlichen Ratsherren verbanden sich im Juni 1283 eidlich untereinander und vereinbarten, nur einem Bi-

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schof den Treueeid zu leisten, der einen Katalog klarer Forderungen erfüllen würde. Die ritterlichen Ratleute, einem künftigen Bischof auch als Lehensnehmer näher stehend, schreckten vor dieser Konsequenz zurück85. Der neue Bischof Simon von Schöneck (1283 –1291) sah sich nach seiner Wahl gezwungen, den Forderungen nachzukommen 86; dazu gehörte sogar die Zusage, der Stadt gegen mögliche Klagen des Domkapitels Beistand zu gewähren. Für die folgenden Jahre um 1285 lässt sich – bei aller Quellenarmut zur inneren Stadtentwicklung – eine wachsende Opposition der allmählich als handelnde Verbände erkennbaren Zünfte gegen die etablierte Ratsherrschaft erkennen. Der Wortlaut einer im Juni 1287 erlassenen Satzung von Bischof und Rat, in der versucht wurde, dem inneren Unfrieden und seinen Begleiterscheinungen ein Ende zu bereiten, lässt das Ausmaß der inneren Konflikte und die Existenz von unterschiedlichen Parteiungen erahnen87. Die Rede ist hier vom Waffentragen, von Unruhestiftung, von Zusammenrottungen, aufrührerischen Versammlungen und ähnlichen Friedensstörungen innerhalb des Burgfriedens der Stadt. Die Rolle des Rates in der Friedensgerichtsbarkeit wird ausdrücklich genannt. Bereits zwei Jahre zuvor war der rechtliche Handlungsrahmen des Rates bzw. dessen Gerichtsbarkeit durch ein Privileg König Rudolfs von Habsburg weiter ausgedehnt worden88. Der Tod Bischof Simons im Oktober 1291, der mit dem Rat in recht gutem Einvernehmen gestanden zu haben scheint, zog mit der Ablehnung des Nachfolgekandidaten Eberhard von Strahlenberg durch den Rat der Stadt89 eine erneute Belastungsprobe nach sich. Die Stadt ging zur Bekräftigung ihres selbstbewussten Auftretens im August 1293 ein Bündnis mit den Städten Mainz und Speyer ein. Der Vertrag ist ein für die weiteren zwischenstädtischen Beziehungen grundlegendes Dokument, auch sprachgeschichtlich von Belang und fixierte modellhaft künftig immer wieder aufgegriffene Regelungen für den Bündnisfall und hinsichtlich des Verhaltens bei einer Königswahl 90. Einen Tag vor dem Wahltermin für die städtischen Amtsträger, am 10.11.1293, kam es dann doch noch zu einer Einigung über die Modalitäten des Einzugs und des Herrschaftsantritts Eberhards. Die urkundliche Bestätigung dem Bischof vorgelegter Artikel über Rechte und Privilegien der Stadt (Zweite Rachtung) vom selben Tag markiert einen erneuten, auf der Rachtung von 1233 beruhenden Kompromiss beider Seiten91. Die Regelungen betreffen unter anderem Fragen der Festlegung und Erhebung des Ungeldes, die ungeschmälerte Ausübung der Friedensgerichtsbarkeit des Rates und die uneingeschränkte Kompetenz auf dem Gebiet der Aufnahme von Bürgern (auch Juden) durch die Stadt. Der Text entspricht weitgehend dem im August 1283 von seinem Vorgänger besiegelten Rechtsstand. Bischof Eberhard ernannte die neuen Ratsmitglieder, die sich nun zu dem notwendigen und der Verfassung entsprechenden Treueeid gegenüber ihrem Herrn entschließen konnten. In den Jahren des Pontifikats von Eberhards Nachfolger Raugraf Emicho (Dezember 1293 – Juli 1299) bestand offenkundig ein sehr einvernehmliches Verhältnis mit der Stadt, wobei der Bischof anscheinend die wachsenden sozialen Spannungen zwischen den Ratsfamilien und Kräften zünftischer Familien auszunutzen verstand. Die Stadt war inzwischen auch in den Thronstreit zwischen König Adolf von Nassau und Albrecht von Habsburg hineingezogen worden und erlangte – wie auch Speyer – Anfang 1299 durch Albrecht eine Bestätigung ihrer Privilegien und Freiheiten92.

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Unter dem wiederum nur kurzzeitig amtierenden Bischof Eberwin von Kronberg (1299–1303), der die bischöflichen Rechtspositionen verschärft betonte, verschlechterten sich die Beziehungen zum Rat in der Folge wiederum sehr heftig. Zugute kam Eberwin, der die Stadt mit dem Interdikt belegte und in dessen Amtszeit sich auch erhebliche Gegensätze innerhalb des Stiftsklerus zeigten, die starke Zunahme von Spannungen zwischen dem Rat bzw. den in ihm dominierenden Familien zum einen und zünftischen Kräften innerhalb der Bürgerschaft zum anderen, die sich wiederum an Fragen der Erhebung und Verwendung des Ungeldes entzündeten. Die politischen und sozialen Verwerfungen, die sich durch die Folgen des Stadtbrandes im Jahr 1298 nochmals dramatisch zuspitzten, wurden durch die Regelungen in der so genannten Dritten Rachtung vom 11. September 1300 vorläufig beigelegt 93. Unter ausdrücklicher Betonung der bischöflichen Position wurden – durch Vermittlung des Bischofs und von ihm, dem Domkapitel und der Stadt besiegelt – in der deutschsprachigen Urkunde erstmals Vertreter der Gemeinde, das heißt faktisch der Zünfte, an der Bestellung des für die Steuererhebung maßgeblichen Ausschusses beteiligt. Darüber hinaus sollten die Abgesandten der in die städtische Herrschaftsordnung einbezogenen Kräfte auch bei Beratungen über kriegerische Unternehmungen und städtische Bündnisse sowie den Abschluss von Edelbürgerverträgen beteiligt werden und ein Zustimmungsrecht besitzen. Mit letztgenannten Abmachungen wurden bestimmte Niederadlige in das Stadtrecht aufgenommen und das gegenseitige Verhältnis beider Seiten schriftlich fixiert. Das neue Gremium, die so genannten »Sechzehner«, erhielt einen der vier Schlüssel für die zur Aufbewahrung des Stadtsiegels dienende Truhe, städtische Urkunden durften nur noch mit ihrer Zustimmung besiegelt werden. Sechzehnern und Gemeinde wurde das Versammlungsrecht – friedlich und ohne Waffen – ausdrücklich eingeräumt. Die Sechzehner rekrutierten sich aus den vier innerstädtischen Kirchspielen und wurden am Martinstag von Bischof und Rat auf Vorschlag der Gemeindevertreter ernannt. Aus zwei Sechzehnern und vier Ratsmitgliedern wurde eine Kommission für die laufende Verwaltung des Ungeldes gebildet, welche dem Rat einmal im Vierteljahr Rechenschaft abzulegen hatte. Die Sechzehn, deren Besetzung, Kompetenzen und Amtszeit sehr detailliert geregelt wurden, sollten auch an den Ratssitzungen teilnehmen dürfen. Keinen Anteil hatten sie an der Strafgerichtsbarkeit und der Verwaltung der freiwilligen Gerichtsbarkeit des Rates. De facto wurden die Sechzehner allerdings bald bei sämtlichen Angelegenheiten zugezogen; auch in ihrem Namen wurden fortan die städtischen Urkunden ausgestellt. Diese Tendenz sorgte für einen langfristig wirksamen Interessenausgleich, wie er in dieser Form in benachbarten Kathedralstädten nur von geringerer Gültigkeit und kürzerer Dauerhaftigkeit blieb. Mit den Bestimmungen dieser Urkunde, deren Hintergrund die dramatische Zuspitzung der Verschuldung war und mit der auch der Bischof seinen Einfluss auf die städtische Politik zu stärken vermochte (zumal er an der Besetzung der Sechzehner und der Festlegung des Ungeldes Anteil hatte), kommt eine seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts auch in anderen Bischofsstädten zu beobachtende Verschiebung der stadtherrschaftlichen Gewichte zu Ungunsten der alten, den Rat dominierenden Familien der städtischen Führungsgruppe zu einem vorläufigen Abschluss, eine Bewegung, in deren

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Verlauf neue, von den Zünften getragene Kräfte Anteil am Stadtregiment erlangen. Im Gegensatz zu den Nachbarstädten Mainz und Speyer, in denen sich diese Konflikte etwas später gewalttätig entladen haben, gelang in Worms nach dem Eindruck der erhaltenen Quellenzeugnisse eine recht einvernehmliche Lösung der Probleme. Von nun an tritt das Gremium der Sechzehner als Organ zur Vertretung zünftisch-gemeindlicher Interessen hervor und ist fester Bestandteil der Stadtspitze. Leider sind unsere Kenntnisse über die Entwicklung des zünftischen Lebens und die Zusammensetzung des neuen Gremiums nur gering. Immerhin hatte Bischof Emicho im April 1299 den Schuhmachern zu Worms (unsere lieben burgere die schumacher zu Worms) eine Marktordnung erteilt94, die erste Quelle über das Vorhandensein gewerblicher Vereinigungen seit ihrem Verbot 1233. Damit wird die ausdrückliche Existenz einer solchen zunächst gewerblichen, aber bereits politisch gewichtigen Korporation ebenso bezeugt wie die lebendige Tradition der Beziehungen der Gewerbevertreter zum Bischof, der auf die von den Verkaufsständen der Schuster an ihn zu entrichtenden Zinse verweist und damit die fortbestehenden Interessen der Bischöfe am nur bruchstückhaft erkennbaren gewerblichen Leben der Stadt aufmerksam macht. Bereits für die Zeit um 1260 ist die Existenz einer zunftartigen Gemeinschaft (societas) der Müller bzw. Mühlenbetreiber der Stadt unter der Leitung eines magister nachzuweisen, die in einer engen Bindung an das Paulusstift standen95. Dass sich die inneren Verhältnisse nach 1300 trotz des Ausgleichs in der Verfassung keineswegs beruhigt haben, belegen Nachrichten über innerstädtische Auseinandersetzungen bzw. innere Unruhen in den Jahren 1302/04, wie sie auch in einer Reihe anderer Städte, darunter fast zeitgleich im benachbarten Speyer zu beobachten sind96. Es kam zu einer Fehde zwischen dem Rat und der ritterbürgerlichen Familie des reichen Bürgers und Ratsmitglieds Johann (von) Holderbaum, der in Lehensbeziehungen zu den Pfalzgrafen getreten war. Dieser wurde aus der Stadt verbannt; es ist ihm allerdings gegen den Willen von Bischof und Rat die Rückkehr nach Worms gelungen. Die benachbarten Städte Mainz und Speyer traten in dem Konflikt als Vermittler auf. Ihre Ratleute handelten auch den Inhalt eines Vertrages aus, mit dem am 1.1.1303 Bischof, Rat, Sechzehner und Gemeinde zunächst die Wiederherstellung des Friedens zu erreichen suchten 97. Ausgegangen waren die schweren Verwerfungen offenbar von zünftischen Kräften, die Anstoß an der Aufnahme des Bürgers in die Burgmannschaft und damit die Gefolgschaft des Pfalzgrafen und dessen starkem Engagement in der Sphäre niederadligen Lebens genommen und dessen Bürgerrecht infrage gestellt haben. Der Vorfall verweist auf das Gefahrenpotenzial der dynastischen Verbindungen zwischen städtischen Familien und dem landsässigen Adel der Region und macht die Verschiebungen in der sozialen Verortung einiger der führenden Wormser Familien deutlich, bei denen es Interessenkonflikte durch die Fundierung in der Stadt bei gleichzeitigen Bemühungen um den Aufbau einer quasi niederadligen Position im Umland samt der notwendigen Loyalität gegenüber den Lehensherren der Region gegeben hat. Diese führten im Zeichen stärkerer zünftischer Anteilnahme am Stadtregiment leichter zu Problemen als bisher. Es gelang nicht, den Stadtadel auf eine klare Abgrenzung zu seinen Aktivitäten im Umland festzulegen; die erstarkenden und jetzt dauerhaft an der Stadtherrschaft beteiligten zünftischen Kräfte

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erreichten es nicht, dass der politische Einfluss der mit dem Umland verbundenen Familien des Niederadels bzw. städtischen Patriziats nachhaltig eingeschränkt wurde. Dies zeigt auch die Tatsache, dass es Holderbaum nicht nur gelang, in die Stadt zurückzukehren, er stieg 1311 sogar zum Bürgermeister auf98. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts sollten sich dann die Auseinandersetzungen der Stadt mit niederadligen Geschlechtern der Region häufen. Festzuhalten ist, dass durch die Urkunden der Jahre 1293, 1300 und 1303 und die darin getroffenen Regelungen für etliche Jahrzehnte Ruhe eingekehrt ist und die Verfassungsentwicklung der Stadt wieder in friedliches Fahrwasser geriet. Deutlich zeigt sich, wie stark die Beziehungen der Städte Mainz, Speyer und Worms untereinander auf die innerstädtische Politik zurück- bzw. auf diese einwirkten. Auf künstlerischem Gebiet ragt in den Jahren um 1290/1310 das neue gotische Südportal des Domes mit der eigentümlichen Darstellung der triumphierenden Kirche in Gestalt eines Tetramorph heraus, wobei das Portal insgesamt zugleich auch als Ausdruck einer intensivierten Marienverehrung anzusehen ist (Tafel 9) 99.

Aspekte des Stadt- und Bürgerrechts um 1300 Einem Handschriftenfund der Zeit kurz nach 1900 in der Heidelberger Universitätsbibliothek verdankt die Wormser Stadtgeschichtsforschung wichtige Quellen zur Entwicklung des Stadtrechts, die 1915 von Kohler und Koehne veröffentlicht und ausgewertet wurden100. Im Folgenden sollen wichtige Aspekte des Stadt- und Bürgerrechts der Zeit um 1300 im Überblick vorgestellt werden. Die Handschrift enthält zum einen Artikel eines aus dem 13. Jahrhundert stammenden Rechtsbuches (18 Artikel) und zum anderen eine zweiteilige Sammlung von zwischen 1300 und 1303 zusammengestellten Ratsverordnungen, die inhaltlich offenbar zum Teil älteren, zum Teil jüngeren Datums sind (84 und 95 Artikel). Die erhaltenen volkssprachlichen Texte umfassen Regelungen zu den Gebieten Zivilrecht (eheliches Güter- und Erbrecht, Familienrecht), Straf- und Strafprozessrecht. Hinzu kommen Regelungen des Verwaltungsrechts der Stadt. Recht genauen Einblick erhalten wir in das Verfahren der Bürgeraufnahme bei Christen und Juden101. Im Gegensatz zu dem bereits um 1230 erkennbaren Speyerer Stadtrecht war das von Worms niemals Gegenstand einer Verleihung an andere Siedlungen oder Orte102. Die Aufnahme Auswärtiger in das Wormser Bürgerrecht geschah im Rahmen einer Rechtshandlung vor dem Rat unter Eidschwur und unter bestimmten Voraussetzungen (Leistungen in Geld und Naturalien, persönliche Freiheit, Verfügung über Grund- und Hausbesitz, keine Verwicklung in eine Fehde, Treueschwur, ein Jahr unangefochtenes Leben in der Stadt). Verschiedene Bevölkerungsgruppen, unter ihnen Spielleute, verfügten über mindere Rechte. Rechtlose Personen waren weiteren Beschränkungen unterworfen. Aufschlussreich sind die Quellen auch für die Rechtsstellung und die Bürgeraufnahme der Juden. Für die Frage nach dem Zusammenleben von Christen und Juden in der Stadt wurde der Text schon 1934 von Guido Kisch als »bedeutsames Dokument von außerordentlicher rechts-, sozial- und kulturgeschichtlicher Wichtigkeit« eingeordnet und dezidiert hinsichtlich einer Gleichstellung von Christen und Juden interpretiert 103. Ähnlich

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wie in Speyer bestand nach einer Ratsverordnung aus der Zeit unmittelbar nach 1300 in Worms ein dem christlichen Bürgerstatus sehr weit angenäherter Rechtszustand der Juden mit einem nahezu deckungsgleichen Katalog von Rechten und Pflichten. Analog zum Rat als Vorprüfungsinstanz der christlichen Bürgeraufnahme fungierten in Worms als entscheidendes Gremium der Judenbischof und der Judenrat. Es konnte nur derjenige Jude das Bürgerrecht erlangen, den diese zuvor in die jüdische Gemeinde aufgenommen, »nach ihren Sitten zu einem Bürger empfangen« hatten. Diese Aufnahme zog dann die Pflicht zur Gewährung des Bürgerrechts auch durch die Stadt nach sich. Dabei war bei Christen und Juden neben dem Rat auch der Bischof als Instanz von Bedeutung, vor dem der notwendige Bürgereid abzulegen war. Er forderte Treue und Gehorsam gegenüber dem bischof, dem rade und der stat gemeynlichen. Auch die Einstandsabgabe entspricht dem, was von den Christen verlangt wurde. Zur Aufnahme von Juden waren Worms und Speyer unter anderem im Jahr 1315 von Seiten des Reiches ausdrücklich ermächtigt worden104. Der hier skizzierte städtische Rechtstext lässt gemeinsam mit Bestimmungen der Jahre 1312 und 1315 (s. u.) eine für die Juden insgesamt günstige formalrechtliche und gemeindliche Situation während der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts ebenso erkennen wie ein hohes Maß an Kontinuität aus der Zeit des hohen Mittelalters, in der die jüdische Gemeindeorganisation der christlichen Stadtgemeinde im Grunde noch vorausging. In der Rechtspraxis wurden den Juden im gesamten 13. Jahrhundert immer wieder erhebliche Geldzahlungen für die Mauerunterhaltung sowie zur Bekräftigung ihres von Bischof und Rat garantierten Rechtstatus abverlangt. Insgesamt kann ihr rechtlicher Status für die Zeit bis um 1300 dennoch als relativ gut angesehen werden. Zu den in der Stadt bevorrechteten Gruppierungen gehörten neben den bischöflichen Ministerialen die Angehörigen der Münzerhausgenossenschaft und (wohl bis in das 14./15. Jahrhundert) die Gemeinschaft der Wildwerker, das heißt der ursprünglich in einem Dienstverhältnis zum Bischof stehenden Kürschner105. Die Bestimmungen der normativen Quellen des 13. Jahrhunderts geben Einblicke in die Tätigkeit des Stadtgerichts (zuständig für vermögensrechtliche und bürgerliche Rechtsfragen sowie die Straf- und die freiwillige Gerichtsbarkeit) und der Rechtsprechungspraxis des Rates in seiner Eigenschaft als Gerichtshof und Instanz für Militär-, Finanz- und innere Verwaltung. Das Stadtgericht bestand aus dem Schultheißen (einer finanziell stark belasteten Position), dem Greven (Burggraf), zwei Amtleuten und den Schöffen; diese Funktionsträger wurden am 11. November jeden Jahres eingesetzt, nach den Bestimmungen der Rachtung durch Bischof und Rat gemeinsam, in der Praxis bald allein vom Rat, der seinerseits als Rechtsorgan tätig war. Gerichtsort war – wie im Prinzip auch für die Ratssitzungen – der Bischofshof106. Wenig bekannt ist über die Kompetenzen der ab 1220 nachweisbaren Bürgermeister, von denen es nach 1233 theoretisch zwei geben sollte. Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts war allerdings die ritterliche Bürgermeisterstelle nicht mehr besetzt worden; erst ab der Mitte des 14. Jahrhundert amtierten wieder zwei107. Neben einigen weltlichen Spezialgerichten bestand als wichtiger Zweig die mit der weltlichen vielfach konkurrierende geistliche Gerichtsbarkeit108. Das komplexe Gerichtswesen zeigt mithin das auch in anderen Bereichen starke Spannungsfeld zwischen weltlichem und geistlichem Sektor.

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Das 14. Jahrhundert (1304 –1407): Krisen und innere Konflikte Entwicklungslinien in Politik, Umland und Wirtschaft Die Überlieferungslage für das krisengeschüttelte 14. Jahrhundert ist für die Wormser Stadtgeschichte mehr als unbefriedigend. Wir verfügen zwar über eine reiche Zahl von fast 1100 edierten Urkunden in Band 2 des Urkundenbuches von Heinrich Boos, aber die erst nach 1400 wieder stärker einsetzende chronikalische Überlieferung versiegt fast völlig, sieht man einmal von Zorns Wormser sowie der Kirschgartener Chronik (beide sind allerdings recht unergiebig) ab109. Für die Zeit ab 1400 setzt dann mit dem städtischen Eidbuch (siehe Abb. 19, S. 229) eine wichtige Quelle aus der Sicht des Rates ein, während die Urkundenedition von Heinrich Boos zu diesem Zeitpunkt endet; allerdings hat er eine Auswahl wichtiger Urkunden und Aktenstücke für den Zeitraum von 1400 bis 1430 vorgelegt110. Quellen zur wirtschaftlichen Entwicklung in Stadt und Region und Material zu Fragen der Prosopografie der städtischen Führungsgruppen gehören zu den besonders vermissten Dokumenten in jenem Jahrhundert. Für den Überblick über die Ereignisgeschichte ist nach wie vor die Darstellung im zweiten Band der »Geschichte der Rheinischen Städtekultur« von Heinrich Boos zu nennen 111. Wichtig ist auch ein steter Vergleich der Entwicklung mit der Schwesterstadt Speyer, für die zur Geschichte des im Folgenden zu behandelnden Jahrhunderts in der bereits gewürdigten Arbeit von Voltmer eine grundlegende Studie vorliegt112, eine herausragende Leistung, die in dieser Form für Worms bei weitem noch aussteht. Zum Verständnis der wesentlichen Etappen der städtischen Verfassungsgeschichte des 14. Jahrhunderts im Zeitraum bis zur so genannten »Pfalzgrafenrachtung« von 1407, mit der ein Kompromiss in Fragen des Zusammenlebens von Geistlichkeit und Rat gefunden wurde, ist zunächst ein knapper Blick auf die grundlegenden Faktoren der Stadtentwicklung nach 1300 zu werfen. Der von Burkard Keilmann verfasste Abschnitt zur Geschichte des Wormser Bistums nach 1300 steht unter der Überschrift »Auf dem Weg in die Abhängigkeit von der Pfalzgrafschaft«113. Diese für das Jahrhundert zentrale, bereits um 1900 von Heinrich Boos (»Die Pfalz umschlang die Stadt mit ihren erdrückenden Fangarmen« 114) betonte Tendenz zeigt sich auf vielen Gebieten und hat starke, über den Bereich der Kirche weit hinausgehende Folgen für die weitere Stadtgeschichte. Während des ersten Drittels des 14. Jahrhunderts veränderte sich an der bischöflichen Herrschaft in bzw. gegenüber der Stadt wie auch dem Hochstift nichts Wesentliches. Die Bischöfe stammten aus den bereits am Ende des 13. Jahrhunderts im Domkapitel und hohen geistlichen Positionen präsenten Familien (1303/04 –1318 Emicho von Schöneck, 1318 –1319 Heinrich von Daun, 1319–1329 Cuno von Schöneck). Zunehmend versuchte auch die Kurie Einfluss auf die Besetzung des Wormser Bischofsstuhls zu gewinnen, jedoch konnte das Domkapitel diese Versuche immer wieder zurückweisen. Besondere Zuspitzungen des Verhältnisses zur städtischen Bürgerschaft blieben bis in die 1330er Jahre offenkundig aus. Mit dem Tod Bischof Cunos von Schöneck 1329 115 wurde das Bistum allerdings zu einem Spielball kurialer Politik, als der Papst Salmann Klemann, den Sohn

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eines Mainzer Schultheißen, als neuen Oberhirten providierte, was nicht nur zu Protest des Wormser Rates, sondern auch des Domkapitels führte116. Die Wahl eines eigenen, auch vom Rat unterstützten Kandidaten durch das Wormser Domkapitel mündete sodann in ein Schisma, das viele Jahre lang durch gleichzeitige reichspolitische Gegensätze genährt und von Spannungen zwischen Rom und den Wormser Stiften begleitet wurde. Im Laufe des Konflikts hatte der Papst das Interdikt über die gesamte Stadt verhängt, wobei sich Kaiser Ludwig der Bayer für den aus der Familie der Schenken von Erbach stammenden Kandidaten (der immerhin den Treueeid der Wormser Bürger entgegennahm) und damit gegen die Kurie und Salmann Klemann stellte; der Rat verbannte die Urheber des über die Stadt verhängten Interdikts noch im selben Jahr (1329) aus der Stadt117. Nach dem Tod des Kandidaten der Domkanoniker 1332 erhöhten sich zwar Salmanns Chancen für eine Anerkennung, jedoch dauerte es noch etliche Jahre, bis er 1341 in den vollen Besitz der bischöflichen Rechte und des Hochstifts gelangte. Gleichzeitig suchte die Stadt, die Rechte des Klerus zu beschneiden und ihre Steuerhoheit auszuweiten. In der Zwischenzeit waren verschiedene Administratoren des Kapitels bestrebt, die Rechte und Ansprüche des Bischofs zu verwalten. Das 13 Jahre lang geltende Interdikt war unterdessen in der Diözese nie beachtet worden. Eine aus dem Jahr 1341 stammende notarielle Verhandlung über die Annahme des Bischofs illustriert im Übrigen erstmals detaillierter das Zeremoniell bei der Bischofswahl. Demnach entsprach es einer ausdrücklich als alte Rechtsgewohnheit bezeichneten Praxis, dass die Wahl des Bischofs durch das Domkapitel zuerst durch das Wort und dann durch den Glockenschlag sowie durch das Hinsetzen des Oberhirten auf den Petersaltar dem gesamten Volk (populus) dort feierlich und öffentlich verkündet wurde. Dabei legte man vor allem auf die förmliche Mitteilung an die anwesenden Bürgermeister und Ratsherren, die gleichsam als Zeugen den Rechtsakt begleiten, ausdrücklichen Wert118. Wie die Wahl der städtischen Amtsträger, so war auch die Bischofswahl ein zentrales öffentliches Ereignis, bei der der Mitwirkung der Stadtbevölkerung, der die Wahl durch Glockengeläut publik gemacht werden musste, erhebliche legitimierende Bedeutung zukam. Entscheidend war, dass der Kampf um Salmanns Anerkennung als rechtmäßiger Bischof »die wirtschaftlichen Grundlagen des Bistums stark in Mitleidenschaft gezogen« hat119. Die jahrelang unklare Situation des Hochstifts musste die territorialen Nachbarn, allen voran die als Förderer Salmanns auftretende Pfalzgrafschaft, geradezu einladen, sich auf dessen Kosten Gewinne zu verschaffen. Es gelang Ruprecht I., die Wormser Geistlichkeit weithin von sich abhängig zu machen, was 1349 zu einem förmlichen Versprechen des Domkapitels führte, keinen Bischof zuzulassen, der sich nicht verpflichtete, das pfälzische Territorium, das Worms nunmehr fest umklammerte, nicht zu schädigen oder zu schmälern. Die finanzielle Zerrüttung des Bistums – vor dem Hintergrund einer allgemeinen ökonomischen Krise – schritt in den Folgejahren dramatisch voran. Die Stadt blieb von der allgemeinen tiefen Krise keineswegs verschont. Alle Indizien verweisen zudem auf einen Rückgang geistlicher Stiftungen im zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts. Seit 1300 war die Welle neuer Gründungen bei Klöstern und Stiften für lange Zeit beendet, neue religiöse Impulse blieben auch in Worms aus. Ein tief greifender Wand-

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lungsprozess im Bereich der in sich stark differenzierten Geistlichkeit nahm an Geschwindigkeit zu120. Noch im ersten Viertel des Jahrhunderts war es zu sehr zahlreichen und bedeutsamen Stiftungen für die geistlichen und karitativen Institutionen der Stadt gekommen, wofür beispielhaft auf ein Seelgerät der wohlhabenden Wormser Witwe Adelheit Strechuseln aufmerksam gemacht sei, das diese vor dem Rat und den Sechzehnern 1321 aufsetzen ließ 121. Das Testament wurde zunächst vor den geistlichen Richtern, dann vor dem Rat fixiert. Zur Absicherung des Seelenheils für sich, ihren Mann und ihre Vorfahren setzte die ersame vrouwe den hohen Geldbetrag von 600 Pfund Heller zwecks Kaufes von Korngülten aus. Zwei Ewigmessen sollten für sie gelesen werden. Neben St. Paulus kamen eine Reihe weiterer Stifte, alle vier Bettelordenskonvente, die in der Stadt existierenden Beginenhäuser, Spitäler und eine Reihe von Verwandten sowie die St. Rupertspfarrei in den Genuss von Zuwendungen. Als Testamentsvollstrecker setzte sie zwei Pfründner aus St. Paulus bzw. dem Cyriakusstift in Neuhausen sowie zwei Wormser Ratsherren ein und bekundete auf diese Weise die enge Verflechtung zwischen dem städtischen Leben und den Wormser Stiften. Hinweise auf starke, bislang nur für das Paulusstift näher untersuchte Kontakte zwischen den Wormser Stiften und Stadtbürgern während des hier näher betrachteten Zeitraums birgt zum Beispiel auch eine im Jahr 1338 vor dem Rat und den Sechzehnern beurkundete Seelgerätstiftung zu Gunsten des Andreasstifts: Der Onkel der Ausstellerin wird als dem Rat nahe stehend (»Ratsfreund«) bezeichnet, ihr Bruder war Kanoniker des Stifts122. Der finanzielle Niedergang von Bistum und Hochstift setzte sich in den 1350er Jahren ungebremst fort. Noch bevor Bischof Salmann durch Resignation 1359 sein Amt aufgab, hatte die Kurie durch die Einsetzung eines Adjutors in Gestalt des Mainzer Domherrn Dietrich Bayer von Boppard versucht, die Abwärtsbewegung aufzuhalten. Inzwischen war die Abhängigkeit von der Kurpfalz nahezu unabwendbar geworden. Zeitweilig geriet die Stadt, in der sich ab 1360 innere Auseinandersetzungen um die Ratsherrschaft zuspitzten (s. u.), wieder ins Interdikt, bevor man durch Vermittlung Kaiser Karls IV. einen vorläufigen Kompromiss zwischen Rat und Bischof erzielte. Dietrich versuchte, seine Probleme durch enge Zusammenarbeit mit dem Reichsoberhaupt und der Kurie zu lösen. Karl IV. unterstützte die Position des bis 1365 in Worms amtierenden Bischofs als Stadtherrn und bestätigte ab 1364 eine Reihe entsprechender Privilegien. Während dieser Zeit begannen sich die Konflikte zwischen Rat und Klerus in der Stadt dramatisch zu verschärfen, worauf noch näher einzugehen ist. Erneut durch päpstliche Provision gelangte auch Dietrichs Nachfolger Johannes Schadland (1365 –1371) in sein Amt, der zunächst den Konflikt mit der Bürgerschaft im Wege eines Vertrages löste, was die traditionelle Bestätigung der städtischen Privilegien wie auch die Lösung vom Bann nach sich zog. Es gelang, die bischöfliche Oberhoheit über den Rat und seine Einsetzung ausdrücklich festzuschreiben, wirtschaftliche Sonderrechte vor allem der Stifte zu bestätigen und die alte Frage der Besteuerung des Klerus zu lösen. Der Amtsinhaber war jedoch den erheblichen finanziellen und politischen Herausforderungen seiner Stellung und der Einkreisung durch die Pfalzgrafschaft kaum gewachsen und wechselte schließlich nach Augsburg. In einem Zustand fortschreitender finanzieller Misere und nach gescheiterten Versu-

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chen der Kurie, neue Kandidaten in Worms durchsetzen, gelang es dem Domkapitel, mit Eckhard von Dersch (1371–1405)123 einen eigenen Kandidaten für den Bischofssitz zu etablieren. Sein Pontifikat war in der Stadt von langwierigen, äußerst heftigen Konflikten zwischen Geistlichkeit und Rat um die Fragen des Weinschanks und der Steuerfreiheit des Klerus gekennzeichnet, die 1385/86 einen Höhepunkt erreichten und zum Auszug des Stiftsklerus aus der Stadt führten (s. u.). Der Bischof, der fast ständig in seiner Residenz in Ladenburg weilte124, das ab 1385 unter gemeinsamer Herrschaft von Wormser Bischof und Kurpfalz stand, versicherte sich der Unterstützung des Königtums und war in dem 1386 vorläufig beigelegten Konflikt in besonderem Maße auf die Anlehnung an die Pfalzgrafen angewiesen. Die Beziehungen beider Seiten wurden am Ende des 14. Jahrhunderts weiter intensiviert, wofür die Gründung der Heidelberger Universität 1385/86 und ihre Ausstattung mit Wormser Stiftspfründen sowie personelle Verzahnungen beider Seiten (Verbindung des Kanzleramtes der Hochschule mit der Würde des Wormser Dompropstes) ein deutlicher Beleg ist125. Das geistliche Personal im Territorium des Pfalzgrafen und in den Wormser Stiften stand in engster verwandtschaftlicher Nähe und in dichtem persönlichen Kontakt zueinander. Hier bildeten sich Netzwerke und Klientelverhältnisse aus, die bis weit in das 15. Jahrhundert hineinwirken sollten. Der Vertrag mit der Stadt über die Regelung der Beziehungen von Bischof, Klerus und Rat von 1386 wurde 1392 nochmals verlängert, jedoch entbrannten zum Ende von Eckhards Amtszeit (1405) ab 1404 neue tiefe Meinungsverschiedenheiten, die – dann allerdings dauerhaft für fast das gesamte 15. Jahrhundert – in der so genannten Pfalzgrafenrachtung von 1407126 geregelt werden konnten. Neben Bischöfen und Geistlichkeit spielte als Bezugsgröße für die Stadtentwicklung das Königtum eine wichtige Rolle. Worms als Reichsstadt127 und das Umland blieben stets im Brennpunkt der herrschaftlichen Interessen des Reichsoberhaupts. Dabei suchten Bischof und Stadt gleichermaßen durch Anlehnung an den König und Bestätigung ihrer hergebrachten Privilegien und Rechtstitel ihre Position abzusichern128. Wie die Stadt Speyer, deren Beziehungen zum Königtum für das 14. Jahrhundert gut untersucht sind, so kann Worms während der ersten Hälfte des Jahrhunderts als königsnahe Stadt angesehen werden129. Ludwig der Bayer (gest. 1347) erhielt aus Worms starke Unterstützung in seinem Kampf gegen die Kurie und bestätigte im Gegenzug die überkommenen Privilegien der von ihm faktisch unabhängigen Stadt, wobei er den alten Rechtstiteln neue an die Seite stellte. In Verfolgung ihrer reichs- und hausmachtpolitischen Interessen setzten die Herrscher verstärkt außerdem das Instrument der Landfrieden ein, in die an Ober- und Mittelrhein vor allem die Städte Speyer, Worms, Mainz und Straßburg einbezogen wurden. Den Auftakt zu dieser Phase markiert der große Landfrieden Ludwigs des Bayern am Rhein vom Jahr 1317, der auch der Lösung des Problems der Zölle und dabei der Abschaffung unrechter Erhebungsstellen dienen sollte130. Bereits anlässlich der Doppelwahl von 1314/15 hatten Speyer und Worms vereinbart, im Thronstreit nur einvernehmlich zu handeln. Auf den ersten, von Speyer bis Köln reichenden Landfrieden von 1317 folgte ab 1322 die Initiative für weitere Landfriedens- und Städtebünde, an denen die ober- und mittelrheinischen Städte maßgeblich beteiligt waren, wobei 1327 ein sehr umfassender Bund zu Stande kam.

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Die Wormser verbuchten bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts im Verbund mit ihren Bundesgenossen eine Reihe militärischer Erfolge gegen Adlige des Umlandes und intervenierten zudem in innergemeindliche Konflikte der Nachbarstädte, zumal sich die Auseinandersetzungen mit niederadligen Geschlechtern des Wormser Raumes in diesem Zeitraum häuften 131. Während sich in den 1330er Jahren in Mainz, Speyer und Straßburg die Spannungen zwischen Ratsgeschlechtern und aufstrebenden Mittelschichten in blutigen Bürgerkämpfen entluden, war die Situation in Worms bis in die zweite Jahrhunderthälfte ruhig. An der Schlichtung und Beilegung der Kämpfe um Anteile an der Ratsherrschaft und Fragen der Stadtverfassung in den genannten Städten waren die Wormser Ratsherren stets beteiligt und deshalb auch über die Vorgänge dort genau informiert. Mit der Herrschaft König bzw. Kaiser Karls IV. wandelten sich die Formen der Reichsgewalt und die vormals relativ starke Präsenz des Herrschers in der Region stark; die Konflikte der Stadt mit der Ritterschaft des Umlandes eskalierten, während an die Stelle des Königs nun vermehrt die Pfalzgrafen als für die Friedensregelung relevante Größe in der Region treten sollten132. Territorial umschloss die Pfalzgrafschaft fast das gesamte, stets flächenmäßig nur sehr beschränkte Stadtgebiet und erstreckte sich fast bis vor die Stadtmauern. Diese Gemengelage musste immer wieder zu Konflikten und Streitigkeiten führen, die im Stadtarchiv umfangreiche Akten füllen. Seit 1367 schlossen die Kurfürsten Schutzverträge mit den Wormser Stiften ab, wodurch sich eine beträchtliche Erweiterung der Eingriffsmöglichkeiten in die Stadt und ihr labiles Verfassungsgefüge hinein ergab. Pfalzgraf Ruprecht I. betrieb gegenüber der Stadt Worms jedenfalls eine ganz gezielte Territorialpolitik. Keine wichtige verfassungsrechtliche Frage, vor allem im Hinblick auf die Stellung des Klerus, und schon gar keine Bischofswahl wurde fortan ohne den maßgeblichen Einfluss des Heidelberger Hofes und seines mit Worms eng verbundenen Personals geregelt, das Domkapitel war mit pfälzischen Geistlichen durchsetzt. Die Stadt, die ebenfalls – wie zeitgleich Speyer um die Jahrhundertmitte – Schirm- und Schutzverträge mit der Pfalz abzuschließen gezwungen wurde, war auf Grund fundamentaler wirtschaftlicher Interessen wie etwa der nötigen Freiheit der Handelswege auf ein gutes Verhältnis zur Kurpfalz dringend angewiesen. Der Stärke des kurpfälzischen Territoriums stand die Schwäche des Hochstifts gegenüber, das immer weiter in den Hintergrund trat und den Bischöfen wenig Spielraum für eigene herrschaftliche Aktivitäten gab. Von großer Bedeutung für die allgemeine Entwicklung der städtischen Verhältnisse während des krisenhaften 14. Jahrhunderts war die dramatische Entwicklung der ökonomischen Rahmenbedingungen. Den Auftakt zu einer im Grunde europaweiten Wirtschaftskrise und schweren Rezession bildete die furchtbare Hungerkatastrophe der Jahre 1315 bis 1317, deren Auswirkungen durch Berichte in chronikalischen Quellen in Umrissen auch für Worms fassbar sind 133. Allgemein wird davon ausgegangen, dass dieses Ereignis zu einem ersten Bevölkerungseinbruch im Rheinland geführt hat, nachdem die Bevölkerungszahl und mit ihr der Umfang der land- und weinwirtschaftlichen Anbaufläche bis dahin seit dem hohen Mittelalter stetig gewachsen war. Von besonderer Dramatik waren dann – allerdings fehlen uns örtlich oder regional bezogene Quellennachrichten – die Folgen der großen, in ganz Europa wütenden Pestepidemie, die im Spätsommer des

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Jahres 1349 das Ober- und Mittelrheingebiet erfasst hat und der der äußerst schwere Judenpogrom vom ersten Fastensonnntag (1. 3.) 1349 zeitlich vorausging (s. u.) 134. Der Pestwelle, deren konkrete Folgen für Worms nicht greifbar sind, fielen – mit großen regionalen Unterschieden – zwischen einem Fünftel und einem Drittel der Bevölkerung zum Opfer. In der Folge kam es immer wieder zu regionalen und lokalen Epidemien mit schwankenden Todeszahlen. Die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung und die Tendenzen in Handel und Gewerbe lassen sich quellenbedingt kaum erkennen. Bereits 1330 hatte König Ludwig der Bayer der Stadt eine Messe verliehen, die vier Wochen dauern und am Sonntag zwei Wochen vor Pfingsten beginnen sollte135; es handelt sich dabei um die terminliche Verlegung der 1243 verliehenen Messe Friedrichs II. Im Jahr 1394 erteilte König Wenzel136 der Stadt die Erlaubnis, ihren Zollsatz auf dem Rhein zu erhöhen; dazu wurde der Stadt ein Rheinzoll in Höhe von vier Turnosen auf 20 Jahre verliehen. 1396 errichtete der Herrscher einen weiteren ewigen Zoll auf dem Rhein bei Worms, dessen eine Hälfte der königlichen Kammer und dessen andere Hälfte der Stadt zufallen sollte137. Diese Maßnahme ist Ausdruck auch des erheblichen und immer weiter steigenden Finanzbedarfs der Herrscher, wie er für Kirche, Adel und Städte im gesamten 14. Jahrhundert neue Dimensionen annimmt. Der örtliche Kreditbedarf der städtischen Bevölkerung ist offenbar durch Anleihen bei den geistlichen Institutionen gedeckt worden, wozu etwa für das Paulusstift im Zeitraum von 1297 bis 1319 eine Reihe von Rentenkäufen urkundlich belegt ist, die uns die Möglichkeiten der Kreditbeschaffung für die Bürgerschaft verdeutlichen138. Die durch Fehden und Kriegszüge und den damit geschürten Finanzbedarf weiter ausgeprägte Tendenz zur fortschreitenden Durchsetzung des Geldwesens hat auch und gerade am Mittelrhein zu einer stetigen Ausweitung von Kredit- und Finanzbeziehungen geführt, wobei die mögliche Rolle der Stadt Worms als Finanzplatz zu den zahlreichen noch nicht untersuchten Themen ihrer mittelalterlichen Wirtschaftsgeschichte gehört.

Zur Entwicklung der Stadtverfassung und der inneren städtischen Verhältnisse bis zur Rachtung von 1366 Aufschlussreich für die Einschätzung sowohl der allgemeinen Machtverteilung zwischen den an der Stadtherrschaft beteiligten Kräften als auch speziell für die Entwicklung der jüdischen Gemeinde zu Beginn des 14. Jahrhunderts ist eine im Jahr 1312 getroffene Übereinkunft zwischen Bischof, Domkapitel und Judengemeinde über die Wahl und die Bestätigung des Judenbischofs und des zwölfköpfigen Judenrates. Offenbar war es zu Konflikten mit dem rade der Juden und der Jutscheyt zuo Wormsze gekommen. Daraufhin wurde unter Einbeziehung von Rat und Gemeinde von Worms als Garanten der Einhaltung der Bestimmungen durch ein aus dem Domkantor, einem Ritter und zwei Stadtbürgern gebildetes Gremium – also mit dem Bemühen um eine möglichst breite Absicherung – festgelegt, dass aus der Mitte des zwölfköpfigen Judenrates (der wohl von den Juden selbst gebildet werden sollte) vom Bischof der »Judenbischof« bestimmt wird139. Ratleute und Judenbischof waren anlässlich ihrer Amtsübernahme zu Abgaben und einem Eid ge-

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genüber dem Oberhirten verpflichtet. Die Funktionen des Judenrates bestanden demnach im Richten nach Jutschem Recht gemäß dem Herkommen, also der Regelung der inneren Gemeindeangelegenheiten und der Hoheit über die interne Gerichtsbarkeit. Diese Austarierung der Kräfte hatte lange Zeit Bestand und bildete bis zum Ende des Mittelalters eine dauerhafte Rechtsgrundlage für die Stellung des autonomen Führungsgremiums an der Gemeindespitze. Anfang 1315 erhielt Worms von König Ludwig dem Bayern eine Reihe von Privilegien bestätigt bzw. neu erteilt, die die enge Bindung an die Reichsspitze in der Tradition der herkömmlichen Beziehungen bekräftigt haben 140. Bemerkenswert ist dabei unter anderem eine Anweisung von jährlich 300 Pfund Heller von den Juden für die Stadt als Entschädigung und Anerkennung der städtischen Mühen im Dienste des Herrschers. Die Entwicklung der städtischen Verfassungs- und Herrschaftsverhältnisse ist während des ersten Drittels des Jahrhunderts – im Gegensatz zu den benachbarten Städten 141 – offenkundig ruhig und konfliktfrei verlaufen. Die im Jahr 1300 getroffenen Bestimmungen zur Integration der nachrückenden zünftischen Kräfte in das Verfassungsgefüge erwiesen sich viele Jahrzehnte lang als tragfähige Basis der Regelung der Machtbalance innerhalb der Stadt (s.o.). Überlagert wurde diese relative innere Ruhe allerdings von den angedeuteten Konflikten mit Adligen des Umlandes, den Bemühungen um den Landfrieden und dem ab 1330 auch die Stadt erfassenden Konflikt zwischen dem Reichsoberhaupt und der Kurie, die zur Verhängung des Interdikts über die Stadt geführt hat 142. Vor den 1360er Jahren kam es offenbar nur ein einziges Mal, im Jahr 1341, zu einem nicht näher bekannten Verfassungskonflikt, als eine Reihe von Bürgern der Verbannung anheimfiel. Lediglich durch den Bericht der von Ludwig dem Bayern mit einer Untersuchung beauftragten Räte von Speyer und Mainz an den Herrscher erfahren wir, dass in dieser Sache Rat, Sechzehner und »ehrbare Leute« wie auch Hausgenossen und Gemeinde verhört worden seien 143. Die genauen Hintergründe sind unklar; die Vermutung, hier habe eine Art Oppositionsbewegung bestanden, ist nicht zu belegen. Zu einer dramatischen Zuspitzung in der Stadt kam es in den durch Judenpogrome und der Furcht vor der Pest geprägten Jahren 1348/49 auch in Worms. Gut ein Jahr nachdem König Karl IV. der Stadt im Privilegienwege Anfang 1348 die gerichtlichen und nutzbaren Rechte an den Juden sowie ihr gesamtes Hab und Gut bzw. ein Eigentumsrecht daran übertragen hatte144, wurde am 1. März 1349 – wenige Wochen nach einer vergleichbaren Katastrophe in Speyer – ein Pogrom an den Juden verübt, dem offenbar der weit überwiegende Teil der Gemeindemitglieder durch Brand und Totschlag gewaltsam zum Opfer fiel 145. Die Memorbücher enthalten die Namen von mehr als 580 Märtyrern. In einem weiteren Privileg Karls IV. vom 29. März 1349 regelte dieser nach der Katastrophe die Entschädigung von Verlusten der Stadt und übertrug dem Rat alles Judengut, das ihm während des Brandes und danach zugefallen war, zudem überließ er alle Häuser und Grundstücke der Juden sowie den gesamten Besitz der Gemeinde; Gleiches wurde für Speyer geregelt. Leider sind die genauen Hintergründe des Geschehens aus den Quellen nicht ersichtlich. Die Bedeutung dieses Ereignisses für die Entwicklung jüdischen Lebens in Worms kann jedoch kaum überschätzt werden. Mit dem Pogrom und dem damit einhergehenden kurzzeitigen und folgenschweren Bruch in der jüdischen Existenz in

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Worms ging eine fundamentale Verschlechterung rechtlicher Rahmenbedingungen einher, in deren Verlauf die Stadt zwar zur Eigentümerin und Hoheitsinstanz für die Juden wurde, jedoch nie eine wirkliche Monopolisierung der Aufsicht erreichte. Vier Jahre später – 1353 – kam es auch in Worms unter dem Eindruck erheblicher Folgeprobleme der Vertreibung der Juden für die Stadt in besonders betontem Einvernehmen aller städtischen Kräfte146 zu ihrer Wiederaufnahme (haben burgermeister rath und sechzehner gemeiniglich zu Worms mit wißen willen und rath der husgenoßen und der zunft um ihrer nutzen willen mit gewissen beding und conditionibus wieder eingenommen die juden). Der Rat bekundete in einer Verkaufsurkunde vom Mai 1354147, man habe lange Zeit beratschlagt, wie den auf die Stadt zukommenden Ansprüchen entgegengetreten werden könne, und man habe sich dazu entschlossen, die Häuser der Juden zu beschlagnahmen und zu verkaufen (keine andere wege finden, dan daz wir griffen an der Juden husere und die vorkeuften), um somit finanzielle Forderungen abzudecken. Den Juden gelang trotz schwierigster Umstände der Wiederaufbau der früheren Gemeindeeinrichtungen und die erneute Besiedlung ihres traditionellen Siedlungsschwerpunkts in der Judengasse. Im Jahr 1377 lässt eine hebräische Urkunde, in der alle 36 unterzeichnenden Familienvorstände die Zahlung einer Zwangsabgabe an die Stadt bekunden, eine Gemeindegröße von ca. 180 bis 200 Personen erkennen148. Die Gemeinde hatte dabei dauerhaft nicht nur an rechtlichem Spielraum, sondern auch stark an Größe und somit auch Wirtschafts- und Finanzkraft verloren149. Von dauerhafter Bedeutung für die Verteilung der Gewichte in Recht und Herrschaft der Stadt war die um 1360 abgeschlossene rechtliche Absicherung einer eigenständigen städtischen Gerichtssphäre. Die durch die Einführung eines neuen Gerichtssiegels symbolisierte Gerichtsgewalt des Rates samt dem Schöffengericht förderte potenzielle Konflikte mit dem Bischof150. Um diese Zeit, 1359/60, kam die Stadt erneut unter das Interdikt151, die politische Situation begann sich zu destabilisieren. Erstmals belegen zwei Urkunden aus dem Jahr 1357 den in Umrissen erkennbaren Versuch exponierter Vertreter der städtischen Führungsgruppe und Hausgenossen, der Brüder Richer und Konrad Bonne (burger zuo Wormsze) und Mitglieder seiner zwischen dem 14. und dem 15. Jahrhundert vielfältig aktiven und äußerst einflussreichen Familie mit zahlreichen Verbindungen auch in die Stiftsgeistlichkeit (v. a. von St. Paulus), die Vorrangstellung der alten Familien in der Politik des Rates wiederherzustellen. Dies war gleichbedeutend mit dem Versuch, den steten Machtzuwachs der seit 1300 in der Verfassung verankerten Zunftkräfte, die nun immer selbstverständlicher gemeinsam mit dem Rat agierten bzw. zusammen handelnd hervortreten (in der Urkundenformel hieß es seit etwa 1342 gewöhnlich der rat von Wormße und die sehtzehen), zu bremsen. Die anlässlich der Versöhnung abgefassten Quellen berichten von dem ausdrücklich ausgesprochenen Verzicht auf »Zweiungen, Krieg, Auflauf und Versammlungen«, die offenkundig in der Art einer Familienfehde gegen den Rat inszeniert worden waren152. Die Familie Bonne war während des 13. Jahrhunderts in die Dienstmannschaft des Domkapitels eingetreten, gehörte zu den einflussreichsten Geschlechtern der städtischen Führungsgruppe und bewahrte ihre Vorrangstellung bis in das 15. Jahrhundert. Zahlreiche ihrer Angehörigen traten im Zeitraum von ca. 1320 bis etwas 1440 als Geistliche in den Dienst des von ihnen stark geförderten

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Paulusstifts und nahmen hier nicht selten vermittelnde Position bei den Konflikten zwischen Rat und Geistlichkeit ein153. Die erneute Verschärfung der hier angedeuteten Konfliktebene an der Spitze der Stadt, wie sie kurze Zeit später, im Jahr 1360, in den Quellen greifbar wird, ist vor dem Hintergrund erheblicher finanzieller Probleme der Stadt zu sehen. Das Ausmaß der desaströsen Lage in Worms ist an einem im Oktober 1360 beurkundeten Rentenverkauf154 an den Junker Dieter Kämmerer den Jungen durch Anweisung auf das städtische Ungeld für einen Betrag von 400 Pfund zu erkennen, für den ein ungewöhnlich hoher Zins vereinbart wurde; Bürgermeister, Rat und Schöffen haben dazu sogar persönlich für den Fall ausbleibender Zahlungen eine Verpflichtung zum Einlager im Schönauer Klosterhof übernommen. Wiederum nur anhand der von Schiedsleuten aus Mainz und Speyer vermittelten Sühne vom Juli 1360 können wir in Umrissen den Gegenstand der vorangegangenen Konflikte erkennen, einen Streit zwischen Sechzehnern, den Zünften und der Gemeinde samt ihren »Helfern, Freunden und Dienern« zum einen und den Hausgenossen zum anderen155. Der Rat, der um die Mitte des 14. Jahrhunderts (theoretisch) aus 31 Personen bestand, nämlich 15 lebenslänglichen Ratsherren (bürgerliche und ritterliche) und 16 im Wesentlichen durch Selbstergänzung jährlich sich erneuernden Vertretern der Zünfte bzw. der Gemeinde, bleibt interessanterweise unerwähnt. Wiederum hatten offenbar einige Mitglieder der den Hausgenossen zugehörigen Familien und ihre Helfer die gemeinsame Phalanx des städtischen Handelns verlassen und waren dafür aus der Stadt verbannt worden. Konkrete Forderungen der handelnden Personen oder Genaueres über den Ablauf des Geschehens (es wird in den üblichen Worten umschrieben als zweyunge missehelle und kriege) lassen sich nicht erkennen. Die Beteiligten sollen sich unter anderem eidlich gegenseitig zu Hilfe zu Gunsten des Wohls der Stadt verpflichten. Zeitgleich mit diesen Schwierigkeiten für Rat und Sechzehner kam ein Konflikt mit Bischof Dietrich Bayer von Boppard um eine Reihe strittiger Fragen hinzu, der im September des Jahres 1360 im Wege einer von Kaiser Karl IV. gestifteten Sühne einvernehmlich geregelt werden konnte156. Allerdings hielten die friedlichen Zeiten nicht lange an, da es in den Jahren 1365/66 zu ganz erheblichen Verwerfungen in Fragen der Stadtherrschaft und der Verfassung kommen sollte, die im Ergebnis eine neue Einigung aller Seiten über die Ausbalancierung der Macht nach sich gezogen haben. Bereits durch die Erneuerung des Bündnisses der Wormser Stifte im Jahr 1364 wird die Verschärfung des Klimas zwischen Stadt und Klerus deutlich 157. Entscheidend für die Bereitschaft der Stadt, sich auf neue Regelungen für die zentralen Fragen der Ratsbesetzung und der Verteilung von Kompetenzen und Rechten einzulassen, wurde es, dass das auf der Seite des Bischofs stehende Reichsoberhaupt, Kaiser Karl IV., durch sein Hofgericht Worms in die Acht erklärt hatte. Relativ zügig und geräuschlos, jedenfalls ohne erkennbare Konflikte, wurde eine am 25. 1. 1366 abgeschlossene Urkunde vermittelt und besiegelt, die von Pfalzgraf Ruprecht und Vertretern aus Mainz und Speyer eingefädelte sogenannte Vierte Rachtung158. Diese detaillierte Regelung, welche die Stellung des Bischofs, der Geistlichkeit und des Hochstifts gestärkt bzw. deren Interessen in starkem Umfang berücksichtigt hat, wurde zur Grundlage für die städtische Verfassung bis zum Ende des 15. Jahrhunderts, vor allem hinsichtlich der um-

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Abb. 18: Regelung zentraler Verfassungsfragen in der so genannten Vierten Rachtung, 1366 (StadtA Wo Abt. 1 A I Nr. 195)

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strittenen Frage nach den Rechten des Bischofs bei der Ratswahl; weitere Regelungen erfolgten für die Gerichtsbarkeit und die Frage der Besteuerung. Die Notwendigkeit neuer Festlegungen für die Zusammensetzung und Wahl des Rates ergab sich unter anderem aus der seit dem Beginn des 14. Jahrhunderts zu beobachtenden Tendenz zur Nichtbesetzung der seit 1233 bestehenden sechs Stellen der ritterlichen Ratsleute. Diese Familien waren vermehrt im regionalen Niederadel aufgegangen und zogen aus der Stadt weg, sodass es immer schwieriger wurde, die 1233 für sie festgelegten sechs Plätze zu besetzen. Der Bischof erhielt zunächst das Recht auf Einsetzung der ritterlichen Ratsherren, womit er nun alle Stellen des 15-köpfigen Rates besetzen konnte. Dabei durfte er nur solche Ritter wählen, deren Wohnsitz auch in Worms war. Zum Ausgleich seines durch den starken Rückgang des ritterlichen Elements geschwundenen Einflusses auf den Rat erhielt er zusätzlich das Recht zugesprochen, jährlich am Martinstag vier Bürger in den Rat einzusetzen, die ausschließlich von ihm bestimmt werden durften (Bischofsmänner); allerdings mussten von ihnen zwei der Gemeinde angehören. Die Bestimmung der Sechzehner wurde dahingehend geändert, dass der Bischof künftig die Wahl aus 24 (vorher 20) Personen der vier Pfarreien vorzunehmen hatte, die ihm von den vorher amtierenden Sechzehnern vorgeschlagen wurden. Die Sechzehner sollten nun endgültig einen vollwertigen Teil des Gesamtrates bilden. Die Position des Bischofs als Gerichtsherrn wurde bekräftigt, was auf Kosten der städtischen Gerichtsbarkeit und der Rechtssetzungskompetenz des Stadtrates gehen musste. Die Eigenständigkeit des weltlichen Gerichts wurde zwar formal anerkannt, aber gleichzeitig in ihrem Kompetenzbereich eingeschränkt. Dies zeigt zweierlei auf: Der Bischof besitzt eine (zumindest formal) recht starke, im Prinzip rechtlich einklag- bzw. mobilisierbare Position und der über das Gremium der Sechzehner ausgeübte, leider nicht näher definierbare Einfluss der Zünfte ist bereits zu dieser Zeit weiter im Wachsen begriffen. Die Bedeutung der im 13. und frühen 14. Jahrhundert dominierenden, der Ministerialität entstammenden ritterlichen Familien in der Stadt ging wegen ihrer Orientierung am Niederadel zurück. »Verlierer« dieser Regelung waren am ehesten die noch 1357/60 kurzzeitig hervorgetretenen Familien der traditionellen städtischen Führungsgruppe. Eine Reihe von Regeln betraf die Besteuerung des Klerus, die zwar in der Zeit vor 1365 nicht Gegenstand akuter Konflikte war, jedoch stets ein Feld latenter Spannungen darstellte. Die Schlussbestimmungen zeigen allerdings, dass es Schädigungen und Übergriffe gegeben haben muss. Insgesamt gelang es dem Klerus hier, seine traditionellen Positionen durchzusetzen. Entscheidend war die grundsätzliche Befreiung der Stifte und Geistlichkeit von Zoll, Schatzung und Ungeld für die von ihren Besitzungen stammenden Produkte. In einem Zuge mit dem erfolgten Abschluss der Übereinkunft bestätigte der Bischof die städtischen Privilegien, hob von Neuhausen aus die Exkommunikation auf und auch die kaiserliche Acht wurde beendet159. Bei der Bewertung des Gehaltes dieser Rachtung ist allerdings zu beachten, dass allein aus dem normativen Text selbst sich die wesentlichen Elemente der Verfassungswirklichkeit kaum ableiten lassen. Entscheidender als formale Rechte und Vorbehalte war die Fähigkeit der Akteure und handelnden Verbände, Familien und Gruppen, die Bestimmungen mit Leben zu erfüllen. Darüber, wer wie erfolgreich gehandelt hat, sind wir leider

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kaum informiert. Von daher ist die Frage nach einem »Gewinner« oder »Verlierer« der Regelungen müßig, ja geradezu falsch gestellt. Bemerkenswert gerade im Vergleich mit anderen Bischofsstädten ist, dass dieser Kompromiss ohne die Existenz einer (erkennbaren) innerstädtischen Opposition und ohne innerstädtische Konflikte allein im Verhandlungswege zu Stande gekommen ist. Hinzu tritt die bemerkenswerte Dauerhaftigkeit der Regelungen, die immerhin bis zum Ende des 15. Jahrhunderts einem geordneten Zusammenleben aller in der Stadt lebenden Gruppen den Rahmen gegeben haben.

Der Kampf des Rates gegen die geistlichen Privilegien und der Wandel der Verfassung (1367–1407) Es zeigte sich recht schnell, dass die Bestimmungen zur Frage des Weinschanks und der Besteuerung des Klerus und damit der Beteiligung der Geistlichen an den stetig wachsenden städtischen Lasten von relativ geringer Dauerhaftigkeit waren und die grundsätzlichen Probleme bald wieder aufkamen. Ab etwa 1378, nicht ohne Zufall parallel zu einer weiteren Verschärfung der finanziellen Belastung der Stadt und möglicherweise unter dem besonderen Einfluss der durch die Verfassungsänderung von 1366 gestärkten Kräfte der Gemeinde bzw. der Zünfte, spitzten sich die alten Schwierigkeiten erneut zu 160. Die monetären Probleme der Stadt, von denen auch die bereits erwähnte Zwangszahlung der Juden von 1377 Zeugnis gibt, förderten gleichzeitig mit Versuchen verschiedener Städte, den erst jüngst neu eingerichteten Rheinzoll wieder rückgängig zu machen, Bemühungen um die Erhöhung der städtischen Einnahmen. Anfang 1378 erwirkte Worms ein kaiserliches Privileg zur beliebigen Veränderung des Weinmaßes161 czu notdorfte der stat mit dem Zweck vermehrter Einnahmen, gleichzeitig wurden die Freiheiten der Stadt bestätigt. Die Konflikte eskalierten dann zwischen Herbst 1384 und der Beilegung der Konflikte im Frühsommer 1386, wobei die Quellenlage für die Rekonstruktion der Ereignisse – auch städtisches Aktenmaterial liegt nun vor – relativ gut ist162. Erstmals erfahren wir auf Seiten der Stadt auch Namen handelnder Personen, sodass wir die Zusammensetzung des Rates in Umrissen zu erkennen vermögen. »Außenpolitisch« war die Situation durch den Abschluss bzw. die Verlängerung von Verträgen mit anderen Städten des Rheinischen Bundes ab 1382 gefestigt, sodass man glaubte, nach innen umso selbstbewusster auftreten zu können163. Die ersten Indizien für eine Verschärfung der Situation enthält ein im November 1384 geschlossenes Bündnis Bischof Eckhards mit der Wormser Geistlichkeit gegen die »Anmaßungen« der Wormser Bürger164. Die Quellen lassen erkennen, dass der Rat den Verkauf von Wein verboten hatte, der noch nach dem alten Maß ausgeschenkt wurde, was auf ein faktisches Verkaufs- und Schankverbot für die Geistlichkeit hinauslief. Die daraufhin erfolgte Intervention König Wenzels in die städtischen Angelegenheiten blieb ohne Wirkung. Während sich Bischof und Klerus an das Reichsoberhaupt wandten, suchte sich der Rat in dem ernsthafter als jemals zuvor zugespitzten Konflikt neben der Abstützung bei den städtischen Vertragspartnern im weiteren Umland auch neue Bündnispartner im Innern. Ein wesentlicher Bestandteil des bürgerlichen Selbstverständnisses war auch in Worms ein enger Kontakt zu den Bettelordenskonventen. Im

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Zuge der erheblichen Verschärfung des Konflikts mit der Geistlichkeit wurden die Dominikaner und Franziskaner 1385 in das städtische Bürgerrecht aufgenommen und somit auf die Unterstützung der städtischen Sache eingeschworen 165: Im Juli kam es zunächst zum eidlich bekräftigten Treueschwur der Franziskaner gegenüber Bürgermeistern und Rat, deren Aufnahme in das Bürgerrecht (daz sie burgere wolten werden; der städtische Schutz wurde offiziell mit Übergriffen auf Leib und Gut der Geistlichen begründet) dann im November folgte. Ebenfalls 1385 kam es auch zum Abschluss eines vom Provinzial ausdrücklich bestätigten Schutz- und Freundschaftsvertrages mit den Dominikanern, in denen diese ihre engen und freundschaftlichen Beziehungen zum Rat wiederholt zum Ausdruck brachten. Im Gegenzug zu diesem Bündnis werden beide Konvente – zusammen mit den Augustiner-Eremiten – folgendermaßen verpflichtet166: Auch sollent sie (…) eine offene gotliche und zierliche messe singen von unsere hochgelopten heilgen frauwen Marien an dem nechsten sondage nach unsers hern lichnams dage und sollent auch zu der mesze des jars kommen ire vettere die Predigere und die Augustinere mit iren cruczen und heiltdummen (…) und sollent in der selben messe und in allen messen, die off den dag gesprochen werdent (…) gedencken andechteclichen und bitten vor uns und unsere stad und unsere altfurdern. Man verpflichtet die drei stadtnahen (die Position der Karmeliter ist nicht erkennbar) Mendikantenklöster zu offiziellem städtischem Sakraldienst zum Zwecke der öffentlichen Demonstration der Rechtmäßigkeit des Ratshandelns. Dies und das damit einhergehende Gebetsgedenken für die Ratsmitglieder sowie deren Vorfahren (!) dient gerade vor dem Hintergrund schärfster Konflikte mit dem übrigen Klerus der Steigerung der Legitimation des Handelns der städtischen Führungsschicht. Es dient auch und gerade dem Unterlaufen der kirchlichen Sanktionen und der demonstrativen Durchbrechung der klerikalen Phalanx und richtet sich an die Stadtbewohner und den außerhalb stehenden Klerus gleichermaßen. Immerhin wissen wir aus einer städtischen Quelle aus dem Folgejahr, dass auch der Pfarrklerus außerhalb der Konfliktfront zur Geistlichkeit bzw. auf der Seite der Stadt und ihres Rates gestanden hat. Der Bischof hatte sich offenbar brieflich an den Pfarrklerus gewandt und dabei die Regelungen des Interdikts einzuschärfen gesucht167. Die Unterstützung der Mendikanten für die Kommune auch in Zeiten schwerer Konflikte mit der übrigen Geistlichkeit ist in zahlreichen spätmittelalterlichen Städten zu beobachten168. Inwieweit diese Anordnung, die auch als ein Zeugnis für wachsende Marienverehrung in der Stadt gewertet werden kann und Schlüssel zu einem Teil der Identität der Handelnden ist, tatsächlich zum Beginn ritualisierter kollektiver Frömmigkeitsformen in Worms geführt hat, bleibt mangels weiterer Quellen bis ca. 1490 unklar. Wir sehen im Umgang mit den Bettelorden den Rat mit einem in dieser Form neuartigen Selbstbewusstsein nach außen auftreten, nicht zuletzt Zeugnis der überaus engen sozialen und personellen Bande zwischen den Mendikanten und den führenden Familien im Rat, der erstmals einen sichtbaren Schritt zur Sakralisierung seines Handelns unternimmt. Das Verharren der Bettelorden in der Stadt auch anlässlich des noch zu behandelnden Auszugs des Klerus aus Worms zwischen 1405 bis 1407, als die Stadt zur Sicherstellung gottesdienstlicher Versorgung zusätzlich vier Priester angestellt hat, zeigt neben anderen Begebenheiten und Ereignissen, dass diese Bindungen von dauerhafter

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Wirkung waren. Gefährlich für die Stadt wurde es, dass sich die akuten Konflikte mit gleichzeitigen Auseinandersetzungen mit dem Niederadel im Wormser Raum vermengt haben169. Über Einzelheiten des städtischen Vorgehens gegen Teile der Geistlichkeit und die fortschreitende, die Grenze zur Gewalt überspringende Eskalation sind wir vor allem aus (einseitiger) bischöflicher Quelle informiert. Es ist deshalb nicht ganz eindeutig, wann die vor allem in der bischöflichen Urkunde vom Mai 1386 aufgelisteten Vorgänge zeitlich genau anzusetzen sind170: Beschrieben werden hier bewaffnete Übergriffe auf Geistliche, das öffentlich unter Versammlung des durch die Glocke versammelten Volkes bekannt gemachte Ende der Beachtung geistlicher Privilegien, die Forderung, die Geistlichkeit solle innerhalb drei Tagen einen Treueeid gegenüber dem Rat schwören oder die Stadt verlassen und so fort. Anfang Januar 1386 verurteilte das Hofgericht König Wenzels die Stadt auf Klage des Klerus zu einer Bußzahlung in Höhe von 100 000 Goldmark171. Verbunden war diese Zumutung mit der unverhohlenen Aufforderung an die Ritterschaft weiter Regionen um die Stadt, die Geistlichkeit zu unterstützen und die städtische Bürgerschaft zu schädigen. Dieser Schritt, der nun eine offene kriegerische Verwicklung nach sich ziehen musste, wurde vom Rat als sehr gravierend eingeschätzt. Im Februar des Jahres ernannten Bürgermeister, Rat und Bürger von Worms mit der Kampfführung Bevollmächtigte, die – wie es heißt – den krieg bedrechten und besorgeten. Namentlich genannt sind nach den beiden Bürgermeistern ca. 65 Personen, eventuell Mitglieder einer Art erweiterter Rat172. Unter ihnen befinden sich nachweisbar etliche Mitglieder der Hausgenossenschaft und einige wenige Zunftangehörige. Die sieben namentlich aufgeführten »Ratsgesellen« (einer von ihnen – Siegfried Holtmund – nachweislich Hausgenosse) hatten sich zunächst der Amtsübernahme verweigert, wurden aber an ihre der Stadt geleisteten Eide erinnert und erhielten eine Zusage materieller Entschädigung bei eventuellen Verlusten im Laufe des Krieges. Ziel war es für die Stadt, bis zum Martinstag und nit lenger die Sache abgeschlossen zu haben. Nach Aussage der erzählenden Quellen aus Worms und Mainz kam es bereits einen Tag nach der Bildung und Beeidung dieses Exekutivausschusses des Rates zu einem Überfall auf das St. Cyriakusstift in Neuhausen bei Worms, in das sich offenkundig der Stiftsklerus bei seinem nicht sicher datierbaren Rückzug aus der Stadt begeben hatte. Am 1. März 1386173 erfolgte die brutale Plünderung und Inbrandsetzung des Cyriakusstifts, 174 die Inhaftierung von 38 Klerikern und Plünderungen geistlicher Häuser – auch in der Stadt – sowie eine Fülle von heftigen Gewalttaten. Drei Tage später berichtete bereits der in Ladenburg weilende Bischof in einem Schreiben an den Frankfurter Rat über diese möglicherweise von Kräften aus Mainz sowie Bauern aus dem Umland unterstützten Schandtaten175. Er erwähnt zudem Tötungen, die schändliche Gefangenhaltung von Geistlichen, die Brandstiftung von Kirchen, den Aufbruch von Altären, die Zerstörung von Gewändern, Büchern und liturgischem Gerät sowie den Raub von Gütern und Besitzungen. In einem wohl kurz danach abgefassten Beschwerdebrief176 des Rates gegenüber der Geistlichkeit in Worms und Neuhausen, ausgestellt von Bürgermeister und Rat und alle gemeinde in unser frihen stad Wormsz (der selten gebrauchte Zusatz der Gemeinde ist viel-

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leicht ein Indiz dafür, dass die Vertreter der Gemeinde relativ starken Einfluss auf das Geschehen besaßen) geht der Rat auf die Vorwürfe der klerikalen Seite ein. Er berichtet von beleidigenden Schriften gegen die Stadt, von bischöflichen Drohungen und beklagt das Vorgehen vor dem Hofgericht. Wohl vom April 1386 ist eine städtische Instruktion für die Ratsboten an König Wenzel in den Akten überliefert, die vom Bürgermeister und einem der Angehörigen des zu Jahresbeginn gebildeten Kriegsausschusses abgefasst wurde. Im Mai 1386 kam es dann durch päpstliche Anweisung zur erwarteten Verhängung des Interdikts über die Stadt 177. Die Urkunde nennt auch die Namen der besonders an den Vorkommnissen beteiligten Personen. An der Spitze der Übeltäter finden sich nach den beiden Bürgermeistern 18 Mitglieder der Hausgenossenschaft (die Familien Bonne und Holtmund sind dabei sehr stark vertreten) und weitere ca. 55 Personen, von denen etliche mit den im Februar genannten städtischen Personen identisch sind; offenkundig sind dies in erster Linie Zunftvertreter. Bemerkenswert und für die Einschätzung der Konfliktlinien innerhalb der Stadt ist der von Burkard Keilmann178 kürzlich herausgearbeitete Sachverhalt, dass die auf der Seite des Rates als Exponenten des Ratshandelns gegen den Klerus hervortretende Familie Bonne gleichzeitig – wie bereits kurz erwähnt – enge personelle Verbindungen zum Paulusstift unterhielt. Die Fronten zwischen beiden Lagern verliefen also keineswegs so klar, wie man dies meinen könnte, und auch das Sondervotum des Pfarrklerus und der Mendikanten zeigt, dass wir nicht pauschal von »der« Geistlichkeit sprechen können, ebenso wenig wie wir uns den Rat als unumstrittene Obrigkeit nach innen an der Spitze einer einheitlichen Bürgerschaft vorstellen dürfen. Zudem belegen diese Nachrichten, dass das städtische Handeln keineswegs von einem prinzipiellen Antiklerikalismus gekennzeichnet war. Vor Ende Mai 1386 wurde die verfahrene Lage jedenfalls durch eine pfalzgräfliche Friedensvermittlung zunächst zu einem Waffenstillstand entschärft, dem dann Verhandlungen beider Seiten unter Leitung des Pfalzgrafen folgten. Wiederum waren Vertreter der Städte Speyer und Mainz an den Verhandlungen beteiligt. Im Juni 179 kam es zur Beurkundung einer zunächst auf sechs Jahre begrenzten Sühne zwischen Klerus und Stadt, der Fünften Rachtung, die wiederum ausgeprägten Kompromisscharakter in sich trug und keine wirklichen Neuerungen hinsichtlich der Verfassungsbestimmungen enthielt. Unabhängig davon wurde die Lösung der Stadt aus Bann und Interdikt vorbereitet. Die Stadt kam, wie es Heinrich Boos, ausdrückte, aufgrund der Unterstützung durch den Rheinisch-Schwäbischen Städtebund, »sehr glimpflich davon«. Dies alles geschah nur zwei Jahre, bevor der Städtebund 1388 eine entscheidende Niederlage erlebte und die Phase der Bünde als Machtfaktor in der Region zu Ende war180. Die Hilfe, die Pfalzgraf Ruprecht den Stiften und dem Bischof hatte angedeihen lassen, brachte diese nur noch weiter in seine Abhängigkeit. Die Übereinkunft wurde zwischen den Beteiligten verabredungsgemäß im Oktober 1392 verlängert181. Zum Zeitpunkt der Urkundenausstellung waren erneute Streitigkeiten um Fragen der Stadtverfassung entstanden, die allerdings recht rasch durch einen Verfassungszusatz entschärft werden konnten. Vermutlich waren es wieder einmal die sich seit der Niederlage der Städte 1388 weiter verfinsternde finanzielle Lage, hohe Zusatzaufwendungen und damit auch Steuerfragen, die zu Unmut in Kreisen der Zünfte Anlass gab.

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Es muss im Laufe des Jahres 1392 zu innerstädtischen Unruhen gekommen sein, in deren Verlauf Vertreter der Zünfte gemeinsam mit der sich in dieser Zeit als Zunft konstituierenden Hausgenossenschaft stärkeren Einfluss auf die jährliche Rechnungslegung (daz die zunftmeistere do by sin in radis wise) und vor allem die Ämterbesetzung im Rat zu nehmen versuchten. Die Hintergründe dieser Annäherung der Hausgenossen an die Zünfte sind unklar. Nach den als zweyunge und offlauf … zuschen der gemeinde und uns (Wir die burgermeistere und der rat gemeinlichen der stat Wormsz) umschriebenen Unruhen ist es dann zu einer Reihe von auch vom Bischof genehmigten Übereinkünften bzw. zu einer wiederum von Mainz und Speyer mit organisierten Sühne zunächst mit dem Rat gekommen, in deren Ergebnis die Zünfte bzw. ihre führenden Vertreter ihre selbstständige Versammlungs- und Regelungskompetenz bestätigt erhielten und zugleich ihren Einfluss auf die Ratsbesetzung zu erweitern vermochten. Als Aussteller treten hier erstmals Wir die husgenossen und alle andere zunffte der stede Wormsz hervor (29. Dezember 1392182), desgleichen in einer weiteren Urkunde vom selben Tag, mit der die 1386 vom Rat mit der Kriegsführung beauftragten fünf Ratsherren von Forderungen und Ansprüchen freigestellt werden. Die Zünfte erhielten in einem wiederum am selben Tag abgeschlossenen Vertrag183 nunmehr das Recht auf Ernennung derjenigen 24 Männer zugesprochen, aus denen der Bischof die Sechzehner zu bestimmen hatte. Dies setzte voraus, dass der Rat das überkommene formale Versammlungsverbot für die Zünfte ausdrücklich aufhob (mogent sich furter mit einander beraden nach notz und notdurft der stede und irer zunfte). Jede der zu diesem Zeitpunkt 24 Zünfte erhielt – und das stellt eine wesentliche Neuerung und Stärkung dar – das Recht, am Martinstag einen ehrenwerten (biderben) Mann für den Rat zu ernennen. Jährlich hatte der Rat den Zünften Rechenschaft über die städtischen Finanzen abzulegen. Ausdrücklich mitbesiegelt wurden die Bestimmungen auch hier von vier bzw. drei Ratsabgesandten (frunden) aus Mainz und Speyer, die vermutlich auch an der Ausarbeitung der Übereinkunft bzw. dem Zustandekommen der Sühne Anteil hatten. Zum gleichen Zeitpunkt einigten sich Bürgermeister und Rat sowie die Hausgenossen und anderen Zünfte der Stadt in Form einer Sühne über die Beilegung der nicht näher bezeichneten Unruhen184. Auf die Folgen der Verfassungsänderung von 1392 und der mit ihr vermutlich einhergehenden Wandlung des Charakters der Ratsherrschaft ist im folgenden Abschnitt noch einzugehen. In der Rückschau markiert die Zeit um 1400 sicher einen Punkt beginnender Veränderungen hinsichtlich der Art und Weise, wie der jetzt noch breiter legitimierte Stadtrat handelte. In den 1390er Jahren kam es offenbar zu Übergriffen gegen die Juden, was für eine von zünftischen Kräften getragene Bewegung spricht; auch aus Straßburg und der Kurpfalz waren sie kurz zuvor vertrieben worden185. Wenn hier immer wieder von Zünften und zünftischen Kräften die Rede ist, so darf man nicht übersehen, dass unsere Kenntnisse dieser in der Regel dezidiert politischen Gemeinschaften überlieferungsbedingt äußerst schmal sind. Bis zum Ende des 14. Jahrhunderts lassen sich über die innere Organisation und Funktionsweise, den realen Anteil am politischen Geschehen, das personelle Profil der führenden Kräfte und die Formen des Gemeinschaftslebens keine gesicherten Aussagen treffen. Zunftordnungen sind nur äußerst vereinzelt überliefert, so 1352 eine Ordnung für die Bäcker in acht rheinischen Städten, darunter Worms186. Im Jahr 1399 treten die Metzger (die meistere und die zunfft

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gemeinlichen der metzelere zunfft) als Urkundenaussteller hervor; hier werden Rechte des Dompropstes gegenüber den Fleischern erwähnt187. Ein Weistum über die Rechte des Propstes an der Zunft vom Vorjahr zeigt, dass die Geistlichkeit nicht unerhebliche Rechte an den Gewerben der Stadt bewahren konnte 188. Möglicherweise waren die nun stärker politisch aktiven Gewerbeorganisationen an einer Klärung bzw. Fixierung ihrer potenziell konfliktträchtigen Beziehungen zur Domgeistlichkeit interessiert. Die Urkunde nennt neben fünf Meistern 20 weitere Metzger der Zunft der Oberen und Niederen Verkaufsstände (Scharren) zu Worms. Bereits kurz vor der Beilegung der Konflikte, im Oktober 1392, war das Verhältnis zwischen der Stadt und den Kämmerern von Dalberg durch einen detaillierten Vertrag geregelt worden 189. Die der bischöflichen Ministerialität des 12. Jahrhunderts entstammende Familie gehörte zu den wichtigsten niederadligen Geschlechtern in der Region und stand im Begriff, mit Schwerpunkten um Herrnsheim und Abenheim eine auf Lehensrechten aufbauende kleine Herrschaft zu etablieren. Der Vertrag von 1392 bekräftigte die hergebrachten Privilegien der Familie, die in erster Linie aus von den Bischöfen verliehenen Rechtstiteln in der Stadt herrührten. Gesonderte Rechte galten vor allem für die im Bereich der heutigen Unteren Kämmerergasse liegenden Höfe der Familie, die eng mit dem St. Martinsstift verbunden war190. Die Familie partizipierte nach wie vor nicht unwesentlich am Wirtschafts- und Rechtsleben der Stadt. In Handel und Grundherrschaft blieb die Bindung zur Stadt Worms eng. Der Vertrag ist auch Indiz dafür, wie stark die Stadt nach 1388/89 in Abhängigkeit von den Pfalzgrafen und deren Lehensleute geraten war. Das der Stadt königlicherseits 1394 erteilte Gerichtsstandsprivileg der Stadt191 konnte angesichts der Probleme zunächst keine direkten positiven Folgen entfalten. Diese Probleme betrafen die erheblichen finanziellen Schwierigkeiten der Stadt, die erstmals explizit im Sommer 1398 zur Bewilligung eines zeitlich befristeten Entgegenkommens in Fragen des Weinschanks durch die Wormser Stifte geführt haben 192. Vermittelt wurde diese für eine begrenzte Zeit zu Mehreinnahmen führende Übereinkunft für die städtische Seite von drei Hausgenossen, bei denen (dies gilt ausdrücklich für die zwei genannten Mitglieder der Familie Bonne) enge persönliche Kontakte und verwandtschaftliche Beziehungen zum Stiftsklerus nachweisbar sind. Als Begründung für die auf Bitten der Stadt zugestandene Maßnahme wird ausdrücklich auf die noit und schult der Stadt, mithin ihre finanzielle Zwangslage, aufmerksam gemacht. Seit dieser Zeit wuchs der ökonomisch-finanziell begründete erneute städtische Druck auf den Klerus in Fragen der Sonderrechte und vor allem der Besteuerung193. Die Streitigkeiten mit Bischof Eckhard von Dersch und der Geistlichkeit erreichten in den Jahren zwischen 1404 und der langfristigen Regelung des Verhältnisses zwischen Klerus und Stadt in der so genannten »Großen Pfaffenrachtung« von 1407 einen bis in die 1480er Jahre beispiellosen Höhepunkt194. Der »außenpolitische« Rahmen für diese Konflikte war denkbar ungünstig, zumal seit der Wahl von 1400 mit Ruprecht I. der vormalige Kurfürst der Pfalz als neuer König amtierte und das Verhältnis der Stadt zum Herrscher keineswegs ungetrübt blieb. Die Stadt sah sich in den ersten Jahren des 15. Jahrhunderts einer massiven Koalition aus Bischof, Kurfürst und König gegenüber. Gegen die städtische Forderung nach einer Besteuerung des geistlichen Weinschanks und damit ei-

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nes Pfeilers der strikt gewahrten klerikalen Sonderrechte wandten sich Bischof und Stifte. Im Ergebnis kam es zu Pfingsten 1404 (andere Quellen berichten von Februar 1405) zum Auszug eines Teils des Klerus aus der Stadt195, zum Entzug der gottesdienstlichen Versorgung und damit einem tiefen Einbruch in die allgemeine Ordnung. Es lässt sich belegen, dass bestimmten Teilen des Stiftsklerus – namentlich des mit städtischen Kräften personell verbundenen Stifts St. Paulus – diese Eskalation keineswegs gelegen kam. Die Geistlichkeit war auch in dieser Lage alles andere als eine homogene Einheit 196. Der diesmal offenbar nicht (wie 1386) gewaltsame Konflikt erreichte 1405 mit einer Fehdeansage der Stadt gegen den Klerus einen weiteren Höhepunkt197. Bald darauf hat Bischof Matthäus von Krakau, seit diesem Jahr im Amt und sofort energisch und mit allen kirchlichen Sanktionsmitteln gegen die Stadt vorgehend, gescheiterte Versuche unternommen, die Front zwischen Rat und Zünften zu sprengen und Letztere auf seine Seite zu ziehen198. Die Zunftmeister verwahrten sich in einem Schreiben vom August 1406 dagegen, dass sie zur zweiung, ohneinigkeit und hadderung bracht moechten werden. Ausdrücklich wird hier vom Rat als dem »Herrn« gesprochen199. Dieser stand in engem Kontakt mit den Zünften und bezog in seine Politik sogar einen sonst quellenmäßig nicht greifbaren Großen Rat von mehr als 100 Personen in seine Tätigkeit ein200. Die Bemühungen um eine breite Absicherung, intensive Informationen und stetige Rückversicherung bei den Zünften zahlte sich aus: Die Reihen der Stadt blieben bis zur Übereinkunft von 1407 geschlossen, deren Vorgeschichte mit Ausgleichsverhandlungen zu Jahresbeginn eingesetzt hat. Zeitgleich, seit 1407, kam es zu massiven Problemen der Stadt mit einzelnen prominenten Vertretern der Hausgenossenschaft. Noch 1400, kurz nachdem sie sich unter die Zünfte eingereiht hatten, erlangten die Hausgenossen eine Bestätigung ihrer Privilegien, von denen besonders die Eximierung von der üblichen Gerichtsbarkeit und steuerliche Sonderrechte zum Problem werden konnten. Leider sind wir über die Zusammensetzung der Gruppe und ihren tatsächlichen Anteil an der Ratsherrschaft kaum informiert201. Bis Juni 1404 waren die Gespräche über die Beilegung der Konflikte zu einem Abschluss gekommen. Mit der so genannten »Großen Pfaffenrachtung« vom 9. Juli 1407 202 konnte – unter maßgeblicher Vermittlung von König Ruprecht I. und dem Mainzer Kurfürsten – ein tragfähiger Kompromiss über alle strittigen Fragen erzielt werden. Einerseits konnte die Stadt ihre faktisch bedrohte politische Selbstständigkeit wahren und Ansprüche des Bischofs bezüglich der Vereidigung auf seine Person abwehren, andererseits konnte die Geistlichkeit weite Teile ihrer Rechte erhalten. Eine Reihe von Artikeln der Rachtung betraf die Steuerfreiheit des Klerus für den Weinschank, für den ein für die Stadt ungünstiger Kompromiss gefunden wurde. Dies gilt auch für die städtische Grundbesitzsteuer. Andere Artikel bezogen sich auf das Verhältnis der Stadt zum Bischof. Festgelegt wurde, dass die Ratssitzungen gemäß altem Herkommen (das offenbar durch Verlagerung in den Bereich des Bürgerhofes außer Gebrauch gekommen war) im Saal des Bischofshofes abgehalten werden sollten. Immerhin konnte die Gewohnheit von Sitzungen im Bürgerhof bzw. der Ratstrinkstube in dem vornehmlich im 15. Jahrhundert in dieser Funktion bezeugten Haus zum Sperberzagel zur Beratung von Fragen untergeordneter Bedeutung faktisch durchgesetzt werden203. Fragen der Gerichtsverfassung wurden nicht

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direkt geregelt, wenngleich sich der bischöfliche Druck auf das weltliche Gericht nach 1400 erhöhen sollte. Wir erfahren aus der Rachtung auch Näheres über die beträchtliche verfassungsrechtliche Bedeutung der so genannten Hofglocke. Die Rechtsgültigkeit der Verkündigung von Ge- und Verboten war demnach untrennbar mit ihrem Läuten verbunden204. In der Rachtung ist zudem die Rede von einer wohl als Laufsteg zu denkenden Verbindung zwischen den Domtürmen, bei denen es sich wahrscheinlich um die Westtürme handelt, die – von den Wormser Bürgern zu Zwecken der besseren Verteidigung ihrer Stadt angebracht – nun wieder abgebaut werden sollte 205. Dies verweist darauf, dass neben dem originär gemeinschaftlichen und stadtgemeindlichen Aspekt der Glocken dem Dom selbst durch seine Türme als Mittel der städtischen Wehrorganisation wesentliche Verteidigungsfunktionen zukamen. Insgesamt wurden die Rechte des Klerus gestärkt bzw. im Ganzen bestätigt. Der Klerus kehrte im Sommer 1407 in die Stadt zurück. Für die Lösung aller offenen Fragen der Verfassung der Stadt und des Verhältnisses zur Geistlichkeit erwies sich das Geflecht der zwischenstädtischen Verbindungen und Kontakte der Städte Mainz, Speyer, Worms und Straßburg untereinander von großem Gewicht. Kürzlich wurde für dieses Netzwerk personeller und institutioneller Kontakte und Informationen von Michael Matheus der Begriff »Eidgenossenschaft« 206 gewählt, was aus Wormser Sicht unbedingt zu unterstreichen ist. Die Teilhabe der Ratsherren an Streitschlichtungen, Verträgen und der Regelung fundamentaler politischer und Verfassungsfragen besitzt nach der Aussage von Wormser Quellen der Zeit um 1400 gleichsam »Verfassungsrang«.

Das 15. Jahrhundert (1407–1499): Zwischen Ruhe und tiefgreifendem Wandel Die Ratsherrschaft auf dem Weg zur Obrigkeit Ähnlich wie dies Ernst Voltmer überzeugend bereits seit dem 14. Jahrhundert für Speyer festgestellt hat207, lässt sich auch für Worms – wenngleich auf schmalerer Quellenbasis – in den Jahren um und bald nach 1400 ein mit der Verfassungsänderung von 1392 vermutlich in Zusammenhang stehender Prozess beobachten, der von vermehrter Schriftlichkeit, verstärkter Fixierung von rechtlichen Gegebenheiten sowie intensivierter Verwaltung und damit einer deutlicheren Nuancierung der auf eine breitere Basis gestellten Ratsherrschaft im Sinne obrigkeitlicher Tendenzen gekennzeichnet ist. Der Rat unternahm seither verschiedene Schritte zur Intensivierung und Betonung seiner Stellung gegenüber der Stadt und zur Untermauerung seines Herrschafts- und Regelungsanspruchs in immer mehr Bereichen des Lebens bis hin zu Fragen von Religion und Gottesdienst. Die verbesserte Überlieferungslage lässt nun auch – seit 1382 ununterbrochen – eine Liste der Wormser Bürgermeister rekonstruieren, die als Ausgangspunkt für prosopographische Forschungen angesehen werden kann 208. Ein wichtiges Dokument für die neue Qualität der Ratsherrschaft ist die in die Zeit um 1390/1400 zu datierende Anlage des so genannten Eidbuches209, in dem während des 15. Jahrhunderts zahlreiche

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Abb. 19: Älteres städtisches Eidbuch, geführt ab etwa 1400, Pergamenthandschrift (StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 23)

Rechtstexte, für die Stadtverfassung wichtige Urkunden (beginnend mit dem gefälschten Stadtfrieden Barbarossas von angeblich 1156), Eide städtischer Funktionsträger und zu Beginn des 15. Jahrhunderts geschlossen fixierte Verordnungen des Rates 210 eingetragen wurden und das eine eigene Untersuchung verdient hätte. Auch die stets gefährdete jüdische Gemeinde erfuhr um 1410 die Auswirkungen der schärfer profilierten Ratsherrschaft, die sich in einem willkürlichen Vermögensentzug niederschlug: Der Rat beanspruchte in neuartiger Entschiedenheit seinen Herrschaftsanspruch gerade gegenüber den Juden211. Auch bauliche Aktivitäten scheint der Rat entfaltet zu haben212. Etwa zeitgleich nahm auch die Schriftlichkeit im Bereich der bischöflichen Herrschaft zu, was etwa an den bischöflichen Zollbestimmungen des frühen 15. Jahrhunderts ablesbar ist 213. Gegenstand der intensivierten Verordnungstätigkeit ist unter anderem das Leprosenhaus, für das ab 1414 eine Reihe städtischer Verordnungen und um 1450 die Anlage eines Einkünfteverzeichnisses bezeugt ist214. Im Jahr 1417 lässt der Rat systematisch die der Stadt seit 1112 erteilten Königsdiplome in Form vidimierter Urkundenabschriften festhalten215. Dies alles sind Indizien für einen stärkeren Anspruch auf Herrschaft, für die Nutzung von Schriftlichkeit und den Ausbau von Verwaltung und Rechtsdenken. Zudem lassen sich jetzt Fleischtaxen (erstmals zum Jahr 1402) und ähnliche wirtschaftsgeschichtlich relevante Quellen greifen. Für die Jahre 1396 bis 1403 sind nicht weniger als neun Verordnungen aus dem Bereich des Handels und der Regelungen über das Ungeld im Eidbuch nachweisbar216.

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Einher gehen damit wichtige Wandlungen in der Verfassungstopografie, also der Örtlichkeiten wichtiger Rechtshandlungen und der mit ihnen verbundenen zeremoniellen Formen der Ratsherrschaft. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts ist ein Prozess der Verlagerung der Beratungen der städtischen Gremien in den Bürgerhof zu verfolgen. Vom Bischof heftig bekämpft und in Verträgen zwischen beiden Seiten eigentlich unterbunden, setzte sich die Nutzung des Bürgerhofes und seines Umfeldes als Ort der Beratung der städtischen Gremien immer weiter durch. Eine detaillierte chronikalische Notiz städtischer Provenienz vom Jahr 1426/27 – angefertigt vor dem Hintergrund von Konflikten zwischen Bischof und Stadt um den Einritt des Oberhirten (s. u.) – gewährt Einblicke in die sich verstärkenden Funktionen des Bürgerhofes217. Bereits zu diesem Zeitpunkt finden die »normalen« Versammlungen und Beratungen des Rates im Bürgerhof statt; spätestens zu diesem Zeitpunkt hat der Bischofshof seine Monopolstellung eingebüßt. Die Ereignisse zwischen November 1426 und Februar 1427 um die umstrittene Ratsbesetzung lassen sich wie folgt zusammenfassen: Am 8. November tagte der Rat im Bischofspalast, während sich der designierte Bischof Friedrich von Domneck noch in Neuhausen befand. Einen Tag später beriet man sich auf dem Bürgerhof: Der Einlass des Bischofs in die Stadt wurde dabei von einer Bestätigung der Freiheiten abhängig gemacht. Am 12. November trat der große Rat in der Trinkstube zum Sperberzagel zusammen, woran sich längere Verhandlungen mit dem Domkapitel anschlossen. Weitere Beratungen der Stadt über die Modalitäten des Einzugs fanden im Januar, wiederum im Bürgerhof, statt, bevor man Ende Januar zu einer Übereinstimmung kam. Eine Abordnung des Rates zog schließlich nach Neuhausen, um den Bischof in die Stadt zu geleiten, wobei hier auch das Stadtbanner (weißer Schlüssel auf rotem Feld) Erwähnung findet (stete baener). Der Bischof zog zum Bischofspalast, kleidete sich in der Stephanskapelle in seine priesterlichen Gewänder und ging mit Begleitung von Prälaten und Bürgermeistern in den Domchor. Nach dem Gottesdienst fand auf dem Bischofshof ein Essen statt. Die am 5. Februar schließlich feierlich vollzogene Ratsbesetzung wurde im Saal auf dem Bischofshof unter dreimaligem Läuten der Hofglocke und unter gegenseitigem Eidschwur abgehalten. Bereits für das Jahr 1253 ist der Einritt des Bischofs von Norden, das heißt durch die Martinspforte zum Dom hin nachgewiesen218. Wandlung und Beharrung zugleich sind neben der Quelle von 1426/27 auch einem Notariatsinstrument über die näheren Umstände der Ratswahl von 1430 zu entnehmen219. Eine Ratssitzung fand demnach statt off dem sale zu Wormß in der großen stoben daselbist, do man spulget inne den rate zu Wormß besitzen. Zugleich wurde der traditionelle Eid gegenüber dem Bischof – unter ausdrücklichem Verweis auf das Herkommen – auf dem saal in seiner gnaden rathaus zu den heiligen geschworen. Offenkundig wurde, sobald feierliche Ratssitzungen mit Wahlen und Einführung von Amtsträgern stattfanden oder wenn der Bischof im Rat saß, am herkömmlichen Ort Rat gehalten, ansonsten im Bürgerhof. Dabei versuchten die Bischöfe während des 15. Jahrhunderts mehrfach, die Rechtmäßigkeit außerhalb des Bischofshofes abgehaltener Ratsversammlungen infrage zu stellen. Es verwundert daher nicht, dass aus dem 15. Jahrhundert noch weitere Zeugnisse über die Funktionen des Bürgerhofes als Rechtsort überliefert sind, so aus den Jahren 1425, 1441, 1449 und 1499220. Hinweise auf Eidschwüre an der für das städtische Ver-

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fassungsleben so wichtigen Saalstiege221 sind unter anderem aus Einträgen in dem schon erwähnten Eidbuch der Stadt überliefert, so aus den Jahren 1409, 1421 und 1431222. Neben einem städtischen Treueschwur gegenüber dem Bischof im Saal des Bischofshofes 1430223 bezeugen verschiedene Quellen über die in dem Vergleich zwischen Bischof, Domkapitel und den Wormser Juden vom Jahre 1312 vereinbarte Einsetzung des so genannten »Judenrates« und die dafür zu zahlende Geldsumme während des späten Mittelalters, dass der Bischofshof auch für diese hoheitlich-monetäre Zeremonie gedient hat. So heißt es etwa in einem 1439 vereinbarten Übereinkommen zwischen dem Bischof und dem Judenrat, dass die bei einer Neuwahl eines Ratsmitgliedes fälligen Abgaben am Martinstag in unsern hofe zu Wormeß zu entrichten seien, dem Ort, an dem auch der Schwur geleistet werden soll224. Auch aus der Zeit um 1460 liegen wiederum Nachrichten über den Modus der Ratswahl vor.225 Der Bischof konnte faktisch zwar nur noch bei der Auswahl der Kandidaten mitbestimmen, jedoch erfuhr seine Rolle bis zur zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts eine Beschränkung auf zeremonielle Teile der Amtsübergabe. Allerdings verfügte der Bischof nach wie vor über prinzipiell mobilisierbare Reservatrechte, deren Realisierung von situativen Faktoren abhing. Der Anteil der Zünfte an der Stadtherrschaft wurde zusätzlich gestärkt, als am 3. Juli 1430 der verbindliche Zunftzwang für alle Bürger eingeführt wurde226. Nahezu zeitgleich mit einem Ratsstatut und Plänen für eine Verfassungsänderung in Speyer und wenige Wochen nach der Einführung einer neuen, wenngleich kurzlebigen Ratsverfassung in Mainz erlangten die Zünfte bzw. die Vertreter der Gemeinde unter der Bezugnahme auf Ehre, Nutzen und Bestes der Stadt bei Verhandlungen über Forderungen, Klagen und Wünsche in 26 Artikeln wichtige Zugeständnisse, wobei auch hier wieder die Transparenz bei Fragen des städtischen Finanzgebarens und der Kreditwirtschaft verbessert und die Gültigkeit vorhandener urkundlicher Freiheiten der Zünfte anerkannt wurde. Der von Boos gewählte Begriff »Freiheitsbrief« für die Übereinkunft von Bürgermeistern und Rat zum einen mit Zunftmeistern und der Gemeinde zum anderen ist sicher eine zu hoch gegriffene Einschätzung und auch die Bemerkung, Worms habe sich 1430 »zu einer vollständigen Zunftdemokratie« ausgebildet, muss aus heutiger Sicht zurückgewiesen werden. Es handelt sich im Grunde auch nicht um eine Verfassungsänderung, wenngleich etwa die Amtszeiten begrenzt und die Rolle der Gemeinde gestärkt wurden. Lediglich der städtische Baumeister sollte länger als ein Jahr amtieren. Der Einigung war offenbar Unmut auf Seiten der Zunft- und Gemeindevertreter vorausgegangen, die Quelle spricht allgemein von unwill groll nid und hasz sowie von einzelnen Unzufriedenen innerhalb und zwischen den beiden genannten Lagern. Die Quelle ist auch wegen der Erwähnung eines anzulegenden Monatsrichter-Buches und von Rechnungsbüchern für die Kenntnis der städtischen Verwaltung von Bedeutung und zeigt einmal mehr den Zusammenhang von Verfassungswandel und Schriftlichkeit auf. Wieder einmal gelang mit den (nur mangelhaft überlieferten) Bestimmungen eine friedliche und ausgewogene Regelung. Durch einen Überlieferungszufall enthält ein zeitnah ausgestelltes Notariatsinstrument vom 3. Oktober 1430227 ein vollständiges Verzeichnis der 54 Ratsmitglieder, eine weitere Liste datiert vom 7. März 1431228. Diese Quellen ermöglichen ansatzweise eine Bewertung der Zusammensetzung des Gremiums und sind bislang nur unzurei-

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chend genutzte Ausgangspunkte für prosopografische Studien zur Zusammensetzung des Rates und der bis 1491 mit einer Sonderstellung weiter bestehenden Hausgenossenschaft. Die Zahl der Zünfte – zahlreiche von ihnen gehörten dem Bereich der Land- und Weinwirtschaft an, was an der Existenz eines wirklich sehr differenzierten Gewerbes in der Stadt zweifeln lässt – ging nach den im Eidbuch vorhandenen Verzeichnissen aus dem Beginn und der Mitte des 15. Jahrhunderts und weiterer Quellen der Zeit um 1500 von 22 bzw. 23 auf 17 zurück 229. Die Folgen der fortwährenden, nicht erkennbar umstrittenen Stärkung der Zünfte für die Zusammensetzung der oligarchisch gefügten städtischen Führungsgruppen und damit die Frage nach Geschlechtern und Patriziat in Worms können derzeit kaum näher beschrieben werden. Fest steht jedoch, dass es im benachbarten Mainz 230 zu einer grundsätzlich andersartigen Entwicklung gekommen ist. Dabei hat allerdings auch die finanziell-ökonomische Krisenlage ihre Folgen gezeitigt: In der erzbischöflichen Metropole kam es bis 1462 immer wieder zu teilweise blutigen Konflikten um die Stadtherrschaft. Offenbar ganz untergeordnet und ohne feste Verankerung in der Stadtverfassung blieb in Worms die Bedeutung eines nur in den Konflikten des Jahres 1407 (s.o.) bezeugten erweiterten Rates, der durch Zusammentreten des alten und neuen Rates sowie von Vertretern der Zünfte zusammenkam und in diesem Fall aus nicht weniger als 104 Mitgliedern bestand (unser herren alten und nuwen, die den rat beseszen hant und darczu der zunffte frunde 231). Die Versammlung hatte über ein Detail des Vorgehens gegen die Geistlichkeit abzustimmen und tat dies, wobei das Eidbuch auch das Ergebnis (91 zu 13) mitteilt. Ein eigenständiges Handeln der Gemeinde oder ihrer Vertreter ist während des späten Mittelalters kaum zu beobachten, allerdings ist für das Jahr 1440 die Beteiligung von vier Gemeindevertretern bei der Rechnungslegung bezeugt 232. Erstaunlich mutet in vergleichender Perspektive das für Worms zu konstatierende Fehlen einer Ratskapelle bzw. eines funktionalen Äquivalents dazu an233. Der profane Mittelpunkt der bürgerlichen Stadt blieb in Worms ohne eigentliches religiös-kultisches Zentrum. Hier gab es in vergleichbaren Städten ganz unterschiedliche Lösungen: Während in Straßburg ein Teil des seit dem 13. Jahrhundert in hohem Maße als quasi-städtischer Bau errichteten Münsters selbst als Ratskapelle diente, bestanden unter anderem in Speyer und Konstanz eigenständige Ratskapellen. Die besondere Stellung einer Pfarrkirche für die Stadtbürgerschaft wie in Trier oder Speyer lässt sich in Worms ebenso wenig beobachten wie die Herausbildung eines Hospitals als Kristallisationspunkt bürgerlicher Schenkungen und Identität. Einige Indizien sprechen dafür, dass der dem heiligen Laurentius geweihte Dom-Westchor als Versammlungsort für den Rat fungiert hat, der jedoch nicht mit einer üblichen Ratskapelle im engeren Wortsinne zu vergleichen ist. Wichtig sind allerdings die um 1500 zu beobachtenden Funktionen des Liebfrauenstifts als Ort bürgerlicher sakraler Identität und Ziel städtischer Prozessionen zu der auch als Wallfahrtsziel wichtigen Marienfigur 234. Beim Neubau der Kirche (vgl. Tafeln 10a, 24) hat sich die Stadt seit der Mitte des 15. Jahrhunderts auch organisatorisch, finanziell (Vermögensverwaltung) und personell (Kirchenpfleger) am Baufortgang ebenso aktiv beteiligt wie die durch Stiftungen hervortretenden Zünfte (s. u. S. 256–258).

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Ebenfalls nur schwer erklärbar sind die äußerst spärlichen Indizien für die Existenz von Trinkstuben des Rates und der Zünfte, die in vergleichbaren Städten in der Regel weitaus besser überliefert sind und die als »Gradmesser für die Intensität zünftigen Lebens« gelten können235. Während etwa in Speyer diese Versammlungshäuser in großer Zahl nachgewiesen sind, liegt für Worms lediglich ein einziger, bei einer Urkundenausstellung vor dem Rat fassbarer Beleg für eine dringstube genannt daz nuwehuß für das Jahr 1447 vor. Wichtiger als dieses ist allerdings das zwischen 1426 und 1483 mehrfach als Versammlungs- und Beratungsort des Rates bezeugte Haus am Sperberzagel. Hier wurde zum Beispiel 1430 von Rat und Zünften gemeinsam ein Verbot von Zusammenkünften der Zunftmitglieder in diesem Haus, einem nur hier als solchem genannten Haus »Zur goldenen Krone« und anderen Orten genannt, was immerhin auf die Existenz von Treffpunkten außerhalb der ausdrücklich erlaubten Zunft- oder öffentlichen Wirtshäuser hinweist236. Ob es sich beim Haus zum Sperberzagel tatsächlich um eine Trinkstube gehandelt hat, ist unklar. Eine Gesamteinschätzung der Entwicklung der Ratsherrschaft kann von den für Speyer beschriebenen Charakteristika ausgehen237: Die gewandelte Herrschaftsauffassung des Rates geht mit einer Steigerung von Ausdruck und Praxis der Herrschaftsausübung einher. Die Durchsetzung des »Zunftregiments« ändert am oligarchischen Grundzug der Ratsherrschaft fast nichts, dieser bleibt während des gesamten Spätmittelalters erhalten. Die dominierenden Familienverbände bilden nach wie vor den Unterbau und den Zusammenhalt des Herrschaftssystems. Die von einer ständig auf Ausgleich bedachten Oligarchie getragene Ratsherrschaft funktioniert als kompliziertes System der Verteilung von Macht, Würden, Kompetenzen und Kontrollen und markiert im Grunde ein relativ stabiles Ordnungsprinzip.

Die Entwicklung von 1407 bis um 1430 Ein Überblick über das gesamte 15. Jahrhundert lässt gleichsam eine Dreiteilung erkennen: Das erste Drittel (bis ca. 1432) ist durch Krisen und Konflikte sowie die Klärung wichtiger Fragen der Stadtherrschaft (1407) gekennzeichnet. In den Jahren bis zum Herrschaftsantritt Bischof Johanns von Dalberg 1482 folgte eine sehr ruhige und von Kompromissen zwischen Stadt und Geistlichkeit gekennzeichnete Phase, während ab 1482/ 83 wiederum ganz massive Schwierigkeiten und in ihrer Schärfe und ihrem Verlauf neuartige Konflikte zwischen Rat und Bischof auftreten, die mit dem Auszug des Klerus 1499 ihren Höhepunkt finden. Wie bereits angedeutet, überlagerten sich zwischen 1400 und 1411 eine Reihe unterschiedlicher Konfliktebenen. Dazu gehört ein sehr langwieriger Konflikt zwischen der Stadt und namhaften Familien der Hausgenossenschaft238. Zwischen 1406 und 1408 bzw. von 1407 bis 1409 – während der Zeit des Bürgermeisters Peter Kronberger – geriet der Rat in massive Konflikte und Kriegshandlungen mit Henne Malthus und dem aus einem Mainzer Geschlecht stammende Peter Klemann, einem Verwandten des bereits genannten Bischofs Salmann Klemann. In beiden Fällen vermengten sich Aktivitäten im Finanzund Kreditwesen, politischer Ehrgeiz bzw. Aktivitäten im Rat und der (Finanz-)Verwal-

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tung der Stadt, die Berufung auf die Sonderrechte der Hausgenossen, Engagement für auswärtige Herren (die Kurpfalz und Kurmainz), Kriegs- und Fehdebereitschaft sowie der Rückgriff auf starke finanzielle und personelle Unterstützung bei regionalen Niederadligen in für die Stadt verhängnisvoller Weise. Worms wurde von beiden Personen samt ihrer nicht unbedeutenden Anhängerschaft mit verlustreichen Fehden überzogen; man konnte sich nur mühsam auf Sühneverträge einigen. Nach dem Tod des stets in Diensten des pfälzischen Königtums stehenden Bischofs Matthäus von Krakau 1410 kam es wegen der Wahl des Nachfolgers zu Streitigkeiten. Der schließlich Gewählte, Johann von Fleckenstein, stand schon längere Zeit im Dienst der Kurie. Sein Einzug in seine Stadt verzögerte sich wegen Misshelligkeiten mit dem Rat, wobei der Streit 1410/11 zu neuen Auseinandersetzungen um die Rechte von Klerus und Bischof in der Stadt eskalierte. Die Einigung der Kurfürsten auf die Wahl Sigismunds im August 1411 war Voraussetzung für die dann erst auf dem Konstanzer Konzil wirklich gelungene Beendigung des päpstlichen Schismas239. Der Bischof erkannte auch den ohne seine Zustimmung ernannten Rat an. Vorausgegangen war im Januar 1411 wiederum ein Auszug des Klerus 240. Zahlreiche Details der auch vor dem König und seinem Hofgericht ausgetragenen Konflikte gehen aus den städtischen Klageschriften hervor. Die Stadt warf der »Pfaffheit« dabei unter anderem die Umgehung der Steuerpflicht, die Unterhaltung offener Tavernen, unerlaubte Anbauten an die Stadtmauer, die Missachtung von Urteilen des weltlichen Gerichts, das heißt des Stadtgerichts und des Rates, die Übervorteilung der Bürger, die betrügerische Fälschung von Zinsbriefen, das Tragen von Waffen sowie die Zerstörung eines geweihten Kirchhofes für den Bau von Kellern und Häusern vor. Die Quellen lassen eine zunehmende Verbitterung und Verschärfung der Konflikte erkennen. Seit dem Jahr 1421 kam es im Bistum Worms zu einer Reihe von Inquisitionsverfahren gegen vermeintliche oder tatsächliche Auswirkungen der hussitischen Bewegung, ein deutliches Anzeichen für die vermehrte Verbreitung ketzerischer Lehren am Mittel- und Oberrhein. Diese Tendenzen lösten starke Befürchtungen des Pfalzgrafen und der übrigen Reichsfürsten aus und schlugen sich auch in Worms selbst nieder, wo 1422 ein Verfahren gegen den Lektor des Wormser Franziskanerklosters Peter Wyrach angestrengt wurde, der die energische Unterstützung der Wormser Führungsschicht genoss241. Nach dem Tod des Bischofs kam es im Zusammenhang mit der Wahl und Einsetzung seines Nachfolgers, des Domdekans Friedrich von Domneck 1426/27 zu in städtischen Quellen detailliert geschilderten Schwierigkeiten. Der Bischof stand danach bis zu seinem Tod 1445 in recht gutem Einvernehmen mit der Stadt. Die bereits geschilderte Stärkung der Rolle der Zünfte durch eine Übereinkunft vom Jahr 1430 (s.o.) verlief ohne erkennbare innere Schwierigkeiten, wiewohl sich in dieser Zeit politische, wirtschaftliche und soziale Krisenfaktoren gegenseitig verstärkt haben. Ausdruck dieser von einer schweren Hungersnot begleiteten Schwierigkeiten war im Winter 1431/32 ein das Wormser Umland erschütternder Bauernaufstand, der in neuartiger Intensität die Unzufriedenheit breiter ländlicher Schichten mit ihrer Lage erkennen lässt und sich mit antijüdischen und antiklerikalen Tendenzen vermischte 242. Es kam dabei zu Zusammenrottungen von Bauern unterschiedlicher Herrschaften aus dem Umland der Stadt gemeinsam mit einigen Adligen und Wormser Bürgern, Folge vielfältiger sozialer Spannungen, zu deren Hintergrund

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auch die starke Verschuldung bei Wormser Juden gehört hat. Auslöser für die schweren Unruhen waren enttäuschte Erwartungen auf Tilgung von so genannten »Judenschulden«. Die Stadt suchte die entstandenen, in starkem Maße in die Stadt zurückwirkenden Probleme durch enge Absprachen mit den Ratsfreunden in Speyer und Zusicherung militärischer Unterstützung von dort und aus Frankfurt zu entschärfen. Die Ereignisse zeigen auch, wie stark die Stadt mit ihrem agrarwirtschaftlich geprägten Umland verflochten und wie labil und anfällig die bestehende Herrschaftsordnung im Grunde war. Aus dieser Zeit liegt auch eine Reihe von Quellen über Konflikte mit rechts- und linksrheinischen Gemeinden vor, mit denen die Wormser wegen Weide- und anderer Nutzungsrechte im Streit lagen243. In einem Umkreis von fünf bis zehn Kilometern um die Stadt befand sich ein in den Quellen um 1440/1460 mehrfach genannter Burgbannbezirk; für das Jahr 1490 ist die Befreiung von 17 Dörfern des Umlandes von einem dem Bischof zustehenden Pfortenzoll belegt, was Rückschlüsse auf den direkt der Stadt zugeordneten Bereich des Umlandes zulässt244.

Kompromiss und innerer Frieden: Die Jahre 1430 bis 1482 Ab etwa 1433 – während der Pontifikate von Friedrich von Domneck (1426 –1445) und Reinhard von Sickingen (1445 –1482)245 – blieb die innerstädtische Situation in Worms im Vergleich zu anderen Städten vergleichsweise ruhig. Ganz anders als in Mainz, wo der Pendelausschlag vor dem Hintergrund einer tief greifenden ökonomisch-finanziellen Dauerkatastrophe und tiefer Gräben zwischen den um die Macht ringenden Gruppierungen noch zunahm, gerieten die politischen und Verfassungsfragen in Worms in ruhiges Fahrwasser. Das Verhältnis von Rat und Ratsfamilien, Zünften und Gemeinde auf der einen und den Bischöfen mit der Geistlichkeit auf der anderen Seite war bis 1482/83 von gegenseitiger Kompromissbereitschaft und dem Fehlen echter Konflikte gekennzeichnet. Die Ratsherrschaft wies offenbar keine ernsthaften Legitimationsdefizite nach innen auf. Das stets gefährliche soziale Gefälle zwischen Ratsoligarchie und Zunftvertretern war eher schwach ausgeprägt und ernsthafte Misshelligkeiten zwischen Stadt und Geistlichen blieben im genannten Zeitraum weitgehend aus. Einer der Gründe für diese Entwicklung (Boos begründete sie mit der »Mäßigung und Klugheit der Führer«) liegt wohl auch in der geringeren sozialen und wirtschaftlichen Differenz bzw. einer relativ großen Durchlässigkeit zwischen Ratsfamilien und Zunftvertretern. Ein mögliches Indiz für den geringen Abstand zwischen den keineswegs fest gefügten Gruppierungen ist auch das Fehlen bruderschaftlicher Organisationsformen führender Familien bzw. Geschlechter, wie sie neben Mainz auch in Trier und den weitaus meisten großen Städten belegt werden können. Zu vermuten ist immerhin, dass die in Mainz so verheerenden finanziellen Probleme in Worms weniger gravierend waren. Belegt ist für das Jahr 1440 die Teilhabe von vier Vertretern der Gemeinde, die ansonsten so gut wie nicht mehr in den Quellen entgegentritt, bei der Rechnungslegung (s.o.). Unstreitig hat die wirtschaftlich extreme Krisensituation vor allem während der 1430er Jahre Folgen für die städtische Wirtschaft gezeigt. Dass es in Worms nicht zu einer sozialen, politischen und wirtschaftlich-finanziellen Krise im Mainzer und Speyerer Ausmaß gekommen sein dürfte, zeigt die (aller-

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dings auch in der politischen Konstellation gründende) Weiterexistenz der jüdischen Gemeinde, die im Gegensatz zu den dortigen Vertreibungen von 1435 bzw. 1438 steht. Der relativ breit legitimierte Rat konnte sich seit der Mitte des 15. Jahrhunderts um die für die Entwicklung der Stadt wichtige Ausweitung und Stärkung der eigenen Gerichtsbarkeit bemühen und die Bindungen an das Reich intensivieren 246. Hinsichtlich des für die Frage nach der Stadtherrschaft wichtigen Gerichtswesens kam es unter Beachtung der formalen bischöflichen Reservatrechte seit der Mitte des Jahrhunderts zu einer Ausweitung der Ratshoheit, parallel zu vielfältig nachweisbaren Bestrebungen, die Ratsobrigkeit und das kommunale Gerichtswesen stärker zu betonen. Dies geschah etwa durch die im November 1476 erfolgte Einstellung eines juristisch gelehrten Stadtadvokaten gemäß einer Übereinkunft zwischen altem und neuem Rat247, die 1477 mit dem Bischof vertraglich geregelte partielle Appellationsbefreiung für Rat und Stadtgericht und durch den Erwerb eines päpstlichen Gerichtsstandsprivilegs 1480. Auch vor diesem Hintergrund sind die mit dem Amtsantritt Bischof Johanns von Dalberg 1482 beginnenden dramatischen Konflikte um Ratsherrschaft, Stadtverfassung und Gerichtswesen der Reichsstadt zu sehen. Seit der Mitte des 15. Jahrhunderts nahm die Inanspruchnahme des weltlichen Gerichts durch die Bürgerschaft in starkem Maße zu, was für eine Autoritätssteigerung und damit ein Anwachsen der kommunalen Rechtspflege spricht248. Nicht vergessen werden darf als Voraussetzung des städtischen Handelns die noch ganz frische Erinnerung an die Niederlage der Stadt Mainz gegen ihren Erzbischof 1462, über deren Ursachen man sich durchaus im Klaren war249. Dieses Menetekel hat das Handeln der Führungsschichten nachhaltig beeinflusst und ihnen die drohenden Gefahren deutlich vor Augen geführt. Überlieferungsbedingt steigt für die Zeit seit ca. 1450 die Zahl der Quellen für Fragen der wirtschaftlichen Entwicklung und des städtischen Steuerwesens: So ist schon aus den Jahren ab 1432 wieder eine steigende Zahl von städtischen Verordnungen vor allem für das Wirtschaftsleben überliefert, pro Jahrzehnt bis 1500 drei bis sieben Ordnungen. Möglicherweise ist diese Intensivierung auch auf den seit 1430 nochmals gesteigerten Einfluss der Zünfte auf den Rat zurückzuführen (s.o.). Aus der Zeit um 1450 ist ein Verzeichnis von Zollsätzen des kurz nach 1400 erstmals belegten städtischen Kaufhauses erhalten, das die Abgaben für den Verkauf von Tuchen, Waid, Farben, Wolle, Leinwand, Zwillich, Barchent, Garn, Harz, Pech, Seife, Kreide, Papier und Eisen auflistet und auch die Pfingstmesse erwähnt 250. Genannt werden dazu verschiedene Ledersorten, Felle sowie eine Reihe von Fischsorten. Um diese Zeit, aus der auch eine Steuertabelle für die Erhebung der Vermögenssteuer und eine Ordnung für die zunftmäßig organisierten Krämer bzw. Hausierer erhalten ist251, stand der Rat in Streitigkeiten mit einer religiösen Frauengemeinschaft wegen der durch diese gegebenen Konkurrenz auf dem Gebiet der Textilproduktion 252: Der Gudelmannkonvent (Reichkonvent) schloss 1469 mit der Stadt einen Vertrag über die Festlegung der Zahl gestatteter Webstühle im Rahmen seiner marktorientierten Tuchproduktion ab. Noch zu Beginn des 16. Jahrhunderts sind die Leinweber gegen die Konkurrenz durch die Frauen vorgegangen. Ungeachtet der auch durch die formale Anerkennung der bischöflichen Position ermöglichten Phase äußerlicher Ruhe ließ sich seitens der Stadt ein Anwachsen der Bedeutung der Kurpfalz nicht verhindern. Wie verhängnisvoll der bis vor die Tore der Stadt rei-

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chende Zugriff sein konnte, zeigte sich anlässlich der in einer Fehde der Pfalzgrafen mit Kurmainz im Juni 1460 erfolgten Zerstörung des Cyriakusstifts in Neuhausen253, aus dem die Reliquien des Stiftspatrons nur mit Mühe geborgen und in den Dom gerettet werden konnten. Ein klares Indiz für die Bemühungen um Einflussnahme sind auch die starken und seit ca. 1425 sehr lebendigen Reformansätze in etlichen Wormser Klöstern, die vom Bischof und dem benachbarten Landesherrn gleichermaßen gefördert wurden 254. Einen neuen Höhepunkt im Verlauf der kurpfälzischen Machtausweitung markieren dann die 1482 einsetzenden dramatischen Konflikte um die Stadtherrschaft.

Die Konflikte um Einritt und Eidesleistung Bischof Johanns von Dalberg 1482/83 Im Gegensatz zu den Familien seiner Vorgänger war die aus der bischöflichen Ministerialität stammende niederadlige Familie von Dalberg, seit dem 13. Jahrhundert mit dem Titel der bischöflichen Kämmerer von Worms versehen, eng mit der Stadt Worms und ihrem direkten Umland verwoben255. Die Familie schickte sich an, ihre kleine territoriale Herrschaft nördlich von Worms gezielt auszubauen, wovon die Grablege der Familie in der Herrnsheimer Pfarrkirche bis heute ein eindrucksvolles Zeugnis ablegt (Abb. 90 S. 763). Die erstaunliche akademische Karriere des sehr jung zum Bischofsamt gekommenen Johann von Dalberg und seine von Beginn an überaus engen Verbindungen zu dem auf die Wahl entscheidenden Einfluss nehmenden pfalzgräflichen Hof (ein Jahr vor der Bischofswahl wurde er Kanzler der Kurpfalz) heben sich von den konventionelleren Karrieren seiner beiden Vorgänger ab. Vor allem die fundierte Ausbildung auf dem Gebiet der Rechtswissenschaften und seine diesbezüglichen italienischen Erfahrungen markieren ein ganz neues Element der Qualifikation und begründeten ein überregionales Beziehungsnetz mit positiven Wirkungen auf den materiell nicht gerade üppigen Wormser Bischofshof als Mittelpunkt des schmalen Hochstifts. An Erfahrungen, Kontakten und Wissen stand Dalberg, seit 1472 durch Nomination Inhaber einer Domherrenstelle in Worms, später auch in Mainz und Trier, ab 1480 Dompropst und somit im Zentrum des politischen Geschehens in Bistum und Hochstift stehend, auf einem beachtlichen Niveau. Dazu gesellt sich die Verbindung zu den Pfalzgrafen, die Johann von Dalberg sicher nicht zu einem Handlanger, jedoch zu einem ganz entschiedenen Parteigänger des für Worms so bedrohlichen und wichtigen Nachbarterritoriums gemacht hat. Werdegang und Horizont des aus Italien stammenden Dompropstes (nach 1482) und seit 1470 Stiftspropstes von St. Andreas Petrus Antonius de Clapis256 verdeutlichen dabei beispielhaft das personelle Umfeld und die Stützen der Herrschaft des Bischofs. Der in Worms bepfründete Geistliche und Frühhumanist wurde in vielfältigen Gesandtschaftsdiensten an die Kurie eingesetzt und hat zahlreiche diplomatische Missionen für den Heidelberger Hof durchgeführt, ein Zeichen für die intensive Nutzung Wormser geistlicher Ressourcen für Belange der Kurpfalz und die Tendenz zur sozialen Ablösung des Stiftsklerus von den Familien in Stadt und Region. Insgesamt bleibt das Bild des Domkapitels in den Konflikten der Jahre ab 1483 merkwürdig schemenhaft und wenig profiliert. Die seit dem 15. Jahrhundert sicher beim Domstift, in abgeschwächter Form auch bei

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den übrigen Stiftsgemeinschaften, verstärkte allgemeine Tendenz zur herkunftsmäßig-familiären Isolierung der Stifte darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es bis in diese Zeit hinein enge soziale Kontakte zwischen führenden stadtbürgerlichen Familien und Wormser Stiften gegeben hat. So wurden nach wie vor Stiftungen und Vermächtnisse für diese fixiert. Als Belege für diese Verflechtungen seien nur das testamentarische Vermächtnis eines Wormser Altbürgermeisters vom Februar 1483 zu Gunsten von St. Andreas und die Bestattung eines Altratsherrn in der zu St. Paulus gehörenden Pfarrkirche von St. Rupertus Anfang 1488 angeführt, denen gleichzeitige Bestattungen bei den dem Rat und den städtischen Familien an sich viel näher stehenden Dominikanern an die Seite zu stellen sind 257. Die ersten, ruhigen Monate nach der Wahl Dalbergs im Sommer 1482 endeten um die Mitte des folgenden Jahres. Informiert sind wir über die Geschehnisse in außergewöhnlichem, wenngleich tendenziösem Detailreichtum aus städtischen Quellen, die unmittelbar nach der Zuspitzung in der zweiten Hälfte 1483 abgefasst wurden. Die Berichte – mit zahlreichen wörtlichen Reden – verweisen in Stil und Aufmachung bereits auf die ab 1487 berichtenden offiziösen »Acta Wormatiensia«, auf die noch gesondert einzugehen ist258. Erkennbar werden ein zunächst reibungsloser Ablauf der später so umstrittenen städtischen Ämterbesetzung im Herbst 1482 durch einen vom Bischof beauftragten Domgeistlichen, eine Reihe bischöflicher Aufenthalte bereits vor dem ersten offiziellen Einritt sowie eine massive Einflussnahme kurpfälzischer Räte auf das Handeln des jungen Geistlichen. Den Anlass für den Ausbruch fundamentaler Konflikte gab dann die Diskussion um den Wortlaut der beim Einzug zu leistenden (gegenseitigen) Eide beider Seiten, wobei der von der Stadt vorgelegte Text von den pfalzgräflichen Räten abgelehnt wurde. Es ist kaum erkennbar, inwieweit hinter der Eidesverweigerung in erster Linie die Politik der Ratgeber aus Heidelberg oder das Anliegen des ehrgeizigen Geistlichen selbst gestanden hat, klare Grenzen zur Stadt und ihrem Rat mitsamt seinen gewachsenen Herrschaftsansprüchen zu ziehen. Der Streit, an dem der Einigungsversuch scheiterte, ging einerseits um die Worte unser fryenstatt, andererseits um die Aufnahme der Verpflichtung der Stadt in den Eid, Rechte und Freiheiten von Bischof und Stift zu schützen259. Durch die Weigerung, dem Herkommen gemäß die rituellen Eidesleistungen und damit den durch Übereinkunft gestifteten öffentlich sichtbaren Herrschaftsantritt zu vollziehen, trat im Herbst 1483 eine geradezu anarchische Phase mit einem als bedrohlich empfundenen Ordnungsvakuum ein, in welches die Kurpfalz drohend eingriff und nahezu eine Fehde gegen die Stadt vom Zaun brach. Eine solche wäre weder politisch zu schultern noch ökonomisch durchzuhalten gewesen. Bereits hier – während der ersten Phase der Beziehungen beider Seiten – werden die Schwierigkeiten einer angemessenen Problemlösungsstrategie und die gegenseitige Blockade beider Seiten erkennbar. Schließlich wurde der vollzogene Einritt Johanns von Dalberg 260 im September 1483 von dem Schwurzeremoniell abgetrennt, zu dessen Vorbereitung weitere Personenkreise und Städtevertreter in die Wormser Konflikte einbezogen wurden. Auf einem nach Speyer einberufenen Rechtstag im Oktober trafen dann die Parteien aufeinander. Die Ratsvertreter befanden sich dabei in einem doppelten Dilemma: Zum einen galt es, geforderte Eingriffe in die überkommene Verfassung – wie die wiederholt betonte Forderung nach einem ei-

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genen Schwur der Gemeinde gegenüber Bischof und Geistlichkeit – abzuwehren, zum anderen musste man auf die Stimmungslage des gemeinen Mannes Rücksicht nehmen, bei dem ob der Länge der Verhandlungen und ihrer gleichzeitigen Erfolglosigkeit rasch Unwillen aufzukommen drohte. In dieser Situation galt es, die Zünfte, durch die die Gemeinde organisiert wurde und damit kontrollierbar war, in die Verhandlungen einzubeziehen. Es gelang offenbar durch die Hineinnahme der Zunftmeister und weiterer Vertreter in die Gespräche und ihre Entsendung in die Bürgerschaft, eine uneingeschränkte Loyalitätsbekundung zu erlangen. Auf der Grundlage der so erweiterten Legitimationsbasis trat man umso geschlossener den auch anderweitig belegten Versuchen des Bischofs entgegen, die städtische Seite zu spalten. Die Aufweichung des nach außen einheitlich erscheinenden Ratshandelns wurde auch durch gezielte Einzelkontakte Johanns von Dalberg zu bestimmten Ratsmitgliedern versucht. Die Ratleute hielten jedoch augenscheinlich an Entscheidungen im Gremium fest. Auf dem Speyerer Rechtstag, auf dem die Stadt Worms Ratsfreunde aus Frankfurt, Straßburg, Speyer und Basel auf ihrer Seite hatte, ist erstmals ein Element erkennbar, das in der Folgezeit immer wichtiger wurde und das die Art der Konfliktaustragung zu verändern begonnen hatte: die erhebliche Rolle von Juristen und juristisch geschulten Vertretern beider Seiten und das Bemühen um schriftliche Absicherung der jeweiligen Rechtsposition durch Anfertigung von Abschriften wichtiger Dokumente 261. Gewaltandrohungen schufen ein Klima der Angst. Strittig waren neben den Eidestexten, deren höher als bisher eingeschätzte Bedeutung symptomatisch für die gewachsene Verrechtlichung des Zusammenlebens in der Stadt ist, und dem für den Rat außerordentlich gefahrvollen Gemeindeschwur die Verfügung über die vom Bischof beanspruchte jährliche Vergabe des Gerichtssiegels und damit die Legitimation der Gerichtsbarkeit in der Stadt sowie die Frage nach der Örtlichkeit der Ratsversammlungen. Es wurde der Vorwurf geheimer Beratungen in einer Trinkstube anstelle der vorgeschriebenen Beratung im Domumfeld und damit unter der Aufsicht und in der Rechtssphäre des Bischofs erhoben. Der Rat verwies in den Schwierigkeiten des Spätjahres 1483 auf seine rechtlichen Bindungen an das Reich und die entsprechenden Verpflichtungen gegenüber der Gemeinde und führte diese Umstände als Hinderungsgründe für jedwede Veränderung der hergebrachten Gewohnheiten ins Feld. Schließlich fand man – auch auf Betreiben der auf eine Einigung drängenden befreundeten Städte – zu einem für den Rat nicht unproblematischen Formelkompromiss, der die Ratswahl möglich machte. Entscheidend für die auf die Wahrung der Rechte des Hochstifts und des Klerus abzielende Politik Johanns von Dalberg und seinen gemeinsam mit dem Domkapitel errungenen Etappensieg war die Rückgriffsmöglichkeit auf die Macht der Kurpfalz. Diese nutzte die Schwäche der Stadt und den Zwang zum Kompromiss im Dezember 1483 zum Abschluss eines die Stadt knebelnden Schirmvertrags auf nicht weniger als 60 Jahre aus, der mit nicht geringen Geldzahlungen verbunden war, eine bereits seit langer Zeit geübte, nun aber verschärfte Praxis, mit der die Stadt zusätzlich in den Würgegriff genommen wurde262. Im Vergleich zu den zuletzt um 1400 zugespitzten Konflikten zwischen Rat und Klerus spielte 1483 die Frage nach den geistlichen Sonderrechten in steuerlicher und anderer

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Hinsicht keine erkennbare Rolle, vielmehr waren es Formulierungsstreitigkeiten, in denen aber von den Akteuren genügend potenzieller Sprengstoff für das künftige Zusammenleben erkannt wurde, um nahezu bis zum Äußersten ausgefochten zu werden. Inwieweit die berichtete Einheitlichkeit der Ratspolitik der Wirklichkeit entsprochen hat, erscheint übrigens angesichts der Tatsache zumindest fraglich, dass für die folgenden Jahre Brüche und Fraktionen hier und dort deutlich erkennbar werden. Insgesamt dürfte der Rat jedoch nach innen gestärkt aus den Schwierigkeiten herausgekommen sein.

Die Politik des Rates im Wandel (1483 bis 1499) Nach zunächst leidlich ruhigen Jahren spitzten sich die Konflikte im Jahre 1487 erstmals wieder zu, Auftakt zu einer sich bis 1499 hinziehenden Verkettung von immer neuen Schwierigkeiten 263. Zunächst ist ein Ereignis zu erwähnen, das auf den ersten Blick gar nichts mit den Konflikten zu tun zu haben scheint, nämlich ein zwischen März und Juli 1487 betriebener städtischer Versuch der Vertreibung der Juden 264. Die Bestrebungen, welche vermutlich vor allem von zünftisch-gemeindlichen Kräften her Nachdruck erhalten haben dürften, werfen ein Licht auf die potenziellen Spannungen auf der städtischen Seite. Kaiser Friedrich III. war es, der mit massiven Drohungen gegen die Stadt – den Entzug seiner Gunst und fundamentaler rechtlicher Grundlagen – den Versuch vereitelte, sodass die Stadt das Unternehmen abbrach. Im Jahr 1488 kam es dann zu einer vertraglichen Regelung des hergebrachten Verhältnisses zum Bischof, erst 1505 wurde ein vollständiger städtischer Zugriff auf die Rechte der bzw. an den Juden unternommen. Friedrich III. war es dann auch, der in der zweiten Jahreshälfte den Anstoß für eine weitere Runde im Kampf um Fragen der Stadtverfassung einläutete, indem er der Stadt und ihren am Hof verkehrenden Vertretern deutlich seinen Zustimmungsvorbehalt hinsichtlich zu leistender Eide und neuer Verträge mit dem Bischof einschärfte. Die Ratsvertreter fühlten sich zum Handeln legitimiert, ja ermuntert und verweigerten die traditionelle Verlesung der Texte der Rachtungen und damit die öffentlich-rituelle Bekräftigung der seitherigen Grundlage des Zusammenlebens. Wie sehr die wiederum unter Beteiligung kurpfälzischer Räte stattfindenden Entwicklungen als Einschnitt eingeschätzt wurden und wie stark die Zuspitzung durch die Einschaltung der Reichsebene empfunden wurde, zeigt, dass eben in diesem Jahr die Stadt mit der Anlage der »Acta Wormatiensia«, offiziösen Schilderungen der Ereignisse durch den um 1430 geborenen Stadtschreiber Adam von Schwechenheim, begonnen hat, die uns nun über zahlreiche Details städtischer Politik informieren 265. Adam von Schwechenheim hatte an der Kölner Universität studiert, besaß juristische Kenntnisse und kam wohl um 1481 nach Worms; von 1492 bis zu seinem Tod 1512 hatte er das wichtige Amt des Leiters der städtischen Kanzlei und als Exponent der städtischen Verwaltung inne und war auch stark in diplomatischen Diensten aktiv. Er stand in engem Kontakt zu dem Bürgermeister Reinhard Noltz, auf den im Zusammenhang mit seinem »Tagebuch« noch einzugehen ist. Die Vertreter der durch die Verträge in der Stadt faktisch mitregierenden Kurpfalz versuchten durchzusetzen, dass neben dem Rat auch die Gemeinde gehört und in die Verhandlungen um die Verlesungsfrage einbezogen werden sollte. Erwartungsgemäß lehnte

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der alte und neue Rat dieses potenziell gefährliche und delegitimierende Ansinnen strikt ab und verwies darauf, die gemeynde zuobesameln an ein end were nit gewonheit auch nie gesehen oder gehort. Wenn der Gemeinde etwas mitzuteilen sei, beruofft man die zunftmeister und hilt ine dasselb vor, die sagten dann further in den zeunfften der gemeynde des rats meynung. Der Rat weigert sich … lange die gemeind zuo sameln, musste sich jedoch dem Druck beugen und war schließlich bereit, die Gemeinde in sechs Zunfthäusern zusammenzurufen266. Als Verbindungsleute zum Rat wurden zunächst die Zunftmeister einberufen. Die Taktik, Zwietracht zwischen Rat und Zunft- bzw. Gemeindevertretern zu säen, die Legitimation des Ratshandelns zu erschüttern und auf unterschiedliche Interessen beider Seiten zu hoffen, ging partiell auf, sodass der Rat wegen fortgesetzter Einschüchterungen sowie befürchteter Gefolgschaftsverweigerung der Gemeinde sein Vorhaben zurückstellte und sich mit der Verlesung der Rechtstexte einverstanden erklärte. Auch die Speyerer Ratsfreunde rieten zu Kompromissbereitschaft. Die Vertreter des Rates waren allerdings in besonderer Weise um enge Konsultationen mit den Zünften und ihren Vertretern bemüht. Gleichzeitig versuchte der Rat Schadensbegrenzung auf der Reichsebene; man war bestrebt, die Bindungen an das Reich als unabdingbare Grundlage des Rechtslebens aufrecht zu erhalten und zu verstärken. Im Ergebnis erbrachten die Konflikte weder eine Änderung des Schwebezustands noch der formalen Rechtsgrundlagen der Stadtverfassung. Eine wichtige, in ihrer tatsächlichen Bedeutung jedoch nur schwer einschätzbare Begleiterscheinung der sich zuspitzenden inneren Situation auf Seiten der Stadt und des Rates war der ab dem Jahresende 1488 forcierte Wegfall der rechtlichen Sonderstellung der Hausgenossen, deren seit dem Hochmittelalter fixierte Sonderposition in Gerichtsbarkeit und Rechtsleben der Stadt bis 1491 nachhaltig und erfolgreich beseitigt wurde267. Ohne dass über die Zusammensetzung der Gemeinschaft Näheres bekannt wäre, können wir davon ausgehen, dass die Familien in sozialer Nähe zum Niederadel standen bzw. sich an adligen Lebensformen orientierten, zu denen auch Lehensbindungen an die Bischöfe gehörten. Dies musste angesichts dauerhafter Spannungen mit der Geistlichkeit zu Loyalitätskonflikten führen. Die Grabinschriften von Hausgenossen in dem mit der Stadt eng verbundenen Dominikanerkloster von 1504 und 1507 stehen in direktem Zusammenhang mit Ritterbürtigkeit268. Möglicherweise haben sich bereits früher angelegte Spannungen im Laufe des Jahres 1488 verschärft, jedenfalls berichten die Quellen, die hetten sich in ungehorsam etwas auffgethan gegen dem rat etc.; ausdrücklich ist die Rede von Zwietracht und Irrung sowie vom Auftreten des Anhangs der Hausgenossen als Widerspruchsführer 269. Es gelang Ende 1488, die kaiserliche Zustimmung zur Mediatisierung der Hausgenossen zu erlangen270. Trotz mancherlei Unklarheiten in der Bewertung kann man diese vielleicht als Niederlage einer vorsichtig-abwartenden Partei im Rat gegen die Dynamik einer Richtung jüngerer homines novi mit akademischem Hintergrund werten, als deren nun immer wichtiger werdende Exponenten der Schultheiß und spätere Bürgermeister Reinhard Noltz und Adam von Schwechenheim gelten können. Noltz (s. u.) war selbst Mitglied der Hausgenossenschaft und trat zum Entsetzen seiner Standesgenossen auf der Seite der Gemeinde in den Rat ein. Es zeichnet sich im Handeln dieser beiden Männer ab, dass die Spielräume für gebildete und agile Einzelpersonen an der Stadtspitze größer wurden, dass

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sich die Last der Verantwortung auf wenige, anders als bisher profilierte Persönlichkeiten verlagerte, wofür der 1488 auftretende Stadtadvokat Meister Peter vom Stein gen. Kreuznach, Lizentiat der Rechte, ebenfalls beispielhaft steht271. Die Monopolisierung der obrigkeitlichen Machtstellung des Rates hat mit der Machtverschiebung an der Stadtspitze einen wichtigen Schub erhalten. Diese Richtungsentscheidung in der Stadtspitze ging offenbar auch mit dem weiteren Rückgang der Lehensbindungen führender Familien an das Hochstift einher, womit eine weitere traditionelle Brücke zwischen beiden Seiten weitgehend beseitigt wurde. Folgen hatte das Verschwinden der Sonderstellung der Hausgenossen auch für die Entwicklung der städtischen Repräsentationsbauten und Fragen der Verfassungstopografie. Wir vermögen die Entwicklung der baulichen Gestalt des Bürgerhof-Komplexes seit 1491 zu verfolgen, als der Rat die »Münze« aufgekauft und sofort mit der repräsentativen Ausstattung des Gebäudekomplexes begonnen hat. Der Name »Münze« leitet sich wohl von der ursprünglichen Funktion des nördlichen Hauses ab, das 1491 auf die Stadt überging 272. Die Stadt besaß bereits das südlich angrenzende, ab etwa 1500 als Gerichtshaus genutzte Gebäude. Der dritte Teil, die sogenannte »Neue Münze« war vermutlich um 1420 aus einem älteren Mehl- und Backhaus der Stadt entstanden und entstammte in der überlieferten Form wohl der Regierungszeit des Bischofs Johannes von Fleckenstein (1410 –1426). Bereits ab 1493 begann man nun seitens der Stadt, den Komplex von Gebäuden in repräsentativer und aussagekräftiger Weise mit Monumentalmalereien und Inschriften als Demonstration des eigenständigen Herrschaftsanspruchs zu versehen und auf den Baulichkeiten damit – in einer Zeit heftiger und ins Grundsätzliche gehender Konflikte mit den Bischöfen – den Rechts- und Herrschaftsanspruch unübersehbar zu verdeutlichen (Abb. 21, S. 244). Die Bemalung durch den Maler Nikolaus Nievergalt umfasste ein Distichon zur Kaiserverehrung, eine Inschrift zur Stadtfreiheit sowie Gemälde von Kriemhild, Siegfried und zwei Riesen; zum Ausdruck gebracht werden sollte der Gedanke der städtischen Libertas und die Verbundenheit der Stadt mit dem Reichsoberhaupt273. Einer der wichtigsten Gründe für das ehrgeizige städtische Bauprogramm dürfte in den vorausgehenden, seit den 1430er Jahren unter den Bischöfen Reinhard von Sickingen und noch verstärkt unter Johann von Dalberg gemeinsam mit dem Domkapitel intensivierten Baumaßnahmen am Dom und im Dombereich zu sehen sein. Allerdings hat der Bischof die geringste Zeit seines Pontifikats selbst in Worms verbracht, vielmehr hielt er sich meist in Heidelberg oder Ladenburg auf. Dalbergs Bedeutung als versierter und hochgebildeter Humanist, als vielseitig interessierter Sammler von Büchern und Handschriften, archäologischen Stücken, Inschriften und anderem sowie als Mitglied eines Kreises namhafter Gelehrter ist außerordentlich hoch einzuschätzen. Geringer war dagegen das unter seinem Vorgänger so ausgeprägte Interesse an Fragen der Klosterreform. Die städtische Seite konnte in dem gezielten Ausbau des Domumfeldes eine Demonstration bischöflicher Macht erblicken. Insbesondere die ab 1484 erfolgende gotische Erneuerung des Kreuzgangs und eines Teils der Stiftsgebäude mit einer programmatischen Ausstattung (vgl. Abb. 20) dürfte die Abwendung der Stadt von bestimmten Funktionen des Domes und des Dombereichs beschleunigt und Bemühungen um ein eigenständiges bürgerliches Zentrum verstärkt haben 274.

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Abb. 20: Wormser Dom, Wurzel Jesse, Stiftung durch Bischof Johann von Dalberg, um 1488

Der Rat hat demnach seit etwa 1490 eine umfangreiche »Propaganda« in Wort, Schrift und Bild begonnen. Durch Inschriften, die bauliche Ausgestaltung und Ausschmückung des Münzhauses zum zentralen städtischen Repräsentations- und Rechtsort, die Abfassung offiziöser historiografischer Werke mit einer ausgeprägten Geschichtsideologie und ihrem gezielten Einsatz in den Rechtsstreitigkeiten (s. u.), die seit 1498 forcierte Nutzung des neuen Mediums Druck, womit auch Johann von Dalberg arbeitete, in Form vom Rat in Auftrag gegebener Flugschriften 275, sowie durch den Auf- und Ausbau des skizzierten neuen kommunalen Symbolreservoirs ging die Stadt massiv in die Offensive276. Getragen von der Vorstellung der Reichsfreiheit der Stadt entstanden bis in die ersten Jahre des 16. Jahrhunderts neue Denkmäler und Schriften, neue städtische Siegel (kurz nach 1505/ 08277; die Umschrift lautete: LIBERA WORMACIA SACRI ROMANI IMPERII FIDELIS FILIA, »freies Worms, getreue Tochter des heiligen römischen Reiches«, es fand bis zum Ende der reichsstädtischen Zeit Verwendung) und Wappen, neu konstruierte Geschichtsbilder und umgeformte Sagenfiguren aus dem Umfeld der Nibelungentradition bis hin zur Aufführung von so genannten Königsspielen, von Noltz bezeugten theatralisch-spielerischen Inszenierungen zur Verherrlichung der Reichsbeziehungen 278. Der Bezug auf die Reichsfreiheit wurde seit den späten 1480er Jahren zur rechtlichen und gleichsam ideologischen Grundlage des städtischen Handelns. Gleichzeitig wurden Wandlungen in

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Abb. 21: Haus zur »Münze«, ab 1491 vom Rat repräsentativ ausgebaut und ausgeschmückt, Zeichnung von Peter Hamman, 1690 (StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 48)

der Verfassungstopografie in Gestalt einer Verlagerung von Beratungs-, Rechts- und Versammlungsorten aus dem Umfeld von Bischof und Dom zugunsten des neuen kommunalen Zentrums massiv vorangetrieben. Der Demonstration der immer weiter überhöhten Verbundenheit der Stadt mit dem Reichsoberhaupt dürfte auch der glänzende Reichstag des Jahres 1495 weiteren Auftrieb gegeben haben (s. u.). Zu beobachten ist im Jahr 1494 die eigenmächtige Ratsbesetzung an der neuen Münze und die von Seiten der Bischöfe erbittert bekämpfte Verlegung des Ortes für das Hochgericht vom Bischofshof zum Rathaus. Mit dieser Neuerung wurde eine der ältesten und wichtigsten Funktionen des Domplatzes massiv infrage gestellt 279. Zu dieser Zeit hatte der Gebäudekomplex bereits einen derart hohen Stellenwert, dass er im Rahmen des Reichstags von 1495 als Versammlungs- und Beratungsort bezeugt ist. Während die städtischen Kräfte sich auf diese Weise bis um 1490 neu formierten und der Rat sein Herrschaftsmonopol über Bürgerschaft und Gemeinde zumindest prinzipiell

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auszubauen vermochte, war Johann von Dalberg intensiv um die weitere Verrechtlichung, Fixierung und Absicherung seiner auch materiell-finanziellen Position in Stadt und Hochstift bemüht, wovon unter anderem das 1490 angelegte Salbuch für einen Teil seiner Herrschaft Zeugnis ablegt280. Die Beteiligung der städtischen Gerichtspersonen und des Schultheißen (eben Reinhard Noltz) an der Feststellung bzw. Neufixierung der dem Bischof zustehenden Kammerzinsen bzw. Einnahmen von Grundbesitz in Worms zeigt auf, dass neben den Konflikten auch immer die Normalität des Zusammenlebens und eine enge Kommunikation beider Seiten angenommen werden kann. Zu einer erneuten Zuspitzung der Verhältnisse kam es im Gefolge der im Juni 1494 von der Stadt geleisteten, neuerdings eingehend untersuchten Huldigung der Stadt gegenüber dem neuen Herrscher Maximilian I. im Juni 1494281. Trotz einer Reihe von peinlichen Pannen manifestierte die Zeremonie nun eine eidlich bekräftigte Bindung an den Reichsherrscher. Bemerkenswert an dem Rechtsakt ist neben der gegen den geistlichen Widerstand durchgesetzten Örtlichkeit, dem Platz vor dem Haus zur Münze, auch die Tatsache, dass auf Wunsch des Herrschers neben dem Rat auch die Gemeinde die Huldigung geleistet hat. Mit der Ableistung des Huldigungseides wurde der Herrscher als rechtmäßiges und alleiniges Stadtoberhaupt anerkannt. Der Text des Rechtsakts, mit dem eine Stärkung der königlichen Stellung auf Kosten der Interessen des ignorierten Bischofs einherging, stellte eine Neuerung gegenüber bisherigen Huldigungen dar und band die Stadt in besonderem Maß an den neuen Herrscher. Der Herrscherbesuch markiert eine neue Stufe der von nun an permanenten Konfrontation. Maximilian stand zwar grundsätzlich auf Seiten der Stadt Worms, suchte jedoch unter Rücksichtnahme auf die Opposition der Reichsfürsten eine Kompromisslösung. Wenige Wochen nach dem Besuch des Herrschers hielten die Wormser ein Pergament mit der Aufhebung der dem Reich zuwiderlaufenden Verträge mit dem Bischof in den Händen. Zusammen mit einem bereits 1488 erlassenen Diplom Friedrichs III., worin die eigenständige Rechtssetzungsgewalt des Rates bekräftigt wurde, besaß man damit ein wichtiges juristisches Mittel282. Folgerichtig wurden die Eide und Verträge außer Gültigkeit gesetzt. Ein neuer Ratseid wurde anlässlich der Ratsbesetzung Anfang Oktober 1494 eingeführt, zeitgleich erfolgte ein Vorstoß zur Ausweitung gerichtlicher Rechte und Einkünfte. Die von Johann von Dalberg am kaiserlichen Hof dagegen geführte Klage Ende 1494 provozierte stark mit historischen Argumenten arbeitende Entgegnungen des Rates. Dieser konnte nun offenbar auf ein geschlossenes, historisch legitimiertes Bild seiner Geschichte und seiner Rechte zurückgreifen, Ergebnis der Bestrebungen um eine gleichsam maßgeschneiderte städtische Geschichtspolitik. Von nun an wurde die jährliche Ratsbesetzung für einige Jahre ohne die bischöfliche Zustimmung durchgeführt. Diesen Bruch des Herkommens konnte Johann von Dalberg in keinem Falle dulden. Ob bzw. inwieweit das neue Verfahren andere Kräfte und Personen als bisher in die Stadtspitze gebracht und damit zu einer Machtverschiebung geführt hat, ist unklar, aber eher unwahrscheinlich. Zu den wichtigsten Wandlungen und Neuerungen der Zeit ab ca. 1488 gehört die Kodifizierung des Wormser Stadtrechts, wofür die erwähnte königliche Urkunde von 1488 den Boden bereitet hatte. Spätestens ab 1495 dürften die Vorarbeiten für das neue Stadtrecht, die im August 1499 erlassene Wormser Reformation283 begonnen haben. Auch die

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M ITTELALTER (1254–1521) Abb. 22: Titelseite der Stadtrechtsreformation mit zwei Drachen als Wappenhaltern, 1499 (StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 35)

Tätigkeit des 1497 hier tagenden königlichen Kammergerichts (s. u.) blieb nicht ohne Folgen für den großen Zug zur verstärkten Verrechtlichung, zur Durchdringung des öffentlichen und vor allem des politischen Lebens mit Rechtsfragen, zur drastisch gestiegenen Wertschätzung und Gültigkeit des römischen Rechts und zu Versuchen, sich umfassend juristisch abzusichern, wofür auch entsprechend geschultes Personal vorgehalten werden musste. Der Grund für die Kodifikation des auch überregional bedeutsamen Stadtrechts liegt unmittelbar in den Auseinandersetzungen mit dem Klerus und unterstreicht den umfassenden Herrschaftsanspruch des Rates. Dabei dominiert das Prozessund Gerichtsverfassungsrecht gegenüber dem materiellen Recht. Fast alle Rechtsmaterien wurden geregelt (Privatrecht, Vormundschafts- und Erbrecht, Kauf- und Pfandrecht; eheliches Güterrecht, Straf- und Strafprozessrecht). Das in einer zweiten Ausgabe 1507 neu veröffentlichte Recht (bis 1564 erschienen insgesamt neun Druckausgaben) blieb die formale Grundlage des Zusammenlebens in der Stadt bis zum Ende des Alten Reiches.

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Der Auszug des Stiftsklerus 1499 als Wendepunkt Seit dem Jahresende 1498, nachdem erneut eine Ratswahl ohne bischöfliche Bestätigung stattgefunden hatte, verschärfte sich die Lage zusehends. Wenige Wochen nach der Wahl setzten die Zünfte einen 100-köpfigen Ausschuss zur Unterstützung des Rates in seinem Kampf gegen den Klerus ein, womit sich der neu gewählte Rat einer weitgehenden Hilfe durch die Kräfte der Gemeinde versichert hat284. Bereits im März 1499 erließen Bürgermeister und Rat ein an die Kirchentüren angeschlagenes Mandat zur Unterbindung des Weinausschanks, um den Verlust von Ungeldeinkünften zu vermeiden 285. Einher ging diese Maßnahme mit einer verschärften Überwachung der Einhaltung gegenüber der Gemeinde; der Rat verhängte und vollstreckte drastische Strafen gegen Zuwiderhandlungen. Im Frühjahr 1499 gelangte der Druck der Stadtrechtsreform bei Peter Drach in Speyer zum Abschluss. Er zeigt erstmals das neue Wappen der Stadt mit den beiden Lindwürmern als Schildhaltern, womit der Rat das seit dem hohen Mittelalter in Siegeln, Maßgefäßen (Abb. 17) und anderswo präsente Drachensymbol – auch und gerade Zeichen der entmachteten Hausgenossen – offiziell übernahm. Zum Jahr 1505 wird berichtet, dass römische Rechtsquellen in städtischem Auftrag gedruckt worden seien, was als weiteres Indiz für die zunehmende Bedeutung vor allem des römischen Rechts gewertet werden kann286. Im April 1499 reagierte Bischof Johann von Dalberg, indem er im Rahmen einer Synode einen in Heidelberg gedruckten Erlass an den Klerus seiner Diözese herausbrachte, in dem liturgisch-gottesdienstliche Anordnungen gegeben und die Geistlichen ermahnt werden, in den gegenwärtigen und kriegerischen Zeiten, da sie selbst nicht in den Krieg ziehen und den Feind bekämpfen könnten, unablässig den Allmächtigen und Herrn über Krieg und Frieden im Gebet anzuflehen, den Frieden zu gewähren. Der Klerus wird moralisch gleichsam gerüstet für die Auseinandersetzung, die Aufrechterhaltung der gottesdienstlichen Ordnung und Liturgie wird als Moment der Standhaftigkeit und in seiner äußeren Zeichenhaftigkeit beschworen287. Zwei Monate später konterte der Rat seinerseits mit einem gedruckten Ausschreiben, in dem er ausführlich über die Vorgeschichte des Konflikts berichtet hat; die 500 Exemplare gingen an Fürsten, Herren, Städte in nah und fern288. Im August 1499 wurde dann mit offenbar großem äußeren Gepränge die erwähnte Stadtrechtsreformation verkündet und – in den Worten von Reinhart Noltz – der gemeine verkündet. Deutlich wird hier ein nochmals gesteigertes Obrigkeitsverständnis des Rates, dessen Herrschafts- und ordnungsgebende Machtansprüche neue Höhen erreichten. Der Rechtstext beanspruchte eine über die Stadt hinausgehende Allgemeingültigkeit; das aus überlieferten Quellen ermittelte kaiserliche Recht sei bewahrt und zur Stabilisierung der städtischen Obrigkeit, zur Förderung des »Gemeinen Nutzens« verfügbar gemacht worden. Wenige Wochen später, Mitte September 1499, zog dann der Klerus aus der Stadt aus, die Stiftsherren verteilten sich auf verschiedene Exilorte im Umland289. Über die genauen Hintergründe des spektakulären Aktes, über dessen Anlass und die organisatorischen Vorbereitungen sind wir kaum informiert. Auch ist die Reichweite der Maßnahme nicht ganz klar zu erkennen: Berichtet wird vom Widerstand gerade der armen gemeynen

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pfaffen gegen die Entscheidung des Klerus. Der Schritt stellte für die Geistlichkeit ein ganz erhebliches, offenkundig vollkommen falsch eingeschätztes Wagnis dar. Die städtischen Quellen registrieren den Vorgang mit großer Bitterkeit: Empört und voller Verachtung wird festgehalten, die Geistlichen hätten bei ihrem Auszug alle kirchengezierde mitgenommen, brachen dafeln ab an den wenden, namen seyle und swengel von den glocken; bereits vorher hätten sie damit begonnen, die heyligthum, kleynot, kirchengezierde, kelche, monstranzen, mesz- und singbücher, meszgewandt, chorkappen und dergleichen, die durch fromme Stiftungen der Vorfahren zu Stande gekommen seien, mitzunehmen, ohne das sie ir eygen seien. Sie hätten darüber hinaus die vielfach verehrte Marienstatue im von der Stadt maßgeblich mit errichteten Liebfrauenstift ir gewonlichen kleydung und gezierde abgezogen beraubt heimlich und heliklich ausz unser statt gefuret und entpfremdet. Der Klerus beraubt die Stadt ihrer Gnadenmittel und damit – in der Sicht der städtischen Führung – sich selbst jeder Legitimation seiner Tätigkeit und seiner bevorrechteten Sonderstellung. Dieses Bild vermitteln die städtischen Quellen in drastischer Form, wobei hier eine durchaus ehrliche Empörung durchscheint. Außerordentlich bedeutsam ist nun, wie der Rat auf diese Provokation und den unweigerlich drohenden Verlust der geistlichen Gnadenmittel samt weiterer politischer Isolierung reagiert hat290. Das entstandene Vakuum der religiösen Versorgung und Daseinsvorsorge wird rasch, energisch und – wie es scheint – erfolgreich ausgefüllt. Unter Fortführung bereits seit längerem angelegter Tendenzen wird nämlich das laikal-städtische Kirchenregiment massiv ausgebaut und institutionell verfestigt. Der Rat sucht der Gemeinde und dem Klerus gleichermaßen zu beweisen, dass man die »Pfaffen« nicht benötige und die religiöse und damit öffentliche Ordnung nicht von den alten Institutionen abhänge. Vor dem Hintergrund der erwähnten, in den 90er Jahren verfestigten Ideologie des Rates und seiner Rolle im Bereich der Kirche und der Tradition städtischer Religiosität werden zunächst die ohnehin im Bürgerrecht stehenden, mit den städtischen Familien aufs engste verbundenen Bettelorden in die Pflicht genommen, von denen allein die Dominikaner mit nicht weniger als 24 Geistlichen einen starken Konvent bildeten291. Der Rat bemühte sich, die verwaisten Pfarrkirchen mit angestellten Priestern zu besetzen und führte Klage darüber, dass die ausgezogene Geistlichkeit unter Missachtung der von den Vorfahren getragenen, nun eigenwilliglich abgestellten Stiftungen und Leistungen ihre Aufgabe ruhen lasse. Ein Grundproblem des geistlichen Handelns war die mangelnde Konsequenz in der Durchsetzbarkeit des Anspruchs auf alleinige Verwaltung der Gnadenmittel. Bereits 1500 erfolgte auf Ratsseite eine erste Zusammenstellung der städtischen Pflegschaften, Aufsichts- und Mitbestimmungsrechte in wirtschaftlichen und Finanzfragen, demonstrativ mit dem neuen städtischen Wappen versehen 292. Der Rat ordnete sofort das Geläut an Feiertagen an, die zum Teil verbliebenen, zum Teil neu verpflichteten Geistlichen füllten die Lücken aus, organisiert wurden mehrfache Prozessionen mit den Pfarrern und Kaplänen sowie den Priestern aus den Klöstern hinaus zur Liebfrauenkirche, an die sich der alte und der neue Rat sowie die Zunftvertreter mit Kerzen in den Händen anschlossen, da sang man und las viel messen und bredigten. Darzu was das gemeyn volck so willig und andechtig mer dann vor ye. In das Haus zur Münze lud man zum Essen die Pfarrer

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und Priester, die die Messen gelesen hatten und gab jedem darzu eyn albus. Von besonderer Bedeutung für die weitere Herausbildung einer städtischen Religiosität war das Liebfrauenstift, auf dessen spezifische Rolle um 1500 noch einzugehen ist293. Worms reiht sich damit in die große Zahl mittelalterlicher Städte ein, in denen der Rat zu diesem Mittel der »ritualisierten Ausdrucksform kollektiver Frömmigkeit« griff294. Hinzu treten die bemerkenswerten städtischen Bemühungen um die Einrichtung einer eigenen Lateinschule während des Jahres 1499, auf die Burkard Keilmann aufmerksam gemacht hat295. Der Versuch zur Beschneidung des klerikalen Bildungsmonopols verweist wie vieles andere bereits auf die wenig später so durchschlagend erfolgreiche reformatorische Bewegung. Für die in sich nicht einige Geistlichkeit hatten die Ereignisse die fatale Folge, dass ihre Legitimation in einem bis dahin unvorstellbaren Ausmaß infrage gestellt wurde und insbesondere die Stiftsgemeinschaften irreparabel in Misskredit gerieten296: Noch gefährlicher wurde die Situation, als die Stadt Anfang 1500 in einem Ausschreiben die Ereignisse beschrieb und ihre Haltung rechtfertigte. Hier wurde ein ganz neuer, umfassender Regelungsanspruch festgeschrieben, der zu einer dramatischen Defunktionalisierung, ja geradezu einer »Entzauberung« der Geistlichkeit im Sinne des bekannten Diktums von Max Weber samt einer fundamentalen Infragestellung ihrer Aufgaben in der Stadt und für diese führen konnte. Erst 1509, nach zehn Jahren, kehrte der Klerus nach Worms zurück. Immerhin haben sich die Wogen um die so heftig umstrittene Ratswahl der Jahre 1501 und 1502 wieder geglättet, sodass diese erstmals wieder nach altem Herkommen durchgeführt werden konnten. Auf städtischer Seite geht die Zeit ab 1480 mit einer Tendenz zur verstärkten Oligarchisierung an der Spitze der Stadt einher. Auftrieb erhielten die Tendenzen zur Ausweitung der obrigkeitlichen Stellung des Rates, massiv verstärkt durch die Stadtrechtsreformation 1499. Ganz neue Formen der Kommunikation und Selbststilisierung des Rates und seiner Herrschaft entstehen, ein neues kommunales Symbolreservoir, neue Legitimationsmöglichkeiten, ja eine neue Ideologie werden erkennbar. Stark waren die Tendenzen zur fortschreitenden Verrechtlichung, die sich auf städtischer Seite auf die Hilfe des Reiches und seines Oberhauptes stützen konnte, wobei die schwankende Haltung des Herrschers nicht unwesentlich zur nach modernem Verständnis unverständlich langen Verzögerung von Entscheidungen beigetragen hat. Für Bischof und Geistlichkeit fällt das Urteil für die Zeit seit 1483 ambivalent aus. Im Grunde vermochte weder Johann von Dalberg, in hohem Maße von der seit den 1490er Jahren schwindenden Unterstützung der Kurpfalz abhängig, seine Ansprüche durchzusetzen, noch konnte die Geistlichkeit ihm bei der Durchsetzung seiner Vorstellungen und damit auch ihrer Ansprüche helfen. Im Gegenteil: Der fatale Auszug 1499 und die unerwarteten Reaktionen des Rates bedrohten die ohnehin schwierige Stellung der Geistlichkeit ganz massiv. Gerade auch im Hinblick auf die gut 20 Jahre später einsetzende reformatorische Bewegung und ihre Sprengkraft besitzen diese Vorgänge allergrößte Bedeutung; sie bedürften in vergleichender Perspektive einer eigenen umfassenden Analyse. Zusammenfassend kann man als Charakterzüge der Entwicklung nennen: Die Schärfe der Konflikte, die verstärkte Bedeutung des Rechtslebens und die Zuspitzung auf Rechtsfragen, eine beidseitig umfassende »Propaganda« (Druck, Bauten und Inschriften; Chro-

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nistik), der Wegfall intermediärer Gewalten und die extreme Steigerung der Ansprüche auf beiden Seiten, der Ausfall traditioneller Schlichtungsmöglichkeiten, eine neu genutzte Legitimationsbasis des Ratshandelns unter Bezug auf die Reichsebene, die sich verändernde Zusammensetzung und damit auch eine schwindende Verankerung des Stiftsklerus in der Stadtbevölkerung, die fortschreitende Differenzierung der Geistlichkeit, massive Bestrebungen zu einer ratsobrigkeitlichen Kirchenordnung und das Hervortreten neuer Kräfte und Persönlichkeiten an der Stadtspitze.

Worms am Beginn des 16. Jahrhunderts Worms um 1500 Die Jahre um 1500, vor allem im Zeitraum von 1483 bis 1509, sind in Worms durch eine bemerkenswert dichte und vielfältige Quellenüberlieferung gekennzeichnet, die eine umfassende kulturgeschichtlich angelegte Strukturanalyse der Lage in der Stadt ermöglichen würde. Von herausragender Bedeutung ist dabei als wichtigste erzählende Quelle das schon mehrfach erwähnte so genannte »Tagebuch« des Bürgermeisters Reinhart Noltz297. Noltz, um 1450 geboren, stammte aus einer vermögenden Handwerksfamilie und studierte 1471 nachweislich in Heidelberg, 1472 (wie viele Wormser) in Köln, wobei der Erwerb des Magistergrads belegt ist. Seit 1489 war er Ratsmitglied, zudem fungierte er als Schultheiß, als Baumeister des Liebfrauenstifts sowie zwischen 1495 und 1517 mehrfach als Bürgermeister. Ab 1493 befand er sich im Auftrag des Rates mehrmals auf zum Teil ausgedehnten diplomatischen Missionen, vor allem an den Königshof; er starb Ende 1518. Sein Sohn Eucharius war etwa 1521 Kanoniker am Liebfrauenstift. Es wurde jüngst mit Recht darauf aufmerksam gemacht, dass die seit der Edition von Heinrich Boos eingeführte Bezeichnung »Tagebuch« im Grunde irreführend ist, da es sich um einen »an eine Öffentlichkeit gerichteten städtischen Ereignisbericht mit gelegentlichen autobiografischen Anmerkungen« handelt (Eisermann 298). Große Bedeutung kommt der Schilderung protokollarischer Fragen sowie ritueller und zeremonieller Handlungen zu, während politische Themen eher zurücktreten. Wichtig sind viele eingestreute Hinweise auf jahreszeitliche Gegebenheiten und aktuelle Geschehnisse; breiten Raum nimmt der detailliert geschilderte Streit um den Status der Stadt zwischen Bischof und Klerus zum einen und dem Rat zum anderen ein. Die Quelle enthält eine Fülle kulturhistorisch und alltagsgeschichtlich relevanter Mitteilungen, immer wieder spielen auch Drucke eine Rolle (Details zu Druckaufträgen, Praxis des Aushangs von Mandaten). Im Grunde wurde der Text, Zeugnis der Selbstdarstellung einer Stadt, als Ganzes bislang kaum gewürdigt. Daneben stehen – in enger Verbindung untereinander – die von Boos zum Teil edierten, offiziösen »Acta Wormatiensia« 299, ein »einzigartiges Dokument einer politischen Stadtgeschichtsschreibung« (Battenberg), erhalten für die Jahre 1487 bis 1501 und in Fragmenten für das Jahr 1513. Der Text, dessen Wert ganz herausragend ist und durch zahlreiche angereicherte Aktenstücke, Urkunden, Briefe und andere Dokumente gesteigert wird, präsentiert im Übrigen eine städtische Gründungslegende, die sich an die der Stadt

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Trier anlehnt. Wichtig ist für die Zeit bis 1503 auch die so genannte Kirschgartener Chronik300, verfasst von dem Geistlichen Johannes Heydekyn von Sonsbeck. Er lässt starke Sympathien für die Stadt und den Rat erkennen und hat sein Werk als Bischofs- ebenso sehr wie als Stadtchronik abgefasst. Auf die inschriftlichen Quellen, die neuen Siegel und das Stadtwappen, das bischöfliche Salbuch von 1490 sowie auf das Stadtrecht von 1499 wurde bereits eingegangen. Wichtig sind zudem für die Geschehnisse der Jahre 1495 und 1521 die gedruckten Reichstagsakten. Hinzu kommt das bald nach dem Auszug des Klerus 1499 abgefasste »Memorial über die Organisation des Kriegswesens der Stadt Worms«, eine wichtige militärgeschichtliche Quelle 301. Von größtem Wert für die Kenntnis der Situation des Klerus sind die weitestgehend erhaltenen Erhebungslisten des auf dem Reichstag 1495 beschlossenen so genannten »Gemeinen Pfennigs«, einer direkten Kopf- und Vermögenssteuer für den Klerus der Stadt, und das »Synodale«, das unter Bischof Johann von Dalberg angefertigte Verzeichnis der Pfarreiverhältnisse im Bistum von 1496 302. Die Quelle bezeugt die enormen Anstrengungen des Bischofs zur Intensivierung seiner Aufsicht über die geistlichen Einrichtungen und die Bemühungen um die Hebung der Seelsorge in seinem Bistum. Aus städtischer Sicht berichtet in großer Ausführlichkeit die Zornsche Chronik 303. Zudem liegen aus dem Zeitraum reiche ungedruckte Quellen im Stadtarchiv vor, deren Auswertung noch keineswegs befriedigend genannt werden kann304. Trotz der reichlicher als je zuvor fließenden Quellen sind viele Fragen zur reichsstädtischen Topografie der Stadt insgesamt noch ungeklärt305. Nur im Ansatz ist beispielsweise eine (andernorts besser erkennbare) Viertelbildung mit gewerblichen Schwerpunkten erkennbar306. Ganz auf Spekulation beruhen alle in der Literatur anzutreffenden Angaben über Bevölkerungszahlen der Stadt um 1500. Sicher ist, dass neben den ca. 250 Juden bis zu etwa 500 Geistliche (ungeachtet der nicht hier residierenden Personen) einschließlich ihres Personals in der Stadt wohnten. Geht man – und diese Schätzung kann derzeit als die realistischste Größenordnung gelten – von einer Gesamtbevölkerung von ca. 6 000 bis eher 7 000 Personen aus, so wären demnach bis zu knapp zehn Prozent der Stadtbevölkerung dem Klerus zuzurechnen307. Im Gegensatz zu Mainz, dessen Bevölkerungszahl während des Mittelalters offenbar sehr starken Schwankungen ausgesetzt war und um 1400 wohl noch 8 000 bis 10 000 Personen betragen hatte, zum Zeitpunkt des Übergangs der Stadt in die Herrschaft des Erzbischofs 1462 – also am Tiefpunkt der Stadtentwicklung – aber nur noch etwa 5 800 betragen haben kann308, ist die Entwicklung in Worms seit dem Einbruch von 1349 allem Anschein nach eher kontinuierlich verlaufen. Am Vorabend der Stadtzerstörung 1689 war die Einwohnerzahl dann auf etwa 3 000 Personen zurückgegangen309. Wichtig und sehr aufschlussreich sind die aus der Zeit um 1470 bis 1500 überlieferten Quellen zur Entwicklung der Rechtsverhältnisse und Lebensbedingungen der Juden (s. u.), die unter anderem Einblick in Siedlung, Gemeindegröße und Topografie des Judenviertels gewähren310. Gut 240 Juden lebten nach Auskunft der in städtischen Quellen erhaltenen Steuerlisten in 42 Häusern. Letztlich für die dauerhafte Existenz der Gemeinde entscheidend war ihre Absicherung durch ein komplexes Geflecht von Bindungen zur Stadt, zum bischöflichen Stadtherrn und zum Königtum in Verbindung mit ihrer wirt-

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Karte 10: Worms um 1500

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Erläuterungen zur Karte »Worms um 1500« In der Karte wird versucht, die bisher bekannte topografische Situation der Stadt und der vorstädtischen Bereiche samt ihrer geistlichen Ausstattung für die Jahre um 1500 entsprechend dem Stand der Forschung darzustellen. Als Grundlage diente ein Stadtplan aus dem Jahr 1860 (Karte 11, vgl. S. 452 f.), dessen Straßenverlauf mit dem Detailplan des Wormser Straßennetzes von vor 1689 abgeglichen wurde. Lage und Ausdehnung der Stifte, Klöster, Pfarrkirchen, Kapellen und anderen Bauten können nicht immer mit letzter Sicherheit eingetragen werden. Innerhalb des Stadtgebiets sind teilweise recht ausgedehnte Grünflächen (Wein- und Obstbau, Gartennutzung) anzunehmen. Unsicherheiten bestehen hinsichtlich der Verkehrswege und Wasserläufe außerhalb der alten Ummauerung sowie in Bezug auf die Ausdehnung der vorstädtischen Siedlungsbereiche. Die Bedeutung der seit dem späten Mittelalter und der frühen Neuzeit angelegten Stadtbefestigung sollte nicht zu hoch eingeschätzt werden, zumal die vor ihr umschlossenen Flächen nirgends auch nur annähernd ausgefüllt wurden. Eingezeichnet wurden einige Institutionen, deren Lage nicht vollständig gesichert ist (Kapellen Nr. 26 St. Magdalena (am Fischmarkt), Nr. 36 (St. Ulrich) und Nr. 25 (St. Gertrud), Leprosenhaus bei Mariamünster (Nr. 38)). Zudem wurden mit der Kapelle St. Nazarius (Nr. 29) und dem Heilig-Grab-Spital (Nr. 39) Institutionen aufgenommen, deren Existenz für die Zeit um 1500 nicht mehr gesichert nachzuweisen ist, die jedoch vorher sicher dort bestanden haben. Die fünf um 1500 noch gesicherten Beginengemeinschaften sind nicht eingezeichnet, da ihre genaue Lage nicht eindeutig ist. Klöster/Konvente 1 Alexianerkonvent 2 St. Andreasberg (Reuerinnen) 3 Augustinereremiten 4 Dominikaner 5 Franziskaner 6 Johanniter 7 Karmeliter 8 Kirschgarten (Augustinerchorherren) 9 Maria-/Nonnenmünster (Zisterzienserinnen) 10 Reichkonvent (Augustinerinnen) 11 Wilhelmiten/St. Remigius 12 Hochheim/Liebenau (Dominikanerinnen) 13 Hochheim/Maria Himmelskron (Dominikanerinnen) Pfarrkirchen 14 St. Johannes 15 St. Lampertus 16 St. Magnus 17 St. Rupertus 18 St. Amandus 19 St. Michael 20 St. Cäcilia 21 St. Andreasberg Kapellen 22 Allerheiligen 23 St. Georg/Martinstor 24 St. Kilian 25 St. Gertrud 26 St. Magdalena 27 St. Margaretha 28 St. Meinhart

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St. Nazarius St. Pankratius Rebstockkapelle St. Silvester u. Valentin St. Sixtus St. Stephan (Bischofshof) St. Stephan (Gottesacker) St. Ulrich

Hospitäler/Leprosenhäuser 37 Heilig-Geist-Spital 38 Leprosenhaus 39 Heilig-Grab-Spital Klosterhöfe mit Kapellen 40 Otterberger Hof 41 Schönauer Hof Städtische Bauten/Stadttore 42 Bürgerhof 43 Münze 44 Neue bzw. Leonhardspforte 45 Pfauenpforte 46 Judenpforte 47 Martinspforte 48 Andreaspforte 49 Neupforte 50 Rheinpforte Jüdisches Worms 51 Judenfriedhof 52 Tanzhaus 53 Kultbad (Mikwe) 54 Bischofshof/Kaiserpfalz

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schaftlichen Bedeutung. Gerade das Königtum besaß vitale Interessen an den Juden. Die Interessenkonstellationen und der Zwang zur Rücksichtnahme in verschiedene Richtungen haben Vertreibungen bzw. fundamentalen Verschlechterungen des Rechtsstatus enge Grenzen gezogen. Die jüdische Gemeinde ist in die innerstädtischen Konflikte kaum einbezogen worden. Vor diesem Hintergrund konnte sich in Worms eine zahlenmäßig und ökonomisch relativ bedeutsame Judengemeinde zwischen den um die Stadtherrschaft kämpfenden Fronten bis in die Neuzeit hinein halten. Das Schicksal der Gemeinde kann dabei gleichsam als Indikator der Herrschaftskonstellation angesehen werden. Seit dem 15. Jahrhundert wurden mit der stets kollektiv auftretenden Gemeinde nur noch zeitlich befristete Aufenthaltsgenehmigungen vereinbart. Der von 33 Häusern und 40 Haushaltungen erhobene Hauszins machte nach Auskunft einer Steuerliste der Zeit um 1470 den weitaus größten Teil der für die Stadt erzielten Einnahmen aus der Judengemeinde aus. Die Frage nach dem Abschließungsgrad der Judengasse (vgl. Karte 16, S. 682) ist differenziert zu sehen. Eigentum und Siedlung von Juden auch außerhalb der Judengasse in der Zeit vor 1349 steht eine deutlicher werdende Konzentration mit Abschließungstendenzen in der Zeit ca. 1470 bis 1480 gegenüber, vielleicht nicht zufällig wenige Jahre nach der Einrichtung eines eigenen jüdischen Wohnbezirks in dem mit Worms eng verbundenen Frankfurt am Main im Jahr 1462. Diese Entwicklung in den Jahren nach etwa 1470 ist Quellen über Konflikten zwischen der jüdischen Gemeinde und dem Pfarrer der Rupertuspfarrei wegen der umstrittenen Zahlung des Zehnten für die Häuser in der Judengasse zu entnehmen, die daneben wichtige Aussagen über das Selbstverständnis beider Seiten bieten und auch für die Herrschaftskonstellation aufschlussreich sind: Die Stadt bzw. der Rat steht klar auf Seiten der Juden und verteidigt hier – aus eigenem, gegen geistliche Ansprüche gerichtetem Interesse – die Rechtsauffassung der Juden gegen die geistlichen Instanzen 311. Um 1500 ist dieser Abschluss jüdischer Siedlung in der Judengasse zu einem Ende gekommen, wie wir aus den relativ reich fließenden Quellen der Jahre kurz vor der Jahrhundertwende ersehen können. Wie eng die Stellung der Juden für die Vertreter der Stadt insgesamt mit deren Herrschaftsposition in Verbindung gebracht wurde, zeigen die Umstände der im Jahr 1505 kurzzeitig in Kraft gesetzten Judenordnung312, die mit der Gemeinde offenbar im Einzelnen abgesprochen war. Mit diesem Akt usurpierte der Rat für einige Jahre das Besetzungsrecht für den Judenrat und beanspruchte die damit verbundenen Einkünfte. Die Maßnahme stand in direktem zeitlichem Zusammenhang zu weiteren das Verfassungsgefüge und die seit Jahrhunderten umstrittene Ratsbesetzung betreffenden Reformen sowie einem kaiserlichen Privileg über die Ausweitung von Hoheitsbefugnissen, hatte jedoch keine dauerhafte Wirkung. Die Juden blieben auch nach der Neuverteilung der Machtbalance 1526 in einer stets gefährdeten Position zwischen allen an der Herrschaft in der Stadt beteiligten Institutionen und Gruppen. Von allergrößter Bedeutung im politischen Geschehen war der große Wormser Reichstag des jungen Königs Maximilian im Jahr 1495 313. Die hier erlassenen Gesetze, darunter vor allem die Landfriedensordnung, die Kammergerichtsordnung, die so genannte »Handhabung Friedens und Rechts« und die Ordnung des Gemeinen Pfennigs sind zentrale Beschlüsse an einem Wendepunkt der deutschen Verfassungsgeschichte.

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Der im März vom Herrscher nach Worms einberufene Reichstag, über den wir aus Wormser Sicht vor allem im Noltzschen »Tagebuch« informiert sind, stellte für den Rat und die Bürgerschaft eine gigantische logistische Herausforderung dar und erforderte erhebliche, insbesondere auch finanzielle Anstrengungen. Der Reichstag begann nach dem Einzug des Herrschers mit seiner Gemahlin Bianca Maria im März des Jahres und dauerte bis zur Abreise der meisten Reichstagsteilnehmer ab Mitte August. Zum Zwecke der Organisation und Lösung der logistischen Herausforderungen wurde vorab eine umfassende Verordnung zu Fragen der Organisation, Sicherheit, Beherbergung und Verpflegung erlassen. Der gesamte Reichstag stellte für die Stadt und die zur Beherbergung herangezogenen Mitglieder der führenden Familien eine starke finanzielle Belastung dar, bedeutete aber auch Gewinn an Reputation. Religiöser Höhepunkt während des Reichstags war das Osterfest, an dem der König mit den Fürsten gemeinsam teilgenommen hat. Zu den wegen der aufwändigen äußeren Form besonders publikumswirksamen Geschehnissen des Reichstags gehörten die Verleihungen von Regalien und die Belehnungen. An diese schlossen sich Turniere und Ritterspiele an, an denen auch König Maximilian selbst teilgenommen hat. Bis zum Jahr 1545 sollten noch weitere acht Reichstage in Worms stattfinden314. Eine Folge des Reichstags war die dauerhafte Installation des königlichen Kammergerichts315, das bereits kurz vor dem Reichstag – seit April 1495 – in Worms tagte. In direkter räumlicher Nachbarschaft zum weltlichem Stadtgericht in der »Münze« angesiedelt, war die Stadt Worms während der Reichstagsverhandlungen als Standort im Gespräch. Vor der Verlagerung nach Frankfurt im Oktober 1499 war sie seit Mai 1497 tatsächlich ebenso Sitz des Gerichts wie von 1509 (Wormser Reichstag im Juni) bis 1519; eine nicht unwichtige Episode in der städtischen Rechts- und Verfassungsgeschichte. Für die städtische Politik um 1500 war eine ständige Reisediplomatie an den Hof und die Teilhabe an einem weit verzweigten Kommunikationsnetz mit dem Herrscher und seinem Umfeld von großer Bedeutung, wozu eine sehr reiche Zahl an Quellen vorliegt. Der Rat war stets um eine Ausweitung seiner Privilegien und einer Präsenz am Hof Friedrichs III. und Maximilians I. interessiert, weswegen ständig Delegationen und Beauftragte dem meist in den Niederlanden oder den habsburgischen Stammland den residierenden Herrscher hinterherreisten 316. Am wenigsten Einblick lassen die um 1500 fließenden Quellen in die Grundzüge der wirtschaftlichen Entwicklung zu. Es ist nach wie vor unklar, ob wir bereits in dieser Zeit einen relativen Rückgang der ökonomischen Bedeutung gegenüber den Jahrhunderten zuvor annehmen können oder ob der langsame Niedergang der Stadt auf allen Gebieten erst nach der Jahrhundertwende eingesetzt hat317. Eine 1487 der Stadt durch Kaiser Friedrich III. verliehene Messe um den Martinstag (11. 11.)318 zog offenkundig keine Intensivierung des seit dem späten Mittelalters vor allem auf Frankfurt konzentrierten Handelsverkehrs nach sich. Einem Überlieferungszufall verdanken wir für das Jahr 1514 das Inventar eines bei dem Aufstand gegen den Rat (s. u.) hingerichteten, sehr wohlhabenden Kürschners, der seine Ware auf dem Frankfurter Markt kaufte. Er besaß mehrere Häuser, gelagertes Pelzwerk im Wert von über 2 000 Gulden und beschäftigte in seinem Betrieb bis zu 18 Knechte319.

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Ein wichtiger Indikator für die städtische Qualität von Worms und die Bedeutung des Bildungssektors gleichermaßen ist das Vorhandensein von Buchdruckereien. Erstaunlicherweise ist trotz eines nachweisbar hohen Bedarfs an Druckwerken seit den 1490er Jahren und der räumlichen Stellung zwischen Straßburg und Mainz mit dem aus letzterer Stadt stammenden Peter Schöffer dem Jüngeren erst 1518 (Erscheinungsjahr des frühesten, eindeutig in Worms erfolgten Druckes320) der Betreiber einer Buchdruckerei in Worms nachzuweisen. Er musste wegen seines Engagements für die täuferische Bewegung in Worms 1529 nach Straßburg wechseln. Dies markiert den Beginn einer bis ca. 1560 dauernden Präsenz von Druckbetrieben in der Stadt, in der bereits vor 1500 Wanderbuchhandel nachzuweisen ist321. Die Situation des für Worms so wichtigen Klerus und der höchst differenzierten Geistlichkeit, in deren finanzielle Lage und deren personelle Stärkeverhältnisse wir einen recht detaillierten Einblick haben, zeigt um 1500 alles andere als ein einheitliches Bild. Bezüglich der Weltgeistlichkeit wurden um 1500 insgesamt 316 Pfründen an den fünf Stiften, acht Pfarreien und 13 selbstständigen Kapellen gezählt; die Steuerlisten zur Erhebung des bereits genannten »Gemeinen Pfennigs« nennen in der Realität insgesamt 228 Weltgeistliche, was auf die verbreitete Pfründenkumulation zurückzuführen ist. Von diesen Personen residierten nur 186 auch tatsächlich in Worms. Vor allem die höhere Stiftsgeistlichkeit322 lebte mehrheitlich nicht in der Bischofsstadt. Die Klostergeistlichkeit setzte sich bei je fünf Männer- und Frauenklöstern in Stadt und Vorstadtgebiet und einer großen Stärke der Bettelordenskonvente beiderlei Geschlechts aus 119 Nonnen und 171 Mönchen zusammen. Insgesamt kommt man so auf mehr als 500 in der Stadt lebende Geistliche. Dazu kommen noch 320 bei Geistlichen bedienstete Personen. Es handelt sich hierbei um in einer rechtlichen Sondersituation stehende Laien. So ergibt sich, dass kurz vor 1500 nicht weniger als 836 Personen Steuerfreiheit einfordern konnten. Der durchweg schwierigen Situation des sich sozial immer mehr von den städtischen Familien und Kräften entfernenden Stiftsklerus steht eine beachtliche Blüte insbesondere der der Windesheimer Reform angehörenden Chorherren von Kirschgarten gegenüber, deren Konvent als der angesehenste, größte und auch auf dem Gebiet der Kultur (Bibliothek, Handschriftenproduktion) bedeutendste der Stadt um 1500 anzusehen ist323. Das durch Bischof Johann von Dalberg angefertigte Synodale von 1496324 lässt für das Bistum insgesamt eine günstige Lage in der religiösen Versorgung der Bevölkerung und einen durchaus recht guten Zustand der Geistlichkeit und der Pfarrverhältnisse in der Fläche erkennen. Innerhalb der Stadt sind die Bestrebungen des Rates, die Klöster, Pfarreien und Konvente seiner Aufsicht zu unterwerfen, seit ca. 1480 stark forciert worden. Spürbar ist dies auch bei den um 1500 immerhin noch fünf Beginengemeinschaften 325. Ganz besondere Bedeutung für den Rat und die gesamte Stadt besitzt das Verhältnis zum Liebfrauenstift im nördlichen Vorstadtbereich (vgl. Tafel 10). Die Verflechtung der Stadt und der Zünfte mit der Entwicklung des Liebfrauenstifts seit der Mitte des 15. Jahrhunderts hängt mit der Baugeschichte der Stiftskirche zusammen 326. Seit der Zeit kurz nach 1450 werden erhebliche Anstrengungen des Stifts erkennbar, den begonnenen Bau einer »großen und kostspieligen« Kirche abzuschließen. Seit 1458 wird eine enge Verschränkung zwischen den finanziellen und organisatorischen Interessen des Stifts und der Stadt

Tafel 9: Dom-Südportal, um 1290/1310

Tafel 10a: Liebfrauenkirche

Tafel 10b: Blick von Süden über die Stadtmauer, St. Andreas und St. Magnus zum Dom

Tafel 11a: Grande Armée du Prince de Condé, 1791

Tafel 11b: Kolorierter Stich des rechtsrheinischen Bürgerfeldes, 1753 (StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1638)

Tafel 12: Linksrheinischer Brückenturm Ernst-Ludwig-Brücke, 1900

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deutlich. Zu diesem Zeitpunkt werden erstmals zwei als buwemeister bezeichnete städtische Pfleger bzw. mit der Rechnungslegung beauftragte Finanzverwalter erwähnt, bei denen es sich um zwei bekannte Ratsmitglieder handelt. Von ihnen verfügte einer nachweislich als Pfleger des Spitals über einschlägige Erfahrungen hinsichtlich Verwaltung und Organisation; verbunden ist dies mit einem Rentenverkauf in großer Höhe, dem in den folgenden Jahrzehnten weitere gefolgt sind. Das Stift fungierte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts als bedeutender Kreditgeber des Rates. Spezifisch für das Verhältnis von Stift und Stadt war offenbar, dass das Stift einen Teil seines Vermögens der Stadt in der Form eines Kredits übergab, dafür eine jährliche, für Bauzwecke bestimmte Rente erhielt und zugleich seine Vermögens- und Verwaltungsverhältnisse durch städtische Experten regeln ließ. Offenkundig hat die Stadt eine umfassende Aufsicht über den wieder begonnenen Weiterbau der Kirche übernommen. Dass nicht zuletzt aufgrund dieses organisatorischen Engagements und der städtischen Hilfe die Bauarbeiten relativ rasch vorangeschritten sein dürften, wird auch durch Inschriften bezeugt327. Ein bemerkenswertes Dokument des städtischen, insbesondere zünftischen Engagements beim Bau des Stifts und der erheblichen materiellen Förderung durch die Stadt sind die Zunftwappen an den Schlusssteinen der Seitenschiffgewölbe und das im Chorumgang angebrachte Stadtwappen328. Einen Eindruck von diesem städtischen Engagement und Selbstverständnis in Bezug auf das Liebfrauenstift geben die im Verlauf des so genannten Morsheimer Prozesses 1519 gemachten Zeugenaussagen329. Es ging dabei um zwischen Stift und Stadt umstrittene Zahlungsverpflichtungen. Die im Zuge des Prozesses protokollierten Angaben zum Verhältnis beider Seiten legen den Eindruck nahe, dass der Rat um die Mitte des 15. Jahrhunderts die Baumeisterschaft und die finanzielle und organisatorische Oberhoheit über die aufwändigen Arbeiten übernommen hat. Im Übrigen wurde im Laufe des Prozesses gerade die Anbringung des städtischen Wappens im Stift zum Beleg dafür genommen, dass die Kirche durch die burgerschafft zu Wormbs und nit durch die geistlichen erbauwet sy wordenn330. Wie sehr die städtische Seite hinsichtlich des Liebfrauenstifts in der Zeit kurz nach 1500 vom Selbstverständnis einer umfassenden Kirchenpflegschaft 331 ausging, bezeugen die »Acta Wormatiensia«. Im Zusammenhang der Darlegungen über die Sorge um die Kirchen und ihren Bau heißt es, man habe sich seitens der vornehmsten Laien seit alters her der kirchenpflege unterzogen: als der Cristenglaube in dise lande kommen und man angefangen hat kirchen zu bawen, haben die frommen andechtigen leyen die fürnemigsten von den burgern / besonders hie zu Wormbs / sich der arbeit und fursorge der kirchen unnd gepawe ausz innigkeit und liebe, den sie dem Cristen glauben hetten angenommen / und underzogen sich der kirchenpflege, als noch bey unsern zeiten der gepawe des stifts unnser lieben frawen, auch der pfarrkirchen gemeinlic, (…) als noch sind die kirchengesworn etc. gemeinlich die besten und furnemigsten inn stetten und pfarren332. Für die Zeit um 1500 verfügen wir darüber hinaus mit dem Noltzschen »Tagebuch« über eine Quelle, die auch eine Reihe wichtiger Indizien zur Stiftsgeschichte und ihrer Verflechtung mit der Stadt enthält; immerhin war der Verfasser zeitweise auch als Baumeister bzw. Kirchenpfleger eingesetzt. Mehrfach wird hier ein als »alte Gewohnheit« bezeichneter Termin einer Sakramentsprozession und eines feierlichen Gottesdienstes am Mittwoch nach Ostern erwähnt, darunter für das Jahr des

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Reichstags von 1495 eine Messe mit Teilnahme des in der Stadt weilenden Königs Maximilian333. Auch an Mariae Verkündigung hat der Rat wie auch etliche jar hiervor ein erlich andechtig amt und mesz zu unser frawen singen und daselbst predigen lassen334. Im Verlauf des beschriebenen Auszugs des Klerus aus der Stadt 1499 hätten die Geistlichen schmachvollerweise das besonders geschmückte Marienbildnis, Ziel einer stark frequentierten Wallfahrt zum Stift, heimlich entwendet und mitgenommen. Die in der Vergangenheit bei den Wallfahrten erlangten Almosen für die Kirche hätten zusammen mit dem besonders betonten städtischen Engagement zum Bau des Stifts entscheidend beigetragen 335. Zum Jahr 1507 heißt es, die beiden (städtischen) Baumeister des Stifts, Hermann Lisperger und Reinhard Noltz, hätten – nachdem ein entsprechendes Schreiben der beiden an das Stift, den Stock zu leeren, ohne Wirkung geblieben sei – den prall gefüllten Opferstock des Stifts in Gegenwart von Notar und Zeugen geöffnet und das Geld in des rats verwarung verbracht 336. Hintergrund dieser Maßnahme, die ein bezeichnendes Licht auf die Anziehungskraft des Marienkultortes in der Stadt um und kurz nach 1500 wirft, waren städtische Vorwürfe, die Stiftsherren hätten die Kirche verlassen, Heiltümer entfremdet und sich damit des Sakrilegs schuldig gemacht (s. o. S. 247 f.). Die gegen Ende des 15. Jahrhunderts stark aufblühende Wallfahrt zu dem als wundertätig verehrten Bildnis hat in einer Zeit wachsender Marienverehrung die Attraktivität des Stifts in einer Zeit stetig wachsender Frömmigkeit auch für die Stadt gesteigert und die Bereitschaft zu einem besonderen Engagement gefördert. Durch das »Tagebuch« von Reinhart Noltz sind wir darüber hinaus über eine vom Rat am Palmsonntag durchgeführte Palmprozession im Jahre 1505 informiert, die ebenfalls Einblick in die Bemühungen um sakrale Legitimation und Selbstdarstellung durch den Rat gewährt337. Auf dessen erhebliche Anstrengungen, nach dem Auszug des Klerus eine städtischerseits gesteuerte Religionsfürsorge zu installieren und den direkten Einfluss auf die religiösen Institutionen zu steigern, wurde bereits aufmerksam gemacht. Diese Bemühungen verweisen bereits auf die ab den 1520er Jahren starke reformatorische Bewegung und müssten einmal gesondert in vergleichender Perspektive analysiert werden. Festzuhalten ist, dass die »Entzauberung« des Stiftsklerus und seiner Heilsnotwendigkeit für die Stadt und ihre Bewohner bereits eine Generation vor dem Durchbruch der reformatorischen Bewegung Realität war338.

Worms am Vorabend der reformatorischen Bewegung: Die Jahre 1500 bis 1519/21 Nach dem Auszug des Klerus 1499 sollte es zehn Jahre dauern, bis die Geistlichkeit 1509 (nach einem vom Trierer Erzbischof und dem sächsischen Kurfürsten verhandelten Kompromiss bzw. einer ausführlichen vertraglichen Einigung) wieder in die Stadt zurückkehrte 339. In diesem Zusammenhang musste die Geistlichkeit ihren Anspruch auf unbedingte Steuerfreiheit aufgeben340. Während dieser Jahre gelang dem Rat keine Einigung mit dem nach dem überraschenden Tod Bischof Johanns von Dalberg 1503 gewählten Nachfolger Bischof Reinhard von Rüppurr, da man auf städtischer Seite Reichsacht und Kirchenbann zu widerstehen vermochte; dem Bischof wurde der Einzug weitere

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zehn Jahre verweigert. Vergeblich versuchte er, auf den Reichstagen der folgenden Jahre auf seine Situation aufmerksam zu machen und für Abhilfe zu sorgen. Es gelang stattdessen dem Rat durch sehr geschicktes Taktieren und Nutzung der guten Beziehungen zum Reichsoberhaupt, ein noch weiter gesteigertes Maß an Unabhängigkeit von der bischöflichen Herrschaft zu erlangen341. Schon im Jahr 1505, als auch die Privilegien der Stadt durch den König ausdrücklich bestätigt worden waren und die Stadt gar das Münzrecht verliehen bekam, wurden neben der neuen Judenordnung (s.o.) weitere Neuerungen im Gerichtswesen in der Stadt in Kraft gesetzt. So wurde in diesem Jahr die Einsetzung eines rechtsgelehrten Schultheißen als Vorsitzender des Stadtgerichts vorgenommen 342. Wie zeitgleich auch in vielen anderen Städten, so kam es 1513/14 in Worms auf Grund sozialer Spannungen und einer akuten Finanznot zu innerstädtischen Unruhen, genauer einem vom Bischof mittels seiner Amtsträger in der Stadt gestützten, auch außerhalb der Stadt propagandistisch geschürten Aufstand gegen die Ratsoligarchie343. Über die Ereignisse sind wir unter anderem aus der Zornschen Chronik informiert. Es bildete sich eine Koalition von Vertretern der Handwerkerschaft und unteren Schichten gegen die etablierte Ordnung und die führenden Familien heraus. Ein Ausschuss der Zünfte sollte das Gebaren des Rates prüfen; es kam zu Unruhen, die Aufständischen bemächtigten sich der Ratsämter, nahmen die Rechnungsbücher an sich und entwarfen neue Eidesformeln. Der Rat begab sich nach Oppenheim in ein kurzzeitiges Exil und versuchte von dort aus, seine Herrschaft wiederherzustellen. Zunächst sah es Ende 1513 nach einem Vergleich aus, zumindest wurden die Aufrührer zunächst nicht bestraft. Das Fastnachtsspiel des Jahres 1514 gab dann das Signal zu einem offenen Aufruhr; Häuser und Besitz der Ratsmitglieder wurden unter der Führung von Jacob Wonsam gestürmt und geplündert; auch die Bettelordensklöster wurden wegen ihrer starken Affinität zu den führenden Familien in den Konflikt involviert. Allerdings konnte dieser Aufstand niedergeschlagen werden. Nach dem Eingreifen des königlichen Landvogts im Elsass, Jakob von Mörsberg, gelang im März 1514 die faktische Beendigung der Unruhen durch eine vertragliche Übereinkunft. Hierin wurde die Verfassung im Sinne der überkommenen Ratsoligarchie zum Teil neu geregelt. Die Zünfte, deren Urkunden verbrannt wurden, durften künftig keine Versammlungen mehr abhalten, fünf Aufständische wurden hingerichtet, etliche aus der Stadt verbannt. Die Konflikte, zu deren Ursachen auch diesmal als mangelhaft empfundene Betätigungsmöglichkeiten von »Aufsteigern« in Politik und Gesellschaft und ihrem Anspruch auf Teilhabe an der Macht zu rechnen sind, führte auch zu einer Solidarisierung des Reichsoberhauptes mit der Stadt und damit zur weiteren Stabilisierung der Verfassungsverhältnisse. Die Hoheitsgewalt des wieder installierten, in seinen umfassenden Rechten legitimierten Stadtrates wurde im Ergebnis bekräftigt. Eine Folge des Aufstandes war die Fehde zwischen dem Reichsritter Franz von Sickingen und der Stadt. Dieser hatte einigen der Geächteten Zuflucht gewährt, Schuldforderungen eines betroffenen Wormser Bürgers aufgekauft und die Durchsetzung von Rechtsansprüchen zum Anlass für Verwüstungen, Raubzüge, die Lähmung des Handelsverkehrs und eine Belagerung der Stadt 1514/15 genommen 344. So musste wegen der aufwändigen Auseinandersetzungen in den Jahren 1515 und 1516 die wichtige Pfingstmesse ausfallen.

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Die Stadt war den mit Hilfe von Söldnern durchgeführten Aktionen Sickingens hilflos ausgeliefert. Allerdings konnte eine Eroberung der Stadt durch deren entschlossenen Widerstand verhindert werden. Die Sickingensche Fehde konnte erst 1518 durch Vermittlung Kaiser Maximilians geschlichtet werden. Immer noch stand zu dieser Zeit eine Regelung der seit fast 20 Jahren ungeklärten Verfassungsfragen zwischen Stadt und Bischof aus. Die Lage für die Stadt verschlechterte sich, als der Pfalzgraf Ludwig V. nach dem Tod des Herrschers (12. 1. 1519) zum Reichsverweser am Rhein ernannt wurde und sich die Stadt gezwungen sah, diesen um einen Vergleich im Kampf mit Reinhard von Rüppurr zu bitten. Es kam somit im Juni 1519 zu der durch pfälzische Beamte vorbereiteten, für die Stadt nachteiligen »Pfalzgrafenrachtung«345, die 1526 in der »Letzten Rachtung« noch einmal punktuell verändert wurde. Sie blieb die verfassungsrechtlich gültige Grundlage des Zusammenlebens von Stadt, Geistlichkeit und Bischof bis zum Ende des Alten Reiches. In der Rachtung von 1519 – die von Kaiser Karl V. 1521 ausdrücklich bestätigt wurde – stellte man Wahl, Einsetzung und Zusammensetzung des Rates auf eine neue Grundlage. Es wurde nun ein 36-köpfiger Rat aus je 18 Vertretern der Zünfte und der Geschlechter eingesetzt, von denen pro Jahr ein Drittel ausgewechselt werden musste. Dabei wurde ein komplizierter Wahlmodus festgelegt, um ein Machtgleichgewicht zwischen Bischof, Geschlechtern und Zünften zu bewahren. Ebenfalls in diesem Sinne geregelt wurde die Besetzung der städtischen Ämter und die Regelung der Fragen der Gerichtsbarkeit durch Rat und Gericht der Stadt sowie des Bischofs. Dieser hatte Worms als Reichsstadt anzuerkennen, im Gegenzug musste der Rat dem Bischof als seinem Herrn Treue schwören. Im Ergebnis der Auseinandersetzungen durften die Ratssitzungen mit Zustimmung des Bischofs im Bürgerhof gehalten werden; nur auf seinen Wunsch sollte sich der Rat im Bischofshof versammeln. Wenngleich die Wahlen der städtischen Funktionsträger – als letzter Rest der einstigen Bedeutung des Ortes – während der gesamten frühen Neuzeit nach wie vor vor der Bischofskirche abgehalten wurden (seit 1505 nach Dreikönig anstelle des Martinstages), so mussten die Bischöfe doch die endgültige Verlagerung wichtiger bürgerlicher Funktionen aus ihrem Einflussbereich hinnehmen 346. Im Gefolge der Rachtung war 1522 mit dem später so genannten Dreizehnerrat ein neues, künftig maßgebendes Exekutivorgan des Rates eingesetzt worden347. Mit dem Vertrag von 1526 regelten die Beteiligten die Gerichtsbarkeit dann – unter formaler Berücksichtigung der überkommenen bischöflichen Reservatrechte – faktisch zum Vorteil der Stadt. Der Einfluss der Zünfte wurde dagegen zu Gunsten der traditionell führenden Familien verringert. 1520 war es auf der Grundlage des Vertrages zu einem Einzug Bischof Reinhards in seine Stadt gekommen; er nahm dabei den Treueeid der Bürgerschaft entgegen 348. Die jahrelange Abwesenheit des Klerus und das erhebliche Desinteresse des abwesenden Bischofs hatten zu einer sehr negativen Entwicklung der seelsorglichen und insgesamt der kirchlichen Situation in der Stadt stark beigetragen. Die Verwaltung und Spendung der Sakramente wurden immer stärker politisch instrumentalisiert; das Ansehen des Stiftsklerus schwand stetig. 1521/22 verlängerte man zudem den traditionellen Schirmvertrag mit der Kurpfalz auf weitere 60 Jahre und schrieb damit deren Einfluss verstärkt fest. 1523 war der Bruder des Kurfürsten, Heinrich, zum Koadjutor Bischof Reinhards erhoben

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worden349, was einen Umschlag der politischen Gesamtlage zu Ungunsten der Stadt einleitete. Einen letzten Höhepunkt des spätmittelalterlichen Glanzes und politischer Bedeutung erlebte Worms anlässlich des durch den neuen König Karl V. auf den Jahresbeginn anberaumten, am 27. Januar eröffneten Reichstages von 1521, dem durch den Auftritt Martin Luthers eine weit über den Tag hinaus bedeutsame Tragweite zukommt 350. Dabei ist die Quellenlage aus Sicht der Stadt wesentlich ungünstiger als für die durch städtische Aufzeichnungen gut dokumentierten Ereignisse des Jahres 1495. Wiederum waren Quartierfragen zu lösen (was nur unzureichend gelang), die Lebensmittelpreise wurden festgesetzt (was eine Teuerung nicht zu verhindern vermochte), die Arbeitsfähigkeit des Reichstages musste gewährleistet werden. Während der insgesamt gut fünf Monate dauernden Beratungen hielten sich nach Schätzungen mindestens 10 000 Menschen in der Stadt auf, zeitweilig noch deutlich mehr. Die Verhandlungen fanden in den städtischen und bischöflichen Repräsentationsbauten statt. Besonderen Stellenwert erhielt die Reichsversammlung durch das Auftreten Martin Luthers vor dem Hintergrund der bereits virulenten evangelischen Bewegung in der Stadt351. Im Verlauf eines dramatischen Konflikts mit den Bischöfen hatte es die Stadt Worms seit den 1480er Jahren vermocht, in enger Anlehnung an das Reich eine weitgehende Unabhängigkeit als Reichsstadt zu erringen und dabei die Rolle der Bischöfe stetig zu reduzieren. Mit den für ihre Verfassung bestimmenden Regelungen der Jahre 1519, 1522 und 1526 gelang es ungeachtet schwindender wirtschaftlicher Grundlagen, die Machtverhältnisse mit dem nach seinem Auszug in seinem Ansehen irreparabel geschwächten Stiftsklerus und den Bischöfen dauerhaft zu regeln. Der Beginn und rasche Durchbruch der reformatorischen Bewegung in den 1520er Jahren leiteten ein neues Kapitel der Wormser Stadtgeschichte ein, einen langsamen Prozess des Wandels. Dieser war seit ca. 1500 auf zahlreichen Gebieten der städtischen Gesellschaft und im Selbstverständnis des Rates und der in ihm führenden Familien vorgeprägt und seine Ursachen reichen sehr weit in das späte Mittelalter zurück.

Kirchenregiment, reformatorische Bewegung und Konfessionsbildung in der Bischofs- und Reichsstadt Worms (1480–1619) F RANK K ONERSMANN

Forschungsstand, Quellenlage und Vorgehensweise Will sich der historisch interessierte Leser über Eckdaten und Vorgänge der Reformation in der Reichsstadt Worms informieren, wird er in jüngeren Handbüchern zur Reformation und zum Konfessionszeitalter keinen Aufschluss finden 1. In den Registern dieser Werke wird zwar gelegentlich auf Worms verwiesen, die Hinweise betreffen aber zumeist nur Reichstage, einzelne Reichsbeschlüsse – insbesondere das Wormser Edikt von 1521 – und die Religionsgespräche von 1540/41 und 1557. Die reformatorische Entwicklung in der Stadt Worms selbst bleibt hingegen außerhalb der Betrachtung. Dieser negative Befund erstreckt sich auch auf das lutherische Kirchenregiment des Stadtrates von Worms und auf die katholischen Reformbemühungen von Seiten der Bischöfe und des Domkapitels nach Abschluss des Trienter Konzils 15642. Lediglich bei Bernd Moeller findet sich der Hinweis, dass der Wormser Stadtrat in theologischen und kirchenverfassungsrechtlichen Fragen während der 1530er Jahre eine »gewisse Mittelstellung« zwischen einer lutherischen und einer zwinglianischen oder bucerischen Position eingenommen habe; mit dieser Unentschiedenheit sei er vergleichbar den Räten pfälzischer und hessischer Städte 3. Eine ähnlich geringfügige Präsenz von Worms ist auch in neueren Handbüchern zur Stadtgeschichte der Frühen Neuzeit festzustellen4. Diese enttäuschenden Befunde dürften auf das Defizit neuerer, empirisch fundierter Studien zurückzuführen sein, die wegen der hohen Quellenverluste infolge des Stadtbrandes 1689 offenbar als wenig aussichtsreich beurteilt worden sind. Gleichwohl haben Otto Kammer und Fritz Reuter wiederholt auf das Desiderat einer »aus den Quellen erarbeiteten umfassenden Wormser Reformationsgeschichte« aufmerksam gemacht5. Sie plädieren für eine Ergänzung der älteren, zumeist auf einzelne Reformatoren und deren Theologie konzentrierten Darstellungen 6, indem soziale, politische und wirtschaftliche Aspekte der Reformation einbezogen werden sollten. Denn Kammer zufolge ist eine solche Erweiterung der Perspektive »für das Verständnis der Reformation in Worms … unerlässlich. Hier steht die evangelische Bewegung in engem Zusammenhang mit den politischen Verwicklungen, welche die damalige Geschichte der Stadt bestimmten«7. Mit diesem Votum bezieht er sich auf das erneute Interesse in der Forschung, die Reformation mit der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung in Beziehung zu setzen. In diesem Zusammenhang wird auch der regionalen Ausgangslage der Reforma-

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tion verstärkt Rechnung getragen. In den Vordergrund treten die heterogenen Motive der Beteiligten, die Zusammensetzung der sozialen Träger der reformatorischen Bewegung und die Vielseitigkeit ihrer Organisationsformen8. Diese erweiterte Perspektive ist für die Erforschung der Vorgänge in der Stadt Worms besonders hilfreich. Trafen hier doch bekanntlich nicht nur Anhänger Martin Luthers und solche Huldrich Zwinglis und Martin Bucers, sondern auch gelehrte Täufer wie Ludwig Hätzer und Hans Denk aufeinander. Zudem beteiligten sich an der religiösen Parteibildung in Worms Vertreter des Stiftsklerus, des Adels und des Handwerks, aber auch größere Gruppen der bäuerlichen Bevölkerung aus dem städtischen Umfeld. In Anbetracht der Verweigerung ihrer geistlichen Pflichten der Mehrheit des Stiftsklerus gegenüber der Stadtbevölkerung in den Jahren zwischen 1499 und 1509 hat Burkard Keilmann die Frage aufgeworfen, inwiefern dieses Verhalten den vergleichsweise »frühen Erfolg der Reformation in Worms« erklären könne9. Mittlerweile werden auch die älteren, langlebigen Ansichten von einer spätmittelalterlichen Frömmigkeitskrise einerseits und eines erst durch die Reformation eingeleiteten gesellschaftlichen Umbruchs andererseits in Zweifel gezogen10. Eine solche konfessionsideologische Blickverengung war schon 1897 nicht die Sache Hermann Haupts, der bereits in dieser ersten Reformationsgeschichte von Worms auf soziale und geistliche »Emancipationsbestrebungen« im 14. und 15. Jahrhundert einging11. Dank dieser zeitlich erweiterten Perspektive treten bereits vor der Reformation einsetzende Prozesse in den Blick, die später als dynamische Faktoren wirksam wurden. Zu ihnen sind unter anderem vorreformatorisches Kirchenregiment, Stadtrechtsreformen, Klerus- und Klosterreformen, erhöhte Stiftungsbereitschaft bei Laien sowie Intensivierung und Ausweitung schriftlicher Kommunikation dank des Buchdrucks zu zählen 12. Dementsprechend finden auch Flugschriften vor, während und nach der Reformation verstärkt Beachtung. Sie werden vor allem nach ihren Funktionen als Medium und Faktor sowohl der Verständigung unter als auch der Abgrenzung zwischen den religiösen und konfessionellen Gruppeninteressen untersucht13. Für die Reformationsgeschichte von Worms hat jüngst Sabine Todt dieses Forschungsfeld betreten 14, indem sie anhand von Flugschriften namhafter Theologen unterschiedlicher religiöser Ausrichtung die wesentlichen Inhalte, Argumentationsstrategien und Adressaten ermittelt und anhand dieser Befunde mehrere in Worms während der Reformation miteinander konkurrierende »Diskurse« erschlossen hat. Die Rekonstruktion und Interpretation der Entfaltung eines Kirchenregiments durch den Stadtrat von Worms ist allerdings mit verfassungsrechtlichen Besonderheiten dieser Bistums- und Reichsstadt konfrontiert, die eine systematische Vorgehensweise und auch den Vergleich mit anderen Städten erschweren. Denn auf die Vorgänge und Ereignisse im Vorfeld der Reformation nahmen mehrere Träger obrigkeitlicher Herrschaft Einfluss. Hierzu gehören der Kaiser als Stadtherr von Worms, der Papst als oberster Bischof der katholischen Kirche, der Bischof als Stadtherr von Worms (seit dem 10. Jahrhundert) und das Domkapitel als sein Stellvertreter, der Kurfürst von der Pfalz als Vogt- und Schirmherr der Stadt (seit 1483) sowie der Stadtrat als politischer Vertreter der freien Stadt Worms (seit ca. 1200)15. Erst durch Initiativen der beiden Herrscher Friedrich III. und Maximilian I. zu Gunsten der Stadt errang sie zwischen 1482 und 1500 den Status einer Reichsstadt, der

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1519 schließlich auch von dem Bischof in der Pfalzgrafenrachtung anerkannt wurde. Seitdem war die Stadt Worms gegen Mediatisierungsversuche von Seiten der Bischöfe und der pfälzischen Kurfürsten verfassungsrechtlich geschützt. Der Schwerpunkt dieses Beitrags liegt auf der Erschließung von Handlungsspielräumen und Macht- bzw. Druckmitteln der reformatorischen Bewegung, des Stadtrates, des katholischen Stiftsklerus, des Bischofs und seiner Regierung. In diesem Zusammenhang wird das jeweilige Verhältnis dieser sozialen Kräfte zur Stadt- und Landbevölkerung als auch zu benachbarten Herrschaften, insbesondere zur Kurpfalz, zu berücksichtigen sein. Für diese Zielsetzung werden die beiden in den letzten 20 Jahren in der Frühneuzeitforschung favorisierten Ansätze der Konfessionsbildung und der Konfessionalisierung in Anspruch genommen 16. Ihre interpretatorische Leistungsfähigkeit ist in mehreren Fallstudien der pfälzischen und mittelrheinischen Landes- und Kirchengeschichte unter Beweis gestellt worden 17. Beide Ansätze erlauben eine systematische Strukturierung der vorliegenden Kenntnisse, erleichtern eine gezielte Analyse der Kräfteverhältnisse im 16. und frühen 17. Jahrhundert und fordern den Vergleich mit anderen Reichsstädten. Den Ausgangspunkt beider Ansätze bildet die Einführung von Glaubensbekenntnissen und ihre Durchsetzung durch politische Obrigkeiten. In jüngster Zeit ist auch auf die notwendige Mitarbeit der Stände und anderer sozialer Kräfte hingewiesen worden, um den obrigkeitlichen Bemühungen in Richtung Konfessionalisierung eine höhere Legitimität zu verleihen und die Chancen ihrer Durchsetzung zu verbessern 18. Unter Konfessionsbildung versteht Ernst Walter Zeeden »die geistige und organisatorische Verfestigung der seit der Glaubensspaltung auseinander tretenden christlichen Bekenntnisse zu einem halbwegs stabilen Kirchentum nach Dogma, Verfassung und religiös-sittlicher Lebensform. … Ihre Abschirmung gegen Einbrüche von außen mit den Mitteln der Diplomatie und Politik; aber auch ihre Gestaltung durch außerkirchliche Kräfte, insonderheit die Staatsgewalt«19. Zeeden benennt drei voneinander zu unterscheidende Felder der Konfessionsbildung: Dogma, Verfassung und religiös-sittliche Lebensform, die es jeweils zu untersuchen gelte. Während er »ungeachtet aller echten Vergleichbarkeiten zwischen den Glaubensbekenntnissen« von einem unterschiedlichen Verlauf der Konfessionsbildung im Calvinismus, im Luthertum und im tridentinischen Katholizismus ausging20, betonen Wolfgang Reinhard und Heinz Schilling die Ähnlichkeit der von den Konfessionskirchen eingesetzten Instrumentarien. Sie rücken vor allem die kirchlich-administrativen Kontrollformen in den Vordergrund, wobei sie der Kirchenvisitation als zentralem Disziplinierungsinstrument eine Schlüsselfunktion zuweisen. Auf diesem Wege sei die Verbreitung und Durchsetzung der Bekenntnisse erfolgt, flankiert von Katechismusunterricht in Kirchen und Schulen, Kirchenmusik, Liturgie-, Kalender- und Klerusreform sowie Verwaltung der Sakramente durch konfessionell geschulte Geistliche. Begleitet wurden diese Maßnahmen durch eine entsprechende Gesetzgebung und durch den Auf- und Ausbau kirchlicher Behörden. Darüber hinaus hat Heinz Schilling mit Blick auf die Reichsstädte kürzlich die These vertreten, dass durch die Konfessionalisierungsmaßnahmen den Städten in Topografie und Architektur sowie in kirchlichen Riten und Zeremonien ein spezifisch konfessionelles Gepräge gegeben worden sei21. Aus pragmatischen Gründen können nur einige wenige konfessionskulturelle Aspekte, die beispiels-

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weise Prozessionen und Bruderschaften betreffen, in dem Beitrag einbezogen werden. Zu deren Förderung im Geiste katholischer Konfessionalisierung fühlte sich in Worms während der 1610er Jahre Bischof Wilhelm von Effern verpflichtet22. Bereits zu Beginn seines Pontifikats nahmen 1604 Jesuiten aus Speyer ihre Tätigkeit in Worms auf23. In Orientierung an den vorgestellten Themenfeldern der beiden Forschungsansätze wurden zum einen einige neuere Studien unter anderem über den Stiftsklerus, die Gerichtsbarkeit, die Reformation und die Mehrkonfessionalität in Worms systematisch ausgewertet. Zum anderen leiteten sie die Suche nach geeigneten Quellenbeständen an, die bisher nur selten in Anspruch genommen worden sind. Darunter sind die ersten fünf Bände der Protokolle des Wormser Domkapitels (1544 –1615) 24 und dessen Scholasterbuch (1424 –1543) zu zählen25. Dank des von Erich Schwan und Eckhart G. Franz für die Protokolle angefertigten Repertoriums, das mit Personen- und Sachindizes versehen ist26, konnten diese nach bestimmten Sachverhalten systematisch gesichtet und ausgewertet werden. Weiterhin wurden die Memorienstiftungen des Domstifts (1420 –1561)27, einzelne Personal- und Gerichtsakten28 der Stadt, einige Urkunden des Wormser Hochstifts29 und diverse Inschriften und Flugschriften30 herangezogen. Schließlich wurde der Gesetzgebung des Stadtrates besondere Aufmerksamkeit geschenkt31, weil sie als ein klassischer Indikator für obrigkeitliche Regulierungsbemühungen und damit auch für ein städtisches Kirchenregiment anzusehen ist32. Bei der Auswertung dieser Quellengruppen wurde mit Ausnahme der Protokolle und der Memorienstiftungen des Domstifts sowie der Gesetzgebung der Stadt Worms keine vollständige Erfassung angestrebt. Insbesondere die Personal- und Gerichtsakten sowie die Urkunden im Stadtarchiv Worms, im Staatsarchiv Darmstadt und im Landesarchiv Speyer bieten noch kaum genutzte, reichhaltige Informationen für die zukünftige Forschung. Der zeitliche Schwerpunkt dieses Beitrags liegt auf dem Zeitraum zwischen 1480 und 1619. Zum einen lassen sich Ansätze für ein Kirchenregiment des Stadtrates bis in die frühen 1480er Jahren zurückverfolgen. Zum anderen leiteten die Bischöfe und das Domkapitel in den 1580er Jahren erste konkrete Maßnahmen in Richtung katholischer Reform bzw. Konfessionalisierung in Worms ein, die 1613 mit dem Aufbau eines Jesuitenkollegs einen ersten Höhepunkt erreichten.

Vorreformatorisches Kirchenregiment des Bischofs und des Stadtrates – spätmittelalterliche Frömmigkeit in Worms (1430 –1518) Merkmale bischöflichen Kirchenregiments Für das kirchenpolitische Verhalten der Bischöfe und der Mehrheit des Stiftsklerus in Worms waren ihre vielseitigen Beziehungen zur Kurpfalz und ihre Verpflichtungen gegenüber den pfälzischen Kurfürsten von der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts an von zentraler Bedeutung, nachdem Kurfürst Ruprecht III. in die Konflikte um die Besteuerung des Klerus durch die Stadt zu Gunsten des Ersteren eingegriffen hatte33. Von dieser Zeit an betrachteten die pfälzischen Kurfürsten das Bischofsamt in Worms als eine einträg-

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liche Pfründe für ihre Familienangehörigen und für ihre adlige Klientel, deren Kandidatur sie massiv förderten. Diese Stellenpolitik lässt sich bis Mitte des 16. Jahrhunderts nachweisen, als Kurfürst Friedrich II. seinem Bruder Pfalzgraf Heinrich das Amt des Koadjutors gegen den Willen des Domkapitels und auch des Papstes verschaffte34. Nicht wenige Wormser Bischöfe wie beispielsweise Johann von Fleckenstein, Reinhard von Sickingen und Johann von Dalberg hatten während des 15. Jahrhunderts in Heidelberg kurpfälzische Hofämter inne, hielten sich vor allem in ihrer Residenz in Ladenburg auf und wurden von den Kurfürsten mit diplomatischen Aufgaben betraut 35. Ähnlich enge persönlichen Bindungen zur Kurpfalz sind auch von den Mitgliedern des Wormser Domkapitels bekannt, »deren Namen … stets unter den pfälzischen Hofämtern wiederkehren«36. Im Unterschied zum Klerus des Liebfrauenstifts hatten die Domherren ihren Wohnsitz zumeist nicht in Worms, sondern in anderen Städten, wo sie häufig einen größeren Haushalt unterhielten 37. Dem Domkapitel gehörten zwar auch studierte Vertreter aus dem Bürgertum an. Diese stammten jedoch aus anderen Städten, da den Bürgern von Worms seit 1281 der Zugang zum Domkapitel verwehrt wurde 38. Der hohe Anteil von Akademikern unter den Domherren ist auf institutionelle Bindungen des Domstifts an die Universität Heidelberg zurückzuführen. So bekleidete seit 1386 der Dompropst von Worms stets das Kanzleramt der Universität und einige Kanonikate des Domstifts dienten der Versorgung Heidelberger Professoren 39. Diese sozialgeschichtlichen Merkmale des Domkapitels interpretiert Burkard Keilmann dahingehend, dass das Domstift im Unterschied zu den anderen Wormser Stiften »eine sehr viel geschlossenere Körperschaft« bildete. Es sei bei ihr daher auch von einer größeren »sozialen Distanz zur städtischen Bevölkerung« von Worms auszugehen 40. Diese Einschätzung dürfte allerdings mit Blick auf die im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts festzustellende Häufung von Juristen sowohl im Domkapitel als auch im Stadtrat von Worms zu relativieren sein41. Zu Letzteren gehörten der Stadtsyndikus Meister Peter von Stein gen. Kreuznach, der Bürgermeister Reinhard Noltz und der Stadtschreiber Adam von Schwechenheim. Sie waren maßgeblich an der rechtlichen Absicherung des sich bildenden obrigkeitlichen Regiments des Stadtrats seit den späten 1480er Jahren beteiligt42. Die engen Beziehungen zwischen Bischof und Domkapitel einerseits und den pfälzischen Kurfürsten andererseits bildeten die Grundlage für die im Anschluss an das Konstanzer Konzil (1414 –1418) auf Initiative des Kurfürsten eingeleiteten Kloster- und Klerusreformen in der Wormser Diözese und auch gegenüber den Stiften innerhalb des Stadtbanns von Worms. Den Auftakt zu diesen Reformen leiteten mehrere Inquisitionsprozesse in den 1420er Jahren gegen Geistliche ein, die der Verbreitung der Lehren von Johann Hus und John Wiclif verdächtigt wurden43. Zu den Beschuldigten gehörte der Lektor des Franziskanerklosters Peter Wyrach, der »in Gegenwart einer großen Volksmenge« Predigten gehalten und bei dieser Gelegenheit die Offizialate in Worms kritisiert hatte 44. Mit dem Lektor solidarisierten sich die Ratsherren von Worms, darunter auch einer der Bürgermeister. Denn zum einen spielten Franziskaner und Dominikaner eine zentrale Rolle in der Heilsvermittlung für die Bürgerschaft, zum anderen besaßen die beiden Bettelorden seit 1385 das Bürgerrecht in Worms 45. In den 1420er und 1430er Jahren eskalierten die Konflikte zwischen Bürgern und Bauern im städtischem Umfeld von

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Worms einerseits und dem Stiftsklerus andererseits vor dem Hintergrund steigender Verschuldung der Bevölkerung. Inwiefern die Verbreitung der hussitischen Lehre zur Eskalation der Konflikte beigetragen haben könnte, ist bisher eine offene Frage 46. Diese Koalitionsbildung zwischen dem Stadtrat und den Bettelorden auf der einen und zwischen dem Stiftsklerus und dem Bischof auf der anderen Seite sollte sich Ende des 15. und zu Beginn des 16. Jahrhunderts wiederholen, als der Stiftsklerus 1499 aus Protest gegen die Stadtrechtsreformation Worms verließ und seine seelsorgerlichen Pflichten gegenüber der Stadtbevölkerung verweigerte. Die Kloster- und Klerusreform im städtischen Umfeld von Worms seit den 1420er Jahren ging auf Initiativen der pfälzischen Kurfürsten Ludwig IV. und Friedrich des Siegreichen zurück. Sie fanden hierfür die Unterstützung der Päpste und der Wormser Bischöfe47. Die Realisierung der Reformen übernahmen auswärtige Reformgeistliche wie der Dominikaner Petrus von Gengenbach und die Windesheimer Kongregation nach den Prinzipien der devotio moderna; Letzteres gilt vor allem für das Zisterzienserinnenkloster Kirschgarten nahe der Stadtmauer von Worms, das dank zahlreicher Stiftungen eine geistliche Blüte erlebte48. Das von den Pfalzgrafen und den Bischöfen unterstützte und privilegierte Kloster ergriff Ende des 15. Jahrhunderts in den Konflikten zwischen Stadtrat und Stiftsklerus für Letzteren Partei und unterstützte den bischöflichen Suprematieanspruch49. An den in den 1480er und 1490er Jahren in der gesamten Diözese Worms von Bischof Johann von Dalberg durchgeführten Klerusreformen beteiligten sich namhafte Humanisten wie Jakob Wimpfeling und Rudolf Agricola. Beide Gelehrte gehörten zum bischöflichen Hof in Ladenburg, zudem war Agricola als Bibliothekar des Bischofs tätig, und Wimpfeling bekleidete eine Professur in Heidelberg50. Auf den Synoden brachten sie dem Klerus die neuen Ideale des Priestertums nahe 51. In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, dass auf den Synoden und den Visitationen nur selten Geistliche benannt wurden, die im Konkubinat lebten52. In den päpstlichen Pönitentialakten des Vatikans sind jedoch für die Jahre zwischen 1449 und 1522 immerhin 155 Dispensgesuche vom defectus natalium erhalten53, der auf solche Konkubinatsverhältnisse zurückzuführen sein dürfte. Unter den betroffenen Klerikern finden sich mehrere Vikare des Liebfrauenstifts54. An dieser Form der Lebensgemeinschaft von Geistlichen sollte sich in reformatorischer Zeit in Worms wie auch andernorts die vor allem von Laien vorgebrachte Kritik am Klerikerstand entzünden55. Nachdem der humanistisch ambitionierte Bischof Johann von Dalberg dank der Unterstützung des pfälzischen Kurfürsten Philipp sein Amt 1483 antreten konnte56, gab er auf mehreren Ebenen sein Interesse am Ausbau eines bischöflichen Kirchenregiments über den gesamten Klerus der Wormser Diözese zu erkennen. Neben den seit 1488 jährlich durchgeführten Visitationen der Kollegiatstifte in der Stadt Worms erließen er und sein Nachfolger Bischof Reinhard von Rüppurr einige Statuten für die Stifte, um Missstände in den Gottesdiensten zu beseitigen57. Darüber hinaus dürfte unter dem Pontifikat Johanns von Dalberg die Verwaltung der Diözese endgültig von der Archidiakonats- in die Dekanatsverfassung umgewandelt worden sein58, um die bischöfliche Zentralverwaltung auf Kosten der Selbstständigkeit geistlicher Korporationen zu stärken. Infolge dieser erhöhten administrativen Kontrolle des gesamten Klerus durch den Bischof Johann von

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Dalberg konnte er auf die Besetzung der insgesamt 255 Pfarreien der Diözese – darunter neun in der Stadt Worms – Einfluss nehmen, insbesondere dann, wenn die Geistlichen den Klerusreformen nicht nachkamen. Die herausragende Bedeutung dieser administrativen Reformen für den Ausbau des Kirchenregiments des Bischofs zeigt die Verteilung der Patronatsrechte in der Diözese. So befanden sich über 70 Prozent der Pfarreien im Patronat geistlicher Korporationen, während der Bischof nur in zwei Pfarreien das alleinige Besetzungsrecht innehatte. Bei den Ende des 15. Jahrhunderts bestehenden neun Pfarreien in der Stadt Worms hatten ausschließlich die vier Kollegiatstifte, das Domstift und einige Klöster das Patronat inne59. Insofern war der Bischof auf die intensive Inanspruchnahme seiner administrativen Mittel angewiesen, um seine Kompetenzen per Verfahren auszuweiten; dazu gehörte auch die Aufsicht über die Pfründenverwaltung in den Pfarreien60. Dass die Bischöfe für die Durchsetzung der Klerusreform auch das Offizialgericht am bischöflichen Hof in Anspruch nahmen, zeigen die drei bereits erwähnten Inquisitionsprozesse aus den 1420er Jahren. Ein weiterer Inquisitionsprozess wurde 1477 eingeleitet, als sich der Domprediger Johannes Rucherat wegen seiner Kritik an der üblichen Ablasspraxis vor dem bischöflichen Offizial verantworten musste61. Die gezielte Förderung dieses Gerichts begünstigte offenbar ein Zentralisierungsprozess innerhalb der geistlichen Gerichtsbarkeit. Denn die von Friedrich Battenberg untersuchte Rechtsprechungspraxis in der Stadt Worms gibt ab den 1450er Jahren eine Schwerpunktverlagerung zu Gunsten des bischöflichen Offizials zu erkennen, während die anderen drei geistlichen Gerichte an Bedeutung einbüßten; es waren dies die beiden Offizialate am Dom und am Paulusstift sowie das kollegiale Gericht des Hochstifts62. Die erhöhte Inanspruchnahme des bischöflichen Offizials von Seiten der Wormser Bürger bis in das letzte Drittel des 15. Jahrhunderts führt Battenberg auf »bessere Chancen der Vollstreckung« dieses Amtes und auf die größere Autorität der durch dieses Gericht bestätigten Rechtstitel zurück 63. Eine Ausweitung des bischöflichen Einflusses auf das weltliche Stadtgericht von Worms konnte spätestens im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts verhindert werden. Zwar waren infolge der vierten Rachtung von 1366 (vgl. Abb. 18 S. 219) nicht nur vier bischöfliche Vertreter, sondern auch der Schultheiß als vom Bischof bestellter Amtsträger im Stadtgericht anwesend. Aber 1477 konnte dieses Gericht zunächst »eine teilweise Appellationsbefreiung« von der bischöflichen Jurisdiktionshoheit erringen und 1480 erteilte Papst Sixtus IV. der Stadt ein Gerichtsstandsprivileg, sodass Appellationen an fremde Gerichte zukünftig untersagt waren64. Mit dieser rechtlichen Aufwertung der Autorität des Stadtgerichts dürfte es zusammenhängen, dass es in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts nicht nur von den Bürgern der Stadt, sondern offenbar auch von Geistlichen in wachsendem Maße in Anspruch genommen wurde 65. Hingegen nahm die Bedeutung der vier geistlichen Gerichte deutlich ab, sie verloren auf Dauer ihre Funktion in der Stadt Worms. Allerdings setzte ein dramatischer Bedeutungsverlust des bischöflichen Offizials erst verspätetet im 16. Jahrhundert ein 66. Eine ambivalente rechtliche Zuständigkeit gegenüber der jüdischen Gemeinde von Worms zeichnete sich bereits im Hochmittelalter zwischen dem Bischof und dem Stadtrat ab67. Zwar vermochten die Bischöfe mit Unterstützung der Kaiser ihre gerichtlichen

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Hoheitsrechte gegenüber den Ansprüchen des Stadtrates bis 1505 zu behaupten. So behielt der Bischof bis Ende des Alten Reiches die Befugnis, sowohl die Wahl des Judenbischofs durch den Judenrat als auch die Wahl der Mitglieder dieses Rates zu bestätigen 68. Auch stand ihm in einigen Regelungsbereichen das Judengericht zu69. Demgegenüber hatte der Stadtrat auf der Grundlage kaiserlicher Privilegien im Fall der Juden »das Schutzrecht de jure vollständig inne« und nur ihm waren sie steuerpflichtig 70. Darüber hinaus unternahm er nicht zuletzt auf Druck aus der Bevölkerung wiederholt Versuche, die Juden seiner Gerichtsbarkeit zu unterstellen71, sodass nur das Stadtgericht für sie zuständig sein sollte. In Anbetracht der Aufteilung des Rechts zur Besetzung dieses Gerichts zwischen dem Bischof und dem Stadtrat hing es demnach von den Machtverhältnissen und den Interessen der beiden Institutionen ab, wer die Rechtsprechung gegenüber den Juden in seinem Sinne zu beeinflussen vermochte. In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, dass der Stadtrat in vorreformatorischer Zeit lediglich 1445 und 1505 jeweils eine Verordnung erließ, in denen der Aufenthalt von Juden in Worms und die Besetzung des Judenrates geregelt wurden72. Hingegen sind für die nachreformatorische Zeit bis zu Beginn des 17. Jahrhunderts mehrere Judenordnungen in den Ratsprotokollen von Worms überliefert, die der Stadtrat unabhängig vom Bischof erlassen hat73.

Ansätze städtischen Kirchenregiments und Verobrigkeitlichung des Stadtrates In der Zeit vor der Verabschiedung des Passauer Vertrages 1552 standen dem Stadtrat nur wenige Rechtsmittel zur Verfügung, um einerseits die Ausweitung des bischöflichen Kirchenregiments einzudämmen und um andererseits den eigenen Einfluss auf den Klerus in der Stadt und in ihrem ländlichen Umfeld zu intensivieren. Im Spätmittelalter bemühte sich der Rat mehrfach vergeblich um die Aufhebung der Steuer- und Gebührenfreiheit des Klerus74, sodass ihm bei einem Anteil von etwa 10 Prozent der Geistlichen und ihrer Bediensteten an der Stadtbevölkerung eine wichtige Einnahmequelle verschlossen blieb. Da der Stadtrat auch über keine Patronatsrechte an Pfarreien und Kapellen in Worms verfügte, war er in erheblichem Maße auf die Kooperationsbereitschaft des Bischofs und des Stiftsklerus angewiesen. Einen größeren Spielraum in kirchlichen Belangen verschafften ihm allerdings die Bettelorden der Franziskaner, Dominikaner, Augustinereremiten und Karmeliter, die sich im 13. Jahrhundert in Worms niederließen75. Da sie einen wesentlichen Teil der Seelsorge und Heilsvermittlung in der Stadt und in ihrem ländlichen Umfeld übernahmen, stießen sie schon bald auf den Widerstand des Bischofs und des Stiftsklerus. Durch das den Franziskanern und Dominikanern 1385 verliehene Bürgerrecht erschloss sich der Stadtrat jedoch die Möglichkeit, die geistliche Versorgung der Bürgerschaft auch in Krisenzeiten zu sichern, wenn der Stiftsklerus seine geistlichen Pflichten verweigerte. In diesen Fällen sorgte der Stadtrat für Abhilfe, indem er beispielsweise 1385 und 1499 Priester der Bettelorden in seinen Dienst nahm76. Eine noch stärkere Übereinstimmung der Interessen ist im Fall der Kleriker des Liebfrauenstifts und des Stadtrates anzunehmen, zumal sich die Stadt an der Errichtung der Stiftskirche erheblich beteiligt hatte77 und einige Stiftsgeistliche wahrscheinlich aus dem

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Wormser Bürgertum stammten78. Die 9 Kanoniker und 13 Vikare des Stifts zeigten großes geistliches Engagement, da sie sowohl innerhalb der Stadt als auch im ländlichen Umfeld Seelsorgedienste übernahmen 79. Zudem gehörte die Teilnahme an der alljährlich an Ostern stattfindenden Prozession zur Marienstatue in der Liebfrauenkirche offenbar ganz wesentlich zum religiösen Selbstverständnis des Stadtrates und großer Teile der Bevölkerung von Worms. Gegenüber dem Liebfrauenstift nahm der Stadtrat die Funktion eines Kirchenpflegers wahr und führte die Finanzaufsicht80. Offenbar bildeten diese Verwaltungserfahrungen den Ausgangspunkt für den zu Beginn des 16. Jahrhunderts gegenüber den anderen geistlichen Institutionen angemeldeten Anspruch, auch dort mit Hilfe von Ratspflegern wenigstens ein Mitspracherecht in der Wirtschaftsführung wahrnehmen 81 und damit die geistlichen Institutionen in Worms in finanziellen Fragen kontrollieren zu können. Das Amt des Kirchenpflegers verstetigte sich im Verlauf des 16. Jahrhunderts unter der Leitung des nunmehr lutherischen Stadtrates82. Eine wesentliche Stärkung seiner obrigkeitlichen Kompetenzen errang der Stadtrat in den späten 1480er Jahren, als ihm König Maximilian I. 1488 eine umfassende »Rechtsetzungskompetenz« zubilligte83. Der Stadtrat nutzte umgehend das ihm verliehene Privileg, ordnung, stattut und gesetzt [zu] machen und [zu] setzen 84, indem er seine Gesetzgebungsaktivität merklich erhöhte. Das gibt die folgende Grafik zu erkennen. So erließ der Stadtrat in den Jahren zwischen 1488 und 1500 allein 16 Verordnungen. Mit dieser Gesetzgebungspraxis erreichte er in vorreformatorischer Zeit einen bisher nicht gekannten Höhepunkt. Denn an den zwischen 1432 und 1518 nachweisbaren 39 Verordnungen hatten sie einen Anteil von immerhin über 41 Prozent. Die meisten der in dieser Phase erlassenen Verordnungen galten dem Gewerbe und Handel (8) sowie der Rechtsordnung und Gerichtsorganisation (4), nur eine 1499 erlassene Verordnung zielte auf die Regelung des Gottesdienstes. Neben dieser Gottesdienstordnung ist nur noch eine das Verhalten an Feiertagen betreffende Verordnung aus dem Jahr 1438 bekannt, die

2

1

0 1432 1434 1436 1438 1440 1442 1444 1448 1450 1452 1454 1456 1458 1460 1462 1464 1466 1468 1470 1472 1474 1476 1478 1480 1482 1484 1486 1494 1496 1498 1500 1502 1504 1506 1508 1510 1512 1514 1516 1518

Anzahl der Verordnungen

3

Jahr

Grafik 13: Zeitliche Verteilung städtischer Verordnungen in Worms (1432–1518)

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den kirchlich-religiösen Bereich in weiterer Hinsicht betrifft. Der Stadtrat nutzte offensichtlich seine Gesetzgebungskompetenz in vorreformatorischer Zeit nicht direkt, um seine Ambitionen für ein städtisches Kirchenregiment zu unterstreichen. Er wählte vielmehr den klassisch obrigkeitlichen Weg und beanspruchte, den Frieden in der Stadt zu sichern und zu bewahren. Dieser obrigkeitliche Anspruch kommt in den beiden Verordnungen zur Gerichtsorganisation von 1487, in der Reichstagsordnung von 1495 und vor allem in der Präambel zur Stadtrechtsreformation von 1498/99 zum Ausdruck. Darin wird auf us oberkeit unnsersz regiments genant iusmagistratus rekurriert, die zu furdernusz und merung gemeins nutzes und uffnemmen egenanter unnser stat und aller gemeinde, darauf alle unnser vorsorg und trachten steet diese Reformacion der stat Worms recht gesetze ordnung und statuta erlassen habe85. Als Rechtsquellen werden das gemeine Recht, kaiserliches Recht, Herkommen und Gewohnheiten genannt. In dieser das Prozess-, Privat- und Strafrecht neu regelnden großen Rechtsordnung86 wurde das römische Recht breit rezipiert, das der Systematisierung der verschiedenen Materien und Quellen des Rechts diente87. Der in dieser umfassenden Rechtsordnung formulierte obrigkeitliche Anspruch des Stadtrates bildete offensichtlich den Ausgangspunkt für neue gravierende Konflikte mit dem Bischof Johann von Dalberg und mit dem Wormser Stiftsklerus88. Denn der Stadtrat bestritt nun offen sowohl die Befugnisse des Bischofs, die Besetzung städtischer Ämter mitzubestimmen, als auch einige Sonderrechte des Stiftsklerus. Daraufhin verhängte der Bischof das Interdikt über die Stadt und der Stiftsklerus verließ Worms89. Zwar wurde das Interdikt 1509 wieder aufgehoben und der Klerus kehrte in die Stadt zurück, aber eine Lösung des Herrschafts- und Legitimationskonflikts zwischen Stadtrat, Bischof und Stiftsklerus zeichnete sich erst in den 1520er Jahren ab, als die reformatorische Bewegung in Worms neue kirchenpolitische Tatsachen schuf.

Spätmittelalterliche Frömmigkeit unter Eliten Die von Bernd Moeller für das Spätmittelalter des Alten Reiches als typisch bezeichnete »Kirchenfrömmigkeit« ist an einer wachsenden Anzahl diverser Stiftungen unter anderem für Kirchen, Kapellen, Flurkreuze, Totengedächtnisse erkennbar90. Für Worms ist im Verlauf des 15. Jahrhunderts eine rege Stiftungsbereitschaft von Geistlichen, Adligen und auch Stadtbürgern bekannt. Deren Stiftungen wurden von den Klerikern und dem Personal im Kloster Kirschgarten91, in zwei Hospitälern92 und in mehreren der insgesamt 20 Beginenkonvente93 verwaltet. Über die im Bereich des Domstifts geleisteten Memorienstiftungen liegt jedoch noch keine Untersuchung vor. Für eine Untersuchung dieser vielseitigen, auf Sühne für begangene Sünden zielenden Stiftungsart94, die auch Altarpfründen umfasste, stellt sich beispielsweise die Frage, ob die soziale Herkunft der Stifter der sozialen Zusammensetzung des Domkapitels entspricht oder von ihr bemerkenswert abwich. Denn dort waren im Unterschied zu den Domkapiteln in Mainz und Speyer neben adligen auffallend viele studierte bzw. graduierte Kleriker vertreten95. Weiterhin stellt sich die Frage nach dem Anteil von Laien unter den Stiftern. Darüber hinaus könnte die Betrachtung der Stiftungszwecke über die Frage Aufschluss geben, ob und inwiefern Veränderungen im Frömmigkeitsverhalten der Stifter festgestellt werden können.

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Abb. 23: Stiftungseintrag des Johannes Weinheim im Memorienbuch, 1490 (StadtA Wo Abt. 100 Nr. 1 fol. 87)

Zunächst sollen diese Memorienstiftungen am Beispiel der Stiftungen des Johannes Weinheim vorgestellt werden. In dem Memorienbuch wird er als Kanoniker der Domkirche bezeichnet96. Aus dem abgebildeten Stiftungstext geht hervor, dass er 1490 in seinem Testament eine Stiftung im Wert von 300 Gulden vorgesehen hatte; es handelt sich hierbei um den dritthöchsten Betrag einer Stiftung in dem Memorienbuch. Als Anniversarium zu seinem Gedächtnis sollte die Stiftung, die von zwei Magistern der Domkammer verwaltet werden sollte, folgendermaßen verwendet werden: 120 Brote für Arme, 8 Malter Getreide, die zu Broten verbacken an die Insassen des Leprosenhospitals zu verteilen waren, sowie kleinere Geldbeträge für die Versorgung der Begräbnisstätte und für diejenigen, die die damit verbundenen Arbeiten zu verrichten hatten. Es handelt sich bei dieser Memorienstiftung um das Beispiel einer die caritas betonenden Stiftung, während die memoria der Stifterpersönlichkeit auffallend geringe Bedeutung einnimmt. Mit dieser Schwerpunktsetzung bildet diese Stiftung unter den 124 Memorienstiftungen des Domstifts im Zeitraum zwischen 1420 und 1518 eher eine Ausnahme. Zudem tritt dieser Stiftungszweck erst in den 1490er Jahren auf und ist dann gelegentlich im frühen 16. Jahrhundert festzustellen. In den meisten anderen Stiftungen steht unverkennbar das Gedächtnis an den Stifter oder an dessen Verwandte und Freunde im Vordergrund. – Die überwiegende Zahl der Stiftungen dienten der Anschaf-

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fung von Wachs und Kerzen für die Aufstellung von Lichtern, weiterhin waren sie für Gebete, für das Lesen von Psalmen an Vigilien, hohen christlichen Festtagen und Heiligentagen, für das Läuten der Glocken, die Unterhaltung der Begräbnisstätte und für die Bezahlung von Glöcknern, Kantoren, Totengräbern und Vikaren vorgesehen. Gelegentlich sollten Stiftungen die Ausrichtung von Gottesdiensten an bestimmten Altären die Feier des Abendmahls und die Unterhaltung von einzelnen Prozessionen gewährleisten. Einige wenige Stiftungen zielten auf die finanzielle Unterstützung einzelner Geistlicher. Die 124 Stiftungen verteilen sich recht unterschiedlich auf diesen Zeitraum, wobei fünf zeitliche Schwerpunkte festzustellen sind: In den 1420er, 1440er, 1470er und 1480er Jahren und in den beiden ersten Jahrzehnten Anfang des 16. Jahrhunderts. Weiterhin fällt die vergleichsweise hohe Zahl an Stiftungen in den 1440er und 1480er Jahren auf. Diese beiden Höhepunkte an Stiftungsbereitschaft könnten vielleicht in Beziehung stehen zu den in diesen Jahren von den Bischöfen und den pfälzischen Kurfürsten veranlassten Kloster- und Klerusreformen, die auf eine Verbesserung der Seelsorge und des Lebenswandels der Kleriker im Sinne der devotio moderna zielten. Diese Vermutung korrespondiert mit Stiftungen, die entweder von Verwandten Wormser Bischöfe wie die des Kanonikers Friedrich von Fleckenstein97 und des Kantors Johann von Sickingen98 oder die von Bischöfen selbst geleistet wurden. Nachweisbar sind Stiftungen der Bischöfe Nikolaus von Wiltberg 99, Reinhard von Sickingen (Worms)100 und Philipp Rosenberg (Speyer)101. Alle drei bischöflichen Stiftungen fielen mit bis zu 60 Gulden deutlich höher

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Grafik 14: Anzahl der Memorienstiftungen im Wormser Domkapitel (1420–1518)

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aus als die der beiden genannten Verwandten, sie lagen aber erheblich unterhalb der höchsten Stiftungsbeträge zwischen 200 und 300 Gulden. Ähnlich wie der bereits erwähnte Kanoniker Johannes Winher aus dem Jahre 1490 stiftete der Speyrer Bischof Philipp Rosenberg 1512 als Einziger unter den drei Bischöfen größere Mengen Getreide zum Backen von Brot für Arme. Bei den meisten der zwischen 1420 und 1518 begründeten 124 Stiftungen waren Beträge zwischen 50 und 100 Gulden vorgesehen. Alle Stiftungen, die mehr als 100 Gulden umfassten, wurden 1472 und später notiert. Ihr zeitlicher Schwerpunkt liegt Ende der 1480er Jahre und in den ersten beiden Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts. Unter den neun Stiftern mit Höchstbeträgen sind Vikare und promovierte Kanoniker gleichermaßen mit jeweils vier Personen vertreten, obwohl Vikare im Vergleich zu den Kanonikern des Domstifts über wesentlich geringere Einnahmen verfügten102. Gleichwohl gehörten die Vikare des Domstifts zu den wohlhabenden Kreisen der Stadt Worms, denn sie wurden mit dem höchsten Reichssteuerbetrag (Gemeiner Pfennig) von einem Gulden belegt 103. Diese hohe Beteiligung der Vikare an aufwändigen Memorienstiftungen ver-

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1475 1470 1465 1460 1455 1450 1445 1440 1435 1430 1425 1420 0

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Grafik 15: Geldbeträge der Memorienstiftungen des Wormser Domkapitels (1420–1518)

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wundert weniger, wenn man berücksichtigt, dass von den 124 Stiftungen allein 33 von Vikaren stammen, das entspricht immerhin einem Anteil von fast 27 Prozent. Da zudem jeder der 40 Vikare des Domstifts in der Stadt Worms lebte und diese Gruppe unter den Domgeistlichen in erster Linie für die Seelsorge und Heilsvermittlung zu sorgen hatte104, ist bei diesen Vertreter des niederen Klerus von einer besonderen Bindung an die Kirchen in Worms und daher von einem starken Interesse an einer Memorienstiftung in der Domkirche auszugehen. Die größte Gruppe unter den Geistlichen, die zusammen 82 Stiftungen auf sich vereinigten, stellten allerdings 46 Kanoniker mit einem Anteil von knapp 37 Prozent. In Anbetracht der 1475 bestehenden 43 Kanoniker- und Präbendenpfründen im Domkapitel105 ist ihre Beteiligung an den Memorienstiftungen bemerkenswert hoch. Die Einsetzung solcher Stiftungen dürfte als ein wesentlicher Bestandteil ihres »beruflichen« Selbstverständnisses anzusehen sein. Denn unter zahlreichen Stiftungen finden sich Teilstiftungen für Dienste an Altären, bei Gottesdiensten und im Zusammenhang mit Heiligenverehrungen, auf deren Einnahmen gerade der niedere Klerus angewiesen war. Neben der großen Gruppe geistlicher Stifter sind noch drei kleinere Gruppen nachweisbar: Sie werden von 8 Prälaten106, 8 Juristen und 27 Laien – also Personen ohne geistliche Amtsbezeichnung – gebildet. Während sich die Gruppe der Laien mit einem Anteil von knapp 22 Prozent auf den gesamten Zeitraum verteilt, vor allem aber in den 1420er und 1440er Jahre als Stifter in Erscheinung tritt, können Memorienstiftungen von Juristen erst seit 1477 nachgewiesen werden. Ihr verspätetes Auftreten dürfte mit den sich im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts abzeichnenden Gerichts- und Gesetzgebungsreformen in der bischöflichen Regierung und im Stadtrat von Worms zusammenhängen. Hinsichtlich der Memorienstiftungen von Laien im Memorienbuch des Domstifts ist es auffallend, dass sie nahezu alle in der vorreformatorischen Zeit von Worms begründet wurden. Offenbar verlor diese Art der Frömmigkeit zu Beginn des 16. Jahrhunderts unter dem Eindruck der reformatorischen Bewegung erheblich an Bedeutung für viele Laien.

Reformatorische Bewegung und Bauernaufstand, Kleruskritik und offene Bekenntnislage (1513 –1548) Zu Beginn der 1510er Jahre richteten sich die Proteste aus der städtischen und ländlichen Bevölkerung zunächst nicht in erster Linie gegen den privilegierten Stiftsklerus und den ihn schützenden Bischof, sondern gegen die autoritäre Handhabung der Stadtrechtsreformation des Rates und gegen Oligarchisierungstendenzen im Stadtregiment107. Denn Vertreter der Zünfte beklagten 1513 Eingriffe in die Allmendenverwaltung, wachsende Verschuldung bei Geldverleihern, erhöhte steuerliche Belastung, ausufernde Schriftlichkeit, Verdrängung von Gebräuchen durch das 1498 offiziell eingeführte Römische Recht, Korruption unter Gerichtsschreibern und Rechtsgelehrten und fehlende Mitwirkung der Zünfte am Stadtregiment108. Die Heftigkeit und Zähigkeit des Protestes veranlasste den Stadtrat 1514 zu einer Änderung der Rats- und Gerichtsverfassung und er räumte den

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Zünften ein »gewisses Mitspracherecht in der Stadtpolitik« ein 109. Dieses wurde in der 1519 verabschiedeten Pfalzgrafenrachtung verbindlich gemacht, indem ein Rat aus 36 Mitgliedern gebildet wurde, der sich zur einen Hälfte aus Vertretern der Zünfte und zur anderen Hälfte aus sechs Adligen und zwölf Patriziern zusammensetzten sollte110. In dieser Rachtung wurden aber auch die Sonderrechte des Klerus und das Besetzungsrecht des Bischofs an städtischen Ämtern bestätigt, sodass der Stadtrat und die Bürgerschaft Protest einlegten111. In diesen bis zu Beginn der 1520er Jahre sich hinziehenden Konflikten verwies der bischöfliche Hofmeister auf die uppigen prediger, [die] die pawern auffrurig gemacht hetten, well dafur, es felet in den stetten unter den burgern auch nit 112. Und weiter heißt es: Es weren zu Worms allerley prediger, denen das volck nachlieffen, was aber darausz entstanden wer, het man gesehen, die pawern weren erstochen und stund noch geferlich allenthalben und wer ein grosze weter am himell, man kann es ye nit wol leiden. Die geistlichen klagen auch sunderlich uber die Prediger zu Worms, das sie teglich mit … smehen schelten und schenden angriffen; das wer inen auch beschwerlich113. In dieser fast schon apokalyptisch anmutenden Stellungnahme eines bischöflichen Vertreters wurde auf die sich früh abzeichnende reformatorische Bewegung in der Stadt Worms und in ihrer ländlichen Umgebung Bezug genommen. Die auffallend lebhafte und frühe Rezeption reformatorischer Lehraufassungen dürfte zum einen durch die Ansiedlung von Druckern wie Peter Schöffer in der Stadt Worms 1518 begünstigt worden sein114. Er war zunächst ein Anhänger Luthers. Der Druck von vier Auflagen der täuferischen Prophetenübersetzung Ludwig Hätzers und Hans Denks zwischen 1527 und 1528 lässt darauf schließen, dass er eine wachsende Sympathie für die Religiosität der Täufer empfand115. Immerhin wurde er 1529 einer solchen Sympathie verdächtigt und musste Worms verlassen. Ob bereits vor dem Reichstag in Worms 1521 eine täuferische Gemeinde in der Stadt bestand, ist weiterhin fraglich 116. Zur schnellen Verbreitung der theologischen Kritik und neuen Lehre dürften vor allem die zahlreichen Flugschriften beigetragen haben. Sabine Todt hat insgesamt 46 Flugschriften ermittelt – darunter neun in lateinischer Sprache, die sich auf die Vorgänge in Worms, insbesondere auf den gegen Luther 1521 verhängten Reichsbann beziehen 117. Unter diesen Flugschriften finden sich Exemplare beispielsweise von Urbanus Rhegius (1521), Ulrich von Hutten (1522)118, Martin Luther (1523) 119, Andreas Bodenstein von Karlstadt (1527) und Johannes Cochläus (1527). Dass Flug- und andere Druckschriften schon im Vorfeld des Wormser Reichstages zu einer erhöhten religiösen Mobilisierung und Parteibildung in der Bevölkerung von Worms beigetragen hatten, bezeugt die Stellungnahme des päpstlichen Nuntius Aleander 1521, der konsterniert feststellen musste: Täglich regnet es lutherische Schriften in deutscher und lateinischer Sprache; auch wird hier eine Druckerei unterhalten, wo dieses Handwerk bisher unbekannt war 120. Die sich in der reformatorischen Bewegung, aber auch bei ihren Gegnern in den 1520er und 1530er Jahren ausbreitende religiöse Polemik ermunterte manche zu derben Graffiti auf Hauswänden und Türen sowie zur Anfertigung von Karikaturen in Spottschriften. Auf Türen in Worms soll – wahrscheinlich in Anspielung auf den jungen Jesus von Nazareth – zu lesen gewesen sein: »Wehe dem Lande, dessen König ein Kind ist!« 121. Nuntius Aleander berichtete von Zeichnungen, auf denen Luther mit dem Sinnbilde des

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heiligen Geistes über dem Haupt, mit dem Kreuze oder mit der Strahlenkrone ausgestellt sei 122. Er selbst werde hingegen mit den Füßen am Galgen hängend, mit seinem Namen und deutschen Versen als Aufschrift abgebildet123. An den Schmähungen des Nuntius beteiligte sich der lutherische Kaplan der St. Magnus Pfarrei Johannes Rom, indem er ihm beispielsweise jüdischer Abstammung bezichtigte124. Nach der Verhängung des Reichsbanns über Luther und der öffentlichen Verbrennung seiner Schriften in Worms unterließ es auch der Reformator nicht, mit drastischen Bildern und Worten seinem Zorn über die Entscheidungen des Reichstages 1521 Ausdruck zu verschaffen. In der 1534 von Hans Luft in Wittenberg gedruckten und von Luther autorisierten Lutherbibel findet sich ein Holzschnitt125, auf dem in Anlehnung an die Perikope Offb XVIII, 21– 23 das brennende Worms als Sinnbild menschlicher Überheblichkeit abgebildet ist, versehen mit der Überschrift »Der Engel mit dem Mühlstein und das brennende Babylon«. Gleichwohl standen die altgläubigen Vertreter in Worms ihrem Kontrahenten Luther und der reformatorischen Bewegungen in der Wahl ihrer polemischen Mittel in nichts nach. Dies belegen die beiden folgenden Abbildungen. Es handelt sich zum einen um ein Pamphlet mit einer Karikatur Luthers, umrahmt von Strophen in lateinischer und deutscher Sprache, zum anderen um ein auf Holz aufgetragenes Graffiti126. Luther wird in dem Pamphlet als das hoch gerühmte Haupt der Lutheraner bezeichnet, das eine Gelehrtenkappe trägt, aber physiognomisch einem einfältigen Bauer ähnelt und nur törichte Worte von sich gibt. In dem wahrscheinlich auf Luther zielenden Graffiti wird er einer-

Abb. 24: »Das brennende Worms«, Holzschnitt 1534

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seits als aufrecht stehender, wenig kampfbereiter schläfriger Stier ohne Hörner dargestellt, andererseits in der Überschrift als Ungeheuer aus Sachsen bezeichnet. Dieser Widerspruch zwischen Bild und Text soll die Harmlosigkeit des Reformators zu erkennen geben und damit die Lächerlichkeit seines Anspruchs offen legen. Ein Kennzeichen der reformatorischen Bewegung in Worms war ihre soziale Heterogenität, die für manche Zeitgenossen gerade ihre schwer kalkulierbare Bedrohlichkeit ausmachte. Nach dem vor allem von der Stadtchronik Friedrich Zorns bestimmten Kenntnisstand gehörten zu dieser Bewegung in der Stadt Worms viele Einwohner, und vornehmlich diejenigen, welche in den Vorstädten eingesessen, …, auch etliche von den Rathspersonen, [die] Lust und Liebe zur evangelischen Lehre bekommen, einige Kleriker aus dem St. Andreasstift in Worms und dem St. Cyriakusstift in Neuhausen unweit der Stadt127, zahlreiche Adlige im Umfeld des kurpfälzischen Hofes128, unter ihnen Ulrich von Hutten 129,

Abb. 25: Pamphlet »Caput luteranorum«

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279

vier von Melanchthon und Luther empfohlene, teilweise nicht aus Worms stammende Geistliche130, mehrere täuferisch gesinnte Prediger und Gelehrte wie Ludwig Hätzer, Hans Denk, Melchior Rink, Melchior Hoffmann und Jakob Kautz131 und eine in ihrer Größenordnung und Zusammensetzung nicht einschätzbare Gruppe aus der ländlichen Bevölkerung im Umfeld der Stadt. In der um 1600 verfassten Stadtchronik Friedrich Zorns werden des Öfteren pawern erwähnt132. Da in der Sozialgeschichte des Bauernkrieges von dörflichen Eliten als den treibenden Kräften ausgegangen wird, ist auch im Fall des ländlichen Umfelds von Worms eine aktiven Teilnahme von Inhabern größerer Bauernhöfe an der reformatorischen Bewegung anzunehmen. Zum anderen vermitteln die Schilderungen des sich Anfang des Jahres 1525 anbahnenden Bauernaufstands in dem

Abb. 26: »Monstrum Saxonie«

280

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nahe Worms gelegenen Städtchen Pfeddersheim, dass dort auch eine beträchtliche Anzahl kleinerer Bauern und Vertreter unterbäuerlicher Schichten an dem so genannten Bockenheimer Haufen beteiligt war 133. Zwischen diesen die privilegierte Adelskirche ablehnenden Bauern und einigen lutherischen wie auch täuferischen Predigern bestanden teilweise enge Kontakte. Der bischöfliche Hofmeister machte insbesondere Prediger wie den mit den Täufern sympathisierenden Jakob Kautz direkt verantwortlich sowohl für die weitgehenden Forderungen des Stadtrates im April 1525 gegenüber dem Stiftsklerus als auch für die im Mai 1525 sich ereignenden gewaltsamen Übergriffe auf einzelne Kleriker und klösterliche Einrichtungen134. Zu den Forderungen des Stadtrates gehörten unter anderem die evangelische Predigt on allen menschlichen zusatz und die freie Wahl und auch Abwahl der Pfarrer durch die Gemeinde 135. Von den Plünderungen mehrerer Klöster und ihrer gewaltsamen Besetzung distanzierte sich zwar der Stadtrat, gleichwohl waren an diesen Aktionen neben Bauern auch Ratsherren und zahlreiche Bürger beteiligt 136. Die Predigten von Kautz, der in Wittenberg Theologie studiert hatte und sich seit 1524 in Worms aufhielt 137, fanden offenbar großen Zuspruch bei der ländlichen Bevölkerung, die zu diesem Zweck in größerer Zahl nach Worms kam 138. Bei diesen Gelegenheiten nahm er auch Erwachsenentaufen vor, womit er gegen die altkirchliche wie auch gegen die lutherische Lehrauffassung verstieß. Auf Drängen des pfälzischen Kurfürsten mussten sich daher er und sein Mitstreiter Pfarrer Hilarius vor dem Wormser Stadtrat 1527 verantworten139. Bereits vor dem Auftreten des Predigers Kautz hatten sich zwischen 1520 und 1523 einige Kleriker, Pfarrer und Kapläne des St. Andreasstiftes in Worms zu der lutherischen Lehre bekannt. Es sind dies erstens der Kantor und Kanoniker Nikolaus Maurus und der Prädikant Friedrich Baur an der Pfarrei St. Magnus140, zweitens die in Wittenberg bei Luther studierten Theologen Ulrich Preu gen. Schlaginhaufen und Johann Freiherr (identisch mit Johannes Rom)141, die 1523 ebenfalls in der Pfarrei St. Magnus ihren Dienst aufnahmen, wobei nach Otto Kammer unklar ist, ob der Stadtrat deren Einsetzung vornahm 142, und drittens der Kanoniker Ulrich Sitzinger am St. Andreasstift143. Als dieser 1523 heiratete, wollte ihm das geistliche Gericht die Pfründe entziehen, »ohne dass der städtische Rat, wie es scheint, dagegen Einspruch erhob« 144. Dieses Vorgehen des Gerichts provozierte einige Flugschriften und Sendschreiben sowie zahlreiche aktenkundige Stellungnahmen von beiden Seiten145. Auch Martin Luther schaltete sich mit einem Trostbrief an die Christen zu Wormbs in den Konflikt ein und sprach den Anhängern der neuen Lehre mit folgenden Worten Mut zu: So seyt nun/ vest lieben brüder/ bawet und troestett euch untereinander in gottes krafft. Das ist mit gottes wort/ das alles uberwindet/ und seyt gewiß das der trost Christi euch auch angehet146. Die bemerkenswert offene Bekenntnislage in der Stadt Worms in den 1520er Jahren ermunterte offenbar die Anhänger der Täuferbewegung zur Ausdehnung ihrer Aktivitäten. Bis 1527 hatte sich eine Täufergemeinde mit etwa 100 Mitgliedern gebildet147, zu deren Sympathisanten auch der niederländische Humanist Gerald Geldenhouwer und der Priester Oswald Priester gehörten 148. Die beachtliche Täufergemeinde fand Unterstützung nicht nur von den beiden Täufermissionaren Peter Scheppach und Ulrich Trechsel, die 1527 von der »Märtyrersynode« in Augsburg nach Worms geschickt worden waren 149.

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281

Unterstützung erhielten sie auch von den beiden gelehrten Täufern Ludwig Hätzer und Hans Denk, die spätestens 1527 von Straßburg nach Worms gezogen waren, um ihre Übersetzung der Propheten abzuschließen und bei Peter Schöffer in Druck zu geben150. Diese bereits 1527 in Worms erschienene Übersetzung der biblischen Propheten aus der hebräischen in die deutsche Sprache war die erste ihrer Art, da Luther diese Aufgabe zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgenommen hatte 151. Wegen der soliden philologischen Arbeit der beiden Täufergelehrten fand diese erste Übersetzung zunächst rasche Verbreitung und Anerkennung. Allein in den Jahren zwischen 1527 und 1531 wurden zwölf Ausgaben gedruckt152. In den beiden reformatorischen Zentren Zürich und Wittenberg lehnte man aber die Übersetzung wegen der Lehrauffassungen der beiden Täufer ab und bemühte sich um eine eigene Übertragung153. Nach dem Erscheinen von Luthers Prophetenübersetzung 1532 soll diejenige der Täufergelehrten »gänzlich verdrängt« und weitgehend in Vergessenheit geraten sein154. Innerhalb von Worms spielte sie aber insofern noch eine Rolle, als der erste vom Stadtrat angestellte Pfarrer Leonhart Brunner die Übersetzung von Hätzer und Denk seiner BibelKonkordanz von 1530 zu Grunde legte155. Nach der nüchternen Einschätzung des Kirchenhistorikers Johann Friedrich Gerhard Goeters ist die historische Bedeutung der täuferischen Prophetenübersetzung vor allem darin zu sehen, dass sie für die Übersetzungen Luthers und der Züricher Theologen immerhin als »die wichtigste schriftliche Vorlage« anzusehen ist156. In Anbetracht der sich vergrößernden Täufergemeinde in Worms, ihrer nicht unbeträchtlichen Anhängerschaft in der Landbevölkerung und nicht zuletzt dank der Anwesenheit gelehrter Täufer wie Ludwig Hätzer und Hans Denk beurteilte der Prediger Jakob Kautz 1527 offenbar die offene Bekenntnislage in Worms als so günstig, um »das Wagnis eines täuferischen Reformationsversuchs« einzugehen157. Denn in Anlehnung an das Vorgehen Luthers in Wittenberg 1517 formulierte Kautz im Juni 1527 sieben Thesen und schlug den Einblattdruck an der Predigerkirche an158. Kautz bezieht sich in der kurzen Vorrede zu seinen Thesen auf seine »Brüder« in Worms. Otto Kammer geht davon aus, dass ihm vor allem Hans Denk »als maßgebender Geist« die Feder geführt habe159. Nach Kammer sind die Thesen von einer mystisch-spiritualistischen Frömmigkeit beseelt und dienen dem Ziel der Imitatio Christi160. Kautz relativiert in der zweiten These die Bedeutung äußerer Zeichen »seien es Worte oder Zeichen, Sakramente oder Verheißung« zu Gunsten des eigenen Zeugnisses und frommer Wahrhaftigkeit. Das Sakramentverständnis der meisten Lutheranhänger, die die Kindertaufe forderten und das Abendmahl als Leib und Blut Christi interpretierten, wird in der dritten und vierten These abgelehnt. Unverkennbar sollten diese Thesen die Anhänger Luthers in Worms provozieren. Bereits knapp eine Woche später formulierten die lutherischen Prediger Ulrich Preu und Johann Freiherr sieben Gegenthesen, um diese muthwilligen und unchristlichen Behauptungen von Jakob Kautz mit der Hilfe und dem Beistand des Wortes Gottes [zu] widerlegen 161. In diesen theologischen Grundsatzstreit zwischen täuferischen und lutherischen Theologen in Worms schalteten sich noch im gleichen Jahr auch der Straßburger Reformator Martin Bucer und der Mainzer Kanoniker Johannes Cochläus ein162. Der »katholische Polemiker« Cochläus (J. F. G. Goeters) verwarf in seiner Stellungnahme beide Positionen,

282

K IRCHENREGIMENT ,

REFORMATORISCHE

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UND

K ONFESSIONSBILDUNG Abb. 27: Wormser Prophetenübersetzung 1527, Titelblatt (Stadtbibliothek Worms)

die er als Folge »der Ketzerei Luthers deutete« 163. Er schickte seine Erwiderung nicht nur dem Stadtrat von Worms zu und empfahl ihm die Ausweisung beider Parteien, sondern er veröffentlichte sogleich auch die Thesen von Jakob Kautz, einschließlich der Gegenthesen der beiden lutherischen Prediger und seine Erwiderung in Form einer Flugschrift. Auf diese Weise machte er die Vorgänge in Worms reichsweit bekannt, sodass sich der altgläubige pfälzische Kurfürst Ludwig V. als Schirmvogt der Stadt Worms einschaltete und den Stadtrat zum Eingreifen aufforderte. Es ist bezeichnend für den geringen kirchenpolitischen Handlungsspielraum des Stadtrates nach der 1526 mit dem pfälzischen Kurfürsten verabschiedeten Rachtung, dass er bereits 1527 sowohl die täuferischen Prediger Kautz und Hilarius als auch die lutherischen Prediger Ulrich Preu und Johann Freiherr der Stadt verwies 164. Obwohl sich der Stadtrat in der Rachtung von 1526 zur »Unterdrückung der neuen Lehre« verpflichtet hatte 165, erlebte die Täuferbewegung zwischen 1528/29 in Worms einen erneuten Aufschwung. Er dürfte nicht zuletzt auf die Präsenz des aus Augsburg

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stammenden Täufervorstehers Hans Leupold zurückzuführen sein, der mehrere Erwachsenentaufen durchführen konnte166. Die Täufergemeinde soll um 1530 immerhin noch 40 Personen umfasst haben. Darüber hinaus stellte der Stadtrat 1527 den Prediger Leonhard Brunner aus Straßburg ein, den ihr Martin Bucer, Caspar Hedio und Wolfgang Capito empfohlen hatten167. Mit der Finanzierung des Predigers allein aus der Stadtkasse schuf der Stadtrat ohne erkennbare Rechtsgrundlage die erste Prädikatur168, für die er allein zuständig und weder dem Stiftsklerus noch dem Bischof Rechenschaft schuldig war. Der ehemalige Schüler Jakob Wimpfelings und Mitarbeiter Martin Bucers zeigte in seinem öffentlichen Auftreten als evangelischer Prediger und in seiner Schrift »Billiche Antwurt« von 1530 gegenüber der Kritik und Polemik von Seiten des Stiftsklerus Standpunktsicherheit und ließ schon früh seine Sympathie für die oberdeutsch-reformierte Lehrauffassung erkennen169. Dieses theologische Selbstverständnis blieb dem Stadtrat offenbar bis zu Beginn der 1530er Jahre verborgen, als er den Prediger vor dem Hintergrund der unter den Reichsständen sich abzeichnenden konfessionellen Lagerbildung zwingen wollte, nicht über die Sakramente zu predigen170. Dank des Zuspruchs aus der Wormser Bürgerschaft und der Straßburger Theologen konnte Brunner vorerst im Amt verbleiben. 1532 heiratete er die Tochter eines Goldschmieds und unterstrich damit seine protestantische Eheauffassung. Erst als Kaiser Karl V. nach dem für ihn erfolgreich beendeten Schmalkaldischen Krieg 1548 reichsweit das Augsburger Interim verhängte, dessen Annahme Brunner wie viele evangelische Prediger anderorts auch verweigerte, der Stadtrat aber aus politischer Rücksichtnahme gegenüber dem Kaiser zu akzeptieren bereit war, mussten der reformierte Prediger Brunner und sein Kollege Hieronymus Brack die Stadt Worms verlassen171. Der Stadtrat scheute in theologischen und kirchenrechtlichen Grundsatzfragen offenkundig davor zurück, eine eindeutige Position zu beziehen. Die Inanspruchnahme der verschiedenen Herrschaftsmittel der bis in die 1540er Jahre dem altkirchlichen Glauben anhängenden Pfälzer Kurfürsten gegenüber der Stadt und der Diözese Worms und die starke Präsenz des Stiftsklerus ließen dem Stadtrat offenbar wenig Raum, um eigene konfessionspolitische Akzente zu setzen. Diese politische Kräftekonstellation in Worms und in seiner ländlichen Umgebung eröffnete offensichtlich den gesellschaftlichen Kräften in Verbindung mit den jeweiligen Obrigkeiten (Kaiser, Bischof, Kurfürst) Handlungsspielräume, die ihnen die Ausprägung unterschiedlicher konfessioneller Milieus bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts erlaubte. Für diese Hypothese lassen sich zumindest einige Indizien anführen. Zum einen sei auf die Inschrift am Grabmal des lutherischen Ratsherrn Johann Caspar Meiel von 1587 verwiesen, in der die fides Vormatia luttera beschworen wird; sie mag das lutherische Milieu repräsentieren. Zum anderen bieten die Memorienstiftungen im Wormser Domstift zwischen 1519 und 1560 Einblicke in die katholische Konfessionskultur der Stadt. So lässt sich im 16. Jahrhundert unverkennbar ein Abschwung im Stiftungsverhalten beobachten, wenn man es mit demjenigen aus dem Zeitraum zwischen 1420 und 1518 vergleicht. Während in dem früheren Zeitraum 124 Memorienstiftungen nachweisbar sind, sind für den späteren Zeitraum nur noch 32 Stiftungen festzustellen. Diese Beobachtung gilt auch dann, wenn man die unterschiedliche Dauer beider Zeiträume berücksichtigt.

284

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Abb. 28a-b: Grabdenkmal des lutherischen Ratsherrn und Stättmeisters Johann Caspar Meiel und seiner Familie mit Text der Inschrift, 1587/1601 (vgl. Fuchs, Inschriften Nr. 534)

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UND

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So erstreckt sich der erste Zeitraum auf knapp 80 Jahre und der zweite Zeitraum auf knapp 40 Jahre. Unter der Annahme, dass sich die Frequenz des Stiftungsverhaltens zwischen 1420 und 1560 nicht geändert habe, wären für den zweiten Zeitraum rechnerisch gesehen 62 Stiftungen zu erwarten. Tatsächlich sind aber nur 32 Memorienstiftungen zu ermitteln; das heißt im Bereich des Domstifts erfuhr diese Art des Frömmigkeitsverhaltens im 16. Jahrhundert insgesamt einen dramatischen Rückgang von fast 52 Prozent. Dieser Befund bedarf jedoch einer zeitlichen Differenzierung, wenn man die Verteilung der Stiftungen auf den gesamten Zeitraum betrachtet. Demnach ergeben sich bei den Stiftungen drei zeitliche Schwerpunkte: Sie liegen in den Jahren 1519/20, zu Beginn der 1540er und der 1550er Jahre. Es drängt sich die Vermutung auf, dass zumindest das Ausbleiben von Stiftungen während der 1520er Jahre möglicherweise auf die heftigen Konflikte zwischen dem Stadtrat und dem Stiftsklerus zurückzuführen sind. Sie könnten die traditionelle christliche Memoria-Kultur nachhaltig beeinträchtigt haben, denn die durch die reformatorische Bewegung provozierten religiösen Grundsatzkonflikte könnten Irritationen in der Hoffnung auf jenseitige Sündenvergebung ausgelöst haben. Das Ausbleiben von Stiftungen in den 1530er Jahren korrespondiert unter Umständen mit Berichten des Nuntius Pighino, der einen »völlig ungebildeten« und kirchlich wenig disziplinierten Klerus in Worms vorfand172. Sollte sich der Stiftsklerus in der Tat in einem mental desolaten Zustand befunden haben, ist weder von ihm noch von anderer Seite eine Neigung zu Memorienstiftungen zu erwarten. Dass diese Konstellation aber nicht von Dauer war, könnte der langsame Zuwachs an Stiftungen in den 1540er, vor allem in den 1550er Jahren signalisieren. Möglicherweise stabilisierte sich von der Mitte des 16. Jahrhundert an ein altgläubiges Milieu im personellen Umfeld des Domstifts. Nicht nur die Anzahl der Stiftungen zwischen 1519 und 1560 unterscheidet sich von dem vorhergehenden Zeitraum, sondern auch die soziale Zusammensetzung der Stifter. Unter den 32 Stiftern finden sich jeweils nur noch ein Laie und ein Prälat. Im Zeitraum

4,5 4 3,5

2 1,5 1 0,5

Jahr

Grafik 16: Anzahl der Memorienstiftungen im Wormser Domstift (1519–1561)

1561

1560

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1520

0 1519

Anzahl

3 2,5

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von 1420 bis 1518 hatten erstere immerhin noch einen Anteil von knapp 22 Prozent. Dieser deutliche Befund gibt zu der Vermutung Anlass, dass für Laien Memorienstiftungen zumindest in der Domkirche nicht mehr erstrebenswert waren und sie sich vielleicht stattdessen den noch bestehenden Beginenkonventen zuwandten oder aber die protestantische Frömmigkeit zu schätzen gelernt hatten. Die größte Gruppe unter den Stiftern zwischen 1519 und 1560 bildeten die Geistlichen, allen voran 16 Vikare, die damit einen Anteil von genau von 50 Prozent erreichten. Für diese Gruppe des niederen Klerus hatten demnach Memorienstiftungen in der Domstiftskirche an Bedeutung gewonnen, denn im ersten Zeitbereich lag ihr Anteil »nur« bei 28 Prozent. Dieser Befund ist umso aussagekräftiger, wenn er dem Anteil der fünf Kanoniker mit knapp 16 Prozent gegenübergestellt wird. Im Vergleich zum ersten Zeitbereich, für den immerhin 39 Prozent errechnet werden können, hatte er sich bei den Kanonikern also mehr als halbiert. Für diese Gruppe hochrangiger Kleriker spielte demnach eine Memorienstiftung in der Domstiftskirche

Abb. 29: Stiftung Memorienbuch 1540 (StadtA Wo Abt. 100 Nr. 1 fol. 64)

Jahre

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UND

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1561 1559 1557 1555 1553 1551 1549 1547 1545 1543 1541 1539 1537 1535 1533 1531 1529 1527 1525 1523 1521 1519 0

100

200

300

400

500

600

700

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900

Gulden

Grafik 17: Geldbeträge der Memorienstiftungen im Wormser Domkapitel (1519 –1561)

eine deutlich schwindende Rolle. Dieser Befund kann auch auf die Bischöfe als Stifter übertragen werden. Es ist nur eine Stiftung des Bischofs Reinhard von Rüppur aus dem Jahr 1541 überliefert, acht Jahre nach der Niederlegung seines Bischofsamtes. Die Gruppe der Juristen ist dagegen mit sechs Stiftungen unter allen Stiftern im zweiten Zeitbereich ähnlich, wenn nicht sogar noch stärker vertreten als im ersten Zeitbereich. Im Vergleich zum ersten Zeitbereich ist mit Blick auf die Stiftungszwecke von einer weitgehenden Kontinuität auszugehen. Das soll am Beispiel der 1540 begründeten Stiftung des adligen und graduierten Kanonikers Hieronymus Kleyber kurz erläutert werden173. Neben der Stiftung eines silbernen Bechers und kleinerer Geldbeträge für Gottesdienste zu seinem Totengedächtnis waren in seinem Testament 240 Gulden vorgesehen, die dem Erwerb von 21 Malter Spelz zum Verbacken von Brot dienen sollten, um es an bestimmten christlichen Festtagen an Arme zu verteilen. In diesem zweiten Zeitraum wurden einige Memorienstiftungen begründet, die sich auf mehrere Seiten erstrecken und zahlreiche Teilstiftungen aufweisen. So reservierte der Vikar am Domstift Johannes Zanner 1560 Weingefälle im Wert von 400 Gulden174, um zahlreiche Dienste zu seinem Gedächtnis verrichten zu lassen. Dazu gehörten Gottesdienste, bestimmte Gebetstunden, Benefizierung von Brot und Salz, Gesänge an bestimmten Festtagen, Zuteilungen für Arme, Wachs für ein Licht, Abendmahlsmessen, monetäre Zuwendungen für Verwandte und auch ein Anniversarium für den Bischof Johann von Sickingen. Die Höhe der durchschnittlichen Geldbeträge der Stiftungen im Zeitraum von 1519 bis 1560 lag zwischen 50 und 100 Gulden und erreichte damit eine ähnliche Größenordnung wie die Stiftungen des ersten Zeitbereichs. Während die sehr hohen Beträge inner-

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halb eines Jahres im ersten Zeitbereich immer auf einer Addition zahlreicher Stiftungen beruht, liegt der Fall im zweiten Zeitbereich anders. Die außergewöhnlich hohen Werte in den Jahren 1551 und 1560 sind auf jeweils eine besonders umfangreiche Stiftung zurückzuführen. So stiftete der adlige Kantor Heinrich von Schalvenberg an der Domstiftskirche 1551 insgesamt 600 Gulden 175, während der bereits erwähnte Vikar Johannes Zanner ebenfalls an der Domstiftskirche 1561 für 400 Gulden ein vielfältiges Totengedächtnis begründete176.

Städtisches Kirchenregiment und lutherische Konfessionsbildung (1519 –1619) Durch die zwischen Bischof Reinhard von Rüppur, dem Stiftsklerus und dem Stadtrat 1519 verabschiedete Pfalzgrafenrachtung wurde das Stadtgericht als ein vom Bischof unabhängiges Schöffengericht verfassungsrechtlich verankert 177. Auf dessen Zusammensetzung konnte der Bischof keinen Einfluss mehr ausüben. Nur bei einem Streitwert von über 50 Gulden war im Fall der Appellation noch das bischöfliche Gericht zuständig. Die Auswertung der von den Wormser Gerichten ausgestellten Urkunden durch Friedrich Battenberg zeigt, dass das neu begründete Stadtgericht im Bereich der Stadt Worms von den Konfliktparteien im 16. Jahrhundert als die vorherrschende Gerichtsinstanz anerkannt wurde178; dieser Trend hatte sich allerdings schon im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts abgezeichnet. Auch hinsichtlich der Gesetzgebung fand sich der Stadtrat durch Legitimation Kaiser Karls V. 1522 in seinen obrigkeitlichen Kompetenzen bestätigt, die ihm im Prinzip bereits König Maximilian I. 1488 zugestanden hatte. In welchem Maße der Stadtrat dieses Gesetzgebungsrecht nutzte, zeigt die zeitliche Verteilung der von ihm erlassenen Verordnungen und die rechtsverbindlichen Anweisungen, die – wie im kirchlich-liturgischen Bereich – zwar nicht alle auf seine Initiative zurückzuführen sind, die aber ohne seine stillschweigende Akzeptanz keine Gültigkeit hätte beanspruchen können. Das gilt beispielsweise für die wahrscheinlich von dem lutherischen Pfarrer Nikolaus Maurus 1524 verfasste Messordnung 179, die bei Peter Schöffer in Worms gedruckt wurde180, das gilt gleichermaßen für den 1543 von dem reformierten Pfarrer Leonhart Brunner ausgearbeiteten Katechismus 181 und dürfte auch für das 1560 erstmals veröffentlichte und dann 1582 erneut publizierte Agendbüchlein gelten 182. Das Agendbüchlein diente ausdrücklich nicht zur Vorbereitung einer eigenen Kirchenordnung 183. Völlig ungeklärt ist bisher, inwiefern mit der 1527 eingerichteten Kinderschule, die 1539 zu einer Lateinschule ausgebaut wurde184, auch die Ausarbeitung einer Schulordnung verbunden war. Während sich der erste Rektor der Schule, Leonhart Brunner, wahrscheinlich an den Straßburger Schulreformen Johannes Sturms orientierte, scheint sein späterer Nachfolger Friedrich Zorn sächsische und kurpfälzische Schulordnungen zum Aufbau einer dreiklassigen Lateinschule herangezogen zu haben 185. In Anbetracht dieser Bandbreite an Verordnungen, die kirchliche und religiöse Sachverhalte im engeren Sinn

S TÄDTISCHES K IRCHENREGIMENT

UND LUTHERISCHE

K ONFESSIONSBILDUNG (1519–1619)

289

betreffen, ist es erstaunlich, dass sich der seit 1552 ausschließlich von Lutheranern besetzte Stadtrat nicht zur Ausarbeitung oder wenigstens Übernahme einer dezidiert lutherischen Kirchenordnung entschloss. Daher ist zwar von einer vom Stadtrat zögerlich geförderten lutherischen Konfessionsbildung der städtischen Bevölkerung, nicht jedoch von einer Kirchenvisitationen, Kirchenordnung und Katechismus vorangetriebenen lutherischen Konfessionalisierung auszugehen. Diesem Eindruck entsprechen die auffallend knappen Ausführungen zur Reformation in Worms in dem umfangreichen Artikel über diese Stadt in dem Universallexikon des Zedler aus dem 18. Jahrhundert186. Auch fehlt in den Akten und Chroniken jeder Hinweis auf eine typisch lutherische Rechtfertigung obrigkeitlichen Kirchenregiments, die den Stadtrat als einen Notbischof oder ihn als praecipuum membrum ecclesiae Luther bezeichnen würde. Der Stadtrat begründete die meisten seiner den Klerus oder kirchliche Institutionen betreffenden Verordnungen ähnlich wie Ende des Spätmittelalters mit seinen obrigkeitlichen Funktionen der Friedenswahrung, Rechtssicherung und Aufsicht auf die gute policey. Das gilt beispielsweise für das Religionsmandat von 1523. In dem Zeitraum zwischen 1519 und 1619 erließ der Stadtrat insgesamt 41 überlieferte Verordnungen. Damit war seine Gesetzgebungsaktivität im Vergleich zu dem Zeitraum von 1432 bis 1518 nur geringfügig höher. Berücksichtigt man zudem den gut zehn Jahre längeren Zeitraum, dann ist sogar von einer geringeren Gesetzgebung zu Beginn der Frühneuzeit als im Spätmittelalter auszugehen. Mit Blick auf die zeitliche Verteilung der Verordnungen sind drei Schwerpunkte festzustellen: Sie lagen in den 1520er, 1540er und Ende der 1570er bis zu Beginn der 1580er Jahre. Während des ersten zeitlichen Schwerpunktes spielten Rechtsordnungen und den Klerus betreffende Verordnungen eine größere Rolle, wie beispielsweise das Religionsmandat von 1523 187, das Mandat ge-

4

2

1

0 1519 1521 1523 1525 1527 1529 1531 1533 1535 1537 1539 1541 1543 1545 1547 1549 1551 1553 1555 1557 1559 1561 1563 1565 1567 1569 1571 1573 1575 1577 1579 1581 1983 1585 1587 1589 1591 1593 1595 1597 1599 1601 1603 1605 1607 1609 1611 1613 1615 1617 1619

Anzahl der Verordnungen

3

Jahr

Grafik 18: Zeitliche Verteilung städtischer Verordnungen in Worms (1519–1619)

290

K IRCHENREGIMENT ,

REFORMATORISCHE

B EWEGUNG

UND

K ONFESSIONSBILDUNG

gen Konkubinate von 1524/25188 und das kaiserliche Täufermandat von 1527189. In den 1570er Jahren wurden auffallend viele Feiertagsordnungen für die Regelung des Verhaltens an Ostern, Pfingsten, Allerheiligen und an Weihnachten erlassen; in den 1580er Jahren rückten Verordnungen zum Handel in den Vordergrund. In dem gesamten Zeitbereich wurden insgesamt neun die Juden betreffende Verordnungen erlassen, die den obrigkeitlichen Hoheitsanspruch des Stadtrates gegenüber den Juden dokumentieren. Gleichwohl dürften dieser erhöhten Gesetzgebungsaktivität im Fall der Juden auch die in den späten 1550er Jahren massiv auftretenden Konflikte zwischen ihnen und Zunftvertretern zugrundeliegen, die den Regelungsbedarf steigerten 190. Insgesamt lässt sich im Anschluss an Gerold Bönnen feststellen, dass der Stadtrat trotz der sich seit den 1480er Jahren zu seinen Gunsten abzeichnenden Verschiebung im Machtgefüge zwischen ihm und dem Bischof weder in der Lage war, »eine obrigkeitliche Stellung« zu erlangen, noch eine städtische Territorialbildung vorzunehmen 191. Die Ursachen für die Grenzen der Machtentfaltung des Stadtrates dürften in folgenden Rahmenbedingungen zu suchen sein: Erstens in der konkurrierenden Hochgerichtsbarkeit des bischöflichen Generalvikariats 192, zweitens in der eingeschränkten Gesetzgebungskompetenz bzw. in der mit ihr konkurrierenden bischöflichen Gesetzgebung, drittens in dem durch den Augsburger Religionsfrieden 1555 garantierten Schutz der katholischen Minderheit, sodass das Prinzip des cuius regio eius religio erheblich beschnitten war, viertens im gänzlichen Mangel an Kirchenpatronaten, fünftens in der Schirmvogtei des pfälzischen Kurfürsten über die Stadt und sechstens in der Rücksichtnahme des Stadtrates gegenüber dem katholischen Kaiser als dem Schutzherrn der Reichsstadt. Letzteres zeigt sich in der Rachtung von 1526, als der Stadtrat nicht nur die Privilegien des Stiftsklerus anerkennen musste, sondern auch seiner Forderung nach Wahl und Einsetzung der Pfarrer durch die Gemeinde keine Geltung verschaffen konnte. Diese prekäre kirchenpolitische Lage, die den Ausbau eines lutherischen Kirchenregiments des Stadtrates von Worms erheblich einschränkte, ist offenbar auch für die Stadträte von Speyer, Rottweil und Frankfurt kennzeichnend, die sich ebenfalls in einer »stärkeren Abhängigkeit vom Kaiser« befanden 193.

Die Reichsstadt Worms im 17. und 18. Jahrhundert G UNTER M AHLERWEIN

»Vor dem Brand – nach dem Brand« – die Stadtzerstörung von 1689 als Wendepunkt der Stadtgeschichte? Als »arm, elend und einsam« wird Worms im Jahr 1749 in der Zedler’schen Enzyklopädie beschrieben, als eine Stadt, die sich »nach der Frantzösischen Verwüstung 1689 (…) noch nicht wieder recht erholet hat«1. Mit dieser Beschreibung findet sich der 60 Jahre nach der Zerstörung verfasste Text im Einklang mit vielen anderen Beurteilungen der Situation nach dem Pfälzischen Erbfolgekrieg und den Folgen dieses Krieges für die Entwicklung der Stadt. Kaum ein anderes Ereignis der Stadtgeschichte ist in der Erinnerung so präsent geblieben wie die Niederbrennung der Stadt am 31. Mai 1689 durch französische Truppen. Das zeigen nicht nur bis in das 20. Jahrhundert begangene Gedenkfeiern anlässlich runder Jahrestage mit der jeweiligen Zeit entsprechenden memorialkulturellen Ausprägungen: Gottesdiensten, Vorträgen, Büchern, Ausstellungen und sogar einer Oper 2. Auch im kollektiven Gedächtnis der Bewohner ist der Schicksalsschlag von 1689 über viele Generationen haften geblieben. »Vor dem Brand« – »nach dem Brand«, das sind in der Aktenüberlieferung des 18. Jahrhunderts immer wieder auftauchende zeitliche Grenzziehungen, die die Vorstellung einer Zäsur auch im Bewusstsein der Bürger und Bürgerinnen von Worms belegen. Außer der mündlichen Tradierung dieses Ereignisses, die über mehrere Generationen stattfinden konnte, wurde den Einwohnern der Stadt dessen Charakter als tiefer Einschnitt in der Stadtgeschichte für lange Zeit – im Grunde bis heute – täglich vor Augen geführt. Am Pfingstdienstag 1689 verschwand das mittelalterliche und frühneuzeitliche Worms mit seinen vielen Türmen, seinen prachtvollen kirchlichen und städtischen Gebäuden, seinen Wohnhäusern und Werkstätten. Der nur unvollständige Wiederaufbau ließ die Stadt nicht mehr zu ihrer alten »Herrlichkeit« zurückkehren. Das fast völlige Fehlen alter Bauten und die auch bei Zedler 1749 noch beklagte Existenz vieler »wüste[r] und ledige[r] Plätze« im Stadtgebiet waren für die Menschen des gesamten 18. Jahrhunderts eine bleibende Mahnung an den Unglückstag und den erlittenen Verlust. Das bauliche Erbe vergangener Zeiten stellt für eine Stadt einen Teil ihres Gedächtnisses dar. Aber auch der andere Teil des »Gedächtnisses der Stadt« wurde zum Großteil zerstört: das städtische Archiv. Lediglich die Urkunden waren vorher nach Frankfurt gebracht worden, der weitaus größere Teil, Rats- und Gerichtsprotokolle, Verwaltungsak-

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ten, Haushaltsrechnungen, fiel den Flammen zum Opfer 3. Damit war und ist eine Rekonstruktion des Lebens in Worms vor 1689 nur noch sehr eingeschränkt möglich. Hatten die Zeitgenossen und die nachfolgenden Generationen somit allen Grund, die Stadtzerstörung als grundlegenden Einschnitt in die Geschichte von Worms anzusehen, so wird dieses Urteil auch von den Historikern der späteren Jahrhunderte geteilt. An dem Befund Friedrich Soldans aus dem Jahr 1889, Worms habe nach 1689 die alte Größe nicht wieder erlangen können und sei bis in das 19. Jahrhundert eine »kleine unbedeutende Stadt« geblieben, wird bis heute in der Forschung festgehalten 4. Die moderne Geschichtswissenschaft ist jedoch seit mehreren Jahrzehnten gegenüber Ereignissen skeptisch. Die Geschichtsmächtigkeit oder anders gesagt: das Veränderungspotenzial selbst großer Ereignisse wie Kriege und Revolutionen wurde für etliche Lebensbereiche zunehmend infrage gestellt. Stattdessen gerieten langfristige Strukturen und lang anhaltende Kontinuitäten in den Blick. Aus dieser Perspektive stellt sich die Frage nach der Zäsur von 1689 neu: Welche Bedeutung hatte die Zerstörung für die weitere Geschichte der Stadt im 18. Jahrhundert tatsächlich? Welche Entwicklungslinien wurden durch sie abgeschnitten, welche Möglichkeiten verbaut, welche Bereiche städtischen Lebens nachhaltig gestört? Weiter gehend könnte man nach den Kriterien fragen, nach denen städtische Entwicklung bemessen wird. Bei welchen dieser Kriterien wäre der Zäsurcharakter von 1689 zu bestätigen? Solcherart ausdifferenziert müsste dann für jeden relevanten Realitätsbereich der Zustand »vor dem Brand« und »nach dem Brand« überprüft werden. Angesichts angenommener langfristiger Kontinuitätslinien und Entwicklungsverläufe bedeutet das, das Jahrhundert vor der Zerstörung und das danach in den Blick zu nehmen. Das sich daraus entwickelnde Bild von der Geschichte der Stadt im 17. und 18. Jahrhundert wird dann die Veränderungen, die sich durch 1689 ergaben, und ihre Relevanz aufzeigen. Die neuere Stadtgeschichte beurteilt die frühneuzeitliche Entwicklung in den verschiedenen Bereichen städtischen Lebens differenziert – im Gegensatz zur historiografischen Tradition seit dem 19. Jahrhundert, in der von einem Niedergang der Städte, insbesondere der Reichsstädte, im 17. und 18. Jahrhundert ausgegangen wurde 5. Als Gründe für die konstatierte Negativentwicklung wurden insbesondere die zunehmende Oligarchisierung der inneren Verhältnisse, die verkrusteten Verfassungen und die Konkurrenz der erstarkenden Territorialstaaten angesehen. Die neuere Forschung verkennt diese gravierenden Probleme nicht. Tatsächlich waren die Städte nach dem 16. Jahrhundert nicht mehr die Antriebskraft bei der Entwicklung moderner Staatlichkeit, sondern diese Funktion ging auf die Flächenstaaten über. Die Verfassungen ließen kaum Veränderungen zu, das zunehmende Selbstverständnis der Stadtvorstände als Obrigkeit reduzierte das Ausmaß der Gemeindeautonomie. Ein rückständiges Finanz- und Steuersystem verhinderte Entwicklungschancen und konnte der hohen Verschuldung, die nicht zuletzt durch zu hohe Personaletats entstand, nicht mehr Herr werden. Dennoch sehen die Autoren neuerer Stadtstudien auch Entfaltungspotenziale. Die für alle Reichsstädte bis zum Ende des alten Reiches nachweisbaren Verfassungskonflikte verwiesen auf einen Rest eines Gemeindebewusstseins. Bei der Ausbildung eines neuen Normensystems, der »bürgerlichen Tugenden«, seien die Städte ebenso Vorreiter gewesen wie bei Modernisierungen im Bil-

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dungsbereich. Die Funktion der Städte für die Entwicklung der Schulen ist wenig umstritten. In der Entstehung eines »neuen Bürgertums« seit der Mitte des 18. Jahrhunderts, das sich aus Handels- und Bildungsbürgern zusammensetzte und ein neues Bürgerbewusstsein ausprägte, sieht Lothar Gall einen neuen dynamischen Faktor in der sozialen Entwicklung der Städte. Die Entstehung erster bürgerlicher Vereine im späten 18. Jahrhundert ist Ausdruck dieser Entwicklung. Das »Nebeneinander von Stagnation und Wandel«, das Klaus Gerteis für die frühneuzeitliche Stadtgeschichte konstatiert, kann wohl in allen historischen Epochen ausgemacht werden und erscheint daher banal. Dass aber überhaupt die Dimension des Wandels in die städtehistorischen Überlegungen eingeführt wurde und man sich nicht mit der Feststellung des Stillstands und des Rückschritts zufrieden gab, ist das Verdienst der neueren Forschung. Am Beispiel der Geschichte von Worms im 17. und 18. Jahrhundert wird dieser Ansatz zu überprüfen sein. Geschichtsschreibung würde allerdings zu kurz greifen, konzentrierte sie sich nur auf die dynamischen Kräfte. Eine am Leitbild der Modernisierung orientierte Darstellung übersieht leicht die Rationalität und Logik anderer, nicht in zukünftige Entwicklung weisender, aber in sich konsistenter Verhaltensformen. So kann zum Beispiel das mehr an der Existenzsicherung als an der Marktfähigkeit interessierte Wirtschaftsverhalten von Personen und Gruppen in vielen historischen Situationen ökonomisch sinnvoller gewesen sein. Auch darauf wird in der folgenden Darstellung zu achten sein. Seit der Behandlung des Zeitabschnittes in Boos’ viertem Band der Städtegeschichte6 fehlt es an Überblicksdarstellungen zur frühneuzeitlichen Geschichte von Worms. Boos räumt den Folgen der militärischen Auseinandersetzungen vom Dreißigjährigen bis zum Siebenjährigen Krieg für die Stadt großen Raum ein, bevor er dann umfassend über die Geschichte des 18. Jahrhunderts informiert. Anders als in der älteren Städtegeschichte üblich, gewinnt er – möglicherweise motiviert durch seinen Auftraggeber Heyl, dessen Vorfahren in dieser Zeit in Worms ihren Aufstieg begannen – der Epoche durchaus gute Seiten ab, zeichnet sie sogar als »Stillleben«. Er lobt die Wiederaufbauleistung der Wormser, sieht die Vorteile, die die Stadt durch ihre Funktion auch als bischöfliche Residenzstadt hatte, beschreibt – ganz im Sinne Galls – die Entwicklung neuer bürgerlicher Assoziationsformen. Gleichwohl er die Stagnation im Zunfthandwerk erkennt, rückt er die wirtschaftliche Situation auf Grund der Leistungen im Handel, in der Landwirtschaft, im Weinbau und im Kunsthandwerk in ein günstiges Licht. Im Worms des 18. Jahrhunderts hätten daher viele Wohlhabende, aber wenig Bettler gelebt. Der hohe Bildungsstand, ein gutes Schulwesen, die Existenz von Zeitung und Buchverlag seien Anzeichen einer kulturellen Blüte gewesen7. Seit Boos haben eine Vielzahl von Monografien und Aufsätzen das Wissen um die Wormser Geschichte des 17. und 18. Jahrhunderts bereichert 8. Umfassende Untersuchungen liegen vor zur Verfassungsgeschichte, zur Geschichte des Pfälzischen Erbfolgekrieges und der Stadtzerstörung sowie zur Bevölkerungsgeschichte. Die Wirtschaftsgeschichte wird vornehmlich in Untersuchungen zu einzelnen Zünften oder Branchen behandelt. Über die Kulturgeschichte informieren Darstellungen der Schulentwicklung, Vereinsgeschichten und eine Darstellung der Presseentwicklung. Religionsgeschichte ist außer über einige problemorientierte Aufsätze vor allem über die Beschreibungen einzel-

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ner Pfarrkirchen nachzuvollziehen. Einige Fragen der Sozialgeschichte deckt die Dissertation von Hans-Dieter Hüttmann aus dem Jahr 1970 ab 9. Der weitaus größte Teil dieser Darstellungen bezieht sich auf das 18. Jahrhundert. Das ist mit der Zerstörung der Akten von vor 1689 zu erklären. Allerdings muss auch ein Großteil des vielfältigen Archivmaterials der Zeit nach 1689 als unbearbeitet gelten. Das fast vollständig erhaltene Verwaltungsschriftgut sowie Rats- und Gerichtsprotokolle sind bislang weder quantitativ noch qualitativ zufrieden stellend ausgewertet worden. In ihnen steckt noch Material für eine Vielzahl von Forschungsfragen.

Kriege als Faktoren der Stadtentwicklung Mit »Kriege und Krisen« ist ein neueres Überblickswerk zum 17. Jahrhundert überschrieben10. Damit werden die militärischen Auseinandersetzungen und deren Folgen für die Bevölkerung zum Signum der Zeit erklärt. In wenigen Jahrhunderten – außer vielleicht dem 20. – dürfte der strukturbildende Charakter des Ereignisses Krieg stärker hervorgetreten sein als im 17. Jahrhundert. Kriege und Krisen des 17. und der ersten zwei Drittel des 18. Jahrhunderts müssen daher als wesentliche exogene Faktoren der Stadtentwicklung angesehen werden.

Worms in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges In den Dreißigjährigen Krieg war Worms von Beginn an einbezogen 11. 1609 war die Stadt auf Druck ihres Schutzherrn, des pfälzischen Kurfürsten, der 1608 gegründeten Union beigetreten 12 Dieser Zusammenschluss von neun protestantischen Fürsten und 17 Städten unter Führung der calvinistischen Kurpfalz verstand sich zunächst als defensives Bündnis in den an Schärfe zunehmenden interkonfessionellen Auseinandersetzungen um die Interpretation der Reichsverfassung und des Religionsfriedens von 1555. Die 1608 erfolgte Besetzung der Reichsstadt Donauwörth durch bayerische Truppen im Rahmen einer kaiserlich verfügten Exekution und die nachfolgende, eindeutig gegen das Reichsrecht verstoßende Katholisierung der mehrheitlich protestantischen Bevölkerung hatte bei den Reichsstädten das Misstrauen gegen die Fürsten und insbesondere gegen die pfälzische Politik hinter ihrem Schutzbedürfnis zurückstehen lassen. Dem 1609 gegründeten katholischen Gegenbündnis, der Liga, trat der Bischof von Worms bei. In den Auseinandersetzungen der folgenden Jahre konnten die beiden Konfessionsparteien ihr militärisches Drohpotenzial erheblich steigern. Nach der Annahme der böhmischen Königskrone durch den pfälzischen Kurfürsten Friedrich V. wurden Böhmen und die Pfalz die ersten Schauplätze des langjährigen Krieges. Während die Liga nach Böhmen zog, um die böhmischen Rebellen zu bekämpfen und ihren neuen König in die Flucht zu schlagen, sollte ein spanisches Heer unter Ambrogio Spinola die linksrheinische Pfalz angreifen. Als inmitten des pfälzischen Territoriums liegende, der Union angehörende Stadt war Worms unmittelbar vom Beginn der

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Kampfhandlungen betroffen. Die folgenden 30 Jahre der Stadtgeschichte lassen sich nach den verschiedenen Besatzungen in sechs Phasen einteilen. Die erste Phase bis in das Frühjahr 1621 ist geprägt durch die Zugehörigkeit zur Union. Worms wurde zum Hauptquartier der Unionstruppen, die sich 1620 dem Einmarsch Spinolas in die Pfalz weitgehend erfolglos entgegenstellten. Das Verhältnis zur Union war ambivalent. Zwar wollte man sich der Hilfe in konfessionellen Auseinandersetzungen versichern, gleichzeitig sich aber nicht mit dem Kaiser als dem Garanten reichsstädtischer Rechte überwerfen. So hatte der Rat 1619 einen Teil der der Union zugedachten Gelder in Erwartung der kriegerischen Ereignisse für die Verstärkung der Mauern und die Aufstellung einer eigenen Garnison verwendet. Ein kaiserliches Mandat gegen die böhmischen Rebellen und Friedrich V. wurde im April 1620 wie selbstverständlich vom Rat publiziert. Bereits zwei Tage vor der Niederlage Friedrichs in der Schlacht am Weißen Berg bei Prag wurde im Wormser Rat der Austritt aus der Union und der Friedensschluss mit dem Kaiser diskutiert. Militärisch erfolglos und innerlich zerstritten, wurde die Union nach dem Waffenstillstand mit Spinola im Mai 1621 aufgelöst. Der Abzug der unierten Truppen markiert das Ende der ersten Phase des Krieges für Worms. Die zwischen Spinola und der Union vereinbarte Waffenruhe währte nicht lange. Spinolas Nachfolger Cordoba kämpfte in der rechtsrheinischen Pfalz weiter und wechselte nach Übergriffen des englischen Obristen Veer auch wieder in das Linksrheinische, um Frankenthal zu belagern. Diese Belagerung wurde abgebrochen, als der im Dienst Friedrichs V. stehende Graf von Mansfeld mit Resten des böhmischen und des Unionsheeres von der Oberpfalz in die Kurpfalz vordrang und sich in Mannheim mit den Truppen Veers vereinigte. Ihm folgte Graf von Tilly mit den Ligatruppen nach. Das Gebiet der Kurpfalz wurde in den nächsten Monaten in ständig sich ändernden Kräfteverhältnissen von Cordoba, Tilly, Mansfeld und ihren Truppen kontrolliert. Worms hatte sich im August und im Dezember 1621 einer Aufnahme der Truppen Cordobas verweigert und sich mit 54 822 Gulden von Mansfelds gleichem Ansinnen freigekauft. 1622/23 konnten sich die spanischen und die Ligatruppen immer mehr durchsetzen und Heidelberg, Mannheim und Frankenthal erobern. Die Pfälzer Kurwürde wurde an Bayern übertragen. Worms hatte in dieser Zeit mehrere Besetzungen zu ertragen und Kontributionen zu zahlen. Nach der Auflösung des Mansfeldschen Heeres 1624 verlagerten sich die Ligatruppen und damit der Krieg nach Norden. Die linksrheinische Pfalz blieb in spanischen Händen. Die dritte Phase des Krieges nach 1624 war von relativer Ruhe geprägt. Erst 1629 mussten wieder Gelder an Truppenführer gezahlt werden, die die Stadt blockierten. Der Erfolg der katholischen Seite durch die Truppen Tillys und Wallensteins verleitete den Kaiser 1629 zum Erlass des Restitutionsediktes, das die Rückführung der geistlichen Güter, die seit 1552 an die Protestanten gefallen waren, und die Nichtanerkennung und Ächtung der Calvinisten vorsah. Auch in Worms erhoben die Jesuiten in der Folge dieses Ediktes Ansprüche auf die Magnuskirche. Mit dem Kriegseintritt des Schwedenkönigs Gustav Adolf 1630 begann die vierte Phase. Im Sommer 1631 besetzte Herzog Karl von Lothringen Worms, verließ aber die Stadt mit seinen Truppen wieder vor der Ankunft der Schweden. Gustav Adolfs Heer hatte am 7. Dezember 1631 bei Oppenheim auf die linke Rheinseite übergesetzt, Oppenheim und Mainz erobert und dann den Rat der Stadt Worms auf-

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Abb. 30: Peter Hamman, »Grundtriss undt Abbildung« der Stadt, 1690

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gefordert, seine Oberhoheit anzuerkennen. Wie auch bei anderen protestantischen Reichsständen wurde Gustav Adolfs Engagement für die evangelische Sache in Worms durchaus zwiespältig aufgenommen. Die schwedische Besatzungsherrschaft bis 1635 bestätigte die distanzierte Haltung des Rates, der sich zu keinen bei geändertem Kriegsglück sich rächenden voreiligen Schritten gegen den Kaiser verleiten lassen wollte. So wurden 1632 die Häuser in den Vorstädten, die man im Verteidigungsfall nicht zu halten befürchtete, auf Befehl des schwedischen Kommandeurs abgebrochen. 1635 übernahmen kaiserliche Truppen unter General Gallas die Stadt bei freiem Abzug der Schweden. Die nun folgende fünfte Phase des Krieges ist geprägt von Besatzungen kaiserlicher und lothringischer Truppen mit einem französisch-schwedischen Zwischenspiel 1639/40. Mit der französischen Besetzung ab 1644, die auch einem Beschuss durch spanische Truppen 1647 trotzte, ging der Krieg in seine Endphase, die bis 1650, dem Abzug der letzten fremden Soldaten, andauerte. Anders als andere Städte und Dörfer wurde Worms – sieht man von den Vorstädten ab – im Dreißigjährigen Krieg nicht zerstört. Quellen über direkt durch Kriegshandlungen zu Tode gekommene Einwohner fehlen. Da die Stadt außer bei der Kanonade 1647 nicht direkt angegriffen wurde, dürfte deren Zahl auch niedrig gewesen sein. Dennoch sank der Bevölkerungsstand von etwa 7 500 vor dem Krieg auf 4 000 bis 5 000 Einwohner um 1650. Nur ein sehr geringer Teil dieses Bevölkerungsverlustes dürfte der Flucht in andere Landstriche zuzuschreiben sein, da die Situation in der engeren und weiteren Umgebung auch nicht besser, sondern eher noch unsicherer war. Soldaten brachten immer Hunger, Teuerung und Krankheit mit in die Stadt. Die immensen Aufwendungen, die die Stadt und ihre Einwohner nicht nur finanziell durch die Besatzungen zu verkraften hatten, sondern die auch in Form von Naturalien, Brot, Getreide, Fleisch, Wein zu erbringen waren, führten immer zu Nahrungsmittelverknappung. Die Versorgung durch das Umland war unterbrochen, weil die Bauern nicht mehr zum Markt kommen konnten oder weil es immer weniger Bauern gab, die produzieren hätten können. Überregionaler Handel war kaum mehr möglich. Zudem wurden die Felder durch durchziehende Truppen abgeerntet oder verwüstet. Die nur mangelhaft versorgten Menschen waren anfällig gegen Krankheiten und Seuchen, die von den ständig wechselnden Truppen eingeschleppt wurden. Im Winter herrschte Holznot. All diese Faktoren ließen die Geburtenrate sinken und trieben die Sterblichkeit hoch. Aufgrund der Stadtzerstörung von 1689 fehlen hierzu nähere Unterlagen. Ein Bericht eines reformierten Geistlichen über die Situation um 1635 beschreibt das Zusammentreffen von Teuerung, Nahrungsmittelmangel und Seuche vielleicht etwas stilisiert, doch durchaus glaubhaft: Zu Worms starben theils an der Pest, theils aus Hungersnoth sehr viele Menschen, wie denn zu dieser Zeit die Hungersnoth so groß gewesen, daß sich die Leute an den Bäckershäusern einander todt gedrückt; ja der Hunger war so groß, daß auch die Todten in den Gräbern nicht mehr sicher waren und der Rath den Kirchhof mit einer Wache mußte versehen 13. Der Umfang des Schadens ist auf Grund fehlender Quellen auch nicht annähernd zu ermitteln. Einen Eindruck der Schwere der Belastungen in den verschiedenen Kriegsphasen kann allerdings ein Verzeichnis geben, das die von der Stadt zu leistenden Zahlungen an die in der Stadt lagernden oder die Stadt verschonenden Truppen und an die Union

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beziffert14. Die folgende Tabelle benennt den prozentualen Anteil der einzelnen Kriegsphasen an der Gesamtsumme von 2 438 082 Gulden und 36 Kreuzern: Tabelle 1: Zahlungen der Stadt während des Dreißigjährigen Krieges 1618 –1621

Union

1621–1624

Mansfeld, Tilly, Cordoba

7,5 % 6,3 %

1624 –1631

Phase relativer Ruhe

3,4 %

1631–1635

Schweden

1635 –1642

kaiserliche Truppen

66,1 %

5,2 %

1642 –1650

Franzosen

11,5 %

Vor allem zwei Folgen des Dreißigjährigen Krieges sollten die Entwicklung der Reichsstadt bis zu ihrem Ende nachhaltig belasten: der Bevölkerungsverlust, der bis in das 19. Jahrhundert nicht mehr wettgemacht werden konnte, und die sich aufgrund der Besatzungskosten auftürmenden Schulden. Während für das Umland von bis zu 80 Prozent Bevölkerungsrückgang ausgegangen wird15, verlor Worms etwa ein Drittel seiner Einwohner. Das zeigt, dass die Stadt trotz aller Bedrängungen weniger zu leiden hatte als das sie umgebende Land. Vielmehr dürften ihre sichernden Mauern eher ein Grund für Zuzug gewesen sein. Nur wenige Jahre nach dem Ende des großen Krieges wurde die Region wieder zum Aufmarschplatz kriegerischer Truppen. War Worms von militärischen Auseinandersetzungen im Wildfangstreit in der Mitte der 1660er Jahre, in dem die Kurpfalz alte leibherrliche Rechte auch gegenüber Untertanen von Nachbarterritorien durchzusetzen versuchte, verschont geblieben, so hatte die Stadt im Holländischen Krieg ab 1674 bis zum Friedensschluss 1679 wieder Durchzüge und Einquartierungen zu erdulden16.

Die Stadtzerstörung 1689 1688 brach der Krieg aus, der im deutschen Sprachbereich als »Pfälzischer Erbfolgekrieg« in Erinnerung geblieben ist17. Das erklärt sich aus der Rolle der Pfalz als einer der Kriegsgründe und als am meisten betroffene Region dieses Krieges, beschreibt aber nicht den Kontext dieser Auseinandersetzung, der im Kampf zwischen Ludwig XIV. und den Habsburgern um die Vorherrschaft in Europa zu suchen ist. Gegen die zunehmend Richtung Rhein ausgreifende Expansionspolitik Ludwigs XIV. hatte sich 1686 die »Augsburger Liga« gebildet, ein Bündnis zwischen dem Kaiser, Spanien-Burgund, Bayern, Schweden und verschiedenen Reichsständen, dem sich später auch der pfälzische Kurfürst Philipp Wilhelm anschloss sowie nach Kriegsbeginn norddeutsche Reichsstände unter Führung Brandenburgs. Zwei Streitfälle zwischen Frankreich und dem Bündnis lösten den Krieg aus, an dem dann auch noch die Seemächte teilnahmen: 1. Die Nachfolge des Kölner Erzbischofs und Kurfürsten, bei der es Ludwig XIV. nicht gelang, seinen Parteigänger Wilhelm Egon von Fürstenberg gegen den favorisierten Kandidaten des Kaisers durchzusetzen. 2. Das pfälzische Erbe: Nachdem Kurfürst Karl 1685 ohne direkten Erben gestorben war, ging die Kurwürde und das Kurfürstentum an die katholische Linie Pfalz-Neuburg.

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Die Schwester Karls, Elisabeth Charlotte, die »Liselotte von der Pfalz«, war 1671 an den Herzog Philipp von Orléans, den Bruder Ludwigs XIV. verheiratet worden. Nach dem Tod ihres Bruders verlangte nun Ludwig entgegen anderer Verträge nicht nur das Privatvermögen Karls, sondern alle nicht lehensrechtlich gebundenen Teile und somit einen erheblichen Teil des pfälzischen Territoriums als Erbe Liselottes. Kurfürst Philipp-Wilhelm, als Schwiegervater des Kaisers Leopold I. nach ursprünglicher Nähe zu Frankreich mittlerweile klar auf der kaiserlichen Seite positioniert, lehnte das Ansinnen Ludwigs ab. Noch während Ludwig in einem Manifest eine Vertragslösung der Pfälzer Erbangelegenheit bei gleichzeitiger Anerkennung seiner bisherigen Annektionen in Aussicht stellte, stießen seine Truppen im Herbst 1688 über den Rhein vor, nahmen Philippsburg, Mannheim und Heidelberg ein und streiften bis nach Württemberg. Mit einiger Verspätung, da Reichstruppen noch im Türkenkrieg gebunden waren, reagierte das Reich mit einer Kriegserklärung gegen Frankreich im Februar 1689. Bereits vorher hatten aber schon kursächsische Truppen die französische Armee bis zum Rhein zurückgedrängt. In Paris wurde erkannt, dass die neu eroberten Gebiete nicht gehalten werden konnten. Kriegsminister Louvois entwickelte den Plan, die Region zu zerstören, um dem nachrückenden Gegner keine Operationsbasis zu bieten. Dieser Plan wurde von Ludwig XIV. gutgeheißen und von den Truppen unter General Mélac ab Januar 1689 zunächst in der Gegend um Heidelberg in die Tat umgesetzt. Die Ereignisse in Worms sind in der stadthistorischen Literatur mehrfach ausführlich gewürdigt worden 18. Die Darstellungen stützen sich hauptsächlich auf drei Quellen: die »Wahrhaftige aber Traurige Erzehlung, wie die Uhralte in dem Oberteutschland am Rhein gelegene weitberuhmt gewesene Kayßerliche Reichs-Frey-Statt Wormbs den 22. September/2. Oktober 1688 von den Frantzosen eingenommen, den 21. May/31. May 1689 gäntzlichen geplündert, beraubet, verheeret, zerstöret und zu einem entsetzlichen Steinund Aschenhaufen gemacht worden« des Ratsmitglieds Johann Friedrich Seidenbender 19, Stättmeister Johann Georg Meckels »Erzehlung derer (…) durch die Frantzosen verübte Grausamkeiten und Mordbrennerischen Abscheid« 20 und die Zeichnungen Peter Hammans mit ihren Erläuterungen 21. Am 1. Oktober 1688 war in Worms bekannt geworden, dass französische Truppen unter Führung von General de Boufflers ihr Hauptquartier in Göllheim aufgeschlagen hätten und ihr Anmarsch auf Worms zu befürchten sei. Der Verweis auf die Neutralität der Reichsstadt in der Pfälzer Erbangelegenheit, mit dem der Rat über Gesandte die Einnahme der Stadt verhindern wollte, war erfolglos, sodass angesichts der militärischen Überlegenheit der Franzosen nur die Kapitulation übrig blieb. Die Vereinbarungen, dass nicht mehr als 300 Soldaten und keine Reiterei aufgenommen werden sollten, kein Winterquartier bezogen werden sollte, dass der Stadt ihre alten Rechte garantiert blieben, die Juden unter der Jurisdiktion der Stadt blieben und die Soldaten lediglich Quartier, aber keine Verpflegung erhalten sollten, wurden sehr bald nach dem Einmarsch der Besatzung unter Marquis de Barbézieux nicht mehr eingehalten. Vielmehr besetzten mehrere tausend Soldaten die Stadt und es waren ständig durchziehende Truppen zu versorgen. Der Handelsverkehr mit anderen Städten wurde erheblich eingeschränkt, Schiffe und Wagen beschlagnahmt. Trotz der anders lautenden Zusage wurden mehrere französische Abtei-

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lungen zum Winterquartier in die Stadt gebracht. Mit der Nichtanerkennung der im Januar 1689 gewählten städtischen Amtsträger und der erzwungenen Neuwahl im April in Gegenwart eines französischen Kommissars wurde deutlich die Souveränität des Rates bestritten. Nach Auskunft aller Quellen drangsalierten die Besatzungssoldaten die Bevölkerung in diesen ersten Monaten in erheblicher Weise. Im Februar 1689 begann die Zerstörung der Stadt. Zunächst wurde die äußere Stadtmauer mit ihren mehr als 40 Türmen niedergelegt. Anfang März folgte die innere Mauer mit ihren großen repräsentativen Pforten Martinspforte, Neutor und Leonhardstor. Zeitgleich mit der Zerstörung der Befestigungsanlagen erfolgten die teilweise Zerstörung von Heidelberg und die Niederbrennung Mannheims. In der zweiten Märzhälfte wurden die nördlich von Worms gelegenen Dörfer Eich, Hamm und Rheindürkheim abgebrannt. Die Nachricht von diesen Zerstörungen dürfte bei den Wormser Einwohnern die Angst verstärkt haben, dass ihrer Stadt Ähnliches geschehen würde. Zunächst von den Machthabern beschwichtigt, wurde der Rat am 23. Mai von Intendant Delafond unterrichtet, dass die Stadt aus Gründen der raison de guerre in Brand gesetzt werden sollte und von den Einwohnern innerhalb von sechs Tagen zu räumen sei. Alle Eingaben, Bittprozessionen, Gebete waren vergebens. Am Pfingstdienstag, dem 31. Mai 1689, wurde morgens der Befehl ausgegeben, dass um die Mittagszeit sich niemand mehr in der Stadt befinden dürfe. Nachdem im Laufe des Morgens planmäßig die zurückgelassenen Güter der Einwohner geplündert wurden, kündigte um vier Uhr nachmittags ein Trommelwirbel das bevorstehende Zerstörungswerk an. Innerhalb von vier Stunden soll die Stadt gänzlichen in die Aschen gelegt (Seidenbender) worden sein. Die Fischerhäuser auf der Fischerweide, die beim Stadtbrand noch verschont geblieben waren, wurden beim Abzug der französischen Truppen sechs Wochen später zerstört. Der Rat ließ später die Schäden auflisten, um – vergebens – Ersatzansprüche an die »Kron Frankreich« zu stellen22. Neben Bürgerhof und »Neuer Münze«, Kaufhaus, Römer, Tanzhaus, Hospital, Waisenhaus, Lazarett, Zeughaus, Rheinkran, Gymnasium, evangelischen Kirchen und Stadthäusern für geistliche und weltliche Beamte als städtische Gebäude waren 964 Privathäuser an diesem Pfingstdienstag verbrannt worden. Bistum und Hochstift legten eine eigene Liste vor23. Bis auf die Mauern abgebrannt wurden der Dom, der Bischofshof, die Johanneskirche, die Stiftskirche St. Paul, die Pfarrkirche St. Rupertus, das Andreasstift, die Stiftskirche St. Martin, die Pfarrkirche St. Lampertus, die Liebfrauenstiftskirche mit der St. Jodokuskapelle, das Jesuitenkollegium, der Richardikonvent, das Dominikanerkloster, das Karmeliterkloster, 52 Häuser des Domstiftes, 22 Stiftshäuser des Martinsstiftes, Stiftshäuser und Mühle des Paulusstiftes sowie zwölf Kanonikerhäuser des Liebfrauenstiftes. Zur gleichen Stunde wie Worms wurden auch Oppenheim und Speyer niedergebrannt. Eine Zeichnung Peter Hammans zeigt den Blick vom Haardtrand bei Freinsheim in die Rheinebene auf drei Rauchsäulen über den brennenden Städten 24. So wie Hamman beobachteten viele Wormser Bürger das Feuer. Zahlreiche Einwohner waren in den Tagen zwischen der Ankündigung und der Durchführung der Zerstörung geflüchtet, viele von ihnen trotz Verbots über den Rhein, andere wiederum waren gegen die Anordnungen bis zum letzten Tag in der Stadt geblieben. Während die Einwohner mit Vermö-

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gen in Städten auf rechtsrheinischem Gebiet (Frankfurt, Hanau, Darmstadt, Gießen) Aufnahme fanden, blieb der ärmere Bevölkerungsteil in der Nähe, um möglichst bald wieder in die Stadt zurückzukehren und sich in den Ruinen und Kellern niederzulassen. An einen Wiederaufbau war vor Ende des Krieges noch nicht zu denken, dennoch scheinen sich etliche Familien in den zerstörten Häusern notdürftig eingerichtet zu haben. Seidenbender berichtet zwar, dass viele der noch stehen gebliebenen Gewölbe, Keller und Mauern witterungsbedingt in den Monaten nach dem Brand vollends eingestürzt seien, dass aber viele Menschen sich in ihnen bei Gefährdung ihres Lebens durch Krankheiten und Unfälle aufgehalten hätten. 1690 sollen 116 Bürger, 24 Witwen und 40 Beisassen, 1691 133 Bürger, 13 Witwen und 61 Beisassen mit ihren Familien in den Trümmern gelebt haben 25. Oft wurden die besser erhaltenen Keller der geistlichen Gebäude und der reichen Bürgerhäuser als Unterkünfte benutzt. Noch 1698 bis 1700 wurden 38 neu zuziehende Beisassen gemeldet, die in Kellern und Kirchenruinen wohnten, teilweise in »Pfaffenkellern«, einige im Andreasstift, in der Martinskirche, in der Johannes-

Abb. 31: Peter Hamman, Markttag im zerstörten Worms, 1690

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UND

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kirche 26. Einen Eindruck der Zerstörungen, aber auch des in den Ruinen stattfindenden städtischen Lebens gibt die Zeichnung Peter Hammans27, den Stand der Topografie am Vorabend der Zerstörung vermittelt die im hinteren Vorsatz des Bandes beigegebene Karte 20 zur Stadt um 1689. Vor den Trümmern der »Münze« wird Markt gehalten, dreimal in der Woche, wie Hamman schreibt. Bauern, Metzger, Fischer, Töpfer sind zu erkennen, die ihre Waren dem Wormser Publikum feilbieten. Die Straßen sind weitgehend frei geräumt, an ihren Rändern türmt sich der Schutt. Von den Steingebäuden stehen nur noch die Außenmauern, die Fachwerkhäuser sind bis auf Reste der Erdgeschossmauern zerstört. Auch die Protokolle der ab Juni 1689 im Frankfurter Exil abgehaltenen Ratsitzungen zeigen, dass das Wirtschaftsleben langsam in Gang kam und Handwerksmeister aller Zünfte wieder in der Stadt anwesend waren. Trotz der Versorgungsprobleme achteten die Zünfte auf ihre Rechte. So beschwerten sich die Bäcker 1690 über den öffentlichen Verkauf von Brot durch Bürger, Beisassen und Fremde, versuchten durch Abwehren von Schiffen voll Brot ihre Konkurrenten auszuschalten und zerstörten mehrere nach dem Brand noch stehende Backöfen28. Im Winter war die Lage für die in der Stadt Lebenden ausgesprochen schwierig. Pfarrer Textor berichtete dem Ratsmitglied Seidenbender im Dezember 1690, daß viel Bettelarme und sonderlich Kinder in den Kellern ohne menschliche Hülfe liegen und ohne Zweifel bey zunehmender Kälte erfrieren werden 29. Eine vom exilierten Rat in Frankfurt initiierte Kollektenreise durch Süddeutschland und die Schweiz brachte nicht die erhoffte Unterstützung, zumal die Gelder vom Rat nur zurückhaltend nach Worms geschickt wurden, um keine zusätzlichen französischen Kontributionsforderungen zu provozieren30. Auch nach der Zerstörung nicht endende Forderungen der französischen Armee31 und Belastungen auch durch deutsche Soldaten sowie etliche Konflikte zwischen allen Parteien, Rat – Bürgerschaft, Rat – Bischof, ließen vor dem Friedenschluss 1697 nicht an einen Wiederaufbau denken.

Zwischen Rijswijker und Hubertusburger Frieden Nur vier Jahre nach dem Frieden von Rijswijk brach im Streit um die spanische Erbfolge der nächste Krieg zwischen dem Reich und Frankreich aus. Gegen Ludwig XIV. verbündete sich 1701 die »Große Allianz« aus Österreich, den Niederlanden und England, der sich etliche Reichsstände, darunter auch die Kurpfalz, anschlossen. Das Reich erklärte Frankreich 1702 den Krieg32. Worms versuchte sich durch Eingaben am Kaiserhof und bei Ludwig XIV. neutral zu halten, wurde anders als Speyer und Landau auch nicht direkt in Kampfhandlungen einbezogen, hatte aber Kriegsfronen zu leisten und die üblichen Kontributionen in Naturalien und Geldern zu erbringen. Der finanzielle Schaden zwischen 1702 und 1714 für die noch in Trümmern liegende Stadt wurde mit 108 765 Gulden berechnet33. Im Polnischen Erbfolgekrieg (1733 –1735), der nächsten Auseinandersetzung zwischen dem Reich und Frankreich um die Machtverhältnisse in Europa, wurde Worms mit französischer Besetzung und Kontributionszahlungen deutlich mehr belastet34. In der mit Soldaten völlig überfüllten Stadt brachen Epidemien aus, der Holz- und Nahrungs-

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mittelmangel führte bei der entkräfteten Bevölkerung und bei den Soldaten zu einem Hochschnellen der Sterberate. Einer erneuten Zerstörung entging die Stadt nur, da deutsche Truppen, die nach dem Abzug der Franzosen im November 1734 eingerückt waren, vor der erneut heranmarschierenden französischen Armee zurückwichen. Die Kosten dieser zwei Jahre für die Stadt beliefen sich auf 478 414 Gulden, hier sind die immensen Schäden, die die Truppen in den Weinbergen und Feldern der Umgebung anrichteten, eingerechnet. Auch im Österreichischen Erbfolgekrieg wurde Worms zwischen 1743 und 1749 durch französische und alliierte Truppen in der üblichen Weise mit Kontributionen, Einquartierungen und Zerstörungen belastet. Die vom Rat aufgestellten Kosten, die die vielen Schäden in den Privathaushalten nicht beinhalteten, beliefen sich auf 201 519 Gulden35. Im Siebenjährigen Krieg (1756 –1763) hatte Worms erneut Durchmärsche und Einquartierungen zu erdulden, war aber verglichen mit den vorherigen Kriegen und anderen Reichsstädten der Umgebung (Speyer, Frankfurt) weniger stark belastet 36. 76 von den 145 Jahren zwischen dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges und dem Ende des Siebenjährigen Krieges waren Kriegsjahre. Durch seine Lage am Rhein und inmitten der Pfalz wurde Worms in all diese Kriege hineingezogen. Dem fast permanenten Kriegszustand kann kein Ereignischarakter mehr zugesprochen werden. Vielmehr zählte Krieg zu den strukturellen Erfahrungen aller in dieser Zeit geborenen Generationen. Bei jedem Kriegsausbruch mussten die Menschen dieser Region davon ausgehen, in die Kriegshandlungen mit einbezogen und in ihrem alltäglichen Leben durch Besatzung, Einquartierungen, Teuerung, Ernteausfälle, Holz- und Nahrungsmittelmangel, eingeschleppte Krankheiten, wenn nicht durch gewalttätige Übergriffe, Zerstörungen und Vertreibungen elementar beeinträchtigt zu werden. Die mentalen Folgen einer solchen ständigen Bedrohung sind schwer nachzuvollziehen. Der Historiker Arthur E. Imhof hat in diesem Zusammenhang von der »Traumatisierung einer örtlichen Bevölkerung« gesprochen37. Wenn auch die privaten Verluste kaum zu ermessen sind, so kann doch die Zusammenschau der von der Stadt zu erbringenden Leistungen und messbaren Schäden einen Eindruck der Belastungen bieten. Alle vorliegenden Schadensberechnungen zusammengenommen, ergibt sich eine Summe von 8 017 205 Gulden38. Auch wenn diese Summe Ergebnis von teilweise sehr pauschalen Umrechnungen ist und nicht nur tatsächlich gezahlte Gelder, sondern auch Naturalien und Dienstleistungen sowie die Gebäudeschäden der privaten Haushalte von 1689 beinhaltet, so kann doch ein ungefährer Eindruck der Belastungen für die Stadt entstehen. Dividiert man die Schadenssumme auf die 145 Jahre, in denen sie sich angehäuft hatte, kommt man auf eine jährliche Summe von 55 291 Gulden, womit deutlich wird, dass eine Stadt, die in der Mitte des 18. Jahrhunderts je ca. 20 000 Gulden an jährlichen Einnahmen und Ausgaben zu verzeichnen hatte 39, solche Belastungen nicht ohne riesige Verschuldungen tragen konnte. Längere Friedensphasen erlebte Worms im 17. und 18. Jahrhundert nur in den Jahren vor 1618, zwischen 1650 und 1674, 1714 und 1733 und in den drei Jahrzehnten vor den Revolutionskriegen zwischen 1763 und 1792. Es wird im Folgenden darauf zu achten sein, wie sich diese Zeitabschnitte in politischer, ökonomischer, demografischer und kultureller Hinsicht von den Kriegsjahren unterschieden.

B ISCHOF

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S TADT

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Herrschaft in der Stadt und Herrschaft über die Stadt Dem auf Grund veränderter sozialer, konfessioneller und ökonomischer Bedingungen verstärkten Anpassungsdruck gegenüber erwiesen sich die im frühen 16. Jahrhundert getroffenen Vereinbarungen zur Stadtverfassung als außerordentlich resistent. Die auch in anderen Reichsstädten beobachtete Unfähigkeit zur Modernisierung wird von der allgemeinen Stadtgeschichte mehreren Ursachen zugeschrieben: zementierte Kräfteverhältnisse in der innerstädtischen Machtverteilung, Oligarchisierungstendenzen, ein neu entstehender Obrigkeitsanspruch der städtischen Repräsentanten, territorialer Druck von außen, reichsrechtliche Garantierung überkommener Ordnungen. Das Potenzial einiger dieser Faktoren zur Entfaltung besonderer Wirkungsmächtigkeit in Worms wird zu überprüfen sein. Zu denken wäre an die residualen stadtherrschaftlichen Rechte des Bischofs, die zeitweise sehr dynamische Vereinnahmungspolitik der Kurpfalz, der Umfang eines der verminderten Bevölkerung und Wirtschaftskraft nicht mehr entsprechenden Herrschafts- und Verwaltungsapparates.

Bischof und Stadt Den Kampf um die Stadtherrschaft hatte der Bischof bis 1526 weitgehend verloren. Zwar hatte ihm bei Amtsantritt die Stadtgemeinde den Eid zu leisten, gleichzeitig musste er aber den Reichsstadtstatus der Stadt anerkennen40. Verblieben war ihm ein Mitspracherecht in der Besetzung der Ratssitze und der wichtigsten Ämter, das sich allerdings auf die Wahl zwischen zwei ihm vom Rat präsentierten Personen beschränkte. Anteile der Weg, Zoll-, Waag- und Markteinnahmen blieben ihm weiterhin vorbehalten. Die Reste der Steuerfreiheit der Geistlichkeit, insbesondere der steuerfreie Weinausschank, sorgten für endlosen Konfliktstoff zwischen Stadt und bischöflicher Verwaltung41. Beide Seiten waren bis zum Ende der Reichsstadt empfindlich darauf bedacht, ihre Position zu wahren oder nach Möglichkeit auszubauen. In der Krisensituation des Ratsexils zwischen 1689 und 1697 führte das zu anhaltenden Auseinandersetzungen 42. Neben ausstehenden Abgaben nahm die bischöfliche Regierung vor allem die Nichteinhaltung der Rachtungen zum Anlass, den Ratsmitgliedern die Amtskompetenz abzusprechen. Die 1689 von Rat und Bischof gewählten Mitglieder des wechselnden Rates waren von den Franzosen nicht anerkannt worden. Das Freiwerden von fünf Dreizehnerratsstellen durch Todesfall hatte man dem Bischof nicht gemeldet, 1694 schließlich wurden gegen das Votum des wechselnden Rates neue Dreizehner ohne Mitwirkung des Bischofs gewählt. Auch die Einsetzung eines Statthalters, der während der Abwesenheit des Rates dessen Anweisungen in der Stadt durchsetzen sollte, lehnte die bischöfliche Seite als den verfassungsrechtlichen Vereinbarungen nicht gemäß ab. Mit der Verweigerung der Titel bei Schreiben an die Ratsherren, mit Schreiben an die Bürgerschaft unter Umgehung des Rates, mit der Inhaftierung der Vertreter des Rates, schließlich 1694 mit der Publikation einer Streitschrift, in der die bischöfliche Stadtherrschaft aus den vielen ihr zustehenden Rechten, Freiheiten und Einkünften abgeleitet wurde, versuchte die bischöfliche Seite ihre Auffassung durchzusetzen. Eigenmächtige Einsetzung von Amtsträgern, Verweige-

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rung der Aufwartung beim neuen Bischof und die Veröffentlichung einer Gegenschrift waren die nicht immer nur reaktiven Mittel der Gegenseite im Streit um die Machtposition. Das Ende des Krieges und des Exils brachte die Rückkehr zur Normalität, der nach Verhandlungen zwischen beiden Seiten erfolgenden Präsentation und Wahl von Dreizehnerkandidaten. Dass die unterschiedlichen Rechtsstandpunkte nicht aufgegeben wurden, gleichwohl mit den neuartigen Treffen zwischen städtischen und bischöflichen Räten ein zukunftsweisendes Konfliktvermeidungsmodell installiert wurde, wird unter anderem daran deutlich, dass die Stadt die 1695 erschienene Streitschrift »Apologia der Stadt Wormbs contra das Bistum Wormbs« hinkünftig jedem neu aufgenommenen Bürger überreichte und so die Erinnerung an die Bedrohung der Stadtfreiheit dauerhaft wach hielt. Mit der 1734 von Johann Friedrich Schannat veröffentlichten Geschichte des Wormser Bistums, die von Bischof Franz Ludwig (1694 –1732) in Auftrag gegeben worden war, erreichte der Schriftenstreit eine neue Dimension 43. Der Rat reagierte auf diese umfangreiche Darstellung und urkundliche Dokumentation Wormser Geschichte, mit der das Recht des Bischofs auf die Stadtherrschaft untermauert wurde, indem er seinerseits den Ratskonsulenten Johann Friedrich Moritz mit der Aufarbeitung der Geschichte der »allzeit unmittelbaren und weder unter Herzoglich- und Gräfflich- noch unter Bischöfflichweltlicher Jurisdiction jemals gestandenen Freyen Reichs-Statt Worms« – so ein Teil des Titels des allerdings erst 1756 erschienenen 800-seitigen Buches – betraute 44. Dass in dieser Atmosphäre gegenseitiger Konkurrenz, die sich auch in einer Unzahl von Rechtsstreiten vor den verschiedensten Gremien niederschlug 45, keine Verfassungsänderungen möglich waren, bedarf kaum weiterer Erläuterung. Versuche, die Wahlverfahren des Rates zu ändern oder die Zahl der Ratsmitglieder zu vermindern, scheiterten in den 1730er und 1750er Jahren am Einspruch des Bischofs46.

Beziehungen zur Kurpfalz Die geringen Handlungsspielräume der Stadt im Verhältnis zur Kurpfalz beschreibt Johann Friedrich Seidenbender in seinen »Vorschlägen zur Wiederaufrichtung der Stadt«: Außwendig sind wir ringsherumb mit Churpfalz territorio umbzingelt und gleichsam so zu sagen mit einem Rosenkranz umgeben, daß wir, wen man nur die geringste disgusto erwecket, nicht ein stück holz zum bauwesen oder brennen werden haben können. Gratificiret man dan in allem, so macht man sich gleichsam tributair47. Das Bewusstsein dieser prekären Situation bestimmte je nach historischer Situation die städtische Politik 48. Das Ungleichgewicht im Machtverhältnis wurde der Stadt wiederholt sehr deutlich vor Augen geführt, wenn – wie im 15. Jahrhundert – das Geleit gesperrt und somit der Handelsverkehr abgeschnitten wurde, der Stadt im wörtlichen Sinn das Wasser – der Mühlbach – abgegraben wurde oder – wie im 17. Jahrhundert – Geiseln genommen und Viehtransporte beschlagnahmt wurden. Alltägliche Nachbarschaftskonflikte um Wasser- und Allmendrechte, Zölle und Wegerechte, um Fischerei in Grenzgewässern und Schifffahrt auf dem Rhein konnten in für die Stadt bedrohliche Situationen umschlagen. Dem Rat blieb daher kaum etwas anderes übrig als in die in der Regel alle 60 Jahre anstehende Verlängerung des seit 1483 beste-

B EZIEHUNGEN

ZUM

R EICH

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henden Schirmvertrags einzuwilligen und den Kurfürsten als Schutzherrn anzuerkennen. Mit den Schirmverträgen wurde der militärische Schutz der Stadt durch pfälzische Truppen zugesagt, gegenseitige Handelsfreiheit garantiert und das Geleitwesen geregelt. Die Stadt hatte jährliche Zahlungen an die Kurpfalz zu leisten sowie kurpfälzische Truppen – bis zu 500 Mann – in ihren Mauern zu dulden. Dieses auch zwischen anderen Reichsstädten und Territorialherren nicht unübliche Schutzverhältnis rüttelte nicht am Status der Reichsstadt, bedeutete aber eine deutliche Ausweitung des Einflussbereiches der Territorialmacht in die Reichsstadt hinein. Vor weiteren Vereinnahmungen versuchte sich die Stadt so weit möglich zu hüten. Insbesondere die Aufnahme von Bürgern oder Beisassen aus der Pfalz, die nicht von der Leibeigenschaft befreit waren, wurde aus Furcht vor damit verbundenen leibherrlichen Ansprüchen der Kurpfalz gegenüber Wormser Einwohnern gerade vor dem Hintergrund des Wildfangrechts, mit dem sich die Pfalz Einfluss auf benachbarte Landesherrschaften verschaffen wollte, strikt abgelehnt. Das Angebot des Kurfürsten, seine Residenz und die Universität von Heidelberg nach Worms zu verlegen, war 1659 nach Beratung mit anderen Reichsstädten aus Furcht vor dem Verlust der Selbstständigkeit der Stadt abgelehnt worden49. Mit dem Übergang der Kurpfalz an die katholische Linie Pfalz-Neuburg 1685 lebte ein bereits aus vorreformatorischen Zeiten bekanntes Problem wieder auf: die nun mögliche Annäherung von Kurpfalz und Bischof, die der Stadt schaden könnte. Die Wahl der beiden Brüder des Kurfürsten Johann Wilhelm nacheinander in den Jahren 1691 und 1694 auf den Bischofsstuhl ließ wohl nicht nur den Dreizehnerrat Seidenbender befürchten, dass die Stadt wo nicht an ihrer reichs immedietet und freyheit, dennoch in andern sachen und händeln leichtlich großen anstoß und gefahr leiden dörfte50.

Beziehungen zum Reich Dem Erhalt der Reichsunmittelbarkeit wurde seitens der städtischen Politik immer höchste Aufmerksamkeit gewidmet. So war der Rat während des Dreißigjährigen Krieges stets auf die Wahrung einer gewissen Distanz gegenüber der Union oder Schweden bedacht, um den Kaiser als Garanten der reichsstädtischen Freiheit nicht zu verärgern. Beziehungen zum Reich bestanden auf mehreren Ebenen. Als Mitglied der rheinischen Bank des Städtekollegs war Worms auf dem – seit 1663 in Regensburg »immerwährend« tagenden – Reichstag vertreten. Die trotz des 1648 im Friedensschluss durchgesetzten Mitentscheidungsrechts, des votum decisivum, nur geringe Reichweite des reichspolitischen Handelns der Städte stand kaum im Verhältnis zu den Kosten, die ein von den Räten instruierter ständiger Gesandter am Reichstag verursachte. Bereits im frühen 18. Jahrhundert nahmen nur noch Regensburger Ratsangehörige an den Verhandlungen teil, die meisten der übrigen Reichsstädte schickten keine Gesandten mehr oder waren wie Worms aus finanziellen Gründen von der Pflicht, einen Gesandten zu entsenden, dispensiert51. Stattdessen beauftragte die Stadt einen Konsulenten mit der Vertretung ihrer Interessen in Regensburg. Boos hat in seiner Stadtgeschichte das weitgehende Desinteresse des Stadtvorstandes am Reichstagsgeschehen beschrieben, das sich unter anderem darin äußerte, dass die massenhaft nach Worms geschickten Akten und Druckschrif-

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17.

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ten kaum geöffnet wurden52. Relevanter für die innerstädtische Politik oder Probleme in den Außenbeziehungen waren die Möglichkeiten, die Eingaben beim Reichshofrat in Wien oder beim Reichskammergericht in Speyer, später in Wetzlar, boten und die ausgiebig genutzt wurden. In Wien und Wetzlar wurden städtische Prokuratoren und Agenten unterhalten53. Der zwischen 1707 und 1719 von Stadt und Hochstift gleichermaßen favorisierte Plan, das Reichskammergericht von Wetzlar nach Worms zu verlegen, scheiterte 54. Gleichwohl die Mitgliedschaft im Oberrheinischen Reichskreis, einer jener seit dem frühen 16. Jahrhundert gebildeten zehn Selbstverwaltungseinheiten zwischen der territorialen Ebene und der Reichsebene mit Sicherungs- und Ordnungsfunktionen, in der Zeit des Ratsexils und in den Jahren danach gegen den Wormser Bischof Franz Ludwig in dessen Funktion als eines der beiden kreisausschreibenden Fürsten nicht ohne Konflikte durchgesetzt werden konnte, scheint die Stadt die politischen Möglichkeiten der Partizipation an dieser Institution nicht allzu hoch eingeschätzt zu haben. Nur so ist das weitgehende Desinteresse, das sich in den Instruktionen für die Gesandten, mit der Mehrheit zu stimmen oder die Beschlüsse vorjähriger Verhandlungen zur Entscheidungsgrundlage zu nehmen, zu deuten. Nach 1700 übertrug die Stadt die Wahrnehmung ihrer Interessen an Deputierte, die diese Funktion für mehrere Stände gleichzeitig übernahmen 55.

Rats- und Verwaltungsstrukturen Ein Überblick über den Rats- und Behördenaufbau der Stadt zeigt die dominante Stellung einer kleinen Gruppe von Wormser Bürgern in allen Fragen städtischer Politik, Justiz und Verwaltung 56. Der Magistrat als Regierungsbehörde bestand bis zum Ende der Reichsstadt aus zwei Ratskörperschaften, dem Dreizehnerkollegium als beständigem Rat und dem mit zwölf Mitgliedern besetzten wechselnden Rat. Bereits seit dem 16. Jahrhundert waren die Ratsstellen nur noch mit zünftigen Bürgern besetzt, da keine Ritter oder Geschlechter mehr in Worms ansässig waren. Mitglieder des Dreizehnerkollegiums waren auf Lebenszeit ernannt und konnten nur auf Beschluss des wechselnden Rates amtsenthoben werden. Bei der Neubesetzung einer Dreizehnerratsstelle schlug das Dreizehnerkollegium dem Bischof zwei Kandidaten vor, aus denen der neue Ratsherr zu wählen war. Im Rat führte der Stättmeister den Vorsitz, für dieses jährlich wechselnde Amt wurden dem Bischof ebenfalls zwei Kandidaten vorgeschlagen. Der gesamte Magistrat wählte jährlich aus der Gemeinde 24 Bürger, aus denen der Bischof zwölf für den wechselnden Rat bestimmte. Durch ihre Stimmenmehrheit konnten auch in dieser Wahl die Dreizehner dominieren. Ausgeschiedene Mitglieder des wechselnden Rates wurden in der Regel nach zwei Jahren wieder gewählt, sodass de facto die Ratskörperschaft insgesamt aus 36 Personen bestand, von denen zwölf im Rat saßen. Diese 36 Herren wurden bei wichtigen Anlässen zur Beratung versammelt. Im wechselnden Rat führte der Bürgermeister den Vorsitz. Er wurde vom gesamten Magistrat dem Bischof vorgeschlagen. Zu Beratungen tagten die Räte in der Regel getrennt, um dann zur Beschlussfassung zur gemeinsamen Sitzung unter der Leitung des Stättmeisters zusammenzukommen. Die Regierungsgeschäfte leitete der Stättmeister. Juristisch gebildete Ratskonsulenten berieten Rat und Gerichte.

R ATS -

UND

V ERWALTUNGSSTRUKTUREN

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Das Stadtgericht wurde aus acht Schöffen gebildet, die von den Dreizehnern meist aus den zwölf scheidenden Herren des wechselnden Rates ausgewählt wurden. Als Schultheiß fungierte ein Mitglied des Dreizehnerkollegiums, zu dessen Wahl dem Bischof zwei Kandidaten vorgeschlagen wurden. Einen der acht Schöffen ernannte der Bischof zum Greven als Stellvertreter des Schultheißen. Seit der Stadtrechtsreformation von 1498/99 war die Zuständigkeit des Stadtgerichts als ordentliches Gericht und die des Rates als in Hochgerichtsfällen und bei Appellationen zuständiges Gericht festgelegt. Im 18. Jahrhundert hatten sich verschiedene Gerichtsinstanzen ausgeprägt. Das Schöffengericht war zuständig bei Verpfändungen und Ausklagungen, gerichtlichen Notierungen und baupolizeilichen Sachen, bei liegenden Gütern erstreckte sich seine Zuständigkeit auch auf die Geistlichkeit und deren Bedienstete, die sich in Zivilsachen ansonsten an das bischöfliche Hofgericht wandten. Appellationen gingen dann an den Magistrat, das bischöfliche Hofgericht oder an die Reichsgerichte. Das bischöfliche Hofgericht hatte sich die Rechtsprechung bei Zehntstreitigkeiten und Wucher bewahrt. Das Viereramt, vier in der Regel juristisch gebildete Bürger unter Vorsitz eines Dreizehners, verhandelte Kuratelsachen, Inventur- und Erbschaftsangelegenheiten und Versteigerungen. Das Peinliche und Kriminalgericht, meist drei Dreizehnerherren, darunter der zuletzt abgegangene Schultheiß des Schöffengerichts, und ein beratender Konsulent, behandelte schwere Verbrechen, das Policeygericht, das die gleiche Besetzung hatte, Verstöße gegen die Policeyordnung. Zur Urteilsfindung bei peinlichen Angelegenheiten mussten mindestens 24 Personen aus dem Magistrat zugegen sein. Das Feld- und Pörtelgericht, acht Bürger und Mitglieder des wechselnden Rates unter Vorsitz eines Dreizehners, ahndete Feldfrevel. Das Austrägalgericht war die erste Instanz für Klagen gegen die Stadt oder den Magistrat. Dabei saßen neun Herren des ständigen und des wechselnden Rates in eigener Sache zu Gericht. Die im Gerichtswesen deutlich werdende Dominanz des Dreizehnerrates spiegelt sich auch in der Verwaltungsorganisation, indem seine Mitglieder die wichtigsten Stellen der einzelnen Verwaltungsbereiche besetzten. Das lutherische Konsistorium war für Kir-chen, Religions- und Eheangelegenheiten zuständig. Es setzte sich aus mehreren juristisch gebildeten Dreizehnerherren und einigen lutherischen Geistlichen unter Vorsitz eines Dreizehnerratsherrn und Beisitz eines Ratskonsulenten zusammen. Das ähnlich besetzte lutherische Scholarchat kümmerte sich um schulische Fragen. In der Rechenstube wurden die Einnahmen der Stadt verwaltet. Hier hatten die vier ältesten Dreizehnerherren als Rechenmeister unter Vorsitz des Ältesten als Präsident die alleinige Aufsicht. In den vier Ungeldämtern (Pforten-, Wein- und Mehlungeld, Fleischakzise) agierten jeweils ein Dreizehner als Präsident und ein Ungeldschreiber. Im Kaufhausamt, das Waren kontrollierte und besteuerte und Abgaben auf Aus- und Durchfuhr erhob, waren Dreizehner als Direktoren tätig. Ähnliche Strukturen finden sich beim Bauamt, Allmendamt, dem für das Militärwesen und den städtischen Wachtdienst zuständigen Kommissariat (vgl. Tafel 8b), dem Quartieramt, dem Feueramt, dem Beisassenamt und dem Physikat. Um Mitglied des Dreizehnerrates zu werden, war in der Regel eine langjährige Mitgliedschaft – oft zwischen 10 und 20 Jahren – im Kreis der Personen, die zum wechselnden Rat gewählt wurden, notwendig57. Wurde eine Stelle frei, schlug der Dreizehnerrat

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dem Bischof zwei ihm genehme Kandidaten vor. Die wirtschaftliche Abkömmlichkeit war im 16. Jahrhundert eine der Voraussetzungen für die Wahl. Im 17. Jahrhundert wurde das Amt besoldet, wobei die 105 Gulden, die jedem Ratsherrn 1698 zukamen, sicher eher als eine Anerkennung denn als eine Vergütung anzusehen sind 58. Der Kandidat musste daher zwangsläufig einer der reicheren Zünfte angehören. Die Kritik an der Ratsrekrutierung im späten 18. Jahrhundert machte sich an zwei Missständen fest. Die Ratsherren repräsentierten nicht die Vielzahl der Zünfte und die engen familiären Verflechtungen führten zu einer »Familienpolitik« im Interesse weniger Personen. Zur Überprüfung dieser Behauptungen können in einem ersten Schritt die Anteile der verschiedenen Berufsgruppen an den Ratsgremien in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ermessen werden 59. Tabelle 2: Prozentualer Anteil der verschiedenen Berufsgruppen an den Ratsgremien 1750 –1795 Dreizehnerrat, n = 33

Wechselnder Rat, n = 88

Krämer, Handelsleute

48,48

36,36

Apotheker (Krämerzunft)

12,12

6,82

Juristen Küfer

9,09

9,09

18,18

20,45

Wirte

/

Metzger

3,03

5,68 1,14

Bäcker

3,03

2,27

Sonstige Berufe

3,03

10,22

Unbekannt

3,03

7,95

Deutlich ist zu erkennen, dass die Krämer, Apotheker, Küfer und Juristen den Rat dominierten und Mitgliedern anderer Berufszweige nur marginale Bedeutung zukam. Die Berechtigung des zweiten Vorwurfs kann über einen Vergleich der Namen der Dreizehnerratsherren zwischen 1522 und 1795 überprüft werden 60. Die folgende Tabelle zeigt in Vierteljahrhundertschritten die Anzahl der neu aufgenommenen Dreizehnerratsherren und den prozentualen Anteil der Neuzugänge, die den gleichen Namen tragen wie einer ihrer Amtsvorgänger. Damit kann zwar nur ein Teil der Verwandtschaftsbeziehungen erfasst werden, aber in der Tendenz scheinen Aussagen möglich. Tabelle 3: Mitglieder des Dreizehnerrates mit gleichen Namen Quartale

Zahl der Neuzugänge

prozentualer Anteil der namensgleichen Personen

1522–1549

39

10,25

1550–1574

25

32,0

1575–1599

19

36,0

1600–1624

25

36,0

1625–1649

25

24,0

1650–1674

21

57,0

1675–1699

25

36,0

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P OLICEYGESETZGEBUNG

Quartale

Zahl der Neuzugänge

prozentualer Anteil der namensgleichen Personen

1700 –1724

16

12,5

1725 –1749

20

30,0

1750 –1774

22

40,9

1775 –1795

10

80,0

Im 16. und 17. Jahrhundert folgte etwa ein Drittel der Ratsherren einem männlichen Verwandten, in der Regel wohl dem Vater, in das Dreizehnerkollegium. Lediglich während des Dreißigjährigen Krieges wurde diese Rate, vermutlich wegen des Bevölkerungsrückgangs und der möglichen Flucht einiger ratsfähiger Familien, unterschritten. Wohl ebenfalls mit der Flucht der Ratsfamilien während des Pfälzischen Erbfolgekrieges ist der starke Rückgang im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts zu erklären. Die Entwicklung im 18. Jahrhundert zeigt die Dynamik der Oligarchisierung an, am Ende der reichsstädtischen Zeit war es nur noch zwei Kandidaten außerhalb der bekannten Familien möglich, in das Gremium zu gelangen61. Die Kritik der Bürgerschaft an der Ratsbesetzung scheint also in beiden Punkten berechtigt gewesen zu sein.

Policeygesetzgebung Grundlegende Rechtsquelle war bis zum Ende der Reichsstadt die auf römischem Recht basierende Stadtrechtsreformation von 1498/99, in der Prozessverfahren, Privat- und Strafrecht geregelt wurden62. Reichsrechtliche Bestimmungen wie die Carolina von 1532 wurden ergänzend hinzugezogen. Seit dem späten 14. Jahrhundert, zunehmend im 15. und 16. Jahrhundert, entwickelte sich dann aus Ratsgeboten mit allgemeingültigem Anspruch eine Gesetzgebung, die später nach ihrem Ordnungsgegenstand, der »guten Policey«, das heißt einer geordneten inneren Verwaltung, als ‚Policeygesetzgebung‘ bezeichnet wurde63. Die von ihr regulierten Gegenstände waren vielfältig. Kaum ein Bereich des öffentlichen, familiären und – im heutigen Sinne – privaten Lebens wurde von der Ordnungstätigkeit der Normgeber, neben dem Rat waren dies auch das Reich und der Reichskreis, ausgespart. Die vom Dreizehnerrat erlassenen Gebote wurden entweder mündlich – auf der Straße, von der Kanzel, bei Zunftversammlungen – oder schriftlich – gedruckt auf Plakaten oder im späten 18. Jahrhundert im Intelligenzblatt, auch handschriftlich als an die Amtstür geschlagene Verordnung – veröffentlicht. Oft aus situativem Anlass initiiert, behielten die Policeynormen ihre Gültigkeit, bis eine neue Verordnung zum gleichen Gegenstand verabschiedet wurde. Der Umfang der Ordnung konnte sehr variieren. Neben die Einzelverordnung traten große Ordnungen mit vielen Unterpunkten, die oftmals die Normen für eine Personengruppe zusammenfassten. Hierzu sind die Judenordnungen oder die Handwerkerordnungen für die verschiedenen Zünfte zu zählen. Die große Policeyordnung mit etwa 30 unterschiedlichen Unterpunkten und die aus sechs bis zehn Verordnungen bestehenden Herrengebote, die vor Weihnachten, Ostern, Pfingsten und Allerheiligen jahreszeitlich leicht variiert wiederholt wurden, galten für die gesamte Bevölkerung.

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Für die Zeit zwischen dem späten 14. Jahrhundert und dem Ende der Reichsstadt lassen sich 1475 Verordnungen und Ordnungen finden, die, vom Rat erlassen und für die gesamte Einwohnerschaft oder Teilgruppen gültig, als Policeygesetze definiert werden können. Wiederholte Publizierungen der Ordnungen wurden nicht mitgezählt. Der weitaus größte Teil stammt aus dem 18. Jahrhundert. Das ist mit den Aktenverlusten von 1689 zu erklären, aber auch damit, dass wie in anderen Städten und Territorien, die Ordnungstätigkeit im 18. Jahrhundert rapide zunahm. Die folgende Tabelle zeigt die prozentuale Verteilung der verschiedenen Regulierungsbereiche. Tabelle 4: Regulierungsbereiche der Policeygesetzgebung Bereiche

Prozentualer Anteil n = 1475

Religionsangelegenheiten

9,02

Herrschaftsverfassung

7,25

Juden

3,86

Aufwand/Luxus/Kleidung

2,17

Sittlichkeit/Ehe und Familie

1,36

Vormundschaft/Erbschaft

0,95

Vergnügungen/Öffentliche Leichtfertigkeit

3,12

Öffentliche Sicherheit/Kriminalität

6,85

Policey der Verwaltung und Justiz

1,90

Gesundheits-, Sozial-, Erziehungswesen

3,66

Landwirtschaft Fischfang/Jagd

12,88 0,95

Arbeitsordnung/Handwerk und Gewerbe

14,44

Handel und Dienstleistungen

18,10

Geld- und Kreditwesen

1,36

Wasser/Straßen und Verkehr

3,46

Liegenschaften

1,76

Abfallentsorgung

2,51

Bauwesen

1,83

Feuerpolizei

2,58

Fragen der Wirtschaftsordnung nehmen fast die Hälfte aller Normierungstätigkeiten ein. Das hat mit der Bedeutung dieses Bereiches zu tun, aber auch mit der größeren Notwendigkeit, situativ zu handeln. So musste im Bereich Landwirtschaft auf Tierseuchen reagiert, die Nutzung von Allmenden als Viehweiden immer wieder neu gemaßregelt und jahreszeitlich variierender Feldfrevel untersagt werden. Für Handwerk und Gewerbe mussten Produktionsbedingungen, Preise und Qualitätsniveaus festgelegt werden. Hier erscheinen vor allem Bäcker, Müller und Metzger als Adressaten der Policeytätigkeit. Auch die Festlegung der Handelsbedingungen unterlag oft situativen Zwängen ebenso wie die Sicherstellung der Versorgung etwa durch Fruchtsperren. Auch bei den Religionsangelegenheiten überwiegen die Verordnungen, die sich auf die ordnungsgemäße Begehung unmittelbar bevorstehender Feiertage oder auf die Regelung der Gottesdienst- und Religionsunterrichtszeiten bezogen. Demgegenüber nehmen die klassischen, Probleme

P OLICEYGESETZGEBUNG

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der Disziplinierung ansprechenden Felder der Policey – Aufwand/Luxus/Kleidung, Sittlichkeit/Ehe und Familie, Vergnügungen/Öffentliche Leichtfertigkeit – einen eher geringen Raum in der Statistik ein und auch der Bereich der öffentlichen Sicherheit ist nur deswegen stärker vertreten, weil hierzu die Organisation der Torwachen und das Verbot der Militärwerbung zählen. Das ist mit den bereits genannten stetigen Wiederholungen dieser Bereiche in den großen Policeyordnungen zu erklären, die in der Tabelle nicht wiedergegeben werden. Ein anderes Bild würde sich ergeben, wenn die Häufigkeit der Publi-

Abb. 32: Druck einer Policeyordnung von 1733

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kation gezählt worden wäre. Dann hätten diese Bereiche einen weitaus höheren Stellenwert. Neben den großen Judenordnungen bezog sich die Verordnungstätigkeit gegenüber der jüdischen Gemeinde vor allem auf deren Verhalten an christlichen Sonn- und Feiertagen. Die Häufung der Normen in den Bereichen Abfallentsorgung und Bauwesen nach 1700 lässt sich mit dem Wiederaufbau der Stadt nach der Zerstörung 1689 erklären.

Grenzen der Herrschaft: Verfassungskonflikte und Normverstöße Die Beschreibung der Verfassung, der Verwaltung und des Justiz- und Normgebungswesens kann nur den Rahmen wiedergeben, in dem sich die Organisation des Gemeinwesens abspielte, nicht aber die Frage nach dessen Funktionsfähigkeit und -grenzen beantworten. Dazu ist die Betrachtung der Verfassungs- und Amtspraxis und der konkreten Auswirkungen der Justiztätigkeit notwendig. Quellenbedingt eignen sich hierfür zwei Bereiche: die über die gesamte Frühe Neuzeit nachweisbaren Verfassungskonflikte und die Tätigkeit des Policeygerichts. Insbesondere Herrschaftsanspruch und Herrschaftspraxis des Dreizehnerrats standen im 17. und 18. Jahrhundert im Mittelpunkt von Auseinandersetzungen innerhalb der Wormser Stadtgesellschaft64. Als Konfliktparteien traten Teile der Bürgerschaft, mitunter auch Angehörige des wechselnden Rates auf der einen Seite, die Mitglieder des Dreizehnerkollegiums auf der anderen Seite gegeneinander auf. Angesichts der Häufigkeit der Konflikte, die sich in den weitgehend kriegsfreien Zeiten (1613 –1617, 1720er Jahre, 1742 ff., 1780er und 1790er Jahre) sowie in der Zeit des Ratsexils 1689 bis 1697 verdichteten, und ihren in fast allen Reichsstädten sehr ähnlichen Verlaufsformen kann in ihnen ein »konstitutiver Bestandteil innerstädtischen Verfassungslebens« erkannt werden 65. Der Konfliktaustrag variierte weniger in seiner Abfolge als vielmehr in seiner Reichweite. Am Anfang standen Zunft- oder Bürgerversammlungen ohne Erlaubnis oder Anwesenheit des Dreizehnerrates. Bei diesen Zusammenkünften formulierte Kritikpunkte wurden von eigens ernannten Deputierten oder Beschwerdeführern vor den Rat gebracht. Da in der Regel weder die Kritik noch die Deputierten anerkannt wurden, konnten eigenmächtige Aktionen folgen. Klagen beider Parteien vor dem Reichskammergericht oder dem Reichshofrat wurden häufig begleitet von einem Schriftenstreit, der auf eine interessierte Öffentlichkeit in und außerhalb der Stadt zielte. Eher selten blieben Aktionen, die als Aufruhr hätten gedeutet und mit schweren Sanktionen hätten belegt werden können. Die Kritikpunkte erstreckten sich von Beschwerden über zu hohe oder ungleich verteilte Steuern, Fehler in der Rechnungsführung, Verwaltungsmängel, Vorwürfen der Korruption, Vetternwirtschaft und Hinterziehung bis hin zur grundsätzlichen Infragestellung der Kompetenzen des Rates und der Ratsrekrutierung und erreichten ihren Höhepunkt in der Forderung nach der Aufhebung des Dreizehnerrats im Jahr 1788. Einige Schlüsselbegriffe der Argumentation insbesondere in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts geben Hinweise auf eine tiefer liegende Motivlage der Auseinandersetzungen, verweisen aber auch einerseits auf Einflüsse des aufklärerischen Diskurses der Zeit, andererseits auf die Kenntnis ähnlicher Verfassungsdiskussionen in anderen Reichsstädten: Wenn auf der Seite der Ratskritiker die Anrede als »Untertan« mit Hinweis auf den

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Bürgerstatus zurückgewiesen wurde66 und der Dreizehnerrat auf der anderen Seite mit seiner Landeshoheit argumentierte 67, dann lässt das auf ein unterschiedliches Verständnis der Amtsgewalt des Rates schließen, der von den Kritikern als Repräsentant der Bürgerschaft angesehen wurde, sich selbst aber als Obrigkeit verstand. In die gleiche Richtung stoßen auch Forderungen nach der Offenlegung von Verwaltungshandeln, mit denen dem Rat das Recht auf einen Arkanbereich des politischen Handelns, wie ihn absolutistische Herrschaft beanspruchte68, bestritten wurde. Besondere Relevanz erhielt in diesem Zusammenhang die Veröffentlichung historischer Texte, etwa der Rachtung von 1522 im Geschichtswerk von Johann Friedrich Moritz im Jahr 1756 und deren Nutzung in aktuellen Diskussionen. Der Vorwurf der Oligarchisierung des Rates wurde begründet mit der familiären Verflechtung der ohnehin auf eine Zunft reduzierten Ratsbesetzung. Gegen Ende der reichsstädtischen Zeit benutzte Begriffe wie Despotismus, bürgerliche Gleichheit, menschliche Freyheit oder die Kontrastierung von städtischer Freyheit mit ewiger Knechtschaft 69 verraten die Nähe zur bevorstehenden oder bereits ausgebrochenen Französischen Revolution, sind aber allenfalls als geschickte Nutzung oder Umdeutung moderner Begrifflichkeit auf tradierte Konfliktpositionen zu verstehen. Diese allgemeinen Merkmale der Auseinandersetzungen zwischen Teilen der Bürgerschaft und dem Rat dürfen nicht den Blick verstellen für die besonderen historischen Situationen, in denen die Konflikte sich verschärften. Es ist daher neben der kurzen Skizzierung ihres Verlaufs nach Hintergründen außerhalb der rein verfassungspolitischen Problemlage zu fragen. Wenn auch dem Konflikt um die Wormser Juden in den Jahren vor dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges sowohl innerhalb der Wormser Stadtgeschichte als auch in überregionaler Perspektive singuläre Bedeutung angesichts seines Ausmaßes und seiner Folgen zugesprochen werden muss, so zeigt sein Ablauf etliche Parallelen zu Auseinandersetzungen anderer Zeiten und in anderen Reichsstädten70. Gerade weil an dieser Kontroverse fast alle für die städtische Entwicklung wichtigen Akteure beteiligt waren, können hier ihre Handlungsspielräume über die konkrete historische Situation hinaus ermessen werden. Neun teilweise noch in sich differenzierte Gruppen oder Institutionen waren involviert: der Rat, die über die Zünfte vertretene Bürgerschaft, die Juden, der Bischof, Dalberg, die kurpfälzische Regierung, das Reichskammergericht in Speyer, juristische Fakultäten und der Kaiser. Vier Phasen können unterschieden werden. Die erste Phase zwischen Sommer 1613 und Frühsommer 1614 ist trotz ihrer Dynamik noch charakterisiert durch ein die Grenzen der Stadtverfassung achtendes Verhalten. Motiviert durch den ersten Erfolg des nach seinem Anführer benannten Fettmilch-Aufstands in Frankfurt am Main, der Ende 1612 zur Anerkennung einiger Forderungen, unter anderem die Aufnahme von Ratsmitgliedern aus der Bürgerschaft und die Reduzierung des Zinssatzes im Handel mit Juden, geführt hatte, stellten die Zünfte im Sommer und Herbst 1613 angesichts einer bevorstehenden Erneuerung der Judenordnung die Forderung an den Rat, die Zinshöhe auf die kaiserlich dekretierten maximalen 5 Prozent festzuschreiben. Auf die Antwort des Rates, dass die Juden von einem solchen Zinssatz nicht existieren könnten und ihnen andere

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wirtschaftliche Tätigkeiten – auch mit Rücksicht auf die Zünfte – weitgehend untersagt seien, reagierten die Zünfte mit einem radikalen Vorschlag: anstatt ihnen Alternativen im Lebenserwerb zu gestatten, solle man die Juden aus der Stadt vertreiben. In den folgenden Monaten wandten sich die Zünfte, vertreten durch ihren Anwalt Dr. Christophorus Chemnitz, der bald zu ihrem Sprecher und Anführer avancierte, an juristische Fakultäten, an den Bischof und an das Reichskammergericht, um Unterstützung für ihre Ziele, also die Zinsreduzierung und die Vertreibung, zu erlangen. Die Berechtigung der Stadt zur Vertreibung der Juden sahen sie durch die Übertragung der königlichen Rechte an den Juden auf die Stadt im 14. Jahrhundert gegeben. Die Haltung des Rates war ambivalent. Zwar blieb er bei seiner Einstellung, dass die höheren Zinssätze auch im Vergleich mit anderen Städten und Territorien legitim seien, näherte sich aber schnell dem Wunsch an, die Juden zum Verlassen der Stadt zu zwingen, und versuchte mit Restriktionen gegenüber der Judengemeinde der Stimmung in der Bürgerschaft entgegenzukommen. Die Juden richteten sich nach ersten gewalttätigen Übergriffen auf einzelne Mitglieder ihrer Gemeinde mit der Bitte um Hilfe an den Kaiser, was zu einer deutlichen Warnung des Kaisers an Rat und Bürgerschaft im März 1614 führte. In der zweiten Phase der Auseinandersetzungen von Juni bis Dezember 1614 übernahmen die Zünfte vollends die politische Initiative. In der Wahl ihrer Aktionsschritte verließen sie nun die ihnen von allen Seiten innerhalb des reichsstädtischen Verfassungssystems zugestandenen Handlungsmöglichkeiten. Diese Phase fällt deutlich mit den zeitgleichen Entwicklungen in Frankfurt zusammen, wo im Mai 1614 anlässlich einer anstehenden Bürgermeisterwahl der Konflikt eskaliert war, der Rat vertrieben, ein neuer Rat aus der Bürgerschaft eingesetzt und im September die Judengasse verwüstet worden war. Die Aktionen und Reaktionen aller in Worms beteiligten Parteien sind vor dem Hintergrund des Wissens um diese Vorgänge zu beurteilen. Nachdem bekannt wurde, dass die Wormser Juden Teile ihres Besitzes aus der Stadt brachten, verhinderten Vertreter der Bürgerschaft die Ausfuhr von Pfandgut. Diese ihnen vom Rat zugestandene Kompetenz überschritten sie mit der nachfolgenden Belagerung der Judengasse und der Abschließung der Ghettotore. Weitergehende Ausschreitungen wurden von Dr. Chemnitz mit dem Verweis auf die Möglichkeit einer gesetzmäßigen Verbannung der Juden verhindert. Der Rat konnte diesen Ereignissen ebenso wenig entgegensetzen wie der Bildung eines Ausschusses aus 17 Bürgern, dann eines Bürgerkomitees von 150 Personen, und der Forderung nach Offenlegung der Urkunden, die Chemnitz öffentlich einen Tag lang verlas und die danach für alle Zünfte kopiert wurden. Im Juli schaltete sich der Kurfürst von der Pfalz als Schutzherr der Stadt in die Auseinandersetzungen ein und erwirkte einen Vertrag zwischen Rat und Bürgerschaft, mit dem ein friedlicher und gesetzmäßiger Konfliktaustrag garantiert werden sollte. Das Reichskammergericht fällte in dieser Zeit zwei Entscheidungen. Zum einen wurde der Rat beauftragt, die Restriktionen gegen die Juden zurückzunehmen, andererseits aber die Gültigkeit des Zinsmaximums von 5 Prozent auch für bereits getätigte Kreditvergaben bestätigt. Direktiven des Kaisers, die eher die jüdische Position stärkten, entfalteten auf Grund der durch die geografischen Bedingungen gegebenen Kommunikationsprobleme gerade in dieser Phase nur wenig Wirkung. Mit

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der Verhaftung von Chemnitz Ende Dezember 1614 auf kurpfälzischem Territorium wegen dessen in Frankenthal erfolgter Publikation der Mandate des Reichskammergerichts und der Judenordnung beginnt die dritte Phase des Konflikts. Wenige Wochen vorher war in Frankfurt der Anführer des Aufstandes festgenommen und die alte Ordnung wiederhergestellt worden. In Worms bewirkte die Arrestierung des Zunftvertreters aber eine weitere Radikalisierung, die – möglicherweise auf Grund der Frankfurter Entwicklung – nun auf stärkere Gegenreaktionen stieß. Aufforderungen, das Bürgerkomitee aufzulösen, sowie Drohungen und Warnungen insbesondere von pfälzischer Seite wurden weitgehend ignoriert, ein von pfälzischen Vermittlern erarbeiteter Vorschlag zur Einigung abgelehnt. Nachdem in der ersten Phase der Rat sich den Forderungen der Bürgerschaft angenähert hatte und sich in der zweiten Phase kaum handlungsfähig zeigte, war nun – sicher unter dem Eindruck der Frankfurter Ereignisse – eine deutliche Distanzierung zu erkennen. Allen Warnungen zum Trotz vertrieben Angehörige der Zünfte am Ostermontag 1615 die Juden aus Worms, zerstörten die Synagoge und verwüsteten den jüdischen Friedhof. Der Rat war machtlos. Bei den Inventarisierungen der jüdischen Hinterlassenschaften, angeblich zur Sicherung des Besitzes, fielen den Aufständischen Schuldscheine in die Hände, aus denen hervorging, dass reiche Wormser Bürger, auch Ratsangehörige, den Juden größere Summen geliehen hatten. Damit verlor der Rat vollends die Kontrolle über die Ereignisse. Der Einmarsch von 4 000 pfälzischen Soldaten auf Befehl des Kurfürsten Friedrich V. beendete am 24. April 1615 den Aufstand. Der zwischenzeitlich wieder freigelassene Chemnitz und elf weitere als Rädelsführer verdächtigte Bürger wurden festgenommen und der Bürgerschaft ein neuer Eid auf den Rat abgezwungen. Diese vierte Phase des Konflikts ist trotz des militärischen Eingreifens des Schutzherrn der Stadt und der Wiedererlangung der Ratsautorität durch ein Bemühen um eine Lösung der Probleme gekennzeichnet. Ausdrücklich erklärte der Kurfürst, mit seinem Einsatz nur den öffentlichen Frieden wiederhergestellt haben zu wollen, die Entscheidung über die Juden müsse beim Kaiser liegen. Die wiederum zeitversetzte Reaktion des Kaisers, der zunächst eine Kommission unter Leitung des pfälzischen Kurfürsten und des Bischofs von Speyer als Vorsitzenden des Reichskammergerichts einsetzte und dann befahl, die Juden wieder zurück zu holen, aber die Zinsfrage nach Maßgabe der Reichspolizeiordnung zu klären, führte letztendlich zur Einigung auf die Rückkehr der Juden, die im Januar 1616 unter Militärschutz erfolgte, und dem Zugeständnis an die Bürgerschaft, dass sie ihre Beschwerden gegen die Juden und den Rat zusammengefasst vorbringen dürfe. Die Beschwerdeliste gegen die Juden, die die Zünfte im Januar 1616 vorlegten, zielte vor allem auf deren Wirtschaftsverhalten. Die Klagen gegen den Rat zeigten das unterschiedliche Verständnis von Herrschaft in der Stadt an: die Ratsmitglieder sollten sich nicht als Herren über ihre Mitbürger verstehen und ebenso der Bürgerschaft einen Eid leisten, wie die Bürgerschaft ihnen den Eid leistete. Der Rat habe seine Macht missbraucht, städtischen Besitz entfremdet, die Armen ungerecht besteuert, neue Steuern ohne vorherigen Konsens eingeführt, die Urkunden und Privilegien geheim gehalten, er sei untereinander zu eng verstrickt und handle aus Eigeninteresse. Mit der Ermahnung an den Rat, die Steuern gerechter zu verteilen und

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»väterlicher« mit den Bürgern umzugehen und der Vertröstung der Bürgerschaft, dass das Reichskammergericht die Frage der Zinshöhe regeln werde, beendete die Kommission die Auseinandersetzungen. Auch nach dem Erlass der neuen Judenordnung im Februar 1617, die am möglichen Zinssatz von 10 Prozent, in Ausnahmefällen von 12,5 Prozent festhielt, erhob sich kein Widerstand mehr gegen den Rat. Möglicherweise hatten die Arrestierung der Rädelsführer und die Hinrichtung der Frankfurter Anführer ihre Wirkung gezeigt. Anders als in Frankfurt wurden die Hauptverantwortlichen der Wormser Unruhen nicht mit dem Tod bestraft, sondern aus Worms, der Pfalz und teilweise dem Heiligen Römischen Reich verbannt. Dieser Konflikt zeigt wie kaum ein anderer im frühneuzeitlichen Worms die Handlungsmöglichkeiten der verschiedenen Gruppen an. Die über die Zünfte vertretene Bürgerschaft oder zumindest ein großer Teil der Bürgerschaft trat als zunehmend kompromissloser Hauptakteur auf. Hintergrund des judenfeindlichen Verhaltens war sicher eine antijüdische Grundstimmung, wie sie auch in anderen Zeiten, gerade im Jahrhundert vorher, immer wieder evident wurde. Dass die Frage der Zinshöhe die Krise auslöste und gerade die Forderung nach der Reduzierung des Zinssatzes auch bereits erfolgter Kreditvergaben eine bedeutende Rolle in den Auseinandersetzungen spielte, zeigt die verbreitete Verschuldung der Handwerker bei den Juden an, die wohl auf wirtschaftliche Krisen des 16. Jahrhunderts zurückzuführen ist. Das religiöse Motiv verband sich daher mit einem ökonomischen und wurde zusätzlich bestärkt durch eine breite Unzufriedenheit über die Zusammensetzung und die Politik des Rates. Die über Jahrhunderte sich wiederholenden Forderungen an den Rat, wie sie in der Beschwerdeliste von 1616 vorgetragen wurden, zeigen, dass es sich hier nicht um situativ entstandene Klagen, sondern um grundsätzliche Auseinandersetzungen über die städtische Politik handelte. Die Berechtigung einiger Kritikpunkte und die Legitimität der Teilnahme an Entscheidungen des Rats wurden von den anderen Beteiligten in der ersten und teilweise auch noch in der zweiten Phase nicht in Abrede gestellt, was zeigt, dass die Partizipation der Bürgerschaft durchaus einen Platz im politischen System hatte. Auch wenn der Rat vom Obrigkeitsanspruch nicht abging, war er doch gezwungen, sich mit der Bürgerschaft in wesentlichen Punkten zu verständigen, fehlten ihm doch die Machtmittel, um ohne Hilfe von außen Entscheidungen gegen großen Widerstand durchzusetzen. In der Auseinandersetzung um die Juden blieb sein Verhalten ambivalent. Einerseits wohl auch aus wirtschaftlichem Eigeninteresse darauf bedacht, den Zinssatz nicht zu niedrig anzusetzen, war er bei der radikalen Forderung nach Vertreibung der Juden kompromissbereit und versuchte lediglich durch die Forderung nach einer rechtlich unanfechtbaren, d. h. vom Kaiser gestatteten Durchführung, Herr der Lage zu bleiben. Erst mit zunehmendem Einflussverlust durch das eigenständige Vorgehen der Bürgerschaft und die Installierung konkurrierender Gremien bezog der Rat – zu spät – deutlicher Stellung. Gleichwohl die Juden als Opfer in dieser Auseinandersetzung anzusehen sind, waren sie nicht wehrlos. Bereits in einem frühen Stadium wandten sie sich direkt an den Rat und dann immer wieder an den Kaiser, um so Unterstützung von den beiden für sie wichtigsten Schutzinstanzen zu erlangen. Während der Rat mit seiner wankelmütigen Politik

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schon bald als Ansprechpartner ausfiel, war der kaiserliche Hof eine zuverlässige Garantie für ihre Rechte. Der Beistand der ebenfalls am Judenschutz beteiligten Konfliktparteien, Bischof und Dalberg, blieb dagegen, wohl auch deren tatsächlichen Einflussmöglichkeiten entsprechend, marginal. Während die Hilfe des Kaisers aber nur sehr zeitversetzt und schwerfällig anlief, war der Kurfürst die einzige Instanz, die aufgrund schneller Informationswege, der Verfügungsgewalt über das städtische Umland und der Möglichkeit eines militärischen Einsatzes effektiv in den Konfliktverlauf eingreifen konnte. Hätten Bischof, Dalberg und der Kaiser über die dauerhafte Vertreibung der Juden Rechte als deren Schutzherren verloren71, so stärkte der Einsatz des Kurfürsten, neben möglichen wirtschaftlichen Vorteilen, seine Bedeutung als Schutzherr der Stadt. Seinem Einfluss auf die Stadtentwicklung konnte das nicht schaden. Die Handlungsoptionen der verschiedenen Gruppen, der regen Bürgerschaft, des nur zu geringen Zugeständnissen bereiten Rats, eines starken Schutzherrn, eines an der Beachtung von Rechten und Privilegien interessierten Kaisers, eines zurückhaltenden Bischofs spiegeln die Machtverhältnisse in und um die Stadt Worms für weite Teile des 17. und 18. Jahrhunderts wider. Dieses Kräfteverhältnis veränderte sich allenfalls in Krisenzeiten wie dem Dreißigjährigen Krieg oder dem Pfälzischen Erbfolgekrieg, in denen einigen der Akteure, etwa dem Rat oder Kurpfalz, die üblichen Machtmittel nicht oder nur teilweise zur Verfügung standen. Der Konflikt zwischen Rat und Bürgerschaft brach in der Zeit der französischen Besetzung 1689 bis 1697 wieder aus72. Zwar gelang es dem im Frankfurter Exil residierenden Rat, seinen Anspruch auf die Stadtregierung gegenüber den in den Trümmern verbliebenen Resten der Bürgerschaft durchzusetzen, die Ratsherren mussten allerdings akzeptieren, dass die Bürger sich in einem Ausschuss organisierten und über ihren Sprecher, den Bäckermeister Faber, der mitunter im Namen der »gesamten Bürgerschaft« agierte, dem vom Stadtvorstand gestellten Statthalter eine eigene Führungsinstanz zur Seite stellte. Neben verschiedenen Meinungsverschiedenheiten über Kontributionszahlungen und die Verwaltung städtischer Güter nahmen die Auseinandersetzungen in der Frage des Nachfolgers des gestorbenen Pfarrers Textor an Schärfe zu. 1693 war der auf Grund seines Beistands in den schlimmsten Kriegszeiten hoch angesehene Pfarrer Textor gestorben. Gegen einen vom Rat vorgesehenen Nachfolger sprach sich die Bürgerschaft in einem von Paul Faber unterzeichneten Schreiben für den Sohn Textors als zukünftigen Geistlichen aus73. Der Rat sah durch dieses Vorgehen seine Stellung als Obrigkeit gefährdet: die Bürgerschaft wolle verkehrte welt spielen, und der obrigkeit vorzuschreiben sich anmaßen, wer pfarrherr in Wormß seyn sollte 74. Der Rat konnte seinen Kandidaten durchsetzen, der sich dann aber wiederholt beschwerte, dass ihm Abgaben verweigert würden. Den Kampf um die Vorherrschaft in der Stadt musste der Rat gegen zwei Seiten führen, gegen die Partizipationsbestrebungen der Bürgerschaft und gegen die bischöfliche Regierung. Der Versuch des bischöflichen Statthalters, mit Schreiben an die Bürgerschaft die Autorität des Rates und seines Vertreters in der Stadt zu untergraben, schlug allerdings fehl75. Mit der Weitergabe des Schreibens an den Rat zeigte die Bürgerschaft doch ihre im Zweifelsfall eher ratsloyale Haltung an. Nach der Rückkehr aus Frankfurt gelang es den Ratsherren schnell wieder, die Ansätze zur bürgerschaftlichen Selbstverwaltung zurückzudrängen und den Ausschuss aufzulösen.

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Die hohe, letztlich auf die finanziellen Belastungen des Dreißigjährigen Krieges, aber auch auf eine schlechte Finanzverwaltung und zahlreiches Personal zurückzuführende Schuldenlast der Stadt war der Hintergrund für die ab 1718 wieder aufflammenden Konflikte zwischen Rat und Bürgerschaft 76. Ein seit 1670 über Moratorien erwirkter Zahlungsaufschub wurde 1718 durch die Verpflichtung einer jährlichen Rückzahlung von 8 000 Gulden abgelöst 77. Die Verteilung dieser Lasten über die Schatzungssteuer sorgte für Unmut unter der Bürgerschaft und führte zu ungenehmigten Versammlungen und der erneuten Wahl von Deputierten. Die Schatzung blieb für viele Jahre eines der Hauptthemen im Streit zwischen Rat und Bürgerschaft, auch wenn der Kaiser 1721 auf eine Beschwerde der Zünfte hin die Regelung des Schatzungswesens unter Miteinbeziehung der Zünfte forderte. 1742 weitete sich der Streit um die ungerechte Schatzungsverteilung zu einer Auseinandersetzung über das gesamte Finanzwesen der Stadt aus 78. Anlass war die Erhöhung einiger Verbrauchssteuern, der Ungelder, die einzelne Handwerkszweige besonders betraf. Sieben der 17 Zünfte erhoben Klage beim Reichshofrat, in der nicht nur die Mängel der Haushaltsführung benannt, sondern auch grundlegende Kritik am Rat vorgebracht wurde: Der Rat habe seine Besoldung seit 1698 verdoppelt, die Allmende für sich in Anspruch genommen und sei ausschließlich aus »Freunden und Verwandten« besetzt 79. Auch wenn sich die Zahl der prozessierenden Zünfte auf elf erhöhte, sind Spaltungen in der Bürgerschaft nicht zu übersehen. Auch innerhalb der elf Zünfte kam es wiederholt zur Uneinigkeit über das weitere Vorgehen. Die Zunftmeister waren durch Befragungen des Magistrats und durch von den Beschwerdeführern ausgeübten Solidarisierungszwang Druck von zwei Seiten ausgesetzt. Für viele Jahre scheint die Kommunikation über die Konfliktlösung nur noch über den Wiener Hof möglich gewesen zu sein. Erst 1752 kam es zu einem ersten Vorschlag zu Vergleichsverhandlungen, die dann 1759 zwischen den Deputierten und dem Rat aufgenommen wurden. Die Anhäufung der Prozesskosten hatte die Position der klageführenden Zünfte mittlerweile geschwächt. Trotz deutlicher Annäherung zwischen den Streitparteien kamen auch diese Verhandlungen zu keinem Ergebnis. Ein vom Reichshofrat vorgeschlagener Vergleich wurde 1769 von beiden Parteien angenommen, die darin vorgesehene Tilgung der Prozesskosten über außerordentliche Steuern allerdings weder von den nicht-prozessierenden noch von den klagenden Zünften akzeptiert. Dieses Problem konnte bis zum Ende der Reichsstadt nicht gelöst werden und war immer wieder Gegenstand von Verhandlungen vor dem Reichshofrat. Diese Auseinandersetzungen wurden seit 1778 überlagert von Konflikten innerhalb des Rates80. Mitglieder des wechselnden Rates hatten sich mit Bezug auf die 1756 von Moritz publizierte Rachtung von 1522 gegen die bestehende Kompetenzverteilung zwischen wechselndem Rat und Dreizehnerrat gewandt. Einem ersten für die Beschwerdeführer positiven Mandat des Reichskammergerichts folgte ein öffentlich geführter Schriftenstreit und eine Klage vor dem Reichshofrat, die allerdings, nachdem sich auf Druck der Dreizehner die Mehrzahl der Mitglieder des wechselnden Rates von ihr distanzierte, lediglich zu einem Vergleich mit geringen Zugeständnissen des Dreizehnerkollegs führte. In den letzten Jahren der Reichsstadt kam es zur weiteren Zuspitzung zwischen Rat und Zünften. Erst 1786 erfuhr die Bürgerschaft, dass ein vom Magistrat wegen bischöfli-

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cher Rapszehntforderungen in ihrem Namen angestrengter Prozess bereits vier Jahre vorher verloren worden war 81. Der Rat hatte aber weiterhin Zahlungen von der Bürgerschaft für die Weiterführung dieses Prozesses erhalten. Der Konflikt schaukelte sich hoch: Gehörten Forderungen nach Offenlegung der Abrechnungen und geheime Zunftversammlungen noch zum üblichen Handlungspotenzial, so zeigen die Reaktionen der Dreizehner, die die Zunftdeputierten arrestieren ließen und vor dem Reichshofrat wegen »Unruhestiftung und Widerstand gegen die Obrigkeit« verklagten, sowie die scharfen Ermahnungen des Kaisers an die Bürger, seine Drohung mit militärischem Eingreifen und schließlich die scharfen Angriffe gegen die Dreizehner in den Rechtfertigungsschriften der Bürgerschaft, dass eine neue Stufe der Auseinandersetzungen erreicht war. Der Streit um die Tilgung der Prozesskosten, die Verbitterung über das Einlenken des wechselnden Rates und die Vorgänge um den Rapszehntprozess veranlassten die Bürgerschaft 1788 zu einer grundsätzlichen Klage am Reichshofrat gegen den Rat, deren Text unter dem Titel »Ueber den Oligarchendruck in Worms« in Frankfurt gedruckt wurde82. Mit der Dominanz der Krämerzunft und den engen Verwandtschaftsverhältnissen im Rat, die die Miss- und Vetternwirtschaft begünstigten, argumentierend, plädierten die Beschwerdeführer für eine Rückkehr zur Rachtung von 1519, das heißt für einen aus Vertretern aller 17 Zünfte gebildeten Rat. Im Mittelpunkt der Kritik stand besonders die Ratspolitik des Dreizehners Johann Daniel Knode. Bereits unter dem Eindruck der Französischen Revolution entstand die nächste Klageschrift der Bürgerschaft gegen die Dreizehner, in der unter anderem die Amtsenthebung des von Knode protegierten neuen Konrektors des Gymnasiums, Georg Wilhelm Böhmer, wegen dessen »Freigeisterei« gefordert wurde. Die Beschwerdeführer betonten, dass sie nicht wie in Frankreich zur Selbsthilfe schreiten, sondern sich der kaiserlichen Unterstützung versichern wollten. Dementsprechend nutzten die Bürger auch nicht die Zeiten der französischen Besetzung, um ihre Probleme mit dem Rat grundlegend zu lösen, sondern es wurden die Verhandlungen in den Phasen, in denen Worms nicht von Franzosen besetzt war, immer wieder neu aufgenommen. Erst die Besetzung im Januar 1798 machte dem ein Ende. Anders als in den Unruhen am Anfang des 17. Jahrhunderts wurde in den späteren Konflikten mit wenigen Ausnahmen auf die Einhaltung der Legalität geachtet. Die Protestformen, die die Bürgerschaft zur Verfügung hatte, Zusammenkünfte, Deputiertenwahl, Klagen vor Rat und Reichshofrat, waren trotz gelegentlicher anderer Aussagen des Dreizehnerrates im Prinzip anerkannt. Der Bürgerschaft war aber stets bewusst, dass auch berechtigte Vorwürfe gegen den Rat sie nicht von ihrer Verpflichtung, dessen Herrschaft anzuerkennen, loslösten. Der Bürgereid behielt auch in Zeiten schwerster Auseinandersetzungen seine Gültigkeit. Das war die Grundlage für die Möglichkeit, vor dem Reichshofrat Recht zu bekommen und das Verfassungs- oder auch nur das Steuersystem zu reformieren. Zweifellos ist in diesem Verhalten auch eine Verrechtlichung der Konfliktregulierung, wie sie die neuere Geschichtswissenschaft diskutiert83, zu erkennen. Anders als zum Beispiel in Frankfurt am Main, wo ein ähnlicher Konflikt 1732 zu einer Verfassungsreform zum Vorteil der Bürgerschaft geführt hatte84, blieb der Kampf um letztlich mehr Mitsprache in Worms auf der Ebene der Verfassung erfolglos. Dass aber das politische Agieren des Rates in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zunehmender

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Diskussion ausgesetzt war, de facto also im Zusammenspiel von Bürgerschaft und Reichshofrat sich eine Kontrollinstanz gebildet hatte, die in ihrer grundlegenden Legitimität nicht mehr bezweifelt wurde, wenn auch die konkreten Folgen oft marginal blieben, sollte das Bild von der Erstarrung der politischen Verhältnisse, das allgemein von der frühneuzeitlichen Verfassungsgeschichte gezeichnet wird, als überdenkenswert erscheinen lassen. Die alltägliche Ausübung und Anerkennung von Herrschaft in der Stadt lässt sich nicht durch die Betrachtung der Verfassungskonflikte rekonstruieren. Der Rat übte Herrschaft aus durch den Erlass allgemeingültiger Normen, der Policeyverordnungen, und durch Einzelfallentscheidungen, durch die Durchsetzung dieser Normen und Dekrete und durch die Kontrolle ihrer Einhaltung. Auf allen diesen Ebenen müssten die Handlungsspielräume des Rates und der Bürgerschaft ermessen werden, um zu einer Aussage über den Charakter städtischer Herrschaft zu gelangen. Angesichts fehlender Vorarbeiten zu diesem Themenkomplex können nur einige vorläufige Überlegungen angestellt werden. Zunächst ist nach der Tätigkeit des Rates als Normgebungsinstanz zu fragen85. Der Erlass von Regeln zur Herstellung einer »guten Policey« legt die Ordnungsvorstellungen des Rates offen. Die Analyse der Entstehung dieser Regeln würde also nach dem Ursprung der Ordnungsvorstellungen fragen müssen und nach deren dynamischem Potenzial. Bereits im Spätmittelalter hatte sich ein Ensemble von Verhaltensregeln für alle Lebensbereiche gebildet: kirchliche Regeln, etwa das Sonntagsarbeitsverbot oder die Pflicht zum Gottesdienstbesuch; Regeln, die Aufwand und Luxus beschränken sollten, wie etwa Kleiderordnungen; Regeln gegen den Müßiggang oder sicherheits- und feuerpoliceyliche Verordnungen. Diese allgemeinen Regeln bildeten in den Städten und Territorien die Grundlage der Policeygesetzgebung. In diesem Bereich hatte der Rat wenig Gestaltungsfreiraum, sondern orientierte sich an tradierten Ordnungen oder den Vorbildern anderer Städte und Territorien. Bei neuen, situationsbezogenen oder verschärften Verordnungen aus dem 18. Jahrhundert kann der Entstehungskontext zum Teil über die Ratsprotokolle nachvollzogen werden. Einige der Verordnungen beziehen sich auf übergeordnete Normgeber, den Kaiser oder den Oberrheinischen Reichskreis und stellen Ergänzungen zu deren bereits separat verkündeten Erlassen dar. Bei der Abwehr äußerer Gefahren, etwa von Seuchen oder Tierseuchen, oder dem Umgang mit Bettlern oder herumstreifenden Soldaten orientierte sich der Rat häufig an der Ordnungstätigkeit der benachbarten Territorien. Bei Fragen der Preisregulierung bemühte man sich um Informationen aus Speyer oder Mannheim, um zu einheitlichen Regelungen zu gelangen. Die angrenzenden Territorien konnten Vorbild werden für die Gesetzgebung über beide Seiten berührende Belange. So wurde etwa 1732 eine Verordnung der kurpfälzischen Regierung zur Schonung des Karpfenbestandes im Rhein wörtlich übernommen. Militärische Befehlshaber von in der Stadt lagernden Truppen konnten dem Rat direkte Anweisungen geben, Verordnungen zu erlassen. Sehr selten sind Hinweise auf von einzelnen Ratsherren initiierte Normgebungsverfahren, die damit direkt auf wahrgenommene Missstände reagieren, wie es eigentlich für eine Vielzahl der Verfahren anzunehmen ist. Lediglich in wirtschaftlichen Fragen ist eine direkte Mitwirkung der städtischen Bevöl-

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kerung nachzuweisen. Zunftordnungen wurden von den Zünften selbst konzipiert, dem Rat vorgelegt, vom Ratskonsulenten bearbeitet und dann vom Rat verabschiedet. Beschwerden und Suppliken der Zünfte über Missstände konnten in einer Verordnung enden. Über die den Zünften zugeordneten Ratsherren konnten die Vorstellungen der Zunftmeister auch unterhalb der Ebene der Suppliken an den Rat weitergetragen werden. Dass auch Eingaben einzelner Personen über deren individuellen Fall hinaus Verordnungen mit Allgemeingültigkeit zur Folge haben konnten, zeigt der Fall einer Witwe, die 1752 um Hilfe zu den Lehrkosten für ihren Sohn bat. Schon wenige Tage später publizierte der Rat die Verordnung, dass arme Waisen von den Gebühren für das Aufdingen und Lossprechen zu befreien seien und ihr Lehrgeld aus dem Stadtalmosen gezahlt werden sollte. Bei der über den Grundbestand der Policeyordnung hinausgehenden Normgebungstätigkeit hatte der Rat häufig Rücksicht zu nehmen auf betroffene Gruppen oder andere Herrschaftsträger der Umgebung. Sein Entscheidungsspielraum muss daher als deutlich eingeschränkt angesehen werden, wenngleich auch auf Grund fehlender Quellen das quantitative und qualitative Ausmaß dieser Einschränkungen offen bleiben muss. Deutlicher wird der Verhandlungscharakter, den Herrschaft mitunter annehmen konnte, an den zahlreichen Einzeldekreten, die oft das Ergebnis mehrstufiger Kommunikationsprozesse zwischen Rat und betroffenen Personen oder Gruppen waren. War die Verordnung dann verkündet, so konnten Bürger mit der Bitte um Dispensation versuchen, die Allgemeingültigkeit in ihrem individuellen Fall aufzuheben. Bereits die zeitgenössische Kritik der Policeygesetzgebung stellte ihre Wirksamkeit infrage. In der modernen Forschung wird diese Skepsis besonders mit dem Hinweis auf die wiederholte Publikation von Normen, die ein Zeichen dafür sei, dass sich kaum jemand nach ihnen gerichtet habe, aufgenommen. Tatsächlich gab es Bereiche, in denen die Ordnungsvorstellungen der Obrigkeit nur schwer durchsetzbar waren. Immer wieder neu veröffentlichte Verbote des Schießens am Neujahrstag oder des allzu großen Aufwandes bei Taufen oder Hochzeiten86 zeigen, dass etwa bei der populären Festkultur Herrschaftsansprüche des Rates oft ins Leere stießen. Auffälligerweise fehlen in den Policeygerichtsprotokollen Hinweise auf Verstöße dieser Art87. Das könnte darauf hindeuten, dass der Rat sich hier zwar die Normsetzungskompetenz sichern wollte, aber in der Praxis Abweichungen duldete. Das vor dem Policeygericht am häufigsten verhandelte Delikt war der Verstoß gegen die Sonntagsheiligung. Ständige Prozesse wegen Sonn- und Feiertagsarbeit, zum Teil gegen ganze Berufsgruppen, lassen die fehlende Einsicht in die Sinnhaftigkeit dieser religiös begründeten Norm vermuten. Darauf deuten auch die Entschuldigungen hin, die die Delinquenten vorbrachten: Der Schuhmacher Vespermann, der 1722 wegen Arbeitens am Charfreitag verurteilt wurde, einem Kind aus dem Waisenhaus ein Paar Schuhe anzufertigen, verwies darauf, dass alle Mitglieder seiner Zunft an diesem Tag gearbeitet hätten; der Färber Johann Philipp Trautwein erklärte, er hätte neu gelieferte Farbe am Feiertag verarbeiten müssen; der Schneider Göde rechtfertigte sich mit Zeitdruck angesichts einer bevorstehenden Hochzeit88. Die Übertretung der Sperrstunde im Wirtshaus war das nach der Sonntagsentheiligung meistgeahndete Vergehen gegen die Policeyordnung. Hier zeigten sich die Delinquenten einsichtiger, versuchten

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aber häufig nach der Verurteilung – oft mit Erfolg – das Strafmaß reduziert zu bekommen. Sexualdelikte, uneheliche Schwangerschaften, außereheliche Sexualbeziehungen und Zuhälterei sowie oft im Zusammenhang mit Alkoholmissbrauch stehende Gewalttätigkeiten gegenüber Ehefrauen waren weitere Vergehen, die vor dem Policeygericht verhandelt wurden. Die Dunkelziffer nicht geahndeter Verstöße gegen die Policeyordnung ist nicht zu ermessen. Dennoch scheint sich die Tendenz anzudeuten, dass auf die Durchsetzung des Basisbestandes an Verordnungen, wie er etwa ständig in den Herrengeboten wiederholt wurde, geachtet wurde. Andere Bereiche der Policeygesetzgebung, vor allem im Wirtschaftssektor, waren wohl zumindest zum Teil Ergebnis von Verhandlungen mit den betroffenen Berufsgruppen. Hier sind häufig ein eigenes Interesse der Zünfte an der Einhaltung der Bestimmungen und ein entsprechendes Anzeigeverhalten zu konstatieren. Dass die Autorität der Ratsherren als Normgeber oder Policeyrichter derart infrage gestellt wurde wie im Fall eines den Kirchgang verweigernden Schuhmachermeisters im Jahr 1727, ist völlig außergewöhnlich. Schuhmacher Braun begründete seine gegen die Policeyordnung verstoßende Nichtteilnahme am Abendmahl mit seiner Freyheit ob er dahe gehen wollte oder nicht. Auf die Androhung, ihn im weiteren Weigerungsfall das Bürgerrecht abzuerkennen und aus der Stadt zu treiben, antwortete Braun, er könnte von sein Geld überall leben und Brod essen, er müßte aber nicht hier seyn. Den wohl etwas ratlosen Richtern bestätigte er nach Verlesung des Protokolls: so habe er geredet, und dieses seye seine Meynung 89. Dieses Verhalten war singulär. In der Regel wurde kein direkter Widerspruch erhoben, um eigene Vorstellungen gegenüber Rat und Gericht durchzusetzen. Herrschaft fand ihre Grenzen in den Möglichkeiten, Vorschriften zu umgehen, Sonderregelungen zu vereinbaren oder Strafmaßnahmen auszuhandeln. Die Häufigkeit, mit der das versucht wurde, zeigt die Selbstverständlichkeit dieser Strategien im Umgang mit der städtischen Obrigkeit. Dieses Verhalten gälte es in zukünftigen Untersuchungen sozial zu differenzieren und mit dem der Akteure der Verfassungskonflikte zu vergleichen.

Die städtische Gesellschaft Bevölkerungsentwicklung Eines der zentralen Argumente für die Veränderung der städtischen Verfassung und die Reduzierung des Ämterpersonals in den Auseinandersetzungen des 18. Jahrhunderts war die Entwicklung der städtischen Gesellschaft. Nicht nur hatte sich seit dem frühen 16. Jahrhundert die soziale Zusammensetzung gewandelt, sodass die in den Rachtungen nicht vorgesehene rein zunftbürgerliche Besetzung der Räte unvermeidbar war. Auch die Bevölkerungszahl, die sicher als Bezugsgröße beim Aufbau der Verwaltung diente, schwankte erheblich, ohne dass sich das in einer Reduzierung der Ämter niederschlug. Gesicherte Erkenntnisse über die Zahl der Einwohner liegen für die reichsstädtische Zeit nicht vor. Anders als die Territorien unternahmen die Reichsstädte kaum systematische Zählungen90. Lediglich die Zahl der Bürger, das heißt der männlichen Haushaltsvorstän-

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de mit Bürgerrecht, ist für einige Jahre bekannt. Es fehlen Angaben über Ehefrauen, Kinder, Gesinde, Gesellen, Lehrlinge und andere Haushaltsangehörige. Das Gleiche gilt für alle anderen Gruppen, von denen, wenn überhaupt, auch nur die Haushaltsvorstände für einige Stichjahre überliefert sind: Witwen, Einwohner ohne Bürgerrecht (Beisassen), in der Stadt lebende Soldaten, Juden, Geistliche und deren Personal. Die Entwicklung der Bevölkerungszahlen kann also nur unter dem Vorbehalt, dass es sich um Schätzungen mit dementsprechenden Unschärfen handelt, dargestellt werden. Um 1500 lebten 6 000 bis 7 000 Menschen in Worms91. 1630, also vor den Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges, sollen nach Peter Hamman 1 600 Bürger ihren Sitz in der Stadt gehabt haben. Aus einer geschätzten Haushaltsgröße von 4,4 Personen92, zusätzlichen etwa 500 Klerikern einschließlich ihrer Bediensteten, und der Annahme, dass die Haushaltsvorstände der etwa 500 Juden schon in Hammans Zahl enthalten sind, berechnet sich eine Zahl von 7 000 bis 8 000 Personen93. Auf 4 000 bis 5 000 wird die Bevölkerung um die Jahrhundertmitte eingeschätzt94. Wenn auch die Aussage in der Zorn-Meixner-Chronik, die Pest von 1666/67 habe in kurtzer Zeit etliche 1 000 Menschen hinweg gerißen 95, übertrieben scheint, so dürften die Verluste doch erheblich gewesen sein. Die erste exaktere Zählung stammt aus der Zeit unmittelbar vor dem Stadtbrand 1689. Danach lebten 472 Bürger und 66 Witwen, 34 »vornehme« und 50 »gemeine« Beisassen, 50 Soldaten und 100 Juden in Worms96. Bei 4,4 Personen pro Haushalt käme man auf eine Bevölkerungszahl von 3 176, zu der noch die unbekannte Zahl der Geistlichkeit und ihrer Bediensteten hinzuzurechnen wäre. Mit etwa 3 500 Menschen hätte sich die Einwohnerzahl somit seit Anfang des Jahrhunderts halbiert. Die Stadtzerstörung führte zur Flucht vieler Bürger und zu einem rapiden Rückgang der Bevölkerung auf ein Viertel des Wertes von 1689, der allerdings durch rückkehrende Bürger und Beisassen sowie durch Neuzuzüge bis 1700 fast wieder ausgeglichen werden konnte 97. Aus dem 18. Jahrhundert sind mehrere Bürgerzählungen überliefert: 1710 hatten 488 Zunftmeister das Bürgerrecht98, 1742 565 und bis 1753 war ihre Anzahl auf 577 angestiegen99. Bei den Zahlen für 1766, 1786 und 1790 sind die Bürgerwitwen mit eingerechnet: 739, 755 und 730100. Die vorliegenden Zahlen für 1689 bis 1790 ergeben einen Witwenanteil an der Bürgerschaft von 12 bis 20 Prozent. Der Anteil der Beisassen, also der Einwohner ohne Bürgerrecht, an den Haushaltsvorständen betrug 1689 6,4 Prozent, 1717 um 20 Prozent und 1786 18,7 Prozent101. In der Zählung von 1689 werden 34 »vornehme Beisassen« genannt. Hier scheint es sich wie bei den 1786 erfassten 26 »Schatzungsverwandten« um Adlige oder wohlhabende Bürger aus anderen Territorien zu handeln, die in Worms über das »Sitzgeding« Aufenthaltserlaubnis hatten. Auch die 27 »außerzünftigen« Frauen, die in der Schatzungsliste von 1790 aufgeführt sind, scheinen als Witwen von Offizieren oder Amtleuten oder als Adlige zu dieser Gruppe zu zählen. Der Anteil der Juden blieb mit Werten zwischen 12,9 Prozent und 11,3 Prozent in den Jahren 1689, 1722 und 1789 vergleichsweise konstant, war aber in der Mitte des 18. Jahrhunderts offenbar kurzfristig etwas höher102. Nicht enthalten in den städtischen Zählungen sind die katholischen Geistlichen und ihr Personal. Fritz Reuter schätzt für 1710 und 1786 ihre Anzahl auf 500, für 1795 auf 400 Personen103. Die Gesamtbevölkerung kann für die Jahre 1689, 1710, 1766 und 1786 geschätzt werden.

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Tabelle 5: Bevölkerungsgröße 1689, 1710, 1766 und 1786 Bürger

1689

1710

1766

472

488

588

Witwen

66

80104

Beisassen und Sitzgedinger

84

180105

Soldaten

50

Juden Summe x 4,4

/

151 200106 /

100

100

3397

3731

1786 zusammen 755 235 /

120107 4659

126 4910

Klerus und Personal

500

500

500

500

Gesamtbevölkerung

3897

4231

5159

5410

Bei allen Unwägbarkeiten des teilweise unsicheren Zahlenmaterials wird die Tendenz doch deutlich. 1710 war der Stand von 1689 schon überschritten, bis zum Ende des Jahrhunderts ist ein Wachstum von 31 Prozent festzustellen. Nach Maßgabe der Bürgerzahlen, die noch von 1742 und 1753 vorliegen und die den wichtigsten Faktor bei der Bevölkerungsgröße bilden, scheint das Wachstum kontinuierlich verlaufen zu sein. Auch bei möglicherweise stagnierenden oder rückläufigen Zahlen in den Zwischenjahren ist doch die These Hüttmanns von der stark schwankenden Bevölkerungsbewegung im 18. Jahrhundert nicht zu halten. Wie für viele andere mitteleuropäische Städte und ländliche Regionen muss also auch für Worms das 17. Jahrhundert als das Jahrhundert des massivsten Bevölkerungsrückganges gelten – verursacht durch den Dreißigjährigen Krieg und die Pest von 1666/67, während die gravierenden Verluste von 1689 schnell wieder ausgeglichen wurden – und ist das 18. Jahrhundert als Periode des Wachstums anzusehen. Bei der Erklärung dieses Phänomens spielen zwei Faktoren eine Rolle: zum einen die natürliche Bevölkerungsentwicklung, zum anderen die Ab- und Zuzugsrate. Für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts liegen Daten zur demografischen Entwicklung vor108. Der Abgleich der Geburts- und Sterberaten von 1750 bis 1797, aus dem ein durchschnittliches jährliches Geburtendefizit von 32,6 resultiert, lässt kein Bevölkerungswachstum vermuten 109. Hauptursache für die Negativbilanz ist die hohe Sterblichkeit. Während außer in den Jahren der Revolutionskriege 1794/95 jährlich zwischen 120 und 182 Kinder zur Welt kamen, pendelte die Sterberate bei einem jährlichen Durchschnitt von 177,6 zwischen 92 und 275. Die stark überdurchschnittlichen Sterbefälle der Jahre 1758 bis 1763 und 1793 bis 1795 sind auf teilweise durch Truppenbewegungen während des Siebenjährigen Krieges und der Revolutionskriege eingeschleppte epidemische Krankheiten zurückzuführen110. Dieses Verhältnis zwischen Geburten- und Sterberate ist für viele Städte des 18. Jahrhunderts typisch, während in ländlichen Gebieten die Geburtenrate meist höher ist als die Sterberate, wie auch ein Vergleich der Geburten- und Sterbeziffern pro 1000 Einwohner zwischen Worms und dem kurpfälzischen Alsheim für die Jahre 1785 bis 1793 zeigt 111.

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Tabelle 6: Geburten- und Sterbeziffer Vergleich Worms-Alsheim 1785 –1793 Geburtenziffer

Sterbeziffer

Worms

33,2

40,8

Alsheim

37,5

25,6

Daraus wurde in der historischen Demografieforschung geschlossen, dass auf Grund einer durch schlechtere hygienische Verhältnisse und größere Ansteckungsgefahr verursachten höheren Sterblichkeit den Städten eine Stabilisierung oder ein Zuwachs der Bevölkerungszahl nur über eine hohe Zuwanderungsrate möglich war. Diese Sichtweise wird mittlerweile bestritten. Nicht eine höhere Sterblichkeit sei die Ursache der größeren Zahl an Todesfalleintragungen in den Kirchenbüchern, sondern die schlichte Tatsache, dass etliche Zuwanderer, Gesinde, Lehrlinge und Gesellen, aber auch Neubürger und Beisassen, in der Stadt starben, aber logischerweise nicht bei den Geburten erfasst sind112. Die Zuwanderungsrate kann für das späte 18. Jahrhundert geschätzt werden. Zwischen 1766 und 1786 wuchs die Bevölkerung jährlich um durchschnittlich zwölf Personen an. Das durchschnittliche Geburtendefizit dieser Jahre beträgt 19,5 Personen. Demnach mussten – lässt man die nicht bekannte Abwanderungsrate außer Betracht – durchschnittlich 31,5 Personen im Jahr nach Worms zuwandern. Zwischen 1766 und 1781 wurden im Schnitt jährlich 22,9 neue Bürger angenommen, der Durchschnitt von 1710 bis 1781 liegt bei 23,7113. Die Differenz erklärt sich mit zuwandernden Haushaltsmitgliedern der neuen Bürger und den Zuwandernden, die kein Bürgerrecht erhielten, es gibt aber auch Indizien dafür, dass die Bürgeraufnahmelisten nicht den vollständigen Zuzug wiedergeben114. Bei den Herkunftsorten der Zuwanderer zwischen 1698 und 1781 fällt der geringe Anteil des Umlandes auf. Lediglich 12,8 Prozent der 857 erfassten Zuwanderer kamen aus dem Gebiet des heutigen Rheinhessen oder der Vorderpfalz, viele zogen aus Baden, Hessen und Franken zu 115. Das generative Verhalten der Wormser Familien in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts lässt sich noch nach dem alten Muster beschreiben116: Bei durchschnittlich sieben Geburten pro vollständiger Familie, das heißt nicht durch den vorzeitigen Tod eines Elternteils betroffener Familien, kann kaum eine gezielte Geburtenplanung, wie sie in anderen Städten und Regionen nachweisbar ist, festgestellt werden. Die fruchtbare Phase der Frauen wurde voll ausgenutzt, es sind keine Spreizungen der Intervalle zwischen den Geburten oder des Intervalls zwischen Heirat und erster Geburt erkennbar. Trotzdem zeigt sich in politischen Krisensituationen, während des Siebenjährigen Krieges und insbesondere während der Revolutionskriege ein deutlicher Rückgang der Geburtenrate. Jahren mit hoher Sterblichkeit folgten Jahre erhöhter Heiratsrate, was auf Wiederverheiratungen von Witwen und Witwern oder mögliche Existenzgründungen auf Grund frei werdender Meisterstellen hinweist117. Die Kinder- und Jugendsterblichkeit blieb anhaltend hoch, leider fehlen allerdings die Angaben, welche Auswirkung das auf die Zusammensetzung eines Familienhaushaltes hatte.

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Soziale Schichtung Die bei der Rekonstruktion der Bevölkerungsgrößen benutzten Kategorien spiegeln nur einen Teil der sozialen Differenzierung der Wormser Einwohnerschaft, nämlich den des rechtlichen Status: Bürger, Beisassen, Sitzgedinger, Juden und Klerus. Die ersten drei Gruppen unterschieden sich durch ihr Aufenthaltsrecht, das unbefristet und vererbbar nur den Bürgern zustand. Der Anteil der Bürger an der Stadtgesellschaft blieb zwischen dem Ende des 17. und dem des 18. Jahrhunderts fast konstant auf 60 Prozent. Nur die 75 bis 80 Prozent der Bürger 118, die lutherischer Konfession waren, konnten in städtische Ämter berufen werden. Bürger konnte werden, wer nach Zahlung eines Bürgergeldes und nach Ableistung des Bürgereides von der Stadt angenommen worden war. Für die Aufnahme in eine der 17 Zünfte war das Bürgerrecht Voraussetzung wie umgekehrt jeder Bürger Mitglied in einer Zunft sein musste. Das führte in der Praxis mitunter zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Rat, der das Bürgerrecht verlieh, und den Zünften, die über die Zulassung als Meister zu entscheiden hatten 119. Einwohner mit Bürgerstatus waren berechtigt, an der Allmendenutzung teilzunehmen, und hatten im Notfall Anrecht auf Unterstützung aus dem Stadtalmosen. Dafür waren sie zu etlichen Abgaben verpflichtet und hatten an den Toren und auf der Stadtmauer Wachtdienst zu leisten. Über den ökonomischen Status sagt die Zugehörigkeit zur Bürgerschaft noch wenig aus. Zwar sollte nach dem Nahrungsprinzip ein Zunftangehöriger sein Auskommen finden können, weswegen die Aufnahme in die Zünfte erschwert war, um eine zu große Konkurrenz zu verhindern, aber zwischen den Zünften und innerhalb von ihnen gab es dennoch große Vermögens- und Einkommensunterschiede. Die Auswertung von aus verschiedenen Jahren vorliegenden Schatzungslisten kann das deutlich machen. Zur Berechnung der Steuerhöhe wurden für jeden bürgerlichen Haushalt das Vermögen an Haus- und Feldbesitz und der – pauschalisierte – Erlös seines Gewerbes aufgezeichnet120. Zwar muss der Aussagewert dieser Quelle gerade vor dem Hintergrund der Kritik der Bürgerschaft, dass sich der Rat seine eigene Schatzungsveranlagung zu tief ansetzte121, bewertet werden, aber für tendenzielle Aussagen über Einkommen und Vermögen ist diese einzigartige Zusammenstellung durchaus zu gebrauchen. Für die Jahre 1689, 1766 und 1790 lässt sich die durchschnittliche Summe berechnen, mit denen die einzelnen Zunftangehörigen an der Schatzung beteiligt waren. Daraus erschließen sich Unterschiede zwischen den Zünften. Die für die Zunftmitglieder errechneten durchschnittlichen Jahresbelastungen pendelten zwischen einem und elf Gulden. Durch die Zuordnung der Zünfte zum oberen, mittleren und unteren Drittel der Steuersummen über die drei Stichjahre kann eine Annäherung an die wirtschaftliche Potenz der verschiedenen Zunftangehörigen erreicht werden. In allen drei Stichjahren zählten die Krämer-, die Küfer- und die Bäckerzunft zum oberen Drittel. Zweimal im oberen Drittel vertreten waren die Metzger, die Kürschner, die Lauer- (Rotgerber-) und die Schilderzunft, in der sich 21 verschiedene Berufe vom Buchbinder bis zum Musikanten sammelten. Dreimal zum mittleren Drittel zählten die Ackerleutezunft, die aus Kärchern und Fuhrleuten bestand, sowie die Schmiede. Zweimal waren in dieser Gruppe die Weber, die Zimmerleute und die Fischer, zu deren Zunft auch die Schiffsleute gehörten, vertreten. Die Wingertsleute-

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zunft war in den Stichjahren je einmal in jedem Drittel zu finden. Zweimal im unteren Drittel befanden sich die Sackträger, während die Schuhmacher, die Schneider und die Weinschröder in allen drei Stichjahren zu dieser Gruppe gehörten. Diese Reihenfolge dürfte daher ungefähr das ökonomische Gefälle zwischen den einzelnen Zünften wiedergeben. Deutlich erkennbar ist, dass sich der Abstand zwischen den Gruppen im 18. Jahrhundert vergrößerte. Hatten die Krämer als höchstbesteuerte Zunft 1689 das 2,7-fache der Summe der Weber zu zahlen, so betrug der Abstand zwischen Schneidern und Metzgern 1766 das 6,2-fache und der zwischen Weinschrödern und Lauern 1790 das 3,2-fache der jeweils niedrigsten Steuersumme. Ein weiteres Indiz für Vermögensunterschiede, das bereits in der Schatzungssumme zum Ausdruck kommt, ist der Besitz an Immobilien. Wenn auch die Verfügung über Ackerland sicher kein vorrangiges Indiz für Einkommenschancen wie in ländlichen Gesellschaften darstellt, so ist doch der Hausbesitz nicht nur in seiner Bedeutung für die ökonomische Stellung in der Stadtgesellschaft, sondern auch in der für das Prestige zu bewerten. 1766 können drei Gruppen nach ihrem für ihren Anteil an der Bürgerschaft unter-, mittel- oder überdurchschnittlichen Hausbesitz differenziert werden. Zu den Zünften mit unterdurchschnittlichem Besitz zählten die Fischer, die Schuhmacher, die Schneider, die Zimmerleute, die Schmiede, die Wingertsleute und die Weinschröder. Durchschnittlichen Hausbesitz hatten die Bäcker, Ackerleute, Lauer, Sackträger, überdurchschnittlich vertreten waren Metzger, Krämer, Küfer, Kürschner, Weber und die Angehörigen der Schilderzunft. In der Schatzungsliste von 1790 waren diese Unterschiede weitgehend nivelliert und hatte sich der Anteil der Hausbesitzer deutlich von 40,3 Prozent auf 71,3 Prozent der Haushalte erhöht 122. Den prozentualen Anteil der Zunftangehörigen innerhalb ihrer Zunft, die 1766 über Feld- oder Gartenbesitz verfügten, zeigt die folgende Tabelle. Tabelle 7: Prozentualer Anteil der Zunftangehörigen mit Feld- und Gartenbesitz 1766 Metzger

65,52

Krämer

52,73

Weber

47,83

Schilderzunft

43,96

Küfer

38,46

Lauerzunft

38,46

Bäcker

36,11

Ackerleute

28,00

Schmiede

20,83

Kürschner

20,00

Sackträger

16,67

Wingertsleute

16,67

Zimmerleute

9,62

Fischer

9,38

Schneider

8,00

Schuhmacher

6,45

Weinschröder

0,00

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Beim Vergleich der Steuersumme, des Haus- und des Feldbesitzes lagen jeweils die Schuhmacher, Schneider und die Weinschröder im unteren Bereich, während Krämer, Metzger, Küfer und Angehörige der Schilderzunft die jeweilige Skala anführten. Diese Unterschiede machten sich auch beim Heiratsverhalten bemerkbar. Während Schuhmacher und Schneider in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in zwei Dritteln der Eheschließungen innerhalb ihrer unteren Vermögensgruppe blieben, heirateten 72 Prozent der Metzger und 74,5 Prozent der Krämerzunftangehörigen in entsprechend gestellte Familien 123. Martina Rommel hat in ihrer historisch-demografischen Arbeit auf die unterschiedlichen Chancen der Berufswahl für Söhne der verschiedenen Zunftangehörigen aufmerksam gemacht. Während die Söhne der Schneider, Fischer und Schuhmacher in der Regel den Beruf ihres Vaters ergriffen, war die Auswahl für die Nachkommen von Bäckern, Metzgern und Küfern deutlich größer. Einigen gelang der soziale Aufstieg in akademische Berufe 124. Der Anteil der reichen und der armen Zünfte an der Bürgerschaft blieb zwischen 1689 und 1790 auffällig gleichmäßig: Während Krämer, Metzger, Küfer und Schilderzunft zusammen etwa ein Drittel ausmachten, bewegten sich Schuhmacher, Schneider, Fischer und Weinschröder konstant bei etwa einem Viertel der Bürgerschaft. Doch auch innerhalb der reichen Zünfte konnten die Unterschiede beträchtlich sein: das Dreizehnerratsmitglied Georg Friedrich Meixner wurde 1737 auf ein Schatzungskapital von 9 640 Gulden, von dem aus die Steuersumme berechnet wurde, eingeschätzt. Dieser hohe Wert, der nicht das reale Vermögen wiedergibt, setzte sich zusammen aus dem geschätzten Einkommen von 2 000 Gulden und dem Immobilienbesitz: acht Häuser und eine Scheune, 15 Morgen Weinberge, 23 Morgen Ackerfeld, zwei Gärten, davon einer mit »Heisel«, eine Wiese und ein Stück Weidenklauer. Der allen anderen Bürgern angerechnete Schatzungsbetrag von 500 Gulden für Schutz und Schirm war bei ihm, wohl wegen seiner Mitgliedschaft im Dreizehnerkolleg, gestrichen. Die Schatzungssumme seines Krämerzunftgenossen Georg Bernhard resultierte aus den für den Schutz angerechneten 500 Gulden, geschätzten 200 Gulden Einkommen und einem Gärtlein in der rheingaß. Zu einer Schichtungsanalyse, die sich nicht auf die Zünfte, sondern auf die einzelnen Haushalte bezieht, fehlen die Kriterien, mit denen man die verschiedenen Gruppen klar voneinander abgrenzen kann. Ab welcher Steuersumme mit einer wohlhabenden Existenz in der Oberschicht gerechnet werden kann und wo die Abgrenzung der Mittelschicht, die ein gutes Auskommen hatte, zur Unterschicht, deren Angehörige in ständiger ökonomischer Existenzgefährdung lebten, liegt, kann aus den Schatzungslisten schwer abgelesen werden. Der Versuch, die Grenze zwischen der oberen und der mittleren Gruppe bei der doppelten Schatzungssumme zu ziehen und die untere Gruppe der unterdurchschnittlichen Schatzungssumme zuzuordnen, greift eine bereits seit langem in der Geschichtswissenschaft bemühte Methode auf125, und muss, solange keine weiteren Daten über die Haushalte vorliegen, als vorläufiger Notbehelf dienen. Einige Beispiele aus der Schatzungsliste 1766 können die Unterschiede noch einmal verdeutlichen. Mit vier Gulden Schatzungssumme zählt der Weber Johann Theobald Glitt gerade noch zur mittleren Gruppe. Sein »Schatzungskapital« setzte sich aus den obligatorischen 500 Gulden, die jeder Bürger als »Leibschatzung« für Schutz und Schirm zugerechnet bekam, und 300

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Gulden für die Rubrik »Nahrung«, also das zu erwartende Einkommen aus seiner beruflichen Tätigkeit, zusammen. Ein Haus oder Feld besaß Glitt nicht. Seinem Zunftgenossen Martin Heckel wurden 7,5 Gulden berechnet. Mit seiner Leibschatzung, 200 Gulden für »Nahrung«, einem Haus im Schatzungswert von 300 Gulden und einem halben Morgen Ackerland gehörte er so schon zu den besser Gestellten der mittleren Gruppe. Der Schneider Johann Christian Greckel besaß nur ein Haus im Schatzungswert von 200 Gulden. Der Ertrag seines Handwerks wurde wie das der meisten Schneider erst gar nicht angerechnet. Mit 1,5 Gulden Schatzungssumme würde er deutlich zur unteren Gruppe zählen. Tabelle 8: Prozentuale Verteilung der Schatzungssummen der bürgerlichen Haushalte obere Gruppe

1766, n = 739

1790, n = 729

16,2 %

10,3 %

mittlere Gruppe

26,1 %

22,2 %

untere Gruppe

57,7 %

67,4 %

Bei allen statistischen Ungenauigkeiten wird klar, dass mehr als die Hälfte der Haushalte mit Bürgerrecht nach Einkommen und Vermögen zur unteren Gruppe, für die eine prekäre wirtschaftliche Situation anzunehmen ist, zählte. Ähnliches dürfte für die Beisassen gelten. Gegen die Leistung eines Beisassengeldes unter städtischem Schutz stehend, hatten sie ein in der Regel unbefristetes Aufenthaltsrecht in der Stadt. Der Zugang in die Zünfte und der Erwerb von Immobilien waren ihnen verwehrt. Ihre Möglichkeiten des Lebenserwerbs waren daher limitiert. Die Angaben, die sich in verschiedenen Quellen finden, bezeichnen Tätigkeiten, die im unteren Einkommenssegment anzusiedeln sind: Viele Beisassen arbeiteten als Tagelöhner in den Feldern und Weinbergen der Wormser Gemarkung. Totengräber, Tabakarbeiter und Tanzmeister gehörten ebenso zu dieser Gruppe wie Gehilfen verschiedener Gewerbe. Die Frauen der Beisassen verdienten ihr Geld als Näherinnen, Wäscherinnen oder Stickerinnen. Auch kleine Handelstätigkeiten, teilweise mit Produkten aus eigener Kleinviehhaltung, konnten die Grundlage einer Beisassenexistenz sein 126. Dass bei solch unsicheren Existenzgrundlagen in Krisensituationen nur die Bettelei blieb, zumal das Recht auf städtische Almosen den Bürgern vorbehalten war, wird an der wiederholten Publikation von Betteleiverboten für Beisassen deutlich127. Eine 1723 verkündete »Beisassenordnung« zeigt, in welchen Bereichen der Rat Handlungsbedarf in der Reglementierung der Beisassen sah und verweist so auf besondere Problemlagen dieser Bevölkerungsgruppe: Die Beisassen sollten nicht Gotteslästerungen verbreiten, ihre Häuser und Straßen sauber halten, keinen Feld- und Gartenfrevel begehen, nicht spielen und trinken, den Gottesdienst besuchen, ihre Kinder in die Schule schicken, keine Fremden beherbergen, ihr Vieh nicht in Gärten weiden und – insbesondere ihre Kinder – nicht betteln128. Nur selten gelang den Beisassen der Aufstieg in das Bürgertum. 93 Prozent der Beisassensöhne der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts blieben in ihrem Stand, nur drei wurden Fischer, je einer Ackersmann, Zimmermann, Kärcher oder Sackträger129. Eher konnte ihnen die Einheirat in zunftbürgerliche Familien gelingen, 16,4 Prozent der Beisassen heirateten im gleichen Zeitraum Töchter von überwiegend der unteren Vermögensklasse angehörenden Handwerksmeistern130.

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Am anderen Ende der sozialen Skala standen die Personen und Familien, denen das Sitzgedingrecht gewährt wurde. Unter der Zusage, dass sie sich der städtischen Ordnung, Policey und Jurisdiktion unterstellen, Verbrauchssteuern für in ihrem Haus getrunkenen Wein entrichten und jährlich ihre Sitzgedingabgabe zahlen wollten, nahm man die Antragsteller, Adlige, Offiziere und Beamte aus anderen Territorien, unter städtischen »Schutz und Schirm« und sprach ihnen ein Aufenthaltsrecht in der Stadt zu. Die Gründe für ihren Wunsch, sich in Worms niederzulassen, gaben manche der Sitzgedinger in ihrem Antrag an: der herzoglich-württembergische Regierungsrat Baron von Bode wollte 1739 mit seiner Familie nach Worms ziehen, weil er seinen Kindern hier eine bessere education beybringen könne als auf seinem Landsitz bei Saarbrücken. Ein kurmainzischer Kammerrat wollte sich 1766 in Worms zur Wiederherstellung seiner Gesundheit zur Ruhe setzen. Die Hofdame Freifrau von Freienthal suchte die Reichsstadt 1768 aus Liebe zur Ruhe und eines stillen Lebenswandels entfernt von dem Getümmel des Hofes aus, nachdem sie vom Nachfolger ihres verstorbenen Herrn nicht mehr gebraucht wurde. Die Gesellschaft des bereits ansässigen Adels, die angenehme Umgebung und die ungezwungene Lebens-Art dahier veranlassten den königlich-französischen Rittmeister Anton von Orb 1779 mit seiner Frau von ihrem einsamen Landgut nach Worms zu übersiedeln 131. Der Aufenthalt einer Familie konnte mehrere Generationen umfassen, so etwa bei der Familie von Wambold im 17. Jahrhundert132. Der Nutzen der Bürgerschaft von der Anwesenheit der Sitzgedinger wird 1738 klar benannt: solche ohne treibung bürgerlichen Gewerbs umb baares Geld lebenden distinguierten Personen stellten weder wirtschaftlich noch machtpolitisch eine Konkurrenz dar und brachten der Stadtkasse durch ihre Abgaben und Verbrauchssteuer Einnahmen und den städtischen Gewerbetreibenden und Handwerkern Aufträge. Die katholische Geistlichkeit und die Bediensteten des bischöflichen Hofes setzten sich 1779 aus 129 Klerikern, 80 Ordensangehörigen, 45 Beamten mit 153 Familienangehörigen zusammen, außerdem wird die Zahl ihres Dienstpersonals auf etwa 100 Personen eingeschätzt133. Auch die jüdische Einwohnerschaft war sozial in sich stark differenziert134. Für den Versuch einer zusammenfassenden Analyse der sozialen Schichtung der Wormser Einwohnerschaft werden die katholische Geistlichkeit und die jüdische Gemeinde ausgeklammert, weil es sich hierbei um Gruppen mit Sonderrechten und eigenen Interaktionsnetzen handelte, wenn es auch bei der bischöflichen Beamtenschaft gerade im späten 18. Jahrhundert Berührungspunkte mit der städtischen Oberschicht gab. Das Gesinde, die Handwerksgesellen und -lehrlinge und die Gehilfen in Gewerbe und Handwerk werden hier nicht wie mancherorts üblich zur Unterschicht gezählt, sondern, da es sich um eine Zählung der Haushalte und nicht der Einzelpersonen handelt, dem »Haus« zugeordnet, in dem sie dienten. Würden nun also der Oberschicht die Sitzgedinger und die bürgerlichen Haushalte der oberen Gruppe zugeordnet, der Mittelschicht die Zunftbürger mit mittlerer Schatzungssumme und der Unterschicht die »armen« Zunfthandwerker und die Beisassen, so ergäbe sich für 1786 ein Bild der Wormser Stadtgesellschaft mit einem Anteil von 10,6 Prozent Oberschicht, 16,4 Prozent Mittelschicht und 73 Prozent Unterschicht. Der

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hohe Anteil der Unterschicht in diesem stark vereinfachten Modell ist natürlich Resultat der Kategorisierung und könnte bei einer anderen Analysemethode, etwa nach der Zahl der Personen, und anderen Grenzziehungen nach unten korrigiert werden. Allerdings entspricht der Befund, dass nur eine Minderheit sich in einer wirtschaftlich stabilen Situation befand, durchaus Beobachtungen in anderen Städten und im Wormser Umland135.

Die wirtschaftliche Entwicklung Die Bewertung der wirtschaftlichen Entwicklung von Worms im 17. und vor allem im 18. Jahrhundert fällt in der gängigen Literatur insgesamt eher negativ aus. Innere und äußere Ursachen werden zur Erklärung aufgeführt. Das fehlende Territorium machte die Stadt sehr von Einfuhren abhängig, die aber auf Grund der Lage inmitten von bischöflichen und kurpfälzischen Dörfern mitunter stark behindert wurden. So konnten von der Kurpfalz durchgesetzte Fruchtsperren in Krisen- und Kriegszeiten die Getreideversorgung der Bevölkerung gefährlich einschränken136. Ausfuhren wiederum waren mit hohen Zöllen durch die umliegenden Territorien belegt, sodass ein größerer Außenhandel nur unter erschwerten Bedingungen möglich war137. Pläne zur Einrichtung eines Getreidemarktes scheiterten im frühen 18. Jahrhundert wohl an der stark geförderten Frankenthaler Konkurrenz, ein kurze Zeit später etablierter Viehmarkt musste wegen der Viehzollforderungen der bischöflichen Regierung wieder aufgegeben werden 138. Auch die Errichtung von Kran und Lagerhaus nach dem Ende des Erbfolgekrieges, die den Handel über den Rhein wieder in Schwung bringen sollte, musste gegen die Einsprüche der Kurpfalz, die mit dem Bau eines eigenen Krans in Rheindürkheim begonnen hatte, durchgesetzt werden139. Die Förderung von Industrie und Handwerk in Frankenthal durch die kurfürstliche Regierung machte sich im späten 18. Jahrhundert für die Wormser Gewerbetreibenden durch ein konkurrierendes Angebot auf den Wormser Messen, erschwerten Rohstoffbezug und durch

Schutzbestimmungen

auf

Pfälzer

Märkten,

Absatzmöglichkeiten nahmen, negativ bemerkbar

140

die

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hergebrachte

. Als innere Ursache für die ökono-

mische Stagnation wird die Abwehrhaltung der Zünfte gegenüber Neuerungen genannt 141. Anders als von Seidenbender in seinen Vorschlägen zum Wiederaufbau empfohlen, brachten nicht Gewerbefreiheit und Manufakturen die Stadt voran, sondern wurde zur alten Zunftordnung mit ihren vielfältigen Beschränkungen und erstarrten Ritualen, die Anlass waren für vielfältige Streitigkeiten und »Missbräuche«, zurückgekehrt. Dennoch gibt es in der stadthistorischen Literatur auch positive Stimmen. Max Levy interpretiert die Abschlusstendenzen der Zünfte als einen angesichts der schwierigen strukturellen Bedingungen »berechtigten Selbsterhaltungstrieb« 142. Boos beschreibt die Lage in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts als gut, Illert spricht gar von einer »Goldenen Zeit«, in der die Investitionen der geistlichen Körperschaften, der bischöflichen Regierung und des »Patriziats« – hier meint er wohl die bürgerliche, im Rat vertretene

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Oberschicht – zu hinreichenden Verdienstmöglichkeiten für die ansässigen Handwerker geführt hätten143. Dieser Widerspruch kann nur unzureichend aufgeklärt werden, da keine grundlegende Aufarbeitung der Wormser Wirtschaftsgeschichte der Frühen Neuzeit oder wenigstens des 18. Jahrhunderts vorliegt. Insbesondere mangelt es an wirtschaftlichen Daten, die Auskunft über Stagnation oder Aufschwung geben könnten. Das liegt teilweise auch an der Quellensituation. Es fehlen Aufzeichnungen von Handwerkern oder Händlern, die Einblicke in deren Wirtschaftshandeln gestatten könnten. Statistiken oder Jahrbücher, wie sie etwa in der Kurpfalz im ausgehenden 18. Jahrhundert erstellt wurden, liegen ebenso wenig vor. Auch an zunftinterner Überlieferung fehlt es. Lediglich das Zunftbuch der Fischerzunft bietet Einblick in das Innenleben der Zünfte, ansonsten sind nur die Korrespondenzen zwischen den einzelnen Zünften und dem Rat erhalten, die eher Konfliktsituationen widerspiegeln. Einige wenige Informationen zum Arbeitsalltag vornehmlich der Unterschichten sind in den Policeygerichtsprotokollen versteckt. Diese Forschungslücken sind zu bedenken, wenn im Folgenden das Wirtschaftsverhalten der Wormser Einwohnerschaft dargestellt wird.

Landwirtschaft in der Stadt Da Neuerungen wie »Fabriquen« oder Manufakturen nicht durchgesetzt werden konnten, ruhte das Wirtschaftsleben der Stadt auch im 18. Jahrhundert noch auf vier Säulen: Landwirtschaft, Handwerk, Dienstleistung und Handel. Landwirtschaft wurde in durchaus nennenswertem Umfang betrieben. Peter Hamman beschreibt die Situation der Landwirtschaft für das späte 17. Jahrhundert: Auf Grund sehr guter Bodenverhältnisse hätten Getreide- und Weinbau gute Erträge, das Ausmaß der rheinnahen Wiesen und Weiden ermögliche einen hohen Stand der Viehzucht und darüber hinaus noch den Verkauf von Heu144. 1805 bestand die Wormser Gemarkung aus 5 429 Morgen, davon waren 38,1 Prozent Ackerland, 22,3 Prozent Wald, 22,1 Prozent Viehweide, 11,9 Prozent Weinberge und Gärten und 5,6 Prozent Wiesen145. Von ähnlichen Verhältnissen kann für das späte 18. Jahrhundert ausgegangen werden. Ein Teil dieses Landes gehörte zu geistlichen Institutionen, ein beträchtlicher Teil war aber im Eigentum der Wormser Bürgerschaft. 26,9 Prozent der 739 Zunfthaushalte von 1766 verfügten über Landbesitz146. Außerdem standen verschiedene Weideflächen als Allmendland zur Verfügung. Umfang und Qualität des Landbesitzes variierte natürlich und konnte von kleinen Einzelparzellen unter einem viertel Morgen bis hin zu umfangreichen Ländereien reichen. Die Quelle sagt nichts darüber aus, ob die Eigentümer ihr Land selbst bewirtschafteten oder verpachtet hatten. Kann man bei dem Weber Thomas Horn etwa davon ausgehen, dass er seinen dreiviertel Morgen Ackerland selbst anbaute, um zur Eigenversorgung seines Haushaltes beizutragen, so dürfte Stättmeister Meixner, Angehöriger der Krämerzunft, seine 13,75 Morgen Weinberge, 22,5 Morgen Ackerland und 4,5 Morgen Wiesen und Weiden, ein Besitz, der ihn auch im ländlichen Umfeld als Großbauer charakterisiert hätte, wohl eher zumindest zum Teil verpachtet als selbst bewirtschaftet haben. Land-

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wirtschaftliche Betätigung war jedem christlichen Einwohner der Stadt gestattet, wie aus einer Ratsverfügung von 1780 hervorgeht. Danach durften alle Pferdebesitzer, ob Bürger, Beisasse oder »sonstige« Bewohner, alle zum eigenen Ackerbau notwendigen Fahrten unternehmen147. Lohnfahrten oder Ackerbauarbeiten sollten Bürgern und Beisassen, die nicht der Ackerleutezunft angehörten, zukünftig nur dann verboten werden, wenn die Ackerleutezunft die erforderliche Anzahl an Pferden und Gesinde aufbringen würde. Als Mindestausstattung eines Zunftmitglieds wurden ein Wagen, ein Ladfass, Pflug, Egge, Halftergeschirr und zwei Pferde angesehen, mit denen die Felder nach der Taxordnung gegen Lohn oder die Hälfte des Ertrages bewirtschaftet werden sollten. In der Ackerleutezunft waren die Kärcher, Fuhrleute und die Hafner vereinigt. Nur 14 von 50 Angehörigen dieser Zunft verfügten im Jahr 1766 selbst über Ackerland. Das Schwergewicht ihrer Tätigkeit lag daher im Transportwesen und in Fuhr- und Pflugarbeiten für Angehörige anderer Zünfte. Außerhalb der Ackerleutezunft gab es 1780 noch 40 weitere Bürger mit Pferdebesitz, darunter acht Müller und sieben Ratsmitglieder/Beamte. Maximal ein Viertel der Land besitzenden Zunftbürger konnte also seine Felder ohne fremde Hilfe bestellen. Für Ernte- und andere Handarbeiten standen Tagelöhner aus der Beisassenschicht bereit. Auch der arbeitsintensive Weinbau dürfte mit Hilfe der Tagelöhner bewerkstelligt worden sein, denn die 36 Angehörigen der Wingertsleutezunft waren eine für die Bewältigung der zahlreichen Arbeiten bei weitem nicht ausreichende Anzahl. Der in der Wormser Gemarkung wachsende Wein gehörte zu den wichtigsten Exportgütern der Stadt und wurde europaweit ausgeliefert148. Eine Ackerbürgerstadt war Worms allerdings nicht.

Handwerk und Gewerbe Das Gewerbe war in 17 Zünften organisiert. Anders als in manch anderen Städten fassen die meisten der Zünfte Berufe klar unterscheidbarer Gewerbezweige zusammen. Sie lassen sich daher untergliedern in Nahrungsmittelgewerbe (Bäcker-, Metzger-, Fischerzunft), Textilgewerbe (Weber-, Schneiderzunft), Baugewerbe (Zimmerleutezunft, hierzu gehörten auch: Schreiner, Maurer, Leyendecker, Weißbinder, Pflasterer, Ziegler, Wagner), Holz verarbeitende Gewerbe (Küferzunft), Ledergewerbe (Lauer- oder Rotgerber-, Kürschner-, Schuhmacherzunft), Metall verarbeitende Gewerbe (Schmiedezunft), Dienstleistungsgewerbe (Ackerleute-, Wingertsleute-, Weinschröder-, Sackträgerzunft), Handel (Krämerzunft). Lediglich die Schilderzunft vereinigte als Sammelzunft etliche verschiedene Berufe: Buchbinder, Knopfmacher, Perückenmacher, Barbierer, Kammmacher, Nadler, Dreher, Glaser, Musikanten, Tabakspinner, Siebmacher, Bürstenbinder, Schornsteinfeger, Maler, Bildhauer, Seiler, Sattler, Seifensieder, Buchdrucker, Orgelmacher, Hutmacher 149. Die Übersicht über die quantitative Entwicklung der verschiedenen Gewerbezweige zwischen dem Ende des 17. und dem des 18. Jahrhunderts zeigt ihren trotz gewachsener Gesamtzahl erstaunlich konstant bleibenden prozentualen Anteil. Lediglich zwischen Handel und Schilderzunft gibt es kleine, sich gegenseitig ausgleichende Verschiebungen150.

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Tabelle 9: Prozentualer Anteil der verschiedenen Gewerbezweige Gewerbezweig

1689, n = 492

1766, n = 739

1790, n = 725

Nahrungsmittelgewerbe

23,17

21,79

21,10 7,72

Textilgewerbe

7,72

9,88

10,98

7,04

7,72

8,94

8,80

9,52

10,98

12,18

11,31

6,50

6,50

6,34

Dienstleistung

10,98

14,07

12,69

Handel

11,59

7,44

9,66

9,15

12,31

13,93

Baugewerbe Holz verarbeitendes Gewerbe Ledergewerbe Metall verarbeitendes Gewerbe

Schilderzunft

Größter Gewerbezweig mit etwa einem Fünftel aller Wormser Zunftmitglieder war das Nahrungsmittelgewerbe. Auf Grund ihrer Bedeutung für die Versorgung der Bevölkerung waren die Metzger und die Angehörigen der Bäckerzunft, neben den Bäckern noch Müller, Mehlhändler und Pastetenbäcker, stärkeren obrigkeitlichen Vorgaben ausgesetzt als andere Handwerker. Da der Absatz der Bäcker und Metzger sich im Wesentlichen auf den innerstädtischen Markt beschränkte, waren sie ihrerseits sehr daran interessiert, die Anzahl der Zunftmeister gering zu halten. Die Benennung einzelner Bäcker mit Namen wie »Lenhardbäcker«, » Giessenbäcker«, »Pfeilbäcker« oder »Mögenbäcker« deutet auf an bestimmte Häuser mit Backöfen gebundene Backrechte hin. Um außerzünftiges Backen zu verhindern, schreckten die Bäcker auch im Krisenjahr 1690 nicht davor zurück, einige Öfen, die vom Brand verschont worden waren, aber von nicht zur Zunft zählenden Einwohnern betrieben wurden, einzuschlagen 151. Die Metzger versuchten, das Angebot durch die Limitierung der Marktstände auf 24 offene »Scharren« zu begrenzen 152. Wer darüber hinaus in der Metzgerzunft Aufnahme finde, solle sein Auskommen über den Viehhandel, aber nicht über das Schlachten finden. Tatsächlich gelang es der Metzgerzunft, die Zahl ihrer Mitglieder bis zum Ende des 18. Jahrhunderts auf 29 zu halten. Trotz ihrer Klagen über Konkurrenz aus dem pfälzischen Umland, durch die jüdischen Metzger und die Metzgerzunft des Bistums, scheinen die Metzger ebenso wie die Angehörigen der Bäckerzunft, die im 18. Jahrhundert deutlich stärker anwuchs, ihr Auskommen gefunden zu haben. Jedenfalls gehörten beide Zünfte über alle Stichjahre hinweg zu den höher Besteuerten. Während Hamman für das Ende des 17. Jahrhunderts 30 Mühlen in der Wormser Gemarkung zählt, die nicht nur die Stadt und ihr Umland, sondern auch Frankenthal und Mannheim mit Mehl belieferten153, befanden sich 1805 nur noch zehn Mühlen auf Wormser Boden 154. Ein Grund für den Rückgang dürften die Zollprobleme mit der Kurpfalz im 18. Jahrhundert gewesen sein. Die zahlreichen Fischbestände des Rheins und seiner Altarme boten der Fischerzunft die Möglichkeit, neben Worms und Umland auch Frankfurt und Mainz zu beliefern155. Über das gesamte 18. Jahrhundert blieben die Fischer, zu deren Zunft auch die Schiffer zählten, die größte Berufsgruppe der Stadt. Die Textil produzierenden und verarbeitenden Gewerbe waren in Worms nicht so stark vertreten wie in anderen Städten. Leinen-, Woll-, Strumpfweber und Schönfärber

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scheinen eher für den lokalen Markt produziert zu haben. Zwar behaupteten die Strumpfweber in einer Eingabe an den Rat 1775, dass vor der Stadtzerstörung 1689 eine große Anzahl Weber ansässig gewesen sei und die Wollweberei das Hauptgewerbe dargestellt habe. Der größte Teil der Weber sei dann geflüchtet und habe sich an den äußersten Grenzen Schlesiens niedergelassen 156. Dem widerspricht allerdings die geringe Zahl von neun Weberzunftmitgliedern im Schatzungsbuch von 1689 gegenüber 23 im Jahr 1766. Außerhalb von Worms konnten die Weber im späten 18. Jahrhundert kaum noch Märkte beliefern. Gegenüber ihren in Manufakturen oder im Verlagswesen organisierten Kollegen waren sie wohl auch kaum konkurrenzfähig. Als Verdienstausgleich wurde offensichtlich der Import von Textilien verstanden, worüber es allerdings zu erheblichen Auseinandersetzungen mit der Krämerzunft kam 157. Mit 6,7 Prozent lag die Zahl der Schneider vergleichsweise niedrig. Dieses Handwerk bot auf Grund des geringen Kapital- und Platzbedarfs auch Angehörigen der unteren Schicht eine zunftbürgerliche Existenz. Möglicherweise war in Worms mit der Fischerei eine Alternative gegeben, die einen Teil des potenziell dem Schneiderhandwerk zugeneigten Bevölkerungssegmentes abfing. Eine andere Erklärung könnte die erfolgreiche Abwehr neuer Meister sein. 1777 soll jeder Wormser Schneider vier bis fünf Gesellen gehabt haben158. Das wäre im Vergleich mit anderen Städten außergewöhnlich viel. Konkurrenz vermutete die Schneiderzunft unter den Krämern, die fertige Kleider verkaufen könnten159. Dass gerade auch der in Worms ansässige Klerus und seine Beamtenschaft den Schneidern zu Einkommen verhalfen – was die hohe Zahl der Gesellen erklären könnte –, zeigt eine Beschwerde von 1749, in der die Zunft anprangerte, dass die Geistlichkeit ihre Schneiderarbeit an fremde Meister vergebe160. Die Bestrafung von Schneidern wegen Sonntagsarbeit ist ein Indiz dafür, dass die städtische Auftragslage mitunter so schlecht nicht war. So entschuldigte sich Schneidermeister Göde 1736, seine Gesellen hätten sonntags arbeiten müssen, weil sie unter Zeitdruck Hochzeitskleider hätten fertig stellen müssen161. Das Baugewerbe, die verschiedenen Berufszweige der Zimmerleutezunft, profitierte trotz mancher Beschwerden über fremde Handwerker162 zweifelsohne von der Anwesenheit des Klerus und der bischöflichen Regierung in Worms. Nach der völligen Zerstörung von 1689 wurden im 18. Jahrhundert außer den Kirchen über 70 Gebäude im Auftrag der Geistlichkeit wieder aufgebaut, darunter der 1794 zerstörte Bischofshof, die Höfe der Domherren von Wambold, von Wessenberg, von Bettendorf und etliche Stiftshäuser163. Diese teilweise sehr aufwändig gebauten Häuser und Höfe dürften alleine den Bauhandwerkern über viele Jahre eine gute Auftragslage verschafft haben. Auch der allergrößte Teil der 910 Häuser, 100 Scheunen und zehn Mühlen, die 1805 in Worms gezählt wurden164, stammt aus dem 18. Jahrhundert, sodass auch von dieser Seite mit etlichen Aufträgen zu rechnen war. Am Bau der Dreifaltigkeitskirche waren zwischen 1709 und 1725 39 Wormser Bauhandwerker mit ihren Werkstätten beteiligt165. In der Küferzunft waren Küfer und Bierbrauer, die diese Handwerke oft in Personalunion ausübten, vereinigt. Der Bedarf an Fässern und Bütten in einer Weinbaugegend erklärt die anhaltend hohe Zahl der Zunftmeister. Allerdings beschwerte sich die Zunft schon 1718 über zunehmende Konkurrenz von Landhandwerkern, die den Absatz außer-

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halb der Stadt verminderten. Andererseits verwahrte sich die Zunft noch in der Zunftordnung von 1756 ausdrücklich gegen die Einfuhr von Küferwaren und erreichte 1735, dass ausschließlich Wormser Bier in der Stadt gezapft wurde166. Dass die Küferzunft in allen Stichjahren zu den drei höchstbesteuerten Zünften zählte, relativiert auch die allfälligen Klagen über die Übersetzung der Zunft. Das Leder bzw. Fell produzierende und verarbeitende Gewerbe bestand aus Gerbern, Schuhmachern und Kürschnern, die je in eigenen Zünften organisiert waren. Die Gerberei fand gute Bedingungen vor, indem Häute und Eichenrinde aus der engeren und weiteren Umgebung angeliefert werden konnten, sie über fließende Gewässer verfügte und das trockene Klima günstig für die Lederherstellung war 167. Die Zahl der Kürschner überstieg die der Gerber. War Konkurrenz durch das Landhandwerk in diesem Bereich kaum gegeben, so fürchteten die Gerber doch die Lederimporte der Krämer und der Juden, was über das ganze 18. Jahrhundert zu Beschwerden vor dem Rat führte 168. Nach den Fischern war das Schuhmacherhandwerk die Branche mit den meisten Vertretern. Der geringe Platzbedarf und das nicht allzu aufwändige Handwerkszeug gestattete ähnlich wie bei den Schneidern eine Existenzgründung mit relativ niedrigem Aufwand. Wenn Klagen wegen Übersetzung des Handwerks berechtigt erscheinen, dann bei den Schuhmachern, die bereits 1699 befürchteten, mit 19 Meistern, elf Witwen, 26 in der Fremde oder in der Stadt arbeitenden Söhnen und 17 mannbahren Töchtern sei das Schuhmacherhandwerk bei ungehindertem Zuzug von Gesellen in der Existenz gefährdet 169. Mit der Verordnung, dass bei jedem Wochenmarkt nur je sechs Schuhmacher nach einer festgelegten Reihenfolge ihre Schuhe anbieten dürften, sollte 1714 das Überangebot an Schuhen reguliert werden170. In der Schmiedezunft waren vom Hufschmied bis zum Uhrmacher 14 verschiedene Metall verarbeitende Handwerke vereint. Die Dienstleistungen der Ackerleutezunft umfasste Transport- und Feldarbeiten aller Art. Die Sackträger verluden die Säcke im Kaufhaus und auf dem Markt171, die Weinschröder die verkauften Weinfässer aus den Kellern. Dass diese Tätigkeiten in eigenen Zünften organisiert waren, verweist auf die große Tradition des Getreide- und Weinhandels in der Stadt. Kaum zu vergleichen sind die in der Schilderzunft versammelten Handwerke. Sie umfassen neben künstlerischen Berufen wie Malern, Bildhauern und Musikanten, buchproduzierenden Berufen und Berufen für einen gehobenen Bedarf wie etwa Perückenmacher auch Handwerksberufe, die in anderen Zünften hätten Platz finden können. Die Aussage der Statistik von 1805 über den Handel in der Zeit vor der französischen Herrschaft zeichnet ein anderes Bild als die meisten Darstellungen über das 18. Jahrhundert. Während 1805 berichtet wird, der Handel mit dem »Ausland« sei »sowohl in einheimischen als auswärtigen Produkten« sehr beträchtlich gewesen 172, beschreibt etwa Weckerling, dessen Urteil in späteren Darstellungen oft übernommen wurde, es habe sich auf Grund der strukturellen Probleme infolge von Kriegen, Zollverhältnissen, Territorialkonkurrenzen und hemmenden Zunftordnungen kein »lebhafter Handel« entwickeln können173. Erst nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges sei der Handel in seinen Hauptzweigen Wein- und Holzhandel und dem Speditionsgeschäft wieder angelaufen174. Die Lage der Stadt an der Straße von Basel nach Köln und Frankfurt, die Straße von

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Worms nach Kaiserslautern und die Möglichkeit des Rheinhandels verschafften den Wormser Kaufleuten wieder gute Verdienste. Alle von außerhalb kommenden Waren mussten über das städtische Kaufhaus weiter verteilt werden. Pro Gulden Wert wurde eine Abgabe von einem Kreuzer erhoben. Vergleicht man die Höhe des eingenommenen Kreuzergeldes, so scheint der Umfang der Einfuhr zumindest vom Wert her nicht mehr das Niveau der Zeit vor 1689 erreicht zu haben. Wurden in den Jahren vor dem Brand zwischen 2 000 und 2 400 Gulden jährlich eingenommen, so betrug die Einnahme zwischen 1707 und 1716 nur noch durchschnittlich 1 449 Gulden und 1786 1 531 Gulden175. Dass die Krämerzunft zwar insgesamt eher wohlhabende Mitglieder hatte, aber zunftintern durchaus große Unterschiede bestanden, wurde im Abschnitt zur sozialen Schichtung bereits aufgezeigt. Der nicht untypische Lebenslauf eines Tuchhändlers aus dem 17. Jahrhundert zeigt, wie die für diesen Beruf wichtigen Kontakte systematisch aufgebaut wurden: der 1631 als Sohn des Ratsmitglieds Johann Jacob Kremer und seiner Frau Maria Elisabeth, Tochter von Conrat Albert des raths, geborene Jacob Hartmann Kremer begann, nachdem seine Eltern früh gestorben waren, seine Ausbildung in einer »Handlung« in Heidelberg, wechselte nach fünf Jahren in eine Straßburger Seidenhandlung, nach zwei Jahren in eine Seidenhandlung nach Hamburg, nach weiteren zwei Jahren nach Erfurt und unternahm zur Vollendung dieser Zeit eine Reise nach Holland, Flandern und Brabant. Um seine Familien- und Erbangelegenheiten zu regeln, kam er dann wieder nach Worms zurück mit der Absicht, wieder hinauß und mein fortin weiter zu suchen, entschloss sich dann aber 1659 zur Heirat mit der Tochter des Bürgermeisters Schweickert, Anna Charitas. 1660 wurde er als Bürger und 1665 als Zunftmeister in der Krämerzunft angenommen. Bereits 1660 hatte er eine Leinenhandlung eröffnet, wobei unklar ist, wie das vor der Aufnahme als Zunftmeister möglich war. Möglicherweise half hier seine einflussreiche Verwandtschaft. Der Aufbau seines Geschäftes endete dann aber abrupt mit seinem Tod und dem seiner Frau in der Pestepidemie 1665176. Außer den »Engros-Händlern«, den Tuch-, Spezerei-, Eisen- und Bauholzhändlern zählten auch die vier Apotheker der Adler-, Engel-, Mohren- und Schwanenapotheke zur Krämerzunft177. Ihre in den Schatzungsbüchern stets zu den am höchsten eingeschätzten Einkommen zeigen ebenso wie ihre weit überproportionale Zugehörigkeit zum Dreizehner- und zum wechselnden Rat ihren sozialen und wirtschaftlichen Status an. Abgesehen von Krisen- und Kriegszeiten, die allerdings zahlreich genug waren, scheint der Zustand des Wormser Handwerks und Gewerbes nicht ganz so düster gewesen zu sein, wie ihn die stadtgeschichtliche Literatur teilweise beschreibt. Vielmehr kann wohl die Beobachtung des Reisenden Gercken aus den frühen 1780er Jahren, es habe in Worms viele wohlhabende Einwohner gegeben und auch die Ärmeren hätten keinen Mangel gelitten, durchaus ernst genommen werden 178. Dass das Wirtschaftsleben des 18. Jahrhunderts – zu dem des 17. fehlen doch weitgehend die Quellen – so negativ dargestellt wurde, hat wohl vor allem mit dem im 19. Jahrhundert aufgrund anderer wirtschaftspolitischer Vorstellungen stark kritisierten Zunftsystem zu tun. Das mit dem Wirtschaftsprinzip einer ausreichenden »Nahrung«, also eines Auskommens für alle Zunftangehörige verknüpfte Regulierungssystem, das Betriebsgröße, Kapitaleinsatz und

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Einkommen nivellierte, verhinderte ebenso Eigeninitiative und Entwicklung wie die damit verbundene obrigkeitliche Festsetzung von Löhnen und Preisen. Beispiele für die innerhalb der Zünfte und zwischen den Zünften penibel betriebene gegenseitige Kontrolle ordnungsgemäßen Verhaltens, die jedem Versuch, aus dem System auszubrechen oder auch nur geringfügig von seinen Prinzipien abzuweichen, entgegenarbeitete, finden sich massenhaft in den Quellen. Ein Fall mag als Anschauung genügen, der illustriert, welche Möglichkeiten für wirtschaftliche Weiterentwicklung dadurch verbaut wurden. 1782 beschwerten sich die Schreiner über den Orgelmacher Jeckel beim Rat. Seit vier Jahren fertige der reformierte Schulmeister Fiscus Claviere an und verkaufe sie in entfernte Lande. Die damit verbundene Schreinerarbeit hätte Schreinermeister Omeis übernommen. Da Orgelmacher Jeckel sich dadurch in seinem Handwerk geschädigt sah, hatte er sich bei der Zimmerleutezunft beschwert und erreicht, dass Omeis die Mitarbeit untersagt wurde. Der Schulmeister habe daraufhin seine Werkstatt in das außerhalb des Stadtgebietes gelegene Neuhausen verlegt, die dortigen Schreiner in seine Arbeit einbezogen und innerhalb von drei Jahren über hundert Klaviere verkauft. Um diese Einkommensmöglichkeit wieder in die Stadt zu holen, schlugen die Schreiner dem Schulmeister vor, er solle nur noch Klaviere für den Export herstellen, damit die »Nahrung« des Orgelmachers, der ohnehin mehr Aufträge hatte, als er bewältigen konnte, nicht gefährdet werde, womit Fiscus auch einverstanden war. Nachdem nun der Orgelmacher ein für den Export nach Köln bestimmtes Klavier hatte beschlagnahmen lassen, befürchteten die Schreiner aufs Neue den Verlust dieser Einkommensmöglichkeit. Der Widerspruch, dass nicht Existenzgefährdung, sondern bloßes Prinzipverharren den Orgelmacher zum restriktiven Vorgehen bewogen hatte, führte die Schreiner zu weiter gehenden Überlegungen: Wo ist ein Staat blühender, als wo man dem Handel und Wandel freyen Lauf läßet? Der Rat gab Jeckel Recht, verwies die Schreiner ihres groben unfugs und verbot dem Schulmeister das weitere Anfertigen von Klavieren 179. Die Beschreibung des Zunftwesens würde aber zu kurz greifen, wenn sie nur die wirtschaftlichen Aspekte berücksichtigte. Die Zunft band ihre Angehörigen in soziale, politische, kulturelle und selbst religiöse Ordnungssysteme ein. Sie regelte die Beziehungen zwischen den Zunftmitgliedern, ihren Haushaltsangehörigen und dem Rest der städtischen Gesellschaft. Sie wies soziale und politische Funktionen zu, funktionierte als Sozialkontrolle und als Notfallversorgung. Diese Aspekte des Zunftsystems können für Worms nur am Beispiel der Fischerzunft verfolgt werden, da sich nur hier Quellenmaterial aus der Zunft selbst erhalten hat180. Hiermit lässt sich nicht nur der Ablauf der Zunftversammlungen nachvollziehen, sondern auch die starke Ritualisierung der Kommunikation, wie sie sich etwa im Duzverbot auf der Zunftstube bemerkbar machte. Zur zunftinternen Konfliktlösung bestand die Möglichkeit oder vielmehr der Zwang, Zwistigkeiten zwischen Zunftangehörigen, die bei der Arbeit oder in der arbeitsfreien Zeit vorgefallen waren, vor der Zunft vorzubringen und darüber richten zu lassen. Der bei der Lektüre der Zunftordnungen und der Beobachtung des ritualisierten Verhaltens entstehende Eindruck eines hohen Regulierungsniveaus wird allerdings durch die stets bestehende Bereitschaft zur Gewährung von Ausnahmelösungen, etwa bei der Frage der Meisterstücke, der Lehrlingsannahme oder der Wanderjahre, deutlich relativiert.

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Die Arbeit des männlichen Haushaltsvorstandes als Zunfthandwerker oder Gewerbetreibender machte nur einen, wenn auch in den meisten Fällen sicher den wichtigsten Teil des Einkommens der Wormser Familien im 18. Jahrhundert aus. Mehr als ein Viertel der Haushalte verfügte, wie bereits beschrieben, über Land zur Eigenversorgung, zur Produktion von vermarktbarem Überschuss oder zur Verpachtung. Eine vornehmlich aus den Policeygerichtsprotokollen zu rekonstruierende Zusatzeinnahme konnte durch den Weinausschank erwirtschaftet werden. Bei Beachtung der Schankordnung und Zahlung des Weinungeldes konnten Zunftangehörige in ihren Stuben Wein zapfen und sich somit einen Nebenerwerb verschaffen. In den dokumentierten Fällen widmeten sich Metzger, Bäcker, Sattler, Küfer, Spengler, Silberschmiede und Schulmeister oder deren Frauen diesem Geschäft. Teilweise beherbergten sie auch – gegen das ausdrückliche Verbot – Fremde181. Auch das Betreiben von temporären Garküchen war den Angehörigen der Zünfte gestattet182. Die Ausübung städtischer Ämter war eine weitere Möglichkeit, zusätzliches Einkommen zu erwirtschaften. Selbstständige Erwerbsarbeit von Frauen ist in den Quellen meist bei den Beisassinnen nachweisbar. Sie unterlagen keinem Zunftreglement und konnten problemlos als Tagelöhnerinnen, als Näherinnen, Stickerinnen, Wäscherinnen arbeiten. Innerhalb der Zünfte war dies nur in Ausnahmefällen möglich. Als Witwe konnten Frauen einen Betrieb mit Hilfe eines Gesellen oder eines erwachsenen Sohnes weiter fortführen183. Prominentes Beispiel einer betriebsführenden Witwe war Elisabeth Kranzbühler, die die bekannte Druckerei leitete und die erste Wormser Zeitung herausgab184. Auch die Witwe des Scharfrichters Köhler wurde 1693 vor der eventuellen Annahme eines neuen Scharfrichters gefragt, ob und in welcher Gestalt sie den Dienst gedencke zu bestellen185. 1762 übergab des Scharfrichters Wittib die Rechnung für die Enthauptung einer Kindsmörderin186. In Handwerken, die im Haus ausgeführt wurden, dürften Frauen ohnehin oft mitgeholfen haben. Ausdrücklich gestattet war das den Schneidern, in deren Zunftordnung zwar bestimmt wurde, dass kein Meister eine Frau das Handwerk lehren dürfe, gleichzeitig aber seine Ehefrau und seine Tochter von diesem Verbot ausgenommen waren187. Dass in der Praxis auch in rein »männlichen« Gewerben Frauen mitarbeiteten, zeigen Bestrafungen von Fischern, die ihre Töchter oder Mägde mit zum Fischen nahmen188. Die wirtschaftlichen Aktivitäten der jüdischen Bevölkerung sind Gegenstand des betreffenden Kapitels. Eine eingehende Analyse der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Juden und Christen im 18. Jahrhundert steht noch aus.

Das konfessionelle Zusammenleben Die konfessionsgeschichtliche Entwicklung der Stadt im 17. und 18. Jahrhundert ist geprägt durch die Dominanz der lutherischen Konfession, die ihren Anspruch auf die Stadtobrigkeit bis zum Ende halten konnte, die Beständigkeit der katholischen Konfession und die Etablierung der Reformierten. Die Zunftmitgliedschaft und das Bürgerrecht mussten die Lutheraner den Katholiken zugestehen, nicht aber die Mitwirkung am Stadt-

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regiment. Bei der Aufteilung der Kirchen waren sie weniger erfolgreich. So musste zunächst das städtische Tanzhaus zur lutherischen Kirche umfunktioniert werden, bis sie das Schiff der Dominikanerkirche als Hauptkirche zugesprochen bekamen. Die Magnuskirche war Nebenkirche 189. Erst der Bau der Dreifaltigkeitskirche 1709 bis 1725 im Rahmen des Wiederaufbaus nach der Stadtzerstörung verschaffte der lutherischen Gemeinde eine ihrer Größe und Bedeutung entsprechende Versammlungsstätte 190 (vgl. Abb. 33 und Tafel 26).

Abb. 33: Dreifaltigkeitskirche, erbaut 1709 –1725, Zustand vor 1945

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Reformierte Einwohner hatte Worms bereits im frühen 16. Jahrhundert191. Die Anwesenheit von Bediensteten der im Stadtgebiet liegenden kurpfälzischen Höfe und die Umgebung von reformierten kurpfälzischen Gemeinden machte eine völlige Abschottung der Stadt gegen Reformierte unmöglich. Von 1644 bis 1650 existierte eine reformierte Militär– und Flüchtlingsgemeinde, die von der französischen Besatzung durchgesetzt wurde und die in die Stadt geflüchteten reformierten Einwohner der umliegenden kurpfälzischen Dörfer mit einbezog. Wegen der ablehnenden Haltung des Rates gegenüber der reformierten Religionsausübung in der Stadt wurde nach Kriegsende die reformierte Kirche im benachbarten Neuhausen zum geistlichen Zentrum der Wormser Reformierten. Dort wurde 1654 ein erstes Presbyterium gewählt. Erst 1699 schloss der Rat mit Vertretern der reformierten Gemeinde einen Vertrag über die freie Religionsausübung ab. Darin folgte er dem trotz erheblicher theologischer Bedenken in seinen Überlegungen zum Wiederaufbau vorgebrachten Vorschlag Seidenbenders, Reformierte in der Stadt aufzunehmen und zu den Zünften zuzulassen, da sie der Stadt in wirtschaftlicher Hinsicht von Nutzen sein könnten. Zwar wurden den Reformierten gegen die Zahlung von 10 000 Gulden zugestanden, eine Kirche und eine deutsche Schule zu errichten, gleichzeitig wurde aber ausdrücklich der Vorrang der lutherischen Konfession festgehalten und insbesondere die Beteiligung an der Verwaltung der Stadt ausgeschlossen. Nachdem die Schule schon bald errichtet wurde, dauerte der Baubeginn der Kirche bis 1740. So lange wurde auf dem Platz der späteren Kirche in einem hölzernen Notbehelf Gottesdienst gehalten. Die Kirche wurde 1744 fertig gestellt und dem preußischen König zu Ehren Friedrichskirche genannt. Gleichwohl die katholische Bevölkerung einschließlich der Kleriker, Beamten und Bediensteten etwa nur 20 Prozent der Bevölkerung ausmachte, standen ihr weiterhin etliche Pfarr- und Stiftskirchen sowie Klöster zu. Die Niederlassung der Jesuiten im frühen 17. Jahrhundert und die Gründung eines Kapuzinerklosters in der Jahrhundertmitte verstärkte die Präsenz der katholischen Konfession im Stadtbild. Im 18. Jahrhundert kam es zur Gründung von Bruderschaften. Das Jesuitenkolleg wurde nach dem Verbot des Jesuitenordens 1773 in ein katholisches Gymnasium umgewandelt192. Mennoniten scheinen sich nach dem 16. Jahrhundert nur sehr kurzfristig in der Stadt unter Kontrolle des Rates aufgehalten haben. So wurde im Rat 1749 vorgebracht, die nach Amerika auswandernden »Wiedertäufer«, die in Worms Halt gemacht hätten, hätten im Haus des Schiffers Heyl gepredigt193. Die Beurteilung des alltäglichen Zusammenlebens der Angehörigen von vier verschiedenen Religionsgemeinschaften, Lutheraner, Reformierte, Katholiken und Juden, ist auf wenige Indizien in den überlieferten Quellen angewiesen. Das Verhältnis zwischen christlicher und jüdischer Bevölkerung blieb räumlich und sozial distanziert, immer wieder brachten die Zünfte Beschwerden gegen die Bewohner der Judengasse wegen angeblicher »Nahrungsbeeinträchtigung« durch von den Juden ausgeübte Wirtschaftstätigkeiten vor. Andererseits zeigen gerade diese Beschwerden, wie sehr die Wormser Juden in das Wirtschaftsleben der Stadt eingebunden waren, wodurch sich vielfältige Beziehungen zwischen ihnen und der christlichen Mehrheit ergaben. Eine konfessionelle Topografie, nach der die Mitglieder der christlichen Konfessionen in verschiedenen Wohnquartieren zu verorten wären, bestand allerdings in Worms

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18. J AHRHUNDERT Abb. 34: »‚Rotes Haus« (Römerstraße), barockmanieristisches Bürgerhaus (1624), direkt benachbart die reformierte Friedrichskirche (1744)

nicht. Zwar war der westliche Innenstadtbereich durch den Dombezirk eindeutig katholisch geprägt 194, ansonsten waren aber sowohl geistliche Einrichtungen als auch die Wohnungen der verschiedenen Konfessionsangehörigen über das gesamte Stadtgebiet verteilt. Konnte bereits die Nachbarschaft Ausgangspunkt vielfältiger sozialer Beziehungen sein, so war die gemeinsame Mitgliedschaft von Lutheranern und Katholiken, nach 1699 auch von Reformierten in den Zünften ein wesentlicher Bestandteil interkonfessioneller Kommunikation. 17,8 Prozent der Zunftangehörigen des Jahres 1710 waren reformiert, 6,6 Prozent katholisch, die überwiegende Mehrheit von 75,6 Prozent lutherisch. 1795 betrug der Anteil der Lutheraner 80,7 Prozent, der der Reformierten 11,6 Prozent und der der Katholiken 7,6 Prozent195. Da nur die zunftinterne Überlieferung der Fischer vorliegt, kann das konfessionsbedingte Konfliktpotenzial lediglich für diese Zunft beurteilt werden. Bei der Durchsicht der vor der Zunft verhandelten Streitigkeiten zwischen den Zunftangehörigen fällt auf, dass die Konfessionszugehörigkeit in den Auseinandersetzungen keine Rolle spielte 196. Allerdings gehörten der Fischerzunft zumindest am Ende des 18. Jahrhunderts keine Katholiken an 197. Aber auch der Streit um die Absetzungstendenzen der mehrheitlich reformierten Schiffer innerhalb der Fischerzunft wurde offensichtlich nicht mit konfessionellen Argumenten unterlegt. Die Beziehung

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des protestantischen Teils der Stadtbevölkerung zum Klerus und den katholischen Bediensteten darf nicht nur über den grundlegenden Konflikt zwischen Rat und Bischof beurteilt werden. Die Anknüpfungspunkte im Alltag waren mannigfaltig. Die ständig wiederholten Verbote, den Weinausschank des Klerus aufzusuchen, zeigen, dass in der überwiegend nichtkatholischen Bevölkerung wohl keine Scheu bestand, diese Möglichkeit des ungeldbefreiten Alkoholgenusses zu nutzen. Wenn auch immer wieder Klagen über fremde Handwerker in Diensten des Klerus vorgebracht wurden, dürfte doch ein erheblicher Teil der Einkünfte der Handwerkerschaft auch von der zahlen- und investitionsstarken Geistlichkeit gestammt haben. Auch Angehörige des Klerus suchten durchaus Kontakt mit der städtischen Gesellschaft. So wurden die Geistlichen des Paulusstiftes wiederholt ermahnt, den Wirtshäusern der Stadt fernzubleiben. 1664 wurde der Besuch einer lutherischen Hochzeit ausdrücklich verboten, 1773 den Kanonikern der Besuch von Wirts- und Kaffeehäusern sowie von Tanzveranstaltungen untersagt198. Der engste Kontakt zwischen den Konfessionen entstand durch Mischehen. 6,8 Prozent der Eheschließungen des 18. Jahrhunderts fanden zwischen Vertretern unterschiedlicher Konfessionen statt199. Zwar finden sich hier 154 Heiraten zwischen Lutheranern und Reformierten und nur 43 zwischen Lutheranern und Katholiken, was sich aber durch den geringeren Anteil der Katholiken in der Bürgerschaft relativiert. Die Konfessionsunterschiede im generativen Verhalten scheinen in Worms nicht so stark ausgeprägt gewesen zu sein wie in anderen untersuchten Städten200. Allerdings kann auch hier eine Spreizung der Abstände zwischen den Geburten bei den Reformierten beobachtet werden, die eine verminderte Kinderzahl und somit bessere Chancen für das wirtschaftliche Wohlergehen zur Folge hatten. Auch der Abstand zwischen Hochzeit und Geburt war bei den Reformierten im Durchschnitt länger201. Diese Hinweise auf ein konfliktarmes Verhältnis zwischen den Konfessionen zumindest im 18. Jahrhundert müssen bei allen Vorbehalten und Distanzen zwischen Lutheranern, Reformierten und Katholiken, die mit Sicherheit auch bestanden, zum Bild der mehrkonfessionellen Stadt hinzugefügt werden.

Kultureller Wandel Die neuere Kulturgeschichte geht in ihren Fragestellungen weit über die Bearbeitung materieller und ideeller Ausprägungen »eliten«- oder »volks«-kulturellen Schaffens hinaus. Sie fragt nach Wahrnehmungen, Einstellungen, Kommunikationssystemen, Deutungsmustern, symbolischen Ordnungen, die das Handeln von Individuen und Gruppen prägten. Angesichts fehlender Vorarbeiten muss ein solcher Zugriff auf die Wormser Geschichte des 17. und 18. Jahrhunderts noch unterbleiben und als dringende Forschungsaufgabe angemahnt werden. Vielmehr soll an drei Themenfeldern der hergebrachten Kulturgeschichte, der Bildung, dem Musikleben und den Anfängen des Vereinswesens, gefragt werden, welches Entwicklungspotenzial für Veränderungen der alten Stadtgesellschaft in diesem Teilbereich sozialer Wirklichkeit bestand.

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Schulwesen Während die Geschichte der »höheren Schulen« in Worms gut aufgearbeitet ist, fehlen Informationen zum Stand des »niederen« Schulwesens weitgehend. Die Deutsche Schule war die Elementarschule für die lutherischen Kinder, in der sie in Lesen, Schreiben, Rechnen und Singen sowie in Katechismuslehre unterrichtet wurden 202. 1755 gehörten ihr über 400 Schüler an203. Der Vertrag von 1699 gestand den Reformierten die Gründung einer eigenen Deutschen Schule, nicht aber die einer Lateinschule zu. Das Schulgebäude wurde noch vor dem Bau der Friedrichskirche in Angriff genommen und fertig gestellt. Katholische Schulen sind an den Pfarreien St. Lampertus und St. Johannes nachgewiesen204. Über den Alphabetisierungsgrad, an dem der Erfolg des Schulwesens hätte abgelesen werden können, liegen keine Kenntnisse vor. Neben den konfessionellen Deutschen Schulen scheint es noch andere Einrichtungen gegeben zu haben. So soll sich an der Fischerweide eine Schule für die dort lebenden Kinder befunden haben205. Als Vorbereitung für den Besuch des Gymnasiums wurde Privatunterricht erteilt. Bis zu seiner Amtsenthebung 1793 unterrichtete etwa der Dominikanerpater König mindestens 15 Kinder in seiner Privatschule. Die Beschwerden der Eltern gegen seine Absetzung zeigen, dass auch lutherische Familien dieses Angebot nutzten 206. Für die höhere Schulbildung stand der lutherischen Bevölkerungsmehrheit die 1527 gegründete lutherische Lateinschule zur Verfügung 207. Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts hatte diese Schule im »Collegium illustre«, dem kurpfälzischen reformierten Gymnasium in Neuhausen, offensichtlich eine ernsthafte Konkurrenz 208. Niedrige Schülerzahlen scheinen darauf zu deuten, dass etliche Wormser Familien ihre Söhne nach Neuhausen schickten. Erst nach der Auflösung der Neuhausener Schule konsolidierten sich die Schülerzahlen der Wormser Lateinschule. Selbst während des Dreißigjährigen Krieges, in dessen Verlauf sich die Stadt gegen die Rückgabe des zur Schule umgebauten ehemaligen Barfüßerklosters zur Wehr setzen musste, konnten fünf zweijährige Klassen aufrechterhalten werden. Nach der Zerstörung der Schule 1689 wurde der Unterricht 1698 zunächst mit einer Klasse notdürftig wieder aufgenommen. 1701 waren drei Klassen möglich und erst 1717 wurde die Schule wieder vierklassig. 1705 wurde eine neue Schulordnung erlassen, die Lehrinhalte und Verhaltensregeln für Schüler und Lehrer festlegte. 1729 wurden nach Auseinandersetzungen zwischen dem Lehrerkollegium und dem vom Rat bestellten Visitator neue Leges Gymnasii Wormatiensis erlassen, die den Lehrplan verbessern sollten und zeitlich mit dem Umzug der Schule in neu errichtete Gebäude zusammenfielen. An dieser Ordnung wurde lange Jahre gegen alle Reformversuche, die dem Unterricht zeitgemäßere Inhalte hinzufügen wollten, festgehalten. Bezeichnend für die starre Haltung des Scholarchats, des aus Ratsmitgliedern und Pfarrern als Visitatoren besetzten städtischen Aufsichtsgremiums, ist die Aussage des Visitators Nebel, der noch im Jahr 1777 größere Veränderungen an der Ordnung von 1729 mit dem Hinweis ablehnte, dass, solange die alten Richtlinien beachtet worden seien, gelehrte, rechtschaffene Männer darin (…) gebildet wurden. Erst die Abweichung habe zu Missständen geführt 209. Umso heftiger angesichts der streng orthodoxen Haltung von Scholarchat und Lehrpersonal waren die Auseinandersetzungen, die mit der Berufung des Göttinger

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Privatdozenten Georg Wilhelm Böhmer, Aufklärer und »Freigeist«, zum Konrektor der Schule 1788 einsetzten und zu den ohnehin bestehenden Verwerfungen zwischen Rat und Bürgerschaft ein Problem mehr hinzufügten, indem die Protegierung Böhmers durch Ratsmitglied Knode zu einem weiteren Argument für die Gegner des Dreizehnerherrn wurde. Wenn auch die lutherischen Kinder kein katholisches Gymnasium besuchen konnten, so bedeutete doch die Existenz eines jesuitischen Kollegs für die lutherische Lateinschule nicht nur im konfessionellen Sinn eine Konkurrenz 210. 1613 gegründet, konnte es zunächst nur die unteren drei Klassen, später dann noch die vierte Klasse des jesuitischen eigentlich fünfklassigen Systems anbieten. Während der schwedischen Besatzung im Dreißigjährigen Krieg mussten die Jesuiten Worms verlassen, kamen aber 1635 wieder zurück. Nachdem der Unterricht seit 1613 in der Domschule gehalten worden war, errichteten die Jesuiten gegen den Protest des Rates 1673 ein Seminargebäude, das 1689 völlig zerstört wurde. 1704 bis 1713 wurden neue Gebäude angelegt, in denen schon seit 1708 wieder unterrichtet wurde. Auf Grund seiner schlechten finanziellen Lage blieb es ein kleines Kolleg, das mit drei Lehrern fünf Klassen unterrichtete. Nach der Auflösung des Jesuitenordens wandelte Bischof von Breidbach-Bürresheim das Kolleg in ein fürstbischöfliches, von Weltgeistlichen geleitetes Gymnasium um. Diese Umwandlung stand im Zusammenhang mit einer Schulreform, die die Modernisierung des Lehrplans durch Erweiterung der Unterrichtsinhalte (Deutsch, Französisch, Mathematik als neue oder stärker gewichtete Fächer) zum Inhalt hatte. Die Anziehungskraft dieser erneuerten Schule auch auf lutherische Schüler dürfte ein zusätzlicher Auslöser für die ab 1777 verstärkt geführte Diskussion um Veränderungen in der lutherischen Schule gewesen sein. Der Plan einer eigenen Mädchenschule, der von katholischer Seite 1777 erörtert wurde, wurde bis 1790 fortgesponnen, aber nicht mehr realisiert211. Auch in diesem Bereich scheint der Bedarf durch Privatunterricht gedeckt worden zu sein. So beantragte 1752 Maria Martha Strohin, eine Schule zur Unterweisung der Jugend in Französischem und weiblichen Arbeiten aufzurichten212. In der Konkurrenz zweier Institutionen zur höheren Bildung bahnte sich am Ende des 18. Jahrhunderts ein Verständnis an, das Leistung höher bewertete als konfessionelle Zuschreibungen. Trotz der Zaghaftigkeit dieser Entwicklung kann darin ein erstes Anzeichen für eine Überschreitung von vorgegebenen Handlungsspielräumen gesehen werden, die auch ohne das abrupte Ende der reichsstädtischen Institutionen früher oder später zu Veränderungsdruck geführt hätte. Mit dem Einbruch neuer Ideen durch den Aufklärer Böhmer in das überkommene reformunwillige lutherische Bildungssystem kündigte sich parallel dazu auch innerhalb dieser Institution eine nicht aufzuhaltende Dynamik an, die nicht an dem umstrittenen Göttinger Gelehrten festgemacht werden muss, durch ihn aber sehr beschleunigt wurde.

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Musikleben Musik erklang im frühneuzeitlichen Worms an verschiedenen Orten: in der Kirche, in der Schule, auf der Straße, auf den Türmen, am bischöflichen Hof, in den Gasthäusern, in den Privathäusern, in der Synagoge, in der Judengasse. Musikausübende waren: Domorganisten, Kantoren, Schüler, Stadtmusikanten, wandernde Musikanten, jüdische Musikanten. Bei größeren Anlässen fanden zumindest Teile dieser Personengruppen zusammen. Vor dem Dreißigjährigen Krieg wurden im Dom Messen mit Vokalisten und Instrumentalisten aufgeführt213. Beim hundertjährigen Gedenken an die Stadtzerstörung wirkten Dommusikanten 1789 als Orchestermusiker zur Verstärkung der städtischen Musikanten mit214. Übernahm im Dom ein eigens angestellter Organist die musikalische Ausgestaltung und waren auch die lutherischen Organisten für diese Tätigkeit angeworbene Spezialisten215, so versah in der reformierten Kirche der Schulmeister den Orgeldienst216. Der Kantor der Lateinschule führte mit den Alumnaten der Schule Instrumental- und Vokalmusik in der Kirche auf217. Die »Leges für den Singchor« von 1740 geben Einblicke in die Musikpraxis an der lutherischen Lateinschule. Zu diesem Chor suchte der Kantor, der zugleich Lehrer der Schule war, acht fähige Schüler aus, denen er besonderen Gesangsunterricht erteilte und die bei Gottesdiensten, bei Beerdigungen und bei Festen mitzuwirken hatten218. Weltliche Musikanten gehörten in einer eigenen Zunft der Schilderzunft an219. Ihre Berufspraxis war daher in vielen Hinsichten wie die eines Handwerkermeisters organisiert: Sie hatten Lehrlinge und Gesellen und achteten wie alle Zunftwerker streng auf die nicht-zünftige Konkurrenz. Ihre Einnahmen erzielten sie mit dem »Aufwarten« bei Festen und in Wirtshäusern, beim Spielen in Gottesdiensten und an Feiertagen. Fritz Reuter rechnet sie im Besitz und Einkommen der unteren Mittelschicht zu 220. Die häufigen Anzeigen wegen Übertretung der Policeyordnung werfen ein Licht auf ihre Arbeitsbedingungen: So wurde 1742 der Musikant Geibel vor das Policeygericht geladen, weil seine Gesellen sonntags im Haus des Krämer Gänsel gespielt hätten. Statt Geibel erschien seine Frau, weil er selbst dermahlen mit denen Gesellen auf des Malers Seekatz Hochzeit aufspielen müßte und sagte aus, ihr Mann habe nicht selbst gespielt. Nachdem Gänsel ihn habe rufen lassen, seien seine Gesellen hingegangen und hätten etliche Menuets gespielt. Sobald der Bürgermeister ihrem Mann habe sagen lassen, dass er nicht spielen solle, sei er zu Gänsel gegangen und habe den Gesellen das Spielen untersagt221. Einige der Musikanten wurden als besoldete – zwischen 1689 und 1709 auch unbesoldete – Stadtmusikanten vom Rat eingestellt. Sie hatten in den Gottesdiensten und bei Festen – zum Teil mit den Alumni der Lateinschule – zu musizieren 222. Einige von ihnen versahen auch den Türmerdienst. Konkurrenz erwuchs den Musikanten durch nicht-zünftige Musikanten. 1742 verteidigte sich Bäckermeister Strobel vor dem Policeygericht gegen den Vorwurf, er habe sonntags Musikanten gehalten: er habe keine Musikanten bestellt, sondern etliche Buben mit Leyren hätten vor seiner Tür gespielt, denen seine Gäste eine Schoppen neuen Weines gegeben 223. Angesichts des verwendeten Instrumentes, der Drehleier, die zu dieser Zeit schon zum Bettlerinstrument abgesunken war, scheint es sich bei diesen Musikanten um durchwandernde Bettelmusikanten gehandelt zu haben. Dass in der privaten Musikausübung das »Clavier« schon eine bedeutende Rolle spielte,

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zeigt der Streit um die Herstellung von Klavieren durch den reformierten Schulmeister 1782. Wurde noch 1764 dem Organisten der Dreifaltigkeitskirche Johann Theodor Greiner die Veranstaltung von wöchentlichen »Liebhaber«-Konzerten mit teilweise selbst komponierter Kammermusik im Schneiderzunfthaus vom Rat untersagt224, so sind seit dem Erscheinen des Intelligenzblattes 1776 konzertante Aufführungen durch reisende Virtuosen in der Stadt belegt. Dabei konnte es mitunter zu – auch für die Zeitgenossen – merkwürdigen Zusammenstellungen kommen. 1781 etwa wurde ein Concert im »Wilden Mann«, einem Gasthaus an der Petersstraße, annonciert, bei dem drei Virtuosen, einer auf der Zither, der zweite auf der Maultrommel und der dritte auf der Strohfiedel, auf einen zahlreichen Zuspruch hofften225. Trotz solch eher atavistischer Veranstaltungen scheint sich doch im Wormser Musikleben des späten 18. Jahrhunderts ein Ausbruch aus dem in diesem Fall tatsächlich reichsstädtisch-bornierten Geist, wie er sich im Verbot der freien Konzerte oder im allzu zünftischen Verständnis der Musikpraxis offenbarte, anzudeuten. Hinweise dafür sind eben gerade die Bemühungen des aus dem Umfeld der seinerzeit führenden und musikgeschichtlich bedeutenden »Mannheimer Schule« stammenden Greiner, die Verbreitung von Instrumenten in Privathaushalten oder auch die konfessionsübergreifende Zusammenarbeit der Musiker wie sie zum Beispiel bei der Gutachertätigkeit des lutherischen und des reformierten Organisten beim Neubau der Domorgel im Jahr 1790 zu beobachten ist226.

Presse- und Vereinswesen Diese Entwicklung fällt zusammen mit einer in neuen Formen entstehenden Öffentlichkeit. Seit 1776 erschien in der Druckerei der Witwe Kranzbühler eine erste Wormser Zeitung, zunächst als »Reichsstadt Wormsisch privilegirtes Intelligenzblatt« von Heinrich Bender, dann von Elisabeth Kranzbühler selbst als »Wochenblatt« herausgegeben. In seiner Mischung aus politischen und gesellschaftlichen Nachrichten aus aller Welt und deutschen Territorien, Ankündigungen, wirtschaftlichen Informationen, städtischen Verfügungen, privaten Anzeigen aller Art, aber nur sehr wenig städtischen Nachrichten war es stets der Zensur durch den Rat unterworfen, sprach aber das Wormser Publikum offensichtlich so an, dass ihm trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten anhaltender Erfolg beschert war227. Etwa in der gleichen Zeit entstanden Leihbüchereien. Außer den jetzt möglichen Musikveranstaltungen kamen immer wieder, annonciert im Intelligenzblatt, wandernde Schauspielerensembles in die Stadt. 1781/82 wurde in Worms eine Freimaurerloge gegründet. Ihre 19 Mitglieder waren Kaufleute, Offiziere, Geistliche, kurpfälzische Beamte, Advokaten und Ärzte. Logenmeister war Freiherr Wolfgang Heribert von Dalberg, sein Vertreter Christoph Heinrich Clausius, Mitglied des wechselnden Rates. Auf Grund interner Streitigkeiten, die teilweise in dem Kauf eines Logenlokals für 4 000 Gulden begründet waren, wurde die Loge bereits am 28. August 1782 aufgelöst228. Möglicherweise war die 1783 von 48 Personen gegründete Lesegesellschaft ein zweiter Versuch von Teilen der Wormser Oberschicht, sich konfessionsübergreifend neuer Formen der Geselligkeit, wie sie in dieser Zeit auch in anderen

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deutschen Städten entstanden, zu bedienen 229. Auch diesem zweiten Versuch war kein großer Erfolg beschieden. Nachdem die Gesellschaft bis 1788 30 ihrer Mitglieder wieder verloren hatte, beschloss man eine Neugründung mit veränderten Rahmenbedingungen. Unter anderem sollten nun Frauen an bestimmten Tagen Zugang zur Gesellschaft haben und sich in einem eigenen Raum zum Spielen versammeln dürfen. Dieser Gesellschaft traten 85 Personen bei, weitere 134 in den folgenden Jahren. Das Vereinsleben entsprach dem anderer Geselligkeitsvereine dieser Zeit: im »Wilden Mann« wurden Räume angemietet, in denen man sich täglich treffen, unterhalten, lesen und verschiedenen Spielen nachgehen konnte. Bei besonderen Anlässen erschienen die Mitglieder mit ihren Frauen zum Essen. Im Lesezimmer standen 1789 18 Zeitungen und Zeitschriften sowie etliche Literatur bereit, im Spielzimmer ein Billardtisch. Die Exklusivität wahrte man durch den Mitglieds- und Jahresbeitrag sowie durch die bei Anträgen zur Neuaufnahme durchgeführte Ballotage, in der die Mitglieder mit weißen und schwarzen Kugeln über den Kandidaten entschieden. Die Bedeutung solcher Gesellschaften liegt zum einen in der tatsächlich neuartigen stände- und konfessionsübergreifenden Kommunikation. Der Bildungsaspekt ist ebenso wenig zu übersehen wie die Einübung demokratischer Verfahrensformen bei Vorstandswahlen. Darüber hinaus dürfte sich der Erfolg dieser Vereinigungen auch auf ihre betonte Exklusivität zurückführen lassen, die sich in den Aufnahmeverfahren, der Ausgestaltung des Vereinslokals, der Organisation des Vereinslebens mit angestellten Dienern in »Livree« und dem erforderlichen Verhalten der Mitglieder äußerte und damit deutlich distanziert zu überkommenen Formen der Geselligkeit in den Zünften, Gesellenvereinigungen, religiösen Bruderschaften oder im Wirtshaus war. Die Mitgliedschaft in einer Lese- oder Kasinogesellschaft konnte den Status innerhalb der Stadtgesellschaft neu definieren. Von den 128 der Mitglieder der Wormser Lesegesellschaft aus der Zeit vor der französischen Besetzung stellten höhere Beamte umliegender Territorien oder der bischöflichen Verwaltung mit 25,8 Prozent die größte Gruppe. 20,3 Prozent waren katholische Geistliche oder sind eindeutig als Angehörige des Bischofshofes zu erkennen. Mit je 9,38 Prozent waren Kaufleute und Juristen vertreten, 8,6 Prozent waren Offiziere. Neun der Dreizehnerherren waren ebenso Mitglied wie sieben Herren des wechselnden Rates230. Handwerker waren nicht vertreten. Auffällig ist der hohe Anteil der katholischen Geistlichkeit, während protestantischer Klerus fast nur über Pfarrer aus dem Umland präsent war. Auch die lutherische Lehrerschaft scheint nur über den höchst umstrittenen Professor Böhmer vertreten gewesen zu sein. Augenfällig traf sich hier eine sich neu konstituierende städtische Oberschicht mit elitärem Anspruch, die konfessionelle Grenzen überschritt und sich aufgeklärtem Gedankengut verpflichtet sah. Dass auch religiöse Schranken überwunden werden sollten, zeigt eine Spende an alle Wormser Armen im Winter 1789, die ausdrücklich auch die Juden mit einem Anteil bedachte. Steht die Bedeutung einer solchen Organisation für den Aufbau eines neuen bürgerlichen Selbstverständnisses und eines letztlich den Rahmen der Ständegesellschaft sprengenden Anspruches außer Diskussion, so ist dennoch nach ihrer Rückwirkung in die städtische Gesellschaft zu fragen. Ein auch andere Schichten umfassendes Vereinswesen, das hier den Anfang genommen hätte, ist erst im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts zu

B EWERTUNG

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A USBLICK : E NTWICKLUNGSGRENZEN

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erkennen. Auffällig ist die zeitliche Parallele der Gründung dieser aufgeklärten Assoziation mit den heftigsten Beschwerden der Bürgerschaft gegen die Oligarchietendenzen der Stadtobrigkeit, die gegen genau die Dreizehnerherren gerichtet war, die jetzt in der Lesegesellschaft über Aufklärung und Politik raisonnierten. Das mag als Strategie gewertet werden können, indem Knode und andere den Geist der neuen Zeit erkannten und sich rechtzeitig neuer Ideen annahmen, um ihre Vorrangstellung zu bewahren. Dass etliche Vertreter der alten Obrigkeit und Mitglieder der Lesegesellschaft später in der französischen Verwaltung Karriere machten, würde auch in diese Interpretation passen. Anders herum gestattete aber gerade der Exklusivitätsanspruch, der sich in der Lesegesellschaft äußerte, ein gegenüber den Ansprüchen der städtischen Gesellschaft, die sich teilweise noch aus einem alten Partizipationsdenken herleiteten, distanziertes Agieren. Die bürgerliche Vereinigung hätte so als Exklusionsinstrument der alten, in der neuen Elite aufgegangenen Oberschicht gedient. Für vormals aus konfessionellen Gründen im Widerspruch zu ihren wirtschaftlichen Leistungen oder ihrem Bildungsniveau von der Mitsprache in städtischen Angelegenheiten ausgeschlossene Akteure konnte sie aber für eine beginnende Durchlässigkeit der vormals starren Begrenzungen stehen.

Bewertung und Ausblick: Entwicklungsgrenzen und -chancen 1689 war ein Einschnitt, aber kein Wendepunkt in der Wormser Geschichte231. Der Brand zerstörte die Bauten, nicht aber die für die Entwicklung der Stadt maßgeblichen Strukturen. Der Bedeutungsverlust, den Worms wie viele andere Städte seit dem späten Mittelalter hinnehmen musste, war ein langfristiger Prozess, der mit der Erstarkung der Territorialstaaten, im Falle Worms der Kurpfalz, und der Konkurrenz umliegender Städte, die in ihrer Wirtschaftsentwicklung Worms überholten, zusammenhing. Möglichkeiten, dem durch Veränderungen der Stadt- und Wirtschaftsverfassung entgegenzuwirken, wie sie von Johann Friedrich Seidenbender vorgeschlagen worden waren, wurden nach der Stadtzerstörung nicht genutzt. In der Interessenskollision der verschiedenen für die Stadtverfassung relevanten Kräfte, Rat, Bischof, Kurpfalz und Reich, ist eine der Hauptursachen dieser Reformunfähigkeit zu suchen. Die Restaurierung der Zunftverfassung stand nach der Rückkehr der geflüchteten Zunftbürger und des Rates nicht infrage. Diese Entscheidung den Akteuren des Wiederaufbaus vorzuwerfen, wie das in der Literatur des 19. Jahrhunderts geschieht, ist aus der Perspektive der gesamten Wirtschaftsentwicklung nachvollziehbar, verkennt aber die Handlungsmöglichkeiten und die Denkhorizonte der Zeitgenossen. Es stand kein alternatives Modell zur Verfügung, das das Zunftsystem mit seinen sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Einbindungen für den einzelnen Zunftangehörigen hätte ersetzen können. Dass die Auswüchse der auf Risikominimierung bedachten Zunftökonomie nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung verhinderten, steht außer Frage, dass aber die Zunftbürger gerade angesichts der in jeder Generation zwischen 1618 und 1763 neu erfahrbaren Unsicherheit der Lebensumstände sich auf die leidlich funktionierende Existenzsicherung, wie sie ihnen durch die Zunft garantiert

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wurde, zurückzogen, ist nur wenig erstaunlich. Angesichts der geringen Veränderungen im Wirtschaftssektor und der verglichen mit einigen ländlichen Gebieten nur langsam fortschreitenden Bevölkerungsentwicklung blieben die sozialen Strukturen relativ konstant. Zwar kann eine Auseinanderentwicklung der verschiedenen sozialen Gruppen beobachtet werden, von einer zunehmenden sozialen Polarisierung aber keine Rede sein. Kulturhistorisch relevante Impulse scheinen von Vertretern der bürgerlichen Oberschicht, die in Verbindung mit wirtschaftlich ähnlich gestellten Angehörigen der nicht der Bürgerschaft angehörenden Einwohnerschaft der Stadt an einem neu entstehenden öffentlichen Leben mitwirkten, ausgegangen zu sein. Die Tiefenwirkung dieser Entwicklung für die städtische Gesellschaft insgesamt ist bei der derzeitigen Kenntnislage nicht zu ermessen. Es scheint sich doch aber hier eine zukünftige Elite von Entscheidungsträgern, die für die Entwicklung der Stadt nach 1800 bedeutsam wurde, konstituiert zu haben.

Worms im Zeitalter der Französischen Revolution und Napoleons (1789/92–1814/16) F RANZ D UMONT

Frankreich und die Franzosen haben die Wormser Geschichte in der Neuzeit ebenso stark geprägt wie Kaiser und Bischöfe im Hochmittelalter. Freilich stand die erste Begegnung der kleinen Reichsstadt mit der absolutistischen Großmacht unter keinem guten Stern: Denn die Zerstörung von Worms durch französische Truppen am 31. Mai 1689 markiert einen Tiefpunkt der Stadtgeschichte, der in den Jahrzehnten danach nur allmählich überwunden werden konnte. Dabei wandelte sich das äußere Bild der Stadt, während ihre innere Struktur, vor allem die reichsstädtische Verfassung, unverändert blieb. Ganz anders war die Wirkung des »Faktors Frankreich« gut hundert Jahre später, als die Franzosen 1792 Worms erneut besetzten und sechs Jahre danach ihrem Staat einverleibten: Jetzt ließen sie das Äußere der Stadt fast unangetastet, führten aber im politisch-sozialen Gefüge so viele und so folgenschwere Änderungen durch, dass Worms bei der Rückkehr zu Deutschland 1814/16 eine ganz andere Stadt geworden war. Dieser sehr tief greifende Wandel von der traditionalen zur modernen Stadtgesellschaft ist das eigentliche Leitthema dieses Beitrags. Für ihn wurde ein reiches Quellenmaterial, oft wenig oder gar nicht bekannt, aus dem Wormser Stadtarchiv sowie anderen Bibliotheken und Archiven herangezogen sowie auf eine Vielzahl von Vorarbeiten zurückgegriffen, denn in Worms gehört die »Franzosenzeit« zu den am besten erforschten Etappen der Stadtgeschichte. Das gilt vor allem für die sechs Monate zwischen Oktober 1792 und April 1793, in denen die Stadt Teil der »Mainzer Republik« war: Allein in Heinrich Boos’ großem Werk nimmt diese Episode fast die Hälfte des Kapitels über die »Franzosenzeit« ein1. Dagegen werden hier die Jahre nach 1798, als die Stadt mit Frankreich vereinigt war und eine »Revolution nach der Revolution« stattfand sowie jene unter napoleonischer Herrschaft ausführlicher behandelt.

Das denkwürdige Jahr 1789 Bei der Jahreszahl 1789 denken wir heute sofort an den Ausbruch der Französischen Revolution. Für die Zeitgenossen jedoch, zumal für die Deutschen, begann damals ein ganz normales Jahr. Freilich nicht für die Kurpfälzer und ihre Nachbarn: Ihnen galt 1789 schon im Voraus als denkwürdiges Jahr, denn genau 100 Jahre zuvor hatten Franzosen unter General Mélac den Befehl Ludwigs XIV. »Bruléz le Palatinat« ausgeführt und Städte

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wie Heidelberg, Oppenheim, Speyer und Worms in Schutt und Asche gelegt. So gedachten auch die beiden Reichsstädte der Katastrophe von 1689, denn im kollektiven Bewusstsein waren die Ereignisse sehr gegenwärtig und man konnte den seitdem eingetretenen Bedeutungsverlust des eigenen Gemeinwesens nicht leugnen. Der Wormser Magistrat setzte deshalb für Pfingsten 1789 eine große Gedenkfeier an. Doch benutzte er das Jubiläum nicht zur Abrechnung mit den »Tätern« von 1689, den Franzosen, sondern verlieh ihm schon in der Planung einen fast völkerverbindenden Charakter, weit weniger auf die Vergangenheit als auf Gegenwart und Zukunft ausgerichtet. Das eigentlich wegen der Zerstörung 1689 angesetzte »Denkfest« wurde zum »Dankfest« für die inzwischen erreichte »Wiederherstellung«. Denn viel lieber als auf die noch vorhandenen Ruinen und Lücken im Stadtbild blickten die Wormser stolz auf den Wiederaufbau ihrer Stadt im 18. Jahrhundert und den mittlerweile wieder vorhandenen, wenn auch bescheidenen Wohlstand. Dieser Optimismus prägte auch die im April 1789 erschienene Einladung zu dem auf Pfingstdienstag, den 2. Juni, »zum Gedächtnis der Wiederherstellung der Freyen Reichsstadt Worms von der 1689 erlittenen Einäscherung und Zerstörung von einem Hochedlen und Hochweisen Magistrat angeordneten Dankfest«2. Demnach diente das Fest weniger der historischen Erinnerung als der Selbstbestätigung der Bürgerschaft und ihrer Obrigkeit und es trug einen stark religiösen Akzent: Am Abend des Pfingstmontags läuteten alle Wormser Glocken das Fest ein, das (einzige) Geschütz der Stadt schoss Salut, und auf dem Turm der »Hauptkirche«, das heißt der lutherischen Dreifaltigkeitskirche, spielten Bläser geistliche Danklieder. Sie ertönten auch am Morgen des Pfingstdienstags, der ja der eigentliche Gedenktag war. Auf dem Rathaus versammelte sich »der Magistrat mit allen Beamten, auf beiden seiten von der bürgerl[ichen] Reuterkompagnie begleitet, und die ganze Bürgerschaft unter Voraustretung der lateinischen Schuljugend« 3. Sie alle formierten sich zu einem Festzug, der »unter Paradirung der Fischergrenadierkompagnie und des Kreiskontigents« zur Dreifaltigkeitskirche zog, wo der Festgottesdienst stattfand – eine Demonstration der Eintracht zwischen allen Teilen der Bürgerschaft, freilich auch ein Symptom für die Dominanz der Lutheraner. Der Stadtpfarrer hielt die »Hauptpredigt«, Kirchenmusik und Choräle erklangen und als Schlusschoral sang man das »Herr Gott Dich loben wir«. Nach erneutem Geläut und Böllerschüssen begann der »Rückzug« fast der ganzen Prozession aus der Kirche und mit der Verteilung von Weißbrot an die Jugend endete dann die morgendliche Feier. Nachmittags gab es erneut Predigten, Kirchenmusik und Betstunden. Schon am Morgen hatte auch in der reformierten Friedrichskirche ein Festgottesdienst stattgefunden, am Nachmittag eine Festpredigt. So war das Wormser Gedenken an 1689 ganz ähnlich verlaufen wie jenes in Speyer, wo man ebenfalls am 3. Juni 1789 ein »Denk- und Dankfest« beging4. Aber: Während dort die Protestanten gemeinsam Gottesdienst feierten, gingen in Worms Lutheraner und Reformierte selbst bei diesem Fest auf Distanz voneinander. Die Sonderstellung des Fürstbischofs Friedrich Karl J. von Erthal (zugleich Erzbischof und Kurfürst von Mainz) bewirkte zudem, dass die Wormser Katholiken im Dom eine eigene Feier abhielten, während sich die katholischen Speyerer an den allgemeinen Festivitäten beteiligt hatten. In Worms hielt Domprediger Philipp Platz eine »Dankrede« 5, pries darin zunächst Erthal als den »weisesten Obersten Hirten«, deutete dann aber das 1689 eingetretene Unglück der

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Wormser als Folge ihres Fehlverhaltens. Er warnte seine Mitbürger vor allzu großem Stolz auf den Wiederaufbau, vor Sittenverfall und Feindschaften, vor Ungehorsam gegenüber der Obrigkeit und mahnte zur Eintracht, die ohnehin Christenpflicht sei, vor allem aber den Untergang eines Gemeinwesens verhindere. Andere Akzente setzte der reformierte Pfarrer Philipp Lorenz Endemann in seiner Festpredigt6; er bestritt entschieden, dass es 1689 in Worms ein Strafgericht Gottes gegeben habe, denn als Aufklärer hatte er ein menschenfreundliches Gottesbild. Mittwochs nachmittags nach Pfingsten gab es im Lutherischen Gymnasium einen weiteren Festakt, bei dem jedoch Divergenzen zu Tage traten: Zunächst trug der orthodox-lutherische Rektor Georg Peter Herwig eine Chronologie der »schaudervollen Begebnisse von 1689« vor, ging dabei aber (wie Platz und Endemann) mit den Franzosen glimpflich um, auch wenn er sie »Mordbrenner« nannte7. Dann sprach Georg Wilhelm Böhmer, Herwigs Stellvertreter und erbitterter Feind. Böhmer war im Jahr zuvor, Anfang 1788, mit Protektion des Dreizehners Johann Daniel Knode aus Göttingen an das Wormser Gymnasium berufen worden und dort zum Professor und Konrektor aufgestiegen 8. Schon das hatte viele Wormser empört, noch mehr aber Böhmers Bestreben, dem Gymnasium den Stempel der »Aufklärung« aufzudrücken, etwa indem er Schüler über Toleranz, autonomes Denken und Vernunft schreiben ließ. »Aufklärerisch« waren daher auch etliche Passagen seiner Rede vom 3. Juni 17899. Entschieden lehnte er die These von einem »Strafgericht« 1689 ab, schilderte dann, wie sich seitdem ein »zweites Worms wie ein Phönix aus der Asche des alten hervor« erhoben habe. Den französischen »Mordbrennern« von 1689 müsse man schon als Christ verzeihen, erst recht aber in einem Zeitalter, »wo edle Menschlichkeit sich immer mehr zu verbreiten« beginne. Zudem solle sich jeder selbst prüfen, ob seine Handlungen stets »alle Forderungen der Vernunft und der Religion« erfüllten – eine Maxime, die für einen Aufklärer geradezu typisch war. Wir wissen nicht, wie die »Hochansehnliche Versammlung« auf Böhmers Rede reagierte; wohl kaum sehr begeistert, denn Böhmer stand 1789 im Kreuzfeuer heftigster Kritik. Hatte doch die (Zunft)Bürgerschaft im Mai – also kurz vor dem Gedenkfest – bei Kaiser Joseph II. eine große Klageschrift gegen Böhmer eingereicht und ihm darin »freigeisterische Gesinnungen, unverdaute Aufklärungsgrillen und höhnische Verachtung allen Glaubens« vorgeworfen10. Der Jugend lehre er eine Religion, »die weder katholisch noch lutherisch, noch reformirt, sondern ganz Böhmerisch« sei. Das alles könne der Professor nur, weil der Dreizehner Knode ihn protegiere; deshalb verlangten sie neben dessen Suspendierung, auch die Knodes, den sie zudem der Ämterhäufung bezichtigten. Doch es blieb nicht bei der Attacke auf den bei der Wormser Zunftbürgerschaft so verhassten Aufklärer. Denn gerade 1789 wurden die Risse und Gegensätze in der Reichsstadt besonders deutlich, weil jetzt jene Protestbewegung gegen die Dreizehner kulminierte, die etwa 1786 begonnen und in öffentlichen Blättern das »Oligarchengift« und den »Oligarchendruck« in Worms attackiert hatte11. Amtsanmaßung, Vetternwirtschaft, Protektion und Veruntreuung städtischer Finanzen waren die häufigsten Beschwerden gegen die Dreizehner, vor allem von jenen Zünften vorgebracht, die nicht oder nur spärlich im Magistrat vertreten waren. Das hätte dem Reichshofrat in Wien zu denken geben müssen, doch er stellte sich im Mai und Juli 1789 ganz auf die Seite der Wormser Oligarchen.

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Abb. 35: Porträt von Georg Wilhelm Böhmer (1761–1839, Stadtarchiv Mainz, Bild- und Plansammlung V B 63a)

Kein Wunder wenn unbotmäßige, als »rebellisch« eingestufte Ratsmitglieder wie Christoph Clausius, Tobias Kreutzer oder Georg Christoph Scherer Zulauf fanden. Kein Wunder auch, wenn der von den Dreizehnern schon 1787 festgestellte »Geist der Unruhe und der Aufwiegelung« 12 fortbestand und die Metzger im Herbst 1789 eine Schrift herausbrachten mit dem Untertitel: »Was war im Jahr 1789 die Freiheit der Bürger der uralten freien Reichsstadt Worms?« Die provozierende Frage entsprach ganz den seit 1785/86 in Wien eingereichten Klagen der Wormser Bürgerschaft, war aber wohl auch eine Fernwirkung der gerade ausgebrochenen Französischen Revolution. Von ihr erfuhren die Wormser natürlich zuerst durch das »Wormsische Zeitungs- und Intelligenzmanual«, das zweimal wöchentlich (mittwochs und samstags) bei Johann Daniel Kranzbühler herauskam, in einer Auflage von etwa 300 Stück13. Nur auf den ersten Blick erscheint das niedrig, doch damals hatte jede Zeitung mehrere Leser, und in den Wirtshäusern oder auf Plätzen wurden sie oft noch vorgelesen. So dürften bis etwa 1 000 Wormser aus dem »Zeitungsmanual« erfahren haben, was sich seit Frühjahr 1789 in Paris und den französischen Provinzen zutrug 14. Der erste Eindruck war sicher negativ, denn am 9. Mai bringt das Blatt eine Meldung über Revolten in der Hauptstadt und anderen Städten mit der abschließenden Wertung:

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Freilich wird das Wort Freyheit allgemein mit einer hinreissenden Begeisterung ausgesprochen, allein die niedrige Volksklasse giebt dem wahren Sinne desselben eine widrige Deutung und glaubt sich unter diesem Vorwande zu allen Gewaltthätigkeiten der Selbstrache berechtigt15. Am 16. Mai berichtet es über die »Eröffnung des Reichstages zu Versailles, das heißt das Zusammentreten der Etats Généraux« und betont die große Begeisterung für die »Allianz« der drei Stände; danach bleibt die »Haltung der Ständeversammlung« ein häufiges Thema, und da schon Anfang Juni »die Umstände kritisch werden, so erwartet man mit grosser Sehnsucht die Folge der Conferenzen« (Mitte Juni). Meist binnen einer Woche erfahren die Wormser von den dramatischen Ereignissen in Versailles und Paris, von der Entlassung und Rückberufung Neckers oder einem drohenden Bürgerkrieg (allein fünf Spalten). Von der Erstürmung der Bastille am 14. Juli berichtet das Blatt am 26. Juli, also nur vier Tage nach der »Privilegierten Mainzer Zeitung«, die das spektakuläre Ereignis als erste deutsche Zeitung gemeldet hatte16. Auch die unterschiedlich definierten Menschenrechte werden den Wormser Zeitungslesern mitgeteilt, noch bevor die Nationalversammlung am 26. August die »Déclaration des Droits de l’homme et du citoyen« beschließt17. Meistens jedoch schaute die Zeitung kritisch-abwertend auf Frankreich, zumal dann, wenn es dort zu Aktionen kam, die dem Ordnungs- und Ruhebedürfnis vieler Deutscher nicht entsprach, wie etwa der Zug der »Pariser Fischweiber« nach Versailles, die den König und die Nationalversammlung zum Umzug in die Hauptstadt zwangen. Auch tritt im folgenden Jahr 1790 die Arbeit der »Constituante« in Paris hinter den ebenfalls 1789 ausgebrochenen, freilich sehr verschiedenen Revolutionen in den österreichischen Niederlanden und im Fürstbistum Lüttich zurück. Die Wormser »Literati« konnten sich in der 1788 gegründeten Lesegesellschaft noch umfassender über die französische »Staatsumwälzung« informieren18. Denn dort lagen fast alle wichtigen deutschen Journale aus, die 1789/90 durchweg noch mit Sympathie über den Sturz des französischen Absolutismus und die neue Staatsform berichteten, in der Aufklärungsphilosophie in praktische Politik bzw. kodifiziertes Recht umgesetzt werden sollte. Die (in Worms ja bekannte19) »Deutsche Chronik« von Schubart oder Wielands »Teutscher Merkur« bejahten die Revolution zumindest im Ansatz. Die Sammlung von Flugschriften, die sich der Dreizehner Johann Daniel Knode anlegte20, zeigt, dass auch nach Worms Propaganda von Straßburg oder Landau eingeschleust wurde, wie etwa Condorcets Aufruf an die Nachbarn Frankreichs, dem französischen »Beispiele der Freyheitsliebe« zu folgen und ihre »Tyrannen« zu stürzen21. Anfang September 1790 kam es dann in Mainz zu einem großen Aufruhr, bei dem französische Revolutionssymbole verwendet wurden. In Nachbarterritorien wie dem Fürstbistum Speyer, der Kurpfalz oder der Grafschaft Leiningen »gärte« es, und in Worms selbst gab es – schon angesichts der ungelösten Konflikte zwischen Bürgerschaft und Magistrat – Ende 1790 durchaus Sympathien für die Französische Revolution. So begann der Rückblick der Wormser Zeitung auf das zweite Revolutionsjahr mit einer überraschend positiven Wertung: Mit fröhlichem Jubel schauen wir dem abgeschiedenen Jahre nach. Wenige waren fruchtbarer an Segen für uns, unsere Zeitgenossen und Nachkommen […] Frankreich feierte das Bundesfest seiner wiedererrungenen Freiheit, Feinde drohten ihm von innen und aussen, aber mit wenigem Bürgerblute wurde Freiheit und neu beginnender Wohlstand behauptet. Die Constitution der Franken gewann täglich mehr Festigkeit,

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näherte sich immer mehr dem Ziele beispielloser Vollkommenheit […] 22. Ein großes, vor allem aber: öffentliches Lob der Revolution, das die Reichsstadt als Hort der »Ideen von 1789« erscheinen ließ. Doch schon bald stand ihr Name für die Gegenrevolution.

»Das tote Worms – ein zweites Paris?« Denn just 1791 wurde Worms – neben Koblenz – zum wichtigsten Zentrum der französischen Emigration in Deutschland23. Von hier aus wollten die seit Sommer 1789 aus Frankreich geflohenen Adligen, voran die Verwandten des Königs, in ihrer Heimat das Rad der Geschichte zurückdrehen, wobei sie auf eine militärische Invasion von außen setzten. »Rassemblements« gegenrevolutionärer Truppen in Grenznähe empfand man in Paris natürlich als Bedrohung und so geriet Worms wie »Coblence« in den Ruf eines »foyer de la Contrerévolution« 24. Die Anwesenheit hochadliger Franzosen brachte zwar Leben, »Stil« und Geld in die stille Reichsstadt, verschaffte ihr internationale Aufmerksamkeit, doch war sie dadurch von einem Gegenschlag des revolutionären Frankreich bedroht. Dass sich in Worms Emigranten niederließen, ging auf die Initiative eines Bourbonen, Louis Joseph Prince de Condé, zurück und wurde von Fürstbischof Erthal nur allzu gern aufgegriffen. Anfang Februar 1791 ließ Condé, der seinen Aufenthalt von Turin nach Stuttgart verlegt hatte, in Mainz anfragen, ob er für einige Zeit das Wormser Bischofspalais beziehen dürfe25. Erthal konnte und wollte die Bitte nicht abschlagen, gab sie ihm doch die Chance, sich außenpolitisch als Protektor der Gegenrevolution profilieren zu können. Er zeigte sich »sehr befriedigt« über die Anfrage, weil ihm »nichts angenehmer sein« könne, als Condé in seiner Nähe zu haben und ihm sein – bescheidenes – Haus in Worms zur Verfügung zu stellen. Condé willigte sofort ein, was Erthal mit Stolz erfüllte; nur war es ihm peinlich, dass der Wormser Magistrat sich inzwischen eingeschaltet, den Prinzen zwar willkommen geheißen, zugleich aber auf die Wahrung der reichsstädtischen Rechte – voran bei der Bewachung des Schlosses – gepocht hatte. Mochte Erthal »unter Aristokraten« darin einen »tollen Streich bürgerlicher Anmaßung« sehen, so war die Haltung des Magistrats für eine Reichsstadt doch selbstverständlich. Allerdings stand dahinter auch schon die Furcht, man könnte wegen der Emigranten einen Angriff, etwa aus dem nur 50 km entfernten französischen Landau provozieren. Und so ganz wohl scheint es den Stadtvätern auch nicht gewesen zu sein, wenn sie an die Folgen der Anwesenheit so vieler »Standespersonen« für das Leben in Worms dachten … Gleichwohl konnte Condés Bote dem Prinzen berichten, »dass Eure Hoheit von der ganzen Bürgerschaft ebenso wie von dem Rate mit Ungeduld erwartet werden«. So war der Empfang für Condé, seine Familie und seinen »Hofstaat« von etwa 40 Personen sehr freundlich, als sie am 23. Februar 1791 in Worms eintrafen 26. In aller Eile hatte Fürstbischof Erthal das Schloss, in dem bisher das Wormser Generalvikariat amtierte, herrichten und neu ausstatten lassen. Dennoch waren die Gäste Besseres gewohnt, denn Condés Enkel, der damals 19-jährige Duc d’Enghien, monierte gleich, dass le palais de Worms alt, schlecht möbliert und schlecht aufgeteilt, als provisorisches Quartier aber ausreichend

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sei27. Worms selbst hatte ihm schon früher keinen guten Eindruck gemacht, erschien ihm »als kleine Stadt, schlecht gebaut und nur gering bevölkert«; ein anderer Emigrant sprach von einer »schmutzigen Stadt«28. Als Condé den älteren Bruder des Königs in Worms unterbringen wollte, nahm er letztlich wegen der »Kleinheit der Häuser und Herbergen« davon Abstand. Ein Aufenthalt im nahen Mannheim, das so viel größer, lebhafter und prunkvoller war, wäre allen Emigranten lieber gewesen. Doch duldete die Kurpfalz auf Grund ihrer auch nach der Revolution noch immer pro-französischen Politik keinen längeren Aufenthalt von Emigranten. Während sich Condé und seine Begleiter in Worms – im Vergleich zu den Königsbrüdern in Koblenz – »abgeschoben« fühlten, war die Bürgerschaft zunächst stolz und erfreut, »Prinzen von Geblüt« und andere, weltläufige »Gentilshommes« zu beherbergen. Sofern er nicht nach Mainz oder Koblenz reiste, empfing Condé im Schloss fast täglich in- und ausländische Besucher, gab Essen im Saal oder Schlosspark, machte Ausritte – etwa nach »Zörnsheim« [gemeint ist Herrnsheim!] zur maison d’Ahlberg ou il y a un très joli jardin anglais; oder er promenierte auf den Hauptstraßen der Stadt, hörte die Messe im Dom, wo den Gästen eigene Bänke reserviert waren oder er dinierte beim »Grand Doyen«, dem Dompropst zum Rhein. Condés Gefolge sowie ein Teil der nachkommenden Flüchtlinge scheint sich weniger »nobel« benommen zu haben, denn sie hatten es offenbar sehr auf Frauen abgesehen, was wohl auch zu vermehrter Prostitution führte. So erinnerte der Magistrat schon im März 1791 die Wirte an ihre Meldepflicht, weil »bey dem dermaligen Aufenthalt fremder Herrschaften sich allerley unbekannte Personen auch wohl gar verdächtiges Gesindel ohnvermerkt einschleichen« 29. Doch die Wormser verdienten auch gut an den noch immer recht reichen Gästen, allen voran Wirte, Goldschmiede und Schneider, nicht zuletzt die Eisen- und Waffenhändler. Zudem war die Stadt von einer bislang unbekannten Weltläufigkeit und Betriebsamkeit erfüllt. So spöttelte die Mainzer Zeitung sechs Wochen nach dem Eintreffen Condés: »Das sonst tote Worms wird durch die Anwesenheit der vielen vornehmen französischen Emigranten ein anderes Paris«30. Außer Condé und seiner Familie seien schon 40 adlige Flüchtlinge in der Stadt, »und kommen täglich noch welche an, alle mit eigen Wägen und Pferden. Es sind größtentheils Offiziers, gehen alle in Uniform, mit ganz weisen Kokarden«. Condé wohne im Schloss, die übrigen in Gast- und Privathäusern. »Alle Nachmittag ist Cour bei dem Prinzen, der durch sein leutseeliges und geistvolles Wesen jedermann einnimmt«. Auch in Heidelberg seien jetzt Emigranten. »Welche wunderbare Lenkung des Schicksals, daß die Enkel Ludwigs XIV., dessen Heere 1689 Worms und Heidelberg verwüstet, verheeret und ihre Einwohner zu Grunde gerichtet haben, nach 100 Jahren wieder dahin kommen müssen, um wieder zurückzubringen, was jene weggetragen haben.« Aber schon bald wurden neben den Chancen, die Condés Aufenthalt den Wormsern bot, die Risiken deutlich. Nicht nur, dass die immer zahlreicheren Emigranten (an Pfingsten 1791 sollen es 400, im Herbst 2 000 gewesen sein) zur Verknappung von Wohnraum und zur Verteuerung vieler Waren führte. Ihr oft arrogantes Auftreten schien auch alles zu bestätigen, was die einsickernde Revolutionspropaganda über die Aristokraten verbreitete. Vor allem aber: Die massive Werbung und Aufstellung von Truppen durch die Emigranten in und um Worms schien der eigentliche Zweck von Condés »Asyl« im Bi-

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schofsschloss zu sein. So kursierte in Frankreich schon bald eine Karikatur mit dem bissigen Titel »Grande Armée du Prince de Condé« (Tafel 11a31). Sie zeigt den Heerführer im »Boudoir du château de Worms«, wo er – vor dem Bild der 1689 von den Franzosen zerstörten Stadt – Pfeife raucht, in deren Qualm seine luftigen Projekte einer Gegenrevolution auftauchen. Vor ihm packt seine Tochter Zinnsoldaten aus, die sein Enkel, der Herzog von Enghien, aufstellt, während im Hintergrund ein Arzt und ein Apotheker herbeieilen, um den »Grand-Contre-Revolutionnaire« Condé von seiner Tollwut zu kurieren; und vorne rechts uriniert ein Hund (der dem radikalen »Père Duchesne« gehört) so stark auf die Zinnsoldaten, dass ein Teil der »Grande Armée« umfällt. Die Karikatur erweckt den Eindruck, als habe man sich in Frankreich über die militärischen rassemblements eines Condé und anderer Emigranten belustigt. Doch die offenkundige Vorbreitung einer Militärintervention führte in der Nationalversammlung zu immer schärferen Warnungen an die »Rebellen« in Koblenz und Worms sowie zu Demarchen an den Höfen von Trier, Mainz, Berlin und Wien. Während Condé solche Pariser Beschlüsse abtat, rieten die preußischen und kaiserlichen Diplomaten Erthal immer wieder zu größerer Zurückhaltung, doch empfing der Kurfürst noch zu Pfingsten Condé und Artois in Mainz mit allem höfischen Prunk. Und in Worms taten die Emigranten alles, um als unbeugsame Kämpfer für Königtum und Christentum, als Teilnehmer des wichtigsten aller Kreuzzüge, gegen die hommes pervers de la Révolution 32 zu erscheinen. Bei jeder für sie positiven Nachricht aus Frankreich – etwa über die Flucht des Königs im Juni 1791 – brachen sie in Jubel oder gar in ein délire de bonheur 33 aus. Als die Flucht schließlich scheiterte, stürzten sie in Verzweiflung, ebenso wenn Ludwig XVI. den Revolutionären wieder einmal Zugeständnisse machen musste, wie etwa bei der Annahme der französischen Verfassung im September 1791. Das Misstrauen gegenüber den Wormsern wuchs, weil sie unter diesen Spione, Attentäter, vor allem aber Sympathisanten der Revolution vermuteten. Schon im April kritisierten sie die ungehinderte Ausbreitung von revolutionären Schriften, im Mai ängstigte sie ein plötzlicher Volksauflauf vor dem Schloss und Sympathiebekundungen der Bürger für Fürst Friedrich von Salm, der sich in Paris auf die Seite der Revolution gestellt hatte und nun seinen Bruder Moritz in Worms besuchte 34. Am meisten aber hatten die Emigranten in Worms Angst vor einer Militäraktion aus der nahen Festung Landau, zumal Condé ein Pariser Befehl in die Hände fiel, sich seiner Person im Handstreich zu bemächtigen. Allerdings scheint die Wormser Bürgerschaft eine solche Aktion ebenfalls gefürchtet zu haben und wandte sich deshalb an Erthal, damit er Condé zur Beendigung seines Aufenthaltes in Worms dränge. Das tat der Kurfürst auch, denn schon seit Sommer hatte er in seiner Emigrantenpolitik eine Kehrtwende vollzogen und zeigte sich nun besorgt, als deutscher Reichsstand in die innerfranzösischen Konflikte hineingezogen zu werden. Erthals neue Linie war natürlich die Folge stärkeren Drucks aus Wien und Berlin, aber auch aus Paris, wo die Nationalversammlung Anfang November die Emigranten als Verschwörer und Verräter mit der Todesstrafe bedrohte und all ihren ausländischen Unterstützern mit Vergeltung. Immer massiver drängte Erthal den einst so hofierten Condé zur Abreise, wenn auch in gewundenen Worten, mit stetem Hinweis auf die Verantwortung für seine wormsischen Untertanen, ja sogar auf das Schicksal der Wormser Bürgerschaft.

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Die war ihrerseits in großer Unruhe, doch kippte die Stimmung noch einmal, als sich am 24. November 1791 das Gerücht verbreitete, Ludwig XVI. sei nun doch die Flucht – nach Belgien – gelungen. Condé erfuhr davon in Koblenz, wo er mit prominenten Emigranten konferierte und überließ sich mit ihnen dem »größten Freudentaumel« 35. Nicht anders in Worms: Alle Emigranten strömten ins Freie, ließen König und Königin hochleben, manche sattelten schon ihre Pferde, kauften sich neue Waffen oder ließen ihre Degen schleifen; wieder andere gaben Champagner aus und forderten die Wormser auf mitzufeiern. Diese, so berichtet ein königstreuer Offizier, hätten durchaus die Freude der Franzosen geteilt, allerdings nicht ganz deren délire royaliste 36 begriffen. Doch der Wahn dauerte keine 24 Stunden, denn schon am nächsten Tag stellte sich die Nachricht als Fälschung (der Pariser Jakobiner ?) heraus. Es hatte gar keine Flucht des Königs gegeben, denn Ludwig XVI. war im November 1791 mehr denn je von der Legislative abhängig. In Koblenz weinte Condé vor Enttäuschung und in Worms machte sich unter den Emigranten lähmendes Entsetzen breit. Es schlug in Empörung um, als man Anfang Dezember im Schloss einen verkappten Revolutionär entdeckte, der Condé für eine große Geldsumme ermorden sollte 37. Zur gleichen Zeit drängte der Magistrat Condé zur Abreise, weil er Hinweise auf eine Racheaktion der Franzosen habe. Diesen Vorstoß machte sich Erthal Ende des Jahres zunutze, indem er behauptete, Condé nicht mehr mitten in der Reichsstadt beherbergen zu können, da der Magistrat »und die Neigungen des Volkes« nicht mehr günstig seien; bot aber rechts des Rheins, an der kurmainzischen Bergstraße, Asyl an38. Condé lehnte dankend ab und meinte ironisch, es sei ja wohl Erthals »Herzenswunsch«, dass er Worms verlasse. Zum Magistrat aber meinte er trotzig: »… Man wünscht unsere Entfernung. Das widerspricht allen Versprechungen. Doch je eher wir gehen, desto mehr beweisen wir, dass es an uns ist, uns über ein solches Verhalten durch Mut und Entschlusskraft hinwegzusetzen«39. Markige Worte, doch hatte Condé schon längst sondiert, wo er eine stabilere Basis für seine militärische Gegenrevolution finden konnte: in Ettenheim, gegenüber der Residenz des rechtsrheinisch noch amtierenden Straßburger Fürstbischofs Louis-René de Rohan. Am 29. Dezember begannen Condés Soldaten und Hofstaat von Worms aufzubrechen, setzten dies am 30. und 31. sowie am Neujahrstag fort. Seit dem 2. Januar 1792 war Worms wieder ohne französische Emigranten – doch das Image eines foyer de la Contrerévolution blieb an der Reichsstadt haften und hatte im Herbst 1792 fatale Konsequenzen.

Die alte und die neue Freiheit – Worms 1792/93 Die nach der französischen Kriegserklärung (20. April) von Österreich und Preußen Ende Juli 1792 begonnene »Campagne in Frankreich« wurde keine promenade à Paris, wie die Emigranten behaupteten, sondern blieb im Schlamm der Champagne stecken. Ludwig XVI. wurde nicht gerettet, sondern am 10. August gestürzt. Während die Truppen der Revolution die der Fürsten am 20. September bei Valmy zur Umkehr zwangen, wurde in Paris die Republik ausgerufen. Wenig später startete der Stadtkommandant von Landau,

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General Custine, eine Offensive in Richtung Mainz: Am 30. September überrannten seine Soldaten eine schwache deutsche Abwehrstellung bei Speyer, besetzten die Reichsstadt und marschierten auf Worms zu. Hals über Kopf flohen Adlige, hohe Geistliche und die Dreizehner. Die Bürgerschaft blieb in banger Erwartung, natürlich in Erinnerung an 1689, zurück. Schon am nächsten Tag, dem 4. Oktober, besetzten die Franzosen Worms. Die Besetzung verlief glimpflich, und dennoch waren die Wormser geschockt: Weil sie den Emigranten Unterschlupf gewährt hatten, sollten sie – gestaffelt nach Klerus, Bürgerschaft und Rat – eine Zwangssteuer (»Brandschatzung«) in Höhe von 120 000 Livres zahlen; durch Geiselnahme und Drohungen, die Stadt zu plündern, unterstrichen die »Neufranken« ihre Absichten 40. Die sehr hohe Summe hätte Worms ruiniert, den Wiederaufbau seit 1689 zunichte gemacht. Durch unterwürfige Bittschriften bemühte man sich um eine Minderung der Kontribution. Dass sie schließlich halbiert wurde, hatte Worms dann aber dem ungeliebten Böhmer zu verdanken. Er hatte sich gerade im September wieder mit der lutherischen Geistlichkeit wegen Auswüchsen in der Taufliturgie angelegt 41 und war kurz darauf, am 3. Oktober, Sekretär Custines geworden. Unterdessen stand Worms ganz im Bann des »Kriegstheaters«: Schon drei Tage nach ihrem Einmarsch zogen die Franzosen am 7. Oktober wieder ab, kehrten jedoch bereits zehn Tage später erneut zurück. Am 19. Oktober schlossen sie Mainz ein, tags darauf kapitulierte die völlig unterbesetzte Festung kampflos. Mit ihrem Einmarsch am 21. Oktober 1792 begann jedoch nicht nur die dritte französische Okkupation der Stadt, sondern auch die zwar kurze, aber damals wie heute politisch sehr brisante »Mainzer Republik« 42. Ihr Verlauf war auch in Worms immer wieder von Gegensätzen geprägt: zwischen Eroberung und Befreiung, nationalem Interesse und revolutionärem Universalismus; zwischen Selbst- und Fremdbestimmung, demokratischem Programm und »Despotismus der Freiheit«; zwischen Anpassung und Widerstand, von bloßem Beharren und der Entwicklung von Alternativen. All das erhielt hier noch einen besonderen Akzent durch die besonderen Verhältnisse einer Reichsstadt. In Worms dauerte die Mainzer Republik von Oktober 1792 bis April 1793. In diesen sechs Monaten war die Stadt nicht nur okkupiert, sondern auch revolutioniert. Denn mit der Eroberung verband Frankreich 1792 die »Befreiung« der Nachbarn; seine Soldaten nannten sich »Freiheitsapostel« und hatten auch einen politischen Auftrag, den sie in Worms schon am 4. Oktober erkennen ließen: Die Franzosen kamen in die Stadt, nannten uns Brüder und behandelten uns als solche 43. Eine ganz neue, ideologisch motivierte Kriegsführung war das: Völlig von ihrer eigenen Staatsform überzeugt, warben die Franzosen in all ihren Besatzungsgebieten für »Freiheit und Gleichheit«, wollten aber zugleich das von ihnen formulierte Selbstbestimmungsrecht der Völker anwenden. So forderte Custine die Mainzer und ihre Nachbarn schon am 23. Oktober 1792 auf, sich für die revolutionäre Demokratie zu entscheiden, machte jedoch zur Voraussetzung, dass dies freiwillig geschehe: »Euer eigener, ungezwungener Wille soll Euer Schicksal entscheiden« 44. Selbst dann, wenn die Mainzer und ihre Nachbarn einen »Despoten« zurückhaben wollten, werde Frankreich das respektieren. Dieses »liberale« Befreiungsangebot war dann auch in Worms bis Ende 1792 Leitlinie der Besatzungsmacht – und ihrer einheimischen Anhänger.

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Denn nicht nur Böhmer schlug sich auf die Seite der siegreichen Revolution, sondern auch eine Minderheit von Wormsern. Es waren viele von denen, die schon seit Jahren die alte Ordnung der bestehenden Dinge 45 bekämpften, sie reformieren oder ganz abschaffen wollten. Aus Kritikern wurden »Revolutionäre«, die allerdings friedlich vorgehen wollten. Ihre Vorbilder waren jene Mainzer, die sich (auf Initiative Böhmers!) bereits zwei Tage nach dem Einzug der Franzosen zu einer »Gesellschaft der Freunde der Freiheit und Gleichheit«, einem Jakobinerklub, zusammengeschlossen hatten. Anfangs waren es nur 20, inzwischen aber mehrere hundert Mainzer aus allen Ständen, die sogleich eine rege Propaganda für die Annahme der »fränkischen Konstitution« (die französische Verfassung von 1791) und den Anschluss an die Republik entfalteten. In Worms herrschte indes noch immer der »Contributionsschrecken« und ein zähes Ringen um Verminderung und Verteilung der Brandschatzung. Die noch amtierende Stadtspitze wandte sich unterwürfig an den elsässischen Abgeordneten in Paris, Rühl, einst Anwalt in Worms, um Erleichterung zu erlangen46. Da riefen am 7. November mehrere Wormser »Freunde der Freiheit und Gleichheit« zur Gründung einer »ConstitutionsGesellschaft« auf, die eine den »Local-Umständen angemessene«, auf den demokratischen Prinzipien beruhende Wormser Verfassung ausarbeiten sollte 47.

Abb. 36: Aufruf zur Gründung des Wormser Jakobinerklubs (StadtA Wo Abt. 2 Nr. 28/111)

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Demonstrativ fügten sie die Erlaubnis Custines an, sich als Gesellschaft »mit dem eigenen Wohl des Landes zu beschäftigen«. Am 12. November 1792 wurde von einem guten Dutzend Wormsern die »Konstitutionsgesellschaft« eröffnet 48 – wie in Mainz im prächtigsten Saal des Schlosses, um das einstige Zentrum der Gegenrevolution symbolisch in Besitz zu nehmen, den Sieg der Demokraten über die »Despoten« augenfällig zu machen. Die erste Versammlung wurde zwar von dem aus Speyer herbeigeeilten Böhmer geleitet, doch waren die Wormser »Freunde der Freiheit und Gleichheit« alsbald sehr selbstständig: So wählten sie auch nicht den umstrittenen Professor, sondern den in der Stadt allseits gut gelittenen Kaufmann Friedrich Henninger zum Präsidenten. Zuvor hatten sie sich durch einen Schwur und die Unterschrift im »Buch der Freiheit« verpflichtet, für »die Wiederherstellung der unterdrückten Rechte der Menschheit zu kämpfen«. Dass dies in Worms nicht einfach sein würde, zeigte sich schon bei der ersten öffentlichen Aktion des Klubs: Als die Jakobiner nämlich am Abend des 14. November vor dem Schloss einen »Freiheitsbaum« – das an Kerbebäume erinnernde, volkstümliche Symbol für Menschenrechte und Demokratie – aufstellten, waren sie fast unter sich. Noch deutlicher kam die Skepsis gegenüber den revolutionären Ideen in den Antworten zum Ausdruck, die der Klub auf seine schon am 14. November an die Zünfte gerichtete Anfrage erhielt, ob die Wormser nicht wie die Franzosen frei sein wollten49. Höflich aber entschieden lehnten engerer und wechselnder Rat sowie die große Mehrheit der Zünfte in seltener Einmütigkeit die »neue Freiheit« ab, weil sie ihre alte behalten wollten: Freimütig erklärten die Zunftbürger, daß sie bereits unter einer republikanischen Verfassung lebten, die, sobald die eingeschlichenen Mißbräuche behoben seien, sich ohnehin auf das von der französischen Nation selbst als Hauptgrundsatz angenommenen System der Menschheit gründe 50. Wie die Speyerer und Frankfurter bekundeten die Wormser Bürger damit einen reichsstädtischen Republikanismus, der sich auf alte, der ständischen Gliederung entsprechenden »Libertäten« stützte und den voneinander abgegrenzten Rechtssphären entsprach. Dagegen propagierten auch die Wormser Jakobiner einen Demokratismus, der auf der Freiheit des Einzelnen, nicht von Gruppen oder Ständen, beruhte. Dieser Gegensatz zwischen traditionalem und modernem Freiheitsbegriff wurde noch verschärft durch die gerade in Worms so augenfällige Ungleichheit der verschiedenen Stände. So hieß es in einer Klubrede Ende November im Klub: »Die Gleichheit ist mit der Freiheit untrennbar verbunden«51, weil nur der gleichberechtigte Zugang zu allen Bürgerrechten wahre Freiheit ermögliche. Das aber hätte die privilegierte Position der Lutheraner zu Fall gebracht, weshalb sich die lutherische (Zunft-)Bürgerschaft auch vom Klub fernhielt. Dagegen waren darin jene Kräfte gut vertreten, die bisher politisch nicht hatten mitwirken können oder mit der bestehenden Obrigkeit in Konflikt gekommen waren. Dazu gehörten die mehrfach gemaßregelten Ratsherren Christoph Heinrich Clausius, Tobias Kreutzer und Georg Christoph Scherer. Vor allem aber waren es Katholiken und Reformierte, die in der streng lutherischen Reichsstadt bisher kein volles Bürgerrecht hatten; unter ihnen mehrere Stiftsherren und -beamte, Reformierte wie der Apotheker Scherer und Pfarrer Endemann, bald als prédicateur de la Liberté 52 tätig. Relativ hoch war auch der Anteil von gebildeten »Literati«, von denen die meisten der 1788 gehörenden Lesegesellschaft angehört hatten. Soziolo-

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gisch stellte die Struktur des etwa 50 Mitglieder zählenden Klubs die der Reichsstadt auf den Kopf. So kamen Ende 1792 in Worms Randgruppen zum Zuge, die bisher politisch nicht aktiv sein konnten. Verstärkt wurde dieser Trend noch, als Custine am 19. November neben einer für das gesamte Besatzungsgebiet zuständigen »Allgemeinen Administration« (mit zwei Wormser Mitgliedern) auch neue Stadtverwaltungen, so genannte »Munizipalitäten«, für Mainz, Worms, Speyer und Bingen ernannte, natürlich nach französischem Muster. »Maire« bzw. Bürgermeister von Worms wurde Konrad von Winkelmann, Kanonikus am Martinsstift, sein Stellvertreter Stephan von Lewer, bisher Syndikus am Andreasstift. Während Winkelmann als Gegner der Dreizehner und als kompromissbereiter Kleriker galt53, dürfte bei Lewer die juristische Qualifikation den Ausschlag gegeben haben. Custine setzte aber zugleich den alten Rat ab und ernannte (allerdings erst Mitte Dezember) sieben »Munizipalen«. Sogleich nach Amtsantritt trieb die Wormser Munizipalität die von Mainz ausgehende »Revolutionierung« weiter voran und pflanzte Freiheitsbäume in den Dörfern der Umgebung, wohl die erfolgreichste Aktionsform jakobinischer Propaganda54. Dabei musste sie aber peinlich darauf achten, nicht in kurpfälzische Orte (wie Pfeddersheim, Leiselheim, Ibersheim) zu gelangen. Denn trotz aller Polemik gegen die »Despoten« pflegte auch das revolutionäre Frankreich die traditionell guten Beziehungen zu Pfalz-Bayern, das sich seinerseits – als Gegner Österreichs – aus dem Revolutionskrieg heraushielt und für neutral erklärte. Deshalb standen an seinen Grenzen Schilder mit der Aufschrift »Pays neutre - neutrales Gebiet«55. Die im Grunde auf eine Weltrevolution angelegte französische Propaganda machte also an deutschen Territorialgrenzen Halt. Doch natürlich gelangten auch »neufränkische« Flugschriften und Ideen in die Kurpfalz, in der es ein großes Konfliktpotenzial gab, das für eine Revolutionierung günstig gewesen wäre. Konflikte anderer Art gab es in Worms: Zum einen die üblichen Spannungen zwischen »Occupants« und »Occupés«, verstärkt durch die noch ausstehende Kontributionszahlung. Zum anderen den Gegensatz zwischen »alter« und »neuer« Stadt. Denn die Munizipalität litt unter zwei Makeln: Sie war nicht gewählt, vor allem aber katholisch dominiert. Die große Mehrheit der lutherischen Zunftbürger empfand es als Skandal, dass zwei Katholiken ihre evangelische Stadt regierten, von der die Reformation ihren Ausgang genommen hatte. Dieser vorwiegend konfessionell bedingte Konflikt war auch der Hintergrund der stürmischen Klubsitzung vom 2. Dezember 56. Darin äußerten zwei Mitglieder, Posthalter Strauß und Handelsmann Mayer, Enttäuschung und Empörung darüber, dass Worms jetzt statt von dreizehn von zwei, noch dazu fremden »Tyrannen« beherrscht werde. Gemeint waren natürlich Maire Winkelmann und Gemeindeprokurator Lewer. Empört witterten beide Aufstand, Anarchie, Unruhe und griffen gegen die beiden »Rebellen« hart durch, mit Durchsuchungen, Verhören und Überwachung. Der Klub, zunächst in einer Krise, ging bald in die Offensive: Er forcierte seine Sammlung von Unterschriften im »Roten Buch«, das als »Buch des Lebens« biblische und freimaurerische Vorbilder hatte57. Der Erfolg war mäßig, obwohl der Klub seine Propaganda noch intensivierte, unterstützt von dem durch Böhmer in eine »Wormser National-Zeitung« umfunktionierte Wochen-

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blatt58. Selbst die eigens auf die Reichsstädte konzipierte Schrift Cottas »Auch die Wormser und Speyerer könnten es jetzt besser haben« änderte daran nichts. Denn die Zünfte, als Kern der lutherischen Wormser Bürgerschaft, waren weniger denn je bereit, die »neue Freiheit« zu akzeptieren – noch dazu unter einer katholischen Stadtspitze! Diese Verhärtung stand in Wechselwirkung mit der französischen »Befreiungs«-Politik, die im Dezember 1792 eine Wende um 180 Grad vollzog59: Besonders die Vorgänge im ebenfalls besetzten Belgien veranlassten Paris dazu, das anfangs proklamierte Selbstbestimmungsrecht aufzugeben. Denn es hatte – in Belgien wie am Rhein – keineswegs die Revolutionsanhänger begünstigt, sondern die gemäßigten oder gar konservativen Kräfte. Die Reaktion der Wormser Zünfte im November 1792 war nur ein Beispiel von vielen. So beschloss der Pariser Konvent am 15./17. Dezember, dass in den eroberten Ländern nur noch die französische Demokratie eingeführt werden dürfe. Anfang 1793 trafen in Mainz Kommissare aus Paris ein, um auf Grund dieses Gesetzes die »Zwangsbefreiung« am Rhein durchzuführen. Winkelmann und Lewer gingen daran, die auf den 24. Februar 1793 anberaumten Wahlen vorzubereiten60. Bezeichnend war, dass sie auf Weisung aus Mainz schon bald die Erfassung der Wahlberechtigten einstellten, weil (wie der französische Kommissar vorab meinte) ohnehin keine Mehrheit für »Freiheit und Gleichheit« zusammenkäme. Umso schärfer gingen die Jakobiner in der Verwaltung gegen alle »halsstärrigen« Wormser vor. Dagegen nahm der Klub sich jetzt etwas zurück, fühlte sich aber durch die »Widerspenstigkeit« von immer mehr Wormsern in der Überzeugung bestärkt, die neue Freiheit müsse notfalls auch mit Zwang und Gewalt eingeführt werden, denn er war in ihren Augen notwendig und unabwendbar. Darin sahen sie sich durch Vorgänge auf dem Land bestärkt, wo es – wie in Dirmstein oder Bechtheim – bisweilen eifrigere »Patrioten« als in der Stadt gab. Hier waren die Jakobiner letztlich eine Minderheit geblieben. Das zeigte sich sehr deutlich, als Worms am 24. Februar 1793 wählen sollte: die Mitglieder der Munizipalität sowie zwei Abgeordnete für die nach Mainz einberufene Verfassungsgebende Versammlung (»Rheinisch-Deutscher Nationalkonvent«). Wahlberechtigt waren etwa 1 500 Wormser, das heißt alle über 21 Jahre alten Männer, sofern sie nicht Diener oder Knechte waren. Ein sehr weitgefasstes Wahlrecht also, wie es selbst in Frankreich nur einmal, bei der Konventswahl vom September 1792, gegolten hatte und in Deutschland bis 1848 nicht wieder angewandt wurde. Auch das schriftliche Wahlverfahren und die geheime Abstimmung waren selbst für die Wormser grundlegend neu. Dass die Wahlen von 1793 dennoch nicht demokratisch waren, lag vor allem daran, dass jeder vor der Wahl einen Eid auf Volkssouveränität, Freiheit und Gleichheit schwören musste. Wähler und Gewählte waren also im Voraus auf eine einzige Staatsform festgelegt, obwohl darüber die Verfassungsgebende Versammlung in Mainz entscheiden sollte. Custines Angebot freier Selbstbestimmung galt nicht mehr, die Demokratie wurde gegen den Willen vieler eingeführt. Wer den Eid verweigerte, gewärtigte eine Behandlung nach dem Kriegsrecht. »Man zwang das Volk zur Freiheit«61 urteilte später ein deutscher Jakobiner. Außerdem kam dem Eid eine sehr hohe Verbindlichkeit zu, und wer wollte sich angesichts der unklaren Kriegslage – rechts des Rheins, im »Busch« standen schon die Preußen – auf eine ganz andere, noch dazu neue Staatsform festlegen.

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Entsprechend groß war der Widerstand, den Wahlkommissar Betz seit dem 22. Februar 1793 in Worms und Umgebung antraf: Von den fürstbischöflichen Orten konnten nur einige »munizipalisiert« werden62, die kurpfälzischen blieben ohnehin bloße Zuschauer der Revolution. Schwierig war es auch in der Reichsstadt selbst: Nicht nur die Dreizehner und die katholische Geistlichkeit (Winkelmann und einige andere Kleriker63 ausgenommen) verweigerten den Eid, sondern auch alle Zünfte und Beisassen sowie die große Judengemeinde erklärten, am 24. Februar weder wählen noch schwören zu können. Sie seien mit ihrer (eingesetzten) Munizipalität zufrieden und wollten in Mainz, ja, sogar in Paris gegen den Eidzwang vorstellig werden. Kommissar Betz und die zunehmend nervösere Munizipalität beharrten jedoch auf dem Wahltermin, der aber gerade deshalb zum Fiasko wurde: Eine Wormser Deputation war am Abend zuvor unverrichteter Dinge aus Mainz zurückgekehrt, und Betz hatte die eigens in der Nacht zusammengerufenen Zunftvertreter nicht umstimmen können64. So erschienen am 24. Februar nur 20 Wormser, wohl überzeugte Jakobiner, in den Wahllokalen Dom und Dreifaltigkeitskirche, doch eine Wahl kam nicht zu Stande. Tags darauf erklärten wieder alle Zünfte, die Juden und Beisassen, sie wollten gegenüber der Besatzungsmacht loyal sein, dafür aber mit dem Eid »verschont« werden65. Während man in Mainz jetzt ein schärferes Vorgehen forderte, riet die Wormser Munizipalität zu mehr Milde, weil die Verfolgung und Strenge gegen den großen Hauffen bey den meisten nur mehr Hartnäckigkeit und Verbitterung erzeugen und andere zu Heuchlern machen würde 66. Doch dieser »Weg der Güte«67, wie ihn die Kommissare in Speyer gingen, half nichts: Auch der zweite Wahltermin, der 4. März, verstrich ergebnislos. Nun kam der Pariser Kommissar Nicolas Haussmann nach Worms und drohte mit Deportation und Schanzarbeit, schließlich mit der Zerstörung der Stadt. Das wirkte – denn kein Wormser wollte ein zweites 1689. So kamen die Urversammlungen zu Stande, an der sich dann doch relativ viele Bürger beteiligten: Im ersten Wahlgang waren es 427 Männer, fast ein Drittel der Wahlberechtigten; in Mainz dagegen blieben 92 Prozent den Wahlurnen fern! Ein Erfolg für die Jakobiner war auch die Bestätigung Winkelmanns als Maire und die Wahl des bisherigen Ratsschreibers (und Klubmitglieds) Daniel Kremer zum Gemeindeprokurator. Als Wormser Deputierte in den Mainzer Konvent wurden der Advokat Ludwig Heisel und Karl Hartmann Schraut, Syndikus am Martinsstift, gewählt, dieser freilich erst am 23. März, nachdem Knode sein Mandat und Kommissar Betz eigene Ambitionen aufgegeben hatte68. Eine Woche zuvor, am 17. März, hatte Betz die neue Wormser Munizipalität in ihr Amt eingeführt; am gleichen Tag konstituierte sich in Mainz der »Rheinisch-Deutsche Nationalkonvent«. Er proklamierte schon am 18. März die Unabhängigkeit des »Gebietes zwischen Landau und Bingen« vom Reich, rief einen »Rheinisch-Deutschen Freistaat« aus und beschloss drei Tage später, am 21. März, dessen Vereinigung mit Frankreich. Diese Beschlüsse wurden ohne die Wormser Abgeordneten gefasst, doch kam zumindest Heisel noch rechtzeitig, um am 25. März die Bitte des Mainzer Konvents um »Réunion« mit der Republik zu unterzeichnen. Der Antrag wurde umgehend nach Paris gebracht, dort am 30. März dem Parlament vorgelegt und natürlich einstimmig angenommen69: Zusammen mit 83 anderen »befreiten« Gemeinden war Worms jetzt eine partie intégrante de la République.

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»Ein armer, öder Ort« Die Kriegsjahre 1793 –1797 An demselben Tag, an dem Worms auf dem Papier mit Frankreich vereinigt wurde, ging es in der Realität den Franzosen verloren. Bereits am 28./29. März hatten Preußen und Österreicher bei Bacharach und Mannheim den Rhein überschritten und die »Neufranken« nach Süden und Westen abgedrängt; nur Mainz war noch in der Hand der Franzosen. Custine wich zunächst nach Alzey aus und erreichte von dort aus gerade noch das sichere Landau. Binnen zwei Tagen hatten die Deutschen das spätere Rheinhessen und die Pfalz erobert. Dabei ging der Wechsel oft atemberaubend schnell. So in Ibersheim 70, wo am 30. März noch die Franzosen zu Mittag aßen, dann aber eilends aufbrachen, weil Preußen vor dem Ort standen. Die »Neufranken« konnten nur noch das in der Neuhausener Kirche lagernde Magazin in Brand stecken, wodurch auch das neue Spital bzw. Waisenhaus zerstört wurde. Worms selbst verließen sie am 31. März 1793, dem Ostersonntag, ebenfalls fluchtartig; nachmittags war die Stadt von einem preußischen Vortrupp besetzt. Er wurde – angesichts der Repressionen vom Februar/März – von vielen Wormsern als Befreier begrüßt. Doch die politische Atmosphäre in der Stadt war hochgradig gespannt, weil die meisten Jakobiner Worms nicht verlassen konnten. Vorsorglich verkündete deshalb der preußische Befehlshaber, Baron Masson, auf dem Rathaus zunächst eine allgemeine Amnestie für die dorthin bestellten »Klubisten«, befahl ihnen aber zugleich, den Freiheitsbaum auf dem Markt umzuhauen 71. Diese vom Spott der Mitbürger begleitete erzwungene Zerstörung der eigenen politischen Symbolik war besonders erniedrigend und wurde natürlich gerne von der gegenrevolutionären Bildpropaganda benutzt (vgl. Abb. 37). Ebenfalls am 8. April brachen junge Männer die beiden anderen Freiheitsbäume ab und verwendeten deren Reste dazu, das Haus des Tabakhändlers Winkler, eines anderen führenden Jakobiners, zu demolieren. In der aufgeheizten Stimmung kam es vereinzelt zu tätlichen Angriffen auf »Klubisten« und zur Plünderung ihrer Häuser, die so heftig war, dass »die Straßen und der Domplatz aussahen, als wenn’s geschneit hätte«72. Als weitere Schandstrafe beschloss der am 8. April wieder eingesetzte Rat vier Tage später, dass alle Mitglieder des Franckenklubs dazu condmeniret [würden], den Bischöflichen Hof, welchen sie durch diese abscheuliche Versammlung verunehret hatten, persönlich zu reinigen 73. Daran musste sich sogar die hochschwangere Frau des (geflohenen) Klubpräsidenten Henninger beteiligen, was ihr bei Freund und Feind eine gewisse Berühmtheit einbrachte. Mit der symbolischen setzte auch die politische Säuberung ein, denn die von den Preußen anfangs verkündete Amnestie war nicht durchsetzbar. Während führende »Freiheitsmänner« wie Lewer, Clausius oder Schweikhard als Konventsabgeordnete im belagerten Mainz (vorläufig) in Sicherheit waren, hatte Winkelmann – zunächst nach Kirchheimbolanden geflohen – sich dem König von Preußen nach dessen Einzug am 8. April in Worms gestellt 74. Der König nahm den Kanonikus gütig auf, lieferte ihn aber dann dem Mainzer Kurfürsten aus, der ihn bis Anfang 1795 auf der Festung Königstein festhalten ließ. Gleich im April 1793 aber hatten die Untersuchungen der reichsstädtischen Justiz gegen alle anwesenden »Klubisten« mit dem erklärten Ziel ihrer Suspendierung bzw. poli-

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Abb. 37: »Die Jacobiner Schwindelköpfe zu Worms müssen ihren Freiheitsbaum selbst ausgraben« (Revolutions-Almanach von 1794, Nr. 10, StadtA Wo Abt. 217 Kasten 21 Nr. 5)

tischen Ausschaltung begonnen75. Für die Dreizehner war dies eine günstige Gelegenheit, sich lästiger Kritiker wie Kreutzer, Schoeneck, Scherer oder Clausius zu entledigen, von Böhmer, der ja in Mainz eingeschlossen war, ganz zu schweigen. Durch hartnäckigen Druck erreichte der Magistrat, dass der (ihm ja stets gewogene) Reichshofrat in Wien Ende 1793 die Suspendierung von 17 »Erzklubisten« bestätigte. Dennoch scheint zumindest ein Teil der Wormser Jakobiner im Geheimen weiter gewirkt zu haben76: So trafen sich seit August 1793 mehrfach etwa 30 bis 40 »Patrioten« im Oberbusch vor der Stadt, um dort zu politisieren oder französische Siege zu feiern. Auch kamen sie sofort zusammen, wenn die Franzosen wieder einmal Worms besetzten und in diesen Zeiten das schwarze Unthier – wie sie den doppelköpfigen Reichsadler nannten –

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vom Kopf der Zeitung verschwand. Doch in der Stadt waren die »Patrioten« natürlich zunächst politisch kaltgestellt. Dagegen standen die Zünfte wegen ihres Widerstands gut da, selbst aus Sicht der Dreizehner. Demonstrativ gingen beide Seiten nun aufeinander zu, sozusagen als Lehre aus dem gemeinsamen Kampf gegen Jakobiner und Franzosen. Schon im Mai 1793 erklärten sie gegenseitig (allerdings in sehr gewundenen Formulierungen!) die alten »Beschwerden und Differenzen zwischen Haupt und Gliedern« beilegen zu wollen77. Dabei lobte der Magistrat zwar die Zünfte wegen ihrer »während dem größten Kriegs-Ungemach tätig bezeugten treuen Anhänglichkeit an ihre Verfassung«, meinte aber die Bürger weiter mit patriarchalischem Selbstverständnis von oben herab behandeln und der reichsstädtischen Politik »die gewünschte obrigkeitliche Richtung geben« zu können. Die Zünfte dankten »dem Hochedlen und Hochweisen Magistrat« zwar umgehend für seine »wahrhaft väterlichen Gesinnungen«, beharrten aber weiter auf der »Wiederherstellung der alten guten Grundverfassung«, ihren Gerechtsamen und der Abstellung der Beschwerden 78. Damit waren – trotz guter Vorsätze beider Seiten – weitere Konflikte vorauszusehen. Sie prägten Worms auch selbst während der vier letzten Jahre als Reichsstadt, obwohl hier und in der Nachbarschaft der heftig tobende Revolutionskrieg das Geschehen bestimmte. Hinzu kam zwischen 1793 und 1797 ein ständiger Wechsel der Besatzungsmächte, ganz anders als in Mainz, das nach der mühseligen Wiedereroberung in denselben Jahren von den Deutschen nie aus den Augen gelassen wurde. Umso mehr bekam Worms (wie Speyer) die Kriegsnöte zu spüren. Sie waren schon deshalb größer, weil sich die Rahmenbedingungen seit dem Ende der Mainzer Republik grundlegend gewandelt hatten: Zunächst auf Seiten der Franzosen, die bereits am 13. April 1793 (also nur zwei Wochen nach dem Pariser Reunionsdekret) beschlossen, sich nicht mehr in die Regierungsform anderer Völker einzumischen 79. Damit war jeder Art von Befreiungspolitik, ob »liberal« oder »autoritär« eine Absage erteilt, rangierte das nationale Interesse Frankreichs vor der universalen Mission der Revolution. Noch deutlicher wurde das am 15. September, als Frankreich erklärte, seine Armeen würden von nun an alle »philanthropischen Grundsätze« bei der Kriegsführung fallen lassen und zu den droits ordinaires de la guerre, zum gewöhnlichen Kriegsrecht, zurückkehren80. Zuerst wirkte sich dies in der Pfalz aus, denn hierhin drangen die Franzosen seit Spätherbst 1793 wieder vor, weil Preußen und Österreicher unfähig (oder gar unwillens?) waren, ihre durchaus vorhandenen Chancen – wie den preußischen Sieg bei Kaiserslautern (13. November) – zu nutzen. So konnten die Franzosen wieder vorrücken, und in den von ihnen eroberten Landstrichen kam es seit der Jahreswende 1793/94 zu einer systematischen und rücksichtslosen Ausplünderung der Zivilbevölkerung durch die Besatzungsmacht, zu einem regelrechten »Plünderwinter« 81. Auch in Worms wurde die berüchtigte »Ausleerungskommission« tätig, als die Franzosen die Stadt am 7. Januar 1794 besetzten. Wieder forderten sie eine außerordentlich hohe Kontribution, wieder nahmen sie Geiseln, vor allem aber entwendeten sie alle möglichen Sachwerte, nicht nur wertvolle und bekannte Glocken, sondern sogar Hausrat von Bürgern82. Nicht bittere Not war es, die das vom Bürgerkrieg erschütterte Frankreich Robespierres zu solchem Terror gegenüber den Nachbarn getrieben hätte. Vielmehr war es eine Mischung aus bloßer Habsucht und Zerstörungswut, ja einem gewissen revolutionären Vandalismus. Er führte

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wohl auch dazu, dass am 20. Januar 1794 französische Soldaten das Wormser Schloss in Brand steckten – aus Rache für den Aufenthalt des infâme Condé drei Jahre zuvor83. So lautete zumindest die Begründung in Paris, wo sich Rühl nun dafür stark machte, das Wormser Schloss als Symbol der Gegenrevolution niederzubrennen, während andere mit dieser Aktion nur die berühmte Losung »Friede den Hütten, Krieg den Palästen« endlich in die Tat umsetzen wollten. Ja, den Wormser Patrioten hatten die Franzosen schon beim Einmarsch rund heraus erklärt, bei einem eventuellen Abzug das Schloss vernichten zu wollen84. Sie hielten Wort, allerdings blieb der Brand auf den »Bischofshof« beschränkt. Dennoch zeigten sich beim Abzug der Franzosen am 23. Januar ganz deutlich die Folgen der gezielten »évacuation«, bot die Stadt ein Bild der Leere und Verwüstung, so dass drei Tage später ein Postbeamter feststellte: »Worms ist ein armer, öder Ort« 85. Dabei blieb es in den nächsten Jahren. Zwar wechselte die Stadt bis Ende 1797 noch zweimal den Besitzer – vom 19. Oktober 1794 bis 11. November 1795 war sie in der Hand der Franzosen, dann bis zum 20. Dezember 1797 mit Unterbrechungen von Österreichern besetzt86 – doch von wirtschaftlicher Erholung oder politischer Stabilität konnte keine Rede mehr sein. Daran hatten auch die beiden Kriegsparteien kein Interesse, denn sie kannten nur noch rein militärische Ziele. Es ging ihnen darum, Worms und sein Umland als Angriffs- bzw. Verteidigungsbasis für die Festungen Mainz und Mannheim zu nutzen, möglichst viel an Sach- und Geldwerten zu erhalten, die eigenen Truppen von den Einheimischen ernähren zu lassen und sich durch deren Frondienste zu entlasten. Deshalb mussten die Leiselheimer Mitte 1795 die Proklamation von zwei französischen Kriegskommissaren als Hohn empfinden. Denn sie versprach vollmundig Gerechtigkeit für alle; scharfe Kriegszucht in den Lagern, vollkommene Bruderliebe, Friede den Hütten, Schuz den Unterdrückten. Achtung gegen Schwächere und Unglückliche …87. Wie ließen sich damit die häufigen Requisitionen, Fouragierungen, Schanzarbeiten, Geiselnahmen und hohen Kriegskontributionen vereinbaren? Aber die Deutschen waren auch nicht besser: Auch nicht die Preußen, die schon beim Einmarsch in Worms Anfang April 1793 offenbar recht rüde mit den »Patriotenrackers«88 – wie sie die Revolutionsanhänger nannten –, aber auch mit unbescholtenen Bürgern umgingen. Allerdings zogen sich die Preußen, nachdem Blücher im Juli 1794 noch einmal die Franzosen bei Worms abgewehrt hatte, seit Herbst nach und nach vom oberrheinischen Kriegsschauplatz zurück und schieden durch den Frieden von Basel (5. April 1795) ganz aus der gegenrevolutionären Koalition aus. Jetzt blieben nur noch die Österreicher, denen es 1794/95 vor allem darum ging, Mainz zu halten und die Franzosen aus Mannheim zu vertreiben89. Beides gelang ihnen Ende 1795 mit dem Durchbrechen der »Mainzer Linien« rund um die Stadt, ein Überraschungsschlag, der zum überstürzten Abzug der Franzosen aus Worms führte. Natürlich gab es schon bald erneute französische Vorstöße auf die Schlüsselfestung Mainz, doch waren die Österreicher 1796/97 in und um Worms Herren der Lage, führten sich allerdings nie als Befreier, sondern immer gleich als Besatzer auf und erschienen manchmal härter als die Franzosen. So dankten es die Ibersheimer Ende 1795 »der Güte Gottes«, dass sie von den Franzosen, ihren »Feinden, in deren Gewalt wir doch wären, so gütlich behandelt worden« seien, führten aber zwei Jahre später bewegte Klage über einen Hauptmann der berüchtigten österreichischen »Rotmäntel«: Dieser sei bei der Abrech-

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nung mit der Gemeinde ausfallend geworden, habe »flegelhafte und schweinehirtenmässige Flüche« sowie Drohungen ausgestoßen und fast um sich geschlagen 90. Doch die Ibersheimer »blieben ihm nichts schuldig«, sondern drohten, ihn kurzerhand aus dem Fenster zu werfen. Im Bericht heißt es weiter: »Sie fühlten auf einmal, dass sie Menschen waren, die bei ihrem Rechte von einem wohlgeborenen Flegel sich nicht wie Kanaillenzeug und wie Tiere behandeln« lassen müssten. War das nur ein gut formulierter bäuerlicher Protest, oder zeigte solch solides Selbstbewusstsein nicht auch, dass die von der Revolution propagierte Idee von der Gleichheit und Würde aller Menschen selbst unter der Landbevölkerung fast Allgemeingut war? Doch nicht das Gedankengut der Revolution, sondern der Verlauf des Krieges bestimmte die Lage der Wormser und ihrer Nachbarn. Und die war gerade 1795/96 so unsicher, dass keine der beiden Seiten ihre politische Konzeption hätte durchsetzen können: Denn weder stabilisierte sich die alte Ordnung in der Reichsstadt, der Kurpfalz oder den kleineren Herrschaften, noch etablierte sich das neue, republikanische Modell der Franzosen. Ja, die von ihnen 1795 in Worms eingesetzte »Munizipalität« 91 unter dem ehemaligen Jakobiner Daniel Kremer hatte keine politischen, sondern rein administrative bzw. finanzielle Aufgaben, das heißt sie sollte – zu Gunsten Frankreichs natürlich – die alten »Feudalabgaben« sowie die immer neuen Kontributionen eintreiben. So ließ die nach der Flucht der Franzosen Anfang 1796 in der traditionellen Form vorgenommene Neuwahl von zwei Dreizehnern 92 mit späterer »Ratspredigt« das reichsstädtische Regiment nur noch kurzfristig wiederaufleben, denn schon im Sommer war die Stadt wieder von den Franzosen bedroht. Erneut dachten die Dreizehner an Flucht, erneut kamen die alten Querelen zwischen den Bürgern und dem Magistrat hoch. Gelegentlich entluden sich diese Spannungen, etwa im Dezember 1796, als die Bürger um die Nutzung der (bislang frei zugänglichen) Kisselswiese stritten und der Rat die aufgebrachten Kritiker verhaften ließ. Das brachte die Opponenten erst recht in Rage und sie befreiten gewaltsam die Inhaftierten – Zeichen dafür, dass die politische Stabilität in der Reichsstadt Risse bekommen hatte. Zudem war 1796/97 der »Schutz« durch die Österreicher alles andere als ausreichend. Immer wieder erschienen französische Militärs, Kommissare oder »Einnehmer« vor der Stadt und verlangten Sach- und Geldlieferungen, drohten ansonsten mit Geiselnahmen. Angsterfüllt kam der Magistrat ihren Forderungen meistens nach. Bei diesen kurzfristigen Besetzungen durch die Franzosen versuchte auch die von ihnen in Kreuznach errichtete Zivilverwaltung immer wieder, in Worms hineinzuregieren 93. Dazu hatte sie eigens den inzwischen freigelassenen Winkelmann zum »Kommissar« ernannt. Er versuchte zwar die Wormser weitgehend zu schonen, war letztlich aber doch der Vertreter einer Besatzungsmacht, die ihre eigenen Interessen und Bedürfnisse hatte. Recht rigoros ging auch Winkelmanns früherer Stellvertreter Lewer vor, immer noch Anhänger radikaler Maßnahmen94. Eine harte Herrschaft übten allerdings auch die Österreicher aus, denn sie requirierten und fouragierten gerade 1797 in und um Worms ebenso häufig und willkürlich wie die Franzosen. Kein Wunder, wenn sich eine allgemeine Kriegsmüdigkeit breit machte und die Sehnsucht nach Frieden rapide wuchs. Schon im Frühsommer war offenkundig, dass die

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Österreicher unter Erzherzog Karl (der im Jahr zuvor Worms besucht hatte 95) den Franzosen unterlegen waren, vor allem in Italien, wo der junge General Bonaparte fast immer siegte. Das führte am 17. Oktober 1797 zum Frieden von Campo Formio, mit dem Frankreich erreichte, dass Österreich ihm in einem Geheimartikel die »natürliche Rheingrenze« zugestand. Offiziell sollten die Grenzfragen zwar auf einem Kongress in Rastatt geregelt werden, doch hatten sich Paris und Wien darauf verständigt, dass die Österreicher das linke Rheinufer (wo sie zuletzt nur noch Mainz behaupteten) spätestens zum Jahresende 1797 räumen würden und die Französische Republik es sich einverleiben könnte. Damit war auch das Schicksal von Worms entschieden: Kurz vor Weihnachten verließen die Kaiserlichen nach zweijähriger Besetzung die Stadt, und am 29. Dezember räumten sie Mainz, das tags darauf von den Franzosen besetzt wurde. »Mainz ist unser – und zwar seit heute« jubelten die Wormser Patrioten96, in der richtigen Annahme, dass bald auch Worms französisch besetzt werde. Vier Tage später war es soweit97: Am 3. Januar 1798 rückten die Franzosen – die das Umland schon drei Wochen zuvor besetzt hatten – in Worms ein; sie blieben bis zum 3. Januar 1814.

Das Ende der Reichsstadt und die »Revolution von oben« So wandelte sich Frankreich an der Jahreswende 1797/98 auch für Worms von einer Besatzungs- zu einer Staatsmacht. Zwar prägten der Krieg und seine Folgen noch das Leben der Stadt, mussten Sondersteuern sowie Einquartierungen und Requisitionen verkraftet werden. Aber mehr und mehr spürten die Wormser und ihre Nachbarn, dass sie nun zu einem zentralistischen Großstaat gehörten, der sich noch immer als »revolutionär« verstand. Denn die Franzosen setzten seit Ende 1797 alles daran, das linke Rheinufer nicht nur strategisch zu sichern, sondern es auch nach ihren neuen Prinzipien umzugestalten. Und das, obwohl das Land nur »provisorisch« zur Republik gehörte, die Rheingrenze ohne Zustimmung des Reiches noch nicht völkerrechtlich anerkannt war. Umso eifriger schufen die Franzosen hier 1798/99 Fakten, indem sie das Ancien Régime vollständig beseitigten, was im Ergebnis einer »Revolution« gleichkam – allerdings einer »von oben« gesteuerten Umwälzung. Sie begann auch in Worms Anfang 1798: Am 8. Januar forderte die noch in Kreuznach amtierende französische Verwaltung den Wormser Magistrat recht rüde auf, über den »Gemeingeist« der Bürger zu berichten 98. Die Spitzen der Reichsstadt spürten, dass ihre letzte Stunde bald schlagen würde und wandten sich deshalb am 15./16. Januar gezielt an die Zünfte, deren Treue zur »reichsstädtischen Herrlichkeit« sich ja 1792/93 eindrucksvoll bestätigt hatte. So konnten sie sicher sein, dass die Frage, ob man lieber die französische oder die bisherige reichsstädtische Verfassung wolle, »richtig« beantwortet würde. Fast alle zwölf Zünfte gaben daraufhin ein Bekenntnis zum Bestehenden ab, wollten »Teutsch Republikanisch« und nicht-revolutionär französisch sein99. Allerdings gab es auch bemerkenswerte Zwischentöne, etwa die Beteuerung, man wolle sich bei einem Friedensschluss auch mit einem Anschluss an Frankreich arrangieren und dann der

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Republik treu sein. Solche Loyalität aber war den Franzosen zu wenig und ihr Kommandant ließ deshalb mehrere Zunftversammlungen (die er zu Recht als Widerstandsnester einschätzte) kurzerhand auflösen. Wieder einmal dachten die »Befreiten« anders als es der »Befreier« sich erhofft hatte. Der Magistrat indessen konnte zufrieden sein – freilich nur für einen Tag. Denn an eben jenem 17. Januar 1798 beschloss die französische Verwaltung in Kreuznach, die »alten Gewalten in Worms« abzusetzen, weil ihre Existenz »sowohl den Grundsätzen als (auch) dem Vorteil der Republik zuwider« seien 100. Diese lapidare Erklärung bedeutete nichts anderes als das Ende der Reichsstadt Worms, ihrer Eigenständigkeit und jahrhundertealten Verfassung: Spätestens mit der Verkündung des Erlasses am 26. Januar durch Kommissar Wolf aus Alzey gab es »des Heiligen Römischen Reichs freye Stadt Worms« nicht mehr. Worms war jetzt nur noch eine von vielen tausend Gemeinden der Französischen Republik, ohne jedes Vorrecht, ohne jede Sonderstellung. Zugleich setzte Kommissar Wolf auch eine neue Wormser ›Munizipalität‹ ein. Schon ihr Name, erst recht aber ihre Zusammensetzung erinnerte an 1792/93, denn alle fünf Mitglieder hatten dem Jakobinerklub angehört; an ihrer Spitze stand als ›Maire‹ Daniel Friedrich Kremer, fünf Jahre zuvor Sekretär der ›Konstitutionsgesellschaft‹. Der neue Wormser Stadtvorstand war zwar noch in Kreuznach ernannt, aber schon in Mainz bestätigt worden. Denn hier amtierte inzwischen ein »Kommissar des Vollziehungsdirektoriums für die eroberten Länder am Rhein«, der elsässische Jurist Franz Joseph Rudler; er wurde zur Schlüsselfigur in der nun flächendeckend einsetzenden Revolution von oben. Am 23. Januar teilte Rudler das linke Rheinufer neu ein: An die Stelle der über 40 Länder und Ländchen zahlloser geistlicher und weltlicher Herren traten vier Departements, deren südlichstes nach dem Donnersberg (französisch: Mont Tonnerre) benannt wurde, Mainz zum Hauptort hatte und 37 Kantone zählte. Die Stadt Worms bildete mit ihren gut 5 000 Einwohnern 101 allein einen eigenen Kanton, von einer »Munizipalverwaltung« geleitet. Eine solche gab es auch in Pfeddersheim, denn die kurpfälzische Oberamtsstadt wurde Hauptort eines Kantons, dem insgesamt 22 Gemeinden angehörten, darunter die meisten heutigen Wormser Vororte (Herrnsheim, Horchheim, Leiselheim, Neuhausen, Pfeddersheim, Pfiffligheim); Abenheim, Hamm/Ibersheim und Rheindürkheim lagen nun im Kanton Bechtheim. Rudlers Verwaltungsgliederung von 1798 bedeutete für die Wormser schon deswegen eine Umorientierung, weil ihre Obrigkeit nun nicht mehr in der eigenen Stadt saß, sondern in Mainz bzw. in Paris. Zwar bildete die Stadt allein einen Kanton, war aber keineswegs »Herr im Haus«; das verhinderte schon der französische Zentralismus. Zudem hatten sich anfängliche Hoffnungen der Wormser Patrioten zerschlagen, ihre Stadt werde Hauptort eines ganzen Departements102. Nicht einmal ein überörtliches Gericht kam nach Worms – einer von vielen Gründen für den Abstieg der Stadt im 19. Jahrhundert. Pfeddersheim dagegen konnte seinen Rang als mittleres Verwaltungszentrum behaupten, doch hatten die 22 Gemeinden des Kantons bisher zu 4 verschiedenen Territorien, voran zu Kurpfalz und dem Fürstbistum bzw. Hochstift Worms, gehört. Ganz gezielt hatte Rudler beim Zuschnitt der Departements und Kantone die Grenzen der alten Territorien (und damit oft auch der Konfessionen) ignoriert.

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Realisiert wurde die Gebietsreform seit Mitte Februar 1798: In Mainz nahm die Administration centrale du département du Mont Tonnerre die Arbeit auf, und nach und nach erhielten auch die Gemeinde- und Kantonsverwaltungen ihr Personal. Dabei spielten die auf allen Verwaltungsebenen eingesetzten »Kommissare des Vollziehungsrats«, sozusagen »Aufpasser« der Pariser Regierung vor Ort, eine wichtige Rolle. Kommissar für Worms war zunächst Konrad von Winkelmann, der Maire von 1793103. Am 28. März ersetzte er die seit Januar amtierende, provisorische Munizipalität durch eine verfassungsgemäße »Munizipalverwaltung des Kantons Worms«, die wiederum fast nur aus »Patrioten« bestand. Sie wählte sich anstelle von Maire Kremer (der in Mainz Richter geworden war) Sebastian Bruch zum Präsidenten; den wichtigen Posten des Secrétaire en chef erhielt der Pfälzer Jean Louis Mathieu104. Mit Bruch als Kantonspräsident und Winkelmann als Regierungskommissar war sichergestellt, dass Worms »patriotisch« regiert werden würde. Anders waren die Verhältnisse in Pfeddersheim, das als kurpfälzischer Ort 1792/93 ja nicht revolutioniert worden war. Hier wurden am 30. März Johann Georg Busch zum »Agent« (Ortsvorsteher) und Friedrich Rödiger zum »Adjoint« (Beigeordneter) ernannt, zwei Männer, die bislang politisch nicht hervorgetreten waren. Ähnliches gilt für die übrigen 21 Gemeinden des Kantons. Präsident der dortigen »Munizipalverwaltung« war zunächst David Moellinger, Sekretär Michael Strauß 105. Diese Männer waren es im Wesentlichen, die in Worms und Pfeddersheim Rudlers Erklärungen und Erlasse vor Ort umsetzten, zumindest dies versuchten. Und die Arrêtés du Commissaire du directoire exécutif dans les quatre nouveaux départements sur la rive gauche du Rhin waren gerade 1798 zahlreich und folgenschwer106: Schon im Dezember 1797 hatte Rudler die persönliche Freiheit und die Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verkündet. Die Rheinländer sollten sobald wie möglich alle »Wohlthaten« der Verfassung des Jahres III (vom 22. August 1795) genießen können. Dazu gehörte vor allem die neue, an den Prinzipien der Rechtsgleichheit, Gewaltentrennung, Schriftlichkeit und Öffentlichkeit orientierte Justiz. Sie schloss das Recht jedes Angeklagten auf einen Anwalt sowie die Schaffung von Schwurgerichten ein; zugleich trennte sie die »Gerechtigkeitspflege« von der Verwaltung und schuf einen klaren Instanzenzug, von dem freilich in Worms und Pfeddersheim nur die unterste Stufe, das »Friedensgericht« vertreten war. Dort konnten aber nur Zivilprozesse entschieden werden, wie sich auch aus den fast noch unberührten Akten im Stadtarchiv107 ergibt; ebenso die Tatsache, dass die Parteien schon bei kleineren Konflikten an das nächste »Zuchtpolizeigericht« verwiesen wurden. Friedensrichter wurde in Worms zunächst Ludwig Heisel, der die Stadt 1793 im Mainzer Nationalkonvent vertreten hatte; in Pfeddersheim war Adam Reiling juge de paix108. Neben dem Friedensrichter übten die Notare auch im revolutionären Frankreich freiwillige Gerichtsbarkeit aus. Zwar hatte man dort die Anforderungen für diesen Beruf deutlich erhöht, doch ernannte Rudler 1798/99 vorwiegend einheimische »Patrioten« zu Notaren, darunter Konrad Michael v. Winkelmann und Johann Daniel Schoeneck, 1792/93 Mitglied der »Konstitutionsgesellschaft« für Worms109. Von Grund auf verändert wurde das Wirtschaftsleben: Am 30. Januar 1798 führte Rudler die Gewerbefreiheit ein, freilich durch die Hintertür, indem er jedem, der ein staatliches »Patent« erworben hatte, erlaubte, ein Gewerbe zu betreiben110. Inwieweit das

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in Worms einen »Schub« an Existenzgründungen bzw. eine Belebung der Wirtschaft ausgelöst hat, wäre noch näher zu untersuchen. Jedenfalls litt die Stadt zu Beginn der französischen Zeit unter der Abwanderung etlicher Adeliger, vor allem aber der (hohen) katholischen Geistlichkeit. Auf dem Land – etwa im Kanton Pfeddersheim – wurden dagegen wirtschaftliche Impulse freigesetzt, nachdem Rudler am 26. März 1798 alle Adelsprivilegien sowie die Feudallasten aufgehoben hatte111. Gerade bei den Bauern, die jetzt freier und profitabler wirtschaften konnten, gewannen die Franzosen dadurch viele Sympathien. Dagegen sorgte Rudlers Erlass vom 6. August 1798, durch den die Zünfte nun auch formell aufgelöst wurden112, besonders in Worms für erheblichen Unmut. Noch am Jahresende war der Widerstand der »Zünftigen«, dem Kern der reichsstädtischen Bürgerschaft, spürbar; ebenso der Zorn aller Wormser, als im Juli 1798 die französische Zollgrenze auf den Rhein verlegt wurde113. Denn dadurch war nicht nur der Handel der Stadt von seinen traditionellen Absatzgebieten auf dem rechten Rheinufer abgeschnitten, sie betraf vielmehr jeden Wormser, der »drüben« einen Acker, ein Gärtchen oder ein Landhaus hatte. Nachteilig auf den erhofften und von Franzosen wie Jakobinern immer wieder prophezeiten wirtschaftlichen Aufschwung des linken Rheinufers wirkte sich zudem das rigide französische Steuersystem aus114. Zwar war damit das Ende alter Steuerprivilegien gekommen, doch minderte die neue égalite devant l’impôt nicht die Höhe der Abgaben, die oft genug die der vorrevolutionären Zeit überstiegen. Zudem war die französische Verwaltung in Mainz und Paris Meister im Erfinden immer neuer Abgaben, deren bekannteste die Türund Fenstersteuer war. So beschwerten sich die Bauern in Leiselheim bitterbös über die impôts éternels 115, während die Wormser wegen der hohen Zölle sich mehr um ihren Handel mit dem rechten Rheinufer sorgten. Zu den »normalen« Steuern kamen 1798/99 noch mehrere Kriegs(zwangs)anleihen hinzu. Dass in Worms so wie bisher mehrere Währungen (Francs, Gulden, Taler) nebeneinander kursierten, war keineswegs eine Seltenheit, ebenso wenig die Koexistenz der 1799 eingeführten neuen Maße und Gewichte auf den Wormser und Pfeddersheimer Märkten (Kilogramm und Meter neben Pfund, Lot, Ohm, Meile und Elle). Nimmt man die Wormser Zeitung zur Hand, so zeigt sich, dass die »Frucht- und Zeugpreise« für Mannheim wie für Worms in (mindestens) zwei Währungen angegeben sind. In einer Flut von Verordnungen Rudlers war die »Revolution« über Worms und die Wormser gekommen. Dabei ließ der Regierungskommissar nichts unversucht, um die Akzeptanz des Neuen und Fremden zu erhöhen, betonte aber immer wieder, dass all diese Regelungen nur vorläufig seien, weil die Annexion des linken Rheinufers noch nicht vom Deutschen Reich insgesamt akzeptiert sei. Deshalb könnten seine Bewohner noch nicht alle Rechte eines »fränkischen Bürgers« genießen wie etwa das Recht, Beamte und Richter zu wählen – es sei denn, sie votierten für die »Réunion« mit Frankreich. Auf diese Weise hoffte man in Paris, der eigenen Expansionspolitik eine »demokratische Legitimation« zu verschaffen. Ab Ende April 1798 sammelten nun die Regierungskommissare in allen Kantonen der vier Departements Unterschriften unter so genannten »Reunionsadressen«116. So wandten sich wohl Anfang Mai Die Einwohner der Stadt Worms an das fränkische Direktorium, betonten die Gültigkeit des Reunionsdekretes vom 30. März 1793,

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drangen auf dessen umgehenden Vollzug und forderten recht selbstbewusst von den Franzosen daß Ihr uns in den vollen Genuß des Fränkischen Bürgerrechtes, in den Genuß der Freiheit einsetzen wollet. Auch seien sie bereit, für Freiheit und Vaterland zu sterben, und der letzte Ruf von unsern Lippen wird sein: Es lebe die Republik!. Diese wohl von Winkelmann entworfene Adresse unterschrieben insgesamt 245 von rund 1 000 »stimmfähigen«, das heißt über 21 Jahre alten Wormser Männern. An ihrer Spitze stand Sebastian Bruch, gefolgt von den Jakobinern (und Munizipalen) Scherer, Kreutzer, Kloetzer und Gutheil, dann von Winkelmann. Unterschrieben hatten außerdem der ehemalige Klubpräsident Henninger und Chefsekretär Matthieu sowie Buchhändler Kranzbühler. Überraschend ist jedoch, dass zu den Unterzeichnern auch Posthalter Strauß und Handelsmann Mayer gehörten, die beide 1792 im Klub opponiert hatten; ebenso, dass mehrere katholische Weltund Ordensgeistliche unterzeichneten. Selbst viele Juden unterschrieben die Adresse, während sie fünf Jahre zuvor hartnäckig den Eid auf »Freiheit und Gleichheit« verweigert hatten. Offenbar zeigte die gerade in Worms immer wieder betonte Gleichberechtigung der Religionen erste Wirkungen. Diesen Fortschritt festzuhalten, war sicher ein plausibles Motiv für die Unterzeichnung der Reunionsadresse vom Frühjahr 1798. Wie viele der 245 Wormser Unterzeichner wirklich für Freiheit und Gleichheit sowie für den Anschluss an die Grande Nation votierten, kann nicht verlässlich ermittelt werden. Denn die Skala der Motive reichte wie schon 1792/93 von Anpassung und Opportunismus bis hin zu völliger Überzeugung und dem echten Wunsch, »fränkischer Bürger« zu werden. Allerdings machten die Unterzeichner insgesamt nur ein Viertel der Stimmberechtigten aus. Die große Mehrheit der Wormser, vor allem aus der Zunftbürgerschaft, die sich noch im Januar so deutlich artikuliert hatten, blieb der »Abstimmung« fern. Deshalb ging Rudlers Meldung nach Paris, die Adresse gebe den fast einstimmigen Wunsch der Wormser wieder117, weit an den Realitäten vorbei. Offener, aber letztlich nicht stärker, war der Widerstand im Kanton Pfeddersheim118. Hier ließ Regierungskommissar Karl Hortal im April 1798 eine wohl von ihm selbst entworfene Adresse unterzeichnen Sie lobt pathetisch die Tapferkeit der Franzosen, ihre Siege über die »Monster« der Gegenrevolution, beklagt die Folgen von neun Jahren Krieg und wünscht nichts sehnlicher als sich in den Schutz der »Grande Nation« begeben und endlich die Vorzüge einer republikanischen Staatsform genießen zu können. Die Gemeinde Hochheim formulierte eine eigene Adresse119, in der sie darum bat, das »schwankende Schicksal« der Rheinländer zu beenden und sie als »Glieder der großen fränkischen Nation« möglichst schnell alle Bürgerechte genießen zu lassen. Die Hochheimer Adresse unterschrieben 79 von 100 Stimmberechtigten und auch in den meisten anderen Gemeinden des Kantons konnte Hortal gute Ergebnisse (oft um 70 –80 Prozent!) erzielen. Nur in Gundersheim verweigerte der Adjunkt Spohr die Unterschrift, was nach Meinung der Mainzer Zentralverwaltung »dem Republikanism entgegengesetzte Gesinnungen« 120 verriet und seine sofortige Absetzung zur Folge hatte. Umgekehrt war es in Leiselheim, wo nur der Agent und sein Adjunkt unterschrieben, während sich die restliche Gemeinde geschlossen weigerte121. Insgesamt aber erwies sich der Kanton Pfeddersheim mit 62 Prozent Beteiligung als recht »patriotisch«, obwohl die meisten Gemeinden 1792/93 als kurpfälzische Orte nicht revolutioniert worden waren. Dagegen gab es im Kanton Becht-

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heim, wo fünf Jahre zuvor eine Gruppe örtlicher »Jakobiner« aktiv gewesen war, nur 47 Prozent Zustimmung; freilich lagen die 1793 »munizipalisierten« Dörfer Abenheim und Rheindürkheim über diesem Durchschnitt, wurden allerdings noch vom kurpfälzischen Hamm/Ibersheim übertroffen122. Schon diese Einzelergebnisse zeigen, dass die Akzeptanz von Reunion und Revolution von Ort zu Ort verschieden war, was erst recht von den Motiven der Unterzeichner gilt. Dennoch haben die Reunionsadressen vom April/Mai 1798 – abgesehen von ihrem personen- und ortsgeschichtlichen Quellenwert – historische Aussagekraft: Denn für Worms und Umgebung zeigen sie, dass auf dem Land – vielleicht in Erwartung einer baldigen Abschaffung des »Feudalismus« – relativ viele für die Einführung der revolutionären »Freiheit und Gleichheit« votierten. In der Stadt dagegen leistete vor allem die lutherische Zunftbürgerschaft hinhaltenden Widerstand, der sich aber wohl weniger gegen »die Franzosen« richtete als gegen das hohe Maß an Neuem, das diese der rheinischen Gesellschaft seit Anfang 1798 überstülpten. Zu diesen Neuerungen gehörten zwei Maßnahmen, die jedoch erst im Sommer realisiert wurden: die Einführung der Zivilstandsregister und jene des Revolutionskalenders123. Mit beiden verfolgte die Republik ein Doppelziel: eine erhebliche Stärkung des staatlichen Einflusses auf den Alltag und eine Säkularisierung, um nicht zu sagen Entchristianisierung der Gesellschaft. Denn so sehr sich die einzelnen Revolutionsregierungen unterscheiden mochten, in ihrer Ablehnung von Religion und Christentum waren sie sich als Aufklärer spätestens seit der Trennung von Kirche und Staat 1795 einig. Das trifft auch für Rudler zu, selbst wenn er in Religionsfragen flexibler reagierte als die Pariser Zentrale oder manch einheimischer Jakobiner. Denn schon im Frühjahr 1798 erließ der Regierungskommissar mehrere Verordnungen 124, von denen die meisten die katholische Kirche besonders trafen. So waren jetzt auch in Worms alle »gottesdienstlichen Handlungen« außerhalb der Gotteshäuser verboten, also Prozessionen und Wallfahrten, aber auch Beerdigungen und Segnungen. Priestern und Ordensleuten war auf der Straße das Tragen ihrer »geistlichen Berufskleidung« untersagt, die Klöster durften keine Novizen mehr aufnehmen und mussten sich staatliche Aufseher für ihre Finanzen und Besitztümer gefallen lassen, Stiftskirchen, bei denen mehr als die Hälfte der Kanoniker abwesend waren, kamen ebenfalls unter Sequester. Alle drei Konfessionen aber waren betroffen, als im Juni/Juli 1798 die von Rudler zwei Monate zuvor angekündigte 125 Einführung der Zivilstandsregister Wirklichkeit wurde. Nur widerwillig ließen in Worms und Pfeddersheim Katholiken, Lutheraner und Reformierte ihre Kirchenbücher vom Kantonspräsidenten Bruch bzw. Moellinger einziehen und mit dem Vermerk geschloßen in der Municipalitaet der Gemeinde Worms d[en] 20. Thermidor 6. Jahr der fränk[ischen] ein- und unzerteilbaren Republik126 versehen; anschließend gingen sie in den Besitz der Kommune über. Heimlich führten die einen Pfarrer – wie Rödiger in Pfeddersheim – ihre Tauf-, Heirats- und Sterberegister fort; andere, wie die katholischen Pfarrer von Abenheim, Herrnsheim und Leiselheim, schafften ihre Kirchenbücher auf das rechte Rheinufer, zum wormsischen Generalvikariat in Lampertheim, von wo sie erst vier Jahre später zurückkehrten 127. Wieder andere Kirchenbücher wurden vom »Standesbeamten« einfach als Zivilstandsregister fortgeführt, wie das lutherische Taufregister von Worms. Darin vermerkt Adjunkt Wilhelm Gutheil als öffentlicher Beamter über

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die Acten des Civilstandes aber zugleich stolz die nun erreichte Gleichberechtigung der Konfessionen In dieser Fortsetzung werden alle Geburten ohne Unterscheid der Religionen angemerket 128. Das zunächst noch handschriftlich geführte Pfeddersheimer Geburtsregister trägt auf jeder Seite die programmatische Überschrift: Freiheit – der Gebohrenen – Gleichheit 129: Ausdruck der neuen weltanschaulichen Neutralität des Staates, aber auch seines gewachsenen Einflusses. Mit dem Zivilstandswesen kam die (nun obligatorische) Zivilehe – und die Möglichkeit zur Scheidung. So beginnt das Pfeddersheimer Heiratsregister mit einem »Nicht Vereinigungsakt« vom 14. Oktober 1798130. Allerdings waren Scheidungen insgesamt relativ selten: In Worms trennten sich in der Franzosenzeit jährlich durchweg nur ein bis zwei Paare bei jeweils mehreren Dutzend Eheschließungen, in Pfeddersheim waren es noch wesentlich weniger. Dennoch trug schon die Möglichkeit zur Scheidung wie auch die Einführung der Zivilehe überhaupt zur Säkularisierung der Gesellschaft bei – in Worms wie auf dem ganzen linken Rheinufer. Das Doppelziel »mehr Staat – weniger Kirche« wurde erreicht. Dagegen wurde die Einführung des Revolutionskalenders ein Misserfolg 131. Er war im Herbst 1793 geschaffen worden, um der Revolution den Rang einer Zeitenwende zu verleihen, den Einfluss des Christentums zurückzudrängen und den Alltag »vernünftiger« zu gestalten. Seine Epoche begann mit der Ausrufung der Französischen Republik am 22. September 1792; Neujahr lag also auf dem Herbstanfang. Die Siebentagewoche wurde durch die zehntägige »Dekade« mit einem »Dekadi« als Ruhetag abgelöst; die zwölf Monate und die Wochentage erhielten völlig neue Bezeichnungen. Mit all dem hatte der laizistische Staat zwar den Alltag entchristlicht, doch zugleich eine uralte Lebensordnung aufgehoben bzw. völlig gestört. Dessen war sich gerade Rudler wohl bewusst, denn er schob die Einführung des Revolutionskalenders immer wieder hinaus. Zwar datierte das am 28. März 1798 einsetzende Register der Berathschlagungen der Municipalverwaltung der Gemeinde Worms 132 von Anfang an im »neuen Stil«. Doch dem Sekretär unterlief manchmal noch die alte Zeitrechnung und er datierte doppelt – wie das (nun natürlich ohne Doppeladler!) erscheinende »Wormsische Zeitungs- und Intelligenzmanual«. Schließlich setzte sich der neue Kalender – nach erneuten Mahnungen Rudlers133 – erst im Herbst 1798 in den Amtsstuben durch. Bürger und Bauern aber datierten weiter nach christlicher Zeitrechnung, hielten die Märkte an den gewohnten Wochentagen ab, schlossen am Sonntag die Werkstätten und Läden, öffneten sie aber am »Dekadi«, dem revolutionären Ruhetag. Anfang 1799 zeigte sich die Munizipalverwaltung darüber empört, dass viele Wormser das alte Neujahrsfest gefeiert hätten134, und in der Stadt wie auf dem Land ließen die Bürger nicht davon ab, samstags die Straßen zu fegen – Gassenkehren als politische Demonstration. Da nützten auch die Ermahnungen, ja Drohungen der Wormser Munizipal- oder der Mainzer Zentralverwaltung wenig, desgleichen die gezielte Verlegung der Märkte auf bestimmte Tage einer Dekade. Der Revolutionskalender blieb unpopulär, war eher ein Hindernis bei dem Versuch, die Wormser und ihre Nachbarn in der »Fränkischen Republik« heimisch zu machen. Das gelang schon eher mit den zahlreichen Festen und Feiern, bei denen der revolutionäre Staat sich selbst, verschiedene Etappen seiner (kurzen) Geschichte oder ganz einfach bestimmte Stationen im Leben seiner Bürger feierte. Diese »Nationalfeste« werden

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heute als Anfänge einer demokratischen Festkultur in Deutschland gewertet. Dazu bieten gerade die Kantone Worms und Pfeddersheim hochinteressante Beispiele, die bislang wenig beachtet wurden. Die »Revolutionskultur« im französischen Worms begann mit der Errichtung eines Freiheitsbaumes am 5. Februar 1798135. Von der (provisorischen) Munizipalität unter Kremer vorbereitet, galt sie als festliche Begehung dieses unserer Freiheit und unserer Vereinigung mit der Fränkischen Republik gewidmeten Tages: Mit Glockengeläut und Kanonenschüssen, mit Pauken und Trompeten und einem Zug vom Bürgerhof auf den Markt. Das war – selbst im Vergleich zu den Trauerfeiern für Leopold II. 1792 136 – nichts grundlegend Neues, doch nahmen jetzt Schüler aller drei Konfessionen sowie Juden teil. Erst recht natürlich die Spitzen aller zivilen und militärischen Gewalten und die Stadtmusik; hinzu kamen etliche »Frauenzimmer« sowie zwölf »weisgekleidete Jungfern mit Lorbeerkränzen«. Sie begossen den Freiheitsbaum nach seiner Aufstellung »unter Musik und Gesang«. Dann hielten Maire Kremer und der ehemalige Klubpräsident Henninger »zweckmäßige Reden«. Man war – wie schon die Einladung der Munizipalität zeigt 137 –

Abb. 38: Aufruf zur Errichtung eines Freiheitsbaumes in Pfeddersheim, Januar 1798 (StadtA Wo Abt. 49 Nr. 2602)

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bemüht, nicht alte Gräben aufzureißen, sondern Eintracht und Selbstbewusstsein der Wormser zu stärken: durch »brüderliche Vereinigung« und »wechselseitige Eintracht«. Ein »Versöhnungsfest« sollte die Pflanzung des Freiheitsbaums werden – und das wurde es auch, folgt man dem Tagebuch der »Freunde der Freiheit und des Volks«138. Es spricht von einem »Tag der Freude«, der »heitere Abwechselungen« gebracht habe, ebenso »kraftvolle Worte« des Maires, »Belustigung und Tanz für alle Bürger-Classen« nicht zuletzt »feurige und lebhafte Toasten auf die Republik. Auch nicht die allergeringste Unordnung fiel vor […]«. Stand in Worms die Begeisterung der aufs Neue aktiven Jakobiner im Mittelpunkt, so hatten die Pfeddersheimer offenbar andere Motive139. Denn eher resigniert meinten sie: »Da es nun so weit gekommen« sei, dass das linke Rheinufer zu Frankreich gehöre, müsse man sich den Französischen Mitbrüdern … empfehlen und von einer angenehmen Seite zeigen. Da nun kein Mittel besser [sei] sich beliebt zu machen, legten Karl Hortal und David Moellinger eine Liste auf, in der sich Gegner und Befürworter eines Pfeddersheimer Freiheitsbaums eintragen konnten. Natürlich unterschrieb kein Gegner, dafür gab es aber die Zustimmung von 109 der etwa 250 Pfeddersheimer ›Hausväter‹, darunter des reformierten Pfarrers Rödelsberger, ein überraschender Erfolg. Ebenso bemerkenswert aber war der Freimut, mit dem man sich hier zu einer fast opportunistischen Motivation bekannte. Am 3. Februar 1798, einen Tag vor dem Wormser, wurde dann der Pfeddersheimer Freiheitsbaum aufgestellt. Die Freiheitsbaumpflanzungen in Worms und Pfeddersheim waren nur der Auftakt zu einer ganzen Serie von »Nationalfesten«, die bald von Rudler und der Mainzer Zentralverwaltung des Departements gestartet und gelenkt sowie von örtlichen Behörden oft besonders ausgestaltet wurden. Die »emotionale Mobilisierung«140 war der Hauptzweck der sieben »Nationalfeste«, wie sie die französische Verfassung von 1795 vorschrieb: Das Fest der Gründung der Republik, der Jugend, Ehegatten, Dankbarkeit, des Feldbaues und der Greise, sowie der 21. Januar (Hinrichtung Ludwigs XVI.) und der 14. Juli. In Worms bereitete der Munizipal Georg Schuler die Feste minutiös vor und brauchte dabei nicht zu sparen. Für die Departementsverwaltung waren die Nationalfeste schon deshalb sinnvoll, weil ihre Zeremonien einen caractère réligieux141 besäßen. So entstand auch in Worms eine »Liturgie der Revolution«, mit einer »Prozession« von Beamten, Schuljugend und Militär, einem »geheiligten Weg« vom Bürgerhof oder Rathaus zum Markt, zur Dreifaltigkeitskirche, die als »Tempel« diente, mit einem »Altar des Vaterlandes«, pompöser Musik, der Demonstration der Gleichberechtigung aller drei christlichen Konfessionen sowie der großen Judengemeinde, einem Aufgebot an jungen Männern und Frauen, die Stärke bzw. Schönheit der Republik symbolisieren sollten, schließlich mit polemischen Reden gegen alle »Tyrannen« und Lobeshymnen auf Gegenwart und Zukunft des französischen Worms142. Nur das »Fest der Jugend« war weniger feierlich. Es fand auf dem Obermarkt statt, wo Bürger Schuler für Spiele und Auslauf der »Knaben und Mädger«, die Ausgabe von Glickern [!], Nadelbüchsen und Knöpfen sowie die Verteilung von »Bier und Weck« an Musikanten, Lehrer und Kinder (!) gesorgt hatte. Allerdings musste auch die Jugend im »Tempel« eine Rede und Musik anhören und dann in feierlichem Zug zum Obermarkt ziehen143.

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Eng verwoben mit den Nationalfesten war der »Dekadenkult«, mit dem sich die Republik selbst zelebrierte. Alle zehn Tage, am Dekadi, fanden sich alle Mitglieder der Orts- und Kantonsverwaltung in einem »Dekadentempel«, meist einer Kirche, ein, hörten dort die Verlesung der in den letzten zehn Tagen gefassten Beschlüsse an, außerdem Deklamationen, meist von antik gekleideten jungen Mädchen vorgetragen sowie Musik französischer Revolutionskomponisten. Schließlich sangen die Anwesenden selbst republikanische Lieder. Als Ersatzreligion des laizistischen Staates konzipiert, fand der »Dekadenkult« fast immer in Gotteshäusern statt: In Worms diente die Dreifaltigkeitskirche, in Pfeddersheim die Simultankirche als »Dekadentempel«. Die traditionelle, aber verpönte christliche Religion musste – wie in Mainz – der neuen, aufklärerischen religion civile ein Dach bieten. Dass deren Anhänger sich wirklich als Gläubige fühlten, zeigt der Beschluss der Wormser Munizipalverwaltung vom 1. Juni 1799, für den dortigen »Tempel« 200 »Republicanische Gesangbücher« anzuschaffen144. Das wohl größte »Nationalfest« im »Dekadentempel« bzw. in der Dreifaltigkeitskirche fand am 14. Juli 1801 statt. Was war der Anlass dazu?

»Endgültige« Reunion und der Untergang der Wormatia Sacra Das große Fest, das man am 14. Juli 1801 in Worms und auf dem ganzen linken Rheinufer feierte, galt weniger dem Bastillesturm von 1789 als dem am 9. Februar 1801 geschlossenen Frieden von Lunéville. Darin hatte auch das Deutsche Reich den Rhein als Ostgrenze Frankreichs anerkannt und Paris konnte die réunion définitive, die endgültige Vereinigung des linken Ufers mit der Republik, vollziehen. Bei dieser »Friedensfeier« rühmte der Hauptredner145 die Vereinigung als Rückkehr zum natürlichen Zustand, als Wiedervereinigung mit den französischen »Urbrüdern« und fuhr fort: »Wir waren Gallier und sind es aufs Neue.« Nun hatten die Unterzeichner der Reunionsadressen von 1798 ihr Ziel erreicht und wurden (allerdings in drei Etappen) »fränkische Bürger« mit allen Rechten. Doch die Republik, der sie schließlich seit dem 23. September 1802 angehörten, war eine wesentlich andere als im Frühjahr 1798. Denn am 9. November 1799, dem 18. Brumaire VIII, hatte – mitten im Krieg gegen die Hauptmächte Europas – in Paris General Napoleon Bonaparte die Macht übernommen, die république bourgeoise zerschlagen und die Revolution kurzerhand für beendet erklärt, zugleich aber einen starken Staat und die Aussöhnung von Religion und Revolution versprochen. Natürlich verfolgte Napoleon auch ganz persönliche Ziele und arbeitete sich vom Konsul zum Kaiser hoch. Nach spektakulären Siegen konnte Napoleon zumindest Kaiser Franz II. niederzwingen und ihm den Frieden von Lunéville diktieren. Innenpolitisch begünstigte der 18. Brumaire alle restaurativen Tendenzen, und die »Konsulatsverfassung« (12. Dezember 1799) beschnitt die Bürgerrechte; der Laizismus wurde aufgegeben, während sich Zentralismus und Bürokratie noch einmal steigerten. Am Rhein wurde als erste Folge des 18. Brumaire die Verwaltungsreform vom 20. Februar 1801 wirksam, die ab September zu greifen begann146: Die Departements gliederten

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Abb. 39: Briefkopf der Munizipalität Pfeddersheim, 1800 (StadtA Wo Abt. 49 Nr. 2482)

sich jetzt in größere Untereinheiten (Arrondissements bzw. Gemeindebezirke), während die Kantone jede administrative Funktion einbüßten. Worms und Pfeddersheim gehörten zum »Gemeindebezirk Speyer«, nachdem die Wormser vergeblich versucht hatten, ihre Stadt zum Hauptort eines Arrondissements zu machen147. Einige wichtige Änderungen gab es auch im Verwaltungsaufbau: Alle kollegial arbeitenden Behörden wurden durch Ein-Mann-Verwaltungen ersetzt: im Departement durch einen »Präfekten«, im Arrondissements durch »Unterpräfekten«, in den Gemeinden durch einen »Maire«. Wie schon zuvor, wurden diese Beamten nicht gewählt, sondern ernannt – womit der Hauptwunsch vieler Reunionsadressen von 1798 unerfüllt blieb. Doch die jetzt gültige Konsulatsverfassung hatte die Mitbestimmung der Bürger stark eingeschränkt. Und bei der Auswahl der Beamten sah man kaum mehr auf republikanisch-revolutionäre Gesinnung, sondern auf Berufserfahrung oder politische Zurückhaltung. Dem entsprach der Maire von Worms, den die Franzosen am 1. Dezember 1800 ernannten und an Silvester in sein Amt einführten 148: Es war der Posthalter Georg Heinrich Strauß, der sich 1792 im Klub offen gegen die Jakobiner gestellt, 1798 allerdings schon die Reunionsadresse unterzeichnet hatte. Zu den zwei Adjoints, die Worms als Stadt mit 5 000 Einwohnern zustanden, ernannte Rudler die bisherigen Munizipalen Bernhard Schuler und David Klötzer. Übernommen wurden auch der Secrétaire en chef, Matthieu, der – und das war bezeichnend – seine Bewerbung nicht etwa mit dem eigenen »patriotischem Eifer«, sondern ganz einfach begründete, er sei versé dans les occupations du Bureau 149 – nämlich in der Kanzlei der Grafen von Leiningen. Fachliche Qualifikation führte auch der Pfeddersheimer Friedensrichter Adam Reiling für sich an. Den Rückgriff auf erprobtes Personal zeigt auch die Ernennung der eher unpolitischen (2.) Pfeddersheimer Agenten Johann Jordan und seines Adjunkten Rödelberger zum Maire bzw. Adjoint des Kantonshauptortes150. Eine gewisse Kontinuität vor Ort war offenbar gewünscht, sowohl vom Generalregierungskommissar Shée, dem dritten Nachfolger Rudlers, der zugleich noch als Préfet du Département du Mont Tonnerre fungierte, bis dieser Posten Anfang 1802 von dem tatkräftigen, gelegentlich auch autoritären Jeanbon St. André übernommen wurde. Er bot die Gewähr dafür, dass die Befehlskette von Paris über Mainz und Speyer bis nach Worms und Pfeddersheim reibungslos funktionierte.

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Der starke und straffe Staat war das eine Ziel Napoleons, das andere die Aussöhnung von Revolution und Religion, voran der katholischen. In der Erkenntnis, dass dadurch die soziale Stabilität erhöht werde, hatte der Erste Konsul schon bald mit dem Vatikan verhandeln lassen. Vom 15. Juli 1801 datiert das Konkordat zwischen der Republik und dem Papst. Darin machte Frankreich dem katholischen Kirchenoberhaupt mehrere Zugeständnisse: Das Schisma des französischen Katholizismus wurde beendet, die öffentliche Religionsausübung und der Kontakt mit Rom wieder erlaubt, der Sonntag erneut zum Ruhetag erklärt, eine neue Kirchenorganisation geschaffen und der Klerus weitgehend vom Staat bezahlt. Für diese »Restauration de la Religion« zahlte die Kirche aber einen doppelten Preis: Zum einen begab sie sich durch die vereinbarte Identität von administrativen und kirchlichen Sprengeln und durch politische Verpflichtungen in große Abhängigkeit vom französischen Staat. Zum anderen aber musste der Papst die in Frankreich schon seit 1790 durchgeführte Säkularisation aller Klöster und Stiftskirchen nicht nur im Nachhinein billigen, sondern auch die künftige in den neuen Departements am Rhein. Fatal war dies für die jahrhundertealte, zuletzt hart bedrängte »Wormatia Sacra«, deren Untergang damit besiegelt war. Denn das Konkordat reduzierte die Zahl der französischen Bistümer ganz erheblich; pro Departement durfte es nur eine Diözese geben. Für das vom Donnersberg sah die päpstliche Bulle »Qui Christi Domini« (18. November 1801) nur ein Bistum Mainz vor. Worms dagegen wurde zu den diocèses suspendues gezählt151, zumindest links des Rheins, während die 44 rechtsrheinischen Pfarreien noch für einige Jahre dem Generalvikariat in Lampertheim unterstellt waren. Fürstbischof Erthal dankte auf Weisung von Rom im Juli 1802 ab; drei Wochen später starb er in Aschaffenburg. Sein Nachfolger wurde Karl Theodor von Dalberg, schon 15 Jahre Erthals Koadjutor. Für einige Monate trug er noch die Titel eines Erzbischofs von Mainz und eines Bischofs von Worms, dann wurde der »Heilige Stuhl von Mainz« auf Regensburg übertragen. Zum neuen, bürgerlichen Bischof von Mainz ernannte Napoleon den Straßburger Domprediger Joseph Ludwig Colmar 152. So ging 1801/02 ein ganz entscheidender, einst bedeutender Teil der Wormatia Sacra sang- und klanglos unter. In Worms selbst nahm man das aber eher achselzuckend zur Kenntnis. Aufsehen erregte dagegen die eigentliche Säkularisation – selbst bei der evangelischen Mehrheit der Wormser. Denn nur allzu gut spürten die Bürger, dass mit der Aufhebung aller Klöster und Stifte ein ganz wesentliches Element des »alten Worms« verloren ging. Am 11. Juni erklärte der Maire den Nonnen von Marienmünster, sie müssten umgehend ihr Kloster verlassen, während die »Domestiquen« dort bleiben könnten153. Zugleich berichtete Strauß dem Präfekten, man könne im Kapuzinerkloster alle Wormser Mönche unterbringen154. Die eigentliche Aufhebung der geistlichen Institute vollzog sich dann im Juli und August 1802. Am 21. Juli erklärte die Mairie, binnen 14 Tagen müssten alle »Nationalhäuser«, vorwiegend Stiftsgebäude, geräumt, und ihre Insassen auf die Klöster verteilt sein155. Geistliche, die rechts des Rheins geboren und damit jetzt »Ausländer« waren, hatten Worms bis zum 22. Thermidor (10. August) zu verlassen. Am 9. Thermidor machte die Mairie den Pariser Beschluss zur Aufhebung aller geistlichen Körperschaften in den quatre Départements du Rhin öffentlich bekannt156. Schon eine Woche später waren die drei Frauenklöster aufgehoben, ihre Gebäude und »Effekten« versiegelt. Jene Nonnen, die

Tafel 13: Amtskette des Oberbürgermeisters, 1911

Tafel 14a: Plakat zum Burchardjahr 1925

Tafel 14b: Fremdenverkehrswerbung, um 1935

Tafel 14c: Rathaus (1956–1958), davor Marktplatz (Foto 2004)

Tafel 15: Blick in die Judengasse

Tafel 16a: Alter Judenfriedhof (Heiliger Sand)

Tafel 16b: Jüdische Trauerhalle auf dem neuen israelitischen Friedhof, 1911 (Foto 2004)

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links des Rheins geboren waren, bekamen eine kleine Pension bzw. Reisegeld, die anderen aber mussten die Republik verlassen157. Dies galt auch für die Kapuziner, Karmeliter und Dominikaner sowie für die Kanoniker der Stifte St. Andreas, St. Martin und St. Paulus und natürlich auch für die wenigen noch anwesenden Mitglieder des Domstifts. Durchgeführt wurde die »Unterdrückung der geistlichen Korporationen«158 meist durch einen Commissaire spécial der Präfektur. In Worms war dies Notar Winkelmann – einst selbst Stiftsherr an St. Martin. Eine pikante Situation also, als »Spezialkommissar« Winkelmann am 5. Juli 1802 im St. Martinsstift erschien, dem ihm wohlbekannten Dekan Betz seine Vollmachten übergab und dann die Archivalien und Rechnungen des Stifts beschlagnahmte. Die Aufhebung stand direkt bevor, denn am 20. August kam Winkelmann erneut, dieses Mal in Begleitung des eigens eingestellten »Einnehmers der Nationaldomänen« Georg Frühinsholz. Er ließ die sechs noch in Worms anwesenden Kanoniker zusammenrufen und begann in deren Gegenwart mit der Rechnungsprüfung und Inventarisierung der Mobilien und Immobilien des Stifts. Das brauchte fünf Tage, dann, am 25. August verfasste Winkelmann in bürokratisch-sprödem Französisch ein »Schluss-

Abb. 40: Affiche zur Versteigerung von Wormser Nationalgütern 3. 8. 1803 (LA Sp G 11 Nr. 113 I: Karmeliterkloster, Bergkloster)

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protokoll«159. Ein prosaischer Verwaltungsakt verfügte kurzerhand das Ende einer 900jährigen Institution. Die »entlassenen« Kanoniker suchten – soweit links des Rheins geboren – im neuen Bistum Mainz als Geistliche weiterwirken zu können, was am besten dem Dekan von St. Martin, Betz, gelang160. Diese Stiftskirche konnte vor der Profanierung nur deshalb gerettet werden, weil sie nun einer der beiden Wormser »Sukkursalpfarreien« als Gotteshaus diente; ähnlich der Dom, dessen Sprengel zur »Kantonalpfarrei« erklärt und der bald Sitz eines Provikariats wurde161. Dagegen kamen die Güter des Martinsstifts und die Häuser seiner Mitglieder (bis auf eine Ausnahme) als »Nationalgüter« zur Versteigerung. Wie in St. Martin verlief die Säkularisation 1802 auch in den anderen Wormser Stiften und Klöstern. Insgesamt waren davon 70 Stiftsgeistliche, 30 Mönche und über 40 Nonnen betroffen 162. Ihre Einzelschicksale müssten noch genauer erforscht werden, doch steht fest, dass die meisten von ihnen Worms verließen. Die Aufhebung der Stifte und Klöster 1802 war jedoch nur der erste Teil der (Vermögens-)Säkularisation; der zweite begann ein gutes Jahr später mit der Vente des biens nationaux, also dem Verkauf bzw. der Versteigerung des zu »Nationalgütern« erklärten kirchlichen Häuser- und Grundbesitzes. Die »Auktionen« fanden – zentral für das ganze Departement – auf der Mainzer Präfektur statt 163. Wormser Nationalgüter kamen dabei an insgesamt 35 Terminen zur Versteigerung, erstmals am 3. August 1803, letztmalig am 4. September 1812. Wurden anfangs jeweils ein bis drei Dutzend Häuser und Grundstücke aus Worms angeboten, so waren es in den letzten drei Jahren fast nur vereinzelte biens nationaux. Insgesamt kamen 195 zur Versteigerung, von denen allerdings 16 keinen Käufer fanden, obwohl sie mehrfach angeboten worden waren. Zur Versteigerung kamen die unterschiedlichsten Objekte, die bei Gebäuden vom Hühnerstall bis zu großen Kirchen reichten, bei Grundstücken von kleinen Gärten bis zu großen Wingerten in Spitzenlagen, etwa um die Liebfrauenkirche herum. Die bei den Auktionen erzielten Preise waren – aller Legendenbildung zum Trotz – keineswegs niedrig. Denn gerade das Beispiel Worms zeigt, dass die bisher nicht (ver)käuflichen Güter »zur toten Hand« alles andere als billig waren: Kein einziges Nationalgut wurde zum Schätzpreis oder gar darunter veräußert. Vielmehr lag der Kaufpreis für 63 Güter bis zum anderthalbfachen des Schätzpreises, 34 kosteten das Doppelte, fast ebenso viele das Zweieinhalbfache; bei 19 Gütern mussten die Käufer bis zum Dreifachen gehen, bei 12 bis zum Vierfachen, und 16 Güter erzielten das Fünffache und mehr, zwei davon das 7,5fache. Auch die absoluten Zahlen beeindrucken, denn die Spitzenwerte überspringen mehrfach die Grenze von 10 000 Francs, das Vielfache des Jahreseinkommens eines Handwerkers 164. Der französische Staat machte bei der Versteigerung von Nationalgütern einen beachtlichen Gewinn. Dies auch deshalb, weil sich an der vente des domaines nationaux viele finanzstarke Privatleute beteiligten, darunter übrigens erstmals (drei) Juden165, die nach ihrer Gleichstellung 1798/99 nun auch Grund und Boden erwerben konnten. An der Spitze der Wormser Ersteigerer steht Georg Frühinsholz, sicher nicht zufällig örtlicher »Einnehmer der Nationaldomänen«. Mit einem gewissen Abstand folgt der Kaufmann Cornelius Heyl, der damit den Reichtum der Familie begründete; Heyl erwarb als größtes Objekt am 18. April 1805 die Ruinen des fürstbischöflichen Schlosses neben dem Dom. Erfolgreich um Wormser Nationalgüter hatte sich auch Carl Parcus bemüht, 1792/93 Revolutionär in

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Grünstadt, inzwischen aber homme de loi und »Adjoint« in Mainz, ein Bourgeois comme il faut. Steigerer waren aber auch die Wormser Beamten wie Wilhelm Gutheil oder Christian Schäfer, die Maires Georg Strauß, Jakob Pistorius und Peter Joseph Valckenberg, während die Kaufleute sich deutlich zurückhielten. Dasselbe hätte man von Wormser Katholiken erwarten können, denn die Säkularisation war gerade für sie eine Provokation. Doch bis jetzt ist über die konfessionelle Zusammensetzung der Wormser Käufer von Nationalgütern kaum etwas zu erfahren. Sicher, manches an dem Vorgehen des Commissaire spécial erregte beim kirchentreuen Teil der Bevölkerung Kritik, wenn nicht Empörung. Doch eine allgemeine Unruhe gab es in Worms so wenig wie in Mainz oder Speyer. Und dies, obwohl bei der »Umnutzung« geistlicher Gebäude oft recht rüde vorgegangen wurde, wie in St. Andreas, wo man noch am Ende des 19. Jahrhunderts Salzfässer im Innern lagerte. Der große kulturelle Substanzverlust, den die Säkularisation nach sich zog, war auch in Worms fast mit Händen zu greifen, etwa wenn die Johanneskirche am Dom als »überflüssig« eingestuft, abgebrochen und verkauft wurde (1807). So änderte sich das Wormser Stadtbild durchaus schon in der Franzosenzeit: Die großen Baukomplexe der Männerund Frauenklöster waren privat bewohnt oder wurden als Mühlen, Brauereien und Laza-

Abb. 41: Umnutzung des Kreuzgangs von St. Andreas zu einem Lagerraum, Ende 19. Jh.

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rette zweckentfremdet; allerdings waren mehrere von ihnen schon vor dem Einmarsch der Franzosen beschädigt oder verwahrlost gewesen. Die noblen Stiftskurien kamen in bürgerliche Hände, wurden oft aufgeteilt und erfüllten vielfach wirtschaftliche bzw. gewerbliche Funktionen. Schon dadurch veränderte sich kurzfristig das Bild der Stadt, das zuvor durchaus geistliche Akzente aufzuweisen hatte. Vor allem aber hatte sich die Besitzstruktur grundlegend gewandelt: War die katholische Kirche in der lutherischen Reichsstadt mit einem Anteil von über 30 Prozent der größte Grundbesitzer in Worms gewesen166, so fiel sie mit den wenigen übrig gebliebenen Pfarrgütern fast auf den letzten Platz zurück, während das »neue« Bürgertum (Beamte und Kaufleute) sich erheblich verbessern konnte. Allerdings gelang das auch einigen Auswärtigen, wie das Beispiel Parcus zeigt. Zudem ist noch ungeklärt, ob es einen Weiterverkauf von ersteigertem Nationalgut gab und wie er verlief. Dieselben Fragen stellen sich bei der Versteigerung von Nationalgütern im Kanton Pfeddersheim 167. Hier ist aber zunächst auf den dort gegebenen Zusammenhang zwischen Säkularisation und Bauernbefreiung hinzuweisen. Denn nur die in »Temporalbestand« (Zeitpacht) bewirtschafteten Äcker, Wiesen und Wingerte wurden als domaines nationaux zum Kauf angeboten, nicht dagegen das in Erbpacht vergebene Land, das der Besitzer für eine relativ geringe Ablösungssumme zu seinem wirklichen Eigentum machen konnte. Das erklärt, warum in manchen Dörfern die Nationalgüter sehr zahlreich, in anderen dagegen sehr selten oder gar nicht vorhanden waren. Von den heutigen Wormser Vororten lag Pfeddersheim mit 17 Objekten an der Spitze, gefolgt von Herrnsheim mit 15; in Rheindürkheim gab es immerhin elf, in Neuhausen und Horchheim acht bzw. sieben. In Hochheim dagegen waren es nur drei, in Leiselheim ein und in Ibersheim gab es überhaupt keines. Spitzenreiter des ganzen Kantons war jedoch Gundersheim, wo es 64 Objekte gab, die als domaines nationaux veräußert wurden. Nationalgüter aus dem Kanton Pfeddersheim wurden – in jedem Dorf durch eine »Affiche« angekündigt – an 14 Terminen in Mainz versteigert, zum ersten Mal am 25. Oktober 1803, zum letzten Mal am 28. Juni 1812. Die Ergebnisse bestätigen den Trend in Worms: So gut wie kein Nationalgut ging unter dem Schätzpreis weg, vielmehr wurde dieser recht häufig um das Doppelte, wenn nicht das Drei- oder gar Vierfache übertroffen. Unter den biens nationaux des Kantons Pfeddersheim waren natürlich viele Besitzungen von Wormser Klöstern und Stiften, aber auch (besonders in Gundersheim) große Liegenschaften der Heidelberger Geistlichen Güteradministration, die das bereits nach der Reformation verstaatlichte Kirchengut der Kurpfalz verwaltete. Vielleicht noch deutlicher als in der Stadt zeigte sich auf dem Land, dass die Ersteigerer einen recht geschlossenen Kreis meist ortsansässiger Honoratioren bildeten, wie zum Beispiel des Maire und seines Adjunkten, aber auch (wieder) des Kaplans oder des zweiten Pfarrers168. Aufgelockert wurde dieser von den Alteingesessenen geprägte Zirkel durch Auswärtige wie den im ganzen Department aktiven Carl Christian Parcus. Bemerkenswert aber auch, dass viele der bisherigen Pächter die von ihnen oft schon jahrzehntelang bewirtschafteten Felder nun als echtes Eigentum erwarben und frei damit wirtschaften konnten. Immer wieder betonen die Zeitgenossen, welch starken Schub die Nationalgüterversteigerung der Landwirtschaft im späteren Rheinhessen und der Pfalz gegeben hat 169. Wenn später das Wort umging, in der Pfalz

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trage der Bauer immer den Code Civil mit sich herum, dann waren es die auch darin verankerten Grundsätze der Besitzgarantie und Gewerbefreiheit. Das war eine nicht weniger wichtige Folge der Säkularisation von 1802, nämlich aus den zahlreichen Gütern »zur toten Hand« wirtschaftlich verwertbare Immobilien gemacht und zugleich den Anstoß zu einer effektiven Bewirtschaftung gegeben zu haben. An der Versteigerung von Nationalgütern kann man das im Kanton Pfeddersheim en détail verfolgen.

Notabeln und Verwaltete – das napoleonische Worms Ebenso ergiebig sind die Protokolle der vente des biens nationaux für die Sozialgeschichte, gerade in den Kantonen Worms und Pfeddersheim. Denn in beiden waren die Käufer von Nationalgütern weitgehend identisch mit den citoyens les plus imposés, den so genannten »Höchstbesteuerten«. Denn diese Gruppe machte den Kern der Citoyens notables, der Honoratioren aus. Auf den »Notablen« baute Napoleon seinen Staat auf, denn er stützte sich (neben dem Militär!) vorwiegend auf Leute aus dem Besitzbürgertum und der Beamtenschaft. Zur »Notabelngesellschaft« in Worms gehörten natürlich Maire Strauß (der sich 1804 selbst umbrachte) und dessen Nachfolger Jakob Pistorius und Peter Joseph Valckenberg, die Adjoints Wilhelm Gutheil und Christian Schäfer, Domäneneinnehmer Georg Frühinsholz, Friedensrichter Ludwig Heisel und Notar Winkelmann. Als citoyens notables galten ebenso erfolgreiche Kaufleute wie Cornelius Heyl, Philipp Abresch, Philipp Blattner oder Christoph Schoeneck; sie gehörten zu den 600 Höchstbesteuerten des Departements170. Dessen reichster Mann war der Duc de Dalberg, Emmerich Joseph – nach heutigem Gebietsstand ein Wormser, der für Frankreich als Diplomat tätig war und sein Herrnsheimer Schloss weiter bewohnte, ja noch ausbaute. Zu den zwölf Reichsten im Departement Mont Tonnerre gehörte weiter der Pfeddersheimer Muster-Landwirt David Moellinger. »Ökonomen«, die durch die Entfeudalisierung aktiv geworden waren, stellten auf den Dörfern die Höchstbesteuerten; als Notabeln kamen hier meist die Maires bzw. deren Adjoints hinzu wie in Pfeddersheim der frühere Regierungskommissar Karl Hortal sowie sein Stellvertreter. Etliche dieser Notablen traf man auch in der Frankenthaler Freimaurerloge und in Worms selbst dominierten sie die geselligen Zirkel171. Während die alte Wormser Oberschicht der »ratsfähigen Familien« ausgewandert oder ganz ausgestorben war und sich hier auch kein Patriziat bildete, wurde die neue Elite aus Besitzbürgern und Beamten tonangebend. Dieser Ton war jetzt wesentlich gemäßigter als 1792/93 und 1798/99. Diesen Wandel zeigte unter anderem der lapidare Beschluss des Wormser Maires vom 24. September 1801: Die Dekadenfeyer in dem Tempel hört auf 172. Damit war dem militant aufklärerischen und antikirchlichen Staatskult abrupt ein Ende gemacht. Ein weiteres Symptom für eine gesellschaftliche Normalisierung war die Tatsache, dass auch in Worms seit etwa 1802/03 die egalisierende Anrede »Citoyen« wieder durch die traditionelle »Monsieur« ersetzt wurde. Natürlich verriet die Rückkehr zu alten Umgangsformen auch, dass man das Ideal vom selbstständigen und gleichberechtigten Bürger aufgegeben hatte, logische Folge von

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Abb. 42: Bildnis des Wormser Maire Peter Joseph Valckenberg (1764–1837)

Napoleons Konzeption des starken Staates. Der Bürger war nicht mehr »Citoyen«, eigenständiges Subjekt der Politik, sondern Objekt des Handelns. Folgerichtig sprachen die Beamten meist von »Administrés«, von »Verwalteten«. Der Präfekt ließ sich gerne als le bien aimé de ses administrés titulieren, sein Stellvertreter in Speyer, Verny, ergriff Maßnahmen zum Vortheil der Verwalteten 173. Von den Untertanen der vorrevolutionären Zeit unterschied die »Verwalteten« eigentlich nur die Gleichheit aller vor dem Gesetz – und vor der Steuer. So trug das napoleonische System auch in Worms und Pfeddersheim zwar noch immer revolutionäre, zunehmend aber auch restaurative Züge. Sie zeigten sich recht deutlich, als Napoleon 1804 an den Rhein kam: Schon der erste Anlauf zu einem »Antrittsbesuch« im Mai 1803 erinnerte an den Empfang eines Monarchen, denn er wurde entsprechend vorbereitet: Die Kosten waren ebenso ausufernd wie die Vorab-Propaganda für den »Helden Bonaparte«. So hieß es im Aufruf des Präfekten Eure Herzen werden ihm entgegenfliegen 174. Doch sie konnten es nicht, denn der Erste Konsul kam nicht, weil gerade der Krieg mit England war. Ende Juli 1804 aber war es soweit: Napoleon trat mit seiner ersten Frau Josephine die Reise in die vier neuen Départements am Rhein an, auf einer Route von Aachen nach Speyer, die mehr Bezüge zum mittelalterlichen Kaisertum aufwies als zu den strategischen Vor- und Nachteilen der »natürlichen« Rheingrenze. Am 20. September traf er mit seiner Frau in Mainz ein. Von dort kamen beide nach Worms allerdings getrennt175: Am 2. Oktober, mittags um 12 Uhr, langte Josephine unter Glockengeläut in Rheindürkheim an, wo die meisten Maires der umliegenden Kantone den

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hohen Gast begrüßten und mit Militär vor die Stadt geleiteten. Dort empfing sie Maire Pistorius, der den Zug zum Markt führte, auf dem eine große Menschenmenge Napoleons Frau sehen wollte, die durch »freundliche Herablassung« ihre Zufriedenheit signalisierte. Am 3. Oktober 1804 war Napoleon selbst in Worms – zum Pferdewechsel: Nachmittags um 3 Uhr hatten wir auch das Vergnügen, Seine Majestät den Kaiser in unserer Stadt zu sehen. Ohngefähr 300 Schritte von der Vorstadt präsentirte der Herr Mär [!] Seiner Majestät die Schlüssel hiesiger Stadt auf einem silbernen Teller, welche mit vieler Herablassung angenommen und dem Maire wieder zurückgegeben wurden. Der Einzug in die Stadt geschahe unter dem Donner der Kanonen und dem Geläut aller Glocken. Die Lüften ertönten überall, wo derselbe vorbeifuhr von dem freudigen Widerhall: Es lebe unser würdiger Kaiser Napoleon! - Auf dem Marktplatz wurden die Pferde gewechselt, welchen Zeitpunkt einige benutzten, um dem Kaiser Bittschriften zu überreichen, die er sehr liebreich annahm, und zugleich den Herrn Mär [!] einlud, zu ihm nach Frankenthal zu kommen, wohin ihn die hiesige Kaiserliche Ehrengarde begleitete. […] 176. Vielleicht war das »Hofberichterstattung«, doch entsprach der unterwürfig-ehrerbietige Ton einem sicher auch bei ehemaligen Reichsstädtern vorhandenen Bedürfnis nach einer monarchischen und zugleich volksnahen Identifikationsfigur – eine Sehnsucht, die gerade Napoleon zu erfüllen schien. Natürlich wusste sich sein Regime gehörig in Szene zu setzen, wenn es galt, die scheinbar endlose Kette französischer Siege über Preußen, Österreich und Russland, einen erfolgreichen Friedensschluss oder gar am 15. August Napoleons Geburtstag zu feiern, mit einem »Te Deum«, mit Ansprachen, Glockengeläut und Kanonenschüssen177. In Worms fanden solche Feierlichkeiten meist in der »Hauptkirche am Markt« – inzwischen ja wieder ausschließlich Gotteshaus – statt, gelegentlich auch im Dom. Selbst in kleinen Orten – wie etwa Leiselheim – sollte nach dem Willen des Unterpräfekten, dieses Fest in allen Gemeinden auf eine würdige Art begangen, jedoch die Feyerlichkeit nach den Lokalitäten gestaltet und ihr der möglichste Glanz verliehen werden178. Die Kosten dafür wollte der Unterpräfekt genehmigen – doch sie mussten von den Gemeinden aufgebracht werden. Schon das zeigt, wie eng der Gestaltungsraum für »Kommunalpolitik« im napoleonischen Frankreich war, eine Folge des zunächst von der Revolution, dann vom Ersten Konsul erneut gesteigerten Zentralismus. Die straffe Befehlskette von der Hauptstadt bis in die kleinste Mairie funktionierte natürlich nur, wenn kein Glied ausscherte. Geschah das trotzdem, dann statuierte Präfekt Jeanbon St. André ein Exempel. So Anfang 1804, als er den Maire von Pfeddersheim, Johannes Jordan, kurzerhand absetzte, weil dieser sich geweigert hatte, wie angeordnet, an den Landstraßen und Feldwegen Bäume anzupflanzen. Das sei absichtlich ausgesonnener Ungehorsam, ein Hindernis bei der Tätigkeit in Vollziehung der Befehle der Oberverwaltung 179. Ein typischer Vorgang unter napoleonischer Herrschaft, die auf Befehl und Gehorsam beruhte, hierarchisch in ihrer Struktur und ausgeprägt bürokratisch in Form und Sprache war. Letztere war übrigens noch lange das Deutsche, denn die wiederholten Erlasse180 Rudlers und seiner Nachfolger von 1798/99, die Französisch zur alleinigen Amts- und Gerichtssprache machen wollten, blieben bloße Theorie. So waren die (gedruckten) Wormser und Pfeddersheimer Zivilstandsregister bis zum Jahr XII (1803/04) deutsch, korrespondierten die Munizipalverwaltungen bzw. Mairien der beide Kantone in der

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Muttersprache, während sie im Verkehr mit Speyer und Mainz das Französische verwendeten. Die Akten der einzigen in Worms ansässigen Rechtsinstanz, des Friedensgerichts, sind beinahe ausschließlich in Deutsch verfasst 181. Auch die Wormser Zeitung erschien bis zum Ende der Franzosenzeit in Deutsch und resigniert ließ ein Mainzer Präfekturbeamter noch 1807 Anträge für Gewerbescheine in Deutsch drucken, weil in den Land-Mairien sehr wenige Erheber, Maires und Mairie-Greffiers die französische Sprache verstehen 182. Obwohl die Protokolle der Mairie Worms seit 1803/04 französisch verfasst waren und sich die neue Oberschicht außer Haus vorwiegend des Französischen bediente, obwohl man in gebildeten und geselligen Kreisen französisch sprach und las, etliche Wörter und Begriffe noch heute im hiesigen Dialekt vorkommen, gelang eine francisation von Worms und seiner Umgebung letztlich nicht. Dennoch fühlten sich hier viele, spätestens seit 1801, politisch als »Fränkische Bürger« bzw. als »Franzosen« und traten später vehement für den Erhalt der »französischen Institutionen« – voran der Rechtsgleichheit und der Gewerbefreiheit – ein. Das erstaunt umso mehr, weil gerade die Gewerbefreiheit für viele Wormser zu früh und zu plötzlich kam. Die Auflösung der Zünfte war dann auch ein längerer, zäher Prozess183. Zudem entwickelte sich auch nach 1798/99 hier zunächst keine nennenswerte fabrikähnliche Produktion, denn die Wormser Wirtschaft blieb auf die sehr begrenzten Bedürfnisse einer kleinen Ackerbürgerstadt zugeschnitten. Schon die in weiten Teilen unbebaute innerstädtische Gemarkung bot genügend Raum für den Anbau aller Arten von Getreide, für Wiesen und Weiden, für die Haltung von viel Vieh, darunter 400 Kühen, 300 Schweinen und 140 Pferden 184. Dass Worms zu Beginn des 19. Jahrhunderts eher einem Dorf als einer Stadt glich, hatte vor allem zwei Gründe: zum einen die Lage direkt an der Ostgrenze Frankreichs, zum anderen den Verlust fast aller kirchlichen Funktionen und Institutionen. Noch 1812 beklagte der Munizipalrat, »daß der hiesige Handel durch den Umstand, daß die Stadt an der äußersten Grenze liegt und durch das Zollsystem so vollkommen lahm gelegt ist, daß die Einwohner fast nur Landbau treiben« 185. Bereits 1805 hatte Maire Pistorius nach Speyer berichtet: »Durch die Douanegesetze ist der auswärtige [Handel] ganz vernichtet worden« und festgestellt: »Hier wird außer einigem Tabbak, Oehl, Essig und Brandewein nichts ins große fabricirt und auch diese Fabricaturen sind aus obigen Gründen im Abnehmen«186. Der größte der 107 Wormser Betriebe hatte 1811 nur 15 Arbeiter, alle zusammen nicht mehr als 90 187! Unter den »Professionisten« der Stadt ragten deshalb 1805 auch die Ackersleute mit 70 Männern heraus, gefolgt von den Schuhmachern und Wirten (42 bzw. 33), dann von den Schneidern, Metzgern, Bäckern und Schreinern (30, 27, 20 und 19). Kaum geändert hatte sich die Konfessionsverteilung: Die »lutherische Religionsgesellschaft« zählte 3 200, die reformierte 701, die katholische 1 160 und die jüdische 400 Seelen. An Schulen führt die Statistik drei »Primärschulen« auf, die freilich noch immer konfessionell organisiert sind: zwei lutherische und eine reformierte Schule. Die katholische war infolge »der gänzlichen Aufhebung der geistlichen Körperschaften wegen dem Mangel an Besoldung des Lehrers eingegangen. Daher besuchen viele Kinder von dieser Religion die lutherischen Schulen«. Zu den »schönsten Hoffnungen« berechtigte nach Meinung des Maire jedoch die »Secundaire Schule«. Sie war am 4. Dezember 1802 zusammen mit sechs anderen écoles secondaires ge-

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gründet, allerdings erst am 23. Januar 1804 eröffnet worden188. Sie entstand aus der Zusammenlegung des (fürstbischöflichen) Jesuitengymnasiums, der alten städtischen Lateinschule und des lutherischen Gymnasiums und war in dessen Gebäude untergebracht. Anfangs hatte die Anstalt 30, später 70 bis 80 Schüler, von denen etwa ein Dutzend im Internat lebten. Drei Lehrer unterrichteten in sechs Klassen unter anderem Französisch, Deutsch und Latein, Mathematik und viel Geografie, Literatur und Geschichte. Absolventen der Wormser »Ecole Secondaire« konnten das in Mainz Ende 1803 eröffnete »Lycée impérial« besuchen. Der 1811 gehegte Plan eines eigenen Lyzeums in Worms wurde aus Kostengründen nicht weiter verfolgt. Worms unter Napoleon: Dazu lesen wir in Bodmanns Jahrbuch des Donnersberg-Departements für 1808189: »Diese Stadt, deren Einwohnerzahl 5570 Seelen beträgt, ist sehr bedeutend. Ihre Bewohner zeichnen sich durch Gewerbe und Handel aus.« Es gebe hier folgende Einrichtungen: Friedensgericht, Sekundarschule, katholische Kantonspfarrei und lutherisches Konsistorium, Zoll- und Steuerstellen, Gendarmerie und Post. Dann gibt Bodmann einen kurzen Abriss der Wormser Geschichte, in dem er das Konkordat von 1122, die Reichstage von 1495 und 1521 besonders hervorhebt. Ein bemerkenswerter Rückblick, der sogar der sonst so geschmähten »Feudal-Zeit« Gerechtigkeit widerfahren ließ. Den Kanton Pfeddersheim (14 935 Einwohner) in 22 Mairien bezeichnet Bodmann als sehr fruchtbar, ja als einen »der bedeutendsten des Arrondissements«190, denn die Landwirtschaft sei »sehr gepflegt«, weshalb hier alle Arten von Getreide, Futtermittel und Obst wüchsen. Die hohe Produktivität führt er auf den ökonomischen Reformeifer der »Anabaptistes«, das heißt der Mennoniten zurück, deren Zahl im Kanton Pfeddersheim die zweithöchste im Departement war191. Ebenfalls 1808 legte der Pfeddersheimer Maire Hortal eine Statistik zu seiner Gemeinde192 an, stets im Vergleich der Jahre 1789, 1800/ 01 und 1807. Aus ihr einige Daten, zunächst zur Bevölkerungsentwicklung: Die Zahl der Einwohner war von 1193 und 1352 auf 1 505 gestiegen; 1807 gab es hier 219 Kinder bis 5 Jahren, 165 bis zu 10 und 155 bis zu 15 Jahren. Die stärkste Altersgruppe stellten die 20- bis 30-Jährigen (218/240/293), über 70 Jahre alt waren nur 13, 15 bzw. 25 Pfeddersheimer. Die Zahl der »Eigenthümer von liegenden Gütern« war von 243 auf 316 gestiegen noch mehr die jener die nur vom »Ertrag ihrer Güter leben« (82/95/193) – wohl eine Folge der Nationalgüterversteigerung. Die Anzahl der »von mekanischer« Arbeit, von Industrie oder Handel Lebenden hatte ebenfalls zugenommen (407/455/460). Aufschlussreich für den Bildungsstand ist die »Anzahl der Individuen, die lesen können«; dies waren (einschließlich jener mit höheren Kenntnissen) 613, 696 und 771 von 1 193, 1 352 und 1 505 Pfeddersheimern. Die Geburten waren 1807 fast doppelt so häufig wie 1789, die Sterbefälle allerdings auch (21/35/46). Ausführlich gibt Hortal Anbauflächen der Gemarkung und ihre Erträge an Wein, Obst, Gemüse, Getreide an und hebt den Zuckerrübenanbau hervor, der die Folgen der 1806 von Napoleon verhängten Kontinentalsperre mildern sollte: Lokale Details zwar, die aber doch von Wohlstand und Aufwärtsentwicklung in neun Jahren napoleonischer Herrschaft zeugen.

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Konskription, Krieg und Krise – das Ende der Franzosenzeit in Worms Tatsächlich befand sich Napoleon 1808 auf dem Höhepunkt seiner Macht. Fast ganz Kontinentaleuropa war von ihm abhängig und am Rhein hatte man sich längst daran gewöhnt, zum »Empire Français« zu gehören, ja, man schätzte durchaus die Vorteile einer modernen Staatsverwaltung und eines großen Binnenmarktes. Wenn dennoch die Zufriedenheit mit der französischen Herrschaft abnahm, dann hing dies vor allem mit dem steilen Anstieg der »Konskriptionen« zusammen, der einer immer weiter ausgreifenden Kriegführung Napoleons entsprach. Seit dem Aufstand der Spanier (1808) und erneutem Krieg mit Österreich (1809/10) wurden die Aushebungen von Soldaten immer häufiger und die vom Kaiser geforderten Kontingente immer größer. Zum Kriegsdienst waren die Wormser im Ancien Régime nie eingezogen worden; auch nicht unter französischer Herrschaft, solange die »Reunion« noch provisorisch war. Nachdem die vier rheinischen Departements jedoch »endgültig« dem übrigen Frankreich gleichgestellt waren (23. September 1802), kamen hier auch die Wehrgesetze der Republik zur Anwendung 193. Demnach hatte jeder männliche, über 20 Jahre alte und unverheiratete Franzose Dienst in der »Aktiv-Armee« zu leisten. Nach Erfassung und Musterung aller Dienstpflichtigen eines Jahrgangs im Hauptort des Kantons wurden diese in eine Reihenfolge gebracht, von denen – je nach Stärke des Geburtsjahrgangs und der angeforderten Zahl von Rekruten – ein Teil zur Aktiv-, ein anderer zur Reserve-Armee eingezogen wurde. Vom Kriegsdienst befreit waren allerdings alle Männer, die kleiner als 1,54 Meter, die behindert oder krank, einziger Sohn einer Witwe, Bruder eines bereits Dienenden, einer von Zwillingen oder verheiratet waren. Über Einziehung, Befreiung oder Zurückstellung entschied auf Grund von Gutachten der Maires und Bezirksräte der in der Hauptstadt des Arrondissements ansässige »Rekrutierungsrat«. Gegen eine meist recht hohe Entschädigung konnte sich ein »Konskribierter« auch vertreten lassen; natürlich war es nur Vermögenden möglich, einen solchen »Einsteher« zu stellen. Wie viele Konskribierte wirklich eingezogen wurden und an den napoleonischen Feldzügen teilnahmen, ist auf Grund der schlechten Quellenlage 194 weder für das Departement insgesamt noch für die Kantone Worms und Pfeddersheim exakt zu beantworten. Außerdem wurde immer nur ein Teil der Konskribierten wirklich zur Aktivarmee eingezogen, während viele andere sich der Musterung entzogen, weswegen sie als »Widerspenstige« polizeilich gesucht wurden: Die Fahndung nach diesen refractaires und deren Bestrafung lief gerade in und um Worms auf Hochtouren, denn hier hatten offenbar besonders viele versucht, sich dem Kriegsdienst durch Flucht oder Untertauchen zu entziehen195. Ihnen selbst drohten harte Gefängnisstrafen, ihren Helfern hohe Geldstrafen. Sicher war hier die Angst vor den Gefahren des Krieges ausschlaggebend und weit weniger der Widerwille dagegen, für eine »fremde Macht« Kriegsdienst zu leisten. Im Kanton Pfeddersheim erfasste die erste Konskription im September 1802 insgesamt 49 junge Männer, von denen freilich nur 26 zur Musterung erschienen 196. Ein Jahr später wurden 130 Männer aus den Geburtsjahrgängen 1781/82 gemustert, davon waren nur fünf aus Pfeddersheim (1 482 Einwohner) selbst, während aus den heutigen Wormser Vororten Herrnsheim (1 140 Einwohner) 14, Hochheim (587) zwei, Horchheim (727 Einwoh-

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Abb. 43: Denkmal für die napoleonischen Veteranen in Pfeddersheim, errichtet 1847

ner) sechs, Neuhausen (219 Einwohner) vier und Leiselheim (522 Einwohner) sieben kamen197. Von den am 30. Januar 1804 in Pfeddersheim Gemusterten kamen jeweils 13 zur Aktiv- und zur Reservearmee; allerdings war in beiden Gruppen die Hälfte nicht erschienen. Im Jahr darauf kamen bei zwei levées von den auf das Arrondissement Speyer entfallenden 113 bzw. 211 Mann vier bzw. fünf und 13 bzw. 26 und vier aus Worms bzw. dem Kanton Pfeddersheim. Bei der Konskription von 1807198 hatte das Département insgesamt 773 Mann zu stellen; davon musste das Arrondissement Speyer 274 Mann aufbieten, von denen wiederum 29 auf den Kanton Pfeddersheim aber nur acht auf Worms entfielen. Zwei Jahre später hatte Pfeddersheim aber schon 72, schließlich 1810 sogar 162 Mann zu stellen. Die vom Département zu stellende Mannschaft belief sich 1811 auf 675, verdreifachte sich aber binnen eines Jahres fast auf 1 922 und erreichte 1812 mit 2 004 Mann einen Höhepunkt; von diesen sollten 42 aus dem Kanton Pfeddersheim und zehn aus Worms kommen. Die wohl letzte Konskription erfolgte am 14. Oktober 1813199. Die Aktiven unter ihnen wurden oft dem 16. Linienregiment zugeteilt und kämpften unter

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Napoleons Fahnen auf allen Kriegsschauplätzen. Wie viele von ihnen gefallen sind, ist unklar, denn die beiden Denkmäler, die 1848 bzw. 1847 von den Wormser und Pfeddersheimer »Veteranen« errichtet wurden, geben darüber nur unvollkommen Aufschluss. Sie verzeichnen lediglich die Überlebenden, soweit sie Mitglieder der Vereine waren. Diese pflegten einen regelrechten Napoleonkult, der natürlich das oft schlimme Schicksal der Konskribierten sowie die Ängste der Angehörigen und die Sorgen der Hinterbliebenen ignorierte 200. Denn bei aller Faszination, die der »Volkskaiser« auch auf die »DeutschFranzosen« am Rhein ausübte, waren es die zunehmend verlustreichen Feldzüge, die seine Herrschaft in Misskredit brachten. Das begann im Juni 1812 mit dem Krieg in Russland, aus dem Napoleon ja im Winter 1812/13 den Rückzug antreten musste, der für die meisten seiner Soldaten zum Desaster wurde. Auch des Kaisers Versuch Anfang 1813, sich militärisch zu behaupten, misslang; die Franzosen mussten Polen und Preußen räumen, erstmals eine Reihe von Niederlagen hinnehmen, ebenso die Bildung einer neuen Koalition und den Abfall von Verbündeten. Schließlich wurde Napoleon in der Völkerschlacht von Leipzig (16.–18. Oktober 1813) von den vereinten Preußen, Russen und Österreichern geschlagen. Die Reste seiner Armee versuchten, sich zum Rhein, der französischen Grenze, durchzuschlagen. Zu diesem Zeitpunkt glaubte man in Worms noch wie gewöhnlich an einen französischen Sieg. Maire Peter Joseph Valckenberg (1764–1837, er amtierte zwischen 1813 und 1837, vgl. Abb. 42, S. 390) verfasste noch am 20./21. Oktober eine Ergebenheitsadresse an Kaiserin Marie Louise201, die Napoleon während seiner Abwesenheit zur Regentin erklärt hatte. Die Munizipalräte beteuern, dass sie schon immer eine »unwandelbare Treue« gegenüber ihren Herrschern bewiesen hätten, als habe es nie eine Freie Reichsstadt gegeben. Zugleich empören sie sich darüber, dass ein französischer Adliger 202 russische Truppen gegen Frankreich führt. Schon bald aber, Anfang November, hat der Maire ganz andere Sorgen: Massen von französischen Soldaten strömen vom rechten Rheinufer auf die Stadt zu; am 30. Oktober sind sie bei Hanau von den Bayern – einst Napoleons beste Verbündete – geschlagen worden. Sie drängen nach Mainz, dem »Bollwerk Frankreichs« an der Rheingrenze. Aber auch Worms ist ein begehrtes Ziel, denn hier gibt es im früheren Domkreuzgang ein Militärlazarett. Und das brauchen die Soldaten dringend, denn ein großer Teil von ihnen leidet an Fleckfieber, das sich unter ihnen wegen mangelnder Ernährung und Hygiene sowie der Erschöpfung durch den Krieg rasch ausbreiten konnte. Auf der linken Rheinseite angekommen, fühlen sie sich nicht mehr bedroht. Doch jetzt werden sie selbst zur Bedrohung, denn ihre Fleckfieberepidemie kommt voll zum Ausbruch und erfasst die Zivilbevölkerung. Zwar sind die Verluste in Worms und Pfeddersheim nicht so enorm wie in Mainz, wo 17 000 bis 20 000 Soldaten sowie 2 145 Zivilisten (ein Zehntel der Bevölkerung!) sterben, doch hinterlässt dieser »Typhus de Mayence« auch hier eine deutliche Spur des Todes203: In Worms gibt es im Oktober bis zum 20. nur 16, danach aber 30, insgesamt also 46 Tote gegenüber 17 im »normalen« Jahr 1809. Im November steigt die Sterberate auf 79 Personen (1809: 15), im Dezember schnellt sie auf 135 hoch (1809: 12), flacht im Januar 1814 mit 118 Personen (1809: 13) etwas ab und liegt noch im Februar über dem Doppelten eines Normaljahres (1809: 20, 1814: 58). Ganz ähnlich ist der Ver-

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lauf in der Mairie Pfeddersheim: Hier sterben im Oktober 1813 nur drei Personen (1809: 1), im November aber schon 14 (4), im Dezember 17 (4). 17 Sterbefälle gibt es auch im Januar 1814 (Januar 1813: 5), während die Zahl im Februar auf sieben (1) zurückgeht, steigt sie im März auf 15 (März 1813: 3) an. Wie der Vergleich mit Bingen, Nierstein und Oppenheim, vor allem aber mit Mainz zeigt204, lag auch dort der Höhepunkt der Epidemie an der Jahreswende 1813/14. Wenn auch natürlich nicht alle Wormser und Pfeddersheimer Sterbefälle dieser Monate auf den »Typhus de Mayence« zurückzuführen sind, so hatte er doch eindeutig fatale Konsequenzen: In den vier Monaten zwischen Ausbruch und Abklingen starben in Worms mehr als doppelt so viel, in der Mairie Pfeddersheim anderthalbmal so viel Personen wie in normalen Jahren. Es war eine klassische demografische Krise »alten Typs«, hervorgerufen durch Nahrungsknappheit, Seuche und kriegerische Ereignisse. Denn der Krieg hatte Worms und seine Umgebung nun doch erreicht, da der Rhein für die gegen Napoleon Verbündeten letztlich kein schweres Hindernis darstellte. Zwar warteten Preußen, Russen und Österreicher eine gewisse Zeit auf dem rechten Ufer ab, bis sie an der Jahreswende 1813/14 losschlugen: Bei Kaub gingen in der Neujahrsnacht Preußen unter Blücher über den Rhein und am Neujahrstag setzten die Russen bei Ketsch über, besetzten Frankenthal und marschierten auf Worms zu. Am 3. Januar 1814 mussten die Franzosen unter Marschall Marmont die Stadt räumen. Sie taten es kampflos, genau wie sie exakt 16 Jahre zuvor eingerückt waren. In aller Eile verließen geborene Franzosen, voran die Zoll- und Steuerbeamten, die Stadt. So war in Worms und (bis auf Mainz) auf dem ganzen linken Rheinufer die französische Herrschaft in den ersten Tagen des Jahres 1814 zu Ende gegangen. Noch nicht zu Ende war dagegen der Krieg, denn die verbündeten Heere brauchten noch bis Anfang April, um Paris besetzen und Napoleon zum Abdanken zwingen zu können. Am Rhein richteten sich unterdessen Preußen, Österreicher und – zum ersten und einzigen Mal – Russen als Besatzungsmächte ein. Wie bereits vor dem Einmarsch vereinbart, behielten sie die französische Verwaltungsgliederung zunächst bei, fassten aber die drei Departements Rhein-Mosel, Saar und Donnersberg zu einem »Generalgouvernement Mittelrhein« zusammen, das der russische Staatsrat Gruner leitete. Das Departement Donnersberg unterstand dem preußischen Kriegskommissar Friedrich Freiherr v. Otterstedt. Indes amtierten in Worms und dem Kanton Pfeddersheim die Maires und Adjoints weiter, behielten sogar zunächst ihre (französischen) Dienstbezeichnungen bei, korrespondierten zum Teil weiter en français und führten die Zivilstandsregister noch bis Mai bzw. August 1814 französisch205. Sicher, die große Mehrheit der Wormser freute sich wieder »deutsch« zu sein, doch zeigten manche noch eine gewisse Affinität zu Frankreich. So sah man in Worms wie im ganzen Arrondissement Speyer auch im Februar 1814 noch französische Hoheitszeichen. Empört befahl der preußische Kommissar Otterstedt deshalb die sofortige Entfernung aller Spuren der französischen Unterjochung, damit die Deutschen so wenig wie möglich an ihre tiefe Schmach erinnert würden. Jeder napoleonische Adler, jede französische Inschrift müsse ausgemerzt werden, damit kein Deutsches Auge mehr […] beleidigt werde206. Doch mit solchen Tönen kam der Kommissar bei den Wormsern ebenso wenig an wie General Blücher, der in einer Proklamation an die Bewohner des linken Rheinufers – vom

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Wochenblatt am 15. Januar in seiner vorläufig letzten Nummer publiziert 207 – viel von den »heiligen Banden des Blutes« zwischen den Deutschen links und rechts des Rheins, von »drückenden Lasten der Fremdherrschaft« gesprochen hatte – aber auch von unvermeidbaren Besatzungslasten. Indirekt gab »Marschall Vorwärts« damit zu, die Stimmung auf dem linken Rheinufer falsch eingeschätzt zu haben: »Von einer Begeisterung, wie sie in Norddeutschland die Jugend ergriffen hatte, konnte am Rhein keine Rede sein« 208. Nur als reine »Befreiung« empfanden die meisten Wormser und Pfeddersheimer den Einmarsch der Alliierten wohl nicht, selbst wenn sie sich noch (oder: wieder) als Deutsche verstanden. Denn jetzt begann ja erneut eine Besatzungsherrschaft, die lästig, wenn nicht drückend werden konnte. Daran änderte auch nichts die Übertragung der Verwaltung des Gebietes zwischen Rhein und Mosel an die österreichisch-bayerische »Landesadministrationskommission« mit Sitz in Bad Kreuznach209; die Kantone Worms und Pfeddersheim gehörten jetzt zum »Kreis Speyer«, geleitet von dem Bayern Franz von Zwackh. Auch er tastete weder die französische Struktur von Verwaltung und Justiz noch die Zusammensetzung der Beamtenschaft an. Dies allerdings auch deshalb, weil das politische Schicksal des linken Rheinufers lange offen blieb210. Auf dem Wiener Kongress, der 1814/15 die Neuordnung Deutschlands beriet, konnte man sich im Juni 1815 nur darauf einigen, dass Preußen das nördlich der Nahe liegende Gebiet erhalten sollte. Die österreichisch-bayerische Landesadministration zog daher im Juli 1815 nach Worms und verwaltete von hier aus genau ein Jahr lang »mit väterlicher Hand … das bestimmungslose Land« 211. Unterdessen ging das diplomatische Gerangel weiter. Erst im April 1816 einigte man sich grundsätzlich: Bayern sollte den Südteil des Donnersberg-Departements erhalten; Hessen-Darmstadt gab seinen bisherigen Besitz Westfalen auf und bekam dafür einen Anteil am Linksrheinischen zugesprochen. Das konnte nur noch der Nordteil des Donnersberg-Departements sein, doch dauerte es noch ein ganzes Jahr, bis ein Vertrag zwischen Österreich, Preußen und Hessen am 30. Juni 1816 das Arrondissement bzw. den »Kreis« Mainz (ohne den Kanton Kirchheimbolanden) sowie die Kantone Worms und Pfeddersheim aus dem »Kreis« Speyer dem Großherzog »von Hessen und bei Rhein« unterstellte. Damit war das später so genannte »Rhein-Hessen« geboren, Worms und seine Umgebung aber von der »Pfalz« getrennt. Am 14. Juli kamen die hessischen Kommissare nach Worms, proklamierten hier das Besitzergreifungspatent Ludwigs I. und nahmen den Beamten den Treueid ab. Nach 16 Jahren Zugehörigkeit zu Frankreich war Worms wieder eine deutsche Stadt.

Von Altworms zu Neuworms – eine Bilanz der Wormser Franzosenzeit Doch das Deutschland, in das Worms 1814/16 zurückkehrte, war ein ganz anderes als jenes von 1792/98, als die Stadt und ihr Umland französisch wurden. Zunächst: 1814 gab es kein Heiliges Römisches Reich, folglich auch keine Reichsstädte mehr. Nur vier von ihnen hatten die »Fürstenrevolution« von 1802/03 überlebt, alle anderen waren »mediatisiert«, das heißt ihrer Selbstständigkeit beraubt worden. Ein Schicksal, das Worms (so-

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wie Speyer, Köln und Aachen) schon fünf Jahre früher ereilt hatte, als Folge der Annexion des linken Rheinufers durch die spätrevolutionäre Republik. Das wurde 1814/16 revidiert, doch war an eine erneute Wormser Autonomie nicht zu denken. Dafür war Worms viel zu klein, außerdem auf das Niveau einer Ackerbürgerstadt, ja eines Dorfes zurückgefallen. Ein zweiter Grund für den Abstieg der Stadt war die Säkularisation von 1802/03. Denn mit der Aufhebung der Stifte und Klöster und der Auflösung des (Fürst-)Bistums ging die »Wormatia Sacra« unter. Mit ihr brach die andere der »beiden Säulen des alten Worms«212 weg. Die Kluft zwischen dem trotz 1689 noch weitgehend intakten »Altworms« und dem doch ganz anders gearteten »Neuworms« vertiefte sich, wurde zu einer klaren Zäsur in der Stadtgeschichte. Dies wird auch darin deutlich, dass die – aus konfessionellen Gründen – so exklusive politische Elite einer neuen, auch sozial breiteren Führungsschicht weichen musste; Fakten genug, um hieran das Problem von Kontinuität und Diskontinuität zu studieren. Die meisten Historiker des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts sahen die Jahre 1792/98 bis 1814 vor allem als Fremdherrschaft an, als Zeit einer mehr oder minder großen nationalen Schmach. Die Zeitgenossen hatten aber wohl eine andere Perspektive: Nachdem es die meisten 1792/93 abgelehnt hatten, ihren reichsstädtischen Republikanismus zu Gunsten der revolutionären Demokratie aufzugeben, arrangierten sie sich – zum Teil überraschend schnell – nach dem Anschluss an Frankreich 1798/99, spätestens jedoch seit 1801 mit den neuen Verhältnissen. Gleichwohl blieben sprachliche und mentale Barrieren bestehen. Um sie zu überwinden, hätte das ganze linke Rheinufer länger zu Frankreich gehören müssen. Dann wären die Wormser, Pfeddersheimer usw. wie die Elsässer »Deutsch sprechende Franzosen« geworden. So aber fühlten sich die Wormser und ihre Nachbarn 1814 noch immer als Deutsche, waren jedoch von dem Chauvinismus der »Befreiungskriege«, wie er sich rechts des Rheins entfaltete, weit entfernt. Dagegen wirkte die 16-jährige Zugehörigkeit zum spätrevolutionären, dann napoleonischen Frankreich durchaus weiter: Davon zeugte im Vormärz nicht nur die NapoleonNostalgie, sondern mehr noch der hartnäckige Kampf für die »französischen Institutionen«. Sie waren 1792/93 nur proklamiert worden und kamen erst fünf Jahre später (weitgehend) zur Realisierung. Gegen viele Widerstände durchgesetzt, verschafften sie dem Linksrheinischen bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts einen gewissen Vorsprung an Modernität, dessen Kernpunkte Rechtsgleichheit, Gewerbefreiheit und Zivilehe waren. All das finden wir natürlich auf dem gesamten linken Rheinufer, dessen Geschichte seit 1797/98 allenthalben im gleichen Rhythmus verlief, während die lokalen Besonderheiten zurücktreten. Von daher erhält die Geschichte dieser Region nach 1794/98 einen fast uniformen Charakter, ganz im Gegensatz zu jener im Ancien Régime. Diese Uniformität, die lokale und regionale Unterschiede nivelliert, ist ein weiteres Element der Modernität. Dasselbe gilt für die Säkularisierung der Gesellschaft. Sie fand ihren Ausdruck schon in der hohen Akzeptanz der Zivilehe, noch mehr aber in der Gleichberechtigung der drei christlichen Konfessionen und des Judentums. Sie löste die sozial und rechtlich genau

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abgestufte »Mehr-Konfessionalität« des alten Worms ab, brachte allerdings auch neue Rivalitäten hervor, vom zunehmenden Indifferentismus (eine Folge des Laizismus von 1798ff.) ganz abgesehen. Reformierte und Katholiken waren nun den Lutheranern gleichgestellt, die letztlich »Verlierer« waren, weil sie ihre fast 300-jährige Vorherrschaft eingebüßt hatten und nicht mehr wieder erlangten. Trotzdem mussten auch die Wormser Katholiken ihre Rolle neu definieren. Denn sie hatten nicht mehr den Status einer geschützten Minderheit und den Rückhalt des Fürstbischofs. Zudem waren ihre personelle und materielle Basis sowie das Führungspersonal und der Besitz durch die Säkularisation von 1802/03 fast ganz abhanden gekommen. Das hatte jedoch auch Auswirkungen auf die nichtkatholischen Wormser, denn jetzt fiel die Stifts- und Ordensgeistlichkeit als Arbeit- und Auftraggeber weg. Außerdem verlor Worms durch die Aufhebung des (Fürst)Bistums die letzte überörtliche Funktion; ein Bedeutungsverlust, der durch Mediatisierung und Säkularisation verursacht worden war, allerdings auch eingetreten wäre, wenn Worms bei Deutschland verblieben wäre. Stattdessen lag es jetzt an der französischen Ostgrenze, die viel undurchlässiger war als die frühere zu Nachbarterritorien wie der Kurpfalz. Selbst nach 1816 bestand die Grenzlage für Worms zunächst weiter, denn Bayern wollte die (spätere) Pfalz möglichst eng an sich binden, was Baden mit Mannheim ebenso tat wie Darmstadt mit Rheinhessen. Dass diese Barriere bald durch den Zollverein wegfallen würde, war 1816 nicht abzusehen. Klar war damals nur, dass es kein Zurück zum alten Worms mehr gab; nicht zuletzt deshalb, weil die früheren Eliten mittlerweile inzwischen ausgewandert oder ausgestorben waren. An ihre Stelle traten nun Bürger, die zwar als Staatsbürger recht selbstbewusst, in ihrer Lebensführung aber eher nüchtern-bescheiden waren und sich ökonomisch, mental und kulturell auf die Bedürfnisse einer Ackerbürgerstadt einstellten. Sie konnten noch nicht wissen, dass aus der einstigen Reichs- und Bischofsstadt nach der ungewollten, aber folgenreichen Modernisierung zwischen 1798 und 1814, schon bald eine rege Industriestadt werden würde, mit allen Chancen und Risiken einer solchen Struktur. Doch davon wird in den nächsten Kapiteln die Rede sein.

Die hessische Landstadt in Vormärz und Revolution 1848/49 (1816–1852) M ANFRED H.W. K ÖHLER »… dass die hiesigen Demokraten zum vollsten politischen Bewusstsein gelangt sind …«

Einleitung Der hier zu behandelnde Zeitraum wird in den meisten älteren Darstellungen, wie zum Beispiel bei Heinrich Boos, als eine Zwischenzeit, wenn nicht gar als eine Unzeit vorgestellt, als eine Etappe in der Entwicklung von der Reichsstadt zur Industriestadt, wobei Reichsstadt mit altem Glanz und Industriestadt mit neuem Wohlstand gleichgesetzt wird1. Der Erlebnisbericht, den der französische Erzähler Victor Hugo über seinen Besuch in Worms 1838 veröffentlichte, scheint dafür zeitpunktuell eine eingehende Bestätigung zu liefern2. Was in diesen Darstellungen aber meist mehr oder weniger fehlt, ist die Schilderung des politisch-sozialen Emanzipationsprozesses der bis dahin unterprivilegierten Schichten, des überwiegend liberal eingestellten Bürgertums und der zumeist demokratisch gesonnenen unterbürgerlichen Schichten. Auf diesem Prozess, in seinen Dimensionen und seiner Reichweite, soll in diesem Abschnitt das Schwergewicht liegen.

Grundlagen Besitzergreifung und Verfassung Auf dem Wiener Kongress musste das Großherzogtum Hessen eine gravierende Gebietsverschiebung hinnehmen: Als Ausgleich für das an Preußen abgetretene Westfalen erhielt es den nördlichen Teil des ehemaligen Donnersberg-Kreises, des linksrheinischen Gebietes zwischen Mainz und Bingen im Norden und Worms und Alzey im Süden.3 Dieses Gebiet unterstellte sich Großherzog Ludwig I. mit dem Besitzergreifungspatent vom 8. Juli 1816, worauf er sich nunmehr Großherzog von Hessen und bei Rhein nannte. Wesentliche Bestimmung des Patents war, dass der Großherzog versprach, »das wahrhafte Gute, was Aufklärung und Zeitverhältnisse« in französischer Zeit herbeigeführt hatten, bestehen zu lassen4. Mit diesen rheinhessischen Institutionen, wie sie schon bald zusammenfassend genannt wurden (z. B. Schwurgericht, Öffentlichkeit der Gerichtsverfahren, Zivilehe), besaß die Provinz einen beachtlichen rechtlichen und sozialen Vorteil vor den beiden Altprovinzen Starkenburg und Oberhessen5. So ist zu verstehen, dass der 16. Juli 1816, der Tag der feierlichen Besitzergreifung in Worms, ein Tag war, so die Wormser Zei-

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tung, an dem man froh war, »einem Regenten zuteil geworden zu sein, der so liebevoll« sich näherte und der »Aussichten auf eine frohe gedeihliche Zukunft« eröffnen könne 6. Auf dem Wiener Kongress hatten die Fürsten, als Nachwirkung auf die starke Bewegung breiter Volksschichten in den Befreiungskriegen gegen Napoleon, auch den lapidaren Satz beschlossen: In allen deutschen Bundesstaaten wird eine landständische Verfassung stattfinden7. An dieses Versprechen ließen sich die Fürsten danach jedoch nur ungern erinnern. Nachdem es dem hessischen Herrscher gelungen war, eine erste zarte Volksbewegung, die im Spätherbst 1817 vor allem Rheinhessen und damit auch Worms umfasste, administrativ zu unterdrücken 8, musste er schließlich der Forderung nach Etablierung von Verfassung und Parlament, die ab dem Sommer 1818 von der Opposition in Darmstadt und im südlichen Starkenburg mittels so genannter »wilder Landtage« massiv vorgetragen wurde, nachgeben. Doch die erste Fassung der Verfassung, die der Großherzog unterbreitete, erfüllte nicht einmal die Minimalforderungen der Opposition, sodass sie es beim ersten Zusammentritt des Parlaments Anfang Juli 1820 in Darmstadt ablehnte, den Eid auf die Verfassung zu leisten. Zu dieser Opposition gehörte zunächst auch der Wormser Abgeordnete Franz Ludwig von Maubuisson. Er schloss sich dann aber einer Kompromissfraktion an, die zwar auf Verbesserungen am Verfassungsentwurf bestand, sie aber vom Fortgang der Beratungen im Landtag erwarten wollte. Während die »harten« Eidverweigerer um den Ober-Appellationsrat Georg Höpfner von einer erneuten Landtagskandidatur ausgeschlossen wurden, konnten die »weichen« Eidverweigerer ihre Sitze im Parlament beibehalten9. Nach einigen substanziellen Verbesserungen wurde die Verfassung dann schließlich am 17. Dezember 1820 verabschiedet. Die Essentials der Verfassung: Oberhaupt des Staates war der in seiner Person heilige und unverletzliche Großherzog, der in sich alle Rechte der Staatsgewalt vereinigte, sie aber nur in bestimmten verfassungsrechtlichen Bahnen ausüben durfte. Zu diesen, die Machtbefugnis des Herrschers beschränkenden Einrichtungen gehörten zwei Kammern: die erste, eine Art Oberhaus, das sich aus den Prinzen des großherzoglichen Hauses, aus den Häuptern der standesherrlichen Familien und den obersten Vertretern der beiden christlichen Kirchen zusammensetzte, und vor allem die zweite Kammer, das Unterhaus, in das Abgeordnete der acht größten Städte des Landes, darunter Worms, und weitere 34 gewählte Abgeordnete delegiert wurden. Die Hauptkompetenz der Kammern lag im Budget- und Steuerbewilligungsrecht, wobei die zweite Kammer federführend war10. Das Wahlrecht zur zweiten Kammer war so kompliziert wie ungerecht: Es filterte den Wählerwillen über den Besitz gleich in dreifacher Weise und behielt das Amt eines Abgeordneten am Ende dem exklusiven Kreis der reichsten Bewohner eines Wahlbezirks vor. Waren in der Urwahl noch alle Staatsangehörigen wahlberechtigt, so mussten schon die daraus hervorgehenden Bevollmächtigten mindestens 25 Jahre alt sein und wenigstens 25 Gulden direkte Steuern zahlen. Die Bevollmächtigten wählten dann die Wahlmänner aus der Reihe der 60 höchstbesteuerten und über 30 Jahre alten Staatsbürger. Die Wahlmänner schließlich wählten die Abgeordneten, die entweder 100 Gulden direkte Steuer jährlich entrichteten oder als Staatsdiener ein regelmäßiges Einkommen von wenigstens 1 000 Gulden bezogen 11. Eine Änderung dieses ungerechten Wahlrechts sollte erst die Revolution von 1848/49 bringen.

D IE G EMEINDEORDNUNG

VON

403

1821

Vertreter der Stadt Worms im Hessischen Landtag (2. Kammer) 1820 –1856 12 Name, Vorname

Geburtsort

Geburtsdatum

Beruf

Sterbeort

Sterbedatum

Legislaturperiode(n)

Maubuisson, Fr. L. v.

Neustadt

11. 04. 1765

Gutsbesitzer

Worms

23. 10. 1836

1820–1824

Zimmer, Joh. Georg

Homburg

11. 01. 1777

Pfarr-Dekan

Frankfurt

06. 02. 1853

1826–1827

Pittschaft, Joh. Bapt.

Mainz

18. 03. 1783

Gerichtsrat

unbek.

12. 08. 1870

1829–1830

Hallwachs, Georg

Darmstadt

08. 08. 1788

Gerichtsrat

Mainz

04. 04. 1843

1832–1833

Rauschert, Philipp

Alzey

26. 05. 1801

Ökonom

Sprendlg.

01. 06. 1864

1834

Parcus, Joh. Jakob

Grünstadt

23. 08. 1790

Staats-Prok.

Mainz

21. 01. 1854

1835–1841

Valckenberg, Wilh.

Worms

01. 03. 1790

Gr.-Händler

Worms

02. 01. 1847

1841–1847

Gagern, Heinr. v.

Bayreuth

20. 08. 1799

Reg.-Rat

Darmstadt

22. 05. 1880

1847

Lehne, Eduard

Mainz

04. 05. 1805

Advokat

Bingen

13. 08. 1857

1847–1849

Gagern, Heinr. v.

Bayreuth

20. 08. 1799

Gutsbesitzer

Darmstadt

22. 05. 1880

1849–1850

Matty, Andreas

Alzey

07. 08. 1800

Gutsbesitzer

Lonsheim

08. 03. 1871

1850

Eich, Friedrich

Worms

06. 02. 1812

Gym.-Lehrer

Worms

25. 08. 1879

1851–1856

Die Gemeindeordnung von 1821 Bei der Neuordnung Hessen-Darmstadts hatte das Land, wie in der Verfassung festgelegt, mit Datum vom 30. Juni 1821 auch eine neue Gemeindeordnung erhalten. Sie sah drei Einrichtungen vor: den Bürgermeister, die Beigeordneten und den Gemeinderat. Der Bürgermeister wurde von allen volljährigen Ortsbürgern gewählt, wobei es der Regierung vorbehalten blieb, aus der Zahl der drei Erstgewählten den ihr am meisten geeignet Erscheinenden auszuwählen (Art. 12 –13). Er war das oberste ausführende und handelnde Organ. Die Beigeordneten sollten den Bürgermeister entlasten und insbesondere während dessen Abwesenheit die Amtsgeschäfte führen (Art. 21). Der Gemeinderat, dessen Größe sich nach der Einwohnerzahl richtete, stand als beratende und kontrollierende Behörde dem Bürgermeister zur Seite. Seine Vertreter wurden ebenfalls von den Ortsbürgern gewählt, aber mit der gravierenden Bedingung, dass mindestens ein Drittel aus der höchstbesteuerten Hälfte der Wählbaren kommen mussten (Art. 24)13. Es gehört zu den Verdiensten Hans Kühns, nicht nur die Reihe der Bürgermeister und Gemeinderäte, die in der hier interessierenden Zeit amtierten, zusammengestellt und mit grundlegenden biografischen Angaben versehen zu haben. In der Untersuchung ihrer sozialen Stellung kommt er außerdem zu dem Ergebnis, dass dies Ämter waren, die praktisch für Angehö-

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rige der Oberschicht reserviert waren, weil sich Angehörige anderer sozialer Schichten die Übernahme einer solchen ehrenamtlichen Tätigkeit gar nicht oder nur unter großen persönlichen Opfern leisten konnten 14.

Die gesellschaftliche Entwicklung 1818 –1858 Das Hauptverdienst Hans Kühns ist aber, den Versuch unternommen zu haben, aus den unvollkommenen Quellen und Daten ein Bild der Entwicklung der Wormser Sozialstruktur von den 1820er bis zu den 1860er Jahren zu gewinnen. Seine Ergebnisse in Zahlen zusammengestellt und in Schaubildern umgesetzt zeigen folgendes Bild:

120 uUS oUS

100

MS 80

OS

60 40

Erläuterungen: uUS = untere Unterschicht oUS = obere Unterschicht MS = Mittelschicht OS = Oberschicht

20 0 1818/30

1858

Sozialstruktur der Stadt Worms Einwohnerzahl: 6667 (1818) und 9153 (1858) 1818/30 Schicht Oberschicht Mittelschicht

Unterschicht – obere – untere

Angehörige

Anzahl abs.

Gewerbetreibende, Ackersleute, Offiziere etc. (u. a. Höchstbesteuerte) Selbstständige Handelsleute und Handwerker, Öffentliche Funktionen (Polizist, Förster, Lehrer, Pfarrer, Friedensrichter, Wagenmeister, Spitalverwalter etc.), Mediziner, Rechtsgelehrte, Ackersleute

Selbstständige Handelsleute und Handwerker Näherinnen und Wäscherinnen unselbstständige Handwerker Tagelöhner Knechte Lehrlinge Fabrikarbeiter Dienstboten Unterschicht insgesamt Quelle: Kühn, Wandel, S. 61 ff. und S. 99 ff. (mit eigenen Ergänzungen)

1860 in %

Anzahl abs.

in %

340

5

275

3

2500

37

2000

22

1500 111 376 1127 431

22

1900

21

2400

667 539

36

291 758 702 5000

54

Grafik 19: Sozialstruktur der Stadt Worms (1818/1858)

Der Entwicklungsgang der Wormser Gesellschaft von der spätfeudalen zur industriellen Formation, um den es hier geht, ist durch drei Faktoren geprägt: Abnahme der ohnehin nur kleinen Oberschicht, Absinken der etwas reicheren Mittelschichten und Zunahme der Unterschichten von knapp 60 auf 75 Prozent, wobei dieser Trend wohl zu Lasten der

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Mittelschichten wie der oberen Unterschichten ging. Im Übergang zur industriellen Gesellschaft (ablesbar vor allem an der starken Zunahme der Fabrikarbeiter) ist also eine Zunahme der Klassenunterschiede feststellbar: Während sich die Oberschicht (wohl bei zunehmendem Reichtum) quantitativ reduzierte, verstärkte sich der ökonomische Druck auf die Mittelschicht und obere Unterschicht und durch ihren stufenweisen Abstieg nahm der Anteil der untersten sozialen Schichten stetig zu. Der Übergang zur industriellen Gesellschaft ist somit in Worms, wie anderswo, mit einem Absinken des sozialen Niveaus der gesamten Gesellschaft verbunden.

Worms im Vormärz 1820 –1848 Bürgerlich-liberaler Internationalismus (Philhellenismus und Polenfreundschaft) Die »Griechenbewegung«, die deutschen Bemühungen zur Unterstützung der Griechen in ihrem Kampf für Unabhängigkeit von den Osmanen, war, so der Experte Christoph Hauser, in Hinblick auf ihre geografische Reichweite und zeitliche Dauer die auffälligste anlassgebundene Bewegung des deutschen Vormärz. Hauser unterscheidet drei Phasen: a. die Anfangsphase vom März 1821, dem Beginn der griechischen Erhebung, bis zum Sommer des Jahres, in dem sich Ansätze einer Organisation entwickelten, die aber auf Grund von Gegenmaßnahmen verschiedener Regierungen rasch verfiel; b. die Hauptphase: Dem erzwungenen Rückzug schlossen sich die Bewegungen in den südwestdeutschen Staaten Württemberg, Baden, Hessen-Darmstadt und in der bayerischen Pfalz nicht an. Sie organisierten sich überstaatlich und unterstützten in Kooperation mit Philhellenen in anderen europäischen Ländern die aufständischen Griechen durch Militärund Flüchtlingshilfe; c. die dritte Phase: Nach einer Reihe von spektakulären Niederlagen der Griechen im Frühjahr 1826 kam es zu einer Wiederbelebung der Bewegung erneut im Südwesten, aber auch darüber hinaus im Deutschen Bund, in Europa und in Übersee, die im Wesentlichen bis zum Amtsantritt des ersten Präsidenten eines selbstständigen Griechenlands im Sommer 1828 Bestand hatte15. Zentrum der hessischen Bewegung war eine Gruppe von oppositionellen Darmstädter Politikern um den Rechtsanwalt Heinrich Karl Hofmann, die am 11. Juli 1822 mit einem publizistischen Paukenschlag an die Öffentlichkeit trat und in einer Flugschrift, die in 36 000 bis 40 000 Exemplaren unter die Leute gebracht wurde, zur Unterstützung der Griechen in Form von Geld, Waffen und militärischem Einsatz vor Ort aufforderte 16. Während der ehemalige Jakobiner Friedrich Lehne es wagte, den Aufruf in der von ihm redigierten »Mainzer Zeitung« nachzudrucken, hatte die Redaktion der »Wormser Zeitung« dazu nicht den Mut. Dennoch wurde der Darmstädter Aufruf auch in Worms aktiv aufgegriffen. Hier organisierte zunächst der Notar Konrad Michael von Winkelmann 17, auch er ein früherer Jakobiner, die Geldsammlungen, wobei er die Kantone Pfeddersheim, Osthofen, Oppenheim und Nieder-Olm mit einbezog. Später übernahm der Direk-

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tor des Gymnasiums, Gottlob Lorenz Schneidler 18, diese Rolle. Die Sammlungen hatten in der Stadt während der Jahre 1821 bis 1825 ein Ergebnis von fast 550 Gulden, womit sie das höchste Spendenaufkommen pro Einwohner von allen rheinhessischen Orten erzielte. Dieses Ergebnis trug nach Hauser maßgeblich dazu bei, dass die Griechenfreunde in Hessen-Darmstadt während dieses Zeitraums insgesamt etwa 9 200 Gulden aufbringen konnten und somit »die stärkste regionale Mobilisierung unter den Staaten im Südwesten« erreichten19. Sind die ersten Abschnitte der Bewegung anhand der veröffentlichten Rechenschaftsberichte einigermaßen nachvollziehbar, so gilt das für die weitere Entwicklung weit weniger. In der Wormser Zeitung finden sich lediglich folgende Spuren: in der Nr. 77 des Jahres 1825 ein Gedicht zu der Griechen Freiheitskampf gegen die Barbaren, und in der Nr. 69 des Jahres 1826 eine Anzeige, in der ein Dank für die bisherigen Hilfeleistungen und die Bitte um weitere Spenden ausgesprochen wurde 20. Wohl den Abschluss der Aktionen bildete eine Hymne an das befreite Griechenland, die die Wormser Zeitung Mitte Oktober 1829 veröffentlichte21. Diese aus insgesamt fünf Strophen bestehende Hymne ist mit »Wiegand« unterschrieben, hinter dem Wilhelm Wiegand zu vermuten ist, der wenige Jahre später, 1833, zum Direktor des Gymnasiums ernannt wurde. Er heiratete 1832 Barbara Josephine Blenker, die Schwester des späteren Bürgerwehr-Kommandanten Ludwig Blenker, der 1832 mit dem Ulanen-Regiment, das den zum griechischen Monarchen erwählten Otto von Wittelsbach begleitete, nach Griechenland zog und dort zu militärischen Ehren kam 22. Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir diesen Schritt als Spätfolge der starken Wormser Griechenbegeisterung der 1820er Jahre werten. Die philhellenische Bewegung wurde ab dem Jahr 1830 durch verschiedene Akte der Polenfreundschaft abgelöst, wobei sie allerdings insgesamt deren Stärke nicht ganz erreichen sollte. Diese Akte galten der Unterstützung der Polen in ihrem Kampf für die Unabhängigkeit von Russland, in dem man, ähnlich wie im Fall Griechenlands, Vorbilder für die politische Zielsetzung im eigenen Land sah. Der Kampf schlug ab Ende November 1830 in einen offenen Aufstand um und endete im Mai 1831 mit einer militärischen Niederlage. Die Unterstützung erstreckte sich zunächst hauptsächlich auf medizinisches Gebiet, wie eine Entsendung von mehreren Ärzten aus dem Rhein-Main-Gebiet, an deren finanzieller Ausstattung man sich beteiligte, und wiederholte Sammlungen vornehmlich für Lazarett-Zubehör 23. Wohl Ende 1831 gründete sich auch in Worms ein Unterstützungskomitee, mit dem Friedensrichter Johann Daniel Kremer24 als Präsidenten und dem Weinhändler Philipp Bandel (1785–1866) als Sekretär, der uns im Folgenden noch sehr häufig begegnen wird 25. Hauptzweck dieses Komitees war, geflüchteten Polen auf ihrem Weg nach Frankreich, der meist von Frankfurt, Groß-Gerau, Oppenheim über Worms nach Speyer führte, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. In diesem Sinne veranstaltete das Komitee am 29. Januar 1832 einen Benefizball bei Goldbeck im Schwarzen Adler 26. An diesem Ball scheint auch eine Reihe von Offizieren, die in Worms stationiert waren, teilgenommen zu haben. Sie erhielten vom Regimentskommandeur deshalb zunächst eine Rüge, die aber Mitte Mai vom Kriegsministerium zurückgenommen wurde 27.

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Der politische Frühling Anfang der 1830er Jahre Die Bürgermeisterwahl 1831 Bei der ersten Bürgermeisterwahl Mitte September 1822 hatte der 58-jährige Weinhändler Peter Joseph Valckenberg das Rennen gemacht28, der seinerzeit schon einer der reichsten Männer der Stadt war und den Kreis der Höchstbesteuerten mit anführte29. Nachdem er im Jahr 1825 in seinem Amt bestätigt worden war30, sollte die Wahl 1831 weniger glatt über die Bühne gehen. Bürgermeister der Stadt Worms 1822 –1852 31 Name, Vorname

Geburtsort

Geburtsdatum

Beruf

Sterbeort

Sterbedatum

Amtszeit

Valckenberg, Peter J.

Eigelshofen

02. 12. 1764

Weinhändler

Worms

21. 02. 1837

1821–1837

Renz, Georg Friedr.

Weinsheim

21. 04. 1796

Kaufmann

Worms

08. 08. 1864

1837–1848

Eberstadt, Ferdinand

Worms

14. 01. 1808

Gr.-Händler

Mannheim

09. 02. 1888

1849–1852

Als die Mainzer Provinzialregierung im August 1830 bei Bürgermeister Valckenberg nachfragte, welche Wirkung die französische Juli-Revolution in Worms habe, konnte er eine beruhigende Antwort geben: Die Wormser besprechen die neuesten Ereignisse in Frankreich mit Ruhe und Leidenschaftslosigkeit. Man betrachtet es im allgemeinen als fremde Angelegenheit 32. Damit mag er für den Augenblick Recht gehabt haben, aber auf längere Sicht nicht. Denn man kann wohl davon ausgehen, dass die neuen, aus Frankreich kommenden Impulse auch die Wormser bewogen, einen immer kritischeren Blick auf die fast zehnjährige bisherige Amtsführung ihres Bürgermeisters zu werfen. Zumindest bekam er bei der Wahl Mitte März 1831 nur die zweitmeisten Stimmen (389), während der Zinngießer und Beigeordnete Friedrich Karl Martenstein33 mit 411 Stimmen Platz eins erringen konnte34. Martenstein gehörte nicht wie Valckenberg der Oberschicht an. Er ist vermutlich der (oberen) Mittelschicht zuzurechnen, da er in einer Liste von 1820 unter den Einwohnern rangiert, die über 20 Gulden im Jahr an direkten Steuern entrichteten und somit für die Wahl der Bevollmächtigten, nicht aber mehr für die Wahl der Wahlmänner der Abgeordneten infrage kamen35. Wir können auf Grund fehlender Quellen nicht ermessen, welche andere Politik Martenstein vertrat, aber vielleicht hätte er doch, auf Grund seiner sozialen Stellung, einen weniger regierungsfreundlichen Kurs eingeschlagen als Valckenberg. Der Wormser Korrespondent der Neckar-Zeitung, der das Wahlergebnis übermittelte und sich selbst als unparteiischer Freund einer geordneten städtischen Verwaltung vorstellte, sprach sich schon allein deswegen gegen Valckenberg aus, weil er der Minderheit der Katholiken angehörte. Aber die Regierung hielt sich nicht an die Präferenz des Wählervotums und bestätigte, an Martenstein vorbei, Valckenberg Ende April für eine weitere Amtsperiode 36. Kurz bevor die Entscheidung fiel, hielt der Wahlkampf noch an, indem ein stark verbreitetes anonymes Flugblatt die Streichung Valckenbergs von der Kandidatenliste ver-

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langte, weil er in den schweren Jahren 1813/14 mehrfach die Amtsgeschäfte aus Krankheitsgründen vernachlässigt habe und er als nunmehr altersschwacher Greis kaum noch in der Lage sei, sie zu führen. Den ersten Vorwurf suchte Valckenberg in einer Erklärung vom 5. Mai selbst zu widerlegen37, dem zweiten widersprach eine Flugschrift, die vermutlich aus Gemeinderatskreisen stammte und ungefähr in der gleichen Zeit verteilt wurde 38. Welche Bedeutung dieser nachträgliche Wahlkampf hatte, ist vielleicht daran zu erkennen, dass der tatsächliche spätere Nachfolger Valckenbergs, Friedrich Renz, sich noch Mitte Mai genötigt sah, die Urheberschaft für das anonyme Flugblatt öffentlich zu bestreiten39. Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen Kennzeichnend für das neu erwachte politische Leben ist aber mit Bestimmtheit der Beschluss des Gemeinderats vom 9. März 1832, mit dem er die Öffentlichkeit seiner Beratungen propagierte und einen entsprechenden Antrag an die Mainzer Regierung stellte: Der Gemeinderat sei ein Beratungsorgan der Gemeinde, die Bürgerschaft habe ein Recht, die in ihr wirkenden Kräfte und Bedürfnisse kennen zu lernen und beurteilen zu können. Wer das Licht nicht scheut, darf die Öffentlichkeit nicht fürchten, denn Wahrheit, Recht und Gesetzlichkeit sind die Grundsätze wahrer konstitutioneller Freiheit 40. Dieser Beschluss fand sofort volle Unterstützung bei der Wormser Zeitung, nicht aber bei der Mainzer Regierung unter dem Freiherrn von Lichtenberg, die umgehend dem Gemeinderat, der sich ausdrücklich auf die geltende Gemeindeordnung berufen hatte, wissen ließ, dass der Beschluss eine »Abnormität und tadelnswerte Zuwiderhandlung des Gesetzes« darstelle, die zurückgenommen werden müsse. Dem verweigerte sich wiederum der Gemeinderat in seiner vom 16. März datierten Beschwerdeschrift: Nach der Gemeindeordnung habe der Gemeinderat das Recht, solche Anträge zu stellen, und kein Gesetz verbiete, die Öffentlichkeit der Sitzungen zu verlangen. Diese Beschwerde unterstützten zudem viele Wormser Bürger, indem sie eine eigene Denkschrift an den Gemeinderat aufsetzten, in der sie sich für den Beschluss bedankten und ihn zu dessen Aufrechterhaltung ermunterten41. Gleich in seiner ersten, am 3. April erscheinenden Nummer sprang auch der »Beobachter in Hessen bei Rhein« dem Wormser Gemeinderat bei: Die Reaktion der Mainzer Regierung beruhe auf einem »Missverstehen der Natur der Sache wie des Gesetzes« und der Beschluss des Gemeinderats »sei gültig, zweckmäßig und unantastbar«42. Doch als Lichtenberg all diese Eingaben am 6. April verwarf43, verließ den Gemeinderat wohl der Mut. Fast genau ein Jahr später konnte der »Beobachter« nur noch bedauernd feststellen, dass der Gemeinderat die Angelegenheit, für ihn unverständlich, frühzeitig wieder aufgegeben habe 44. Das Hambacher Fest am 27. Mai 1832 Seit Mitte April 1832 mobilisierte der Anfang des Jahres gegründete »Preß- und Vaterlandsverein«, getragen vor allem durch das Filialkomitee im bayerischen Neustadt, die Bevölkerung am Mittelrhein zu einem großen politischen Fest auf dem nahe gelegenen Hambacher Schloss. Nach Veröffentlichung des Festprogramms am 29. April sah sich die bayerische Regierung zunächst veranlasst, das Fest zu verbieten, musste dann, auf Grund

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der starken Mobilisierung das Verbot am 17. Mai wieder aufheben. Da damit alle polizeilichen Hemmnisse entfallen waren, konnte das Hambacher Fest am 27. Mai 1832, wie es in die Annalen eingegangen ist, zur größten und folgenreichsten Veranstaltung der politischen Bewegungen im Vormärz werden. Die Redner, die auf dem Fest auftraten, waren sich in einem einig: Sie wollten die Zersplitterung Deutschlands aufheben und ein einheitliches Vaterland schaffen, vertraten aber in der inneren Ausgestaltung des einheitlichen Deutschlands durchaus unterschiedliche Konzepte: von der konstitutionellen Monarchie bis zur Republik, wobei diese Differenzen allerdings hinter dem Willen zur einheitlichen Umgestaltung stark zurücktraten45. Hatte der Preßverein in Worms nur eine bescheidene Mitgliedschaft46, so war die Stadt, ähnlich wie Mainz, auf dem Fest mit einem recht starken Kontingent vertreten. Im

Abb. 44: Erklärung von Philipp Bandel, 1833

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letzten Augenblick hatte die Mainzer Regierung noch versucht, Einfluss zu nehmen und den Teilnehmern für die Fahrt dorthin das Tragen von schwarz-rot-goldenen Kokarden zu verbieten47, aber wohl ohne größeren Erfolg. Im Unterschied zu Mainz, für das man 150 bis 400 Personen annimmt48, ist aber das Wormser Kontingent nirgendwo genauer beziffert, wohl aber soziologisch eingeordnet worden. So spricht der Wormser Beigeordnete Peter Binder auf dem Landauer Nachfolge-Prozess gegen die Hauptinitiatoren und -redner (Siebenpfeiffer, Wirth u. a.) im Juli 1833 dazu befragt, davon, dass von den »vielen Leuten« aus Worms »meistens nur« Leute »aus der wohlhabenderen Klasse« in Hambach waren49. Als einziger in Hambach anwesender Wormser ist bisher nur der Bäckermeister Philipp Bandel, der uns schon als Sekretär des Polenvereins begegnet ist, namentlich bekannt geworden; er soll dort sogar eine Rede gehalten haben 50. Auf dem Landauer Prozess ließ sich der Ankläger, General-Prokurator Schenkel, zu einer Verbalinjurie gegen Bandel hinreißen, obwohl dieser weder anwesend noch angeklagt war: Jener sei, so sein unvermittelter Ausbruch, ein »total verdorbener Mensch« mit einem »schlechten Ruf«. Dieses konnte und wollte Bandel natürlich nicht auf sich sitzen lassen. In einer (durch die Zensur leicht entstellten) Erklärung, die er der »Neckar-Zeitung« übergab, brachte er seine Genugtuung zum Ausdruck, vom Ankläger mit »manchen Vaterlandsfreunden« in eine »Schicksals«gemeinschaft gestellt zu werden, solidarisierte sich mit den Verteidigungsprinzipien der Angeklagten und verwies auf seine politischen Verdienste in der Stadt, die wohl hinreichend erkennen ließen, dass »die aufgeklärte Bürgerklasse« in Worms ihr Vertrauen »keinem Unwürdigen« geschenkt habe51. Die Wormser Rebellion vom 28. /29. Mai 1832 Auf dem Landauer Prozess schilderte der Wormser Polizeikommissär Bernhard Rink im Rückblick ebenfalls die wesentlichen Züge der Wormser Rebellion, die einen Tag nach dem Hambacher Fest stattfand und ausgerechnet in dem Hambach-Teilnehmer Bandel einen ersten Angriffspunkt hatte: Schon längere Zeit vor dem Hambacher Fest wurden Klagen über die damalige Not und Teuerung geführt. Am 26. Mai abends kamen viele Wagen und Chaisen durch Worms mit Leuten, welche auf das Hambacher Fest fuhren, wobei dann sehr gelärmt und geschrieen wurde. Der Sonntag ging ruhig vorüber. Am Montag morgens aber versammelten sich viele Bürger auf der Straße. Sie äußerten, es sei jetzt alles frei, sie wollten sich die Brotpreise jetzt schon selbst herabsetzen. Man suchte die Früchteausfuhr zu hindern, nahm selbst ein Schiff in Beschlag und trug die Frucht in das Kaufhaus. Gegen vier Uhr brachten junge Burschen einen Baum und stellten denselben auf dem Markte auf, wobei natürlich getrunken und gelärmt wurde. – Des Abends wurden die Massen stärker. Sie zogen vor verschiedene Kaufläden, schlugen die Fenster ein und verlangten, besonders von den Juden, Geld. Da die Lokalpolizei unvermögend war, die Ruhe herzustellen, so wurde das Militär requiriert und so endlich der Auflauf zerstreut 52. Der General-Prokurator Schenkel hatte Rink und die anderen Wormser Zeugen geladen, um seine These zu beweisen, dass die Hambacher Manifestation ursächlich zu solchen Exzessen wie in Worms führte. Dem widersprachen aber sowohl Rink wie der

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Beigeordnete Binder: Die Rebellion gehe nicht auf das Hambacher Fest zurück, sondern auf die schon vorher festzustellende und beklagte Not und Brotteuerung. In einer kritischen Beurteilung des Zusammenhangs zwischen Fest und Rebellion können beide Ansichten keinen Bestand haben. Die des Prokurators nicht, weil sie viel zu eindimensional ist, die der Wormser nicht, weil sie unterschlägt, dass Hambach natürlich ein Movens für die Rebellierenden gewesen ist, ihren Unmut über Not und Teuerung so manifest zum Ausdruck zu bringen. Zur Wiederherstellung und Erhaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit der Personen und des Eigentums verfügten Bürgermeister und Gemeinderat für den 29. Mai die Schließung sämtlicher Wirtshäuser der Stadt ab 20 Uhr und eine Straßensperre ab 20. 30 Uhr.53 Fünf Tage später erfolgten die ersten Verhaftungen54, die in den nächsten Tagen auf insgesamt 39 anstiegen, wovon schließlich 28 Rebellierende zu Haftstrafen zwischen einem Monat und zwei Jahren samt Geldbußen verurteilt und einer vor die Assisen verwiesen wurden55. Festzuhalten bleibt zudem, dass schon zu diesem Zeitpunkt, Anfang der 1830er Jahre, die einzelnen Schichten der Wormser Gesellschaft in ihren politischen Bestrebungen stark differierten: Die reicheren Mittel- und Oberschichten, zu denen auch Bandel gehörte, wollen in erster Linie eine politische Veränderung, für die Unterschichten stehen, ohne deren Gegner zu sein, soziale Reformen, die die alltägliche Lebensführung verbessern konnten, im Vordergrund. Die Landtagswahlen 1832 –1835 Der politische Aufschwung machte sich unverkennbar bei der Landtagswahl bemerkbar, die für den Herbst 1832 anstand. Am 18. September wurde von den Wormser Wahlmännern der Mainzer Obergerichtsanwalt Georg Hallwachs (1789–1843) 56 gewählt (21:4 Stimmen)57. Er zählte zur linksliberalen Mehrheit, die die Zweite Kammer nach einer jahrelangen Vorherrschaft konservativer Kräfte nunmehr aufwies und die schon bald in Heinrich von Gagern ihren prominenten Sprecher fand. Da diese Mehrheit es ablehnte, die zahlreichen Überwachungs- und Unterdrückungsgesetze, die der Bundestag im Juni/ Juli 1832 verhängte und die eine Rückkehr zur politischen Friedhofsruhe beinhalteten58, für das Großherzogtum zu übernehmen, löste die hessische Regierung den Landtag Anfang November 1832 kurzerhand auf 59. Diese Manipulation des Parlaments setzte die Regierung bei den darauf folgenden Wahlen massiv fort. Bei der nächsten Wahl, am 15. März, wurde Hallwachs, den man Mitte Februar mit einem silbernen Becher geehrt hatte60, zwar wiedergewählt, diesmal sogar einstimmig61, aber er bekam von der Regierung keinen Urlaub, sein Mandat anzutreten62, sodass zwei Neuwahlen nötig wurden, die aber wiederum an linksliberale Politiker gingen: am 3. April an Oberforstrat Georg von Wedekind (1796 –1856)63, und da dieser auch keinen Urlaub erhielt, am 30. April schließlich an den Ökonomen Philipp Rauschert (1801–1864)64 vom Münschbischheimer Hof bei Gundersheim65. Dieser Landtag wurde einen Tag nach einer Rede Heinrich von Gagerns am 24. Oktober vorzeitig aufgelöst, in der er einen Eklat provozierte, indem er der Regierungspartei vorwarf, sie verstehe das konstitutionelle Prinzip nicht und manche Mitglieder schienen auch vergessen zu haben, was Recht sei66.

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Dieser Standpunkt bzw. sein mutiges Auftreten motivierten die Wormser Wahlmänner, bei der nächsten, dritten kurzfristigen Wahl am 29. Dezember 1834 Heinrich von Gagern nunmehr zu ihrem Abgeordneten zu küren (mit 17 : 3 Stimmen)67. Schon kurz nach seiner Wahl kursierten in Worms Gerüchte, dass die Stadt dadurch Nachteile, wie die Verlegung der Garnison, erleiden könnte. Daraufhin setzte eine Gruppe um den Bürgermeister Valckenberg, Holzhändler Leonhard Heyl II. und Gutsbesitzer von Maubuisson am 11. Januar 1835 eine Petition an den Großherzog auf, in der sie die Wahl Gagerns, mit einem kleinen Seitenhieb auf Hambach, als eine ihren Gesinnungen der Treue und Anhänglichkeit an ihren durchlauchtigsten Landesfürsten widersprechende Handlung ansehen und [sie] als solche laut und öffentlich missbilligten 68. Nachdem die Petition der Öffentlichkeit bekannt geworden war, verwahrten sich die Wahlmänner in einer ausgiebigen Stellungnahme gegen diese Wahlschelte: Die Petitionierenden hätten es in namenloser Verblendung oder blindester Parteisucht unternommen, redliche Bürger an dem Heiligsten, was sie besitzen, an ihrer bürgerlichen Ehre, auf das Gröblichste anzugreifen. Wie sehr jene im Unrecht seien, zeige der Umstand, dass nur 250 Wormser die Petition unterschrieben hätten, die Wahlmänner aber ungefähr 1 600 stimmfähige Individuen verträten69. Die Beleidigungsklage, die die Wahlmänner daraufhin in die Wege leiteten, wurde schließlich Mitte Mai zurückgezogen, da die Valckenberg-Gruppe sich entschuldigte: Sie habe nicht die Wahlmänner beleidigen, sondern nur das Wahlergebnis kritisieren wollen 70. Zu dieser Zeit hatte sich Gagern jedoch schon umentschieden und das Mandat für das oberhessische Hungen, wo er auch gewählt worden war, angenommen. Bei der Nachwahl, die am 29. Mai erfolgte, erteilten die Wormser Wahlmänner dann dem Mainzer Staatsprokurator Parcus den Auftrag71, der auch prompt den notwendigen Urlaub bekam. Damit war es der Regierung du Thil ein weiteres Mal gelungen, die Zusammensetzung der Kammer in ihrem Sinne zu manipulieren. Als du Thil Ende Juni 1836 den Landtag verabschiedete, stellte er ein für die Regierung »erfolgreiches« Ergebnis fest. An der Mitarbeit in einem solch gestutzten Parlament hatte Gagern kein Interesse mehr, sodass er für eine neue Legislaturperiode nicht mehr kandidierte72.

Neue Organisierungen 1845 –1847 Es sollte rund ein Jahrzehnt dauern, bis der lähmende politische Schleier, der über Stadt und Land lag, langsam wieder gelüftet werden konnte. Dies geschah zunächst auf Feldern, die von der Obrigkeit als unpolitisch betrachtet, von den Initiatoren aber meist doch in emanzipatorischer Absicht verfolgt wurden. Diese Neuorganisationen (hauptsächlich Deutschkatholizismus und Turnverein) haben besonders für die Zeit vor der Revolution ihre Bedeutung, sie existieren aber auch noch während und nach der Revolution, worauf hier jedoch nur kursorisch eingegangen wird. Der Deutsch-Katholizismus Die Empörung, die der schlesische Kaplan Johannes Ronge über die Reliquienverehrung des Trierer Rockes Mitte Oktober 1844 in einem Offenen Sendschreiben zum Ausdruck brachte73, hatte weitreichende Folgen: sie führte zur Gründung so genannter deutsch-ka-

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tholischer Gemeinden überall in Deutschland, mit an vorderster Stelle in Offenbach und Worms. Hier war die treibende Kraft ab dem März 1845 der niedergelassene praktische Arzt Ferdinand von Loehr, der in der Revolution zudem als Redakteur einer von ihm ins Leben gerufenen demokratischen Zeitung hervortreten sollte. Seine programmatischen Vorstellungen: Lossagungen von der Herrschaft der römisch-katholischen Priester, Rückbesinnung auf die Werte des Urchristentums und befreites Leben im Sinne einer Religion der Liebe74, was aber nicht nur als religiöses, sondern durchaus auch als ein allgemein sittliches Postulat gemeint war. Wie groß das Bedürfnis nach einer solchen kirchlichen Reform war, zeigte der überaus große Zuspruch, den sie erfuhr. Bei der Feier des ersten Gottesdienstes im Juni 1845 zählte die Gemeinde bereits 400, später erreichte sie eine maximale Größe von 1 600 Seelen75. Sie war damit eine der größten, wenn nicht gar die größte Gemeinde ihrer Art in Hessen. Die Wirksamkeit der Gemeinde wurde ab dem Herbst 1846 durch eine Spaltung stark beschränkt: die Minderheitsgruppe um Ferdinand von Loehr und die Mehrheitsgruppe um den Pfarrer Eduard Schröter76, den jener noch berufen hatte. Wesentliche Streitpunkte dabei waren: Während Loehr für die Bibel als alleinige Grundlage des Gottesdienstes und für ein gutes Verhältnis zu anderen Religionen eintrat, wollte Schröter den Gottesdienst auf weltliche, auch historisch-politische Themen ausdehnen und zudem die Kritik an anderen Glaubensrichtungen (z. B. am Protestantismus) vorantreiben77. In dieser Kontroverse vertrat Loehr also durchaus einen innerhalb der Reformbewegung konservativeren Standpunkt. Diesen Streit zu schlichten, gelang weder einer Kommission, die von der Offenbacher Kreissynode Ende März 1847 unter dem Vorsitz des ehemaligen Mainzer Gerichtsvizepräsidenten Martin Mohr, der 1848 Worms in der Frankfurter Nationalversammlung vertreten sollte, eingesetzt worden war78, noch dem »Machtwort« der Heidelberger Provinzialsynode von Mitte Mai, dass nur eine Gemeinde pro Ort der Synode angehören könne und die Wormser sich deshalb einigen müssten79. In beiden Fällen hatte sich die Gruppe um Loehr gesprächsbereit gezeigt, während sich die Schröters eher ablehnend verhielt. Erst die Revolution brachte eine Annäherung der Kontrahenten, indem Loehr, inzwischen überzeugter Demokrat, am 7. Juli 1848 in seiner Zeitung ein ausführliches Bekenntnis Schröters zum Republikanismus veröffentlichte 80. Die Turnerbewegung Als Wormser Turner Mitte 1846 den Turnverein gründeten, gaben sie in der Vereinsordnung als Zweck an: durch gemeinschaftliche Turnübungen Gesundheit und Stärkung des Körpers und Geistes zu erreichen suchen 81. Diese Worte lassen nicht unmittelbar auf ein politisches Ziel schließen, wohl aber ein Zusatz, mit dem die Gründung in der Wormser Zeitung vorgestellt wurde: Darin wurden alle Turner und Turnfreunde nochmals aufgefordert, sich bei diesem echt deutschnationalen Unternehmen zu beteiligen und somit die gute Sache fördern zu helfen 82. Die »gute Sache«, das war, darin bestand von Anfang an Einigkeit, neben dem Turnen die Förderung der Einheit und Freiheit Deutschlands. Fast gleichzeitig entstanden in der Rhein-Main-Gegend eine Reihe weiterer Vereine, so in Bingen, Mainz, Frankfurt, Darmstadt oder Hanau, mit denen die Wormser in den

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nächsten Jahren über Turnfeste, Turnfahrten und Turnzeitungen in regem Verkehr standen. Wegen des Verbots, sich in explizit politischen Vereinen zu organisieren, trat der latent vorhandene Charakter der Turnvereine immer stärker hervor. Seit geraumer Zeit, so schrieb der Wormser Kreisrat Mitte Januar 1848 an den Bürgermeister von Osthofen, würden namentlich die Turnvereine, Lesevereine, Singvereine und dergleichen dazu benutzt, die politischen Bestrebungen des Radikalismus zu befördern, und würden insbesondere in den Versammlungen solcher Vereine hauptsächlich revolutionäre Reden gehalten, aufrührerische Schriften empfohlen und verbreitet und Geldsammlungen veranstaltet 83. Diese Entwicklung zu unterbinden, war die hessische Regierung ab dem Sommer 1847 dazu übergegangen, einzelne Vereine zu verbieten (Gießen, Frankfurt, Offenbach, Darmstadt) 84. Dabei hatte sie zwar Rheinhessen ausgespart, aber hier wirkte natürlich ebenfalls die Angst, von einem Verbot betroffen zu werden. Ein unbekannter Wormser berichtete Mitte März 1848 davon, dass »vor wenigen Wochen« die Erlaubnis zu einem Turnerball erst erteilt und dann widerrufen worden sei, und wertete den Vorfall als klaren Akt der Tyrannei 85. All das trug zu einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung des Vereinslebens bei. Nach Ausbruch der Revolution wurden auch die Turner in den Prozess der Differenzierung der politischen Meinungen einbezogen. Als sich Anfang Juli 1848 ein Demokratischer Turnerbund vom Jahnschen Deutschen Turnbund absetzte, zog der Wormser Verein mit. Anfang November schickte er dem Turnvater Jahn einen offenen Brief, in dem er sich von ihm lossagte. Durch seine Lobreden auf die konstitutionelle Monarchie habe er seine bisherige Lebensbahn verlassen, er sei der Bezeichnung Turnvater nicht mehr würdig. Sie sind fortan gestrichen aus unserem Gedächtnis, es gibt keinen Turnvater mehr 86. Zu dieser Zeit stand der Turnverein schon seit längerem an der Seite des Demokratischen Vereins.

Vorboten der Revolution Wirtschaftliche Krise 1845 –1847 Zur Zeit des Hambacher Festes lebte ein Großteil der Wormser Bevölkerung – wir hatten das schon dargestellt – in derart bedrängten wirtschaftlichen Verhältnissen, dass sie zur Selbsthilfe griff und sich die dringend benötigten Lebensmittel gewaltsam beschaffte, bis das Militär sie daran hinderte. Anschließend schaffte es Bürgermeister Valckenberg, eine Übereinkunft mit den Bäckern herzustellen, die zumindest wohl die größten Versorgungsmängel beseitigen half 87. Vielleicht gehörte dazu auch die Einführung der Polizeitaxe für die Lebensmittel seitens des Kreisrates. Jedenfalls schnellten gut zehn Jahre später, Mitte Mai 1843, die Brot- und Fruchtpreise erneut in die Höhe. Jetzt reagierten Kreisrat und Bürgermeister umgehend: Der Kreisrat hob die Brottaxe auf und überließ ihre Regulierung der freien Konkurrenz 88. Gleichzeitig versprach der Gemeinderat für den Fall, dass die Preise über 18 Kreuzer für das tägliche Brot steigen würden, den »ärmeren und weniger bemittelten Ortsangehörigen«, den Mehrbetrag aus Gemeindemitteln beizusteuern89. Tatsächlich gelang es durch die erste Maßnahme, die Preise zu drücken, sodass der Gemeinderat mit seinem Angebot nicht einspringen musste. Aber nur bis Mitte Mai 1845, dann stiegen die Preise auf Grund zweier Missernten90 allmählich, aber stetig bis

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in Schwindel erregende Höhen. Auch die Wiedereinführung der Brottaxe, die der Kreisrat Anfang Januar 1846 verfügte91, konnte den Anstieg nicht bremsen, sodass der Gemeinderat nicht umhin konnte, Anfang Mai 1846 sein Hilfsangebot zu erneuern 92. Welches Ausmaß Not und Elend Ende 1846 angenommen hatte, kann man daran ermessen, dass sich der Gemeinderat ab dem 22. Dezember gezwungen sah, an alle »aus Mangel an Verdienst« Bedürftigen eine warme Suppe auszugeben, damit sie wenigstens einmal am Tag in den Genuss eines warmen Essens kämen93. Ging diese Hilfe quasi an die Ärmsten der Armen, so gründete sich Anfang Mai 1847, in der Zeit des Höhepunkts der Notlage, ein Hilfsverein vorzugsweise für die »verschämten und bedrängten Familien des Mittelstandes«, wobei besonders und ausdrücklich die »wohlhabenderen Bewohner von Worms« angesprochen waren, Hilfsmittel beizubringen. Im Ausschuss, den sich der Verein gab, wirkten noch Personen zusammen, die nur wenig später unterschiedlichen politischen Lagern angehörten: Philipp Ludwig Abresch und Leonhard Heyl II einerseits und Philipp Bandel und Ferdinand Eberstadt andererseits, um nur einige wenige zu nennen94. Jetzt, oder soll man sagen, jetzt erst reagierte auch der Gemeinderat in angemessener Weise. Er kaufte von sich aus Getreide auf außerörtlichen Märkten auf und stellte es den Bäckern vergünstigt zur Verfügung, die verpflichtet wurden, das Brot zu einem Preis von maximal 19 Kreuzern zu verkaufen95. Dadurch und durch die bessere Ernte, die im weiteren Verlauf des Jahres eingebracht werden konnte, entspannte sich die Lage langsam, sodass die Preise wieder auf den Stand von 1844 zurückfielen. Wie politisch brenzlig die Situation während dieser Krise war, lässt der Bericht des Polizeikommissärs Brück vom 30. April 1847 an den Kreisrat erkennen, in dem er für die Aufstellung von Schutzwachen plädierte, gestellt vornehmlich von den reicheren Schichten, um gegen eventuelle Unruhen seitens der ärmeren Klassen gewappnet zu sein 96. Die Nahrungskrise war somit in ihren gravierendsten Ausmaßen zu Beginn des Jahres 1848 ausgestanden, nicht aber die Folgen. Der damit verbundene Mangel an Arbeit oder der kärgliche Erwerb haben die unteren Schichten bis weit hinein in den Mittelstand in horrende Schulden hineingetrieben, an denen sie noch lange Jahre abzuzahlen hatten. Die Formierung der politischen Opposition Während dieser Zeit war die Regierung du Thil damit beschäftigt, die Gesetzgebung des Großherzogtums zu vereinheitlichen, was für Rheinhessen darauf hinauslief, dass es wichtige Teile seiner progressiven Gesetzeseinrichtungen einbüßen würde: Über die Reform des Bürgerlichen Gesetzbuches drohte die Abschaffung der Zivilehe und über die Einführung eines neuen Polizeistrafgesetzbuches die weitere kleinliche Fesselung des politischen und juristischen Lebens. Dagegen setzte sich, wie die gesamte rheinhessische, auch die Wormser Bevölkerung vehement zur Wehr: in einer Petition vom 26. Oktober 1846 an den Großherzog, den Rheinhessen ihre freiheitlichen Rechtsinstitutionen zu belassen, und in einem wohl gleichzeitig aufgesetzten Schreiben an den Abgeordneten Valckenberg, der diese Petition dem Großherzog überbringen sollte, mit dem Bemerken, dass die bisherige »Gesetzgebung, an welche sich ein Volk mit solcher Wärme anklammert«, für sie »ehrwürdig« sei und »unantastbar« bleiben müsse97. Diesen Auftrag erfüllte Valckenberg zwar nicht direkt, aber immerhin machte er sich für das an ihn herangetra-

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gene Anliegen in seiner Landtagsrede am 23. November 1846 stark, indem er die Geschlossenheit des Widerstandes in der Provinz unterstrich98. Dennoch verbot die Regierung Zirkulare, die im Land kursierten, als verfassungswidrig, und entsprechend auch die Protestaktionen, die für Mitte Dezember 1846 überall in Rheinhessen geplant waren. In dieser Phase bewies vor allem Philipp Bandel besonderen Mut, indem er, trotz ausdrücklichen Verbots seitens des Polizeikommissärs Brück, am 28. Dezember eine Rede gegen das geplante Polizeigesetz in der Lokalsektion des Gewerbevereins hielt, die daraufhin vom Kreisrat verwarnt wurde, vereinsfremde Gegenstände zu behandeln 99. Im Zuge dieser Protestaktionen entstand auch ein informelles Komitee, das die weiteren örtlichen Bewegungen leiten und koordinieren sollte. Ihm gehörten an: der Kaufmann Ludwig Philipp Abresch sowie Ferdinand Eberstadt, Philipp Bandel, Johann Michael Kamm, Georg Renz, Philipp Steiner und Theodor Josef Zell100, die alle, bis auf Abresch, zu Beginn der Revolution das Bürgerkomitee besetzen sollten. Dieses GeheimKomitee bzw. der Schriftführer Abresch haben erheblichen Anteil daran, dass Heinrich von Gagern nach elf Jahren wieder in die Politik zurückkehrte. Er kandidierte bei der Nachwahl, die am 30. Januar 1847 auf Grund des frühen Todes Valckenbergs kurzfristig notwendig geworden war und gewann prompt. Sein Gegenkandidat war der Gutsbesitzer auf dem Windhäuser Hof (bei Elsheim) Theodor Langen, der mit ihm schon in den 1830er Jahren im Landtag gesessen hatte und auch eigentlich jetzt noch ein Parteifreund Gagerns war. Aber wohl auf Grund der progressiven Rolle, die Gagern dort damals gespielt hatte, galt er als der radikalere von beiden 101. Gagern brachte wieder etwas Bewegung in den Landtag. In einer Broschüre wies er nach, dass die neuen du Thilschen Gesetzesvorhaben einen Verstoß gegen die Rechtsgarantien für Rheinhessen von 1816 darstellten und dass der fehlende Widerstand gegen die Regierungspolitik in der Volksvertretung eine ihrer tiefsten Erniedrigungen darstelle. Der Entrüstung, die dies bei den der Regierung nahe stehenden Abgeordneten hervorrief, konterte Gagern am 1. Juni in einer sehr lebhaften Parlamentssitzung, indem er mit aller Entschiedenheit auf seinem system-kritischen Standpunkt beharrte. Für diese Standfestigkeit schickten ihm die Wormser umgehend eine Dankesadresse. Die Legislaturperiode endete im Juli 1847 mit öffentlichen Festen zu Ehren der widerständischen Opposition, so auch zu Ehren Gagerns in Worms am 10. Juli 1847102. Diese Standhaftigkeit hatte aber Wirkung über den Tag hinaus. Die Wahl des neuen Landtags im Herbst des Jahres brachte einen kleinen Erdrutsch: Über ein Drittel der Zweiten Kammer gehörten der liberalen Opposition an. Gagern wurde in Worms, diesmal unterstützt von Ferdinand von Loehr 103, wiedergewählt, zog es aber vor, nicht zuletzt in Erinnerung an die Zurücksetzung 1835 104, die Wahl in Lorsch anzunehmen. Das Mandat in Worms ging danach an August Lehne, den Sohn des Mainzer Jakobiners Friedrich Lehne, derzeit Anwalt in Alzey und Neuling auf der parlamentarischen Bühne 105.

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Die Zeit der Revolution 1848 –1852 Die Wormser März-Forderungen und das Bürger-Komitee Am 19. April 1848 machte sich der Redakteur der seit dem 15. März erscheinenden »Neuen Zeit« (NZ), Ferdinand von Loehr, in dem Leitartikel Gedanken über das Geschehen der zurückliegenden gut sechs Wochen, unter dem Titel: Revolution und Emeute. Im Unterschied zur Emeute, einem vereinzelten Aufstand, der meist auch von der Reaktion ausgenützt wurde, sei die Revolution eine Sache der allgemeinen Volksseele, eine Bewegung, die ohne Aufruf und Anfeuerung, ohne Führer, Vorbereitung und Verschwörung auskomme, quasi ein Aufstand der Natur zur allseitigen Befreiung eines zu Tode gequälten Volkes. Diese Revolution müsse aber nunmehr in das Stadium, das ist der Tenor des Artikels, auf dem Wege der gesetzlichen Freiheit überführt werden106. Man mag die Metapher von der Befreiung eines zu Tode gequälten Volkes aus heutiger Sicht für die Übertreibung eines beteiligten Akteurs halten, was sie auf jeden Fall zum Ausdruck brachte, war, dass das du Thilsche System am Ende war, mit der Unfähigkeit, wirtschaftliche Krisen zu bewältigen, und mit dem Bestreben, Freiheitsrechte statt aus- abzubauen, die Grenzen des Hinnehmbaren für die Zeitgenossen überschritten hatte. Es bedurfte deshalb nur noch des Anstoßes durch die Februar-Revolution in Frankreich, dass sich auch in Deutschland die Revolution fast von selbst einleitete. Startschuss in Hessen war der Antrag Heinrich von Gagerns und seiner Kollegen Wernher, Lehne und Frank, den Großherzog zu bitten, sich für die Schaffung einer Nationalrepräsentation einzusetzen107. Das Sturmzentrum für das Land war die rheinhessische Metropole Mainz, die bereits am 28. Februar das Darmstädter Parlament mit seinen so genannten Märzforderungen »bombardierte«108. Worms folgte mit seinen Forderungen bereits zwei Tage später; beide Forderungen waren noch in die Form einer Petition an die jeweiligen Landtagsabgeordneten verkleidet, da Massen-Petitionen nach der Verfassung nicht erlaubt waren. Dorothea Uhrig, die die beiden Petitionen miteinander verglichen hat, kommt zu dem Ergebnis, dass die Wormser Eingabe detaillierter und gemäßigter als die Mainzer war (vor allem in der Frage der Volksbewaffnung), beide nicht über das gewöhnliche Maß liberaler Forderungen hinausgingen, Thron und Regenten noch nicht infrage stellten, also noch nicht im republikanischen Sinne abgefasst waren. Beide beschränkten sich zudem, was bei Uhrig etwas untergeht, nicht auf die Umgestaltung der Landesverfassung, sondern beinhalteten schon das Verlangen nach einem deutschen Parlament, mit Volkes Sitz und Stimme, wie die Wormser es formulierten 109. Da die Mainzer, an ihrer Spitze der Rechtsanwalt Franz Zitz110, damit drohten, einen Sturm auf Darmstadt für die Durchsetzung der Forderungen zu organisieren, kam der Großherzog nicht umhin, den Forderungen entgegenzukommen. So bewilligte er am 6. März 1848 recht pauschal die aufgestellten Forderungen, wobei er sich insbesondere auf die Mainzer bezog, entließ den Ministerpräsidenten du Thil und ernannte den bisherigen Oppositionsführer Heinrich von Gagern zu seinem Nachfolger. In Worms bildete sich daraufhin, wie in Mainz, ein Bürgerkomitee, dem die politisch führenden Personen

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Abb. 45: Wormser Petition vom 1. März 1848

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angehörten. Es verstand sich als Organ der Bürgerschaft in den obschwebenden Fragen und erklärte sich für permanent, um insbesondere die »versprochenen Bewilligungen in ihrer Ausführung zu über- wachen«111. Mitglieder des Wormser Bürger-Komitees März bis Mai 1848 112 Name, Vorname

Geburtsort

Geburtsdatum

Beruf

Sterbeort

Sterbedatum

Ende

Bandel, Philipp

Worms

19. 08. 1785

Weinhändler

Burgsdorf

28. 01. 1866

NV-Wahl

Bertrand, Heinr. Ph.

Worms

15. 04. 1808

Kaminfeger

Worms

24. 07. 1887

NV-Wahl

Eberstadt, Ferdinand

Worms

14. 01. 1808

Gr.-Händler

Mannheim

09. 02. 1888

NV-Wahl

Freed, Georg

Worms

24. 02. 1823

Tüncher-Ms.

Worms

04. 05. 1896

Austritt

Kamm, Joh. Michael

Mannheim

1793

Bürstenfabr.

Worms

26. 12. 1877

Fernbl.

Loehr, Ferdinand v.

Gießen

20. 12. 1817

Arzt/Redakt.

San Franc.

28. 12. 1876

NV-Wahl

Mannheimer, Michael

Worms

17. 10. 1813

Tabakhändler

Worms

14. 01. 1885

Austritt

Pilgrim, Joh. Daniel

Diez

04. 09. 1791

Kaufmann

Worms

27. 07. 1881

Fernbl.

Renz, Georg Friedrich

Weinsheim

21. 04. 1796

Kaufmann

Worms

08. 08. 1864

Fernbl.

Steiner, Philipp

Worms

28. 11. 1802

Gastwirt

Worms

15. 04. 1870

NV-Wahl

Zell, Theodor Joseph

Bingen

26. 09. 1800

Kaufmann

Worms

28. 04. 1851

Fernbl.

Sortiert man die Komitee-Mitglieder nach ihrer politischen Richtung, so zeigt sich, wiewohl die parteipolitischen Differenzen erst keimhaft ausgebildet waren, wie »ausgewogen« die Zusammensetzung vorgenommen wurde: Den Demokraten sind zuzurechnen: Bandel, Bertrand, Eberstadt, Loehr und Steiner, während zur liberalen Partei zählen: Kamm, Mannheimer, Pilgrim, Renz und Zell. Freed als führender Turner wird wohl eine Mittelstellung eingenommen haben. Damit war das Bürger-Komitee ein Stück weit repräsentativer für die Einwohnerschaft als der Gemeinderat, in dem mit Bandel eigentlich nur ein potenzieller Demokrat saß. So kam denn schon sehr bald die Frage auf, ob der Gemeinderat noch als Repräsentant des örtlichen Volkswillens angesehen werden könne. Nachdem eine dazu einberufene Volksversammlung diese Frage verneint hatte, gab der Gemeinderat am 9. April die Erklärung ab, dass er dennoch im Amt bleiben werde, da die Gemeindeordnung, nach der er gewählt sei, nicht das Prinzip der politischen Repräsentanz kenne und dass das von der gesamten Bürgerschaft erhaltene Mandat nur von eben dieser wieder zurückgezogen werden könne113. Da daraufhin die liberalen Vertreter auch dem Bürger-Komitee fernblieben, war die Scheidung der Bürgerschaft in zwei Lager angebahnt. Die verbliebenen Mitglieder bedauerten diesen Schritt, beharrten jedoch

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darauf, die Arbeit, wie schon vorher festgelegt, bis zur Beendigung der Wahlen zur Nationalversammlung fortzusetzen114 .

Die Wahl zur Nationalversammlung Als der neue Regierungschef Heinrich von Gagern am 12. April dem Landtag den Gesetzentwurf über die Wahl zur Nationalversammlung vorlegte, war darin der indirekte Wahlmodus, also die Bestimmung der Abgeordneten über Wahlmänner, vorgesehen. Da diese Absicht Gagerns vorher bekannt geworden war, hatten schon vor der Landtagsdebatte zahllose Volksversammlungen, besonders in Rheinhessen, dagegen Protest erhoben. Diesem Protest schloss sich auch das Wormser Bürger-Komitee an, indem es sich am 11. April in einer noch gemeinschaftlich von den Fraktionen getragenen Proklamation an die Einwohner wandte und sich für die unmittelbare Wahl des Volkes aussprach: Nur so könnten spätere Beschlüsse des Parlaments als Wille des Volkes angesehen werden 115. Aber weder die Proteste noch die Einsprüche der rheinhessischen Abgeordneten um Franz Zitz und Martin Mohr116 konnten die Annahme des Gesetzes, die schließlich am 14. April erfolgte, verhindern. Trotz des Konsenses in der Wahlrechtsfrage sollten die Parteien auch in Worms in den nächsten Tagen doch sehr stark weiter auseinanderdriften. Für die Demokraten verband sich die Wahlrechtsfrage zeitlich und inhaltlich mit dem republikanischen Aufstand, den Friedrich Hecker und Gustav Struve in diesen Tagen im badischen Seekreis zu initiieren suchten. Nicht dass sie diesen Aufstand befürworteten, aber sie lehnten den Einsatz von Militär gegen den Aufstand, zu dem auf Befehl Heinrich von Gagerns auch Wormser Truppen herangezogen wurden, als einen Verstoß gegen das revolutionäre Prinzip der Volkssouveränität entschieden ab117. Ferdinand von Loehr zog daraus in seiner Zeitung die Konsequenz, dass er immer mehr von Gagern als einem »Vertreter der aristokratischen Monarchie«118 abrückte und nunmehr freimütig erklärte, dass er die »Republik für das Ideal einer Staatsform« halte, allerdings mit dem Zusatz, dass er nicht glaube, »dass es sich im Augenblick verwirklichen« ließe. So plädierte er gleichzeitig dafür, den Widerstreit zwischen Monarchie und Republik nicht zu intensivieren und das Gemeinsame in der Verwirklichung der Volkssouveränität gegenüber der Reaktion zu suchen119. Es ist also ein Irrtum Uhrigs, wenn sie meint, dass die Erklärung Loehrs für die Republik »die klare Scheidung der politischen Parteien besiegelt« habe 120. Davon kann man vielmehr erst sprechen, seit die liberal-konservative Partei, in ihrer eigenen Diktion die Partei der demokratischen Monarchie, die die harmonisierende Position Loehrs als Pfuschwerk strikt zurückwies und Heinrich von Gagern auf ihren Schild hob, indem er in den beiden Leitartikeln der Wormser Zeitung vom 30. April als »ein echter, deutscher, erprobter Charakter« gefeiert wurde, »der die Idee des deutschen Parlaments in sich trage«, während die demokratische Seite »jede Autorität und Ordnung« aufzulösen bzw. zu zerstören suche, »es aber nicht verstünde, den deutschen Dom der Freiheit aufzubauen« 121. Bei einem solchen Standpunkt war jede Zusammenarbeit ausgeschlossen. Bei der Abgeordneten-Wahl am 17. Mai in der Dreifaltigkeitskirche standen sich dann gegenüber: einerseits der Altmeister der rheinhessischen Demokratie Martin Mohr, der 1832 aus politischen Gründen als Vize-Präsident des Mainzer Gerichts aus politischen Grün-

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den zwangspensioniert worden und erst Anfang des Jahres in die Politik zurückgekehrt war122, und andererseits nicht Gagern, sondern Eduard Lehne. Gagern hatte ihn als Kandidaten vorgeschlagen, nachdem er die Wahl in Zwingenberg, die bereits einige Tage vorher stattfand, angenommen hatte 123. Das Ergebnis der Wahl in Worms brachte 145 : 123 Stimmen für Mohr124. Uhrig erklärt diesen Wahlsieg Mohrs in erster Linie als eine Niederlage Lehnes, da dieser bei weitem nicht die Popularität Gagerns besessen habe125. Wenn das zutreffend sein sollte, dann hätte die liberal-konservative Partei zumindest einen gravierenden wahlstrategischen Fehler begangen, denn der Wahlsieg in Zwingenberg war so hoch, dass höchstwahrscheinlich auch ein Vertreter für Gagern die Nachwahl gewonnen hätte. Näher liegt deshalb die Vermutung, dass Gagern der Konfrontation mit Mohr bewusst auswich, weil er eine Niederlage befürchtete oder zumindest nicht sicher war, dass er die Wahl gewinnen würde.

Die Neue Zeit und der Demokratische Verein Waren so die Gräben zwischen den Demokraten und Liberalen einigermaßen markiert, so suchten die Demokraten doch weiterhin, Brücken der Verständigung mit den Liberalen zu finden. So gibt sich Loehr in den Tagen nach Eröffnung der Frankfurter Nationalversammlung der Hoffnung hin, dass Gagern mit seiner dort am 17. Mai gehaltenen Rede, in der er die Souveränität der Nation hervorhob, »den ersten Schritt getan auf der Brücke, die zum Volke führt« und dass er »wieder ganz der Volksmann, ganz der Unsere werde«126. Loehr verkannte dabei, dass Gagern unter Souveränität der Nation nicht, wie er, die Macht der Fürsten begrenzende Volkssouveränität verstand, sondern die Machtvollkommenheit der gesamten Nation, einschließlich der Fürsten, einen deutschen Gesamtstaat zu begründen. Deswegen fällt Loehr auch aus allen Wolken, als Gagern gegen Ende Juni mit einem »kühnen Griff« die Einsetzung einer provisorischen Zentralgewalt mit einem dem Parlament nicht verantwortlichen Reichsverweser durchsetzt. Sein Aufschrei: Die Freiheit des Volkes ist begraben, das Parlament habe die Volkssouveränität aufgegeben und eine doppelt so gefährliche Behörde wie den alten Bundestag eingesetzt127. Zu dieser Zeit war die demokratische Partei freilich bereits tatkräftig dabei, sich einen festeren organisatorischen Rahmen zu schaffen. Der Demokratische Verein, der sich definitiv am 21. Juni konstituierte, stellte sich zunächst ganz allgemein unter das Prinzip der Volkssouveränität128, um dann im Laufe des Juli Programm und Statut eingehender zu diskutieren. Im Ergebnis bekannte sich der Verein zur republikanischen Staatseinrichtung als der zweckmäßigsten Staatsform. Sie sei erreicht, wenn das Oberhaupt in Deutschland ein vom Parlament auf Zeit ernanntes sei, dessen Macht unter der Souveränität des Parlaments stehe. Wünschenswert sei zudem ein Einkammersystem, bei Fortbestand einzelner Fürsten müssten diese auf jeden Fall vollständig dem Parlament untergeordnet sein. Zur Erreichung dieser Ziele wolle der Verein sich nur verfassungsmäßiger Mittel bedienen, wie Volksversammlungen, Petitionen, Adressen, Presse oder Assoziationen129. Nach den Statuten sollte jeder unbescholtene Deutsche ab 18 Jahren Zutritt zum Verein haben, bei freiwilligen Beiträgen. Die Führung des Vereins sollte einem Gremium von 20 Personen obliegen, das in schriftlicher Wahl zu bestimmen und vierteljährlich zu

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erneuern sei 130. Bereits in der Anfangsphase zählte der Verein 400 Mitglieder 131. Sein Einflussbereich war noch größer: Der Sitzung am 9. Juli zum Beispiel wohnten um die 800 Teilnehmer bei132. Auf den folgenden Sitzungen wurden durchschnittlich um 50 neue Mitglieder aufgenommen. Die Führung bestand aus vier Personen: Philipp Bandel, Ludwig Blenker, Ferdinand Eberstadt und Ferdinand von Loehr, wobei Eberstadt wohl seit der definitiven Konstituierung des Vereins am 21. Juni die Präsidentschaft innehatte. Die Mitglieder des Vereins gehörten in erster Linie dem Kleinbürgertum und den unteren sozialen Schichten an, im Unterschied zu Mainz, wo dem Bruderverein »eine größere Anzahl von Vertretern der höheren Stände« angehörten. Im Unterschied zu jenem habe man jedoch in Worms, so versteigt sich Uhrig, darauf verzichtet, durch Vorträge und Diskussionen erzieherisch auf das geistige Niveau seiner Mitglieder einzuwirken, was für das »äußerst dürftige« Vereinsleben verantwortlich gewesen sei133. Diese These ist schon allein deshalb höchst fragwürdig, weil die nur dreimal wöchentlich erscheinende Neue Zeit, wohl aus Platzmangel, lediglich Ergebnis-, nie aber Verlaufsprotokolle der Vereinssitzungen veröffentlicht hat. Die Gründung des Vereins war von Ferdinand von Loehr nicht nur tatkräftig gefördert worden, die Berichte und Kommentare seiner Zeitung blieben auch sehr wichtige »Bildungs«-Mittel für die Vereinsmitglieder. Aber beileibe nicht die einzigen, dafür sorgte schon, um nur zwei Aspekte zu nennen, der intensive geistige Austausch mit den anderen demokratischen Vereinen in Rheinhessen und die seit Mitte Januar 1849 vorangetriebene Einrichtung eines Lesesaals mit einer Auslage von 30 Zeitungen 134. Die Tätigkeit des Vereins bezog sich auf alle relevanten Themen der Zeit und schlug sich in Adressen und Eingaben an Institutionen auf vier Ebenen nieder: an den Stadtvorstand, an den hessischen Landtag, die hessische Regierung und an die Frankfurter Nationalversammlung. Die erste große Aktion des Vereins war die Ausrichtung der für ganz Rheinhessen zentralen Volksversammlung am 6. August 1848. An ihr nahmen nach einem Bericht der Neuen Zeit 12 000 bis 14 000 Menschen aus Worms und den Umkreisen teil und auf ihr sprachen neben den eigenen Leuten (Joseph von Diepenbrock135, Eberstadt, Konrad Emil Haas136 und Loehr) auch die führenden Mainzer Demokraten Ludwig Bamberger 137 und Friedrich Jakob Schütz138 sowie die Paulskirchen-Abgeordneten Eduard Zimmermann 139 aus Spandau und Franz Zitz aus Mainz. Dieser sprach am klarsten das Verhältnis an, das die Demokraten zu dieser Zeit zu Volkssouveränität und Fürsten haben sollten: Nicht die Fürsten haben mehr ihren Willen auszusprechen und das Volk zu gehorchen, das Volk spreche aus, was es will, die Fürsten haben es auszuführen, zu verwirklichen. Die nach den jeweiligen Reden aufgestellten Forderungen spiegelten die Breite des Willensbildungsprozesses der Teilnehmer wider: allseitige Anerkennung des Reichsverwesers als Zentralinstanz, die über allen Fürsten steht, kategorisches Verlangen nach Auflösung des hessischen Landtags und Wahl eines Einkammer-Parlaments auf demokratischer Grundlage, Misstrauens-Adressen gegen den hessischen Ministerpräsidenten Jaup und den rheinhessischen Regierungsrat Dalwigk, Forderung nach Zusammenschluss aller Turn- und Wehrvereine zu einem gesamtnationalen Verband, Protest gegen das Verbot der Demokratenvereine in Baden und Württemberg sowie Solidaritätsadresse mit dem Freiheitskampf der Italiener und Protest gegen Pläne zur abermaligen Teilung Polens, so wie sie von der Rechten in der Nationalversammlung beschlossen worden sei.

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Franz Zitz brachte alle Forderungen schließlich unter einen ideellen Hut: Das Ziel unserer Bestrebungen ist: Freiheit für alle, Gerechtigkeit für jeden, Verbrüderung der ganzen Menschheit im allgemeinen und des deutschen Volkes insbesondere; das ist die Aufschrift unserer Fahne140. Es liegt auf der Hand, dass der Verein mit diesen politischen Vorstellungen den weiteren Gang der Beratungen mit sehr kritischen Augen begleitet hat. Der nächste größere Stolperstein war die Schleswig-Holstein-Frage. Anfang September verwarf die Nationalversammlung zunächst den Waffenstillstand von Malmö, mit dem Preußen dem Kampf der Schleswig-Holsteiner für ihre Unabhängigkeit von Dänemark in den Rücken fiel, um den Beschluss dann wenige Tage später wieder zu kassieren, weil man komplizierte internationale Verwicklungen befürchtete. Die Enttäuschung über diese Politik schlug sich am 18. September im Frankfurter Barrikaden-Aufstand nieder141. Die Empörung, die die Wormser Demokraten über die Handlungsweise der Nationalversammlung ergriff, fassten sie in ihrer Vereinssitzung am 23. September in zwei Beschlüsse: Adresse an das Parlament, worin erklärt wird, dass der Verein in dem Beschlusse des Parlaments in der Schleswig-Holsteinischen Frage einen Verrat sehe an der Ehre Deutschlands und die Linke allein im Sinne der Ehre des Volkes gestimmt habe. Zudem wurde der Demokratische Verein in Mainz aufgefordert, zusammen mit den Vereinen in der Pfalz ein Manifest an das deutsche Volk zu erlassen, in dem die Wähler der Abgeordneten, die letztlich den Nationalversammlung-Beschluss unterstützten, aufgefordert werden sollten, zu erklären, ob diese in ihrem Sinne abgestimmt hätten142. Auf seiner Sitzung am 14. Oktober protestierte der Verein gegen die Verhängung einer Bannmeile von 5 Meilen rund um die Nationalversammlung, in der während der Parlamentssitzungen keine Volksversammlungen unter freiem Himmel stattfinden durften, da der Verein befürchtete, dass damit der alte Polizeistaat wiederhergestellt werden sollte143. Wiederum eine Woche später unterstützte der Verein außerdem den Antrag des Hanauer Abgeordneten August Rühl auf Neuwahlen der Nationalversammlung, weil sie, wie dieser meinte, nicht mehr der derzeitigen öffentlichen Meinung entspreche144. Nächster Gegenstand der Erbitterung des Vereins war die Untätigkeit der Nationalversammlung in Sachen Wiener Oktoberaufstand. Zu diesem war es gekommen, weil sich das demokratische Wien am 6. Oktober gegen den Versuch der österreichischen Regierung gestemmt hatte, kaiserliche Truppen, die in der Stadt stationiert waren, gegen die um ihre Unabhängigkeit von Österreich kämpfenden Ungarn in Marsch zu setzten. Im Gegenzug setzte daraufhin die Regierung Ende Oktober ihre Truppen unter ihrem Befehlshaber Windischgrätz gegen das aufständische Wien in Bewegung, der die Stadt stürmen, ein Blutbad unter den Aufständischen anrichten und schließlich am 9. November den Leipziger Demokraten Robert Blum, der im Auftrag der Linken in Wien weilte und sich am Aufstand beteiligt hatte, trotz parlamentarischer Immunität standrechtlich erschießen ließ145. Während die Nationalversammlung weder den Aufstand unterstützte noch gegen seine Niederwerfung und die Ermordung Blums protestierte, wurde der Verein in allen drei Punkten aktiv. Um nur die wichtigsten Ereignisse herauszugreifen: Am 14. Oktober erklärte er sich mit den Demokraten Wiens solidarisch146, eine Woche später ebenfalls mit den Ungarn, »in Anerkennung ihres Heldenmuts für die große Sache der Freiheit«147, und schließlich am 21. November mit einer von mehreren Tausend Wormsern begleiteten Blum-Totenfeier in der Dreifaltigkeitskirche 148.

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Der nächste, für die Wormser Demokraten wohl herbste Schlag gegen die Revolution war zu dieser Zeit schon in vollem Gange: der Staatsstreich in Berlin. Seine wichtigsten Stationen: Ausschaltung des Landesparlaments am 9. November samt Verhängung des Belagerungszustandes und die Oktroyierung einer Verfassung am 5. Dezember 1848. Diesen Maßnahmen setzte die Nationalversammlung nicht nur keinen Widerstand entgegen, sondern verwarf sogar noch den Steuerverweigerungsbeschluss, mit dem sich das Landesparlament selbst zur Wehr setzte149. Dieser Schlag war für die Wormser deswegen besonders hart, weil sie, nach den großen Enttäuschungen über die Nationalversammlung, auf das preußische Landesparlament ihre ganzen Hoffnungen gesetzt hatten. Am 11. November wandte sich der Verein an das Landesparlament und verlangte, dass die gerade laufende Besetzung Rheinhessens durch preußische Truppen rückgängig gemacht werde150. Und noch in einer am 18. November beschlossenen Adresse wurde das Landesparlament als neuer Vorkämpfer der Freiheit gefeiert: In ihr werden wir von heute an die Zukunft Deutschlands verehren 151. Doch diese Hoffnung mussten die Wormser Demokraten schon bald wieder aufgeben. Am 9. Dezember legte der Verein Verwahrung gegen die durch die Berliner Regierung Brandenburg/Manteuffel oktroyierte Verfassung ein152, und auf der letzten Sitzung des Jahres, am 30. Dezember, wandte er sich mit Entschiedenheit gegen Pläne einer preußischen Hegemonie: Wir würden uns für ehrlos halten, wollten wir der Tyrannei in dem Augenblick, wo sie am brutalsten auftritt, die Hände entgegenstrecken, um neue Fesseln zu bitten 153. Das zielte unausgesprochen auch schon auf das Programm, das Heinrich von Gagern in diesen Tagen als neuer Reichs-Ministerpräsident vorstellte.

Die Wormser Zeitung und der Bürgerverein Nur wenige Tage nach der Gründung des Demokratischen Vereins setzte auch in liberalkonstitutionellen Kreisen die Vereinsbildung ein, maßgeblich forciert vom Besitzer und Redakteur der Wormser Zeitung, Andreas Kranzbühler. Der daraus hervorgehende Bürgerverein gab sich am 30. Juni ein Programm, in dem er von der Überzeugung ausging, dass die Souveränität des Volkes die alleinige Quelle und Grundlage des heutigen deutschen Staatsrechts bilde, und erkannte in dem Parlament das einzige gesetzliche Organ des gesamten deutschen Volkswillens. Das Ziel der konstitutionellen Monarchie, im Entwurf noch ein wesentlicher Punkt, ist hier nicht mehr aufgeführt. Als Hauptzweck des Vereins wird angegeben, eine zeitgemäße politische Bildung seiner Mitglieder zu betreiben, einen echt vaterländischen Sinn zu wecken und die Verschmelzung aller Stände und Berufsklassen in der großen Idee des freien deutschen Bürgertums zu verwirklichen. Die Sitzungen sollten nicht öffentlich sein, neue Mitglieder bedurften des Vorschlags zweier alter Mitglieder, die jeweils nur ein bis zwei Gäste einführen durften 154. Der Bürgerverein war im Vergleich mit dem Demokratischen Verein der deutlich kleinere und hatte auch eine gänzlich andere soziale Zusammensetzung. Bis zum August 1848 waren laut einer gedruckten Mitgliederliste 168 Mitglieder beigetreten, die vorwiegend aus den oberen Schichten stammten: Offiziere, Beamte, Kaufleute, Intellektuelle. In der ersten Zeit wechselte das Führungspersonal relativ stark. Der erste Präsident, der Privatmann Philipp Merz155, erkrankte schon frühzeitig und verließ Worms bereits im Herbst des Jahres, sein Nachfolger, der Gymnasiallehrer Ge-

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org Zimmermann156, trat auf den Sitzungen kaum hervor (er hielt erst im zweiten Revolutionsjahr verschiedene Vorträge zu politischen Grundsatzfragen), sodass die Sitzungen oftmals von dem jeweils zweiten Vorsitzenden geleitet wurden. Allmählich schälte sich dann eine Führung von drei Personen heraus: Pfarrer Georg Fuchs157, der Notar Ludwig Theyer158 und der Gymnasiallehrer Friedrich Eich159. Unter ihnen wiederum war Friedrich Eich der eigentliche spiritus rector des Vereins. Er schrieb, wie er später selbst bekannte160, seit dem April 1848 die wesentlichen Leitartikel der Wormser Zeitung und bestimmte maßgeblich die Diskussionen auf den Vereinssitzungen. Dabei war Eich, wie Uhrig richtig feststellt, streng konstitutionell-monarchisch gesinnt und ein ausgesprochener Gegner der Demokraten161. Ähnlich wie beim Demokratischen Verein und der Neuen Zeit bestand also zwischen Bürgerverein und der Wormser Zeitung von Anfang an eine sehr enge Beziehung, die auch über die Revolutionszeit erhalten blieb. Mitte April 1849 erklärte der Verein die Zeitung sogar offiziell zu seinem Organ162. Da sie täglich erschien, hatte sie auch Platz, die den Verlauf der Vereinssitzungen nachzeichnenden Protokolle zu veröffentlichen. Bürgerverein und Wormser Zeitung trugen die Politik, die Heinrich von Gagern und seine Partei in der Paulskirche entfalteten, von Anfang an voll mit. So sahen sie die Einsetzung des unverantwortlichen Reichsverwesers als eine Notwendigkeit an, »eine kräftige, Achtung gebietende Zentralgewalt« zu erhalten und »die langersehnte Einheit Deutschlands« zu verwirklichen, und feierte den Erzherzog Johann als »den rechten Mann«. Die Kritik unter anderem seitens der Neuen Zeit, dass diese Maßnahme ein Verstoß gegen das auch im eigenen Programm zentrale Prinzip der Volkssouveränität sei, wischte der diesbezügliche Leitartikel der Wormser Zeitung als nicht relevant einfach vom Tisch163. In der Schleswig-Holstein-Frage unterstützte der Verein zunächst den ersten Beschluss der Nationalversammlung auf Verwerfung des Malmöer Waffenstillstands 164, erhob seine Stimme aber nicht, als sie wenige Tage später das Gegenteil beschloss 165, und forderte Anfang Oktober sogar, als eine Reaktion auf den Frankfurter Septemberaufstand, die Zentralgewalt auf, »ihre Befugnisse mit Kraft und ohne allzu ängstliche Rücksichten auszuüben«, und zwar »gegen alle, die sich ihrer Autorität widersetzen«166. Den Wiener Oktoberaufstand diskutierte der Verein auf seiner Sitzung am 17. Oktober nur einmal und ohne einen Protest zu beschließen167. Die Zeitung stellte sich währenddessen auf die Seite der von der Paulskirche ohne alle Befugnisse nach Wien entsandten Reichskommissare um den badischen Staatsrechtler Theodor Welcker und bedauerte nur, dass die österreichische Hofpartei den von ihnen vermittelten »Weg der Versöhnung« nicht aufgenommen habe. Nach der Niederschlagung des Aufstandes brachte sie einen Bericht aus Wien, der dem Fürsten Windischgrätz »Mäßigung« anempfahl, die unbedingt notwendig sei, »um die durch die Härte des Belagerungszustandes erbitterten Gemüter zu besänftigen«168. Selbst der Ermordung Robert Blums wurde nur in einem recht zwiespältigen Kommentar gedacht. Einerseits sei er »ein beklagenswertes Opfer des siegenden Militär-Despotismus«, andererseits wird ihm eine Mitschuld am eigenen Tod zugeschrieben, da er »die richtige Bahn« verlassen und sich dem Aufstand angeschlossen habe, ja in gewisser Hinsicht sei seine Tötung sogar als gerecht anzusehen: Wenn einmal das Standrecht verkündigt ist und an allen vollzogen wird, welche als Teilnehmer des Aufstandes mit den Waffen in der Hand ergriffen wurden, so fänden wir es ungerecht, wenn von zwei Ergriffenen der

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eine erschossen und der andere entlassen würde, weil er Mitglied einer Nationalversammlung ist 169. Die Zweifel, ob die Politik von Verein und Zeitung im Prinzip der Volkssouveränität wurzelte, die man bisher haben konnte, erhielten im Zusammenhang mit dem Berliner Staatsstreich im November 1848 erheblich neue Nahrung. Zunächst rechtfertigte der Verein die Ausschaltung des preußischen Landesparlaments mit der hanebüchenen Begründung, es sei nicht frei gewesen, sondern habe unter dem Terrorismus der Volksmassen gestanden. Selbst der Protest, den das Parlament gegen die Verlegung von Berlin nach Brandenburg eingelegt habe, sei nicht ernst zu nehmen, da er nur unter dem Druck der Volksmassen erfolgt sei 170. Zur Oktroyierung einer Verfassung Anfang Dezember zitierte die Zeitung Berichte anderer Zeitungen, in denen diese Maßnahme nicht nur gebilligt, sondern ausdrücklich begrüßt wurde 171. Dessen ungeachtet (oder vielleicht auch deshalb) fasste der Verein auf seiner Jahresschlusssitzung am 27. Dezember den Beschluss, der Nationalversammlung mitzuteilen, dass es den Wünschen des Vereins entsprechen würde, Preußen an die Spitze Deutschlands zu stellen 172. Ende November wagte der Verein ein Experiment und machte seine Sitzungen öffentlich173. Diese Gelegenheit nutzten führende Demokraten samt Anhang, um Einfluss auf die Meinungsbildung des Bürgervereins zu nehmen174, was die Vereinsführung bereits nach drei Sitzungen veranlasste, die Öffentlichkeit wieder auszuschließen175.

Die Bürgermeisterwahl Anfang Januar 1849 In dieser aufgewühlten bis zugespitzten Atmosphäre fanden vom 3. bis 6. Januar 1849 die Neuwahlen zum Bürgermeister statt. Sie waren notwendig geworden, weil der seit 1837 amtierende Bürgermeister Friedrich Renz Mitte August 1848 sein Amt vorzeitig niedergelegt hatte, nachdem er von Seiten der Demokraten wegen der Leitung und Verwaltung städtischer Einrichtungen (Pfandhaus, Hospital, Sparkasse) mehrfach kritisiert worden war. Zwar hatten zwei Adressen, eine von nicht gebundenen Bürgern 176 sowie eine gemeinsame von Demokraten- und Turnverein 177, ihn aufgefordert, im Amt zu bleiben, aber Renz war bei seinem Entschluss geblieben 178 und hatte im Oktober seinen staatlichen Entlassungsbescheid erhalten179. Für die Neuwahl nominierten die Demokraten drei Kandidaten: den Weinhändler und Bürgerwehr-Oberst Ludwig Blenker, den früheren Bäcker, Gutsbesitzer und jetzigen Rentner Philipp Bandel und den Kaufmann Ferdinand Eberstadt. Die Neue Zeit forderte die Wormser Bürger auf, diese Personen als Vertreter eines Prinzips zu wählen: »dass die Bedürfnisse des Mittelstandes und der ärmeren Klasse fortan ihre vollgültige Vertretung finden« sollten 180. Die konstitutionelle Partei benannte ebenfalls drei Kandidaten: Ludwig Philipp Abresch und Theodor Josef Zell, beide inzwischen zu Beigeordneten gewählt, und das Gemeinderatsmitglied Michael Kamm. Die beiden Letzteren waren im April vorzeitig aus dem Bürger-Komitee ausgeschieden. Anstatt die Qualität der drei Kandidaten zu würdigen, malte die Wormser Zeitung lieber das Menetekel an die Wand, dass, wenn »die demokratische Willkürherrschaft ans Ruder käme, sich vieles von Worms wegziehen«, der Handwerkerstand also nicht, wie die Demokraten versprächen, gehoben, sondern vielmehr »notleiden« und Unheil über die Stadt bringen würde181.

D IVERGENZEN

Abb. 46: Ludwig Blenker

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V ERFASSUNGSFRAGEN

Abb. 47: Ferdinand Eberstadt, Bürgermeister

Abb. 48: Ferdinand von Loehr

Das Ergebnis der Wahl war ebenso eindeutig wie aussagekräftig: Blenker 834, Bandel 795, Eberstadt 791, Abresch 436, Zell und Kamm je 431 Stimmen. Die demokratischen Kandidaten hatten fast zwei Drittel der Stimmen auf sich vereinigen können, die Liberalen nur gut ein Drittel erreicht (65,1 : 34,9 %). Die »Mainzer Zeitung« jubelte, die Demokratie habe einen Sieg gefeiert, wie sie deren sich weniger rühmen könne182. Die Neue Zeit interpretierte das Ergebnis als die angemessene »Antwort auf die schamlosen Verleumdungen«, auf die »Hetze«, die die liberale Seite »den Leuten gedruckt und geschrieben in das Haus schleuderte«, und verlangte gleichzeitig, dass die Regierung nun auch, nach demokratischem Prinzip, den Mann mit den meisten Stimmen ernennen sollte 183, was noch durch eine zusätzliche Eingabe mit zahlreichen Unterschriften unterstrichen wurde 184. Die Regierung aber brauchte rund anderthalb Monate, bis sie sich entschieden hatte, und entschied sich dann für den Drittbestimmten, Ferdinand Eberstadt, notgedrungen, weil sie die beiden Erstbestimmten für radikaler hielt. Die Wormser Zeitung konnte sich nicht enthalten, diese Entscheidung mit dem Unkenruf zu begleiten, dass seine Talente kaum ausreichen würden, das Amt in der richtigen Weise auszufüllen185. Damit wurde zum ersten Mal in der Geschichte ein Jude Bürgermeister einer hessischen, wenn nicht gar einer deutschen Stadt. Eberstadt weilte zu dieser Zeit aus geschäftlichen Gründen in Paris, zögerte nach seiner Rückkehr für kurze Zeit, die Wahl anzunehmen, gab aber schließlich dem öffentlichen Drängen seiner demokratischen Freunde nach186. Am 22. März wurde er von dem Mainzer Regierungskommissär Dalwigk in sein Amt eingeführt187.

Divergenzen in Verfassungsfragen Auch nachdem Heinrich von Gagern Mitte Dezember vom Amt des Präsidenten der Nationalversammlung in das des Reichs-Ministerpräsidenten gewechselt war, blieb er der dominierende Mann seiner Partei und die treibende Kraft in der Ausgestaltung der Verfassung. Hauptsächlich drei Fragen waren es, die nach seinen Regierungserklärungen vom 18. Dezember 1848 und 11. Januar 1849188 die öffentliche Diskussion beherrschten

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und die bis Ende März ihre Entscheidung finden sollten: klein- oder großdeutsch, also ob Reichsgründung mit oder ohne Österreich, die Frage des Oberhaupts und das Wahlrecht. Für den Bürgerverein waren die ersten beiden Fragen eigentlich mit der gegen Ende 1848 eingeschlagenen Politik vorgeprägt. Er folgte erwartungsgemäß den Vorschlägen, die Gagern in seinen Regierungserklärungen machte, und erklärte sich bereits auf seiner Sitzung am 22. Januar 1849 für die Schaffung eines erblichen Kaisertums und für die Übertragung der Kaiserwürde an den preußischen König 189, was, wie bei Gagern, die Zurückdrängung Österreichs aus Deutschland einschloss. Diese Entscheidung zu untermauern, druckte die Wormser Zeitung in den nächsten Wochen zahlreiche Artikel, vor allem aus ihr nahe stehenden Zeitungen ab, in denen die Prinzipien der konstitutionellen Monarchie oder die der »besten Staatsform«190 entwickelt wurden, so wie sie es verstand. Das Gemeinsame dieser Artikel ist, dass, wie am 22. Februar dargelegt, die Monarchie als der »Zielpunkt« angegeben, die Volkssouveränität in ein Grundprinzip des monarchischen Systems umgedeutet und die Demokratie als ein destruktives Prinzip radikal abgelehnt wird: Die volle unbedingte politische Gleichberechtigung der Individuen als solcher führt zur Vernichtung der wichtigsten Elemente der Staatswohlfahrt, sie proklamiert die unerträglichste Tyrannei, das mechanische Übergewicht der Kopfzahl, sie löst in ihrer äußersten Konsequenz den Staat in seine Atome auf 191. In einem Vortrag im Bürgerverein am 15. März wandelte Georg Zimmermann diese Grundgedanken in eine autoritäre Maxime um: Der Monarchie sei vor der Republik der Vorzug zu geben, weil sie den schlechten Leidenschaften der Menschen weniger Gelegenheit biete, sich zu entfesseln und heillos auszuschreiten, ihnen also mehr Zügel anlegen könne192. Da die am 28. März schließlich angenommene Verfassung die vom Verein angestrebten Komponenten enthielt, war es selbstverständlich, dass er auf seiner Vereinssitzung am 2. April deren Verabschiedung freudig begrüßte. Es ist aber sicherlich kein Zufall, dass die Freude, die Friedrich Eich dort äußerte, sich in erster Linie auf die »endliche glückliche Entscheidung der Kaiserfrage« bezog, verbunden mit dem »Schmerz über die leider zur Notwendigkeit gewordenen Trennung Österreichs von Deutschland« 193, nicht aber auf das Wahlgesetz, das einige demokratische Elemente enthielt. Erst nachdem die Gagern-Partei es akzeptierte, waren gemäßigte Demokraten um Heinrich Simon bereit gewesen, die Hand für den kleindeutschen erblichen Kaiser zu reichen194. Die Meinungsbildung des Demokratischen Vereins in diesem Abschnitt nachzuzeichnen, ist relativ schwer, da für zahlreiche Sitzungen keine Protokolle vorliegen, da sie entweder nicht angefertigt oder von der Neuen Zeit nicht veröffentlicht wurden. Deswegen müssen einige Leitartikel Loehrs mit einbezogen werden. Auf der Sitzung des Vereins am 13. Januar griff man ein politisches Grundübel auf, entwarf einen Brief an den Reichsminister Mohl, der eine Schwäche der Zentralgewalt beklagt hatte, und verwies darauf, dass diese Schwäche daher rühre, dass das Parlament seine Stärke aus der Anfangszeit der Revolution verloren habe, weil es sich zwischenzeitlich vom Volk getrennt habe 195. Auf der gleichen Sitzung verabschiedete der Verein eine Erklärung an die Mitglieder der zweiten hessischen Kammer, in der er sie davor warnte, den kleindeutschen Bestrebungen der Gagern-Partei in irgendeiner Weise nachzugeben, da sie dazu keine Kompetenz habe, und protestierte noch einmal scharf gegen jedwede preußische Hegemonie, da sie einerseits

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»Deutschland auf immer spalten und andererseits die heiligsten Interessen unseres Landes verletzen würde«196. In seinen Leitartikeln vom 17. Januar ergänzte Loehr diese Ansicht dahingehend, dass Österreich nicht mehr als Preußen gegen die Revolution gewirkt habe und deswegen sein von Gagern beabsichtigter Ausschluss unlogisch sei197. In seiner frühzeitig formulierten Ansicht, dass die Gagernschen Vorstellungen »lebensunfähig«, das heißt nicht durchsetzbar seien198, sah er sich am 27. Januar bestätigt, als die Erblichkeit des zukünftigen Oberhaupts in der Nationalversammlung zunächst keine Mehrheit bekam199. In diesem Sinne legte er im Leitartikel vom 17. Februar Ministerpräsident Gagern nahe, sich nicht länger von Preußen an der Nase herumführen zu lassen; Preußen denke nicht daran, auf seine Vorstellungen einzugehen, mit seiner Willfährigkeit der preußischen Führung gegenüber mache er sich nur weiter lächerlich200. Wenige Tage später geißelte die Neue Zeit scharf das Eintreten Gagerns in der Nationalversammlung für ein starkes Zensuswahlrecht und noch das nach Geheimgesprächen zwischen Gagern und Simon von der Paulskirche angenommene, ansatzweise demokratische Wahlrecht lehnte sie strikt ab 201, da es die Armen ausschließe, sie damit ihrer politischen Rechte beraube; eine Kritik, die der Demokratische Verein in seiner Sitzung vom 10. März übernahm202. Alles in allem: Die verabschiedete Verfassung bzw. die beabsichtigte Inthronisierung des preußischen Königs zum Kaiser der Deutschen liefere, so die Meinung Loehrs in seinem Aufmacher am 31. März, Deutschland einem Herrscherhaus aus, das »die heiligsten Rechte des Volkes stärker verhöhnt und die deutsche Sache im Ausland schmählicher verraten« habe als alle anderen. Sie werfe zudem »die Fackel des Bürgerkrieges« in »unser unglückliches Vaterland«, denn gerade die süddeutschen Staaten würden sich vehement dagegen wehren, von dem preußischen »System der Willkür und Gesetzlosigkeit« überzogen zu werden203. Die krassen Unterschiede zwischen Bürgerverein und Demokratischem Verein hatten sich auf den Feiern zum 1. Jahrestag des 6. März gezeigt. Die Demokraten gestalteten ihre Feier als »Erinnerung an all die schönen Dinge«, die zu Beginn der Revolution 1848 »versprochen« worden waren. So entwarf der Hauptredner Franz Zitz »in warmen ergreifenden Zügen ein Bild dessen, was dem Volke hätte werden müssen und nicht ward«, und widerlegte gleichzeitig »die Verleumdungen der Bürgervereine, als beabsichtige die Demokratie Kommunismus«204. Auf der Feier des Bürgervereins wurden von führenden Mitgliedern Reden gehalten, in denen, um nur einige Aspekte hervorzuheben, Herrscher und rechtsliberale Politiker bejubelt (der Reichsverweser Erzherzog Johann als Vertreter der deutschen Einheit, der Großherzog Ludwig III. als »Gründer des neuen Staates« oder Heinrich von Gagern »als echter deutscher Mann von altem Schrot und Korn)« oder über »die deutsche Besonnenheit als unterscheidenden Charakterzug der Deutschen und Franzosen« sinniert wurde205.

Reichsverfassungskampagne Die Ablehnung der Kaiserkrone durch den preußischen König Anfang April wurde von den Wormser Parteien, wie zu erwarten war, sehr unterschiedlich aufgenommen. Während die Demokraten sich in ihrer kritischen Haltung bestätigt fühlten, waren die Liberalen doch einigermaßen geschockt. Ihre Reaktionen lagen zunächst auf den eingeschlage-

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nen Linien. Da die Neue Zeit für diesen Abschnitt keine Protokolle des Demokratischen Vereins mehr abgedruckt hat, müssen wir wieder auf Loehrs Meinung zurückgreifen. Er nutzte die Zeit, seinen Standpunkt zu untermauern. Er machte deutlich, dass es für die Demokraten eine Unterstützung für die Verfassung nur geben könne, wenn die Nationalversammlung den Kampf für ganz Deutschland aufnehme, endlich in diesem Kampf auch vorangehe und Österreich und Preußen zur Annahme zwinge. Mittel dazu seien Neuwahlen des Parlaments oder eines Kaisers206. Da sich das Parlament nach seiner Meinung aber inzwischen selbst aufgegeben habe, setzte er mehr auf eine Wiederbelebung der europäischen Revolution, die er nach neuen Erfolgen der Ungarn in ihrem Kampf gegen Österreich als unmittelbar anstehend ansah207. – Die Rechtsliberalen blieben bei ihrer Strategie und verabschiedeten am 11. April zwei Adressen: die erste an die Nationalversammlung mit der Aufforderung, der Reaktion von oben gegenüber standfest zu bleiben und keinerlei Veränderungen mehr an der beschlossenen Verfassung vorzunehmen; die zweite an den Großherzog, die Verfassung als »endgültiges, unantastbares Werk« anzuerkennen208. In dieser Strategie wurden sie zunächst auch bestätigt, indem am 14. April 28 kleinere Staaten, darunter Hessen, in einer Kollektivnote die Verfassung samt Kaiserwahl anerkannte209 und am 22. April Volksvereine und Landtag den württembergischen König zur Annahme der Verfassung zwangen210. Diese Strategie musste in sich zusammenfallen, als die preußische Regierung das Landesparlament, das kurz vorher die Reichsverfassung anerkannt hatte, am 26. April kurzerhand auflöste 211. Der Verein nahm die Auflösung zwar zur Kenntnis, die Strategie indes blieb defensiv: Zusammenschluss der Staaten, die die Verfassung angenommen hatten und Hoffnung, dass das Volk es in den »renitenten Königreichen« schon richten werde212. Eine ganz neue Situation entstand dann Anfang Mai, als sich in der Pfalz ein Landesverteidigungsausschuss bildete, der sich für permanent erklärte, bis die bayerische Regierung ihre unbedingte Unterwerfung unter die Reichsgesetze erklärt habe213. In dieser Situation beriefen Bürgermeister Eberstadt und Ortsvorstand für den 5. Mai eine allgemeine Bürgerversammlung vor dem Stadthaus ein und ließen eine von ihnen vorbereitete Erklärung verabschieden. In ihr bekundeten die Wormser feierlich ihre Sympathie mit den aufständischen Pfälzern und ihren Willen, gegen den beabsichtigten Umsturz von Seiten mancher Fürsten an der zu Recht bestehenden Verfassung festzuhalten: Die Verfassung ist der gesetzliche Boden, auf dem wir stehen und bleiben; wir erklären jeden für einen Verräter an der Sache der deutschen Nation, welcher die Einführung dieser Verfassung zu verhindern oder zu verzögern sucht. Diese Erklärung wurde von dem gesamten Stadtvorstand (Bürgermeister, Beigeordneten und Gemeinderäten) unterschrieben und bereits am nächsten Tag in beiden Zeitungen, in der Neuen Zeit allerdings ohne Kommentar, veröffentlicht 214. Wieweit entsprach diese Erklärung wirklich der Ansicht der Wormser? Bestimmt gingen alle konform in der Ansicht, dass die Fürsten »Verräter an der Sache der deutschen Nation« seien. In erster Linie deswegen hat die Erklärung sicherlich auch breite Zustimmung erfahren. In der Erklärung steckte aber noch mehr. Schon ihre Diktion lässt deutlich den Einfluss des rechtsliberalen Bürgervereins erkennen215, dessen Meinungsbildung zwei Aspekte implizierte: die politische Bewegung an der Aufnahme des bewaffneten Kampfes und an der Propagierung der Republik zu hindern, denn, wie es wenige Tage später in einem Leitartikel der Wormser Zeitung heißt: Wer

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die Verfassung will, darf keine Republik wollen; und wer die Republik will, der will nicht die Verfassung 216. Es war die Frage, ob Eberstadt und Bandel, die noch immer einzigen Demokraten im Stadtvorstand, diese Implikationen gesehen und der Erklärung nur aus taktischen Gründen zugestimmt haben, etwa um eine bessere Ausgangsposition für weiter gehende Maßnahmen zu haben. Auf jeden Fall entsprach die beschlossene Resolution in wesentlichen Punkten nicht der Meinungsbildung im Demokratischen Verein. Dieser hielt unmittelbar nach der Bürgerversammlung eine eigene Versammlung ab, auf der sich viele Stimmen für die Durchsetzung der Republik erhoben, sehr zum Leidwesen der Liberalen, die beklagten, dass damit die vorher erreichte Einigung der Parteien ihre Wirkung verloren habe217. Er bereitete sich zudem schon seit einiger Zeit auf die Aufnahme des bewaffneten Kampfes vor: Dieser sollte am nächsten Tag auf dem Bezirkstag der rheinhessischen demokratischen Vereine in Oppenheim beschlossen werden218. Am 9. Mai stand die Frage der Bewaffnung auf der Tagesordnung des Gemeinderats, der »unter Vorbehalt der höheren Genehmigung« beschloss, die zur Anschaffung von Gewehren dringend benötigten Gelder (den meisten Milizionären fehlten die Mittel dazu) durch Haussammlungen bei vermögenden Bürgern zu erheben219. Und zwei Tage später erging ein weiterer Aufruf an die Wormser, in Zeiten, da das Vaterland in Gefahr sei, das Bewaffnungsrecht des Volkes voll auszuschöpfen und massenhaft in die Bürgerwehr einzutreten220. Diesem Aufruf

Abb. 49: Erklärung des Wormser Stadtvorstands vom 11. Mai 1849

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– wohl, wie der obige Beschluss, vor allem von Eberstadt lanciert – fehlte, im Unterschied zur Erklärung vom 5. Mai, die Unterschrift zweier Rechtsliberaler: des Schiffers Johann Georg Esser und des Redakteurs der Wormser Zeitung Andreas Kranzbühler, was wohl bedeutete, dass sie nicht geneigt waren, einen solchen Aufruf zur praktischen Solidarität mitzutragen. Diesem zweiten Aufruf war ein Hilferuf aus der Pfalz vorausgegangen. Der dortige Landesverteidungsausschuss hatte die rheinhessischen Bürgerwehren um Unterstützung gebeten, da man in Ludwigshafen den Anmarsch bayerischer Truppen befürchtete. Die Wormser Bürgerwehr, zu Beginn der Revolution unter dem Kommando Ludwig Blenkers aufgestellt und seitdem kontinuierlich ausgebaut 221, reagierte umgehend. Noch in der Nacht zum 10. Mai marschierte sie, ausgestattet mit Waffen aus städtischem Besitz und unter Begleitung von kleinen Verbänden aus der Umgebung links und rechts des Rheins, nach Ludwigshafen, nahm den von bayerischen Truppen besetzten Brückenkopf im Sturm und besetzte die Stadt, worauf zusätzlich im Anmarsch befindliche bayerische Truppen zu ihr überliefen 222. Später nahm die Blenker’sche Truppe Quartier bei Frankenthal und Blenker selbst stieg zum Oberkommandeur des rechten Flügels der Pfälzer Armee auf. Noch dreimal kehrten die Blenker’schen Freischaren nach Worms zurück: Am 17. Mai, um die regulären Truppen auf die Verfassung zu vereidigen, am 25. Mai in Begleitung des nunmehr badischen Zivilkommissärs Ferdinand von Loehr, um im Zuge der Strategie der vereinigten badisch-pfälzischen Armee den Aufstand nach Norden auszuweiten und die Nationalversammlung in Frankfurt unter ihren Schutz zu stellen; beide Male ohne Mithilfe Eberstadts und deshalb ohne Erfolg, und am 10. Juni, diesmal aber wohl nur, um persönliche Habe einzuholen 223. Als die preußischen Truppen am 13. Juni in der Pfalz einmarschierten, erschien alsbald auch ein Spezialkommando in Worms, vom Bürgerverein als Befreier begrüßt, wie Uhrig auf der Basis einer zeitgenössischen Quelle zu berichten weiß 224. Die pfälzische Volksarmee konnte der preußischen Invasionsarmee keinen ernsthaften Widerstand entgegensetzen, sodass sie sich am 18. Juni über den Rhein nach Baden zurückziehen musste. Aber auch die vereinigte badisch-pfälzische Revolutionsarmee konnte den preußischen und den Reichstruppen nur vorübergehend standhalten. Nach der Niederlage von Waghäusel am 22. Juni und dem Durchbruch an der Murglinie am 30. Juni blieb nur der allmähliche Rückzug in die Schweiz. Die Blenker’sche Truppe, an all diesen Kämpfen beteiligt, überschritt Mitte Juli 1849 die Schweizer Grenze.

Die Mainzer Hochverratsprozesse 1850 Unmittelbar nach der Invasion der Preußen in die Pfalz hagelte es in Worms Verhaftungen und Steckbriefe wegen Hoch- und Landesverrats. Eines der schwersten Schicksale traf den Wormser Bierbrauer Jakob Friedrich Werger. Er wurde am 20. Juni verhaftet und ins Mainzer Untersuchungsgefängnis eingeliefert, wo er bis zum Ende des Prozesses Anfang Juni 1850, also fast ein Jahr, verbleiben musste. Steckbriefe ergingen am 13. Juni gegen Ferdinand von Loehr und Ludwig Blenker225, am 20. Juni gegen Karl Balthasar Hedderich, Johann Philipp Klar, Georg Friedrich Schön, Johann Jakob Becker, Georg Heinrich Christoph Schmitt und Wilhelm Keller 226, am 25. Juni gegen Philipp Bandel, Ludwig

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D IE M AINZER H OCHVERRATSPROZESSE 1850

Weidig, Karl Ludwig Laubenheimer, Heinrich Bertrand, Joseph von Diepenbrock und Philipp Ludwig Müller227, am 2. Juli gegen Adam Bittlinger, Konrad Emil Haas, Adam Scheuermann und Valentin Lauermann 228 und am 21. November gegen Julius Hauck und Joseph Marr229. Eine Reihe der steckbrieflich Verfolgten (Bandel, Bertrand, Klar, Keller, Müller, Schön) hörte in den nächsten Monaten auf den Rat von Freunden, sich zu stellen, weil sie höchstwahrscheinlich glimpflich davonkommen würden. So standen schließen im Mai 1850 16 Wormser Bürger, die unterschiedlich lange Haftzeiten hinter sich hatten, vor den Schranken des Mainzer Schwurgerichts (Adler war am 30. April begnadigt worden, gegen Lohnstein wurde separat verhandelt). Worms stellte damit noch vor Mainz das größte Kontingent der Angeklagten. Die 18 Wormser Angeklagten im Mainzer Hochverratsprozess 1850 230 Name, Vorname Adler, Abraham Bauer, Johann Bertrand, Heinrich Boeninger, Ad. Konr. Keller, Wilhelm Klar (Clar), Philipp Korn, Valentin Loewenstein, Philipp Lohnstein, Salomon Müller, Heinr. Georg Müller, Ph. Ludwig Notty, Gustav Reiss, Karl Schellenschläger, Jak. Scheuermann, Adam Schön, Georg Friedr. Strauß, Friedrich Strecker, Wilhelm Werger, Jak. Friedrich

Geburtsort

Beruf

Sterbeort

Sterbedatum

B

Worms

Geburtsdatum 09. 07. 1811

jüd. Prediger

Bendorf

05. 01. 1856

x

Hofheim Worms

1813 14. 04. 1808

Schreiner Kaminfeger

Worms Worms

05. 09. 1867 24. 07. 1887

Albertswl.

21. 09. 1810

Buchdrucker

Worms

15. 04. 1886

Worms

29. 10. 1815

Schiffer

Worms

05. 07. 1896

Darmstadt

03. 01. 1827

Worms Worms

10. 02. 1825 19. 10. 1829

Handlungsdiener Tagelöhner Dekatierer

(Emigration?) Worms

21. 07. 1868

Worms

03. 05. 1809

Handelsmann

Worms

21. 03. 1854

Offenbach

09. 05. 1812

Weinwirt

Worms

22. 01. 1824

Müllerbursche

(E. USA Nov. 1850 ?) Worms

Worms

01. 01. 1830

Heppenh. Wies-Opp.

04. 07. 1813 1822

Handlungsdiener Schreiner Tagelöhner

Worms Worms

31. 08. 1853 23. 05. 1871

Worms

23. 03. 1821

Küfer

Worms

07. 01. 1872

Worms

20. 05. 1816

Schuhmacher

Mainz ?

Worms

31. 03. 1828

Aschaffbg.

26. 01. 1818

Handlungsdiener Techniker

Mannheim

25. 09. 1880

Worms

09. 07. 1819

Bierbrauer

Worms

30. 12. 1874

Erläuterungen: B = Bild, E = Emigration,

x

x 26. 06. 1873

(E. Frankfurt ?)

x

x

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Abb. 50: Die politischen Gefangenen im Mainzer Eisenturm 1850 4. Reihe: Kaibel, Felix, Müller, Brodrecht, Gebhard 3. Reihe: Notty, Dr. Schmitz, Dr. Adler, Werger, Ritzinger, Boeninger, Dr. Mayer 2. Reihe: Thudichum, Beitsch, Dr. Mohr, Stumpf 1. Reihe: Dr. Gieswein, Dr. Wittmann, Kraetzer (die kursiv gesetzten Namen sind Wormser)

Vor dem Mainzer Geschworenengericht, das am 21. Mai 1850 mit seinen mündlichen Verhandlungen begann, schlugen die Verteidiger, unter ihnen der Wormser Landtagsabgeordnete Eduard Lehne, folgende Argumentationslinie ein: Die Angeklagten hätten nichts weiter getan als sich für die Durchsetzung der Reichsverfassung, ein im Großherzogtum Hessen durch die Veröffentlichung im Regierungsblatt gültiges Gesetz 231, eingesetzt zu haben. Das Urteil, das die Geschworenen, die in einigen Fällen den Aufständischen relativ nahe standen, am 8. Juni verkündeten, lautete in allen Fällen: Freispruch232. Das Verfahren gegen Ferdinand Eberstadt, Philipp Bandel und Salomon Lohnstein war schon frühzeitig vom Hauptverfahren abgetrennt worden und fand dann vom 8. bis 10. Juli ebenfalls vor den Mainzer Assisen statt. Der Vorwurf gegen sie: Sie hätten die Geldsammlungen, die der Gemeinderat am 9. Mai 1849 zur Ausrüstung der Bürgerwehr beschlossen hatte, bei einigen reicheren Wormsern mit Druck und Terror durchgeführt. Dafür brachte die Beweisaufnahme aber keine Bestätigung. Lehne, der auch hier zu den Verteidigern gehörte, sprach in seinem Schlussplädoyer sogar von der Anklage als einem »aufgeblasenen Ei«. Das Urteil lautete auch hier: Freispruch 233. Zu dieser Zeit waren die in der folgenden Tabelle zusammengestellten steckbrieflich Gesuchten sicherlich schon

D IE L ANDTAGSWAHLEN 1849

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1850

längst außer Landes. Gegen sie verhandelte das Mainzer Obergericht ab Ende Oktober 1850 in Abwesenheit und verhängte am 20. Februar 1851 Zuchthausstrafen von 3 bis 10 Jahren, einmal sogar lebenslänglich

234

.

Die 1851 in Abwesenheit verurteilten Wormser Emigranten Name, Vorname

Geburtsort

Geburtsdatum

Beruf

Sterbeort

Sterbedatum

Z

Becker, Joh. Jakob

Worms

31. 08. 1818

Tagelöhner

10 J

Bittlinger, Joh. Adam

Worms

30. 04. 1830

Hornist

3M

Diepenbrock, Jos. v.

Bocholt

18. 08. 1808

Soldat/Literat

Limburg

26. 06. 1884

10 J

Haas, Konrad Emil

Dillenburg

1819

Tabakfabrikant

USA

nach 1863

lbl.

nach 1862

3J 11 M

Hauck, Julius

Worms

28. 04. 1831

Kommis

USA

Hedderich, K. Balth.

Gießen

1821

Skribent

New York

3M

Laubenheimer, K. L.

Worms

31. 01. 1823

Küfer

3M

Lauermann, Valentin

Bechtheim

09. 10. 1811

Makler

3M

Marr, Joseph

Worms

05. 08. 1820

Goldarbeiter

3M

Schmidt, Georg H. Ch.

Worms

16. 04. 1823

ohne Gewerbe

10 J

Erläuterung: Z = Zuchthausstrafe in Jahren (J) und Monaten (M), lbl. = lebenslang

Im Juli 1850 wurde zudem Ludwig Weidig, die rechte Hand Blenkers, in Bruchsal zu viereinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt235. Im September 1851 schließlich verhängte das Pfälzer Assisengericht in Zweibrücken gegen viele der hier Genannten noch einmal drastische Zuchthausstrafen236. Von den in den letzten beiden Tabellen aufgeführten Wormsern, deren Lebensende nicht ermittelt werden konnte, sind die meisten wohl in die USA emigriert. Von dreien wissen wir das definitiv: Ludwig Blenker, Karl Balthasar Hedderich und Ferdinand von Loehr. Sie engagierten sich als höhere Offiziere im amerikanischen Bürgerkrieg 1861/65 auf Seiten der Nordstaaten, deren vorrangige Ziele bekanntlich die Beseitigung der Sklaverei und die Wiederherstellung der Einheit der Vereinigten Staaten waren 237.

Die Landtagswahlen 1849 und 1850 Das wichtigste Reformwerk, das der 11. hessische Landtag kurz vor seiner Auflösung am 24. Mai 1849 zum Abschluss brachte, war das neue Wahlgesetz. Es behielt zwar das Zweikammersystem bei (in der ausdrücklichen Absicht des Ministerpräsidenten Jaup, einen eventuell übermäßigen Reformwillen der Zweiten Kammer über die Erste abzubremsen), schrieb aber nunmehr das direkte Wahlverfahren vor und demokratisierte das aktive und passive Wahlrecht beträchtlich: Das aktive Wahlrecht besaß jeder Staatsbürger ab dem

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25. Lebensjahr, für die Erste Kammer allerdings nur, wenn er eine jährliche Steuer von 20 Gulden bezahlte, das passive Wahlrecht besaß jeder Staatsbürger, der das 30. Lebensjahr zurückgelegt hatte 238. Die Wahl, die auf Grund dieses neuen Wahlrechts am 30. November 1849 stattfand, brachte eine dramatische Veränderung in der Zusammensetzung des Landtags: die Demokraten, die für das Festhalten an der Reichsverfassung, bei offener Oberhauptsfrage eintraten239, errangen 33 Sitze, während die Rechtsliberalen oder Konstitutionellen, wie sie sich jetzt nannten, die sich für den Beitritt zur von Preußen geführten Erfurter Union einsetzten240, nur elf Mandate holen konnten. Fünf Sitze gingen an linke Zentristen, die aber den Demokraten näher standen als den Liberalen (33 : 5 : 11). Die Demokraten besaßen also in der Zweiten Kammer eine absolute Mehrheit. Ergebnis der Landtagswahl in Worms November 1849 241 Kandidat

Stadt abs. / %

Land abs. / %

Insgesamt abs. / %

Heinrich von Gagern

657 / 43,5

833 / 63,3

1490 / 52,7

Ferdinand Eberstadt

855 / 56,6

482 / 36,7

1337 / 47,3

Summen

1512 / 100

1315 / 100

2827 / 100

Die Ergebnisse fielen in Rheinhessen noch eindeutiger aus: In der gesamten Provinz siegten die Demokraten, nur in Worms konnte sich Heinrich von Gagern ganz knapp gegen Bürgermeister Eberstadt durchsetzen. Das aber auch nur in den ländlichen Gebieten des Wahlkreises, in der Stadt selbst hatte Eberstadt eine beträchtliche Mehrheit von 13 Prozentpunkten. Den Ausschlag für Gagern gaben ganze 153 Stimmen, die zudem, wie man in der Presse vermutete, aus soldatischen Kreisen gekommen sein sollen. Dem 12. Landtag war nur ein kurzes Leben beschieden. Er wurde bereits am 20. Januar 1850 durch den Großherzog aufgelöst, weil die demokratische Mehrheit sich weigerte, die verfassungswidrige Verhaftung von wichtigen Kollegen (Heldmann, Mohr, Schmitz und Wittmann) hinzunehmen und eine erneute provisorische Verlängerung des Haushalts, wie von der Regierung verlangt, ablehnte. So kam es schon im Sommer 1850 zu Neuwahlen. Den Wahlkampf sollte der Wormser Bürgerverein in besonderer Weise gestalten. Er forderte am 10. Juni das Darmstädter Staatsministerium zu einem kalten Staatsstreich auf: Ohne die Zustimmung des Landtags sollten das indirekte Wahlverfahren, ein Dreiklassenwahlrecht und bei der Wahl zur ersten Kammer eine gebührende Berücksichtigung der staatlich geprüften Intelligenz oktroyiert werden 242. Dieser Vorschlag machte zwar die Runde, aber er stieß selbst bei vielen Liberalen auf Widerstand. Bestimmt trug er aber dazu bei, das Ansehen der Konstitutionellen weiter herabzumindern. Anfang Juli 1850 veröffentlichte der Darmstädter Konstitutionelle Karl Buchner in der »Augsburger Allgemeinen Zeitung« den Brief eines nicht namentlich genannten Mainzer Parteifreundes, der die ganze Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit der Partei verdeutlichte: Wir haben hier keine Partei mehr als die geschlossene Demokratie. Wir sind moralisch vernichtet 243. Auch die Wormser Konstitutionellen mussten kurz vor der Wahl zugeben, dass sie kein überzeugendes Programm aufzubieten hatten 244.

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1850

Jetzt blieb den Konstitutionellen nur noch ein Ausweg: der Boykott der Wahl. So ist die geringe Wahlbeteiligung bei der Wahl zum 13. Landtag am 6. August 1850 zu erklären. Als Ergebnis konnten die Demokraten ihre schon vorhandene Mehrheit noch weiter ausbauen: 37 Demokraten, 7 Zentristen und 6 Konstitutionelle. Ergebnis der Landtagswahl in Worms August 1850 245 Stadt abs. / %

Land abs. / %

Insgesamt abs. / %

Stimmberechtigte

2206

1731

3937

Heinrich von Gagern

116 / 5,3

Eduard Lehne

539 / 24,4

280 / 16,2

819 / 20,8

Bei der Wahl in Worms musste sich jetzt auch der Sieger des vorigen Urnengangs, Heinrich von Gagern, geschlagen geben. Die Mehrheit fiel auf Eduard Lehne, der die Wormser schon während der Revolutionszeit im Landtag vertreten hatte und dessen Popularität mittlerweile über seine Tätigkeit als Verteidiger in den Hochverratsprozessen stark gestiegen war. Lehne nahm aber die Wahl nicht an, weil ihm die abgegebenen Stimmen zu gering waren und er ebenfalls in Alzey gewählt worden war 246. Bei der Nachwahl am 4. September siegte dann der Lonsheimer Ökonom und Demokrat Andreas Matty247. Der 13. Landtag hatte ein noch kürzeres Leben als der vorherige, er wurde schon nach gut 14 Tagen wieder aufgelöst, weil er mit dem Gedanken der Steuerverweigerung und der Anklageerhebung gegen den Ministerpräsidenten agierte. Am 7. Oktober erließ die neue Regierung Dalwigk ein neues Wahlgesetz, das den Staatsstreichplänen, die die Wormser Liberalen im Juni unterbreitet hatten, in weiten Teilen entsprach: indirektes Wahlverfahren und Dreiklassenwahlrecht248. Die auf dieser Basis vollzogene Wahl am 5. Dezember brachte dem geheimen Chef des Bürgervereins, Friedrich Eich, das Mandat für den 14. außerordentlichen Landtag. Ergebnis der Landtagswahl in Worms Dez. 1850 249 Wahlmänner Friedrich Eich

59

Johann Pfannebecker

25

Friedrich Renz

2

Andreas Matty

2

Kurz vor Erlass des neuen Wahlgesetzes hatte die Regierung am 3. Oktober auch das Gesetz mit dem Verbot aller politischen Vereine herausgebracht. Es löste nicht nur alle bestehenden Vereine auf, sondern stellte auch alle Versuche, sie wieder zu gründen, unter Strafe250. Das war nicht nur das Ende der Revolution in Hessen, sondern auch für lange Zeit das Ende des Versuchs, ein Parlament zu konstituieren, das dem Willen der Bevölkerung einigermaßen entsprach.

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Die Kommunalwahlen Juni 1849 und Juli 1851 Noch während der Reichsverfassungskampagne fanden vom 3. bis 7. Juli 1849 Wahlen zur Ergänzung des Gemeinderates statt. Eine Übereinkunft mit dem Bürgerverein lehnte der Demokratische Verein ab, weil er nicht bereit war, die Hälfte der Neuzuwählenden, wie verlangt, aus den Reihen des Bürgervereins zu nehmen, da die Hälfte der bleibenden Gemeinderäte ihm ohnehin (dies sogar auf der äußersten rechten Seite) angehörte, und der Bürgerverein fortgefahren sei, dem Demokratenverein vorzuwerfen, dass er in seinem Parteitreiben Unheil genug über die Stadt gebracht habe. Der Demokratenverein stellte deswegen sieben Kandidaten aus seinen eigenen Reihen auf251, die auch mit »glänzender Majorität« gewählt wurden, für den Kommentator der Neuen Zeit ein erneuter Beweis, dass die Demokraten der Stadt zum vollsten politischen Selbstbewusstsein gekommen und die Demokratie eine Wahrheit geworden sei 252. Mitte Juli 1851 wurde dann eine erneute Nachwahl nötig, weil in der Zwischenzeit acht Mitglieder ausgetreten waren, unter ihnen vier Rechtsliberale (Castelhun, Kranzbühler, Oertge und Quentell), die unter Bürgermeister Eberstadt nicht länger im Amt bleiben wollten, und zwei Demokraten (Kissel und Otto), die sich durch Flucht nach Amerika ihren Gläubigern entzogen hatten253. Auch wenn die Kandidaten diesmal nicht so genau wie vorher politisch zuzuordnen sind, kam die Mehrheit der Neugewählten offenbar wieder aus den Reihen der Demokraten254. Nach der Aufstellung bei Kühn wies der Gemeinderat nach dieser Wahl folgende Zusammensetzung auf: Zwölf Demokraten, davon drei mit Fragezeichen, drei Konservative, wovon einer mit Fragezeichen, und ein Mitglied ohne Zuordnungsmöglichkeit. Damit hatte sich aber nicht nur die politische Zusammensetzung entscheidend zu Gunsten der Demokraten verändert, sondern, das betont Kühn mit Recht, auch die soziale: Zum ersten Mal gehörten zwei Juden und die hohe Zahl von neun Handwerkern dem Gemeindevorstand an 255. Die soziale Struktur des Vorstands entsprach somit dem sozialen Aufbau der Stadt weitaus mehr als je zuvor.

Die Amtszeit des Bürgermeisters Eberstadt Als Ferdinand Eberstadt am 22. März 1849 sein Bürgermeisteramt antrat, erklärte er feierlich, dass er es als seine »heilige Pflicht erkenne, von nun an über den Parteien zu stehen«256, und dass es »der schönste Tag seines Lebens« sein werde, »wo er die Parteien dieser Stadt versöhnt und Eintracht unter allen Bürgern hergestellt habe« 257. Als er im Landtagswahlkampf im Oktober 1849 seitens seiner Gegner darauf angesprochen und ihm vorgeworfen wurde, er habe Amt und Partei vermengt, bestritt er das vehement: Er habe als Bürgermeister immer einen neutralen, über den Parteien liegenden, vermittelnden Standpunkt eingehalten, und gleichwohl er das Recht habe, eine Privatmeinung zu besitzen, habe er seine Mitarbeit im demokratischen Verband stark reduziert, vor allem wenn er meinte, dass sie nicht mit dem Amt vereinbar sei 258. Diese Position hat er auch während der Reichsverfassungskampagne eingehalten, indem er zum Beispiel wiederholt zu öffentlicher Ruhe und Ordnung und der Wahrung der Sicherheit von Personen und Eigentum ermahnte 259 und, wie angedeutet, Unterstützung für die Bürgerwehr und Freischaren bei ihrem dreimaligen Erscheinen in der Stadt verweigerte. In seinem Rechen-

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DES

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schaftsbericht, den er am Ende seines ersten Amtsjahres gab, machte er zudem deutlich, dass er auch den zweiten Vorsatz seiner Antrittsrede nicht aus den Augen verloren habe: die Erleichterung der sozialen Situation besonders des Mittelstandes als Voraussetzung der Schaffung von Versöhnung und Eintracht. Doch die sogleich bei Amtsantritt vorgenommene Revision der Stadtkasse habe ihm nur wenig Spielraum gelassen: Es ist demnach von den früheren Zeiten schon ziemlich Vorsorge getroffen worden, dass ich in der nächsten Zukunft keinen freien Spielraum für Erleichterung des Mittelstandes durch Verminderung des Budgets erhalten könne, besonders da nach dem beliebten Modus die Umlagen hauptsächlich auf dem Mittelstande lasten, während der reiche Kapitalist fast frei ausgeht. So bleibe ihm nur übrig, so fügte er bedauernd hinzu, die Sparsamkeit in allen Zweigen eintreten zu lassen, welche sich mit der Würde des Haushalts vereinbaren ließen260. Trotz dieser neutralen Amtsmaxime ließen die staatlichen Institutionen Eberstadt wenig Raum zum Handeln. Nachdem es im Vorfeld der für den 17. März angesetzten Wahlen zum Erfurter Parlament, die der Demokratische Verein strikt ablehnte, zu einigen Unruhen in der Stadt gekommen war261, nahm die Mainzer Regierungskommission Eberstadt am 22. März die ausführende Polizei-Kompetenz und übertrug sie dem Polizei-Kommissär Brück, was natürlich ein Affront war und als solcher auch wahrgenommen wurde262. Am 10. April wurde Eberstadt dann gänzlich vom Dienst suspendiert, nachdem das Mainzer Verfahren wegen Erpressung gegen ihn eingeleitet worden war263. Dieses Verfahren endete zwar, wie schon dargestellt, am 17. Juli mit Freispruch264, aber die Suspendierung wurde, da angeblich noch weitere Vergehen untersucht werden mussten265, erst nach dreifachem Bittgesuch Anfang April 1851 aufgehoben266. Nach seiner Rückkehr ins Amt hatte Eberstadt fortan weniger mit der Kontrolle durch staatliche Institutionen als mit dem Misstrauen seiner liberalen Ratskollegen zu tun. Der Anlass dazu war die Dienstenthebung des Stadtschreibers Hußler. Dieser war im Prozess gegen Eberstadt, Bandel und Lohnstein als Hauptbelastungszeuge aufgetreten und hatte unter anderem das Gerücht verbreitet, dass Eberstadt bei einem Besuch in Paris Mitte Januar 1849 Kontakt zu Ledru Rollin, dem Leiter der französischen radikalen Linken, gehabt und in der Reichsverfassungskampagne geheime Verbindungen zu Blenker und Loehr unterhalten habe 267. Die Dienstentlassung motivierte nun wiederum einige Konstitutionelle, den Gemeinderat ab Mitte Mai zunächst zu boykottieren, um dann Anfang Juli offiziell zurückzutreten268. Die dadurch notwendig gewordene Ergänzungswahl Mitte Juli stärkte zwar, wie schon dargestellt, Eberstadt den Rücken, aber das nur für kurze Zeit. Anfang 1852 trat nämlich die neue Gemeindeordnung in Kraft, womit nicht nur das Dreiklassenwahlrecht auf kommunaler Ebene einzog, sondern auch die Direktwahl des Bürgermeisters wegfiel. Ihn konnte die Regierung nunmehr aus der Zahl aller Gemeinderäte auswählen269. Damit war das Ende der Amtszeit Eberstadts abzusehen. Bei der nächsten Gemeinderatswahl Mitte Mai 1852 konnte Eberstadt zwar wieder ein Mandat erringen, aber die Fraktion der Demokraten war gegenüber den Konservativen auf das Verhältnis 3 : 12 geschrumpft270, sodass für ihn kaum noch eine reelle Wirkungsmöglichkeit bestand. Eberstadt stellte daraufhin den Antrag, von seinem Mandat entbunden zu werden, was ihm von der Regierung mit dem 25. September 1852 auch zugestanden wurde.

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Als Eberstadt 1888 in Mannheim starb, wo er sich nach 1857 eine zweite Existenz als Großhändler aufgebaut hatte und zum Mitglied des Führungsgremiums der Fortschrittspartei avancierte, wurde er in der linksliberalen »Frankfurter Zeitung« als entschiedener und treuer Anhänger der Demokratischen Partei geehrt, während die Wormser Zeitung seine Parteizugehörigkeit einfach verschwieg 271.

Eine These als Fazit Die Bevölkerung der Stadt Worms war in der Revolution von 1848/49 auf dem Wege zu mehr Demokratie und sozialer Gerechtigkeit, wurde aber von Vertretern ihrer eigenen oberen Schichten, in der Absicht, die eigene Vormachtstellung zu halten und abzusichern, darin gehindert, sie nachhaltig durchzusetzen. Das ist mit zu bedenken, wenn man die Ansicht Dorothea Uhrigs im Ausblick ihrer Monografie, dass Worms vor der Revolution eine liberale Stadt gewesen und, nach dem raschen Verlöschen des »Strohfeuers« der Revolution, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch geblieben sei 272, richtig verstehen will.

Zwischen Reaktion und hessischer Städteordnung (1852–1874) F RITZ R EUTER

Kann eine Stadt vom Heugrasverkauf leben? Zur Finanzsituation von Worms im 19. Jahrhundert Nicht nur infolge des Anwachsens der Bevölkerungszahl und der damit einhergehenden Versorgungsverpflichtungen, sondern ebenso wegen wachsender Erwartungen und Ansprüche an bauliche, soziale, kulturelle, schulische und zahlreiche weitere Leistungen erwuchsen der Stadt zunehmend Ausgaben. Ihnen standen bis in das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts kaum ausreichende Einnahmen gegenüber. Wilhelm Fritsch hat 1907 eine aus zum Teil heute nicht mehr verfügbarem städtischem Archivmaterial erarbeitete, ausführliche statistische Angaben enthaltende Dokumentation über »Die Finanzen von Worms im 19. Jahrhundert« vorgelegt. Darin erscheint die Stadt als Bittsteller und Kostgänger von finanzstarken Bürgern sowie staatlichen Behörden. Ständig muss sie einen zum Teil aus der reichsstädtischen und der französischen Zeit übernommenen Schuldenberg vor sich herschieben. Erst im letzten Drittel des Jahrhunderts verbessert sich die Einnahmesituation. Zwar wachsen parallel dazu mit den großen städtischen Baumaßnahmen insbesondere in den 1880er und 1890er Jahren und weiter bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs die Ausgaben in neue Dimensionen. Dennoch werden nun die Perspektiven objektiv wie subjektiv als positiv empfunden1. Bei der Durchsicht der Budgets (Haushaltspläne) erscheinen auf der Einnahmeseite neben unregelmäßigen staatlichen Zuwendungen verschiedene regelmäßige Steuereinnahmen sowie von der Staatsregierung zu genehmigende projektbezogene temporäre Umlagen. Hinzu kommen der »Oktroi« – eine Abgabe auf von außerhalb in die Stadt eingeführte Verbrauchsgüter wie Nahrungsmittel und Heizmaterial, für deren Erhebung am Mainzer Tor (Martinspforte) und am Rheintor »Oktroi-Häuschen« standen – sowie diverse kleinere Einnahmen. Die seit der französischen Zeit als »Wald« ausgewiesenen Flächen der ohnehin nicht sehr großen städtischen Gemarkung bestanden zumeist aus Unterholz, entsprachen also nur in geringem Umfang dem damit assoziierten Wort2. Damit konnten keine bedeutenden Gewinne erzielt werden, weswegen Holzeinschlag eher bei Bedarf und in finanziellen Notlagen erfolgte, nicht aber als Holzwirtschaft. Einen markanten Einnahmeposten stellte die Heugrasversteigerung dar. Seit dem Spätmittelalter besaßen mehrere Umlandorte ein Mitweiderecht an der Bürgerweide (Weideberechtigung), das sie entweder durch Viehtrieb oder durch Mahd wahrnahmen. 1828

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erfolgte eine Neuordnung (Gemeinheitsteilung) derart, dass die Bürgerweide ganz an die Stadt überging. Die bisher weideberechtigten Gemeinden wurden finanziell abgefunden. Hochheim, Pfiffligheim, Leiselheim und Kleinniedesheim, die zwei Weideberechtigungen besaßen, erhielten jeweils 2 173 Gulden 54 Kreuzer, Heppenheim a. d. Wiese, Nieder-Flörsheim, Offstein, Mörsch und Beindersheim mit nur einer Weideberechtigung erhielten jeweils 1 086 Gulden 57 Kreuzer. Die Gesamtsumme von 14 130 Gulden 21 Kreuzer an neun Gemeinden mit 13 Weideberechtigungen war von der Stadt in fünf Terminen zu zahlen. Nachdem sich die in einigen Gemeinden bis zu Tätlichkeiten ausartende Unzufriedenheit mit dieser Regelung gelegt hatte, wurde das Heugras zu einem festen Einnahmeposten im städtischen Haushalt3. Um ihn zu sichern, musste die Stadt mehrfach Gelder für Dammbauten und Melioration aufbringen 4. Das auf den Rheinwiesen gewachsene Gras wurde jährlich versteigert. Zeitungsanzeigen wiesen auf die Versteigerungstermine hin. Die Steigerer der einzelnen, von ihnen selbst zu mähenden Parzellen (Lose), kamen nicht nur aus der Stadt, sondern wegen des bestehenden Bedarfs auch aus Umlandgemeinden einschließlich der früheren Mitweideberechtigten. Trockenheit oder Überschwemmung bedeuteten einen Einnahmeausfall, der sich negativ auf die Realisierung städtischer Planungen auswirkte und mehrfach als Begründung für nicht durchgeführte Baumaßnahmen angeführt wurde. Der Einnahmeposten Heugras verlor erst im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts auf Grund neuer steuerlicher Regelungen und der prosperierenden Industrie seine Bedeutung, ein Indiz für den Wandel von einer zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch stark landwirtschaftlich geprägten Stadt zur Industriestadt. Um die Einnahmeseite zu verbessern, war man bemüht, ungenutzte städtische Liegenschaften zu veräußern. Dazu gehörte die Stadtmauer, von der bis in das letzte Viertel des 19. Jahrhunderts Teile angeboten und verkauft wurden. Attraktive westliche Partien oberhalb des Stadtgrabens dienten in der zweiten Jahrhunderthälfte als Bauland wohlhabender Fabrikanten, die repräsentative Villen erbauen ließen, sodass sich dort nur geringe Stadtmauerteile erhalten haben. Die Partien im Norden vor der Judengasse gingen zumeist in Privateigentum von Anwohnern über. Im Süden blieben große Teile zunächst erhalten, ehe sie noch im 20. Jahrhundert bis auf das Stück vor dem Garten und den Gebäuden des ehemaligen Andreasstiftes bis zu »Wergers Schlösschen« Industrie- und Privatbau weichen mussten. Stadtmauerteile im Osten im feuchten Bereich hinter dem Woog (Torturmplatz) waren am preisgünstigsten zu erwerben, fanden aber keine Käufer. Das erwies sich als glückliche Fügung, denn die um 1900 erfolgte Wiederherstellung der Stadtmauer samt dem Torturm, für dessen Erhaltung sich der Gemeinderat entgegen seiner sonstigen Praxis 1838 ausdrücklich eingesetzt hatte, und dem Bürgerturm hängt ursächlich nicht mit historischem Interesse, sondern vielmehr mit fehlendem Kaufinteresse zusammen 5. Da die Stadt durch ein napoleonisches Dekret vom 6. Juli 1810 Eigentümerin von militärisch als Kasernen oder Magazine genutzten oder dafür vorgesehenen, früher zumeist geistlichen Gebäuden geworden war, musste sie für deren Unterhaltung sorgen. Dazu gehörten die so genannte »Dechaneikaserne« (ehemalige Domdechanei in der Dechaneigasse), das ehemalige Karmeliterkloster in der heutigen Wilhelm-Leuschner-Straße als Garnisonslazarett und als wichtigstes Kasernement der von der Stadt 1826 erworbene

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und mittels eines Anlehens aus dem Provinzialbaufonds umgebaute ehemalige Pfalzgrafenhof im Eckbereich Römerstraße/Rheinstraße. Der Gemeinderat war bemüht, nicht mehr benötigte militärische Liegenschaften zu verkaufen, hatte damit jedoch wenig Glück. Gelungen ist es ihm mit den Gebäuden des ehemaligen Klosters Maria-Münster, wobei die Einnahme aus dem Verkauf dem Kasernen- und Schulbau zugute kommen sollte6. Hingegen gelang es nicht, mit den Andreasspeichern auch die romanische Andreaskirche zu veräußern, woraufhin sie verpachtet und, nachdem am Fruchtmarkt (Weckerlingplatz) große Tore in die Kirchenwand gebrochen worden waren, als Fruchtspeicher, Feuerwehrhalle und für den Leichenwagen benutzt wurde7. Sie sollte im frühen 20. Jahrhundert eine »Auferstehung« im Rahmen der Wiederherstellung und Neueinrichtung als Museum der Stadt Worms erfahren. Versuche, das unübersichtliche Schuldenwesen durch Gliederung der Ausgaben in drei Klassen sowie die Bildung eines Reservefonds 1826/27 für Steuern, Personalkosten und Kasernenbau zu ordnen, führten ebenso wenig zu dem erwünschten Erfolg wie eine 1835 durchgeführte Neutaxation des städtischen Vermögens8. Eine Einnahmeverbesserung durch ein erweitertes Oktroi-Projekt scheiterte 1830 an formalen Kriterien und massiver Kritik der Betroffenen in und außerhalb der Stadt. Doch blieb der Oktroi bis zu seiner (zeitweiligen) Aufhebung 1865 samt Abriss der Oktroi-Häuschen eine Einnahmequelle. Ausgaben für Militärgebäude und Straßenbeleuchtung belasteten das Budget ebenso wie die Armenpflege, da Letztere nicht aus dem Armenunterstützungsfonds bewältigt werden konnte 9. Eine Besserung der Verhältnisse brachte die Finanzpolitik von Bürgermeister Friedrich Renz. Unter ihm begann laut Fritsch »eine neue, von großem Unternehmungsgeist und weitschauender, aber berechnender Wirtschaftsart erfüllte Zeit« 10. Es gelang, eine Sparkasse und ein Pfandhaus einzurichten. Allerdings konnte er sich mit seinem Vorschlag, die Finanzierung neuer Projekte durch Obligationen zu ermöglichen, nur mühsam durchsetzen, da das Kreisamt dem nicht zustimmen wollte. Schwer wiegende Kostenfaktoren, die sich aus den Budgets ablesen lassen, blieben die Armenversorgung und das Stadtschulwesen mit der Lehrerbesoldung. 1842 wurde daher Schulgeld für jedes schulpflichtige Kind eingeführt. Der finanzielle Nutzen blieb indessen gering, da sich die vorberechneten Einnahmen wegen Zahlungsunfähigkeit zahlreicher Eltern stark reduzierten11. Ab den späten 1850er Jahren kam es trotz weiterer finanzieller Misere der Stadtkasse zusehends zu einem Ausbau städtischer Einrichtungen, auch wenn noch 1861 ein heiß diskutierter Plan zur Verbreiterung der Hardtgasse scheiterte12. Am Rhein entstand ab 1856 ein »Ladeufer« samt Lagerschuppen (1862 –1872) und einem Freihafen (1869). Sie wurden notwendig, weil wegen der schlechten Anlegeverhältnisse in Worms Schiffer zunehmend den Hafen von Mannheim vorzogen13. Die Mittel kamen, sofern nicht staatliche Unterstützung und Privatinitiative einsprangen, aus Anlehen, was weitere Schulden bedeutete. Auf dem Neuen Friedhof wurde eine Leichenhalle erbaut, die Bürgerweide erhielt Dämme zur Sicherung der Heugrasernte. Straßenpflasterung und die Einrichtung eines Schlachthauses in der Wollgasse konnten realisiert werden, wobei die Finanzierung über Immobilienverkauf sowie Umlagen und Obligationenzinsen lief. Angestrebt und

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zum Teil realisiert wurde die Übernahme städtischer Einrichtungen wie des Magazins auf dem Fruchtmarkt in eigene Verwaltung. Notwendig wurde der Bau eines Schutz(Winter-)hafens für die angestrebte Schiffsbrücke über den Rhein. Die Einrichtung einer Gewerbehalle sollte dem Handwerk die Möglichkeit zum Anbieten seiner Produkte geben. Das von der Stadt eingerichtete Gaswerk musste zunächst für 30 Jahre an private Betreiber verpachtet werden, wurde aber nach dem Übergang in städtische Verwaltung und modernem Ausbau ab 1890 zur Einnahmequelle 14. Um zu einem günstigeren Zinssatz bei den städtischen Obligationen zu kommen, hatte die Stadt 1843/44 eine erste Konvertierung durchgeführt. Sämtliche Obligationen zu fünf Prozent wurden eingelöst, neue Obligationen zu einem Zinssatz von vier Prozent ausgegeben15. Die 1863 für den Gaswerkbau und weitere städtische Baumaßnahmen notwendige Anlehensaufnahme gab Anlass zu einer zweiten Konvertierung. Sie erfolgte auf Initiative von Bürgermeister Brück, dem der Gemeinderat allerdings einen zu beanstandenden Alleingang vorwarf. Vermittelt wurde sie zu günstigen Konditionen durch die Darmstädter Bank für Handel und Industrie. Die dabei erzielte Festlegung sämtlicher Schulden auf ein einziges Anlehen zu vier Prozent diente wiederum der Zinsersparnis. Neue Obligationen sollten zwar aufgelegt, aber erst beim Auftreten des Bedarfs ausgegeben werden, also bei unmittelbar bevorstehendem Beginn der jeweiligen Baumaßnahme wie Fruchthalle, Freihafen und Lagerschuppen. Auf diese Weise ließ sich der Rückzahlungstermin zeitlich strecken16. In den Jahren nach 1870 erfolgte eine Neuordnung der Gemeindesteuer-Gesetzgebung. An die Stelle von Personalsteuerkapitalien traten Einkommensteuerkapitalien. Die bisherige Budgetgliederung ersetzten ein ordentlicher und ein außerordentlicher Haushalt (Vermögensrechnung). 1887 legte ein Gesetz fest, dass die direkten Gemeindesteuern nach den für die direkten Staatssteuern gebildeten Steuerkapitalien zu veranschlagen seien17.

Gemeindeordnung und Gemeinderat in der Zeit der katholischen Bürgermeister Nach der Niederlage der revolutionären Kräfte in Hessen-Darmstadt sah sich Großherzog Ludwig III. von Hessen und bei Rhein durch konservative Kreise gedrängt, an Stelle des gemäßigt liberalen Ministers Dr. Heinrich Karl Jaup, eines Protestanten, den preußenfeindlichen und österreichfreundlichen Juristen Carl Friedrich Reinhard Frhr. v. Dalwigk zu Lichtenfels, einen Katholiken, in dieses Amt zu berufen. Damit gehörte Hessen-Darmstadt bis zur Reichseinung 1871 zu den streng reaktionären »süddeutschen« Bundesstaaten, ehe es danach seinen Einfluss auf die Politik des Wilhelminischen Reiches weitgehend verlor18. Landeshauptstadt war Darmstadt, Provinzialhauptstadt der seit 1816 zum Großherzogtum gehörigen, seit 1818 als »Rheinhessen« bezeichneten linksrheinischen Provinz war Mainz. Nach der Unterdrückung der revolutionären Bewegung von 1848/49 erfolgte

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eine Unterteilung in fünf Kreisämter: Alzey, Bingen, Mainz, Oppenheim und Worms. Gesetzliche Grundlage der Gemeindeverwaltung blieb die Gemeindeordnung vom 30. Juni 1821. Sie wurde 1874 durch eine Städte- und eine neue Gemeindeordnung abgelöst. Hauptaufgabe der Gemeindevertretung mit dem Großherzoglichen Bürgermeister an der Spitze sollte die selbstständige Verwaltung des Gemeindevermögens unter der Oberaufsicht des Staates sein. Eine intensive Einrede der staatlichen Kreisämter bedeutete jedoch, dass sich der Bürgermeister nicht nur hinsichtlich der Rechtmäßigkeit seiner Amtsführung, sondern auch bezüglich der Zweckmäßigkeit … detaillierte Weisungen gefallen lassen musste. Kühn charakterisiert dies zutreffend als »Bevormundung« 19. In der ersten Jahrhunderthälfte lässt sich eine gewisse Indifferenz gegenüber konfessionellen Fragen und eine liberale Komponente in gesellschaftspolitischen Angelegenheiten beobachten. Das trifft auch für die Bürgermeister, den katholischen Peter Joseph Valckenberg und den evangelischen Friedrich Renz sowie auf die meisten Mitglieder des Gemeinderats zu. Nach der 1852 erfolgten Amtsniederlegung des fortschrittlich gesonnenen, aber nur kurzzeitig sein Amt ausübenden jüdischen Bürgermeisters Ferdinand Eberstadt erfolgte ein Umschwung. Trotz mehrheitlich evangelischer Einwohnerschaft wurde bei zunehmender Konfessionalisierung bis zur hessischen Städteordnung von 1874, die einen hauptamtlichen Bürgermeister vorschrieb, das ehrenamtliche Bürgermeisteramt zumeist von Katholiken ausgeübt. Kühn sieht darin, wohl zu Recht, die Neigung der Dalwigkschen Regierung in Darmstadt, linksrheinisch konservative Katholiken den eher als fortschrittlich und damit unruhiger geltenden Evangelischen vorzuziehen 20. Da die ehrenamtliche Ausübung des Bürgermeisteramtes finanzielle Leistungsfähigkeit ebenso voraussetzte wie freie Verfügung über Zeit, gehörten die Bürgermeister der städtischen Oberschicht an. Im Gemeinderat fehlten weitgehend Angehörige der Mittelschicht aus Handwerkern, kleinen Kaufleuten und Landwirten. Arbeiter aus Handwerk und Industrie kamen bei solchen Voraussetzungen ohnehin nicht zum Zuge. Frauen finden sich in den politischen Gremien dieser männlich geprägten Gesellschaft nicht, weil sie weder das aktive noch das passive Wahlrecht besaßen. Grundlage für die Wahl des Gemeinderates und der Bürgermeister waren das Gesetz »Die Bildung des Ortsvorstandes und die Wahl des Gemeinderates betreffend« vom 8. Januar 1852 und dessen Neufassung vom 3. Mai 1858. Danach wurden die Gemeinderäte aus der wahlberechtigten Bürgerschaft gewählt (passives Wahlrecht). Das aktive Wahlrecht besaßen Ortsbürger, die im Besitz des Staatsbürgerrechts waren, das 25. Lebensjahr vollendet hatten, seit Anfang des Wahljahres Personalsteuer entrichteten und mindestens ein Jahr ihren Wohnsitz in der Gemeinde hatten. Bezieher von Armenunterstützung oder wegen Bettelei Verurteilte waren ausgeschlossen. Die Wahlberechtigten waren in drei Klassen eingeteilt, von denen jede ein Drittel des Gesamtsteueraufkommens aufbrachte. Die wenigen Mitglieder der wohlhabenden ersten Klasse wählten die gleiche Anzahl an Gemeinderäten wie die numerisch größeren, der weniger begüterten der zweiten oder der am größten, aber finanziell am schwächsten dritten Klasse. Die Wähler aus der ersten Abteilung hatten damit trotz geringerer Stimmenzahl einen größeren Einfluss auf den Wahlausgang. Nach den Angaben in der Wormser Zeitung vom 15. Mai und vom 25. Mai 1852 gehörte zur ersten Abteilung, wer monatlich einen Steuerbetrag von mehr als

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vier Gulden 34 Kreuzer bezahlte; zur dritten Abteilung gehörte, wer nicht über einen Gulden 52 Kreuzer und einen Heller bezahlte; die zweite Abteilung umfasste jene Steuerzahler, deren monatliche Steuer zwischen der ersten und dritten Abteilung lag. Bei der Wahl 1852 ergab sich folgendes Bild: erste Abteilung mit 61 Stimmberechtigten, von denen 53 ihr Stimmrecht wahrnahmen (Wahlbeteiligung ca. 87 %); zweite Abteilung mit 165 Stimmberechtigten, 152 abgegebene Stimmen (ca. 92 %); dritte Abteilung mit 735 Stimmberechtigten, 611 abgegebene Stimmen (ca. 83 %) 21. Die Einwohnerzahl betrug 1852 rund 9 100 Personen. Infolge der restriktiven Bestimmungen nahm in den Folgejahren die Zahl der Nichtwahlberechtigten, zu denen Zuwanderer aus der Umgebung und Fabrikarbeiter gehörten, stetig zu22. Entsprechend dem Gesetz von 1852 wurde der Bürgermeister von der Staatsregierung aus den Mitgliedern des gewählten Gemeinderates ernannt. Er konnte das Amt ablehnen oder jederzeit niederlegen, musste im letzteren Falle jedoch noch drei Monate zur Verfügung stehen. Für die Beigeordneten galten die gleichen Bestimmungen. Die Wahl der Gemeinderäte erfolgte auf neun Jahre; alle drei Jahre fanden Neuwahlen (Ergänzungswahlen) eines Drittels der Mitglieder statt, wobei Wiederwahl möglich, deren Annahme aber erst nach drei Jahren Pflicht war. Wenn sich mehr als die Hälfte der Mitglieder des Gemeinderates weigerte, das Bürgermeisteramt zu übernehmen, konnte die Staatsregierung das Gremium zu Gunsten einer Neuwahl auflösen 23. Auf Grund der Einwohnerzahl wurde der Gemeinderat 1856 von 15 auf 18 Personen erweitert. Hinzu kam 1858 der höchst besteuerte Grundbesitzer, der mindestens ein Viertel der Grundsteuer der Gemeinde entrichtete. Zunächst war das der städtische Hospitalfonds, 1867 bis 1869 vertreten durch den ehemaligen Bürgermeister Franz Euler. 1870 bis 1874 trat an seine Stelle der Lederindustrielle Cornelius Wilhelm Heyl als Vertreter seiner Großmutter für deren Liegenschaften24. An den Listen der Mitglieder des Gemeinderates wird deutlich, dass es 1848 bis 1852 zwar Veränderungen in der Zusammensetzung gegeben hatte, wobei erstmals auch Handwerker nachzuweisen sind, dass aber kein eigentlicher Bruch erfolgte 25. Von den 15 Gewählten des Jahres 1852 hatten sechs bereits vorher dem Gemeinderat angehört. Dazu kamen verwandtschaftliche Beziehungen der übrigen Mitglieder zu früheren Gemeinderatsmitgliedern. Vertreten waren vier Akademiker (Apotheker, Arzt, Gymnasiallehrer, Notar), sechs Kaufleute, zwei Gaststättenbesitzer und ein Gutsbesitzer. Die beiden Verbleibenden konnten ebenfalls kaum als Handwerker angesprochen werden, da der eine eher zu den Kaufleuten zu rechnen war, während der andere zur Gruppe von aufstrebenden Gründern der beginnenden Industrialisierung gehörte. 1861 ergab die Ergänzungswahl zwar einen Zuwachs an Handwerkern, zugleich aber auch an Fabrikanten. 1865 ging sowohl die Anzahl der Handwerker wie die der Handeltreibenden zurück, an ihre Stelle traten großgewerbliche Produzenten sowie Staatsbeamte. Kühn konstatiert einen Zusammenhang mit dem Wandel zur Fabrikstadt. Zwar vermochten auch nichtindustrielles Gewerbe, Handwerk und Einzelhandel ihre Bedeutung und Beschäftigtenzahlen auszudehnen. Dennoch spiegelt die Veränderung in der Zusammensetzung des Gemeinderates die Veränderungen im Wirtschaftsgefüge ebenso wider wie in der städtischen Oberschicht. Die in der Folgezeit auftauchende Bezeichnung »Rentner« verweist auf wohlhabende Personen, die oftmals ihre berufliche Tätigkeit aufgegeben hatten und von

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ihren Einkünften aus arbeitendem Kapital oder aus Liegenschaften leben konnten. Bei einigen war dies die Voraussetzung für ihr kommunalpolitisches Engagement. Seit der Jahrhundertmitte zeigt die Einwohnerkurve bis in das frühe 20. Jahrhundert eine stetige, bisweilen steile Aufwärtsbewegung. Dabei handelt es sich vor allem um Zuwanderungsgewinne aus der Umgebung der Stadt, darunter in hohem Maße Arbeiterbevölkerung 26. Die Einwohnerzahl stieg zwischen 1852 und 1875 von 9 102 auf 16 594 an. 1875 waren davon 9 878 Personen evangelisch, 5 477 katholisch und 1 076 israelitisch. Weitere 163 Personen bekannten sich zu kleineren religiösen Gruppen (zumeist Altkatholiken und Deutschkatholiken). Das Verhältnis von zwei Drittel Evangelischen zu einem Drittel Katholiken erweist sich durchgängig als stabil. Im Gegensatz dazu wuchs die Anzahl der jüdischen Einwohner nur geringfügig an, nahm prozentual gegenüber der Mehrheit also ab27. Einen Einwohnerverlust verursachte die Auswanderung, selbst wenn der größte Teil der durch Wormser Agenturen über deutsche und französische Häfen vor allem nach Amerika vermittelten Auswanderer aus dem Umland kam und die Stadt nur peripher tangierte. Zahlreiche Anzeigen in Wormser Zeitungen und die Angaben zu Auswandereragenturen in den Adressbüchern bieten Anhaltspunkte auf ihren erheblichen Umfang. Eine Übersicht über die ortsgebundenen Auswandererzahlen für die Stadt liegt bisher nicht vor. Auswanderung war nicht nur ein sich infolge persönlicher Armut und Perspektivlosigkeit ergebendes soziales Phänomen. Sie wurde bisweilen von der Gemeinde gefördert, um Unterstützungskosten zu sparen28. Die konfessionelle Zusammensetzung der Gemeindevertretung zeigt durchweg ein Übergewicht evangelischer Mitglieder, so für 1861 evangelisch elf, katholisch vier, israelitisch drei. Letztere gehörten als Lederhändler und Kleiderfabrikanten zur finanziellen Oberschicht, waren gesellschaftlich darin jedoch nicht anerkannt. Politisch lassen sich die Gemeinderatsmitglieder nur allgemein festlegen. Die Listen bei Kühn weisen, von der Zeit vor 1852 abgesehen, durchweg den Hinweis »konservativ« aus. Eine genauere Differenzierung wäre erwünscht, dürfte aber schwierig sein. Im Gegensatz zur realen Gängelung der Gemeindevertretung durch das Kreisamt als Vertreter der Staatsbehörde lassen die Gemeinderatsprotokolle auf Grund der Wiedergabe von Diskussionen und Voten den Eindruck aufkommen, als habe es im hier behandelten Zeitraum auf der Gemeindeebene weitgehende Selbstverwaltung und lebendige, repräsentative Demokratie gegeben. Doch ist zu beachten, dass es noch keine fest gefügten Parteien gab und die Beschlüsse des Gemeinderates in der Regel nur den Charakter von Empfehlungen hatten und die bestehenden rechtlichen und sozialen Verhältnisse die Mitwirkung im kommunalen Bereich auf einen kleinen, relativ geschlossenen Personenkreis beschränkten 29. Eindeutigere politische Zuordnungen sind möglich ab Mitte der 1860er Jahre infolge liberaler, sozialistischer und konfessioneller Ansätze zur Parteibildung, die sich zunehmend auf die Wahlen zur Gemeindevertretung auswirken30. Die Gemeindevertretung bestand aus Bürgermeister, Beigeordneten und Gemeinderatsmitgliedern31. Zunächst wurden die Mitglieder des Gemeinderates gewählt, aus deren Mitte die Regierung dann nach ihrer Entscheidung und politischen Neigung Bürgermeister und Beigeordnete ernannte, die dem Gemeinderat jedoch weiterhin angehörten. Auffällig sind die kurzen Amtszeiten der Bürgermeister und die mehrfach notwendigen Neu-

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wahlen, weil kein Mitglied des Gemeinderates dieses Amt übernehmen wollte. Nachfolger von Ferdinand Eberstadt wurde 1852 bis 1856 der Katholik Franz Euler (Worms 1804 –1873 Worms)32, ein wohlhabender Gasthalter (Hotelier). Mit ihm beginnt eine Reihe von bürgerlich-konservativen, bis auf eine Ausnahme katholischen und meist nur wenige Jahre ihr Amt ausübenden Bürgermeistern33. Anlass für Eulers Rücktritt waren anscheinend Auseinandersetzungen mit dem streitbaren, aber vielfältig aktiven evangelischen Gymnasiallehrer, Landtags- und Gemeinderatsmitglied Dr. Johann Friedrich Eich (Worms 1812 – 1879 Worms), der 1848/49 der profilierteste Vertreter des konservativen Bürgervereins gewesen war und 1856 erneut in den Gemeinderat gewählt wurde 34. Auf Euler folgte 1856 bis 1860 nach einer Neuwahl der Katholik Adam Joseph Betz (Worms 1795 –1880 Worms), Kaufmann und Spezereiwarenhändler 35. Auch er legte das Amt bereits nach wenigen Jahren nieder, 1860 gefolgt von dem Protestanten Alexander Heinrich Neidhart (Burg Breuberg/Neustadt im Odenwald 1817–1886 Worms)36. Er wird als Fabrikant bezeichnet, galt als leutselig, war Freimaurer und gehörte zum Gründungskomitee des LutherdenkmalBau-Vereins. Seine Amtsniederlegung bereits 1861 geht auf Spannungen im Gemeinderat zurück. Wiederum musste neu gewählt werden. Zum Bürgermeister ernannt wurde 1861 der Katholik Heinrich Brück (Bingen-Büdesheim 1815 –1879 Worms). Der ehemalige Wormser Polizeikommissär war durch Heirat wohlhabend geworden 37. In seine Amtszeit als Bürgermeister fallen wesentliche Veränderungen in der Bevölkerungsentwicklung, der Industrialisierung, der Stadtgestalt und dem Bauwesen sowie politisch-soziale Neuansätze. Brück bildet in der Bürgermeisterreihe eine Ausnahme, da er eine Amtszeit von zwölf Jahren aufweist, die 1874 infolge der Einführung eines Berufsbürgermeisters – mit der er weder sachlich noch politisch einverstanden war – abgebrochen wurde.

Kreisamt, städtische Behörden und kommunale Einrichtungen Der Einfluss des seit 1835 bestehenden Großherzoglichen Kreisamtes als staatlicher Kontroll- und Genehmigungsbehörde lässt sich aus dem umfangreichen Bestand »Hessisches Kreisamt Worms« im Stadtarchiv ebenso ablesen wie aus den Akten der Stadtverwaltung, da der Kreisbehörde in nahezu allen Belangen eine Mitwirkung zukam 38. Der Kreisrat39 nutzte, nach mehrjähriger Anmietung kleiner Wohnungen, ab 1850 als »Regierungsgebäude« den ehemaligen Bettendorfhof in der Andreasstraße. Eigentümerin des Gebäudes war die Stadt, die es zu diesem Zweck von der Familie Valckenberg erworben und dem Kreisamt vermietet hatte 40. Einen mit Personennamen versehenen Überblick über »Behörden, öffentliche Anstalten, Vereine etc.« bietet das Adressbuch von 186741. Unter »Verwaltung« finden sich die staatlichen Behörden, die über die gesamte Stadt zerstreut untergebracht sind: Kreisamt mit Polizeiverwaltung der Kreisstadt42 Worms, Bezirksgefängnis, Gendarmerie; Kreismedizinalamt; Justiz mit Friedensgericht, Notare, Gerichtsvollzieher, wobei auf das als ordentliches Gericht für Zivil-, Handels- und Strafsachen zuständige Bezirksgericht Alzey verwiesen wird; Finanzen mit Steuerkommissariat, Obereinnehmerei und Rentamtsverwaltung, Distriktseinnehmerei, Steuerpfandmeister, Be-

Tafel 17: Der Dom mit seinen Ostteilen von 1130 bis 1144 überragt die Stadtsilhouette

Tafel 18: Dom nach Osten, barocker Hochaltar von Balthasar Neumann, im Vordergrund die Seitenaltäre von Johann Peter Jäger

Tafel 19: Dom, romanische Altarflügel mit Petrus und Paulus, um 1220; Wormser Kruzifix, spätes 11. Jahrhundert

Tafel 20a: St. Paulus: Nordwand des südlichen Oratoriums (Westbau), Wandmalerei mit Verkündigungsszene

Tafel 20b: Geplante Restaurierung von St. Paulus, aquarellierte Federzeichnung, 1861

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amte für die Erhebung der Brückengelder und Überfahrtgebühren der Schiffbrücke, Hauptzollamt (im Kaufhaus, heute Bereich Kaufhof) und damit verbunden die Ortseinnehmerei, Salzmagazinverwalter, Kreisbauamt, Schiffbrücke (Brückenmeister und Brückenwärter). Das Postamt befand sich am Paradeplatz, dem späteren Ludwigsplatz, jedoch noch auf dessen Südseite. Eine Posthalterei mit einem Postfahrunternehmer war in der Andreasstraße zu finden. Unter dem »Öffentlichen Kultus« erscheinen die Katholische Kirche mit der Propstei St. Peter (Dom) und der St. Martinspfarrei, die Evangelische Gemeinde mit Dreifaltigkeits-, Friedrichs- und Magnuskirche, die Deutschkatholische Religionsgemeinde mit einem »Betlokal« in der Schmiedgasse und die Israelitische Religionsgemeinde mit der Synagoge in der Judengasse. Erst dann werden »Städtische Behörden und Bedienstete« genannt. Sie sind ebenfalls über die Stadt verteilt untergebracht. Bei der Aufzählung wird nicht zwischen politischen Gremien, Behörden und Einrichtungen unterschieden: Gemeinderat samt Kommissionen (Finanzsektion, Bausektion und Feldsektion); Bürgermeistereibüro (Stadthaus Ludwig-, heutige Hagenstraße), Einnehmerei (am Paulusplatz), Bauwesen (Stadthaus), Fleischbeschau (Schlachthaus Wollstraße), Eichanstalt (mit Fasseiche im Kaufhaus Kämmererstraße, heute Bereich Kaufhof), Märkte (Viktualien auf dem Marktplatz, Fruchtmarkt auf dem Andreasplatz), zwei Jahrmärkte (auf dem Marktplatz samt Schulhof oder Paulusplatz) jeweils drei Tage nach Pfingsten und an Allerheiligen; städtische Güteraufseher, Promenadenaufseher, Feldschützen, Wiesenschützen, Hafen- und Kranenverwaltung, Holzmesser, konzessionierte Verdingerinnen weiblicher Dienstboten; Leichenmeister, Totenauszieher (wahrgenommen von einem Ehepaar separat für Männer und Frauen), Friedhofsaufseher, Totengräber; Nachtwächter, Turmwächter (Feuerwächter auf der Dreifaltigkeitskirche), Feuer-Visitator und Kaminfeger. Es folgt die Feuerwehr mit dem Spritzenmagazin in der profanierten Andreaskirche und abschließend das Gaswerk an der Klosterstraße, das privat als »Wormser Gasgesellschaft Mayer und Cie.« betrieben wird. Seit 1824 bestand in Worms eine für alle Konfessionen einschließlich der Juden verbindliche allgemeine Kommunal- oder Stadtschule. Über ihre Einrichtung hatte es zunächst Diskussionen gegeben, weil verschiedentlich eine »Entchristlichung« des Schulwesens befürchtet worden war. Dem sollte der obligate Religionsunterricht entgegenwirken, der von christlichen Geistlichen und dem Rabbiner erteilt wurde. Die Schule befand sich für die Knaben im ehemaligen Gymnasialgebäude am Schulhof (heute Bereich Rathauseingang), für Mädchen in der so genannten Hagenschule in der Ludwig-(heutige Hagen-)straße. Als Parallele soll für nicht konfessionell gebundenen Privatunterricht der auch als Sekretär der jüdischen Gemeinde tätige Privatlehrer Samuel Aron Längsdorff (1794 –1852) erwähnt werden, Schwager des Gemeinderatsmitglieds Markus Edinger. Seine Wertschätzung überliefert in hebräischer und deutscher Sprache sein Grabstein auf dem Alten Judenfriedhof. Er sei ein Mann gewesen, verehrt von einer großen Zahl dankbarer Schüler aus allen Ständen und Konfessionen, die er für ihr Berufsleben herangebildet 43. Mit dem Inkrafttreten des hessischen Volksschulgesetzes am 1. Dezember 1874 wurde die Schule einer Kreis-Schulkommission unterstellt, sodass 1875 ein neuer Schulvorstand gewählt werden musste. Er bestand aus je einem evangelischen, katholischen und israelitischen Geistlichen (zwei Pfarrer und ein Rabbiner), dem Schulinspektor, den beiden

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dienstältesten Lehrern und sechs durch die Stadtverordnetenversammlung gewählten Mitgliedern. Den Vorsitz führte der Bürgermeister 44. Unter »Schulen« werden genannt: das 1842 um Realklassen erweiterte großherzogliche Gymnasium, die Verwaltung des Gymnasialfonds, die Kreis-Schulkommission mit dem Schulvorstand, die Stadtschulen für Knaben (Schulhaus am Schulhof, heute Südostseite Marktplatz, ab 1876 die neu erbaute Karmeliterschule) und Mädchen (Ludwig-, heutige Hagenstraße), die Vorbereitungsschule, die Hilfslehrer (Zeichnen und Handarbeit) und die Kleinkinderschule (Sterngasse). Eine Reihe von »Privat-, Lehr- und Erziehungsanstalten« ergänzt das Schulangebot: Gewerbeschule des Ortsgewerbevereins im Kaufhaus, Landwirtschaftliche Akademie Dr. Schneider am Lutherplatz, Brauerschule Lehmann in der Mathildenstraße (heute Friedrichstraße), Keim’sches Mädchen-Institut (evangelisch)45, Adler’sches Mädchen-Institut (israelitisch) 46 und Englische-Fräulein-Institut (katholisch). Zwei Kinderschulen und mehrere Privatlehrer für neue Sprachen – darunter der politisch hervorgetretene Dr. Johann Friedrich Eich (Englisch) –, Handelswissenschaft, Musik, Tanz und Reiten beschließen den Bildungsbereich. Unter »Wohltätigkeits-, Armen- und Sanitätswesen« finden sich das Bürgerliche Spital an der Hardtgasse (heute ist dort das Amtsgericht) mit dem Arzt Dr. Salzer und Diakonissen sowie das Israelitische Hospital (Hintere Judengasse). Es schließen sich Witwen- und Stipendienstiftungen sowie die »Armenverwaltung« mit sechs Pflegebezirken an. Dann folgen die Sparkasse und die Pfand- und Leihanstalt. »Ärzte, Apotheker und Hebammen« ist die nächste Abteilung bezeichnet, einschließlich der kalten und warmen Rheinbäder von Philipp Steiner im »Rheinischen Hof« (heute »Hagenbräu«). Im Wessenbergerhof in der Kämmererstraße am Ludwigsplatz (heute »Kaiser Passage«) residiert das Königlich Spanische Konsulat für das Großherzogtum Hessen mit dem Konsul Leonhard Heyl, Kommerzienrat und lebenslängliches Mitglied der Ersten hessischen Kammer, der auch Präsident der Wormser Handelskammer ist, die ihr Büro im Kaufhaus hat. Die Hessische Ludwigs-Eisenbahn beschäftigt relativ viel Personal, die Preußische Telegraphenstation Worms kommt mit drei Bediensteten aus. Erwähnt werden noch die NiederländischeDampfschifffahrts-Reederei, die Köln-Düsseldorfer Gesellschaft sowie das DienstmannInstitut »Express«. Versicherungen für so ziemlich jeden Schaden sind zahlreich vertreten. Acht Auswandereragenturen haben Kontakte zu Reedereien in Bremen, Hamburg, Antwerpen, Rotterdam, Liverpool, London und Le Havre, von wo aus Verbindung zu Washington-Finlay besteht. Nach Vereinen aller Art wird unter »Militärbehörden« das in Worms garnisonierte Großherzogliche I. Infanterie-Regiment »Prinz Carl« aufgeführt. Mit Einführung der Städteordnung von 1874 ging ein Teil der seither vom Kreisamt wahrgenommenen Aufgaben auf die Stadtverwaltung über. Das nur wenige Jahre jüngere Adressbuch von 1876 47 lässt das erkennen. Staatliche Behörden mit Zuständigkeit für den gesamten Kreis Worms sind die Einrichtungen der Justiz mit dem Friedensgericht, den Parteienvertretern, den Notaren und den beiden Gerichtsvollziehern. Als Selbstverwaltungsorgan fungiert der aus zwei Kreisbeamten und sechs Vertretern für die Kreisgemeinden bestehende Kreisausschuss48. Bürgermeister und Beigeordnete, deren Funktion und Ernennung sich in den seit 1848 vorgeschriebenen silbernen Dienstzeichen mit einem Brustbild des regierenden Großher-

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zogs im Profil ausdrückt49, bilden zusammen mit den Gemeinderatsmitgliedern den Stadtvorstand. Spitzenbeamter (Verwaltungsleiter) der aus wenigen hauptamtlichen Mitarbeitern und einer Reihe städtischer Arbeiter bestehenden Verwaltung ist der Stadtschreiber, dem über die Abfassung der Ratsprotokolle hinaus weitere schriftliche Arbeiten und die Organisation der Verwaltung zukommt. Einschließlich Stadtschreiber Exner arbeiten im Bürgermeistereibüro 1867 fünf Personen, 1876 sind es sieben. Neben dem Personal der Bürgermeisterei wird 1876 die jetzt durch die Stadt wahrgenommene Polizeiverwaltung – der im Gegensatz zu heute weniger Sicherheits- als vielmehr Verwaltungs- und Kontrollaufgaben zukamen – aufgeführt50, dann wie bisher schon die Nachtwächter, der städtische Güterverwalter, ein Promenadenaufseher, mehrere Feld-, Wald- und Promenadenschützen, die Gemeinde-Einnehmerei, das aus dem Stadtbaumeister und einem Gehilfen bestehende Baubüro, der Hafenmeister, die Fleischbeschauer, je ein evangelischer und ein katholischer Leichenmeister, der Totenauskleider samt seiner ihm zuarbeitenden Ehefrau, der Friedhofsaufseher und der Totengräber. Insgesamt beschäftigt die Stadtverwaltung 1867 ohne Feldschützen und einfache Arbeiter ca. 22 Personen, 1876 sind es einschließlich der hinzugekommenen Polizei ca. 32 Personen. Exakte Zahlen lassen sich nicht angeben, weil ein Teil der genannten Aufgaben nebenamtlich oder privat ausgeübt wird. Zuständig ist die Stadt für die gesetzlich vorgeschriebene Freiwillige Feuerwehr 51. Unter »Handel und Verkehr« werden Einrichtungen unterschiedlicher Träger genannt: Handelskammer, Reichsbank-Nebenstelle, Königlich spanisches Konsulat für das Großherzogtum Hessen, Kaiserliches Postamt und Kaiserliche Telegrafenstation, Hessische Ludwigsbahn, die privaten Schifffahrtsagenturen. Dem Bereich »Wohltätigkeits-, Armen- und Sanitätswesen« werden zugeordnet: Bürgerliches Hospital, Israelitisches Hospital, Armenverwaltung mit den Bezirksvorstehern und Armenpflegern, Sparkasse sowie Pfand- und Leihanstalt. Neben der Stadtverwaltung, die ihren Sitz im Stadthaus an der damaligen Ludwigbzw. heutigen Hagenstraße hatte52, gab es eine Reihe kommunaler Einrichtungen. Im Stadthaus untergebracht war die 1838 gegründete Kreissparkasse. Weitere Einrichtungen waren das Pfandhaus und der Schlachthof, beide in der Wollstraße gelegen, das Kaufhaus in der Kämmererstraße mit dem Steuerbüro für den »Oktroi«, die Schulgebäude sowie der Bauhof an der Bauhofgasse, die städtische Waage und der Faselstall für die Haltung der männlichen Zuchttiere. Außerhalb des von der alten Stadtmauer umgrenzten Bereichs lagen der Kranen am Rheinufer an der Stelle des heutigen Hagendenkmals sowie die Friedhöfe53. Indirekt war auch das finanziell selbstständige Hospital Ecke Hardtgasse und Martinsgasse, das bis gegen Jahrhundertende von einem Hospitalfonds getragen wurde, eine kommunale Einrichtung. Zuständig war die Verwaltung auf Grund einer napoleonischen Verfügung für die Unterhaltung der Kasernenbauten (Pfalzgrafenhofkaserne Ecke Rheinstraße und Mathilden- bzw. heutiger Friedrichstraße, Garnisonslazarett im ehemaligen Karmeliterkloster Ecke Karmeliter- bzw. heutiger Wilhelm-Leuschner-Straße 6). Ehemals geistliche Gebäude, die im Zusammenhang mit ihrer zeitweiligen Nutzung als Kasernen an die Stadt gefallen waren und trotz entsprechender Bemühungen weder verkauft noch versteigert werden konnten, waren die Andreaskirche und die Domdechanei (heutige Jugendherberge)54.

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Karte 11: Stadtplan Worms 1860

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Da die Stadt auch für Straßen und Kanalisation zuständig war, ergab sich ein permanenter Bedarf an Bau- und Reparaturaufgaben. Deshalb wurde seit 1840 ein Stadtbaumeister beschäftigt 55. 1860 entstand neben den Katastern aus der ersten Jahrhunderthälfte (1810 und 1842/46) sowie den Zeichnungen von Friedrich Wilhelm Delkeskamp 56 ein unter Leitung des Stadtbaumeisters Ernst Friedrich Thon von dem Vermessungstechniker Christian Brüchmann angefertigter und gedruckter Stadtplan. Dargestellt sind bebaute Flächen (keine Einzelgebäude) und Straßen sowie ein Überblick über Lage, Ausdehnung, Industriestandorte und Verkehrsanbindung. Markiert und in der Legende benannt erscheinen die – nach Auffassung Thons – wichtigsten Gebäude der Stadt 57. Eine systematische Stadtplanung fand vor der Einstellung von Karl Hofmann 1885/86 nicht statt.

Wirtschaftliche Entwicklung: Industrie, Gewerbe, Bankwesen und Einzelhandel Die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt bedarf insgesamt einer umfassenden, unter modernen wissenschaftlichen Kriterien und Methoden durchgeführten Untersuchung. Bisher liegen in verschiedenen Arbeiten zwar zahlreiche Hinweise vor, in denen durchweg die gleichen Statistiken zitiert werden, aber kein weiteres Quellenmaterial herangezogen wird. Ursache dafür ist die Zielrichtung der jeweiligen Darstellung, die sich nicht explizit auf den Gesamtbereich Stadtwirtschaft bezieht. Das Gleiche gilt für einzelne Unternehmen, für die weiter führende Erkenntnisse erst auf Grund neuer Untersuchungen gewonnen werden können 58. Wirtschaftlich wandelte sich Worms seit der Mitte des 19. Jahrhunderts von einer durch Handwerk, Handel und Landwirtschaft geprägten, sich nur geringfügig über den von weiten Rebflächen umkränzten inneren Mauerring hinaus erstreckenden Stadt zur »Fabrikstadt«. Martina Rommel charakterisiert, etwas pointiert, die Zeit von 1750 bis 1875 als Wandel von der »Ackerbürger«- zur »Fabrikarbeiterstadt«. Neben dem Handwerk belegt 1811 eine Industriestatistik 107 weitgehend für den inneren Bedarf der Stadt arbeitende Betriebe, die allerdings kaum frühindustriellen Charakter trugen. Letzteren sind am ehesten zwei Baumwollfabriken mit insgesamt 30 Arbeitern zuzurechnen. Doch gewinnt der Textilbereich erst um 1850 wirklich industrielle Bedeutung 59. Noch in einem 1854 über das Großherzogtum Hessen erschienenen Buch ist zu lesen, dass ein großer Teil der hiesigen Bevölkerung seine Beschäftigung im Acker- und Weinbau finde. Entsprechend sei der Weinhandel bedeutend. Erst danach heißt es: Fabriken sind mehrere in Worms und ihre Fabrikate sind gesucht, namentlich ihr Leder, ihre Cichorien 60. Selbst wenn man berücksichtigt, dass Übersichtsdarstellungen auf Grund langer Erhebungszeiten oftmals nicht mit der Geschwindigkeit der Entwicklung Schritt halten und etwa der Weinbau weiterhin von Bedeutung blieb, so ist diese die Industrialisierung unterbewertende Aussage doch auch ein Beleg dafür, dass sich um die Jahrhundertmitte ein rascher Wandel vollzog. Zwei Beobachtungen lassen erkennen, dass es seit dem frühen 19. Jahrhundert für die wirtschaftliche Entwicklung zu einem Paradigmenwechsel gekommen ist. Zum einen

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spielt die Weiterentwicklung aus älteren Handwerksbetrieben nur eine marginale Rolle gegenüber von auf Kapitalbasis geschaffenen industriellen Neugründungen61. Zum anderen besitzen die über lange Zeiträume hinweg maßgebenden lutherischen Familien offensichtlich weder die Kraft noch den Elan noch das Kapital zur Gestaltung von Neuansätzen. Die maßgeblichen Fabrikgründer entstammen reformierten oder katholischen Familien. Ursprünglich reformiert – seit der Union von Lutheranern und Reformierten 1822 evangelisch-uniert62 – waren die miteinander verwandten Familien Heyl, Martenstein und Schoen, katholisch waren die Familien Valckenberg, Doerr und Reinhart. Zu einem Konnubium kam es zwischen diesen Familien nur in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Politisch blieben sie in der nationalliberalen Partei verbunden, obgleich es um die Jahrhundertwende in der Kommunalpolitik zu Spannungen und konfessionellen Vorwürfen (Ultramontanismus) kam63. Aufschlussreich ist es, die Familien von ihrer Herkunft her und unter Berücksichtigung des zeitlichen Erscheinens in Worms zu betrachten. Nach der Stadtzerstörung 1689 und dem Ratsbeschluss, zur baldigen Wiederbevölkerung der Stadt künftighin auch Reformierte als Bürger zuzulassen (Vertrag von 1699), gab es einen starken Zuzug reformierter Familien vor allem aus der Kurpfalz 64. Zu ihnen gehörte die aus Bacharach am Rhein kommende, seit 1709/15 in Worms ansässige Familie Heyl. Stammvater der späteren Industriellenfamilie war Johann Cornelius Heyl I. (1721– 1797). Er wohnte entsprechend seinem beruflichen Schwerpunkt auf der Fischerweide und findet sich 1771 im Verzeichnis der Fischer-Zunft als Schiffmann, Rheinfahrt-Beständer, Salz-, Wein- und Brennholzhändler bezeichnet65. Sein Sohn gleichen Namens (1758 –1818) vollzog als »Güterbesitzer« den Umzug in das Stadtinnere auf den Marktplatz. Dieser bereits in zwei Generationen erreichte Wohlstand belegt neben Tüchtigkeit und reformiertem Arbeitsethos auch die These, dass das Vorenthalten politischer Betätigungsmöglichkeiten – Reformierte wurden in der Zeit des Alten Reiches nicht zum Rat zugelassen – zur Kompensation durch wirtschaftliche Tätigkeit führen kann. 1834 schloss sich Johann Cornelius Heyl III., Sohn des »Güterbesitzers«, mit seinem ebenfalls einer reformierten Familie entstammenden Schwager Johann Karl Martenstein (1789 –1874) zur Gründung der Saffianleder-Manufaktur Heyl & Martenstein zusammen. 1839 gründete Heyl dann eine selbstständige Fabrik zur Herstellung von lackiertem Kalbsleder. Damit schuf er die Grundlage einer Großindustrie, die nicht auf handwerklichen Anfängen, sondern auf Kapitalbasis unter Verwendung eines im Ausland erworbenen Patents zu Herstellung von Lackleder beruhte: die Urzelle der nachmaligen Heyl’schen Lederwerke, des bedeutendsten Wormser Industriebetriebs im 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts66. Hatten sich die Heyls auf Grund einer politisch-konfessionellen Neuorientierung des Magistrats sowie der Chance, beim Wiederaufbau wirtschaftlich zu reüssieren, in Worms niedergelassen, kam 1784 der aus Eigelshofen in den Niederlanden stammende katholische Peter Joseph Valckenberg (1764 –1837) nach Worms, um im Handelshaus des lutherischen Ratsherrn und Krämerzünftigen Georg Friedrich Schuler seine kaufmännischen Kenntnisse zu erweitern. 1787 erlangte Valckenberg die Aufnahme in die Krämerzunft sowie das Bürgerrecht. Im gleichen Jahr heiratete er Juliana Theresia Margaretha Vierling, die Tochter des katholischen Sattlers und Postoffizials Peter Friedrich Vierling, Bürger

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von Worms. Daran lässt sich zeigen, dass die verbreitete Auffassung, den Katholiken sei in der mehrheitlich lutherischen Stadt das Bürgerrecht vorenthalten worden, nicht zutrifft. Ihr Minderheitencharakter ergab sich vielmehr, wie auch bei den Reformierten, aus der Ausschließung von der Stadtregierung. Mit dem Übergang des linken Rheinufers an Frankreich und der Einführung französischer Gesetze erfolgte die Gleichstellung aller Bürger unabhängig von der Konfession. Zwar bestand der 18-köpfige Munizipalitätsrat vom 1. Dezember 1800 noch mehrheitlich aus Mitgliedern der alten lutherischen Oberschicht. Doch gehörte ihm bereits der reformierte Bürger und Handelsmann Cornelius Heyl an, Schwager des 1813 als Bürgermeister eingesetzten Weinhändlers Johann Peter Valckenberg. Unter einem Katholiken als Bürgermeister wurde die ehemals lutherische Freie Stadt des Reiches nach dem französischen Zwischenspiel ab 1816 schließlich eine großherzoglich hessen-darmstädtische Landstadt. Valckenberg übte das Bürgermeisteramt bis zu seinem Tod 1837 aus. Sein Grabstein im heutigen Albert-Schulte-Park fasst Herkunft, Lebensgeschichte und politischen Wandel dieser Jahrzehnte in lapidarer Kürze zusammen67. Friedrich M. Illert hat die Zeit um 1800 zutreffend als »Wendepunkt der Wormser Geschichte« bezeichnet 68. Für die Industrialisierung spielten die Valckenbergs, die ein noch heute renommiertes Weinhandelshaus mit internationaler Kundschaft betrieben und vor allem die »Liebfrauenmilch« zu einem mit Worms verbundenen Namen eines lieblichen Rheinweins machten, erst seit der vierten Generation eine Rolle. Wilhelm Joseph Dieudonné Valckenberg (1844 –1914) widmete sich seit 1868 in Weiterführung der seit 1850 im Norden vor der Stadtmauer entstandenen Kunstwollfabrik Gustav Schoen & Co. und deren Nachfolgerin »Wollgarnspinnerei Worms am Rhein« der Kunstwolle- und Tuchfabrikation69. Er betrieb gemeinsam mit Julius Cornelius Schoen (1848 –1894) 70 die Kunstwollfabrik Valckenberg & Schoen und führte das Unternehmen nach der schweren Erkrankung seines Kompagnons 1892 als Tuchfabrik W. J. Valckenberg GmbH weiter. Damit nahmen die Valckenbergs neben der dominierenden Lederindustrie zumindest in dieser Spätphase der Industrialisierung an der seit der Jahrhundertmitte im Norden der Stadt betriebenen Textilfabrikation teil. Wohl nicht nur familienintern unterschied man mit leisem Spott zwei Zweige der Familie: die »Wein«-Valckenbergs und die »Lumpen«-Valckenbergs. Beide waren erfolgreiche Unternehmer71. Mit der Familie Heyl gab es nur einmal ein Konnubium, als die reformierte Barbara Heyl (1797–1865), Tochter des »Güterbesitzers« J. C. Heyl II. 1813 den Kaufmann Peter Franz Joseph Valckenberg (1788 –1844) heiratete. Sonst blieben die Familien deutlich getrennt. Während sich die Heyls im späten 19. Jahrhundert mit adeligen Häusern verbanden, zeigt der Familienkreis der Valckenbergs vor allem Heiratsverbindungen mit bekannten Wormser Familien, darunter auch der Familie Reinhart, womit eine weitere für die Industrialisierung in Worms bedeutende Familie angesprochen wird. Die beiden jüngsten einflussreichen Industriellenfamilien kamen aus Mainz und waren Katholiken. 1836 kaufte der Gerber Nikolaus Andreas Reinhart (1809 –1871) in Worms die bisher handwerklich betriebene Gerberei Daniel Löb. Reinhart und der ebenfalls aus Mainz stammende Johann Baptist Doerr (1811–1892), der zuvor seit 1834 bei Heyl & Martenstein tätig gewesen war, gründeten 1840 gemeinsam die Lacklederfabrik

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Doerr & Reinhart. Damit entstand neben den Heyl’schen Lederwerken eine weitere renommierte Fabrik mit dem Produktionsschwerpunkt auf Lackleder, auch wenn Doerr & Reinhart deren Kapazität und Personalstärke nicht erreichte. Innerhalb der Familien der beiden Firmengründer kam es zum Konnubium 72. Die Heyls brachten spätestens mit Cornelius Wilhelm (Frhr. v.) Heyl (zu Herrnsheim) einen weit über Landes- und Kommunalpolitik hinaus einflussreichen Politiker im Reichstag der Bismarck- und der wilhelminischen Zeit hervor. Die Doerrs und Reinharts finden sich in der Kommunal- und der Landespolitik. Während die Familien Doerr und Reinhart finanziell, gesellschaftlich und vom Einfluss her zur Oberschicht der Stadt zu rechnen waren, nahm die Familie Heyl in allen Bezügen eine Spitzenposition ein, die sie über eine städtische Oberschicht hinaushob und die von keiner anderen Familie ihrer Zeit erreicht werden konnte. Deutlich wird das bei der Betrachtung der Zeit zwischen 1874 und 1914. Alle Fabrikanlagen der genannten Industriellen lagen am Südrand der alten Innenstadt (Doerr & Reinhart) oder in den südlichen (Heyl) und nördlichen (Valckenberg & Schoen) Vorstädten. Damit veränderte sich die äußere Gestalt der Stadt ebenso, wie sich infolge des beträchtlichen Arbeitskräftebedarfs Schwerpunkte des Arbeitslebens bildeten. Angeregt durch den Kaufmann und Bürgermeister Friedrich Renz kam es 1842 zur Einrichtung einer Handelskammer. Zeitlich vorausgegangen waren 1802 Mainz und 1821 Offenbach, während Bingen und Darmstadt 1862 sowie Gießen als letzte der sechs hessischen Handelskammern erst 1872 folgten. Der Vergleich von Branchen- und Beschäftigtentabellen, die in den gedruckten Jahresberichten der Wormser Handelskammer für 1845 und 1878 vorgelegt worden sind, verdeutlicht die rasche Entwicklung73. Als Indiz für technische Innovation wird oftmals auf die Nutzung der Dampfmaschine hingewiesen. Auch für Worms lässt sich an den Firmen, die sich dieser neuen Technologie bedienten, der Fortschritt der Industrialisierung aufzeigen. 1845 werden drei Fabriken mit ihrer Beschäftigtenzahl angegeben: Lederlackierfabrik Heyl mit 220 Arbeitern, Lederlackierfabrik Doerr & Reinhart mit 60 Arbeitern, Cichorienfabrik74 J. V. Jungbluth mit zehn Arbeitern. Noch 1849 besaß kein Wormser Betrieb eine Dampfmaschine. Das änderte sich innerhalb eines Jahrzehnts vollständig. 1857 gab es elf Fabriken, für die Angaben über Beschäftigtenzahlen und Anzahl der Dampfmaschinen vorliegen: Fabriken

Arbeiter

Lederlackierfabrik C. Heyl

650

Dampfmaschinen 2

Lederlackierfabrik Doerr & Reinhart

350

2

Wollgarnspinnerei Worms AG

289

2

Lederlackierfabrik Melas & Gernsheim

190

1

Tabakfabrik Leonhard Heyl & Comp.

188

# #

Cigarrenfabrik M. Mannheimer

144

Cigarrenfabrik van der Leeuw & Comp.

120

#

Cigarrenfabrik Abenheimer & Jaberg

66

#

Cigarrenfabrik J. G. Mayer

56

#

Cichorienfabrik J. V. Jungbluth

25

1

Maschinenfabrik Gebr. Kaibel75

20

1

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Eine Addition der Beschäftigtenzahlen durch den Polizeikommissär und späteren Bürgermeister Heinrich Brück, der die Angaben für die Handelskammer zusammengestellt hatte, ergibt 2 098 Fabrikarbeiter und -arbeiterinnen, wobei Frauen vor allem in der stark vertretenen Zigarrenfabrikation tätig gewesen sein dürften. Um nicht nur Fabrikarbeiter zu erwähnen, wies er darauf hin, dass in kleineren Geschäften durchschnittlich 600 –700 Personen beschäftigt seien und ermittelte so eine Gesamt-Beschäftigtenzahl von 2 748 Personen. Die Verwendung von Dampfmaschinen in den größeren Fabriken – in den Tabakund Zigarrenfabriken bestand kein Bedarf – scheint Brück Sorgen gemacht zu haben, da durch sie bekanntlich viel Arbeiter eingespart werden. 1860 gibt Brück auf die Frage nach den Fabrikarbeitern 2 200 bis 2 300 Personen an, einschließlich derjenigen, die in umliegenden Ortschaften wohnen. Pendler und Saisonarbeiter werden erfasst, nicht aber Heimarbeiter und -arbeiterinnen etwa der Kleiderfabriken oder Beschäftigte im Handwerk oder dem Einzelhandel. Um die gleiche Zeit gibt es Hinweise darauf, dass die Lederfabriken ihre Produkte vor allem in außerdeutschen Ländern absetzten, wobei Ostindien, Russland und Amerika genannt werden. Ähnliches gilt für die Wollgarnspinnerei. Die großen Wormser Industriebetriebe waren demnach bereits um 1860 weniger auf die Befriedigung des Inlandmarktes als auf Export hin orientiert76. Die »Gründerkrise« zu Beginn der 1870er Jahre bringt 1873 die Freisetzung von rund einem Drittel der Fabrikarbeiter 77. Noch 1879 verweisen die Handelskammerberichte auf eine gedrückte Geschäftslage. Die Lederindustrie leide unter Exportschwierigkeiten bei amerikanischer Konkurrenz. Arbeitslosigkeit und der milde Winter 1877 habe die Bekleidungsindustrie in Schwierigkeiten gebracht, da ihre in Heimarbeit hergestellten Produkte für Arbeiter bestimmt seien. Zudem erwiesen sie sich auf den nord- und westdeutschen Arbeitsmärkten als zu teuer. Eine Besserung tritt in der zweiten Hälfte des Jahres 1879 ein. Die Beschäftigtenzahlen nehmen zu, obgleich es 1880 weniger Fabrikarbeiter gibt als in den Jahren 1869 bis 1871. Für 1878 werden 2 697 Arbeiter in fabrikmäßig betriebenen Produktionsstätten angegeben, ein Jahr später sind es 2 967. Eine Übersicht über die Schwerpunkte von Industrie und produzierendem Gewerbe bietet die folgende Branchentabelle, wobei deutliche Veränderungen – es fehlen die anscheinend nicht als Industriebetriebe angesehenen Kleider- sowie die Tabak- und die meisten Zigarrenfabriken – sichtbar werden: 6 Lederfabriken 1 Kammgarnspinnerei78 1 Kunstwollfabrik79 1 Zigarrenfabrik 1 Wasserglas- und Seifenfabrik 3 Degrasfabriken80 1 Kaffeesurrogatfabrik 1 Ölfabrik 3 Maschinenfabriken81 2 Knochenpräparatfabriken 2 Dampfmühlen

I NDUSTRIE , G EWERBE , B ANKWESEN

UND

E INZELHANDEL

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1 Patronenhülsenfabrik 3 Malzfabriken82 5 fabrikmäßig betriebene Bierbrauereien83 1 Nudelfabrik. Neben der Bedeutung der Industrie für die Entwicklung der Stadt sind jedoch nachdrücklich der gewerbliche Bereich, das Handwerk und der Einzelhandel hervorzuheben. Auch sie boten Arbeitsplätze für Arbeiter aus Worms und Pendler aus dem links- und rechtsrheinischen Umland an. Darunter waren sowohl Dauer- wie Saisonarbeitsplätze. Für Letztere bietet der Tabakgroßhandel des Kommerzienrats Leonhard Heyl (II.) ein anschauliches Beispiel. Als Begründung eines Gesuchs zur Einrichtung eines Hauptzollamtes benötigte die Handelskammer 1857 Informationen. Sie wandte sich an den Polizeikommissär Brück, der nach Umfragen bei Wormser Betrieben neben anderen Auskünften mitteilte, Heyl beschäftige in seinem Tabakmagazin ca. 80 Arbeiter, die im Winter auf bis zu 225 Arbeiter vermehrt würden. Dazu kämen noch rund 50 Arbeiter in seiner Zigarrenfabrik84. Fünf Kleiderfabriken ließen 1872 in Heimarbeit produzieren, wozu sie Nähmaschinen zur Verfügung stellten, während sie sich an ihrem Wormser Standort weitgehend auf Organisation und Auslieferung (Verlagswesen) beschränkten. Ludwig Edinger, der bedeutendste Kleiderfabrikant, beschäftige zeitweilig rund 300 Personen, darunter vor allem Frauen85. Im Gegensatz zur Industrie hat sich das Bankwesen in Worms langsam und spät entwickelt. War man lange von Eigenkapital oder privater, nicht bankmäßiger Geldleihe etwa bei Kapitaleignern ausgegangen86, so kam es endlich 1858 Ecke Kämmererstraße und Paradeplatz (Ludwigsplatz) zur Gründung der Privatbank Markus Levy87. Mitte der 1860er Jahre folgte die Privatbank Herz und zehn Jahr später die Privatbank F. und C. Rischmann. Am 1. September 1875 errichtete die Preußische Bank eine Agentur in Worms, die 1876 bei ihrem Übergang in die Reichsbank zur Reichsbanknebenstelle wurde, was Worms die Bezeichnung als »Bankplatz« eintrug. Weitere Bankinstitute oder Filialen sind gegen Ende des Jahrhunderts entstanden 88. Bedurfte die Industrie leistungsfähiger Banken, so sahen sich Handwerker und weniger gut situierte Bürger auf Spar- und Kreditkassen angewiesen. Bereits 1838 war in städtischer Regie die im Rathaus untergebrachte Kreissparkasse gegründet worden, die vor allem unbemittelten Handwerkern und Arbeitern zur Begründung oder zum Betrieb ihres Geschäftes gegen hinreichende Bürgschaft bare Darlehen zu mäßigen Zinsen und unter günstigen Rückzahlungsbedingungen bieten und ihnen den Einkauf von Werkzeug und Material im Sinne einer Anschubfinanzierung ermöglichen sollte. Zugleich erwies sich die Sparkasse als wichtiger Kreditgeber der Stadt89. Auf genossenschaftlicher Basis und vorangetrieben vom bereits 1841 gegründeten Lokalgewerbeverein (Ortsgewerbeverein) unter Leitung des Baumeisters Karl Dauth entstand 1860 ein »Vorschuss- und Kreditverein«, wesentlich initiiert durch den mit Hermann Schulze-Delitsch persönlich bekannten Wormser Kleiderfabrikanten Markus Edinger, einem engagierten Mitglied des Gemeinderates sowie der II. Kammer der Stände in Darmstadt90. Edinger betonte die soziale Komponente dieser Einrichtung, aus welcher die heutige Volksbank Worms-Wonnegau hervorging, durch

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ihre Aufgabenstellung, die arbeitende Klasse mit den erforderlichen Geldmitteln zu versehen, damit sie alle neueren Vervollkommnungen an Maschinen und Erleichterungen sich nutzbar machen kann, wodurch der Wohlstand erhöht und das Gedeihen der Familie gesichert wird91. Angesprochen waren damit Handwerker und kleine Einzelhändler, nicht aber die Fabrikarbeiter. Über der Beschäftigung mit Industrie und Gewerbe darf die Bedeutung der Stadt als Handelsplatz und speziell ihr Angebot im Einzelhandel nicht vernachlässigt werden. Ganz im Gegensatz zu den beständigen Klagen im Gemeinderat über die schlechte finanzielle Situation der Stadt, die im Hinblick auf den städtischen Haushalt nur zu berechtigt waren92, erweist sich ähnlich wie die Industrie auch der Einzelhandel bei genauerem Hinsehen im Aufwind. Darauf geht ein Artikel ein, der am 17. August 1864 in der Wormser Zeitung erschien: Wenn man eben durch unsere Straßen schreitet, hat man ein lebendiges Bild seiner allseits regsamen Bewohner vor sich. Überall wird gebaut und besonders unsere Kämmererstraße sieht der Herstellung ganzer Ladenreihen entgegen. Mangel bestehe an Arbeitskräften. Wie die Kämmererstraße, in der auch zahlreiche jüdische Einzelhändler Ladenlokale oder Etagengeschäfte einrichteten93, versprach die damalige Karmeliter-, spätere KaiserWilhelm- und heutige Wilhelm-Leuschner-Straße ein erfolgreicher Einkaufsbereich zu werden. Darauf berief sich der Lutherdenkmal-Bauverein anlässlich der Diskussion um einen geeigneten Aufstellungsplatz für das Denkmal. Entgegen dem Wunsch der Mehrheit der Bevölkerung, die das Lutherdenkmal innerhalb der Stadtmauer sehen wollte, setzten sich die Verantwortlichen des Vereins 1864 mit ihrem Vorschlag durch: Vor der Stadtmauer in Richtung Bahnhof entstehe die schönste Straße der Stadt (gemeint die spätere Kaiser-Wilhelm- und heutige Wilhelm-Leuschner-Straße), in diesem Erweiterungsgebiet liege die Zukunft von Worms94. Zu Beginn der Gründerkrise, die an der Stadtbevölkerung nicht spurlos vorübergehen sollte, fand 1872 im Schulhaus nördlich neben der Dreifaltigkeitskirche eine aus Anlass der Generalversammlung des Hessischen Landesgewerbevereins vom örtlichen Gewerbeverein ausgerichtete Gewerbeausstellung statt. Die mehrwöchige Schau, an der sich auch Industriebetriebe beteiligten, bot einen beeindruckenden Überblick über das Leistungsvermögen von »14 500 betriebsamen Einwohnern«. Die Darmstädter Zeitung, die in mehreren Artikeln auf das Ereignis einging, berichtete nicht nur über die besonders wichtige Lederindustrie, sondern auch über ein breites Kleingewerbe mit einer Reihe von Fabrikationsspezialitäten wie beispielsweise Musikinstrumenten. Handwerkliches kam bei der Palette des Gebotenen nicht zu kurz. Der Einzelhandel behielt seine alte Bedeutung nicht nur bei, sondern konnte sie steigern. Damit positionierte sich die Stadt bewusst als Mittelpunkt eines weiten, beide Seiten des Rheins einschließenden Umlandes95.

G ARNISON

UND

L AZARETT

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Garnison und Lazarett Der preußisch-österreichische Krieg 1866 hatte der Stadt Kosten aufgebürdet, deren Zahlung sich über Jahre hinzog und mehrfach Stundung erforderte. In dieser Zeit wandelte sich in Hessen und damit auch in führenden Wormser Kreisen die lange Zeit eher pro österreichische Haltung zu Gunsten einer Annäherung an Preußen. Das Wormser Regiment »Prinz Carl« zog 1870 mit in den Krieg gegen Frankreich. Es eroberte das Schloss Chambord in Burgund und brachte zwei Kanonen mit zurück, die zeitweilig vor der Wache am Markt, später vor der neuen Kaserne am Pfortenring aufgestellt wurden. Die Befreiung von der linksrheinisch vorhanden gewesenen Furcht vor dem Gegner im Westen löste sich und führte zu einer spontanen Ehrung. Am 15. November 1870 und in der Überzeugung, die erste deutsche Stadt zu sein, verlieh der Gemeinderat für »unschätzbare Verdienste für das Vaterland« Fürst Otto v. Bismarck und Graf Helmuth v. Moltke die Ehrenbürgerwürde. Dem Regiment wurde bei seiner siegreichen Heimkehr eine Ehrenpforte errichtet96. Von blinder Kriegsbegeisterung kann dennoch keine Rede sein. Dem Antrag einer größeren Anzahl von Männern aus verschiedenen Teilen des Deutschen Reiches, jährlich am 2. September, dem Tag der Kapitulation Kaiser Napoleons III. in Sedan, einen Nationalfeiertag zu begehen, stand der Gemeinderat kritisch gegenüber, weil sich der Gedächtnistag einer so blutigen Schlacht … nicht wohl zu einem Jubeltag eigne. Im Bahnhofsfriedhof wurde 1874 ein Ehrenmal zum Gedenken an die Gefallenen enthüllt. Der ab 1873 dann doch als Volksfest mit nationalem Einschlag gefeierte »Sedanstag« verlor mit der Zeit seine Anziehungskraft, woran auch die Umbenennung in »Deutsches Fest« wenig zu ändern vermochte97. Nach der Neuordnung des Militärwesens im Deutschen Reich finden sich im Adressbuch von 1876 unter »Militärbehörden« das Landwehrbezirkskommando Worms und die Rangliste der Offiziere des Zweiten Bataillons des Großherzoglich hessischen Infanterie-Regiments 118 angeführt98. Als Kaserne wird der ehemalige Pfalzgrafenhof im Kreuzungsbereich Korngasse, Römer-, Rhein- und Friedrichstraße genutzt, als Exerzierplatz der so genannte Paradeplatz südlich der St. Martinskirche (heutiger Ludwigsplatz). Der Stadt lag um der Bindung an das großherzogliche Haus und ihr Renommee willen daran, die Garnison zu behalten. Hinzu kamen wirtschaftliche und gesellschaftliche Überlegungen. Aufgrund § 20 der zwischen Preußen und Hessen abgeschlossenen Militärkonvention vom 13. Juni 1871 war sie für die Unterhaltung der Militärgebäude verantwortlich. Handlungsbedarf bestand wegen der hygienisch unzureichenden Lazarettverhältnisse im Gebäudekomplex des ehemaligen Karmeliterklosters. Damit einher ging eine Neuordnung des Bereichs Ecke Karmeliter- und Neuer Schulstraße. Da in der Innenstadt kein Gelände zur Verfügung stand, entschied man sich für einen Neubau im Nordwesten an der Straße nach Mainz im Grenzbereich des dort weitgehend noch unbebauten Stadtgebietes. Im Tausch fiel das Gelände des bisherigen Lazaretts an die Stadt. Auf Grund eines Vertrages, dem die Intendantur des XI. Armeekorps in Kassel 1875 zustimmte, konnte bereits im Februar 1876 die Vergabe der Baulose erfolgen und das fertige Gebäude auf der Westseite der Mainzer Straße 1878 in Dienst gestellt werden. Stadtbaumeister Ludwig Euler hatte einen dreigeschossigen verputzten, sparsam dekorierten Backsteinbau ent-

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worfen. Nach Abbruch des ehemaligen Lazaretts traten um 1900 an seine Stelle an der Kaiser-Wilhelm-Straße große Gründerzeitbauten privater Investoren, unter ihnen des wohlhabenden Bauunternehmers und Stadtverordneten Johann Georg Zucker99.

Eisenbahnanschluss und Schiffsbrücke Für die Entwicklung der Industrie ebenso wie für die kleinräumigeren Wirtschaftsbeziehungen einschließlich des Einzelhandels war es wichtig, den Anschluss an die moderne Verkehrsentwicklung zu gewinnen. Damit war einmal der Bahnanschluss und zum anderen der Brückenschlag über den Rhein notwendig. Über den Standort des Bahnhofs entweder im Osten auf dem zugeschütteten Woog (stadtnahe, aber wenig attraktive Gegend) oder im Westen auf dem »Liebenauer Feld« (angeblich zu weit außerhalb der Stadt liegend) wurde im Gemeinderat bereits 1848/49 kontrovers debattiert. Es kam 1851 sogar zu einer frühen Form der »Bürgerbeteiligung«. Mit dem Gemeinderat diskutierten 77 Bürger über den Standort und sprachen sich alle gegen das so genannte »Friedhofsprojekt« – die Bahnlinie tangierte den 1840 eingeweihten »Neuen Friedhof«, den heutigen Albert-Schulte-Park – und für den Rheintorwoog aus. Gebaut wurde dennoch im Liebenauer Feld, wobei dem Gemeinderat Weitsicht zuzubilligen ist. Nach mehrjährigen Verhandlungen sowie Absprachen zwischen der Hessischen Ludwigsbahn und der Bayerisch-Pfälzischen Ludwigsbahn konnte die zunächst einspurige, später ausgebaute Bahnverbindung Mainz-Worms-Ludwigshafen am 24. August 1853 samt schlichtem Bahnhofsgebäude eingeweiht werden. Über Mainz bestand direkte Zugverbindung nach Bingen. Von Darmstadt aus gelangte der Reisende seit 1869 über Bensheim vorläufig nur bis zum rechtrheinischen Bahnhof Rosengarten, von wo der Zug mittels eines Trajekts unterhalb der Schiffsbrücke über den Rhein gesetzt und weiter zum Bahnhof geleitet wurde 100. Über diese Strecke erhielt 1872 die ebenfalls von der Ludwigsbahn betriebene Hafenbahn, an deren Kosten sich die Stadt beteiligt hatte, ihren Anschluss an die Hauptstrecke. Da sich die Zusammenarbeit aber nicht bewährte, eröffnete die Stadt 1893 eine Hafenbahn in eigener Regie 101. Worms bemühte sich, ein Bahnknotenpunkt zu werden. Dazu gehörte der Bau einer Bahnlinie Worms-Pfeddersheim-Monsheim-Alzey, von der der Handelskammerpräsident Leonhard Heyl II. 1863 meinte, dass von ihr »entschieden das fernere Aufblühen der Stadt Worms abhänge«, und die mit finanzieller Unterstützung durch die Stadt 1867 fertig gestellt war102. Der zunehmende Bahnverkehr erforderte eine Erweiterung der Bahnanlagen durch ein zweites Gleis und der Bahnhofsgebäude, die 1871 mit unter dem Eindruck des militärischen Bedarfs im Krieg 1870/71 erfolgte103. Bereits um diese Zeit gab es im Großherzogtum Hessen Befürworter einer Verstaatlichung der privaten LudwigsbahnGesellschaft. Gegenüber den Konzentrationsbestrebungen im deutschen Eisenbahnwesen, die vor allem in Preußen vorankamen, erschien die Hessische Ludwigsbahn zunehmend als Hemmschuh der Entwicklung. Der aus Monsheim bei Worms stammende hessische Minister Jakob Finger104 sowie der Industrielle und Politiker Cornelius Wilhelm

E ISENBAHNANSCHLUSS

UND

S CHIFFSBRÜCKE

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(Frhr. v.) Heyl setzten sich seit Mitte der 1880er Jahre massiv und unter Zuhilfenahme der Zeitungen für eine Verstaatlichung mit dem Ziel einer Preußisch-Hessischen Eisenbahngemeinschaft ein. Es sollte noch bis 1896 dauern, ehe an die Stelle der privaten Ludwigsbahn die »Königlich Preußische und Großherzoglich Hessische Eisenbahndirektion« in Mainz trat. Eine Reichseisenbahngesellschaft, wie sie Otto v. Bismarck bereits 1876 vorschwebte, fand jedoch erst nach der Novemberrevolution von 1918 im Jahr 1920 mit der Deutschen Reichsbahngesellschaft ihre Realisation105. Mit starker Verzögerung und begleitet von Misshelligkeiten und Streitereien sowohl mit Mainz wie mit den bahnanliegenden Orten – wobei es um wirtschaftliche Interessen ebenso ging wie um finanzielle Beteiligung – kam es erst gegen Jahrhundertende, ausgehend vom Hauptbahnhof Worms, zum erwünschten Bau von Nebenbahnen in den Wonnegau. Sie wurden schließlich durch die Süddeutsche-Eisenbahn-Gesellschaft als privatem Investor106 als Stichbahnen vorangetrieben, so die Eistalbahn Worms-Offstein (1886) und die Osthofen-Westhofener Eisenbahn (1888). Unter den so genannten Gaubahnen betrafen unmittelbar Worms die Gau-Odernheim-Wormser Eisenbahn (1897), die Rheinuferbahn Osthofen-Rhein-Dürkheim-Guntersblum (1900) und die Worms-Gundheimer Eisenbahn (1903)107. Zu dieser negativen Spätentwicklung trug nicht zuletzt ein sowohl bei der Ludwigsbahn, aber auch in hessischen Regierungs- und Landtagskreisen verbreitetes Desinteresse an Wormser Belangen bei. Hätte Worms mit dem Minister Finger, dem Freiherrn v. Heyl sowie dem Lederfabrikanten, Stadtverordneten und Landtagsabgeordneten Nikolaus Andreas Reinhart nicht so engagierte Fürsprecher gehabt, dürfte sich die Randlage der Stadt im Winkel zwischen Pfalz-Bayern, Baden und Hessen auch im Eisenbahnbau noch ungünstiger ausgewirkt haben 108. Das zweite wichtige Anliegen war der – zumindest provisorische – Brückenschlag über den Rhein. Er wurde seit 1846 im Gemeinderat diskutiert. Nachdrücklich und letztlich erfolgreich setzte sich Dr. Johann Friedrich Eich, Gemeinderatsmitglied und Mitglied der II. hessischen Kammer, in Darmstadt sowohl für den Bahnanschluss wie für die Schiffsbrücke ein. Zeitweilig stand zur Debatte, ob nicht die zur Versteigerung angebotenen 27 Kanonenboote der deutschen Bundesflotte als Trägerschiffe erworben werden sollten, wovon aber abgesehen wurde. Im Beisein Großherzog Ludwigs III. wurde die Schiffsbrücke dann am 14. Juni 1855 eingeweiht. Allerdings musste sie für den Schiffsverkehr mehrfach am Tag geöffnet und im Winter bei Eisgang in den »Winterhafen« abgefahren werden. Dennoch verband sie die Stadt mit ihrem wirtschaftlichen Einzugsbereich auf der rechten Rheinseite und schuf eine wichtige Voraussetzung besonders für Pendler aus dem Ried zu den industriellen Arbeitsplätzen. Für Stadtbaumeister Franz Kaus war es indessen das Ende seiner Wormser Tätigkeit, da man ihm vorwarf, bei der Gestaltung der Ehrenpforten anlässlich der Brückenweihe versagt und »die Ehre und das Interesse der Gemeinde« nicht ins rechte Licht gerückt zu haben109.

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Beginn der Stadterweiterung und Bauwesen Die – gemessen an den kurzen Dienstzeiten seiner Vorgänger – mit zwölf Jahren lange Amtszeit von Bürgermeister Heinrich Brück fällt in einen Zeitraum, in dem sich die Stadt zu verändern beginnt. Auf dem den Zustand von 1860 überliefernden Stadtplan von Thon waren noch kaum Bauten außerhalb des Stadtmauerringes zu finden. Das ändert sich jetzt mit zunehmender Geschwindigkeit, was ein von dem Zeichenlehrer und Geometer Otto Rühl 1878 erarbeiteter und gedruckter Stadtplan belegt 110. Die Industriebauten haben an Ausdehnung zugenommen. Der Bahnhof gibt die Stadterweiterungsrichtung nach Westen an, wobei durch die Bahntrasse der ursprünglich vor der Stadt liegende »Neue Friedhof« ebenso wie der Jüdische Friedhof in den nicht mehr durch die alte Stadtmauer begrenzten Innenstadtbereich rücken. Die Bereiche vor den Stadtein- und -ausgängen werden bebaut, so an der Speyerer Straße im Süden, der Alzeyer Straße im Westen und der Mainzer Straße im Norden, aber auch im Rheinüberschwemmungsgebiet vor der östlichen Stadtmauer um den trockengelegten Woog an der so genannten »Neuen Rheinstraße«, der heutigen Ludwigstraße 111. Problematisch bleibt der Rheinuferbereich, in dem trotz großen Raumbedarfs der Stadt weder Industrie- noch Wohnbau möglich ist, weil dort ebenso wie bei den niedrig liegenden östlichen Stadtteilen alljährliche Überschwemmungen drohen. Andererseits besteht noch wenig Interesse am Bau von Hochwasserschutzanlagen, da die Überschwemmung das Wachstum der Rheinwiesen fördert und die städtische Heugrasversteigerung eine der wichtigsten Einkünfte der Stadt darstellt. So wird 1859 der Verzicht auf die Durchführung von dringend notwendigen Baumaßnahmen auf dem Paulusplatz und in der erstmals für Museumszwecke ins Auge gefassten Pauluskirche damit begründet, dass bei der Versteigerung des Heugrases von den städtischen Wiesen ein »Wenigererlös« erzielt worden sei 112. Die Einnahmen aus der Heugrasversteigerung, dem Oktroi, den Kaufhaus-, Schlachthaus- und anderen Gebühren waren insgesamt so gering, dass sich die Stadt Ausgaben für Reparaturen oder Neubauten nur leisten konnte, wenn sie durch staatliche oder private Mittel aufgestockt wurden. Dennoch kam es neben dem Privat- und Industriebau zu einigen von Stadtbaumeister Ludwig Euler betreuten öffentlichen Neubauten113. Unter ihnen sind die Karmeliterschule, das Gymnasialgebäude, das Lazarett und der Rheingewannfriedhof hervorzuheben. Dabei muss, wie schon beim Eisenbahnbau, das Jahr 1874 überschritten werden, weil die bisweilen sehr langen Vorbereitungs- und Planungszeiten mit der Bauzeit als Einheit zu sehen sind und sich nicht in einen vorgegebenen Zeitrahmen pressen lassen. Die Stadtschule (Volksschule) im Barockgebäude des ehemaligen Reichsstädtischen Gymnasiums (heute Bereich Haupteingang Rathaus am Marktplatz) litt bereits 1865 unter akutem Raummangel bei Überbelegung der Klassenräume. Das Gemeinderatsmitglied Markus Edinger schlug deshalb einen Neubau der Knabenschule, den Umzug der Mädchenschule aus der Hagenstraße in das frei werdende Barockgebäude und ein besseres Angebot für die Kleinkinderschule in der Hagenstraße vor. 1871 genehmigte die Regierung den Kauf eines Grundstücks an der »Neuen Schulstraße« (heutige Karmeliterstraße). Eulers 1873 vorgelegte Pläne im Stil der Neorenaissance erfuhren einige Abänderungen, ehe der Gemeinderat seine Zustimmung gab und beim Reichsinvalidenfonds das Geld

B EGINN

DER

S TADTERWEITERUNG

UND

B AUWESEN

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für den Schulhausbau aufnahm. Das Kreisamt stimmte noch im selben Jahr dem Beginn der Erdarbeiten zu. Im März 1874 lag das Ergebnis der Submissionen vor, woraufhin die Auftragserteilung erfolgte. Außen- wie Innenarchitektur führten Wormser Firmen aus. Es entstand ein lang gestreckter, fünfteiliger Bau mit drei Stockwerken, gegliedert durch zwei Außenrisalite und einen durch einen Dreiecksgiebel mit Akroterien hervorgehobenen Mittelrisalit. Das Gebäude besitzt jeweils an den Kopfenden einen Eingang zu einem separaten Treppenhaus, was bei erwünschter Trennung der Geschlechter die Nutzung als Schulhaus für Knaben und für Mädchen ermöglichte. Am 3. Januar 1876 wurde das neue Volksschulgebäude seiner Bestimmung übergeben. Über Mittelgänge waren 27 Klassenräume sowie Funktionsräume (Lehrerzimmer, Kartenzimmer u. a.) zu erreichen. Die Klassenmesszahlen, das heißt die Anzahl der in den einzelnen Klassenräumen unterzubringenden Schulkinder, schwankte zwischen 72 und 81. Sie konnten erst um 1900 nach dem Bau weiterer Schulgebäude in der Küchler-Hofmann-Zeit auf 55 gesenkt werden. Nach 125 Jahren ist die »Karmeliterschule« an der inzwischen in Karmeliterstraße umbenannten ehemaligen »Neuen Schulstraße« noch immer in Betrieb 114. Äußerlich ähnlich, im Parterre mit einem auf der Ostseite durch eine dreiteilige Säulenhalle antik betonten Mittelrisalit architektonisch aufwändiger gestaltet, bietet sich der Neubau für das Großherzogliche Gymnasium dar. Seit 1824 war es an der Wollstraße in unzureichenden baulichen Verhältnissen untergebracht. Nach langjährigen Diskussionen trat 1875 die Planung eines gemeinsamen Gebäudes für Gymnasium und Realschule115 in ein konkretes Stadium. Kontrovers diskutiert wurde die Standortfrage, bis man sich für eine Verlängerung der »Neuen Schulstraße« über die Siegfriedstraße hinaus (heutige Gymnasiumstraße) und einen dort gelegenen Bauplatz entschloss. Wünschen auf eine Reduktion der Planung durch die Regierung gab die Stadtverordnetenversammlung nicht statt, da das Schulgebäude »auf Jahrhunderte« seinem Zweck dienen solle und »auch den Bedürfnissen künftiger Geschlechter Rechnung getragen werden müsse«. Um ihre Auffassung durchzusetzen war die Stadt in gewachsenem Selbstbewusstsein bereit, Eigentümerin des Gebäudes zu werden und als Schuldnerin für den vorgesehenen Staatszuschuss aufzutreten. Am 26. Juli 1877 erfolgte die Grundsteinlegung. Bereits im August 1879 musste das Gymnasium in dem noch unfertigen Gebäude unterkommen. Die offizielle »Schlusssteinlegung« fand am 14. April 1880 statt. Gymnasialdirektor Dr. Adalbert Becker nahm den Anlass wahr, um eine kombinierte Stadt- und Schulgeschichte mit dem Titel »Beiträge zur Geschichte der Frei- und Reichsstadt Worms und der daselbst seit 1527 errichteten Höheren Schulen« vorzulegen. Deren einseitig protestantische Färbung war vermutlich einer der Gründe, die Dompropst Fehr veranlassten, der Einweihungsfeier fern zu bleiben 116. Ebenfalls in der Diskussion befindliche Bauprojekte für die auf Grund eines Reichsgesetzes von 1874 im Jahr 1875 eingerichtete Fortbildungsschule und für einen Hospitalneubau (Krankenhaus) konnten vorerst noch nicht realisiert werden. Gerade ein Krankenhausbau war dringend erforderlich, da das Hospital vor allem als Versorgungshaus diente und dem aktuellen Bedarf nicht mehr genügte. Die Erkenntnis, dass sich der städtische Hospitalarzt Dr. med. Karl Friedrich Raiser unter schlechtesten Bedingungen für seine Patienten aufopferte, veranlasste die Stadtverordnetenversammlung 1878 zur Verleihung der Ehrenbürgerwürde für seinen uneigennützigen Einsatz als Armenarzt 117.

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Im Bereich beidseitig der Promenade im Stadtgraben zwischen Grabenstraße (heute Von-Schoen-Straße) und südlicher Stadtmauerecke am »Luginsland« entstanden zwischen 1874 und 1889 im Auftrag von Mitgliedern der Familien Schoen, Heyl, Reinhart und Werger von auswärtigen Architekten errichtete »Fabrikantenvillen«, zu denen in der Karmeliterstraße die Villa Enzinger hinzukam. In den architektonisch qualitätvollen Bauten, ihrem Standort, ihrer repräsentativen Außen- wie gediegenen Innenausstattung spiegelten sich Selbstbewusstsein und finanzielle Leistungsfähigkeit der Bauherren wider. Als Zeugnisse künstlerischen Bauens und großbürgerlichen Wohnens waren vor allem der von dem Architekten Hermann Pflaume/Köln für Karl Maximilian (Frhr. v.) Heyl errichtete »Majorshof« (1878/79, heute befindet sich dort die Sparkasse) wie der jüngere »Heylshof« im Inneren von Lorenz Gedon gestaltet, der »Mathildenhof« (1880, Südecke Von-Schoen-Straße/Adenauerring) des Fabrikanten Julius Schoen – errichtet durch Gabriel v. Seidl/München und mit fantasievollen Fassadenmalereien des Münchener Künstlers Franz v. Seitz geschmückt –, der von Alfred Friedrich Bluntschli/Frankfurt a. M. und Basel für Cornelius Wilhelm (Frhr. v.) Heyl erbaute »Heylshof« (1884, siehe Abb. 51) sowie an der Karmeliterstraße die von dem Mannheimer Architekten Wilhelm Konrad Manchot für den Brauereiartikelfabrikanten Lorenz Adalbert Enzinger118 erbaute »Villa Enzinger« (1884/85). Als »Spätling« mit der Besonderheit, dass anstelle eines ursprünglich vorgesehenen gotisierenden Baus durch spontane Planänderung eine neuromanische Villa entstand, ist »Werger’s Schlösschen« (1889) zu nennen, gelegen an optisch pointierter Stelle oberhalb der hier nach Norden abknickenden Stadtmauer (heute Willy-Brandt-Ring), geplant für den Brauereibesitzer Karl Werger (»Apostelbräu«) von dem Mannheimer Architekten Gustav Vetter. Kriegszerstörung (1945), Umnutzung und an ihrer Stelle errichtete Neubauten haben diese »Fabrikantenvillen«, welche die Beziehungen zwischen Worms und künstlerischen Zentren wie Köln und München ebenso widerspiegelten wie sie Auswirkungen auf den öffentlichen Bau nach sich zogen, bis auf wenige, zudem reduzierte Reste (»Heylshof«, »Villa Enzinger« und »Werger’s Schlösschen«) verschwinden lassen119. Eine öffentliche Planungs- und Bauaufgabe stellte sich im Friedhofsbereich. Der westlich vor der Stadt auf dem »Liebenauer Feld« gelegene, im Laufe der Zeit als »Neuer Friedhof«, Bahnhofsfriedhof, Alter Friedhof und Albert-Schulte-Park (nach einem Bürgermeister der 1920er Jahre) genannte erste Kommunalfriedhof der Stadt war 1840 eingerichtet und 1856 mit einer Leichenhalle ausgestattet worden. 1874 sah man nach dem Bau der Eisenbahnlinie Mainz-Worms-Ludwigshafen, wegen der ihn im Norden tangierenden, für den Verkehr mit dem Umland wichtigen Gaustraße und aus hygienischen Gründen wegen zu naher Lage bei der wachsenden Stadt von seiner Erweiterung ab, zudem der Friedhof infolge des raschen Anwachsens der Bevölkerung und der sich daraus ergebenden höheren Bestattungszahlen völlig belegt war. Bei der Suche nach einem geeigneten Friedhofsgelände erwies sich die geringe Größe der Stadtgemarkung und der in ihr dafür nutzbaren Flächen als Nachteil. Trotz zahlreicher Einsprüche von Bürgern sowie Warnungen vor Überschwemmung und zu hohem Grundwasserstand sah der Gemeinderat keine andere Möglichkeit, als auf der Ostseite der Mainzer Straße unmittelbar vor der nördlichen Grenze der Stadtgemarkung den »Rheingewannfriedhof« anlegen zu lassen.

D AS E RWACHEN

DES HISTORISCHEN

I NTERESSES

UND SEIN KONFESSIONELLER

H INTERGRUND

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Abb. 51: Heylshof, Gartenseite (vor 1945)

Er konnte einschließlich der von Euler erbauten Leichenhalle am 4. November 1878 durch Bürgermeister Heimburg seiner Bestimmung übergeben werden. Auf dem »Alten Friedhof« erfolgten in den Folgejahren nur noch Bestattungen in Familiengräbern wie des Präsidenten des Lutherdenkmal-Bauvereins Dekan Eduard Keim. Da sich die Bedenken gegen die Anlage des Friedhofs in der Rheingewann bald als begründet erwiesen, wurde auf die ursprünglich vorgesehene Erweiterung nach Osten verzichtet. Die Lösung der vielfach kritisierten Situation fällt in die Zeit um 1900 mit der Planung und Anlage des Friedhofs auf der Hochheimer Höhe120.

Das Erwachen des historischen Interesses und sein konfessioneller Hintergrund Das mittelalterliche Worms mit seinen bedeutenden kirchlichen und profanen Bauten hatte während des 17. Jahrhunderts im Dreißigjährigen Krieg in den zwischen innerer Stadtmauer und äußerem Wall gelegenen südlichen und nördlichen Vorstädten, vor allem aber durch die Katastrophe der Stadtzerstörung im so genannten Pfälzischen Erbfolgekrieg für die Kernstadt schwere Schäden hinnehmen müssen. Eine Reihe von das Stadtbild prägenden Gebäuden wie die »Münze« am Marktplatz oder die noch lange als Ruine südlich des St. Martinsstifts stehende St. Lambertikirche121 wurden nicht wieder aufge-

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baut. Auch ein Ersatz durch Neubauten erfolgte nicht, weil in der auf wenige tausend Einwohner geschrumpften Stadt neben Geldmangel kein Bedarf bestand 122. Der Wiederaufbau vollzog sich meist im Stil des Barock. Doch blieben wesentliche Teile des romanischen Worms bei Dom, Kirchen-, Stifts- und Klosterbauten erhalten. Gerade hier aber brachte die politische Wende um 1800 mit den französischen Nationalgüterversteigerungen den nächsten Verlust an älterer Bausubstanz. Teile des Dombezirks wie die Johanniskirche, der Kreuzgang oder der Bischofshof, Kirchen, Kapellen, Stifte und Klosteranlagen verschwanden entweder ganz oder blieben nur erhalten, um einer militärischen Nutzung zugeführt zu werden. Ausführlich hat das Eugen Kranzbühler in seinem grundlegenden Buch über »Verschwundene Wormser Bauten« (1905) dokumentiert123. Im profanen Bereich erfuhr die mittelalterliche Stadtmauer mit ihren Pforten während des nahezu gesamten 19. Jahrhunderts eine durch kommerzielle Interessen, Bemühungen um die Stadterweiterung und nicht zuletzt Geringschätzung der historischen Substanz bestimmte Reduktion. Literarisch hat sich der französische Dichter und Rheinreisende Victor Hugo dazu geäußert. Optisch belegen es die Zeichnungen von Friedrich Wilhelm Delkeskamp, in denen die zahlreichen unbebauten Flächen inmitten der Stadt auffallen. Hugo gibt seinen Eindruck lapidar wieder: Eine sterbende Stadt. Welch feierliches, aber trauriges Bild, um es dann ins Romantische zu wenden: Trotz alledem, vielleicht gerade deshalb, ist Worms, umschlossen von dem doppelten Horizont der Vogesen 124 und des Taunus, umgeben von dem eingefallenen Mauerkranz und dem frischen Grün seiner Umwallung, eine wunderschöne, merkwürdige und sehenswerte Stadt125. Eine seltene Ausnahme bildete 1838 die Bemühung des Gemeinderates um die Erhaltung des Torturms, den Kreisbaumeister Johann Anton Waibler im Rahmen einer Verbindung der »Neuen Rheinstraße« (heute Ludwigstraße) mit der Ludwigstraße (heute Hagenstraße) abtragen lassen wollte, der aber nach Auffassung des Gemeinderates zu den wenigen übriggebliebenen Denkmälern gehört, welche die ehemalige Größe der alten Stadt Worms bezeichnen. Durch eine Planänderung konnte der Turm gerettet werden126. 1851 legte der Gemeinderat fest, dass beim Abbruch von Teilen der Stadtmauer gefundene wertvolle Altertümer im Stadthaus abzuliefern seien. Dort hatten im Innenhof bereits einige römische Grabsteine, Wappensteine und dergleichen Aufstellung gefunden, für die zwar eine geeignete Unterkunft gesucht wurde, aber bisher nicht gefunden werden konnte 127. Unter dem späteren Gründungs-Vorsitzenden des Altertumsvereins, dem historisch interessierten Bürgermeister Friedrich Heimburg, verabschiedete die Stadtverordnetenversammlung noch 1874 eine Preisstaffel für den Verkauf von Stadtmauerteilen 128. Diesem Ausverkauf hatte bereits der sich für historische Baudenkmäler engagierende Kreisrat v. Dalwigk entgegenzuwirken versucht. Das sollte sich für die Pauluskirche positiv auswirken 129, während seinen Bemühungen um die Erhaltung des im 18. Jahrhundert erneuerten »Mainzer Tores« am nördlichen Stadteingang zur Kämmererstraße (heute Martinspforte), vergleichbar mit entsprechenden Anlagen in Frankenthal und Landau, gegen den Willen des die Beseitigung fordernden Gemeinderates nicht gelang. Es handelte es sich allerdings um eine für den Verkehr aus und nach Mainz kritische Engstelle. Der Kampf währte von 1842 bis 1864, dann konnte Bürgermeister Brück mitteilen, der Großherzog habe dem Abbruch zugestimmt130.

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Solcher Zurückhaltung gegenüber der Erhaltung »altertümlicher« Bausubstanz steht dennoch ein wachsendes historisches Interesse gegenüber, das sich schließlich auch positiv auf die Rettung des Überlieferten auswirken sollte. Das lässt sich an Privatsammlungen wie jener des »anakreontischen Menger«, eines einer reformierten Familie entstammenden Kunst- und Altertümersammlers namens Johann Adam Menger (1775 – 1836), von Beruf Schiffer und Holzhändler, sowie jener des ebenfalls reformierten Bäckers, Weingutsbesitzers, 1848/49 politisch engagierten Kommunalpolitikers sowie Kunst- und Antiquitätensammlers Johann Philipp Bandel (1785 –1866) aufzeigen131. Allerdings zeigt das Schicksal ihrer Sammlungen, dass man in Worms damit wenig anzufangen wusste. Mengers Sammlung wurde zerstreut, weil er in wirtschaftliche Not geriet und niemand da war, der sich dafür interessierte. Bandels Sammlung wurde 1864 anlässlich seiner Übersiedlung in die Schweiz der Stadt angeboten, doch nahm der Gemeinderat dazu keine Stellung. Dr. Lindenschmit, der Konservator des Römisch-GermanischenMuseums in Mainz, hielt schriftlich fest, dass Bandel seine Alterthümer zuvörderst der Stadt Worms zum Ankaufe angeboten, aber sich verpflichtet hat für den Fall einer Ablehnung, welche sicher vorauszusehen ist, unserem Vereine die Vorhand zu lassen … Die wichtigen Wormser Denkmäler sind also gerettet, wenn auch mit äußerster Schwierigkeit und nur durch Privatmittel. Für Worms waren sie verloren132. Es sollte sich erweisen, dass, vergleichbar anderen oberrheinischen Städten, erst die immer dringender geforderte Gründung eines Altertumsvereins und eines Museums das Abwandern von Altertümern und Artefakten beenden konnte133. Der politischen Hochspannung der Jahre 1848/49 folgte zu Beginn der 1850 Jahre die erzwungene Ruhe der Reaktionszeit. Etliche Bürger wandten sich neben ihren Geschäften jetzt der Erhaltung historischer Denkmäler zu, wobei sich eine konfessionelle Orientierung beobachten lässt. Mit am frühesten wurden die Katholiken aktiv. Infolge der kirchlichen Reduktion auf Dom und St. Martin waren es diese beiden Gemeinden, denen die Durchführung von seit Jahrzehnten notwendigen Sanierungsarbeiten zufiel 134. Hinweise des Domkirchenvorstands auf die bedrohliche Situation der ehemaligen Kathedrale und jetzigen Pfarrkirche bereits 1851 sowie erste Vorschläge zu ihrer Behebung 1855 führten 1856 zur Gründung eines Dombauvereins. Seinem Vorstand gehörten der Kreisrat, der Bürgermeister, die beiden katholischen Pfarrer (Dom und St. Martin) und fünf unständige Mitglieder an. Großherzog Ludwig III. übernahm die Schirmherrschaft. Ein Spendenaufruf des Vereins hatte jedoch zunächst nur geringen Erfolg135. In den Folgejahren arbeitete der Mainzer Provinzialbaumeister Rudolf Opfermann einen Sanierungsplan für den Westchor aus, der wegen seiner beanstandeten Eingriffe in die Substanz – so sollte die große Rose verkleinert werden – nur zur vorläufigen Sicherung durch Eisenbänder führte. Daneben kam es zu kleineren Reparaturen am gesamten Gotteshaus sowie zur Wegnahme der barocken welschen Haube über dem Chorturm und ihre Ersetzung durch ein geschiefertes Zeltdach. Im Inneren wurden die Seitenkapellen restauriert. Daran beteiligt war neben Propst Philipp Jakob Fehr und dem früheren Bürgermeister Brück auch der Weinhändler Franz Valckenberg, der 1876 zum Abschluss ein historistisches Buntglasfenster für die Marienkapelle stiftete. In den Folgejahren kam es zu weiteren Stiftungen von Buntglasfenstern auch für die Kapellen auf der Südseite136. Glück-

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licherweise unterblieb die diskutierte Beseitigung der auf Balthasar Neumann zurückgehenden Chorausstattung samt des von ihm geschaffenen Hochaltars zu Gunsten einer zweifelhaften »Reromanisierung«, die auch noch später ab und an herumspukte. Den entscheidenden Schritt voran brachte eine Initiative von Propst Fehr (1837–1901, Propst am Dom 1870 –1900). Er reorganisierte 1884 das zeitweilig untätig gewesene Dombaukomitee, sorgte für die Anfertigung qualifizierter Fachgutachten und erreichte, trotz eines »mehr oder weniger fundierten, aber um so heftiger geführten Streits in der Fachpresse«, 1892 die Berufung eines Kunstrates, der sich aus Vertretern der Kunst- und Architekturwissenschaft, Regierungsbeamten, katholischen Geistlichen einschließlich Dompropst Fehr und Prälat Dr. Schneider sowie Maximilian Frhr. v. Heyl 137 als Kunstkenner und Vertrauten des Großherzogs zusammensetzte. Die Zweite Kammer in Darmstadt bewilligte einen bedeutenden Baukostenzuschuss. Stadtbaumeister Karl Hofmann, seit 1892 Dombaumeister und ab 1897 Professor an der TH Darmstadt, wurde dazu ausersehen, das Werk der Erhaltung des Domes auszuführen. Seine kühne Absicht, den Westchor nach Markierung der Steine abzutragen, neu zu fundamentieren und dann möglichst mit dem alten Steinmaterial wieder aufzubauen, war heftig umstritten. Doch setzte sich Hofmann schließlich durch, was ihm nach vollendetem Werk Hochachtung und Anerkennung einbrachte. Als die Arbeit 1906 abgeschlossen war, bekannte Prof. Gabriel v. Seidl/München, der bis zuletzt gegen die Abtragung gekämpft hatte, die volle Schönheit und Ehrwürdigkeit des Westchores ist pietätvoll bewahrt worden. Dieser Einschätzung schloss sich Rudolf Kautzsch im Domwerk von 1938 an138. Ebenfalls einen frühen Ansatz zeigt das Bemühen der Jüdischen Gemeinde um die Erhaltung und die Verbesserung der baulichen Verhältnisse von Synagoge, Mikwe und Judenfriedhof. Mit dem Dienstantritt des Predigers Dr. Ludwig Lewysohn kam es nach Jahren innerer Spannungen zur Rückbesinnung auf Geschichte und Tradition der Gemeinde. 1853 wurde ein »Comité zur Renovierung alter Denkmäler in der israelitischen Gemeinde Worms« gegründet. Ziel war in erster Linie die Erhaltung der gefährdeten Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof, was sowohl durch einen Aufruf an Juden innerhalb und außerhalb von Worms wie durch eine Veröffentlichung über 60 besonders wichtig erscheinender Grabsteine, die Lewysohn 1855 vorlegte, erreicht werden sollte. Zugleich ging es um eine bauliche Verbesserung der Synagoge und der zu ihr gehörigen Nebengebäude, der so genannten Raschi-Kapelle (Lehrhaus) sowie des ehemaligen Tanzund Hochzeitshauses südlich der Synagoge, des späteren jüdischen Altersheims und, nach seiner Erneuerung auf den mittelalterlichen Fundamenten, des heutigen RaschiHauses. Diese Initiative führte zwar erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur Einrichtung eines Museums im Synagogenvorbau, regte aber frühzeitig Sammeltätigkeit in der fast tausendjährigen jüdischen Gemeinde an 139. Als es um 1870 erneut zu Spannungen zwischen liberalen und orthodoxen Gemeindemitgliedern kam, reagierte der Fruchthändler Leopold Levy mit dem Umbau seines bisherigen Getreidespeichers in der Judengasse in eine Synagoge. Die 1875 eingeweihte »Levy’sche Synagoge« besaß eine strengere Innengestaltung und stand traditionellen Juden für ihren Gottesdienst zur Verfügung. Um der Einheit willen legte Levy fest, dass sie stets Eigentum der Hauptgemeinde bleiben solle. Formal zeigte das kleine, in die nördli-

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che Häuserzeile eingefügte Gebäude durch neuromanische Formen einen Rückgriff auf die Tradition der Alten Synagoge140. Bemühungen um eine Sanierung und möglichst wieder kirchliche Nutzung der Pauluskirche, die ebenso wie die Liebfrauenkirche zur Martinspfarrei gehörte141, wurden bereits erwähnt. Die Stadtratsprotokolle und die Protokolle der Martinsgemeinde belegen den langen, von gegensätzlichen Interessen und Geldknappheit begleiteten Weg bis zur Rettung der Kirche durch die Initiativen von Männern wie dem Kreisrat v. Dalwigk 142, Karl Maximilian (Frhr. v.) Heyl, Prälat Dr. Friedrich Schneider sowie dem Münchener Künstler Lorenz Gedon einerseits und dem Martinspfarrer Nikolaus Reuß andererseits. Aber während die Männer um Heyl vor allem denkmalpflegerische Überlegungen und die Gewinnung eines würdigen Rahmens für ein projektiertes Museum bestimmten, wollte Reuß ein Gotteshaus zurückgewinnen. Infolge ihrer schlechten finanziellen Ausstattung war die Gemeinde auf die Vermietung sowohl der Kirche wie der Stiftsgebäude an Handwerker oder als Magazin und des Gartens als Gärtnereibetrieb angewiesen. Victor Hugo beschreibt 1838 das Innere der Kirche als Werkstatt eines Küfers143. Den Garten benutzte zeitweilig die Turngemeinde von 1846 für ihre Übungen, sodass um 1860 der Wunsch aufkam, die Kirche als Turnhalle nutzen zu können. Das lehnten das bischöfliche Ordinariat und die Martinsgemeinde jedoch ab144. Frühe Ansätze einer partiellen musealen Nutzung, angeregt durch den Fund mittelalterlicher Brakteaten in einem Sarkophag vor dem Kirchenportal, scheiterten an der miserablen Finanzlage der Stadt und dem auf die Wiederherstellung der Liebfrauenkirche in der nördlichen Vorstadt fokussierten Interesse von Pfarrer Reuß. Zwei solcher Vorhaben waren bei nur geringer finanzieller Unterstützung durch Diözese, Großherzogtum und Stadt nicht zu realisieren. Bei der Verstrickung in Überlegungen zur Platzgestaltung, zum Paulusstraßenausbau und zu einem Museumsprojekt konnte die Rettung nur durch das bürgerliche und persönliche Engagement des stillen Teilhabers der Lederwerke Heyl AG und Kunstfreundes, des einer reformierten Familie entstammenden evangelischen Karl Maximilian (Frhr. v.) Heyl erreicht werden. Dass dabei konfessionell geprägte unterschiedliche Auffassungen zu mancherlei Schwierigkeiten und auch zu dem Seufzer von Reuß führten Ich wollte, ich hätte es nicht gemacht (Heyl und dem Altertumsverein die Kirche als Museum vermietet) 145, kann in einer Zeit, die inzwischen von Historikern einem »zweiten konfessionellen Zeitalter« zugerechnet wird146, nicht verwundern. Vom Ergebnis aller Bemühungen her ist aber festzuhalten, dass das inzwischen tausendjährige Gotteshaus erhalten blieb und schließlich nach dem Zwischenspiel als »Paulusmuseum« zur Klosterkirche der Dominikaner werden konnte. Maximilian Frhr. v. Heyl und der Altertumsverein haben damit auch das in seiner Substanz bedrohte ehemalige Andreasstift samt Kirche gerettet. Sie wurden nach dem Übergang von St. Paulus an die Dominikaner zum »Museum der Stadt Worms« umgebaut und erfüllen diese Funktion noch heute147. Bis 1862/63 waren nach Ausweis der Kirchenvorstandsprotokolle der Martinsgemeinde in jeder Sitzung Angelegenheiten der Pauluskirche behandelt worden. Spätestens 1865 tritt sie jedoch völlig in den Hintergrund. Die Protokolle spiegeln nur noch die Bemühungen von Pfarrer Reuß um eine Wiederherstellung der in der nördlichen Vorstadt gelegenen gotischen Liebfrauenkirche. Sie hatte im frühen 19. Jahrhundert ihre Funk-

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tion als Gemeindekirche verloren. Reuß ging es neben der baulichen Sicherung darum, sie wieder als Gotteshaus zu nutzen. Dazu trug unter anderem die Veranstaltung von Konzerten des Kölner Domchors bei. An der Wiederherstellung der Liebfrauenkirche beteiligten sich nicht nur das Ordinariat in Mainz und, nach einer Audienz von Bürgermeister Brück bei Großherzog Ludwig III. in Darmstadt, das hessische Innenministerium über den Schulbaufonds, sondern auch zahlreiche Wormser beider christlicher Konfessionen. Am Sonntag, dem 6. September 1868, konnte die Liebfrauenkirche ihrer gottesdienstlichen Funktion zurückgegeben werden, auch wenn die Wiederherstellungsarbeiten noch nicht abgeschlossen waren. Pfarrer Reuß gilt mit Recht als der Retter der Liebfrauenkirche. Seine Verdienste würdigte die Stadt Worms 1884 anlässlich seines Goldenen Priesterjubiläums durch die Verleihung der Ehrenbürgerwürde. Nach fünf Protestanten wurde diese Ehre damit erstmals einem Katholiken zuteil148. Ebenfalls 1868 konnten die Protestanten in Worms ihr Lutherdenkmal enthüllen. In der mehrheitlich evangelisch-unierten Stadt gab es in der lutherischen Dreifaltigkeitskirche von 1725 ein Wandgemälde von Johann Martin und Ludwig Seekatz mit Darstellung von Luthers Erscheinen vor Kaiser Karl V. am 18. April 1521. Im frühen 19. Jahrhundert kam der Gedanke auf, Luther ein Denkmal zu errichten. Als Initialzündung erwies sich ein Artikel im Frankfurter Journal vom 19. Juni 1856, wonach in Worms, vermutlich in der Kasinogesellschaft, der Vorschlag gemacht worden sei, Luther an der Stelle, wo er sein kühnes Wort gesprochen habe, eine gotische Kapelle mit einer Kanzel zu erbauen. Daraufhin berief Pfarrer Eduard Franz Keim (1801–1880)149 den Kirchenvorstand ein, woraus sich die Gründung eines Lutherdenkmal-Bauvereins ergab. In den folgenden Monaten gelang es, die Zustimmung des Ministeriums des Inneren in Darmstadt zu erhalten, dem Glaubenshelden Dr. Martin Luther ein großartiges Standbild von Erz auf dem Marktplatz vor der Dreifaltigkeitskirche zu errichten. Pfarrer Keim und Dr. Johann Friedrich Eich (1812 – 1879) wurden zu Präsidenten des Vereins gewählt, wobei Eich die eigentliche treibende Kraft war. Der evangelische Großherzog Ludwig III. von Hessen und bei Rhein übernahm die Schirmherrschaft. Ehrenpräsidenten wurden der Präsident des Oberkonsistoriums in Darmstadt Dr. Heinrich Karl Jaup und der Mitgründer der hessischen Gustav-Adolf-Stiftung, Dr. Karl Zimmermann. Damit gewann das Unternehmen eine starke Förderung durch die staatliche und kirchliche Spitze des Großherzogtums 150. Auf Vorschlag des Bildhauers Daniel Rauch wandte man sich ohne Ausschreibung an dessen Schüler Ernst Rietschel in Dresden (1804 –1861), der den Auftrag mit dem bemerkenswerten Hinweis annahm, er wolle das Denkmal auch zu einer stillen und gerechten Achtung der Katholiken schaffen. Anstelle einer Kanzel mit Lutherfigur schlug er eine Darstellung des ganzen Reformationsgeschehens vor, zielte also auf ein Reformationsdenkmal. Dem stimmte man in Worms begeistert zu. Architektonisch liegt ihm die Vorstellung der »festen Burg« mit Türmen und Zinnen zu Grunde. In drei Zeitebenen werden dargestellt: das Bemühen um eine Kirchenreform (»Vorreformatoren« Petrus Waldus, John Wiclyf, Jan Hus und Hieronimus Savonarola), das Reformationszeitalter durch Personen (Luther, die Fürsten Friedrich der Weise von Sachsen und Philipp von Hessen, die Humanisten Melanchthon und Reuchlin), Textstellen, auf Luthers Forderungen bezogene Bilder, Medaillons und Wappen sowie die Folgen von Luthers Auftreten (Protesta-

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Abb. 52: Lutherdenkmal, errichtet 1868 (Foto um 1900)

tion zu Speyer 1529, Confessio Augustana 1530 und Augsburger Religionsfriede 1555, Zerstörung Magdeburgs 1631 im Dreißigjährigen Krieg). Da Rietschel 1861 starb, haben seine Schüler Adolf Donndorf, Gustav Kietz und Johannes Schilling das Werk vollendet. Die Architektur schuf Hermann Nicolai. Wegen des Umfangs des Denkmals kam eine Aufstellung vor dem Eingang der Dreifaltigkeitskirche nicht infrage. Nach längeren Standortdiskussionen sprach sich 1864 eine auf Bitte des Denkmalbauvereins zusammengetretene Gruppe von Kunsthistorikern und Bildhauern für den unbebauten Bereich südlich vor dem Neutor aus, wie es der Verein bereits vorgeschlagen hatte 151. Die dreitägigen Enthüllungsfeiern brachten rund 100 000 Menschen nach Worms. Die eigentliche Enthüllung fand am 25. Juni 1868 statt. Begeistert wurde die Anwesenheit König Wilhelms von Preußen, des nachmaligen deutschen Kaisers Wilhelm I., begrüßt. Am musikalischen Abschluss in der Dreifaltigkeitskirche, einer Aufführung des Oratoriums »Paulus« von Felix Mendelssohn-Bartholdy unter Leitung von Vinzenz Lachner, beteiligten sich »länderübergreifend« neben namhaften Solisten die Mannheimer Hofkapelle, das Städtische Orchester Heidelberg sowie 350 Sängerinnen und Sänger der Gesangvereine von Alzey, Darmstadt, Frankenthal, Frankfurt, Heidelberg, Mainz, Mannheim, Neustadt, Speyer und Worms. Die Gelder für das als »Weltdenkmal der Reformation« betrachtete Werk hatten Protestanten weltweit aufgebracht152. Dekan Keim und Dr. Eich verlieh der

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Gemeinderat einstimmig die Ehrenbürgerwürde. Sie waren die ersten Träger dieser höchsten von der Stadt zu verleihenden Ehrung 153. Im Gegensatz zu der pro-österreichischen Einstellung der Regierung v. Dalwigk zeigten sich die Wormser, zumal nach dem Krieg von 1866, deutlich als Anhänger der erhofften Reichseinung. In die allgemeine Festesfreude der Bürgerschaft über das Lutherdenkmal als eines »deutschen Nationaldenkmals« 154 scheinen die Wormser Katholiken zunächst weitgehend eingebunden gewesen zu sein 155. Zur Finanzierung haben möglicherweise nicht nur evangelische, sondern in kleinerem Umfang auch katholische und jüdische Bürger beigetragen, die auch repräsentativ zur Enthüllung eingeladen wurden 156. Allerdings kam es im Anschluss daran zu einem Eklat. Der katholische Bürgermeister Brück hatte das Motto seines Grußwortes einer Rede des Schweizer Historikers Johannes von Müller zu Ehren Friedrichs des Großen entnommen und Luther eine bedeutende historische Persönlichkeit genannt sowie, mit einem Zitat von Johann Gottfried Herder, als einen patriotischen großen Mann bezeichnet. Auf die Trennung der Konfessionen war er mit keinem Wort eingegangen 157. Daraufhin wurde ihm vorgeworfen, dass dies mit den Pflichten wahrer Katholizität nicht zu vereinbaren sei. Als 1869 die Wiederbesetzung der Position eines ständigen Kirchenvorstandsmitglieds durch eine Persönlichkeit aus dem Gemeinderat anstand und Brück erneut vorgeschlagen wurde, lehnten das die Kirchenvorstände von Dom und St. Martin glatt ab. Ihre Auffassung teilten sie schriftlich dem Innenministerium in Darmstadt mit. Zugleich forderten sie den katholischen Beigeordneten Jakob Friedrich Graul zur Kandidatur auf. Dieser stellte sich jedoch hinter Brück, sodass die Kirchenvorstände schließlich nachgaben 158. Bereits vor der Brück-Kontroverse gab es Stellungnahmen von Katholiken gegen ihre Benachteiligung im gesellschaftlichen und kulturellen Leben. Katholische Eltern hatten 1846 die Forderung erhoben, am konfessionsneutralen Gymnasium den Geschichtsunterricht getrennt für katholische und evangelische Schüler zu erteilen. Während die Regierung in Darmstadt den Gedanken nicht rundweg ablehnte, sprach sich der Wormser Gemeinderat, in dem auch Katholiken vertreten waren, einstimmig dagegen aus. Er wandte sich mit der Bitte um Ablehnung des Ersuchens an das Kreisamt und hatte damit Erfolg159. 1872 erfuhr der Gemeinderat aus der Zeitung – vermutlich aus dem »Rheinischen Merkur« – von der Absicht, den 1871 gegründeten Domchorverein zu einem »katholischen Casino« zu erweitern. Es solle dadurch den Katholiken in Worms die Möglichkeit geboten werden, in geselligen Kreisen verweilen zu können, ohne von diesem oder jenem Tischnachbarn eine Verhöhnung ihres Glaubens befürchten zu müssen 160. Hinter dem Affront stand offenbar die katholische Geistlichkeit, was Äußerungen von Pfarrer Reuß im Zusammenhang mit der Nutzung der Pauluskirche ebenso nahe legen wie das Verhalten von Dompropst Fehr anlässlich der Einweihung des neuen Gymnasialgebäudes. Der gemischtkonfessionell zusammengesetzte Gemeinderat unter der Leitung von Brück sah in dem Artikel eine Störung des konfessionellen Friedens sowie eine Beleidigung der mehrheitlich nichtkatholischen Bevölkerung. Zugleich enthalte er eine Spitze gegen die Kasinogesellschaft, in der die Wormser Oberschicht ohne Unterschied der Konfession gesellig zusammenkam161. Nach Absprache mit einigen Mitgliedern des Domchorvereins, die mit dem Artikel ebenfalls nicht einverstanden waren, bestand der Gemeinderat auf einer Ge-

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gendarstellung in den beiden Wormser Blättern, der konservativen »Wormser Zeitung« und dem liberalen »Rheinischen Merkur«162. Der Konfessionsfrieden sollte gesichert werden, und sei es durch Unterdrückung einer Minderheitsauffassung. Mit gefördert durch die Euphorie der Denkmalseinweihung samt ihren nationalprotestantischen Tönen 163 kam es im Dezember 1868 zur Gründung eines Wormser Protestantenvereins. Er richtete im Mai 1869 eine von zahlreichen Teilnehmern aus dem südwestdeutschen Raum besuchte »Protestanten-Versammlung« aus. Anlass war die Aufforderung von Papst Pius IX., die Protestanten sollten in die katholische Kirche zurückkehren. In einem Thesenpapier gegen ultramontane Angriffe und Anmaßungen rief die Versammlung die Katholiken dazu auf, sich im Kampfe gegen den uns mit ihnen gemeinsamen Feind des religiösen Friedens, der nationalen Einigung und der freien Culturentwicklung mit den Protestanten zusammenzutun164. Damit traten die bisher weniger spektakulär bemerkbar gewordenen konfessionellen Spannungen deutlich zu Tage 165.

Vereinswesen, Arbeitervereine und politische Parteien Die Vielfalt des Wormser Vereinswesens lässt sich im Adressbuch von 1867 anhand der Unterabteilung »Gesellige, musikalische, wissenschaftliche und wohltätige Vereine« aufzeigen166, obgleich darin keinesfalls alle zu diesem Zeitpunkt bestehenden Vereine aufgeführt sind. Es fehlen Vereinigungen mit politischer, konfessioneller, musikalischer oder sonstiger Zielsetzung 167. Genannt werden rund 40 Vereine. Davon sind zehn Kranken- und Bestattungsvereine, zu denen noch je ein israelitischer Männer- und ein Frauen-Kranken-Verein hinzu zu zählen ist, sodass ein Bedarfsschwerpunkt angesprochen wird. Acht Vereine gehören in den Bereich Geselligkeit, darunter die 1781 gegründete und 1808 unter dem Namen »Zum wiedererbauten Tempel der Bruderliebe« erneuerte Freimaurerloge168 und die nur zwei Jahre jüngere, ursprünglich als Lesegesellschaft gegründete und im Wormser gesellschaftlichen Leben eine einflussreiche Rolle spielende Kasinogesellschaft sowie ein weiterer Leseverein169. Zum Bereich Wohltätigkeit gehören sechs Vereine, darunter ein Frauenverein und drei jüdische Vereine170. Der Musikausübung (Gesang) widmen sich drei Vereine, Turnen bzw. Sport ist mit der Turngemeinde von 1846 und dem Schützenverein zweimal vertreten171. Je einen eigenen Konsumverein unterhalten die Heyl’sche Lederfabrik und die Wollgarnspinnerei. Angeführt wird ein auswärtiger Verein für Altertumskunde172 und der Stenografen-Verein von 1864 173. Weniger in das bisher aufgezeigte Spektrum gehören der Vorschuss- und Kreditverein174, der Lokal-Gewerbeverein175, die Gewerbehalle176 und der Rohstoffverein der Schuhmacher. Neugründung von Vereinen, Auflösung, Namensänderung und dergleichen ändern das Vereinsspektrum ständig. Ihre Erfassung ist neben den nicht ganz zuverlässigen Adressbüchern über die Akten des Kreisamtes und der Stadt möglich. Weiterhin gibt es eine große Zahl von Fest- und Jubiläumsschriften, die in unterschiedlicher Qualität und Zuverlässigkeit Auskunft geben177. Nur selten erfassen lassen sich private Zirkel und

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Stammtische, die jedoch bisweilen den Ursprung von Vereinsgründungen bilden. So ist der 1859 gegründete Mannheimer Altertumsverein auf nach dem Brand einer Bettfedernfabrik gemachte Funde von römischen Tongefäßen, Münzen und Tierknochen zurückzuführen, die in die Hände einer Stammtischrunde gelangt waren und zur Gründung des Vereins führten178. Auf private Zusammenkünfte oder Treffen in Gaststätten gehen die Anfänge der seit den 1840er Jahren und besonders 1848/49 hervortretenden Arbeitervereine und politischen Vereine zurück 179. Im Arbeitermilieu verfügte kaum jemand über Räume, in denen mehrere Personen sich treffen konnten. Daher spielten »Wirtschaften«, ob nur mit Tresen oder kleinem Nebenzimmer, wie sie sich in den Wohngebieten der Arbeiterbevölkerung östlich der Römerstraße fanden, eine wichtige Rolle 180. Neue Zusammenschlüsse von Arbeitern lassen sich in den 1860er Jahren während der Amtszeit von Bürgermeister Brück beobachten. 1863 findet sich ein Hinweis auf einen rund 80 Mitglieder zählenden »Arbeiterbildungsverein«, der einen Delegierten zum Frankfurter Arbeitertag entsandt hatte. Diese Ansätze gewerkschaftlicher Tätigkeit stießen auf starken Widerstand der Unternehmer und der Handelskammer und wurden in den 1870er Jahren weitgehend zerschlagen 181. Eine sozialdemokratische Kernzelle bildete sich zur gleichen Zeit um den Zigarrenmacher Georg Jäger. Im Handelskammerbericht 1869/71 wird die Mitgliederzahl seines Sozialistenvereins als sehr gering bezeichnet. Doch im November 1868 hielten die Lassalleaner, durch Agitatoren aus Mainz, Wiesbaden, Mannheim und Offenbach verstärkt, im Gasthaus »Zum Schwanen« in der Kämmererstraße zwei Versammlungen mit großer Teilnehmerzahl ab 182. In der Diskussion traten ihnen die Fabrikanten und Gemeinderäte Doerr und Edinger sowie der Prokurist der Wollgarnspinnerei Valckenberg & Schoen, Julius Nett, entgegen183. In Konfrontation zu den Bemühungen um die Gründung eines Wormser Zweiges des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins kam es am 23. November 1868 im Worrett’schen Saal zur Bildung eines Arbeiterbildungsvereins, der offenbar nichts mit dem gleichnamigen Verein von 1863 zu tun hat. Gründer war der Schriftsetzer Constantin Schäfer, der sich auf die bewährten Grundsätze und Lehren von Schultze-Delitzsch und Genossen berief und wenig von Staatshilfe, Agitation und Lassalle hielt. Auch bei dieser Veranstaltung trat Nett auf und bezeichnete abwertend die Theorien Lassalles als eine verlockende Anweisung ohne Einlösungstermin 184. In § 1 der Satzung des Schäfer’schen Arbeiterbildungsvereins wird als Vereinszweck die geistige und sittliche Bildung des Arbeiterstandes, die Wahrung und Förderung seiner materiellen Interessen und die gegenseitige Unterstützung in Krankheits- und Notfällen angegeben. Nicht durchhalten ließ sich die angestrebte parteipolitische Neutralität. Als der Arbeiterbildungsverein zunehmend unter den Einfluss der Wormser Nationalliberalen Heyl’scher Prägung geriet, trat Schäfer 1880 als Vorsitzender zurück 185. Die Spaltung der Arbeiterorganisation aufgrund der Abhängigkeit vom Fabrikherrn führte dazu, dass noch 1905 in Worms nur 1,6 Prozent der Lederarbeiter, hingegen 59 Prozent der Holzarbeiter gewerkschaftlich organisiert waren 186. Auf dem Gründungskongress der Sozialdemokratischen Partei in Eisenach vom 7. bis 9. August 1869 konnte sich der Heidelberger Delegierte August Rüdt, der auch Mann-

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heim und Karlsruhe vertrat, für Worms auf 445 Stimmen berufen, darunter etliche Maurer und Zimmerleute. Nach einer Phase des Stillstands 1870/71 fand am zweiten Pfingstfeiertag 1874 in Worms ein Mittelrheinischer Arbeitertag der Sozialdemokraten statt. In den Folgejahren spielten die Wormser Sozialdemokraten gegenüber dem tonangebenden Mannheim jedoch nur eine marginale Rolle187. Die Wormser SPD betrachtet den Hinweis im Eisenacher Protokoll als Beleg dafür, dass sie der Sozialdemokratischen Partei seit 1869 angehört. Aus der hessischen Fortschrittspartei ging 1867 ein »Nationalliberaler Verein« hervor, der 1892 sein 25-jähriges Jubiläum feierte188. Er hatte sich zum Wormser Zweig der Nationalliberalen Partei entwickelt, dessen herausragender Vertreter der Industrielle und Reichstagsabgeordnete C. W. Frhr. v. Heyl zu Herrnsheim war189. Die zu den Anhängern der Bismarck’schen Politik gehörende nationalliberale »Wormser Ecke« stand stets in einem scharfen Gegensatz zur Sozialdemokratie. Daher hatte die politische Orientierung des Arbeiterbildungsvereins für Gemeinderat und Stadtverordnetenversammlung politische Bedeutung, weil sie die Bereitschaft von Arbeitern der Lederwerke erhöhte, nationalliberale Kandidaten zu wählen.

Die hessische Städteordnung von 1874 Trotz der vielen Aktivitäten und Anregungen in der Amtszeit von Bürgermeister Brück sollte doch erst die gesetzliche Neuregelung der Kommunalverfassung den Schritt in die Zukunft bringen: die hessische Städteordnung von 1874. Bereits am 26. September 1871 hatte der Gemeinderat ausführlich den schriftlichen Antrag von zehn seiner Mitglieder auf Erlass einer Städteordnung diskutiert. Die Begründung der Antragsteller unter Leitung des erst jüngst in das Gremium gekommenen Versicherungsagenten Dr. Bernhard Schröder hob die Sonderstellung größerer Kommunen hervor, denn das größere Verkehrs-, das höhere Bildungs- und Culturleben der Städte hat zu seiner Blüthe andere Anforderungen, als Verhältnisse kleinerer Landgemeinden bedingen. Bisher beschränkten die Gesetze vom 8. Januar 1852 über die Bildung des Ortsvorstandes und vom 3. Mai 1858 über die Zusammensetzung des Gemeinderates deren Selbstständigkeit. Damit aber sei die Gesundheit des Gemeindelebens gefährdet 190. Das »Gesetz betreffend die Städte-Ordnung für das Großherzogtum Hessen« trat am 13. Juni 1874 in Kraft. Es brachte für die Städte größere Selbstständigkeit, auch wenn sie in den Kreis eingebunden blieben und weiterhin staatlicher Aufsicht durch die Kreisämter unterlagen191. Bürgermeister und Stadtverordnetenversammlung hatten die Stadtgemeinde zu vertreten. »Der Bürgermeister ist die Obrigkeit der Stadt und verwaltet die städtischen Angelegenheiten« (Artikel 10). Die Anzahl der Stadtverordneten ergab sich aus der Einwohnerzahl und sollte 18 Personen bei 10 001 bis 20 000 Seelen betragen, 30 Personen bei 20 001 bis 30 000 und 36 Personen bei 30 001 bis 60 000 Seelen. Die Hälfte der Stadtverordneten musste aus dem höchstbesteuerten Drittel der Wählbaren gewählt werden (Artikel 11). Gewählt wurde auf einen Zeitraum von neun Jahren, doch fand alle

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drei Jahre ein Austausch von einem Drittel der Stadtverordneten durch Ergänzungswahl statt. Wiederwahl war möglich. Das aktive Wahlrecht besaßen alle männlichen Ortsbürger sowie Männer über 25 Jahre, die kommunalsteuerpflichtig waren und seit mindestens zwei Jahren ihren Unterstützungswohnsitz in der Gemeinde hatten (Artikel 13). Mit Ausnahme von Militärpersonen, Geistlichen, Lehrern, Staatsbeamten vorgesetzter Behörden und Personen, die nicht im Besitz der bürgerlichen Rechte waren, stand jedem Stimmberechtigten das passive Wahlrecht zu (Artikel 15 und 16). Bürgermeister und Beigeordnete wurden von der Stadtverordnetenversammlung gewählt, sofern sie besoldet waren auf zwölf Jahre, unbesoldete (ehrenamtliche) Beigeordnete auf sechs Jahre (Artikel 31). Nicht zulässig war die gleichzeitige Ausübung eines besoldeten Gemeindeamtes. Zum Bürgermeister und zum besoldeten Beigeordneten konnte jeder Angehörige des Deutschen Reiches gewählt werden, der mindestens 25 Jahre alt war und nicht auf Grund einer rechtskräftigen Verurteilung kein öffentliches Amt ausüben durfte. Der Bürgermeister musste besoldet sein und durfte keinen anderen Erwerbszweig haben (Artikel 33). Damit wurde das Amt des Berufsbürgermeisters gesetzlich eingeführt 192.

Der Sprung in die Moderne: Das »Neue Worms« (1874–1914) F RITZ R EUTER

Friedrich Heimburg, erster hauptamtlicher Bürgermeister Von den 18 Mitgliedern der Stadtverordnetenversammlung hatten acht vor Einführung der Städteordnung von 1874 dem bisherigen Gemeinderat angehört. Zehn Mitglieder traten neu in die jetzige Stadtverordnetenversammlung ein. Beruflich lässt sich eine Zunahme an Fabrikanten feststellen. Dass es nicht zu einem Umbruch kam, zeigt neben der großen Anzahl bisheriger Gemeinderatsmitglieder auch die konfessionelle Struktur. An die Spitze der Stadt trat mit Friedrich Heimburg ein evangelischer Bürgermeister, dem zwei ebenfalls evangelische Stadtverordnete als ehrenamtliche Beigeordnete zur Seite traten, Georg Heinrich Rasor und Friedrich Joseph Hermann Ernst1. Von den Stadtverordneten waren acht evangelisch. Sieben waren katholisch und drei israelitisch, sie stellten somit gemeinsam die numerische Überzahl dar. Da die jüdischen Mitglieder aber zur evangelischen Gruppe tendierten, ergab sich ein anderes Mehrheitsverhältnis. Entsprechend der Städteordnung von 1874 wählten die Stadtverordneten den nicht ihrem Gremium angehörenden Juristen Friedrich Heimburg zum hauptamtlichen Bürgermeister. Mit ihm begann die Reihe der nationalliberalen, nach 1918 der Deutschen Volkspartei (DVP) angehörigen evangelischen Wormser Stadtoberhäupter. Alle waren Juristen 2. Der am 8. Juli 1831 in Rodheim in der Wetterau geborene Heimburg hatte in Mainz das Gymnasium besucht. Nach einem Jurastudium in Gießen und Heidelberg legte er in Gießen das erste Examen und 1854 in Darmstadt die juristische Staatsprüfung ab. Danach war er in Worms bis 1861 im Notariat Bittel tätig und versah 1859 bis 1861 auch die Stelle des Handelskammersekretärs. Anschließend übernahm er in Pfeddersheim ein eigenes Notariat. Heimburg, der dem Protestantenverein von 1868 sowie der Nationalliberalen Partei angehörte, war bei seiner einstimmigen Wahl zum Bürgermeister durch die Stadtverordnetenversammlung am 17. September 1874 in Worms demnach nicht unbekannt. Die landesherrliche Bestätigung erfolgte am 16. Oktober 1874. Als der Bürgermeister 1877 dem Versuch einer Abwerbung widerstand, brachte ihm das eine Gehaltsaufstockung ein. Ab 1880 vertrat er zusammen mit Rittmeister Maximilian (Frhr. v.) Heyl und dem Geh. Kommerzienrat Johann Baptist Doerr als Abgeordneter die Stadt Worms im Kreistag3. Heimburg widmete sich intensiv einer Neuorganisation der Stadtverwaltung, wozu auch eine maßvolle Personalerweiterung gehörte. 1880 wurde die städtische Schutz-

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mannschaft eingeführt 4. Das verschachtelte und ungepflegte Stadthaus an der Hagenstraße bot nur unzureichend Raum für die Verwaltung. Dort hatten der Bürgermeister, die Beigeordneten und ca. 25 Mitarbeiter ihren Dienstsitz. Alle übrigen städtischen Bediensteten übten ihre Tätigkeit in über die Stadt zerstreuten Einrichtungen aus. Die von Heimburg angestrebte Verbesserung sollte jedoch erst unter seinem Nachfolger Küchler realisiert werden. Eine Liste der städtischen »Beamten«, die 1882 beim Tod von Bürgermeister Heimburg zu benachrichtigen waren, nennt der Funktion nach: vier Bürgermeistergehilfen, je einen Gemeindeeinnehmer mit einem Gehilfen, Güterverwalter, Polizeikommissär mit zwei Gehilfen und dem Reviervorsteher sowie 23 weiteren Angehörigen der Polizei, Ratsdiener, Sparkassenrechner mit einem Kontrolleur, Stadtbaumeister mit einem Gehilfen. Einschließlich der ebenfalls genannten, aber nicht im Rathaus tätigen Bediensteten der Stadt kommen so 60 Personen zusammen. Es folgen, wenn auch keine städtischen Bediensteten, sondern gewählte Funktionsträger, die Mitglieder des Verwaltungsrates der Sparkasse (3), des Pfandhauses (2), der Armenverwaltung (3) samt den fünf Bezirksvorstehern für das Armenwesen, der Schulvorstand (4) und die Hospitalkommission (5). In der Summe ergibt das 82 namentlich ausgewiesene Bedienstete5. Die von dem Bürgermeister initiierten Maßnahmen führten zu einem erheblichen Anwachsen des Finanzvolumens des städtischen Haushaltes6. Doch wurde das Heimburg nicht zum Vorwurf gemacht. Vielmehr habe er den in früheren Zeiten begangenen Fehler einer am unrechten Orte und zur unrechten Zeit angebrachten Sparsamkeit, die sich später doppelt rächte, vermieden7. Nachdrücklich habe er sich angesichts der Sozialverhältnisse in Worms und der erheblichen numerischen Zunahme der sozialen Unterschicht für die Armenpflege engagiert. Dazu sollte der von ihm gegründete »Verein gegen Verarmung und Bettelei« beitragen. Diese Einstellung wird in einem Nachruf auch mit seiner Zugehörigkeit zur Freimaurerloge in Verbindung gebracht. An anderer Stelle hob man seine persönliche Liebenswürdigkeit und eine unparteiische Amtsführung hervor 8. Aus Interesse an der Geschichte der Stadt wurde er zu einem der Gründungsväter und zum ersten Vorsitzenden des Altertumsvereins, der, wie es in einem Nachruf heißt, »eine seiner liebsten Schöpfungen« bildete. Obgleich bereits schwer krank, ließ er es sich doch nicht nehmen, die Eröffnungsfeier des »Paulusmuseums« zu leiten 9. Am 15. Februar 1882 starb Heimburg. Er wurde auf dem Rheingewannfriedhof beerdigt. Mit dessen Auflassung zu Gunsten eines Industriestandorts verschwand kurz nach der Mitte des 20. Jahrhunderts sein Grab10.

Politische Einstellung der Stadtverordneten und die »EdingerDiskussion« Die zur Amtszeit von Bürgermeister Brück erfolgte Bildung politischer Gruppierungen machte sich nach 1871 zunehmend bemerkbar. In der 1874 neu gewählten Stadtverordnetenversammlung war die Grundstimmung deutschnational und dem preußisch-deutschen Kaisertum zugeneigt, bei deutlicher Ablehnung der Sozialdemokratie. Offen zu

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Tage trat das im Zusammenhang mit den beiden Attentaten auf Kaiser Wilhelm I. Am 11. Mai 1878 schoss der Klempnergeselle Max Emil Hödel in Berlin auf den von einer Spazierfahrt zurückkehrenden Kaiser, verfehlte ihn jedoch. Vier Wochen später erfolgte am 2. Juni ein weiteres Attentat, bei dem Dr. Karl Eduard Nobiling den Kaiser erheblich verletzte. In Deutschland erweckte das eine ungeheuere Erregung. In beiden Fällen sandte die Stadtverordnetenversammlung an den Kaiser, beim Nobiling-Attentat auch an Kronprinz Friedrich, ein Telegramm besorgter Anteilnahme. Gemeinsam mit der gesamten Stadtverordnetenversammlung hatte dem auch der Stadtverordnete Markus Edinger zugestimmt. Bismarck nutzte die Stimmung zur Auflösung des Reichstags und zur Neuwahl. Zugleich konnte er am 21. Oktober 1878 das Sozialistengesetz mit dem Verbot der Sozialdemokratischen Partei durchsetzen. In der allgemeinen Empörung war es nahezu ausgeschlossen, nach den Beweggründen der Attentäter zu fragen. Der nationalliberale Reichstagsabgeordnete C. W. Heyl hatte sich bereits beim ersten Attentat scharf gegen alle sozialdemokratischen Regungen ausgesprochen. Edinger, der bedeutendste Wormser Kleiderfabrikant, griff hingegen in den Sitzungen unmittelbar nach den Attentaten die soziale Frage auf und warnte vor Verallgemeinerungen und vorschnellen Entschlüssen. In einer wenige Tage später abgehaltenen Volksversammlung mit rund 1 500 Teilnehmern warf ihm das, wenn auch ohne Namensnennung, der evangelische Pfarrer und zeitweilige Wormser Gymnasiallehrer Dr. Carl Naumann öffentlich vor. Obgleich Heimburg und einige Stadtverordnete anwesend waren, wies weder hier noch in der nächsten Sitzung jemand die eindeutig gegen Edinger gerichteten Anschuldigungen zurück. Daraufhin erklärte Edinger, der sich einer schamlosen Handlung bezichtigt sah, schriftlich seinen Austritt aus der Stadtverordnetenversammlung und verzichtete auch auf sein Landtagsmandat. In seinem Schreiben an den Bürgermeister legte er dar, sein Auftreten in der Sitzung vom 3. Juni habe den Sinn gehabt, vor Beschlüssen zu warnen, wie einige in der Volksversammlung … wirklich gefasst worden seien. Die Socialdemokratie habe er in ihren gefahrvollen Ausschreitungen scharf verurtheilt und ihre Bestrebungen nur von dem Standpunkt aus in Betracht gezogen, den ihr gegenüber die bedeutendsten Nationalöconomen … in ihren Schriften einnehmen und zu dem er nach langjähriger Prüfung und Erfahrung gelangt sei. Er stehe auf dem Standpunkt der socialen Reform durch die Gesetzgebung. Das Verhalten der Stadtverordneten empfinde er als Rücksichtslosigkeit einem Manne gegenüber, der seit 17 Jahren im städtischen College und nahezu 13 Jahren im Landtag wirke, und der in dieser Wirksamkeit niemals subversive Tendenzen kundgegeben. Das veranlasse ihn, einer Tätigkeit zu entsagen, die ihm so bittere Erfahrungen bereitet habe. Heimburg versuchte, die Wogen zu glätten. Dabei kam es zu längeren und kontroversen Diskussionen in der Stadtverordnetenversammlung. Schließlich schrieb Heimburg mit Zustimmung der meisten Mitglieder an Edinger einen ausführlichen Brief mit der Bitte, er möge wieder in die Stadtverordnetenversammlung

zurückkehren.

Edinger

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jedoch

bei

seiner

Austrittserklärung. Ein Jahr nach der abrupten Beendigung seiner politischen Tätigkeit ist er gestorben11. Die Edinger-Diskussion erhellt schlaglichtartig die politische Einstellung der Stadtverordneten im Einzelnen wie als Gremium. Antisemitische Töne – Edinger war Jude – ent-

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hält sie nicht. Weitere Beobachtungen lassen erkennen, dass dies wohl für das gesamte Gremium, eindeutig aber für Heimburg kein Thema war. Entsprechende Schreiben von außerhalb empfahl er in den Papierkorb zu werfen 12. Im Gegensatz dazu war schon der Anschein einer Sympathie für Sozialdemokraten und deren Bemühungen um fortschrittliche Entwicklungen unter Beteiligung der Arbeiterschaft verdächtig und indiskutabel. Die Wormser Sozialdemokraten entgingen einem Verbot ihres zehn Jahre zuvor gegründeten »Vereins der socialistischen Arbeiterpartei« durch Selbstauflösung. Versuche, sich unter anderem Namen wie dem geselligen Verein »Heiterkeit« zusammenzufinden, hatten nur geringen Erfolg. Der Verein wurde bereits im Januar 1879 verboten 13. Das gleiche Verdikt traf die gewerkschaftlichen Vereine. Trotz der zahlenmäßig starken Wormser Arbeiterschaft konnten im 19. Jahrhundert keine und erst 1907 dann drei Sozialdemokraten in die Stadtverordnetenversammlung einziehen.

Altertumsverein, Paulusmuseum und Stadtarchiv Bestrebungen zur Gründung eines Altertumsvereins und in Verbindung damit der Einrichtung eines Museums lassen sich bereits seit der Mitte des 19. Jahrhunderts verfolgen. Doch bedurfte es neben Anregungen sowohl im liberalen »Rheinischen Herold« bereits 1860 und 1865 dann auch in der WZ sowie von Mitgliedern des Hessischen Historischen Vereins Darmstadt vor allem der örtlichen Initiatoren. Reif dazu war die Zeit gegen Ende der 1870er Jahre. So kam es nach Darmstadt (1833), Mainz (1844) und Mannheim (1859) in Worms am 14. Juli 1879 zur Gründungsversammlung. Bürgermeister Heimburg wurde zum 1. Vorsitzenden gewählt. Den Vereinszweck formulierte Gymnasialdirektor Dr. Adalbert Becker: Erforschung der Geschichte der Stadt Worms und ihrer Umgebung und Sammlung und Erhaltung der hierauf bezüglichen Schriften, Drucksachen und Alterthümer. Der Altertumsverein fand breites Interesse, 1884 zählte er bereits 617 Mitglieder und war damit der mitgliederstärkste Verein in der Stadt. Hatten sich bisher bei den Bemühungen um historische Denkmäler und deren Restaurierung noch starke konfessionelle Abgrenzungen gezeigt 14, so galt das für die Mitgliedschaft im Altertumsverein nicht mehr. Die beruflich stärkste Gruppe bildeten Gewerbetreibende, Handwerker und Kaufleute, was den bürgerlichen Charakter des Vereins erkennen lässt. Die Arbeiterbevölkerung, also einen beträchtlichen Teil der Gesamteinwohnerschaft, erreichte der Verein jedoch nicht 15. Wie bei den meisten Altertumsvereinen gilt auch hier die Beobachtung »Am Anfang war die Archäologie«. Daher lag es nahe, die Einrichtung eines Museums ins Auge zu fassen. Bereits bei der Gründungsversammlung konnte Heimburg mitteilen, dass sich zwei Freunde der hiesigen Historie damit beschäftigten, ihre Namen sollten aber noch nicht genannt werden. Sie blieben nicht lange unbekannt: Karl Maximilian (Frhr. v.) Heyl und der Münchner Künstler Lorenz Gedon. Vor allem Heyl war der Motor der Museumsgründung. Er erreichte, nicht zuletzt durch persönliches finanzielles Engagement, dass von der Martinsgemeinde die Pauluskirche angemietet werden konnte. Kreisbaurat Heim lei-

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tete die bauliche Instandsetzung. Lorenz Gedon gestaltete die Ausstellung sowie die Flügeltüren des Portals mit 10 der 16 Szenen aus dem Alten und dem Neuen Testament nach der Hildesheimer Bernwards-Tür in Zinkguss. Am 9. Oktober 1881 konnte das nach seinem Domizil als »Paulusmuseum« in den Sprachschatz der Wormser ebenso wie in die wissenschaftliche Literatur eingegangene Museum durch Bürgermeister Heimburg eröffnet werden. Die dazu erschienene Festschrift hatte der Mainzer Prälat und Worms eng verbundene Kunstkenner Dr. Friedrich Schneider verfasst. Von Anfang an bestand die Absicht des Vereins, das Museum in städtische Verwaltung zu überführen. Praktisch geschehen ist das aber erst im Zusammenhang mit dessen Umzug 1929 in das von der Stadt dafür hergerichtete ehemalige Andreasstift. Auch dazu hatte nochmals Maximilian Frhr. v. Heyl durch ein Legat die finanziellen Voraussetzungen geschaffen16. Von Beginn an fungierten der Vorgeschichtforscher Dr. med. Carl Koehl und der Gymnasialprofessor Dr. phil. August Weckerling als Museumskuratoren. Weckerling wurde auch zum Gründer der »Paulusbibliothek«. Sie war zunächst als Vereinseinrichtung mit Schwerpunkt auf vorgeschichtlicher und römerzeitlicher Archäologie aufgebaut, öffnete sich jedoch bald einem breiten historischen Spektrum. Heute ist sie eine Abteilung der Stadtbibliothek17. Durch eine großherzige Schenkung von reformationszeitlichen Drucken, die Maximilian (Frhr. v.) Heyl vor allem durch Prälat Dr. Schneider hatte zusammentragen lassen, entstand unter dem Dach und in der Verantwortung des Paulusmuseums ab 1883 die so genannte »Lutherbibliothek«. Zu der umfangreichen Sammlung gehören Druckschriften Luthers und seiner Zeitgenossen mit Schwerpunkt im 16. Jahrhundert, ein Originaldruck des Wormser Edikts Kaiser Karls V. von 1521 gegen den Reformator sowie einige Lutherbriefe18. Untergebracht war die Lutherbibliothek im Oratorium des nördlichen Turmgeschosses. Die starke Präsenz evangelischer Objekte in der Pauluskirche führte 1889 zu einer Kontroverse mit der Martinspfarrei. Anlässlich der Auflassung des ehemaligen lutherischen Friedhofs an der Hermannstraße hatte Weckerling einige Grabmäler als Ausstellungsobjekte in das Kirchenschiff übertragen lassen. Daraufhin beschwerte sich Pfarrer Reuß bei Maximilian Frhr. v. Heyl. Es entstehe der falsche Eindruck, Pauluskirche und ehemaliger Pauluskirchhof seien evangelische Stätten gewesen. Heyl wollte die Nutzung der Pauluskirche nicht gefährden. Ihm lag an einem guten Verhältnis zur Martinsgemeinde und ihrem Pfarrer. Daher entschuldigte er sich umgehend bei Reuß und veranlasste Weckerling, die Grabsteine aus der Ausstellung herauszunehmen19. Stadtarchiv und Stadtgeschichtsschreibung fanden ihren Mäzen in Cornelius Wilhelm (Frhr. v.) Heyl zu Herrnsheim. Er ließ im Rahmen der Erneuerung des Rathauses das alte Archivgewölbe an der Bürgerhofgasse herrichten, durch den Heraldiker Otto Hupp ausmalen und mit eigens für Archivzwecke konstruierten Schränken ausstatten. Die Archivordnung führte Prof. Dr. Heinrich Boos aus Basel durch. Seine Beauftragung hatte auch der ebenfalls in Basel lehrende Germanist und Nibelungenliedforscher Andreas Heusler befürwortet20. (Frhr. v.) Heyl, der das ganze Unternehmen finanzierte, betraute Boos zudem mit der Herausgabe von Urkunden und Chroniken in drei Bänden (Urkundenbuch der Stadt Worms, 1886 –1893) sowie der Abfassung einer Darstellung zur »Geschichte der Rheinischen Städtekultur von den Anfängen bis zur Gegenwart mit be-

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sonderer Berücksichtigung von Worms«. Sie erschien zwischen 1897 und 1901 in vier Bänden und findet erst hundert Jahre später mit dem hier vorliegenden Werk eine Nachfolgerin. Um die Betreuung des Stadtarchivs hat sich in der Folgezeit Weckerling große Verdienste erworben. Während sich für Museum und Bibliothek geeignete Räumlichkeiten fanden, musste sich das Stadtarchiv jahrzehntelang neben dem »Reichsstädtischen Archiv« (Tafel 30) im Rathaus mit unzureichenden Hilfsmagazinen begnügen. Einen selbstständigen Archivbau, wie er den reichen Urkunden- und Aktenbeständen längst angemessen gewesen wäre, erhielt es erst 1982 im Rahmen der Sanierung der Judengasse mit dem Wiederaufbau des Raschi-Hauses als Stadtarchiv und Jüdisches Museum 21.

Oberbürgermeister Wilhelm Küchler und das »neue Worms« Hatte sich seit den 1850er Jahren nach eher zögerndem Beginn spätestens unter Bürgermeister Brück und bereits sehr lebendig ab 1874 unter Bürgermeister Heimburg eine zukunftsorientierte Entwicklung der Stadt angedeutet, so sollte es ab 1882 in den 16 Jahren der Amtszeit von Bürger-, dann Oberbürgermeister Wilhelm Küchler zu einem rasanten Wandel kommen. Nicht wie bisher eine Bedarfsdeckung, sondern die Innovation in allen Bereichen städtischen Lebens tritt als Movens in den Vordergrund. Das lassen auch die Quellen erkennen. Zu den Sitzungsprotokollen der Stadtverordnetenversammlung und den Akten der Verwaltung treten die jährlich gedruckt vorgelegten, materialreichen, mit Texten, Statistiken und Graphiken versehenen »Verwaltungsrechenschaftsberichte des Oberbürgermeisters«. Hinzu kommen diverse Festschriften, in denen Genese und Durchführung der kommunalen Großprojekte detailliert vorgestellt werden. Die Dynamik dieser Jahre reichte bis in die Amtszeit von Küchlers Nachfolger Heinrich Köhler, auch wenn sich bereits bei dessen Amtsantritt 1898 Grenzen der Leistungsfähigkeit und der Entwicklungschancen im industriellen Bereich abzeichneten. So erschien es notwendig, die Dinge mit kritischem Blick auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten etwas langsamer anzugehen. Den eigentlichen Einschnitt brachte jedoch erst das Jahr 1914 mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs. Auf einer Zeichnung des Wormser Künstlers Fritz Muth (1865 –1943)22 findet sich 1898 der Titel »Das neue Worms«. Gesehen vom rechtsrheinischen Ufer her sind wiedergegeben die – erst 1900 – eingeweihte Ernst-Ludwig-Brücke sowie eine Reihe für die Geschichte wie für die neue ökonomische Basis der Stadt wichtige Gebäude. Nur angedeutet erscheinen im Bildhintergrund einige qualmende Fabrikschornsteine. Im Vordergrund stehen die schlichten Lagerhallen des Bahnhofs Rosengarten. Ganz eindeutig führt der Weg über den Rhein aus einem eher bescheidenen Gestern in eine Zukunft, die als »Sprung in die Moderne« bezeichnet werden darf. Durch den Brückenbau wuchsen die beiden hessischen Provinzen Starkenburg und Rheinhessen enger zusammen. Diese Entwicklung wurde maßgeblich geprägt durch den Industriellen, Kommunal-, Landes-, Reichspolitiker und Mäzen Cornelius Wilhelm Frhr. v. Heyl zu Herrnsheim, durch Bür-

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germeister Wilhelm Küchler als Nachfolger Heimburgs sowie durch den Stadtbaumeister Karl Hofmann. Sie wurde getragen von einer aktiven, durchaus kontrovers diskutierenden Stadtverordnetenversammlung, der dabei stets das gemeinsame Ziel vor Augen stand: Worms muss vorangebracht werden, um unter den fünf großen hessischen Städten23 eine wirtschaftlich wie kulturell gesicherte und respektierte Position einnehmen zu können. Während der über mehrere Generationen seiner Familie mit Worms verbundene C. W. (Frhr. v.) Heyl bereits in der Zeit vor und nach der Städteordnung eine Rolle gespielt hat und weiterhin weniger als graue Eminenz denn als prägende Persönlichkeit zu charakterisieren ist, deren Einfluss in allen Bereichen der städtischen Entwicklung kaum überschätzt werden kann24, kam mit Wilhelm Hans Heinrich Philipp Küchler ein »homo novus« in die Stadt. Geboren wurde er am 4. September 1846 im damals hessischen Biedenkopf25. Sein Vater stammte aus Darmstadt und war großherzoglicher Steuerrat, seine Mutter war eine geb. Follenius aus Gießen. Küchler studierte in Heidelberg und Gießen Jurisprudenz, legte 1870 in Gießen das juristische Fakultätsexamen ab und zog zunächst als Freiwilliger in den deutsch-französischen Krieg 1870/71. Danach absolvierte er den staatlichen Vorbereitungsdienst bis zum Staatsexamen 1873 und war dann in Erbach, Darmstadt sowie als Kreisassessor in Friedberg/Wetterau tätig. Dort heiratete er 1876 Emma Auler. Das Ehepaar bekam mehrere Söhne und Töchter26. Auf die Ausschreibung der Bürgermeisterstelle in Darmstädter, Frankfurter und Karlsruher Zeitungen gingen sieben Bewerbungen ein, von denen eine zurückgezogen wurde. Unter den sechs verbliebenen Kandidaten fiel am 2. Mai 1882 die Wahl der Stadtverordneten einstimmig auf Küchler. Er hatte das knappste Bewerbungsschreiben geschickt, schien aber die besten Voraussetzungen zu besitzen. Nach der Ende Mai erfolgten Bestätigung der Wahl durch Großherzog Ludwig IV. konnte Kreisrat v. Gagern, der den Verantwortlichen in Worms die Wahl Küchlers nahe gelegt haben soll, 27 am 19. Juni den neuen Bürgermeister vor der Stadtverordnetenversammlung vereidigen. In seiner Ansprache, die von der WZ vom 21. Juni abgedruckt wurde, erwähnte v. Gagern, dass er Küchler schon lange kenne. Man habe ihn sicher nicht gewählt, damit er nur Beschlüsse ausführe, sondern »daß er die Initiative ergreife in allem, was die Wohlfahrt Ihrer Stadt zu fördern geeignet ist.« Wichtige Aufgaben seien der Hafenbau, die Reform der Güterverwaltung, eine Lokalbauordnung und die Quellwasserversorgung. Das sei notwendig in einer Stadt, »welche bei all’ ihrer historischen Bedeutung doch erst wieder in den letzten Jahrzehnten einen eigentlichen städtischen Charakter, mit all den heutigen Anschauungen und Anforderungen entsprechenden Consequenzen, angenommen hat«. Politisch stand Küchler als Mitglied der Hessischen Fortschrittspartei bzw. ab 1884 der Nationalliberalen Partei einflussreichen Mitgliedern sowohl der Stadtverordnetenversammlung wie der beiden hessischen Kammern nahe. Nicht etwa wegen eines Angebots von außerhalb, sondern wegen seiner hervorragenden Arbeit für die Stadt beantragten die Stadtverordneten Dr. Bittel, Frhr. v. Heyl, Michaelis, Mielcke, Reinhart, Dr. Salzer und Schoen28 1886 die Anhebung seines Gehalts auf die Höhe, wie dies bei Heimburg der Fall gewesen sei. Da der Bürgermeister auf zwölf Jahre gewählt war, erfolgte 1894 eine Wiederwahl, einstimmig und mit großem Lob für Küch-

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ler. Zugleich wurde er nach Artikel 31 der Städteordnung zum Bürgermeister auf Lebenszeit gewählt und durch Großherzog Ernst Ludwig29 bestätigt. Bereits 1888 hatte Großherzog Ludwig IV. per Dekret Bürgermeister Küchler den »Charakter eines Oberbürgermeisters« verliehen. Diese Dynamik der Stadtentwicklung sprach 1894 Dr. Bittel anlässlich der Bürgermeisterwahl an: Wenn auch der Einwurf schon gemacht worden sei, daß das Tempo, in dem die mit großem Kostenaufwand entstandenen Unternehmungen bewirkt worden seien, vielleicht etwas weniger rasch hätte gewählt werden können, so stehe dem gegenüber die berechtigte Überzeugung, daß alles gut sei und reiche Früchte zu tragen verspreche 30. Es gelang Küchler, neben einer breiten Zustimmung der Bürgerschaft zu den verschiedenen Zukunftsprojekten deren Mitwirkung zu erzielen. Außer Frage steht jedoch, dass soziale Probleme ebenso wenig übersehen werden können wie divergierende politische oder arbeitsrechtliche Auffassungen31. Für sie fand sich keine befriedigende Lösung. So wurden sie mitgeschleppt und traten unter Küchlers Nachfolger Köhler, vor allem aber nach dem Ersten Weltkrieg (1914 –1918), in voller Schärfe zu Tage. Obgleich sich Küchler auch emotional an Worms gebunden fühlte und sich vom Bruder des Stadtbaumeisters Karl Hofmann, dem Architekten Ludwig Hofmann32, im Neubauviertel zwischen Anlage und Bahnlinie ein auf seine Familie zugeschnittenes repräsentatives Haus hatte erbauen lassen (Festhausstraße 17, heute Rathenaustraße), kamen in Worms Befürchtungen auf, seine Leistungen und sein Sachverstand könnten ihn für größere Aufgaben qualifizieren. Am 5. Juli 1898 teilte der Oberbürgermeister der bereits inoffiziell informierten Stadtverordnetenversammlung mit, Großherzog Ernst Ludwig habe ihn als Nachfolger von Finanzminister Weber zum Präsidenten des Finanzministeriums in Darmstadt berufen. Er wolle diesem Ruf folgen und müsse um seine Entlassung aus dem städtischen Dienst nachsuchen. Nach 16-jähriger Tätigkeit in Worms, die ich als die schönsten in meinem Leben bezeichnen kann, falle ihm das nicht leicht. Dr. Schneider, der Senior der Stadtverordneten, antwortete darauf, dass Worms sich unter Küchler eines Aufschwunges habe erfreuen dürfen, wie dies wenigen Städten am Rhein zuteil geworden sei. Neben Umsicht, Energie und Ausdauer, die Küchlers Amtsführung auszeichneten, habe sich der Geist guter bürgerlicher Verträglichkeit und allgemeiner Zufriedenheit immer mehr entwickelt, weil Sie selbstlos und treu ohne Ansehen der Person jedermann gern Berather waren und in allen Dingen Gerechtigkeit übten. Zum Zeichen dafür und als Dank seien die Stadtverordneten spontan übereingekommen, Küchler zum Ehrenbürger zu ernennen. Der Oberbürgermeister konnte seinen Dank nur mit großer Bewegung ausdrücken. Den förmlichen Beschluss der Verleihung des Ehrenbürgerrechts holte die Versammlung in einer unmittelbar im Anschluss einberufenen zweiten Sitzung nach. Küchler war der erste Wormser Oberbürgermeister, dem diese Ehrung zuteil wurde. Für die künstlerisch zu gestaltende Urkunde sollte zunächst Joseph Sattler, der Illustrator der »Städtekultur« und einer Prachtausgabe des »Nibelungenliedes« gewonnen werden, zumal eine Beziehung zum Freiherrn v. Heyl als dem Förderer der beiden genannten Werke bestünde. Aus zeitlichen Gründen erhielt jedoch Fritz Muth den Auftrag33. Neben dem Ehrenbürgerbrief überreichten die Stadtverordneten dem scheidenden Stadtoberhaupt ein Fotoalbum mit 68 Fotos. Bemerkenswert ist die Auswahl: 24 Fotos

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Abb. 53: Denkmal für Oberbürgermeister Wilhelm Küchler, 1904

zeigen das historische Stadtbild, die kommunalen Neubauten der Küchler-Hofmann Ära sind mit 16 Fotos, weitere öffentliche Bauten (Rathaus) mit 11 Fotos vertreten, aktuellen Themen sind sieben Fotos und neuen Privatbauten vier Fotos gewidmet, während der Rest verschiedenen Themen zuzuordnen ist. Industriebauten und Arbeiterhäuser fehlen. Diese Schwerpunktsetzung lässt erkennen, dass das wiedergewonnene Selbstwertgefühl im Bewusstsein sowohl des Stadtvorstandes wie eines großen Teils der Bevölkerung weniger auf der Gewinnung einer neuen wirtschaftlichen Grundlage basierte – sie war offensichtlich bereits selbstverständlich geworden –, als viel stärker bestimmt wurde durch einen historisch ideologisierenden Überbau, der sich in der Erweiterung, Verschönerung und an einstige Größe anknüpfenden Schaffung einer neuen Stadtgestalt ausdrückte: »das neue Worms«34. Küchlers Berufung nach Darmstadt erfolgte im Zusammenhang mit einer Umbildung der hessischen Regierung. Politisch blieb die nationalliberale Richtung erhalten. Doch berief Großherzog Ernst Ludwig fortschrittlicher gesonnene Persönlichkeiten wie den Staatsminister Dr. Karl Rothe, den Justizminister Dr. Emil Dittmar und als ausgewiesenen Finanzexperten Küchler, den er am 25. November 1898 definitiv zum Finanzminister er-

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nannte. Küchler hat dieses Amt nur knapp 13 Monate ausüben können, da er bereits im Frühjahr 1899 an Kehlkopfkrebs erkrankte, sein Amt im August 1900 niederlegen musste und am 31. Oktober 1900 verstarb. Beerdigt wurde er auf dem Alten Darmstädter Friedhof an der Herdstraße. Seine Grabstätte markiert eine Grabstele, die wohl nicht zufällig an die Wormser Neuromanik unter Karl Hofmann erinnert. In Worms rief Frhr. v. Heyl zu Spenden für ein Küchler-Denkmal auf, das schließlich von dem aus Worms stammenden Karlsruher Bildhauer Johann Hirt geschaffen und 1904 enthüllt worden ist35. Ursprünglich gegenüber dem Alten Rathaus an der Hagenstraße auf dem Lindenplatz aufgestellt, der in »Küchler-Platz« umbenannt wurde, erfuhr es nach der Zerstörung der Innenstadt im Bombenkrieg 1945 eine eher unwürdige Behandlung. Der Platz verschwand beim Wiederaufbau, das Denkmal wurde mehr aus Verlegenheit an die Auffahrt zur früheren »Ernst-Ludwig-«‚ der heutigen »Nibelungenbrücke« versetzt36. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Stadtentwicklung unter Küchler samt den daran beteiligten Persönlichkeiten begann erst im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts 37.

Oberbürgermeister, Bürgermeister und Beigeordnete 1874 –1898 Wie bisher umgriff die Bezeichnung »Stadtvorstand« den Bürgermeister, die Beigeordneten und die Stadtverordneten. Sie waren alle stimmberechtigt. Als die beiden 1874 gewählten Beigeordneten Rasor und Ernst nach sechsjähriger Dienstzeit auf eine Wiederwahl verzichteten und ausschieden, traten 1881 an ihre Stelle als 1. Beigeordneter bis 1893 Philipp Schoeneck (1828 –1916) und als 2. Beigeordneter Georg Binder (1843 – 1924). Sie waren, wie alle haupt- und ehrenamtlichen Beigeordneten der Vorweltkriegszeit, evangelisch. Beide finden sich als »Rentner« bezeichnet, waren also unabhängig und konnten von ihren Einkünften aus Kapitalien oder Liegenschaften leben. Binder übte sein Amt die ungewöhnlich lange Zeit von 38 Jahren bis 1919 aus. Infolge der Inflation zu Beginn der 1920er Jahre verlor er sein Vermögen und musste von der Fürsorge leben. Daraufhin beschlossen die Stadtverordneten 1923 auf Grund seiner jahrzehntelangen ehrenamtlichen Dienstausübung, ihm einen Ehrensold zu gewähren. 1924 ist er gestorben38. Die Belastung Küchlers durch die vielfältigen Aufgaben, Verhandlungen und Planungen samt der Ausweitung der Verwaltung führte 1887 zu Überlegungen, entweder einen 3. ehrenamtlichen Beigeordneten oder einen hauptamtlichen Bürgermeister einzustellen. Die Abstimmung ging zunächst pari aus, da etliche Stadtverordnete die finanzielle Belastung durch eine hauptamtlich besetzte Stelle vermeiden wollten. Mittels seiner Stimme konnte Küchler jedoch eine nochmalige Verhandlung im Finanzausschuss erreichen, wo man sich auf die Einstellung eines besoldeten Beigeordneten neben den beiden ehrenamtlichen Beigeordneten einigte. Dem stimmten die Stadtverordneten schließlich zu, wobei die Erkenntnis der Notwendigkeit fachlicher Kompetenz und einer juristischen Ausbildung zukunftsweisend war. Die weitere Entwicklung an der Stadtspitze zeigt, dass die Bedeutung der hauptamtlichen Beigeordneten zunahm, während die der ehrenamt-

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lichen Beigeordneten zurückging. Dazu trug bei, dass die Beigeordneten seit 1894 nach einer Änderung der Städteordnung nicht mehr nur als Vertreter des Bürgermeisters bzw. Oberbürgermeisters fungierten, sondern ihnen eigene Geschäftsbereiche übertragen werden konnten, was in Worms schon seit einigen Jahre praktiziert wurde. Numerisch gab es 1874 –1887 zwei unbesoldete Beigeordnete, 1888 –1892 einen besoldeten und zwei unbesoldete Beigeordnete, 1893 –1909 einen besoldeten und einen unbesoldeten Beigeordneten sowie 1909 –1918 zwei besoldete und einen unbesoldeten Beigeordnete. Alle hauptamtlichen Beigeordneten kamen von außerhalb der Stadt auf Grund von Ausschreibungen nach Worms. Erster besoldeter Beigeordneter wurde 1888 Dr. Georg Schmidt, der zwar in Groß-Gerau geboren worden war, aber seine Gymnasialzeit und einen Teil seiner juristischen Ausbildung in Worms absolviert hatte. Verheiratet war er mit Clothilde Heimburg, der Tochter des verstorbenen Bürgermeisters. 1894 wechselte er als besoldeter Beigeordneter nach Mainz. Küchler bedauerte das Ausscheiden des tüchtigen Mannes, der sich vor allem um die Armenverwaltung große Verdienste erworben habe. Sein Nachfolger wurde Dr. Gustav Kayser. Auch er war in Worms nicht fremd und zudem mit Emma Kranzbühler, der Tochter des Herausgebers der WZ, verheiratet. Dr. Kayser, ebenfalls ein qualifizierter Kommunalbeamter, ging 1909 als Bürgermeister nach (Bad) Homburg39. Sein Nachfolger Dr. Ernst Alfred Oskar Wevers sowie der zum besoldeten 2. Beigeordneten aufgestiegene Stadtbaumeister Georg Metzler traten ihre Ämter erst unter Oberbürgermeister Köhler an und amtierten bis in die Zeit der Weimarer Republik. Im Zusammenhang mit der Erweiterung der Verwaltungsspitze war bereits im September 1888 ein Geschäftsverteilungsplan verabschiedet worden. An ihm ist die dominierende Rolle des Oberbürgermeisters ablesbar. Sein Zuständigkeitsbereich erstreckte sich neben den Hauptangelegenheiten der Verwaltung (Personal-, Finanz-, Steuer- und Rechnungswesen) sowie dem Vorsitz in allen wichtigen Gremien auf Gewerbekonzessionen und Bausachen als innovative und kreative Bereiche in einer sich entwickelnden Industriestadt. Der besoldete Beigeordnete nahm die Verwaltungsaufgaben im engeren Sinne wahr, während der ehrenamtliche Beigeordnete sich um Messen, Märkte und das Pfandhaus kümmerte, im Wesentlichen aber Vertretungsaufgaben übernahm 40.

Die Stadtverordnetenversammlung Die Anzahl der Stadtverordneten wuchs infolge der Bevölkerungszunahme entsprechend den Messzahlen der Städteordnung von 18 (1874) auf 36 (1898) an. Kurzzeitig kamen dazu noch vier Stadtverordnete, die durch den Eingemeindungsvertrag mit Neuhausen – bei den Eingemeindungen von Hochheim und Pfiffligheim fehlt eine entsprechende Regelung – temporär der Versammlung angehörten. Hinzuzuzählen ist, wenn auch nicht gewählt, bis zur Änderung der Städteordnung 1911 der höchstbesteuerte Grundbesitzer. Bei ihm handelte es sich um C. W. (Frhr. v.) Heyl (zu Herrnsheim). Er nahm bei wichtigen Entscheidungen wie beispielsweise dem Rheinbrücken- oder dem Lagerhausbau persön-

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lich an den Sitzungen teil, ließ sich sonst aber wegen zahlreicher anderer Verpflichtungen und der notwendigen Anwesenheit als Reichstagsabgeordneter in Berlin durch einen ständigen Beauftragten vertreten 41. Die sich bei einer Addition aller Stadtverordneten der Zeit zwischen 1874 und 1914 ergebende hohe Anzahl von 53 Personen relativiert sich bei Berücksichtigung der natürlichen Fluktuation, der temporären Zugehörigkeit wie im Falle Neuhausen und vor allem der Erhöhung der Anzahl der Stadtverordneten infolge der Überschreitung der Grenze von zunächst 20 000, dann 30 000 und schließlich 40 000 Einwohnern. Die Zusammensetzung der Stadtverordnetenversammlung42 erweist sich für die Küchlerzeit als verhältnismäßig statisch. Durch politische Bewegung und eine alle wählbaren Bürger einschließende demokratische Praxis zeichnete sie sich nicht aus. Als im Zusammenhang mit der Wiedereinführung des Oktroi anlässlich der Wahl von 1883 in der linksliberalen »Neuen Wormser Zeitung« ein kritischer Artikel mit Angriffen auf Küchler erschien, hinter dem der Redakteur Fuchs und der Lederfabrikant Schlösser – der Stadtverordneter war – standen, bezeichneten der Oberbürgermeister und der Stadtverordnete Friedrich Wilhelm Schoen das als systematische Verdächtigung der Majorität des Stadtrates. Küchler dachte über eine Strafanzeige gegen Fuchs nach. Die Stadtverordnetenversammlung beschloss, die Neue Wormser Zeitung von der Vergabe städtischer Annoncen auszuschließen. Bei der Verpflichtung der neu gewählten Stadtverordneten, die wegen eines Einspruchs erst im April 1884 stattfinden konnte, verdeutlichte Küchler nochmals seine Vorstellung von politischer und personeller Stabilität: Er begrüße es ausdrücklich, dass die Wählerschaft sich der Notwendigkeit der Kontinuität in der städtischen Verwaltung nicht verschlossen habe, dass sie durch die Neuwahl es ausgesprochen habe, dass radikale Umwälzungen der Grundlagen der städtischen Verwaltung durch einen Wechsel der Majorität mit gesunder Entwicklung unverträglich sei. In dieser Auffassung sah er sich weiterhin bestätigt und begründete das 1893 wiederum bei der Verpflichtung von neu gewählten Stadtverordneten. In den vergangenen Jahren habe man ein Stück Arbeit bewältigt, das in vergleichbaren Städten so nicht festzustellen sei. Im Einzelnen verwies er auf ein mustergültiges Krankenhaus, eine nahezu fertige Kanalisation, den Hochwasserschutz mittels weitgehend realisierter Dammbauten und den Hafenbau, das neue Wasserwerk und das Gaswerk in städtischer Regie, den für Planung und Stadterweiterung grundlegenden Bebauungsplan sowie einen Straßenbau von kaum sonst wo aufzuzeigendem Umfang. Das »Wäldchen« im Süden der Stadt sei erweitert worden und solle zu einem Stadtpark ausgestaltet werden. Sämtliche städtischen Gebäude habe man inventarisiert, was Bestandssicherung ebenso wie planvolle Veränderungen ermögliche. Die Verstärkung der Garnison sei gesichert. Diese umfangreichen und schwierigen Arbeiten seien nur deshalb ohne Fehlschlag ausführbar gewesen, weil das einmütige Zusammenwirken des gesamten Stadtvorstandes möglich war. Sollte dieser gute Geist weiterhin die Stadtverordnetenversammlung bestimmen, werde man in der kommenden ruhigeren Periode auch die Früchte pflücken 43. Die Listen belegen einen festen Stamm von Stadtverordneten, die sehr lange ihr Amt ausübten und regelmäßig wieder gewählt wurden 44. Erst gegen Jahrhundertende bildete sich mit dem »Freisinnigen Verein« eine oppositionelle Gruppe, der es ab 1895 gelang,

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gegen die Phalanx der nationalliberalen »Wormser Ecke« einige Stadtverordnetensitze zu erringen. Hier kandidierte, allerdings erfolglos, auch der Sozialdemokrat Lorenz Jäger. Ein Leserbrief in der WZ nahm dazu Stellung: Parteilose und Freisinnige brächten nur Unruhe in die seit 20 Jahren unter nationalliberalen Auspizien im Interesse aller prosperierende Stadtentwicklung, und die Sozialdemokraten hätten wirtschaftlich bisher weder vernünftige noch praktikable Vorschläge gemacht. Die relativ wenigen Sozialdemokraten vermochten erst Anfang des 20. Jahrhunderts auch unter den Fabrikarbeitern zunehmend Anhänger zu gewinnen, spielten jedoch in der Stadtverordnetenversammlung weiterhin nur eine marginale Rolle. Dass Kommunalwahlen ihre eigenen Gesetze haben, zeigen für die Sozialdemokraten jedoch die ganz anderen Ergebnisse bei Reichstagswahlen. Nach dem Gesetz war jeder Wahlberechtigte wählbar. Diese Festlegung wurde aber durch einen Zensus stark eingeschränkt. Die Hälfte der zu Wählenden musste dem oberen Drittel der Höchstbesteuerten angehören. Daher setzte sich die Stadtverordnetenversammlung vor allem aus Kapitaleignern und Grundbesitzern, wohlhabenden Kaufleuten, Gewerbetreibenden und Fabrikanten zusammen. Dass die politische Landschaft dennoch nicht in Friedhofsruhe verharrte, zeigen Wahlaufrufe und Namenlisten, die Wahlberechtigten zur Verfügung gestellt oder in den Zeitungen veröffentlicht wurden. Gewählt wurden nicht Parteien, sondern Personen. So bestand die Möglichkeit, eigene Listen einzureichen, an den Listen politischer Gruppierungen Änderungen vorzunehmen oder, sofern das passive Wahlrecht gegeben war, sich in eine solche Liste aufnehmen zu lassen. 1886 wurde in einer Anzeige in der WZ beanstandet, dass nach den konfessionellen Gegebenheiten in der Stadt bei 19 zu wählenden Kandidaten 11 Evangelische, 7 Katholiken und 1 Jude aufzustellen seien, der Wahlzettel der Nationalliberalen weise aber 12 Evangelische, 4 Katholiken und 3 Juden aus45. 1895 erschien in der WZ eine Anzeige mit der Aufforderung, eine Liste zu beachten, in der sowohl nationalliberale wie freisinnige Persönlichkeiten gemeinsam den Wählern empfohlen wurden 46. Es kam darauf an, wie bekannt, beliebt oder unbeliebt und damit für einen breiteren Wählerkreis interessant ein Kandidat war. Auch die Beurteilung seiner Erfolgsaussichten spielte eine Rolle. Außenseiter hatten daher zumeist keine Chance, und die meisten persönlichen Wahlvorschläge führten eher zu einer Zersplitterung. Die Wahlvoraussetzungen und die geringen Aussichten auf eine Veränderung der bestehenden Mehrheitsverhältnisse dürften in nicht geringem Maße zu einer Abstinenz zahlreicher Wahlberechtigter beigetragen haben. So wurden von den 1733 aktiv Wahlberechtigten im Jahr 1886 nur 887 Stimmzettel abgegeben. 1895 errechnete die WZ eine Wahlbeteiligung von 50 Prozent. Offenbar war das Interesse an den Kommunalwahlen nicht sehr stark und bei den Nichtbegüterten dürfte es am geringsten gewesen sein 47.

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Das Zeitungswesen und seine politischen Schwerpunkte Das erstmals 1776 erschienene »Reichsstadt Wormsisch privilegirte Intelligenzblatt« hieß seit 1814 »Wormser Zeitung« und wurde bis 1907 von der Familie Kranzbühler, anschließend von der Familie Cnyrim herausgegeben. Dieser ältesten, bis heute – wenn auch nur noch als Kopftitel, aber mit Lokalredaktion – bestehenden Zeitung in Worms erwuchsen im 19. Jahrhundert weniger aus kommerziellen als aus politischen Gründen mehrfach Konkurrentinnen 48. Darunter war »Die Neue Zeit« der Revolutionsjahre (1848 –1851), herausgegeben von Dr. Ferdinand von Löhr, die radikalste und bemerkenswerteste, wie erneut Manfred Köhler aufgezeigt hat49. Ein Versuch, sie als »Neue Zeitung« fortzuführen, misslang. Ab 1852 nahm das »Wormser Anzeigen- und Unterhaltungsblatt« eine gemäßigt demokratisch-fortschrittliche Position ein, ehe es sich ab 1858 unter dem Namen »Rheinischer Herold« deutlicher der Verteidigung freisinniger Grundsätze verschrieb und für einen besonnenen Fortschritt und eine einheitliche und freiheitliche nationale Entwicklung eintrat. Als sich der Rheinische Herold um 1866 in konfessionelle Auseinandersetzungen verstrickte, verlor er Leser. Die Redaktion versuchte das durch Reduktion politischer Stellungnahmen zugunsten von Unterhaltungsangeboten zu kompensieren, woraus ein reines Unterhaltungsblatt entstand, was 1880 sein Ende bedeutete. Eine Konkurrentin war dem Rheinischen Herold 1872 in der »Neuen Wormser Zeitung« entstanden, die sich als nach jeder Seite hin unabhängiges Blatt betrachtete und zunehmend gegen die WZ als das »v. Heyl’sche Blatt« polemisierte. 1890 erfolgte eine Namensänderung in »Wormser Tageblatt«. Doch auch hier konnte der kritische Ansatz nicht durchgehalten werden. Das Blatt geriet in das Fahrwasser unverbindlicher Unterhaltung, bis es 1907 an die »Kleinen Rheinischen Volksblätter« überging, ein seit 1899 im Verlag der WZ erscheinendes, auf eine breite Leserschaft hin konzipiertes nationalliberales Blatt, das sich ab 1909 »Rheinische Volksblätter« nannte. Der Versuch eines »General-Anzeigers«, parteilos und unpolitisch zu agieren, scheiterte, da das Blatt im Kommunalwahljahr 1898 zwischen die Fronten von Nationalliberalen und Freisinnigen geriet und 1903 sein Erscheinen einstellen musste, ein Opfer der zunehmenden Politisierung in der Stadt. Der eigentliche Widerpart der eindeutig dem nationalliberalen Lager zuzurechnenden WZ, die etliche ihrer Widersacher durch Übernahme ausgeschaltet hatte, wurde ab 1898 die »Wormser Volkszeitung. Unabhängige politische Tageszeitung für Rheinhessen, Starkenburg und die Pfalz«. Initiatoren und Herausgeber waren Mitglieder der Freisinnigen Partei oder gehörten deren Umkreis an, darunter Walter Loeb, der wortgewaltige und eigenwillige jüdische Stadtverordnete Ludwig Josef Pfungst, Dr. Kaspar Adam Klein, Friedrich Soldan, als pronocierter Gegner des Frhrn. v. Heyl der Gymnasialprofessor Dr. Franz Staudinger50 sowie Dr. Carl Koehl. Die WZ bezeichnete den neuen Konkurrenten 1898 als »Wahlblatt«, was aktuell richtig war, aber den Zukunftsaspekt vernachlässigte. Das »Wormser Tageblatt« sah es klarer: Billigerweise ist es einer Partei, die in keinem Organ hier zu Worte kommen kann, nicht zu verdenken, wenn sie sich selbst ein Blatt gründen will. Die Herausgeber betrachteten ihr Blatt als ein Mittel zur Klärung und Aussprache der verschiedenen sich entgegenstehenden Meinungen und Ansichten, das sich dem Wohl des Vaterlan-

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des und der Vaterstadt verpflichtet fühle. Trotz der Fürsprache des nationalliberalen Stadtverordneten August Eller, eines wohlhabenden Kaffeesurrogat-Fabrikanten, waren die Stadtverordneten mehrheitlich nicht dafür zu gewinnen, dem neuen Blatt städtische Anzeigen zukommen zu lassen. Der Politisierung um die Jahrhundertwende ist die Entstehung eines weiteren Blattes zuzuschreiben, der seit 1901 erscheinenden katholischen und dem Zentrum nahe stehenden »Wormser Nachrichten«. Sie füllten auch deshalb eine Lücke, weil es immer wieder Kritik an der unzureichenden Berücksichtigung der Katholiken in gesellschaftlicher, kultureller und politischer Hinsicht gab, die sich nun deutlicher artikulieren konnte. Mit der »Wormser Zeitung« und den »Rheinischen Volksblättern« aus dem Verlag Kranzbühler/Cnyrim (nationalliberal, konfessionsfrei, aber protestantisch dominiert), der »Wormser Volkszeitung« (demokratisch-freisinnig, konfessionsfrei) und den »Wormser Nachrichten« (Zentrum, katholisch) hatte sich, der Zusammensetzung der Stadtverordnetenversammlung entsprechend, um 1900 das maßgebliche Wormser Zeitungsspektrum herausgebildet. Zur Gründung einer sozialdemokratischen Zeitung, der »Volkswacht«, kam es allerdings erst 1920. Neben der Übermacht der Nationalliberalen dürfte das auf die fehlende finanzielle Basis zurückzuführen sein. Die bisweilen geäußerte Ansicht, die freisinnige »Wormser Volkszeitung« habe zeitweilig diese Aufgabe mit betreut, trifft trotz deren Offenheit gegenüber abweichenden politischen Ansichten nicht zu. Bis auf Staudinger, der einen betont sozialen Gesichtspunkt einbrachte, war sie bürgerlichkapitalistisch-liberal geprägt.

Finanzierung von Investitionen durch Oktroi Kaum einen Monat nach seiner Amtseinführung im Juni trat Küchler mit einem Vorschlag zur Sanierung des städtischen Haushalts vor die Stadtverordneten. Der Finanzbedarf der Stadt konnte aus dem Ertrag des Gemeindevermögens und der direkten Steuern (Umlage) nicht gedeckt werden. Seit 1864 waren die direkten Steuern um das Neunfache gestiegen, eine weitere Erhöhung schied aus. Andererseits musste die Stadt den Leistungen der Privatwirtschaft etwas an die Seite stellen, worunter kommunale Investitionen mit Zukunftsperspektiven zu verstehen waren. Wenn weitere direkte Steuern nicht möglich waren, blieb nur die indirekte Besteuerung. Das aber bedeutete die Wiedereinführung des 1865 abgeschafften, äußerst unbeliebten Oktroi51. Der Oberbürgermeister führte drastisch die – allgemein bekannte – Steuersituation vor Augen. Worms erhebe im Großherzogtum die höchste Umlage und erziele dennoch die geringsten Steuereinnahmen. Mainz, Darmstadt, Offenbach und selbst »das kleine Gießen« stünden mittels Oktroi um ein Vielfaches besser da. Auch Mannheim erhebe Oktroi52. Es seien Anstrengungen notwendig, wolle man nicht der Konkurrenz von Mannheim, Ludwigshafen und Mainz erliegen. Küchler bot eine breite und programmatische Begründung, wobei er die notwendige Bindung des Hinterlandes von Worms an die Stadt hervorhob. Hospitalbau und Hafenbau seien unumgänglich. Oktroi solle erho-

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ben werden von Wein, Obstwein, Bier, Essig, Schlachtvieh, Fleischwaren, Wildbret, Geflügel, Hülsenfrüchten, Getreide (Früchte, welche die Mühlen passieren, Mahlgut), Bäckerwaren und Brennmaterial (Holz und Kohlen). Die zu erwartenden Einnahmen, die Küchler vorrechnete, versprachen neben Investitionsmitteln seiner Auffassung nach sogar eine Senkung der bestehenden Umlage, was die Stadt im Hinblick auf den Zuzug wohlhabender Neubürger attraktiv mache. Die Stadtverordneten, die zunächst das Fehlen einer vorhergehenden Behandlung des Vorschlags im Finanzausschuss beanstandeten, sich dann aber doch mit der Materie befassten, diskutierten Küchlers Ausführungen kontrovers. Befürchtet wurden Nachteile für die Industrie und speziell für das Braugewerbe, wobei die Zugehörigkeit von zwei Brauereibesitzern zu dem Gremium eine Interessenkollision deutlich werden ließ. Schließlich gelang es dem Oberbürgermeister dann doch, gegen die Fabrikanten und Brauereibesitzer mit elf gegen acht Stimmen die Einsetzung einer Fünferkommission zur Ausarbeitung einer Oktroi-Ordnung durchzusetzen. Die Kommission griff einen Vorschlag des Stadtverordneten und Brauereibesitzers Werger auf, eine Reduktion der Abgaben vorzunehmen. § 1 des Reglements lautete jetzt: »Oktroi wird erhoben für in der Stadt geschlachtetes Vieh oder bei Einfuhr von Fleisch, Fleischwaren und Steinkohle sowie für in der Stadtgemarkung gebranntes oder in dieselbe eingeführtes Bier.« Anfang November nahm die Stadtverordnetenversammlung das von der Kommission ausgearbeitete Oktroi-Reglement an. Nachdem einige Beanstandungen der Regierung Berücksichtigung gefunden hatten und von dieser daraufhin grünes Licht für die Einführung gegeben worden war, trat das Oktroi-Reglement am 1. April 1883 in Kraft. Die Überarbeitung durch die Kommission hatte einen zusätzlichen Nutzen gebracht, weil die ursprünglich vorgesehene Überwachung durch mehrere Kontrolleure entfiel und lediglich ein Oktroi-Erheber mit festem Gehalt und freier Wohnung angestellt werden musste. Der Oktroi erfüllte die in ihn gesetzten Erwartungen. Für die Jahrzehnte des Ausbaus der Stadt bildete er zusammen mit den Einnahmen aus Gas- und Wasserwerk und dem Reinerlös der Sparkasse das Rückgrat der städtischen Finanzen gegenüber der in der Bedeutung langsam zurückgehenden Wiesen- und Weideverpachtung einschließlich der Heugrasversteigerung 53.

Aufschwung – Krise – neue Impulse Bereits unter Bürgermeister Brück war zu beobachten, dass sich in der Stadt eine positive Entwicklung und eine Aufbruchstimmung bemerkbar machte. Belege dafür boten sowohl die Schulbauten, die Ansätze zur Stadterweiterung nach Westen, das Prosperieren der Industrie mit Schwerpunkt auf der Lederindustrie und der Zunahme an Arbeitsplätzen, ein breites handwerkliches Angebot sowie ein dichtes Netz an Einzelhandelsgeschäften als auch das Straßenbild prägende Ladengeschäfte sowie Etagenläden 54. Die Stadtentwicklung unter Küchler wird gerne pauschal als eine Zeit des großen Aufschwungs und der Realisierung bedeutender Projekte gesehen: der »Sprung in die Mo-

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derne«. Will man bei diesem Vergleich aus dem Sport bleiben, so erkennt man sehr bald einen »Dreisprung«, wobei die jeweiligen Phasen sich als unterschiedlich strukturiert erweisen. Sie überschneiden sich zeitlich, was bei der Einteilung in zehn Jahre für die erste Phase und jeweils vier Jahre für die beiden folgenden Phasen zu berücksichtigen ist. Die erste Phase beginnt mit der Ausführung bereits zur Amtszeit von Heimburg geplanter und begonnener Projekte wie des Rathausumbaus. Unter Küchler schließt sich nahtlos eine Umorganisation der Verwaltung und speziell der Bauverwaltung an, vor allem der gedankliche Entwurf einer breit angelegten Stadtentwicklung und dessen planerische wie technische Umsetzung sowohl im politischen wie finanziellen Bereich. Dabei erweist sich die Berufung des jungen Architekten Karl Hofmann zunächst zum Hospital- und dann zum Stadtbaumeister und Stadtplaner für das Gesicht des »neuen Worms« als personell richtige Entscheidung, zumal es zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Küchler, Hofmann und den städtischen Entscheidungsgremien kommt, was von allen Beteiligten immer wieder betont wird. Ende 1889 gibt der Oberbürgermeister in seinem Verwaltungsrechenschaftsbericht55 einen Überblick über die Projekte, die nach der Planungsphase »in nächster Zeit« realisiert werden sollen, entsprechend dem übereinstimmenden festen Willen des Stadtvorstandes. Im Einzelnen nennt Küchler: Hochwasserschutz, Beseitigung des Rheinnebenarmes Gießen, Herstellung sauberer Zustände in den tiefer gelegenen und immer wieder überschwemmten Stadtteilen, um so an den Rhein heranzurücken; Wasserversorgung mittels der dazu notwendigen Anlagen; Gaswerkneubau, auch zu Gunsten der Stadtbeleuchtung; Straßenbau in den neuen Stadtteilen (u. a. im Westen jenseits der Bahnlinie); Hafenanlagen einschließlich der Erschließung eines großen Industriegebietes stromabwärts der Stadt. Eine wichtige Voraussetzung existiere bereits: das Vorliegen eines Stadtbau-

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1898 wurden die Ortschaften Neuhausen, Hochheim und Pfiffigheim eingemeindet

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plans. Auch Ortsstatute zur Bauordnung und Gebührenerhebung speziell für Kanal- und Straßenbau seien erlassen worden. Der Oberbürgermeister verhehlt nicht, dass große finanzielle Anstrengungen zu machen seien. Aber wenn auch die Schuldenlast der Stadt steige, so sei doch immer wieder auf die Notwendigkeit und den Zusammenhang der Maßnahmen hinzuweisen. Steuer- und Finanzentwicklung zeigten sich positiv. Zu beobachten sei eine Zunahme des Privatbauwesens, was stets ein Indikator für wirtschaftliche Verhältnisse und Zukunftserwartungen sei. Hinzu komme ein starkes Anwachsen der Einwohnerzahl 56. Zum Vergleich: Worms hat für den Zeitraum 1885 bis 1890 mit 16 Prozent den größten Bevölkerungszuwachs der fünf großen hessischen Städte aufzuweisen gegenüber Mainz (8,6 Prozent), Darmstadt (10 Prozent), Offenbach (10,6 Prozent) und Gießen (8 Prozent) 57. Der Wandel und damit der Übergang in die zweite Phase deutet sich an, als 1892 bei der Beratung des Haushaltsplanes für 1893/94 das forcierte Tempo der Straßenbauten bei hohen Kosten beanstandet wird und Küchler ausdrücklich anmerkt, dass in den Voranschlag nur die wichtigsten Arbeiten aufgenommen worden seien 58. Der Eisenbahn- und speziell der Nebenstreckenbau geht nicht voran, man vermisst die Förderung durch die Regierung. Der Bau einer sowohl für die Umlandbeziehungen zum rechten Rheinufer wie für die Sicherung des Arbeitsweges der zahlreichen Fabrikarbeiter aus dem Ried benötigten festen Rheinbrücke anstelle der immer wieder bei Schiffsverkehr zu öffnenden oder bei Eisgang abzufahrenden Schiffsbrücke verzögert sich. Eine allgemeine schlechte Wirtschaftslage führt zum Rückgang der Gemeindesteuern infolge Uneinbringlichkeit und lässt die Armenpflegekosten ansteigen. Auch 1893 hält die gedrückte Lage des Erwerbslebens an. Hohe Fleischpreise lassen die Schlachtungen zurückgehen, was sich negativ auf den Oktroi auswirkt. Mindereinnahmen beim Gaswerk ergeben sich durch die Einführung der mitteleuropäischen Zeit (MEZ) sowie die zunehmende Anwendung von sparsamerem Gas-Glühlicht. Das 1889 in Betrieb genommene Flusswasserwerk, das sein Wasser mittels einer unterhalb der Rheinsohle angelegten Filtration gewinnt und technisch unbefriedigend arbeitet, hat den Ausfall von Großkonsumenten (Lederindustrie) zu verkraften, weil dort eigene Brunnen angelegt worden sind. Lediglich der Hafenbahnbetrieb floriere, nach Süden durch die so genannte Buschbahn erweitert 59. Aber das wiege die Verluste nicht auf60. Deprimierung macht sich bemerkbar. So verzichten Stadt und Handelskammer 1893 auf die festliche Einweihung eines ihrer wichtigsten Projekte, des mit großen finanziellen Anstrengungen vollendeten Baus eines Floßhafens (im Süden) und eines mit modernen Anlagen ausgestatteten Handelshafens (im Norden) einschließlich der Errichtung eines Lagerhauses speziell für Getreide, aber auch für weitere Güter. Träger von Bau und Betrieb des von Karl Hofmann unter Verwendung von »malerischen« Motiven, die zum Teil mittelalterlichen Stadttürmen entlehnt waren, errichteten und das Rheinufer optisch pointierenden Lagerhauses war eine auf Anregung des Frhrn. v. Heyl 1891 gegründete Aktiengesellschaft. In der zum Abschluss der Arbeiten erschienenen, sehr instruktiven Festschrift »Die Hafen und Uferbauten zu Worms 1890 –1893« klingen noch die hohen Erwartungen an, die gerade mit diesem Projekt verbunden worden waren. Die Hoffnung, mit der Neuordnung des Rheinuferbereiches – Hochwasserschutz durch die Beseitigung des Rheinnebenarmes Gießen, Uferbegradigung, Geländegewinn

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– und dem Hafenbau der bedrohlichen Konkurrenz von Mannheim wenigstens partiell begegnen zu können, sollte sich – abgesehen vom Hochwasserschutz – jedoch auch später nur in bescheidenem Maße erfüllen61. Zu Beginn der Krise war versucht worden, dem sich abzeichnenden Arbeitsmangel durch die vorgezogene Ausführung städtischer Projekte zu begegnen. Das sollte vor allem älteren Arbeitskräften wie kleinen Fuhrunternehmern zugute kommen. Allerdings ergab sich kurz vor der Jahrhundertwende die umgekehrte Situation. Als beim Eintritt in die dritte Phase ein erheblicher Arbeitskräftemangel eintrat, da nun sowohl städtischerseits als auch durch den Staat und die freie Wirtschaft gebaut wurde, führte das zu spürbaren Lohnsteigerungen. Um den negativen Folgen für den Haushalt der Stadt aus dem Wege zu gehen, schlug der Bauausschuss vor, einen Teil der für 1898/99 vorgesehenen Straßenbaumaßnahmen vorläufig zurückzustellen. Dem stimmten die Stadtverordneten zu. Betroffen davon waren die Innenstadt und das im Norden gelegene Liebfrauenstift. Ab 1895 wird die Besserung spürbar, 1896/97 und in den Folgejahren kann der Verwaltungsrechenschaftsbericht auf nennenswerte Überschüsse verweisen. Nach der mittleren Phase der Stagnation kommt es zu erfolgreichen Bemühungen um Staatsbauten (Kasernenneubau, Bahnhofserweiterung, Rheinbrücken), der notwendigen Eingemeindung von Neuhausen, Hochheim (Friedhofsgelände) und Pfiffligheim 1898, nicht zuletzt zur Weiterführung und Ausgestaltung von bisher bereits Geschaffenem einschließlich des Ludwigsplatzes mit dem Denkmal für Großherzog Ludwig IV. von Hessen und bei Rhein, der Nibelungenschule62 sowie der Neuanlage eines Kommunalfriedhofes. Hier wird das zeitliche Überlappen des Drei-Phasen-Bildes besonders deutlich, weil die Fertigstellung in einigen Fällen die Jahrhundertgrenze überschreitet und damit in die Amtszeit von Oberbürgermeister Köhler fällt. Man wird das dennoch als zum 19. Jahrhundert gehörig ansehen, da erst der Kriegsausbruch 1914 den Einschnitt bringt63.

Neues Industriegebiet am Rhein und Branchenkonzentration Die herausragende Rolle weniger Industriebetriebe in Worms, unter denen der Lederstandort im Süden und der nicht ganz so bedeutende Textilstandort im Norden entwicklungsgeschichtlich wie von der Beschäftigtenzahl her gesehen die »Industriestadt« Worms prägten, lässt leicht übersehen, dass daneben kleinere Industriebetriebe ebenso wie das Handwerk und – keineswegs unbedeutend – die Landwirtschaft einen beachtlichen Teil des städtischen Wirtschaftslebens ausgemacht haben. Insgesamt stabilisierte sich die Wormser Industrie in der Küchler- und Köhlerzeit. Es kam jedoch kaum zu nennenswerten Neugründungen. Bemühungen um Ansiedlung neuer Betriebe blieben wenig erfolgreich64. Zu den älteren Industriestandorten kam durch den Hafen- und Uferbau ab 1892/93 weiteres Industriegelände hinzu, das zweigeteilt war: im Süden im Bereich Floßhafen der kleinere Teil, der wichtigere Teil im Norden anschließend an den Handelshafen. Am Floßhafen wurde 1897 ein Dampfsägewerk errichtet, das mit der Rheinischen

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Schiefertafelfabrik verbunden war. Es brannte 1900 ab, ein Wiederaufbau fand nicht statt. An seiner Stelle entstanden 1912 die »geruchsintensiven« Delta-Werke, die Lederabfälle verarbeiteten. An der Hafenstraße nördlich des Handelshafens mit dem neu erbauten Lagerhaus speziell für Getreide und einer Reihe kleinerer Lagerschuppen verschiedener Firmen bemühte sich die Stadt sowohl um die Neuansiedlung von Gewerbebetrieben wie um Firmenumsetzungen aus der engen Innenstadt. Bereits 1893 sind die Degrasfabrik (Produktion von Gerberfett) Trumpler und das Filterplattenwerk Bittel in der Hafenstraße zu finden, 1895 auch die Maschinenfabrik Horn. Ebenfalls eine Umsetzung erfuhr 1893 die Gatzert’sche Mühle, die sich ursprünglich auf der Westseite des Bahnhofsgeländes im Bereich heutige Friedrich-Ebert-/Burkhard-/Gutenberg-/Liebenauerstraße befand und auf der Rheinseite der Hafenstraße unter dem Namen »Nibelungenmühle« Baruch & Schönfeld bekannt wurde. Hinzu kamen 1906/07 als Neugründungen die Hefft’sche Kunstmühle AG und ganz im Norden die »Ludwigsmühle« Matthäi & Weil, sodass sich ein »Mühlenufer« entwickelte. Auf Grund ihres hohen Mechanisierungsgrades beschäftigten die Großmühlen zwar nur rund 200 Arbeiter, nahmen aber infolge ihres Umsatzes die zweite Stelle hinter der Lederindustrie und damit eine herausgehobene Position in der Wormser Wirtschaft ein65. 1899 beantragten die Tonwerke Offstein AG die Errichtung eines Ofengebäudes mit neun Brennöfen, um Feinkeramik herzustellen. Die »Tonindustrie Albertwerke GmbH Worms und Offstein« verlegte ihre Produktion jedoch 1911 nach Offstein. Ihre Wandund Bodenfliesen, die neben den gängigen Holländermustern auch Jugendstilornamente bis zu abstrakten Mustern zeigten, sowie weitere feinkeramische Produkte fanden über den Umkreis von Worms hinaus weite Verbreitung66. Ein Betrieb der Chemiebranche siedelte sich 1895 ebenfalls im nördlichen Industriegebiet an, produzierte Dachpappe, Teer, Pech und Asphalt und firmierte seit 1898 unter dem Namen »Chemische Fabriken und Asphaltwerke AG«. Nachfolgerin wurde die Rohpappenfabrik AG. Weisen die Einträge im Adressbuch von 1900 unter »Hafenstraße« fünf Firmen zwischen den Hausnummern 6 (Maschinenfabrik Horn) und 89 (Filterplatten-Werk Bittel, später Aktiengesellschaft für Großfiltration) aus, so finden sich im Adressbuch von 1911 zwar insgesamt 15 Firmen, aber die Hausnummern gehen bis 115 (Chemische Fabriken und Asphaltwerke AG). Zwischen den durchweg auf der Ostseite gegen den Rhein hin gelegenen Firmen (gerade Hausnummern) werden vereinzelte Wohngebäude und Gaststätten genannt. Doch bestanden auf beiden Straßenseiten noch große Freiflächen. Wichtigere Firmen waren neben den bereits erwähnten Großmühlen die Farbwerke Schieferdecker, die Fabrik »Nektar« als Hersteller alkoholfreier Weine, die Farbenfabrik L. A. Mayer & Sohn und die Vereinigte Terrazzoplatten- und Cementwarenfabrik Worms/ Xanten. Ungerade Nummern tragen die auf der Stadtinnenseite gelegenen Firmen Rheinische Dampfwaschanstalt, Wormser Eisenbau Stumpf, die Sirupfabrik GmbH Dr. Parcus sowie die ebenfalls bereits genannten Albertwerke GmbH (Tonindustrie) und die Chemischen Fabriken und Asphaltwerke AG. Zumeist ist bei den Adressen als Hinweis »Industriegebiet« angegeben. Trotz einigem Zuwachs in den kommenden Jahren lässt sich auch hier ablesen, dass es der Stadt nicht gelungen ist, bedeutenderen Zuzug an Industrie zu

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erreichen. Zudem hält die Beschäftigtenzahl und damit der Gewinn an Arbeitsplätzen keinen Vergleich mit der Lederindustrie aus. Sowohl im Leder- wie im Textilbereich fanden Konzentrationen statt. Ein maßgeblicher Grund für die Veränderungen im Lederbereich um 1893 lag in einer technischen Neuerung, der Einführung der Chromgerbung67. Die älteren kleinen Fabriken wie die Lederfabrik »Wormatia« im Bereich der heutigen Neusatzschule, an die noch die Wormatiastraße erinnert, gingen in den Lederfabriken Cornelius Heyl auf. Durch Aktienerwerb kam auch 1901 die in Neuhausen gelegene Lederfabrik Louis Schlösser & Co. an Heyl. Sie fertigte als Zweigwerk Liebenau Ziegenleder (chevreau), wurde 1922 durch innerfamiliäre Regelungen mit der gleichen Produktionspalette als Heyl’sche Lederwerke Liebenau GmbH aber wieder selbstständig. Die beiden Firmen der Textilbranche im Norden68 schlossen sich durch Kaufvertrag vom 1. Mai 1900 zur Tuchfabrik Valckenberg zusammen. Zu den Firmen mit größeren Beschäftigtenzahlen gehörten einige Maschinenfabriken, darunter die Schnellpressenfabrik Hofmann & Hofheinz. Wegen Kapitalmangels geriet sie in den 1890er Jahren zwar in Schwierigkeiten, musste aber nicht aufgeben und konnte unter neuer Leitung bis nach der Jahrhundertwende erfolgreich arbeiten 69. Unter den Holz verarbeitenden Betrieben war als Arbeitgeber die Rheinische Schiefertafelfabrik im Süden der Stadt interessant, während die meisten Firmen gleich welcher Branche durchweg weniger als 25 Arbeiter beschäftigten. Von der Konzentration innerhalb einzelner Branchen waren auch die Brauereien betroffen. Die Zahl der kleinen innerstädtischen Brauereien ging auf vier größere und schließlich eine Brauerei (Apostelbräu bzw. Eichbaum-Werger) zurück. Sie hatten die alte Innenstadt verlassen und sich in der Alzeyer Straße neu positioniert, ehe die Reduktion erfolgte70. Warum hatte Worms bei seinen Bemühungen um die Ansiedlung weiterer Industriebetriebe so wenig Erfolg? Dieter Wilhelm sieht die Hauptursache dafür in mangelnder Kapitalkraft und fehlender Unterstützung durch den hessischen Staat. Mannheim, wo sich der nach Köln größte Rheinhafen befand, bot »kapitalkräftigen und expansiven Unternehmen ungleich vorteilhaftere und großzügigere Ansiedlungsmöglichkeiten«. Die Stadt an Neckar und Rhein war zudem als Finanzplatz, nicht zuletzt im Versicherungsgeschäft, Worms weit überlegen. »Der Hafen- und Uferbau von 1893 und die damit verbundene Gewinnung neuen Industriegeländes, das sich in städtischem Besitz befand und die Stadt von den Interessen privater Grundstücksbesitzer weitgehend unabhängig machte, kamen wahrscheinlich zu spät«71. Ihre Fertigstellung fiel zudem in die zweite Phase der Küchlerzeit, die bereits als Zeit einer Wirtschaftskrise angesprochen worden ist. Trotz der folgenden Besserung der Wirtschaftsverhältnisse gelang es der Stadt nicht, einen neuen Anschub zu geben. Es fehlte offensichtlich auch an ernsthaften Interessenten. Die in Worms immer wieder aufgestellte Behauptung, sowohl die Handelskammer wie Wormser Industrielle und in erster Linie C. W. Frhr. v. Heyl hätten Neuansiedlungen bewusst verhindert, um nicht zu sagen sabotiert, ist in dieser Schärfe wenig überzeugend, vor allem aber nicht zu belegen. Es lassen sich ohnehin nur drei Fälle aufzeigen: 1909 das Projekt einer Zellulosefabrik, das an dem Widerstand der auswärtigen Konkurrenz scheiterte72, 1910 die schließlich trotz vorgetragener Bedenken erfolgte Ansiedlung des WassergasSchweißwerkes am Floßhafen, das sich aber nicht lange hielt, und die 1915 erfolgte An-

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frage eines (ungenannten) Großbetriebes der Metallbranche, der angeblich 6 000 Arbeitsplätze nach Worms hätte bringen können73. Mangels belegbarer Vorgänge und im Hinblick auf Gewerbeflächen, Arbeitskräftepotenzial und die (Un-)Möglichkeit städtischer Förderung lässt sich der Vorwurf der Schädigung von Wormser Interessen jedenfalls nicht aufrechterhalten74.

Arbeitnehmer, Gewerbestruktur und Bankwesen in Offenbach und Worms In Worms gab es um 1900 gewerkschaftlich organisierte Arbeiter. Sie wandten sich 1896 mit einer Eingabe an die Stadtverordnetenversammlung, um die Erweiterung des Volksbades am Rhein zu erreichen, was 1898 auch erfolgte 75. Bei den Lederfabriken spielten Gewerkschaften aber nahezu keine Rolle. Dass die patriarchalische Denk- und Verhaltensstruktur der Wormser Industriellen, besonders ausgeprägt im Hause Heyl, gewerkschaftlichen und sozialdemokratisch orientierten Aktivitäten nicht förderlich war, steht außer Zweifel. 1889 hatten sich mit betriebsinternen Regelungen unzufriedene Arbeiter der Heyl’schen Lederwerke an den Vorsitzenden des vom Frhrn. v. Heyl geförderten Arbeiterbildungsvereins 76, den Obergärtner Hoepfner, gewandt, der daraufhin in einigen Artikeln in der WZ die Abstellung der Missstände anregte. Zeitgleich mit den Artikeln kam es zu einem partiellen Streik. Frhr. v. Heyl ging sofort auf die Beanstandungen ein und beseitigte die Streitpunkte. Als der im Oktober 1890 in eine andere Stadt verzogene Hoepfner, der bei seinem Abschied zum Ehrenpräsidenten des Arbeiterbildungsvereins und zum Ehrenmitglied des Gartenbauvereins ernannt worden war, 1894 vom Gartenbauverein zu einem Vortrag nach Worms eingeladen wurde, fasste v. Heyl dies jedoch als Affront auf. Er verlangte, den Vortrag abzusagen. Weil der Vorstand des Gartenbauvereins dem nicht entsprach, trat v. Heyl mit den bei ihm beschäftigten Mitgliedern aus dem Verein aus. Das scheint in Worms zu einiger Aufregung geführt zu haben, wie aus einem »Offenen Brief« des freisinnigen Prof. Staudinger vom 5. April 1898 hervorgeht. In der WZ hatte v. Heyl Staudinger vorgeworfen, die Angelegenheit bei einer Trauerfeier ausgeschlachtet und verfälscht zu haben, was Staudinger ebenso höflich wie bestimmt zurückwies77. Andererseits war es für Arbeiter durchaus eine Prestigefrage, »beim Heyl« oder »ins Heyle Fabrik« einen Arbeitsplatz zu finden. Dazu trugen nicht nur die vorbildlichen Wohlfahrtseinrichtungen bei, sondern auch andere Besonderheiten, wie ein Beispiel belegen mag. Als die Rüsselsheimer Firma Opel, die auch Fahrräder herstellte, um 1900 in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, ließ C. W. v. Heyl dort eine größere Anzahl Zweiräder ankaufen und gab sie zu einem sehr günstigen Preis an seine Arbeiter weiter. Da ein Fahrrad den Weg zur Arbeitsstätte erleichterte und seinerzeit keine Selbstverständlichkeit war, sahen sich die Heylianer in ihrer persönlichen Bindung an die Firma bestätigt 78. Der Gewerbestruktur und Wirtschaftsentwicklung von Worms von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg unter besonderer Berücksichtigung der sozialen Ver-

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hältnisse und der Arbeitsbedingungen hat Hedwig Brüchert im Rahmen der Stadtgeschichte eine Untersuchung gewidmet. Hier sollen nur einige Unterschiede zwischen den beiden wichtigsten hessischen Industriestädten erwähnt werden, Offenbach und Worms. In Offenbach wohnte die Arbeiterbevölkerung zumeist in der Stadt, in Worms kam sie in weit höherem Maße aus dem rechts- und linksrheinischen Umland. Offenbach hatte seinen wirtschaftlichen Schwerpunkt auf der Lederwarenherstellung, für Worms standen die Fabriken der Lederproduktion an erster Stelle. In Offenbach gab es kaum Großbetriebe, Worms war vor allem durch einige Großbetriebe geprägt. Während die Landwirtschaft sowohl innerhalb der Stadt Offenbach wie im Umland für die Stadtwirtschaft marginal erschien, bildete sie für Worms mit Getreide, Wein und Zuckerrüben sowohl im Handel wie in der Verarbeitung einen wichtigen Faktor79. Handel und Handwerk waren sowohl in Offenbach wie in Worms von Bedeutung. Hingegen spielten in Offenbach auch Banken und Versicherungen eine Rolle, was in Worms nicht der Fall war. Der wachsende Kapitalbedarf der Wormser Industrie konnte durch einige Privatbanken einschließlich einer Nebenstelle der Preußischen Bank, ab 1876 Reichsbank, nicht ausreichend befriedigt werden80. Daher kam es am 1. Juli 1889 zur Einrichtung einer Filiale der Pfälzischen Bank, die 1890/91 an der Stelle des abgetragenen ehemaligen Tanzhauses auf der Stadtmauerseite der Martinsgasse 1 einen stattlichen Neubau errichten ließ. Erster Direktor wurde August Schoeneck, Bruder des Beigeordneten Philipp Schoeneck. In der Pfälzischen Bank, bei der auch die Stadt Worms Anleihen aufnahm, ging 1900 die private Levy’sche Bank auf. Die Privatbank Herz war schon einige Jahre früher von der Süddeutschen Bank übernommen worden. 1911 kam es zur Fusion von Pfälzer und Süddeutscher Bank. Im gleichen Jahr hatte sich die Süddeutsche Diskontogesellschaft AG in Worms niedergelassen, die 1912 die letzte noch arbeitende Wormser Privatbank Rischmann übernahm. Der »Bankplatz« Worms war nicht zu einem Bankenplatz geworden. In der Stadt bestand vielmehr eine Reihe von Bankfilialen zur Deckung des örtlichen Bedarfs81.

Stadtbaumeister, Stadthausumbau und Reichsstädtisches Archiv In Worms wurde bis 1840 kein Stadtbaumeister beschäftigt. Bei der in älteren Akten und im Budget gebrauchten Bezeichnung handelte es sich um Handwerker, die zu aktuell anfallenden kleineren Bau- und Reparaturaufgaben herangezogen wurden. Das belegt die geringfügige Bezahlung ebenso wie die sporadische Erwähnung. Meist wandte man sich aber an das Kreisbauamt mit der Bitte um Amtshilfe. Da jedoch zunehmend Bedarf bestand und der Rückgriff auf das Kreisbauamt oftmals zu Verzögerungen führte, stellte Bürgermeister Renz 1840 erstmals etatmäßig einen Bautechniker mit der Bezeichnung als »Stadtbaumeister« ein. Er sollte Reparaturen und kleinere Bausachen selbstständig erledigen, während für Hauptreparaturen und Neubauten die Zuständigkeit weiterhin beim Kreisbauamt verblieb. Nachdem das Kreisbauamt auf Wunsch des Bürgermeisters eine Dienstvorschrift erlassen hatte, ernannte Kreisrat Eduard Staedel am 27. Februar 1840

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den bisherigen provisorischen Bauaufseher in Alzey, Bernhard Obenheimer, zum Stadtbaumeister in Worms. Mit ihm beginnt die Reihe der fest angestellten Wormser Stadtbaumeister. Die meisten Stelleninhaber waren vor ihrer Anstellung in Worms Großherzogliche Bauaufseher 1. Klasse. Sie hatten eine handwerkliche Lehre in einem Baufach absolviert und sich dann in Kursen oder an einer Baufachschule weitergebildet. Anschließend bewarben sie sich bei der Oberbaudirektion in Darmstadt als Kandidaten um die Qualifikation als Bauaufseher. Die Prüfung legten sie bei einem Provinzial- oder Kreisbaumeister ab. Nach bestandener Prüfung konnten sie sich um eine Stelle beim Staat oder einer Kommune bewerben. Bis auf Kaus, Laubenheimer und Thon, die eine weiterführende Ausbildung besaßen und später entsprechende Stellungen einnehmen konnten, waren sie staatlich geprüfte Techniker. In zeitlicher Abfolge amtierten in Worms Bernhard Obenheimer (1840 –1846), Heinrich Ganß (1847–1849), Franz Kaus (1849 –1855), Friedrich Laubenheimer (1856), Philipp Elbert (1857–1858), Ernst Friedrich Thon (1858 – 1865) und Ludwig Euler (1866 –1886)82. Die in Worms verbrachte Dienstzeit war zumeist kurz, ausgenommen bei Euler, der 21 Jahre sein Amt ausübte. Zu den verschiedenen von Euler geplanten und durchgeführten Baumaßnahmen gehörte neben dem Bau der Karmeliterschule und dem des Gymnasiums der Umbau des Stadthauses (Rathaus). Es handelte sich um einen Gebäudekomplex zwischen Ludwigstraße (der heutigen Hagenstraße), Bürgerhofgasse, Schulgasse und einer Verbindungsgasse zwischen Ludwigstraße und dem Schulhof hinter dem Chor der Dreifaltigkeitskirche. Das eigentliche Stadthaus, ein unbedeutender zweigeschossiger Bau mit Satteldach, lag mit der Front an der Ludwigstraße. Ein Aufriss des Stadtbaumeisters Thon von 1859 zeigt über dem Eingang die Jahreszahl »1789«. Im Westen bildeten die Hofeinfahrt sowie das Haftlokal den Abschluss. Eine angestrebte Erweiterung nach Westen setzte den Erwerb der dort stehenden beiden in Privatbesitz befindlichen Häuser voraus. An der Bürgerhofgasse im Osten schloss sich an das Stadthaus eine überbaute Säulenhalle an, durch die man die Sparkasse erreichte. Nach Norden folgte ein kleines zweistöckiges Haus als Sitz des Friedensgerichts. Alle Gebäude lagen um einen Innenhof, in dem römerzeitliche und jüngere Grabsteine, Spolien und Wappentafeln an den Wänden angebracht waren 83. Die schon längere Zeit bestehende Absicht, das Stadthaus wegen seines ramponierten Zustandes und der für die aktuelle Verwaltung nicht mehr ausreichenden Amtsräume umbauen zu lassen, griff Küchler auf. War zunächst nur die Rede von einer Erneuerung des Sitzungssaals, so stellte er im Mai 1883 ein wesentlich weiter gehendes Programm vor. In seiner Darstellung der Ist-Situation wies er darauf hin, dass es im gesamten Gebäude keine Toilette gebe. Die Büroräume seien unzureichend, es existierten keine Wartezimmer, für die beiden Beigeordneten sei nur ein Zimmer vorhanden. Ein Sitzungszimmer für die Ausschüsse fehle ebenfalls, sodass diese im Zimmer des Bürgermeisters tagen müssten. Dem Stadtbaumeister und seinem Gehilfen stehe nicht ausreichend Raum zur Verfügung, das Büro des Gemeindeeinnehmers sei gänzlich unzulänglich. Das Lokal der Sparkasse in einem notdürftig abgemauerten Raum in der Bogenhalle sei so beengt, dass die Geschäftsführung gefährdet erscheine. Der Zustand des Sitzungssaales spotte jeder Beschreibung. Da es keinen Vorraum gäbe, dort aber die Trauungen durchgeführt wür-

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den, müssten oft mehrere Paare im Saal herumstehen, bis die Reihe sie treffe. Das Spritzenhaus sei zu klein und das Haftlokal entspreche einer entleerten Cloake. Nachdem die Sparkasse die beiden Häuser im Westen erworben habe, könne an die notwendige Gesamterneuerung und Erweiterung herangegangen werden84. Die anschließend von Küchler vorgestellten Pläne hatte Stadtbaumeister Euler ausgearbeitet. Im Gegensatz zu der von ihm bisher bevorzugten klassizistischen Bauweise schlug er eine Betonung der Fassade durch einen Mittelgiebel in der Art vor, wie ihn die von Gabriel v. Seidl für den Fabrikanten Julius Schoen errichtete Villa aufwies. Küchler konnte ergänzend mitteilen, dass der über die Familien Heyl und Schoen mit Worms in Verbindung gekommene v. Seidl bereit sei, einen eigenen Fassadenplan vorzulegen85. Ein Mäzen für ein großes Wandgemälde im Sitzungssaal mit einem Motiv aus der Wormser Geschichte sei ebenfalls bereits vorhanden, wolle aber noch nicht genannt werden. Später stellte sich heraus, dass es sich um den Lederfabrikanten und Stadtverordneten Reinhart handelte. Nachdem die endgültigen Pläne einschließlich des Seidl’schen Fassadenentwurfs vorlagen, wurden sie zur Information der Bürger in der Buchhandlung Stern am Markt ausgestellt. Ein Stadtverordneter hatte vorgeschlagen, an Stelle einer Holztreppe eine Steintreppe zu bauen und dafür die Turmuhr einzusparen. Man beschloss, beides auszuführen. Im November 1884 war der Außenbau so weit fertig, dass die Turmuhr in Auftrag gegeben werden konnte. Die Vergabe der Bildhauerarbeiten an der Fassade erfolgte im Juni 1885, als der Sitzungssaal bereits eingeweiht war 86. Obgleich der Stadthauskomplex noch immer ein Konglomerat verschiedenartiger Gebäude unterschiedlicher Stile darstellte, wirkte er insgesamt jetzt geschlossener. Die Schauseite an der Ludwig-(Hagen-)straße hatte v. Seidl schlicht, aber durchaus repräsentativ-historisierend gestaltet. Das Portal, über Stufen zu erreichen, war risalitartig als eigene Gebäudeachse hervorgehoben. Im Obergeschoss befand sich ein Balkon mit einem wappengeschmückten Gitter aus Schmiedeeisen. Den oberen Abschluss der Achse zierte ein Steinbogen mit einem Zitat aus einem einst über dem Kaiserportal des Domes angebrachten Lobgedicht: »Digna bona laude / semper Wormatia gaude« (Würdig hohen Lobes / freue dich immer, Worms). Seine Mitte umgriff das Stadtwappen in der älteren Wappengestalt mit heraldisch schrägrechts liegendem silbernen (Petrus-) Schlüssel in Rot, darüber links ein sechsstrahliger goldener Stern, der durch Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 13. August 1890 als künftig fünfstrahlig festgeschrieben wurde. Auf dem krönenden Zwerchhaus über der Portalachse stand eine von Lorenz Gedon geschaffene Justitia-Figur aus Zinkguss87. Den westlichen Abschluss des verlängerten Hauptbaus bildete ein Turm mit Turmuhr, dessen mit der Jahreszahl »1884« versehener Eingang im Hof lag und in ein separates Treppenhaus führte. Erhalten geblieben war weitgehend der alte Bestand an der Bürgerhofgasse. Ein spitzbogiges Portal markierte den Zugang in die offene Säulenhalle, aus der rechter Hand eine Tür in das Archivgewölbe führte. Geradeaus gelangte man in den Innenhof. Ecke Schulgasse kam die Sparkasse unter. In den anschließenden Neubau, der sich bis zum Chor der Dreifaltigkeitskirche erstreckte, wurde das Spritzenhaus integriert. Seine Westwand befand sich auf gleicher Höhe mit dem neuen Turm an der Ludwig-(Hagen-)straße. Zwischen beiden Bauteilen spannte sich eine Mauer mit Hoftor als Abschluss des Komplexes.

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Die Bauzeit war, wie schon bei Eulers Schulbauten, verhältnismäßig kurz. Von der Auftragsvergabe im Juni 1883 bis zur feierlichen Indienststellung des Sitzungssaales am 14. April 1885 waren nicht einmal zwei Jahre vergangen. Noch anstehende Arbeiten am Außenbau erfolgten innerhalb weniger Monate. Die Kosten von ursprünglich 30 000 Mark für den Außenbau und 45 000 Mark für den Innenausbau samt Ratssaal ließen sich – keinesfalls nur eine kommunale Bautradition – nicht halten. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 121 055 Mark, in denen jedoch auch rund 10 000 Mark enthalten sind, die für Ausmalung und Ausschmückung gespendet worden waren. Im Gegensatz zu dem betont schlicht gehaltenen Äußeren spiegelte sich in dem von Gabriel v. Seidl entworfenen neuen Sitzungssaal mit seiner vertäfelten Balkendecke Stolz auf die Tradition und wieder erwachtes historisches Selbstbewusstsein. Der langrechteckige Raum im ersten Obergeschoss nahm ein Drittel der Ostseite des Gebäudes ein. In die Fenster nach Süden zur Straße und in die Balkontür waren Ornamentglasscheiben mit Kaiserbildern eingelassen. Nach dem Hof hin zeigte ein kleineres Fenster ein Glasgemälde mit Darstellung Bischof Burchards (1000 –1025), gestiftet von dem langjährigen Stadtverordneten Mielcke88. Der Eingang lag im Westen, wo zwischen zwei Türen ein gewaltiger Renaissancekamin platziert war. Etwa ein Viertel des Raumes teilte eine Holzbalustrade als Zuhörerbereich ab. Die Stadtverordneten saßen an vier Tischen mit Stühlen, gestellt in Längsrichtung. Vor der Ostwand stand der Präsidiumstisch mit einem durch Schnitzarbeiten hervorgehobenen Stuhl für den Bürgermeister und einfacheren Stühlen für die Beigeordneten. Hauptblickpunkt des Raumes war im Osten zwischen gemalter Scheinarchitektur ein mit einem Holzrahmen umgebenes Fresko des Dresdener Kunstmalers Hermann Prell, der auch die Entwürfe für die Glasgemälde angefertigt sowie die Supraporten über den Türen gemalt hatte89. Der Bildinhalt rief ein herausragendes Ereignis der mittelalterlichen Geschichte der Stadt in Erinnerung: die Überreichung der Zollfreiheitsurkunde von 1074 durch Kaiser Heinrich IV. (1056 –1106) an die Stadt Worms. Entsprach die wiedergegebene Szene auch freier Fantasie, so war die Botschaft doch eindeutig: Kaisertreue der Bürger und Belohnung durch den Herrscher. Bereits im Spätmittelalter war auf das Ereignis bildlich und verbal am Stadtmauerturm »Mayfels« auf der Ostseite der Stadt hingewiesen worden, verbunden mit einem in Latein kommentierten Treuegelöbnis der Bürger. Nicht nur, dass sich der Rat und mit ihm gleichsam die ganze Bürgerstadt in diese Tradition stellten, der Bürgermeister wurde durch die Sitzordnung gleichsam in die Szene hineingenommen. Was dem mittelalterlichen Reich der Deutschen und seinen Herrschern gegolten hatte, galt jetzt dem neuen Reich mit seinem preußisch-deutschen Kaisertum. Küchler dankte am Beginn der ersten Sitzung im neuen Saal allen Spendern. Friedrich Wilhelm Schoen, der eine Bismarckstatue in Zweidrittel der Lebensgröße dazugegeben hatte, dankte als Sprecher der Stadtverordneten seinerseits Küchler für ein Bild des »jetzigen« Kaisers Wilhelm I. Letztgenannter reihte sich unter die Gemälde der deutschen Kaiser aus dem 18. Jahrhundert ein, die vorläufig gemeinsam mit ihm die Wände des Saals schmücken durften, später aber Kaiser Wilhelm II. und den regierenden hessischen Großherzögen weichen mussten. Abschließend konnte der Bürgermeister noch auf eine weitere Stiftung hinweisen. Gerne, meinte er, hätte er deren Vorstellung mit

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diesem feierlichen Tag verbunden. Aber es sollte nicht mehr lange dauern, bis es soweit war: der Präsentation der von C. W. v. Heyl übernommenen Einrichtung und des Ausbaues des Archives. Der auf der Nordseite des Stadthaushofes stehende kleine Parallelbau zum Hauptgebäude, das alte Archivgewölbe, einer der ältesten Bauteile des Komplexes, war auf Kosten des Lederindustriellen umgebaut und repräsentativ eingerichtet worden (Tafel 30). Eingeweiht wurde es am 14. Oktober 1885. Eine Steintafel bezeichnete es als »Archiv der Stadt Worms«. In für diesen Zweck hergestellten Urkunden- und Aktenschränken wurde der Bestand »Reichsstädtisches Archiv« untergebracht. Der Heraldiker Otto Hupp hatte das Gewölbe mit Wappen und heraldischem Zierrat ausgemalt. Eine Bronzetafel nennt noch heute Mäzen und Wissenschaftler: Cornelius Wilhelm Freiherr Heyl zu Herrnsheim, weiland Mitglied des Reichstages für Worms, ließ in den Jahren 1881– 1884 das Archiv der freien Reichsstadt Worms ordnen und herstellen. Wissenschaftliche Ordnung durch Heinrich Boos, Dr. phil. Professor aus Basel. Digna bona laude – semper Wormatia gaude 90.

»… dem Dienst überhaupt nicht mehr gewachsen«: die Entlassung Eulers Trotz Eulers Karmeliterschule, Gymnasium und neuem Lazarett an der Mainzer Straße, wozu noch die neben v. Seidls Fassaden- und Sitzungssaalarbeit erhebliche Verantwortung für Planung und Bau am Stadthaus kam, war seit längerem Kritik an der Arbeit des Stadtbaumeisters laut geworden. Einer der Vorwürfe richtete sich auf seine Übernahme von Privataufträgen, was ihm zwar nicht verboten sei, aber zu sehr zugenommen habe. Das Gleiche galt für Johann Daniel Wedel, seinen Gehilfen. Die Stadtverordneten legten deshalb im November 1883 unter Berufung auf die Allgemeine Bauordnung für das Großherzogtum Hessen einschließlich der dazu erschienenen Ausführungsbestimmungen fest, dass künftighin Baubeamte Privataufträge nur mit Genehmigung der Stadtverordnetenversammlung übernehmen dürften. Um den Einkommensverlust auszugleichen, wurden ihre Gehälter angehoben. Kritikern hielt Küchler entgegen, dass keine Beanstandungen vorlägen, die eine Entlassung beider rechtfertigten. Wohl aber sei der Umfang der dienstlichen Arbeiten von Jahr zu Jahr gestiegen91. Da sich die Baubeamten, besonders Wedel, nicht so schnell von ihrer bisherigen Praxis im Umgang mit Privataufträgen wie von ihrem Arbeitsstil zu trennen vermochten, beantragte Küchler auf Kosten der Stadt eine Überprüfung der Dienstführung durch einen vom Innenministerium eingesetzten Gutachter. Stadt wie Kreisbauamt und Kreisamt waren einer Auffassung: dem Stadtbaumeister, der seinen Weg über die Technikerausbildung zum Bauaufseher gemacht habe, fehlten die notwendigen Kenntnisse und die erforderliche Vorbildung. Er sei den seit einigen Jahren an ihn herantretenden anspruchsvollen und vielseitigen Aufgaben nicht gewachsen, lasse eine energische und pünktliche Bauleitung vermissen und ersetze die Mängel nicht durch Fleiß und Gewissenhaftigkeit. So sind ihm eben die Arbeiten über den Kopf gewachsen 92.

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Im April 1885 fand eine ausführliche Befragung durch Kreisrat v. Gagern statt. Dabei schilderte Euler seinen Ausbildungsgang, den Wandel und den zunehmenden Umfang der Aufgaben sowie Schwierigkeiten, die sich besonders beim Rathausumbau in der Zusammenarbeit mit v. Seidl, Prell und anderen einschließlich des Bauausschusses ergeben hatten. Ihm stehe nur ein Mitarbeiter zur Verfügung, während dem ausschließlich für den Hospitalbau angestellten Architekten Hofmann zwei Mitarbeiter zur Seite stünden. Außer für den Hochbau sei der Stadtbaumeister für den Tiefbau verantwortlich, wozu die Aufsicht über rund 70 Brunnen gehöre93. Daneben habe er bei wachsendem privaten Bauvolumen sämtliche baupolizeilichen Arbeiten auszuführen, nochmals gesteigert infolge der Hochwasserschäden von 1882/83, als die Überschwemmung nahezu die Römerstraße erreichte. Zeitweilig habe der Stadtvorstand von ihm auch noch die Erarbeitung von Plänen für ein neues Stadtkrankenhaus erwartet. Zur fachlichen Beurteilung Eulers wurde der angewachsene Aktenvorgang dem vom Innenministerium mit der Überprüfung beauftragten Darmstädter Kreisbaumeister Wiessell vorgelegt, der im September 1885 dazu Stellung nahm. Er führte aus, dass die in den letzten Jahren in Worms entwickelte Bautätigkeit sowohl vom Umfang wie von der Qualifikation Eulers her gesehen zu hohe Ansprüche stelle. Zugleich kritisierte er die Stadt, weil sie die Dinge habe treiben lassen und den Stadtbaumeister überfordert und nicht angemessen mit Personal ausgestattet habe. Künftighin sei nicht nur ein akademisch gebildeter Stadtbaumeister erforderlich, sondern er sei mit einem Baubüro von sechs bis acht Mitarbeitern auszustatten94. Der These, dass die Stadt ihr Bauamt zeitiger hätte neu ordnen sollen, schloss sich die Kreisverwaltung an. Da ein Disziplinarverfahren gegen den Stadtbaumeister nicht angemessen erschien, auch wenn er seinen Gehilfen nicht an der Übernahme von Privataufträgen gehindert habe, solle man ihn pensionieren. Euler war für Bürgermeister und Stadtverordnete ein Relikt der alten Zeit und ihrer Verhältnisse. Er wurde insofern ungerecht behandelt, als man ihm zu lange freie Hand gelassen hatte und die fällige Neuordnung des Bauwesens hinauszögerte. Der Stadtvorstand hatte es an seiner Aufsichts- und Fürsorgepflicht fehlen lassen. Dennoch wurde Euler nicht das Opfer einer Kampagne. Die Entwicklung hatte ihn überholt, sodass er abtreten musste. Anfang März 1886 wurde die Neuordnung durchgeführt. Da Euler einerseits nach seinem Bildungswege dem Dienste überhaupt nicht mehr gewachsen, andererseits aber auch mit Arbeit überlastet sei, werde er pensioniert95. Gesucht wurde ein Stadtbaumeister, der als Planer, Architekt sowie Amtsvorstand eine höhere Qualifikation mitbrachte. Die Blicke richteten sich auf den Mann, der bereits als Hospitalbaumeister angestellt worden war und dem man zutraute, die anstehenden Aufgaben zu meistern: Karl Hofmann.

Karl Hofmann, Stadtplaner des »Neuen Worms« Noch in reichsstädtischer Zeit war Ecke Martins- und Hardtgasse (heute steht dort das Amtsgericht) ein »Neues Spital, Waisen- und Armenhaus« errichtet worden. Die Grundsteinlegung fand 1772 statt. Auf der dazu geprägten Medaille ist das Gebäude ebenso ab-

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gebildet wie auf einer Federzeichnung im Stadtarchiv 96. In der französischen Zeit erfolgte eine Sicherung der finanziellen Verhältnisse durch die Einrichtung eines Hospitalbaufonds, der allerdings auch die Armenpflege mit tragen musste. An der Spitze des selbstständigen Fonds stand eine »Verwaltungskommission für das Bürgerhospital«. Der äußerlich imposante, tatsächlich jedoch dunkle und unpraktische Bau diente zwar auch als Krankenhaus, genügte diesem Anspruch jedoch weder medizinisch noch hygienisch. Einen fest angestellten Arzt gab es nicht. In einer auf Anregung von Bürgermeister Heimburg verfassten Denkschrift schilderte der als »Hospitalarzt« fungierende Mediziner Dr. Christian Raiser, ein Sohn des früheren Armenarztes und Ehrenbürgers Dr. Karl Friedrich Raiser, 1875 drastisch die unzureichenden Verhältnisse. Mit dem Anwachsen der Bevölkerungszahl bei zunehmender Notwendigkeit von Krankenpflege außerhalb enger Wohnungen gerade der ärmeren Bevölkerung lasse sich dieser Missstand nicht länger hinnehmen. Im Norden der Stadt an der Mainzer Straße waren um diese Zeit bereits sowohl für den Neubau des 1878 fertig gestellten Lazaretts97 wie eines neuen Bürgerhospitals Grundstücke erworben worden, ohne dass der Hospitalbau vorankam. Bald nach Küchlers Amtsübernahme beschloss die Verwaltungskommission für das Hospital, aus den Mitteln des Hospitalfonds einen Krankenhausneubau errichten zu lassen. Da sich herausgestellt hatte, dass Stadtbaumeister Euler keine akzeptable Planung vorzulegen vermochte, entschied sich die Verwaltungskommission 1884 für die Einstellung eines eigenen Hospitalbaumeisters. Weil die Stelle nicht von der Stadt besetzt wurde, gibt es in den Ratsprotokollen keinen Hinweis auf den Findungsvorgang. Eine Ausschreibung durch die Hospitalbaukommission lässt sich ebenfalls nicht nachweisen. So dürfte der Hinweis auf Karl Hofmann über Empfehlungen erfolgt sein, wobei Küchler eine Rolle gespielt haben wird. Der Bürgermeister machte 1885 die Raiser’sche »Denkschrift« in gedruckter Form der Stadtverordnetenversammlung zugänglich und sprach sich dabei eindeutig für »Den Neubau eines Krankenhauses für die Stadt Worms« aus. Nachdem die Abtrennung der Armenpflege und des Altersheims (seit 1884 in der Mainzer Straße, heutiges DRK-Altersheim) erfolgt war, ging die Verantwortung für das Krankenhaus in den folgenden Jahren sowohl finanziell wie die Verwaltung betreffend direkt an die Stadt über, wobei sich die notwendige Entflechtung bis 1902 hinzog98. Zum 1. Februar 1885 trat Karl Hofmann seine Stelle als Hospitalbaumeister in Worms an. Der am 20. April 1856 im damals nassauischen Herborn/Dill geborene Hofmann 99 sollte auf Wunsch seines Vaters zunächst kaufmännischer Angestellter werden, wechselte aber, seinen Neigungen gemäß, in eine bautechnische Ausbildung an der Gewerbeschule Barmen. Anschließend beim Bahnbetriebswerk Wetzlar tätig, fand er in seinem Chef einen Förderer, der ihm den Besuch der Berliner Bauakademie ermöglichte. Hier unterzog er sich dem viersemestrigen Studium als »Privatbaumeister« und schloss seine Ausbildung 1877/78 an der K. K. Technischen Hochschule in Wien ab, wobei er stets ausgezeichnete Beurteilungen erfuhr. Am Ende des Wintersemesters ging er nach Deutschland zurück, wo er 1878 die Konkurrenz für den Bau einer Synagoge in Münster (Westfalen) gewann und seinen Entwurf auch ausführen konnte100. Am 1. Januar 1881 wurde Hofmann als »Communalständiger Baumeister« im Regierungsbezirk Wiesbaden angestellt und mit den Erweiterungsbauten für die Provinzial-Irrenheil- und Plegeanstalt Eichberg

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beauftragt. Die dabei gemachten Erfahrungen und gezeigten Fähigkeiten scheinen mit entscheidend für seine Berufung nach Worms gewesen zu sein. Nachdem er beim Bau des Krankenhauses und der ebenfalls auf private Auftraggeber – den Ortsgewerbeverein und Privatleute – zurückgehenden Gewerbeschule seine organisatorischen wie planerischen Fähigkeiten unter Beweis gestellt hatte, berief ihn die Stadtverordnetenversammlung am 1. April 1886, also noch vor der Fertigstellung des 1888 eingeweihten Krankenhauses, zum Stadtbaumeister. In den folgenden Jahren hat Hofmann drei Schwerpunkte gesetzt: einen Stadtentwicklungsplan, die Errichtung öffentlicher Bauten sowohl der Versorgung wie der Repräsentation und schließlich die Gestaltung eines Stadtbildes aus dem Geist der Geschichte unter Betonung der Worms im Mittelalter prägenden Romanik als Neuromanik. 1897 wurde der Stadtbaumeister durch Großherzog Ernst Ludwig an die Technische Hochschule Darmstadt berufen. Hier wirkte der Professor, Geheime Oberbaurat und Ministerialrat bis 1922 als Leiter der für sämtliche öffentliche Bauten im Großherzogtum Hessen zuständigen Fachabteilung im Finanzministerium. Die Technische Hochschule Hannover verlieh ihm »in Anerkennung seiner hervorragenden Verdienste um die deutsche Baukunst« 1922 den akademischen Grad eines Dr.-Ing. ehrenhalber. Auf seine Bebauungspläne und Sanierungsgutachten wie zum Beispiel für die Altstadt von Salzburg, seinen Einfluss als Juror bei Konkurrenzen oder seine Bemühungen um die Denkmalpflege soll hier nur pauschal hingewiesen werden, ebenso wie auf die zahlreichen ihm zuteil gewordenen Berufungen und Ehrungen. Am 1. Oktober 1927 erfolgte auf eigenen Antrag seine Ruhestandsversetzung, am 28. Dezember 1933 ist er in Darmstadt gestorben und auf dem dortigen Waldfriedhof beerdigt worden.

Stadtkrankenhaus – Privatkliniken – Gewerbeschule Das Stadtkrankenhaus101 und die Gewerbeschule, Hofmanns erste Bauprojekte in Worms, wurden von ihm noch im Stil der Neurenaissance errichtet: Backsteinbauten in klaren und ihrer Zweckbestimmung angemessenen Formen, die Fassaden sparsam dekoriert. Da die vorliegenden fragmentarischen Pläne in keiner Weise dem Bedarf, dem neuesten Stand des Krankenhausbaus sowie ökonomischen wie bautechnischen Ansprüchen genügten, musste Hofmann völlig neu planen. Er sah daher die Planung als sein geistiges Eigentum an. Das Stadtkrankenhaus auf der Westseite der Mainzer Straße in weitgehend unbebautem Gebiet wurde als Anlage im Pavillonstil errichtet. Zugang und Zufahrt lagen an der Straße, integriert in einen architektonisch hervorgehobenen Hauptbau. Große Fenster sorgten für genügend Lichteinfall. Die Krankenräume waren, entsprechend der damaligen Praxis, als Krankensäle mit bis zu 12–16 Betten ausgelegt. Männer- und Frauenstationen lagen sich in selbstständigen, aber spiegelgleichen Bauten gegenüber, die im rechten Winkel zum Hauptbau um eine Grünanlage angeordnet waren. Im Westen befand sich ein Küchen- und Versorgungstrakt sowie abgesondert eine Baracke für Patienten mit ansteckenden Krankheiten. Auf dem großen Gelände bestand Erweiterungsmöglichkeit. Seit den 1930er Jahren war dann das offene Karree an Johanniterstraße, Mainzer

S TADTKRANKENHAUS – P RIVATKLINIKEN – G EWERBESCHULE

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Straße und Pfortenring baulich geschlossen, im Westen waren Neubauten hinzugekommen. Die angestrebte Kapazität von 130 Betten mit eventuell möglicher Erweiterung auf 150 Betten sollte sich bald als zu gering erweisen. Sowohl aus der Stadt wie aus ihrem Umland wurde das am 14. Oktober 1888 in Dienst gestellte Stadtkrankenhaus schnell angenommen. Nachdem zuerst Dr. Raiser kurzfristig die Leitung innehatte, wurden ab 1891 hervorragende Fachärzte angestellt und damit das Renommee des Krankenhauses gestärkt. Als Direktoren fungierten Prof. Dr. Fritz Bessel-Hagen (1891–1897, Chirurg), Prof. Dr. Lothar Heidenhain (1897–1925, Chirurg und Gynäkologe) und Prof. Dr. Josef Meinertz (1926 – 1944, Internist)102. Hohe Belegungszahlen und neue pflegerische wie medizinische Erfordernisse führten bald zu Erweiterungsbauten und zu einer Diskussion über die Verlegung des inzwischen durch den Kasernenneubau tangierten Krankenhauses an eine andere Stelle. Ein bereits 1905 vorgeschlagener Standort auf der Hochheimer (heute Herrnsheimer) Höhe wurde nach kontroverser Diskussion erst im späten 20. Jahrhundert realisiert. Der dort errichtete Neubau für Grundversorgung mit einer Kapazität von rund 560 Betten in diversen spezialisierten Abteilungen konnte 1981 bezogen werden103. Hofmanns Stadtkrankenhaus an der Mainzer Straße ist inzwischen vollständig verschwunden und das Gelände durch verschiedene Neubauten sowie einen Grünbereich umgestaltet worden. Neben dem Stadtkrankenhaus existierten einige Privatkliniken104. Die älteste unter ihnen, das katholische St. Martinsstift, ging aus einer 1869/74 in der Martinsgasse eingerichteten Schwesternstation hervor, die ab 1895 zur »Heilanstalt St. Martinsstift« ausgebaut wurde. Neben einem leitenden Arzt waren Belegärzte tätig. Ein 1922 beschlossener moderner Neubau konnte 1925 eingeweiht werden. Das Haus war auf 150 Betten ausgelegt, Leiter war ein fest angestellter Chirurg. Nach Erweiterungsplänen des inzwischen mit 190 Betten ausgestatteten beliebten Hauses musste es jedoch nach dem Ausscheiden der Bühler Schwestern aus finanziellen Gründen und auf Grund des Landeskrankenhausplanes von Rheinland-Pfalz 1987 geschlossen werden. In einem ehemaligen Stiftshaus des Paulusstifts und nachmaligem Besitz der Familie Renz in der Paulusstraße 9 veranlasste die Familie Heyl zu Herrnsheim 1903 die Einrichtung der Evangelischen Privatklinik »Sophienhaus«, deren Name ebenso wie der des Mädchen- und Altersheims »Sophienstift« in der Römerstraße auf die Frau des Freiherrn C. W. v. Heyl zurückgeht. Das Haus, ebenfalls ein Belegkrankenhaus mit chirurgischem Leiter, fiel dem Bombenangriff vom 21. Februar 1945 zum Opfer und wurde nicht wieder aufgebaut. In Ergänzung der Arbeiterwohnsiedlung »Kiautschau« ließen Dr. Cornelius Frhr. v. Heyl und seine Frau Mathilde geb. Isenburg-Büdingen unweit an der Liebenauer Straße 1912 das »Mathildenheim« erbauen, ein Entbindungsheim. Es wurde allerdings weniger von Arbeiterfrauen als von Angehörigen der bürgerlichen Mittelschicht in Anspruch genommen. Das von einem parkartigen Garten umgebene villenähnliche Haus entwarf der Bergsträßer Architekt Heinrich Metzendorf. Es wurde im Spätjahr 1944 bei einem Bombenangriff völlig zerstört und nicht wieder aufgebaut105. Während die Privatkliniken im Zusammenhang mit dem Krankenhauswesen in der Stadt erwähnt wurden, aber baulich keinen Einfluss der Hofmann-Zeit aufweisen, ist ein

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nahezu zeitgleich mit dem Stadtkrankenhaus entstandenes Gebäude von Hofmann geplant worden, die Gewerbeschule. Formal weist es eine starke Ähnlichkeit mit Hofmanns Stadtkrankenhaus auf: Backsteinbauweise im Stil der Neurenaissance, große Fenster und innen wie außen sparsame, aber gediegene Dekoration. Da Hofmann als Hospitalbaumeister noch nicht der Regelung unterlag, für Privatbauten eine Genehmigung der – im Übrigen mit dem Bau befassten und einverstandenen – Stadtverordnetenversammlung einzuholen, konnte er privat auch für den Bauträger Ortsgewerbeverein arbeiten. Die Möglichkeit für den schon länger angestrebten Bau einer Gewerbeschule ergab sich 1885 auf Grund einer günstigen finanziellen Konstellation. Ein Konsortium, das ursprünglich den Bau einer Reiterkaserne im Neubaugebiet westlich der Bahnlinie angestrebt und dafür Gelände erworben hatte, überließ nach dem Scheitern dieser Pläne das benötigte Grundstück kostenlos dem Bauträger. Zweckgebundene Spenden von Wormser Industriellen, darunter des Ehepaars Friedrich Wilhelm Valckenberg und Frau anlässlich ihrer Silbernen Hochzeit, ein Beitrag der Stadt Worms und Darlehen der Sparkasse sicherten die Finanzierung. Aus steuerlichen Gründen wurde die Stadt Eigentümerin, während der Ortsgewerbeverein die Unterhaltung übernahm. Dafür zuständig war die Schulkommission des Vereins, die Oberaufsicht führte die »Centralstelle für die Gewerbe«. Planung und Bau gingen zügig voran, sodass bereits am 5. Juli 1887 die feierliche Indienststellung der Gewerbeschule erfolgen konnte. Dem ältesten Vorstandsmitglied des Ortsgewerbevereins, dem Restaurantbesitzer mit vielfach genutztem Saal an Kaiser-Wilhelm- und Luisenstraße (»Worrets Etablissement«) Jakob Worret, verlieh Großherzog Ludwig IV. als Anerkennung das Ritterkreuz II. Klasse des Verdienstordens Philipps des Großmütigen. In den Lehrräumen und Zeichensälen der Gewerbeschule unterrichteten zwölf Lehrer Rechnen, Geometrie, Aufsatz, deutsche Sprache, Physik und Mechanik, Buchhaltung und Wechsellehre, Freihandzeichnen, geometrisches Zeichnen, Modellieren, kunstgeschichtliches Zeichnen und Malen. Hauptunterrichtsgegenstände waren technisches und dekoratives Zeichnen sowie Konstruktionszeichnen. Daneben standen Fächer zur Erweiterung der Schulkenntnisse und deren Verwertung im Gewerbe. Die Schüler waren eingeteilt nach: Baugewerbe, Maschinengewerbe, Kunst- und Kleingewerbe. Angeschlossen waren eine Sonntagszeichenschule, Abendkurse, eine Wintertagesschule für Bauhandwerker und eine Modellierschule. Für die Zukunft war die Erweiterung zu einer Kunstgewerbeschule angedacht, wofür der Lederindustrielle Johann Baptist Doerr einen größeren Betrag zur Verfügung stellte. Das Ausbildungsangebot war offensichtlich darauf angelegt, die Umsetzung des Gedankens ist aber nicht erfolgt. Finanziert wurde die Gewerbeschule über Schulgeld sowie Zuschüsse von Stadt, Kreis und Staat. Der Bau des Schulhauses brachte eine starke Zunahme des Besuchs. 1885 wurden nur 170 Schüler unterrichtet, Hofmann hatte für 400 geplant, 1891/92 kam die Schülerzahl an 650 heran. Gleichzeitig nahm die Schülerzahl der wenig erfolgreichen städtischen Fortbildungsschule, die in erster Linie eine Fabrikarbeiterschule war, ab. Der steigende Bedarf an Raum führte zu einem 1903 in Dienst gestellten Anbau an der Gewerbeschulstraße. Dadurch erhielt der Gebäudekomplex eine L-Form, was den gut proportionierten Solitärbau Hofmanns zwar beeinträchtigte, aber die Einheit der Schule si-

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cherte. Die Gewerbeschule wurde bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts in ihrer ursprünglichen Funktion genutzt. Angebliche bauliche Probleme erwiesen sich als vorgeschoben, um zu einem – sicherlich notwendigen – Neubau zu kommen. Der HofmannBau dient nach guter Renovierung inzwischen als Jugendmusikschule, Kindertagesstätte und Zwecken der Volkshochschule106.

Luthergedenken – Volksschauspiel – Theaterbau: die ›Wormser Neuromanik‹ Die »Wormser Neuromanik« ist nicht von Karl Hofmann erfunden worden. Sie geht vielmehr auf den Berliner Architekten Otto March (1845 –1913) zurück und besitzt eine bemerkenswerte Genese. Anlässlich des 400. Geburtsages des Reformators Dr. Martin Luther regte Friedrich Wilhelm (v.) Schoen (1849 –1941), ein Vetter des Frhrn. C. W. v. Heyl, Teilhaber der Heyl’schen Lederwerke und 1878 bis 1892 Stadtverordneter 107, angesichts fantasieloser Vorschläge aus evangelischen Kreisen an, in der Dreifaltigkeitskirche ein noch zu schreibendes Lutherschauspiel mit einem professionellen Hauptdarsteller und im Übrigen Laien aufzuführen. Der große Erfolg des von dem Berliner Schriftsteller und Bühnenautor Dr. Hans Herrig (1845 –1892) verfassten Luther-Spiels ließ Schoen über die Etablierung von »Volksschauspielen« in Worms nachdenken. Neben einer Spielschar und Stücken war dazu auch ein Theaterraum notwendig, an dem es in Worms – abgesehen von einer Bühne für alles und jedes im »Wilden Mann« in der Petersstraße – mangelte, im Gegensatz zu Darmstadt und Mainz mit ihren Theaterbauten. Sowohl der Gedanke der Laienspiele wie die Vorlage geeigneter Stücke sollten sich auf Dauer nicht wie erhofft entwickeln. Hingegen führte die Forderung nach einer Spielstätte zur Planung und Realisation des Wormser »Spiel- und Festhauses«. 1887 legte Schoen eine Denkschrift über »Ein städtisches Volkstheater und Festhaus in Worms« vor, die er bereits mit Vorstellungen von Herrig und March zu diesem Thema abgestimmt hatte. Nachdem es ihm gelungen war, Stadtvorstand und Bürgerschaft für seinen Theaterbau-Gedanken zu begeistern, trugen von Stadtverordneten durchgeführte Haussammlung, Spenden, eine von dem Privatbankier Max Levy in mehreren deutschen Ländern organisierte Theaterlotterie, städtische Mittel und nicht zuletzt die finanzielle Förderung durch den Initiator zur Sicherung der finanziellen Basis bei. Der Architekt Otto March wurde vom Festhaus-Bau-Komitee für die Planung gewonnen und entwarf, erstmals prononciert für Worms, einen Rundbau mit Eingangsfassade im Stil der Neuromanik. Ausdrücklich bezog sich March dabei auf das Gegenüber des spätromanischen Dom-Westchores. In einem Brief an den Kölner Architekten Ludwig Arntz, der als verantwortlicher Bauleiter fungieren sollte, erläuterte Schoen im August 1887, verlangt würden Bauerfahrung, das große Talent einen Kostenvoranschlag einzuhalten, Gewandtheit im Verkehr mit den städtischen Auftraggebern wie den Unternehmern, vor allem aber Verständnis für mittelalterliche bzw. romanische Formen, da der gewählte Styl, keineswegs streng romanisch, sich doch grundsätzlich von den modernen im Sinne der Renaissance fern hält

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und dem in der Nähe befindlichen Dome nicht wehe thun darf. Der Bau auf dem »Lehmbuckel« unmittelbar östlich der Bahnlinie wurde mit der Grundsteinlegung am 4. Juli 1888 begonnen und konnte am 20. November 1889 eingeweiht werden. Sowohl das Jahr wie das zur Einweihung aufgeführte Volksschauspiel »Drei Jahrhunderte am Rhein« bezogen sich auf die Zerstörung von Worms im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 und den mühsamen, aber inzwischen so erfolgreichen und eindrucksvollen Wiederaufstieg der Stadt108. Das Eröffnungsstück, wiederum von Hans Herrig verfasst und musikalisch von einem Eingangschor des in Worms geborenen Komponisten Friedrich Gernsheim (1839 – 1916) eingeleitet, geriet allerdings zum gereimten Geschichtsunterricht und erhielt bald den Spitznamen »Drei Jahrhunderte Langeweile am Rhein«. Daran konnte auch ein Besuch Kaiser Wilhelms II. am 8. Dezember 1889 gemeinsam mit Großherzog Ludwig IV. nichts ändern, zumal seine Majestät das Theater alsbald nach Ende der Vorstellung etwas überstürzt verließ und Ehrengäste wie Stadtvorstand mit dem vorbereiteten Büfett alleine ließ. Schoens Hoffnung auf die Etablierung von Volksschauspielen zerschlug sich mangels geeigneter Stücke, oder, wie er es formulierte: »Es fehlten die Dichter.« Lediglich mit dem Schauspiel »Die heilige Elisabeth« von Wilhelm Henzen gelang ihm ein nennenswerter Erfolg, der aber keine Weiterführung erfuhr. Stattdessen erlebte das Spiel- und Festhaus 1893 ein Hessisch-Pfälzisches Musikfest 109, 1905 –1907 Theateraufführungen im Rahmen der Wormser »Rosenfeste«110 und 1912 das Festkonzert zum Hundert-Jahre-Jubiläum der Musikgesellschaft und Liedertafel, bei dem Werke von zwei in Worms geborenen Komponisten erklangen: die Tondichtung für großes Orchester »Zu einem Drama«, op. 82, von Friedrich Gernsheim (1839 –1916) und die ›Zweite Musik für Orchester mit Orgel‹ (1910) von Rudi Stephan (1987–1915) 111. Auch dem 27. Anthropologen-Tag 1896, dessen berühmtester Gast der Pathologe, Reichstagsabgeordnete und Vorgeschichtler Geheimrat Rudolf Virchow war, dem 34. Anthropologen-Kongress von 1903, dem eine kontroverse Debatte über bürgerliche Turner und Arbeiterturner provozierenden Deutschen Turntag 112 ebenso wie einer Tagung des Evangelischen Bundes 1907, dem XV. Delegiertentag des Verbandes deutscher Journalisten- und Schriftstellervereine 1908, der Hauptversammlung des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine in Verbindung mit dem 9. Deutschen Archivtag gemeinsam mit dem 10. Verbandstag der West- und Süddeutschen Vereine für römisch-germanische Altertumsforschung 1909, der Jahreshauptversammlung des Bundes Deutscher Verkehrsvereine 1911 oder einem Worms-Besuch der in Frankfurt tagenden Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft des Judentums 1914 bot das »Festhaus« den geeigneten Rahmen 113. Der Komplex aus Spiel-(Theater) und Festhaus (Räume für Festlichkeiten, Gaststätte) dient nach einem Bühnenausbau, Umbauten, einer Brandstiftung 1932 und der weitgehenden Zerstörung im Frühjahr 1945 samt Wiederaufbau 1966 bis heute als Wormser Kunsttempel für Fremdbespielung mit Opern und Konzerten, die vor 1914 vor allem aus Darmstadt erfolgte. Seine Bühne erlebte Operetten, Schauspiele, E- und U-Musik, Fastnachtspossen sowie Feierlichkeiten aller Art114. Friedrich Wilhelm (v.) Schoen, der Worms 1892 verlassen hatte und in München, später in der Nähe von Berchtesgaden lebte, wurde zum großen Förderer von Richard Wag-

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ners Musik wie der Münchener Glyptothek. Das brachte ihm 1909 die Erhebung in den erblichen Adelsstand durch Prinzregent Luitpold von Bayern ein. Worms hat ihm anlässlich seines 90. Geburtstages 1940 die Ehrenbürgerschaft verliehen, gerade noch rechtzeitig, ehe er 1941 starb115.

Bauordnung und Bauverwaltung Im Großherzogtum Hessen war 1881 ein Gesetz über die allgemeine Bauordnung erlassen und durch eine Ausführungsverordnung ergänzt worden. Daraufhin beschloss die Stadtverordnetenversammlung 1883 eine Ortsbauordnung, gegliedert in drei Abschnitte: 1. Vom Ortsbauplan und der Anlage von Straßen; 2. Herstellung und Eröffnung von Straßen; 3. Allgemeine Vorschriften. Nach Prüfung durch das Kreisamt und einigen Änderungen wurde sie im Frühjahr 1885 von der Aufsichtsbehörde genehmigt. Dieses 1888 im Hinblick auf eine Senkung der für die Stadt entstehenden Ausbaukosten nochmals überarbeitete »Orts-Statut zur Ausführung der allgemeinen Bauordnung in der Stadt Worms« enthielt detaillierte Angaben zur Neuanlage von Straßen und zum Bau von Gebäuden unter Berücksichtigung einzelner Straßen und Plätze. Offensichtlich waren bereits städtebauliche Überlegungen von Karl Hofmann eingeflossen. Ergänzt wurde das Statut 1891 durch eine »Local-Polizei-Ordnung« als Grundlage für die Arbeit der Baupolizei. Der zügig vorangehende Stadt- und speziell der Hafenbau einschließlich des damit verbundenen Geländegewinns für Industriebauten erforderte 1895 eine weitere Ergänzung zur Herstellung der Rechtsklarheit116. Die Bedeutung, die der Stadtvorstand dem zukünftigen Ausbau der Stadt im privaten, öffentlichen und wirtschaftlichen Bereich zumaß, lässt sich an der Neuorganisation der Bauverwaltung ablesen. Dabei wurde auf die Erfahrung vom Ende der Amtszeit Eulers einschließlich der Mahnung Wiessells zurückgegriffen117. Das führte zu einer wesentlichen Verbesserung der personellen und materiellen Ausstattung. Hofmanns Baubüro in der »Eulenburg« an der Mainzer Straße (heute DRK-Altenheim) umfasste anstelle eines angelernten Mitarbeiters wie bei Euler 1888 bereits sieben qualifizierte, gut ausgebildete Bedienstete mit differenzierten Aufgabenbereichen. Doch war beim Umfang der anstehenden Projekte vorauszusehen, dass auch dies nicht ausreichen würde. Eine bessere räumliche Ausstattung erfolgte mit dem Umzug in das ehemalige Gymnasial- und Schulgebäude am Marktplatz, das als Bauamt eingerichtet wurde. Damit rückte dieses für die Stadtentwicklung wichtige Amt näher an das Rathaus mit Verwaltung und politischen Entscheidungsgremien heran. Um die absehbare Arbeitsüberlastung des Stadtbaumeisters aufzufangen, kam es 1890/91 zur Trennung der Bereiche Hochbau (Hofmann) und Tiefbau einschließlich Hafenbau (Diplomingenieur Karl Seibert). Bebauungspläne waren künftig gemeinsam von Hoch- und Tiefbauamt zu erarbeiten, wobei dem Hochbauamt die »Wahrung der künstlerischen Interessen« und damit ein übergeordnetes Mitspracherecht zukam. Im Laufe der Jahrzehnte bis 1914 wurden Wasser- und Gaswerk, Hafenbetrieb sowie das Elektrizitätswerk von 1911 verselbstständigt. Um 1905 erfolgte eine Um-

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Karte 12: Hofmann-Plan/Stadtbauplan 1889

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organisation der Bauverwaltung zu einer Verwaltungseinheit mit der Bezeichnung »Bauamt«, unter dessen Dach neun Abteilungen mit Abteilungsleitern tätig waren und deren Organisationsform weitgehend bis 1939 gültig blieb118.

Stadtbauplan Die Verwaltungsrechenschaftsberichte des Oberbürgermeisters weisen für die Zeit nach dem Dienstantritt Hofmanns zahlreiche von der Stadtverordnetenversammlung verabschiedete Bebauungspläne aus. Dringend notwendig erwies sich eine Gesamtkonzeption, wie sie das Ortsbaustatut als Grundlage für eine zukunftsgerichtete Planung forderte. Hofmann legte sie als kommentierten Stadtentwicklungsplan 1889 vor 119, drei Jahre nach seinem Dienstantritt als Stadtbaumeister120. Sein gedruckt vorliegender Plan und der umfangreiche »Erläuterungsbericht zum Stadtbauplan für Worms«121 verdeutlichen neben einer innerstädtischen Erneuerung schwerpunktartig die Stadterweiterung. Bereits errichtete, im Bau befindliche oder geplante Neubauten erweisen sich dabei als Kristallisationspunkte: im Süden die Neusatzschule (1889), im Westen die Gewerbeschule (1887) und der Wasserturm (1890), im Norden das Krankenhaus (1888) und das Hafenprojekt (1890 –1893). Für den Osten stand neben der Errichtung von Gas- (1889) und Wasserwerk (1889) ein weiterer Schulbau (Nibelungenschule 1900) und die Sicherung der Stadt gegen Hochwasser an, verbunden mit der Gewinnung neuen Baulandes zwischen der Stadtmauer und den anzulegenden Ringstraßen. Die im »Hofmann-Plan« grau schraffierten Flächen geben keine geschlossene Bebauung wieder. Auch die vorgesehenen Straßen, vor allem die große Ringstraße um die Stadt, waren Planungsziele. Tatsächlich belegt der Stadtplan von 1898, dass die Bautätigkeit im letzten Jahrzehnt vor der Jahrhundertwende eher schwach war, sieht man von den erwähnten Kommunalbauten einschließlich der Hafen- und Uferbauten ab. Ursache dafür war die erwähnte Wirtschaftskrise in der Mitte von Küchlers Amtszeit. Erst danach erlebte die Stadt einen regelrechten Bauboom, zu dem auch die zahlreichen innerstädtischen Umbauten am Marktplatz (Kaufhaus Goldschmidt) und in der Kämmererstraße (Lohnstein, Hüttenbach, Eckbereich Kämmererstraße/Hardtgasse/Römischer Kaiser, Ludwigsplatz) sowie in der Kaiser-Wilhelm-Straße gehörten122. Jetzt erst begann sich die Weststadt jenseits der Bahnlinie zunehmend zu einem bevorzugten Wohngebiet zu entwickeln, das unmittelbar nach der Jahrhundertwende mit der Platzgestaltung Wasserturm (1890) – Eleonorenschule (1906) – Lutherkirche (1912) einen städtebaulichen Mittelpunkt erhielt, der zwar im »Hofmann-Plan« noch nicht vorgesehen war, aber dessen sinnvolle und kontinuierliche Weiterführung bedeutete. Insgesamt zeigt sich in den Planungen und ihren, wenn bisweilen auch verzögerten, Realisationen die positive Erwartung, die man in die Weiterentwicklung der Stadt setzte. Auf Initiative des Industriellen C. W. Frhr. v. Heyl, die ihre Initialzündung anlässlich eines Besuches des Großherzogs Ernst Ludwig und seiner (ersten) Frau Victoria Melita 1895 in Worms erfuhr, kam es im nahezu unbebauten Liebenauer Feld im Nordwesten der Stadtgemarkung hinter der Landwehr-(Bebel-)straße zur Anlage einer beispielhaften

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Abb. 54: Nibelungenschule, 1900

Arbeiterwohnsiedlung um die damalige Lazarett- und spätere Alicestraße, Letztere genannt nach der sozial und für Frauenfragen engagierten Frau Großherzog Ludwigs IV. 123. Die noch heute gebräuchliche Bezeichnung »Kiautschau« (vgl. Tafel 32a) geht auf ein 1897 zeitgleich vom Deutschen Reich für 100 Jahre gepachtetes Gebiet auf der chinesischen Halbinsel Schantung zurück. Karl Hofmann entwarf 1896/97 zwei Prototypen der für jeweils zwei Familien gedachten, freistehenden und mit einem kleinen Garten versehenen Häuser im Landhausstil. Bauträger waren für den Kern der Arbeiterwohnsiedlung die Lederwerke C. Heyl, für die sie umgebenden Häuser eine 1897 gegründete »Aktiengesellschaft zur Erbauung billiger Wohnungen namentlich zum Besten von Arbeitern in Worms«. Als Aktionäre beteiligten sich an ihr neben den Lederwerken C. Heyl, von der die Hälfte der Aktien übernommen wurde, die Lederfabrik Doerr & Reinhart, die Kunstwollfabrik W. J. D. Valckenberg, die Brauerei Werger (Apostelbräu), die Pfälzische Bank, das Kaufhaus Goldschmidt am Marktplatz und die Stadt durch die Sparkasse124. »Licht, Luft und Wasser in Fülle und Reinheit« war für Hofmann eine Grundforderung an den Stadtbau. Entsprechend mussten die Kanalisation erweitert und in den Neubaubereichen die Straßen angemessen dimensioniert sowie planvoll durch Bäume, Vorgärten und Plätze begrünt werden. Die alte Innenstadt sei hingegen möglichst wenig anzutasten, um ihren historischen Charakter zu wahren. Grün für die Innenstadt konnten Plätze wie der Ludwigsplatz und die parkähnliche Umgestaltung des geschlossenen Alten Friedhofs zwischen Renzstraße und Bahnlinie bringen. Eine Veränderung sollte

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der Bereich nördlich neben der Dreifaltigkeitskirche erfahren, wozu die fünf kleinen Häuser der so genannten »Insel« zwischen Kirche und Petersstraße 1891 abgerissen wurden. Zur Neugestaltung der sich dabei ergebenden großen Freifläche, die dem Marktplatz zugeschlagen wurde, kam es erst nach den Kriegszerstörungen von 1945 mit dem Neubau des Rathauses (1958)125. Notwendig erschienen Straßendurchbrüche, um eine bessere Erschließung zu erreichen und die Bereiche außerhalb der Stadtmauer anzubinden (Raschitor, Andreastor, Abriss der Pfalzgrafenhofkaserne). Die erwünschte Schaffung einer Verbindung der historischen Innenstadt zum Rhein, wofür an eine Weiterführung der jedoch auf Dauer als kleine Gasse weiter bestehenden »Pfalzgrafenhofstraße« gedacht war, ließ auf sich warten. Sie kam erst als Tangente außerhalb der Stadtmauer beim Bahnhofsneubau (1904) mittels Durchbruch der geschlossenen Straßenrandbebauung an der Mähgasse/Friesenstraße und Überbrückung dieser Verbindung beim Bau der Nibelungenschule zum Nibelungenring zu Stande (Siegfriedstraße-Berliner Ring). Die nach 1945 angelegte Achse Brunhildenbrücke-Kriemhildenstraße-Stephansgasse-Petersstraße-Herzogenstraße stand nicht zur Debatte. Seine Gestaltungsmotivation hat Hofmann, sowohl auf die Innenstadt wie auf die Stadterweiterung bezogen, so formuliert: Der Bedarf umfasst aber nicht blos das Notdürftige, sondern auch das Zweckmäßige, nicht blos das Dringliche, sondern auch das später Erforderliche, nicht blos das Nützliche, sondern auch das Schöne 126. Verhältnismäßig starr erweist sich sein vorgeschlagenes Straßensystem. Hier brachte er in der Folgezeit selbst Korrekturen an. Sein Nachfolger Metzler versuchte sich unter dem Einfluss jüngerer Auffassungen, die mit auf den Überlegungen des Architekturtheoretikers Camillo Sitte basierten, von dem älteren Winkelschema zu Gunsten geschwungener Straßenverläufe zu lösen. Doch lassen Neuanlagen der Jugendstil- und Gartenstadtzeit bei guter Architektur der vor und unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg entstandenen Häuser davon wenig erkennen (Hamman- und Sebastian-Münster-Straße, Pestalozzi- und Bennigsenstraße). Nur am Rande ging Hofmann auf die Industriebereiche ein. Im Süden war mit den Lederfabriken Doerr & Reinhart und C. Heyl ein industrieller Schwerpunkt entstanden, der so erhalten bleiben sollte. Im Norden hingegen hielt er den stadtnahen Industriestandort um die Kunstwollfabrik Valckenberg, die Kammgarnspinnerei Bietigheim und die Chemische Fabrik van Baerle & Wöllner für ungeeignet. Mit dem Hafenbau entstand neues Industriegelände, das eine Verlagerung dieses Industriestandortes nahe legte, wenn es auch bis nach 1945 nicht dazu kam. Ein kleinerer Industriestandort bildete sich am neu angelegten Floßhafen heraus (Wassergas-Schweißwerk, später an seiner Stelle ab 1939 kriegsbedingt die Stahlgießerei Dingler & Karcher; Deltawerke). Einige mittelständische Industriefirmen, vor allem die Brauereien, hatten sich an der Alzeyer Straße angesiedelt oder sollten folgen, ohne dass hier an einen Ausbau als zusätzlicher Industriestandort gedacht war. »Hofmann-Plan«, Erläuterungsbericht, Ortsstatut und Detailpläne zu verschiedenen Straßen, dem Wasserturm, dem Gas- und Wasserwerk samt entwickelten Straßenlampen für Gasbetrieb, der Eichanstalt, dem Spiel- und Festhaus sowie zu Krankenhaus und Gewerbeschule wurden auf Grund einer Einladung an die Stadt Worms 1890 auf der Ersten

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Internationalen Architekturausstellung in Turin präsentiert. Modelle ergänzten das Planmaterial. Neben Städten wie Berlin, Hamburg, Leipzig, Magdeburg, München und Halle konnte Worms glänzend bestehen und wurde mit der höchsten von der Jury vergebenen Auszeichnung bedacht, einem Ehrendiplom127.

Kommunale Großprojekte und Dom-Westchor-Restaurierung Parallel zum durch die Neuromanik geprägten Theaterbau Marchs, zu dem Karl Hofmann noch einen leichten, einem Zirkusbau ähnelnden Entwurf vorgelegt hatte, zeichnen sich seine Kommunalbauten nach der Übernahme des Stadtbaumeisteramtes durch historisierende Formen mit dem eindeutigen Schwerpunkt auf der Neuromanik aus. Hofmann hat nicht »romanisch« gebaut, sondern Formen, Elemente und Materialien der Romanik (Buntsandstein) benutzt. Die optische Prägung der Stadt durch Kirchengebäude des 12./ 13. Jahrhunderts suchte er, bei Berücksichtigung der neuzeitlichen Funktion seiner Bauten, in einen »Lokalstil« aufzunehmen. Diese paradigmatische Wormser Besonderheit hat Michael Bringmann in mehreren Arbeiten herausgestellt 128. Hofmann und sein Bruder Ludwig, aber auch Hermann Haldenwang (1849 –1920, in Worms 1881–1908), der in seiner Vielfalt zwischen Historismus und Jugendstil produktivste Privatarchitekt der Hofmann-Zeit (»Fischereck« in der Rheinstraße für Karl Werger, alte Jahnturnhalle, Häuser 16 und 18 in der Gewerbeschulstraße, Bauten für Mitglieder der Familie Bittel in der Festhaus- bzw. heutigen Rathenaustraße sowie am Bittel-Park und in der ehemaligen Ulmen-, jetzigen Rudi-Stephan-Allee), haben den Gewohnheiten ihrer Zeit entsprechend »malerisch« gebaut und dabei unterschiedliche Stilelemente gemischt. Für Hofmann beginnt das mit der städtischen Eichanstalt Ecke Hagen- und Ludwigstraße. Im Bereich des ehemaligen Klosters Maria Münster an der Klosterstraße rekurrierte der Stadtbaumeister bei den Gebäuden für Gas- und Wasserwerk offensichtlich auf den so genannten »Klosterbaustil« am Übergang von der Romanik in die Gotik, beim dazugehörigen Wasserturm aber auf die als Neuromanik erscheinende Spätromanik des 12. Jahrhunderts. Bei der für den Bedarf der Volksschule erbauten Neusatzschule, errichtet an der Stelle der in den Lederwerken C. Heyl aufgegangenen ehemaligen Lederfabrik »Wormatia« (heute am Willy-Brandt-Ring), heißt es im Verwaltungsrechenschaftsbericht 1891/92 programmatisch: Um dem Gebäude einen würdigen monumentalen Charakter zu verleihen, haben auf die Wahl der Bauform und Baustoffe die ehrwürdigen Zeugen romanischer Zeit, die das Wormser Stadtbild beherrschen, bestimmend eingewirkt129. Und in der Zeitungsbeilage »Bote aus dem Wonnegau« meint der Berichterstatter: Die in mittelalterlichen Formen ausgebildete Fassaden der Anstalt zeigen ein malerisches Gepräge. Da es sich um einen Grundtenor handelt, können diese Aussagen auf nahezu alle Bauten Hofmanns übertragen werden und galten ebenso für das 1986 einem Großfeuer zum Opfer gefallene Lagerhaus am Handelshafen wie für das 1945 durch Bomben zerstörte Haus »Zum Kaiser Rotbart« am Barbarossaplatz mit Türmen und einer verbindenden »Wandelhalle« vor dem zurückgesetzten Parterre, einer von Hofmann als historisierendes wie malerisches Ele-

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ment vorgeschlagenen Arkadenreihe. Wegen des Raum- und Wärmeverlustes konnten die bei Bauherren unbeliebten Arkaden jedoch nur noch an der Neutorstraße, zwischen Stein- und Renzstraße sowie, dort allerdings ausgeprägt und als Pausenhalle genutzt, bei der Nibelungenschule gebaut werden. Ein gerne als Beispiel für Hofmanns »Neuromanik« in Anspruch genommener Bau ist der erhalten gebliebene linksrheinische Turm der Ernst-Ludwig-(heutige Nibelungen-)brücke. Er wurde jedoch einem Wehrbau aus dem 17. Jahrhundert nachgebildet, der Mainzer Pforte in der äußeren Stadtumwallung (Ecke Mainzer Straße/Pfortenring). Seine Spätrenaissanceformen hat Hofmann durch die Verwendung von Rundbögen, Säulen und Plastiken behutsam, wenn auch gründlich, »romanisiert«. Damit stellt der mächtige Turm (Tafel 12) mehr noch als ein »historisierendes« ein eklektisches Baudenkmal dar 130. Da sich der Stadtbaumeister vom Privatbau möglichst fern halten sollte, hat Hofmann bei eigenen Planungen für die Bauausführung seinen Bruder Ludwig herangezogen. Er baute neben Wohn- und Geschäftshäusern im Bereich Römischer Kaiser (Südseite, heute Kaufhof) auch drei Villen auf der Westseite der Festhaus-(heute Rathenau-)straße, denen stilistisch Vorstellungen des Stadtbaumeisters zu Grunde lagen. Karl Hofmann konnte sich indessen durchaus anders gearteten Bauaufgaben anpassen. Das zeigten sein Entwurf für eine »Heilanstalt für Lungenkranke« der Stadt Worms im Odenwald in Winterkasten (nicht realisiert) oder sein verspieltes Privathaus an der Gaustraße vor dem Neuhauser Tunnel (zerstört), vor allem aber seine Arbeiten außerhalb von Worms131. Für Worms hielt er auch später daran fest, dass der neuromanische Lokalstil der Stadt ihr eigenes und unverwechselbares Gesicht verleihe. Er beherrschte die Kunst, Funktion und Ansprüche an den Bedarf etwa bei Schulen oder technischen Bauten einerseits mit seiner »Worms-Konzeption« andererseits zu verbinden. Man hat seinen Stil als »rheinisch-deutsch« bezeichnet und vom »Anklingen an die mittelalterlichen rheinisch-hessischen Architekturformen« gesprochen. Dabei sei er ein »Feind allem Blendwerk, ein Meister ehrlicher, deutscher Kunst« geblieben. Jedenfalls war er ein solider Handwerker, der zudem die Fantasie aufbrachte, einer stecken gebliebenen Kleinstadt, die den Sprung nach vorne wagen wollte, eine neue optische Prägung zu verleihen. Für seine Bauten hat sich seit einigen Jahrzehnten die Bezeichnung »Nibelungenstil« durchgesetzt. Er selbst hat sie nie benutzt. Zutreffender ist die Charakterisierung durch Bringmann, der von einem »außergewöhnlichen Paradigma für die Konservierung und Vervollständigung eines Stadtbildes unter dem Eindruck einer geschichtlichen Glanzzeit« spricht. Die Stadt habe mit der Kombination von modernen Bauaufgaben und Einbeziehung von Elementen ihrer historischen und künstlerischen Vergangenheit »Fortschrittlichkeit und Anerkennung der Tradition in eins« dokumentiert132. Dass neben der lange dominierenden Historie sich das Interesse an der Sagenwelt und speziell am Nibelungenthema regte, steht außer Zweifel. Dennoch gehört die »Nibelungenstadt« in die Zeit nach Hofmann 133. Zu verdanken ist Hofmann die Rettung des großartigen Westchores des Wormser Domes134. Bemühungen um Restaurierungsarbeiten gab es, mit unterschiedlicher Intensität, seit der Bildung des ersten Dombauvereins 1856135. Nach kleineren Arbeiten im Inneren und Äußeren des Gotteshauses stand immer dringlicher die Sicherung des sowohl infolge von Brandschäden (1689) wie auf Grund ungenügender Fundamentierung

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zunehmend instabil gewordenen Westchores als große Aufgabe an. Dabei kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den Fachleuten um eine geeignete Technik, vor allem aber um die Frage, ob der Westchor unter Umständen abgetragen und, nach erfolgter Fundamentsicherung, wieder aufgebaut werden dürfe. Trotz mehrerer Gutachten konnte man sich nicht auf einen zumindest mehrheitsfähigen Vorschlag einigen, da die Front der Abtragungsgegner um Gabriel v. Seidl jedes Weiterkommen verhinderte. Dennoch setzte sich schließlich Hofmann, der im Nebenamt als Dombaumeister fungierte, gegen alle Widerstände durch. Nach der Abtragung und den notwendigen Sicherungsarbeiten erfolgte die Neuerrichtung weitgehend mit dem zuvor nummerierten Original-Steinmaterial. Die Arbeiten begannen 1901 und wurden mit dem Aufrichten des Kreuzes auf der Westkuppel 1906 beendet. Damit war der weitere Zerfall und ein möglicher Einsturz verhindert. Vor allem aber blieben Bild und Charakter des Bauwerks erhalten, was Gabriel v. Seidl in ehrlicher Anerkennung der Leistung Hofmanns ausdrücklich bestätigt hat136.

Innenstadtplätze Zur Innenstadtgestaltung gehörte die durch C. W. v. Heyl angeregte und geförderte Aufstellung eines Denkmals für den Ehrenbürger Fürst Bismarck137 mit einer von Reinhold Begas geschaffenen Büste des Reichskanzlers 1890 auf dem Rheintorplatz. Für den 1895 hergerichteten Schlossplatz stiftete er eine Kopie des Nürnberger Labenwolf-Brunnens aus dem 16. Jahrhundert, die 1904 aufgestellt wurde138. Nach dem Tod Großherzog Ludwigs IV. 1892139 war in Worms, ebenfalls gefördert durch den Frhrn. v. Heyl, schnell die Absicht aufgekommen, ihm ein Denkmal zu errichten. Nachdem zunächst der Obermarkt im Gespräch war, entschloss man sich zu einer Neugestaltung des bisher als Paradeplatz der Garnison genutzten Bereichs südlich neben der Martinskirche. Der von Hofmann vorgelegte und realisierte Entwurf sah einen Obelisken mit Bild des Großherzogs in Generalsuniform, zwei hessischen Löwen und einer aus einem Drachenmaul gespeisten Brunnenschale vor. Die plastischen Arbeiten einschließlich des Bronzemedaillons mit dem Bildnis des Großherzogs modellierte der aus Worms stammende Karlsruher Bildhauer Johann Hirt. Inschriften wiesen auf Kampfstätten hessischer Truppen im deutsch-französischen Krieg 1870/71 hin. Den Platz zwischen dem gegenüber an der Kämmererstraße 1888 erbauten Kaiserlichen Postamt und dem Denkmal, an das sich nach Westen eine Steintribüne für Konzerte der Garnisonskapelle anschloss, nahm ein eingegrünter Teich mit einer Fontäne ein. Mit diesem Ensemble, in das sich auf der Nordseite die romanische Martinskirche einfügte, war der schönste innerstädtische Platz entstanden. 1895 konnte er in Anwesenheit von Großherzog Ernst Ludwig und seiner Schwester Victoria eingeweiht werden. Von der einstigen Qualität der Hofmann’schen Schöpfung zeugen nur noch Abbildungen. Doch wurde nach längerer Nutzung als Parkplatz 1992 wenigstens das Denkmal, wenn auch in reduzierter Form, wieder aufgerichtet140.

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Amtsgericht Das 1879 eingerichtete Amtsgericht besaß zunächst kein eigenes Gebäude. Es musste sich mit einer provisorischen Unterbringung im ehemaligen Gymnasialgebäude an der Wollstraße begnügen, wo die Stadt gerne einen Teil der Volksschule als »Augustinerschule« unterbringen wollte. Einem Umzug in das nach dem Bau des neuen Stadtkrankenhauses leer stehende ehemalige Hospitalgebäude lehnte die Regierung ab. Nach verschiedenen weiteren Vorschlägen, bei denen es in der Stadtverordnetenversammlung zu kontroversen Diskussionen wegen der »Würde des Gerichts« kam, einigte man sich mit Regierung und Justizverwaltung auf den Abriss des Hospitals und den Neubau eines Amtsgerichtsgebäudes einschließlich eines eigenen Traktes für das Gerichtsgefängnis. Wiederum beteiligte sich die Stadt an den entstehenden Kosten. 1891 erfolgte die vertragliche Regelung des Kaufs. Am 24. Januar 1894 konnte der Neubau bezogen, am 26. Januar in Dienst gestellt werden. Wie die WZ seinerzeit berichtete, soll es im Anschluss an die offizielle Einweihungsfeier sehr feuchtfröhlich zugegangen sein. Die Renaissanceformen aufgreifenden Entwürfe waren beim Ministerium in Darmstadt angefertigt worden, die Detailausführung samt Innenausbau war Sache des Kreisbauamtes unter Leitung von Kreisbaumeister Friedrich Groß. Er wurde dabei unterstützt von den Regierungsbaubeamten Adam Paul und Georg Metzler, dem späteren Wormser Stadtbaumeister und Nachfolger von Karl Hofmann. Die meisten Gewerke konnten von Wormser Firmen ausgeführt werden, was die Bedeutung von Staatsbauten für das einheimische Handwerk unterstrich. Eine bereits in der ursprünglichen Planung vorgesehene Aufstockung des zunächst zweigeschossigen Gebäudes einschließlich des barockisierenden Daches erfolgte 1906141.

Garnison und Kasernenneubau Weniger unter militärischen als unter wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aspekten war der Standort als Garnison wichtig. Von dem »Wormser« 4. Großherzoglichen Infanterie-Regiment (Prinz Carl) Nr. 118 lag, nicht zuletzt wegen unzureichenden Kasernements, nur ein Bataillon in der Stadt. Die übrigen Teile des Regiments lagen in Mainz und Offenbach142. Zwar war inzwischen eine Besserung der Lazarettverhältnisse durch Eulers Neubau an der Mainzer Straße erfolgt 143. Der Wunsch auf Verlegung des ganzen Regiments setzte jedoch den Neubau einer Kaserne voraus. Ein Erfolg der einschlägigen Bemühungen Küchlers und des gesamten Stadtvorstandes seit 1884/85 zeichnete sich 1890 ab. Als Hauptschwierigkeit erwies es sich, einen geeigneten Platz für die Kasernenanlage zu finden. Die geringe Ausdehnung der Stadtgemarkung stellte erneut ein Hemmnis bei Zukunftsplanungen dar. Daher kam schon früh der Bereich unmittelbar nördlich neben dem Stadtkrankenhaus in die Diskussion, obgleich den Stadtverordneten die Problematik des Nebeneinanders von Krankenhaus und Kaserne von Anfang an vor Augen stand.

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Außerdem befand sich auf dem zur Diskussion stehenden Gelände das Militärlazarett von 1878. Trotzdem entschieden sich Stadt, Land und Reich für den Kasernenbau an der angegebenen Stelle. Eulers Lazarettbau wurde zu einer »Offiziersspeiseanstalt« (Offizierskasino) umgebaut. Das Lazarett erhielt erneut einen Neubau. Geplant von Karl Hofmann, konnte es im Westen der Stadt zwischen Liebenauer (heute Friedrich-Ebert-) Straße, Erenburger Straße und Hochheimer Straße am 1. Oktober 1897 in Dienst gestellt werden144. Die mit den Planungen, Umbauten und Neubauten verbundenen Verpflichtungen der Kommune, die zum Teil noch auf die napoleonischen Dekrete zurückgingen und trotz Unterstützung durch das Reich beträchtlich waren, bedeuteten zunehmend ein finanzielles Abenteuer. Dazu trug bei, dass mitten in den Planungen und vorbereitenden Arbeiten 1893 das Reichsgesetz über die Heeresverstärkung erlassen wurde, was bei Zunahme der Sollstärke des Regiments weiteren Geländebedarf und umfangreichere Baumaßnahmen erforderte. Dennoch blieben Küchler und der Stadtvorstand auf dem einmal eingeschlagenen Weg. An der äußeren Gestaltung der Gebäude wurde Karl Hofmann beteiligt, da die Kaserne nicht als Fremdkörper erscheinen sollte. Küchler beschrieb den Stadtverordneten den Baukomplex als »recht ansehnlich« und die Bauformen passend gewählt, sodass »die Bauten der Stadt zweifellos zur Zierde gereichen würden«145. Unter Leitung des Garnisons-Bauinspektors und späteren Baurats Adolf Pfaff begannen im Frühjahr 1895 die Bauarbeiten. Da die Garnison zum 1. April auf ein volles Regiment zu verstärken war, wonach gegenüber der bisherigen Mannschaftsstärke von 650 Mann jetzt 2 000 Mann untergebracht werden mussten, waren die alten Kasernements für eine Übergangszeit weiterhin zu unterhalten, was erneut Kosten brachte. Zum 1. Oktober 1896, einem Planziel, konnte zunächst nur das in Worms liegende 2. Bataillon in bereits fertig gestellte Teile der neuen Kaserne einziehen. Endgültig belegt wurde sie mit dem gesamten Regiment einschließlich Stab und Regimentsmusik am 1. April 1898. In der Folgezeit mussten noch Schwierigkeiten behoben werden, die sich bei der Anlage eines Exerzierplatzes und des Schießplatzes ergeben hatten. Beides kam nach Zwischenlösungen – unter anderem zeitweilige Nutzung von Teilen der Kisselswiese – und trotz des Widerstandes von Lampertheim auf die rechte Rheinseite in die Lampertheimer Gemarkung.

Der neue Hauptbahnhof und der Brückenschlag über den Rhein Der von Seiten der Stadt und besonders durch den Stadtbaumeister ausgeübte Einfluss auf staatliche Neubauten zeigt sich auch bei einem weiteren Großprojekt: dem Bahnhofsneubau. Der seit 1853 mehrfach veränderte und erweiterte Bahnhof 146 musste sowohl im Gleisbereich wie in den Bahnhofsgebäuden dringend dem aktuellen Bedarf angepasst werden. Hinzu kam die Notwendigkeit, anstatt des schienengleichen Bahnüberganges von der Kriemhilden- in die Liebenauer Straße eine Überbrückung der Gleise herzustellen. Angestrebt war die Lösung von drei Planzielen: 1. Bahnhofsumbau samt

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neuem Empfangsgebäude; 2. eine Eisenbahnbrücke über den Rhein; 3. Verbesserung der Verkehrsanbindung nach Westen in das sich dort entwickelnde Stadterweiterungsgebiet. Von Wormser Seite wurde in den Verhandlungen mit der Regierung und der Ludwigsbahn immer wieder darauf hingewiesen, dass Worms im Gegensatz zu anderen Städten stiefmütterlich behandelt werde und so die Stadt im Konkurrenzkampf mit diesen erhebliche Benachteiligung erfahre. Als nach permanentem Antichambrieren Küchlers bei den Ministerien in Darmstadt und der Ludwigsbahn von Letzterer 1891 endlich ein Vorschlag unterbreitet wurde, entsprach er nicht den Vorstellungen der Stadt. Neben einem zu unbedeutenden Bahnhofsgebäude wurde die vorgesehene Reduzierung des Alten Friedhofs sowie der Bau einer Brücke rund 200 Meter südlich des bisherigen Bahnüberganges beanstandet: Vor allem Letzteres könne man niemandem zumuten! Ein wesentlich ernsterer Streitpunkt war die Frage nach einer Eisenbahnbrücke über den Rhein. So stagnierte die Angelegenheit, ehe die Direktion der 1897 an die Stelle der Ludwigsbahn getretenen Preußisch-Hessischen Eisenbahngemeinschaft 1898 akzeptable Pläne vorlegte. Darin enthalten waren die Überbrückung der Bahn durch die 1901 eingeweihte »Brunhildenbrücke« in Höhe der Donnersberger Straße (heute Friedrich-Ebert-Straße) sowie die Zusammenfassung zweier Brücken über die Gaustraße zu einer Tunnelröhre. Es wurden fünf Gleispaare festgelegt: zwei für die Strecke Mainz-Worms-Ludwigshafen, zwei für die Verbindung nach Monsheim mit Anschlüssen sowohl in die Pfalz wie in das Saargebiet und nach Alzey-Bingen, ein Gleispaar der privaten Süddeutschen-Eisenbahn-Gesellschaft für die Nebenbahnlinie nach Offstein. Die Anordnung der Bahnsteige entsprach weitgehend den heutigen Gegebenheiten. Der Güterbahnhof kam auf die Westseite am Liebenauer Feld. Die auf eine Fertigstellung 1904/05 terminierten Umbauarbeiten erstreckten sich bis 1906. Bereits 1904 eingeweiht wurde das neue, repräsentative Empfangsgebäude (vgl. Abb. 94, S. 779). Sein Architekt, Fritz Klingholz, der auch den Bahnhof in Wiesbaden erbaute, ging auf Wormser Bitten ein, sich dem Stadtbau der Hofmann-Zeit zumindest anzunähern: historisierende Elemente mit Anklängen an den Jugendstil und heiterem Dekor. Die Front der Empfangshalle war in ihrer Stadttorfunktion als ein Pendant zur Tordurchfahrt der Nibelungenschule gedacht. An dem für den Empfang hoher Persönlichkeiten vorgesehenen »Fürstenbau«, der an der Südseite des Bahnhofs eine Verbindung zwischen dem Hausbahnsteig und der Bahnhofstraße herstellte, wurde als »Kleindenkmal« an einem Kapitell Karl Hofmann mit steifem Hut, Kneifer und seinem Hund in Stein gehauen. Die erwünschte Eisenbahnbrücke über den Rhein konnte, nachdem eine feste Straßenbrücke die schwimmende Brücke von 1855 ersetzt und als »Ernst-Ludwig-Brücke« am 26. März 1900 durch den Großherzog eingeweiht worden war 147, am 30. November 1900 ebenfalls eingeweiht und dem Verkehr übergeben werden. Damit verschwanden der rechtsrheinische Bahnhof Rosengarten sowie das dazugehörige Trajekt zum Transport von Reisenden und Wagen über den Rhein, während linksrheinisch Worms-Hafen durch den Haltepunkt Worms-Brücke ersetzt wurde. Auf die architektonische Gestaltung der Brückentürme (Tafel 12) hat Hofmann als Wettbewerbs-Preisträger in beiden Fällen eingewirkt. Mit dem Bau der Straßenbrücke wurde es nach den negativen Erfahrungen mit dem Flusswasserwerk von 1889 möglich, eine Rohrverbindung zwischen dem im Bürstädter Wald zu errichtenden, am 10. Oktober 1905 seiner Bestimmung übergebenen Grund-

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wasserwerk und den älteren Wasserwerksanlagen in der Klosterstraße herzustellen148. Die Rheinüberquerung erfolgte mittels Anbringung der Rohrleitung unter der Brücke. Durch die beiden Brücken wurde jedoch in erster Linie die ungestörte Verbindung zwischen dem linken und rechten Rheinufer sichergestellt, was eine große Erleichterung sowohl für den Fahrzeugverkehr wie für die im Ried wohnenden Arbeiter der Wormser Fabriken brachte. Das Einzugsgebiet der Stadt erweiterte sich zu Gunsten des Einzelhandels auf den rechtsrheinischen Bereich. Darüber hinaus besaßen beide Brücken eine Klammerfunktion zwischen den südlichen Teilen der hessischen Provinzen Starkenburg und Rheinhessen149.

Von Küchler zu Köhler Im Frühjahr 1897 hatte Küchler die Stadtverordneten informiert, dass Karl Hofmann einen Ruf an die Technische Hochschule Darmstadt erhalten habe und Worms verlassen werde. Er bezeichnete das ausdrücklich als Verlust und gab seiner Hoffnung Ausdruck, der verdiente Stadtbaumeister werde zumindest beratend von seiner neuen Wirkungsstätte aus weiter für Worms zur Verfügung stehen150. Ein Jahr später, am 5. Juli 1898, teilte der Oberbürgermeister mit, dass auch er Worms verlassen werde, um die Leitung des Finanzministeriums in Darmstadt zu übernehmen. Damit traten die beiden wichtigsten beamteten Protagonisten einer 16-jährigen Zeit des Wandels, Auf- und Ausbauens eines »Neuen Worms« ab. Küchler sagte vor der Stadtverordnetenversammlung, dass er seine Wormser Jahre »als die schönsten in meinem Leben bezeichnen kann«. Als Senior der Stadtverordneten antwortete Dr. Salzer mit der Feststellung, Worms habe sich eines Aufschwungs erfreuen dürfen, »wie dies wenigen Städten am Rhein zuteil geworden sei«. Aufrichtigen Dank solle der Beschluss der anwesenden Stadtverordneten ausdrücken, Küchler als erstem Oberbürgermeister von Worms die Ehrenbürgerwürde zu verleihen151. Dann war ein Nachfolger zu suchen. Er wurde ohne Ausschreibung in dem bisherigen Darmstädter Bürgermeisters Köhler gefunden. Heinrich Georg Wilhelm Köhler, geboren am 26. November 1859 in Bingen, hatte nach Abitur und Militärdienst in Leipzig, München und Gießen Jura studiert, das Fakultätsexamen und nach dem Vorbereitungsdienst 1885 das Staatsexamen abgelegt. Zunächst als Rechtsanwalt in Starkenburg tätig, bewarb er sich 1894 um die neu geschaffene Stelle eines besoldeten juristischen Beigeordneten bei der Stadtverwaltung Darmstadt. Seine Wahl erfolgte einstimmig. 1896 wurde er zum Bürgermeister ernannt. Politisch der nationalliberalen Partei angehörig, vertrat er 1898 –1902 für Darmstadt den Wahlbezirk I in der Zweiten hessischen Kammer, ab 1910 als Nachfolger des verstorbenen Abgeordneten Nikolaus Andreas Reinhart den Wahlkreis Worms. Von 1911 bis 1918 fungierte er als deren Erster Präsident. Seine politischen Freunde und Gegner haben übereinstimmend seinen scharfen Intellekt, sein taktisches Geschick und seine dennoch nie verletzende und Gegensätze überbrückende Art hervorgehoben. 1922 war er als Finanzminister im Gespräch, doch kam es zu keiner Einigung zwischen seiner Partei, der DVP, und den übrigen Parteien eines angestrebten Mehrparteien-Kabinetts.

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Seit 1889 war Köhler mit Jenny Weber aus Mainz verheiratet. Das Ehepaar, das zwei Töchter bekam, schätzte die Gesellschaft geistig aufgeschlossener Menschen und interessierte sich für französische Kunst und Literatur. Umso härter traf es sie, dass der Oberbürgermeister 1923 von der französischen Besatzungsmacht wegen eines Bombenfundes an einem Schienenstrang im Stadtgebiet in das nicht besetzte rechtsrheinische Hessen ausgewiesen wurde. Unmittelbar nachdem die interalliierte Rheinlandkommission Köhler die Rückkehr gestattet hatte, ist er am 2. Juni 1924 in Darmstadt gestorben. Beigesetzt wurde er auf dem Friedhof Hochheimer Höhe, sein Grabdenkmal schuf der Berliner Bildhauer Prof. Ernst Müller. Köhler, einziger Kandidat, wurde einstimmig gewählt. Nach Bestätigung der Wahl durch Großherzog Ernst Ludwig fand am 2. September 1898 eine »Öffentliche feierliche Sitzung« mit seiner Einführung statt, wobei Kreisrat Dr. Karl Kayser ihm den Amtseid abnahm. In seiner anschließenden Ansprache bezeichnete Köhler sich als Nachfolger eines genialen Amtsvorgängers, dessen bereits begonnene Projekte er weiterführen wolle. Konkret nannte er als erwähnenswerteste und naheliegendste Aufgaben Brückenbau und Bahnhofserweiterung, das Abwenden von Nachteilen für Worms durch die Mannheimer Schwemmkanalisation, die Eingemeindung von Hochheim und Pfiffligheim, den Bau einer Straßenbahn sowie einen im Gespräch befindlichen Museumsbau. Offensichtlich hatte er sich in der kurzen Vorbereitungszeit nur unvollständig informieren können. Als repräsentative Schwerpunktsetzung ließ sich die etwas willkürliche Aufzählung kaum interpretieren, zumal der wirtschaftliche wie der soziale Bereich gänzlich fehlten. Der neue Mann an der Spitze der Stadt besaß offensichtlich das Vertrauen des Großherzogs, der ihm anlässlich der Einweihung der Straßenbrücke den Charakter als Oberbürgermeister verlieh und ihn mehrfach mit Orden auszeichnete, so 1899 anlässlich des Besuchs Zar Nikolaus’ II. und der Zarin Alexandra Feodorowna. Prof. Boos präsentierte das Reichsstädtische Archiv, Prof. Weckerling das Paulusmuseum, Propst Fehr und Prof. Hofmann führten durch den Dom. Das russische Kaiserpaar und das sie begleitende Großherzogspaar zeigten sich beeindruckt und trugen sich als Erste in das erhaltene Goldene Buch der Stadt ein 152.

Politische Veränderungen und Polarisierung im Stadtvorstand Hatte Dr. Salzer bei der Amtseinführung seiner Hoffnung Ausdruck gegeben, Köhler möge ein ächter Sohn der alten Reichsstadt und der Nibelungenstadt werden, so fügte er doch selbstbewusst an, man habe sich auf Grund der Leistungen der Küchler-Zeit daran gewöhnt, mit großem Maß zu messen, mit unseren Ansprüchen und Erwartungen nicht eben bescheiden zu sein. Der Beigeordnete Dr. Kayser beschwor in seinen eine geradezu ideale Vergangenheit zeichnenden Ausführungen, es sei wichtig, die Einigkeit unter den Bürgern zu erhalten. Zwar führe das lebhafte Interesse an der Stadtentwicklung zu Diskussionen und kritischen Betrachtungen. Aber nach gefallener Entscheidung fänden sich die tätigen Kräfte zur Erreichung des gemeinsamen Zieles zusammen. Er wünsche sich, dass es

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Köhler gelingen möge, der Hüter dieser bürgerlichen Eintracht zu sein 153. Es sollte sich bald zeigen, dass Veränderungen anstanden. Die Stadtspitze bildeten neben dem neuen Oberbürgermeister der Bürgermeister Dr. Kayser und der unbesoldete Beigeordnete Binder. 1903 ging Dr. Kayser als Bürgermeister nach Bad Nauheim. An seine Stelle trat der unter 22 Bewerbern ausgewählte Jurist und bisherige 2. Bürgermeister von Itzehoe, der am 20. Juni 1875 in Gerresheim geborene Dr. Ernst Alfred Oscar Wevers, wie Köhler evangelisch und politisch den Nationalliberalen zuzurechnen. Qualifikation und Leistungen von Wevers veranlassten die Stadtverordneten, ihm 1908 durch den Großherzog den Charakter als Bürgermeister verleihen zu lassen, um ihn in Worms zu halten. Die Zusammenarbeit mit Köhler war jedoch nicht so harmonisch wie erhofft, da der Oberbürgermeister Anstoß an nicht mit ihm abgestimmten Entscheidungen Wevers nahm. Während des Ersten Weltkriegs eskalierten die Auseinandersetzungen, der Zwiespalt wurde unüberbrückbar. Wevers, der in der Zeit des Arbeiter- und Soldatenrates anstelle des abgesetzten Oberbürgermeisters dessen Aufgaben übernommen hatte, legte noch vor Ablauf seiner Wahlzeit Mitte 1920 sein Amt nieder. Er wohnte weiterhin in dem unter seiner Ägide errichteten Gebäude der Sparkasse an der Moltkeanlage (heute Adenauerring), war als Rechtsanwalt zugelassen und fungierte daneben als Aufsichtsratsvorsitzender der 1919 im gleichen Haus gegründeten »Wormser Kreditanstalt Aktiengesellschaft«, die später in die Rheinlandbank in Biebrich am Rhein überging. Am 31. März 1932 ist Wevers in Worms gestorben 154. 1909 wurde auf Vorschlag Köhlers die Stelle eines hauptamtlichen technischen Beigeordneten eingerichtet. Übertragen wurde sie dem seit 1899 als Nachfolger Hofmanns die Position des Stadtbaumeisters einnehmenden Baurat Georg Metzler, ebenfalls evangelisch und nationalliberal. 1915 verlieh der Großherzog auch ihm den Charakter eines Bürgermeisters. Metzler übte das Amt bis zum Ende seiner Wahlzeit 1933 aus 155. Bei der entsprechend dem dreijährigen Turnus am 2. Dezember 1898 durchgeführten Ergänzungswahl zur Stadtverordnetenversammlung machte sich die Zunahme der Stadtbevölkerung einschließlich der Eingemeindung von Neuhausen bemerkbar. Da die Bevölkerungszahl über 30 000 Einwohner angestiegen war, wodurch sich die Anzahl der Stadtverordneten auf 36 erhöhte, zusätzlich entsprechend dem Vertrag mit Neuhausen vier Stadtverordnete temporär hinzukamen und der Frhr. v. Heyl als höchstbesteuerter Grundbesitzer hinzuzurechnen war, umfasste das Gremium kurzzeitig 41 Personen. Wesentliche Veränderungen in der politischen Zusammensetzung ergaben sich nicht. Neben dem Rechtsanwalt Kaspar Klein kam jedoch mit dem Lederhändler Ludwig Josef Pfungst ein weiteres freisinniges, sehr streitbares Mitglied in das Gremium. Deutlich wurde das bei der nichtöffentlichen Debatte über Investitionen (Brücken-Zollamt, Höhere Mädchenschule, Elektrizitätswerk, Zuschuss zur Straßenbrücke), für die bei bereits hohem Schuldenstand der Stadt Köhler die Aufnahme einer mittels städtischer Schuldverschreibungen zu finanzierenden Anleihe vorschlug. Erkundigungen hatten ergeben, dass die in Worms ansässigen Banken nicht interessiert waren. Hingegen lag ein günstiges Angebot der Berliner Bank Mendelssohn & Cie. vor. Man müsse sich jedoch kurzfristig entscheiden. Obgleich es zu einer einstimmigen Annahme von Köhlers Vorschlag kam, fand anschließend in der Öffentlichkeit unerwartet eine heftige Diskussion statt.

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Ursache war die Weitergabe des Vorganges in der freisinnigen »Wormser Volkszeitung«, deren Mitherausgeber Pfungst war. Es kam zu massiven Beschimpfungen einzelner Stadtverordneter untereinander, wobei sich Klein auf die Seite seines Parteifreundes stellte. Die schöne Eintracht erwies sich als brüchig, eine Polarisierung – Pfungst forderte den Zugang sämtlicher Stadtverordneter zu allen Ausschusssitzungen – deutete sich an. 1901 brachten die Nationalliberalen ihren Wahlvorschlag komplett durch. Die Freisinnigen spielten keine Rolle mehr, da Klein 1901 ausgeschieden war und Pfungst, der sich als Jude stets stolz »Pfungst von Worms« nannte, nach Frankfurt am Main verzog, wo er zum Sammler und Kunstmäzen wurde. Doch ließen sich er und seine Frau auf dem Alten Judenfriedhof in Worms bestatten 156. Inzwischen artikulierten sich die in der Stadtverordnetenversammlung vertretenen Parteien deutlicher in der Öffentlichkeit. Während Gewerkschaften, Gewerkvereine, Innungen, Konsumvereine, Kranken- und Sterbekassen sowie Unterhaltungs- und Sportvereine für diverse Berufe einschließlich der Arbeiterschaft sich neben zahlreichen bürgerlichen Vereinen bereits früher nachweisen lassen, führt das Adressbuch von 1905 erstmals in einer eigenen Rubrik »8. Politische Vereine« auf: Alldeutscher Verband, Ortsgruppe Worms, Frhr. Heyl zu Herrnsheim und Dr. Winkler; Geselliger Verein der nationalliberalen Bürgerschaft, Dr. Karl Schneider; Nationalliberaler Arbeiter-Verein, Ernst (Heinrich) Ebert; Nationalliberaler Verein, Kommerzienrat Clemens Trumpler; Sozialdemokratische Partei, Johann Engelmann; Vereinigung Zentrum, Jakob Binnefeld157. Bis auf Dr. Winkler, Ebert und Klein sowie den erst 1907 gewählten Engelmann gehören sie der Stadtverordnetenversammlung an. Das Adressbuch von 1911 führt umfänglich »4. Gewerbliche und technische Vereine, Gewerkschaften und Innungen« sowie »5. Kaufmännische und Beamten-Vereine« auf158. Unter »8. Nationale und politische Vereine, soweit sie nicht unter ›militärische Vereine‹ aufgeführt sind« werden die nicht sehr zahlreichen politischen Gruppierungen genannt: Alldeutscher Verband, Ehrenvorsitzender Frhr v. Heyl, Frauenarzt Dr. Göbel; Deutsche Kolonialgesellschaft, Oberbürgermeister Köhler; Deutscher Flottenverein, Direktor Dr. Lahm; Deutscher Luftflottenverein, Oberbürgermeister Köhler; Fortschrittliche Volkspartei, Justizrat Klein; Geselliger Verein der nationalliberalen Bürgerschaft, Direktor Dr. Lahm; Jungnationalliberaler Verein, Lehrer Schmetzer; Nationalliberaler Arbeiterverein, Ernst Heinrich Ebert; Nationalliberaler Verein, Kommerzienrat Clemens Trumpler; Sozialdemokratische Partei, Richard Weiler; Vereinigung Zentrum, Rechtsanwalt Dr. Boxheimer 159. Im Gegensatz zu 1905 gehörte, von Oberbürgermeister Köhler abgesehen, nur noch Trumpler der Stadtverordnetenversammlung an, während Frhr. v. Heyl infolge des Wegfallens der Höchstbesteuerten-Bestimmung 1911 ausschied. Lässt sich an diesen Angaben eindeutig das Vorherrschen nationalliberaler Vereinigungen ablesen, denen Angehörige aus allen Konfessionen angehörten, so wurde dieser Zustand 1904 infolge konfessioneller Streitereien empfindlich gestört. Der einflussreiche »Evangelische Bund« warf in Anzeigen in der WZ den »Ultramontanen« und namentlich dem Fabrikanten und Stadtverordneten W. J. D. Valckenberg vor, seine in Worms mehr als 500 Mitglieder als »Ketzer und Zeloten« bezeichnet zu haben. Die »Katholische Männervereinigung Zentrum« wehrte sich in den Wormser Nachrichten gegen den Vor-

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wurf und stellte eine eigene Wahlliste auf. Ergebnis dieses Dissenses war, dass die langjährigen Stadtverordneten Jochem und Valckenberg, beide Katholiken, nicht wiedergewählt wurden, sondern sämtliche neu in die Versammlung gewählten Mitglieder evangelischer Konfession waren. Der Streit ging weiter, es kam zu einem von Valckenberg gewonnenen Prozess und letztlich bei der Wahl 1907 zu einem Desaster der Nationalliberalen. Ein ultramontan-liberal-sozialdemokratisches Wahlkartell trat gegen das bisherige Willkürregiment auf dem Stadthaus an. Obgleich die Nationalliberalen den Vorwurf zu hoher Gebühren, Strom-, Wasser- und Gas-Preise sowie eines unsozialen Überschusses aus dem Krankenhausbetrieb mit einem Hinweis auf Offenbach zu kontern versuchten, wo zwar die Sozialdemokraten die Mehrheit besäßen, alles aber noch viel schlimmer aussehe, erlitt die bisherige Mehrheitsfraktion eine schwere Niederlage. Während von den 13 Kandidaten auf ihrer Liste nur drei durchkamen, konnte Jochem über eine andere Liste wieder in das Stadtparlament einziehen, dazu weitere Zentrumsmitglieder, ein Freisinniger und vor allem erstmals drei Sozialdemokraten. Peinlich war für die Nationalliberalen zudem, dass in dem als Negativbeispiel angeführten Offenbach bei dieser Ergänzungswahl eine bürgerliche Liste die Mehrheit erzielte. Als Hauptursache des Misserfolges sah man in Worms, wohl mit Recht, eine Zersplitterung in den eigenen Reihen an, zumal die Jungnationalliberalen weiterhin opponierten. Eine Festigung des auseinander strebenden Wählerpotenzials erwies sich als dringend notwendig. Das Wahlergebnis von 1907 blieb indessen eine Episode. Das Zweckbündnis von konservativ-kleinbürgerlichem Zentrum, liberal-kapitalistischem Freisinn und Sozialdemokraten löste sich schnell auf. Zwei der gewählten Sozialdemokraten und zugleich die führenden Köpfe, Johann Engelmann und Victor Helzle, verließen Worms nach kurzer Zeit. Nur Georg Jäger, Drahtwarenfabrikant und Sohn des Gründers der Wormser SPD, konnte sein Mandat durchgängig bis 1918 behaupten160. Die Freisinnigen, unter sich zerstritten, blieben unbedeutend. Das Zentrum kehrte in den »Schwarz-blauen Block« mit den Nationalliberalen zurück. 1910 und 1913 konnte sich diese Koalition behaupten. Freisinn, SPD und eine erstmals auftretende »Wirtschaftliche Mittelstandsvereinigung« brachten keinen weiteren Kandidaten durch. Da während des Ersten Weltkrieges die Ergänzungswahlen unterblieben, blieb die bürgerliche Mehrheit bis 1918/19 bestehen. Dann jedoch ergab sich eine neue Konstellation mit klarer Mehrheit für die Sozialdemokraten. Eine Betrachtung der konfessionellen Zusammensetzung der Stadtverordnetenversammlung ergibt in der Nach-Küchler-Zeit bei gleich bleibender konfessioneller Struktur in der Stadt ein langsames Zurückgehen der Zahlen für die Protestanten bei Zunahme der Katholiken. Die Anzahl jüdischer Stadtverordneter bleibt mit drei Mitgliedern unabhängig von dem Prozentsatz an der Gesamtwählerschaft gleich. Beruflich finden sich die »Fabrikherren« (Industriellen) mit 3>2 Mitgliedern im Hinblick auf Einfluss und Kapitalkraft an der Spitze, numerisch werden sie aber von Fabrikanten (Durchschnitt 10) und Kaufleuten (Durchschnitt 9) weit übertroffen. Wohlhabende Rentner finden sich weniger (5>2), ebenso die Handwerker (Durchschnitt 3). Alle sonstigen Berufsgruppen, ausgenommen Rechtsanwälte und Notare (3>2), sind nur mit zwei oder einem Mitglied vertreten. Das kurzzeitige Auftauchen von sechs (!) Landwirten und Weinhändlern hängt mit der Besonderheit bei der Eingemeindung von Neuhausen zusammen, ihr »normaler«

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Durchschnitt beträgt 3>2 Mitglieder. Im Gegensatz zur Küchlerzeit mit ihren einflussreichen Besitzbürgern zeigt die Köhlerzeit eher Mittelständler und Honoratioren in der Stadtverordnetenversammlung. Das Eintrittsalter liegt im Durchschnitt zwischen 40 bis 50, das des Ausscheidens zwischen 55 bis 69 Jahren, mit Ausnahmen bis über 70 Jahre hinaus. Die meisten Stadtverordneten waren mindestens zwei volle neunjährige Wahlperioden im Amt, ein Drittel nahezu oder mehr als drei Wahlperioden. Diese Konstanz des Gremiums führte zu einer Überalterung. 1911 betrug das Durchschnittsalter der Stadtverordneten 54,7 Jahre, womit sie älter waren als zur Küchlerzeit (von 48>53 Jahre). Man wird vielleicht noch nicht von einer Vergreisung sprechen dürfen, aber es bedurfte spätestens nach den schweren Jahren des Ersten Weltkrieges dringend frischer Kräfte 161.

Aspekte der wirtschaftlichen Entwicklung aus der Sicht des Oberbürgermeisters Köhler hat die Einführung neu gewählter Stadtverordneter mehrfach benutzt, um zu anstehenden Aufgaben und zur wirtschaftlichen Situation Stellung zu nehmen. Seine Ausführungen finden sich komplett oder auszugsweise in den Verwaltungsrechenschaftsberichten und bieten ein Situations- und Stimmungsbild. Unter den angesprochenen Punkten nimmt der Stadtbau eine hervorragende Rolle ein, zumal die behandelten Projekte kostenintensiv waren und durchweg der Mitarbeit wie der Zustimmung der Stadtverordneten bedurften. Dabei ging es um Schulbauten für den Volks- und Oberschulbereich, die Erweiterung der Gewerbeschule, das Grundwasserwerk im Bürstädter Wald, eine Straßenbahn und einen Schlachthof. Kostspielige Projekte wie der Friedhof auf der Hochheimer Höhe und die dazugehörigen Gebäude (Kapelle und Leichenhalle) oder das städtische Elektrizitätswerk befanden sich bereits im Bau. Hatte den Bericht für die Jahre 1901/02 noch eine positive Stimmung geprägt, so ist davon 1904 angesichts der finanziellen Belastungen der Stadt nicht mehr viel zu spüren. Kostendämpfung und ein langsameres Vorgehen auch bei dringendem Bedarf waren angesagt. Die Grenzen der Leistungsfähigkeit seien erreicht, geplant und gebaut werden könne nur noch innerhalb dieser Grenzen. 1910 setzte der Oberbürgermeister den über dieses Maß hinausgehenden Erwartungen und Forderungen die lapidare Feststellung entgegen, dass Worms keine Großstadt, sondern eine Mittelstadt sei. War im Bericht für 1904 die Rede von einem die Stadt belastenden wirtschaftlichen Niedergang, so konnte Köhler 1907 einen Erfolg mitteilen: Zwei weitere Großmühlen hatten sich im Industriegebiet am Rhein niedergelassen 162. Doch schon ein Jahr später erfolgte ein Rückschlag infolge einer neuen Depression und des reichsgesetzlich verfügten Wegfalls des Oktroi. Für die Stadt bedeutete das einen Einnahmeausfall von 100 000 Mark, zog die Erhöhung städtischer Steuern und Gebühren nach sich und wirkte sich negativ auf die Wirtschaft aus. 1910 brachte die Niederlassung des Wassergas-Schweißwerkes am Floßhafen sowie kleinerer Unternehmen einschließlich der Erweiterung bestehender Firmen eine wirtschaftliche Verbesserung. 1913 sah es weniger gut aus. Die

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Bemühungen um die Ansiedlung weiterer Industriebetriebe blieben insgesamt unbefriedigend. Köhler erwartete zwar eine baldige Besserung der wirtschaftlichen Situation und schien darin im Frühjahr 1914 auch bestätigt zu werden. Da brach Mitte des Jahres der Erste Weltkrieg aus, was zum völligen Stagnieren der Stadtentwicklung führen sollte 163.

Eingemeindungen Einen Minuspunkt für die Stadtentwicklung bedeutete die geringe Gesamtfläche der Stadt. Es mangelte sowohl für die Industrie wie für den Wohnungsbau an Erweiterungsmöglichkeiten. Dieses Manko, verbunden mit Straßenbau und dem Vorhalten kommunaler Einrichtungen, führte gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu Überlegungen, die Worms am nächsten gelegenen Gemeinden Neuhausen, Pfiffligheim und Hochheim mit der Stadt zu vereinigen. Der Wunsch ging nicht einseitig von Worms aus. Vielmehr stimmten die Gemeinderäte mehrheitlich für die Vereinigung, auch wenn nicht alle Bürgermeister und Gemeinderatsmitglieder, auch nicht alle Stadtverordneten, sich dafür aussprachen. Doch bestand akuter Handlungsbedarf wegen der Absicht, den neuen Kommunalfriedhof in der Hochheimer Gemarkung anzulegen sowie wegen Geländebedarfs bei Festlegung der Brückenlinie beim Bahnhofsbau. Da zudem die II. Kammer in Darmstadt zunehmend Eingemeindungen ablehnte, war man im Rathaus bemüht, die Angelegenheit voranzutreiben164. Neuhausen war von Wormser Planungen und Projekten am meisten betroffen. Die Gemeinde wurde in hohem Maße durch Arbeiterbevölkerung geprägt, die ihren Lebensunterhalt in der Wormser Industrie verdiente. Mit der Lederfabrik Schlösser & Cie., die zeitweilig in den Heyl’schen Lederwerken aufging, später als Firma »Heyl-Liebenau« wieder selbstständig wurde, besaß sie als einziger der zur Eingemeindung anstehenden Vororte selbst Industrie. An die Wormser Wasserversorgung war Neuhausen seit 1892 angeschlossen. Der Kasernenneubau an der Mainzer Straße, die Erweiterungsabsichten um die Eisenbahnunterführungen (Neuhauser Tunnel und Mainzer Straße) im Norden der Stadt, die Regulierung der Pfrimm-Mündung, aber auch Fabrikansiedlungen ließen sich ohne Überschreitung der Neuhauser Gemarkung nicht durchführen. Eine einheitliche Planung war dringend erforderlich. Daher schlug der Finanzausschuss 1894 die Eingemeindung vor. Um Neuhausen die Sache schmackhaft zu machen, könnten bis zur nächsten Ergänzungswahl der Bürgermeister und zwei Gemeinderatsmitglieder in den Wormser Stadtvorstand aufgenommen werden. Die Gemeinde sollte ihren dörflichen Charakter weitgehend behalten. Küchler wandte sich mit diesen Vorschlägen an das Kreisamt, das in Neuhausen anfragte, jedoch eine glatte Absage wegen nicht zusagender Bedingungen erhielt. Erst eine 1897 gegründete gemeinsame Kommission erarbeitete den Neuhausern wie den Wormsern zusagende Bedingungen. Dazu gehörte: 1. Vollständige administrative Vereinigung; 2. Fortbestehen eines eigenen Standesamtes links der Pfrimm (1913 aufgegeben); 3. Von den wahlberechtigten Bürgern waren vier in den Stadtvorstand zu wählen, zwei davon bis zur Wahl 1898 und die beiden Übrigen bis 1901, wofür es einer

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bedurfte; 4. Erhalten bleibt der dörfliche Charakter, worauf im

Bebauungsplan Rücksicht genommen wird; 5. Gas- und Wasserpreise entsprechen ohne Aufschlag denen in Worms; 6. Hausschlachtung bleibt zugelassen, der städtische Schlachthauszwang für Metzger gilt erst ab 1902. Nach Erfüllung einiger kleinerer Zusatzwünsche, etwa der Bezeichnung als »Worms-Neuhausen«, stimmte der Gemeinderat am 29. März 1897 dieser Absprache zu. Beanstandungen in der Stadtverordnetenversammlung konnte Küchler damit entkräften, dass er auf Loyalität verwies und den Nutzen für die Stadt herausstellte. Die Versammlung ließ sich überzeugen und stimmte ihrerseits der Vorlage des Finanzausschusses zu. Daraufhin beantragten Worms und Neuhausen die Vereinigung, zu der Großherzog Ernst Ludwig seine Genehmigung erteilte. In einer öffentlichen feierlichen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung unter Teilnahme von Bürgermeister und Gemeinderat von Neuhausen fand sie am 1. April 1898 statt. Bei Pfiffligheim und dem »Schreinerdorf« Hochheim, in dem es größere Schreinereibetriebe und Möbelfabriken gab, verlief der Vorgang etwas anders. Interessiert war die Stadt wegen des neuen Lazaretts und der Friedhofspläne vor allem an Hochheim. Überraschenderweise bemühte sich jedoch das landwirtschaftlich geprägte Pfiffligheim zuerst um die Vereinigung, was auf kontroverse Auffassungen in der Stadtverordnetenversammlung stieß. Hinweise auf die von Carl (Charles) Bittel und der Baufirma Schmidt Sohn um die Ulmenallee (heutige Rudi-Stephan-Allee) in Gang gebrachten bedeutenden Baumaßnahmen wurden mit Zurückhaltung betrachtet, weil daraus höhere Grundstückspreise und Baukosten erwachsen könnten. Der Wunsch der Pfiffligheimer, deren Gemeindeverschuldung hoch war, sei eher socialpolitischer Natur. Überhaupt, so der Stadtverordnete Georg Wilhelm Goldmann, gehe man zu schnell vor. Dem widersprach Nikolaus Andreas Reinhart mit dem Hinweis, Pfiffligheim biete die notwendige Arrondierung der Stadtgemarkung. Unterdessen kam man mit Hochheim, wo sich die finanziellen Verhältnisse wesentlich besser darstellten, ebenfalls in der Sache voran. War zunächst die Rede davon, Pfiffligheim gemeinsam mit Neuhausen einzugemeinden, so war jetzt das Ziel, Hochheim und Pfiffligheim gemeinsam in die Stadt zu integrieren. Bei den Vertragsverhandlungen hielt man sich weitgehend an die mit Neuhausen abgesprochene Regelung, nur die temporäre Aufnahme von ehemaligen Gemeinderatsmitgliedern in die Stadtverordnetenversammlung unterblieb auf Grund geänderter Gesetzeslage. Obgleich der Hochheimer Bürgermeister Hartmann Gorth bei seiner ablehnenden Haltung blieb, fand die Vereinigung am 1. Oktober 1898 in einer erneuten öffentlichen feierlichen Sitzung statt. Durch die Eingemeindungen nahm die Stadtbevölkerung um rund 6 000 Einwohner zu, darunter in Hochheim und Neuhausen stark an Arbeiterbevölkerung. Die Gesamteinwohnerzahl stieg für 1900 auf 40 705 Personen an166. Gewonnen wurde vor allem Bauland, wesentlich weniger Industriefläche. Als Grünzone verband Hochheim und Pfiffligheim der im Auftrag von Carl Bittel ab 1896/97 durch den städtischen Kulturingenieur Karl Völzing an der südlichen Gemarkungsgrenze von Hochheim beidseitig der Pfrimm angelegte englische Park. Insgesamt kamen die Eingemeindungen zu spät. Sie konnten, bei unbestreitbarem Nutzen, den Nachteil der zu kleinen Stadtgemarkung nicht mehr korrigieren167.

K ONTINUITÄT

UND

W ANDEL

BIS

1914

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Der seit 1890 virulente, auch auf dem Angebot auswärtiger Betreiber (Koblenzer Straßenbahngesellschaft) beruhende Gedanke der Einrichtung einer Straßenbahn konnte wegen Uneinigkeit über die Streckenführung und die grundsätzliche Absicht, selbst Träger der Straßenbahn zu sein, trotz Intensivierung um 1898 erst nach der Jahrhundertwende realisiert werden. Von Worms aus hatte man sich in zahlreichen deutschen Städten, die bereits über eine Straßenbahn verfügten, informiert. Die 1901 erfolgte Indienststellung des neuen, gemeinsam mit der A.E.G. errichteten Elektrizitätswerkes der Stadt an der Klosterstraße gab dann den entscheidenden Impuls. Bei den Gleisbauarbeiten war »eine größere Anzahl« italienischer Arbeiter beschäftigt168. Die 1906 in Worms eingerichtete Straßenbahn169 verband die alte Innenstadt über die Neubauviertel im Westen mit den neuen Stadtteilen. Der Barbarossaplatz unweit des Rheins und der Vorstadtbahnhof für die Lederarbeiter im Süden der Speyerer Straße (heute Eisenbahnunterführung) wurden über den Marktplatz und die Abzweigung verbunden mit Pfiffligheim (evangelische Kirche) und Hochheim (Friedhof) sowie durch den Tunnel mit Neuhausen (Endpunkt unweit von Heyl-Liebenau am Kriegerdenkmal). Die Wagenhalle170 stand zwischen »Kiautschau« und Neuhausen im freien (Liebenauer) Feld an der heutigen Ecke Bebelstraße/ Von-Steuben-Straße. Eine vom Straßenbahnbau erhoffte Förderung der Umlandbeziehungen mit Ausweitung der Linienführung über die Stadtgrenzen hinaus in den Wonnegau ließ sich jedoch nicht realisieren. Das Zusammenwachsen von Stadt und neuen Stadtteilen ging langsam vor sich und erreichte die heute festzustellende Bebauungsdichte erst nach dem Ersten Weltkrieg, für das Liebenauer Feld und landwirtschaftlich genutzte Bereiche um die Westendschule (Fachhochschule, Parsevalstraße) erst nach 1945. An ihrer Nordostecke bietet die 1904 fertig gestellte Westendschule ein »Eingemeindungsdenkmal«. Über einem freiplastischen Drachen mit Stadtwappen zeigen an einem Erkerturm Steinreliefs charakteristische Besonderheiten der ehedem selbstständigen Gemeinden: für das katholische Hochheim Maria mit dem Wasserrad der Klostermühle, für das evangelische Pfiffligheim den Lutherbaum und für das einst bedeutende Stift in Neuhausen den hl. Cyriacus mit der Palme.

Kontinuität und Wandel bis 1914 Im Gegensatz zu der von Köhler mehrfach angesprochenen unbefriedigenden wirtschaftlichen Weiterentwicklung eines zu einseitig durch die Lederindustrie geprägten Industriebesatzes in Worms erweist sich die Zeit um 1900 bis 1914 als erstaunlich vielfältige Weiterführung des Weges in das »neue Worms«. Will man diesen Terminus nicht auf die Küchler- und Hofmann-Zeit einschränken, so zeigt sich über die Jahrhundertwende hinaus eine durch Kontinuität und Wandel bestimmte Fortführung des Begonnenen, verbunden mit neuen gestalterischen Ansätzen. Das geschah zunehmend in bewusster Trennung von Hofmanns historisierenden Vorstellungen. Deutlich äußerte sich dazu 1907 der Frhr. v. Heyl: Das Bestreben, alles, was einst war, wieder aufzubauen, dem

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Stadtbild des industriellen Worms künstlich die mittelalterliche Physiognomie aufzuprägen, darf gewisse Grenzen nicht überschreiten, sonst würde man einem Architekten wie Hofmann den Vorwurf überhistorischen Rekonstruktionseifers bei Mangel an schöpferischer Erfindung machen können. Hiervor wollen wir unseren Hofmann und mit ihm unsere heutige Generation, der neue Aufgaben auch auf dem Gebiet der künstlerischen Architektur gestellt sind, bewahren. Eine historische Reminiszenz da und dort gewiß – aber kein schematisches Aufbauen des mittelalterlichen Worms. Mit der Verpflichtung von Architekten wie Theodor Fischer/München, Georg Metzendorf/Bensheim und Friedrich Pützer/Darmstadt hat, durchaus zukunftsgewandt, »die Alte Exzellenz« im frühen 20. Jahrhundert die Lösung vom Historismus gefördert und gezeigt, »wie alte Formen ohne übertriebene Nachahmung neu geprägt werden müssen« 171.

Nibelungenstadt: Cornelianum, Siegfriedbrunnen, Bahnhof In der ersten Strophe des Eingangschors seines Volksschauspiels zur Eröffnung des Spielund Festhauses hatte Hans Herrig 1889 Worms als eine Stadt vorgestellt, die nicht nur durch Geschichte, sondern auch durch Sage und Dichtung bemerkenswert sei: Am grünen deutschen Rheine / liegt eine alte Stadt, / gar Herrliches zu melden / davon die Sage hat, / von lobebären Helden, / von edler Frauen Leid, / von fernen großen Zeiten / des Reiches Herrlichkeit 172. Wie schon bei der Schaffung von Voraussetzungen für die Beschäftigung mit der Stadtgeschichte ging auch die Anregung, sich nun des Nibelungenthemas anzunehmen, wesentlich von C. W. Frhrn. v. Heyl aus. Sein bereits 1895 gemachter Vorschlag, südlich neben der Dreifaltigkeitskirche anstelle unbedeutender Bauten als Mittelpunkt eines großen Platzes einen Nibelungenbrunnen zu errichten, wozu Karl Hofmann einen – nicht akzeptierten – Vorschlag unterbreitete 173, sollte erst 20 Jahre später in die Tat umgesetzt werden. Verbunden war das Projekt mit dem Bau eines zunächst als Bibliothek gedachten repräsentativen Gebäudes, für das der von Cosima Wagner empfohlene Münchener Bildhauer und Architekt Adolf v. Hildebrand einen Entwurf vorlegte, der dem Bauherrn nicht zusagte. Erst im Zusammenhang mit der Hochzeit seines Sohnes Dr. Cornel Frhrn. v. Heyl mit Prinzessin Mathilde von Isenburg-Büdingen am 11. April 1907 griff er den Gedanken wieder auf, jetzt mit anderer Gebäudefunktion 174. Die Anregung bezog er wohl aus Darmstadt. Dort hatte 1905 die Stadt aus Anlass der (zweiten) Eheschließung Großherzog Ernst Ludwigs mit Prinzessin Eleonore von SolmsHohensolms-Lich als »Hochzeitsgeschenk« den von Josef Maria Olbrich entworfenen »Hochzeitsturm« auf der Mathildenhöhe errichten lassen. In Worms kamen zwei Bauaufgaben zusammen: eine dringend notwendige Rathauserweiterung und als Kopfbau Ecke Hagenstraße und Marktplatz ein Repräsentationsbau. Nach längerem Suchen, wobei die aktuellen politische Spannungen im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts zwischen dem 1899 zum Ehrenbürger gewählten Frhrn. v. Heyl 175 und verschiedenen Wormser Kreisen mitspielten, gelang es, in Prof. Theodor Fischer/Stuttgart einen geeigneten Architekten zu finden. Er hatte, was wenig bekannt ist, bereits 1906 für die mit

N IBELUNGENSTADT : C ORNELIANUM , S IEGFRIEDBRUNNEN , B AHNHOF

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den Heyls verwandte Familie Schoen176 auf dem neuen Hauptfriedhof eine große Grabanlage geschaffen, deren Grabdenkmal der Münchener Bildhauer Josef Flossmann gestaltete177. Fischer errichtete für den Frhrn. v. Heyl in einer Stilmischung aus Neuromanik, Neuklassizismus und Jugendstil ein »Volkshaus« mit Vortragssaal, weiteren Räumen und dem »Cornelianumsbad«, dazu für die Stadt die Rathauserweiterung, beide mit Eingängen von der Hagenstraße her. Außen- und Innendekor waren gänzlich auf das Nibelungenlied und dessen Personen bezogen. Die Bildhauerarbeiten am Gebäude und in der Eingangshalle stammten von Georg Wrba/Dresden, die Wandmalereien im Saal von Karl Schmoll von Eisenwerth/Stuttgart. Das nach dem Leitnamen der Heyls »Cornelianum« benannte Gebäude sollte nach dem Willen des Stifters an die Tradition bedeutender Vorgängerbauten (Münze) an dieser Stelle anknüpfen, zugleich aber auch das Nibelungenthema spiegeln. Die Vervollständigung des Ensembles erfolgte mit dem von Adolf v. Hildebrand geschaffenen, 1913 fertig gestellten178, aber erst 1921 aufgestellten ursprünglichen »Nibelungen-«, dann »Siegfriedbrunnen«. Fischer musste, offensichtlich auf Wunsch des Auftraggebers, gestalterische Konzessionen eingehen, die von der Architekturkritik beanstandet wurden179. Dennoch war mit dem »Cornelianum« auf der Südseite der Dreifaltigkeitskirche ein städtebaulicher Schwer- und Glanzpunkt des »neuen Worms« entstanden (vgl. Abb. 105 S. 840), während die Nordseite nach dem Abriss der »Insel« ein ungestalteter Platz blieb. Noch vor dem Bau des Cornelianums finden sich im Dekor des von Fritz Klingholz geplanten Bahnhofsneubaus von 1904 dekorative Anspielungen auf das Nibelungenlied, wobei zweifellos ebenfalls auf Wormser Wünsche Rücksicht genommen worden ist180. Etwa gleichzeitig kommt es zu ersten Überlegungen, das »Wäldchen« im Süden der Stadt zu einem Stadtpark mit Schwerpunkt auf einem »Rosengarten« auszugestalten, dessen literarische Wurzeln im »Rosengartenlied« aus dem 13. Jahrhundert und im Sagenkreis des Nibelungenliedes zu finden sind. Ein Wettbewerb für den »Rosengarten« erbrachte zahlreiche Entwürfe, von denen jedoch keiner umgesetzt wurde. Stattdessen schufen die Stadtgärtner einen Stadtpark, in dem 1905/06 das von Frhrn. v. Heyl gestiftete, von dem schon genannten Bildhauer Johann Hirt geschaffene Hagendenkmal Aufstellung fand (Tafel 31). Ein Teil der Parkanlage war der so genannte »Äschebuckel«, ursprünglich geplant als 19 Meter hoher, aber nur auf 12 Meter Höhe gebrachter Anschüttungsberg zum Teil aus Abfallmaterial, wovon sich sein Name herleitet. Von den »Rosengarten«-Elementen blieb nichts erhalten, das Hagendenkmal steht seit 1932 am Rheinufer auf dem Fundament des alten Rheinkrans. Parallel zu den »Rosengarten«-Planungen fanden, von dem Wormser Journalisten und späteren Verkehrsdirektor Konrad Fischer (1876 –1945) und dem Heimatschriftsteller Georg Richard Roeß (1872 –1945) initiiert, 1904 bis 1907 »Rosenfeste« statt. In ihnen wurde das Nibelungenthema auf unterschiedliche Weise theatralisch, volkstümlich, wissenschaftlich und architektonisch umgesetzt. Als 1906 Friedrich Hebbels »Nibelungen« im Festhaus zur Aufführung gelangten, übernahm zur allgemeinen Genugtuung Großherzog Ernst Ludwig die Schirmherrschaft über das »Rosenfest« (vgl. Abb. 104 S. 839). Das Ende der Festserie 1907 ging auf zwei Gründe zurück: Einmal wurde das anspruchvollere Programm immer teurer, zum anderen verließ der umtriebige Organisator Konrad Fischer Worms181. Zunehmenden Anteil an den

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»nibelungischen« Aktivitäten hatte der 1905 auf Anregung des Frhrn. v. Heyl und mit ihm als 1. Vorsitzenden gegründete Verkehrsverein Worms, der sich Stadtwerbung, Einzelhandelsförderung und Brauchtumspflege auf seine Fahnen geschrieben hatte. Als seine »Auskunftsstelle« fungierte das Fotoatelier Christian Herbst, Geschäftslokal dem Luther-Denkmal gegenüber 182.

Paradigmenwechsel im Kommunalbau: Georg Metzler Cornelianum, Bahnhofsneubau und die Vorschläge für den Rosengarten zeigen eine eindeutige Abwendung vom Historismus der Hofmann-Zeit hin zu moderneren Formen. Doch ist eine Übergangszeit festzustellen. Für den Staatsbau lässt sich dafür das neue Gymnasium am Barbarossaplatz anführen. Während die Oberrealschule jetzt alleiniger Benutzer des Eulerschen Baues an der Gymnasiumstraße wurde, entstand unter der technischen Oberleitung von Oberbaurat Reinhard Klingelhöfer und der künstlerischen Oberleitung von Karl Hofmann ein Gymnasialgebäude, dessen äußere Formen an die Spätrenaissance und damit an die Tradition des Humanismus anknüpften. Den eigentlichen Bau leitete der Regierungsbaumeister Alexander Beer, der bereits bei der Errichtung des Amtsgerichtes tätig war und mit einigem Recht als Schüler von Karl Hofmann bezeichnet werden darf. Eingeweiht wurde das neue Gymnasium 1905. Es steht betont am Endpunkt der Blickachse des Weges von der rechten Rheinseite über die Straßenbrücke nach Worms183. Doch sowohl im kommunalen Bereich wie im Privatbau begann die Ablösung vom bisherigen Paradigma. Als Nachfolger von Karl Hofmann war, mit einiger Verzögerung infolge der unrealistischen Hoffnung auf eine nebenamtliche Ausübung der Oberaufsicht über das Bauamt durch Hofmann von Darmstadt aus, endlich zum 1. Oktober 1899 der am 13. November 1868 in Wörrstadt/Rheinhessen geborene Georg Wilhelm Metzler eingestellt worden. Nach Abitur in Mainz, Militärdienst und Studium an der TH Darmstadt mit dem Hauptfach Hochbau und Examen »mit Auszeichnung« war er bei verschiedenen staatlichen Dienststellen bis zur Ablegung der Staatsprüfung 1896 tätig. Als Regierungsbaumeister wirkte er anschließend in Darmstadt, Friedberg, Bad Nauheim und Alsfeld, von wo aus er sich erfolgreich um die Stelle in Worms bewarb. Hier wurde er bald als Fachmann anerkannt und geschätzt, sodass ihm bei einem Abwerbeversuch durch (Bad) Homburg v. d. Höhe von der Stadtverordnetenversammlung eine Gehaltserhöhung und der Titel »Baurat« zuerkannt wurde. 1909 konnte Köhler die Stadtverordneten überzeugen, dass es einer zweiten hauptamtlichen Beigeordnetenstelle bedürfe, die Metzler übertragen wurde. In den folgenden Jahren stand seine Bestätigung nach Ablauf der jeweils auf zwölf Jahre festgelegten Dienstzeit nie infrage. Neben einigen Ehrenzeichen verlieh ihm 1915 der Großherzog den Charakter als Bürgermeister. Verheiratet war Metzler seit 1901 mit Emma Louise Michaelis aus Frankfurt am Main. Die Ehe blieb kinderlos.

P ARADIGMENWECHSEL

IM

K OMMUNALBAU : G EORG M ETZLER

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Metzler besaß das volle Vertrauen Köhlers. Im Wevers-Streit stand er auf Seiten des Oberbürgermeisters. Er hielt 1924 auch die Trauerrede für Köhler. Als seine letzte Dienstzeitverlängerung 1933 auslief, stellte er sich nicht zur Wiederwahl und schied nach 32 Jahren aus dem Dienst der Stadt aus. Das Ehepaar verzog nach Wiesbaden, wo Metzler am 24. November 1948 gestorben ist. Einen angemessenen Nachruf blieb man ihm in Worms schuldig. Die Arbeiten Metzlers lassen sich in zwei Kategorien einordnen: 1. Weiterführung von geplanten oder bereits begonnenen Projekten der Hofmann-Zeit sowie von dem neuen Stadtbaumeister geplante und ausgeführte Bauten in den bisher üblichen, historistisch geprägten Formen; 2. Neubauten in zeitgenössischer moderner Gestalt. Zu den Ersteren gehören neben der aufwändigen, 1907 als denkmalpflegerische »Rettungsaktion« durchgeführten Restaurierung der inneren Stadtmauer mit den Tordurchbrüchen Andreastor (im Süden) und Raschitor (im Norden), das Elektrizitätswerk an der Klosterstraße (1900/ 01), das Hafenamtsgebäude an der Zufahrt zum Handelshafen (1901/02), die Westendschule (1902/04) als Volksschulgebäude für die Weststadt, der Neubau des Hauses »Martinspforte« (1903/04, ab 1908 Stadtapotheke) anstelle der Eisenhandlung und Maschinenfabrik Salomon Kiefer (Ecke Kämmerer- und Friedrichstraße) samt geringfügiger Straßenverbreiterung184. Basierend auf den neuromanischen Entwürfen Hofmanns führte Metzler nach aus technischen und finanziellen Gründen notwendigen Umplanungen 1903 bis 1905 die Hochbauten des neu angelegten, am 22. März 1902 noch ohne diese Bauten und nur mit Toranlage eingeweihten Friedhofs auf der Hochheimer Höhe aus (vgl. Abb. 96 S. 784 und Tafel 16b)185. Wenige Jahre später, 1911, wurde, ebenfalls an der Eckenbertstraße, der neue jüdische Friedhof eingeweiht. Für ihn hat Metzler, ohne an Vorgaben durch ältere Planungen gebunden zu sein, die Trauerhalle im Darmstädter Stil erbaut. Der von außen schlichte Bau mit einem betonten Portal zeigt sich innen mit qualitätvollem, die kultischen Anforderungen berücksichtigendem Dekor. An keiner anderen Stelle in Worms lässt sich der Paradigmenwechsel im Stadtbau innerhalb weniger Jahre so deutlich zeigen wie an den beiden Trauerhallen186. Nach 1905 zeigen Metzlers Bauten ein anderes Gesicht, formal bestimmt vom Darmstädter (Jugend-)Stil oder dem allgemeinen Trend. Sie könnten irgendwo stehen, ein »Worms-Touch« wie bisher findet sich nicht mehr. Zu nennen sind die Erneuerungsvorschläge für Fassaden anlässlich der Erweiterung der Stephansgasse (1909/11), das Grundwasserwerk der Stadt im Bürstädter Wald im Landhausstil (1904/05)187 und das ebenfalls dem Landhausstil verpflichtete Landschulheim der Stadt auf dem Hohen Darsberg bei Neckarsteinach (1909/10), der Erweiterungsbau der Nibelungenschule (1910/11) und die Landwirtschaftliche Winterschule am Nibelungenring südlich anschließend an den Hof der Nibelungenschule (1911/12), der als hervorragendes Beispiel einer industrieähnlichen Anlage geltende neue Schlachthof zwischen Vangionenring und Floßhafen (1909/ 11), sowie am aufwändigsten der repräsentative und mit einer Schalterhalle im Jugendstil samt Lichthof und Innenbrünnchen ausgestattete Neubau der Stadtsparkasse (1911/ 13)188, erbaut unter der Ägide von Bürgermeister Dr. Wevers an der Moltkeanlage (heute Adenauerring), wo zeitweilig auch die städtische Gemäldegalerie eine Bleibe fand 189.

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M ODERNE : D AS »N EUE W ORMS « Abb. 55: Portal der Städtischen Sparkasse, 1911/13

Abb. 56: Köhlerplatz (heute Karlsplatz), 1925

K ONKLUSION : W ASSERTURM – E LEONORENSCHULE – L UTHERKIRCHE

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Konklusion: Wasserturm – Eleonorenschule – Lutherkirche

Die Weststadt erfuhr in der Zeit zwischen 1890 und 1912 eine zunächst so nicht geplante, aber dann konsequent durchgeführte Platzgestaltung, die Friedrich Pützer, Architekt, Prof. an der TH Darmstadt und zugleich, obwohl Katholik Kirchenbaumeister der evangelischen Kirche in Hessen, von der Aufgabe her mit einem sehr hohen Anspruch belegt hat. Gemeint ist der heutige Karlsplatz. Ursprünglich stand dort als Solitärbau nur der von Karl Hofmann geplante und 1890 eingeweihte Wasserturm, eine technische Einrichtung zwecks Herstellung eines ausreichenden Wasserdrucks zur Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser, äußerlich aufwändig in Hofmanns neuromanischem »Lokalstil« errichtet. 1898 beschloss die Stadtverordnetenversammlung, den Wasserturm in eine Platzbebauung einzubeziehen, wobei an ein Schulgebäude gedacht war. Georg Metzler wurde mit der Planung zur Nutzung durch die 1874 gegründete, zunächst privat, seit 1886 in städtischer Verantwortung unterhaltene Höhere Töchterschule der Stadt beauftragt. Sie war zuerst am Weckerlingplatz, seit 1891 unbefriedigend in der Hagenschule untergebracht. Jetzt sollte ein angemessener Schulbau für die Mädchen des mittleren und gehobenen Bürgertums entstehen. Der Komplex, der bis auf die Jugendstilelemente aufnehmende Turnhalle und das Direktorwohnhaus in Metzlers historisierende erste Phase gehört, wurde zum repräsentativsten und aufwändigsten je in Worms errichteten Schulbau. Bei der Einweihung 1906 erhielt die bisherige Höhere Töchterschule den Namen »Eleonorenschule« nach Großherzogin Eleonore von Hessen-Darmstadt. Die Schule wurde überwiegend von evangelischen und jüdischen Schülerinnen besucht, weil die Wormser Katholiken in ihr einen protestantisch-nationalliberalen Einfluss konstatierten, dem sie eine katholische Bildung ihrer Töchter in der Schule der Englischen Fräulein vorzogen190. Sie konnte von ihrem ursprünglichen Standort südwestlich hinter dem Dom (heute dort das Liobahaus) 1907 in den großzügigen Neubau Berggartenstraße 3 umziehen und bestand dort bis 1938, als sie auf Grund der nationalsozialistischen Schulpolitik schließen musste191. Bereits bei der Erweiterungsplanung kam der Gedanke an den Bau einer evangelischen Kirche als nördlichen Abschluss der westlichen Platzwand auf. Auch für sie legte Metzler einen Entwurf vor. Doch entschied sich die damalige Andreas- und spätere Luthergemeinde192 unter dem Einfluss des Frhrn. v. Heyl zur Beauftragung von Prof. Pützer. Er plante die Lutherkirche, an die sich nach Westen ein kleiner Innenhof und das Pfarrhaus anschließen193, mit einem sich zum heutigen Karlsplatz öffnenden Portalvorbau, der in einen Taufbereich und dann in die Halle für den Gottesdienst übergeht. Dem Wiesbadener Programm entsprechend erhielt die Kirche einen Kanzelaltar mit darüber angebrachter Orgel, deren Prospekt die Stifterwappen Heyl und Stein zeigte, ausgeführt von Otto Hupp, dem führenden Heraldiker seiner Zeit. Oberhalb der Kanzel standen auf vier Pfeilern idealisierte Figuren der Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, geschaffen von dem Frankfurter Bildhauer Augusto Varnesi. Tauf- und Altargerät sowie die künstlerische Ausgestaltung des Altarbereiches führte Ernst Riegel aus, Mitglied der Darmstädter Künstlerkolonie und später in Köln tätig 194. Pützer, Varnesi und Riegel

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K ONKLUSION : W ASSERTURM – E LEONORENSCHULE – L UTHERKIRCHE

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Karte 13: Stadtplan Worms 1910

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waren Katholiken, ein bemerkenswertes Pendant zur künstlerischen Ausgestaltung der lutherischen Dreifaltigkeitskirche von 1725 195. Das Ensemble Wasserturm – Eleonorenschule – Lutherkirche stellt eine herausragende städtebauliche Leistung dar. Pützer hat es durch den Turm der Kirche, mit dessen Steinhaube er auf die mittelalterlichen Bauformen der Pauluskirche anspielt, optisch durch eine Blickachse mit der alten Innenstadt verbunden. Sein hoch gestecktes Ziel war die Schaffung einer Mitte des neuen Westendviertels, die nichts weniger sein sollte als ein neuzeitliches Gegenstück zu der gewaltigen, mittelalterlichen Bekrönung des Domhügels 196. Dahinter steckt keine Architektenhybris, sondern ein städtebauliches Programm, das Altes und Neues verbindet, das historische Qualität und neuzeitliche Schöpfung umfasst. Es ist kein Zufall, dass es in der Weststadt kein katholisches Gotteshaus gibt. Zu stark hat sich in der Zeit des Ausbaus die protestantisch-nationalliberale Prägung von Bauherren und Stiftern durchgesetzt. Auch darin bleibt, trotz einigen wenig glücklichen Veränderungen (fehlender Turm der Eleonorenschule), das heutige Karlsplatz-Ensemble für die Zeit vor 1914 aussagekräftig.

Selbstbewusstsein und Repräsentation: Die Amtskette von 1911 Die Einweihung des Cornelianums erschien als passender Anlass, eine schon länger in der Diskussion befindliche Absicht, die durch einen jüngst gefassten Beschluss der Stadtverordnetenversammlung aktuell geworden war, bekannt zu geben: die Anschaffung einer goldenen Amtskette für den Oberbürgermeister. Bisher gab es das in Hessen nur für Mainz, wo 1899 zwei Bürger eine solche Kette gestiftet hatten. In den übrigen hessischen Städten waren die nach der Einführung des neuen, 1902 von Otto Hupp geschaffenen Staatswappens aktualisierten Dienstzeichen in Gebrauch 197. Dr. Salzer nannte drei Punkte, die durch die Amtskette verdeutlicht werden sollten: das Aufblühen der Stadt in den letzten Dezennien, verbunden mit der erfolgreichen Tätigkeit des Oberbürgermeisters; ein Ansporn für die Nachfolger, es ihm gleichzutun; die Aufforderung an die Vertreter der Bürgerschaft, ihren übernommenen Verpflichtungen gewissenhaft und fleißig nachzukommen198. Nach Konsultation verschiedener Goldschmiede entschied man sich für den der Darmstädter Künstlerkolonie angehörenden Ernst Riegel, der zeitgleich auch Goldschmiedearbeiten für die Lutherkirche ausführte. Er legte im Mai 1911 seinen endgültigen Entwurf vor, dem außer den Stadtverordneten auch der Großherzog zustimmte. Den Kostenvoranschlag von 4 500 Mark hielt Riegel ein, übernahm aus Worms ihm übermittelte thematische Vorschläge für die Embleme und ging bereitwillig auf Korrekturwünsche ein. In der Stadtverordnetensitzung am 10. Oktober 1911 konnte Oberbürgermeister Köhler die fertige Arbeit vorstellen und sich für die wertvolle Gabe bedanken199. Die vollständig erhaltene und bis heute in Gebrauch befindliche Amtskette (Tafel 13) an der nur geringfügige Reparaturen vorgenommen werden mussten, darf unter den inzwischen zahlreichen Amtsketten deutscher Städte als herausragendes Kunstwerk gelten.

A LS

DIE

B LÜTENTRÄUME

WELKTEN : DER

E INSCHNITT 1914

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Sie besteht aus 22 durch kleine Ringe verbundenen Emblemplatten und einem großen Anhänger, der, bekrönt von einer Mauer mit Türmen und gehalten von zwei schlanken Drachen, das Stadtwappen mit Schlüssel und Stern zeigt. Drei kleinere bekrönte Wappen zeigen: über dem Anhänger das kleine Staatswappen des Großherzogtums Hessen, heraldisch rechts davon den Doppeladler des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, heraldisch links das Wappen des Deutschen Reiches von 1871. Zwischen den Wappen sind zwei mit Lapislazuli unterlegte, durchbrochene Schriftplatten angebracht: DIGNA BONA LAUDE – SEMPER WORMATIA GAUDE. Dann schließen sich an, jeweils gegenüberstehend, die Embleme für Handel (Merkurstab) und Industrie (Zahnrad), Landwirtschaft (Ährenbüschel mit Sichel, vom Erntekranz umschlossen) und Weinbau (Reben und Weinlaub), Geschichtsschreibung (Federkiel, der auf eine Schriftrolle »Historia« schreibt) und Sage (Siegfrieds Schwert, den Drachen Fafner durchbohrend), Fischer gemeinsam mit Schiffern (Wellen, darauf ein Boot mit windgeblähtem Segel) und Handwerk (Hammer, mit Laub bekränzt). Das mittlere Einzel-Emblem zeigt den oberen Abschluss des Dom-Westchors, wodurch sowohl der Städtebau wie die denkmalpflegerische Tat von dessen Rettung versinnbildlicht werden soll. Acht Emblemplatten mit dem fünfstrahligen Stern stellen Verbindungsglieder dar. Das Material der Amtskette ist 14-karätiges Gold. Die Einlagen der Wappenschilde sind in Feinsilber emailliert. In den Kronen über den Reichs- und Staatswappen finden sich farbige Edelsteine. Wie bei anderen Arbeiten, etwa dem Altargerät der Lutherkirche, hat Riegel schmückend filigrane Spiralen eingefügt. Nicht mehr das Bildnis des Herrschers oder das Staatswappen, sondern das Stadtwappen findet sich im Hauptemblem. Bürgerliches Selbstbewusstsein, Gewerbefleiß, Handel und Industrie sind ihm zugeordnet. Geschichte, Sage und die fruchtbare Rheingegend werden angesprochen. Den Städtebau in einer historisch geprägten Umgebung symbolisiert der die Stadt bekrönende Dom. Für Bürgermeister und Stadtverordnete sollte die Amtskette nicht nur eine künstlerische Würdigung mutiger und bedeutender Leistungen zum Wohle des Gemeinwesens darstellen, sondern sie zugleich für zukünftiges Handeln motivieren.

Als die Blütenträume welkten: der Einschnitt 1914 Eiserne Kreuze schmücken das Vorsatzpapier des Verwaltungsrechenschaftsberichts für 1914. In der ersten Stadtverordnetensitzung des Jahres 1915 nahm der Oberbürgermeister zu der aktuellen Situation Stellung. Vor einem Jahr habe er bei der Einführung der neu gewählten Stadtverordneten dem Wunsch Ausdruck gegeben, das Jahr 1914 möge für die Stadt Worms und unser Vaterland … ein glückliches werden. … Dieser Wunsch hat sich nicht erfüllt. Zwar habe die Hoffnung auf eine Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse zunächst nicht getrogen200. Der Abschluss der Betriebsrechnung der Stadt sei nicht ungünstig ausgefallen. Doch wenn er, wie bisher üblich, einen Überblick über die Tätigkeit der Verwaltung geben würde, dann könnten sich die Stadtverordneten fragen, was das

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gegenüber den weltgeschichtlichen Ereignissen für einen Sinn habe. Mitten im Schaffen, in der Arbeit hat uns der Krieg auch auf kommunalem Gebiet ein energisches Halt geboten. Noch hätten viele Menschen nicht erkannt, dass mit den Nahrungsmitteln und anderen Ressourcen verantwortungsvoller umgegangen werden müsse. Es gehört aber zur Rettung und Verteidigung des Vaterlandes nicht nur der Sieg der Waffen, sondern auch der Sieg der deutschen Volkswirtschaft, und sie kann siegen, wenn im deutschen Volke Verständnis und Opferwilligkeit genug herrschen, um der gegenwärtigen Lage gerecht zu werden. Köhler sah die Probleme kommen und sprach sie an. Fatalismus sei fehl am Platz. Aber zu rauschenden Festlichkeiten ist die Zeit zu ernst! Alle Wünsche für das kommende Jahr vereinigten sich in einem einzigen innigen Wunsche: … dass Gott uns im neuen Jahr den Sieg und einen ruhmreichen Frieden schenken möge. Unüberhörbar waren die dunklen und nachdenklichen Töne. 1914 sollte sich als tiefer Einschnitt erweisen. Die Blütenträume waren ausgeträumt201.

Tafel 21a: Romanischer Kreuzgangflügel von St. Andreas, die Kapitelle sind charakteristisch für die Wormser Romanik im ausgehenden 12. Jahrhundert

Tafel 21b: St. Andreas (Museum der Stadt Worms), Inneres nach Westen

Tafel 22a: Krypta der Bergkirche, gegliedert durch vier Säulen mit Würfelkapitellen, Altar mit restaurierter romanischer Altarmensa

Tafel 22b: St. Martin, Detail vom Westportal, um 1235

Tafel 23a: Die feldseitige Stadtmauer am Torturmplatz aus staufischer Zeit, im Vordergrund der Bürgerturm

Tafel 23b: Blick von Süden auf den Dom, kolorierte Radierung von Louis Bleuler, um 1820

Tafel 24: Die Liebfrauenkirche wirkt innen durch die klare Raumgliederung unter Verzicht auf eine aufwändige Ausstattung sehr großzügig

Von der Blüte in den Abgrund: Worms vom Ersten bis zum Zweiten Weltkrieg (1914–1945) G EROLD B ÖNNEN

Quellenlage und Forschungsstand Die Entwicklung der Stadt vom Ersten bis zum Zweiten Weltkrieg ist durch dramatische Wandlungen und tief greifende Veränderungen gekennzeichnet, die ganz zu Kriegsende 1945 in der zweiten großen Stadtzerstörung nach 1689 kulminiert sind. Unser Wissen über diese zentrale Epoche des vergangenen Jahrhunderts ist dabei insgesamt sehr unbefriedigend. Die Wormser Stadtgeschichte während des Ersten Weltkriegs ist bislang – ungeachtet einer keineswegs schlechten Quellenüberlieferung 1 – überhaupt noch nicht untersucht worden. Für die Geschichte der Stadt während der Weimarer Republik, für die die Quellenlage nicht so schlecht ist wie längere Zeit angenommen wurde, gilt, dass hier erst in den letzten Jahren einige wenige Themenkomplexe behandelt wurden, die meisten Aspekte der bewegten Stadtgeschichte aber noch einer Analyse harren. Zu den vernachlässigten Fragen gehören der weite Bereich der kommunalen Sozialpolitik, die Entwicklung der Stadtverwaltung, die kulturellen und konfessionellen Tendenzen, die Geschichte der Parteien und unterschiedlichen Milieus, Fragen der wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt (vor allem in der nach wie vor dominierenden Lederindustrie) sowie die gesamte Spätzeit der Weimarer Republik im Spannungsfeld der politischen Extreme einschließlich der bürgerkriegsartigen Zuspitzungen ab 1930. Eine neben den inzwischen abschließend verzeichneten städtischen Akten und den vollständig erhaltenen Protokollen der Stadtverordnetenversammlung 2 bislang wenig genutzte Quelle sind die durch kriegsbedingte Lücken nur unvollständig erhaltenen, im Stadtarchiv verwahrten Tageszeitungen aller Couleur. Leider liegen die für die kommunale Entwicklung – und hier vor allem die beeindruckende städtische Leistungsverwaltung – so wichtigen gedruckten Verwaltungs-Rechenschaftsberichte des Oberbürgermeisters nur für den Zeitraum von 1924 bis 1927 in gewünschter Ausführlichkeit vor. Sie bilden – obwohl nur wenige Jahre umfassend – eine wichtige Grundlage für künftige kommunalgeschichtliche Forschungen. Für die NS-Zeit erweist sich der gravierende Aktenverlust durch die Bombentreffer im Rathauskomplex Februar/März 1945 als sehr nachteilig. Er betrifft die laufenden Akten der Zeit seit ca. 1925/30 und kann zudem nur auf wenigen Feldern durch eine Ersatzüberlieferung ausgeglichen werden. Dennoch ist die Quellenlage für die NS-Zeit keineswegs hoffnungslos. Dazu tragen besonders die aus dem Umfeld der Familie von Heyl in das Stadtarchiv gelangten Nachlässe zur Entwicklung von Wirtschaft, Politik und Gesell-

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schaft vor 1945 bei, die bislang noch nicht annähernd ausgewertet worden sind. Sehr wichtig ist die umfangreiche fotografische Überlieferung vor allem für die Jahre 1933 bis 1939 in der Fotoabteilung des Archivs (v. a. Nachlass Leopold Hanselmann mit mehr als 6 000 Aufnahmen). Reiches, bislang noch unverzeichnetes Aktenmaterial bergen die im Zuge der Entnazifizierung entstandenen Spruchkammerakten. Hinsichtlich des Schicksals der jüdischen Gemeinde und ihrer Angehörigen sind beeindruckende Arbeiten vorgelegt worden, jedoch hat die noch ausstehende Aufarbeitung der weiteren Stadtgeschichte in der NS-Zeit eine Einordnung der auf diesem Gebiet gewonnenen Erkenntnisse in die übergeordneten lokalen Gegebenheiten während der Diktatur bislang behindert. Gut untersucht wurden während der letzten beiden Jahrzehnte neben dem Schicksal der Wormser Juden vor allem Aspekte der städtischen Kulturpolitik, die Charakteristika der Kriegswirtschaft und Zwangsarbeit in der Lederindustrie, der Bombenkrieg und die Bedeutung des nahe Worms gelegenen KZ Osthofen. Andere Fragestellungen blieben dagegen bislang unbeachtet, darunter die Entwicklung der Stadtverwaltung und der NSDAP und ihrer Organisationen ab 1933 einschließlich der Zusammensetzung, der Herkunft und dem Werdegang des führenden NS-Personals, die Verfolgung politischer Gegner bzw. der politische Widerstand, die ambivalente Rolle der Kirchen, die äußerst schwierige ökonomische Lage der Stadt als Notstandsgebiet mit sehr hoher Arbeitslosenzahl und die damit zusammenhängenden enormen, nach 1945 immer deutlicher werdenden Strukturprobleme sowie Fragen der Stadtplanung seit den 1930er Jahren. Die dringend notwendige weitere Erforschung der jüngeren Stadtgeschichte ist auch eine unabdingbare Voraussetzung zum Verständnis der bis in die Gegenwart nachwirkenden Besonderheiten der Stadtentwicklung von Worms und zahlreicher die Stadt belastender Strukturelemente.

Der Erste Weltkrieg und seine Auswirkungen auf Worms Die durch das auf den österreichischen Thronfolger verübte Attentat von Sarajewo am 28. Juni 1914 beginnende Julikrise und die fatale Verkettung der politischen und militärischen Entscheidungen in Richtung auf einen Krieg trafen die Stadt Worms zu einem Zeitpunkt voller Blüte und tiefer Normalität. Für die nächste Zeit hatte man sich unter anderem auf baulichem und kulturellem Gebiet neue, ehrgeizige Ziele gesetzt. Dazu gehörten die Anlage eines Spiel- und Sportplatzes, die Krankenhauserweiterung und die Fortführung der Kanalisation sowie für Juli 1915 so glanzvoll wie möglich geplante Nibelungenfestspiele 3. Der weitere Ausbau des »Neuen Worms« und seiner Infrastruktur wurde intensiv vorangetrieben, man sonnte sich selbstbewusst im Glanz des seit gut einer Generation Erreichten. Dennoch drängte sich im Laufe des Juli auch in Worms die Sorge um den Frieden nach vorn, für dessen Erhaltung schließlich alle Chancen vertan wurden. Die Wormser Zeitungen berichteten am 1. und 2. August 1914 von der Mobilmachung und vermitteln einen Eindruck von der vorherrschend gedrückten Stimmung mit den Worten stiller Ernst lag über der Volksmenge und die Heiterkeit verschwindet aus den Gesichtszügen 4. Auch der Stadtspitze war der Ernst der Lage sehr wohl bewusst: Der seit

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1898 amtierende Oberbürgermeister Heinrich Köhler brachte die vorherrschende Stimmung am 4. August 1914 vor den Stadtverordneten mit den Worten eine furchtbar ernste Zeit ist über uns hereingebrochen zum Ausdruck. Der Finanzausschuss der Stadtverordnetenversammlung wurde als Kommission zur Vollziehung der Kriegsmaßnahmen eingesetzt. Die Stimmung war zunächst keineswegs hurrapatriotisch, wie es in der Geschichtswissenschaft lange Zeit angenommen wurde, sondern sorgenvoll und durch das Bewusstsein kommender schwerer Zeiten geprägt, so wie dies in einer Pilotstudie für die Landeshauptstadt Darmstadt erstmals differenziert dargelegt werden konnte5. Die Garnisonstadt Worms mit ihren knapp 49 100 Einwohnern veränderte innerhalb weniger Tage ihr Gesicht. Am Nachmittag des 2. August sprach Großherzog Ernst Ludwig (1892–1918) zu den ausrückenden Soldaten. Die Bilanz des in Worms beheimateten 4. Großherzoglich-Hessischen Infanterieregiments (Prinz Carl) Nr. 118 wies 1918 aus, dass von 377 Offizieren und 24 991 Mannschaften nicht weniger als 87 Offiziere und 2 878 Mannschaften gefallen sowie 176 Offiziere und 7 558 Mannschaftssoldaten verwundet worden waren. Am 11. August 1914 berichtete die Wormser Zeitung von einem feierlichen Gottesdienst in der Synagoge für die ins Feld ziehenden israelitischen Rekruten mit einer patriotischen Ansprache des Rabbiners Dr. Isaak Holzer; er flehte den Segen Gottes auf die Ausziehenden herab und sprach das ergreifende Gebet für Kaiser und Reich, für unser Heer und seine Führer. Am 12. August trafen die ersten Gefangenentransporte französischer Soldaten ein, auf die weitere folgten. Am 26. des Monats erschien die erste Todesanzeige eines gefallenen Wormsers in der WZ. Es erfolgte alsbald die Einrichtung von Lazaretten unter anderem im Mathildenheim, im Saalbau Neuhausen, in der Jahn-Turnhalle, im Sophienhaus und im Martinsstift. Umso patriotischer wurde der an die Schlacht im Krieg von 1870/71 erinnernde Sedantag am 2. September begangen: Der Oberbürgermeister sprach im Cornelianum, Oberlehrer Prof. Dr. Hermann Briegleb verlas ein pathetisches Gedicht. Auch im Altsprachlichen Gymnasium fand ein Festakt mit der feierlichen Entlassung der ersten, noch jugendlichen Kriegsfreiwilligen statt. In Festansprachen wurden Deutschtum und Krieg verherrlicht; man beschwor immer aufs Neue die Vorstellung, eine Welt feindseliger Neider habe dem friedliebenden Deutschen Reich den Krieg aufgezwungen, den es nun zur Verteidigung der Kultur und seiner Reichseinheit zu führen und zu gewinnen gelte 6. Der Krieg, der auf kommunalem Gebiet ein »energisches Halt geboten« hat (so OB Köhler vor den Stadtverordneten am 6. 1. 1915), stellte die Stadtverwaltung vor ungeahnte neue Aufgaben vor allem auf dem Gebiet der Sozialfürsorge bzw. der Wohlfahrtspflege. Dabei konnte man neben den eigenen Mitteln auch auf eine Reihe von Stiftungen und Spenden zurückgreifen7. Bereits kurz nach Kriegsausbruch begannen Bemühungen zur Unterstützung von Soldatenfamilien. Es wurde eine Arbeitsausgabestelle zur Beschäftigung bedürftiger Frauen und Mädchen begründet, da eine wachsende Zahl weiblicher Arbeitsuchender einer sinnvollen Beschäftigung zugeführt werden sollte. Im Dezember 1917 wurde ein städtisches Fürsorgeamt für Kriegsbeschädigte und -hinterbliebene eingerichtet. Seit 1918 gab die Stadt Notgeld heraus. Erhebliche Anstrengungen waren zur Sicherstellung der Ernährung 8 zu unternehmen: Bereits unmittelbar nach Kriegsbeginn wurden Kredite für den Lebensmittelankauf ge-

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nehmigt und zunächst bei Brot und Fleisch eine kommunale Vorsorge begonnen; die Stadtgärtnerei forcierte den Gemüseanbau. Anfang Februar 1915 erfolgte die Bildung einer Kommission für Lebensmittelversorgung. Im Zuge der Zwangsbewirtschaftung von Lebensmitteln und Brennstoffen wurde im Jahr 1916 in Worms ein Lebensmittelamt eingerichtet. Von 1916 an waren alle wichtigen Nahrungsmittel zwangsbewirtschaftet, wozu rasch eine entsprechende Bürokratie auf- und stetig ausgebaut werden musste, die noch bis zum Beginn der 1920er Jahre fortbestanden hat. Den Höhepunkt erreichte die furchtbare Ernährungskrise im Winter 1916/17, das Hungerjahr 1917 blieb noch lange im Gedächtnis der Nachlebenden. Bereits im Juni 1916 war es in Worms zu Hungerkrawallen und Plünderungen gekommen, die das Ausmaß an Verzweiflung und potenzieller Gewalt sowie die Brüchigkeit des 1914 verkündeten »Burgfriedens« deutlich werden lassen 9. Im Polizeibericht heißt es: Infolge der unverhältnismäßig hohen Kirschenpreise (…) entstand gestern auf dem Marktplatz ein durch Arbeiterweiber in Scene gesetzter Tumult. … Die Schutzmannschaft war nicht imstande, die Menge zu beruhigen (…) Abends gegen 9 Uhr nahm der Volksauflauf noch erheblich zu, indem sich eine grosse Anzahl halbwüchsiger Arbeiter der Menge zugesellte. Dabei wurden auf der Rückseite des Rathausgebäudes einige Fensterscheiben eingeworfen. Allmählich … zog die Menge in einige Straßen in der Nähe des Marktes (…). In der Hafergasse wurden die Läden (…) vollständig ausgeplündert, nachdem die Schaufenster zertrümmert waren. Infolge der colossalen Erregung der Menschenmenge konnte die Schutzmannschaft nichts ausrichten (…). In der Zwischenzeit wurde militärische Hilfe zugezogen. Die Ruhe ist vollständig hergestellt. Am Nachmittag haben sich demnach Frauen und massenhaft Kinder auf dem Marktplatze und den angrenzenden Geschäftsstraßen angesammelt, die mit »Hunger, Hunger«-Rufen hervortraten. Ein Teil der Menge versuchte, das Rathaus zu stürmen; die Zahl der Anwesenden betrug schließlich etwa 1 000. Am späten Abend kam es zu neuen »Zusammenrottungen«; am Stadthaus wurden Scheiben eingeworfen, in etlichen Geschäften wurden Waren geplündert. Noch sechs Wochen später heißt es, die Durchführung von Militärpatrouillen durch die Stadt erschien erforderlich, weil verschiedene halbwüchsige Burschen und auch Weiber geäußert hatten, sobald das Militär fort sei gehe es wieder los und es waren auch verschiedene größere Nahrungsmittelgeschäfte … als die in Aussicht genommenen Angriffsobjekte genannt worden. Die Schulen litten vor allem seit dem Winter 1916/17 unter Kohlennot, was sowohl im Altsprachlichen Gymnasium als auch in den Volksschulen, von denen zeitweilig nur noch zwei beheizt werden konnten, zu häufigem Unterrichtsausfall führte. Nach der Schließung von Gemeindeschulen nahm die Firma Cornelius Heyl seit Februar 1917 schulpflichtige Kinder bei sich auf und beschäftigte sie während der Vormittagsstunden10. Das Werk errichtete während des Krieges weitere Wohlfahrtseinrichtungen im Bereich der Lebensmittelversorgung (z. B. Gründung einer Milchgenossenschaft zur Sicherstellung der Versorgung mit Frischmilch, Bau von Schweineställen, landwirtschaftliche Nutzung des Firmengeländes, Fleischverkaufsstelle). Erhebliche Anstrengungen galten der Organisation eines »Kriegshilfsdienstes«, in dem Rohstoffe gesammelt wurden und der militärischen Vorbereitung der Jugend, die mittels eines »Jugendwehrvereins« und anderer Organisationen auf den Krieg vorbereitet werden sollte11. Im Vorort Pfiffligheim wurde seit Anfang 1915 ein auf 10 000 Personen ausgelegtes Kriegsgefangenenlager

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errichtet, das bis Kriegsende bestand und in dem Soldaten unterschiedlicher Nationen untergebracht waren12. Nachhaltige, allerdings bislang noch kaum genauer untersuchte Wirkungen hatte der Krieg auch auf die Wormser Industrie13. Die Arbeitsverhältnisse in der Lederindustrie waren durch den Wegfall des entscheidenden Faktors Export und Probleme bei der Beschaffung der notwendigen Rohware gekennzeichnet. Neben der Umstellung auf die Produktion von Kriegsleder (Sohlleder, schweres Oberleder) erwies sich die Heranziehung zahlreicher jugendlicher und weiblicher Arbeitskräfte als unumgehbar, zumal ca. 2 000 von den 6 000 Arbeitern der Branche zum Heeresdienst eingezogen worden waren. Der Anteil der Mädchen und Frauen an der Industriearbeiterschaft schnellte nach Ermittlungen der Gewerbeinspektion von Mitte 1914 24,6 Prozent auf 1917/18 über 41 Prozent. Die in Worms recht starke chemische Industrie und die Holzindustrie kamen ohne Frauen nicht mehr aus. Am 1. Oktober 1918 waren fast die Hälfte aller Beschäftigten in der chemischen Industrie von Worms Arbeiterinnen, ein Zustand, der sich nach Kriegsende rasch wieder ändern sollte. Der Anteil der Jugendlichen (bis 16 Jahre) wuchs von 11,7 Prozent am 1. Juli 1914 auf 16,5 Prozent am 1. Oktober 1918 und betrug am 1. Januar 1919 nur noch 9,6 Prozent. Die Folgen für das Arbeitsleben waren gravierend: Schutzbestimmungen wurden gelockert, die Zahl der Arbeitsunfälle stieg stark an, der Gesundheitszustand der Arbeiterinnen wurde als schlecht angesehen, laut Jahresbericht der Gewerbeaufsicht litten »große Teile der Arbeiterschaft« an »Blutarmut und Unterernährung« sowie mangelnder

Abb. 57: Granatenproduktion bei Cornelius Heyl, um 1917

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Widerstandskraft. Im Laufe der Zeit erfolgte in den Lederwerken zum Teil eine Umstellung auf die Fabrikation von Munition, nachdem die Herstellung von Luxuswaren unterbunden werden musste. Im Jahr 1917 waren 180 männliche und 230 weibliche Arbeiter auf diesem Sektor tätig, nachdem diese bei einer Firma in Frankenthal angelernt worden waren14. Die Kriegsfolgen versuchte man durch werkseigene Fürsorgemaßnahmen für Hinterbliebene bzw. eine umfangreiche Kriegsfürsorge auszugleichen, wofür die Lederwerke Cornelius Heyl sechs Millionen, die Firma Doerr & Reinhart zwei Millionen Mark aufgewendet haben. Im Juli 1916 wurde in Birkenau/Odenwald das Corneliusheim als Erholungsheim für die Belegschaft der Firma Heyl seiner Bestimmung übergeben. Insgesamt gingen die Beschäftigtenzahlen in der Lederindustrie stark zurück (1. 7. 1914: 5 266 Personen; 1. 7. 1916: 2 786; 1. 7. 1918: 2 706; 1. 7. 1919: 3 740). Der Krieg erreichte mit einem Luftangriff alliierter Streitkräfte im Juli 1917 punktuell auch Worms. Mit dem Soldatentod des hoch begabten Musikers Rudi Stephan am 29. September 1915 in Galizien verlor die Stadt ein herausragendes Talent auf künstlerischem Gebiet. Im selben Jahr (23. 10. 1915) starb mit Sophie von Heyl (geb. 1847) eine bemerkenswerte Persönlichkeit der bürgerlichen Führungsschicht der Stadt. Die Ehefrau der »alten Exzellenz« C. W. von Heyl hatte seit 1914 als Vorsitzende der Wormser Frauenvereine ihr ohnehin sehr starkes karitatives Engagement noch weiter gesteigert 15. Die nach ihrem Ableben errichtete Gedächtnisstiftung kam den von ihr gegründeten und geförderten Wohlfahrtseinrichtungen zugute.

Turbulente und schwere Jahre: Die Entwicklung von 1918 bis 1924 Politische Entwicklung und Stadtspitze zwischen Novemberrevolution und dem Tod von Oberbürgermeister Köhler Nachdem auch in Worms die revolutionäre Umwälzung in die Wege geleitet worden war16, konstituierte sich am Abend des 9. November 1918 der Arbeiter- und Soldatenrat, dessen endgültiger Vorstand mit Albert Schulte (s.u.) als 1. Vorsitzenden und dem Arbeitersekretär Bernhard Rechthien (1876 –1941) als 2. Vorsitzenden besetzt wurde. Wie in den meisten anderen Städten des Deutschen Reiches verlief die Machtübernahme vollkommen unblutig, wobei sowohl im militärischen Bereich alle Truppenteile als auch alle Zivil- und Staatsbehörden dem Arbeiter- und Soldatenrat unterstellt wurden. Oberbürgermeister Heinrich Köhler und Kreisdirektor Dr. Karl Kayser wurden ihrer Ämter enthoben, allerdings durfte Letzterer ab 16. November 1918 seine Arbeit im Einvernehmen mit dem Arbeiter- und Soldatenrat wieder aufnehmen. Sobald die Kontrolle aller Institutionen durch den Rat übernommen worden war, wurden am 10. November 1918 in der Stadtverordnetenversammlung unter dem Vorsitz Rechthiens die vorangegangenen Ereignisse erörtert und die Organisation der anstehenden dringlichen Probleme diskutiert. Oberste Priorität räumte man der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung sowie der Versorgung der Zivilbevölkerung mit Lebensmitteln, Kohle und Kleidung ein, außerdem der Wiedereingliederung und Unterbringung der Heimkehrer. Bei der Ausübung sei-

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ner Tätigkeit bemühte sich der Arbeiter- und Soldatenrat um die Sicherung der staatlichen Ordnung, indem er eng mit den entsprechenden Rätegremien in Darmstadt bei zivilen und in Frankfurt/M. bei militärischen Angelegenheiten zusammenarbeitete bzw. auf deren Anweisungen agierte. Für den Sicherheits- und Ordnungsdienst bildete man eine Bürgerwehr, deren Aufgaben jedoch schon Ende November durch reguläres Militär übernommen wurden. Die durch das Waffenstillstandsabkommen auferlegte Demobilmachung bedeutete für Worms eine besondere Belastung, da die Stadt von der Westfront kommende Truppen (am Tag bis zu 30 000 Soldaten) während ihres Aufenthaltes in Worms zusätzlich mit Lebensmitteln versorgen und einquartieren musste. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln wurde gleichzeitig erschwert durch fehlende Transportmöglichkeiten. Am 3. Dezember löste sich der Wormser Arbeiter- und Soldatenrat auf. An seine Stelle trat der »Volksausschuss Worms« unter dem Vorsitz von Albert Schulte. Schließlich übernahm die französische Besatzung am 8. Dezember die Verwaltung des Kreises Worms (s.u.). Wenn man den Ablauf der Ereignisse in Worms vom 9. November bis zum 3. (Auflösung des Arbeiter- und Soldatenrates) bzw. 8. Dezember 1918 (Verwaltungsübernahme durch die Besatzungstruppen) betrachtet, so stellt man fest, dass es hier wie fast überall im Reich und im künftigen Volksstaat Hessen zu keinen Ausschreitungen kam. Dies war in Worms hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass die Umwälzung unter der Kontrolle tatkräftiger und besonnener Männer vollzogen wurde. Mit dem Arbeitersekretär Rechthien und dem Vorsitzenden des Konsumvereins, Albert Schulte, der ein besonders für die Lösung der Ernährungs- und Transportprobleme prädestinierter Fachmann war, standen erfahrene Persönlichkeiten an der Spitze des Arbeiter- und Soldatenrates Worms. Wenige Wochen nach dem Ende der Monarchie fanden die Wahlen zur Nationalversammlung statt17. Die SPD konnte ihr Ergebnis in Worms gegenüber dem Wahlergebnis von 1912 deutlich verbessern und kann als der eigentliche Gewinner dieser Wahl angesehen werden. Die während des Krieges als linke Abspaltung gegründete »Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands« (USPD) blieb in Worms mit 0,4 Prozent ohne Bedeutung; Zugewinne ergaben sich für die den katholischen Bevölkerungsteil repräsentierende Zentrumspartei. Damit und vor allem mit dem bemerkenswert guten Abschneiden der als Nachfolgerin der Nationalliberalen Partei gegründeten Deutschen Volkspartei (DVP) war (wie in der ganzen Provinz Rheinhessen) ein starkes Fortwirken regionaler Besonderheiten gegeben. Der zweite Sohn von Cornelius Wilhelm von Heyl, der Industrielle und Politiker Ludwig C. von Heyl (1886 –1962) setzte zwischen 1914 und 1919 sowie von Anfang 1923 bis zu seinem Rückzug aus der Lokalpolitik im Jahr 1930 das traditionelle politische Engagement der Familie auf dem rechten Flügel der DVP in der Stadt wie auch als Landtagsabgeordneter fort. Er stand nicht nur in persönlichem Kontakt mit dem späteren Reichsaußenminister Gustav Stresemann, der im November 1924 in Worms auf einer stark besuchten Veranstaltung sprach, ihn verband auch ein enges Vertrauensverhältnis zu dem seit 1924 amtierenden Oberbürgermeister Wilhelm Rahn18. Ludwigs älterer Bruder D. Dr. Cornelius von Heyl (1874–1954), politisch ein Deutschnationaler, war Vorsitzender des Wormser Altertumsvereins (1921–1954) und hatte unter anderem wichtige Funktionen in den synodalen Gremien der hessischen evangelischen Landeskirche

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inne (1923 stv. Präsident des Evangelischen Landeskirchentags, Präsident der Landessynode usw.). Beide Brüder nahmen enormen Einfluss auf die evangelische Kirche in Worms und prägten sie stark im vorherrschenden deutschnational-monarchistischen Sinne, worauf noch zurückzukommen ist. Für Worms selbst wurden die Ergebnisse der ersten Kommunalwahlen nach dem verlorenen Krieg und der Reform der hessischen Städteordnung im April 1919 am 9. November 1919 folgenreich. Die letzte Vorkriegs-Ergänzungswahl zur Stadtverordnetenversammlung im Jahr 1913 hatte an der bürgerlichen Mehrheit im Stadtparlament nichts geändert 19. Zu den Vorkriegsjahren bestand nur eine schwache personelle Kontinuität, da deutlich mehr als die Hälfte der Sitze (28 von 42) 1919 von neuen Kräften besetzt wurde. Von den 42 Mitgliedern des Gremiums waren nur sieben bereits vor 1914 als Stadtverordnete tätig (vier jetzt DVP, einer Zentrum, zwei DDP), weitere fünf waren seit 1914 dazugekommen. Die gesamte sozialdemokratische Rathausfraktion bestand aus Neulingen. Das seit 1898 amtierende, 1910 auf Lebenszeit berufene Stadtoberhaupt, der zudem seit diesem Jahr auch als Landtagspräsident in Darmstadt tätige Jurist Heinrich Köhler (geb. 1859)20, blieb – von der kurzen Episode der Novemberrevolution abgesehen – bis zu seinem Tod am 2. Juni 1924 im Amt, wenngleich die Amtsführung nach 1918 im Vergleich zu der Zeit vor 1914 eine andere war. Neben den schmerzlichen Erfahrungen des verlorenen Krieges, den langjährigen, 1917/18 eskalierten Konflikten mit seinem Stellvertreter Bürgermeister Dr. Alfred Wevers sowie den politischen und wirtschaftlichen Belastungen machten ihm die gänzlich neuen politischen Gegebenheiten sehr zu schaffen. Dies und anderes trug nachhaltig zu einer Reduzierung seiner bis dahin starken Autorität bei. Die Ausweisung durch die Besatzungsbehörde unter einem Vorwand Mitte 1923 und der damit – gemeinsam mit dem Direktor des Altsprachlichen Gymnasiums, Gustav Lauteschläger 21 – erzwungene Wegzug von Worms schwächten seine bereits nach 1918 geschwundenen Kräfte noch mehr. Die die gesamte Stadt einigende, die Zeitgenossen stark beeindruckende Trauerfeier nach seinem Ableben im Juni 1924 muss als ausdrückliche Demonstration gegen die Anwesenheit der französischen Besatzung und das Gebaren der »fremden Herren« gewertet werden22. Der Beigeordnete Albert Schulte (SPD) beschrieb die Stimmung mit den pathetischen Worten: Eine unvergessliche Kundgebung der trauernden, hartbedrängten Stadt unter den Augen der Peiniger des besetzten Gebietes. (…) Klagend tönen die Glocken von den Türmen der Stadt. Neben Köhler amtierte als dienstältester Beigeordneter der Stadtbaumeister Georg Metzler23. Er hatte keine politischen Ambitionen und trat auch im politischen Leben der Weimarer Jahre nicht hervor. Bereits im Juli 1920 war der unter Köhler seit 1903 (besoldeter juristischer Beigeordneter, Wiederwahl 1915 auf sechs Jahre) als zweiter Mann agierende Bürgermeister Dr. Alfred Wevers (1875 –1932) vor dem Hintergrund von gewalttätigen Ausschreitungen und Krawallen in der Stadt nach langwierigen Konflikten mit Köhler zurückgetreten. Wevers hatte schon vor 1915 in einem extrem gespannten Verhältnis zu seinem Dienstherrn gestanden. Spätestens seitdem er 1917/18 nur knapp einem Antrag des Oberbürgermeisters auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens bei der Regierung in Darmstadt entgangen und es zu einem auch persönlich tiefen Zerwürfnis mit Köhler gekommen war, war seine Autorität schwer beeinträchtigt. Die Konflikte hat-

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ten sich seit der Vorkriegszeit an Fragen der Führung der städtischen Sparkasse entzündet; Wevers hatte im Frühjahr 1918 nur die Tatsache gerettet, dass sich ein Teil der Stadtverordneten explizit für ihn und somit gegen Köhler aussprach. In seinem Amt als zweiter Mann an der Stadtspitze ist Wevers durch Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 13. Oktober 1920 mit Albert Schulte der einzige Sozialdemokrat nachgefolgt, der vor 1933 maßgebliche politische Funktionen in Worms ausüben sollte. Er war bereits seit den Novemberwahlen 1919 als unbesoldeter Beigeordneter an der Stadtspitze tätig und rückte nun weiter nach oben, seit 1924 mit dem Titel »Bürgermeister«. Dies war umso wichtiger, als seine während der Tage des Arbeiter- und Soldatenrates eindrucksvoll unter Beweis gestellten Fähigkeiten auf dem Gebiet der Versorgung und der Organisation nach wie vor dringend gebraucht wurden. Schulte ist für Worms der Prototyp einer republikanischen Politikerpersönlichkeit der Weimarer Jahre. Dies muss angesichts der unbestreitbaren Probleme der Deutschen Volkspartei mit der neuen republikanischen Staatsform nachdrücklich betont werden. Seit Mai 1919 amtierte der 1912 als Jurist im städtischen Dienst tätige Wormser Wilhelm Rahn (1880 – 1966) als unbesoldeter Beigeordneter, ein Vertrauensmann Köhlers, als dessen Nachfolger er am 15. Juli 1924 in sein Amt eingeführt wurde (s.u.). Der letzte neue Mann an der Stadtspitze nach 1919 war der vom Zentrum gestellte ehrenamtliche Beigeordnete Adam Winkler, der in dieser Position von Ende 1919 bis Anfang 1933 tätig blieb. Die SPD konnte ihr bei den Wahlen zu den beiden verfassungsgebenden Körperschaften im Reich und dem künftigen Volksstaat Hessen erzieltes Ergebnis vom Januar 1919 im November desselben Jahres auf städtischer Ebene fast wiederholen und errang nahezu die Hälfte der Sitze (Grafik 23, S. 561). Die Partei sollte in der Stadt vor 1933 nie wieder derart erfolgreich sein. Bei den Reichstagswahlen vom Juni 1920 lagen die beiden Wormser »Großen« DVP und SPD (Letztere bei einem Verlust von ca. 10 Prozent) nach wie vor weit über dem Reichsdurchschnitt von 13,9 Prozent bzw. 21,7 Prozent. Auffällig ist, dass einer der Wahlsieger des Jahres 1920, die monarchistisch-antirepublikanische Deutschnationale Volkspartei (DNVP, Reich 15,1 Prozent) in Worms überhaupt keine Rolle spielte und die USPD immerhin fast die Hälfte der reichsweiten Prozentzahl erreicht hat; Letzteres dürfte vor allem durch eine Wählerwanderung von der SPD zu Stande gekommen. Ein Vorzeichen für die spätere Zunahme radikaler Gruppierungen war es, dass eine Ortsgruppe der nach 1919 zunächst größten Organisation innerhalb der sehr erfolgreichen völkisch-antisemitischen Bewegung, des »Deutschvölkischen Schutz- und TrutzBundes«, in Worms bereits im Oktober 1920 gegründet wurde 24. Vor Ende 1922 formierte sich bereits die erste NSDAP-Ortsgruppe in Worms25. Bei den ersten regulären hessischen Landtagswahlen 1921 verlor die SPD, während die DVP weit über dem Landesdurchschnitt zuzulegen verstand. Beide Parteien, die im hessischen Landtag ca. 47 Prozent der Stimmen auf sich vereinigten, konnten in Worms zusammen über fast 70 Prozent der Wähler an sich binden. Die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) lag in Worms über, die bereits genannte USPD unter dem Landesdurchschnitt (vgl. Grafik 22, nach S. 560). Die zweiten Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung vom November 1922 erbrachten starke Verluste für die keineswegs mit dem Gewicht ihrer Stimmenmehrheit seit 1919 aufgetretene und alles andere als politisch konsequent handelnde SPD, wodurch

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die gestärkte DVP nun erstmals die relative Stimmenmehrheit auf sich zog. An Stelle der USPD band die nun bis 1933 in der Verordnetenversammlung vertretene KPD das gewachsene und sich erstaunlich schnell festigende linksextreme Wählerpotenzial. Die DDP war nahezu halbiert worden. Erstmals ergänzte die DNVP mit einem Mandat das rechte Lager 26. Wie in zahlreichen anderen deutschen Städten, so kam es auch in Worms in den letzten Junitagen 1922 zu Ausschreitungen bei Demonstrationen nach dem wenige Tage vorher, am 24. Juni, verübten Mord an Reichsaußenminister Walter Rathenau 27. Nach einem Bericht in der Morgenausgabe der Wormser Zeitung vom 28. Juni war es im Anschluss an eine Kundgebung zu Ausschreitungen gekommen, in deren Verlauf eine tausendköpfige Menschenmenge auch auf die Räume der Zeitung übergriff. Der Schriftleiter der größten Wormser Zeitung wurde unter Drohungen gezwungen, einen wenige Tage zuvor erschienenen Artikel zu widerrufen, in dem er sich nach Meinung der Demonstranten nicht deutlich genug von dem Attentat distanziert hatte. Die Wormser Ereignisse wurden auch durch Berichte über die gleichzeitigen Vorgänge in der Landeshauptstadt Darmstadt beeinflusst, wo es bei Ausschreitungen nach Demonstrationen ebenfalls zu Übergriffen auf namhafte Vertreter der DVP gekommen war. Erst Anfang Juli beruhigte sich die Lage wieder. Als Folge wurden nun auf Beschluss der Stadtverordnetenversammlung Flaggen in den schwarz-rot-goldenen Reichsfarben beschafft – fast vier Jahre nach dem Ende der Monarchie und dem Bestehen der Republik! Die republikanische Seite des politischen Spektrums stabilisierte sich Anfang 1925 durch die Gründung der Wormser Ortsgruppe des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, deren Gründungsversammlung von 600 bis 700 Personen besucht wurde28.

Die Folgen des Krieges: Besetzung, Inflation, Unruhen, Streiks Zu den schwersten Belastungen der Nachkriegsjahre in wirtschaftlicher, politischer und mentaler Hinsicht gehören die Begleiterscheinungen der französischen Besetzung des gesamten linken Rheinufers sowie (zeitweilig) von Teilen der rechten Rheinseite zwischen Dezember 1919 und Ende Juni 1930 29. Gemäß den Vereinbarungen der Alliierten übernahm das französische Militär am 8. Dezember 1918 im Rahmen einer kurzen Zeremonie im Stadthaus die Verwaltung und die vollziehende Gewalt in Worms. Die folgenden Jahre waren von einer Fülle von Reglementierungen, Beschränkungen und Verboten geprägt, die tief in das wirtschaftliche und alltägliche Leben der Wormser Bevölkerung und ihrer Vereinigungen eingegriffen haben und in die Wahrnehmung vieler Zeitgenossen bzw. in das kollektive Gedächtnis als schmachvoller Zeitabschnitt eingegangen sind. Zwar bemühte sich die Besatzung, französische Kultur und Sprache zu fördern (ab April 1919 Einrichtung einer Lesehalle, Aufführungen französischer Theatergruppen im Festhaus, Sprachkurse etc.), jedoch standen dem als gravierende Negativposten unter anderem eine punktuelle Pressezensur, umfangreiche Einquartierungen und Requisitionen und die Einführung einer Zollgrenze (1921) mit verheerenden Folgen für die Wormser Wirtschaft und den Handel gegenüber, wie dies etwa ein Bericht der Wormser Handelskammer dramatisch zum Ausdruck bringt.

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Im Jahr 1923 spitzte sich die Lage durch den passiven Widerstand und den Ruhrkampf zu: Insgesamt 661 Personen aus Stadt und Kreis Worms wurden ausgewiesen, darunter – wie gesehen – auch Oberbürgermeister Köhler. Ab Oktober 1923 kamen zu den ohnehin dramatischen Problemen noch die Aktivitäten der von den Franzosen unterstützten Separatisten hinzu (s.u.). Die Truppenstärken der in Worms liegenden Einheiten – unter ihnen bis 1921 auch farbige Kolonialtruppen, die besonderen Anfeindungen ausgesetzt waren30 – lag nach Angabe der Rechenschaftsberichte des Oberbürgermeisters 1925 bei ca. 4 000, 1927 noch bei ca. 3 300 Mann. Neben der 118er-Kaserne waren zahlreiche öffentliche Gebäude für militärische Bedürfnisse beschlagnahmt worden. Ab 1926 endete die bisherige strikte Kontrolle der deutschen Verwaltung unter dem Kreisdelegierten Hedoin und dem Hochkommissar der Besatzung (HCITR). Die zahlreichen Beschränkungen (Versammlungen, Umzüge mit militärisch-nationalem Charakter u. a. waren verboten bzw. mussten genehmigt werden etc.) wurde seit dieser Zeit schrittweise abgebaut. Im Mai 1930 verließen die letzten Truppen die Stadt, bevor die Besatzung des Rheinlandes am 30. Juni offiziell endete (s. u.). Zu den gravierendsten Folgen dieser verhängnisvollen Politik gehört die Einquartierungs- bzw. Unterbringungsproblematik, die auch in manchen Umlandgemeinden zu schwersten Belastungen führte: So mussten etwa in Abenheim (1 738 Bewohner) 435 Personen einquartiert werden, in Osthofen war das Verhältnis 4 237 zu 1 275. Zwischen 200 und 300 Offiziere und Unteroffiziere waren Mitte der 1920er Jahre in der Stadt privat unterzubringen, was immer wieder zu Beschwerden und Misshelligkeiten geführt hat. Auch der rasche Bau von Offizierswohnungen für die Franzosen hat an diesen Zuständen wenig geändert. Immer wieder wurden Klagen wegen gewalttätiger Übergriffe und Schikanen geführt. Kläglich scheiterte auch in Worms die separatistische Bewegung31. Schon Anfang Juni 1919 war es in Worms zu Proteststreiks gegen die Ausrufung einer »Rheinischen Republik« gekommen. Am 8. Januar 1923 legte die Stadtverordnetenversammlung einen ›feierlichen Treueschwur‹ gegenüber dem Deutschen Volk und dem Festhalten am Deutschen Reich ab, lediglich die Kommunisten verweigerten bei der Abstimmung darüber ihre Zustimmung. Im Herbst 1923 spitzte sich die Lage dann dramatisch zu. Am 23./24. September kam es zu einem Versuch der Erstürmung eines Polizeireviers und zu Tumulten auf dem Obermarkt, wo der Anführer der Separatisten, der Seilermeister und selbst ernannte »Kreiskommissar« Friedrich Kitt, wohnte. Am 29. Oktober drangen bewaffnete separatistische Kräfte in das Kreisamt an der Andreasstraße ein. Unterstützt wurden sie vom französischen Stadtkommandanten. Die Folge waren Streiks zum einen und die Fortsetzung der regulären Verwaltungsarbeit des Kreisamtes im Rathaus zum anderen. Kreisdirektor Hans Wolff stand faktisch unter einer Art Hausarrest. Eine Resolution der Behördenleitung und der Stadt betonte die Illegalität des Handelns und die Nichtanerkennung der »Rheinischen Republik«. Die Separatisten vermochten trotz französischer Hilfe mit Waffen und Lebensmitteln vornehmlich auf Grund finanzieller Engpässe nichts auszurichten und räumten das Amt am 5. Februar 1924 wieder32. Die separatistische Episode fand so nach einigen Monaten ein Ende. Das Kriegsende bedeutete allerdings noch keine rasche Verbesserung der während des gesamten Krieges, vor allem ab 1916/17, dramatischen Versorgungslage, im Gegenteil,

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im Frühjahr 1919 spannte sich die Situation erneut an. Noch im Jahr 1920 bestand unter der Aufsicht einer Kommission der Stadtverordnetenversammlung für Lebensmittelversorgung ein dem »Leiter der gesamten Lebensmittelversorgung der Stadt Worms« unterstelltes Lebensmittelamt, dem unter anderem eine Ausgabestelle für Lebensmittelkarten angegliedert war. Angeschlossen waren der Dienstelle auch die mit der Brennstoffversorgung betraute Kohlenkommission und die Ortskohlenstelle. Hilfslieferungen amerikanischer Quäkerorganisationen linderten die Not seit Anfang 1921. Die Bewirtschaftung der Lebensmittel und Güter des täglichen Bedarfs ging erst 1923/24 endgültig zu Ende; erst zu diesem Zeitpunkt endeten auch die Quäkerspeisungen für bedürftige Schulkinder. Ende Juni 1920 kam es in Worms vor dem Hintergrund starker Teuerungen und einer immer noch sehr angespannten Ernährungslage zu schweren Unruhen, Ausschreitungen und Plünderungen33. Im Frühjahr hatten die Handelskammern den stetigen Rückgang der Kaufkraft der Bevölkerung beklagt. Hinzu kam die Neueinführung der Einkommenssteuer. In der Zeitung wurde von Unwillen, Drohrufen und Einschüchterungen gegenüber Händlern auf dem Markt berichtet; außerdem wurden »größere Ausschreitungen« befürchtet. In einem Bericht heißt es: Am 1. Juli 1920 abends etwa 11 Uhr kam eine plündernde Horde von etwa 20 Buben, begleitet von vielleicht 2 000 Zuschauern vor unseren Zigarrenladen. Die Scheiben wurden eingeschlagen und es wurde einfach alles, was in dem Laden war, kurz und klein geschlagen. Es blieb nichts mehr ganz. Selbst die Ladentheke wurde zertrümmert; … wurde auch die Tabakhandlung von Anton Gregori … von einigen 20 blutjungen Burschen (…) geplündert und radikal zerstört. Die Zerstörung war derartig gründlich, dass in dem ganzen Laden nichts unbeschädigt blieb. In einem anderen Schreiben heißt es lapidar: Bei den inneren Unruhen in der Stadt Worms am 30. 6. 1920 wurde von einer nach Tausenden zählenden Menge unter anderen Geschäften auch das Zigarrengeschäft von Anton Gregori in der Kaiser-Wilhelmstrasse heimgesucht und total geplündert und zerstört. Die Bevölkerung wurde unter Androhung schwerer Strafen wegen Hehlerei aufgefordert, das Plünderungsgut bei der Polizei abzugeben. Der Polizeibericht meldet zur Vorgeschichte, dass am Nachmittag im Gewerkschaftshaus eine Protestversammlung und daran anschließend ein Demonstrationszug durch die Stadt stattfinden würde, und es wäre auch mit Bestimmtheit damit zu rechnen, dass in verschiedenen Geschäften Plünderungen geschehen würden. Zur Sicherheit sei Polizei in Bereitschaft versetzt worden. Es hat sich alsbald eine nach mehreren hundert zählende Menschenmenge in drohender Haltung vor dem Gebäude der Handelskammer eingefunden. Die marodierende Menge zog weiter und plünderte ein weiteres Geschäft, ja es sei geradezu zu einem wahren Plünderungszug durch die Stadt gekommen. In der Wormser Zeitung las man: Das Bild ist schauerlich. Was nicht ganz niet- und nagelfest war, wurde abgerissen, Telephonanlagen zerstört, außer den großen Erkerscheiben auch kleinere Fensterscheiben von Privatbüros eingeschlagen. Was in den Schuhwarenhäusern nicht auf die Straße geschafft werden konnte, liegt wild durcheinander und zerrissen auf dem Haufen. Politisch hatte die Angelegenheit insofern ein Nachspiel, als die Vorkommnisse den Anlass für den bereits am 14. Juli erklärten Rücktritt Dr. Wevers von seinem Bürgermeisteramt gaben. Die 1921 verhängte Zollblockade verzögerte den Übergang zum Ende der Zwangsbewirtschaftung nochmals. Ab Ende 1922 kam dazu die immer mehr galoppierende Infla-

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tion; die kommunalen Finanzen liefen nun vollkommen aus dem Ruder. Ende 1923 nehmen die Lebens-, Ernährungs- und Arbeitsverhältnisse in Worms langsam furchterregende Ausmaße an, wachsende Armut sei in der Bevölkerung unübersehbar, so heißt es in der Wormser Zeitung vom 22. November 1923. 1923 war das bei weitem dramatischste Krisenjahr, wie es auch an der Situation am Arbeitsmarkt ablesbar ist. Diese stellte sich in den Jahren 1920 bis zum Frühjahr 1923 – abgesehen von Entlassungen und Kurzarbeit in einer Reihe von Großbetrieben – als relativ günstig dar. Probleme bereiteten die abgeschnittenen Absatzmöglichkeiten sowie die erhebliche Teuerung. Im Sommer 1921 verzeichnet die polizeiliche Statistik34 ca. 350 Arbeitslose bei sich bessernder Gesamtlage während der zweiten Jahreshälfte und insgesamt auch im Jahr 1922. Der Handel litt unter den Belastungen der besatzungsbedingten Grenzziehung am Rhein und dem dadurch abgeschnürten Warenaustausch, die die Rohstoffversorgung wie auch den Absatz stark beeinträchtigten35. Dramatische Zuspitzungen ergaben sich am Arbeitsmarkt seit Jahresbeginn 1923, als die Arbeitslosenzahl von im März 600 und im September 2 500 auf im November 3 850 anschwoll; Arbeitslosendemonstrationen verliefen Ende August 1923 gewalttätig. Mitte November kam es anlässlich einer weiteren Demonstration erneut zu gewaltsamen Tumulten. Geschäftsleute waren gezwungen worden, ihre Waren zu ermäßigten Preisen zu verkaufen; Trupps von Lümmeln seien durch die Straßen gezogen und hätten die Ladeninhaber geängstigt, bedroht und beraubt 36. Während des Jahres 1923 schnellte auch die Zahl der fürsorgeberechtigten Kleinrentner, für die seit Februar des Jahres eine Gemeinschaftsküche eingerichtet wurde, drastisch in die Höhe. Laut einer Statistik des Wohlfahrtsamtes stieg die Zahl der Teilnehmer an der Speisung von anfangs monatlich 3 686 auf im Dezember 6 118 Personen37, Indiz für eine dramatische Verschlechterung der Lebensverhältnisse für immer mehr Menschen, gesellschaftliche Schichten und Berufsgruppen. Nahezu in allen Branchen, namentlich dem Metall-, Holz- und Baugewerbe wie auch der besonders wichtigen Lederindustrie, bestimmten ab 1918/19 Rohstoffmangel und Absatzprobleme die durch die Inflation und die politische Krise zusätzlich angeheizte Lage. Auch kleine Handwerker und Gewerbetreibende gerieten in den Strudel der extremen Zuspitzung. Etliche Wormser Großbetriebe – unter ihnen die Tuchwollfabrik Valckenberg, die Chemischen Fabriken, die Rheinische Schiefertafelfabrik und das Wassergasschweißwerk – stellten ihre Produktion zeitweilig vollkommen ein. Nur allmählich setzte im Frühjahr 1924 eine Besserung ein, wobei es im März immer noch 2 500 Beschäftigungslose gab, im Dezember waren es dann nur noch 750 Personen. Zwischen März 1919 und Anfang 1924 ist eine große Zahl von Streiks und Aussperrungen von bis zu 800 Arbeitern zu beobachten38, was die folgende (unvollständige) Auflistung belegen mag: –

März 1919 Streik der Arbeiter der städtischen Hafenbahn



April/Mai 1919 Streik der Bauarbeiter mit zusammen 335 Personen



Mai 1919 Streik von Fabrikarbeitern in sieben Betrieben mit insgesamt 660 Streikenden



November 1919 Streik der Maurer und Bauhilfsarbeiter; ca. 400 Arbeiter in 18 Betrieben (zahlreiche weitere Streiks 1920 und 1921)

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Juli 1921 Streik im Wassergasschweißwerk mit 120 Arbeitern



April 1922 Streik der Transportarbeiter (25 Betriebe mit 180 Mann, Stillstand)



August 1922 Streik der städtischen Hafenarbeiter (80 Arbeiter)



September 1922 Streik sämtlicher städtischer Arbeiter (800 Personen, Forderung: Anpassung der Löhne an Industrielöhne)

– –

Mai 1924 Streik der Dachdeckergesellen (40 Personen) Januar 1924 Streik aller ca. 1 500 Arbeiter bei den Lederwerken Doerr & Reinhart mit vollständigem Stillstand des Betriebes wegen Lohnforderungen.

Bezeichnenderweise bekundete selbst die Gewerbeaufsicht des Volksstaates Hessen in ihrem amtlichen Jahresbericht für 1924 ein gewisses Maß an Verständnis für das »unbesonnene Unternehmen« des letztgenannten wilden Streiks bei Doerr & Reinhart. Aus dem gleichen Jahr sind uns detaillierte Entlassungspläne der Fa. Cornelius Heyl überliefert, die zeigen, dass hier tiefe Einschnitte in die Struktur der Belegschaft und ein drastischer Abbau geplant waren. Diese Umstände mussten die Stellung der Gewerkschaften und der seit 1918 obligatorischen Betriebsräte schwächen. Die Revolution von 1918 hatte eine zügige gewerkschaftliche Organisation der Arbeiterschaft in der Lederindustrie nach sich gezogen, nachdem die Gewerkschaften bis dahin in Worms nahezu keine Rolle gespielt hatten39. Während in den Kriegsjahren von den Betriebsleitungen her die arbeitgeberfreundlichen so genannten »gelben« Arbeitervereine (Werkvereine) gefördert worden waren, gelang der Gewerkschaftsbewegung nach 1918 rasch ein Dammbruch, indem bis Ende 1920 drei Fünftel der gesamten Arbeiterschaft der Fa. Cornelius Heyl (ca. 1 800) und fast alle etwa 900 Arbeiter von Doerr & Reinhart organisiert waren, zusammen 2 700 Personen. Der Ortsgruppe des »Zentralverbands christlicher Lederarbeiter« gehörten 1923 ca. 1 400 Arbeiter/innen an, sodass ein bemerkenswert hoher Organisationsgrad erreicht wurde. Nur ganz allmählich und unter fortbestehenden strukturellen Belastungen gelang es der Stadt, sich aus dem Würgegriff der ineinander geschobenen Krisenherde zu befreien und ab dem Frühjahr 1924 zu einer ruhigeren Normalität zurückzukehren.

Die »ruhigen« Jahre (1924 –1929/30) Mit dem Tod des 80-jährigen Cornelius Wilhelm Freiherr von Heyl im September 1923 und des Oberbürgermeisters Köhler im Juni 1924 verlor die Stadt zwei der herausragenden Gestalten der Vorkriegszeit. Ihr Ableben markiert gleichsam ein symbolisches Ende der blühenden Epoche vor dem Zweiten Weltkrieg. Im gleichen Zeitraum, ab Ende 1923/ Anfang 1924, setzte nach dem Ende von Inflation und separatistischen Bestrebungen eine ganz allmähliche wirtschaftliche und politische Stabilisierung ein, die Worms bis in den Januar 1930 eine äußerlich relativ ruhige Stadtentwicklung bei gleichzeitig andauernden strukturellen Belastungen und tiefen gesellschaftlichen Konflikten bringen sollte.

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Wahlen, Parteien und Personen – zum politischen Leben der Stadt Die Stadtverordnetenversammlung wählte im Juni 1924 als Nachfolger Köhlers den aus Worms stammenden Wilhelm Rahn, bis 1930 Mitglied der DVP, zum neuen Oberbürgermeister40. Die mit 32 von 38 Stimmen zum Ausdruck kommende, über die eigene Partei hinausreichende Zustimmung zu seiner Wahl zeigt das hohe Maß an Konsensfähigkeit und die Bereitschaft, eine so zentrale Position über die Parteigrenzen hinweg zu besetzen. Rahn war stets um einen Ausgleich, eine sachliche Amtsführung und das Bestreben nach Konsens und Kompromiss bemüht. Alles andere als ein Herzensrepublikaner – so stand er bei den von 1922 bis 1931 von den republikanischen Parteien durchgeführten, für die Entwicklung der politischen Kultur äußerst aufschlussreichen städtischen Feiern zum Verfassungstag am 11. August stets abseits41 – war er ein Mann der Verwaltung. Ihm lag der politische Kampf ebenso wenig wie die öffentliche Rede. Rahn verkörperte den im Grunde eher politikfernen und parteidistanzierten Beamtentypus, der seine Aufgabe in der Pflichterfüllung und der Vermittlung zwischen unterschiedlichen Positionen sah. Vor einem Blick auf die weitere Entwicklung der Kommunalpolitik in den mittleren Jahren der Republik soll zunächst die Entwicklung des Wahlverhaltens bis Anfang 1930 verfolgt werden42 (vgl. Grafiken 21–23). Zu einer extremen Abweichung vom Durchschnitt kam es bei den Wahlen zum Reichstag im Mai 1924 bei der DVP (Worms 34,8 %, Reich 9,2 %). Wie bereits 1919, so erreichten SPD und DVP zusammen fast zwei Drittel der Stimmen – im Reich war es gerade einmal ein Drittel. Bis einschließlich zur Reichstagswahl von 1928 blieben die Ergebnisse beider Parteien in Worms deutlich über den Gesamtresultaten. Die KPD, die noch 1920 in Rheinhessen »faktisch nicht existent« war und nur in Worms bei der Reichstagswahl einige wenige Stimmen erhielt (0,41 %) 43, begann mit einem guten Ergebnis und konnte von nun an einen konstanten Wählerstamm von bis zu knapp 10 Prozent – in Ausnahmesituationen bis zu 20 Prozent! – an sich binden. Wie in den Vorjahren lag die linksliberal-republikanische DDP bei gleichmäßig nach unten weisender Tendenz wiederum leicht über dem Reichsniveau. Ebenso um den Reichsdurchschnitt (Wahl 1924 I: 13,4 %) herum schwankten die Zentrumsergebnisse, die sehr lange konstant blieben. Den reichsweit 6,5 Prozent der Deutsch-völkischen Freiheitspartei stand nur ein Prozent für den in Worms angetretenen »Völkisch-sozialen Block« gegenüber: Parteimäßig spielte die völkisch-antisemitische und nationalistische Komponente in der Stadt noch keine Rolle. Bei der Betrachtung der Ergebnisse in WormsLand haben zeitgenössische Beobachter der Linken auf den starken Schwund der Stimmen für die DVP aufmerksam gemacht; Gewinner war hier der rechtslastige »Hessische Bauernbund«. Die meisten Beobachtungen lassen sich auch auf die zweite Reichstagswahl von 1924 übertragen. Die (auch wenn diese Zusammenfassung nicht ganz zutreffend ist) vier republikanischen Parteien erreichten in Worms fast 90 Prozent der Stimmen (im Reich ca. 56 %), SPD und DVP lagen wieder weit über dem Reichsdurchschnitt. Die DDP (darüber) und das Zentrum (leicht darunter) erreichten dieselben Werte, die KPD brach stärker als im Reichsdurchschnitt (auf 9 %) ein.

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Im Jahre 1928 erlangten die vier »republikanischen« Parteien in Worms zusammen ca. 75 Prozent, im Reich 55 Prozent. Der Stimmenanteil der SPD lag diesmal allerdings fast mit der im Reich gleichauf, die KPD landete leicht, die DNVP erheblich unter dem Reichsdurchschnitt, die DDP (Reich 4,9 %) und auch die NSDAP (Reich 2,6 %) darüber. Bei den Landtagswahlen im Herbst 1924 lagen die Wormser Ergebnisse – sieht man einmal von der fortbestehenden Sonderrolle der dreimal so stark wie insgesamt abschneidenden DVP ab – nah an den Ergebnissen im Gesamtstaat. Für die Wahl Ende 1927 kann man diese Beobachtung im Wesentlichen wiederholen, allerdings verfügten die in Darmstadt regierenden drei Parteien rechnerisch in Worms über einen stärkeren Rückhalt als im Gesamtstaat. Bemerkenswert sind die recht starken Verluste der Sozialdemokratie. Die Reichspräsidentenwahlen vom Frühjahr 1925 erbrachten in Worms-Stadt im ersten Wahlgang ein deutlich über dem Reichsdurchschnitt liegendes Ergebnis für den preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun (SPD), der ganz erheblich über dem gesamten SPD-Stimmenpotential lag. Im entscheidenden zweiten Wahlgang hat Paul von Hindenburg in Worms zehn Prozent weniger Stimmen als im reichsweiten Durchschnitt erlangen können. Auffällig ist nun die starke Anhängerschaft für den Zentrumskandidaten Wilhelm Marx, der mehr als 58 Prozent der Stimmen und damit recht genau das gesamte Wählerpotenzial der SPD, der Zentrumspartei und der DDP auf sich vereinigen konnte. Hindenburg erreichte in Worms 1925 mit seinen noch nicht einmal 39 Prozent nicht mehr als die Wählerschaft von DVP und DNVP. Von den Volksabstimmungen während der Weimarer Jahre hat allein der nur äußerst knapp gescheiterte Volksentscheid zur Frage der Fürstenenteignung im Juni 1926 eine bemerkenswerte Aktivität ausgelöst44. Zahlreiche Versammlungen und Veranstaltungen wurden im Vorfeld der Abstimmung durchgeführt; vor allem die KPD entfaltete eine nennenswerte Propagandatätigkeit. Das Ergebnis der Teilnahme an der Abstimmung lag mit 44,1 Prozent über dem Reichsdurchschnitt von 39,3 Prozent. Dieses Resultat war sicher auch das Ergebnis der Mobilisierungskampagne, die über den Bereich des kommunistischen Wählerpotentials hinaus erfolgreich war. Die beiden gescheiterten Initiativen »Panzerkreuzerverbot« im Oktober 1928 von Seiten der KPD und das so genannte »Freiheitsgesetz« gegen den Young-Plan der politischen Rechten Ende 1929 fanden in Worms nur eine unterdurchschnittliche Resonanz. Beachtlich ist die rasche Herausbildung eines über 1933 hinaus wirksamen und sehr starken kommunistischen Milieus in Worms mit einer Reihe von Unterorganisationen (Arbeiterhilfe, Roter Frontkämpferbund etc.) und einer äußerst regen Versammlungs- und Demonstrationsaktivität. Allein im Jahr 1928 verzeichnen die Polizeiakten ca. zehn Veranstaltungen mit jeweils 150 bis 300 Teilnehmern, darunter Umzüge, Demonstrationen und Versammlungen sowie seit 1924 Erwerbslosenkongresse, die mit Resolutionen und Kundgebungen an die Öffentlichkeit traten. Die Partei zählte zu Ende dieses Jahres bereits einige hundert Mitglieder in Worms 45. Wie entwickelte sich die Kommunalpolitik in diesen Jahren? Bei den im November 1925 anstehenden Wahlen zum Stadtparlament wurde die leicht erstarkte SPD wieder stärkste Partei, fast gleichauf mit der DVP. Zentrum, DDP und DNVP hielten sich, die KPD gab leicht Stimmen ab. Erstmals trat mit der noch schwachen, im Oktober 1925 faktisch neu begründeten Wormser NSDAP ein neuer Faktor in der lokalen Politik auf; die

Tafel 25a: Spätmittelalterliche Pfeddersheimer Stadtmauer im Westen in der Ringstraße mit einem unversehrten Halbturm

Tafel 25b: Katholisches Pfarrhaus im dalbergischen Residenzort Herrnsheim

Tafel 26: Dreifaltigkeitskirche am Marktplatz, rechts Haus zur Münze

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D IE » RUHIGEN « J AHRE (1924 –1929/30) Grafik 23: Sitzverteilung in der Wormser Stadtverordnetenversammlung (1919 –1929)

45 40

MV 1 USPD 1 DDP 5

35 30 25 20

Zentrum 6 DVP 12

DNVP 1 KPD 3 DDP 3 Zentrum 5

DVP 16

NSDAP 1 KPD 2 DNVP 2 DDP 3 Zentrum 5

DVP 14

VRP 1 DDP 2 NSDAP 3 DNVP 3 KPD 4 Zentrum 5 DVP 13

15 10

EVG 1

SPD 17

5

SPD 14

SPD 15

19. 11. 1922

15. 11. 1925

SPD 10

0 9. 11. 1919

14. 11. 1929

Partei war mit einem Mandatsträger vertreten. Der Trend zur Aufsplitterung des Parteiensystems auch auf lokaler Ebene setzte sich bei den letzten Kommunalwahlen der Weimarer Jahre im November 1929 – also am Beginn der dramatischen Wirtschafts- und Finanzkrise (der folgenschwere Börsenkrach in New York datiert vom 29. Oktober 1929), aber bereits deutlich unter dem Eindruck einer Verschlechterung der öffentlichen Sicherheit – auf Kosten der beiden geschwächten Großparteien SPD (sie verlor 9 % und damit ein Drittel ihrer Mandate) und DVP (sie gab 6 % ab) stark fort46. Zwar hatten die vier »staatstragenden«, auch in der örtlichen Politik dominierenden Parteien SPD, DVP, Zentrum und DDP immer noch 30 von 42 Sitzen inne, die explizit republikfeindlichen Parteien KPD, NSDAP und DNVP allerdings auch schon zehn Sitze – und das noch ein Jahr vor der September-Reichstagswahl von 1930. Rein zahlenmäßig war damit eine republikanische Mehrheit im Stadtparlament gesichert, diese blieb jedoch von den dramatischen Veränderungen des politischen Lebens ab Ende 1930 keineswegs unberührt, selbst wenn die Zusammensetzung bis zur »Machtergreifung« der NSDAP auch in Worms formal bestehen bleiben sollte. Bemerkenswert an der Wahl von 1929 ist vornehmlich die bereits einsetzende Erosion des örtlichen politischen Lebens: 10 von 42 Stadtverordneten gehörten dezidiert republikfeindlichen Parteien an. Der bislang mehr als zwei Drittel umfassende Anteil der Wähler für die beiden großen Parteien SPD und DVP war noch vor der akuten, krisenhaften Zuspitzung auf ca. 50 Prozent abgerutscht. Beide extremen Parteien sprangen von zusammen 8 Prozent auf nunmehr fast 20 Prozent (bei Hinzurechnung der DNVP stieg das extreme Lager sogar von 12,5 auf 25 % an!) mit einem prozentual besonders hohen Zuwachs bei den Nationalsozialisten. Hier finden sich bereits Tendenzen vorgeprägt, die sich bei der Reichstagswahl 1930 noch dramatischer fortentwickeln sollten. Nur wenige Wochen nach der Wahl vom November 1929 brach ein besonders schwieriges Jahr an, das gleich zu Beginn die Stadt und ihre Spitze in eine dramatische politische Krise stürzen sollte. Bereits zu diesem Zeitpunkt begann die Stadtverwaltung nach längeren internen und öffentlichen Diskussionen mit der Entlassung von Angestellten. Grundsätzlich war eine solche von Abbaumaßnahmen geprägte Reform der Stadtverwal-

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tung schon seit 1926 auf Anregung und Beschluss der großen Parteien vorbereitet worden, da man Einsparungen für notwendig hielt. In dieser Situation führte ihre Durchsetzung angesichts der sozialen Härten allerdings zu heftigen politischen und öffentlich ausgetragenen Auseinandersetzungen.

Stadtverwaltung und kommunale Sozialpolitik Die großen Herausforderungen des kommunalen Handelns hatten sich gegenüber der Zeit vor 1918 und erst recht vor 1914 drastisch verändert47. Die trotz enger Gestaltungsspielräume noch ausgeweitete, ab 1923/24 staatlich und kommunal vollkommen neu geregelte Sozialpolitik bzw. das Wohlfahrtswesen einschließlich der Wohnungsfrage, die Lösung der vor allem ab 1929 dramatisch sich zuspitzenden Finanzprobleme, die seit 1926 intensiv und auch öffentlich geführten Diskussionen um die Reform und Rationalisierung der angeblich zu großen und teuren Stadtverwaltung, um den Abbau von Stellen und die Durchsetzung von Einsparungen waren zu den beherrschenden Problemen geworden. Mehrere Kommissionen wurden gebildet und Fachleute mit dem Ziel von Einsparungen herangezogen. Ab März 1930 durchleuchtete eine Organisationsprüfung die gesamte Verwaltung auf ihre Wirtschaftlichkeit hin; ein schließlich erstelltes Gutachten enthielt zahlreiche Rationalisierungsvorschläge 48. Man bemühte sich unter dem wachsenden Kostendruck um eine sparsamere und wirtschaftlichere Arbeit in den Ämtern und Betrieben der Stadt, zumal die Öffentlichkeit auf diesem Feld durch eine oft einseitigzuspitzende Presseberichterstattung besonders sensibel geworden war. Finanziell war die Lage der Stadt selbst in den besten Jahren der Republik stets angespannt. So beschreibt der Rechenschaftsbericht von 1927 einen dramatischen Rückschlag bzgl. der Lage des Geld- und Kapitalmarktes, wobei der Kreditbedarf (im Rechnungsjahr wurden 3,882 Millionen Reichsmark mittels Schuldscheindarlehen aufgenommen) bei der Hessischen Girozentrale, der Kommunalen Landesbank und der Städtischen Sparkasse (die Höhe der Spareinlagen betrug dort Ende 1927 7,77 Millionen RM) gedeckt wurde 49. Ab 1929/30 nahmen die Finanzprobleme dann faktisch nicht mehr lösbare Ausmaße an, zumal durch die Folgen der Arbeitslosigkeit immer neue Wohlfahrtsausgaben geschultert werden mussten. Dabei ist es wichtig festzustellen, dass es immer wieder zu Bemühungen um eine Organisation und ein geschlossenes Auftreten der Erwerbslosen kam, was sich in der Bildung von Erwerbslosen-Ausschüssen niederschlug, die während der 1920er Jahre in Resolutionen und auf ähnliche Weise auf ihre Forderungen aufmerksam gemacht haben50. Die Polizei, die sehr vielfältige Funktionen wahrnahm 51, blieb in Worms kommunale Aufgabe, da das hessische Gesetz über die Verstaatlichung der Polizei in größeren Gemeinden vom Jahr 1921 auf Anordnung der Besatzung linksrheinisch nicht angewendet werden durfte. Überhaupt hat die Besatzung die Arbeit der Polizei mit zahlreichen Restriktionen erschwert, so durch eine Festschreibung des Personals auf 130 Vollzugsbeamte gemäß dem Stand vom April 1921. Die Polizei ging erst nach dem Abzug der französischen Besatzung am 3. Juli 1930 mit ihren 150 Bediensteten in die Zuständigkeit des hessischen Staates über. Mit dem sozialdemokratischen, von links und rechts heftig ange-

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Abb. 58: Kleiderausgabe im städtischen Wohlfahrtsamt, April 1924

griffenen Polizeidirektor Heinrich Maschmeyer (1885 –1945) als Nachfolger des ebenfalls massiv bekämpften Sozialdemokraten Willy Klapproth stand in der turbulenten und brutalen Schlussphase der Weimarer Jahre zwischen März 1930 und der Machtergreifung der NSDAP ein entschiedener Republikaner, der die Extremisten beider Seiten nachdrücklich bekämpfte, an der Spitze der Polizei. 1933 wurde er entlassen und in das KZ Osthofen eingeliefert52. Neue und vermehrte Aufgaben bei grundsätzlich veränderten gesetzlichen Bestimmungen kamen auf das städtische Wohlfahrtswesen zu, das bis in die Krisenjahre ab 1929/30 den weitaus größten Teil der kommunalen Finanzen in Anspruch genommen

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hat und gegenüber dem Stand von vor 1914 noch ausgeweitet werden musste 53. Bereits während des Krieges war der Weg zu einer intensivierten Wohlfahrtstätigkeit vor allem auf den Gebieten Ernährung, Arbeitsmarktregelung, Fürsorge für die Angehörigen der Soldaten, Kriegsopferversorgung etc. klar vorgezeichnet. Ende 1920 erschien eine Denkschrift der Stadtverwaltung54 zur »Ausgestaltung der sozialen Fürsorge in der Stadt Worms« mit einem ausführlichen Rückblick auf die kommunale Fürsorgetätigkeit seit 1912, dem Jahr der Schaffung des Versicherungs- und Wohlfahrtsamtes. Außerdem erarbeitete man Vorschläge für eine »seit langem geplante« Intensivierung der kommunalen Tätigkeit auf diesem Feld. Für die Zukunft wurden die Zusammenfassung aller Zweige der sozialen Fürsorge in einem Wohlfahrtsamt und dessen (bereits vor 1914 geplanter) organisatorischer Ausbau vorgeschlagen. Die Zuständigkeiten sollten sich auf die Jugendfürsorge im weitesten Sinne, die Gesundheitspflege, die Kriegsbeschädigten und -hinterbliebenenfürsorge, die Aufgaben nach der Reichsversicherungsordnung, die Fürsorge für den Mittelstand, die Erwerbsbeschränkten-, Alters- und Wandererfürsorge sowie das öffentliche Unterstützungswesen erstrecken. Bis zur Neuordnung des sozialen Sektors sollte jedoch noch einige Zeit vergehen, zumal 1922/24 einschneidende gesetzliche Bestimmungen auf Reichsebene erlassen wurden, welche die Grundlagen des städtischen Handelns stark verändert haben. Unter Leitung des Wohlfahrtsdezernenten (Bürgermeister Albert Schulte) wurde auf der Basis der von der Stadtverordnetenversammlung im Oktober 1924 erlassenen neuen Satzung eine 34-köpfige Deputation für die Verwaltung der öffentlichen Wohlfahrtsangelegenheiten gebildet. Das Feld reichte von der Erwerbslosenfürsorge (Arbeitsnachweis, bis 1927), der Jugendpflege (Mutterschutz, verschiedene Beratungsstellen, Jugendwohlfahrt, Erholungswesen, Kinderspeisung und -heime), dem Pflegekinder- und Vormundschaftswesen, dem Erziehungswesen und dem öffentlichen Gesundheitswesen bis hin zur offenen und geschlossenen Fürsorge und zur Kriegsopferversorgung. Die Zeiten der von den großen Lederwerken betriebenen und immer weiter ausgebauten Sozialeinrichtungen waren im Wesentlichen vorbei – die letzte Einrichtung dieser Art war das 1917/19 als Stiftung errichtete Säuglings- und Kinderheim der Lederwerke Doerr & Reinhart. Schon deswegen fielen der Stadt nun die neuen Lasten in stark vermehrtem Umfang zu. Der Ausbau der kommunalen Leistungsverwaltung musste trotz beschränkter Mittel fortgesetzt werden, bis 1929/30 das System an seine endgültigen Grenzen stoßen sollte. Zu den nach 1918 neuen städtischen Sozialeinrichtungen gehörte unter anderem das im Juni 1922 durch eine Stiftung der 1919 gegründeten Wormser Kreditanstalt AG 55 finanzierte Kurhaus der Stadt in Michelstadt/Odenwald, das nach dem Selbstkostenprinzip Kuraufenthalte ermöglichen sollte56. Schon vor 1914 begonnene Planungen für ein dringend notwendiges neues städtisches Krankenhaus wurden vorangetrieben und im Mai 1927 durch die Stadtverordnetenversammlung ein grundsätzlicher Errichtungsbeschluss gefasst57. Der Plan wurde jedoch nicht mehr verwirklicht. Im Mittelpunkt der kommunalen Anstrengungen stand jedoch zweifellos der Kampf gegen die überall in Deutschland nach 1918 verheerende Wohnungsnot58. Auch in Worms wurde die Bekämpfung der Wohnungsnot als dringendste Aufgabe der Stadtverwaltung angesehen, wie es Oberbürgermeister Rahn unter anderem im Januar 1925 ausdrückte.

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Bereits zu Beginn des Jahres 1918 wurde in Worms auf einen zunehmenden Wohnungsmangel aufmerksam gemacht, der im Frühjahr zu einem ersten Gegensteuern der Stadtverwaltung geführt hat. Jedoch erst bei Kriegsende offenbarte sich eine völlig neue Dimension des Problems: Die Rückkehr der Soldaten aus dem Krieg, ein Rückstand des Wohnungsbaus seit 1914, demografische Faktoren (Zunahme von Heiraten und Familiengründungen durch geburtenstarke Jahrgänge) sowie die Folgen der französischen Besetzung des Rheinlandes mit umfangreichen Beschlagnahmungen von Wohnraum und Einquartierungen führten zu einer katastrophalen Zuspitzung der Lage, die die Kommunen vor nie gekannte Aufgaben stellte. Im September 1918 bestellte die Stadtverordnetenversammlung eine Wohnungskommission, die im Zuge der bis 1933 geltenden Zwangsbewirtschaftung des Wohnraumes für die Zuteilung von Wohnungen zuständig wurde. Im Oktober 1918 wurde von den Stadtverordneten der erste Beschluss über die Errichtung von Kleinwohnungen gefasst, dem im Januar 1919 weitere folgten. Zu diesem Zeitpunkt wurde nun auch ein städtisches Wohnungsamt eingerichtet, dem die Wohnungsaufsicht und -fürsorge, die Durchführung der (zeitgleich erlassenen) »Polizeiverordnung über die Meldepflicht betreffend das Vermieten von Wohnungen sowie die Auskunftserteilung in Wohnungsangelegenheiten« übertragen wurden. Vom Jahr 1919 an wurde dann in rascher Folge die Errichtung von Bauten weiterer auf Kreditbasis finanzierter Häuser und Häusergruppen durch die Stadtverordnetenversammlung beschlossen. Parallel zu den eigenen Baubemühungen begann man verstärkt, Baukostenzuschüsse für private Bauvorhaben zu gewähren. Finanziert wurden die Maßnahmen unter anderem mit vom Deutschen Reich gewährten Krediten sowie mit Unterstützung des hessischen Staates. Verschiedene Baugenossenschaften konnten in gewissem Umfang ebenfalls Bauprojekte beginnen. Flankiert wurden die kommunalen Bestrebungen vom Bemühen des hessischen Staates, die Bekämpfung der Wohnungsnot zu unterstützen. Zwischen den Jahren 1923 und 1930 wurde von den Stadtverordneten jährlich ein immer umfangreicher werdendes Wohnungsbauprogramm festgelegt. Laut Einschätzung des Wohnungsamtes vom August 1924 stand die Arbeit der Wohnungskommission, der die Zuteilung des knappen Wohnraums oblag, mehr als irgendeine sonstige Kommission des Rates im Brennpunkt der öffentlichen Kritik. Im Oktober 1923 heißt es in den Akten, das Wohnungselend werde täglich größer, die Lage auf dem Wohnungsmarkt täglich verzweifelter. Die Stadt versuchte gegenzusteuern. Allein im Jahr 1926 wurde ein Bauprogramm im Umfang von 180 Wohnungen in mehreren Wohnhausgruppen für mehr als zwei Millionen Reichsmark beschlossen und zügig umgesetzt. Laut einer im Mai 1926 erstellten Denkschrift lag die Zahl der unerledigten Wohnungsgesuche beim Wohnungsamt bei 2 214 – Tendenz steigend. Die Wohnungsnot wird als ganz außerordentlich gross bezeichnet. Berichtet wird immer wieder von »Tätlichkeiten« gegenüber den zuständigen Beamten. Wie schwierig die zu bewältigenden Aufgaben waren, zeigt auch ein angesichts der Festlegung der Wohnungsbauvorhaben für das Jahr 1929 zusammengestellter Bericht zur Situation auf dem Wohnungsmarkt nach dem Stand vom 1. November 1928. Nach wie vor fehlten nach Berechungen des Wohnungsamtes nicht weniger als 1 168 Wohnungen. Ende 1927 waren noch 2 582 Wohnungssuchende in den Akten und Karteien der Stadt vermerkt – und dies

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trotz eines in diesem Jahr erreichten Zuwachses von immerhin 260 (fast ausschließlich städtischen) Wohnungen. Das Bauprogramm für 149 Wohnungen sollte durch Zuweisungen aus einer staatlicherseits eigens dazu eingeführten, den Städten zugewiesenen Sondersteuer (Hauszins- bzw. Sondergebäudesteuer) sowie durch Darlehen der Städtischen Sparkasse – zusammen 1,75 Millionen Reichsmark – finanziert werden; erhofft hatte man sich wesentlich mehr. Diese Summe muss im Verhältnis zum Gesamtumfang des städtischen Etats gesehen werden, dessen Ausgabevolumen für das Haushaltsjahr 1927 nach Ausweisung des Rechenschaftsberichts 20,6 Millionen Reichsmark betrug. Das letzte reguläre Bauprogramm des Jahres 1930 stand bereits im Zeichen der Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise. Die Zuspitzung der finanziellen Verhältnisse ließ eine Fortführung der umfangreichen Programme trotz des vorhandenen Bedarfs nicht mehr zu. Die Stadt versuchte in der Folgezeit, das Problem durch die Förderung vorstädtischer Kleinsiedlungen zu entschärfen, wie dies auch in Mainz geschah. Diese Politik wurde zugleich als ein Weg zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit angesehen, weshalb Erwerbslose und Kurzarbeiter daher bevorzugt für die Siedlungen infrage kommen sollten. Im Laufe des Jahres 1932 konnte die Stadt nach Verhandlungen mit staatlichen Stellen Kredite für 30 Siedlerstellen am südlichen Stadtrand erlangen, der Keim für die Stadtrandsiedlung bzw. Rohrlache (nach 1945 Karl-Marx-Siedlung). Trotz aller vollmundigen Ankündigungen und trotz eines nach wie vor gegebenen Bedarfs konnten die Politiker der NS-Zeit in Worms auf diesem Gebiet wie auch auf anderen Feldern der Sozialpolitik

Abb. 59: Städtischer Wohnungsbau, Stralenbergstraße, Oktober 1927

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an die außerordentlich erfolgreichen und innovativen Aufbaujahre der geschmähten Weimarer Republik nicht anknüpfen. Wenige Impulse erhielt das öffentliche Bauwesen über den Wohnungsbau hinaus. An bedeutenden Bauten wurden durch den hessischen Staat das Finanzamt am Köhlerplatz (jetzt Karlsplatz) und das neue Hauptzollamt an der Rheinstraße errichtet. Viel erreicht wurde beim Ausbau der öffentlichen Grünanlagen, unter denen der heutige AlbertSchulte-Park und die Ringanlage mit dem 1932 errichteten Denkmal für die Gefallenen des 118er-Regiments hervorzuheben sind. Unter anderem wurden auch die Regulierung der Pfrimm und die Neugestaltung des Rheinufers samt Anlage eines neuen Festplatzes und der 1932 erfolgten Versetzung des Hagendenkmals (Tafel 31) nach dort durch Notstandsarbeiten mit öffentlichen Mitteln ermöglicht. Dazu kommen Meliorationen auf der Bürgerweide (1919 –1921), der Bau von Abwasserableitungen aus den Fabriken im Stadtsüden und weitere Maßnahmen. Fragen der weiteren Stadtplanung spielten in den 1920er Jahren kaum eine Rolle. Allenfalls die von Ludwig Frhr. von Heyl finanzierten Planungen des bekannten Architekten Wilhelm Kreis (1873 –1953) mit visionären, im Stil der neuen Sachlichkeit erstellten Entwürfen für Einzelbauten und die weitere Stadtentwicklung insgesamt (1928/30) erregten das öffentliche Interesse59. Allerdings hatten die Stadtverordneten schon Ende 1927 über die Durchführung eines Ideenwettbewerbs für einen Bebauungsplan beraten, der jedoch nicht mehr zu Stande gekommen ist. Seit 1933 begannen dann vor dem Hintergrund öffentlicher Diskussionen über Verkehrsfragen in der Innenstadt erste Maßnahmen mit dem Ziel einer Sanierung von Quartieren in der Altstadt, die unter Baurat Walter Köhler während der NS-Zeit forciert wurden und 1941 in umfassende Pläne zur Neugestaltung der Innenstadt mündeten. Schon 1930 wurde über umfangreiche Straßendurchbrüche und eine verbesserte Verkehrsregelung in der Innenstadt diskutiert. Die Bereitschaft zu radikalen Eingriffen in das Wormser Stadtgefüge war bei Planern und Verantwortlichen seit den 1920er Jahren jedenfalls klar zu erkennen.

Determinanten der wirtschaftlichen Entwicklung Der Tod von Freiherr Cornelius Wilhelm von Heyl im September 1923 in Pfauenmoos unweit des Bodensees (Kanton St. Gallen/Schweiz) beendete eine beispiellose Ära der Wormser Industrie- und Sozialgeschichte. Seine Lederwerke wurden unter die beiden bereits im Betrieb tätigen Söhne Dr. Cornelius Frhr. von Heyl (1874 –1954, Cornelius Heyl AG im Süden von Worms, 1924 gut 5 000 Beschäftigte) und Ludwig Frhr. von Heyl (1886 – 1962, Heyl’sche Lederwerke Liebenau, Worms-Neuhausen, 1924 ca. 860 Beschäftigte) aufgeteilt. Beide Brüder besaßen unterschiedliche politische Präferenzen und waren jeweils in einer Reihe politisch, gesellschaftlich, kirchlich-kulturell und wirtschaftlich einflussreicher Vereinigungen und Organisationen aktiv. Die heftigen, im Einzelnen noch nicht untersuchten innerfamiliären Konflikte um das Erbe der »alten Exzellenz« und andere Streitigkeiten beeinträchtigten die Konkurrenzfähigkeit der beiden Unternehmen dabei nicht unerheblich. Die in Worms ganz klar dominierende Lederindustrie geriet nach dem

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Ersten Weltkrieg insgesamt in eine zum Teil dramatische Abschwungphase. Die Gesamtzahl der Beschäftigten ging hier von 1924 ca. 7 700 auf 1939 nur noch etwa 4 900 Personen zurück. Diese Entwicklung hat sich – bedingt durch den Krieg nach 1939 und nochmals nach 1945 – immer weiter beschleunigt60. Trotz beeindruckender Leistungen wie der Errichtung des neuen Verwaltungsbaues von Doerr & Reinhart an der Schönauer Strasse (Planung 1923, Bau 1924/25) und einem immer noch hohen Stand der betrieblichen Sozialleistungen und Wohlfahrtseinrichtungen kam es in den beiden großen der drei Wormser Lederbetriebe zu Entlassungen, Arbeitsniederlegungen und Auftragsrückgängen. Auch der größte Wormser Arbeitgeber, die Cornelius Heyl AG im Süden der Stadt, geriet mithin in immer stärkere Schwierigkeiten, die sich in fortwährenden Entlassungen und zunehmender Kurzarbeit niederschlugen. Hintergrund war hier sicher auch die Person des Vorstands- bzw. Aufsichtsratsvorsitzenden D. Dr. Cornelius von Heyl (er hatte die Werke in eine AG umgewandelt), dessen Erziehung und die durch seine Eheschließung mit Mathilde von Isenburg-Büdingen noch erheblich verstärkte familiäre Ausrichtung an adligen Vorbildern sowie seine im Grunde nur schwach ausgeprägten Interessen und Fähigkeiten auf dem Gebiet der Führung des Unternehmens in schwerer Zeit nachhaltig negativ auf die Werke ausgestrahlt haben. Das Ideal der gesellschaftlich sehr rasch aufgestiegenen Familie band sich vor allem an die Verfügung über Grundbesitz im Sinne des alten, überlebten Adels, man gab sich monarchistisch und national. Den Herausforderungen der modernen industriellen Welt nach 1918 stand man in diesem Familienzweig wenig aufgeschlossen gegenüber. Ursächlich für die erheblichen ökonomischen Probleme waren aber auch die durch die französische Besetzung gegebenen Beschränkungen für die von Rohstoffzufuhr und Export gleichermaßen abhängigen Werke. Einzig die auf hochwertige Chevreauleder-Fabrikation spezialisierten, mit einem hohen Anteil von Frauen produzierenden Lederwerke Heyl-Liebenau unter Führung Ludwig von Heyls konnten sich festigen und traten aus dem Schatten des Stammwerks und »großen Bruders« Cornelius Heyl AG immer stärker heraus. Auf dem Feld dieser hochwertigen Produkte war das Unternehmen der Marktführer der deutschen Industrie, drei Viertel der Produktion ging ins Ausland. Im Jahr 1929/30 konnte einer der Wormser Konkurrenzbetriebe, die 1840 gegründete Firma Doerr & Reinhart, nur mit größter Anstrengung und mit staatlichen Hilfen vor einem Konkurs bewahrt werden (s. u. S. 575). Neben der dominierenden Lederindustrie waren in Worms nach wie vor die bereits vor 1914 stark vertretenen Branchen von großer Bedeutung61. Zu erwähnen sind die Textilindustrie mit ca. 400 Beschäftigten, die Mühlenindustrie, die Brauereiindustrie (v. a. die sehr bedeutsame Werger’sche Brauerei AG (Apostelbräu 62), die 1929 mit der Eichbaum-Brauerei Mannheim mit Sitz in Worms fusioniert ist), der Weinbau und -handel (Valckenberg, Langenbach), die Maschinenindustrie (darunter das Wassergasschweißwerk mit 1926 ca. 200 Arbeitern), die Möbel- und Holzbearbeitungsindustrie (die Möbelfabriken beschäftigten in 70 Betrieben etwa 600 Arbeiter), die chemische und verwandte Industrie. Allein die Zuckerfabrik Rheingau beschäftigte saisonal bis zu 500 Arbeiter. Im Jahr 1921 wurde mit der Gründung der »Rhenania – Wormser Lagerhaus- und Speditions-AG« ein erfolgreicher Versuch zur Hebung des Hafenbetriebs unternommen. In der Mitte der 1920er Jahre

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konnte eine Zahl von 12 000 bis 14 000 in der Wormser Industrie beschäftigter Arbeiter festgestellt werden. Von einer bis in die jüngere Literatur immer wieder behaupteten Monostruktur der Wirtschaft kann jedoch keine Rede sein, weil das Handwerk (seinen Mittelpunkt fand es in dem 1926 eröffneten »Haus des Handwerks« in der Kämmererstraße) und der Einzelhandel mit ihren sehr hohen Beschäftigungszahlen zu diesen Beschäftigten in der Industrie noch hinzuzurechnen sind: So hatte das von einer alteingesessenen jüdischen Familie geführte Kaufhaus Goldschmidt – größtes und bedeutendstes Warenhaus der Stadt – im Mai 1933 noch ca. 150 Angestellte63. Insgesamt kam die Wormser Wirtschaft aus der Dauerkrise der Nachkriegsjahre allerdings im Grunde nicht heraus.

Kultur, Vereinsleben und Religionsgemeinschaften Worms verfügte in den 1920er Jahren über eine reiche, bislang nicht näher untersuchte Zeitungs- und Presselandschaft64. Rechtsliberal trat die traditionsreiche »Wormser Zeitung«, das Parteiblatt der Nationalliberalen bzw. der DVP, auf. Einen Eindruck von der politischen Position gibt die aufschlussreiche Festschrift »150 Jahre Wormser Zeitung 1776 –1926« mit Grußworten unter anderem von Reichspräsident von Hindenburg und Außenminister Stresemann. Daneben besaß vor allem die 1898 gegründete linksliberale »Wormser Volkszeitung« (Amtsverkündigungsblatt bis 1933) eine sehr starke Position, die sie nicht zuletzt ihrer hervorragenden Sportberichterstattung zu verdanken hatte (»Mittelrheinische Sportzeitung«, MSZ). Beide Blätter wurden 1936 vereinigt. Als Zeitung des Zentrums erschienen von 1901 an die »Wormser Nachrichten«, 1932 in »Wormser Echo« umbenannt, sie wurde 1936 eingestellt. Die DNVP bzw. später die NSDAP verfügte seit Sommer 1924 als Parteiblatt über die ab 1933 von den neuen Machthabern massiv geförderte »Wormser Tageszeitung«. Seit 1920/22 besaß auch die SPD mit der »Volkswacht« eine eigene Zeitung in Worms. Als Sprachrohr der NSDAP fungierte seit Frühjahr 1927 die mehrfach verbotene, scharf antisemitische Wochenzeitung »Die Faust«, die mit bis zu 6 000 Stück eine beachtliche Auflage erreichte und 1928 zeitweilig verboten wurde65. Dazu gab es Anfang der 1930er Jahre ein unregelmäßig erscheinendes KPD-Organ (»Der Bolschewik«) sowie einige satirische Blätter und kurzlebige kritische Postillen, die das örtliche Geschehen glossierten (s. u. S. 571). Trotz der schwierigen äußeren Bedingungen ist in Worms vor 1933 ein außerordentlich reiches und sehr vielfältiges Kulturleben festzustellen66. In enger Verbindung mit dem 1913 gegründeten »Verein zur Pflege der bildenden Kunst« mit seinen 1926 immerhin 477 Mitgliedern (Vorsitzender war von 1919 bis 1931 der jüdische Rechtsanwalt Dr. Max Strauß) existierte die »Städtische Gemäldegalerie«, die zunächst in den Räumen der Städtischen Sparkasse, ab Dezember 1931 dann im Heylshof Ausstellungen zeitgenössischer Künstler veranstaltete, Bilder ankaufte und Künstler fördern konnte. Die Gemäldegalerie hat in den 1920er Jahren mit vielen Ausstellungen das Kunst- und Kulturleben der Stadt stark bereichert67. Die Stadt unterhielt daneben ihr Stadtarchiv und die seit den 1920er Jahren als zentrales Bildungsinstitut der Stadt konzipierte Stadtbibliothek (Aufbau eines Überland-Fahrdienstes, Veranstaltungen, Planungen für die Zukunft usw.68) sowie das Paulusmuseum, zusammengefasst als »Städtische Sammlungen« unter der Direk-

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tion des Nationalkonservativen Dr. Erich Grill und seines umtriebigen Stellvertreters Dr. Friedrich M. Illert. Zu den bleibenden kulturellen Leistungen der Weimarer Jahre gehört in Worms die vom Stadtbauamt unter Stadtbaumeister Metzler realisierte Wiederherstellung von Kreuzgang und Kirche des vormaligen Andreasstifts für das zunächst noch von dem 1879 gegründeten, bürgerlich bestimmten Altertumsverein getragenen Museum mit seinen seit ca. 1880 zusammengetragenen bzw. gestifteten, qualitativ sehr beachtlichen Sammlungen. Das Museum musste wegen des Einzugs der Dominikaner in die vormalige Pauluskirche (s.u.) sein Domizil wechseln. Die aufwändigen Arbeiten fanden zwischen 1927 bis Ende 1929 statt. Maßgeblichen Anteil an der Realisierung hatte der Begründer des Paulusmuseums, Freiherr Maximilian von Heyl (1844 –1925, Bruder von Cornelius Wilhelm), der gemeinsam mit seiner Frau Doris (geb. Stein, 1848 –1930) erhebliche Geldbeträge für die Verwirklichung der Pläne zur Verfügung gestellt hat. Das Museum wurde ganz bewusst am Tag nach der Rheinlandbefreiung, dem 1. Juli 1930, in Anwesenheit des hessischen Staatspräsidenten Bernhard Adelung seiner Bestimmung übergeben 69. Der Heylshof, die testamentarisch in Form einer Stiftung der Öffentlichkeit zugänglich gemachte herausragende private Kunstsammlung des 1923 verstorbenen Industriellen, Politikers und Mäzens Cornelius Wilhelm von Heyl und seiner Frau Sophie (geb. Stein) in direkter Domnähe, wurde nach erfolgter Inventarisierung der Öffentlichkeit im Juni 1926 im Rahmen einer Feier mit Staatspräsident Carl Ulrich und Innenminister Otto von Brentano eröffnet (»Kunsthaus Heylshof«). Eine der bedeutendsten privaten Kunstsammlungen weit über die Region hinaus war damit an originaler Stelle zugänglich70. Trotz der schweren Wirtschafts- und Finanzkrise ab 1929/30 konnten diese Einrichtungen eine beachtliche Aktivität entfalten. Ihre Erhaltung und ihr Wert für die städtische Identität und die städtische Kultur mit ihrer so großen und reichen Geschichte stand für die kommunale Politik und ihre Akteure sowie die beteiligten bürgerlichen Vereine stets außer Frage, sieht man einmal von den Kommunisten ab, die diesen Einrichtungen distanziert gegenüber gestanden haben. Mittelpunkt des Theaterlebens war seit 1889 das Festhaus, in dem ab 1924/25 wieder ein vollständiger Spielplan möglich war und wo bis zu einem verheerenden Brand am 14. Dezember 1932 Gastspiele benachbarter Bühnen stattfanden. Allein in der Saison 1927/28 wurden insgesamt 44 Theaterabende und 4 Sinfoniekonzerte und damit mehr Veranstaltungen als in der Vorkriegszeit durchgeführt 71. Hinzu kommen ein reiches musikalisches und bürgerlich-geselliges Vereinsleben sowie die Aktivitäten der zahlreichen der Arbeiterbewegung zuzurechnenden Organisationen bis hin zu den der KPD nahe stehenden Vereinigungen. Eine besondere Rolle spielte der Karneval, der in Umzügen (erstmals und sehr groß im Jahr 1928, als er auch im Film festgehalten wurde) und in zahlreichen Vereinen gepflegt wurde und der seinerseits mit einer stark aufblühenden Mundartdichtung zusammenhing. Vor allem zu nennen sind hier Jean Völker gen. »Kabausche« (1885 –1970) sowie Georg Richard Roeß (1872 –1945) und Konrad Fischer (1876 –1945). Verstärkte Bemühungen galten seit den 1920er Jahren der Hebung des durch den 1904/05 gegründeten Verkehrsverein organisierten Fremdenverkehrs und der seit dieser Zeit vermehrten Stadtwerbung. Dabei spielte auch das Nibelungenthema eine zunehmende Rolle: 1921

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Abb. 60: Blick auf Marktplatz und Neumarkt, Juni 1927

erfolgte die Aufstellung des bereits vor dem Krieg gestifteten Siegfriedbrunnens vor dem Cornelianum, eine »Nibelungenwoche«72 wurde 1928 vom Verkehrsverein organisiert. Die populäre Massenkultur des Fußballs fand in der Anhängerschaft für die seit den 1920er Jahren äußerst erfolgreiche Mannschaft des 1908 gegründeten VfR Wormatia Worms (1927–1931 Hessenmeister) einen langfristig wirksamen, für viele Wormser bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg Identität stiftenden Mittelpunkt. Der Sportjournalismus und das bissig-zeitkritische Feuilleton unter dem sehr fähigen Redakteur der »Wormser Volkszeitung« Richard Kirn (1905 –1979) standen in Blüte. Der Schriftsteller Peter Bender (1893 –1944), der unter anderem als Begründer einer Art Religionsgemeinschaft hervortrat, verstörte und provozierte seine Zeitgenossen. Die Wormser Schriftsteller veröffentlichten 1932/33 mit dem »Ansturm« eine eigene kleine Zeitung. Satirische Blätter wie die »Gaslatern« nahmen das politische und kulturelle Leben der Stadt auf die Schippe73. Auch in Worms ist die Zerrissenheit der gesellschaftlichen Verhältnisse, sind die tiefen Gräben zwischen Parteien und Schichten, das Aufeinanderprallen konservativer Milieus in Politik, Bürgertum und Bürokratie zum einen und moderner, fortschrittlicher Entwicklungen im Bereich der Kultur, der Bildung und des sozialen Lebens zum anderen typische Erscheinungsformen der Zeit. Das Bildungswesen blieb von den allgemeinen Krisenerscheinungen nicht verschont, wobei in Hessen mit dem sehr fortschrittlichen Reform-Schulgesetz vom Oktober 1921

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eine deutliche Stärkung der nun dem Stadtschulamt Worms unterstellten simultanen Volksschulen gelungen ist; unter anderem kam es nun zur Einführung einer Mädchenfortbildungsschule. Die Wormser Volksschule, die 1924 ihr hundertjähriges Bestehen feierte, umfasste in den 1920er Jahren mehr als 120 Klassen 74. Das höhere Schulwesen, an dessen Spitze das Altsprachliche Gymnasium (es beging 1927 seine 400-jährige Jubiläumsfeier), die Oberrealschule und – als höhere Lehranstalt für Mädchen – die Eleonorenschule (1926: 187, 777 bzw. 582 Schüler/Schülerinnen) standen, verblieb bei stagnierenden Schülerzahlen im Wesentlichen in seinen vor 1914 vorgezeichneten, insgesamt konservativen Bahnen75. Gescheitert ist das ab 1919 betriebene Projekt der Errichtung einer Volkshochschule, deren zwischenzeitlich von der Stadt wahrgenommene Anliegen seit der Einstellung der Veranstaltungen 1925/26 zum Teil vom Volksbildungsverein wahrgenommen wurden, womit die Einrichtung eingegangen ist76. Die traditionellen konfessionellen Verhältnisse77 hatten sich gegenüber dem 19. Jahrhundert kaum verändert. Nach wie vor gehörten ca. zwei Drittel der Bevölkerung der evangelischen Konfession an, im Umland war die Verteilung uneinheitlich. Auch in Worms gestaltete sich der Neubeginn für die evangelische Kirche nach dem tiefen Einschnitt mit dem Ende der Monarchie und damit des Summepiskopats als sehr schwierig; im März 1922 kam es zur Verabschiedung der Verfassung der Evangelischen Landeskirche in Hessen. Wichtige Funktionen in den Synoden, Kirchenvorständen und innerhalb der Landeskirche wurden von Mitgliedern der durch ihre reformierte Tradition geprägten Familie von Heyl wahrgenommen, die – wie schon vor 1914 – auch als Mäzene der Kirchengemeinden auftraten. Worms profilierte sich mit den stark nationalprotestantisch und betont patriotisch geprägten mehrtägigen Feierlichkeiten des Reichstagsjubiläums bzw. des Auftretens Luthers vor Kaiser und Reich (1521) vom 17. bis 19. April 1921 78 in besonderem Maße als Lutherstadt. Das Hessische Oberkonsistorium und die Wormser evangelischen Gemeinden hatten zu den sehr stark beachteten Veranstaltungen gemeinsam eingeladen. Anfang Juli 1925 feierte man selbstbewusst das 200-jährige Jubiläum der Fertigstellung der Dreifaltigkeitskirche 79. Im Februar 1933 wurde die traditionsreiche Magnuskirche nach längeren Bauarbeiten und archäologischen Grabungen (vgl. Abb. 10, S. 128) wieder geweiht. Die Wormser Pfarrerschaft stand hinsichtlich ihrer politischen Aktivität auch in Worms im deutschnationalen oder zumindest rechtsliberal-konservativen Lager. Bedeutung erlangten protestantische Vereinigungen wie etwa der mit der Familie von Heyl engstens verbundene Evangelische Missionsfrauenverein auf dem Gebiet der Unterhaltung von Kindergärten und karitativen Einrichtungen (Diakonie, Winterhilfe der evangelischen Kirchengemeinden ab 1931). Das evangelische Vereinsleben erhielt durch Frauenvereine, zum Beispiel 1925 in der Luthergemeinde, und andere neue Gruppierungen wie den Evangelischen Verein für Innere Mission und durch die Organisationen der starken und einflussreichen evangelischen Jugendbewegung neue Impulse. Zugleich gab es allerdings auch gegenläufige Bewegungen wie vermehrte Kirchenaustritte und sinkenden Gottesdienst- und Abendmahlsbesuch. Das katholische Worms stand vor ganz anderen Herausforderungen. Eine der größten war die von der Domgemeinde mit Hilfe des Bistums Mainz und des hessischen Staates zu schulternde Aufgabe der Fortführung der seit um 1890 begonnenen, umfassenden

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Domsanierung, die mit Kriegsbeginn 1914 eingestellt worden war. Sie litt erheblich unter den finanziellen und materiellen Problemen der Nachkriegszeit, insbesondere der Inflation. Hinzu kamen die Folgen der Oppauer BASF-Explosionskatastrophe von 1921, durch die am Dom – wie auch in anderen Wormser Gotteshäusern – sehr viele wertvolle Kirchenfenster zerstört worden sind80. Erst ab 1925 kam es wieder zu einem vor allem durch Lotterieerlöse ermöglichten geordneten Betrieb an der Baustelle. Erreicht wurde zwischen 1919 und 1930 immerhin die komplette Niederlegung und der Neuaufbau der Nikolauskapelle (Weihe 21. 12. 1930). Der Dom wurde nach einer mehrmonatigen Schließung für die inneren Arbeiten 1932/33 am 26. Januar 1933 wieder für den Gottesdienst in Gebrauch genommen. Damit waren die Arbeiten bis auf Reste bzw. die noch ausstehende Platzgestaltung im Domumfeld zu einem Abschluss gekommen. Äußerer Ausdruck des hohen Selbstwertgefühls des katholischen Worms, das sich jährlich auch in den Fronleichnamsprozessionen der Domgemeinde zusammen mit der Pfarrei St. Martin durch die Innenstadt manifestierte, waren vor allem die von der Stadt unterstützten Feierlichkeiten zum Burchard-Gedenkjahr im August 1925, als der 1 000. Todestag des bedeutendsten Wormser Bischofs (1000 –1025) mit zahlreichen Veranstaltungen (Ausstellungen, Festspiel, Gottesdienste usw.) begangen wurde. Im selben Jahr wurde der Dom, der formell ja lediglich eine Pfarrkirche war, durch den Papst zur »Basilica minor« erhoben. Im Mai 1929 fand der Einzug des Dominikanerordens mit einem kleinen Konvent in das vormalige Stift und Museum in St. Paulus statt. Dies trug zu einer Intensivierung und Bereicherung des geistlichen Lebens und der Seelsorge in der Innenstadt bei81. Mit St. Amandus wurde 1928 eine weitere Pfarrkuratie in der Stadt eingerichtet82. Politisch verfügte die starke katholische Minderheit mit der Zentrumspartei über eine effektive Interessenvertretung. Bemerkenswert ist das blühende und intakte Pfarrei- und Vereinsleben. Die Entwicklung der traditionsreichen jüdischen Gemeinde mit ihren 1933 rund 1100 Angehörigen – ihr Bevölkerungsanteil war rückläufig und betrug um 1914 ca. 2,5 Prozent der Bevölkerung – war Anfang der 1920er Jahre in der pessimistischen Sichtweise des Rabbiners Dr. Isaak Holzer (1910 –1935) durch einen Rückgang von Interesse an Religion und Herkommen gerade bei der Jugend gekennzeichnet. Holzer beklagte diese Tendenzen eindringlich in einem 1922 vom Gemeindevorstand gedruckten »Mahnruf«83. Immerhin bestand um 1919 ein »Israelitischer Jugend-Verein«. Die Einheit der seit dem 19. Jahrhundert betont liberalen Gemeinde84 wurde durch die organisierte zionistische Bewegung auch in Worms beeinträchtigt. Hinzu kam der Gegensatz zu den seit 1918 aus Osteuropa zugewanderten mehr als einhundert Ostjuden und ihrer ganz andersartigen, von den eingesessenen bürgerlichen Familien äußerst skeptisch, zum Teil auch offen ablehnend betrachteten Lebensweise und ihren eigenen Religionsformen. Nach wie vor wies die Gemeinde ein reiches karitatives und Vereinsleben auf. So besaß der jüdische Teil der Bürgerschaft in der Dalberg-Loge einen gesellschaftlichen Mittelpunkt und war mit zwei bis drei Stadtverordneten auch politisch (DVP, DDP) sowie – wie bereits vor 1914 – im gesellschaftlichen und Wirtschaftsleben scheinbar fest integriert. Kurz vor Kriegsausbruch 1914 gehegte Pläne für ein neues Frauenbad (gedacht als Rundbau im Jugendstil neben der Synagoge) wurden nicht mehr verwirklicht85. Nur

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punktuell wurde in den Weimarer Jahren Antisemitismus in Worms spürbar, den die führenden Kräfte auf christlicher wie jüdischer Seite lange nicht ernst genommen haben. Eine bereits 1893 gegründete Ortsgruppe des »Vereins zur Abwehr des Antisemitismus« intensivierte ihre Aktivitäten seit 1916/17 und dann erneut ab 1921. Im November dieses Jahres wurde hier bereits über studentisch-akademischen Antisemitismus ebenso Klage geführt wie über eine »Hakenkreuzgruppe« und »Nationalsozialistische Gruppen«. Ende 1922 werden der akademische Antisemitismus und die Nationalsozialisten als die schlimmsten Gegner bezeichnet 86. Die Ortsgruppe Worms des »Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens« (CV) übernahm seit den frühen 1920er Jahren Funktionen dieses Vereins. In den Gremien des CV haben sich während der mittleren Jahre der Weimarer Republik namhafte bürgerlich-liberale jüdische Persönlichkeiten für die Rechte ihrer Glaubensgenossen eingesetzt. Das Sprachrohr der Wormser NSDAP, die extrem antisemitisch agitierende NS-Wochenzeitung »Die Faust«, erschien seit April 1927. Am 20. September 1928 trat ein vom hessischen Innenminister verhängtes vierwöchiges Verbot in Kraft. Seit Sommer 1927 habe – so das Ergebnis der staatspolizeilichen Ermittlungen – ihr umtriebiger Redakteur Claus Selzner (1899 –1944 87) eine intensive Tätigkeit der Ortsgruppe der NSDAP begonnen, was zu einem Auflagenwachstum des Blattes auf 6 000 Stück geführt bzw. dazu beigetragen hat. Ende 1927 war es erstmals zu antisemitischen Ausschreitungen und zur Anbringung antijüdischer Pamphlete auch im Synagogenbereich gekommen, nachdem die Partei bereits vorher gegen die besonders scharf angegriffenen Ostjuden Front gemacht hatte. Der Gemeindevorstand bat bei der Polizei angesichts zunehmender Friedhofsschändungen um vermehrte Vorsorge und Schutz88. Auch in Worms setzte sich der seit 1919 bestehende »Reichsbund jüdischer Frontsoldaten« für die Überwindung des Antisemitismus ein. Für die 19 aus den Reihen der Gemeinde stammenden Kriegstoten wurde auf dem neuen Israelitischen Friedhof ein Denkmal errichtet. Einer der Höhepunkte der Arbeit der Ortsgruppe war die Kundgebung im September 1925 zur Feier der seit fast zwei Jahrtausenden bestehenden Verbundenheit der deutschen Juden mit unserem Vaterlande im Festhaus 89. In der Mitgliederzeitschrift »Der Schild« wurde in mehreren Nummern ausführlich an die Rheinlandtagung des Verbandes erinnert. Die Tagung knüpfte ganz bewusst an die zeitgleichen Feiern zum Jahrtausendjubiläum der Zugehörigkeit des Rheinlandes zum Reich 1925 an, an denen sich auch die Stadt Worms offiziell beteiligt hat90. Bereits ein Jahr zuvor richtete die Israelitische Gemeinde unter Federführung des Fabrikanten Isidor Kiefer (1871–1961) im Synagogenbau ein in seinen Planungen bis in die Zeit um 1914 zurückreichendes bemerkenswertes Museum mit wertvollen Judaica ein, ein Zeugnis für den Stolz der Gemeinde auf ihre lange und reiche Geschichte 91. Ein besonderes Beispiel für die anscheinend gelungene Integration der jüdischen Wormser in die Gesellschaft und ihre Vaterstadt bietet die nach einem Ende 1931 abgeschlossenen Wettbewerb durchgeführte Weihe des Denkmals für die gefallenen Angehörigen des Infanterieregiments 118 im August 1932, an der Geistliche aller drei Konfessionen mitwirkten92. Aus dem Bericht der Wormser Zeitung über den Gottesdienst und die Predigt des Rabbiners 93 geht ein betont nationales, patriotisches Selbstverständnis der sich als deutsche Staatsbürger israelitischer Konfession verstehenden Juden, Bürger unter

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Bürgern ihrer Vaterstadt, hervor, das nachdrücklich aufzeigt, wie tief der Zivilisationsbruch des Jahres 1933 auch, ja gerade in Worms mit seiner alteingesessenen Gemeinde gegangen ist.

Der Weg in den Abgrund (1929/30 –1933) Arbeitslosigkeit, Unruhen, Verelendung und Not Der Beginn der durch bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen gekennzeichneten letzten Phase der Weimarer Republik lässt sich für Worms geradezu auf den Tag genau fixieren. Mitte Januar 1930 kam es zu Unruhen noch nie gekannter Härte und Brutalität, die sogar ein Todesopfer forderten. In Worms bildete die dramatische Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage vor allem in der Lederindustrie einen wichtigen Hintergrund dieser Zuspitzung. Es war Ende 1929 zu einem fast völligen wirtschaftlichen Zusammenbruch der Lederwerke Doerr & Reinhart mit ihren in den 1920er Jahren noch mehr als 3 000 Beschäftigten und zugleich zu Einschränkungen der Fabrikation bei dem noch größeren Unternehmen Cornelius Heyl AG gekommen. Die Situation der städtischen Finanzen verschlechterte sich rasant. Den Ausgangspunkt blutiger Unruhen bildeten Demonstrationen und Umzüge von vor allem kommunistisch orientierten Erwerbslosen durch die Stadt am 10. Januar 193094. Etwa 500 Personen zogen laut Polizeibericht skandierend und drohend durch die Stadt. Die Menge auf dem Marktplatz wuchs auf ca. 1 000 Personen an. Am 13. Januar 1930 veranstaltete ein »Erwerbslosenrat« unter Mitwirkung der KPD-Führer eine öffentliche Erwerbslosenversammlung mit ca. 600 Besuchern, auf der in schärfster Form gegen Staat und Polizei gehetzt wurde. Es kam zu einer Entschließung gegen die SPD und einem Bekenntnis zur »proletarischen Revolution«. Trotz eines Verbots versammelten sich vor der Dreifaltigkeitskirche ca. 1 200 bis 1 500 Menschen zu einer Demonstration. Nach dem polizeilichen Beschluss zu deren Auflösung entspann sich ein erbitterter Kampf Mann gegen Mann. Es kam zu einem erneuten Angriff auf die Polizeibereitschaft durch eine inzwischen wieder 1 000-köpfige Menschenmenge. Am Abend kam es zu einem dritten Angriff der Aufrührer: (…) Um weitere Ausschreitungen und vor allem Plünderungen möglichst zu unterbinden wurde die mit Polizeiknüppel und blanker Waffe getätigte Säuberungsaktion durch die Kämmererstraße bis zum Martinsplatz und durch die Stephansgasse bis zum Lutherplatz durchgeführt. Wiederum wurde mit Pflastersteinen nach der Polizei geworfen. Hierbei wurden zum ersten Male von den Aufrührern an fünf verschiedenen großen Geschäften die Schaufenster eingeschlagen. Sowohl vom Marktplatz wie auch aus der Judengasse wurde die dort säubernde Polizeiabteilung mit Pistolen beschossen. Die Polizei erwiderte das Feuer. In der Nacht rückten zur Verstärkung Kräfte der Schutzpolizei aus Darmstadt ein. Am frühen Nachmittag des folgenden Tages kam es erneut zu einer Versammlung von ca. 1 000 Personen auf dem Marktplatz. Etwa 500 von ihnen zogen zu einer öffentlichen Kundgebung unweit der Judengasse, einem Schwerpunkt des kommunistischen Milieus in Worms. Nachdem aus den Häusern der Judengasse heraus immer wieder geschossen

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wurde, ging die Polizei zum Schusswaffengebrauch über: Beim Einmarsch in die Stadt waren die Strassen von einer starken Menschenmenge angefüllt. Die Polizei wurde mit Gejohle und Zurufen »Bluthunde« usw. begrüsst. Die erbitterten Kämpfe forderten ein Todesopfer. Es wurde vermerkt, daß die Menge zu energischem Widerstand entschlossen war. Insgesamt erfolgten 108 Festnahmen, 13 Haftbefehle wurden ausgesprochen. Die Unruhen hatten ein politisches Nachspiel. Es wurde auch über Worms hinaus über einen möglichen Rücktritt von Oberbürgermeister Wilhelm Rahn bzw. der kompletten Stadtspitze spekuliert. Tatsächlich hatte Rahn bei einer Sitzung des Ältestenrates seinen Rücktritt angeboten, zog ihn jedoch alsbald wieder zurück und wurde in seinem Verbleiben im Amt von den anderen Mitgliedern der Stadtspitze bestärkt. Die Ereignisse des Jahresbeginns 1930 bildeten den Auftakt für eine vor allem in den Jahren 1931 und 1932 auch über Worms hinweg gehende Welle brutaler politisch motivierter Unruhen und Gewaltverbrechen, wie sie sich unter anderem mit Hilfe der relativ reichen Polizeiakten des Stadtarchivs recht gut rekonstruieren ließen95. Die Stärke des zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten gespaltenen Arbeitermilieus zum einen und die erheblichen Erfolge der Nationalsozialisten (seit dem Herbst 1930 begannen die ersten größeren Aufmärsche der SA und der noch sehr kleinen SS) auf dem Land wie auch – wenngleich abgeschwächt – in der Stadt zum anderen verschärften die Lage vor dem Hintergrund der in Worms besonders tief greifenden ökonomisch-finanziellen und politischen Krise erheblich. Eines der folgenreichsten Verbrechen der unruhigen Jahre war zweifellos der Mord an dem aus Biblis stammenden Nationalsozialisten Hans Hobelsberger am Abend des 9. November 1931 96, um den bald nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten ein Märtyrerkult inszeniert wurde. Die bürgerkriegsähnlichen Ereignisse in Worms um 1931/32 haben in dem Roman »Geheimnis und Gewalt« des Schriftstellers Georg K. Glaser (1910 –1995) einen literarischen Nachhall gefunden, der die Akteure mit den Worten charakterisierte: Die Arbeiter von Worms waren ein eigenartig grausames, dabei aber treuherziges und verspieltes Volk 97. Den Höhepunkt der Agitation der NSDAP, welche seit 1930 das »Braune Haus« in der Burkhardstraße als Hauptquartier besaß, bildete die Rede Hitlers im Stadion an der Alzeyer Straße bei dessen einzigem Aufenthalt in Worms am 12. Juni 1932. Die Konflikte zwischen den Parteien, Milieus und Lagern hatten ihre Ursache in den tiefen gesellschaftlichen Gräben bzw. einer extremen sozialen Zerrissenheit nach dem verlorenen Weltkrieg. Linke und rechte Extremisten lieferten sich in paramilitärischer Manier Straßen- und Saalschlachten, agitierten in demagogischer und krimineller Weise gegen die republikanische Verfassung und legten mit ihrer häufig gemeinsamen Blockade gewählte Gremien wie die Stadtverordnetenversammlung lahm. Oberbürgermeister Rahn ging im Oktober 1931 durch einen Nationalsozialisten eine anonyme Morddrohung zu 98; das politische Klima war vollständig vergiftet. Die republiktreuen Kräfte – immer stärker in der Defensive – sammelten sich auch in Worms im »Reichsbanner« und später in der »Eisernen Front«. Die Polizei wurde durch den bereits erwähnten Polizeidirektor Maschmeyer auf einem strikt rechtsstaatlich-republikanischen Kurs gehalten. So hat er bei der Verfassungsfeier der Wormser Polizeibeamten am 11. August 1931 im Cornelianum betont, es sei kein Zweifel, daß sich der Staat gegen Gewalt im Innern mit den Mitteln der Gewalt

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zu verteidigen hat und daß er dazu auch die Kraft besitzt und sie anzuwenden weiß. Das ist die Aufgabe der staatlichen Polizei 99. Die wichtigste Ursache für die dramatische Polarisierung des gesamten öffentlichen Lebens, die Hoffnungslosigkeit und die Verelendung immer größerer Bevölkerungsgruppen sowie die Bereitschaft zur Wahl radikaler Parteien waren die verheerende Erwerbslosigkeit samt ihr folgender Massenverarmung und die damit einhergehenden mentalen und ökonomischen Folgen für die Betroffenen und deren Familien. Ein Blick auf die Zahlen der Erwerbslosen, der Unterstützungs- und Wohlfahrtsempfänger in Worms100 zeigt einen starken Anstieg der Arbeitslosenzahlen im Laufe des Jahres 1930, der sich 1931 stetig fortsetzte. Der Höchststand wurde im Juli 1932 erreicht, als nahezu 10 000 Personen in Stadt und Landkreis als arbeitsuchend gemeldet waren. Trotz der 1927 im Deutschen Reich eingeführten Arbeitslosenversicherung fielen die meisten Erwerbslosen den Gemeinden als Wohlfahrts- und Unterstützungsempfänger zur Last. Die Ausgaben dafür belasteten die öffentlichen Haushalte immer stärker. Seit dem Sommer 1932 hat sich die Lage am Arbeitsmarkt dann auch in Worms langsam aber stetig verbessert. Allerdings fällt die Entwicklung im Stadtgebiet und im ländlichen Kreis stark auseinander. Trotz zurückgehender Zahlen waren Ende 1934 noch tausende Arbeitsuchende registriert, nicht viel weniger als zu Beginn der krisenhaften Zuspitzung Anfang 1930. Die »Wormser Nothilfe« versuchte als Zusammenschluss karitativer Organisationen von privater Seite von 1931 bis 1933, die sich seit Ende der 1920er Jahre zuspitzenden sozialen Probleme zu lindern. Verlosungen, Sammlungen und andere wohltätige Aktionen im Rahmen der Winterhilfe ermöglichten Armenspeisungen und die Auszahlung von Unterstützung an Bedürftige. Auch in den Lederwerken Heyl-Liebenau wurden betriebliche Anstrengungen zur Hilfe für die sozial Schwächsten innerhalb der Belegschaft

10 000 9 000 8 000 7 000 6 000 5 000 4 000 3 000 2 000 1 000 i. Ts. März 1930

Januar 1931

Januar 1932

Januar 1933

Januar 1934

Grafik 24: Arbeitslosenstatistik Worms-Stadt 1930 –1934 (nach: StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1915)

Juli 1934

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unternommen101. Die Kommune hatte derweil immer größere Schwierigkeiten, die Wohlfahrtsausgaben zu schultern. Vorschläge zur Schließung der höheren Lehranstalten wurden vor diesem Hintergrund für das Altsprachliche Gymnasium 1925/26 und für den Studienausfall der Eleonorenschule 1930/31 ernsthaft diskutiert102. Im Mai 1931 standen nach dem Haushaltsvoranschlag den gesamten Steuereinnahmen für 1931 in Höhe von 4,195 Millionen Reichsmark Ausgaben alleine für das Wohlfahrtsamt in Höhe von 4,26 Millionen Reichsmark gegenüber; das Defizit belief sich auf 1,8 Millionen Reichsmark 103. Die Ausgaben für Erwerbslosenunterstützung und Arbeitsfürsorge stiegen zwischen 1924 und 1933 von 165 349 auf 2,654 Millionen Reichsmark an. Allein von 1929 auf 1930 schnellten die Zahlen von 753 666 Reichsmark auf 1 734 707 Reichsmark empor, um 1932 ihren Höhepunkt zu überschreiten 104.

Die Entwicklung der politischen Verhältnisse 1930 –1933 Die »Erdrutschwahlen« zum Deutschen Reichstag vom September 1930 erbrachten für die SPD das einzige Mal in den Weimarer Jahren in Worms ein Ergebnis unterhalb des Reichsdurchschnitts (24,5 %105). Die heranflutende NSDAP lag in Worms-Stadt nur ganz unwesentlich unter dem Reichsdurchschnitt von 18,9 Prozent. Geradezu spektakulär war das Ergebnis für die Kommunisten, die in Worms nur ganz knapp hinter der NS-Stimmenzahl und somit gleichauf mit der immer weiter absackenden DVP und klar über dem Reichsdurchschnitt von 13 Prozent lagen (vgl. oben Grafiken 21–22, nach S. 560). Die NSDAP war im gemischt-konfessionell geprägten Wormser Umland ohne gravierende Unterschiede leicht oberhalb des Reichsniveaus (19 %) erfolgreich, im ländlichen Raum vor allem auf Kosten der konservativ-nationalen Bauernliste. Sehr stark blieb die Zentrumspartei mit 20,3 Prozent. Die DVP war im Vergleich zum gesamten Volksstaat Hessen und zum Reich mit 9,3 Prozent noch relativ stark. Innerhalb ihrer Wählerschaft hatte allerdings bereits eine Wanderung zu den Nationalsozialisten eingesetzt. Dramatisch haben sich die Wählerlandschaft und die Politik dann bei den Landtagswahlen vom November 1931 verändert: Auch im Landtag wurde die NSDAP, die in Worms nur knapp unter dem Landesdurchschnitt lag, stärkste Partei. Wie schon bei der Reichstagswahl gut ein Jahr zuvor erzielte die KPD im »Roten Worms« einen ganz außerordentlichen Erfolg und lag hier mit ihren sensationellen, nie mehr erreichten 21 Prozent (!) weit über dem Landesschnitt von 13,6 Prozent. Die Sozialdemokratie musste dramatische Einbrüche bezüglich ihres Wählerpotenzials hinnehmen und verlor in Worms gegenüber 1927 ziemlich genau die Hälfte der Wählerstimmen. Auch die DVP wurde – wenn auch rechnerisch geringer als im Land insgesamt (hier blieb noch ein Fünftel der Wähler bei der Stange) – erheblich zurückgeworfen und verlor drei Viertel ihrer Klientel, mit einiger Wahrscheinlichkeit an die NSDAP, die hinsichtlich der Zusammensetzung ihrer Wählerschaft bereits volksparteiliche Züge angenommen hatte. Hatten die beiden großen Wormser Parteien noch 1927 60 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen können, so war es 1931 nicht einmal mehr ein Viertel. Ähnlich dem Landesdurchschnitt zeigen sich die Zahlen für die letzte Landtagswahl im Juni des Krisenjahres 1932, wobei die KPD mit ihren 17,4 Prozent in Worms wiederum

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DER POLITISCHEN

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Abb. 61: Maidemonstration der KPD auf dem Marktplatz, 1932

über dem Schnitt lag, wohingegen die NSDAP, die SPD und das Zentrum knapp darunter blieben. Inwieweit die hohe Stimmenzahl der KPD (und auch die recht beachtlichen Ergebnisse für die kleineren linken Oppositionsparteien der Jahre nach 1930 wie die Sozialistische Arbeiterpartei und die Kommunistische Partei (Opposition) auf die Existenz eines veritablen kommunistischen Milieus hindeutet und wie hoch das potenzielle Reservoir der KPD war, müssen weitere Detailstudien zeigen. Aus der ersten der beiden Reichstagswahlen von 1932 (31.7.) ging das linke Spektrum (SPD und KPD) bei Verschiebungen zu Gunsten der Sozialdemokratie gestärkt hervor. Der Zuwachs für die NSDAP lag in Worms noch leicht über dem Reichsdurchschnitt von 37,4 Prozent. Als einzige Partei blieb auch in Worms das Zentrum noch weitestgehend dagegen immun (Reich 12,5 Prozent). Die anderen bürgerlichen Parteien erlebten ebenfalls ihr Waterloo. Bei der zweiten Wahl des Jahres (6. 11.) sackte die NSDAP entsprechend dem Reichsdurchschnitt auch in Worms in der Wählergunst erstmals ab; dies gilt entsprechend für die SPD, während die KPD entgegen dem allgemeinen Trend in Worms leicht zuzulegen vermochte. Im ländlichen Raum waren die Wahlerfolge der NS-Bewegung umso größer, je höher der protestantische Wähleranteil lag106. Bei den Reichspräsi-

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dentenwahlen vom Frühjahr 1932 lagen Hitler und Thälmann in der Stadt im zweiten Wahlgang fast genau im Reichsdurchschnitt; Hitler konnte in Worms-Land mit fast 40 Prozent weit besser als im Durchschnitt und in der Stadt selbst abschneiden. Hindenburg lag nun – in Stadt und Landkreis fast mit demselben Wert – etliche Prozentpunkte über dem Schnitt, was auf eine erfolgreiche Mobilisierung der ihn unterstützenden Wählerschichten schließen lässt. Wie haben sich die kommunalpolitischen Verhältnisse vor dem Hintergrund der dramatischen Wirtschafts- und Finanzkrise in Worms entwickelt? Nur wenige Wochen nach der Wahl vom November 1929 brach ein besonders schwieriges Jahr an, das gleich zu Beginn die Stadt und ihre Spitze in eine politische Krise gestürzt hat (s. o.). Mit einem ganz erheblichen Aufwand wurde trotz der akuten Krise die Feier zur »Befreiung« des Rheinlandes am 30. Juni/1. Juli 1930 auch in Worms begangen 107. Zahllose Vereine und Verbände, Ämter, Schulen und Organisationen beteiligten sich an der patriotischen, von der Stadt organisierten Feier, die neben einem riesigen Fackelzug, Massenchören und Ansprachen auch mit einer Illumination des Domes und anderer Gebäude begangen wurde. Die hessische Bereitschaftspolizei zog in die beflaggte Stadt ein und übernahm dort die staatliche Aufsicht. Die Zeitungen druckten umfangreiche Sonderbeilagen mit pathetisch-nationalen Beiträgen zum Ende der »schmachvollen« Jahre unter der »Fremdherrschaft«, die Weinkellerei Valckenberg verkaufte als Sonderabfüllung einen »Festtrunk«. Die Kritik an der bevorstehenden »nationalistischen Propaganda«, wie sie die organisierten Vereine der Arbeiterbewegung in der »Volkswacht« vom 24. Mai 1930 äußerten, blieb schwach. Der Aufruf linker Organisationen zu einer »Friedenskundgebung« wurde kaum befolgt. Immerhin gab es demnach auch Kritik an der Einseitigkeit der nationalen Aufwallung. Am 1. Juli wurde – wie erwähnt – auch das neue städtische Museum im Andreasstift im Beisein von Staatspräsident Bernhard Adelung eingeweiht und damit voller Stolz und Symbolkraft eine beachtliche kulturelle Leistung »in schwerer Zeit« erbracht. Rasch kehrte allerdings wieder der Alltag zurück. Die Mehrheit des Stadtparlaments weigerte sich Ende 1930, den von der Verwaltung mit Hinweis auf die Gesetzeslage vorgelegten Sparbeschlüssen für den kommenden Haushalt der Stadt zuzustimmen, da niemand die Verantwortung für weitere, höchst unpopuläre Maßnahmen übernehmen wollte 108. Im Dezember 1930 wurde von Seiten der hessischen Regierung ein Staatskommissar mit besonderen Finanzvollmachten eingesetzt, der bis zum 31. März 1931 im Amt blieb. Den seit 1930 wiederholten Bemühungen der radikalen Parteien, zu einer Selbstauflösung des Stadtrates zu kommen, war kein Erfolg beschieden. Allerdings lähmten derlei Bestrebungen und Debatten die ohnehin geradezu in eine Agonie verfallende kommunale Politik, die angesichts der in Worms besonders dramatischen Not und massenhaften Verelendung über nahezu keinen Gestaltungsspielraum mehr verfügte und deren Arbeit angesichts des Geschehens auf der Straße immer weniger Beachtung fand bzw. Relevanz besaß. Im Dezember 1931, kurz nach der Landtagswahl, die das politische Gefüge im Volksstaat drastisch verschoben hatte und wenige Monate nach Inkrafttreten der wegweisenden neuen hessischen Gemeindeordnung war es ausgerechnet die Deutsche Volkspartei, die einen solchen Selbstauflösungsantrag einbrachte. Die KPD stellte ebenfalls mit Blick

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DER

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auf die stattgefundene »Umschichtung innerhalb der Wählerschaft (…) in Bezug auf die Parteiverhältnisse« einen Auflösungsantrag. Die SPD und das Zentrum enthielten sich der Stimme. So ergab sich bei der Abstimmung eine von der DVP bis zur NSDAP das gesamte rechte und mit der KPD das linksextreme politische Lager umspannende Koalition von Stadtverordneten, die sich selbst die Legitimation absprachen. Der Beschluss hatte formal keine Folgen, weil eine Umsetzung gesetzlich nicht möglich war. Der Stadtrat blieb bis zur Machtübertragung an die Nationalsozialisten 1933 im Amt. Mit dem auf erbärmliche Weise aus dem Amt geschassten Bürgermeister Albert Schulte verlor die Stadtspitze dann im September 1932 nicht nur einen fachlich kompetenten Mann, sondern auch den seit 1919 einzigen Vertreter der zahlenmäßig starken Wormser Sozialdemokratie, die somit bereits vor 1933 nicht mehr an der Spitze vertreten war. Die negative Mehrheit hatte an der Stadtspitze ein qualifiziertes und engagiertes Opfer ihrer Hetzkampagne gefunden und aus Gründen purer Obstruktion die Wiederwahl des vor allem auf dem Wohlfahrtssektor anerkannten und engagierten Fachmannes verhindert. Für die NSDAP profilierte sich der zunächst für die DNVP tätige, 1930 zur NSDAP übergewechselte Rechtsanwalt Philipp Wilhelm Jung (1884 –1965) im Stadtparlament, der nach 1933 noch eine Karriere im NS-Staat machen sollte109. Die Lage spitzte sich Ende 1932 wieder zu. Es kam wenige Tage vor Weihnachten 1932, als die NSDAP bereits massiv den Einkauf in »jüdischen« Geschäften zu behindern suchte, zu Tumulten von durch die KPD organisierten Erwerbslosen, die zu Hunderten gewaltsam in das Rathaus einzudringen suchten, was nur unter Androhung von Schusswaffengebrauch verhindert werden konnte. Andere stellten sich unter dem Skandieren von Rufen wie »Hunger, wir wollen Brot« vor Kaufhäusern auf 110. Das Jahr 1932 endete in Worms so, wie es begonnen hatte, mit Gewaltbereitschaft, Verzweiflung und tiefer Hoffnungslosigkeit, zerrissen zwischen politischen Extremen und im Angesicht grassierender Ohnmacht ziviler und rechtsstaatlicher öffentlicher Ordnung.

Die Etablierung der NS-Herrschaft (1933/34) Die so genannte »Machtergreifung« der NSDAP durch die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 hatte auf Hessen und Worms zunächst keine direkten Auswirkungen, sieht man einmal von dem beginnenden Wahlkampf nach der Auflösung des Reichstages und der Ausschreibung von Neuwahlen für den 5. März ab. Wirksame Veränderungen ergaben sich dann allerdings mit der Umsetzung der Notverordnungen, vor allem der nach dem Reichstagsbrand erlassenen einschneidenden Maßnahmen seit Ende Februar. Die bürgerkriegsartigen Konflikte zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten setzten sich in aller Schärfe fort. Die nur noch mit gewissen Einschränkungen als frei zu bezeichnenden Reichstagswahlen vom 5. März 1933 111 erbrachten bei einer außergewöhnlich hohen Wahlbeteiligung (Worms 92 %) für die NSDAP als stärkste Partei einen Zuwachs unter dem Ausmaß im Gesamtreich (43,9 %); in Hessen insgesamt lag das Ergebnis bei überdurchschnittlichen 47,4 %. Im Landkreis (ohne Stadt) kam die Partei

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mit 51,5 Prozent deutlich über den Reichsschnitt. Die Sozialdemokraten erreichten annähernd dasselbe Ergebnis wie vier Monate zuvor. Das Zentrum blieb in Stadt und Land stark und unangefochten auf dem traditionellen Niveau. Der Einbruch der NSDAP in das ländliche Milieu der konfessionell klar bestimmten katholischen Gemeinden des Kreises war offenbar noch kaum gelungen. Die KPD konnte trotz der massiv einsetzenden Verfolgung ihrer Funktionäre und Mitglieder ihr über dem Reichsdurchschnitt (im Landkreis erreichte sie nur 4,8 %) liegendes Wählerpotenzial in Worms halten. Die bürgerlichen Rechtsparteien DVP, DNVP und Deutsche Staatspartei (DStP, vormals DDP) lagen – ohne dass dies noch Bedeutung gehabt hätte – in der Zusammenfassung ebenfalls über dem allgemeinen Mittelwert. Worms Stadt

Worms Landkreis

Dt. Reich

Mainz Stadt

NSDAP

40,9 %

51,5 %

43,9 %

35,4 %

SPD

22,7

17,8

18,3

23,2

KPD

15,6

4,8

12,3

14,4

Zentrum

10,7

19,4

11,2

20,0

DVP

4,3

2,0

1,1

1,5

DNVP

2,7

3,1

8,0

CSVD

2,0

0,8

DStP

1,1

0,6



3,2 1,2

0,9

1,1

Die Ereignisse in der Landeshauptstadt Darmstadt in den Tagen nach dem 6. März (Absetzung des Staatspräsidenten Adelung; Entlassung republikanischer Beamter; Boykottaufrufe gegen »jüdische« Geschäfte; Neuordnung der Polizei; Razzien, Durchsuchungen und Verhaftungen politischer Gegner; Einrichtung des KZ Osthofen zunächst als wildes Schutzhaftlager, ab 1. Mai 1933 als offizielles Konzentrationslager für das Land Hessen) fanden ihren vorläufigen Abschluss durch das vom Landtag am 13. März mit den Zentrumsstimmen erlassene Ermächtigungsgesetz und die Wahl von Dr. Ferdinand Werner zum Staatspräsidenten. Auswirkungen auf die Gemeinden hatte vor allem die am 20. März erlassene »Verordnung zur Sicherung der Verwaltung in den Gemeinden«. Durch das »Vorläufige Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich« vom 31. März 1933 wurden die Gemeindevertretungen gemäß den Stimmenverhältnissen bei der Reichstagswahl umgebildet. Das so genannte »Reichsstatthaltergesetz« vom 7. April 1933 mit weit reichenden Folgen für die Entwicklung des hessischen Staates und seine faktische Eingliederung in den Machtbereich des in Frankfurt residierenden Gauleiters für den Gau Hessen-Nassau, Jakob Sprenger (1884 –1945), wirkte sich zunächst nur indirekt auf Worms aus. Immerhin wurde mit dem Rechtsanwalt und NSDAP-Stadtverordneten Philipp Wilhelm Jung ein Wormser zum Staatssekretär ernannt. Sein Verhältnis zu dem machtbewussten künftigen »Landesherrn« Sprenger war allerdings schlecht, sein Handlungsspielraum gering112. In Worms113 war es bereits Mitte Februar und dann erneut wenige Tage vor dem mit Fackelzug, Kundgebung und Aufmärschen pompös begangenen »Tag von Potsdam« (21. 3.) unter dem Kommando des neuen NS-Polizeidirektors Heinrich Jost (geb. 1904, im Amt vom 15. 3.–23. 9. 1933) zu ersten Übergriffen auf jüdische Einzelhandelsgeschäfte

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und Boykottmaßnahmen durch den »Kampfbund des gewerblichen Mittelstands« gekommen (18. 3.). »Demonstrationen« gegen Warenhäuser führten zu einer von der Polizei angeordneten Schließung von vier Geschäften. Überhaupt brachten die Tage seit Anfang März eine Explosion brutaler Gewalt. Sozialdemokraten, Gewerkschafter und Reichsbanner-Angehörige sowie vor allem Kommunisten und Juden wurden misshandelt, verhaftet und vielfach in das bei Worms gelegene Konzentrationslager Osthofen verbracht, das bis Mitte 1934 bestanden hat114. Ein eigenes Roll- bzw. Sonderkommando aus SS- und SA-Leuten verübte seit März eine Fülle von Gewalttaten, wobei die erhaltenen Berichte keinen Zweifel an der Öffentlichkeit dieser Übergriffe lassen115. Das erste Todesopfer dieser Gewaltexzesse wurde der junge Dolgesheimer Jude und Sozialdemokrat Julius Frank (geb. 1921), der am 6./7. März von SA-Leuten in Worms aus Rache brutal ermordet wurde, ein auch über Worms hinaus beachteter Fall116. Von den Zeitungen wurde die sozialdemokratische »Volkswacht« sofort, das katholische »Wormser Echo« zeitweilig (23. 3.–4. 4.) verboten 117. Einen weiteren Schritt hin zum Unrechtsstaat und zur beginnenden Ausgrenzung der Juden markiert der reichsweite Boykott-Tag gegen »jüdische Geschäfte«, der auch in Worms am 1. April durchgeführt wurde und dem weitere Aktionen und Geschäftsschließungen im Laufe des April und noch bis Ende Mai folgen sollten118. In großem propagandistischem Stil aufgemacht wurde der zum Feiertag (»Tag der nationalen Arbeit«) erhobene 1. Mai 1933, an dem Oberbürgermeister Wilhelm Rahn und Kreisleiter Otto Schwebel an der Spitze einer riesigen Menschenmenge durch die Stadt marschierten; es folgten Fackelzug, Zapfenstreich und Ansprachen119. Die Abordnungen der Wormser Betriebe zogen durch die Stadt, die Zeitungen verbreiteten Festtagsstimmung. Die Verblendung der Massen – zeitgleich mit der Intensivierung von Einschüchterung und Unrecht – hatte eingesetzt und zeigte über die traditionell nationalen Kreise hinaus ihre Wirkung. Am Folgetag wurden auch in Worms die Gewerkschaften zerschlagen. Seit dem 27. Januar 1933 hatte es keine Sitzung der Wormser Stadtverordnetenversammlung mehr gegeben. Am 2. Mai 1933 wurden die von der Partei neu bestimmten Stadträte verpflichtet und in ihr Amt eingeführt120. Neben den 15 neuen Verordneten nahmen nur 3 bisherige NSDAP-Mandatsträger und 3 bereits seit längerem im Gremium vertretene Mitglieder des Zentrums an der von Oberbürgermeister Rahn und dem aus Frankfurt/M. stammenden Forstassessor, Wormser NSDAP-Kreisleiter und seit Mai 1933 kommissarischen Beigeordneten Dr. Otto Schwebel (1903 –1976) geleiteten Sitzung teil, in welcher Reichspräsident von Hindenburg und Reichskanzler Hitler zu Ehrenbürgern der Stadt ernannt wurden 121, einstimmig, wie es von nun an fast ohne Ausnahme bleiben sollte. In der nächsten Sitzung wurden am 23. Mai die am 2. des Monats nicht anwesenden neuen Ratsherren, darunter auch noch Sozialdemokraten, in das Amt eingeführt. Zu den Gewinnern der Machtergreifung gehörte mit dem ehrgeizigen Stadtbaurat Walter Köhler (1890 –1977) auch ein Mann der Verwaltung, der während der NS-Zeit eine enorme Position innehatte. Diese Stellung konnte er weitgehend bruchlos auch nach 1945 als maßgeblicher Architekt des Wiederaufbaues behalten122. Er war von jetzt an im Stadtvorstand vertreten und fungierte de facto als Baudezernent. Ein weiterer Schritt auf dem Weg zur endgültigen Gleichschaltung des Kommunalparlaments war die

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in der Sitzung vom 12. Juni 1933 bekannt gemachte Mandatsniederlegung der beiden Sozialdemokraten Wunibald Lutz 123 und Hugo Ramm. Der langjährige, fast 34 Jahre amtierende Baudezernent Georg Metzler schied nach Ablauf seiner regulären Amtszeit aus. Nach dem SPD-Verbot vom 22. Juni nahmen die sozialdemokratischen Stadtratsmitglieder an der nächsten Sitzung vom 27. Juni nicht mehr teil; letztmalig saßen die drei Zentrumsvertreter hier noch im Gremium, kurz bevor auch sie den Rückzug antreten mussten. Mit dem faktisch erzwungenen Rücktritt des am 1. Juli durch die NSDAP ganz gezielt öffentlich bloßgestellten Oberbürgermeisters, gleichsam ein nicht mehr notwendiges bürgerliches Relikt, und der nach dessen Ruhestandsversetzung erfolgten Amtsübernahme durch Otto Schwebel (seit 1930 NSDAP- und SA-Mitglied, Anhänger Sprengers, 1. 2. 1934 –30. 9. 1937 Kreisdirektor von Worms) am 16. August 1933 kam die Gleichschaltung des kommunalen politischen Lebens in Worms zu einem äußerlich-formalen Abschluss124. Als Vertreter der Regierung in Darmstadt bzw. des Reichsstatthalters Sprenger überreichte Philipp Wilhelm Jung unter Hinweis auf die schwierige Aufgabe, die das neue Stadtoberhaupt im hochverschuldeten, von massiver Arbeitslosigkeit und zahlreichen Wohlfahrtsempfängern belasteten Worms erwarte, die Amtskette. In der Person Schwebels vereinigten sich Partei- und öffentliches Amt. Somit sollte sichergestellt werden, dass die nationalsozialistische Politik Einzug in die Stadtverwaltung hielt. Es ist belegt, dass Sprenger, der am 27. Mai bei seinem offiziellen Besuch in Worms im Rahmen seiner Antrittsreise durch hessische Städte und Gemeinden überschwenglich gefeiert wurde (eine Veranstaltung, bei der sich auch der konservativ-katholische Stadtarchivar Dr. Illert mit einem eilends inszenierten Historienspektakel bei Sprenger angedient hatte) 125, über den Wechsel an der Spitze der Stadt Worms nicht nur informiert war, sondern diese Entscheidung persönlich gefällt bzw. ausdrücklich abgesegnet hat. Von Schwebel konnte Sprenger erwarten, dass er auf die Verwaltung im nationalsozialistischen Sinn einwirkte und darüber hinaus die Interessen des Gauleiters gebührend berücksichtigte. Allerdings führte der neue Mann die Amtsgeschäfte nicht sehr lange. Bereits am 1. Februar 1934 wechselte er auf die Stelle des Kreisdirektors. Als solchem oblag ihm die Führung der staatlichen Kreisverwaltungsbehörde. Bis zur Einsetzung des bisherigen Gießener Beigeordneten Heinrich Bartholomäus am 3. September 1934 als zunächst kommissarischer Oberbürgermeister – er wurde am 25. August 1934 offiziell vom Staatsministerium mit der Führung der Dienstgeschäfte beauftragt, faktisch allerdings auf Veranlassung des Gauleiters 126 – fungierte der seit spätestens August 1933 amtierende Beigeordnete Gustav Adolf Körbel (1902 –1969) zunächst seit dem 10. Oktober 1933 als besoldeter Beigeordneter für das Finanz- und Wohlfahrtswesen; erstmals wird er in der Ratssitzung vom 15. Juni 1934 als kommissarisches Stadtoberhaupt genannt. Körbel war offenbar der Wunschkandidat des Staatsministers Jung, der seit der am 18. September 1933 erfolgten Entlassung des Ministerpräsidenten Werner die Führung der hessischen Landesregierung innehatte. Doch Sprenger, für den in dieser Zeit in der Wormser Bevölkerung eine sehr positive Stimmung vermerkt wurde127, durchkreuzte die Entscheidung seines Regierungschefs, indem er der Ernennung Bartholomäus’ zustimmte. Vielleicht war es ein Versuch der Diskreditierung des Staatsministers,

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der dazu führte, dass der aus Oberhessen stammende gelernte Schlosser und Werkmeister Heinrich Bartholomäus (1900 –1960) Oberbürgermeister in Worms wurde. Kommunalpolitische Erfahrung hatte er nur im Laufe seiner seit Juli 1933 ausgeübten Tätigkeit als ehrenamtlicher, später kommissarischer und seit 1. Mai 1934 »gewählter« Beigeordneter in Gießen gesammelt. Darüber hinaus war er während der »Kampfzeit« als Gauredner in Hessen aufgetreten. Sprenger erschien die Qualifikation des Handwerkers ausreichend für die Übernahme der Position des Stadtoberhaupts. Nach 1930 arbeitslos, seit März 1931 Parteimitglied, wurde er als Gauredner tätig und war Verfasser der Schauspiele »Arbeit, Dienst, Pflicht!« und »Der Sinn des Lebens«. Mit seiner Ernennung gelangen dem Reichsstatthalter gleich mehrere geschickte Schachzüge: Zum Ersten hatte er einem gebürtigen Hessen ein relativ bedeutendes hessisches Amt verschafft. Zum Zweiten handelte es sich um einen Mann, der keinen Rückhalt in der Wormser Parteiführung und Gesellschaft besaß. Folglich war er ein schwacher Gegner, den Sprenger bei Bedarf problemlos aushebeln konnte. Und zum Dritten durfte er sich der Dankbarkeit Bartholomäus’ sicher sein. Vor diesem Hintergrund erfolgte am Nachmittag des 30. Januar 1935, zwei Jahre nach der »Machtergreifung«, im Beisein von Kreisdirektor Schwebel und Gauleiter Sprenger, der in einer offenkundig unter anderem von Stadtarchivar Illert redigierten Rede auf die historische Größe der Stadt wie auch die aktuellen Probleme einging, die »Wahl«, Vereidigung und Amtseinführung von Bartholomäus. Er amtierte schließlich bis Kriegsende und war in seiner Position eher schwach und gefährdet, galt als eitel und war im Grunde den komplexen und anspruchsvollen Aufgaben kaum gewachsen. Körbel blieb bis zu seinem Wehrdienst 1939 als Beigeordneter tätig. Auch Stadtbaurat Köhler wahrte seine exponierte Position als faktischer Dezernent innerhalb der Verwaltung. Unter der Führung dieser Trias ging die Stadt nun in die Jahre der sich rasch festigenden NS-Diktatur hinein. Die von der NSDAP so bezeichnete »nationale Revolution« des Jahres 1933 war nicht nur eine Sache der Politik, sie drang tief in alle gesellschaftlichen und privaten Bereiche der »Volksgenossen« ein. Das gesamte Vereinswesen, alle Organisationen und Vereinigungen wurden erfasst oder ergriffen von sich aus in vorauseilendem Gehorsam die nötigen Maßnahmen der »Gleichschaltung« und »Säuberung«. Die Parteien und Gewerkschaften wurden aufgelöst oder lösten sich selbst auf. Bürgerliche Vereine wie der Altertumsverein oder der »Verein zur Pflege der bildenden Kunst« trennten sich nach außen geräuschlos von ihren jüdischen Mitgliedern und bekannten sich mehr oder weniger emphatisch zur »nationalen Revolution«. Zum Teil geschah dies unter offenen Drohungen, wie bei letztgenanntem Verein, zum Teil gingen die jüdischen Mitglieder von allein. Durch die Anwendung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen wurden Stadtverwaltung‚ Polizei und andere Behörden von »unzuverlässigen Mitgliedern gesäubert«. Bemerkenswert ist dabei das Ausmaß, in dem sich selbst nationalkonservative, gebildete Personen wie der umtriebige, geschickt taktierende Stadtarchivar Dr. Friedrich M. Illert an die NS-Ideologie anbiederten, sich einer mindestens missverständlichen Sprache bedient und ihren Vorteil in der Andienung an das Regime gesucht haben. Deutlich erkennbar wird dies bei der Errichtung und klaren ideologischen Ausrichtung der neuen

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Städtischen »Kulturinstitute« (samt der als »Einsparung« titulierten Entlassung des bisherigen nationalkonservativen Direktors Dr. Erich Grill) im Frühjahr 1934 und der damit einhergehenden endgültigen Selbstgleichschaltung des Altertumsvereins 128. Illert kann als Prototyp des intelligenten, wendigen und wertkonservativen Gebildeten gelten, der es durch sein ambivalentes, an der ehrgeizigen Verwirklichung eigener Ideen und Vorstellungen orientiertes Verhalten den neuen Machthabern ermöglicht hat, auch den Bereich der Kultur zu besetzen. Der Reputation von Personen wie Illert bediente man sich gern, band man doch auf diese Weise das lange Zeit gegenüber der »Bewegung« skeptische konservativ-gebildete Milieu in die Ideologie der »Volksgemeinschaft« ein.

Braune Jahre: Worms zwischen 1934 und 1939 Die NSDAP und ihre Gliederungen – NS-Propaganda und Massenveranstaltungen Die Geschichte der Wormser NSDAP bzw. der Entwicklung der Partei im Kreis Worms, ihrer Organisation und ihrer Tätigkeit lässt sich nur bruchstückhaft verfolgen 129: In der Kreisleitung trat seit dem Ausscheiden von Oskar Koch (1937–1940/41), eines fanatischen Nationalsozialisten, eine starke Fluktuation ein130. In seiner Zeit erreichte die Partei sicher den Zenit ihrer Bedeutung, wie es die beiden Kreistage der NSDAP Ende Juni 1938 und Mitte Mai 1939 – begleitet von Veranstaltungen wie der »Gaukulturwoche« und zahlreichen Versammlungswellen, Schulungen, Kundgebungen, Ausstellungen und einem großen Volksfest auf der Kisselswiese am Rhein 1939 – eindrucksvoll nach außen demonstriert haben. Zu diesem Zeitpunkt hatte man die anfänglichen Probleme im »Roten Worms« hinter sich gelassen und eine differenzierte und schlagkräftige Parteiorganisation aufgebaut. Die Stellung der Partei wurde im Sommer 1939 in einem Lagebericht an den Gauleiter als sehr stark gefestigt bezeichnet, wobei man Schwierigkeiten bei der Stadtverwaltung einräumte 131. In Worms-Stadt bestanden die vier Ortsgruppen Andreastor, Liebenau, Wasserturm und Mainzertor; eine 1939 geplante Ausweitung auf sieben kam nicht mehr zu Stande. Der Sitz der Kreisleitung und zahlreicher Dienststellen (ca. 20 Ämter im Frühjahr 1939, zu dieser Zeit waren ca. 1 000 ehrenamtliche politische Leiter unter der Verantwortung von Kreisleiter und Kreisgeschäftsführer tätig) befand sich in der Bismarckanlage (heute Lutherring) 7. Von den Gliederungen der Partei und ihren angeschlossenen Verbänden sind vor allem zu nennen die SA-Standarte 118, der HJ-Bann 118, der stets kleine SS-Sturmbann III/33, die zahlenmäßig gewichtige Deutsche Arbeitsfront (DAF) unter dem Kreisobmann Wilhelm Greb, welche mit zahlreichen Veranstaltungen unter anderem im Festhaus hervortrat und seit Mai 1935 in Pfeddersheim bei Worms ein Kreisschulungslager unterhielt. Im Jahr 1938 führte die Kreiswaltung der DAF mit ihren mehr als 28 000 Mitgliedern (davon waren 1945 Personen ehrenamtlich tätig) 191 Betriebsbesuche und 165 Betriebsappelle sowie eine Fülle weiterer Veranstaltungen und Schulungen durch. Mehrere hundert Pg.’s und SA-Männer nahmen regelmäßig an den Nürnberger Parteitagen teil. Der Jahresbericht von 1939 lässt eine erhebliche

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Intensivierung und Konsolidierung der Arbeit im Kreis Worms, der im Wesentlichen mit dem Landkreis identisch war, erkennen, in welchem 37 Ortsgruppen mit 123 Zellen und 636 Blocks bestanden. An den Veranstaltungen der NS-Gemeinschaft »Kraft durch Freude«, die häufig im Festhaus Aufführungen anbot, nahmen im Jahr 1938 mehr als 128 000 Volksgenossen teil. Die Gleichschaltung der Presse und die Reduzierung der Zeitungslandschaft gingen rasch voran: Die parteioffizielle »Wormser Tageszeitung« war seit 1936, als die »Wormser Zeitung« und die »Wormser Volkszeitung« fusioniert waren, mittels zahlreicher Werbefeldzüge zur führenden Tageszeitung im Kreis avanciert und blieb es bis Kriegsausbruch 1939, wobei die vereinigte WZ/WVZ ihr Erscheinen 1941 kriegsbedingt eingestellt hat. Als prominenter aus Worms stammender Nationalsozialist trat gelegentlich der im Reichspropagandaministerium einflussreiche »Reichkulturwalter« Hans Hinkel (1901– 1960) als Redner auf, der nicht selten dezidiert antisemitische Töne anschlug 132. Die organisatorische Entwicklung der Polizei und der Gestapo entsprach dem üblichen Verlauf133; die Verhältnisse in der Justiz folgten auch in Worms der generellen Entwicklung, einschließlich der verhängnisvollen Tätigkeit der so genannten Erbgesundheitsgerichte 134. Die im März 1933 aus dem Landeskriminalpolizeiamt ausgegliederte Zentralpolizeistelle, dann Hessisches Staatspolizeiamt, wurde mit der Unterstellung unter die Gestapo in Berlin 1934/35 das Geheime Staatspolizeiamt, ab 1936 die Staatspolizeistelle Darmstadt. Daneben errichtete der SD (Sicherheitsdienst des Reichsführers SS) ab Herbst 1935 eine Außenstelle in Darmstadt (ab Herbst 1936 SD-Abschnitt Darmstadt).

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Nach Angaben des Adressbuches von 1939 bestand in Worms in den Räumen der Polizeidirektion an der Erenburgerstraße eine Außendienststelle der Staatspolizeistelle Darmstadt. Hier wurden politische Gegner und rassisch verfolgte Personen willkürlich gefangen gehalten und zum Teil schwer misshandelt. Polizeidirektor Hans Eichel (1890 –1948) legte Ende 1935 einen Erfahrungsbericht über die Tätigkeit seit seiner Amtsübernahme am 20. September 1933 vor und beschrieb neben der Säuberung von marxistischen und ungeeigneten Beamten, die großenteils bereits durchgeführt gewesen sei, die Unruhe und Unsicherheit im Beamtenkörper wegen der Versuche Einzelner, andere Kameraden anzuschwärzen, um sich so selbst Vorteile zu verschaffen; Misstrauen und Angst vor Denunziation hätten geherrscht 135. Die Partei, ihre Gliederungen und angeschlossenen Organisationen überzogen die Stadt seit 1933 unaufhörlich mit Versammlungen, Appellen, Umzügen, Aufmärschen und Weihestunden. Der NS-Kalender und die politischen Ereignisse versetzten auch Worms und seine Bürger in eine Art dauernden Rauschzustand. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die beachtliche und sehr qualitätvolle fotografische Überlieferung in dem ca. 6 000 Glasplattennegative umfassenden Nachlass des Fotografen Leopold Hanselmann (1900 –1942) im Stadtarchiv Worms. Er gibt hervorragende Einblicke in das politische und das Alltagsleben einer Stadt in der Diktatur 136.

Worms eine »sterbende Stadt«? Notstandsgebiet und Wirtschaftsfragen Die wirtschaftlichen und politischen Ausgangsbedingungen für eine rasche Verbesserung und Festigung der Lage in Worms im Sinne der neuen Machthaber wurden von vielen Seiten, allen voran von Oberbürgermeister Bartholomäus137, mit großer Skepsis betrachtet. Zum einen nannte dieser im Juni 1935, wenige Monate nach seinem Amtsantritt, die finanziellen und ökonomischen Verhältnisse (sicher nicht zu Unrecht) »katastrophal«, Worms sei, so klagte er, die drittverschuldeteste Stadt ganz Deutschlands, es gäbe immer noch rund 5 200 Erwerbslose, die Personalverhältnisse der Stadtverwaltung seien unbefriedigend, die Erwartungen an die neuen, aus SA und SS übernommenen Mitarbeiter seien dort enttäuscht worden. Das Stadtoberhaupt sah sich einer starken Fronde aus unterschiedlichen Richtungen ausgesetzt, die seine Arbeit beeinträchtigt hätte. Er habe ständig Ärger mit der SS und der SA sowie anderen ihn ablehnenden Kräften. Häufig komme es zu Meinungsverschiedenheiten mit Gauleiter Sprenger und das Problem der nach wie vor kommunistisch durchdrungenen Erwerbslosen sei immer noch latent. Mit dem Erbe des »Roten Worms« sei nicht leicht zu verfahren, was sich unter anderem bei einer Arbeitsverweigerung von ca. 100 Wohlfahrtserwerbslosen im Frühjahr 1935 gezeigt habe, einer Meuterei, die nur mit den schärfsten Massnahmen niederzuzwingen war 138. Neben seiner Einflussnahme auf zentrale Abläufe und Repräsentanten der Wormser Stadtpolitik über das Gauamt für Kommunalpolitik richtete Gauleiter Sprenger seit der Absicherung seiner Macht sein Augenmerk auf die wirtschaftliche Lage in seinem Gau. Über wichtige Fragen aus dem politischen Geschehen in seinem Zuständigkeitsbereich musste der Reichsstatthalter spätestens seit Juli 1934 im Zweimonatsturnus dem Reichsinnenminister Rechenschaft ablegen. Die erhaltenen Berichte »in politischen Angelegen-

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heiten« basieren auf den regelmäßig an die hessische Regierung übersandten Informationen der Kreisdirektoren, der Polizei sowie der Kreisleitungen der Partei und wurden von Philipp Wilhelm Jung abgefasst. Nach seinem Ausscheiden im Frühjahr 1935 fiel die Aufgabe in die Zuständigkeit von Heinrich Reiner, der als Stellvertreter des Reichsstatthalters im Range eines Ministerialrats amtierte. Die Berichte konzentrierten sich auf die Schilderung der Aktivität der politischen Gegner – namentlich von SPD und KPD – in Hessen, das Auftreten der Kirchen, die wirtschaftliche Situation und auf das Leben der jüdischen Bevölkerung139. Im Herbst 1934 konnte wenig Positives über die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Worms und ihrer umliegenden Gemeinden berichtet werden. Ein Drittel der Einwohnerschaft habe keinen Arbeitsplatz, weil das einstmals die Stadt prägende Schreinergewerbe und die Möbelindustrie nicht mehr produzierten. Eine Besserung sei nicht erkennbar. Ohne Hilfen seitens des Reichs ginge es nicht. Auch der Weinbau befinde sich infolge Absatzschwierigkeiten und Preisverfalls in einer schlechten Lage. Im März 1936 fand der Kreis Worms wieder Beachtung in den Zweimonatsberichten. Festgehalten wurde, dass sich die Wirtschaftslage nicht gebessert hatte. Sämtlichen Industriezweigen gehe es schlecht. Die wirtschaftliche Situation vor allem im Leder erzeugenden Gewerbe besserte sich nicht, im Gegenteil. Unter anderem wurde diesem die Rohstoffabhängigkeit in der vom Autarkiegedanken geprägten NS-Wirtschaft zum Verhängnis. Die knapper werdenden Zuteilungen an Rohfellen bedrohten die Arbeitsfähigkeit der Unternehmen vor allem um 1935/36. Flehentlich ersuchte Bartholomäus Gauleiter Sprenger im April 1936, sich im Reichswirtschaftsministerium für Worms zu verwenden, da er sonst eine wirtschaftliche Katastrophe in Worms bei dem allein noch erwerbsfähigen Betriebszweig befürchtete140. An der Spitze der Cornelius Heyl AG stand seit 1933 der ehrgeizige und bereits als Student in der SA aktive, 1931 in die Partei eingetretene Dr. Cornelius Bruno von Heyl (1908 –1983, Sohn von D. Dr. Cornelius v. Heyl). Er hatte seinen Vater in der Betriebsführung kurzerhand ausgebootet und konnte den Betrieb als fanatischer Nationalsozialist umso ungehemmter führen, als es im November 1933 zu einer Verhaftung und damit Ausschaltung dreier langjähriger Direktoren des Werkes gekommen war. Die bekannten Persönlichkeiten waren wegen angeblich abfälligen Verhaltens gegenüber dem Nationalsozialismus in das KZ Osthofen eingewiesen und bald darauf wieder entlassen, jedoch nicht mehr wieder eingestellt worden141. Für den Fall einer durch Kurzarbeit weiter sinkenden Beschäftigung ging von Heyl von einer Herabsetzung der Wochenarbeitszeit auf etwa 26 Stunden aus; die ca. 4 500 in der Ledererzeugung Beschäftigten kommen dann auf einen Lebensstandard, der sie in ihrer Kaufkraft dem Arbeitslosen fast gleichsetzt. Im Oktober 1940 ist davon die Rede, dass der größte Teil der Belegschaft infolge jahrelanger Kurzarbeit verschuldet sei. Einblick in die Schwierigkeiten geben auch die Protokolle des gleichgeschalteten Stadtrates, dessen Stellung nach der Einführung der neuen »Deutschen Gemeindeordnung« von 1935 noch weiter geschmälert wurde. Die Diskussion der Probleme im Gremium der nun als »Ratsherren« titulierten Stadträte zeigt das Bewusstsein von Ohnmacht und Hilflosigkeit angesichts der verheerenden Lage im Notstandsgebiet142. Im November 1935 wurde offen über die Schwierigkeiten der Inbetriebhaltung der Firmen Heyl und Dörr und

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Reinhart gesprochen. Man sei zu der Erkenntnis gekommen, dass 50 000 Einwohner in Worms nicht leben könnten. Geplant und zum Teil auch durchgeführt wurde vor diesem Hintergrund ein beispielloses Unternehmen, die systematische Aussiedlung von Erwerbslosen samt Familien aus Worms: Eine dauernde Besserung für Worms sei erst dann zu erreichen, wenn 2 000 Erwerbslose mit Familien in Mitteldeutschland untergebracht werden könnten. Tatsächlich hat man in Worms angesichts der im Februar 1936 nochmals debattierten katastrophalen Wirtschaftslage mit der Durchführung eines solchen Umsiedlungsplans begonnen, indem man zunächst 100 Familien nach Kassel verlegte. Ziel war die Aussiedlung von nicht weniger als 2 000 Erwerbslosen mitsamt ihren Familien: Worms werde zu diesem Zweck als erste deutsche Stadt auswärts (…) Siedlungshäuser errichten. Bei künftigen Umsiedlungen werde man so vorgehen, dass mit je 100 Familien auch ein Metzger, ein Bäcker und ein Kolonialwarenhändler mitgehe. Hintergrund der von 1936 bis 1939 errichteten »Wormser Siedlung« in Kassel war der Arbeitskräftebedarf der dortigen Spinnfaser AG 143. Erklärtes Ziel war es, die Beschäftigungszeit bei den Lederwerken auf wenigstens 42 Stunden in der Woche zu bringen und vielleicht auch noch Militär nach Worms zu bekommen. Hervorzuheben ist, dass man sich bei den Beratungen des Gremiums der Ratsherren keineswegs mit scharfer Kritik an den Wirtschaftsführern der Lederwerke vor allem bei der Familie von Heyl zurückgehalten hat. So heißt es im Januar 1939: Schuld an den schlechten Verhältnissen trügen nicht allein die Wirtschaftsstruktur der Stadt Worms, sondern auch die Inhaber der grossen Betriebe, die nichts taugten. Wenn die Inhaber der Lederwerke Heyl statt in Familienstreitigkeiten zu machen und pastorale Rede zu halten mehr Initiative ergriffen und gearbeitet hätten (…) so wäre auch in Worms manches besser. Selbst die von den Nationalsozialisten an der Stelle der aufgelösten Gewerkschaften zur allenfalls rudimentären Vertretung von Arbeiterinteressen eingesetzten so genannten »Treuhänder der Arbeit«, deren Akten sich für die Cornelius Heyl AG erhalten haben 144, waren über die Verhältnisse in der Firma empört. In einer Aktennotiz über einen Firmenbesuch heißt es, die Atmosphäre zwischen dem Baron und dem Vertrauensrat sei in dieser Firma ein denkbar schlechtes. Von »Spannungen«, ja von »großen Unruhen« wird im Zusammenhang der Akkordfrage und der fortschreitenden Arbeitszeitdrosselung im Oktober 1935 berichtet. Die Deutschlandberichte der Exil-SPD erwähnen zum Januar 1936 sogar eine Arbeitsniederlegung wegen des fortschreitenden Abbaues der Akkordlöhne; etwa 200 Beschäftigte seien in diesem Zusammenhang in einen vierstündigen Streik eingetreten145. Besonders dramatisch waren die Folgen der fanatischen ideologischen Einstellung der Verantwortlichen der Cornelius Heyl AG. Ab Anfang 1941 mehrten sich die von der Firmenleitung auf das Schärfste verfolgten Fälle so genannter »Arbeitsbummelei«: Zahlreiche in den Lederwerken zur Arbeit dienstverpflichtete junge Mädchen und Frauen wurden vor allem ab 1941/42 bei geringsten Verstößen gegen die Arbeitsdisziplin kriminalisiert und eine Reihe von Strafverfahren in Gang gesetzt. Besser sah die Lage in den Heyl’schen Lederwerken Liebenau aus, wobei es erheblicher Anstrengungen des Betriebsführers Ludwig von Heyl bedurfte, um die Schwierigkeiten zu meistern. Dieser bewahrte eine vielfach bezeugte erhebliche Distanz zum Nationalsozialismus, unterhielt Kontakt

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zu jüdischen Freunden und Bekannten und nahm dabei auch manche Schwierigkeiten in Kauf. Die Beschäftigtenzahl konnte hier – bei einem Frauenanteil von mehr als 50 Prozent bei Kriegsausbruch – zwischen 1924 und 1939 auf ca. 1 200 Beschäftigte gesteigert werden146. Man war zudem bemüht, den hohen Stand der betrieblichen Sozialleistungen noch auszubauen. Im Sommer 1939 drückt ein Lagebericht der Kreisleitung an den Gauleiter angesichts der immer noch sehr schlechten Wirtschaftslage den Eindruck aus, Worms sei auf dem Weg zu einer sterbenden Stadt. Arbeitszeitverkürzungen bei der Cornelius Heyl AG seien in Planung; der Betriebsführer (s.o.), obwohl alter Parteigenosse, tauge nichts, werde aber dennoch in Ausschüsse und Kommissionen der deutschen Wirtschaft berufen. Hier sei ein Einschreiten durch die Gauleitung vonnöten147. Die Berichterstattung über die Haushaltsrede des Oberbürgermeisters vom Mai 1939 gewährt Einblicke in die kommunale Entwicklung wenige Monate vor Kriegsausbruch148. Unter anderem durch massive Sachmitteleinsparungen, auf Grund verbesserter Steuereinnahmen und durch starke Ausgabenreduzierungen beim Fürsorgeaufwand konnte ein Haushaltsausgleich erzielt werden, allerdings sei dies das Ergebnis von Notmaßnahmen, nicht dagegen einer gesunden Finanz- und Wirtschaftspolitik der Stadt. Das Haushaltsvolumen habe für 1939 bei mehr als neun Millionen Reichsmark gelegen. Seit 1933 sei die Zahl der städtischen Beschäftigten um 100 gesenkt worden, wobei Neueinstellungen wegen neuer, vom Staat übertragener Aufgaben in manchen Bereichen unumgänglich gewesen seien. Seit 1933 waren demnach insgesamt 585 städtische Häuser mit 1 076 Wohnungen gebaut und bauliche Verbesserungen im Krankenhaus vorgenommen worden, die Zahl der Wohlfahrtserwerbslosen sei auf »weit unter 500« (1934 noch 2 300 Personen) zurückgegangen, allerdings habe das Wohlfahrtsamt zugleich eine Reihe neuer Aufgaben zugewiesen bekommen. Eine Erweiterung des Rathauses werde gerade geplant. Zahlreiche Projekte, etwa die (bereits 1913/14 geplante) neue Großsportanlage oder weitere Schulbauten, stünden der Stadt bevor. Auch in den 1930er Jahren blieben Notstandsarbeiten unumgänglich, um die Zahl der Erwerbslosen zu begrenzen. So wurde im Frühjahr 1939 das Stadion an der Alzeyer Strasse (»Adolf-Hitler-Kampfbahn«) ausgebaut; Regulierungs- und Meliorationsarbeiten wurden staatlicherseits finanziert. Hunderte von Wormsern wurden – zum Teil unter Androhung der Kürzung ihrer Unterstützung – zu Arbeitsdiensten und Meliorationen in Oberhessen eingesetzt, was – ebenso wie die Umsiedlungen nach Kassel – zu starken Vorbehalten und erheblicher Kritik geführt hat. Durch den Wiedereinzug einer Garnison nach der Remilitarisierung des Rheinlandes im Frühjahr 1936 und die damit gegebene erneute militärische Nutzung der Kasernenanlage sowie die Verlegung von Truppen in die Stadt wurde Worms aufs Neue in starkem Maße militärisch geprägt, ein Zug der Entwicklung, der bis zum durch Deutschland begonnenen Krieg am 1. September 1939 noch verstärkt wurde und das Stadtbild immer mehr bestimmen sollte. Stolz vermittelte den Wormsern in diesen Jahren die bemerkenswerte Karriere der Fußballmannschaft des VfR Wormatia Worms, ein Verein, der über seine mehrfache Hessenmeisterschaft hinaus reichsweit Beachtung erlangte und ungeheure sportliche Erfolge zu erzielen vermochte.

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Stadtentwicklung und Stadtplanung nach 1933 Der Stadtentwicklung hat die NS-Zeit keine dauerhaft bleibenden Impulse gegeben; dazu fehlten die materiellen Mittel. An die erfolgreichen Projekte des Wohnungsbaus der Weimarer Jahre konnte man trotz Propagandagetöses nicht heranreichen. Nur punktuell (so genannte Frontkämpfersiedlung in Worms-Pfiffligheim) gab es kleine Vorhaben, die dann allerdings propagandistisch groß herausgestellt wurden. In Worms fanden in den 1930er Jahren Vorstellungen einer Altstadtsanierung Gehör, die von dem bereits erwähnten Stadtbaurat und Parteimitglied Walter Köhler, einer zentralen Figur für die Stadtplanung zwischen ca. 1930 und seiner Pensionierung 1956, formuliert wurden. Erstmals findet sich der Begriff in einem Ratsprotokoll vom April 1937, wobei von der Verwaltung beabsichtigte Straßenerweiterungen und das Verschwinden unhygienischer Wohnungen als Ziele angegeben werden. Seit Jahresende wurden diesbezügliche Eingriffe in die Bausubstanz im Innenstadtgebiet eingeleitet. Bereits vorher plante Köhler Maßnahmen zur Sanierung der Altstadt, was sich bis 1939 in einzelnen Gebäudeabbrüchen niedergeschlagen hat. Weiterführende grundsätzliche Planungen für die künftige Stadtentwicklung hat er dann im Mai 1941 in gedruckter Form veröffentlicht. Vorgeblich im Auftrag des OB, faktisch aber auf Grund eigener Initiative und eigenen Ehrgeizes, legte er »Gedanken über das heutige Worms und seine spätere städtebauliche Entwicklung« vor149. Einen Teil der hier formulierten Vorschläge (Straßendurchbrüche, starke Einschnitte in das innere Gefüge der Stadt, Auflockerung der Wohnbebauung, Beseitigung von sozialen und hygienischen Brennpunkten, Lösung von Verkehrsproblemen etc.) hat er in die Konzeption des ab 1945 maßgeblich durch ihn geprägten Wiederaufbaus der zerstörten Innenstadt einfließen lassen, eine im Vergleich mit anderen Städten keineswegs ungewöhnliche Kontinuität von Grundpositionen der Stadtplanung zwischen den 1930er und 1950er Jahren. Das Bild der Innenstadt erhielt durch die 1934 bis 1936 erfolgende, vom hessischen Staat geförderte Neugestaltung des Domumfeldes eine wichtige Abrundung. Es kam zur Anlage eines Aufmarschplatzes vor dem Westchor, seinerzeit »Platz der Nation«, heute »Platz der Partnerschaft«150. Das Stadtgebiet erfuhr 1936/37 eine rechtsrheinische Ergänzung. Die ab 1936 erfolgte Errichtung des Erbhöfeweilers »Rosengarten«151, ein Lieblingsprojekt des Gauleiters Sprenger, welche mit der propagandistisch aufgemachten Eingemeindung des neuen Stadtteils einherging, stand im Zusammenhang mit Plänen der 1920er Jahre zur Entwässerung und Urbarmachung des hessischen Riedgebietes, für das ein Landeskulturplan existierte. Durch den Rückgriff auf diese Planungen und mit dem Erlass des »Reichserbhofgesetzes« vom September 1933 waren die Grundlagen für die Förderung des Vorhabens durch die Nationalsozialisten gelegt: Vier Musterdörfer wurden geplant, darunter neben Rosengarten auch das bei Bürstadt gelegene Riedrode. Grund und Boden befanden sich in staatlichem Besitz, was die Durchführung erleichterte. Die Planungs- und Vorarbeiten begannen 1936. Bereits am 25. April 1937 erfolgte im Beisein Sprengers die Grundsteinlegung zur Siedlung Rosengarten, wie das neue Dorf – entsprechend einer früheren Gemarkungsbezeichnung – offiziell hieß. Knapp fünfeinhalb Monate nach der Grundsteinlegung beging man am 3. Oktober 1937 die Einweihung und

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feierliche Übergabe Rosengartens an seine neuen Bewohner und – gegen den Protest aus dem benachbarten Lampertheim – die gleichzeitige Eingemeindung nach Worms. Im Zuge einer Verwaltungsreform wurde Worms mit Wirkung vom 1. November 1938 kreisfreie Stadt, der Zuschnitt des Landkreises wurde geringfügig verändert152. Die Bevölkerungszahl der Stadt lag bei Kriegsausbruch mit 49 000 Personen über den Zahlen für das Jahr 1925 (47 000).

Die »heilige Stadt des Reiches« – Aspekte der NS-Kulturpolitik Mit der am 28. Oktober 1934 in Anwesenheit des Reichsstatthalters Sprenger, des Staatsministers Jung und des Präsidenten der Reichstheaterkammer, Ministerialrat Otto Laubinger, erfolgten Einweihung des nach dem Brand vom Dezember 1932 zerstörten und (in veränderter Form) wieder aufgebauten Festhauses erhielt Worms seinen kulturellen Mittelpunkt zurück153. Die Fremdbespielung blieb wie in den Vorjahren bestehen, hinzu kamen nun zahlreiche Aufführungen der NS-Organisation »Kraft durch Freude«. Eine organisatorische Neuerung unter ideologischen Vorzeichen war 1934 mit der Bildung der »Kulturinstitute« unter Leitung von Friedrich M. Illert verbunden, auf die bereits aufmerksam gemacht wurde. Dank der 1933 erfolgten Schenkung des 1945 zerstörten Palais »Bergkloster« durch den Industriellenerben Fritz Reinhart van Gülpen konnte die Wissenschaftliche Bibliothek 1934/35 in großzügige Räume umziehen154. Für die Arbeit von Museum und Archiv (1934 Urkunden-Dauerausstellung) änderte sich wenig, wenngleich Illert 1940 ausgreifende Zukunftspläne für die kulturellen Einrichtungen und ihren Ausbau nach dem »Endsieg« schmiedete. Als äußerst vorausschauend und verantwortungsbewusst erwies sich die von ihm direkt bei Kriegsausbruch 1939 begonnene Auslagerung und Sicherung des Wormser Kulturgutes 155. Zu einem bestimmenden Faktor der städtischen Kulturpolitik unter dem Dirigat Illerts wurde nach 1933 das Nibelungenthema. Er avancierte zum wichtigsten Protagonisten einer zum Teil bizarr anmutenden Instrumentalisierung des Epos. Nach der Festigung seiner Stellung als Stadtarchivar und Museumsleiter samt weiteren Funktionen – unter anderem im Bereich des Fremdenverkehrs, wo er die Idee von Worms als »ältester Stadt Deutschlands« wirkungsvoll propagierte156 (vgl. Tafel 14b) – erklomm er eine rasch gefestigte Schlüsselstellung in der städtischen Kulturpolitik mit erheblicher Wirkmächtigkeit bis weit über seinen Tod 1966 hinaus. Er beanspruchte erfolgreich eine Art Deutungsmonopol für die von ihm (weit über 1945 hinaus) reichsgeschichtlich überhöhte Wormser Stadtgeschichte. Illert hatte bereits spätestens im Sommer 1933 eine Anregung zur Ausgestaltung eines durch das Reich zu fördernden »Nibelungenjahres« 1936 gegeben 157. Erkennbare Formen nahm das Vorhaben jedoch erst seit dem Frühjahr 1934 an, nachdem Illert ein unzweideutiges Bekenntnis zu einer nationalsozialistischen Kulturpolitik abgelegt hatte. Unter dem 1. Mai 1934 datiert eine von ihm verfasste Eingabe der Stadt an die Reichsregierung, anlässlich des 1 500-jährigen Jubiläums des Untergangs des Burgunderreiches im Jahre 1936 eine »Nationalfeier des Reiches«, eine »Weltfeier der Völker germanischen Blutes« zu begehen; Illert sah die Aufgabe der Veranstaltung darin, die geschichtliche Ueberlieferung aus ihrer zeitlichen Ferne und dichterischen Verklärung in das wirkliche

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Erleben des Volkes einzuführen. Verbunden war damit die Bitte, Worms mit dem Ehrennamen »Stadt des Reiches« auszuzeichnen, den mit einer so genannten »Stundenglocke des Reiches« zu weihenden Dombezirk zum »Heiligtum der deutschen Nation« zu erklären und die für 1936 geplante Olympiade in Worms zu eröffnen. Worms war für Illert als »heilige Stadt der deutschen Reichsgeschichte« für ein solches großes Vorhaben prädestiniert. Anfang 1935 wird erkennbar, dass man in Worms mit einem »nationalsozialistischen großen Festspiel« an ein Gegenstück zu den religiösen und musikalischen Feiern in Oberammergau bzw. Bayreuth, also eine regelmäßige Veranstaltung »im nationalen Sinne« dachte. Nach Illerts Vorstellungen sollte nach dem »Aufbruch des neuen Deutschland« in einem von Reichs wegen durchzuführenden »Weltspiel des Reiches« die »Erneuerung der Stadt Worms als eines Heiligtums der Deutschen Nation und aller Völker germanischen Blutes« angestrebt werden. Diese »Reichsfeier der Deutschen« wurde in einem internen Papier mit weiteren Programmpunkten angereichert. Innen- und außenpolitisch könne so die Reichsidee und ihre geschichtliche Sendung dem Volk »aufbauend auf dem deutschen Nationalepos« erschlossen und so die weltgeschichtliche Sendung des deutschen Volkes dokumentiert werden. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Illert zusammen mit Baurat Walter Köhler 1934/35 auch zu immer weit reichenderen Plänen über den Umgang mit dem Dombezirk kam. Er machte sich zum Fürsprecher eines Aus- und Umbaus zum »Reichsforum« und einer »Kultstätte des Deutschtums« bzw. einem »Reichsgedenkplatz«. Für Illert war die regelmäßige Durchführung des nur in groben Zügen skizzierten »Weltspiels« und damit die Propagierung der Reichsidee eine »Überlebensfrage« für die Stadt. In der zweiten Jahreshälfte 1935 lassen sich Pläne Illerts für eine 5 000-Jahrfeier von Worms nachweisen. Die Sache verschleppte sich jedoch immer weiter. Es zeugt von Illerts Zielstrebigkeit und der Bedeutung, die er der Angelegenheit beimaß, dass ihn Absagen und neue Verzögerungen nicht von weiteren Aktivitäten abhalten konnten. Gauleiter Jakob Sprenger entschied im April 1936, die Pläne als Gauveranstaltung aufzuziehen. Anstelle der persönlichen Initiative Illerts, die in der Tendenz stets eher außerhalb der offiziellen Kulturpolitik lag, traten nun die mit Kultur und Propaganda amtlich betrauten Funktionäre auf den Plan. Vor allem schob sich der bisher wenig beteiligte Gauleiter Sprenger stärker in den Vordergrund. Die Initiative Illerts blieb in der von ihm gewünschten Form ohne greifbares Ergebnis. Erst Anfang 1937 setzen wieder Hinweise auf die nun unter ganz anderen Vorzeichen in Sicht kommenden Festspiele ein. Im Frühjahr 1937 verdichtete sich eine seitens der Propagandastellen in Berlin und Frankfurt betriebene Planung der Wormser Nibelungenwoche158. Demnach wurden Friedrich Hebbels »Nibelungen« (inszeniert vom Landestheater Darmstadt) als Abschluss der vierten »Reichs-Theaterwoche« für die Aufführung in Worms vorgesehen, und zwar bereits mit der Absicht einer festen regelmäßigen Einrichtung. Darüber hinaus plante man eine Großkundgebung mit Minister Joseph Goebbels im Wassergasschweißwerk. Worms wurde nun zum Befehlsempfänger bzw. zur Kulisse oberster Reichsstellen. Die Veranstaltungen selbst, für die ein freier Verkauf verboten war, fanden am 19./20. Juni 1937 im Festhaus statt. Die mehrstündige Aufführung der »Nibelungen« mit nam-

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Abb. 63: Backfischfest-Umzug in der Großen Fischerweide, ca. 1936/38

haften Schauspielerinnen und Schauspielern (Agnes Straub, Maria Koppenhöfer, Carl Raddatz) stieß zwar auf ein überwiegend positives Echo, stand in der überregionalen Berichterstattung jedoch bezeichnenderweise völlig hinter dem großen Aufmacher über Goebbels’ Kundgebung vom Vortag zurück. In seiner Rede ging der Minister nur ganz am Rande auf Bezüge zwischen der aktuellen Politik und dem Nibelungenlied ein und hatte ansonsten andere, rein politische Themen. Der vormalige Protagonist Friedrich Illert war zum Statisten geworden. Bei der folgenden Nibelungenfestspielwoche gaben die im Gefolge des Anschlusses Österreichs im Sommer 1938 eingeladenen Vertreter der Nibelungenstädte von der Donau der Veranstaltung einen zusätzlichen ideologischen Touch. Die Platzpreise waren wesentlich niedriger als 1937. Im Stadtrat bemerkte der Oberbürgermeister: Es könne sich auch ein ärmerer Volksgenosse den Besuch einer Vorstellung erlauben. Niemand könne sagen, dass das Ganze nur eine Sache für die reichen Leute sei. Letztmals fanden dann kurz vor dem Krieg im Juni/Juli 1939 Nibelungen-Festspiele statt. 1938 und 1939 verliefen die Festspiele ohne eine direkte politische Umrahmung und gaben auch der Profilierung als Nibelungenstadt keine weiteren Impulse mehr. Im Bereich der volkstümlichen und Fremdenverkehrsaktivitäten ist die Geburtsstunde des bis heute bedeutsamen »Backfischfestes« als Volks-, Brauchtums- und Weinfest zu nennen, das seit seiner Premiere 1933 unter Weiterführung gezielt inszenierter folkloristischer Elemente der Wormser Rheinfischertradition und der Wormser Stadtsymbole sowie älterer Zunftbräuche rasch zum großen Volksfest am Rhein avanciert ist. Damit verbunden haben sich auch der Karneval und die Mundartdichtung fortentwickelt.

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Bemühungen um die Hebung des Fremdenverkehrs wurden verstärkt, selbstverständlich unter Aussparung des nun verschwiegenen jüdischen Kulturerbes.

Kirchen und Schulwesen im Nationalsozialismus – Opposition, Illegalität und Widerstand Für die evangelische Kirche bedeuteten der Machtwechsel und die seit Sommer 1933 einsetzende Auseinandersetzung zwischen den (keineswegs monolithisch zu verstehenden) Deutschen Christen, die in der Landeskirche zunächst die Mehrheit und die Machtmittel hinter sich hatten, und der sich allmählich bildenden Strömung der »Bekennenden Kirche« samt ihren Pfarrern eine schwere Belastungsprobe für die Aufrechterhaltung eines geordneten Gemeindelebens. Auch in Worms, das im November 1933 den 450. Geburtstag Martin Luthers in Gottesdiensten und weiteren Veranstaltungen – wie gewohnt – betont national herausgestellt feierte, standen sich beide Richtungen gegenüber. Seit der zweiten Jahreshälfte 1933 kam es wiederholt zu tätlichen Übergriffen von HJ-Angehörigen auf Kirchen und deren Einrichtungen. Im November stellte der Gesamtkirchenvorstand Strafanzeige wegen Beleidigung, Bedrohungen, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigungen. Die Arbeit der evangelischen Jugendverbände, die bis 1936 in die HJ überführt wurden (trotz der Gleichschaltung hielt sich Gemeindejugendarbeit noch darüber hinaus in den Bekenntnisgemeinden), wurde massiv behindert, die Teilnehmer von Versammlungen wurden tätlich angegriffen und beleidigt159. Das evangelische Worms wies eine Reihe von Persönlichkeiten auf, die sich dem durch den seit September 1934 neuen Dekan Theodor Diestelmann (1887–1960, 1929 –1935 Pfarrer der Friedrichs- und 1935 –1958 der Magnusgemeinde) – er lag offiziell nicht auf der deutschchristlichen Linie – personifizierten angepassten Kurs mutig widersetzt haben. Dazu gehören die Pfarrer August Eckhard160 und Hans Hoffmann 161. Letzterer wurde 1934 als Dekan abgesetzt. Seine Versetzung von Worms wurde wegen seiner Stellung als Hauptagitator der so genannten Bekenntnisfront durch OB Bartholomäus im Mai 1935 bei dem umstrittenen deutschchristlichen hessischen Landesbischof Dr. Ernst Ludwig Dietrich (1897–1974) betrieben 162. Hoffmann wurde 1935 der Vorsitz im Kirchenvorstand der Gesamtkirchengemeinde entzogen. Dietrich hatte bei einer Predigtreise Ende November 1934 auch Worms besucht und einen Gottesdienst in der überfüllten Dreifaltigkeitskirche gehalten. Die im protestantischen Milieu sehr wichtige Familie von Freiherr Ludwig von Heyl hat die Bemühungen um die Stärkung der keineswegs mehrheitlichen oder in sich einigen Bekenntnisfront mittels Einflussnahme auf die Besetzung von Pfarrstellen unter anderem nach Kräften unterstützt. Die Situation war von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich. Bei Pfarrerwechseln in Bekenntnispfarreien drohte stets der Abfall vom provisorischen Kirchenregiment des Landesbruderrates wie etwa 1938 in der Luthergemeinde. Die »Deutschen Christen« (»Nationalkirchliche Einung«) hatten seit 1936 mit dem »Lutherruf« ein eigenes Wormser Gemeindeblatt, nach eigener Angabe in einer Auflagenhöhe von 2 350 Stück, und eröffneten im Juni 1938 eine Geschäftsstelle für ihre Ortsgemeinde163. Die Situation blieb bis zum Ende der NS-Zeit verworren und ist nur schwer objektiv zu beurtei-

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len. Proteste gegen die Behandlung der Wormser Juden waren jedenfalls auch aus dem Umfeld der Bekennenden Kirche nur sehr punktuell zu vernehmen. Auch die katholische Kirche hatte schwere Zeiten zu bestehen, wobei die institutionellen Rahmenbedingungen und die Traditionen im Verhältnis zu Staat und Obrigkeit bei den Katholiken vollkommen anders gestaltet waren als im Protestantismus. Auch gegenüber katholischen Pfarrhäusern kam es vor allem durch die HJ seit März 1934 immer wieder zu Schmähungen, Drohungen und Ausschreitungen, wogegen Dompropst Georg Daus (1879–1949, Propst seit 1927) protestierte164. Besonderes Angriffsziel war die katholische Jugendarbeit. Zahlreiche Lehrer und Geistliche wurden wegen ihrer regimekritischen Haltung gemaßregelt, öffentlich gebrandmarkt oder hatten Schwierigkeiten zu gewärtigen165. An den Fronleichnamsprozessionen nahmen dessen ungeachtet nach wie vor viele Katholiken teil, obwohl der Tag seit 1935 kein Feiertag mehr war. Im Jahr 1939 beteiligten sich nach dem Polizeibericht ca. 800 Personen an der Prozession der Dompfarrei166. Der Kreisleiter hatte die Durchführung der Prozession nach eigenem Bekunden teilweise stark eingeschränkt und unterbreitete im Juni/Juli 1939 weitere Vorschläge für gezielte Behinderungen der Religionsausübung gegenüber der Gauleitung 167. Das katholische Milieu und hierbei insbesondere das Pfarrei- und Vereinsleben erwiesen sich gegenüber dem Nationalsozialismus insgesamt auch in Worms als relativ immun. Die Bestrebungen zum Widerstand und zur Weiterführung der Parteiorganisation von SPD und KPD sowie weiteren Oppositionsgruppen in Worms brachte die Gestapo zwischen 1933 und 1936 fast völlig zum Erliegen. Eine Reihe von Prozessen mit Beteiligung von Wormsern führte wegen »Vorbereitung zum Hochverrat« zum Teil zu langen Haftstrafen, so etwa bei einem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Darmstadt vom Juni 1936 gegen ca. 30 Wormser wegen illegaler Tätigkeit für die SPD und versuchter Neuorganisation der Partei. Im Zuge dieses Verfahrens kam etwa auch der Buchdrucker und spätere Oberbürgermeister Heinrich Völker (1900 –1975) für 18 Monate ins Zuchthaus 168. Bereits im September 1933 war es der Polizei gelungen, den illegalen Apparat der KPD im Bezirk zu zerschlagen. Dennoch hielten sich Oppositionsgruppen, die unter anderem illegale Kleinzeitungen herausgaben, noch bis in das Jahr 1935169. Es gelang den Nationalsozialisten nicht, das starke kommunistische Milieu, vor dem man nach wie vor gewisse Furcht hatte, gänzlich auszutrocknen, wie dies auch die hohen Stimmenzahlen für die KPD in der Zeit nach 1945 zeigen. Worms war außerdem in das Netzwerk syndikalistischer Widerstandsgruppen im Rhein-Main- und Rhein-Neckar-Raum eingebunden 170.

Das Schicksal der Wormser jüdischen Gemeinde Die Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft führte nach einem Jahrhundert liberaler, betont auf eine Assimilation hinauslaufender Gemeindeentwicklung sowie einer scheinbar unumkehrbaren Integration der Wormser Juden in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik ihrer Vaterstadt seit Anfang 1933 zu einem unvorstellbaren, barbarischen Bruch und schließlich zum gewaltsamen Ende des jüdischen Worms171. Es begann

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1933, wie es in Kreisen der Gemeinde 1934 empfunden wurde, mit der »rechtlichen und gesellschaftlichen Zurücksetzung« der Juden und endete 1942 mit der Deportation und Ermordung der noch hier lebenden Angehörigen der Gemeinde. Damit hatte die fast tausendjährige Tradition jüdischen Lebens in »Warmaisa« ein jähes Ende gefunden. Die Entrechtung, Verfolgung und Vernichtung der Wormser Juden, das Schicksal Einzelner und der stolzen Gemeinde mit ihrer so beeindruckenden Tradition sowie die unwiederbringliche Zerstörung wesentlicher Teile ihres für die Stadt prägenden kulturellen Erbes haben in den letzten Jahrzehnten in der Forschung starke Aufmerksamkeit erfahren und können trotz mancher offener Fragen als wissenschaftlich gut dokumentiert gelten 172. Mit der nach dem Reichstagsbrand (27. 2.) erlassenen »Verordnung zum Schutz von Volk und Staat« (28. 2., Außerkraftsetzung von Grundrechten u. a.) sowie nach dem Bekanntwerden des Ausgangs der Reichstagswahl vom 5. März ging auch über Worms und sein Umland eine Welle der Gewalt vor allem gegen Juden und politisch Andersdenkende hinweg, der in Worms bereits am 6./7. März der Reichsbannermann Julius Frank zum Opfer gefallen ist 173. Die ersten gewaltsamen Übergriffe und Boykottaufrufe gegen »jüdische« Geschäfte hatten schon im Februar 1933 begonnen und erreichten mit dem reichsweiten Boykott-Tag am 1. April 1933 auch in Worms einen vorläufigen Höhepunkt. Das ganze Jahr 1933 hindurch kam es zu polizeilich verfügten Geschäftsschließungen, hilflosen Protesten von Geschäftsleuten und Betriebsräten, etwa des großen Kaufhauses Goldschmidt am Neumarkt mit immerhin 150 »christlichen« Angestellten (s. o. S. 569), zu üblen Denunziationen »beim Juden« kaufender Volksgenossen gegenüber der Polizei, zu Plakatierungen unter dem Motto »Wer bei Juden kauft, ist ein Volksverräter« und so fort174. Die wirtschaftliche Ausgrenzung und die Übernahme zahlreicher eingesessener und eingeführter Geschäfte und ihre Weiterführung als zunächst »christliche«, später »deutsche« Geschäfte durch »arische« Inhaber war einer der Gründe für die bereits 1933 einsetzende Abwanderung vor allem vieler jüngerer Wormser Juden. Während 1932 noch gut 1 100 Juden in Worms gemeldet waren, wurden bei der Volkszählung vom 16. Juni 1933 nur noch 1 016 »Glaubensjuden« gezählt. Im April 1938 war die Zahl der jüdischen Gewerbetreibenden auf 51 zurückgegangen. Seit 1933 wurde auch in Worms und den umliegenden Landgemeinden mit einer Fülle antisemitischer Maßnahmen ein immer stärkerer Druck auf die jüdische Bevölkerung ausgeübt und dadurch ein Klima von Hass und Ausgrenzung erzeugt, das sich insbesondere bei der jüngeren Generation immer mehr zu verfestigen begann. Die Landgemeinden in der Region überboten sich vor allem nach 1935 – unabhängig von ihrer konfessionellen Struktur – gegenseitig in antisemitischen Beschlüssen, die ohne jede äußere Veranlassung und in der Regel auch ohne eine formaljuristische Grundlage zu Stande gekommen sind und die zeigen, wie groß die Bereitschaft von Gemeinden, Vereinen und Privatleuten zur immer rücksichtsloseren Ausgrenzung war. Die lokalen Maßnahmen verstärkten auf den übergeordneten Ebenen in Politik, Partei und Verwaltung die Bereitschaft zu rigideren gesetzlichen Bestimmungen sowie weiteren Einschränkungen und Schikanen. Seit 1933 setzte auf dem Rechts- und Verordnungsweg eine schrittweise, ganz massive Verschlechterung der Lebens- und Arbeitssituation der Juden ein, die auch die Wormser Juden und ihre Gemeinde hart getroffen hat 175.

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Mit der Auswanderung des äußerst angesehenen, seit 1910 amtierenden Rabbiners Dr. Isaak Holzer (1873 –1951) verlor die Gemeinde 1935 ihre geistliche Spitze. Bis zu seiner Emigration nach Palästina im Juni 1937 folgte ihm der zionistisch eingestellte Dr. Manfred Rosenberg (1908 –1980) nach. Seit März 1938 amtierte dann Dr. Helmut Frank (geb. 1912), der 1939 in die Vereinigten Staaten ging176. Das bis in die 1920er Jahre lebendige und vielseitige Vereinsleben der Gemeinde mit u. a. zahlreichen karitativen und Unterstützungsvereinigungen ging nach 1933 rasch zurück. Wichtig wurde die im Mai 1935 eröffnete Jüdische Bezirksschule im »Haus zur Sonne« am Synagogenplatz, bei deren Eröffnung der Gemeindevorsitzende Dr. Ernst Tryfus eine Rede hielt, die zeigt, wie schwierig die Balance zwischen der Aufrechterhaltung des klassischen Bildungsanspruchs und Fächerkanons und den wachsenden Erfordernissen der praktischen Tätigkeit (darunter die Vorbereitung auf die immer stärkere Auswanderung) war177. Die 1941 aufgelöste Schule hatte in ihrer Hochzeit 120 Schüler in vier Klassen und wurde auch von Kindern aus dem Umland besucht. In besonderem Maße engagiert war hier die couragierte, 1934 zwangspensionierte Lehrerin und zeitweilige Schulleiterin Herta Mansbacher (1885 – 1942), der bewusst wurde, dass die Auswanderung der einzige Weg zur Rettung war, und die dennoch bis zu ihrer eigenen Deportation in Worms ausgehalten hat178. Die Gemeinde kümmerte sich trotz der immer schwieriger werdenden Verhältnisse auch um die kulturellen Belange ihrer Mitglieder. Im Dezember 1933 erfolgte auf Veranlassung des Vorstands die Gründung eines »Bildungwerkes der jüdischen Gemeinden von Worms und Umgebung« mit pro Saison sechs Veranstaltungen, die trotz großer Finanzierungsprobleme einige Jahre aufrechterhalten werden konnten; im August 1935 wurde seine Umbenennung in »Jüdischer Kulturbund in Worms« angeordnet 179. Die ebenfalls in Bedrängnis geratenen karitativen Vereine hatten sich 1935–1938 zur »Sozialstelle« der Gemeinde zusammengeschlossen. Das Ausmaß an gesellschaftlicher Isolierung der Gemeinde zeigen die Umstände der am 3. Juni 1934 begangenen Weihestunde aus Anlass des 900-jährigen Bestehens der Synagoge in Anwesenheit von Rabbiner Dr. Leo Baeck, Berlin, dem Vorsitzenden der »Reichsvertretung der deutschen Juden«. Die Festrede hielt Rabbiner Dr. Holzer, es erschien eine wissenschaftlich einschlägige Festschrift. In den Wormser Zeitungen war weder ein Hinweis auf das Jubiläum noch ein Bericht über die Weihestunde zu finden. Nur sehr wenige Wormser haben der Gemeinde zu ihrem beispiellosen Jubiläum gratuliert und damit ein Zeichen gegen die immer bedrückendere Isolierung ihrer kurz zuvor noch geachteten Mitbürger gesetzt 180. Die Reden und Grußworte zu dem einzigartigen Jahrestag lassen eine schleichende Furcht und die Vorahnung kommender schlimmer Ereignisse erkennen. Die Auswanderung, über die in den Aufzeichnungen von Herta Mansbacher eine ganz außerordentlich aufschlussreiche Quelle vorliegt181, veränderte die Größe und Struktur der Gemeinde nachhaltig: Bereits am 1. Januar 1935 lebten nur noch 743 Juden in Worms, 1936 stockte die Abwanderung, um nach 1938 noch einmal stark zuzunehmen. Mitte 1939 gab es – wie gesehen – nur noch 316 gemeldete Juden, im März 1940 noch 214; danach kamen bis Oktober 1941 (Verbot der Auswanderung) nur noch wenige aus Deutschland heraus. Zur Auswanderung materiell und hinsichtlich ihrer Berufe in der Lage waren vor allem die jüngeren und wohlhabenderen Juden, sodass in der Tendenz

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Abb. 64: Brand der Synagoge, 10. November 1938

eine immer älter und ärmer werdende jüdische Bevölkerung zurückblieb. Viele konnten oder wollten den Weg in das fremde Ausland nicht gehen, nicht wenige wählten den Freitod182. Von vielen sei nur der sehr bekannte und beliebte, aus einer alteingesessenen Familie stammende Kinderarzt Dr. Fritz Gernsheim (geb. 1872) genannt, der sich aus Verzweiflung über Schikanen und Bedrückungen zusammen mit seiner Frau am 29. Juli 1938 vergiftete, ein Vorfall, der in Worms starke Beunruhigung hervorgerufen hat 183. Den bis dahin schwersten Einschnitt in die Geschichte der Gemeinde nach 1933 und vor der Deportation markiert der Novemberpogrom vom 10. November 1938, in dessen Verlauf die in wesentlichen Teilen noch mittelalterliche, älteste Synagoge auf deutschem Boden durch Brandstiftung bis auf die Grundmauern zerstört worden ist. Fast völlig zerstört wurde der Bestand des 1924 eingerichteten Museums, von dem der 1933 in die USA emigrierte Mitbegründer Isidor Kiefer allerdings zuvor ein Inventar angefertigt hatte184. Dagegen wurde das bis in das 16. Jahrhundert zurückreichende Gemeindearchiv zunächst durch die Gestapo beschlagnahmt, später durch den Stadtarchivar Dr. Illert wieder nach Worms verbracht und von diesem in einem der Domtürme versteckt, wo es den Krieg weitgehend ohne Verluste überdauert hat. Illert, im Bewusstsein der Bedeutung des Gotteshauses und des jüdischen Kulturerbes seiner Heimatstadt, vermochte auch einen Teil der wertvollsten baulichen Überreste sowie wenige religiöse Gegenstände aus dem Schutt zu bergen. Die genauen Umstände des Brandes und seine Urheberschaft sind im Übrigen nie aufgeklärt worden 185. Am gleichen Tag kam es zu einer großen Zahl brutaler Übergriffe auf Wormser Juden. Sie wurden in aller Öffentlichkeit misshandelt, ihr Eigentum zerstört, ihre Geschäfte und Wohnungen verwüstet, sie wurden zum Teil verhaftet und in das KZ Buchenwald eingewiesen. Die Insassen des Altersheims in der Hinteren Judengasse 6 (heute Raschi-Haus/Jüdisches Museum) wurden schwer drangsaliert.

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Der Pogrom, auf den durch neue Verordnungen das faktische Ende der wirtschaftlichen Betätigung der noch verbliebenen jüdischen Gewerbetreibenden folgte, markiert auch in Worms einen neuen Abschnitt in der Geschichte der Judenverfolgung. Trotz vielfach bekundeten Entsetzens und verbreiteter Missbilligung gab es auch hier keine öffentlich vernehmbaren Proteste irgendwelcher Art. In den kommenden dreieinhalb Jahren bis zum Frühjahr 1942 wurden die gesetzlichen Bestimmungen zu Ungunsten der Juden nochmals drastisch verschärft; das Leben wurde nahezu unmöglich. Seit 1938 wurde auch die juristisch korrekt abgewickelte »Arisierung«, also die zwangsweise Enteignung der noch lebenden Juden, von den Finanzbehörden durchgeführt, eine bislang für Worms noch kaum aufgearbeitete Thematik186. Die Wormser Kreisleitung beeilte sich, gegenüber der Gauleitung ständig neue Belege ihres Antisemitismus unter Beweis zu stellen. So heißt es im politischen Lagebericht für den Kreis Worms im Juni/Juli 1939, die Juden seien hier wieder etwas frecher geworden und hätten die Bevölkerung auf den Bänken in den Anlagen belästigt, wogegen Maßnahmen ergriffen worden seien. Die notwendige kalte Dusche ist ihnen in Worms wieder verabreicht worden 187. In einem Stimmungsbericht der NSDAP-Ortsgruppe Worms-Wasserturm an den Wormser Oberbürgermeister lesen wir im März 1940, es werde Beschwerde darüber geführt, dass Juden noch die Benutzung der Straßenbahn erlaubt sei: Die Bevölkerung von Worms regt sich immer wieder darüber auf 188. Die Wormser Tageszeitung verkündete am 8. August 1940 das polizeiliche Verbot der Nutzung von Bänken durch Juden in den Wormser Anlagen. Man zwang den noch in Worms verbliebenen Rechtsanwalt Georg Nathan, dieses bekannt zu machen189. Weitere Beispiele lassen sich nennen. Zu diesen und vielen anderen Schikanen und Beeinträchtigungen, darunter eine extreme Absenkung der Lebensmittelzuteilung, traten seit 1940/41 die Zwangsarbeit (u. a. in Mainz) und eine immer mehr verschärfte Meldepflicht hinzu, welche die Mobiliät drastisch einschränkte und zu neuen Demütigungen geführt hat 190. Im Zuge vor allem zweier großer Transporte am 20. März und am 27./30. September 1942 wurden schließlich gut 170 noch hier gemeldete Wormser Juden im Rahmen der Deportation der Juden aus dem Gau Hessen-Nassau per Bahn über Mainz bzw. Darmstadt nach Piaski (Distrikt Lublin, Generalgouvernement) bzw. nach Theresienstadt (Protektorat Böhmen und Mähren) deportiert – vor aller Augen und am helllichten Tag 191. Der weitaus größte Teil der nach amtlichem Sprachgebrauch »Evakuierten«, deren Besitz dem Reich verfiel und beschlagnahmt wurde, ist nicht mehr aus den Todeslagern zurückgekehrt. Auch die Lage für die wenigen, in »privilegierter Mischehe« lebenden Wormser Juden verschlechterte sich während des Krieges rapide 192. »Deportiert, verhaftet und verschleppt wurden von 1942 bis 1945 insgesamt 186 Wormser Juden, nur 6 davon überlebten, 180 kamen auf grausame Weise um«193. Im Herbst 1942 war die Geschichte des jüdischen Worms faktisch beendet; die Wormser Polizeibeamten konnten ein schriftliches Sonderlob für die reibungslose Durchführung der Deportation entgegennehmen; der Oberbürgermeister gab vor den Ratsherren Ende März seiner Genugtuung über den Beitrag der »Abwanderung« zur Entspannung auf dem Wohnungsmarkt Ausdruck 194. Was blieb, waren die Grundmauern bzw. Ruinen der zwischen 1939 und 1941/42 unter noch nicht geklärten Umständen nach und nach gänzlich abgetragenen, nach 1956 wieder aufgebauten Synagoge195 (die Levy’sche Synagoge am Synagogenplatz war durch einen

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Bombentreffer stark beschädigt worden, ihre Reste wurden 1947 beseitigt), der lediglich durch Bombentreffer punktuell getroffene Alte Judenfriedhof, der neue Judenfriedhof mit der unversehrt erhaltenen Trauerhalle von 1911 sowie das durch Illerts Rettung erhaltene, 1957 nach Israel abgegebene Gemeindearchiv. Der Bereich um die Judengasse hatte im Bombenkrieg nur relativ wenige Schäden erhalten. Bemerkenswert ist vor allem die Bewahrung des Heiligen Sandes. Hinsichtlich seiner Rettung in der NS-Zeit existieren im Übrigen eine Reihe problematischer bzw. nicht nachvollziehbarer, zum großen Teil legendenhaft ausgeschmückter Berichte, die noch einer näheren Prüfung bedürfen196. Die Auswirkungen des gewaltsamen Verlustes einer so hervorragenden Gruppe engagierter Bürger hat die Stadt in mancher Hinsicht nie mehr wettmachen können.

Worms während des Zweiten Weltkriegs Mit Kriegsbeginn wurde mit dem »Ernährungs- und Wirtschaftsamt« eine städtische Dienststelle zur Regelung der Zwangsbewirtschaftung auf dem Lebensmittel- und Versorgungssektor geschaffen. Die Behörde, bei der etwa einhundert Personen beschäftigt waren, hat bis nach dem Krieg bestanden197. Nach und nach wurden immer mehr Güter des täglichen Bedarfs in die Bewirtschaftung einbezogen. Im Kollegium der Ratsherren gab es nach Kriegsausbruch Diskussionen um die Aufbringung der Kriegssteuer in Höhe von ca. 1 Million Reichsmark, die der Stadt von Reichs wegen aufgebürdet wurde 198. Im Oktober 1939 begann die Übersiedlung der Fa. Elektro-Stahlwerke Dingler, Karcher & Cie. aus dem Saarland nach Worms, durch die sich die Arbeitsmarktlage entspannte, zumal die Firma um 1940 ca. 1 000 Personen beschäftigt hat199. Im Februar 1940 erfolgte die Ernennung des Förderers des Festhausbaues Friedrich von Schoen (1849 –1941) zum Wormser Ehrenbürger 200. Bis etwa Ende 1941 war vom Krieg selbst in Worms fast noch nichts zu spüren; in vieler Hinsicht ging das Leben für diejenigen, die nicht zur Wehrmacht einrücken mussten, relativ unverändert weiter. Die in den Stimmungsberichten des Jahres 1940 registrierten Unmutsäußerungen bezogen sich auf Fragen des Bezugsscheinwesens und Wartezeiten in den Ämtern 201. Auch die kulturellen Aktivitäten liefen zunächst noch fort; so konnten rund 40 Opern-, Operetten- und Theateraufführungen im Festhaus durch die Organisation »Kraft durch Freude« durchgeführt werden. Zu einer Siegesfeier kam es nach dem Ende des Frankreichfeldzuges am 30. September 1940 auf der Kisselswiese für das zurückgekehrte Wormser Bataillon. Seit der Wendung des Kriegsglücks 1942/43 wurde die Situation für die Zivilbevölkerung dann immer schwieriger. Der von Goebbels nach der Katastrophe von Stalingrad proklamierte »totale Krieg« fiel zeitlich fast genau mit der anlässlich des 100. Geburtstags von Cornelius Wilhelm von Heyl zu Herrnsheim im Februar 1943 durchgeführten Opernaufführung des »Waffenschmieds von Worms« im Festhaus zusammen, einer der letzten großen kulturellen Veranstaltungen vor Kriegsende. Die Kriegsjahre brachten aber nach über 40 Jahren auch eine seit längerem in Erwägung gezogene und seit 1940 konkret vorbereitete Erweiterung der Stadtfläche, die im

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Hinblick auf eine vorausschauende Wohnsiedlungsplanung sowie für eine geplante Forcierung der Industrieansiedlung vor allem an der Rheinfront nach Norden als unabdingbar galt. Auf diesem Gebiet hatte die Stadt seit langer Zeit ebenso starke wie wenig erfolgreiche Bemühungen unternommen. Dies und anderes wurde in einer Denkschrift der Stadt Ende 1941 zum Ausdruck gebracht, mit der man die Zustimmung zu der geplanten Maßnahme herbeizuführen suchte. Mit Wirkung vom 1. April 1942 wurden die bis dahin selbstständigen Gemeinden Herrnsheim, Horchheim, Leiselheim und Weinsheim – zum Teil gegen ihren Willen – nach Worms eingemeindet 202. Damit lag die Einwohnerzahl der Stadt bei etwa 58 000 Personen, eine Zahl, die durch die schweren Kriegsfolgen vor allem in Gestalt der verheerenden Bombenangriffe vom 21. Februar und 18. März 1945 erst im Jahr 1953 wieder erzielt wurde. Im selben Jahr wie die Eingemeindung und die Forcierung der Kriegsanstrengungen erreichte mit der Deportation und Ermordung der noch verbliebenen Wormser Juden und der bereits im Mai 1940 gemäß einem Geheimerlass des Reichsführers SS Heinrich Himmler in ein Sammellager im Distrikt Radom (Generalgouvernement) »umgesiedelten« 71 in Worms wohnhaften Sinti der von den NS-Herrschern durchgeführte systematische Völkermord die Stadt203. Die Maschinerie des Terrors forderte immer mehr Opfer. Nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler vom 20. Juli kam es auch in Worms im Rahmen der so genannten »Aktion Gitter« Ende August 1944 zu einer von der Gestapo durchgeführten Verhaftungswelle ehemaliger politisch aktiver Sozialdemokraten, Kommunisten, Gewerkschafter und Zentrumsleute (Mandatsträger), die man für einige Zeit in ein KZ eingewies. Im Verlauf der Aktion wurden in Worms knapp 20 Personen in Gewahrsam genommen204. Das Ziel der Verhaftungen war die Einschüchterung potenzieller Gegner des Terrorregimes und die Hoffnung, Widerstandsstrukturen und -netzwerke ausfindig zu machen und zu zerschlagen. Wie brutal das Regime mit angeblichen »Hochverrätern« umging, zeigt das Schicksal der 1899 geborenen Hausfrau Elisabeth Groß205, die vom Freund ihres Sohnes nach kriegs- und regimekritischen Äußerungen im privaten Kreis angezeigt wurde. Sie kam in Haft, wurde dort schwer misshandelt und schließlich vom Volksgerichtshof in Berlin wegen »Vorbereitung zum Hochverrat« und »wehrkraftzersetzender Äußerungen« zum Tode verurteilt. Ihre Hinrichtung erfolgte am 25. August 1944 in Berlin-Plötzensee. Als verhängnisvoll erwies sich die von der Gestapo ermittelte Tatsache, dass Elisabeth Groß in den 1920er Jahren als Mitglied der KPD und in einer Reihe von karitativen Organisationen (v. a. der Internationalen Arbeiterhilfe) tätig gewesen war. Der Krieg führte in den Betrieben und Unternehmen der Stadt zu tief greifenden Veränderungen. Die Ausgangsbedingungen und die Produktion sowie die Arbeitsbedingungen der deutschen und seit 1940/41 auch vermehrt eingesetzten ausländischen Arbeitskräfte erfuhren starke Wandlungen. Näher untersucht wurden zentrale Fragen der Arbeitsumstände für die deutschen und ausländischen Beschäftigten für die Heyl’schen Lederwerke Liebenau, für welche die Aktenüberlieferung relativ gut ist 206. Für alle Lederwerke, die im Laufe des Krieges nie die sehr wichtige Einstufung als »kriegswichtig« erhalten haben, war seit Kriegsbeginn 1939 ein stetiger Kampf um die Zuteilung von Rohstoffen und den Erhalt von Aufträgen – möglichst auch seitens der Wehrmacht – zu führen.

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Ab 1943 behinderten ein massiver Rohstoffmangel und die wachsenden Transportschwierigkeiten die Produktion. Durchgängig ist ein starker Rückgang der Beschäftigtenzahlen feststellbar, bei Heyl-Liebenau um 67 Prozent (von 1939 noch 1 200 über ca. 600 im Jahr 1943 bis auf ca. 300 bei Kriegsende); die Cornelius Heyl AG verlor fast 86 Prozent ihrer Belegschaft (von ca. 1 000 auf bei Kriegsende nur noch ca. 200!). Permanenter Arbeitskräfteentzug zu Gunsten der Rüstungsindustrie und zahlreiche Austritte auf Grund von Dienstverpflichtungen (Arbeitsdienst) und Einberufungen zur Wehrmacht sowie ständige Auskämmaktionen vor allem seit 1942 machten den Betrieben sehr zu schaffen. Die Arbeitszeiten schwankten je nach Auftragslage zwischen Kurzarbeit und Zwangsurlaub zum einen und 60-Stunden-Wochen zum anderen. Bei Heyl-Liebenau war die Betriebsführung sehr darum bemüht, die nachteiliger werdenden Arbeitsbedingungen durch Aufrechterhaltung und Ausbau betrieblicher Einrichtungen und Sozialleistungen zu kompensieren. Was den Einsatz von Kriegsgefangenen und ausländischen Zivilarbeitern angeht, so lag die Zahl der im Arbeitsamtsbezirk Worms beschäftigten Kriegsgefangenen um 1942/ 43 bei etwa 2 500 Personen; Kriegsgefangenenlager bestanden nahe der Stadt in Rheindürkheim, Herrnsheim und Abenheim207. Im Mai 1943 waren zudem im gleichen Areal (im Wesentlichen der Landkreis Worms) über 6 300 Ausländer beschäftigt, im August 1942 waren es erst ca. 5 000 Personen gewesen. Ein Schwerpunkt dieser in allen Wirtschaftszweigen eingesetzten Arbeiterinnen und Arbeiter, für die Lager im gesamten Stadtgebiet bestanden haben, lag in der Landwirtschaft; im Vergleich zu stärker industrialisierten Städten und Regionen wurden in Worms eher weniger ausländische Arbeitskräfte registriert. Die Arbeits- und Lebensbedingungen der »Fremdarbeiter« unterschieden sich sehr stark und waren in hohem Maße von der Politik der jeweiligen Betriebsleitung abhängig. Im Werk Heyl-Liebenau, für das eine durchweg sehr anständige Behandlung der Ostarbeiter bezeugt ist, waren 1942/43 zwischen 30 und 60 Personen beschäftigt, bei Cornelius Heyl im Zeitraum bis April 1943 mehr als einhundert. Die dritte große Lederfabrik, Doerr & Reinhart, in den 1930er Jahren mühsam wieder in Gang gebracht, beschäftigte von 1941 bis 1943 stets ca. 70 bis 85 Russen208. Insgesamt ist zur Wirkung des Krieges auf die Wormser Lederindustrie zu sagen, dass die durch Arbeitskräfte- und Rohstoffmangel bedingte Schrumpfung oder die immer wieder angeführten Bombenangriffe (von denen die Cornelius Heyl AG sowie Doerr & Reinhart besonders hart getroffen wurden) den nach 1945 dramatischen Abschwung keineswegs alleine verursacht haben. Sie beschleunigten vielmehr nur einen Strukturwandel, der sich schon seit den 1920er Jahren mit stetig sinkenden Beschäftigtenzahlen angekündigt hatte. Bereits seit den 1930er Jahren wurde der Luftschutz im Hinblick auf den kommenden Krieg auch in Worms forciert; 1937 wird im Adressbuch eine Ortsgruppe des Reichsluftschutzbundes erwähnt. Ab 1939 baute man Kellerräume aus und errichtete öffentliche Luftschutzräume 209. Lange Zeit hat der seit 1942/43 immer zerstörerischere Luftkrieg der Alliierten die Stadt Worms unberührt gelassen, da ihre Industrie aus militärischer Sicht wenig Bedeutung besaß und ihre Lage von geringem strategischem Interesse war 210. Seit Anfang 1943 sind auch auf Worms eine Reihe gezielter Angriffe geflogen worden, deren Auswirkungen jedoch hinter denen auf die benachbarten Großstädte wie Lud-

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wigshafen, Mannheim und Mainz weit zurückblieben. Wenige Wochen vor dem Ende des Krieges in Rheinhessen ereilte die Stadt dann doch noch ein schreckliches Schicksal, das sie mit so vielen anderen Städten teilte. Noch in seiner letzten Sitzung vor Kriegsende am 20. Dezember 1944 gab sich der Stadtrat der Hoffnung hin, dass die Stadt unversehrt in das Großdeutsche Reich hinübergerettet werde und dankte der Vorsehung, dass Worms bisher von der Vernichtung verschont geblieben sei. Diese Hoffnung und das Beschwören der Vorsehung nützten nichts: Am 21. Februar 1945 flogen englische Bomber bei wolkenlosem Himmel einen äußerst schweren, militärisch nutzlosen Abendangriff auf Worms211. 349 Flugzeuge wurden eingesetzt; die erste Bombe fiel um 20.27 Uhr, die letzte um 20.58 Uhr. Etwa zwei Stunden nach dem Hauptangriff warfen bei einem Nachangriff einige »Mosquitos« nochmals Bomben über der brennenden Stadt ab. In den Wohnvierteln waren schwerste Schäden zu verzeichnen, fast alle Kulturdenkmäler und zahlreiche Kirchen wurden ein Raub der Flammen. 239 Menschen kamen nach den offiziellen Zahlen ums Leben, der im Juni 1947 abgefasste Rechenschaftsbericht des Wohnungsamtes meldete infolge der beiden Luftangriffe vom Februar und März 1945 ca. 15 000 Obdachlose212. Der Schwerpunkt der Zerstörungen lag im mittleren und südlichen Innenstadtbereich sowie in der südlichen Vorstadtzone. Durch die frühe und konsequente Auslagerung von Kulturgut aus Archiv, Museum und Heylshof durch Museumsleiter und Archivar Dr. Illert konnte ein erheblicher Teil des beweglichen Kulturerbes der Stadt vor der Vernichtung bewahrt werden. Die Wormser Tageszeitung titelte am 23. Februar mit der Überschrift »Worms – das neue Opfer britischen Mordterrors«. Eine als Durchhaltekundgebung durchgeführte Trauerfeier auf der Hochheimer Höhe, wo die Bombentoten in einem Ehrenfeld beigesetzt wurden, sollte noch einmal alle Kräfte zusammenfassen. Am 18. März, wenige Tage vor dem Eintreffen der amerikanischen Truppen, griffen US-Jagdbomber in mehreren Wellen im Tiefflug die Stadt an; es gab bei dem völlig sinnlosen Tagesangriff 141 Opfer in der Bevölkerung. Von den Bombenschäden wurden in der Stadt 64 Prozent aller Häuser betroffen; 35 Prozent lagen völlig in Trümmern, 29 Prozent waren unterschiedlich schwer beschädigt (vgl. Karte 14, S. 630). Zwei Tage später (20. März 1945) sprengten deutsche Truppen bei ihrem Rückzug die Ernst-Ludwig-Brücke; die Amerikaner erreichten am 21. März von Westen her kommend die Stadt, in der es keinen nennenswerten Widerstand mehr gegeben hat. Die führenden NS-Machthaber und mit ihnen OB Bartholomäus setzten sich über den Rhein ab; in Bobstadt errichtete er, faktisch entmachtet, um den 20. März ein Standgericht. Im Wasserwerk im Lorscher Wald installierte man eine provisorische Kreisleitung. Die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten in Worms war beendet, weite Teile der Stadt waren ein Trümmermeer. Der Lederindustrielle Ludwig Freiherr von Heyl wurde von den Amerikanern bereits am 23. März als »Stadtältester« und Vorsitzender des Stadtausschusses, der die Verwaltung übernahm, eingesetzt; mithin erhielt er bis zu seiner schon am 18. Mai 1945 erfolgten Absetzung die Funktion eines Oberbürgermeisters, die dann von Dr. Ernst Kilb (1896 –1946) übernommen wurde213. Aus schwerster Not heraus musste nach dem bitteren Ende von Gewaltherrschaft und Krieg, am Ende des »Zeitalters der Weltkriege«, in der Stadt wieder einmal ein ganz neuer Anfang gemacht werden.

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Abb. 65: Blick auf das kriegszerstörte Worms von Nordosten auf Dom und Dreifaltigkeitskirche, Aufnahme 6. Juli 1945

Worms von 1945 bis zur Gegenwart S TEPHANIE Z IBELL

Worms 1945: Die Amerikaner übernehmen die Macht Am 20. März 1945 marschierten die Amerikaner in Worms ein. Damit war das Ende der nationalsozialistischen Tyrannis in der Stadt besiegelt und der erste Schritt zu einem politischen Neubeginn getan. Die Verantwortung für die Maßnahmen zum Neuaufbau der Stadtführung nach demokratischen Prinzipien lag für die nächste Zeit bei der von Hauptmann Neil J. van Steenberg kommandierten US-Militärregierung1. Auf Vorschlag des katholischen Geistlichen Dompropst Daus und des evangelischen Pfarrers Diestelmann ernannten die Amerikaner den ehemaligen DVP-Vertreter im Wormser Stadtrat und Eigentümer der Heyl’schen Lederwerke Liebenau, Ludwig Freiherrn von Heyl (1886 –1962), am 23. März 1945 zum neuen Bürgermeister. Offiziell führte er die Amtsbezeichnung »Stadtältester«2. Darüber hinaus trugen die US-Truppen dafür Sorge, dass auch die übrigen politisch belasteten Beamten und Angestellten der Wormser Stadtverwaltung durch Personen ohne nationalsozialistische Vergangenheit ersetzt wurden. Von dieser Maßnahme betroffen war beispielsweise die Führung der Stadtwerke, die ab April 1945 von dem unmittelbar nach dem Einmarsch der Amerikaner von der SPD zur KPD übergewechselten gelernten Elektromonteur und Betriebsleiter Friedrich Schmitt (1900 –1975) wahrgenommen wurde3. Am 14. April 1945 wandte sich der Stadtälteste von Heyl erstmals mit einem Aufruf an die Bevölkerung: Auf Anordnung der Besatzungsbehörde und auf Wunsch der deutschen Dienststellen sowie weiter Kreise der Bevölkerung habe ich bis auf weiteres das Amt des Leiters der Aufgaben übernommen, die jetzt unserer Stadt erwachsen, nachdem die bisherigen verantwortlichen Männer unsere Stadt verlassen haben. … Liebe Mitbürger, schenkt mir Euer Vertrauen und Eure Unterstützung, ohne die ich nicht arbeiten kann und arbeiten will 4. Heyl zur Seite stand der »antifaschistische Zwölferausschuss« um Dr. Ernst Kilb (1896 –1946)5. Das aus Vertretern der vor 1933 zugelassenen Parteien gebildete Gremium hatte die Aufgabe, das neue deutsche Stadtoberhaupt bei der Ausführung seiner Arbeit zu beraten und zu unterstützen. Selbstverständlich besaßen die Mitglieder des Ausschusses keinerlei demokratische Legitimation, doch zählten sie zu den politisch unbelasteten Personen, denen die Besatzungsmacht und die von ihr mit der Führung der Stadtgeschicke beauftragten Deutschen vertrauen zu können glaubten6. Dem Ausschuss gehörten die Sozialdemokraten Ludwig Bardorf, Johann Obenauer, Karl Trömer und Heinrich Völker an, außerdem

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G EGENWART Abb. 66: Ludwig Freiherr von Heyl zu Herrnsheim (1886 –1962), »Stadtältester« 1945

die Kommunisten Wilhelm Lautenschläger, Josef Pelger und Ernst Stahl, die Zentrumsangehörigen Johann Friedrich Ritzheimer, Karl Kübel und Hans Schnell sowie die Mitglieder der Demokratischen Partei (DP) Georg Körbel und Karl Schmahl. Als zusätzliche Berater fungierten der Hochheimer Pfarrer Johann W. Weil und Dr. Meinhardt Poets 7. Von Heyl selbst verlor allerdings recht bald das Vertrauen und die Sympathie der Amerikaner. Nach knapp zwei Monaten Amtszeit wurde er am 21. Mai 1945 von der US-Militärregierung seines Postens enthoben und durch den aus Offenbach stammenden, im Ersten Weltkrieg schwer verwundeten und während der NS-Zeit erheblich drangsalierten Lehrer Dr. Ernst Kilb (1896 –1946, SPD) ersetzt, der fortan unter der Bezeichnung »amtierender Bürgermeister« die Führung der Stadtgeschäfte versah 8. Über die Gründe, die die Amerikaner dazu bewogen hatten, Heyl zu entmachten, ließen sie die Wormser Bürger im Unklaren. In der »Wormser Zeitung Amtsverkündigungsblatt aller Behörden der Stadt und des Kreises Worms« hieß es am 26. Mai 1945 lapidar: Bekanntmachungen. Wechsel an der Spitze der Stadtverwaltung. Auf Befehl der Militärregierung vom 21. Mai tritt an die Spitze der Stadtverwaltung an Stelle des Herrn Baron Ludwig von Heyl Herr Dr. Ernst Kilb9. Willi Ruppert weiß zu berichten, dass der Stadtälteste seine Position verlor, weil er bei der noch während des Krieges erfolgten Verabschiedung des Wehrbezirkskommandeurs, Oberst Walter, unpassend freundliche und lobende Worte gefunden und darüber hinaus das Kriegsverdienstkreuz getragen habe. Die Amerikaner räumten Heyl zwar das Recht ein, sich vor dem CIC (Counter Intelligence Corps) gegen die ihn belastenden Vorwürfe zu verteidigen, doch dazu zeigte sich der Stadtälteste nicht bereit. Er habe, erklärte er, ein reines Gewissen und halte es daher für überflüssig, sich zu rechtfertigen. Er zog es stattdessen vor, aus dem Amt zu scheiden10. Dass der Vorwurf, der gegen von Heyl erhoben wurde, eher ein Vorwand war als ein reeller Grund, scheint offensichtlich. Warum der Stadtälteste wirklich seinen Posten verlor, bleibt unklar. Es wäre denkbar, dass die US-Militärregierung anstelle eines Konserva-

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ÜBERNEHMEN DIE

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tiven einen Mann der Linken favorisierte, den sie in Kilb fand. Ihn zeichnete nicht nur sein nachweislicher Kontakt zu Widerstandskreisen aus, sondern auch der Umstand, dass er bereits vor dem 20. Juli 1944 dazu ausersehen worden war, nach der Beseitigung des NS-Systems die Führung der Wormser Stadtgeschäfte zu übernehmen11. In diesen unruhigen Zeiten spielten außerdem persönliche Kontakte, Sympathien oder Antipathien zwischen Besatzern und Besetzten sowie personelle Veränderungen innerhalb der Militärregierung, die permanent vorgenommen wurden, eine wichtige Rolle. Was auch immer den Ausschlag für die Umbesetzung in der deutschen Stadtführung gegeben haben mochte: Fortan leitete Kilb die Stadtverwaltung. Ihm zur Seite gestellt wurde der bereits erwähnte Kommunist Friedrich Schmitt. Doch Kilb konnte seine Aufgabe auf Grund einer schweren Erkrankung, die die Folge einer von einer Kriegsverletzung herrührenden Beinamputation war, nicht lange wahrnehmen. Schon kurz nach der Übernahme des Postens fiel er aus gesundheitlichen Gründen aus, sodass es im Endeffekt Schmitt war, der die deutsche Stadtregierung führte12. Dem »amtierenden Bürgermeister« bzw. seinem Vertreter oblag es also fortan, in Zusammenarbeit mit den Amerikanern die Probleme zu bewältigen, die die Stadt, ihre Bewohner sowie die täglich hinzukommenden Flüchtlinge und Vertriebenen bewegten. Das war ein schwieriges Unterfangen, weil es in allen Bereichen am Nötigsten fehlte: Es gab nicht genügend Nahrungsmittel, Wohnraum fehlte, es mangelte an Heizmaterial, Familien waren zerrissen, und viele Menschen wussten nicht, wie und womit sie den folgenden Tag überstehen sollten13. Die Wormser Bürger standen mit ihren Sorgen und Nöten allerdings nicht allein. Auch den Menschen in den umliegenden Städten und Gemeinden erging es nicht besser, weil Arbeiter nicht mehr zu ihren Arbeitsplätzen und dringend benötigte Waren nicht zu den auf sie wartenden Empfängern gelangen konnten. Verantwortlich dafür zeichnete eine oftmals ungerechte, zuweilen schikanöse Vorgehensweise der jeweils für eine Stadt oder einen Kreis zuständigen Militärregierung, die aus dem Fehlen einer einheitlichen Besatzungspolitik resultierte, und außerdem das Auftreten der von den Amerikanern im Laufe der vergangenen Wochen eingesetzten deutschen Bürgermeister und Landräte. Allzu oft trafen sie Entscheidungen, die die allgemeinen Bedürfnisse unberücksichtigt ließen, weil sie sich allein auf ihren Zuständigkeitsbereich konzentrierten. Eine Pflicht zur Kooperation mit den Nachbarkommunen bzw. angrenzenden Landkreisen bestand nicht, und es war auch niemand da, der im Sinne der Wahrung des Gemeinwohls lenkend eingriff, denn übergeordnete deutsche Behörden existierten nicht mehr. Gerade die aber hätten in diesem Fall dazu beitragen können, die bestehenden Wirtschafts- und Sozialprobleme zu reduzieren und zugleich die von den Amerikanern erstrebte Demokratisierung »von unten nach oben« zu fördern14. Um in dieser Situation Abhilfe zu schaffen, kam es zur Bildung der »Regierung Heimerich«. Sie hatte ihren Sitz in Neustadt/Weinstraße und wurde von dem Sozialdemokraten Hermann Heimerich, der die offizielle Bezeichnung »Der Oberpräsident Mittelrhein-Saar« führte, geleitet15. Der von der US-Militärregierung unter Colonel James R. Newman eingerichteten »Regierung Heimerich« unterstanden die Pfalz, das Saarland und Rheinhessen. Zwar begrüßte man auch im rheinhessischen Worms die Schaffung einer den Kommunen übergeordneten Regionalinstanz, hielt es aber für falsch, die Stadt ausgerechnet mit der Pfalz und dem Saarland

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zu verbinden. Man fühle sich eher dem Rhein-Main-Gebiet zugehörig, ließen die Vertreter der rheinhessischen Städte und Gemeinden die Amerikaner wissen. Worms hätte es daher begrüßt, wenn die Stadt der später von Ludwig Bergsträsser (SPD) geführten »Regierung für Hessen« mit Sitz in Darmstadt zugewiesen worden wäre. Doch die Wünsche der Stadt Worms blieben unberücksichtigt. Bis zur Übernahme der Besatzungsherrschaft durch Frankreich blieb sie der »Regierung Heimerich« unterstellt 16.

Worms unter französischer Besatzungsherrschaft Mit der Unterzeichnung des Zonenprotokolls durch die Alliierten am 22. Juni 1945 reihte sich Frankreich in die Gruppe der Besatzungsmächte ein. Mit der Übergabe von Rheinhessen und den nordnassauischen Kreisen um Montabaur erfüllten Amerikaner und Briten die auf der Konferenz von Jalta im Februar 1945 gegebene Zusage nach Zuweisung einer Zone an Frankreich. Daraufhin zogen die Amerikaner aus Worms ab und die Franzosen, die bis September 1951 vor Ort präsent bleiben sollten, am 10. Juli 1945 in die Stadt ein17. Der Wechsel der Besatzungsmacht brachte allerhand Veränderungen mit sich. Hierzu gehörte auch eine Wandlung der administrativen Binnenstruktur in Rheinhessen. An die Stelle des von der »Regierung Heimerich« am 28. Mai 1945 geschaffenen und von Jakob Steffan (SPD) geführten »Regierungspräsidiums für Rheinhessen«, das auch für Worms zuständig war und die Aufgabe hatte, das politische, wirtschaftliche und verwaltungsmäßige Durcheinander, das im rheinhessischen Gebiet herrschte, zu beseitigen, trat erst das Oberregierungspräsidium Rheinhessen-Pfalz in Neustadt und am 1. November 1946 dann das in Koblenz angesiedelte Oberregierungspräsidium Rheinland-Hessen-Nassau18. Auch innerhalb der provisorischen Stadtregierung kam es zu Veränderungen. An die Stelle des von den Amerikanern gebildeten »antifaschistisches Zwölferausschusses« trat am 30. November 1945 ein von den Franzosen eingesetztes 16-köpfiges »Gemeinderatskomitee«, das in der Literatur zuweilen auch als »Bürgerrat« bezeichnet wird19. Die in diesem Ausschuss aktiven Personen durften natürlich ebenso wenig politisch vorbelastet sein wie die Mitglieder des Vorläufergremiums. Nationalsozialisten sollten nicht noch einmal die Chance haben, die Macht in Stadt und Staat an sich zu reißen. Der Bürgermeister wählte die für das Komitee infrage kommenden Personen aus, die sodann von der französischen Militärregierung ernannt wurden 20. Das »Gemeinderatskomitee« war demnach ebenfalls kein demokratisch legitimiertes Gremium. Das musste es auch gar nicht sein, denn ihm standen ohnehin keine politisch bedeutsamen Kompetenzen zu. Es hatte im Grunde genommen nur eine einzige Aufgabe: Es sollte sich die Sorgen, Nöte und Probleme der Bevölkerung anhören und sie sodann dem Bürgermeister bzw. der Stadtverwaltung zur Kenntnis geben. Der zuständigen Administration oblag es hernach, in Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht die aufgezeigten Schwierigkeiten zu bewältigen, mindestens aber den Versuch zu unternehmen, sie zu vermindern. Auf die Umsetzung der zu Gehör gebrachten Anliegen hatte das Gemeindekomitee weder einen

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Einfluss noch eine Kontrollmöglichkeit. Es handelte sich also keinesfalls um einen Gemeinderat im heutigen Sinn, sondern lediglich um ein de jure machtloses Beratungsgremium, dessen Stimme man seitens der Stadt entweder hören oder überhören konnte. De facto aber konnten sowohl die Wormser als auch ihre zwar noch nicht offiziell zugelassenen, aber inoffiziell doch schon in der Entstehung begriffenen Parteien, die alle in dem Gremium vertreten waren, ihre Anliegen mit Hilfe des Gemeinderatskomitees und des Bürgermeisters den Militärbehörden näher bringen. So bestand doch immerhin die Chance, einen berechtigten Wunsch, der womöglich eine Verbesserung der allgemeinen Lebensverhältnisse versprach, durchzusetzen21. Aber noch eine weitere Veränderung innerhalb der provisorischen Stadtregierung trat ein. Sie war bedingt durch den frühen Tod des »amtierenden Bürgermeisters« Ernst Kilb. Nachdem dieser am 6. Januar 1946 an den Folgen seiner schweren Erkrankung verstorben war, bedurfte das vakante Amt des Stadtoberhaupts einer Neubesetzung. Die Franzosen übergingen Kilbs Stellvertreter, Friedrich Schmitt, der die Amtsgeschäfte des Stadtoberhaupts seit geraumer Zeit geführt hatte, und entschieden sich stattdessen für den konservativen Volkswirt Geheimrat Prof. Dr. Christian Eckert (1874 –1952)22. Eckert war 1933 durch die Nationalsozialisten aus seiner Hochschulposition an der Universität zu Köln entfernt worden und fungierte von 1933 bis 1945 als Aufsichtsratsvorsitzender der Lederwerke Cornelius Heyl AG in Worms. Seine Amtseinführung erfolgte am 25. März 1946 in Gegenwart deutscher und französischer Honoratioren. Eckert zur Seite standen die Bürgermeister Heinrich Völker (SPD) und Fritz Schmitt (KPD). Somit waren fast sämtliche politischen Parteien, die inzwischen in der französischen Besatzungszone zugelassen worden waren, offiziell in die städtische Führung eingebunden 23. Am 15. September 1946 endete in Worms die Phase der nicht demokratisch legitimierten deutschen Stadtregierung: An diesem Tag erfolgte die erste Gemeinderatswahl, von der 1 446 Personen auf Grund ihrer politischen Vorbelastung ausgeschlossen blieben24. Wer wahlberechtigt war und wer nicht, definierte die Verordnung Nr. 44 des französischen Oberbefehlshabers in Deutschland vom 28. Mai 194625. Diejenigen, die zur Wahl gehen durften, machten von ihrem Recht in hohem Maße Gebrauch: Insgesamt begaben sich 88,3 Prozent der Wahlberechtigten in die Wahllokale, um ihre Stimme abzugeben26. Auf den ersten Blick suggeriert die hohe Teilnehmerzahl, dass die Bevölkerung nach der politischen Entrechtung im Dritten Reich nun ein echtes Bedürfnis nach Beteiligung am öffentlichen Geschehen verspürte und folglich von ihren wiedererlangten Kompetenzen – ganz im Sinne des am 14. September 1946 im Amtsverkündigungsblatt für den Stadt- und Landkreis Worms erschienenen Aufrufs – ausgiebig Gebrauch machte: Durch Erfüllung Deiner staatsbürgerlichen Pflicht gibst Du Deinen Willen kund, an der Errichtung des neuen Staates und an dem Wiederaufbau unserer Stadt mitzuwirken! 27 Dieser Vorstellung widerspricht allerdings die damals allgemein vorherrschende politische Agonie. Nach den schlechten Erfahrungen mit dem politischen Engagement in der Vergangenheit zogen es die meisten Menschen vor, sich vom politischen Geschehen fernzuhalten. Dass sich aber dennoch so viele Wahlberechtigte an den Urnen einfanden, mag damit zusammenhängen, dass anhand der in den Wahllokalen ausliegenden Wählerlisten die Beteiligung oder Nichtbeteiligung des einzelnen Wahlberechtigten nachvoll-

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zogen werden konnte, und man befürchtete, eine Nichtteilnahme an der Wahl könne sowohl von den deutschen als auch von den französischen Behörden als unbotmäßig empfunden und womöglich sanktioniert werden 28. Die Mehrheit der Wormser votierte bei dieser Wahl für die CDU, die 10 469 Stimmen erhielt und daraufhin mit 13 Sitzen in den Stadtrat einzog. Für die Sozialdemokraten entschieden sich 9 847, für die Kommunisten 2 598 und für die linke, von dem Landwirt Friedrich Penk (1898 –1987) angeführte Liste Penk 1 703 Wähler. Für die Liste Körbel, die für die Eigenstaatlichkeit des Rheinlands, also für eine separatistische Maßnahme, plädiert hatte, stimmten lediglich 629 Personen. Die SPD, damals »SP« abgekürzt, stellte daraufhin zwölf, die Kommunisten drei und die Liste Penk zwei Abgeordnete im neuen Stadtrat 29. Die Liste Körbel, repräsentiert durch den Zimmermeister und ehemaligen Angehörigen des »antifaschistischen Ausschusses« Georg Körbel aus Pfiffligheim, erhielt kein Mandat, weil es der Gruppierung nicht gelungen war, die in Art. 16 der Verordnung Nr. 49 zum Wahlgeschehen vorgegebenen Mindeststimmen auf sich zu vereinen. Als gewählt galten demzufolge nur die Bewerber, die wenigstens ein Viertel der Stimmen der eingetragenen Wähler und die Hälfte plus eine Stimme aller abgegebenen Stimmen auf sich vereinen 30. Das aber hatten Körbel und Kollegen nicht geschafft. Sie mussten daher ihre Ambitionen, die Geschicke der Stadt über die Beteiligung an der Gemeindevertretung mitzubestimmen, aufgeben. Dementsprechend waren sie auch nicht an der ersten demokratischen Wahl des Wormser Stadtoberhaupts beteiligt, die am 22. September 1946 anlässlich des ersten Zusammentreffens des neuen Stadtrates stattfand31. Als Sieger gingen aus ihr die drei bisherigen Amtsinhaber hervor. Das bedeutete: Christian Eckert blieb für die nächsten beiden Jahre Bürgermeister, und Heinrich Völker (SPD) und Friedrich Schmitt (KPD) bekleideten weiterhin die Positionen des 1. bzw. 2. Beigeordneten 32. Eine Überraschung stellte das Wahlergebnis nicht dar, weil sich die Beteiligten zuvor darauf geeinigt hatten, dass »ein Wechsel in der Führung der Stadtverwaltung in dieser schweren Zeit nicht zu verantworten« sei. Personelle Veränderungen zogen zwangsläufig organisatorische Wandlungen nach sich, doch die erschienen im Interesse der Stadt im Augenblick nicht opportun. Es war besser, wenn vorerst alles blieb, wie es war. Zusammengefasst wurde diese Entscheidung, die von fast allen Parteien im Stadtrat geteilt wurde, unter dem Schlagwort: Gemeinwohl [muss] über die Parteipolitik gestellt werden. Allein die Liste Penk, die neben den Kommunisten, den Sozial- und den Christdemokraten in die Gemeindevertretung eingezogen war, verweigerte sich dieser Vereinbarung. Aus Protest votierten die beiden Mandatsträger auch nicht für Eckert, sondern für den sozialdemokratischen Studienrat Karl Heyl, der damit ungewollt zwei der insgesamt 29 Stimmen der Mitglieder des Stadtrats erhielt. Die übrigen 27 entfielen auf Eckert. Das gleiche Ergebnis erzielte der während der NS-Zeit wegen Tätigkeit für die verbotene SPD inhaftierte und vielfach verfolgte NS-Gegner Heinrich Völker33 (1900 –1975), ein gelernter Drucker, der vor 1933 auch in der Arbeitersportbewegung sehr aktiv und noch 1943 zum Wehrdienst einberufen worden war. Nur bei Schmitt fiel das Resultat schlechter aus: Er bekam lediglich 22 Stimmen. Zwei Abgeordnete votierten gegen ihn, wobei es sich wohl um die Vertreter der Liste Penk, also Friedrich Penk und Wilhelm Haas, gehandelt haben dürfte. Fünf weitere Mandatsträger gaben leere Zettel ab 34. An der Rechtmäßigkeit seiner Wahl änderte dies aber nichts.

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Abb. 67: Heinrich Völker (1900–1975), Oberbürgermeister 1949 –1967

Die Anfeindungen der Liste Penk gegen das Wahlgeschehen wies die neue Stadtführung entschieden zurück. Bei der Wahl der neuen Regierung habe es sich keineswegs, wie von Penk behauptet, um eine »Komödie« gehandelt, sondern um ein Vorgehen im Interesse des Wiederaufbaus der Stadt. Die Bevölkerung, hielt Schmitt den Kritikern entgegen, erwarte eine praktische Arbeit, darum heiße die Parole: nicht reden, sondern handeln! 35. Wie die übrigen Gemeinde- und Kreisvertretungen beteiligte sich auch der Wormser Stadtrat am 17. November 1946 an der Wahl der Mitglieder der »Beratenden Landesversammlung«, dem die Aufgabe der Ausarbeitung einer Verfassung für Rheinland-Pfalz zufiel36. Zu den mit der Verfassungsberatung beauftragten Personen gehörten selbstverständlich auch Persönlichkeiten aus Worms, darunter der Kommunist Konrad Lein, der Christdemokrat Christoph Beck und die Sozialdemokraten Heinrich Völker und Justus Cronenbold37.

Die Skepsis der Wormser gegenüber dem Bundesland Rheinland-Pfalz Mit der Verordnung Nr. 57 vom 30. August 1946 verfügte der Oberkommandierende der französischen Streitkräfte in Deutschland, General Pierre Koenig, die Gründung des Landes Rheinland-Pfalz. Gleichzeitig erging an die deutschen Politiker der Auftrag, eine Landesverfassung auszuarbeiten, die dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden sollte. 38 Bei dem neuen Land, dessen Territorium sich über Rheinhessen und die Pfalz sowie die Regierungsbezirke Trier, Koblenz, Mainz und Montabaur erstreckte, handelte es sich um

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ein künstliches Gebilde, das keinen gewachsenen historischen Kern besaß. Deshalb stieß seine Gründung in weiten Teilen der Bevölkerung sowie bei den Parteien, insbesondere bei der SPD, auf Ablehnung. Auch in Worms stand man dem neuen Staatsgebilde bzw. bestimmten Teilen seiner künftigen Verfassung mehr als skeptisch gegenüber. Ablesbar war diese Haltung vor allem am Ergebnis der Volksabstimmung über die Annahme der am 25. April 1947 im Hotel Rittersturz bei Koblenz verabschiedeten Verfassung und dem damit einhergehenden Votum zur Schulfrage, die zu einem unüberbrückbaren Konflikt innerhalb der verfassungberatenden Landesversammlung (BLV) geführt hatte, sodass sich die Abgeordneten schließlich dafür entschieden, die umstrittenen Artikel der Bevölkerung zur Entscheidung über Annahme oder Ablehnung vorzulegen 39. Allerdings hatten wohl weder die Mitglieder der BLV noch die seit dem 5. Dezember 1946 amtierende provisorische Landesregierung unter dem Christdemokraten Wilhelm Boden mit dem niederschmetternden Ergebnis gerechnet, das ihnen dann aus Worms – wie auch dem übrigen Rheinhessen – entgegenschlug: Dort stieß nämlich sowohl die Verfassung als auch der umstrittene Vorschlag zur Gestaltung des Schulwesens auf Ablehnung. Die überwiegende Mehrzahl der Wähler, exakt 64,2 Prozent, sprach sich gegen die von der katholischen Naturrechtslehre geprägte Verfassung aus, die die Staatsgewalt nicht nur auf das Volk, sondern zugleich auf Gott als übergeordnete Macht zurückführte40. Im vormaligen hessischen Landesteil wirkte das Modell der seit dem 19. Jahrhundert bewährten, gegenüber dem konfessionell bestimmten Schulwesen eindeutig fortschrittlichen Simultanschule nach und sorgte für große Skepsis gegenüber dem neuen Land. Hinzu kamen die allgemein als Votum gegen die Landesgründung verstandenen ungültigen Stimmen, die in Worms immerhin 13,6 Prozent ausmachten 41. Für die Konstitution des neuen Landes Rheinland-Pfalz sprachen sich am 18. Mai 1947 lediglich 35,8 Prozent der Wormser Wähler aus, das waren gerade einmal 7 089 von jenen 22 921 Personen, die sich an der Abstimmung beteiligt hatten. Ebenso deutlich fiel die Ablehnung der Schulartikel aus. Die Wormser entschieden sich mit 77,6 Prozent gegen die Konfessions- und für die Simultanschule. Dem eindeutigen Abstimmungsergebnis ist zu entnehmen, dass die Aufforderung von SPD und KPD, die Verfassung und die Schulartikel abzulehnen, in Worms auf fruchtbaren Boden gefallen war. Wie die Vertreter der beiden Arbeiterparteien glaubten auch die Wormser, dass in der Konstitution – trotz der Aufnahme von Grund-, Wirtschafts- und Sozialordnungsrechten – spezifisch sozialdemokratische bzw. sozialistische Vorstellungen bzw. Errungenschaften der Zeit vor 1945 im konfessionell gemischten Rheinhessen zu kurz gekommen seien 42. Heinrich Völker hatte hierzu in einer Versammlung der sozialdemokratischen Frauen in Worms ausgeführt: Die ablehnende Haltung der SP der Verfassung gegenüber gründe sich hauptsächlich auf die Artikel der Wirtschaftsund Sozialordnung, der Sozialisierung, der Bodenreform und die Schulfrage. Die SP verlange eine sofortige Sozialisierung der Schlüsselindustrien, damit das Großkapital nicht wieder gegen den Frieden konspirieren kann. Darüber hinaus erschien es den Sozialdemokraten fraglich, ob ein Land, das man prinzipiell nur als Übergangslösung ansah, überhaupt eine Verfassung benötigte. Deshalb hielt es Völker für geboten, die Wormser zur Ablehnung der Verfassung aufzurufen. Sie sollten der Konstitution ein entschiedenes Nein entgegensetzen, verlangte er43.

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Dass das politische Herz der Wormser Bevölkerung, trotz des gegenteiligen Ergebnisses bei der ersten Stadtratswahl, links schlug, bestätigen auch die Ergebnisse der Landtagswahlen, die ebenfalls an jenem 18. Mai 1947 stattfanden. Stärkste Partei in der Stadt wurde die SPD mit 48,1 Prozent der Stimmen. Die KPD erzielte 15,9 Prozent, die LP 8,6 Prozent und die CDU 27,4 Prozent der Stimmen.44 Trotz des schlechten Abschneidens der Christdemokraten in Worms waren sie es, die landesweit die meisten Wähler für sich gewinnen konnten: Sie errangen im Land 47,2 Prozent der Stimmen; die Sozialdemokraten mussten sich hingegen mit 34,4 Prozent bescheiden.45 Die Einstellung der Wormser Bevölkerung zur CDU unterschied sich demnach in erheblichem Maße von der politischen Stimmung in den übrigen Städten und Gemeinden im neu gegründeten Rheinland-Pfalz. Auch wenn die Wormser Bevölkerung die rheinland-pfälzische Verfassung mit deutlicher Mehrheit abgelehnt hatte, änderte das nichts daran, dass sie wenig später in Kraft trat. Schließlich hatten sich landesweit 52,9 Prozent der Wähler dafür ausgesprochen. Das Votum der Mehrheit der Abstimmungsberechtigten für die Konstitution bewies, dass die Menschen Rheinland-Pfalz im Endeffekt doch akzeptierten, auch wenn sie das Land womöglich nur als Übergangslösung betrachteten46. In Worms lag es nahe, dass man für den Anschluss Rheinhessens an das benachbarte Bundesland Hessen eintrat. Allerdings blieben die Diskussionen darüber bis Mitte der 1950er Jahre theoretisch. Das sollte sich aber im Jahr 1956 ändern. Im Februar 1956 entschied das Bundesinnenministerium über 15 Anträge auf Zulassung eines Volksbegehrens zum Zweck der Veränderung der Binnenstruktur des Bundesgebiets. Das Verfahren endete mit einem fulminanten Sieg der Befürworter einer Vereinigung von Rheinhessen und Hessen47. Doch zu einem Volksentscheid kam es erst 20 Jahre später. Am 19. Januar 1975 fand die im Frühjahr 1956 verlangte und erreichte Abstimmung schließlich statt48. In Worms waren damals 56 141 Wahlberechtigte dazu aufgerufen, darüber abzustimmen, ob Rheinhessen an Hessen angegliedert werden oder bei Rheinland-Pfalz verbleiben sollte. Das Votum ließ keinen Zweifel zu: 13 062 Wormser Wähler stimmten für Rheinland-Pfalz, nur 8 281 votierten für Hessen 49. Da auch die übrigen, in Montabaur, Koblenz und Trier abgehaltenen Volksentscheide ein Ergebnis zu Gunsten von Rheinland-Pfalz aufwiesen, war die Gefahr der Zerschlagung des Landes gebannt50. Rheinland-Pfalz hatte folglich seinen Übergangscharakter verloren und wurde in seiner Existenz bestätigt. Den hessischen Ministerpräsidenten Albert Osswald (SPD), überraschte das Ergebnis nicht, wie die Wormser Zeitung in ihrer Ausgabe vom 21. Januar 1975 berichtete. Seit der Bildung der Bundesländer um 1945 seien die historischen Bezüge zunehmend verwischt worden, erklärte er51. Damit hatte er Recht. Es ist anzunehmen, dass die Entscheidung 20 Jahre zuvor anders ausgefallen wäre, weil zu diesem Zeitpunkt die Vorkriegsstrukturen und die daraus resultierenden Bindungen an Hessen noch weitaus lebendiger waren. Wahrscheinlich ist auch, dass an dem Volksentscheid 1956 nicht nur eine Minorität teilgenommen hätte, wie das 1975 der Fall war, als sich gerade einmal 38,3 Prozent der Wormser Wahlberechtigten, nämlich 21 435 Personen, ins Abstimmungslokal begaben52.

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Die Entwicklung der Parteien und parteilichen Vereinigungen in Worms Anders als in den übrigen Besatzungszonen blieb die Bildung politischer Parteien im Zuständigkeitsbereich der Franzosen bis zum 12. Januar 1946 offiziell untersagt. Erst nachdem am 13. Dezember 1945 die Verordnung Nr. 23 ergangen, am 21. Dezember im »Journal Officiel« verkündet und am 12. Januar 1946 mit den notwendigen Ausführungsbestimmungen versehen worden war, durften demokratische Parteien gegründet bzw. zugelassen werden. Das heißt aber nicht, dass es bis zu diesem Zeitpunkt kein politisches Leben in Worms gegeben hätte: Tatsächlich existierten bereits 1945 Bestrebungen, Parteien unterschiedlicher Provenienz und Zielsetzung neu bzw. wieder zu begründen. Allerdings durften diese Ansätze nicht öffentlich gemacht werden, denn offizielle Zusammenkünfte von mehr als vier Personen waren in der französischen Besatzungszone verboten 53. Selbstverständlich durften auch die wieder bzw. neu zugelassenen Parteien nicht agieren, wie es ihnen beliebte. Sie hatten bestimmte Vorgaben der Franzosen zu berücksichtigen. Hierzu gehörte eine Einschränkung bei der Namensgebung. Grundsätzlich durfte keine Partei die Bezeichnung »Deutschland« oder »deutsch« verwenden. Durch den Wegfall des Rekurses auf Deutschland in den Parteinamen wurde der von den Franzosen unerwünschte Hinweis auf einen Geltungsanspruch der Parteien und ihrer Politik für Gesamtdeutschland unterbunden und eine ausdrückliche Beschränkung der Parteiaktivitäten auf die Region deutlich gemacht. Darüber hinaus hatten die deutschen Parteigründer einem zweiten französischen Sonderwunsch Rechnung zu tragen: Im Gegensatz zur deutschen Administration, die von »unten nach oben« aufgebaut werden musste, sollten die Parteien »von oben nach unten« errichtet werden. Das bedeutete, dass die Bildung der Parteiorganisation nicht von der Lokalebene ausgehen und von dort aus auf die regionale Schiene übergreifen durfte, sondern dass sie ihren Ausgangspunkt in der übergeordneten Regionenebene zu nehmen hatte54. Mit dem verordneten Aufbau von oben nach unten wollte die französische Militärregierung vermeiden, dass die Deutschen an ihre zentralistische Parteientradition anknüpften, die ein deutschlandweites Agieren zur Folge haben würde. Durch diese Vorgaben verhinderten die Franzosen, dass es über die Entwicklung von Ortsvereinen, Kreis-, Bezirks- und Regionalverbänden schließlich zum gesamtstaatlichen Zusammenschluss kam. Das nämlich wäre das zwangsläufige Ergebnis eines auf streng föderalistischen Prinzipien basierenden Parteiaufbaus gewesen, an dem Frankreich jedoch kein Interesse hatte55.

Die CDU Zu den Wegbereitern der rheinhessischen CDU gehörte der frühere Zentrumspolitiker Lorenz Diehl aus Mainz, der sich im Frühjahr 1945 in Worms aufhielt und von dort aus versuchte, mit seinen politischen Freunden in der Region in Kontakt zu treten. Er beabsichtigte, so bald wie möglich eine christliche, demokratische und soziale Volkspartei 56 ins Leben zu rufen, die Christen jeder Konfession offen stehen sollte. 57 Sein Bestreben mün-

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Abb. 68: Bundestagswahl 1965 – Plakate vor dem Dom, 24. 8. 1965

dete schließlich in der Gründung der CDU, die als einzige christlich orientierte Partei von der französischen Militärregierung für die Besatzungsprovinz Rheinhessen-Pfalz unter General Bouley am 5. März 1946 zugelassen wurde 58. Aber nicht nur Diehl hatte Worms zum Ausgangspunkt politischer Aktivitäten gemacht. Außer ihm waren seit dem Frühjahr 1945 noch weitere Anhänger der »alten« Zentrumspartei – nämlich der Verwalter Andreas Roppelt, der Lehrer Heinrich Runne, der Architekt Georg Rohr und der Studienrat Wilhelm Armbruster – damit beschäftigt, ein Programm für eine christlich-demokratische Partei mit überkonfessionellem Charakter zu entwerfen, die auch für ehemalige Liberale interessant sein sollte. Hintergrund der Überlegung, die am 14. August 1945 in einem »Arbeitspapier« niedergelegt wurde, war der Gedanke, die politische Mitte, die in der Weimarer Republik kein Sammelbecken besessen hatte, in einer Partei zusammenzufassen59. Daraufhin trafen am 11. Januar 1946 in der Wormser Gewerbeschule Vertreter christlicher und liberaler Parteien zusammen, um über die Gründung einer solchen Partei zu beraten und das Unternehmen vorzubereiten. Insgesamt fanden sich an diesem Tag 22 Personen zusammen. Zehn von ihnen waren ehemalige Zentrumsangehörige, vier hatten der »Deutschen Volkspartei« (DVP), fünf der »Deutschen Demokratischen Partei« (DDP), zwei dem »Christlich-Sozialen Volksdienst« (CSVD) angehört. Einer der Anwesenden, der Missionsinspektor Karl Stahl von der Inneren Mission, war parteilos60. Die eigentliche Parteigründung fand dann zwischen dem 18. und 20. März 1946 – also rund 14 Tage nach der offiziellen Zulassung der Partei für Rheinhessen-Pfalz – in Gegenwart des als Hauptredner geladenen christlichen Gewerkschafters und Mitbegründers der Berliner CDU, Jakob Kaiser, im Herrnsheimer

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Grafik 25: Bundestagswahlen in Worms seit 1949

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Grafik 26: Landtagswahlen in Worms seit 1947

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55 55 % % 50 50 % % 45 45 % % 40 40 % % 35 35 % % 30 30 % %

SPD SPD CDU CDU KPD FDP FDP FWG Grüne Grüne

25 25 % % 20 20 % % 15 15 % %

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10 10 % %

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55 % % .

0 0% % 1946 1949 85,6

Sonstige

Rep. .

1948 1953 74,3

1952 1957 79,9

1956 1961 77,1

1960 1965 73,2

1964 1969 78,6

1969 1972 71,4

1974 1976 78

1979 1980 68,8

1984 1983 67,9

1989 1987 70,2

1994 1990 64,2

1999 1994 2004 1998 50,08 44,96

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Grafik 27: Kommunalwahlen in Worms seit 1946

»Kronensaal« statt. Die neue Partei, deren Vorsitz Wilhelm Armbruster übernahm und deren erste Geschäftsstelle am 22. Juni 1946 im Johanniterhof in der Hardtgasse eröffnet wurde, führte den Namen »Christlich-Demokratische Union«. Da sich diese Bezeichnung im übrigen Territorium des späteren Landes Rheinland-Pfalz zu diesem Zeitpunkt noch nicht durchgesetzt hatte, darf der CDU-Ortsverband Worms für sich in Anspruch nehmen, der erste in Rheinhessen gewesen zu sein, der diesen Namen führte61. Eines aber war den Wormser Christdemokraten nicht gelungen, nämlich die Mobilisierung der Protestanten, die dann auch – wie Ludwig von Heyl, der bei der vorbereitenden Versammlung präsent gewesen war – der Gründungsveranstaltung größtenteils fernblieben. Sie misstrauten dem Versprechen der Katholiken, dass der Katholizismus in der CDU nicht dominieren und die evangelischen Beiträge zur politischen Entwicklung nicht unterdrückt würden. Weil die Protestanten an dieser Zusicherung zweifelten, wandten sich die meisten von der neuen Partei ab und liebäugelten stattdessen mit der Gründung einer eigenen, liberal ausgerichteten Partei. Folglich konnte eines der großen Ziele, das sich die Christdemokraten in Worms gesetzt hatten, nicht erreicht werden: Die Schaffung einer wirklich konfessionsübergreifenden Partei. In der Wormser CDU überwog demnach das katholische Element62. Damit diese konfessionelle Tendenz die politischen Chancen der Christdemokraten bei den am 8. August 1946 durchgeführten Kommunalwahlen nicht beeinträchtigte, entschied sich die Partei dafür, ein die politischen Ursprünge der Parteimitglieder und deren Konfessionen angemessen berücksichtigendes Proporzsystem einzuführen63. Deutlich wird dies bei der Besetzung der zehn Vorstandsämter: Fünf wurden von Katholiken und ehemaligen Zentrumsangehörigen und die üb-

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rigen fünf von evangelischen Christen unterschiedlicher Parteizugehörigkeit besetzt 64. Nur in der unmittelbaren Nachkriegszeit gelang es der CDU, die Mehrzahl der Wormser Wähler für sich zu gewinnen. Mit Christian Eckert, der parteilos war, aber auf der Liste der CDU kandidiert hatte65, übernahm sie sogar das Amt des Oberbürgermeisters, das dieser allerdings am 7. Januar 1949 an den Sozialdemokraten Heinrich Völker abgeben musste, da die Union bei der zweiten, im Herbst 1948 durchgeführten Gemeinderatswahl ihre im September 1946 erzielte knappe Mehrheit an die SPD verloren hatte66. Bis zum 1. Dezember 1977 sollte es der CDU in Worms nicht mehr gelingen, den Oberbürgermeister zu stellen. Das änderte sich erst mit der Kandidatur von Wilhelm Neuß, der sich in der am 6. Juli 1977 durchgeführten Wahl gegen den Sozialdemokraten Gernot Fischer mit 25 zu 22 Stimmen durchzusetzen vermochte. Die Entscheidung für den CDU-Vertreter fand ihre Ursache nicht zuletzt in der Uneinigkeit, die die SPD in den Jahren nach dem 1967 erfolgten Ausscheiden Völkers als OB an den Tag legte. Die Konflikte, die die Parteimitglieder damals untereinander austrugen, schadeten dem Ansehen der Sozialdemokratie und ihrer Vertreter und boten den Christdemokraten die Gelegenheit, wieder das Stadtoberhaupt zu stellen 67. Unter Neuß’ Ägide wurden unter anderem zahlreiche Städtepartnerschaften geschlossen. Worms pflegt inzwischen Kontakte mit der englischen Domstadt St. Albans (seit 1957), zum französischen Auxerre (seit 1963), mit der italienischen Stadt Parma (1984), zu Tiberias (Israel, 1986), nach Bautzen (1990) und seit 1998 auch mit Mobile (Alabama, USA). Zehn Jahre lang blieb der erste christdemokratische Oberbürgermeister seit Christian Eckert im Amt, dann musste er sich am 1. Oktober 1987 seinem alten Herausforderer, nämlich Gernot Fischer von der SPD, geschlagen geben68. Zu den herausragenden, vielfach geehrten Persönlichkeiten der Partei nach 1945 zählt insbesondere Marie-Elisabeth Klee (geb. v. Heyl, Jahrg. 1922), die 1961 als seinerzeit jüngste Abgeordnete im Deutschen Bundestag einzog und dort bis 1972 wirkte. Daneben war sie lange Jahre in verschiedenen internationalen Organisationen, darunter vor allem für UNICEF, tätig 69.

Die SPD Am 10. November 1945 kam es in Mainz zu einer ersten Konferenz der rheinhessischen Sozialdemokraten, die das Ziel verfolgte, die SPD wieder zu begründen. An der von Alfred Freitag einberufenen Zusammenkunft nahmen, neben 60 bis 70 weiteren Sozialdemokraten, auch Wormser Vertreter der Partei teil, darunter der Studienrat Karl Heyl (1882 –1970 70), der zum Beisitzer im ersten Arbeitsausschuss der SPD bestimmt wurde, den man im Zuge der Tagung gewählt hatte. Die Mitwirkung eines Wormser Sozialdemokraten in diesem Gremium erschien schon auf Grund des großen Rückhalts sinnvoll, den die Sozialdemokratie in Worms dank des hohen Anteils an Industriearbeitern in der Stadt besaß. Den Vorstand des Arbeitsausschusses übernahm aber trotzdem kein Wormser, sondern Bürgermeister Willy Hitter aus Hechtsheim bei Mainz. Die Konferenzteilnehmer beschlossen, den Lizenzierungsantrag für die Partei durch die pfälzischen Parteigenossen stellen zu lassen. Entgegen den Vorgaben der französischen Militärregierung besaß die SPD zu diesem Zeitpunkt im Übrigen längst wieder diverse »illegale« Ortsver-

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eine. Einer davon befand sich in Worms. Den Wormser Ortsverein hatte man seinerzeit heimlich in der Betriebskantine der Eisenbahner unter Mitwirkung von Ludwig Bardorf gegründet71. Der Beschluss der November-Konferenz, die Sozialdemokratische Partei offiziell wieder zu begründen, wurde am 27. Dezember 1945 in die Tat umgesetzt. Daraufhin genehmigte Militärgouverneur Bouley am 6. Februar 1946 die Gründung der sozialdemokratischen Partei für die Region Hessen-Pfalz. Gemäß den zu berücksichtigenden Vorgaben der Franzosen war die Bezeichnung »Sozialdemokratische Partei Deutschlands« (SPD) verboten. Man musste sich mit »Sozialdemokratische Partei Hessen-Pfalz« bescheiden. Da sich die Sozialdemokraten den Wünschen der Franzosen fügten, stand ihrer politischen Aktivität in Worms und Umgebung, die noch Mitte Januar 1946 auf Grund des Fehlens einer Provinzorganisation abgelehnt worden war, fortan nichts mehr im Wege72. Allerdings gestaltete sich die praktische Kooperation zwischen pfälzischen und rheinhessischen Sozialdemokraten zuweilen schwierig. Das lag nicht nur an unterschiedlichen Auffassungen zu bestimmten Fragen, sondern unter anderem auch an den fehlenden Möglichkeiten, die bestehenden Unstimmigkeiten durch Diskussionen auszuräumen. Infolge fehlender regelmäßiger Postverbindungen und der schieren Unmöglichkeit eines wechselseitigen Besuchs, der auf Grund der desolaten Verkehrsverhältnisse kaum realisierbar war, blieb es oft nicht aus, dass die Sozialdemokraten in der Pfalz und in Rheinhessen – trotz ihrer Vereinigung in einem Bezirk – getrennt voneinander entschieden. Das Problem löste sich, nachdem Rheinhessen am 1. November 1946 dem Oberregierungspräsidium Rheinland-Hessen-Nassau in Koblenz angegliedert worden war. Danach bestand für die rheinhessische SPD wieder die Möglichkeit, einen eigenen Bezirksverband zu bilden. Diese Gelegenheit nahm man in Rheinhessen selbstverständlich wahr73. Über die Einrichtung von Bezirken kam die rheinland-pfälzische SPD dann allerdings auch nicht hinaus. Auf Grund ihrer traditionell zentralistischen, auf die Parteiführung in Hannover ausgerichteten Struktur sowie ihrer strikten Ablehnung des als Oktroy und Übergangslösung verstandenen Landes verzichteten die Sozialdemokraten in RheinlandPfalz auf die Schaffung eines Landesverbands. Dieses Manko geriet für die SPD zum Problem, weil ihr Vorgehen zu einer Kollision mit den Interessen der französischen Besatzungsmacht führte, die den national-zentralistischen Kurs des SPD-Vorsitzenden Kurt Schumacher strikt ablehnte. Darüber hinaus sorgte die starre Haltung der SPD dafür, dass sie den politischen und sozialen Entwicklungen im Land, das mehr und mehr Akzeptanz bei seinen Einwohnern fand, nicht ausreichend entsprach und sich so in eine jahrzehntelange Abseitsposition manövrierte, die sich an ihrer bis 1991 andauernden Abstinenz in der Landesregierung manifestieren lässt. Erst 1966 kam es schließlich zur Bildung eines SPD-Landesvorstands in Rheinland-Pfalz, der allerdings die nach wie vor souveränen Bezirke nicht dominieren konnte. Seit November 1987 unterstehen die Bezirke organisatorisch und politisch dem Landesverband74. Für die Akzeptanz der Sozialdemokratie in Worms spielten diese organisatorischen Fragen allerdings keine Rolle. Nur selten (1946, 1994 und 2004) musste sich die SPD mit der Position der zweitstärksten politischen Kraft in der Stadt bescheiden. Zumeist waren es die Sozialdemokraten, die die Mehrheit der Wählerstimmen auf sich ziehen konn-

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ten.75 Offenbar trauten die Wormser der SPD und ihren Repräsentanten, zu denen ab 1948 auch die für ihr sozial- und kulturpolitisches Engagement in der Stadt (1948 –1960 Stadtrat) und im Landtag (1957–1977) bekannte, aus der Arbeiterbewegung kommende und in der NS-Zeit erheblich drangsalierte Lucie Kölsch (1919 –1997) gehörte76, die Bewältigung der vielfältigen Probleme in der schwer zerstörten Stadt in besonderem Maße zu. Dieser Vertrauensvorschuss bedeutete eine erhebliche Herausforderung, vor allem deshalb, weil auch der Arbeitsmarkt am Boden lag. Die Arbeitslosenziffer war entsprechend hoch in Worms, viel höher als in den übrigen Städten und Gemeinden der Region. Ein Grund dafür war die Abhängigkeit der Stadt von der Lederindustrie, die nach Kriegsende Schwierigkeiten hatte, wieder in Gang zu kommen. Das lag nicht zuletzt daran, dass der Zonenzentralismus der französischen Besatzungsmacht den Wirtschaftsaufschwung erschwerte. Die Politik der Franzosen machte die Stadt für auswärtige Investoren uninteressant. Wer einen neuen Betrieb gründen wollte, ging in die amerikanische Besatzungszone, in der wesentlich günstigere Bedingungen herrschten. In dieser schlechten Phase bedurfte es sowohl einer großen Portion Eigeninitiative als auch erheblicher Kreativität, um die Stadt aus ihrem wirtschaftlichen und sozialen Tief herauszuführen. Die Vertreter der SPD, namentlich Heinrich Völker, besaßen in dieser Hinsicht ein nicht unerhebliches Talent. Völker, seines Zeichens Oberbürgermeister von Worms und zugleich Abgeordneter des rheinland-pfälzischen Landtags, sorgte dafür, dass es im Norden der Stadt zur Einrichtung eines neuen Industriegebiets kam, das von nicht Leder verarbeitenden Betrieben besiedelt werden sollte; außerdem bemühte er sich, Aufträge und Arbeitsvergaben, die ihm dank seiner Betätigung als Mitglied des Haushalts- und Finanzausschusses des Mainzer Landtags bekannt wurden, für Worms zu gewinnen77. Der findige und beliebte Oberbürgermeister Völker schied 1967 aus seinem Amt aus und erhielt für seine Verdienste um den Wiederaufbau der Stadt die Ehrenbürgerwürde. Die auf diese personelle Zäsur folgenden zehn Jahre waren für die Partei keine glücklichen. Interne Konflikte um Posten und Personen lähmten die Wormser Sozialdemokratie und führten schließlich dazu, dass sie bei den Kommunalwahlen des Jahres 1974 den geringsten Wählerzuspruch seit 1948 zu verzeichnen hatte. Mit 39,7 Prozent der Stimmen lag sie nur knapp vor der CDU, die 38,5 Prozent der Voten erhalten hatte. Für den Stadtrat bedeutete das: Die beiden großen Parteien zogen mit jeweils 19 Mandaten in den Rat ein. Die SPD hatte die Mehrheit verloren und musste, wenn sie ihre Vorhaben durchsetzen wollte, auf Partnersuche gehen. Das war natürlich kein zufrieden stellender Zustand für die Partei. Als unannehmbar empfand sie es darüber hinaus, dass der aus ihren Reihen stammende neue Oberbürgermeister, der in Dortmund gebürtige Jurist Dr. Günter Kuhfuß (1926 –2001)78, relativ engen Kontakt zu CDU und FWG suchte. Beide Seiten hatten ihn bei seiner Wahl zum Stadtoberhaupt am 11. Oktober 1967 unterstützt. Seine sozialdemokratischen Parteifreunde missbilligten Kuhfuß’ Vorgehensweise. Im Grunde waren Spannungen zwischen dem mit eher bürgerlichem Habitus auftretenden Kuhfuß und der Partei allerdings bereits von seiner Wahl an angelegt, was die politische Arbeit im Rat nicht einfach machte. Im Rahmen einer Unterbezirkskonferenz, die 1974 im Wintergarten des Festhauses abgehalten wurde, rückten die Delegierten deutlich von Kuhfuß ab. Er sei nicht mehr Repräsentant sozialdemokratischer Zielsetzungen, wie 103 der anwe-

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senden 124 Stimmberechtigten erklärten79. An Kuhfuß’ Stelle rückte daher 1977 der Jurist und Bundestagsabgeordnete Gernot Fischer80 (geb. 1937). Ihm gelang es jedoch nicht, den politischen Flurschaden, der durch die vorangegangenen Querelen für die SPD entstanden war, zu beseitigen. Die Konsequenz war der Verlust des Oberbürgermeisterpostens. Das Amt ging am 6. Juli 1977 an Fischers CDU-Konkurrenten, den aus Aachen stammenden Juristen Wilhelm Neuß81 (geb. 1932). Der Christdemokrat wurde mit den Stimmen von CDU und FWG zum OB gewählt82. Rund zehn Jahre später, nämlich am 4. März 1987, schlug dann doch noch Fischers Stunde: Der Sozialdemokrat konnte sich gegen seinen christdemokratischen Widersacher behaupten und wurde mit Wirkung zum 1. Dezember 1987 zum Oberbürgermeister von Worms ernannt83. Dass seine Amtsführung geschätzt wurde, beweist seine Wiederwahl am 13. April 1997 84. Sie erfolgte erstmals nicht durch die Ratsmitglieder, sondern durch die wahlberechtigten Einwohner der Stadt. Der sehr populäre Fischer war damit der erste Wormser Oberbürgermeister, der aus einer Direktwahl hervorging85. Die Möglichkeit, das Stadtoberhaupt unmittelbar durch die Bürger wählen zu lassen, besteht in Rheinland-Pfalz seit dem 5. Oktober 1993. Mit dem am 12. Juni 1994 in Kraft getretenen Landesgesetz über die Wahlen zu den kommunalen Vertretungsorganen wurde diese Möglichkeit der erhöhten Einflussnahme der Wähler auf politische Entscheidungen in den Gemeinden geschaffen86. Die Amtsperiode eines direkt gewählten Oberbürgermeisters, der in Personalunion Vorsitzender des Stadtrats und der Verwaltung ist87, beträgt acht Jahre88. Fischer hätte demnach bis zum 30. November 2005 amtieren können89, entschloss sich aber aus persönlichen Gründen, seine Position zum 30. Juni 2003 aufzugeben90. Aus diesem Anlass wurden am 16. März 2003 Neuwahlen notwendig. Um die Nachfolge des Oberbürgermeisters bewarb sich Fischers Parteifreund, der aus Worms-Herrnsheim stammende erfahrene Verwaltungsbeamte Michael Kissel (geb. 1955), der unter anderem gegen den Christdemokraten Matthias Schmelas sowie Herta Egli von Bündnis 90/Die Grünen antrat und mit 50,8 Prozent der Stimmen bereits im ersten Wahlgang einen fulminanten Sieg davontrug91.

Von der LP zur FDP Die Liberale Partei Rheinhessen wurde am 21. September 1946 von der französischen Militärregierung genehmigt und konstituierte sich am 31. Oktober 1946 unter dem Vorsitz ihres Initiators, des ehemaligen DDP-Stadtrats von Mainz, Richard Scheller. Die LP nahm eine deutlich linksliberale Position ein. In Worms bot sie vor allem den Vertretern des Protestantismus und der früheren liberalen Parteien, die sich durch die katholisch dominierte CDU und ihre Politik nicht angesprochen fühlten, eine neue politische Heimat92. Die Bezeichnung der neuen Partei war durchaus verwirrend: Von »Liberale Partei – Sozialer Volksbund« (LP/SV) über »Demokratische Partei Rheinhessen« und »Liberale Partei« (LP) führte der Weg schließlich 1951 zur FDP. Zu den ersten herausragenden Repräsentanten der Liberalen in Worms gehörten die am 14. November 1948 zur Kommunalwahl angetretenen Kandidaten Willibald Martenstein, von Beruf Handelsstudienrat, Heinz Haarmann, von Beruf Kaufmann, und Eugenie Hauck, die sich als Lehrerin und Hausfrau bezeichnete. Ganz im Sinne der Ablehnung des Katholizismus und seiner politischen

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Zielsetzungen sprachen sich die Wormser Liberalen eindeutig gegen eine Unterordnung der Politik unter ein religiöses Bekenntnis aus. Politik und Religion seien zwei grundverschiedene Dinge, die es prinzipiell zu trennen gelte93. Das Programm und die Politik der Liberalen trafen bei den Wormser Wählern jahrelang auf Zustimmung. Zwischen 1948 und 1984 war die Partei permanent im Stadtrat vertreten. Ihre Hochphase hatte die FDP im Jahr 1952. Damals entschieden sich 24,5 Prozent der Stimmberechtigten für die Liberalen, die mit diesem Ergebnis zur zweitstärksten politischen Kraft hinter den Sozialdemokraten aufstiegen. Sie erhielten 9 von 37 der im Stadtrat verfügbaren Sitze. Die CDU, die für gewöhnlich die nun der FDP zugefallene Position einnahm, musste sich mit 8 Sitzen und 20,1 Prozent der Wählerstimmen zufriedengeben. Doch an den herausragenden Erfolg des Jahres 1952 konnten die Freidemokraten bei den anschließenden Kommunalwahlen nicht mehr anknüpfen. Im Gegenteil: Zwischen 1956 und 1994 musste die FDP massive Stimmenverluste hinnehmen. Das ging 1984 so weit, dass die Partei unter die Fünf-Prozent-Marke sank und somit nicht mehr im Stadtrat vertreten war. Gerade einmal 2,5 Prozent der Wähler hatten sich damals für die Freidemokraten entschieden. Das Ergebnis stellte eine bittere Niederlage für die Liberalen dar. Zwischen 1989 und 1994 gelang es der FDP zwar, das schlechte Resultat von 1984 zu verbessern, doch gehörte sie mit einem Wahlergebnis von 4 bzw. 3,7 Prozent zu den politischen Schlusslichtern in Worms94. Auf Grund der am 22. Juli 1988 erfolgten Veränderung des Kommunalwahlrechts in Rheinland-Pfalz, durch das die bis dahin gültige Fünf-Prozent-Klausel abgeschafft wurde95, blieb die FDP im Wormser Stadtrat vertreten. Bei der 1999 durchgeführten Abstimmung über die Zusammensetzung des Stadtrats erzielten die Freidemokraten 4,5 Prozent der Stimmen und erhielten daraufhin für die fünf Jahre andauernde Wahlperiode zwei Sitze im Rat der kreisfreien Stadt96. Im Jahr 2004 waren es dann drei Sitze und knapp 5,8 Prozent der Stimmen 97.

Die KPD und die Liste Penk Am 4. Februar 1946 erfolgte die Zulassung der KPD in der französischen Besatzungszone, deren illegale Organisation in Worms schon seit Kriegsende aktiv war und über angeblich 10 Ortsgruppen mit insgesamt 150 Parteimitgliedern verfügte. Wie die übrigen Parteien mussten sich auch die Kommunisten der Order der Militärbehörde unterwerfen, derzufolge der Aufbau der Partei von oben nach unten durchgeführt werden sollte. Dementsprechend kam es zur Einrichtung der »Kommunistischen Partei Hessen-Pfalz«. Dass den Kommunisten die Genehmigung zur Parteigründung noch vor der SPD erteilt wurde, war in erster Linie auf den starken Einfluss der französischen KP zurückzuführen 98. Doch schon zuvor hatten die Kommunisten – wie auch die übrigen Vertreter der noch nicht wieder zugelassenen Parteien – versucht, ihren Einfluss in Worms geltend zu machen. Das geschah zum einen über das von der französischen Besatzungstruppe bestellte Gemeinderatskomitee, dem vier (frühere) KPD-Mitglieder angehört hatten, nämlich Wilhelm Lautenschläger, Josef Pelger, Ernst Stahl und Emil Eschenauer, und zum anderen über den von Hugo Binder mitgeführten Freien Gewerkschaftsbund, der am 1. Juli 1945 für den Stadt- und Landkreis Worms gegründet worden war 99. Bezüglich der Einrichtung

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des Gewerkschaftsbunds, der große Zustimmung bei der Wormser Bevölkerung fand und entsprechend stark frequentiert wurde100, berichtete KPD-Bezirksleiter Walter Fisch dem Parteisekretariat in Ost-Berlin am 10. August 1945 hochstapelnd: In Worms gebe es eine legale Gewerkschaft unter kommunistischer Kontrolle 101. Die Aussage Fischs ist bezeichnend für die Absicht, die hinter der anfänglich von den Kommunisten propagierten engen Kooperation mit der SPD steckte102. Um eine solche bemühte sich auch die Wormser KP, wie aus einer um 1947 entstandenen Notiz der Kommunistischen Partei hervorgeht, in der es heißt, man wolle die Schaffung einer sozialistischen Einheit herbeiführen103. Dabei ging es den Kommunisten nicht nur um eine sinnvolle Zusammenarbeit der beiden großen Arbeiterparteien im Interesse des deutschen Wiederaufbaus, sondern auch darum, die Sozialdemokratie zu entmachten und ihr Potenzial einer einheitlichen Arbeiterorganisation unter kommunistischer Führung zukommen zu lassen. Nachdem die Sozialdemokraten diese Absicht der Kommunisten erkannt hatten, wurden die Gespräche mit der KPD über ein Zusammengehen der Arbeiterparteien eingestellt104. Rund fünf Wochen nach der Erteilung der Erlaubnis zur Wiederzulassung der KP luden die Wormser Kommunisten am 10. März 1946 zu einer öffentlichen Festveranstaltung in den Mozartsaal ein, um in Gegenwart des Landesvorsitzenden der KP Hessen-Pfalz, Herbert Müller, ihr wiederhergestelltes Recht auf politische Beteiligung in Stadt und Land gebührend zu feiern 105. Bei aller Freude über die Wiederzulassung der Partei gab es doch den einen oder anderen Wermutstropfen: Hierzu gehörte beispielsweise der Umstand, dass das Gros der KP-Mitglieder an die Denk- und Vorgehensweise der Partei vor 1933 anknüpfen wollte, was damit zu tun hatte, dass die meisten »alte« Parteigenossen waren, also bereits vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten der Partei angehört hatten 106. Bezirksleiter Fisch, der diese für ihn eher unerfreuliche Erkenntnis an das Parteisekretariat in Ost-Berlin übermittelte, befürchtete, dass dieses Anknüpfen an die Vergangenheit der von ihm gewünschten festeren Verankerung bzw. Weiterverbreitung der kommunistischen Ideale in der gegenwärtigen Gesellschaft schaden könnte. Was jetzt gebraucht wurde, war die Entwicklung innovativen politischen Gedankenguts und eine Verabschiedung von überholten Dogmen, die die Partei in der Vergangenheit verfolgt hatte. Die Konflikte innerhalb der Partei führten zum Ausschluss führender Mitglieder, darunter ehemaliger Stadträte. Einen weiteren Wermutstropfen für die KPD in Worms stellte der Ärger dar, den die linke Liste Penk, angeführt von Friedrich Penk (1898 –1987 107), verursachte. Der Landwirt, ehedem selbst Mitglied der KPD, dort »Sekretär für Landarbeit« und 1922 Mitbegründer des so genannten Freiwirtschaftsbundes, hatte seine Mitgliedschaft bei den Kommunisten auf Grund seines parteifeindlichen Verhaltens verloren. Einem um 1947 entstandenen Bericht der Wormser Kommunistischen Partei zufolge versuchte Penk wiederholt, Veranstaltungen der KPD zu sprengen. Dabei wurde er von seinen Anhängern unterstützt, die – wie der kommunistische Berichterstatter verächtlich feststellte – vornehmlich dem aus dem »Barackenviertel« stammenden »Lumpenproletariat« zuzurechnen waren. Von dieser Klientel wünschten sich die Wormser Kommunisten ganz eindeutig zu distanzieren. Aber nicht nur die Anhängerschaft Penks missfiel der KPD. Gleiches galt für die politischen Ziele, die die zeitweilig 43 Personen starke Liste Penk verfolgte;

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die Liste erlangte bei den Stadtratswahlen von 1946 über neun Prozent der Stimmen, vornehmlich in traditionellen KPD-Hochburgen der Stadt. Zu den Zielen der Liste gehörte die Bekämpfung der Kommunistischen Partei, das Votum gegen die »sozialistische Einheit«, die Errichtung »Pan-Europas« sowie der damit einhergehende Verzicht auf die Schaffung einer zentralen deutschen Regierung einschließlich der Preisgabe des Berufsbeamtentums. Um ihren politischen Einfluss zu stärken, erwog die lediglich als parteiliche Vereinigung geltende Liste Penk, die sich ab dem 1. September 1948 offiziell »Sozialistische Union Worms« (SU) nannte, ihre rechtliche Position zu verändern. Zu diesem Zweck wollte sie bei der französischen Besatzungsmacht einen Antrag auf Zulassung als »politische Partei« beantragen. Es gelang ihr übrigens tatsächlich, den Status einer »Rathauspartei«, die sich ausschließlich auf die politische Arbeit in der Stadt konzentriert, zeitweilig hinter sich zu lassen. So kandidierte Penk am 14. August 1949 für den Bundestag und erhielt in Worms 12,7 Prozent der Stimmen. Damit lag er wieder einmal vor den Kommunisten, die lediglich 9,5 Prozent der Wählervoten auf sich zu ziehen vermochten. Die KPD beobachtete das Gebaren der Liste Penk aufmerksam und kritisch. Um sicher zu gehen, dass der Partei keine Entwicklung der missliebigen Gruppierung entging,

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hatte sie dort Beobachter eingeschleust, die regelmäßig Bericht erstatteten. Obwohl manches Mitglied der Penk-Liste im Laufe der Zeit wieder aus der Sozialistischen Union ausschied und um neuerliche Aufnahme in der KPD ersuchte, gelang es der SU doch, sich bei den Wormser Wählern zu etablieren. Weder die Liste Penk noch ihre Nachfolgeorganisationen dürfen also als politische Eintagsfliege abgetan werden. Sie müssen als Gruppierungen verstanden werden, denen es gelang, politische Themen jenseits der Zielsetzungen der unmittelbar mit ihr konkurrierenden KPD zu besetzen. Das beweisen zum Beispiel die Ergebnisse der am 14. November 1948 durchgeführten Kommunalwahl. Bei dieser Abstimmung erzielten die Mitglieder der Sozialistischen Union Worms fünf Mandate bzw. 12,7 Prozent der Stimmen, während sich die Kommunisten mit 9,1 Prozent der abgegebenen Voten, die drei Sitze im Stadtrat bedeuteten, begnügen mussten108. Für Friedrich Penk war dieses Ergebnis ein Triumph über seine ehemaligen Parteifreunde, zumal er – mit den Stimmen der SPD – am 15. November 1948 auch noch zum 1. Beigeordneten gewählt wurde, während der Kommunist Friedrich Schmitt, der diese Position jahrelang bekleidet hatte, kein Amt als Beigeordneter mehr erhielt. Gekränkt verließ Schmitt daraufhin im Frühjahr 1949 sowohl den Wormser Stadtrat als auch die Kommunistische Partei und kehrte in die SPD zurück109. Penk, der am 15. April 1953 die Position des 1. Beigeordneten verlor, aber mit den Stimmen von CDU und FDP immerhin noch zum 3. Beigeordneten gewählt wurde, gehörte dem Stadtrat bis 1960 an. Allerdings firmierte seine Gruppierung, bei der es immer wieder zu Abspaltungen und Übertritten in andere sozialistische Vereinigungen kam – als Beispiel sei hier der am 5. April 1951 erfolgte Wechsel von fünf SU-Stadträten in die Tito-freundliche Unabhängige Arbeiterpartei Deutschlands (UAPD) genannt – ab August 1948 nicht mehr unter der Bezeichnung Sozialistische Union, sondern unter dem Namen »Frei-Soziale Union« (FSU). Hierbei handelte es sich um eine politische Organisation, die 1950 in Bielefeld ins Leben gerufen worden war und danach strebte, die Ideen Silvio Gesells in die Realität umzusetzen. Trotz der personellen und politischen Querelen, die die FSU zeitlebens durchzustehen hatte, schaffte sie bei den Kommunalwahlen vom 11. November 1956 erneut den Einzug in den Wormser Stadtrat, in dem sie mit zwei Abgeordneten präsent war. In den Folgejahren aber versank die »Frei-Soziale Union« in der Bedeutungslosigkeit. Das lag vor allem daran, dass Penk, dessen persönlicher Reputation die Wahlerfolge wohl in erster Linie zugeschrieben werden dürfen, nicht mehr kandidierte. Der Erfolg, den die FSU im Herbst 1956 noch einmal verzeichnen konnte, ist möglicherweise auch auf das am 17. August des Jahres ausgesprochene KPD-Verbot zurückzuführen. Es wäre denkbar, dass sich mancher politisch heimatlos gewordene Wähler der Kommunisten bei dieser Wahl für die »Frei-Soziale Union« entschied, weil sie die einzige sozialistische Gruppierung in Worms darstellte, die überhaupt noch existierte. Wie gesehen, gelang es der Wormser KPD nicht, sich gegen ihre linke Opposition, angeführt von Friedrich Penk, durchzusetzen. Sie musste im Gegenteil miterleben, wie ihr Einfluss im Stadtrat im Laufe der Jahre schwächer und schwächer wurde. Das hatte einerseits mit dem offensichtlich in der Bevölkerung relativ beliebten Penk zu tun, der große Teile der links denkenden Wählerschaft an sich zu binden vermochte, andererseits aber zeigte inzwischen wohl auch in Worms die in der SBZ bzw. in der DDR betriebene Politik der SED und der KPdSU

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negative Wirkung: Vor einem Kommunismus bzw. Sozialismus, wie er dort gelebt werden musste, schreckten die Menschen zurück. Bevormundung und Unterdrückung hatten sie während des Dritten Reiches zur Genüge erfahren; danach stand ihnen nicht mehr der Sinn. So kam es, dass die KPD, die anlässlich der Gemeinderatswahlen vom 14. November 1948 noch 9,1 Prozent der Stimmen zu erzielen vermochte, bei der nächsten Stadtratswahl am 9. November 1952 nur noch 5,8 Prozent der Wähler von ihrer Politik überzeugen konnte. Die beiden Mandate, die der Kommunistischen Partei auf Grund des Wahlergebnisses zufielen, übernahmen Wilhelm Lautenschläger und Erwin Ruske, der am 4. Februar 1953 von Adolf Schröder abgelöst wurde. Die beiden KPD-Abgeordneten blieben bis zur offiziellen Neuwahl des Stadtrats, die am 11. November 1956 stattfand – also knapp drei Monate nach dem vom Bundesverfassungsgericht ausgesprochenen KPD-Verbot – im Amt. Da sie natürlich unmöglich als Vertreter einer verfassungswidrigen Partei auftreten konnten, führten sie ihre Mandate als parteilose Abgeordnete weiter110. Die Mitglieder der Kommunistischen Partei, die in Worms jahrelang eine wichtige politische Kraft dargestellt hatten, verzichteten nach dem Verbot der KPD darauf, sich als Wählergruppe im Sinne einer »Rathauspartei« neu zu konstituieren, um auch weiterhin in der städtischen Politik aktiv und präsent sein zu können. Sie gingen offenkundig davon aus, dass die Bevölkerung kein Interesse daran haben würde, kommunistisch zu wählen. Wie gering die Bedeutung der KPD zu diesem Zeitpunkt in Worms bereits geworden war, beweist auch der Umstand, dass es am 17. August 1956 nicht einmal mehr ein Parteibüro gab, das geschlossen werden konnte und musste 111. Die Ära der KPD in Worms war längst vorüber.

Die Grünen Die im Januar 1980 gegründete Partei »Die Grünen«, die sich seit der Wiedervereinigung Deutschlands »Bündnis 90/Die Grünen« nennt112, trat in Worms erstmals 1984 in Erscheinung. Bis dahin hatten grüne Gruppierungen, wie zum Beispiel der »Bund für Natur- und Umweltschutz – Kreisgruppe Worms« oder der »Grüne Kreis« versucht, ökologische Themen zu besetzen. Nennenswerter Erfolg in Form eines Einzugs in den Wormser Stadtrat war ihnen jedoch nicht beschieden. Das gelang erst der Grünen Partei, die auf Anhieb 5,2 Prozent der Wählerstimmen auf sich ziehen konnte und somit 1984 mit zwei Sitzen in den Wormser Stadtrat einziehen konnte. In den darauf folgenden Jahren schafften es die Grünen, ihr Ergebnis auf über acht Prozent zu verbessern und die Zahl ihrer Abgeordneten auf vier zu steigern 113. Dauerhaft war dieses gute Ergebnis jedoch nicht zu halten. Wie in der gesamten Bundesrepublik wurden Mitte der 1990er Jahre auch in Worms die Grünen mit Wählerabwanderung konfrontiert. Die Zustimmung der Bürger zur grünen Politik und ihrer Umsetzung sank. Trotzdem waren die Grünen nach wie vor im Wormser Stadtrat vertreten. Bei den 1999 durchgeführten Kommunalwahlen erzielten sie 5,7 Prozent der Stimmen und erhielten drei Sitze im Rat 114. Bei den Stadtratswahlen 2004 konnten sie sich auf vier Sitze und 6,75 Prozent steigern 115.

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Freie Wählergemeinschaft (FWG) Bei der Freien Wählergemeinschaft (FWG) handelt es sich nicht um eine Partei im Sinne des Artikels 21 des Grundgesetzes, sondern um eine so genannte »Rathauspartei«. Das sind parteiliche Vereinigungen, die ausschließlich für Gemeindeparlamente kandidieren und nicht die Absicht haben, an der Vertretung des Volkes im Land- bzw. Bundestag mitzuwirken.116 Die FWG gehört zu den etablierten politischen Kräften in der Stadt. Seit 1956 ist sie im Stadtrat vertreten. Ihren bisherigen Höhepunkt erlebte die Freie Wählergemeinschaft in den Jahren 1964 bis 1974. Damals gelang es ihr, erst 8, 1969 dann sogar 18,7 und 1974 13,2 Prozent der abgegebenen Stimmen auf sich zu ziehen. Danach aber fielen die freien Wähler wieder auf ihre bis dahin üblichen fünf bis sechs Prozent der Voten zurück117. Die im Laufe der Zeit immer bedeutungsloser gewordene FWG war sowohl 1994 als auch 2004 nur deshalb weiterhin im Rat der Stadt Worms vertreten, weil der rheinland-pfälzische Landtag sich am 22. Juli 1988 entschlossen hatte, die Fünf-ProzentKlausel bei den Kommunalwahlen abzuschaffen. Diese Hürde war nach dem Zweiten Weltkrieg eingeführt worden, um einer Zersplitterung des Parteiensystems vorzubeugen. Die Präsenz diverser Klein- und Kleinstparteien in den demokratischen Repräsentationsorganen hatte in der Weimarer Republik die Handlungsfähigkeit der Volksvertretungen gelähmt. Ein Wiederauftreten dieses Problems wollte der Gesetzgeber daher nach 1945 vermeiden. Rund 40 Jahre später befand der rheinland-pfälzische Landtag allerdings, dass die traditionelle Sperrwirkung den Bedürfnissen kommunaler Vertretungen und ihrer Repräsentanten nicht mehr gerecht werde. Da sich der Landesgesetzgeber inzwischen dafür entschieden hatte, das »Element der Personenwahl im Kommunalwahlrecht entscheidend«118 zu stärken, musste auch die mit fünf Prozent der Wählerstimmen relativ hoch angelegte Sperrwirkung verringert werden. Sie kollidierte nämlich mit der im neuen Wahlrecht von 1988 angelegten zunehmenden Personalisierung bei den kommunalen Abstimmungen, die sich durch die Möglichkeit des Kumulierens und Panaschierens, also der Stimmenbündelung und -aufteilung, ausdrückt. Deshalb trat an die Stelle der Fünf-Prozent-Klausel die so genannte Wahlzahl. Auch ihr fällt die Funktion einer Sperrwirkung zu. Diese ist aber deutlich niedriger angelegt als die bis dahin gültige119. Die Wahlzahl ist die ganze Zahl, die sich ergibt aus der Gesamtzahl der Stimmen aller Parteien und Wählergruppen der Gemeinde geteilt durch 33. Mathematisch anders formuliert[,] ist sie die ganze Zahl, die sich ergibt, wenn man die Gesamtstimmenzahl mit 3,0303 % vervielfacht. Diese ungefähr 3 % sind die Sperrwirkung, die die Wahlzahl bewirkt 120. Aus diesem Grund konnte die FWG, die 1999 3,9 Prozent der Stimmen errungen hatte, mit zwei Mandaten in den Stadtrat einziehen121. Bei dieser Mandatszahl blieb es auch 2004, obwohl die FWG sich auf 4,03 Prozent steigerte122. Kommunalwahlen locken inzwischen allerdings nicht einmal mehr 50 Prozent der wahlberechtigten Bürger an die Urnen123. Dieser bundesweit zu beobachtende Trend lässt sich auch in Worms nachweisen. Im Jahr 2004 lag die Wahlbeteiligung dort bei lediglich 44,98 Prozent124.

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Der Wiederaufbau von Worms Mit dem politischen begann 1945 auch der architektonische, kulturelle, soziale und wirtschaftliche Wiederaufbau der Stadt. Die damit verbundenen Projekte und Protagonisten, Ideen und Entwicklungen sollen im Folgenden im Überblick dargestellt werden.

Der gesellschaftliche Wiederaufbau Zu den unverzichtbaren Bestandteilen der gesellschaftlichen Erneuerung gehörte die dauerhafte Ausschaltung der Nationalsozialisten, die nie wieder führende Positionen im politischen und sozialen Leben der Stadt einnehmen können sollten. Ein Mittel zum Erreichen des gesteckten Ziels sah man in der Entnazifizierung 125. Bestandteil des Entnazifizierungsprogramms der Amerikaner und später der Franzosen war sowohl die Internierung ehemaliger Angehöriger der NSDAP in Lagern als auch die Entlassung politisch belasteter Bediensteter der Stadtverwaltung. Zu den von diesen Maßnahmen betroffenen Personen gehörten sowohl Beamte als auch Angestellte und Arbeiter. Zwischen März und November 1945 sank die Zahl der städtischen Bediensteten in erheblichem Maße. Von ehedem 188 Beamten blieben 122 übrig, von denen wiederum 15 aus politischen Gründen suspendiert wurden. Bei den Angestellten waren insgesamt 47 Personen betroffen. Ihre Zahl reduzierte sich von 404 auf 347 zuzüglich 18 Suspendierter. Auch 37 Arbeiter verloren ihre Posten. Von 561 blieben 524126. Da sich die Aufgabenstellung jedoch nicht im gleichen Maße reduziert hatte wie das Personal, standen die verbliebenen Mitarbeiter der Stadtverwaltung vor einem erheblichen Problem und einem Arbeitspensum, das kaum bewältigt werden konnte, zumal qualifizierter Ersatz für die entlassenen Kräfte in diesen Zeiten kaum gefunden werden konnte. Doch mit der Entlassung der genannten 150 Bediensteten der Stadtverwaltung bzw. der Suspendierung der insgesamt 33 Beamten und Angestellten war die Entnazifizierung in Worms längst noch nicht beendet. Am 15. November 1945 erschien im Amtsverkündigungsblatt für den Stadt- und Landkreis Worms unter der Überschrift »Entnazifizierung der öffentlichen Dienste« eine Bekanntmachung, die die Bevölkerung davon in Kenntnis setzte, dass es in Rheinhessen zur Bildung von Ausschüssen gekommen sei, deren Aufgabe in der Überprüfung der politischen Belastung der Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst bestehe. Man werde auch die Vergangenheit solcher Mitarbeiter durchleuchten, die bereits kontrolliert worden seien127. Die Vorgehensweise bei dieser zwischen deutscher Zivil- und französischer Militärregierung abgestimmten Maßnahme beruhte auf dem Entwurf des Chefs der Besatzungsverwaltung, Emile Laffon, der sich dabei auf seine Erfahrungen in Frankreich stützte. Auf seine Initiative hin wurde ein Verfahren eingerichtet, mit dessen Hilfe die Schuld, die der Einzelne an dem Geschehen im NS-Staat trug, explizit nachgewiesen werden sollte. Nach Ansicht Laffons ergab es keinen Sinn, die NSDAP-Mitglieder kollektiv als Täter abzustempeln. Es war vielmehr notwendig, die wirklich Schuldigen zu überführen, um sie dann entweder – ohne Pensionszahlungen – ihres Postens zu entheben oder sie – bei gekürzten Bezügen – in ihrem Amt zu belassen. Nur hochrangige Parteifunktio-

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näre, die zweifelsohne politisch schwer belastet waren, wurden von dem Verfahren nicht erfasst. Sie verloren im Fall ihrer Identifizierung automatisch ihren Arbeitsplatz und mussten sogar mit ihrer Internierung rechnen. Von den Entnazifizierungsmaßnahmen betroffen waren natürlich nicht nur die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, sondern darüber hinaus auch führende Mitarbeiter in Privatunternehmen, bei den Kirchen, der Presse und in Kulturorganisationen. Die durch die Entlassungen frei gewordenen Dienstposten sollten sodann mit politisch unbelasteten Persönlichkeiten bzw. Vertretern der demokratischen Elite besetzt werden, wie dies auch in Worms geschehen war. Von den eingeleiteten Maßnahmen erhofften sich sowohl die Deutschen als auch die Franzosen eine rasche Befreiung vom Nationalsozialismus und seinen Repräsentanten sowie eine schnelle Demokratisierung. In Rheinhessen – und damit auch in Worms – galt die von den Franzosen mit »Epuration« (Reinigung) bezeichnete Entnazifizierung im Herbst 1946 als abgeschlossen. Da die Epuration in den verschiedenen Landesteilen von Rheinland-Pfalz mit unterschiedlicher Intensität betrieben worden war und sich der von der Entnazifizierung betroffene Personenkreis auf Grund der Veränderungen des Zeitgeistes in Deutschland immer weiter reduzierte, bis die Verfahren schließlich mit dem 3. Abschlussgesetz vom 31. Mai 1952 gänzlich eingestellt wurden, sind die Ergebnisse der politischen Säuberungen in Rheinland-Pfalz ebenso umstritten wie in anderen Ländern der Bundesrepublik128. Es musste aber 1945 nicht nur der Nationalsozialismus eliminiert werden, sondern zudem auch der unselige Rassismus, den die NSDAP in der Bevölkerung gefördert und durch die Nürnberger Gesetze institutionalisiert hatte. Es galt, ihn durch ein vernünftiges Menschenbild zu ersetzen; nämlich eines, das Andersartigkeit zuließ, also tolerant und demokratisch war. Dass die Wormser sowohl die Fähigkeit als auch die Bereitschaft zu dieser Veränderung besaßen, bewiesen sie zum Beispiel durch ihren Umgang mit dem jüdischen Erbe der Stadt, dem man Respekt und Anerkennung zollte, indem man versuchte, jüdisches Leben in Worms wieder möglich zu machen, auch wenn dies infolge der Ermordung und des Exodus so vieler jüdischer Gemeindemitglieder nicht gelingen konnte. Daran änderte auch die Rückkehr einiger weniger jüdischer Bürger der Stadt nichts. Trotzdem nahm man 1956 mit großem Elan den Wiederaufbau der Synagoge in Angriff, der am 3. Dezember 1961 erfolgreich mit einem national wie international beachteten, feierlichen Akt beendet werden konnte. An dem Wiederaufbauprojekt waren sowohl der 1933 in die USA emigrierte vormalige Gemeindevorsitzende Isidor Kiefer (1871–1961) in herausragender Position beteiligt als auch zahlreiche Persönlichkeiten des gesellschaftlichen Lebens der Stadt Worms. Hierzu gehörte der langjährige Direktor der Städtischen Kulturinstitute Friedrich M. Illert, der die Pläne seit 1945/47 mit großer Energie verfolgte. Ein weiterer Fürsprecher der unter den Emigranten und in der jüdischen Welt durchaus umstrittenen Idee war der erwähnte Sozialdemokrat Karl Heyl, dem das Vorhaben so sehr am Herzen lag, dass er sich sogar an den Bundespräsidenten wandte, um ihn von der Notwendigkeit des Wiederaufbaus der berühmten und kulturgeschichtlich wertvollen Wormser Synagoge zu überzeugen. Die Mission zeigte Erfolg. Sowohl Bundespräsident Theodor Heuss als auch das Land Rheinland-Pfalz machten sich das Ansinnen zu eigen und unterstützten es nach Kräften 129. So

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Abb. 70: Wiedereinweihung der Wormser Synagoge, 3.12.1961

konnte nach jahrelangen Bemühungen und nach der Beilegung eines Rechtsstreits um den Verbleib der von Friedrich Illert geborgenen und über den Krieg geretteten Gemeindearchivalien (sie wurden schließlich nach Israel verbracht, in Worms verblieben die Mikrofilme) im Jahr 1957 mit den Vorarbeiten begonnen und 1959 der Grundstein gelegt werden, wobei man zahlreiche originale Bauteile wieder verwendet und Fehlendes bzw. Zerstörtes exakt rekonstruiert hat. So entstand ein Gotteshaus in einer Stadt, in der es keine jüdische Gemeinde mehr gab, die sich für dieses Vorhaben aussprechen und einsetzen konnte. Dies war nicht nur eine Reminiszenz an die große, jahrhundertealte jüdische Tradition in der Stadt, die infolge des Nationalsozialismus unwiederbringlich zerstört worden war; es war darüber hinaus ein Akt der Wiedergutmachung, der als Zeichen der Anerkenntnis der kollektiven Verantwortung, die man in Worms übernommen hatte, verstanden werden sollte130. Bestandteil der gesellschaftlichen Erneuerung war nach der Überwindung der schlimmsten äußeren Probleme die Annahme bewusst herbeigeführter Brüche mit bisher kaum infrage gestellten Traditionen, die dann die 1960er und 1970er Jahre mit sich brachten. Während in Berlin, Frankfurt und anderen großen Städten der Bundesrepublik die Studentenschaft gegen das so genannte »Establishment« protestierte, und die »Außerparlamentarische Opposition« (APO) ihre politischen Überzeugungen durch Blockaden, Demonstrationen und gewalttätige Ausschreitungen öffentlich machte, blieb es in Worms

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vergleichsweise ruhig. Zwar diskutierten auch hier die Studierenden der Pädagogischen Hochschule – zwischen 1949 und 1960 als Pädagogische Akademie, zwischen 1969 und 1977 als Erziehungswissenschaftliche Hochschule (EWH) und seither als Fachhochschule (FH) Worms bestehend – mit Vertretern der Parteien und der Professorenschaft, zeigten kritischen Geist, ein verändertes politisches Bewusstsein sowie eine gewandelte Einstellung zu Kleidung und Frisur, doch dabei blieb es im Großen und Ganzen. Auseinandersetzungen, wie sie in den großen Universitätsstädten regelmäßig vorkamen, gab es in Worms nicht 131. Ausdruck des veränderten Lebensgefühls der jungen Wormser war weniger der gewaltsame politische Protest als das Bedürfnis, sich gegen Traditionen zur Wehr zu setzen, die man als überholt empfand. Hierzu gehörte die Ablehnung der bis dahin üblichen Durchführung der Abiturfeiern mit Rezitationen klassischer Autoren und Darbietungen des Schulchors, Kranzniederlegungen anlässlich des Volkstrauertags oder das tägliche Schulgebet. Stattdessen favorisierte man englische Rockmusik, bewunderte ihre Interpreten und tanzte – mit oder ohne Partner – in bunt beleuchteten Discos. Als schick galten darüber hinaus lange Haare bei jungen Männern und möglichst kurze Röcke bei den Mädchen und jungen Frauen. Man provozierte in Worms mit frech-vorlautem Verhalten im (Schul-) Unterricht, antikonservativen Meinungsäußerungen, bisher tabuisierten Themen, zum Beispiel Sexualität, und ausufernden Diskussionsveranstaltungen. Von einer »Revolution« – dem Schlagwort, das damals durch die Reihen der aufsässigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen ging – fand sich also in Worms keine Spur132.

Der kulturelle Wiederaufbau Das kulturelle Engagement der französischen Besatzungsmacht übertraf das der übrigen alliierten Militärregierungen in Deutschland bei weitem. »Kulturelle Aktivität …«, so schreibt Theodor Eschenburg, sollte für Frankreich werben und zugleich die Härten der Besatzungspolitik überspielen«133. Bei den Wormser Bürgern trafen das kulturelle Engagement und die kulturelle Aufgeschlossenheit der Franzosen auf große Zustimmung. Die Menschen waren froh, der geistigen Enge, die während des Dritten Reiches geherrscht hatte, zu entkommen. Zugleich boten kulturelle Veranstaltungen der Bevölkerung eine willkommene Ablenkung und ermöglichten es ihr, ihre Sorgen und Nöte wenigstens für kurze Zeit in den Hintergrund treten zu lassen134. Die kulturellen Aktivitäten in Worms waren vielfältiger Natur. Sie reichten von Theateraufführungen, wie sie zum Beispiel von der neu gegründeten Spielgruppe Deppisch dargeboten wurden, die am 15. Oktober 1945 erstmals im Mozartsaal des beschädigten Spiel- und Festhauses auftrat, über literarische Abende und Kunstausstellungen, wie zum Beispiel die ab Januar 1946 zu besichtigende Ausstellung des Amts für Wiederaufbau, bis hin zu Konzerten und Diavorträgen 135. Letztere wurden durch den für das Stadtarchiv, die Stadtbibliothek und das Museum zuständigen Dr. Friedrich M. Illert präsentiert, der sich auch sonst engagiert um den kulturellen Wiederaufbau der Stadt bemühte und seine Stellung als Direktor der 1934 gebildeten Kulturinstitute ungeschmälert über die Zäsur von 1945 behielt 136. Schon am 5. Mai 1945 forderte er die Wormser Bürger über das Amtsverkündigungsblatt für den Stadt- und Landkreis Worms auf, der im Krieg weitgehend zerstörten städtischen Bibliothek Bücher zur

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Verfügung zu stellen. Benötigt wurden Texte aller Art, also Prosabände ebenso wie Sachund Fachliteratur. Auch für das Museum und das Archiv bat Illert um Spenden. Gesucht wurden wertvolle Kulturgegenstände bzw. Familienpapiere, damit Archiv und Museum so schnell wie möglich wieder geöffnet werden und ihren Besuchern interessantes Material präsentieren könnten. Bis es aber soweit war, vergingen noch einige Jahre, die mit der Rückführung der ausgelagerten städtischen Sammlungen und der Literaturbeschaffung ausgefüllt waren137. Bemerkenswert ist auch die Geschichte des bis 1956 von der Stadt unterhaltenen Theaters, das aus Kostengründen geschlossen wurde, jedoch einen wichtigen Aspekt des intensiven Nachkriegs-Kulturlebens darstellt138. Großen Anklang fand auch das erste Nachkriegsvolksfest, das in Worms zwischen dem 25. und dem 29. September 1946 gefeiert wurde. 40 000 Besucher zählten die Veranstalter beim so genannten »LiebfrauenmilchFest«, das in der Tradition des berühmten und beliebten Backfischfests stand und ab 1948 auch wieder als solches bezeichnet wurde. Wem nicht unbedingt der Sinn nach Rummelplatz- und Festzeltbesuch stand, konnte sich sportlich betätigen oder Orgelkonzerte besuchen, die im Dom stattfanden 139. Das Backfischfest gehört heute noch zu den Veranstaltungen, die weit über die Grenzen der Stadt Worms hinaus bekannt sind und alljährlich zahlreiche Besucher aus der Region anziehen. Ein Glanzlicht der Wormser Kulturpolitik stellen die im Sommer 2002 wieder zum Leben erweckten »Nibelungenfestspiele« dar. Unter der Leitung des bekannten Fernsehregisseurs Dieter Wedel fand am 17. August 2002 die Premiere der von Moritz Rinke bearbeiteten und modernisierten Fassung der Nibelungensage statt. Auf der Freilichtbühne am Dom präsentierten namhafte Schauspieler wie Mario Adorf, Maria Schrader und André Eisermann vor ausverkauften Rängen die Rinke’sche Version des berühmten Epos. Das Zuschauerinteresse war dabei ebenso enorm wie das Medienecho140. Auch in den Jahren 2003 und 2004 fanden die multimedial unterstützten Festspiele wieder im Schatten des Doms St. Peter statt, unweit von der Stelle, an der dem Nibelungenlied zufolge der Königinnenstreit einst entbrannt war141. Die Entscheidung der Stadt für den ironisch-witzig

Abb. 71: Backfischfest-Werbung, 1970

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gehaltenen Text des jungen Autors Moritz Rinke (geb. 1967) verdeutlicht, dass Worms zwar an die alte Festspieltradition anknüpfen will, aber keinesfalls die Renaissance einer unrühmlichen Vergangenheit heraufbeschwören möchte. Konkret handelt es sich um die unter der NS-Herrschaft durchgeführten Spiele, die auf dem Text von Friedrich Hebbel basierten. Hebbels Werk galt jahrzehntelang als zentrale Grundlage für die Aufführung des Nibelungenepos. Da die Nationalsozialisten aber sowohl den Text Hebbels als auch die Festspiele als solche für Propagandazwecke missbrauchten, erschien es den Verantwortlichen in Worms nicht opportun, auf das überkommene Zentralwerk zu den Nibelungen zurückzugreifen. An die Stelle von Hebbels Text trat daher die als geeigneter empfundene Bearbeitung Rinkes 142. Seinem Ruf als »Nibelungenstadt« wird Worms aber nicht allein durch die szenische Darstellung des mittelalterlichen Stoffs gerecht, sondern zugleich durch die im August 2001 erfolgte Eröffnung des multimedialen Nibelungenmuseums an der Stadtmauer, die aus der Zeit kurz nach 1200 stammt. Die durchaus ungewöhnliche Museumskonzeption, die Tradition und Moderne miteinander verbindet, traf nicht bei allen Wormser Bürgern von Anfang an auf Zustimmung. In dem Konflikt um die Errichtung oder den Verzicht auf den Bau des Museums kam es zu einem Bürgerentscheid, bei dem sich die Befürworter des Konzepts durchzusetzen vermochten143.

Der architektonische Wiederaufbau Als die amerikanischen Truppen im März 1945 in Worms einmarschierten, fanden sie eine von Bombenangriffen weitgehend zerstörte Stadt vor (vgl. Karte 14, S. 630). Mehr als 64 Prozent der Häuser wiesen zum Teil erhebliche Beschädigungen auf. Schutt, Ruinen und leere Fassaden prägten das Stadtbild. Die Zerstörungen hatten auch vor Kirchen und Brücken nicht halt gemacht: Das galt für den Dom ebenso wie für die Magnus-, die Dreifaltigkeitskirche und die Nibelungenbrücke144. Trümmer fanden sich allerorten. Wenn Worms wieder zu einer pulsierenden Stadt gemacht werden sollte, in der es sich zu leben lohnte, musste der Schutt beseitigt, die zerstörten Gebäude wieder aufgebaut oder – wenn sich das nicht lohnte – neue Häuser und Straßenzüge konzipiert und errichtet werden. Dass die Wormser Bürger bereit waren, sich für ihre Stadt einzusetzen, beweist ihre Leistung beim Schuttabfahren: Bereits im Sommer 1945 hatten sie es geschafft, die zentralen Verkehrsadern der Stadt von den Trümmern zu befreien 145. Im Zusammenhang mit der Trümmerbeseitigung sowie der Aufbereitung des Materials zum Zweck des Wiederaufbaus rief der bereits erwähnte amtierende Bürgermeister, Ernst Kilb, zur Gründung der »Baustiftung Worms« auf, der die Aufgabe oblag, die dem Stadtbauamt zufallende Arbeit der Planung des Wiederaufbaues auf der Grundlage des neuen Bebauungsplanes [zu] fördern und die Bürger über die Vorhaben der Stadt zu informieren. Außerdem sollte die »Baustiftung« den Wiederaufbau von Kultur- und Gemeinschaftsbauten unterstützen sowie dafür Sorge tragen, dass personelle, materielle und technische Mittel gebündelt wurden, um die geplanten Bauten auch realisieren zu können 146. Die Idee, eine Organisation zu schaffen, die ein Bindeglied zwischen Stadtplanungsamt und Bürgern darstellte, wurde am 27. November 1946 mit der offiziellen, von der französischen Besatzungsbehörde genehmigten Gründung des Vereins »Wiederaufbauwerk

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Worms« umgesetzt. Zu den Initiatoren und Förderern des Projekts, das im Übrigen unter dem Namen »Aufbauverein« bis zum Ende der 1990er Jahre Bestand hatte, gehörten Friedrich Illert und Ludwig von Heyl. Letzterer wurde am Tag der Vereinsgründung zum ersten Vorsitzenden der neuen Selbsthilfeorganisation gewählt147. Aktiv war das mit der Bauabteilung der Stadtverwaltung eng verzahnte »Wiederaufbauwerk« allerdings schon seit 1945. Obwohl von den zuständigen Besatzungsbehörden noch nicht offiziell anerkannt, duldeten erst die Amerikaner und dann die Franzosen die Tätigkeit des Vereins, der zeitweise wie ein Wirtschaftsunternehmen arbeitete, das Aufträge vergab und annahm sowie Personal beschäftigte148. Zu den städtischen Repräsentanten, mit denen das »Wiederaufbauwerk« vornehmlich zu tun hatte, gehörte der langjährige Wormser Stadtbaurat Walter Köhler, der als Leiter des Stadtbauamts tätig war. Köhler (1890 –1977) stand seit 1922 als Architekt in den Diensten der Wormser Stadtverwaltung. Im Jahr 1939 übertrug ihm der damalige Oberbürgermeister Heinrich Bartholomäus die Leitung des Stadtbauamts. Im September 1945 wurde Köhler von den Franzosen auf Grund seiner Zugehörigkeit zur NSDAP als politisch belastet eingestuft und von seinem Amt suspendiert. Von Dauer war seine Freistellung jedoch nicht: Bereits einen Monat später, also im Oktober 1945, befand sich Köhler wieder in der alten Position. Mit großen Ehrgeiz kümmerte sich der alte und neue Stadtbauamtsleiter um den Wiederaufbau von Worms; er folgte dabei den in vielen Städten dominierenden Ideen und Tendenzen, die weniger einen Wiederaufbau als vielmehr eine Neugestaltung zum Ziel hatten. Die gravierend in das Stadtbild eingreifenden Pläne, die er für seine Arbeit nutzte, stammten allerdings aus der Vergangenheit: Schon 1941/42 hatte er sich – damals noch theoretisch und rein spekulativ – mit der Neugestaltung der Stadt beschäftigt und konkrete Pläne vorgelegt, die unter anderem an Stelle des Judenfriedhofs NS-Parteibauten vorsahen. Nun, nach dem Krieg und den Zerstörungen, die dieser mit sich gebracht hatte, erschien ihm die Gelegenheit für die Umsetzung seiner damaligen Ideen günstig. Tatsächlich gelang es ihm, insbesondere den Innenstadtbereich weitgehend seinen Vorstellungen entsprechend zu gestalten149, wobei die Ergebnisse der Arbeit aus heutiger Sicht vielfach kritisiert werden können. Dass seine Ideen und Anregungen bereits damals nicht immer auf Zustimmung bei den Bürgern stießen, blieb nicht aus. Mehr als einmal trafen sich die Mitglieder des »Wiederaufbauwerks« mit Köhler, um über die unterschiedlichen Ansprüche zu diskutieren. Doch der Bauamtsleiter machte ein ums andere Mal deutlich, dass die persönlichen Interessen von Hausbesitzern und Geschäftsleuten gegenüber denen der Stadt zurückzustehen hatten150. Es gehe nicht an, dass jedermann überall lustig drauf losbauen kann151, auch dann nicht, wenn geschäftliche Gründe durchaus dafür sprachen. Solche hatten vor allem die ausgebombten Ladeninhaber angeführt, die ihr Geschäft bevorzugt am ursprünglichen Standort wieder errichten wollten. Doch das mochte das Stadtbauamt nur in den Fällen genehmigen, in denen in den Wiederaufbauplänen keine Veränderung der Baufluchtlinien vorgesehen war152. Auch der Vorschlag der Kaufleute, ihre Läden bis zur endgültigen Festlegung des künftigen Stadtbilds in Behelfsbauten unterzubringen, stieß bei Köhler auf Ablehnung. Der Bauamtsleiter fürchtete nämlich, dass sich aus den Provisorien Dauereinrichtungen entwickeln könnten. Hätten sich Bürger und Geschäftsleute erst an den Standort eines Ladens ge-

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wöhnt, würde es kaum mehr möglich sein, die Lokale zu verlegen. Dann wäre das Köhler’sche Städtebaukonzept gescheitert. Deshalb insistierte er darauf, dass zuvor eine gründliche Bereinigung und Neugestaltung vieler Straßen der Innenstadt erfolgte, ehe neu gebaut werden konnte153. Köhlers Ansinnen fand auch bei den Mitgliedern des Wiederaufbauwerks Unterstützung, die unbegrenztes, planloses Wiederaufbauen in der Innenstadt für bedenklich hielten 154. Um ein Unterlaufen der Planungen für die zukünftige Gestaltung der Stadt durch illegale Bautätigkeiten zu vermeiden, wurden im Februar 1947 Bausperren und Bauverbote erlassen, die zum Beispiel das Andreasgebiet, das Areal um den Dom, den Markt- und Neumarkt sowie das Judenviertel betrafen, dessen man sich allerdings seit den 1970er Jahren mit ernsthaften Sanierungsmaßnahmen annahm 155. Diese aber gerieten seit ihrem Beginn 1971 (nachdem Pläne für eine Flächensanierung im Bereich der Judengasse verworfen worden waren) zu einem vollen Erfolg und ermöglichten es sowohl den Wormsern als auch ihren Gästen, sich mit der jüdischen Geschichte der Stadt … aktiv auseinanderzusetzen, wie es schon die Mitglieder des Wiederaufbauwerks nach Kriegsende verlangt hatten 156. Der vormalige jüdische Wohnbezirk von Worms wurde mitsamt der zum Sanierungsgebiet erklärten nordöstlichen Altstadt – orientiert an der historischen Bebauung, den damals verwendeten Baumaterialien und Farben und unter Wahrung des erhaltenen Straßengrundrisses – umfassend und vorbildhaft saniert, eine Maßnahme, die formell 2004 beendet werden konnte. Doch damit wollten sich die Wormser nicht bescheiden, denn es ging ihnen nicht nur um eine Rekonstruktion im Sinne eines geschichtlichen Abbilds, sondern vor allem um die Wiederbelebung dieses traditionsreichen Stadtquartiers157. Es sollte kein Freilicht-Museum installiert, sondern ein bewohnbares, bewohntes und lebenswertes Viertel von Worms geschaffen werden. Teil dieses Vorhabens war auch der Bau des so genannten »Raschi-Hauses« auf historischem Grund. Der Vorgängerbau hatte zunächst als jüdisches Tanzhaus und dann als Altersheim der Gemeinde gedient, ging nach dem Krieg auf die Stadt über und wurde 1971 abgebrochen. Seit 1982 beherbergt das Haus das Stadtarchiv und das Jüdische Museum, das somit im Herzen des Viertels liegt, dessen Geschichte es den Bürgern von Worms und den Besuchern der Stadt nahebringen möchte 158. Der Wiederaufbau des zerstörten Worms sollte – wie oben gezeigt – viele Jahre in Anspruch nehmen. Eines der ersten Bauwerke, das wieder hergestellt wurde, war der Dom. Bereits im Januar 1947 konnte der Neue Mainzer Anzeiger berichten, dass die Wormser Hauptkirche wieder über ein Dach verfügte und darüber hinaus neu verglast worden war: Eine schwierige Aufgabe [wurde] künstlerisch befriedigend gelöst, heißt es in der Ausgabe des Blattes vom 4. Januar 1947 159. In Angriff genommen wurde auch der Wiederaufbau der Dreifaltigkeitskirche, der im Frühjahr 1947 begann, allerdings erst – unter völliger, dem Zeitgeschmack entsprechender Modernisierung des Innenraums (Otto Bartning) – im Herbst 1959 zum Abschluss kam160. Im April 1947 beschäftigte man sich außerdem mit dem Vorhaben »Hauptpost«. Da das alte Gebäude zerstört und inzwischen bis auf die Grundmauern abgetragen worden war, konnte an eine weitgehend originalgetreue Rekonstruktion nicht gedacht werden. Man beschloss daher, den Wormsern eine neue Hauptpost zu bauen, die fast an der Stelle, an der die alte gestanden hatte, errichtet werden sollte161. Die so genannte »Neue Hauptpost« machte rund 50 Jahre später erneut

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Abb. 72: Gottesdienst in der Ruine der Friedrichskirche zum Beginn des Wiederaufbaus, 26. 4. 1953

Schlagzeilen: Jetzt kam es zum Abriss des Gebäudes, der einerseits begrüßt, andererseits abgelehnt worden war. Andere Bauten konnten erst in den 1950er Jahren oder später restauriert bzw. (wieder) errichtet werden. Hierzu gehörte zum Beispiel die am 30. April 1953 für den Verkehr freigegebene, auch als technisches Bauwerk bemerkenswerte neue Straßenbrücke über den Rhein (Nibelungenbrücke162), das am 29. November 1958 eingeweihte repräsentative neue Rathaus am Marktplatz163 (Tafel 14) oder die Magnuskirche. Zu den Neubauten, die das Wormser Stadtbild seit den 1950er Jahren prägen, gehörte aber nicht nur die erwähnte neue Hauptpost, sondern zugleich das 1957 fertig gestellte »Europahaus« am Beginn der Wilhelm-Leuschner-Straße. Es zählt zu den herausragendsten Beispielen der nüchternen Architektur, die so kennzeichnend für diese Zeit ist (vgl. Abb. 97, S. 791). Im Mai 1961 wurde der verkleinert wieder aufgebaute Heylshof als bedeutsame Privatsammlung der Öffentlichkeit erneut zugänglich gemacht. Im Jahr 1963 wurde mit dem Haus der Kulturinstitute (später »Zur Münze«, Tafel 26) eine neue Heimstatt für die kulturellen Einrichtungen der Stadt geschaffen. Es stand an der Stelle der beachtlichen, 1959 abgebrochenen Überreste des Cornelianums, gegen deren endgültige Abtragung sich (erfolgloser) Protest regte. Im Jahr 1958 erwarb die Stadt Worms das als Baudenkmal mit großem Park bestehende Herrnsheimer Schloss (vgl. Tafel 29) von der Familie von Heyl, das seither als »gute Stube« der Stadt dient.

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Es mangelte bei den Wiederaufbaumaßnahmen immer wieder an den notwendigen Finanzmitteln. Daran konnten auch Selbsthilfeprojekte kaum etwas ändern, wenn sie auch dazu beitrugen, zumindest einen gewissen Teil der anfallenden Kosten abzudecken. Ein herausragendes Beispiel für diese Art der Eigeninitiative war die Idee des Pfarrers Herrnbrodt. Um zumindest einen Teil der für den Wiederaufbau der Magnuskirche nötigen Mittel beisteuern zu können, verkaufte er Lutherrosen und Holzplaketten, die aus dem Stamm des abgestorbenen Lutherbaums in Pfiffligheim angefertigt worden waren 164. Ebenso so kreativ wie Pfarrer Herrnbrodt zeigte sich die Wormser Bevölkerung, als es um die Finanzierung des Wiederaufbaus des Spiel- und Festhauses ging. Schon bald nach dem Krieg wünschten sich die Menschen wieder einen Ort, der sowohl als kulturelle als auch als soziale Begegnungsstätte dienen konnte. Dass der Wunsch berechtigt war, erkannten auch Oberbürgermeister und Stadtrat, doch es fehlten die Mittel, um das allseits beliebte Spiel- und Festhaus wieder aufzubauen. Daraufhin gründete sich am 31. Mai 1949 ein »Arbeitsausschuss für den Wiederaufbau des Spiel- und Festhauses«, der sich des Vorhabens annahm. In enger Zusammenarbeit mit Oberbürgermeister Völker, Wormser Geschäftsleuten und engagierten Bürgern entwickelte der Ausschuss Konzepte und Ideen zur Ausgestaltung und Finanzierung des Vorhabens. Das reichte von einem im Herbst 1949 ausgeschriebenen Architekturwettbewerb über die Einrichtung einer »Aufbaulotterie« in den frühen 1950er Jahren und ging schließlich bis zur Einführung eines »Kulturgroschens«. Sämtliche Maßnahmen, die der Unterstützung des Projekts dienten, wurden vom Oberbürgermeister tatkräftig durch Spendenaufrufe und repräsentative Auftritte gefördert 165. Am 13. September 1962 war es dann schließlich soweit: Mit 20 Ja- gegen 6 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen beschloss der Stadtrat, den Wiederaufbau des Spielund Festhauses endlich in Angriff zu nehmen. Vier Jahre später, am 6. November 1966, konnte das nach den Plänen des Architekturbüros Höbel und Brinkmann errichtete Gebäude, um das die Bürger so lange gekämpft hatten, dem theaterbegeisterten und dankbaren Wormser Publikum übergeben werden 166. Gekämpft haben die Wormser über viele Jahre hinweg auch für ihr neues Stadtkrankenhaus, für das bereits in den 1920er Jahren erste Planungen auf den Weg gebracht worden waren. Schon im November 1946 mahnte Amtsarzt Dr. Lucius die Errichtung eines neuen Krankenhauses an, weil die ärztliche Versorgung der Zivilbevölkerung … durch die schweren Zerstörungen der meisten Krankenanstalten der Stadt in erheblichem Maße gestört war167. Es gehe nicht an, so argumentierte er in seinem sehr ausführlichen, neun Seiten umfassenden Bericht über die medizinischen und hygienischen Zustände in den Wormser Krankenhäusern, dass behandlungsbedürftige Menschen aus Platzmangel oder anderen Gründen wieder nach Hause geschickt würden168. Es sei vielmehr an der Zeit, nun die schon vor dem Krieg ins Auge gefasste Erneuerung des Stadtkrankenhauses zu realisieren169. Selbstverständlich war Worms außer Stande, die hierfür notwendigen Mittel selbst aufzubringen. Es bedurfte dazu der Unterstützung der übergeordneten staatlichen Behörden. Infolge des allgemeinen chronischen Finanzmangels in der Nachkriegszeit und des administrativen Durcheinanders im Land, das durch den Wechsel der Besatzungsbehörden und den daraus resultierenden Veränderungen in der gerade erst wieder im Entstehen begriffenen Verwaltungsstruktur noch verstärkt wurde, musste das Projekt

Tafel 27: St. Paulus, Barocker Hochaltar aus Herrnsheim von den Mainzer Künstlern Herwartel und Biterich

Tafel 28a: Vormalige Kaserne, jetzt Prinz-Carl-Anlage, erbaut 1895 –1897

Tafel 28b: Altsprachliches Gymnasium/Ernst Ludwig-Schule, erbaut 1905

Tafel 29a: Herrnsheimer Schloss, Hofseite, zuletzt um 1840 umgebaut

Tafel 29b: Kunsthaus Heylshof, erbaut 1884, veränderter Wiederaufbau bis 1961

Tafel 30: Das Reichsstädtische Archiv im Rathaus mit seiner hervorragenden Ausgestaltung durch Otto Hupp und Lorenz Gedon (1881/86)

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verschoben werden. In Vergessenheit geriet es deshalb jedoch nicht. Dafür sorgten insbesondere Heinrich Völker, Willi Hirschbiel und Georg Berg. Hirschbiel, anfangs ehrenamtlicher Beigeordneter und von 1958 bis 1971 hauptamtlicher Beigeordneter in Worms, zeichnete in seiner Eigenschaft als Baudezernent unter anderem für die Entscheidung über den Standort des neuen Krankenhauses verantwortlich. Berg, von 1953 bis 1958 hauptamtlicher 2. Beigeordneter und von 1958 bis 1971 hauptamtlicher 1. Bürgermeister, kümmerte sich primär um die »Erarbeitung der medizinischen Zielsetzung sowie des Bettenbedarfs«170. Alle drei ließen in ihren Bemühungen um das Krankenhaus nicht nach, obwohl die administrativen Probleme und die immensen Finanzierungssorgen, mit denen sie konfrontiert waren, das Vorhaben über Jahre hinweg verzögerten und erschwerten. Erst im August 1968, über 20 Jahre nach dem ersten Anstoß für den Krankenhausneubau, erklärte sich das Land Rheinland-Pfalz bereit, sich an den Baukosten zu beteiligen. Bis zur Grundsteinlegung, die am 23. Juni 1976 erfolgte, sollten dann nochmals zwölf Jahre vergehen171. Fünf Jahre später, am 3. Juni 1981, konnte das auf der Herrnsheimer Höhe gelegene Krankenhaus dann endlich seinen Betrieb aufnehmen. Doch Worms brauchte nach dem Krieg nicht nur Krankenhäuser, allgemeine Kulturund Begegnungsstätten, Geschäfte, Kirchen und Brücken, sondern natürlich in allererster Linie Wohnraum. Auf einem Plakat wurde die Misere der Wormser Bürger öffentlich angeprangert: Aber Tausende und Abertausende hausen noch zu sechst in einem einzigen Zimmer oder in dumpfen Kellern! Darum fordern wir: Wiederaufbau von Wohnungen! Kirchen und Museen haben mehr Zeit als die Gesundheit des schaffenden Volkes und der Kinder! 172. Dieser berechtigten Forderung konnten sich die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung nicht entziehen, zumal die Bevölkerung durch die ansteigende Zahl von Flüchtlingen, Kriegsheimkehrern und Besatzungssoldaten stetig anwuchs. Die öffentliche Förderung des Wohnungsbaus avancierte daher zu einem der wichtigsten Anliegen im Wormser Rathaus. Schließlich nahm dieser Posten sogar Platz 1 im städtischen Haushalt ein 173. Die Wohnsituation in der Stadt war katastrophal. Im Jahr 1947 registrierte das Wohnungsamt noch ca. 4 000 wohnungsuchende Familien und stellte darüber hinaus fest, dass noch über 600 Personen in Kellerräumen, Wohnlauben und sonstigen zu Wohnzwecken nicht geeigneten Unterkünften ober aber in schwer fliegergeschädigten Wohnungen hausen mußten 174. Noch ehe 1950 das 1. Wohnungsbaugesetz die rechtlichen Rahmenbedingungen für den so genannten »Sozialen Wohnungsbau« schuf, hatte man sich in Worms im März 1949 darauf verständigt, dass die Gründung einer gemeinnützigen Gesellschaft unumgänglich war. Ihr fiel die Aufgabe zu, den bereits vorhandenen städtischen Wohnraum effizienter zu verwalten, Wohnraumbedarf in der Bevölkerung zu ermitteln und Bauvorhaben auf den Weg zu bringen. Bis die Gesellschaft, die »Wohnungsbau GmbH Worms« dann allerdings ihre Arbeit aufnehmen konnte, vergingen noch einmal rund 21 Monate, bis zum 1. Januar 1951. In der Folgezeit sorgte die städtische Tochtergesellschaft für die Errichtung von preiswerten Wohnungen vor allem im Innenstadtbereich, die insbesondere für finanzschwache Bürger zur Verfügung standen. Diese konnten nach und nach die Elends- und Barackenquartiere, in denen sie bislang leben mussten, endlich verlassen175. Im Laufe der nächsten Jahre und Jahrzehnte entstanden dann Neubausiedlungen außerhalb des Stadtkerns, zum Beispiel Neuhausen-West. Außerdem passte man die bislang

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Abb. 73: Richtfest am neuen Stadtkrankenhaus auf der Herrnsheimer Höhe, 28. 9. 1977

bestehenden Wohnungen in der Innenstadt den veränderten Bedürfnissen der Mieter an: Sie wurden sowohl vergrößert als auch modernisiert, also mit Heizung und Bädern ausgestattet. Trotz des Engagements beim Wohnungsbau gab es über Jahrzehnte hinweg nicht genügend preisgünstigen Wohnraum in Worms. In den 1980er Jahren spitzte sich die Situation noch einmal zu. Ein Grund hierfür war die weiterhin steigende Einwohnerzahl, die vor allem durch Übersiedler aus Osteuropa verstärkt wurde, und der zweite die anhaltend hohe Arbeitslosenziffer, die in Worms bei etwa zehn Prozent lag 176. Um die Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert reduzierte sich die Nachfrage nach Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus. Darauf hat die Wohnungsbau GmbH mit einer Verringerung ihrer Neubautätigkeit reagiert und den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf Renovierung und Sanierung verlegt177. Die Wohnungsnot der Wormser, die den Menschen in der Nachkriegszeit das ohnehin problematische Leben zusätzlich erschwerte, konnte also im Laufe der Jahre mit Hilfe des städtischen Engagements erst gemildert und dann schließlich weitgehend beseitigt werden. Der Stadt Worms fielen nach 1945 ungeheure Aufgaben zu. Sie betrafen das Gebiet der allgemeinen Fürsorge für Flüchtlinge, Alte, Kriegsopfer, Ausgebombte, Jugendliche und sozial Schwache, aber auch die Integration der zahlreichen Flüchtlinge und Vertriebenen, deren Zustrom die Einwohnerzahl der Stadt 1957 auf 57 080 Einwohner hochschnellen ließ. Die erhaltenen Akten und Verwaltungsberichte178 geben Auskunft darü-

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ber, welche Leistungen die Stadt in diesem Zusammenhang erbracht hat und erbringen musste. Eine besondere Kraftanstrengung wurde in den 1970er Jahren – konkret 1976/77 – mit dem Bau des Bildungszentrums unternommen. Unter dessen Dach konnten zwei Gymnasien, nämlich das bis 1977 unter der Bezeichnung »Altsprachliches Gymnasium« firmierende »Rudi-Stephan-Gymnasium« und das »Gauß-Gymnasium«179 sowie die berufsbildenden Schulen untergebracht werden. Dadurch wurde die auf das Umland ausstrahlende Anziehungskraft des Schulstandortes Worms deutlich gestärkt. Große Anstrengungen galten seit den 1990er Jahren auch der Konversion, also der Umwandlung vormaliger militärischer Liegenschaften in zivil genutzte Wohn- und Gewerbeflächen. Hierzu gehört beispielsweise die heutige Prinz-Carl-Anlage, die ein Hotel und verschiedene Dienstleistungseinrichtungen beherbergt. Bis 1996 hatte das denkmalgeschützte Ensemble dem Fernmeldekommando der US-Armee als Kaserne gedient. Nach dem Abzug der amerikanischen Truppen nach Mannheim hatten die Stadt Worms, das Land Rheinland-Pfalz und ein privater Investor sich die Konversion des Kasernengeländes zur Aufgabe gemacht und schließlich die erfolgreiche Umgestaltung des Areals (Prinz-Carl-Anlage, Tafel 28 a) bewerkstelligt.

Der wirtschaftliche Wiederaufbau Der wirtschaftliche Wiederaufbau der Stadt gestaltete sich schwierig, denn die ökonomische Lage der Kommune war bereits seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert im Vergleich zum übrigen Rhein-Neckar-Raum bedenklich. Worms war es nicht gelungen, Industrieunternehmen anzusiedeln, die eine tragfähige und vor allem dauerhafte Alternative zu den in der Stadt dominierenden, aber nach der Weltwirtschaftskrise des Jahres 1929 längst nicht mehr prosperierenden Lederfabriken darstellten180. Auch nach 1945 gelang der Lederindustrie kein Aufschwung mehr. Die Gründe hierfür waren vielfältig. Zum Ersten waren zwei der drei großen Wormser Lederwerke, die Cornelius Heyl AG und die Firma Doerr & Reinhart, im Zuge des Krieges schwer beschädigt worden. Zum Zweiten wurde der somit notwendig gewordene Wiederaufbau der Betriebe durch die von den Alliierten vorgenommenen Demontagen und Produktionsbeschränkungen erschwert. Zum Dritten bekam Worms auf Grund seiner Zugehörigkeit zur französischen Besatzungszone keine Möglichkeit, an der Wiederbelebung des Wirtschaftslebens, das durch den Zusammenschluss der US-Zone mit der britischen Zone zur Bi-Zone gefördert werden sollte, teilzunehmen. Der vierte Grund, der für den Niedergang der Wormser Lederindustrie nach 1945 verantwortlich zeichnete, war der Rückgang der Nachfrage nach den angebotenen Produkten 181. Im Jahr 1974 endete die Ära der Lederfabriken in Worms mit der Schließung der Heylschen Lederwerke Liebenau endgültig. Die Konkurrenzunternehmen Cornelius Heyl AG und Doerr & Reinhart hatten bereits Ende der 1950er Jahre aufgeben müssen. Der Zusammenbruch der Lederindustrie, der sich allerdings bereits seit den 1920er Jahren langsam anzukündigen begann, war schmerzlich für die Stadt, die den arbeitslos gewordenen Beschäftigten kaum alternative Tätigkeiten in anderen Industriezweigen anbieten konnte. Die Ursache dafür lag in den wirtschaftlichen und sozialen Problemen, denen sich Worms

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nach Kriegsende ausgesetzt sah. Sie erschwerten die notwendige Erschließung neuer Industriestandorte in erheblichem Maße, sodass Worms gegenüber anderen Städten in der Rhein-Neckar-Region ins Hintertreffen geriet und an der Industrialisierungswelle nur begrenzt teilhaben konnte. Infolgedessen stieg die Arbeitslosenzahl in den 1950er Jahren kontinuierlich an 182. Die Stadt gab sich alle Mühe, ihre schlechte Wirtschafts- und Finanzlage zu verbessern, indem sie sich für neue Firmen interessant machte 183. Zu den Maßnahmen, mit denen das erstrebte Ziel erreicht werden sollte, gehörte der als zeitgemäß empfundene Auf- und Ausbau der Hauptstraßenzüge auf Kosten des historischen Stadtbilds, das man damals nur zu gerne der so genannten »Moderne« opferte 184. Parallel dazu plante man die Bereitstellung von Bauland für Wohnungen und Betriebe, den Anschluss an das sich fortwährend erweiternde Fern- und Schnellstraßennetz sowie den Ausbau des Kulturund Freizeitbereichs in der Stadt, um Worms für seine Einwohner und für die Firmen, die sich mit Ansiedlungsgedanken trugen, attraktiv zu machen185. Mit dieser Phase, die auf die Mitte der 1960er Jahre datiert werden kann, endete die »klassische« Aufbauphase in Worms. Fortan ging es primär nicht mehr um die Wiedererrichtung im Krieg zerstörter Gebäude, sondern um die Konzentration auf die Zukunftsplanung. Diese Zeit, die auch mit dem Ausscheiden des langjährigen Oberbürgermeisters Heinrich Völker zusammenfiel, war nicht mehr vordringlich auf die Überwindung der Kriegsfolgen, die Integration von Flüchtlingen und Heimkehrern, die Bewältigung wirtschaftlicher und sozialer Not sowie des politischen Neuanfangs in Stadt und Staat ausgelegt. Jetzt beschäftigte man sich mit Fragen des ökonomischen Wachstums, des Ausbaus von Worms als Wirtschaftsstandort, der Positionierung der Stadt in der Region und der Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen186. Beitragen konnte hierzu die Erweiterung des Stadtgebiets durch die am 8. Juni 1969 per Gesetz erfolgte Eingemeindung von sechs bisher selbstständigen Gemeinden nach Worms, dessen Gebietsfläche (jetzt mehr als 10 000 ha) durch diese Maßnahme verdoppelt wurde; die Einwohnerzahl stieg ebenfalls an (1969: 77 300, 2002: 80 250 Einwohner). Eingemeindet wurden Abenheim, Heppenheim/Wiese, Ibersheim, Pfeddersheim, Rheindürkheim und Wiesoppenheim sowie ein Teil der Gemeindefläche von Osthofen. Die durchaus kostenintensive Maßnahme war notwendig geworden, um einerseits die nachteiligen Folgen der Landkreisauflösung aufzufangen (gebildet wurde der neue Landkreis Alzey-Worms mit Kreissitz in Alzey) und andererseits den Grundstein für die künftige Wirtschaftsentwicklung der Stadt zu legen 187. Vorausgegangen waren Diskussionen um die Einbeziehung weiterer Gemeinden des Umlandes nach Worms, zu denen es allerdings aus den verschiedensten Gründen nicht gekommen ist. Von der örtlichen Bevölkerung vor allem in der ehemaligen Reichsstadt Pfeddersheim, das erst 1954 seine Stadtrechte wiedererlangt hatte, wurde dieser Schritt als schmerzlich empfunden, rechtliche Schritte gegen die Maßnahme scheiterten allerdings. Worms bemühte sich, Firmen aus unterschiedlichen Bereichen der Wirtschaft in die Stadt zu holen, um die dringend benötigten Arbeitsplätze zu schaffen. Die hierfür notwendige Infrastruktur stand und steht bereit: Worms verfügt über einen Rheinhafen, zwei Rheinbrücken (Eisenbahn- und Straßenbrücke, der Bau einer zweiten Straßenbrücke hat 2003/05 begonnen), einen Bahnhof, einen Flughafen, gut ausgebaute Schnell- sowie Zubringerstraßen, und es liegt außerdem in dreifacher Autobahnnähe (Mitte der 1970er

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Abb. 74: Einweihung der Fußgängerzone Hafergasse, am Rednerpult Oberbürgermeister Kuhfuß, 17. 9. 1976

Jahre Bau der A 61, dazu Nähe zur A 67 und zur A 6). Außerdem konnte und kann es mit attraktiven Grundstücken – wie zum Beispiel Flächen in den 1969 eingemeindeten Stadtteilen oder den durch den Abzug der US-Truppen 1996 frei gewordenen Grundstücken – nebst akzeptablen (Miet-)Preisen punkten (s. u.)188. Neben den Betrieben der konstant wichtigen chemischen Industrie (Röhm, Grace Davison, Procter & Gamble u. a.) und der in ihrer Bedeutung allerdings rückläufigen Möbelindustrie (Schärf, Karl Kübel etc.) ist es seit einigen Jahren die wachsende Logistikbranche, die in Worms erhebliche Investitionen vorgenommen und zu einem steten Wachstum des Industriegebietes Nord in Richtung Rheindürkheim beigetragen hat. Nach wie vor weist der Arbeitsmarkt in Worms – auch bedingt durch den dramatischen Strukturwandel von der Industriestadt zum Dienstleistungsstandort – problematische Zahlen auf. Die bisher höchste Quote auf der Basis der abhängig Beschäftigten wurde im März 1988 mit 13,3 Prozent Arbeitslosigkeit gemeldet, innerhalb Rheinhessens ist Worms daher seit langem Schlusslicht. Die Zahl der täglichen Pendler in den Raum Mannheim-Ludwigshafen liegt bei ca. 3 400. Die Wormser Wirtschaft fußte 1998 auf knapp 1 400 Betrieben, die insgesamt 25 600 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze aufweisen. An der Spitze liegen der Handel (4 000 Beschäftigte), private Dienstleistungsbetriebe (3 500 Beschäftigte) vor der chemischen Industrie (3 100 Personen) und dem Gesundheitswesen mit 2 600 Personen. Rund 50 Betriebe beschäftigen mehr als 100 Personen 189, diese stellen mit insgesamt 13 000 Beschäftigten das Gros der Arbeitsplätze. Neben der klassischen Ansiedlungspolitik für industrielle und gewerbliche Unternehmen erkannte man, dass es notwendig war, sich ein wirtschaftliches Standbein zu schaffen, das keine Koppelung an Industrie- und Unternehmensansiedlung besaß. Als solches gilt seit den 1990er Jahren in verstärktem Maße der Tourismus. In diesem Zusammenhang besann man sich auf die Geschichte der Stadt, die dazu beitragen sollte, Gäste nach Worms zu bringen, denn die Besucher kamen nicht wegen des »neuen«, sondern in erster Linie wegen des – wie man nach dem Krieg mit Bedauern feststellen musste – spärlich erhaltenen alten Worms 190 und seiner zum Teil mystisch anmutenden Vergangenheit.

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G EGENWART Abb. 75: Nibelungenfestspiele vor dem Dom 2003: Wolfgang Pregler als König Gunther

Schlussbemerkung Worms gehörte zu den Städten in Deutschland, die unter den Kriegsfolgen erheblich zu leiden hatten: Ein großer Teil des Häuserbestands war zerstört, sodass die Menschen in Kellern und engen Zimmern hausen mussten. Arbeit war auch nur schwer zu finden, denn die Lederindustrie, die die Stadt jahrzehntelang dominiert hatte, lag nach dem Krieg am Boden. Hinzu kam noch, dass sich die Wormser auf zwei verschiedene Besatzungssysteme einstellen mussten: Erst kamen die Amerikaner und dann die Franzosen, die beileibe nicht die gleiche Politik verfolgten wie ihre Vorgänger. Doch in Worms verstand man es, sich mit den Veränderungen zu arrangieren: Schwere Konflikte blieben aus, weil die Menschen darauf verzichteten, die Militärregierung zu provozieren. Statt die Wiederzulassung der politischen Parteien lautstark zu fordern, begnügte man sich damit, sie im Stillen wieder aufzubauen, um an dem Tag, da die Erlaubnis kam, präsent zu sein. Zu den Stärken der Wormser gehörte auch ihre Bereitschaft, aktiv am Wiederaufbau der Stadt mitzuwirken: Das galt nicht nur für die Architektur, sondern zugleich für die Kultur und die Gesellschaft. In jahrelanger Arbeit, gefördert durch das »Wiederaufbauwerk

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Worms e.V.«, engagierte Bürger sowie aktive Stadtoberhäupter, gelang es, Worms wieder zu einer lebenswerten Stadt auszugestalten. Hierzu gehörte die Wiedererrichtung im Krieg zerstörter Kulturdenkmäler ebenso wie der Bau von Wohnungen, Schulen oder Brücken. Verdient machten sich die Wormser aber auch um die Restauration des einstigen Judenviertels. Obwohl jüdisches Leben in der Stadt nicht mehr existierte, setzte sich die Erkenntnis durch, den Baubestand im früheren Judenviertel und angrenzenden Altstadtbereich nicht abzureißen, sondern zu sanieren. Da nicht genügend Geld zur Verfügung stand, um sich aller Projekte zur gleichen Zeit anzunehmen, dauerten die Arbeiten viele Jahrzehnte hindurch an. Man begann mit der Wiedererrichtung der Synagoge und endete in den 1980er Jahren mit der Sanierung des früheren jüdischen Wohnviertels. Dabei achteten die Wormser darauf, dass die Judengasse kein Museum wurde, sondern ein lebensbejahendes und lebenswertes Viertel. Anders als in den 1940er, 1950er und 1960er Jahren, die noch als echte Wiederaufbauphase gelten müssen, war es in der darauf folgenden Zeit möglich, den Schwerpunkt der städtebaulichen, ökonomischen und sozialen Entwicklung zukunftsweisender zu gestalten. Nun ging es nicht mehr um die vordringliche Beseitigung der Not und die Integration von Flüchtlingen und Kriegsheimkehrern, die Arbeit und Unterkunft finden und somit in den neuen, demokratischen Staat eingebunden werden konnten. Jetzt durfte und musste man sich anderen, neuen, aber nicht weniger dringlichen Problemen widmen, nämlich der wirtschaftlichen Weiterentwicklung der Stadt, die sich – nach dem endgültigen Zusammenbruch der Lederindustrie – um neue Arbeitgeber für ihre Bürger zu kümmern hatte. Das tat sie, indem sie sich bemühte, neue Wirtschaftsunternehmen in ihrem Gebiet anzusiedeln. Diesem Vorhaben diente unter anderem der Ausbau der inner- und außerstädtischen Verkehrs- und übrigen Infrastruktur (in den 1970er Jahren Anlage von Fußgängerzonen, Flächennutzungsplan, seit ca. 2000 stärkere Bemühungen um die Innenstadtgestaltung etc.), aber auch die Eingemeindungen und die attraktive Gestaltung des privaten, sozialen und kulturellen Lebens. Eine wichtige Rolle spielt im heutigen Worms auch die durch Partnerschaften und andere Kontakte vielfach international verbundene Fachhochschule. Im Jahr 1977/78 wurde die bestehende Erziehungswissenschaftliche Hochschule in Worms in die Abteilung Ludwigshafen/Worms der Fachhochschule Rheinland-Pfalz umgewandelt. Die Wormser Studiengänge fanden so große Resonanz, dass die Zahl der Studierenden bis zum WS 1982/83 auf 1 200 anwuchs. Mit dem neuen Fachhochschulgesetz des Landes wurde die ehemalige Abteilung Worms der Fachhochschule Rheinland-Pfalz am 1. September 1996 zur selbstständigen Fachhochschule Worms. Immatrikuliert waren hier zu Beginn des Wintersemesters 2004/05 ca. 2 550 Studierende; der Anteil der Studierenden mit einer ausländischen Nationalität beläuft sich auf ca. 19 Prozent. Das Studienangebot der Fachhochschule Worms umfasst sieben betriebswirtschaftliche und zwei technische Studiengänge. Ein weiterer Ausbau ist geplant. Die »neuen« Zeiten ermöglichten es auch, sich bei der Sanierung alter Gebäude auf die Historie zu besinnen. Die Nachkriegsphase mit ihren extremen Nöten war vorbei. Es bestand auch nicht mehr das Bedürfnis, sich durch den Abriss demolierter Gebäude von einer leidvollen Vergangenheit zu befreien und sich eine neue, hoffnungsvolle Zukunft aufzubauen, die nicht mehr am Überkommenen hängen sollte. Jetzt war es möglich,

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auch wieder einen Blick zurück zu tun und sich auf die Geschichte zu besinnen. Das taten die Wormser, als sie sich in den 1970er und 1980er Jahren der Sanierung der Altstadt annahmen. Wohltuend war diese Entscheidung nicht nur für die Bürger selbst, sondern zugleich für den Fremdenverkehr, den man als attraktives wirtschaftliches Standbein erkannt hatte. Worms ist nicht nur eine moderne Kommune im Schnittpunkt zweier bedeutender Wirtschaftsräume (Rhein-Main-Gebiet, Rhein-Neckar-Dreieck) und Mitglied in beiden Planungsgemeinschaften, sondern zugleich eine traditionsreiche, trotz aller Zerstörungen sehr geschichtsträchtige Stadt, die sowohl mit ihrer Vergangenheit Aufmerksamkeit erregt als auch mit ihrer Lage an einem der bedeutendsten Flüsse der Welt, dessen Region von einer internationalen Touristenschar wegen seiner bedeutsamen Bauwerke und reichen Geschichte sowie der hervorragenden Weinlagen und des attraktiven rheinhessischen Hinterlandes gerne besucht wird. In Worms hat man sich dieses Wissen zu Nutze gemacht und versucht, unter anderem durch die Schaffung eines modernen Nibelungenmuseums sowie die neue Belebung der Tradition der Nibelungenfestspiele, die Stadt zu einem Publikumsmagneten zu machen191. Als touristische Profile werden neben dem seit den 1990er Jahren im Vordergrund stehenden Nibelungenthema auch der Wein, Worms als Domstadt, Worms als Lutherstadt (1971 Reichstagsgedenken, 1983 Synode der EKD, 1983 und 1996 Lutherjahre) sowie das Jüdische Worms und Worms als Stadt der Romanik (2000 Burchardjahr) vermarktet. Dies alles geschieht vor dem Hintergrund einer seit vielen Jahren sich zuspitzenden finanziellen Krise, die – wie in anderen Kommunen auch – durch stete Zuweisung neuer Aufgaben (Kindergartenplätze, Grundversorgung etc.) und wachsende Soziallasten dramatisch beschleunigt wurde. Die Summe der Fehlbeträge im Haushalt wurde für das Ende des Haushaltsjahres 2004 in einer Höhe von 86,23 Millionen Euro erwartet, der Investitionshaushalt hatte in diesem Jahr ein Volumen von gut 18 Millionen Euro. Der Gesamthaushalt weist ein Volumen von Ausgaben in Höhe von fast 165 Millionen Euro auf. Im Vergleich zu den anderen Städten des Landes liegt Worms mit seinen Zahlen im guten Mittelfeld. Die angedeuteten strukturellen Probleme (einen ausgeglichenen Haushalt gab es zuletzt 1992) kann die Stadt nur im Wege einer besseren Finanzausstattung oder einer Aufgabenverlagerung lösen und nicht mehr aus eigener Kraft bewältigen; nach wie vor steht eine grundlegende Gemeindefinanzreform aus, die den Städten die nötigen Mittel für ihre Aufgaben zuweist 192. Der vorliegende Aufsatz kann nur einen Überblick über die Geschehnisse vermitteln, die die Geschicke der Stadt und ihrer Bewohner von 1945 193 bis zur Gegenwart bestimmten. Viele Bereiche der geschichtlichen Entwicklung sind noch nicht in ausreichendem Maße erforscht. Hierzu gehört die Geschichte des Städtebaus 194 sowie die der gesellschaftlichen195, kulturellen196 und der wirtschaftlichen197 Entwicklung in Worms. Auch die Presse- und Parteienlandschaft der Stadt ist bislang weitgehend unbeachtet geblieben. Lediglich SPD und CDU können eine Selbstdarstellung vorweisen, die die Historie berücksichtigt. Für alle übrigen Parteien und die Gewerkschaften, die in Worms immerhin mit einem Organisationsgrad von 75 Prozent aller Beschäftigten aufwarten konnten198, stehen solche Untersuchungen noch aus. Gleiches gilt im Übrigen für wichtige Protagonisten, die die Politik in Worms bestimmten. Es fehlen Biografien zu Ludwig

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von Heyl199, Ernst Kilb, Christian Eckert oder Heinrich Völker. Auch das Leben und Wirken der SPD-Ehrenvorsitzenden Lucie Kölsch, die 1977 den Ehrenring der Stadt Worms für ihr langjähriges, herausragendes soziales und politisches Engagement in Stadt und Land erhielt und 1989 zur Ehrenbürgerin der Stadt ernannt wurde, ist bislang noch nicht erschöpfend dargestellt worden. Dabei wirft gerade ihre Vita ein Licht auf die Bedeutung von Frauen in der Politik200. Ein interessantes Forschungsthema stellt schließlich auch der Stadtrat dar, der mit sehr unterschiedlichen Parteien und Gruppierungen besetzt war, die einer Untersuchung wert sind. Genannt sei hier beispielhaft die Liste Penk oder die Gruppe um Dr. Otmar Schäfer. Nicht minder bedeutsam wäre aber auch die Auseinandersetzung mit der Frage, welche Auswirkungen die in den 1990er Jahren erfolgte Abschaffung der Fünf-Prozent-Klausel für die Wormser Stadtpolitik nach sich zog. In diesem Zusammenhang wird die seit Jahrzehnten bzw. seit Jahrhunderten schwelende Frage, ob in den Gemeinden »kommunale Selbstverwaltung« oder »kommunale Selbstregierung« herrscht, zu diskutieren sein. Das hinter der Abschaffung der bundes- und landesweit für wichtig erachteten Fünf-Prozent-Hürde stehende Politikverständnis wirft möglicherweise ein bezeichnendes Licht auf die Bedeutung, die der Kommunalpolitik in Rheinland-Pfalz entgegengebracht wird201. In diesem Zusammenhang wird auch die grundsätzliche Frage nach der politischen Aufgabenstellung und der finanziellen Belastung der Kommunen zu stellen sein, die vor allem in der seit Jahren aktuellen Diskussion um das Konnexitätsprinzip immer wieder zu Tage tritt. Dies bedeutet die Einhaltung des Grundsatzes »Wer bestellt, bezahlt«: Den Kommunen müssen also für die Erfüllung von Aufgaben, die ihnen Bund oder Länder gesetzlich vorgeben, auch die dazu nötigen finanziellen Mittel zugewiesen werden. Die Stadt Worms hat in geschichtlicher und politikwissenschaftlicher Hinsicht noch allerhand Erforschenswertes zu bieten, und es bleibt zu hoffen, dass die bislang bestehenden Lücken möglichst bald geschlossen werden können.

Die Ortssprache von Worms in Einzelaspekten A LFRED L AMELI

Rheinfranken und Worms Eine Beschreibung der Wormser Ortssprache ist notwendigerweise an die sprachlichen Bedingungen und Entwicklungen derjenigen Sprachlandschaft gebunden, die der Sprachwissenschaftler als das Westmitteldeutsche bezeichnet. Dieser sprachgeografische Großverband umfasst grob die Gebiete der heutigen Bundesländer Rheinland-Pfalz und Saarland sowie weite Teile Hessens und die nördlichen Ausläufer Baden-Württembergs. Das Westmitteldeutsche lässt sich seinerseits in zwei größere Sprachlandschaften gliedern. Sein nordwestliches Gebiet um Luxemburg, Trier, Koblenz, Westerwald und Eifel ist Teil des Moselfränkischen. Das südöstliche, rheinfränkische Gebiet zieht sich kreisförmig um die Städte Mainz, Aschaffenburg, Sinsheim, Karlsruhe, Pirmasens und Kreuznach. Ihm zu Grunde liegen die alten Verwaltungsdistrikte Rheinhessen, Pfalz, Kurpfalz, Starkenburg und Nordbaden. Sprachlich lässt sich dieses rheinfränkische Areal mit Hilfe verschiedener Lautgrenzen bestimmen. Eine besondere Bedeutung erlangt dabei die so genannte »dat/das-Linie«, welche die westmitteldeutsche Binnengrenze zum Moselfränkischen bildet: Während das hochsprachliche »das« in den moselfränkischen Dialekten mit einem auslautenden »-t« als »dat« repräsentiert ist, ist in den Dialekten des Rheinfränkischen hochsprachekonformes »-s« vorzufinden. Näherungsweise parallel zur dat/ das-Isoglosse verlaufen mindestens abschnittsweise die »fest/fescht-Linie« sowie die Grenze zur Distinktion von Tonakzenten (vgl. Karte 15): Kennt das Moselfränkische Unterschiede in der Wortbedeutung in Abhängigkeit vom Tonhöhenverlauf auf der Wortakzentsilbe, so ist diese Unterscheidung im jenseitigen Rheinfranken unbekannt. Südlich steht das Rheinfränkische dem Oberdeutschen gegenüber. Erstes Indiz einer Abgrenzung ist die Repräsentation des hochsprachlichen Wortes »Apfel« als rheinfränkisches »Appel« und oberdeutsches »Apfel«. Zugleich handelt es sich bei der gesamten Region um eine Landschaft, an der sich sprachhistorische Entwicklungen aufzeigen lassen. Dies wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die zuvor erwähnten Grenzverläufe den Ablauf der so genannten hochdeutschen Lautverschiebung widerspiegeln, die sich um ca. 600 – 800 n. Chr. von Süden nach Norden vollzogen hat. Die sprachhistorisch jüngeren Formen sind »das« und »Apfel«, wohingegen die älteren, auf germanischer Basis beruhenden Formen in »dat« und »Appel« zu sehen sind. Dieses einschneidende Sprachwandelphänomen ist also für die Trennung der deutschen Volkssprachen von den übri-

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Karte 15: Strukturgrenzen und -räume im westlichen Rheinfranken

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gen germanischen Sprachen sowie gleichzeitig für die Abspaltung mitteldeutscher und oberdeutscher Dialekte verantwortlich. Das Areal verweist somit auf den Verlauf historischer Entwicklungen und markiert aus nördlicher Richtung den Übergang vom Moselfränkischen zum oberdeutschen Dialektverband. Insofern visualisiert die Karte 15 auch die räumliche Kontinuität in der Alternation sprachlicher Phänomene und damit die kontinuierliche Anbindung einzelner linguistischer Kernräume. Dieses Raumkontinuum wird meist erst sekundär durch den Sprachwissenschaftler mittels Summierung einzelner sprachlicher Merkmale in einer dialektgeografischen Definition aufgelöst. Eine wichtige Binnendifferenzierung der rheinfränkischen Dialekte ermöglicht der ab dem Rhein östlich verlaufende Teil der fest/fescht-Linie, der auf hessischem Gebiet die nord- und südrheinfränkischen Dialekte trennt. Der hier interessierende südrheinfränkische Raum ist insbesondere an die Gebiete der Pfalz einschließlich der Kurpfalz und Rheinhessens gebunden, die ihrerseits wiederum als eigenständige und teilweise binnendifferenzierbare Dialekträume begriffen werden können. Die Lage der Stadt Worms am südlichen Rand Rheinhessens in unmittelbarer Nähe der Pfalz und somit im unmittelbaren Spannungsgefüge zweier sprachlicher Kernräume ist es vor allem, was die Stadt aus sprachwissenschaftlicher Sicht interessant erscheinen lässt. Eine weitere Besonderheit ist die Lage an alten Verkehrswegen, namentlich am Rhein. Der Rhein als Verkehrsweg hat über viele Jahrhunderte zur Verbreitung sprachlicher Merkmale beigetragen, weshalb es heute mit Blick in die einschlägige Literatur 1 nicht verwundern kann, dass in den beiden – ehemaligen – »Rheinzentren« Mainz und Worms oftmals identische oder ähnliche Varianten vorzufinden sind, auch wenn das jeweilige Umland andere Phänomene aufweist. Eine ähnliche Bedeutung kommt offensichtlich der alten Römerstraße von Mainz und Worms über Kaiserslautern und Saarbrücken nach Metz zu, die ebenfalls mit der Ausbreitung sprachlicher Phänomene in Verbindung gebracht wurde2. Drittens ist die Stadt auf Grund ihrer historischen Bedeutung von Interesse, die zu sprachlichen Neuerungen vor allem auf lexikalischem Gebiet geführt hat. Erinnert sei lediglich an die Bedeutung der jüdischen Gemeinde – aus der immerhin das älteste datierbare jüdische Sprachdenkmal in deutscher Sprache hervorgegangen ist (»Wormser Machsor«, 1272/73; vgl. Abb. 78 S. 680) – oder die Zeit der französischen Herrschaft in den Jahren um 1800. Ein vierter, wissenschaftspraktischer Grund ist darin zu sehen, dass Worms seit 1879/80 Untersuchungsort mehrerer sprachwissenschaftlicher Großprojekte wurde. Damit wird unter weiterer Berücksichtigung des näheren und ferneren Umlands nicht nur ein sprachgeografischer, sondern auch ein sprachhistorischer Vergleich unterschiedlicher Forschungserträge möglich. Es ist hier allerdings nicht der Raum gegeben, umfassenden Einblick in das dialektale System zu gewähren. Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich daher notwendigerweise auf die Skizzierung ausgewählter Einzelaspekte 3. Bevor allerdings eine Beschreibung erfolgen kann, ist zunächst nach der prinzipiellen Eigenart von Ortssprachen zu fragen.

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Charakterisierung ortstypischer Dialektrepertoires Das dialektale Repertoire eines Ortes lässt sich gemeinhin nur über den Vergleich seiner Sprachvarianten (Laute, Wörter etc.) mit den Sprachvarianten des überdachenden Dialektgebietes bestimmen. Insgesamt können dabei nur wenige Phänomene ortstypischen Status beanspruchen, das Gros der Varianten ist innerhalb eines Sprachareals per definitionem annähernd deckungsgleich. Dennoch weisen die Ortschaften einer Landschaft immer auch solche Varianten auf, die dem typischen Charakter des definierten Sprachgebietes nicht entsprechen. Untereinander unterscheiden sich die Ortschaften ebenfalls, sodass die dialektale Charakteristik einer Ortschaft zumeist nicht in der Exklusivität einzelner, sondern vielmehr in der exklusiven Kombination mehrerer sprachlicher Merkmale zu sehen ist. Zudem konstituiert sich die Eigenart einer Ortssprache über die Einstellungen und Ansichten der Sprecher zu bestimmten Sprechweisen (metalinguistische Ebene): Wie sich zeigt, können bestimmte Muster der Sprachverwendung bestimmter Sprachgemeinschaften (z. B. Städte, soziale Gruppen) eindeutige Bewertungstendenzen im Sprecherbewusstsein auslösen. So kann es geschehen, dass einzelne sprachliche Varianten in bestimmten Gesprächskonstellationen auf Grund positiver Assoziationen (z. B. hohes Prestige) bevorzugt werden und damit für eine areale Ausbreitung bereitstehen. Umgekehrt können andere Varianten bei Sprechern negative Assoziationen auslösen, weshalb sie vermieden werden. Im Extremfall kann dies zu einer kleinräumigen Existenz dieser Varianten sowie perspektivisch zu ihrem Verschwinden beitragen. Solche sprachsozialen Umstände lassen sich dadurch nachvollziehen, dass im historischen Verlauf sprachliche Merkmale immer wieder von bestimmten Ortschaften ausgehen. Für die Betrachtung der Wormser Ortssprache hat dies zur Folge, dass eine Charakterisierung des Variantenrepertoires notwendigerweise auf die Darstellung klein- und großarealer Besonderheiten angewiesen ist. Die Beschreibungsgrundlage ist hierfür auf Grund der verschiedenen Großprojekte vor allem auf Laut- und Formenebene (Phonetik/Phonologie vs. Morphologie) sowie auf Wortebene (Lexik) relativ günstig. Damit ist der allgemeine Rahmen der nachfolgenden Ausführungen vorgegeben. Weit weniger intensiv ist bislang – wie in den größten Teilen des deutschen Sprachraums – die Satzebene (Syntax) erforscht. Umfassende metasprachliche Daten liegen derzeit nicht vor.

Die Ortssprache von Worms: ausgewählte Phänomene Bei der Annäherung an die Ortssprache stehen solche Phänomene im Fokus, die zum einen die besondere Stellung des Wormser Dialektes im Rahmen der rheinfränkischen Regionalsprache ausweisen, zum anderen Symptom der grundsätzlichen Veränderlichkeit des Dialektes sind und damit Rückschlüsse auf seine Genese erlauben. Da beide Aspekte in enger Verbindung stehen, werden sie gemeinsam behandelt. In der Betrachtung sollen

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Besonderheiten des Laut-, Formen- und Wortinventars kurz skizziert werden. Zum besseren Verständnis historischer und regionaler Bedingungen wird in den einzelnen Kapiteln jeweils ein Phänomen sprachlicher Auffälligkeit ausführlicher präsentiert.

Lautebene Lautinventar Die lautliche Dimension prägt die Dialekte in besonderem Maße, weshalb sie häufig zur Bestimmung von größeren Dialektarealen herangezogen wird. Bei der ersten Annäherung an den Untersuchungsgegenstand wurde dies bereits deutlich. Zugleich bilden lautliche Eigenschaften einschließlich der Intonation denjenigen sprachlichen Teilbereich, der von Sprechern am wenigsten zu kontrollieren ist und bei intendierter Hochsprache – nachfolgend »Standardsprache« genannt – die meisten dialektalen Interferenzen aufweist. Hinsichtlich des Wormser Dialektes zeigt sich eine große Ähnlichkeit mit dem Lautinventar der Standardsprache. Dennoch sind Unterschiede festzustellen. Vor allem im Hinblick auf die systemische Distribution der einzelnen Laute bestehen teilweise erhebliche Unterschiede zur Standardsprache. Das soll heißen, dass eine Vielzahl der dialektalen Laute artikulatorisch mit der Standardsprache übereinstimmt, allein die Verteilung der Laute innerhalb der Lautsysteme ist in manchen Fällen eine andere. Ein Beispiel aus dem Vokalismus mag dies verdeutlichen: Um 1200 finden wir im Mittelhochdeutschen die Phoneme »ei« (stein) und »î« (mîn), die im Neuhochdeutschen zu »ai« (Stein, mein) zusammengefallen sind. Die Dialektsprecher unterscheiden jedoch noch immer die beiden Phoneme, wenngleich in anderer Weise: Mittelhochdeutsches »ei« wird als dialektales »ä« realisiert: Stää (Stein), mittelhochdeutsches »î« dagegen als dialektales »ai« oder »oi« (mai, moi)4. Die dialektalen Laute sind in beiden Fällen auch der Standardsprache bekannt, jedoch in gänzlich verschiedenen Kontexten. Die standardsprachlichen Wörter »Bär« (mhd. bër) und »neu« (mhd. niuwe) belegen dies. Was hier also vorliegt, ist die artikulatorische, das heißt phonetische Nähe zur Standardsprache bei gleichzeitiger sprachsystemischer, das heißt phonologischer Unterschiedlichkeit. Soweit beispielhaft zur grundsätzlichen artikulatorischen Übereinstimmung. Was die artikulatorischen Unterschiede anbelangt, so ist etwa das vollständige Fehlen der standardsprachlichen vorderen Vokale mit Lippenrundung »ü« (Kümmel vs. Kimmel, Bürste vs. Bärscht) und »ö« (zwölf vs. zwelf) markant, ein Phänomen, das für den gesamten rheinfränkischen Sprachraum zu belegen ist. Unter den im Mundraum weiter hinten artikulierten Vokalen fällt vor allem der Laut »a« auf, dessen Qualität in den einschlägigen Werken im gesamten süddeutschen Raum besonders vor »n« zumeist als »dumpf« charakterisiert wird5, was auf eine tendenzielle Rückverlagerung der Artikulationsstelle bei gleichzeitiger geringfügiger Schließung des Kiefers zurückzuführen ist. Kleinräumiger, weil auf den mitteldeutschen Raum beschränkt, ist das Phänomen der Vorverlagerung und ansatzweisen Aufhebung der Lippenrundung bei langem »u« oder »o« (Zentralisierung). Ebenfalls typisch ist eine deutliche Tendenz zur Nasalierung (n) von Vokalen in lautlicher Nachbarschaft zu historischem »m« oder »n« (Wain, Woi n vs. Wein, anfengt vs. anfängt). Unter den Konsonanten ist seit Beginn des 20. Jahrhunderts vor allem das Feh-

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len von »ç« (westgermanisch χ) zu erwähnen (ich), das sich dialektal durch »sch« (isch) ersetzt findet sowie alternativ durch einen koronalen Laut ½ (i½), der als Zwischenlaut zwischen »sch« und »ch« zu beschreiben ist6. Für die Standardsprache untypische Laute finden sich auch im Falle der so genannten »g-Spirantisierung«. Nach den vorderen Vokalen (z. B. i, ü) ist standardsprachliches »g« als »sch« oder ½ realisiert, nach den hinteren Vokalen (z. B. u, o) als ach-Laut: Siesch (Sieg) vs. genuuch (genug). Steht »g« zwischen zwei Vokalen, dann sind die g-Entsprechungen stimmhaft realisiert (bie.schen7 vs. biegen, Waache vs. Wagen). Historische Entwicklungen und geografische Einordnung Das Lautinventar des Wormser Dialektes ist seit dem 19. Jahrhundert sehr gut dokumentiert. Eine erste wissenschaftliche Bearbeitung liegt mit den Erhebungen Georg Wenkers zum »Sprachatlas des deutschen Reichs« vor. Der Marburger Sprachwissenschaftler ließ 1879/80 einen Fragebogen mit 40 standardsprachlichen Sätzen in den Wormser Dialekt übertragen (z. B. Satz 1: Im Winter fliegen die trockenen Blätter in der Luft herum). Damit existiert heute ein diachroner, das heißt zeitlich zurückliegender Referenzpunkt dialektaler Ausprägung, der zur Interpretation sprachlicher Veränderung in Worms während der vergangenen ca. 125 Jahre geeignet ist. Zugleich ist auf Grund des von Wenker kleinmaschig konzipierten Erhebungsnetzes, das sich auf über 45 000 Orte erstreckt, ein arealer Vergleich der in Worms erhobenen Daten mit den Daten der heutigen Vororte sowie weiterer Ortschaften und damit eine Einordnung in die umgebenden Dialektlandschaften möglich8. An neueren Untersuchungen sind vor allem die Arbeiten im Rahmen des Mittelrheinischen Sprachatlas (MRhSA) zu nennen. Im Jahr 1985 wurden in diesem Zusammenhang zwei 1904 und 1912 geborene Wormserinnen interviewt, deren dialektale Kompetenz stellvertretend für die Ortssprache in das Atlaswerk eingegangen ist9. Eine erste Auffälligkeit in der Diachronie ist – wie zu erwarten – die Annäherung des Dialektes an die Standardsprache. Belege im Wenkerbogen des ausgehenden 19. Jahrhunderts wie Milich (Milch), schneige (schneien), genunk (genug), heger (höher) haben inzwischen nurmehr sprachhistorischen Rang und sind bei den heutigen Dialektsprechern nach Ausweis des MRhSA-Fragebuchs eher als Milsch, schneie, genuuch, heea wahrzunehmen. Dass jedoch eine solche Annäherung an die seit den 1920er Jahren vornehmlich tonmedial vermittelte Standardsprache keine Ausschließlichkeit beanspruchen kann, haben die Herausgeber des MRhSA an verschiedenen Beispielen verdeutlicht (vgl. Bd. 5, S. IX f.), die Belege für eine jüngere sprachliche Entwicklung entgegen der Standardsprache sind. Aufschlussreich ist im vorliegenden Fall die diachron verschiedene Realisation des auf das mittelhochdeutsche »î« zurückzuführenden standardsprachlichen Doppellauts »ai« vor »n« (mein, Wein), dessen Rekonstruktion hier für das Wort »Wein« beispielhaft vorgeführt werden soll. Während der MRhSA in Worms mit Woi den gegenwärtigen Lautstand markiert (Fragebuch, S. 73, S. 23), weist das Werk des 19. Jahrhunderts standardsprachekonformes bzw. partiell nasaliertes Wei – zu sprechen als Wai(n) – auf (Fragebogen Wenker, Satz 16)10. Im Umland der Stadt Worms ist Woi zwar im Wenker-Atlas vereinzelt – wenn auch selten – belegt, im Wormser Fragebogen sowie auch in nahezu dem gesamten süddeutschen Raum ist diese Realisation jedoch nicht erfasst 11. Was allerdings nachweisbar

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ist, ist eine generelle Evidenz für eine diachrone Ausbreitung des Diphthongs »oi« im 20. Jahrhundert: In seiner Synopse der Forschung bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts verweist Wiesinger noch auf ein »in der mittleren Vorderpfalz und einem anschließenden rechtsrheinischen Gebiet« angesiedeltes einzelnes »oi«-Gebiet12. In den Erhebungen des Mittelrheinischen Sprachatlas gegen Ende des Jahrhunderts dominiert schließlich »oi« in weiten Teilen des rheinfränkischen Raumes13. Auf den ersten Blick scheint also ausgerechnet das südpfälzische Reliktgebiet den Ausschlag für die Verbreitung der rezenten Form gegeben zu haben. Bei genauerer Betrachtung ist jedoch ein anderer Sachverhalt als ursächlich anzunehmen, nämlich die Ausbreitung der Vokalnasalierung. Stellen wir das Problem der »oi«-Ausbreitung für kurze Zeit zurück und vergegenwärtigen wir uns die Bedingungen der Vokalnasalisierung. Grundsätzlich unterliegen fast alle gesprochenen Vokale in unmittelbarer Nachbarschaft zu nasalen Konsonanten (n, m) einer leichten Nasalierung. Artikulatorisch wird hier zur Produktion der Konsonanten der Nasenraum durch Absenkung des Gaumensegels (Velum) als Resonanzraum in die Lautproduktion einbezogen. Da bei der Artikulation der Vokale das Velum bereits ansatzweise gesenkt bzw. noch nicht vollständig gehoben ist, erhält der Nasal eine geringfügige, normalerweise kaum wahrnehmbare nasale Färbung. Anders dagegen in weiten Teilen des rheinfränkischen Dialektverbandes, wo Nasalierung als deutlich wahrnehmbares Lautmerkmal produziert wird. Wie Thinnes verdeutlicht, kann der Schwund eines Nasalkonsonanten in besonderem Maße die Nasalität des voranstehenden Vokals beeinträchtigen: »Der Schwund des N [= des Nasals; AL] macht die Übertragung des Signals »Nasalität« auf den Vokal notwendig«14. Es verwundert demgemäß nicht, dass der Wenkerbogen für Worms die Form Wein und nicht *Wei(n)n belegt. Kommen wir zurück zur Ausbreitung der jüngeren »oi«-Formen. Wie die Karte Wein des Wenker-Atlasses ausweist, verläuft quer durch Rheinfranken – in weiten Teilen parallel zur dat/das-Linie in Karte 15 – eine Grenze, die ein nordwestliches, bis an das Ende eines Übergangsgebietes zum Moselfränkischen reichendes Areal mit erhaltenem Nasal »-n« von einem südöstlichen Areal mit geschwundenem »-n« trennt, das den gesamten süddeutschen Raum exklusive des Alemannischen umfasst. Bezeichnenderweise findet sich exakt ab dieser Grenze in westlicher Richtung weit über den Rhein hinaus nahezu flächendeckend der Hinweis auf die Nasalierung des Diphthongs, wohingegen östlich überhaupt keine Nasalierungen notiert sind. An dieser Stelle ist eine zweite Besonderheit zu berücksichtigen, auf die bereits Christmann im Jahr 1927 bei der Untersuchung eines rheinfränkischen Ortes hingewiesen hat: Es besteht bei den Vokalen die Tendenz, »im Falle der Nasalierung […] eine geschlossene Qualität« anzunehmen15. Geschlossenere Qualität bedeutet im Falle von »ai« eine Annäherung an »oi«, die im Laufe des 20. Jahrhunderts offensichtlich verstärkt wurde. In akustischen Analysen lässt sich dies durch eine Frequenzveränderung im Sprachsignal belegen 16. Die Entwicklung der ersten Diphthongkomponente »a« in Richtung »o« ist allerdings nicht zuletzt deshalb möglich, weil »a« vor Nasallaut in den zur Diskussion stehenden Gebieten generell eine leichte »o«Qualität annimmt, was in der frühen Forschung mit der weiter oben erwähnten »Verdumpfung« quittiert wurde. Überhaupt besteht eine Affinität von »a« zu »o«, die Maurer folgendermaßen beschreibt: »Altes ›a¯‹ wird in ganz Rheinhessen zu ›o ¯‹ verändert, zum

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Beispiel in Fr?¯johr (Frühjahr), Owend (Abend), Schbro¯ch (Sprache).« Weiter schreibt Maurer: »Dieser Wandel ist auch zu erkennen in Fällen, in denen der Vokal später gekürzt wurde: losse (lassen), Nochber (Nachbar). Das in offener Silbe gelängte, mittelhochdeutsch noch kurze ›a˘‹ erleidet zum Teil das gleiche Schicksal wie ursprüngliches ›a ¯‹ « 17. Was die Belege im südpfälzischen Areal anbelangt, so sind diese als parallele Entwicklungstendenzen zu werten, die unabhängig bzw. zeitlich versetzt zur flächendeckenden Veränderung in den Dialekten des übrigen Rheinfränkischen zu Beginn des 20. Jahrhunderts vonstatten gingen. Zu vermuten steht allerdings, dass in den Sprechlagen oberhalb der Dialekte (so genannte »Umgangssprache«) diese Entwicklung bereits im 19. Jahrhundert eingesetzt hat und dann sukzessive in die Basisdialekte übergegangen ist, wie es die sprachlichen Daten der Wormser Informantinnen des MRhSA am Beispiel moi n und Woin ausweisen. Dieses Beispiel verweist auf die Komplexität sprachlicher Veränderung. Was hier beschrieben wurde, ist eine Veränderung, die primär artikulatorisch bedingt ist. Dagegen sind eine Reihe sprachlicher Auffälligkeiten auf sprachsystemische Motive zurückzuführen, wie noch zu zeigen sein wird. Bemerkenswert ist an dem Beispiel weiterhin die historische Entwicklung entgegen der Standardsprache. Gerade während des 20. Jahrhunderts, vor allem nach Einsetzen der tonmedial vermittelten Standardsprache über den Rundfunk18, ist eine Annäherung an die Standardsprache erwartbar. Am Beispiel der Wenker-Belege gebrennt, gekennt usw., die das Ausbleiben des so genannten Rückumlautes kennzeichnen, lassen sich weitere Gründe aufzeigen, die zum Erhalt dialektaler Varianten beitragen, und zwar auch dann, wenn Dialektsprechern daran gelegen ist, die Standardsprache zu realisieren. Auch hier ist eine kurze Rekonstruktion hilfreich: In der Standardsprache ist bis in die Gegenwart für das Präteritum sowie das Partizip Perfekt bestimmter ehemals germanischer Verbklassen (so genannte »langwurzlige jan-Verben«) der germanische Lautstand prägend, vgl. etwa germanisch *brannida > althochdeutsch branta > neuhochdeutsch brannte19. Im Infinitiv sowie in den Präsensformen wurde dagegen altes germanisches –»-a« im Stamm auf Grund besonderer lautlicher Umstände zum Althochdeutschen hin in »-e« verändert, vgl. etwa germanisch *brannjan vs. althochdeutsch brennen. In Rheinfranken erfolgte in Analogie zu den bereits auf »-e« umgelauteten Formen des Infinitivs und des Präsens auch für die Präterital- und Partizipialformen eine Umlautung (gebrennt), die für die Wormser Gegend grob zwischen das 14. und 16. Jahrhundert datiert wurde20. Da mit einer solchen Umlautung Ausnahmen des Systems aufgehoben sind, ist die Motivation der Veränderung und damit der Besonderheit der Wormser Ortssprache primär in einer Vereinfachung des Flexionsparadigmas zu sehen21. So ist es auch zu erklären, weshalb sich die von der Standardsprache abweichenden Formen trotz des immensen Einflusses derselben auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts halten können. Die standardsprachlichen Formen zu übernehmen, würde für die Sprecher die Einführung einer Ausnahme von der etablierten Regel bedeuten, was letztlich den allgemeinen Vereinfachungstendenzen entgegensteht.

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Formenebene Formeninventar Das Formeninventar der Wormser Ortssprache entspricht im Wesentlichen dem allgemeinen rheinfränkischen Bestand22. Im Falle des Nomens ist im Vergleich mit der Standardsprache auf Unterschiede des grammatischen Geschlechts hinzuweisen: »der Butter« vs. »die Butter«, »die Bach« vs. »der Bach«. Unter den grammatischen Kategorien fällt vor allem der stark eingeschränkte Anwendungsbereich des Genitivs auf. Der Genitivus possessivus etwa wird durch die Kombination von Dativ und Possessivpronomen kompensiert: däm Vater soin Haus (das Haus des Vaters, mhd. des vater(s) hûs). Dennoch ist der Genitiv in Verwendung, zum Beispiel als Genitivus partitivus in Zeiks (»von dem Zeug«, däs Zeiks do vs. das Zeug dort). In diesem Zusammenhang ist auch der so genannte Familiengenitiv zu nennen, mit dem Sprecher auf die Angehörigen einer Familie verweisen und der im Zuge der Explorationen zum Mittelrheinischen Sprachatlas erhoben wurde (Fragebuch, S. 109). Hier zeigt sich die Präferenz des Genitivs gegenüber dem Dativ. Als Formelemente finden sich »-s« (ins Anols vs. bei Familie Arnold), »-se« (ins Tomase vs. bei Familie Thomas) und »-e« (ins Wolfe vs. bei Familie Wolf). Auffällig sind diesbezüglich auch die so genannten Movierungsmorpheme, also die Ableitungen weiblicher Personennamen von männlichen. Auf »Frau Arnold« wird z. B. als (die) Anoldn referiert, auf »Frau Wolf« mit (die) Wolfn, auf »Frau Becker« mit (die) Beggern (Fragebuch, S. 110). Bei den Adjektiven sei als Besonderheit auf die Markierung »-i« bei Feminina verwiesen, wie sie der Wenkerbogen mit weißi Sääf belegt (Satz 32). Historisch liegt hier die adjektivische Markierung der Feminina bei starker Deklination zu Grunde, die sich offensichtlich – wie im Falle von Seife – auch in der Verwendung bei mittelhochdeutsch schwachen Feminina durchgesetzt hat (mittelhochdeutsch wize seife vs. *wiziu seife). Im Bereich der Verbalflexion ist die Vermeidung des silbenauslautenden Konsonanten (Koda) infiniter Verben typisch (koch-e vs. koch-en). Leicht abgrenzen lässt sich die Ortssprache vom Umland durch einen Zweiformenplural (mir kumm-en glei, ihr kumm-t glei, die kumm-en glei), der einem pfälzischen Einheitsplural auf »-en« entgegensteht. Ebenfalls ist das Präfix »ge-« zur Partizipialbildung, in Kontrast zum Beispiel zu den Dialekten der westlichen Pfalz, erhalten: ge-funne vs. -funne. Als Vergangenheitstempus dominiert das Perfekt, dennoch ist in bestimmten Fällen auch das Präteritum in Verwendung, worauf an späterer Stelle einzugehen ist. Historische Entwicklungen und geografische Einordnung Eine klare Entwicklungstendenz wird im Vergleich von Wenkerbogen und Mittelrheinischem Sprachatlas am Beispiel des Partizips Perfekt deutlich. Der Wenkerbogen zeigt die schwache Bildung des Partizips standardsprachlich starker Verben (gewesst vs. gewesen, Satz 9), wohingegen der Mittelrheinische Sprachatlas für das 20. Jahrhundert nur der Standardsprache ähnliches gewääse nennt (Fragebuch, S. 54). Annäherung an die Standardsprache zeigt sich auch im Falle der Komparation von »viel«, die in der Standardsprache wie im Dialekt mit verschiedenen Wörtern unterschiedlicher etymologischer Herkunft gebildet wird (Suppletivbildung): »viel«, »mehr«, »am meisten«. Nach Ausweis

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des Wenkermaterials lautet der Superlativ der Steigerung am mehrschde (Satz 15), wohingegen die Erhebungen des Mittelrheinischen Sprachatlasses auf einen jüngeren Superlativ am maischde schließen lassen (S. 9). Auch hier liegt also eine Annäherung an die Standardsprache vor. Sowohl historische als auch regionale Besonderheiten lassen sich im Bereich der Wortbildung nachvollziehen. In Karte 15 (S. 651) ist auf der Basis der Wörter »Mäuerchen« und »bisschen« im Wenker-Atlas ein Mischgebiet grau schattiert, das Räume unterschiedlicher Bildung der Verkleinerungsformen (Diminutiva) im Singular begrenzt. Sehr deutlich wird hier die besondere Stellung der Wormser Ortssprache in unmittelbarer Nähe zum nördlichen Rand dieses Gebietes. Typisch für die Diminutivbildung in Worms ist eine Form »-che« (Meierche, bis.che)23, wohingegen die südlicheren Orte »-le« oder »el« (Mäuerle, bissel) aufweisen (Wenkerbogen, Satz 36, 31). Als generelle Bildungstypen wären hier auf einer übergeordneten Ebene die Formen »-chen« oder »-lein« anzusetzen. Für das Wort »Stückchen« sind im Wenker-Atlas zudem gedoppelte Diminutiva des Typs Stickelche zu belegen, und zwar für das gesamte in der Karte dargestellte Areal24. Das Mischgebiet ist insofern von Interesse, als es eine strukturell relevante Sprachscheide kennzeichnet, die eine Abgrenzung verschiedener Dialekträume ermöglicht. Es ist daher kein Zufall, dass der Verlauf des Gebietes mit einer Isoglosse der Intonation nahezu deckungsgleich verläuft, die ein Gebiet fallender Intonation im Norden von einem südlichen Gebiet trennt, das durch steigende Intonation sowohl bei Entscheidungs- als auch bei Ergänzungsfragen geprägt ist25. Weitere Isoglossen sprachlicher Besonderheiten verlaufen partiell identisch, wie etwa die morphologische Unterscheidung von nordwestlichem gebroch vs. südöstlichem gebroch-e (gebroch-en). Vor allem ist hier aber auf lexikalischer Ebene die so genannte Odenwaldschranke zu erwähnen, die zahlreiche Unterschiede der Wortverwendung markiert und deren südlicher Ausläufer im hier dargestellten Areal nahezu deckungsgleich mit dem Mischgebiet der Diminutivbildung verläuft 26. Als weitere morphologische Auffälligkeit verdient für die Region um Worms die formale Kennzeichnung der Vergangenheit eingehendere Aufmerksamkeit, deren sprachgeschichtliche Entwicklung erneut Aufschluss über die Genese des Dialektes erlaubt. Das Deutsche verwendet ein Tempussystem, das zwischen Präteritum und Perfekt unterscheidet. Historisch ist das deutsche Präteritum maßgeblich aus indogermanischem Imperfekt hervorgegangen. Im Laufe der Zeit hat es verschiedene Funktionsweisen übernommen, die ehemals durch das indogermanische Perfekt abgedeckt waren. Bereits in germanischer Zeit ist das Präteritum als dominantes Tempus neben dem Präsens etabliert27. Nach und nach wurden jedoch die Kategorien der verlorenen Tempora (Perfekt, Plusquamperfekt, Futur I, Futur II) durch Umschreibung kompensiert und somit restituiert28. In der Folge wurde das Präteritum in verschiedenen Landschaften zurückgedrängt und vom Perfekt abgelöst. Die Präteritalformen sind in den Dialekten Süddeutschlands bereits recht früh geschwunden, wohingegen sie sich in Teilen Mitteldeutschlands bei bestimmten Verben bis heute gehalten haben. Nördlich von Mainz verläuft schließlich eine WestOst-Grenze, die ein norddeutsches Areal abgrenzt, in dem das Präteritum bei sämtlichen Verbklassen vorzufinden ist (vgl. die Karte kam in DiWA 2001–2003.29). Im Rahmen dieser Süd-Nord-Staffelung in der Verwendung von Präteritalformen ist Worms demgemäß

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einem Übergangsgebiet zuzurechnen. Zwar ist das Perfekt dominierendes Tempus der Vergangenheit bei den Vollverben, jedoch ist das Präteritum bei den Hilfsverben »sein« und »haben« sowie bei verschiedenen Modalverben (z. B. wollen, sollen, dürfen) noch heute verbreitet (z. B. des wollt‘ ich net, des war noch net do). Dennoch sind auch hier Perfektformen als Ersatzbildungen zu beobachten, die allerdings keine temporal-semantische Unterscheidung bedingen. Die Gründe für den weitgehenden Verlust des Präteritums lassen sich bis in die germanische Zeit zurückführen. Durch eine im Germanischen einsetzende Betonung der ersten Wortsilbe wird gleichzeitig eine Schwächung der Wortnebensilben initiiert, die zum allmählichen Verlust auslautender Wortbildungselemente führt. Im Zuge dessen schwindet bis zum Ende des 13. Jahrhunderts bei bestimmten Verbklassen (schwachen Verben) im dialektalen Präteritum auslautendes »-e«, das zur Markierung der hoch frequenten 1. und 3. Person dient (ich/er spielte). Bemerkenswert ist diese Veränderung insofern, als sie die formale Übereinstimmung der 3. Person Singular Indikativ Aktiv von Präsens und Präteritum bedingt: »er spielt« (Präsens) vs. »er spielt‘« (Präteritum)30. Indem also die beiden Tempussysteme partiell zusammenfallen, ergeben sich für die Sprecher kommunikative Probleme, die dazu führen, dass anstelle des synthetisch, das heißt mit speziellen Wortbildungselementen gebildeten Präteritums das analytisch gebildete Perfekt präferiert wird, zu dessen Bildung die Hilfsverben »haben« und »sein« sowie ein infinites Verb (Partizip Perfekt) notwendig sind (vgl. Schirmunski 1962, S. 488 – 492). Vereinfachend wirkt zudem die Flexion der Hilfsverben im Präsens (er hat gespielt). Da sich im Neuhochdeutschen wie auch in den Dialekten um Worms die einzelnen Tempora der Hilfs- und Modalverben mit Ausnahme von »haben« entweder durch Formen mit Ablaut (z. B. er will vs. er wollte, er darf vs. er durfte) oder durch die Verwendung von Suppletivformen (z. B. ich bin vs. ich war, er ist vs. er war, wir sind vs. wir waren) unterscheiden lassen, ist eine weitere Differenzierung von Präsens und Präteritum nicht erforderlich. Einen Sonderfall stellt »haben« dar, bei dem im Neuhochdeutschen präsentisches »hat« präteritalem »hatte« gegenübersteht. Der erwähnte »e«-Schwund hätte hier ebenfalls zur formalen Übereinstimmung führen können. Die Sprecher haben allerdings eine lautliche Unterscheidung vorgenommen, indem sie dem Präteritum hat‘ mit apokopiertem »-e« das Präsens hot gegenüberstellen und damit die mögliche Deckungsgleichheit auflösen31. Damit ist zugleich ausgeschlossen, dass es sich bei den präteritalen Hilfs- und Modalverben um Entlehnungen aus der Schriftsprache handelt, wie sie in Dialekten ebenfalls zu belegen sind32. Vielmehr handelt es sich um echte Reliktformen. Ausgehend von den schwachen Verben hat sich das Perfekt allmählich auch bei den starken Verben als dominante Vergangenheitsmarkierung durchgesetzt, womit sukzessive die Einheitlichkeit des Tempussystems hergestellt wurde. Wie die Wormser Quellen belegen, ist der Ersatz des Präteritums durch das Perfekt für die Vollverben im 16. Jahrhundert nahezu durchgängig vollzogen 33. Dem Präteritum dieser Vollverben kann seither nur noch stilistische Funktion zugeschrieben werden.

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Wortschatz Eine Erhebung des Wortschatzes von Worms fand im Rahmen der Explorationen zum Deutschen Wortatlas (DWA; 1951–1978) von 1939 bis 1942 statt. Für die Ortssprache typische Belege des stark kultur- und landwirtschaftlich geprägten Abfragematerials sind Gummer (Gurke), Atzel (Elster), Wutzche (Ferkel), Gansert (männl. Gans), Gockel, Gluck (Hahn, Henne), Holler (Holunder), Kanickel (Kaninchen), Krummbeer (Kartoffel), Krott (Kröte), Wasserjungfer (Libelle), Zwetsche (Pflaume), Dippe (irdener Topf). Aufschlussreich werden solche lexikalischen Elemente, wenn sie im Raum betrachtet werden. Dann zeigt sich etwa, dass der Wormser die Stubenfliege als Mick bezeichnet und zugleich auf die Stechmücke mit Schnook referiert. Dies steht jedoch komplementär zu den sonstigen Bezeichnungsweisen der Region: »Die Zimmerfliege wird in fast ganz Rheinhessen die Schno ¯k (Schnake) genannt, wofür Starkenburg den Ausdruck Mücke kennt«34. Ebenfalls typisch ist für Worms sowie ganz Rheinhessen und die Pfalz auf Grund der intensiven Kontaktnahme mit fremden Bevölkerungsgruppen der Einfluss des Lateinischen, des Französischen sowie des Jiddischen in seinen romanischen und hebräisch-aramäischen Elementen. Die Entlehnung tritt auch einzelsprachlich zu verschiedenen Zeiten auf, man denke etwa an die verschiedenen Epochen des französischen Einflusses, der sprachlich allerdings nicht immer gleich bedeutsam war und jeweils auf bestimmte Bereiche des Wortschatzes begrenzt ist. Ein kurzer Hinweis auf einzelne Lehnwörter muss hier aus Platzgründen genügen: Hoschbes (sonderbarer Mensch) < lat. hospes; Kult, Kolder (Decke) < lat. culcitra, culcita; Laddwersch (Zwetschgenmus) < lat. (e)lectuarium; Moores (Benehmen, Respekt) < lat. mores; Persching (Pfirsich) < lat. persicus, persica; Babberatsch (Schlamm) < frz. paperasse; Schossee (Straße) < frz. chaussée; schinant (verlegen) < frz. gênant; Schees (Gefährt) < frz. chaise; Waschlavor (Waschschüssel) < frz. lavoir; Dalles (Ruin, Krankheit) < jid. dalles; Kafruus (sonderbarer Mensch) < jid. chawruse; Reibach (Gewinn) < jid. rewach; Schmuus (Gerede) < jid. schemues; Zores (Lärm, Streit) < jid. zores. Aus dem reichhaltigen Material des Deutschen Wortatlas soll die Bezeichnung für den Kreisel etwas genauer vorgestellt werden, da sie geeignet ist, die Entwicklung und Verbreitung von Wörtern aufzuzeigen 35. Während der Atlas zur Benennung des Spielgeräts, das mit Stock- oder Peitschenschlägen in Bewegung gehalten wird, in Worms das Wort Tänzel belegt, findet sich im näheren Umland von Worms, vor allem in den heutigen westlichen Stadtteilen die Bezeichnung Dobbisch, die nach eigenen sporadischen Befragungen ortsfester Sprecher ebenfalls als Dialektwort anzusehen ist und die mit einer Bezeichnung Danzdobbisch in Verbindung steht, die beide Lexeme aufnimmt. Um das sehr eng begrenzte Areal herum finden sich nach allen Seiten Formen des Typs »Tänzer« (Dänzer, Danzbär, Danzert usw.), die allerdings in der Westpfalz sowie im Südhessischen durch mit Dobbisch verwandten Wörtern abgelöst werden. Da der Informant des DWA angegeben hat, den Bogen von Schülern beantwortet haben zu lassen, und die für diesen Beitrag befragten Informanten seit ca. 1940 sozialisiert wurden, ist ein Hinweis gegeben, dass bei den eigentlichen Benutzern des Gerätes, nämlich den Kindern, mindestens in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit einer gewissen Variation in der Benennung zu rechnen ist. Bestärkung erhält diese Annahme durch den Eintrag des südhessischen Wörterbuchs,

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das eine Form Dopp oder südlich Doppich – »-ch« wird hier aktuell als »-sch« zu sprechen sein – synonym zu Tänzeler führt (Band I, Spalte 1577). Bedarf die Motivation zur Bezeichnung Tänzel keiner weiteren Erläuterung, so ist dies im Falle von Dobbisch anders. Etymologisch liegt dem Wort Doppisch mittelhochdeutsches topf(e) zu Grunde36, das seinerzeit aus altfranzösischem topet (vgl. französisch toupie, Kreisel) entlehnt wurde und wiederum auf germanisches *topp- (Spitze) zurückzuführen ist37. Da das mittelhochdeutsche topf(e) offensichtlich nicht den allgemeinen Veränderungen der hochdeutschen Lautverschiebung unterlag, liegt die Vermutung der Entlehnung in späterer Zeit nahe, und in der Tat finden sich erste Belege in der höfischen Literatur seit 1200. Im Zusammenhang mit dem Kreisel steht die germanische Basis in enger semantischer Verwandtschaft mit dem charakteristischen, spitzen Gegenstand des Spielgeräts, auf dem die Bewegung stattfindet. Die erwähnte Variation von Tänzel und Dobbisch dürfte in dieser Form inzwischen nicht mehr anzusetzen sein. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich bei den Kindern der Region gegenwärtig die standardsprachliche Variante Kreisel etabliert hat. Dies ist auch die Variante, welche die hier befragten, seit 1970 geborenen Informanten ausschließlich verwenden und kennen. Zugleich zeigt sich im Wortschatz, verglichen mit den anderen Systemebenen, die verstärkte Einwirkung der Standardsprache auf den Dialekt. Weitere Hinweise zum Wortschatz sind punktuell dem südhessischen Wörterbuch (1965 – 2002) sowie dem pfälzischen Wörterbuch (1965–1997) zu entnehmen, auf die an dieser Stelle verwiesen sei.

Status und Perspektive des Dialektes Der sozialen Komponente des Dialektes steht seine funktionale Relevanz zur Seite. Während sich gezeigt hat, dass dem sozialen Status des Dialektgebrauchs und damit der Dialektsprecher in den deutschsprachigen Gebieten mitunter nur eine untergeordnete Rolle zukommt 38, hat die funktionale Relevanz im Verlauf des 20. Jahrhunderts eine erhebliche Schwächung erfahren. Domänen, die ehemals für den Dialekt reserviert waren, wurden zunehmend von der Standardsprache erschlossen. In immer mehr situativen Verwendungskontexten werden regionalsprachliche zu Gunsten standardsprachlicher oder standardsprache-naher Muster aufgegeben. Da einer dieser Kontexte die Sozialisation, das heißt die Erziehung von Kindern darstellt, geht mit diesem pragmatischen Verlust des Dialektes eine Verringerung derjenigen Personen, die Dialekt als Primärkompetenz erworben haben, einher. Gründe für den Umbruch während des 20. Jahrhunderts sind einerseits in den allgemeinen gesellschaftlichen Veränderungen in Folge des Zweiten Weltkriegs zu suchen, andererseits in der Technisierung und damit einhergehend der Ausbreitung der Standardsprache über das Radio seit den 1920er Jahren sowie das Fernsehen seit den 1950er Jahren. Es wäre allerdings verfehlt, den Abbau der Dialekte mit einem allgemeinen Aussterben regionalsprachlicher Merkmale gleichzusetzen. Die zuvor angeführten Belege für systemische Optimierung oder artikulatorische Vereinfachung stehen dem entgegen. Zudem stehen jenen Sprechern, die regional markierte Formen

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verwenden, sprachliche Mittel zur Verfügung, sich als Mitglieder bestimmter sozialer Gemeinschaften zu definieren und zu präsentieren. In Abgrenzung zu Personen mit anderen sprachlichen Verwendungsmustern, seien es Merkmale benachbarter Orte und Dialektregionen oder Merkmale verschiedener Stile wie zum Beispiel der Standardsprache, kommt der Sprache der eigenen Sprachgemeinschaft eine identitätsstiftende und solidarisierende Funktion zu. Insofern erfüllt die regionale Markierung der Sprache eine wichtige, wenngleich spezielle kommunikative Funktion. Was gegenwärtig stattfindet, ist einerseits eine zunehmende situative Differenzierung regionalsprachlicher Merkmale, andererseits der Erhalt einzelner, besonders prägender Dialektmerkmale, die selbst bei intendierter Standardsprache von Sprechern verschiedener Regionen nicht abgelegt werden. Solche meist auf phonetischer und morphologischer Ebene anzusetzenden Merkmale sind es, die das eigentlich regionale Gepräge eines Sprechers ausmachen. Letztlich bedingt dies, auf das Rheinfränkische und damit auf die Region um Worms bezogen, einen weitgehenden Umbau ehemals lokal dialektaler Systeme, vorab beschrieben als exklusive Kombination einzelner Dialektmerkmale hin zu regionalen Systemen, Systemen also mit erheblich größerer arealer Reichweite.

Warmaisa – das jüdische Worms. Von den Anfängen bis zum jüdischen Museum des Isidor Kiefer (1924) F RITZ R EUTER

Die »Heilige Gemeinde Worms« in ihrer Blütezeit bis zum Pogrom 1349 Juden sind bereits in der Römerzeit an den Rhein gekommen. Das lässt sich 321 für Köln1 belegen, doch gingen weitere Spuren anscheinend in der Völkerwanderungszeit verloren. Woher die Juden kamen, die sich seit dem 9. Jahrhundert in den Städten Mainz und Worms niederließen, ist nicht eindeutig zu fassen. Möglicherweise kamen die ersten Juden in Worms aus Mainz, wie es für Speyer aus dem Jahr 1084 überliefert ist2. Bisweilen fügten jüdische Händler ihrem Namen einen Herkunftsort hinzu, ohne dass damit das Vorhandensein einer Gemeinde in diesem Ort als belegt gelten kann. Insgesamt ist mit einer weiträumigen Migration zu rechnen, in die sowohl Frankreich wie Italien einzubeziehen sind. Unter den drei jüdischen Gemeinden Speyer, Worms und Mainz (Spira, Warmaisa, Magenza), abgekürzt schum genannt, nimmt Worms zeitlich die Mittelstellung ein. Im Gegensatz zu Speyer, wo eine durch Bischof Rüdiger Houzmann 1084 dekretierte Ansiedlung erfolgte, existieren sowohl für Mainz (9. Jahrhundert) wie für Worms (10./11. Jahrhundert) keine zuverlässigen Daten über eine Gemeindegründung. Im späten 10. Jahrhundert werden Juden aus Mainz und Worms auf einer Messe in Köln erwähnt. Ein sicheres Datum liegt für Worms erst mit der Bauinschrift der Synagoge von 1034 vor 3. Im städtischen Kontext, so Guido Kisch, dürfte es damals noch keine Gemeinde gegeben haben, sondern die Juden bildeten »eine von verschiedenen Gruppen der städtischen Bevölkerung, deren Verhältnisse wegen ihrer religiösen Verschiedenheit besonderer rechtlicher Regelung bedurfte«4. Ihre Anzahl war zunächst klein und zählte wohl nur wenige Familien, wuchs jedoch schnell an und umfasste vor dem Pogrom des Ersten Kreuzzugs rund 400 Personen5. Der Gemeindegottesdienst setzt zweierlei voraus: die Anwesenheit der Tora und eine (Synagogen-)Gemeinde aus mindestens zehn Männern. Deren Bedeutung einschließlich ihrer Talmudhochschule belegt für die zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts das Studium von Raschi, Rabbi Salomon ben Isaak aus Troyes (1040 –1105), der von seinen »heiligen Lehrern aus (Mainz und) Worms« spricht6. Mit dem Aufenthalt dieses herausragenden Bibel- und Talmudgelehrten hat sich bis heute in der jüdischen Welt der Ruhm von Worms verbunden. Das zeigen nicht nur die Benennung von Gebäuden nach ihm (Raschi-Syn-

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agoge, Raschi-Haus), sondern auch Legenden in den Maaseh Nissim (Wundergeschichten), die der Wormser Schreiber und Synagogendiener Juspa Schammes im 17. Jahrhundert aufgezeichnet hat7. In das späte 11. Jahrhundert gehören einige Grabsteine auf dem »Heiliger Sand« genannten Alten Judenfriedhof, darunter als älteste erhaltene Grabstele die des Jakob ha-bachur, eines 1076 hier bestatteten unverheirateten, vermutlich noch jungen Mannes8. Hingegen ist eine Urkunde mit der Umschreibung der Pfarrei St. Paul, in der für 1080 an der Stelle einer älteren »Frisonispiza« (Friesensperre) die »Porta Judeorum« genannt wird, ein Falsifikat aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts9. Aber selbst dann noch belegt sie, wenn auch zeitlich etwas jünger, die Konstituierung eines topografischen Punktes, der auf einen vor allem von Juden bewohnten Bereich verweist. Zuverlässige Belege bieten zwei Urkunden König Heinrichs IV. Iudei et coeteri wormatienses sollten laut einer Urkunde von 1074 freie Durchfahrt an kaiserlichen Zollstellen in Frankfurt am Main, Boppard, Hammerstein, Dortmund, Goslar und Angeren10 haben, eine die Stadtwirtschaft fördernde Bestimmung zu Gunsten jüdischer und sonstiger Wormser Fernhändler11. 1090 erließ Heinrich IV. für Speyer und für Worms jeweils ein separates, sich inhaltlich aber ähnelndes Diplom, das für Worms durch jüngere Bestätigungen überliefert ist12. Im Gegensatz zu Speyer tritt in Worms der Bischof hinter kaiserliche Rechtsansprüche zurück. Angesprochen sind in 11 von 15 Punkten Fragen des kaiserlichen Schutzes der Juden, Rechts- und Gerichtsregelungen, Wohnsitz und Beziehungen zur christlichen Umwelt. Untersagt ist die Zwangstaufe ihrer Söhne und Töchter. Sowohl das Eigentum an Weinbergen wie der Handel mit Wein werden erwähnt. Detailliert stellt das Privileg wirtschaftliche Tätigkeiten heraus. Geldwechsel ist den Juden bis auf den Platz vor der »Münze« und die Wechselstuben der Münzer überall in der Stadt erlaubt (Punkt 3). Im dem König unterstehenden Regnum dürfen sie Handel und Kaufmannschaft betreiben (Punkt 4). Es ist ihnen gestattet, ihren Wein, Farbstoffe und Arzneimittel an Christen zu verkaufen (Punkt 15). Handel und Geldgeschäfte hebt das Privileg deutlich hervor. Hingegen geht es, die unter Punkt 15 genannten Besonderheiten ausgenommen, nicht auf handwerkliche Tätigkeiten ein. Doch ist auf das Vorhandensein von Metzgern, Bäckern und Ärzten hinzuweisen, die nach den rituellen Bestimmungen ihre Berufe ausübten. Die Bedeutung der in diesem Diplom enthaltenen Festlegungen unterstreicht, dass sie nach der Bestätigung durch Kaiser Friedrich II. 1236 als für das gesamte Reich gültig angesehen wurden 13. Obgleich das Privileg von 1090 keine räumliche Eingrenzung angibt, sondern den Juden das ungestörte Wohnen inner- und außerhalb der Mauern gestattet (Punkt 2), ist mit einem Schwerpunkt jüdischer Ansiedlung um die Synagoge zu rechnen. Es handelt sich um einen Bereich, für den im 9. Jahrhundert Friesen nachgewiesen sind. Anscheinend sind die Juden an ihre Stelle getreten, ohne dass wir wissen, was sie vorgefunden haben. Denn der Verlauf der römischen Nordmauer ist bisher ebenso unklar wie der einer ihr folgenden frühmittelalterlichen, das heißt vorburchardischen Mauer 14. Dennoch lässt die jüdische Ansiedlung des 11. Jahrhunderts um die Synagoge zwei Charakteristika erkennen: zum einen die Bildung eines Nukleus zwischen dem Nordostbogen der Stadtmauer und der Sterngasse, zum anderen die Nähe zur wichtigsten Handelsstraße aus Richtung Mainz mit der Martinspforte. Auf Liegenschaften in jüdischem Besitz verweist die Ur-

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kunde von 1090 (Punkt 2: Erbfragen). Sie haben sich nicht auf die spätere Judengasse beschränkt. Vielmehr hat es sie etwa in der Martinsgasse gegeben. Einen Beleg dafür bieten zwei Urkunden von 1294, in denen auf Wunsch von Dekan und Kapitel des Martinsstiftes König Adolf von Nassau sowie der Wormser Bischof Emicho Raugraf den Juden zukünftig den Erwerb von Häusern in der Martinsgasse untersagen. Dies kann durchaus als Versuch einer räumlichen Einschränkung auf einen herrschaftlich definierten Bereich interpretiert werden 15. Die Reduktion auf das später als »Judengasse« bezeichnete Judenviertel ist jedoch erst nach 1349 erfolgt. Für das Spätmittelalter kann man es markieren durch die Judenpforte im Osten und die Martinspforte im Westen (vgl. Karte 16 S. 682)16. Da sich Juden beim Friedhofsbesuch kultisch verunreinigen, lag der seit dem 11. Jahrhundert belegte Wormser Jüdische Friedhof weit außerhalb des Wohnbereiches südwestlich vor der inneren Stadtmauer. Eine Besonderheit stellt seine bisher nicht überzeugend begründete Südung anstelle der in Richtung Jerusalem üblichen Ostung der Grabsteine dar. Unbekannt ist auch, ob diese Bestattungsrichtung von Anfang an so gewählt wurde oder auf einer jüngeren Veränderung beruht. Als Bestattungsplatz wird der Friedhof bereits vor der Aufstellung des Grabsteins von 1076/77 angelegt worden sein. Vom älteren Mainzer Jüdischen Friedhof hat sich ein Grabstein aus dem Jahr 1049 erhalten. Doch fehlt dort wie bei weiteren jüdischen Friedhöfen die Bestattungskontinuität. Den Wormser Alten Judenfriedhof zeichnet hingegen eine ungebrochene Bestattungskontinuität vom 11. bis in das 20. Jahrhundert aus. Er ist damit der älteste noch existierende jüdische Friedhof Europas (vgl. Karte 18 S. 684). In dem langen Zeitraum der Existenz des »Heiligen Sandes« gab es im Verlauf von Pogromen oder bei Befestigungsmaßnahmen der Stadt immer wieder Schändungen oder Geldforderungen: 1260/1278 bei der Erweiterung des Friedhofs nach Norden einschließlich des von der Bürgerschaft als feindliche Maßnahme interpretierten Baus einer Friedhofsmauer, 1519 im Zusammenhang mit der Anlage eines mit hebräisch beschrifteten Grabsteinen ausgelegten unterirdischen Verteidigungsganges vom Stadtgraben zum äußeren Wall, 1615 während des ökonomisch, politisch und religiös geprägten Bürgeraufstands (s. u.), oder 1620 beim Schanzenbau zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges. Dabei gingen zumeist Grabsteine verloren, was zusammen mit dem natürlichen Verlust infolge Versinkens oder durch Wettereinflüsse deren erhebliche Reduktion brachte. Die Anzahl von rund 2 000 noch vorhandenen oder nachweisbaren Grabsteinen vom 11. bis 20. Jahrhundert stellt, gemessen an der jüdischen Population sowie der zeitweiligen Nutzung des Friedhofs als Bezirksfriedhof für ein weites Umland, nur einen Bruchteil des nicht mehr zu rekonstruierenden Gesamtbestandes dar (vgl. Tafel 16a) 17. Kultus und tägliches Leben gingen vielfach ineinander über. Für den kultisch-rituellen Bereich waren Rabbiner zuständig, deren wichtigste Aufgabe in der Rechtsprechung nach jüdischem Recht bestand. Die Gemeinde vertrat nach innen und außen der Judenrat, dessen Anfänge in das 11. Jahrhundert gehören dürften. Eine Tafel auf dem Judenfriedhof erinnert an zwölf »Parnassim« (Judenratsmitglieder), die vielleicht beim Pogrom 1096 ermordet wurden18. Ausführlich wird dieses Gremium 1312 in einem Vertrag beschrieben, den Bischof Emicho von Schöneck und das Domkapitel mit der Judengemeinde schlossen19. Die Juden wählten zwölf Mitglieder aus der Gemeinde, die der Bi-

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schof als Judenrat einsetzte und unter denen er einen zum »Judenbischof« ernannte. Angehörige der Familien Krieheim, Drifzahn (Treves) und Walich (Walch, Welch) waren nicht zum Judenrat zugelassen, ohne dass dafür ein Grund angegeben wird. Es könnte mit ihrer Herkunft zusammenhängen, da sich die deutschen Juden damals gegen Zuzug aus Frankreich wehrten20. Beim Tod oder nach dreijähriger Abwesenheit eines Ratsmannes war dem Bischof ein Nachfolger vorzuschlagen. Der Judenrat war für die Leitung der Gemeinde in religiösen und weltlichen Angelegenheiten zuständig. Zu seinen vornehmsten Aufgaben gehörte die Ausübung der freiwilligen Gerichtsbarkeit bei Rechtsgeschäften von Juden untereinander. Die schwierigste Aufgabe bestand in der Eintreibung der Gelder zur Zahlung diverser Pauschalsteuern und Sonderabgaben. Fremde Juden, die Bürger in Worms werden wollten, nahm zuerst der Judenrat an, ehe sie vor dem bischöflichen Stadtherrn und dem Rat ihren Eid leisteten. Die Stadt respektierte die Einsetzung des Judenrats mit dem »Judenbischof« als Vorsitzendem durch die Bischöfe und hat nur in den Jahren der scharfen Auseinandersetzungen beim Kampf um die Stadtherrschaft 1505 diesen Anspruch kurzzeitig usurpiert21. Der Judenrat bestand bis zum Ende der Reichsstadt um 1800 beim Übergang des linken Rheinufers an Frankreich. In den Rechtsbeziehungen zur städtischen Gerichtsbarkeit spielte seit dem Spätmittelalter der »Judeneid« eine Rolle, der Aufnahme in das Eidbuch der Stadt Worms gefunden hat und in gleicher Formulierung in Pfeddersheim im Gebrauch war. Er enthielt neben der Berufung auf die mit der Eidesleistung verbundene Treue gegenüber Gott eine Reihe von biblisch abgeleiteten Selbstverfluchungen für den Eidbrüchigen 22.

Abb. 76: Nordportal der Wormser Synagoge, rechts die Stifterinschrift von 1034

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Als frühe Gründungen und durch den Bau von Synagogen als religiösem Mittelpunkt ihrer schnell wachsenden Gemeinden zogen die Schum-Städte rabbinische Gelehrte an, die bald in Aschkenas (Volk im Norden, Deutschland)23 als verehrungswürdige Lehrer galten und in deren Talmudhochschulen zahlreiche Schüler strömten. Zu ihnen gehörte der bereits erwähnte Raschi aus Troyes. In seiner Geburtsstadt fand um die Mitte des 12. Jahrhunderts eine Rabbinersynode statt, in der die Schum-Städte als führend im lothringisch-rheinischen Raum und darüber hinaus anerkannt wurden. Isaak ben Mose Or Sarua aus Wien schrieb im 13. Jahrhundert: »Von unseren Lehrern in Mainz, Worms und Speyer ist die Lehre ausgegangen für ganz Israel … und alle Gemeinden in Deutschland und den slawischen Königreichen hielten sich daran.« Diese Führungsrolle sollte zwar seit dem 14. Jahrhundert zurückgehen, blieb im jüdischen Bewusstsein jedoch noch lange lebendig. Mit ihnen hatten sich die »Takkanot Schum« verbunden, Regelungen zum Familien- und Erbrecht aus dem frühen 13. Jahrhundert24. Mit ihnen verbanden sich aber auch die Namen zahlreicher Gelehrter25, unter denen der 1220 in Worms geborene MAHARAM (Morenu Ha Raw Meir: unser Lehrer Meir), Rabbi Meir ben Baruch von

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Rothenburg, der wegen seiner halachischen Responsen (Antworten auf jüdische Religionsgesetze betreffende Anfragen) ebenso berühmt geworden ist wie durch sein Lebensschicksal. Nach längerem Aufenthalt in Frankreich und in Würzburg wirkte er in Rothenburg, ehe er 1286 auszuwandern beschloss. Gemeinsam mit einer großen Schar von Juden zog er über die Alpen in Richtung Genua, um per Schiff in das Heilige Land zu gelangen. Er wurde jedoch verraten, an der Veroneser Klause gefangen genommen und im habsburgischen Elsass in Ensisheim in einen Turm eingesperrt. Bemühungen deutscher Juden, Lösegeld zu sammeln, soll er zurückgewiesen haben. 1293 starb er in der Gefangenschaft. Erst 1307 konnte sein Schüler Alexander ben Salomo Wimpfen Süßkind aus Frankfurt den Leichnam freikaufen und den Wunsch des Maharam auf Bestattung auf dem Wormser Heiligen Sand erfüllen. Als Alexander nur wenige Monate später starb, wurde er an der Seite seines Lehrers beigesetzt. Die von vielen Juden aus aller Welt aufgesuchten Grabsteine erinnern an unermüdliches Studium der heiligen Schriften, die Sehnsucht nach dem Heiligen Land und die Verpflichtung, Tote zu bestatten 26. Am Ende des 11. Jahrhunderts wurden die prosperierenden jüdischen Gemeinden an Ober- und Mittelrhein von schweren Verfolgungen überzogen. 1095 rief Papst Urban II. zur Befreiung des heiligen Grabes in Jerusalem auf. Mehrere Kreuzzugsheere aus Mittelund Westeuropa machten sich auf den Weg um und über das Mittelmeer. Dabei kam es in den Schum-Städten zu entsetzlichen Szenen, als die Kreuzfahrer über die »ungläubigen« Juden herfielen. Während es in Speyer dem Bischof gelang, seine Juden weitgehend zu schützen, wurden im Mai 1096 die Gemeinden in Worms, wo sich die Juden in den Bischofshof geflüchtet hatten, und in Mainz nahezu ausgelöscht27. Kaiser Heinrich IV., der erfolglos Fürsten und Bischöfe zum Schutz der Juden aufgerufen hatte, gestattete 1097 die Rückkehr zwangsgetaufter Juden zu ihrem angestammten Glauben. Auch die Päpste waren bemüht, dem »Judenschlagen« Einhalt zu gebieten. Das trug zweifellos zur baldigen Neubildung der Gemeinden bei. Für 1201 ist überliefert, dass die Wormser Juden an der Stadtverteidigung mitzuwirken hatten und Waffen tragen durften 28. Um diese Zeit lebten hier wohlhabende Stifter. So konnten eine neue Synagoge (1174/75), eine Mikwe (kultisches Bad, 1185/86) sowie ein Synagogenanbau für die Frauen (1212/ 13) errichtet werden. Auf bescheidene Anfänge im 11./12. Jahrhundert geht das südöstlich hinter dem Synagogenkomplex gelegene Lehrhaus (Jeschiwa) zurück. Die Funktion des erweiterten Gebäudes als Tanz- und Hochzeitshaus gehört erst in das Spätmittelalter 29. Trotz der offensichtlichen Erholung der Gemeinde stellte der Pogrom während des 1.Kreuzzugs einen tiefen Einschnitt in ihre rechtliche und geistige Entwicklung dar. Im Verlauf der verschiedenen Kreuzzüge30 und auch danach wiederholten sich die Judenverfolgungen. Dazwischen gab es aber auch längere Zeiträume eines erträglichen Nebeneinanders von Christen und Juden, die ebenfalls einen Teil der Geschichte des jüdischen Worms ausmachen. Es war üblich, in Verlautbarungen und Ordnungen die Formulierung »Unsere Bürger, Christen und Juden« zu benutzen31. Doch ist davon weder rechtlich noch gesellschaftlich eine Rechtsgleichheit im modernen Sinne abzuleiten, was an den Judenordnungen seit dem 15. Jahrhundert deutlich ablesbar ist. Rechte an den Juden hatten zunächst die Kaiser. Sie gingen im 13. und 14. Jahrhundert partiell auf Bischof

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oder Stadt über, ohne dass die Juden dadurch von Beanspruchungen durch das Reich freigestellt wurden. Insgesamt deutete sich im 14. Jahrhundert an, dass die Stadt zur Obrigkeit der Juden werden könnte. Ältere Ansprüche des Reichs und des Bischofs, deren Ursprünge nicht in allen Fällen zu erkennen sind, blieben davon jedoch ausgenommen 32. Finanziellen Nutzen zog der Bischof aus Bestattungen auf dem Judenfriedhof, der über Worms hinaus regional genutzt wurde und wofür Gebühren gezahlt werden mussten33. Von den bischöflichen Rechten abgeleitet waren in Form von Lehen Gerichts- und Schutzrechte der Kämmerer von Worms, genannt von Dalberg, an den Juden, die sich in der gebührenpflichtigen Begleitung von Hochzeits- und Trauerzügen durch einen »Dalberger«, einen dalbergischen Beauftragten, auswirkten 34. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts braute sich im Reich eine religiös und ökonomisch motivierte Pogromstimmung zusammen, über der drohend die Angst vor der Pest lag. Das heterogene Bild gesellschaftlicher Gruppen, die sich an den Verfolgungen beteiligten oder ihnen zu widerstehen versuchten, wobei auch der Thronstreit zwischen Karl IV. und Günther von Schwarzburg und die darin eingenommene Position des Pfalzgrafen eine die Städte Speyer und Worms möglicherweise gefährdende Rolle spielten, hat Alfred Haverkamp herausgearbeitet. Während die Pogrome zeitlich zumeist den Geißlerzügen sowie dem Ausbruch der Pest vorausgingen und nicht in eine direkte Verbindung mit ihnen zu bringen sind, haben lokale Besonderheiten eine Rolle gespielt, wie das für Speyer und für Worms zu beobachten ist 35. Im Jahre 1335 hatte Kaiser Ludwig der Bayer die Judengelder in Worms, Ladenburg und Speyer und 1346 alle dortigen Rechte von Kaiser und Reich an Pfalzgraf Ruprecht den Älteren abgegeben, der für sechs Jahre den Nießbrauch daran haben sollte 36. 1348 bestätigte Kaiser Karl IV. die Privilegien der Stadt Worms samt dem Recht, Juden als Bürger anzunehmen. Am selben Tag überließ er der Stadt die Juden »mit ihrem Leib und Gut und mit allen Nutzen und Rechten«, die Reich und Herrscher bisher daran gehabt hatten. Ansprüche aus Lehen, die auf den Juden ruhten, sollen jedoch bestehen bleiben 37. Damit war die Stadt zur Obrigkeit der Juden geworden. Sie musste bestehende Rechtsansprüche aus älteren Belehnungen sichern, vor allem aber für die Sicherheit der Juden sorgen. Der letztere Fall trat schon ein Jahr später ein. Ohne dass die Gründe im Einzelnen klar erkennbar sind, fielen die Wormser am 1. März 1349 über ihre Juden her, setzten Synagoge und Judengasse in Brand und erschlugen rund 400 Menschen. Nur wenige waren rechtzeitig in das kurpfälzische Heidelberg oder nach Sinsheim geflohen, wo sie gegen hohe Geldzahlungen Unterschlupf fanden38. Schwierig erweist sich die Zuschreibung persönlicher Schuld, weil es dafür an Quellen fehlt. Haverkamp resümiert: »Die Pogrome zur Zeit des Schwarzen Todes sind auf einem Nährboden erwachsen, der schon lange vorbereitet war und die Einstellung weiter Bevölkerungskreise bis hin zu den weltlichen und geistlichen Herrschaftsträgern vorgeformt hat 39.« Karl IV. verzichtete auf eine Anklage gegen die Wormser Bürger. Er überließ ihnen stattdessen Güter und Liegenschaften, die Juden »in der Stadt und in der Vorstadt« besessen hatten, ausgenommen die alten Lehen. Gerade daraus erwuchsen der Stadt jedoch hohe Ansprüche geschädigter Inhaber. Wie in Speyer 1352 einigte man sich deshalb auch in Worms finanziell mit Pfalzgraf Ruprecht und nahm zum 9. Mai 1353 die

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Juden wieder auf. Inwieweit geflohene Juden zurückkehrten und wie viele Neuzuwanderer hinzukamen, ist unbekannt. Der Synagogenbezirk und die Häuser wurden wieder aufgebaut. Schon bald konnte die erneuerte Gemeinde zu Sonderzahlungen herangezogen werden. Darunter war 1376 eine Zwangsanleihe von 20 000 Gulden, für die sich eine hebräische Urkunde vom Mai 1377 mit 36 die gesamte Gemeinde repräsentierenden Unterschriften erhalten hat. Das lässt mit einiger Vorsicht auf eine Gemeindegröße von rund 200 Personen schließen. Ihren früheren personellen Umfang sollte die Gemeinde im Spätmittelalter nicht mehr erreichen. Schutzzusagen für die kaiserlichen »Kammerknechte«40 standen finanziellen Belastungen aus den Judenschuldentilgungen, wo Juden auf kaiserliches Geheiß auf Forderungen gegen ihre Schuldner verzichten mussten, Forderungen aus dem »Goldenen Opferpfennig« sowie Krönungs- und Hussitengeldern gegenüber41.

Die jüdische Gemeinde im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit Die Judenverfolgung 1349 markiert einen doppelten Einschnitt. Die großen Pogrome endeten. An ihre Stelle traten temporäre oder langzeitige Vertreibungen der Juden aus Territorien und Städten, wozu Speyer und Mainz gehörten42. Die jüdische Gemeinde Worms konnte trotz mehrerer, 1487/88 besonders intensiver Versuche der Stadt sich durch Aufkündigung des »Judensess« (auf vier Jahre begrenztes Niederlassungsrecht) der Juden zu entledigen, nicht zuletzt auf Grund kaiserlicher Intervention ihre Existenz behaupten 43. Auch danach gelang es ihr immer wieder, im Spiel der Kräfte zwischen Kaiser, Bischof und Stadt durch geschicktes Taktieren ihre Interessen zu wahren. Im frühen 16. Jahrhundert opponierte die Stadt gegen die Absicht Erzbischof Albrechts II. von Mainz, die Juden aus dem Rhein-Main-Gebiet zu vertreiben, was jedoch nicht zu Stande kam44. Als 1558 erneut die Stadt sich der Juden zu entledigen trachtete und Kaiser Ferdinand I. eine zustimmende Verfügung erließ, widersprachen der Bischof und die Herren von Dalberg mit Hinweis auf ihre alten Rechte. Einige Wormser Juden riefen das Reichskammergericht in Speyer an, um sich rechtlich zur Wehr zu setzen, was dort allerdings auf die lange Bank geriet und noch im Zusammenhang mit der Judenordnung von 1609 als schwebendes Verfahren Erwähnung fand45. Die Juden konnten jedenfalls bleiben. Das schloss nicht aus, dass im Umland der Stadt aus unterschiedlichen Motiven entstandene soziale und gegen die Herrschaftsverhältnisse gerichtete Aufstände, wie schon die Bauernunruhen 1431, zu Bedrohungen der Juden führten, die sie nur mit hohen finanziellen Opfern abwenden konnten46. Die zweite Folge der Ereignisse von 1349 war der Verlust der Führungsrolle, die bisher die Schum-Gemeinden konkret oder zumindest im Bewusstsein des aschkenasischen Judentums innegehabt hatten47. Nach 1353 hat sich die Reduktion des jüdischen Wohngebiets manifestiert. Für das 15. Jahrhundert belegen Gedinge und Auflistungen der jüdischen Einwohner diese Konzentration. Zu einem unbekannten Zeitpunkt, jedoch spätestens im letzten Jahrhun-

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dertdrittel, waren Judengasse und kleine Judengasse, die als Abzweig nach Süden im Bogen zur Judengasse zurückführte und an der das Tanzhaus sowie das Hospital lagen, durch Tore im Westen und Osten als Judenviertel im Sinne eines Gettos abgegrenzt48. Mit großer Wahrscheinlichkeit dürften in der Zeit vor dem Pestpogrom 1349, vielleicht auch noch zeitweilig danach, in der Judengasse sowohl Juden als auch Christen gewohnt und Liegenschaften besessen haben. Das spielte um die Mitte des 15. Jahrhunderts in einem nahezu dreißigjährigen Streit eine Rolle, in dem es um Forderungen von Mess-, Beicht- und Begräbnisgeldern durch den Pfarrer von St. Rupert und damit des Paulusstifts an die Bewohner der Judengasse ging. Stadt und Judengemeinde bestritten die Berechtigung der bisher unüblichen Forderungen und argumentierten damit, dass seit Menschengedenken die Juden in einem näher definierten Bereich in der Stadt gewohnt hätten, durch Mauern und Pforten klar abgeschlossen von den übrigen (christlichen) Stadtbewohnern. Im Gegensatz zu anderen Reichsstädten, wo Christen und Juden untereinander wohnten, habe es das hier nie gegeben. Der langwierige Rechtsstreit 49, in den zeitweilig noch eine Taufaffäre mit einem jüdischen Jungen hineinspielte 50, wurde schließlich 1482 zu Gunsten von Stadt und Juden beigelegt. Die Zeit der großen Reichstage in Worms bot den Juden Gelegenheit, sich ihre Privilegien bestätigen zu lassen, so 1494 durch König Maximilian I. Es kamen auch hohe Besucher in die Judengasse. 1495 gingen Kurfürst Philipp von der Pfalz und sein Sohn Ludwig in die Synagoge und hörten sich »den schönen Gesang« der Juden an, worunter der Synagogengottesdienst zu verstehen ist. 1496 besuchte Königin Maria Bianca, die Frau Maximilians I., die Synagoge, um die Juden singen zu hören. Inzwischen wohnten in der Judengasse ausschließlich Juden. Über den erreichten Zustand informieren ausführlich die Listen der auf dem Reichstag zu Worms 1495 beschlossenen Reichsabgabe »Gemeiner Pfennig«, kombiniert mit weiteren zeitgleichen Angaben. Dabei lassen sich neben Personennamen – oftmals mit Herkunftsbezeichnung –, Personenzahl und Berufen auch Hausnamen ermitteln, was eine Kartierung der Judengasse um 1500 ermöglicht51. Ihre Einwohnerzahl betrug, einschließlich Kinder und Gesinde, rund 250 Personen, also ca. 4 Prozent der Gesamteinwohnerschaft von ca. 6 000 Personen. Diese wohnten in 42 nachgewiesenen Häusern, von denen die meisten der Stadt gehörten und vom Rat verwaltet wurden, der sie temporär an Juden vermietet hatte. Doch gab es anscheinend auch jüdisches Hauseigentum 52. Auf der Stadtmauerseite (Norden) standen 13, auf der Südseite einschließlich der kleinen Judengasse 29 Wohngebäude. Hinzu kamen Gemeindegebäude wie die Schule (Synagoge), das Judenspital und ein Badhaus, letzteres nicht zu verwechseln mit dem kultischen Bad (Mikwe). Das sich aus den Listen ergebende Berufsspektrum ist eng. Besonders genannt sind Gemeindebeamte wie Hochmeister (Rabbiner), Vorsänger (Kantor, Chasan), Metzger (Secher) und Schulklopfer (wörtlich: »Rufer zum Synagogalgottesdienst«, Gemeindediener). Ärzte, Judenscherer und Bader werden erwähnt. Hinzu kommen eine Kartenmacherin, ein Würfelmacher, ein Schwarzfärber und ein Schwertfeger. Wenn der Eindruck zutrifft, dass die Gemeinde um diese Zeit einigermaßen wohlhabend war, muss das Geld durch Handel beispielsweise mit Frankfurt am Main, in erster Linie aber in der näheren Umgebung durch Wechsel-, Geld- und Pfandgeschäfte verdient worden sein 53. Nur so ist zu erklären,

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wie die Gemeinde die hohen Forderungen von Stadt und Reich bezahlen konnte. Die Steuerliste des »Gemeinen Pfennigs« (1496/97) lässt – mit aller Vorsicht – den Rückschluss zu, dass 37 Prozent der Verzeichneten besser gestellt, 17 Prozent einigermaßen zahlungsfähig und 34 Prozent schlecht gestellt waren, während über die fehlenden 12 Prozent keine Aussage möglich ist. Privilegien, Verträge, die Stadtrechtsreformation von 1499 und Policeyordnungen boten einen äußeren Rahmen, der – gleichsam im Sinne von Durchführungsverordnungen – durch Judengedinge und Judenordnungen ausgefüllt wurde, wie sie sich für Worms seit dem späten 15. Jahrhundert erhalten haben54. Unter einem Judengedinge ist die vertragliche Regelung des zeitlich befristeten Aufenthaltes in der Stadt zu verstehen. Es musste entsprechend seiner Laufzeit immer wieder erneuert werden. In der Judenordnung wird das rechtliche und wirtschaftliche Zusammenleben von christlichen und jüdischen Einwohnern geregelt. Ein Beispiel, bei dem Gedinge und Ordnung eine Einheit bilden, bietet die ausführliche Wormser Judenordnung von 1524. In 20 Artikeln wird festgelegt, was die Juden für das Gedinge zu zahlen haben. Sie dürfen in den Häusern der Judengasse wohnen und Synagoge, Synagogenhof, Bad, Tanzhaus sowie den Judenfriedhof gebrauchen. Genehmigt werden ihnen Rabbiner, Kantor und Judenmetzger. Das jüdische Gericht des Hochmeisters (Rabbiner) wird dahingehend eingeschränkt, dass er nur mit Zustimmung der Stadt strafen soll. Die Juden können sich, etwa zum Schutz bei Reisen, einen auswärtigen Schirmherrn suchen, der aber nicht ein Feind der Stadt sein darf. »Jeder Jude und Jüdin«, so die Formulierung, hat ein Treuegelübde abzulegen, wonach sie alle Rechtsstreitigkeiten mit Bürgern nur vor das Stadtgericht bringen werden. Desgleichen sind sie zur Treue gegenüber Stättmeister, Bürgermeister, Rat und Gemeinde verpflichtet, haben sie vor Schaden zu bewahren (»warnen«) und sich an gemeyne stat recht ordnung und policeyen zu halten55. Im Übrigen sollen sie Steuern zahlen wie »andere die Unseren«. Wollen Juden wegziehen, sollen sie das ein Vierteljahr vorher kundtun, damit Ansprüche und Rechtsstreitigkeiten vorher geregelt werden können. Pfandleihgeschäfte sind ihnen gestattet, doch bleiben Kirchenzier und »blutige Pfänder« (aus Verbrechen) davon ausgeschlossen. Auch auf Harnisch, Büchsen und Hellebarden darf nicht geliehen werden, auf Federbetten nur, wenn sie in der Stadt bleiben. Grundsätzlich gilt für die Pfandleihe, dass sie nicht an Kinder erfolgen darf, und an Ehefrauen nur mit Wissen und Willen des Ehemannes. Geregelt wird die Aufnahme, aber auch die gastweise Beherbergung fremder Juden. In Artikel 13 ist erstmals ein Hinweis auf »ihr gewöhnlich Zeichen« zu finden, den Judenfleck in der auch in Frankfurt gebräuchlichen Form eines gelben Ringes. Er ist auf einer farbigen Zeichnung des kurpfälzischen Rates Markus zum Lamm aus dem 16. Jahrhundert mit der Überschrift »Jetzige Tracht der Juden zue Wormbs« bzw. »Tracht der Juden Weyber zue Wormbs« wiedergegeben. Der Jude trägt zudem seine »Schulkapp«, mit der er in die Synagoge geht. In der linken Hand hält er einen ledernen Geldbeutel als Hinweis auf Geldgeschäfte, in der rechten Hand Knoblauch, der auf Hebräisch schum heißt und auf seine Herkunft aus den Schum-Städten verweist56. Christliche Kaufleute und Handwerker sollen vor Konkurrenz geschützt werden, sodass Jude und Jüdin keinerlei jenen abträglichen Handel oder ein entsprechendes Ge-

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werbe betreiben dürfen. Verboten wird deshalb das Tuchschneiden mit der Elle ebenso wie das Feilhalten neuer Kleider und Schuhe, die von auswärts eingeführt wurden. Was die Juden selbst produziert haben, dürfen sie anbieten, sofern es den Zunftgewohnheiten keinen Abbruch tut. Vor der Judengasse, also vor allem am Stadteingang Martinspforte, dürfen sie weder Verkaufsstände aufstellen noch Reisende per »Zuschreien« (Ausrufen) belästigen. Vor der Münze und auf dem Markt sollen Juden nicht herumstehen, sondern nach Erledigung ihrer Geschäfte wieder heimgehen. Glücksspiel unter Juden ist erlaubt, mit Christen aber verboten. Zum Viehkauf sollen sie am Abend vor dem Markt und am Markttag selbst nicht vor Mittag in die Ställe gehen, um Ochsen oder andere Tiere zu kaufen. Auf freiem Markt können sie aber zu allen Zeiten einkaufen. Abschließend wird auf die Verbindlichkeit der Ordnung für alle Wormser Juden hingewiesen. »Wie andere unsere Bürger« sollen sie Sicherheit, Schutz und Schirm genießen, aber nur für vier Jahre, also die festgelegte Laufzeit des Gedinges. Und wie die übrigen Bürger sollen sie Änderungen nur ertragen, wenn diese offiziell erfolgen. Diese Ordnung bietet das Grundschema für ihre Nachfolgerinnen im 16. Jahrhundert. 1541 lässt der Rat als »Oberkeit« (Obrigkeit) von Juden und Christen einfügen, dass Zuzug nur mit seiner vorherigen Genehmigung erfolgen soll und er sich vorbehält, nach seiner Entscheidung zusätzlich Juden aufzunehmen. Tatsächlich ist die Zahl der Juden im späteren 16. Jahrhundert mit städtischer Genehmigung von ca. 300 auf 600 angewachsen. Angesichts der Tatsache, dass die derzeit in Worms lebenden Juden nicht in der Lage seien, ihre Abgaben zu entrichten, sollten mittels der Neuzulassung weitere Steuerzahler in die Stadt gebracht werden. Damit scheint sich der Rat nicht verkalkuliert zu haben. Um 1600 galt die Wormser Judengemeinde durchaus als wohlhabend. In der Judenordnung von 1584 57 finden sich einige zusätzliche restriktive Artikel. So soll kein Jude vor dem Morgenläuten der Torglocke an der Judengasse diese verlassen. Umgekehrt galt das für das Abendläuten, da sollen alle in ihrer Gasse sein. Das bisherige Verbot, an Sonnund Feiertagen die Judengasse zu verlassen, wurde dagegen modifiziert. Bis auf Christtag, Neujahr, Ostern und Pfingsten durften sie zumindest ihre Toten bestatten. Im frühen 17. Jahrhundert entfiel auf Anregung der lutherischen Pfarrer die Einschränkung, an Sonntagen die Gasse nicht verlassen zu dürfen, sofern die Juden am christlichen Gottesdienst teilnehmen wollten58 - was sie wohl kaum getan haben. Um den offenbar anderweitig nicht zu deckenden Bedarf an wertvollen Tuchen sowie an Gold- und Silberarbeiten zu befriedigen, wurde den Juden gestattet, nach Absprache mit der Goldschmiedezunft als Händler tätig zu werden. Dabei kam es auf den Bedarf an und darauf, dass kein Nichtjude geschädigt wurde. Streitigkeiten blieben trotz aller Bemühungen nicht aus. Als sich der Rat und die Judenvertretung über abweichende Auffassungen zur Judenordnung nicht einigen konnten, kam der Streit 1636 vor den Reichshofrat in Wien. Das Ergebnis war eine »Interims-Ordnung«, die Kaiser Ferdinand III. 1641 unterzeichnete – und die bis um 1800 in Kraft blieb. Die Stadt war an ihre Grenzen gestoßen 59. Wie schon im Mittelalter beschäftigten sich die Wormser Juden in der frühen Neuzeit mit Weinhandel. 1605 ließ der Rat die Keller in der Judengasse inspizieren und den vorgefundenen Wein in Listen aufzeichnen. Für die Jahrgänge 1601–1604 waren das 306 Fuder und 21⁄2 Ohm Wein alter und neuer Ernte. Dass Judenärzte, von denen sich auch

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Christen wie der Dekan des Liebfrauenstiftes behandeln ließen60, Weinhandel als Nebenerwerb betrieben, zeigt das Beispiel des zu einer weit verbreiteten und über Generationen den Arztberuf ausübenden Familie gehörigen »alten« Judendoktors Beifuß im Haus zum Güldenen Schwan, mit vollem Namen Rabbi Mosche Jehoschua Wallich, genannt Feiberlin61. Dem Rat gefiel das nicht, sodass er 1611 die gleichzeitige Ausübung von Arztberuf und Weinhandel untersagte. Durchsetzen ließ sich das nicht62, ebenso wenig wie ein Verbot von Arztberuf in Verbindung mit Medikamentenhandel63.

Vor und nach der »Ausmusterung der Juden« 1615 Das 17. Jahrhundert war nicht nur allgemein in der Wormser Stadtgeschichte, sondern auch für die Juden janusköpfig. Wirtschaftlicher Stabilisierung, Bevölkerungszunahme und Ausbau im religiösen Bereich standen die die positiven Entwicklungen unterbrechenden Sozialunruhen zu Beginn des Jahrhunderts, der Dreißigjährige Krieg und am Jahrhundertende die Christen wie Juden treffende Stadtzerstörung im Pfälzischen Erbfolgekrieg entgegen. Dass die wirtschaftliche Situation der Juden sich nicht eigentlich verbessert, wohl aber stabilisiert hatte, darf einer Analyse entnommen werden, die Christopher R. Friedrichs von den Aufzeichnungen einer Visitation der Judengasse im Juli 1610 vorgelegt hat64. Der Rat ließ damals eine exakte, für den christlichen Teil der Stadt in dieser Qualität nicht überlieferte Verzeichnung anfertigen. Sie enthält Angaben zum jeweiligen Haushaltsvorstand sowie zu sämtlichen Mitbewohnern und Verwandtschaftsbeziehungen, eine Beschreibung des Hauses mit Anzahl und Funktionsangabe sämtlicher Räume, dazu die Nennung der an die Stadt und an die jüdische Gemeinde im Zusammenhang mit dem Wohnrecht zu zahlenden Geldbeträge. Eigentliches Ziel der Verzeichnung war es festzustellen, dass nur Juden mit Aufenthaltsgenehmigung entsprechend dem gültigen Gedinge im Getto wohnten, und keine Güter auswärtiger Juden hier gelagert wurden. In 95 Haushalten wohnten 759 Personen, zu denen einige mittellose Frauen und Männer hinzukamen, die in Hospitaleinrichtungen lebten. 619 Personen gehörten zu den Familien des jeweiligen Haushaltsvorstandes, 140 waren Nichtverwandte, JeschiwaStudenten sowie männliches und weibliches Personal, darunter anscheinend auch einige Nichtjuden als »Schabbesjungen«65. Die jeweilige Haushaltsgröße differierte stark, der Durchschnitt lag bei sieben Personen. Ein Drittel der Haushalte umfasste mehr als ein Ehepaar, zumeist waren das verheiratete Kinder. Dem Verzeichnis lässt sich entnehmen, dass in den Häusern, mit wenigen Ausnahmen66, einfache Verhältnisse herrschten. Es gab nur wenige heizbare »Stuben« und nicht heizbare »Kammern«, trotz mehrerer Ehepaare nur eine Küche, im Keller meist einen Lagerraum. Ausbau oder Aufstockung waren so gut wie ausgeschlossen, da seit der Bevölkerungszunahme im 16. Jahrhundert infolge der Bebauung bisheriger Freiflächen in der Judengasse eine drangvolle Enge bestand. Sie nahm im Laufe des Jahrhunderts noch zu, wie eine Liste von 1642 mit dem Nachweis von 98 Hausnamen belegt. Die nähere Bezeichnung eines Juden, die noch um 1500 zumeist über Herkunftsorte erfolgt war (Lewe von Frankfurt, Meyer von Reutlingen) 67, wur-

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de jetzt durch Anfügung des Hausnamens vorgenommen, der am Haus selbst durch ein vorgeschriebenes Schild zu erkennen war 68. Das lässt sich auch auf dem Alten Judenfriedhof beobachten, wo in einem Bereich mit Bestattungen aus dem 17. Jahrhundert auf den Grabsteinen Hauszeichen (Rad, Blasebalg, Hufeisen, Pulverflasche) abgebildet und in der Inschrift mit den Namen der Bestatteten verbunden sind 69. Kurz nach der Jahrhundertwende erfolgte 1609 die Erneuerung der 1584 erlassenen ausführlichen Judenordnung 70, über deren Inhalt die Obrigkeit die Bürger weitgehend im Unklaren ließ, weil darin höhere Zinsen zugelassen sein sollten als nach der Reichspolizeiordnung von 1577 71, baute sich in Verbindung mit überörtlichen Auseinandersetzungen eine revolutionäre Situation auf. Vorbild war vor allem der Frankfurter »Fettmilchaufstand«, der sich gegen die dortigen städtischen Eliten und die Juden richtete. Zu Spannungen zwischen den politisch führenden Familien, die den Dreizehnerrat besetzten und den »Magistrat« bildeten, und den übrigen Bürgern kamen in Worms die Interessen von konkurrierenden Gewalten, zu denen die Stadt in einem Abhängigkeitsverhältnis stand: Kaiser, Bischof und der 1581 erneut vertraglich als Schirmherr der Stadt angenommene Kurfürst von der Pfalz 72. Als die zunächst juristisch geführten Auseinandersetzungen keine Lösung der Streitfragen brachten, kam es zu von den Zünften getragenen Unruhen, deren Adressaten die Juden wurden. Eine gründliche Untersuchung zur antijüdischen Politik im frühneuzeitlichen Deutschland am Beispiel Worms 1613 bis 1617 hat Christopher R. Friedrichs vorgelegt73. Es kam vieles zusammen. Hatte noch 1609 unter der Bürgerschaft im Wesentlichen Ruhe geherrscht, so brachten die folgenden Jahre Beunruhigung durch die versuchte deutliche Einflussnahme der Kurpfalz auf die Stadt. Zeitgleich bemühte sich der Rat – wenn auch halbherzig – um Anerkennung und Einhaltung der verbrieften Rechte der Juden, was gerade aus übergeordneten politischen Überlegungen geboten schien. Die latente Aversion der einfachen Zunftbürger gegen die ihnen im Alltag als fremdartige religiöse Gruppe, vor allem aber als Geldverleiher und Pfandhändler gegenübertretenden Juden vermischte sich mit einer breiten Kritik an der städtischen Führungsschicht. Dazu kam als Vorwurf deren angebliche Parteinahme für die Wormser Juden im Zusammenhang mit der so genannten Rabbiner-Verschwörung von 1603 in Frankfurt74. Obgleich sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in den vergangenen vier Jahren kaum entscheidend verschlechtert zu haben scheinen, wurden einige Artikel der 1613 zu erneuernden Judenordnung von 1609 aktuell als schädlich für Handel und Handwerk angesehen. Zugleich kam es vor dem Hintergrund der Kaiserwahl (Matthias, 1612–1619) im Juni in Frankfurt 1612 aus ähnlichen Ursachen zu einem Aufstand der Zünfte unter Leitung des Lebkuchenbäckers Vincenz Fettmilch. Sein Zusammenbruch einschließlich einer sehr harten Bestrafung der Anführer im Jahr 1616 mit Todesurteilen zeigte in Worms keine die Emotionen dämpfende Auswirkung75. 1613 hatten sich in Worms die Krämer über den Judenwucher beschwert. Die übrigen 16 Zünfte schlossen sich an. Der Forderung auf Austreibung der »unnützen und für die Stadt verderblichen« Juden hielt der Magistrat die kaiserlichen Privilegien und die städtische Judenordnung entgegen. Entweder sollten die Zünfte die hohen Zinsen hinnehmen oder die Juden in breiterem Maße Handwerk und Handel treiben lassen. Damit wa-

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ren die Zünfte erst recht nicht einverstanden. Sie verlangten nicht nur die Festlegung der den Juden zuzubilligenden Zinsen auf maximal 5 Prozent, sondern auch die rückwirkende Angleichung älterer, höher verzinster Darlehen an diesen Zinssatz, was nach Auffassung des Magistrats weder rechtlich noch praktisch durchzuführen war76. Diverse, sich zum Teil widersprechende, juristische Gutachten des Magistrats, der zünftigen Bürgeropposition, der Juden, des Kaiserlichen Hofes sowie Stellungnahmen des sich auf Grund seiner Rechte gegen eine Austreibung der Juden stellenden Bischofs und der Dalberger führten nicht zu einer Beruhigung. Dazu kam der seit Jahrzehnten beim Reichskammergericht in Speyer anhängige Prozess der Juden gegen die Stadt wegen des Austreibungsversuches von 1558, bei dem ein Urteil noch ausstand77. Zwar wurde im Juli 1614 ein durch die Kurpfalz vermittelter Vergleich zwischen dem Magistrat und der von den Zünften getragenen Bürgeropposition erreicht. Doch erwies er sich wegen seiner die realen Verhältnisse ignorierenden Regelungen nicht als tragfähig78. Die Auseinandersetzungen gingen also weiter. Als Führer der Bürgeropposition trat der scharfzüngige Jurist Dr. Christophorus Chemnitius (Chemnitz) hervor, der eine kompromisslose »Ausschaffung« der Juden aus den Freien Städten forderte. Dabei verwies er auf England, Spanien und Frankreich, die sich zu ihrem eigenen Glück von ihrer jüdischen Population befreit hätten79. Da Worms seit 1348 die Obrigkeit der in der Stadt ansässigen Juden sei80, könne deren Vertreibung aus eigener Machtvollkommenheit veranlasst werden. Auf Kaiser, Kurpfalz, Bischof und Dalberger brauche man ebensowenig Rücksicht zu nehmen wie auf beim Reichskammergericht anhängige Prozesse. Dieser Argumentation, deren juristischer Unhaltbarkeit sich Chemnitz bewusst gewesen sein dürfte, schloss sich die Bürgeropposition an 81. Von Chemnitz zusätzlich aufgewiegelt, kam es, angeführt von einigen radikalen Zunftangehörigen, im April 1615 am Ostermontag zu einem Gewaltausbruch, der unter der Bezeichnung einer »Ausmusterung der Juden aus Worms« zu deren Vertreibung über den Rhein und zur Verwüstung der Judengasse führte. Dem Magistrat, der ohnehin seit Jahren eine schwankende Haltung eingenommen hatte, entglitt völlig das Regiment. Er sah sich außer Stande, die Juden zu schützen. Auf die Frage von Magistratsmitgliedern nach der Begründung für den Gewaltausbruch antwortete der Sattler Hans Georg Kern, dass alle juristischen Bemühungen nichts gefruchtet hätten. Daher müssten sich die Bürger selbst verteidigen, um zu verhindern, dass die Juden Herr über sie würden82. Mit der Berufung auf den angeblichen Willen der ganzen Bürgerschaft, Abgötterei auszurotten und keinen Stein auf dem anderen zu lassen, wurde die Synagoge mitsamt ihren Nebengebäuden zu großen Teilen abgerissen. Um sich vor Regressansprüchen zu schützen und wohl auch, weil sie sich der Rechtmäßigkeit ihres Vorgehens nicht ganz sicher waren, ließen die Führer der Bürgeropposition bereits drei Tage nach der Austreibung der Juden eine »Inventation« der menschenleeren Judengasse durchführen. Auch auf dem Alten Judenfriedhof wütete der Pöbel, stürzte Grabsteine um und schändete Gräber. Der dortige Anführer, Hans Valtin Thomas, hielt herbeigeeilten Magistratsmitgliedern entgegen, dass es sich nicht um einen christlichen Friedhof, sondern um ein »Feld des Blutes« handle. Die hier Bestatteten seien einer großartigen und dauernden Gedächtnisstätte nicht wert. Wer sein wahres Christentum beweisen wolle, solle

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mit eigenen Händen dazu beitragen, die abgöttischen und teuflischen Friedhöfe, Schulen, Synagogen und Reinigungshäuser (Mikwot) der Juden niederzureißen. Eindeutig war die Argumentation von rechtlichen und ökonomischen Gesichtspunkten sowie diffusen antijüdischen Gefühlen in die religiöse Sphäre übergegangen; Anklänge an Luthers Schrift »Von den Juden und ihren Lügen« sind nicht zu übersehen. Als sich andererseits gerade der lutherische Pfarrer Stephan Grün in Predigten gegen die Gewaltorgie in der Judengasse und die Friedhofsschändung aussprach, zog er sich den Zorn der Bürgeropposition zu, die ihn daraufhin des Ehebruchs und eines Verhältnisses mit einer Magd zieh83. Um Ruhe und Ordnung wieder herzustellen, griff, zugleich im Reichsinteresse, Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz zunächst militärisch und anschließend juristisch ein, wie es ein zeitgenössischer Holzschnitt wiedergibt84. Ein von Kurpfalz vermittelter Rezess regelte die umstrittenen Rechtsfragen. Die von der Bürgeropposition angestrebte Reduktion des Zinssatzes auf 5 % wurde nicht erreicht. In der turnusmäßig 1617 erneuerten Judenordnung blieb es bei den angefeindeten Zinsen von 10 %, in Sonderfällen bis 12,5 %. Im Verlauf der abschließenden Verhandlungen kamen immer wieder antijüdische Emotionen hoch. Die Rädelsführer des Pogroms wurden 1617 verurteilt und vom Scharfrichter mit Ruten zum Stadttor hinausgetrieben. Sie haben sich weiterhin antijüdisch geäußert. Chemnitz kam verhältnismäßig glimpflich davon. Er verschwand aus Worms und aus der Kurpfalz und machte in Wien Karriere85. Das Scheitern des bürgerlichen Vertreibungsversuches geht zweifellos auch auf die Fehleinschätzung der politischen wie der rechtlichen Situation durch die Führer der Bürgeropposition zurück. Doch waren es vor allem die Interessen übergeordneter und vielfältig miteinander verflochtener Mächte, die eine solche Aktion, die zudem in einen Aufstand gegen ihre Autorität hineinführte, weder hinnehmen noch dulden konnten 86. Am 9./20. Januar 161687 waren die Juden nach Worms zurückgekehrt. Sie bauten ihre Wohnstätten auf und stellten die Synagoge in zeitgenössischen Formen wieder her. Doch nicht alle kehrten zurück. Der Rabbiner Abraham Samuel ben Isaak Bacharach, eine talmudische Autorität sowie Kapazität in Astronomie und Kalenderkunde, verheiratet mit einer Enkelin des hohen Rabbi Löw von Prag, war nach Gernsheim geflohen, starb dort 1615 und wurde auf dem Friedhof von Alsbach an der Bergstraße begraben 88. Dass es weiterhin wohlhabende Juden in der Gemeinde gab, zeigen die Aktivitäten des David ben Josua Joseph Oppenheim, genannt David zur Rose. Er kümmerte sich um den Wiederaufbau der Synagoge und dessen Finanzierung, stiftete Ausstattungsstücke für sie, ließ im Norden vor der »Frauensynagoge« einen Vorbau erstellen und veranlasste im Westen den Anbau eines kleinen Lehrhauses, der später so genannten »Raschi-Kapelle«. Abgesehen von einigen Veränderungen im 19. Jahrhundert erhielt der Synagogenkomplex damit das Aussehen, das er bis zur Zerstörung 1938 behalten sollte 89. Auf dem Friedhof wurden auf seine Kosten das Leichenwaschhaus90, die Mauer und am Eingang zum Gräberfeld die Steintafel mit dem Totengebet erneuert.

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Juspa Schammes, sein Minhagbuch und das Leben in der Judengasse im 17. Jahrhundert Auf die Gelehrsamkeit der Wormser Juden, die sich in zahlreichen Manuskripten und Büchern niedergeschlagen hat, kann hier nur hingewiesen werden. Es bedürfte einer grundlegenden Untersuchung, um in diese Materie einzudringen. Selbst eine Übersicht über die zerstreuten Originale, über bereits gesichtetes Material, über hilfreiche Erwähnungen und Hinweise wäre ein großer Fortschritt. Eine bibliophile und liturgische Kostbarkeit wie der »Wormser Machsor« aus dem 13. Jahrhundert, um 1272 im Fränkischen entstanden, seit 1578 im Besitz der Wormser Gemeinde nachgewiesen und heute in der Jüdischen National- und Universitätsbibliothek Jerusalem aufbewahrt (Abb. 78 S. 680), hat seine Bearbeiter gefunden 91. Die weitaus meisten der noch existierenden Stücke sind indessen nur Spezialisten bekannt. Als um 1509 der Konvertit Johannes Pfefferkorn auch in der Wormser Synagoge seine durch Kaiser Maximilian I. geförderte Suche nach jüdischen Schriften betrieb, suchte er nicht umsonst. Sein Verzeichnis mit 28 Titeln und insgesamt 304 Büchern, zumeist Machsor- und Talmudbänden, belegt einen umfangreichen Bestand92. Liturgische Bücher, Gebetbücher, Liedersammlungen und Musikmanuskripte, die noch existieren, befinden sich durchweg nicht mehr in Worms. Die Originale im alten Jüdischen Museum sind zum größten Teil beim Pogrom 1938 verbrannt 93. Eine Ausnahme stellt das Minhagbuch des Juspa Schammes dar, von dem zwei Abschriften in der Bodleian Library in Oxford aufbewahrt werden und eine weitere sich im Jüdischen Museum Raschi-Haus in Worms befindet. Jiftach Joseph Juspa ben Naftali Herz vom Stamme Levi aus der Familie Manzpach wurde 1604 in Fulda geboren94. Dort erwarb er sich in der Talmudschule des Rabbi Pinchas Levi Kenntnisse in jüdischer Literatur und jüdischem Wissen. 1623 kam er nach Worms, wo er bei dem berühmten Gelehrten und Kabbalisten Elia Loanz studierte, dessen Grabstein sich bis heute auf dem Alten Judenfriedhof erhalten hat95. Juspa blieb in Worms, eignete sich umfangreiche Kenntnisse auf vielen Gebieten an, heiratete mit 21 Jahren die Tochter einer eingesessenen jüdischen Familie und übernahm die Stelle des Gemeindeschreibers, später auch des Synagogendieners (Schammasch). Für die Gemeinde, in deren Diensten er 30 Jahre stand, wurde er zur Vertrauensperson. 1678 starb er im Alter von 74 Jahren und wurde auf dem Alten Judenfriedhof bestattet, wo sein Grabstein noch bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts zu sehen war96. Berühmt wurde sein Maaseh-Nissim-Buch mit »Wormser Wundergeschichten«, das 1696 in Amsterdam in Jiddisch gedruckt erschien. Möglicherweise spiegelt sich dessen Verbreitung in dem jiddischen Reisebericht des aus Lemgo stammenden, später in Amsterdam lebenden Abraham Levie. Auf seiner Reise durch Deutschland, Östereich und Italien besuchte er 1719 Worms. Zunächst schaute er sich die Nische in der Ostwand der Frauensynagoge an, in die sich die schwangere Mutter des Rabbii Jehuda he-chasid vor einem scheuenden Pferd gerettet haben soll (Legende 8). Dann ging er in das kleine Gebäude (Jeschiwa) neben der Schul (Synagoge), um sich auf den steinernen »Raschi-Stuhl« zu setzen. Und auch die in einen Adler verwandelte Zaubergans auf der Martinskirche, die einen Juden verraten wollte, ließ er

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nicht unbeachtet (Legende 10). Juspas Minhagbuch ist vor allem wegen der über die Beschreibung religiöser Riten und ihrer halachischen Begründung hinausgehenden chronikalischen Zusätze eine einmalige Quelle für jüdisches Leben im 17. Jahrhundert. Die Zeit des Dreißigjährigen Krieges mit ihren wechselnden Besatzungen in Worms findet ebenso Beachtung wie die Wahl Kaiser Leopolds I. in Frankfurt 1658. Juspa berichtet von der Eroberung der Wiener Neustadt 1664 durch die Türken, worüber sich die Juden im Reich wegen der Schlappe der Christen angeblich derart gefreut hätten, dass sie es anschließend nicht wagten, an Simchat-Tora neben der Synagoge das übliche Freudenfeuer zu entzünden. Berichtet wird überdies, dass Hochwasser 1651, 1658, 1663 und 1673 die Keller in der Judengasse überschwemmte, von einer von den Juden für ein günstiges Omen gehaltenen Mondfinsternis 1663, vom Einholen von Geleitsbriefen oder der Voraussetzung für einen Scheidebrief, von der Vertreibung 1615, dem Weinverkauf und dem Weinhandel, über die Mesusa, den Rabbiner, das Klopfen des Schulklopfers zum Synagogendienst, das Glücksspiel und vieles mehr. Die eigentlichen Minhagim beschäftigen sich mit dem jüdischen Jahr, dem Leben von der Geburt bis zum Tod und der Orga-

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nisation der Gemeinde: Weihe einer Torarolle; Fest in Haus und Synagoge; Geburt und Beschneidung; Unterricht und Bar-Mizwa; Verlobung und Hochzeit; Tod und Beerdigung; Vorstandswahl und Gericht. Rabbiner Dr. Isaak Holzer hat für die Festschrift zur 900-Jahrfeier der Synagoge 1934 einzelne Passagen unter der Überschrift »Aus dem Leben der alten Judengemeinde zu Worms. Nach dem Minhagbuch des Juspa Schammes« übersetzt und bearbeitet97. Zu den im Minhagbuch angesprochenen Themen gehört auch der Unterricht. Die Wormser Talmudhochschule mit ihren Gelehrten zog, wie oben erwähnt, bereits im 11. Jahrhundert Schüler aus ganz Aschkenas an, darunter Raschi aus Troyes98. Die Forderung beständigen Lernens, wie es dem Juden in Form des Studiums der heiligen Schriften Verpflichtung war, setzte Unterricht voraus. Von einem Schulunterricht der Mädchen berichtet Juspa nichts. Die überlieferte Tätigkeit von Vorbeterinnen in der Frauensynagoge sowie wirtschaftliche Tätigkeit und Vertragsfähigkeit von Jüdinnen verweist aber auf eine Unterrichtung, die in der Familie geschah. Häuslichen Privatunterricht hat es in wohlhabenden Familien sowohl für Knaben als auch für Mädchen gegeben99. Lernorte waren im Mittelalter und in der Neuzeit die Familie, der »Cheder« (Elementarschule), die Talmud-Tora-Schule und die »Jeschiwa« (Talmudhochschule). Ab einem Alter von fünf Jahren besucht der Knabe den Cheder zum Leseunterricht. Er muss früh, im Winter zwei Stunden vor Tagesanbruch, zu seinem Lehrer gehen, mit dem er am Morgengottesdienst teilnimmt. Danach gibt es eine Frühstückspause. Dann wird der Unterricht fortgesetzt, bis es um 10 Uhr Zeit zum Mittagessen ist. Um 11 Uhr beginnt wieder der Unterricht, um 14 Uhr gibt es nochmals eine Pause. Der Unterricht geht bis zum Vorabend, die Schüler dürfen erst nach dem Abendgottesdienst nach Hause gehen. Donnerstag ist Wiederholungstag, da wird nichts Neues durchgenommen. Auch am Sabbat sollen die Knaben Unterricht bekommen und sich dazu nach dem Mittagessen zu ihrem Lehrer begeben. Der Unterricht im Cheder erfolgt anhand der Bibel und anderer religiöser Texte, wobei Auswendiglernen die wichtigste methodische Grundlage darstellt. Andere Fächer nennt Juspa nicht, doch weitere Quellen überliefern Unterricht in Schreiben und den Grundrechenarten. Es wird gemeinsam gesungen. Unterrichtsleistung, Betragen und Lebenswandel des Schülers beurteilt der Lehrer. Nachlässigkeit bestraft er mit der Rute. Schüler wie Lehrer unterstehen der Oberaufsicht des Rabbiners, der donnerstags »alle Jungen zum Verhör« ruft und sie examiniert. Lob und Tadel wird verteilt, wieder kommt die Rute zum Einsatz oder das Aufsetzen einer Narrenkappe. Sollte sich herausstellen, dass der Lehrer seinen Pflichten nicht ordentlich nachgekommen ist, stellt ihn der Rabbiner eindringlich zur Rede. Vom 8. bis zum 13. Lebensjahr, also bis zur Bar-Mizwa-Feier mit der Aufnahme in die Gemeinde, konnten die Jungen den erweiterten Unterricht in der Talmud-Tora-Schule besuchen. Danach kam als oberste Stufe für besonders Begabte die Jeschiwa mit dem Lehrhaus bei der Synagoge als Unterrichtslokal. Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass die Juden unter »Schule« kein Schulhaus im heutigen Sinne, sondern die Synagoge verstanden haben. Ferien gab es nicht. Aber einige heitere, zum Teil laute und weinselige Festtage wie der »Bachurimsabbat« 100 sorgten für Abwechslung und Erholung vom Lernalltag. Am Unterricht in der Jeschiwa, der nicht Pflicht ist, nehmen nicht mehr alle Schüler teil, weil sie sich inzwischen anderen Tätigkeiten zuge-

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Karte 16: Das Judenviertel um 1760

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Karte 18: Alter Judenfriedhof

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wandt haben. Juspa macht kritisch darauf aufmerksam, dass die Breite der Gelehrsamkeit früherer Zeiten nicht mehr festzustellen sei. Am Ende eines Halbjahres konnten früher Männer aus der Gemeinde einen gelehrten Vortrag halten, was derzeit nur noch dem Rabbiner möglich sei.

Von der Stadtzerstörung 1689 bis zur Öffnung des Gettos Hatte das Jahrhundert mit den Sozialunruhen der Fettmilchzeit begonnen, so sollte an seinem Ende über Christen und Juden eine gemeinsam zu ertragende Katastrophe hereinbrechen: die Stadtzerstörung durch die Truppen König Ludwigs XIV. von Frankreich im Pfälzischen Erbfolgekrieg am Pfingstdienstag 1689. Für die jüdische Gemeinde brachte sie eine zehnjährige Abwesenheit von ihrem demolierten Viertel mit ihren heiligen Stätten, die erste, bis 1942 einzige, langjährige Unterbrechung einer inzwischen siebenhundertjährigen Gemeindeexistenz. Mit dem für alle Einwohner schwierigen Wiederaufbau ging nicht etwa ein besseres Miteinander einher. Nur mit Widerwillen waren Ratsmitglieder wie der orthodoxe Lutheraner Johann Friedrich Seidenbender bereit, die auf Grund der bestehenden Privilegien unumgängliche Wiederaufnahme der Juden hinzunehmen. Sie mussten sogar zum negativen Vergleich herhalten, als Seidenbender vorschlug, mangels zu erwartendem Zustrom von Lutheranern neben den Katholiken jetzt auch die Reformierten (Calvinisten) zur Bürgerschaft zuzulassen. Denn deren »Doctrina« reiche noch lange nicht an die Irrtümer der Papisten heran, »noch viel weniger an die Hartnäckigkeit der boshaftig-verstockten Juden, welch letztere man doch überaus vieler Freiheiten genießen lasse«101. Am 6. Juni 1699 wurden die Juden durch einen Vergleich zwischen Stadt und jüdischer Gemeinde wieder aufgenommen. Sie waren jetzt keine »Judenbürger« mehr, auch keine nur auf Zeit zugelassene Hintersassen 102, sondern nach Aufhebung ihrer Leibeigenschaft des Rates »Schutzverwandte«, hatten ihren Status also verbessert. Die Obrigkeit des Rates, die Rechte des Bischofs und jene der Dalberger blieben ungeschmälert103. Die Juden machten sich an den Wiederaufbau, der angesichts der armen Verhältnisse bescheiden ausfiel. Die Synagoge erhielt ihren würdigen Zustand zurück, die Innenausstattung ging mit der Zeit konform. Da die Stadt sich mit damals rund 3 000 Einwohnern in den inneren Mauerring zurückzog und die äußere Umwallung aufgab, konnte sie den Juden einen Teil des Walles zur Erweiterung des dicht belegten Alten Judenfriedhofes überlassen104. 1726/27 erschien, in Sulzbach in Hebräisch gedruckt, ein »Seder Selichot« (Bußlieder) »nach Ordnung und Ritus der Heiligen Gemeinde Worms«. Von den in Worms wirkenden Rabbinern des 17. und 18. Jahrhunderts kamen die meisten aus Böhmen und Mähren. Die Gelehrsamkeit hatte sich nach dem Osten verlagert mit Schwerpunkt auf Prag105. Von der drückenden Fron der »Judenmühle« in ihrer Gasse, wo die Juden nach einer Zeichnung in einer Chronik aus dem 18. Jahrhundert eine Göpelmühle unter Überwachung eines mit einer Peitsche ausgerüsteten Stadtknechtes antreiben mussten – zumindest im Notfall für die Stadt –, befreite sie der in Worms geborene, inzwischen in Wien

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zum kaiserlichen Hoffaktor avancierte Samson Wertheimer (1658 –1724). Er kaufte die »Judenmühle« und ließ sie abreißen. Als Äquivalent hatte Wertheimer für die Stadt Worms am Kaiserhof ein Schuldenmoratorium besorgt, was eine unschätzbare Hilfe für sie bedeutete. Der Magistrat zog daraus jedoch keine weiteren freundlichen Konsequenzen. Als die Juden trotz »Fleiß und sparsamer Lebensweise«, die sie auch allen anderen Zeitgenossen empfahlen, doch in Schulden gerieten, ließ der Magistrat das »Schulsilber« pfänden. Die Juden beklagten sich beim Erzbischof von Mainz, einem der Garanten der Judenordnung von 1641. Er verhalf ihnen zu ihrem Recht und zu ihren Kultgeräten aus der Synagoge, alles im Jahr 1718 106. Auch die Streitigkeiten mit den Zünften gingen weiter. Der wirtschaftliche Niedergang in der jüdischen Gemeinde war allerdings schon vor der Stadtzerstörung offensichtlich gewesen. Danach wurde es noch schwieriger. Die guten Pachteinnahmen aus dem »Taschengeleit«, das die Wormser Juden seit 1618 für alle durch kurpfälzisches Gebiet ziehende Personen besaßen, gingen ihnen an jüdische Privatleute außerhalb der Stadt verloren. Man hatte die Vorauszahlungen nicht mehr erlegen können107. Eine detaillierte Häuseraufnahme von 1760 (danach Karte 16 S. 682) lässt die alte Enge, aber wenig vom einstigen Wohlstand erkennen. An die Stelle von jüdischen Vornamen in Verbindung mit dem Hausnamen sind darin Namensformen mit Vor- und Zunamen getreten (z. B. David Cannstatt, Michael Gernsheim), eine Annäherung an die Praxis der übrigen Stadtbewohner 108. Einen Rückgang seiner Bedeutung erfuhr das einst so wichtige Amt des Judenbischofs. Es nahm Formen eines Ehrenamtes mit Repräsentationscharakter an. Einflussreiche Juden, die es ausübten, lebten vielfach am Kaiserhof, waren aber nicht mehr in Worms präsent. Das führte zu Spannungen in der Gemeinde. Um die »Klagen gegen den Vorstand« abzustellen, wurde die Stadt um ihr Eingreifen gebeten. Auflösungserscheinungen der alten Ordnung waren nicht mehr zu übersehen109. Michael (Machol) Gernsheim, von dem es ein Bild in der Amtstracht des Judenbischofs gibt, hatte das Amt von 1759 bis zu seinem Tod 1792 inne und war anerkannt. Gernsheim gilt als der letzte Judenbischof, was nicht zutrifft. Nach einer fünfjährigen Vakanz infolge der Besetzung von Worms durch französische Revolutionstruppen kam es 1797 zur nun wirklich letzten Wahl, die auf Herz Abenheim fiel. Er konnte nicht mehr im bischöflichen Schloss vereidigt werden, weil Wormser Sansculotten es 1794 niedergebrannt hatten. So fand der etwas flüchtige Akt auf dem Schlossplatz unter freiem Himmel statt 110. Trotz aller Probleme und Konflikte gedachte man 1789 des 100. Jahrestages der Stadtzerstörung von 1689. Allerdings jeder für sich: Lutheraner, Calvinisten und Katholiken. Auch die Juden wurden vom Magistrat zu einem angemessenen Gedenken aufgefordert. Das Rabbinat hatte zu dieser Zeit Samuel Wolf Levi inne111. Er sollte dazu ausersehen sein, die Gemeinde in die neue Zeit zu führen. Levi (1751–1813) stammte aus Pfersee bei Augsburg. Sein Vater, Rabbiner des Landrabbinats Pfersee, hatte seinen Söhnen, wohl durch Privatlehrer, Kenntnisse in Deutsch und Französisch vermitteln lassen. Von Dr. Benedict Levi, Provinzialrabbiner in Gießen und Vater des berühmten Wagnerdirigenten Hermann Levi, stammt folgende Charakterisierung: »Mein Vater Samuel Levi gehörte zu den wenigen Rabbinern des vorigen Jahrhunderts, die mit großem rabbinischem Wissen humanistische Bildung und feine gesellschaftliche Formen verbanden«112. Nach Worms

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kam Levi offenbar als Rabbinatsassistent des aus Mährisch-Brod stammenden Rabbiners Hirsch Auerbach, bei dem er wohl seine Rabbinerautorisation erwarb und dem er 1778 im Amt nachfolgte. Er war mehrfach verheiratet und hinterließ bei seinem Tod 1813 in Mainz, wo er mit Protektion Kaiser Napoleons seit 1808 Oberrabiner war, acht unversorgte Kinder. In Worms organisierte Levi 1789 die letzte große Demonstration der Wormser Juden für Kaiser und Obrigkeit im Alten Reich im Sinne der überlieferten Ordnung. Die Schilderung der gesamten Veranstaltung, vor allem aber des Festzuges, lässt noch einmal die innere Struktur der Gemeinde erkennen. »Sämtliche Judenschaft« versammelte sich am 31. Mai 1789 in Feiertagskleidung vor dem Haus des Rabbiners, um zur festlich geschmückten Synagoge zu ziehen. Dem Festzug wurde eine Tafel mit dem Wappen von Kaiser Joseph II. und dem Wappen der Stadt vorangetragen, der Garanten der Freiheit und des Wohnrechts der Juden. Dahinter schritten die Bruderschaften wie die Beerdigungsbruderschaft und die Schulmeister mit ihren Schülern. Es folgte Oberrabbiner Levi als geistliches Oberhaupt der Gemeinde, nach ihm kamen die zwölf Judenratsmitglieder einschließlich des Judenbischofs Gernsheim und dann die Verantwortlichen für Steuern und Abgaben sowie deren Hilfsbeamte. An sie schloss sich die »ganze Judengemeinde« an, worunter die Männer zu verstehen sind. Äußere Form und Aufstellung des Zuges glichen jenem der lutherischen Mehrheit der Bürger. Doch war eine gemeinsame Veranstaltung mit den christlichen Bürgern gleich welcher Konfession noch unvorstellbar 113. Nahezu zeitgleich mit dem Gedenken an die Stadtzerstörung, das nicht durch Vorwürfe gegen Frankreich, sondern durch Dank an Gott für den erlebten Wiederaufbau geprägt wurde, brach in Paris die Französische Revolution aus. Die Revolutionstruppen kamen auch nach Worms, das 1797–1814 in die französische Republik und das napoleonische Kaiserreich eingegliedert wurde. Für die Juden bedeutete das Teilhabe an der neuen Entwicklung und aktive Teilnahme an den Veränderungen, vor allem aber die Befreiung von den bisherigen Einschränkungen114. 1801 hob ein Dekret der Pariser Nationalversammlung sämtliche Sonderregelungen auf und bestätigte den Juden die vollen Bürgerund Menschenrechte. Symbolisch ließ der Wormser Maire Strauß 1801 die Tore des Gettos abbrechen115.

Emanzipation, bürgerliches Leben, historisches Bewusstsein, Untergang Eine neue Zeit war angebrochen. Wie so oft waren die Erwartungen groß, aber die Wirklichkeit sah anders aus. Als die Juden 1808 bürgerliche Vor- und Zunamen annehmen sollten, stellte sich heraus, dass sie diese bereits benutzten. Im gleichen Jahr wurde auf Grund von Klagen der elsässischen Bauern bestimmt, dass jüdische Händler künftig auf eigene Kosten ein Handelspatent zu erwerben hatten. Darin wurde ihnen korrektes Verhalten bestätigt, weswegen es den Namen »Moralitätspatent« erhielt. Gegen diese Diskriminierung, die auch in der großherzoglich-hessischen Zeit ab 1816 zunächst nicht abge-

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schafft wurde, kämpften die rheinhessischen Juden jahrelang an, bis 1847 endlich ihre Aufhebung erfolgte. Der noch immer geforderte, ebenfalls als diskriminierend empfundene Judeneid verschwand erst 1849116. Da das alte Gefüge sich auch im Bereich der religiösen Organisation auflöste, wozu die in Frankreich eingeführte Konsistorialverfassung beitrug, kam es zur Bildung einer neuartigen Religionsgemeinschaft. An die Stelle des Judenrats, dessen rechtliche Grundlagen einschließlich seiner einstigen Aufgabenstellung nicht mehr bestanden, trat ein Gemeindevorstand. Er hat in den Folgejahren, zumeist in Verbindung mit dem Mainzer Vorstand, sich auf dem linken Rheinufer in Rheinhessen für eine vollständige Emanzipation engagiert. Sie wurde weitgehend in den Jahren 1848/49 erreicht, Jahrzehnte vor ihrer Umsetzung im ganzen Deutschen Reich 117. Seit den 1830er Jahren verließen die Wormser Juden zunehmend die Judengasse und richteten ihre Geschäfte sowie ihre Wohnungen in der Innenstadt ein. Ihre Teilhabe am Stadtgeschehen und an der Entwicklung der Stadt drückt sich in politischem und gesellschaftlichem Engagement aus. Dazu gehört die Wahl in den Gemeinderat, seit 1874 in die Stadtverordnetenversammlung. Auch zur wirtschaftlichen Entwicklung von Worms haben Juden wesentlich beigetragen. Das Hineinwachsen in die Bürgerschaft förderte die Aufnahme in bürgerliche Vereine, wo sie bei entsprechender Begabung als Mitglieder von Sportvereinen oder Chören willkommen waren. Das Schulwesen von der Volksschule bis zum Gymnasium teilten sie mit den Angehörigen anderer Bekenntnisse, sodass eine gleiche Bildungsvoraussetzung zunehmend gegeben war. Allerdings darf das weder als Aufgabe jüdischen Selbstverständnisses noch als völlige Anerkennung im nichtjüdischen Umfeld missverstanden werden. Von letzterer kann, auch wenn sie mancher als realisiert ansah, bei allen positiven Erscheinungen nicht die Rede sein. Zeigen sollte sich das im Ersten Weltkrieg und danach. Zwischen Theorie und Praxis, zwischen politischen Deklarationen und deren Umsetzung, besteht ein Unterschied. Die Wormser Juden bekamen es zu spüren118. Numerisch nahm die Zahl der Juden seit dem frühen 19. Jahrhundert infolge Zuzugs vor allem aus dem Umland zunächst kontinuierlich zu. Von rund 500 Personen um 1800 stieg sie bis zur Jahrhundertmitte auf rund 1000 Personen an, was eine prozentuelle Steigerung von 7,4 % auf knapp 10 % bedeutete. Im Gegensatz zum immer schnelleren Wachstum der Gesamteinwohnerschaft flachte die jüdische Zuwanderungskurve in der zweiten Jahrhunderthälfte jedoch ab. Um 1900 lebten rund 1300 Juden in Worms, die zu diesem Zeitpunkt 3 % der Stadtbevölkerung ausmachten. Bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges reduzierte sich ihr prozentueller Anteil auf nur noch 2,5 % 119. In den Jahren vor 1848 hatten sich in der jüdischen Gemeinde – keinesfalls unbestritten – starke Liberalisierungstendenzen bemerkbar gemacht. Der idealistische Prediger Abraham Adler vertauschte die Kanzel mit der kurzzeitig wahrgenommenen Redaktion der Wormser Zeitung, die einen fortschrittlichen Monat erlebte und ihn dann vor die Tür setzte. Da ihn die hessische Regierung kein Rabbineramt mehr übernehmen ließ, wurde er schwermütig und starb früh 120. Ferdinand Eberstadt (Abb. 47 S. 427) wählte die hessische Regierung hingegen unter drei Kandidaten, von denen er die geringste Stimmenzahl erreicht hatte, zum Bürgermeister, weil sie ihn zu Recht für einen tüchtigen Leiter der städtischen Geschäfte hielt. Er hat Worms aber bald in Richtung Mannheim verlassen 121.

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Abb. 79: Innenaufnahme der Synagoge vor 1938

Mit dem Beginn der Restaurationszeit 1852 lässt sich allgemein ein wachsendes Interesse für vergangene Zeiten beobachten, getragen von bürgerlichen Kreisen. Relativ früh haben Wormser Juden daran teilgenommen. Bemühungen um die Erhaltung und Restaurierung des Synagogenkomplexes gehören ebenso dazu wie Bemühungen um die Grabsteine auf dem Alten Judenfriedhof. Für dessen Sicherung als jüdischer Begräbnisstätte bis zur Einrichtung des Neuen Jüdischen Friedhofs an der Eckenbertstraße 1911 und darüber hinaus hat sich die Gemeinde nachhaltig und erfolgreich eingesetzt122. 1854/55 wurde die »Raschi-Kapelle« wieder hergestellt und zeitgleich das ehemalige Tanzhaus mit der Klaus-Synagoge im 1. Obergeschoss zum Hospital bzw. jüdischen Altersheim ausgebaut. Ein 1860 –1863 geplanter Umbau der Synagoge, der den historischen Bestand erheblich beeinträchtigt hätte, unterblieb glücklicherweise. Die jahrzehntelang als Abwassergrube benutzte Mikwe wurde im späten 19. Jahrhundert freigelegt und damit ein bedeutendes jüdisches Baudenkmal des 12. Jahrhunderts gerettet. Der aus der Pfalz nach Worms gekommene Getreidehändler Leopold Levy (1801–1877) ließ für die strenggläubigen Juden, denen die Alte Synagoge, zumal nach Beseitigung der Trennung zwischen Männer- und Frauenteil 1842 und dem Einbau einer Orgel 1877, zu weltlich-fortschrittlich erschien, in seinem nicht mehr benötigten Getreidemagazins in der Judengasse eine orthodoxen Ansprüchen genügende Neue Synagoge einrichten und 1875 weihen. Er legte allerdings Wert darauf, dass auch diese Synagoge Eigentum der Hauptgemeinde

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blieb, um so der Zersplitterung in Kleingruppen entgegenzuwirken123. Sein Enkel Max Moses Levy (1858 –1936) organisierte eine Lotterie zu Gunsten des Theaterbaus, war Vorstandsmitglied im Wormser Altertumsverein und schrieb Abhandlungen zur Geschichte der Stadt wie der Juden. 1917 ernannte ihn Großherzog Ernst Ludwig zum Hofrat, nicht für seine Bemühungen auf den genannten Tätigkeitsfeldern, sondern für seine Verdienste um das Rote Kreuz124. Samson Rothschild (1848 –1939), Hauptlehrer, Gemeindesekretär und Ehrenarchivar der Gemeinde, schrieb nicht nur zahlreiche Beiträge zur jüdischen wie zur Stadt- und ihrer Musikgeschichte, sondern verzeichnete gemeinsam mit dem Oberkantor Julius Rosenthal (1863 –1934) um 1900 die Grabsteininschriften auf dem Alten Judenfriedhof, eine auch wegen zahlreicher inzwischen eingetretener Verluste einmalige Quelle 125. Da es im gesellschaftlichen Leben der Stadt Vorurteile gegen Juden gab, kam es 1902 zur Gründung der jüdischen Dalberg-Loge126. Eines ihrer Mitglieder war der Werkzeugmaschinenfabrikant Isidor Kiefer. Er realisierte einen Gedanken, der schon seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in gebildeten jüdischen Kreisen im Gespräch war: die Einrichtung eines jüdischen Museums. Nach langer Anlaufzeit, unterbrochen durch den Ersten Weltkrieg, kam es 1924 zur Eröffnung dieser wertvollen Sammlung, die im Vorbau der Synagoge untergebracht war und über die von der Zeitschrift Aschkenas 2002 ein eigener Band herausgebracht worden ist. Das Museum fiel 1938 dem Novemberpogrom zum Opfer. Die Vorstellung seiner Bestände in dem genannten Sammelband von Aschkenas vermittelt einen Eindruck von dem, was hier verloren ging 127. 1934 beging die verunsicherte, aber dennoch auf eine bessere Wendung der Dinge hoffende jüdische Gemeinde Worms die 900-Jahrfeier ihrer Synagoge128. Die Festrede hielt der Wormser Rabbiner Dr. Isaak Holzer, Rabbiner Dr. Leo Baeck aus Berlin, Vorsitzender der Reichsvertretung der deutschen Juden, hielt eine Ansprache. In einer Festschrift mit Beiträgen bedeutender jüdischer Wissenschaftler wurde die große Vergangenheit beschworen. Viele Gäste waren zugegen. Das offizielle Worms fehlte allerdings 129. Einst hatte eine Feuersäule dem Volk Israel den Weg in eine bessere Zukunft gewiesen130. Am 10. November 1938 prophezeite die Feuersäule der brennenden Synagoge den Weg in den Untergang des Kahal Kadosch Warmaisa.

Das geistliche Worms: Stifte, Klöster, Pfarreien und Hospitäler bis zur Reformation G EROLD B ÖNNEN /J OACHIM K EMPER

Einführung Die Kathedralstadt Worms war über Jahrhunderte – vor allem vor, aber durchaus auch noch nach den Wandlungen durch die Reformation während des 16. Jahrhunderts – eine in hohem Maße durch geistliche Institutionen und einen vielfältig gegliederten Klerus geprägte geistliche Stadt. In ihrer Topografie und den Besitzverhältnissen, in der Stadtverfassung, in Wirtschaft und Gesellschaftsordnung sowie im Hinblick auf die Beziehungen zum agrarischen Umland (Bedeutung geistlicher Grundherrschaften etc.) hat die geistliche Prägung der Stadt starke Spuren hinterlassen, deren Stellenwert in der stadtgeschichtlichen Forschung in den letzten Jahren für den Stadttypus der Bischofsstadt immer stärker betont und intensiver erforscht wird. Da es um die Würdigung dieses für die Entwicklung und die Eigenart von Worms wesentlichen Aspektes der Stadtgeschichte in den letzten gut 100 Jahren ihrer Erforschung nicht immer zum besten bestellt war, da wir viele Forschungslücken im Detail feststellen müssen und weil es an einem zuverlässigen Überblick über die religiösen und karitativen Institutionen in der Stadt bis heute fehlt, soll im folgenden ein erster Überblick in der Art eines Kompendiums über das gesicherte Wissen und die offenen Fragen zu den geistlichen und karitativen Einrichtungen für die Zeit bis zur Reformation geboten werden, der sich als knappe Zwischenbilanz und vor allem als Ausgangspunkt für weitere Forschungen versteht1. Aus der älteren Literatur sind die inzwischen gänzlich überholte Gesamtdarstellung von Lehmann (1841), die Arbeit von Wagner/Schneider (1878) und die Stadtgeschichte von Boos (1897–1901) sowie die grundlegende Arbeit von Kranzbühler (Verschwundene Wormser Bauten, 1905) zu nennen. Eine deutliche Verbesserung unserer Kenntnisse ist seit etwa zehn Jahren festzustellen, in denen mit den Festschriften zu den Stiften St. Martin (1996), Liebfrauen (1998) und St. Paulus (2002), den Forschungen zur Person und Zeit Bischof Burchards und der rasanten und für lange Zeit prägenden Stadtentwicklung in dieser Zeit (Ausstellungskatalog und Sammelband, beides 2000) sowie durch eine neue Gesamtdarstellung zur Geschichte des Bistums Worms (1997) Impulse für die verstärkte wissenschaftliche Beschäftigung mit der Wormatia Sacra gegeben wurden 2. Hinzu treten Studien über die Frauenklöster in der Region Worms (Kleinjung, 2003), die Wormser Beginen (Wolf, 2002) und die Reformbemühungen in den Wormser Klöstern während des 15. Jahrhunderts (Kemper, 2005)3, letztere eine für diesen Zeitraum grundlegende Arbeit, die unser Wissen über

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die monastischen Verhältnisse dieses Zeitabschnitts auf eine völlig neue Grundlage stellt. Über den Forschungsstand zum geistlichen Worms während des späten Mittelalters informiert im Einzelnen das chronologische Kapitel zur Stadtgeschichte ab ca. 1250 4. Bedauerlich ist, dass uns Quellen zu einer Reihe bischofsstadt-typischer Phänomene aus dem Bereich des gottesdienstlich-liturgischen Lebens (Stationsgottesdienste, Prozessionswesen) weitestgehend fehlen, sodass viele wichtige Fragen des religiösen Gemeinschaftslebens und seiner öffentlichen Inszenierung bislang unbeantwortet bleiben mussten. Auch wurde das weite und sehr wichtige Feld der Reliquienverehrung und des Bruderschaftswesens bislang nur wenig beachtet. Ebenfalls noch am Anfang stehen Forschungen über die um 1500 massiv intensivierte ratsobrigkeitliche Religionsfürsorge, die Bemühungen um die Übernahme von Pflegschaften über Klöster in der Stadt und das Bestreben nach einer Kontrolle von Fragen der Religion und Kirchenwesen nach dem Auszug des Klerus zwischen 1499 und 1509, die bereits auf die Ereignisse während der Reformation verweisen 5. Die geistliche Prägung und der hohe Anteil einer differenzierten Geistlichkeit an der Stadtentwicklung blieben Worms im Übrigen bis zum Ende des Alten Reiches und zur Aufhebung der meisten bis gegen 1800 bestehenden kirchlichen Institutionen erhalten, sodass erst dieser Zeitpunkt das definitive Ende des fast 1000 Jahre mitbestimmenden Faktors Kirche für die Stadt, ihre Bevölkerung und ihr äußeres Erscheinungsbild markiert hat.

Das geistliche Worms bis um die Jahrtausendwende Die im 4. Jahrhundert mit dem angeblichen Bischof Viktor beginnende Wormser Bischofsreihe hat sich nur mit großen Lücken in das frühe Mittelalter fortgesetzt. Der erste zweifelsfrei gesicherte Bischof der Wormser Kirche ist Berthulf, genannt zum Jahr 614. Ungewiss ist, ob das Petruspatrozinium der Domkirche, das erstmals in einer nur als Fälschung erhaltenen Dagobert-Urkunde aus dem Jahre 628 bezeugt ist, auf einen noch römischen Ursprung zurückgeht oder nach einem merowingerzeitlichen Neubau der Kathedralkirche gewählt wurde. Von Einkünften einer dort ansässigen Klerikergemeinschaft und damit den Anfängen eines Domkapitels erfahren wir das erste Mal in der »ältesten einwandfrei echten Wormser Urkunde«, einem Immunitätsprivileg Ludwigs des Frommen vom Jahr 814. Mit einer Schenkung durch Kaiser Arnulf von 897 setzen erstmals nachweisbar Schenkungen an die nun als solche nachweisbare Wormser Domkirche bzw. das Domkapitel ein (ad ecclesiam sancti Petri principis apostolorum Christi infra muros eiusdem urbis constructam). Weitere Zeugnisse über die frühe Entwicklung des Domkapitels sind bis zum Ende der Karolingerzeit, in der das Bistum und die Stadt an politischer Bedeutung sehr stark hinzugewonnen haben, nicht erhalten, zumal eine größere Zahl der älteren Wormser Urkunden am Ende des 10. Jahrhunderts erheblichen, unseren Blick stark verdunkelnden Verfälschungen unterworfen wurden 6. Für das Ende des 9. Jahrhunderts (872 Aufbau nach Zerstörung) sind Hinweise auf einen Neubau der Domkirche überliefert7, eine dreischiffige Basilika, über deren Baugestalt nichts Gesichertes bekannt

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ist. Seit der Zeit um 900 ist die Bezeichnung »heilige Wormser Kirche« vor allem in Herrscherdiplomen urkundlich häufiger greifbar. Sie findet sich sehr oft in der Zeit Bischof Burchards und ist unter seinem Nachfolger Azecho noch bis in die 1030er Jahre hinein belegt; nach einer zunächst für lange Zeit letzten Nennung dieser Selbstbezeichnung vom Jahr 1038 findet sich ein späterer Beleg noch für das Jahr 1123 in einer Urkunde des Wormser Bischofs Buggo8. Nur mit größter Mühe lassen sich die frühen Besitzschwerpunkte des Domstiftes bzw. der Wormser Kirche ausmachen9. Ganz am Ende des 10. Jahrhunderts begann durch königliche Schenkungen ein starker Ausbau der materiellen Grundlagen der Wormser Kirche, die nun bis zur Zeit Burchards wesentliche Rechte und Besitzungen zu erwerben vermochte. Welche weiteren geistlichen Institutionen haben neben der Domkirche in Worms bis zur Jahrtausendwende bestanden? An der Stelle einer wohl bereits im 7. Jahrhundert bestehenden Kirche (St. Dionysius, angebliche Gründung durch König Dagobert I., 622 – 638), ca. drei Kilometer nördlich der Stadt, in Verbindung mit einem angeblichen, jedoch sehr ungewissen Königshof bzw. fränkischen Palast, wurde mit St. Cyriakus in Neuhausen bei Worms im Jahr 847 durch Bischof Samuel von Worms (vor 840 – 856), zuvor Abt von Lorsch (1273 wurden dessen Gebeine von Kloster Lorsch in das Stift überführt), ein Kollegiatstift gegründet (möglicherweise auch ein bereits seit ca. 820 bestehendes Stift weiter ausgestattet), das stets als zweites nach dem Domstift einen besonderen Rang einnahm und trotz der Entfernung zur Stadt selbstverständlich zu den Wormser Stiften gerechnet wurde10. Hintergrund waren Reliquienschenkungen bzw. die Übertragung von Heiltümern des Märtyrerheiligen Cyriacus aus Rom; Worms wurde zu einem der Ausgangspunkte für die Verbreitung des Kultes im späteren Deutschland. Das Stift erhielt eine Reihe von Königsurkunden, wobei zahlreicher Besitz übertragen worden ist (u. a. 847, 849, 869, 897, 906, 102611). Vermutlich 998 (Bischof Hildibald), sicher 1107 (Bischof Adalbert) wurde es Grablege eines Wormser Bischofs12. Unter Bischof Burchard (s. u.) erfuhr das Stift nach 1000 eine starke Förderung, unter anderem wurden Neubauten errichtet13. Seit 1044 (Heilungswunder) ist eine insgesamt allerdings nur schwach bezeugte Wallfahrt samt einer Verehrung der noch um 1540 äußerst angesehenen Reliquien des Titelheiligen erkennbar. Das Stift wurde 1565 durch Pfalzgraf Friedrich III. aufgehoben. Westlich vor der Stadt bestand mit St. Andreasberg vor 1000 eine dem heiligen Andreas geweihte Klerikergemeinschaft unbekannter Verfassung und Dauerhaftigkeit14, die an der Stelle eines vorstädtischen Gräberfeldes am westlichen Stadtausgang – die Mauerbauordnung von um 900 nennt bereits das Andreastor – extra muros befindlich war. Trotz seiner späten Ersterwähnung 114115 ist hier eine geistliche Institution in das frühe Mittelalter zurückzuführen. An die Kirche hat sich sehr früh eine allerdings erst im späten Mittelalter fassbare Märtyrertradition angelehnt. Immerhin befand sich hier die Grablege mindestens eines Wormser Bischofs (Bernhar, gest. 826; evtl. auch dessen Nachfolger Folkwin, gest. 830/33). Ein weiterer frühchristlicher Grabstein, der vielleicht aus dem 7. oder 8. Jahrhundert stammt, ist von dieser Stelle bezeugt. Der älteste und bis nach 1220 einzige weibliche Wormser Konvent in Nonnen- bzw. Mariamünster, eine angebliche Gründung aus der Zeit Ludwigs des Frommen (gest.

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840), lag ca. 700 Meter südlich des Pfauentores im suburbialen Bereich vor der Stadt in der südöstlichen Ecke der spätmittelalterlichen Stadtbefestigung direkt benachbart den später bezeugten Kirchen St. Cäcilia und St. Meinhart (s. u.). Alle drei Institutionen lagen im Bereich eines spätantiken bzw. frühchristlichen Friedhofes. Tatsächlich kann die Existenz einer geistlichen Institution und gewisser Besitzungen bereits für die karolingische Zeit nachgewiesen werden 16. Lediglich auf Grund ihrer Titelheiligen können die drei den Heiligen Magnus, Rupertus (die einzige innerstädtische Kirche mit dem Patrozinium eines frühen Wormser Bischofs) und Lambert geweihten späteren Pfarrkirchen im ummauerten Stadtgebiet in das 8. Jahrhundert zurückgeführt werden 17, von denen nur noch St. Magnus bis heute besteht. Daneben ist es möglich, dass die ebenfalls unter Burchard greifbare St. Martinskirche – direkt St. Lambert benachbart – bereits vor dem 10. Jahrhundert bestanden hat (s. u.). Alle drei Kirchen wie auch die ebenfalls (später) als Pfarrkirche belegte Kirche St. Johannes, die 1807 auf Abbruch versteigerte und verschwundene vormalige Taufkirche, direkt südlich vor dem Dom gelegen, sind nicht vor dem 12. Jahrhundert urkundlich belegt (s. u.). Der erste Bau der nach der Kriegszerstörung 1945 wieder erstandenen, seit der Reformation evangelischen Pfarrkirche St. Magnus (gegenüber von St. Andreas im Südwesten der Stadt gelegen) erfolgte im späten 8. Jahrhundert. Belegt ist hier die Existenz einer karolingischen Einraum-Saalkirche mit Apsis, deren gesicherte Datierung durch die bei der Renovierung 1929/31 im Bereich der »Scheinvierung« ergrabene Apsis möglich war (vgl. Abb. 10 auf S. 128). Wohl um die Mitte des 10. Jahrhunderts erfolgte eine Erweiterung des Chorraumes nach Norden und Süden, zur Zeit Bischof Burchards wurde ein Rechteckchor im Westen und ein südliches Seitenschiff angefügt; um 1200 kam es dann zur Erweiterung nach Westen und der Errichtung eines spätromanischen Portals. Das Patrozinium bietet wenig Anhaltspunkte für die Datierung der Kirche, der Titelheilige Magnus starb 772. Ein Zusammenhang mit den Missionsbestrebungen der Merowinger- und frühen Karolingerzeit ist anzunehmen, wobei das Magnuspatrozinium erst zu Anfang des 10. Jahrhunderts im Wormser Raum auftritt18. Die erste urkundliche Erwähnung findet sich 1141. Bei St. Rupert, das urkundlich erstmals 1140 genannt ist (s. u.) und als Titelheiligen den um 718 verstorbenen heiligmäßigen Bischof Rupert von Worms, Gründer der Salzburger Kirche, aufweist, erfolgten seit den 1980er Jahren archäologische Grabungen19. St. Lambert, erstmals 1210 erwähnt, aber sicher bereits seit dem 8. Jahrhundert bestehend, trug das Patrozinium des spätestens 705 gestorbenen Bischofs von Tongern/Maastricht, später in Lüttich bestattet, dessen Verehrung sehr bald danach eingesetzt hat20. In der um 900 verfassten Mauerbauordnung des Bischofs Thietlach ist ein offenbar größerer Besitzkomplex und eine mit diesem verbundene Bevölkerungsgruppe erwähnt, Angehörige der Familia des Klosters St. Leodegar zu Murbach/Elsass 21. Dies belegt, dass wir bereits in der frühmittelalterlichen Stadt mit auswärtigem geistlichem Grundbesitz rechnen müssen. Ein bemerkenswerter Tatbestand liegt darin, dass es nicht nur innerhalb der Stadt Worms, sondern im gesamten Bistum keinerlei Niederlassung des Benediktinerordens gegeben hat. Einzig das auf frühen Besitz (ab 754 Schenkungen an die Abtei Gorze bei Metz) zurückgehende, wohl seit der Mitte des 12. Jahrhunderts als solches bestehende Priorat, also eine kleine, bis kurz nach 1533 (Übergang an Kurpfalz) bestehende

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Tochterniederlassung des bedeutenden lothringischen Klosters in bzw. nördlich von Pfeddersheim, ca. acht Kilometer westlich der Stadt gelegen, kann hier genannt werden22. Für die Zurückhaltung bei der Förderung benediktinischen Mönchtums in der Stadt selbst ist vermutlich auch die Nähe (ca. 15 Kilometer) des bereits im Mainzer Sprengel gelegenen, 764 gegründeten und wenig später mit den Reliquien des römischen Heiligen Nazarius ausgestatteten Benediktinerklosters Lorsch mit seiner bedeutsamen, im Wormser Raum mit den hiesigen Stiften und späteren geistlichen Gemeinschaften stark konkurrierenden Grundherrschaft mit verantwortlich zu machen. Die Abtei war im Übrigen von der Gründungszeit um 770/75 an über den Ordenswechsel zu den Prämonstratensern im 13. Jahrhundert hinweg bis in das 16. Jahrhundert mit Grundbesitz und einer dem Klosterheiligen geweihten Kapelle im Bereich des heutigen Rathauses in Worms präsent (s. u.).

Von Bischof Burchard (1000 –1025) bis zum Ende des 12. Jahrhunderts Die sakrale Ausstattung des Bischofssitzes – Gradmesser auch für die urbane Qualität im Vergleich mit anderen Kathedralstädten – blieb zum Herrschaftsantritt Burchards im Jahr 1000 vergleichsweise schwach, das aus der Spätantike bzw. dem frühen Mittelalter überkommene Erbe an geistlichen Institutionen war kaum nennenswert. Mit Burchard begann nun eine umfassende und in dieser Form – der Konzentration auf die Person und Epoche eines einzigen Bischofs – auch im weiteren Vergleich beispiellose Ausbau- und Gründungsphase, mit der innerhalb von 25 Jahren die Stadt ein völlig neues Gesicht erhielt23. Zunächst bemühte sich Burchard um die äußere Sicherung der Stadt und ihrer Befestigung und errichtete einen völlig neuen Dom24, der über Burchard hinaus noch als Grablege der salischen Herzogsfamilie gedient hat. Hinsichtlich des Domkapitels bzw. seiner Domkirche legte Burchard nach dem Bericht seiner Lebensbeschreibung die Einkünfte neu fest, sicherte diese ab und war um die Förderung des Gemeinschaftslebens (vita communis) der Domherren bemüht25; die Domschule stand in hoher Blüte. Zentrale Bedeutung für die geistliche Infrastruktur und die gesamte urbane Ausstattung erhielten dann die Bemühungen um den Ausbau des Netzes an Stiften. Als programmatische Neugründung Burchards an der Stelle der von ihm 1002 erworbenen und niedergelegten Salierburg im Nordosten der Stadt direkt an der Stadtmauer ist zunächst St. Paulus zu nennen (Tafeln 7, 20a, Abb. 86 S. 747). Das 1802 aufgehobene, von Burchard laut Bericht der Vita – inschriftlich bekräftigt – ob libertatem civitatis (wegen der Freiheit der Stadt) errichtete Stift wurde bis zum Jahr 1016 begründet und in diesem Jahr – am Tag des (gemeinsamen) Dom- und Stiftspatrons (29. 6.) – mit Besitz ausgestattet. Die auch durch die Wahl des Kirchenlehrers und Apostels Paulus bemerkenswerte Errichtung des Stifts direkt bei der bestehenden Rupertuskirche, die St. Paulus zugeordnet wurde (s. u.), steht in direktem Zusammenhang mit der Absicherung der bischöflichen Stadtherrschaft wie auch der intensivierten bzw. erneuerten Organisation innerhalb des

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Bistums, denn einer der Archidiakonatsbezirke der Diözese wurde der Klerikergemeinschaft zugewiesen 26. Als zweite Stiftsgründung fällt in Burchards Zeit St. Martin (heute katholische Pfarrkirche, siehe Abb. 81, S. 705; Abb. 87, S. 748; Tafel 22b), ebenfalls direkt an der Stadtmauer im Nordwesten der Civitas gelegen und 1802 aufgehoben. Es ist unklar, wie alt die Kirche ist, lediglich das Patrozinium, das für ein höheres Alter spricht und ggf. die Erwähnung einer Martinspforte in der um 900 abgefassten Mauerbauordnung (bei der es sich aber vielleicht um einen Abschreibfehler des Kopisten der spät abschriftlich überlieferten Quelle handeln kann) sind gewisse Indizien für die Existenz der Kirche vor 1000. Es ist bislang noch nicht die Möglichkeit in Erwägung gezogen worden, dass die vor 1016 nicht eindeutig belegte Martinskirche erst von Burchard – unter Heranziehung des Mainzer Vorbildes (Martin als Patron der Mainzer Domkirche) – in Worms eingerichtet worden sein könnte. Im Jahr 1016 werden die fratres sancti Martini des Stifts jedenfalls pauschal als Zeugen (im Zusammenhang der Gründung bzw. Besitzausstattung von St. Paulus) genannt. Laut seiner Vita habe Burchard die Weihe der Kirche selbst vorgenommen. Gemäß einer eigenen späteren Gründungstradition wurde das Stift 991/996 von Kaiser Otto III. selbst begründet27. Wirkmächtig war lange Zeit die Tradition des angeblichen Kerkers, in dem 357 der hl. Martin nach seiner Verweigerung des Kriegsdienstes gegenüber Kaiser Julian gefangen gehalten wurde 28. Der heutige Kirchenbau wurde auf dem Grundriss des Burchard-Baues im 13. Jahrhundert errichtet. Im Fall von St. Andreas (Aufhebung 1802, seit 1930 in Kirche und Kreuzgangbauten das Museum der Stadt Worms, siehe Abb. 82, S. 714 und Tafel 21a + b) haben wir es nach dem Bericht der Lebensbeschreibung um eine zwischen 1000 und 1025 erfolgte Verlegung des Stifts aus dem westlichen Vorstadtbereich (s. o.) an die Peripherie der neu befestigten Stadt unter Einbindung in die Ummauerung samt einer Neuausstattung mit Besitz zu tun; die benachbarte ältere Magnuskirche wurde dem Stift zugeordnet29. Schließlich bemühte sich Burchard auch um den Wiederaufbau des bereits genannten Stifts St. Cyriakus in Neuhausen30. Der erwähnte Frauenkonvent bei Nonnen- bzw. Mariamünster wird im Jahr 1016 erstmals als »abbatia s. Mariae« genannt. Bischof Burchard setzte nach der Neuordnung der Besitzverhältnisse und der Klärung des Zensualenrechts für den Hörigenverband 1016 hier seine Schwester Mathilde als Vorsteherin ein. Er ließ Neubauten errichten und stattete die Einrichtung besitzmäßig neu aus. Vor 1067 kam es erneut zu einer Besitzaufbesserung, der 1141 im Zusammenhang mit der Neuordnung des Stiftslebens eine weitere Neuausstattung durch Bischof Buggo gefolgt ist31. Das mit Säkularkanonissen besetzte Nonnenmünster (1141: sorores; abbatissa) bestand bis zu der durch den Bischof ab 1236 gegen starken Widerstand der Betroffenen eingeleiteten Reform samt Einführung der Zisterzienserregel als einziger weiblicher Konvent der Bischofsstadt fort 32 (s. u.). Ganz vereinzelt finden sich Belege für weibliche Inklusen bzw. Religiosen außerhalb der bestehenden Institution für die Zeit seit ca. 1185 33. Im nördlichen Vorstadtbereich lag die in einem ausgedehnten spätrömischen Gräberfeld befindliche Kirche St. Amandus34. Sie ist erstmals in einem Königsdiplom 1007 bezeugt und trägt als Titelheiligen den Wormser Bischof Amandus aus der ersten Hälfte des

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7. Jahrhunderts, dessen Identität nicht eindeutig geklärt ist (ecclesiam sitam in suburbio35). Die Kirche wird dabei dem Wormser Dompropst übertragen. Die nächste Erwähnung findet sich um 1130 in der »Vita Eckenberti« (in suburbio Wormatiensi)36, wobei die Nennung auf die Existenz einer recht bedeutenden Kirche schließen lässt, denn das Gotteshaus war demnach das Vorbild für die Klosterkirche von Frankenthal. Im Jahr 1234 hat der Dompropst das Patronatsrecht unter anderem an St. Amandus für die Dompropstei bestätigt37. Die erst 1956 abgebrochenen Reste enthielten in die Burchardzeit zurückführbare romanische Bauteile, darunter eine Krypta. Als weitere Institution (unbekannter Verfassung) ist die bei Worms (ca. drei Kilometer westlich der Stadt) gelegene Bergkirche St. Peter/Hochheim (vgl. Abb. 88, S. 752) zu nennen, bei der sich eine bemerkenswerte burchardzeitliche Krypta erhalten hat (Tafel 22a). Möglicherweise handelt es sich dabei um eine in der Vita Burchards beschriebene, von ihm als Rückzugsort errichtete kleine klosterartige Anlage (»oratorium«), über die aus schriftlichen Quellen nichts Sicheres belegt ist38. Die Zeit Bischof Burchards hat die Infrastruktur, die geistliche Ausstattung und die gesamte Stadtentwicklung nachhaltig verändert und Worms zu der Stadt gemacht, die es in mancherlei Hinsicht bis heute geblieben ist. In beispielloser Weise hat es im ersten Viertel einen alles ergreifenden urbanen, baulichen und religiös-geistlichen Aufschwung gegeben, eine Phase des Aufbruchs und tiefer Veränderungen (vgl. Karte 8 S. 141). Auf die enormen Anstrengungen und die Anspannung aller Kräfte zum Ausbau der geistlichen Infrastruktur folgte im weiteren 11. Jahrhundert eine ruhigere Konsolidierungsphase, die punktuell Probleme erkennen lässt, das Erreichte materiell zu halten und abzusichern. Allenfalls im Dombereich kam es zwischen 1025 und dem Beginn des 12. Jahrhunderts immer wieder zu Kapellen- und Altarstiftungen, durch die die Dichte an sakraler Ausstattung dieses Zentrums von Stadt und Bistum weiter erhöht wurde. Hier kam es mit der »Verfassungsurkunde« Bischof Adalgers für das Domkapitel von 1044 auch zu wichtigen Festlegungen für dessen Ordnung und Rekrutierung39. Neben Altarstiftungen der Zeit um 1033/34 (salische Stiftung eines Heilig-Kreuz-Altars am Familiengrab; bischöfliche Stiftungen eines den römischen Märtyrerheiligen Hippolyt und Nikomedes sowie den Heiligen Mauritius und Kilian geweihten Altars bzw. einer Kilianskapelle) sind vor allem die Stiftungen der Stephans- und der Nikolauskapelle 1055 bzw. 1058 von Interesse. 1055 wurde vom Bischof laut einer Inschrift eine Stephanskapelle (Palastkapelle) geweiht und mit Reliquien ausgestattet. Die Kapelle befand sich nördlich des Doms – angebaut an den Bischofshof – und besaß vermutlich einen Vorgängerbau. Die auch für das Rechts- und Verfassungsleben wichtige Kirche ist 1216 erstmals urkundlich genannt40. Drei Jahre später – 1058 – kam es zur Errichtung und Weihe sowie wiederum zur Reliquienausstattung einer an die Dom-Südseite angebauten Nikolauskapelle, die zum Ausgangspunkt für die beginnende Verehrung des Heiligen im Rheinland werden sollte und die – in gotischer Erweiterung – bis heute besteht. Die über die Weihe angefertigte Inschrift ist erhalten (Abb. 84 S. 741)41. Im Mai 1163 erfolgten im Zuge des Neubaus der Kathedralkirche und auch des Nikolaus-Kapellenanbaus Reliquienschenkungen durch Kaiser Friedrich I. und die Gründung einer Art von vermutlich mit dem Dombau zusammenhängenden Bruderschaft im Gefolge von Wunderereignissen. Die Verbindung zwischen dem heiligen Niko-

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laus und seinem Wirken zugeschriebenen Wundern an der Kapelle blieb eine feste Tradition der Wormser Domkirche, die sich auch in einem nur hier fassbaren zusätzlichen Heiligentag (26. 5.) manifestiert. Eine Notiz über die Domweihe auf Bitten und in Anwesenheit Kaiser Heinrichs V. vom Jahr 1110 gibt einen Eindruck von der ganz erheblichen Zahl von Reliquien, über welche die Wormser Domkirche spätestens im Zuge dieser vermutlich mit einer Altarweihe zusammenhängenden kultischen Handlung verfügt hat42. Seit 1125/30 begann der mit der Gesamtweihe (samt Reliquientranslation innerhalb der Kirche) am 2. Mai 1181 abgeschlossene, auf den Fundamenten des Burchard-Doms erfolgte Neubau der Kathedralkirche. Die Errichtung des Doms verdankte sich in starkem Maße laikalem Engagement, wovon das Juliana-Relief (siehe Abb. 13 S. 154) bis heute Zeugnis ablegt. Der Neubau ist auf das Engste mit der Verfassungsentwicklung der Stadt und dem Fortschreiten der gleichzeitigen Stadtgemeindebildung bis um 1180 verbunden bzw. steht mit dieser Entwicklung in enger Wechselwirkung 43. Im Wesentlichen in drei Schritten war der Kirchenbau vollendet worden; er nahm ab 1160 alle Kräfte vollkommen in Anspruch, auch und gerade die der häufig im Reichsdienst gebundenen, ab dieser Zeit allerdings stärker auf Worms konzentrierten Bischöfe. Über die Entwicklung der Stifte als wesentliche Fundamente der Stadtqualität sowie der in das Bistum hineinragenden geistlichen Infrastruktur der Stadt sind wir für das 11. und 12. Jahrhundert höchst unterschiedlich und insgesamt nur unbefriedigend informiert. Eine Neuordnung der Besitzverhältnisse erfolgte 1068 für das Andreasstift durch Bischof Adalbert 44. Die Quelle lässt erahnen, wie schwierig die Absicherung bzw. Aufrechterhaltung des bis 1025 geschaffenen hohen Standes an Infrastruktur war. Die Wormser Stifte übernahmen in der Zeit längerer Vakanz des Bischofsstuhls um 1100 Ordnungsaufgaben für die gesamte Stadt. Sie trugen zur Absicherung eines geordneten öffentlichen und religiösen Lebens bei und standen in der Zeit König Heinrichs V. (1106–1125) nachweisbar in engen personellen Kontakten zur Reichsspitze 45. Punktuell nachweisbar sind daneben personelle Kontakte zwischen den Kollegiatstiften und der sich entwickelnden bzw. seit ca. 1100/1130 in den Quellen deutlicher hervortretenden bischöflichen Ministerialität. Die entstehende laikale Führungsgruppe der Stadt aus dem Umfeld des Stadtherrn stand in direkten Beziehungen zu den Klerikergemeinschaften. In einer 1139 ausgestellten Urkunde Bischof Buggos für das Paulusstift werden drei dieser Gruppierung zugehörende Brüder als Schenkgeber des Stifts genannt. Die drei hatten eine Mühle im Vorfeld der Stadt gekauft und verschenkt46. Einer von ihnen ist 1127 als bischöflicher Zöllner bezeugt; die drei Personen sind in verschiedenen Zeugenreihen um 1140 als bischöfliche Ministeriale nachweisbar. Dass diese Schenkung zur Sicherung des Seelenheils der Stifter und ihrer Eltern erfolgt ist, wirft ein bezeichnendes Licht auf die Funktionen von St. Paulus für das laikale Gebetsgedenken in der frühen Zeit der Stadtentwicklung und damit auch seine Attraktivität für die wirtschaftlich-politisch aufstrebende Gruppe der Ministerialen. Bemerkenswert erscheint auch der Hinweis auf die erfolgte Neuanpflanzung von Weinbergen, die Licht auf eine wichtige wirtschaftliche Grundlage des Stifts wirft. Nachzuweisen sind zeitgleich sehr enge Beziehungen zwischen dieser bischöflichen Ministerialität und den vor allem südwestdeutschen Reformklöstern der Zeit nach 1100 sowie zur Regularkanonikerbewegung, die sich am eindrucks-

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vollsten in der von Worms ausgehenden, durch den Ritter und Wormser Bürger Eckenbert betriebenen Gründung des Chorherrenstifts Frankenthal 1119/25 zeigt47. Bischof Buggo unternahm 1140/41 erhebliche Anstrengungen zur Hebung der offenbar angespannten wirtschaftlichen Verhältnisse in allen Wormser Stiften48. Dies lässt sich am besten für St. Andreas nachweisen, für das sich in besonderer Weise eine äußerst enge Verschränkung mit der Stadt und vor allem dem Stiftsbezirk im Südwesten der Stadt nachvollziehen lässt49. In einer Reihe von Urkunden suchte Buggo die ökonomischen Rahmenbedingungen des Stiftslebens zu verbessern und bediente sich dabei in starkem Maße der aufstrebenden ministerialischen Schicht aus seinem direkten personellen Umfeld. Von diesen ökonomisch und politisch gleichermaßen potenten Kreisen begünstigte Bemühungen um die Sicherung und den Ausbau der materiellen Grundlagen sind in den Jahren 1140 und 1141 für St. Andreas50 und das seinerzeit unter Bischof Burchard neu begründete Frauenstift Nonnenmünster anhand einer Reihe von Urkunden zu beobachten51. Gerade Buggos Leistungen für die Wormser Domkirche müssen sehr hoch eingeschätzt werden: Neben dem begonnenen Domneubau und den Reformbemühungen in seinen Stiften (1140/41) setzte er mit der 1142 erfolgenden Gründung des Zisterzienserklosters Schönau (unweit Heidelberg) einen klaren geistlichen wie territorialpolitischen Akzent52. Zudem initiierte er die Anlage des ältesten erhaltenen Kopialbuches der Domkirche. Für die frühstaufische Zeit unter König bzw. Kaiser Friedrich I. und Heinrich VI. sind eine äußerst enge personelle Verflechtung der Wormser Stifte mit führenden königsnahen Adelskreisen und direkte Beziehungen zum engen persönlichen Herrscherumfeld nachweisbar53. Nach dem Abschluss des Dombaus 1181 (Tafel 6, 17–19, Abb. 15 S. 162; Abb. 85 S. 742) setzten auch in den Stiften verstärkte Bemühungen um Um- und Neubauten ein, die sich bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts erstreckt haben54. Mit am besten können wir Aspekte der Stiftsentwicklung für St. Andreas nachvollziehen. Nach einer Phase des unter anderem durch Missernten und kriegerische Ereignisse verursachten wirtschaftlichen Rückgangs wurden hier ab 1180 durch Umnutzung von Präbendeneinnahmen finanzierte Neubauten der Kirche und der Kreuzgangswestflügel nach dem Vorbild des gerade fertig gestellten Doms errichtet. Eine Urkunde aus den Jahren um 1200 nennt als Personal den Dekan, Schulmeister, Kantor, Zellerar und Pförtner des Stifts 55. Langfristig von großem Gewicht ist das um 1190 nachweisbar begonnene starke Engagement der aufblühenden Klöster der Reformorden innerhalb der Stadt, wobei hier vor allem die außerordentlich starke Position der beiden Zisterzienserklöster Schönau und Otterberg in Worms hervorzuheben ist. Beide Zisterzen erwarben rasch umfangreiche Liegenschaften, bauten ihr ökonomisches Engagement in Worms stetig aus, blieben hier bis in die Neuzeit äußerst engagiert und standen in engster personeller Bindung an städtische Familien56. Das 12. Jahrhundert brachte mit dem Ausbau der Stadt und der Zunahme der Bevölkerung auch eine Verdichtung des sich allmählich räumlich fixierenden Systems der vier innerstädtischen Pfarreien, deren genaues Alter lange Zeit umstritten war. In der einschlägigen Literatur ist man seit Heinrich Boos bis vor kurzem davon ausgegangen, dass Bischof Burchard selbst als Urheber einer räumlichen Festlegung im Sinne einer Zuweisung von Stadtvierteln auf die Pfarreien namhaft gemacht werden kann; dies wird jedoch

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inzwischen mit guten Gründen bezweifelt. Die Klärung der Frage der Zuweisung von Stiften und Pfarreien und deren räumliche Fixierung wird für eine der ältesten Pfarreien, St. Rupertus, durch Urkundenfälschungen aus dem Umfeld des Paulusstifts, dem die Kirche zugewiesen war, erschwert57. Eine angebliche, jedoch unechte und wohl um 1140 angefertigte Urkunde Burchards für St. Paulus vom 29. Juni 1016 behauptet die ausdrückliche Zuschreibung der »vierten Pfarrei der Stadt« an St. Paulus samt den Rechten auf Taufe, Bestattung und Seelsorge. Auf der bischöflichen Synode am 3. April 1140 wurde eine Urkunde ausgestellt, in der Buggo unter vorgeblichem Bezug auf St. Paulus betreffende Verfügungen seiner Vorfahren Burchard und Arnold (1044 –1056) diese Rechte bestätigt hat58. Es ging dabei um die Vermehrung der Einkünfte von St. Paulus, zwecks derer die direkt nördlich dem Stift benachbart liegende, hier erstmals genannte Kirche St. Rupertus (ecclesiam sancti Ruoberti) dem Stiftskustos übertragen und damit ein angeblich älterer Zustand bestätigt wurde. In diesem Zusammenhang werden die aufgelisteten Rechte an der Seelsorge behandelt59. Die Kirche ist das einzige einem als heilig verehrten Wormser Bischof geweihte Gotteshaus innerhalb der ummauerten Stadt (vgl. im Suburbium die Kirche St. Amandus). Eine Bischofsurkunde von angeblich 1080 mit der Festlegung der Pfarreigrenzen von St. Paulus, bei der es sich unzweifelhaft um eine Fälschung des 12. Jahrhunderts handelt60, weist allgemein auf die bereits früher erfolgte Einteilung der Stadt in vier Pfarrbezirke (quatuor … parochias) hin. Im Anschluss werden die Pfarreigrenzen festgelegt: Vom Martinstor verlaufen diese bis zur Judenpforte, sodann an der Rheinseite bis zur Brotpforte und von dort diese entlang bis zu einem bestimmten Haus; dann weiter durch die die Stadt in der Mitte teilende Straße (die heutige Römer- und Friedrichstraße) zurück bis zum Martinstor. Alle in diesem Bezirk wohnenden Personen haben sich in der Seelsorge an den Kustos von St. Paul und den von ihm einzusetzenden »prespiter« zu wenden. Im Zusammenhang der Umschreibung der Stiftsimmunität wird dann auch ein Friedhof erwähnt. Es muss demnach in den Jahren um und auch noch nach 1140 Konflikte und Probleme um die Frage der Seelsorge im Bereich des Paulusstifts gegeben haben. Eine ausdrückliche Regelung der zu Beginn der 1190er Jahre zwischen dem Stiftspropst und dem Kustos von St. Paulus umstrittenen Verfügung über das Patronatsrecht (de iure patronatus ecclesie sancti Ruberti in Wormatia) erfolgte im April 119461 durch den vermittelnden Mainzer Erzbischof und Legaten Konrad. Bei dem Rechtsakt waren eine große Zahl von Geistlichen aller Wormser Stifte und namhafte Laien zugegen, darunter Angehörige der städtischen Führungsschicht. Das hohe Maß der Beteiligung dieser Kreise an den damit verbundenen Fragen der Pfarreirechte verdeutlicht ein Blick in die Urkunde des Jahres 1197, in der Bischof Lupold die Schenkung des Patronatsrechts durch den Stiftskustos 1194 beurkundet hat 62. Hintergrund für diese 1239 noch einmal bekräftigte Maßnahme, die in vergleichbarer Weise 1210/13 für das dem Martinsstift zugeordnete St. Lampert zu beobachten ist63, ist vielleicht der Wechsel im Amt des Propstes. Bemerkenswert ist 1197 die Begründung für die Maßnahme bzw. die Situationsbeschreibung des Stifts. Einstmals festgelegte Einkünfte, wie sie zum Nutzen der Kirche fixiert worden wären, seien durch die Hände von Laien, insbesondere von Ministerialen, den Kirchen entfremdet worden. Durch verschiedene Überschwemmungen des Rheins und durch Gü-

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terverschleuderung sei den Kanonikern weiterer Schaden entstanden, weswegen sie den Kustos um die Übertragung des Patronatsrechts an diese gebeten hätten. Zur Sicherung des bischöflichen Seelenheils und dem des als Schenkgeber genannten Kustos hat dieser dann das Patronatsrecht (ius patronatus ecclesie beati Ruoperti in Wormatia) dem Stift abgetreten, das von nun an einen »sacerdos« für die Seelsorge bestellen soll. Die Urkunde wurde in publica sinodo Wormatiensi ausgestellt und mit den Namen von 38 Geistlichen und 20 führenden Familien angehörenden Laien bezeugt. Die Pfarrei St. Rupert, die seit der Stiftsgründung von St. Paulus im frühen 11. Jahrhundert schon topografisch und ab 1200 auch endgültig institutionell mit diesem verflochten war, umfasste einen wichtigen, den nordöstlichen Teil der Stadt. Dazu gehörten ein großer Teil der Rheinseite, das Judenviertel und gewerbliche Verdichtungszonen. Mit den Ausbaumaßnahmen der Stadt nach Osten hin bis gegen 1200 erhielt der seit spätestens zwei Generationen festgefügte Bezirk seine abschließende Prägung. In diesem Jahr lässt sich der erste Pfarrer von St. Rupert belegen (plebanus sancti Roberti 64). In dieser Urkunde findet sich zugleich die erste Nennung eines Pfarrers der bis dahin noch nicht quellenmäßig greifbaren Johanneskirche am Dom (magister Heinricus plebanus sancti Johannis). Erst einige Jahre später lassen sich dann St. Lampert (1210/13) und St. Magnus (1227) ausdrücklich als Pfarrkirchen belegen65. Es scheint, als habe erst die Stadtentwicklung während der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts zu einer wirklichen Verfestigung pfarreilicher Strukturen und Bezirke geführt66, wobei die 1140/41 erfolgende Ersterwähnung der (späteren) Pfarrkirchen St. Rupert und St. Magnus67 sowie der vermutlich sehr alten basilica St. Michael im südwestlichen Vorstadtgebiet68 (später Pfarreisitz) als ecclesiae keine Aussagen über ihren Charakter als Pfarrkirchen zulässt. Erst in den Jahren um 1200 können wir einen vorläufigen Abschluss der Herausbildung der vier innerstädtischen Pfarreien beobachten, als in den Pfarreibezirken St. Rupert, St. Johannes69 und St. Lambert70 erstmals namentlich Plebane genannt werden. Bis zum Jahr 1200 werden neben den genannten Institutionen (ohne Dombezirk, s. u.) noch die Kapellen St. Kilian, St. Margarethe, St. Silvester, St. Sixtus (infra muros) und St. Stephan/Gottesacker (nördlicher Vorstadtbezirk) genannt, deren genaues Alter nur in Einzelfällen belegt ist, die jedoch eine weitere Verdichtung der geistlichen Infrastruktur anzeigen71. Im Vorstadtbereich sind bis zu diesem Zeitpunkt zwar eine Reihe von Kirchen und Kapellen nachweisbar, jedoch ist hier erst ab 1200 eine ausdrückliche Pfarreiinfrastruktur nachzuweisen.

Das Domkapitel, die geistliche Gerichtsbarkeit und die Stifte von ca. 1200 bis zur Reformation Zu den bedauerlichsten Forschungslücken für die mittelalterliche Geschichte der Stadt gehört das Fehlen einer monografischen Gesamtdarstellung zum Wormser Domkapitel, eine seit langem bedauerte »terra incognita des stiftischen Deutschland« 72. Die Quellenlage ist für diese zentrale Institution vergleichsweise unbefriedigend; der lückenhafte Rest der erhaltenen Protokolle setzt beispielsweise erst 1544 ein 73.

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Im Jahr 1270 hatten am Domstift noch 50 Präbenden bestanden, die Zahl ging bis 1291 auf 44 zurück. Dabei war die tatsächliche Kanonikerzahl noch niedriger. 1475 werden noch 43 bestehende und sieben verteilte Präbenden genannt, wobei nur 35 Kanoniker vorhanden waren. Im Vergleich mit den Nachbarstiften stand Worms damit zwischen dem reicheren Mainz und dem etwas schwächeren Speyer. Die Zusammensetzung des Kapitels hatte ihren Schwerpunkt im Ritteradel, der mit führenden städtischen Familien verwandt war, allerdings schloss das Kapitel durch einen Beschluss vom Jahr 1281 die Aufnahme von bürgerlichen Mitgliedern (die es zuvor demnach gegeben haben muss) aus bzw. knüpfte diese an die Erfüllung strenger Kriterien74. Diese der Eindämmung stadtbürgerlicher Einflussnahme auf die Kapitelspolitik dienende Festlegung ist vor dem Hintergrund des seit der Zeit um 1230 verschärften Konflikts mit der Bürgerschaft zu sehen, der auch den Ausschlag für die ab 1260 fassbaren Vereinigungen der Stifte zu gemeinschaftlicher Abwehr von Angriffen durch Laien gegeben hat, an deren Spitze die Domherren standen (s. u.). Bislang wenig ist bekannt über die Zusammensetzung der im Kapitel vorzufindenden Personenverbände und Verwandtschaftsnetze. Beschrieben wurde der große Einfluss der Raugrafen in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, welche sich auch in der Besetzung des Bischofsstuhls über längere Zeiträume nachweisen lässt. Ausdruck dieser hervorgehobenen Stellung der Familie sind daneben weitere Pfründen in den übrigen Wormser Stiften. Das Domkapitel trat spätestens seit der Rachtung von 1233 selbstständig als Element im Gefüge der Stadtherrschaft und dabei als stets besonders hartnäckiger Verfechter der geistlichen Sonderrechte hervor, während die Bischöfe häufig eine eher vermittelnde Position eingenommen haben. Das Domkapitel war einer der Träger der um 1290/1300 erfolgten aufwändigen gotischen Neugestaltung des Dom-Südportals nach Straßburger Vorbild und mit einem im Bildprogramm besonders deutlich werdenden Schwerpunkt auf der Marienverehrung75 (Tafel 9). Wie sehr das Domkapitel während des späten Mittelalters unter den beherrschenden Einfluss der Pfalzgrafschaft und ihrer Herrscher geraten ist, lässt sich zurzeit erst erahnen; der Faktor Kurpfalz und die allmählich immer dramatischer werdende Abhängigkeit vom großen Nachbarn und dem in ihr dominierenden personellen Gefüge um den Landesherrn herum spielt – wie insgesamt in der Stadtentwicklung seit der Mitte des 14. Jahrhunderts – jedenfalls ohne Zweifel eine außerordentlich dominierende Rolle 76. Enge Verbindungen wurden als Ergebnis dieser Nähe auch geknüpft zwischen der Universität Heidelberg und dem Domkapitel, da das Kanzleramt an der 1384/85 neu geschaffenen Hochschule mit der Würde des Wormser Dompropstes verbunden wurde 77. Eine punktuelle Untersuchung liegt vor für die Zusammensetzung des Kapitels während der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts 78. Um 1500 betrug nach Aussage der Erhebungslisten für den Gemeinen Pfennig 79 der Personalbestand des Domkapitels 30 Personen; diese entstammten großenteils dem regionalen Niederadel. Das Register verzeichnet zudem 40 Vikare. Das 1496 von Bischof Johann von Dalberg angelegte »Synodale« lässt die wirtschaftliche Situation des Diözesanklerus als insgesamt recht positiv erscheinen80. Einen Sonderfall stellt die vergleichsweise sehr späte Gründung des Liebfrauenstifts im nördlichen Vorstadtgebiet inmitten von Weinbergen durch den Wormser Bischof Emicho im Jahr 1298 dar, mit der eine bestehende Marienkapelle unbekannten Alters zum

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fünften Wormser Stift erhoben wurde (vgl. Tafeln 10, 24a). Es war stets dasjenige mit der bescheidensten materiellen Ausstattung und ist vor allem wegen seiner bis heute (katholische Pfarrkirche) erhaltenen, um die Mitte des 15. Jahrhunderts vollendeten gotischen Kirche von Bedeutung81, welche Zeugnis von der intensivierten Marienverehrung ablegt, wie sie auch am gleichzeitigen Bildprogramm des Dom-Südportals beobachtet werden kann. Dem Stift wurde mit dem benachbarten St. Amandus 1308/18 ein eigener Pfarreibezirk zugewiesen. Für die Stiftsgeschichte wurde die seit dem 15. Jahrhundert besonders enge Verflechtung mit dem Stadtrat und den Wormser Zünften von Belang. Diese enge Symbiose beider Seiten drückt sich vor allem in den rats- bzw. stadtoffiziellen Prozessionen zu der um 1500 bezeugten Marienstatue, der Teilhabe der als Stifter auftretenden

Abb. 80: Urkunde mit den Siegeln der Wormser Stifte und der Stadt, 1249 (StadtA Wo Abt. 1 A II Nr. 13a)

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Zünfte am Bau der aufwändig dimensionierten Kirche (Anbringung von Zunftwappen als Schlusssteine der Seitenschiffgewölbe), der Rolle des Rates als Kirchenpfleger bzw. Baumeister sowie in einer Reihe von Rentenkäufen durch die Stadt zur Deckung ihres stets beträchtlichen Kreditbedarfs aus. Das Stift trat spätestens seit der Mitte des 15. Jahrhunderts in sehr enge finanziell-organisatorische und personelle Bindungen an den die Finanzaufsicht und Wirtschaftsführung übernehmenden Rat und stand in besonderen Beziehungen zur Stadt, ein Band, das auch noch über den erbittert kommentierten Auszug des Klerus ab 1499 hinaus zum Teil Bestand hatte. Die Stadt beanspruchte auch nach der Rückkehr der Kanoniker im Jahr 1509 ein Mitspracherecht in Fragen der stiftischen Wirtschaftsführung und einen Zugriff auf die Kirchenfabrik, wie dies unter anderem ein 1519 geführter Rechtsstreit zwischen beiden Seiten deutlich macht. Die maßgebliche Beteiligung der Stadt am Bau gehörte zu den wesentlichen Elementen des städtischen Selbstbewusstseins im Hinblick auf die Religionspolitik des Rates und der Bürgerschaft. Die Entwicklung der übrigen vier Wormser Kollegiatstifte während des späten Mittelalters ist höchst unterschiedlich aufgearbeitet. Durch die Festschriften zu ihren Jubiläen ist für Liebfrauen und St. Paulus der Forschungsstand relativ gut; hier liegen auch jeweils neuere Analysen des Mitgliederstandes und der inneren Verhältnisse für die Zeit um 1500 vor82. Noch vertretbar ist der Kenntnisstand für das vorstädtische St. Cyriakus/Neuhausen83, dem – ebenso wie St. Paulus – ein Archidiakonatsbezirk im Bistum unterstellt war. Für St. Andreas fehlt es nach wie vor an einer fundierten neueren Darstellung seiner Geschichte bis zur Reformation. Lediglich für die Zeit um 1500 ist anhand der Daten aus den Erhebungslisten des Gemeinen Pfennigs (1496) ein Querschnitt durch die finanziellen und personellen Gegebenheiten für alle Stifte der Stadt möglich84. Demnach bestanden an St. Paulus 17 Kanonikate und 25 Vikariate, an St. Cyriakus 24 und 10, an St. Andreas 16 und 15, an St. Martin 10 und 18 und an Liebfrauen 11 und 11. Die Erhebungslisten verzeichnen insgesamt 228 Weltgeistliche bei insgesamt ca. 300 Pfründen, wobei die Differenz durch verbreitete Pfründenkumulation zu Stande gekommen ist. Wichtig für die Position der Stifte innerhalb der Stadt sind die seit der Mitte des 13. Jahrhunderts (erstmals 1260) unter der Führung des Domkapitels bezeugten Zusammenschlüsse der Klerikergemeinschaften zur Abwehr äußerer Bedrängungen und zur Wahrung ihrer Rechte und Privilegien gegenüber der Stadt, dem Rat und den Bischöfen 85. Die Urkunde sollte jährlich an einem festen Termin in den Stiften verlesen werden. Hinsichtlich der Frage nach den verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Stiftsklerus und Stadtbevölkerung liegt für St. Paulus eine jüngere Untersuchung vor, die einige Verbindungen für die Zeit um 1500 sehr wahrscheinlich gemacht hat 86. Selbst in der Zeit schwerster Konflikte zwischen Stiftsgeistlichkeit und Stadt in den Jahren nach 1483 haben stetige soziale Kontakte zwischen den einander gegenüberstehenden Gruppierungen bestanden. Eine Urkunde mit den Namen aller amtierenden Funktionsträger des Stifts von 1343 lässt Beziehungen in die städtische Führungsschicht bzw. zu ganz bestimmten, mit dem Stift über längere Zeiträume eng verflochtenen Familien erkennen, die eine gezielte familiäre Pfründenpolitik betrieben haben. Bei den Konflikten zwischen Klerus und Stadt nahmen die mit den bürgerlichen Familien verbundenen Kleriker des Stifts etwa in den Jahren 1405/05, als der Klerus aus der Stadt auszog, eine eher vermittelnde

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Position und Funktion ein, da ihnen an der weiteren Zuspitzung der Streitigkeiten nicht gelegen war. Seit dem späten 14. Jahrhundert spielt dann die Kurpfalz auch in den Stiften als Machtfaktor eine Rolle: So fungierte nicht nur St. Paulus seit dieser Zeit in starkem Maß als Versorgungsinstitution für Personen aus dem Umfeld der Pfalzgrafschaft, was langfristig zu einer sozialen Isolierung von den bisher tragenden Schichten und Gruppen führte und mit einer Abwendung des Personals von seinem es umgebenden städtischen Umfeld einherging. Der Verdrängung von Familien aus der Wormser Bürgerschaft hat dabei wohl mehr als nur wirtschaftliche Folgen gezeitigt und den Boden für die immer weiter fortschreitende Entfremdung des Stiftsklerus von der Stadt bereitet, die schließlich in der fatalen Fehlentscheidung des Auszugs aus der Stadt 1499 ihren dramatischen Höhepunkt erreichte87. Im Bereich des von den Stiften mitgetragenen geistlichen Gerichtswesens88 zeigt eine Übersicht über die Tätigkeit der geistlichen Gerichte im Bereich der niederen Gerichtsbarkeit, dass insgesamt 1 200 Urkunden von fünf Wormser Gerichten erhalten sind (Weltliches Gericht, geistliches Gericht des bischöflichen Hofes, Offizialgericht des bischöflichen Hofes, Offizialgericht des Dompropstes, Offizialgericht des Propstes von St. Paul). Etwa drei Viertel der Beurkundungen wurden von den vier geistlichen Gerichten vorgenommen; die Urkundenproduktion des weltlichen Gerichts setzte erst im späteren 14. Jahrhundert ein (ab um 1400 neues Gerichtssiegel), hielt aber – im Gegensatz zu den

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kirchlichen Gerichten – bis in das 17./18. Jahrhundert an. Bis ca. 1300 hatte das Geistliche Gericht des bischöflichen Hofes die Gerichtsbarkeit fast völlig dominiert, wobei die jurisdiktionelle Tätigkeit der im Stadtgebiet tätigen Niedergerichte sehr stark von den jeweiligen Verfassungsverhältnissen abhing. Das geistliche Gericht, das in den Quellen zunächst als iudices Wormatienses bezeichnet wird, trat erstmals 1243 entgegen und entfaltete dann eine starke Tätigkeit; ein bischöflicher Offizial ist in Worms erstmals 1261 quellenmäßig bezeugt 89. Von großer Bedeutung ist die Rolle der Stifte für das vorreformatorische Bildungswesen, in dem die 1307 einer Reform unterzogenen Stiftsschulen nahezu eine Art Monopol innehatten90.

Frauenklöster, Bettelorden, Beginen und neue religiöse Gemeinschaften des 13. Jahrhunderts Die im 11. Jahrhundert einsetzende und sich im 12. Jahrhundert fortsetzende Vermehrung der religiösen Orden91 hat im Wormser Raum zu mehreren Neugründungen von Klöstern geführt. Im Rahmen dieser auch weite Laienkreise erfassenden hochmittelalterlichen Reformbewegung waren im Wormser Bistum etwa die regulierten Chorherrenstifte Frankenthal (1119) und Höningen (ca. 1120), eine Gründung des Leininger Grafenpaares, sowie das Zisterzienserkloster Schönau (1142) gegründet worden 92. Diese beiden Reformströmungen in ihrer kanonikalen wie mönchischen Ausprägung erwiesen sich auch als Träger des religiösen Neuaufbruchs im weiteren Raum des bischöflichen Sprengels, wozu auch die prämonstratensischen Gründungen im Westen des Bistums, in Kaiserslautern und Enkenbach, zu zählen sind93. Gerade die Chorherren und die Prämonstratenser (aber auch die Reformbenediktiner) haben den Zuzug weiblicher Religiosen durch die anfängliche Installierung von Doppelklöstern sowie durch die Gründung und Betreuung von Frauenklöstern gefördert 94. Auf diese Weise ist bereits 1125 in Frankenthal neben dem Konvent der Männer eine Frauengemeinschaft nachzuweisen (»Kleinfrankenthal«), die bis in das 15. Jahrhundert hinein existierte; auch Höningen könnte in seiner Frühzeit zusammen mit dem benachbarten Frauenkloster Hertlingshausen, das allerdings erstmals 1212 quellenmäßig in Erscheinung tritt, eine Doppelkommunität gebildet haben 95. Auch Enkenbach könnte als Doppelkloster anzusprechen sein. Ganz im Gegensatz dazu hielt der seit den ersten Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts aufblühende Zisterzienserorden lange Zeit eine merkliche Distanz zu Frauen, was zu einem stark verzögerten Wachstum des weiblichen Ordenszweigs führte, der später freilich gerade im deutschen Sprachraum die Zahl der Männerklöster weit übertreffen sollte 96. Überblickt man die Gesamtentwicklung im 12. Jahrhundert, ist der Zuwachs an Frauenkonventen in der Diözese Worms, wo zuvor (abgesehen von Nonnenmünster) kein einziger Frauenkonvent existiert hatte, immer noch als vergleichsweise gering zu beurteilen97. Dieses Bild wandelt sich grundlegend seit den ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts sowohl auf Ebene des Bistums wie der Stadt Worms selbst, wo neben

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den Bettelorden bald auch das weibliche religiöse Leben verschiedener Ausprägung einen beachtlichen Aufschwung nahm98. Zu den Niederlassungen von Ordensgemeinschaften in der Stadt Worms zählten im späten Mittelalter schließlich auch die Wilhelmiten, deren Kloster seit dem Ende des 13. Jahrhunderts nachzuweisen ist, sowie der erstmals 1390 erwähnte Konvent der Alexianer in der Hardtgasse, wozu Häuser der Hospital- und Ritterorden kamen (Heilig-Geist-Orden und Chorherren vom Heiligen Grab; Deutscher Orden und Johanniter). Die insgesamt schlechte archivalische Überlieferung erlaubt freilich kaum Rückschlüsse auf die Entwicklung dieser Institutionen99. Mit den im 13. Jahrhundert aus der religiösen Armutsbewegung hervorgegangenen Bettel- bzw. Mendikantenorden, zu denen im engeren Sinne die Franziskaner, Dominikaner, Augustinereremiten und Karmeliter gerechnet werden, tritt ein neuer Ordenstypus in die abendländische Geschichte ein, der wesentliche Impulse den wirtschaftlich-sozialen Entwicklungen der Zeit und dem starken Anwachsen der Städte verdankte100. Angesichts einer in religiös-seelsorglicher Hinsicht angespannten Situation kamen die ersten Mendikanten-Niederlassungen in Worms (1221 bzw. 1226) zweifellos einem Bedürfnis in weiten Teilen der Stadtbevölkerung entgegen. Diese nahm ihrerseits das seelsorgliche Angebot der Ordensleute an und förderte die entstehenden Klöster. Andererseits sollte die die bestehende Pfarrorganisation übergreifende (personenorientierte) Seelsorge der Klöster schon bald auf den Widerstand von Bischof und Weltklerus stoßen101. Die erste Niederlassung der Franziskaner in Worms datiert aus dem Spätjahr 1221, als die Brüder ein Haus in der Nähe der Nazariuskapelle erwerben konnten; später wurde das Kloster in die Petersgasse verlegt. Die Bedeutung der Wormser Franziskaner für die Ausbreitung ihres Ordens in Deutschland, die nach vorherigen gescheiterten Versuchen erst 1221 glückte, ergibt sich aus der Tatsache, dass bereits 1222 das erste Provinzialkapitel der deutschen Ordensprovinz in Worms stattfinden konnte 102. Im Jahr 1527 wurde der Konvent aufgelöst, an seine Stelle trat die neue städtische Lateinschule. Die Predigerbrüder sind schon wenige Jahre später ebenfalls in Worms nachzuweisen. 1226 erfolgte der Kauf eines Hofes in der Sattlergasse103. Die durch den Wormser Bischof Heinrich über längere Zeit bekämpften Mönche konnten sich allerdings erst 1232/1233 endgültig innerhalb der Stadt niederlassen; eine Übergabe der Kirche auf dem Andreasberg war kurz zuvor noch gescheitert. Die Auseinandersetzungen hatten mit öffentlichen Beschimpfungen und Beeinträchtigungen der Dominikaner (wie der Franziskaner) auf Diözesanebene begonnen, während Bischof Heinrich die Mönche mit kirchlichen Strafen bedrohte; 1229 erfolgte auf bischöflichen Befehl die Exhumierung der Leiche des im Kloster bestatteten Predigerbruders Eberhard von Leiningen, eines Neffen des Bischofs, womit der Streit den Bereich des eigentlich den Pfarrkirchen zustehenden Begräbnisrechts tangierte, mit dem wiederum nicht geringe Einnahmen (»Stolgebühren«) verbunden waren. Ein endgültiger Vergleich zwischen den Konfliktparteien regelte die strittigen seelsorglichen Fragen, darunter das Begräbnisrecht auf dem Klosterfriedhof104. Schon wenige Jahre später (1239) konnte im Wormser Kloster ein Provinzialkapitel des Ordens abgehalten werden, dem bis zum Ende des 14. Jahrhunderts sieben weitere folgten; weitere Kapitel im Wormser Dominikanerkloster, das also auch über die entsprechenden räumlichen Verhältnisse verfügte, fanden 1447 und 1490 sowie mehrfach noch im 16. Jahrhun-

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dert statt 105. Ab 1526 Simultaneum mit den Lutheranern, bestand das Kloster bis zu seiner Aufhebung 1802. Die Beziehungen der städtischen Bevölkerung zu Dominikanern und Franziskanern sind seit der Errichtung der Klöster relativ gut überliefert und werden in Anniversarstiftungen, Schenkungen und anderen Zuwendungen deutlich, wozu auch die Wahl von Klosterfriedhof bzw. Klosterkirche als Grablege kam. Unter den Wohltätern der Dominikaner sind 1299 die Gründer des Dominikanerinnenklosters Maria Himmelskron, Dirolf von Hochheim und dessen Frau Agnes, belegt, während Gudelmann, Schultheiß des Domstifts und eigentlicher Gründer des nach ihm benannten Beginenkonvents, 1288 Anniversare bei Franziskanern und Dominikanern errichten ließ; er wünschte seine Bestattung bei den Minoriten. Das von Elisabeth Brogoren 1288 gestiftete Haus für Beginen sollte bei einem Abgang der Beginen als Jahrtagsstiftung bei den Franziskanern umgewandelt werden 106. Die Dominikaner erhielten im 14. Jahrhundert weitere Jahrtagsstiftungen und Vermächtnisse unter anderem durch Familienmitglieder der Kämmerer von Worms 107. Mit dem Schultheiß des Domstifts Gudelmann, dem Hochheimer Ritter Dirolf und Elisabeth Brogoren sind zugleich wichtige Gründergestalten von Frauenkonventen angesprochen, mit denen wiederum die Wormser Franziskaner und Dominikaner eng verbunden waren. Das Dominikanerkloster betreute beispielsweise die beiden Ende des 13. Jahrhunderts gegründeten Dominikanerinnenklöster Maria Himmelskron und Liebenau und hatte auch die Aufsicht über einige Semireligiosenkonvente in und bei Worms; bis zur Gründung des Speyerer Männerklosters des Ordens (1262) unterstand auch das Dominikanerinnenkloster (St.) Lambrecht (bei Neustadt/Weinstraße) der Aufsicht der Wormser Dominikaner108. Die Franziskaner ihrerseits führten die Aufsicht über mehrere Beginenkonvente, von denen namentlich der Konvent Brogoren, der Gudelmannkonvent und der Konvent zum Lemchen bekannt sind 109. Zu den Klöstern der Franziskaner und Dominikaner in Worms kamen einige Jahrzehnte später Konvente der Augustinereremiten und Karmeliter hinzu, während das in der Nähe der Dominikaner gegründete Kloster der Sackbrüder schon nach kurzer Zeit wieder aufgelöst wurde. Über die Geschichte des 1264/1265 errichteten Klosters der Augustinereremiten in Worms ist nur wenig bekannt. Die 1567 aufgehobene Ansiedlung der Mönche war durch Bischof Eberhard I. gefördert worden, der auch den Bau des Klosters gefördert haben soll und die Klosterkirche weihte 110. Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts bestand (bis 1802) in der nordwestlichen Vorstadt von Worms auch ein Kloster der Karmeliter. Der ursprünglich streng eremitisch ausgerichtete Orden, dessen Anfänge im Palästina der Kreuzzugszeit lagen, hatte sich infolge des Ausweichens aus dem Heiligen Land weitgehend den anderen Bettelorden angeglichen111. Seine Ausbreitung in Westeuropa erreichte bereits im 13. Jahrhundert beachtliche Ausmaße, wobei zunächst oftmals Niederlassungen in den kleineren, von den anderen Bettelorden vernachlässigten Städten erfolgten (im Umfeld von Worms z. B. in Kreuznach, Weinheim und Neuleiningen)112. 1299 erlaubte der Wormser Bischof den Bau des Klosters samt Kirche und Friedhof; er stattete die Brüder bzw. den Orden darüber hinaus mit dem Recht aus, auf Diözesanebene zu predigen und die Beichte abzunehmen113. Der erst um 1250 in Südfrankreich gegründete Orden der Sackbrüder (Fratres de Poeni-

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tentia Jesu Christi), der sich in seinen Konstitutionen den Dominikanern anglich, zählte zu jenen religiösen Gemeinschaften, die auf dem 2. Konzil von Lyon (1274) wieder aufgelöst wurden114. Ein Wormser Konvent der Sackbrüder ist erstmals 1264 nachzuweisen; nur wenige Jahre später ist eine Klage der Dominikaner an den Papst überliefert, nach der sich der Sackbrüderkonvent zu nahe am Dominikanerkloster angesiedelt habe, was einem päpstlichen Privileg von 1265 zuwiderlief 115. Die letzte Erwähnung der Sackbrüder in Worms datiert aus dem Jahr 1283116. Betrachtet man rückblickend die Beziehungen zwischen Bürgerschaft und Mendikantenkonventen im 13. und 14. Jahrhundert, so zeigt sich, dass gerade die Ansiedlung der Minoriten und Dominikaner von der Stadtgemeinde dezidiert gefördert wurde, während im Fall der drei anderen mendikantischen Konvente ein beachtlicher Einfluss des Bischofs bei der Niederlassung in Rechnung zu stellen ist. Dominikaner und Franziskaner opponierten um 1230, als sich die beiden Konvente Angriffen von Bischof und Weltklerus zu erwehren hatten, zusammen mit der Stadtgemeinde gegen den bischöflichen Stadtherrn; der Konflikt der Bürgerschaft mit dem Bischof fand 1233 unter königlicher Vermittlung in der so genannten »Ersten Rachtung« ein vorläufiges Ende. Wenige Jahrzehnte später fungierten Dominikaner wie Franziskaner in den Auseinandersetzungen Bischof Richards mit dem staufisch gesinnten Rat als Vermittler117. Weiter vorangetrieben wurde die Integration der Wormser Bettelordensklöster in die städtische Gemeinde durch das Bürgerrecht, in das die Dominikaner und Franziskaner, aber auch die Augustinereremiten 1385 aufgenommen worden waren. Die Konvente zahlten ein jährliches Schirmgeld in Höhe von zwei Gulden und verpflichteten sich zu einer jährlich nach Fronleichnam zu singenden Messe für die gesamte Stadtgemeinde118. Einzig der den Bischöfen relativ eng verbundene Konvent der Karmeliter blieb vom Bürgerrecht ausgenommen. Neben der Etablierung von Bettelordenskonventen im Worms des 13. Jahrhunderts steht das zeitgleiche Aufblühen des weiblichen religiösen Lebens keineswegs zurück119. Betrachtet man dabei die Klostergründungen, ist zuerst das 1236 erstmals sicher belegte Zisterzienserinnenkloster Kirschgarten zu nennen, eine Gründung des Wormser Bischofs Heinrich und seines Kämmerers Richezo120. Der Kirschgartener Chronik zufolge hatte der Bischof bereits 1226 sorores aliquas in das neue Kloster eingeführt121, das in den Quellen der Anfangszeit auch unter der Bezeichnung »Mariengarten« erscheint. Die anfangs sehr einfachen Klostergebäude waren (samt der hölzernen Klosterkirche) südwestlich der Stadt am Eisbach auf einem Grundstück des Domstifts errichtet worden, wobei in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine Erneuerung bzw. Neuerrichtung von Kloster und Kirche (Weihe 1290) erfolgte122. Kirschgarten ist zwar vermutlich niemals dem Zisterzienserorden inkorporiert worden, doch machen die zahlreichen Papstprivilegien für das Kloster eine Ordenszugehörigkeit wahrscheinlich. Die in der älteren Forschung vermuteten Otterberger Paternitätsrechte gegenüber dem Frauenkloster sind keineswegs durchgängig zu erkennen; wenigstens in den letzten Jahrzehnten der Existenz des Klosters im 15. Jahrhundert amtierte der Abt der rheingauischen Zisterze Eberbach als Vaterabt123. Das Kloster nahm im 13. Jahrhundert einen von zahlreichen Anniversarstiftungen und Schenkungen begleiteten wirtschaftlichen Aufschwung, der wohl teilweise noch im folgenden Jahrhundert anhielt. Hinzu kamen (vor allem in der Frühzeit des Klosters)

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Privilegien und Gunstbezeugungen der Wormser Bischöfe, zahlreiche kaiserliche und königliche Urkunden sowie päpstliche Ablassbriefe und Privilegien124. Die überlieferten Namen der Äbtissinnen und Nonnen des Klosters bieten keine gesicherte Grundlage für Aussagen über die soziale Zusammensetzung des Konvents, doch kann durchaus von einem beachtlichen bürgerlichen Element ausgegangen werden. Die adligen Nonnen entstammten beispielsweise den Familien der Bolandener und Hohenfelser bzw. dem verwandtschaftlichen Umfeld der Grafen von Leiningen 125. Zweifellos unter Beteiligung des Kirschgartener Konvents unternahm gegen Ende des 13. Jahrhunderts Gräfin Agnes von Nassau, deren Schwester als Äbtissin in Kirschgarten amtierte, den (vergeblichen) Versuch, in dem Worms benachbarten Abenheim ein Frauenkloster zu errichten126. Nicht viel besser ist es um die Quellenlage zu einem vom 12. bis frühen 14. Jahrhundert erwähnten Frauenkloster in Mühlheim bei Osthofen bestellt, das unter dem Einfluss des Reformstifts Frankenthal gegründet worden sein dürfte, doch bleibt die Ordenszugehörigkeit (Augustiner-Chorfrauen bzw. Zisterzienserinnen?) unklar 127. Unzweifelhaft dem Zisterzienserorden gehörte mit Nonnenmünster das älteste Wormser Frauenkloster an. Die im Jahr 1236 erfolgte Umwandlung des Klosters bzw. Stifts in ein Zisterzienserinnenkloster durch Bischof Landolf musste gegen erheblichen Widerstand der Nonnen durchgesetzt werden, die in den Quellen teils (abwertend) als »Säkularkanonissen«, teils als »domine nigre« bezeichnet werden 128. 1242 belehnte der Bischof die Wormser Stadtgemeinde mit der Vogtei über Nonnenmünster – eine der frühesten Gesamtbelehnungen einer deutschen Stadt im Mittelalter 129. Obwohl 1244 das Generalkapitel des Zisterzienserordens die Visitation des Klosters und dessen Unterstellung unter Eberbach befohlen hatte, scheint sich die endgültige Inkorporation allerdings noch einige Jahrzehnte (bis 1302) hingezogen zu haben, wobei Nonnenmünster schließlich als der Primarabtei Clairvaux unmittelbar unterstelltes Kloster galt 130. Die Äbte von Clairvaux delegierten ihre Paternitätsrechte in der Folge zeitweilig auf Himmerod und dann dauerhaft an Eberbach im Rheingau, das seine Aufsichtsrechte in der Mitte des 15. Jahrhunderts gegenüber der pfälzischen Zisterze Maulbronn erfolgreich verteidigen konnte 131. Wichtige Quellen zur Betreuung von Zisterzienserinnenklöstern durch Himmerod und Eberbach stellen ein Himmeroder Formelbuch aus dem späten 14. Jahrhundert und der Eberbacher »Liber computationum« (um 1500) dar, in denen auch Nonnenmünster mehrfach erwähnt wird132. Ähnlich wie in Kirschgarten ist auch für Nonnenmünster, was die Zusammensetzung des Konvents betrifft, keine ausgeprägte adlige Exklusivität festzustellen 133. Ein Schwerpunkt des Besitzes der Zisterzienserinnen lag in Littersheim (nördlich von Bobenheim, heute Gde. Bobenheim-Roxheim), wo schon früh ein Klosterhof erwähnt wird. Die Dorfherrschaft über Littersheim ging gegen Ende des 13. Jahrhunderts kaufweise an Nonnenmünster über. Der zu einer großen Grangie ausgebaute dortige Wirtschaftshof umfasste noch zur Zeit der Aufhebung des Klosters um 1800 ca. 190 ha Ackerland 134. Dem Absatz der Klosterproduktion in der Stadt Worms dienten Höfe, von denen auch Nonnenmünster im späten Mittelalter zumindest einen besaß 135. Aus der Bußbewegung des frühen 13. Jahrhunderts hervorgegangen war der Orden der Reuerinnen (Magdalenerinnen), der seine Entstehung den Predigten des Hildeshei-

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mer Kanonikers Rudolf von Worms († 1234) am Mittelrhein verdankte. 1232 übernahmen die Reuerinnen die Augustinerregel mitsamt den Dominikanerinnenkonstitutionen von San Sisto in Rom, doch erlitt der Orden, der unter der Leitung eines Generalpropstes stand, noch im 13. Jahrhundert erhebliche Verluste an Konventen, wodurch auch der innere Ordenszusammenhalt weiter schwand136. Ein weiterer Rückgang trat insbesondere durch die Reformation und die Klosteraufhebungen um 1800 ein. Gemeinhin gilt der Wormser Konvent als Ausgangspunkt des Reuerinnenordens. Den schon einige Zeit zuvor in Worms erwähnten Reuerinnen war 1243 der Besitz ihrer Klosterkirche auf dem Andreasberg bestätigt worden; 1255 erhielt das Kloster eine Schutzurkunde König Wilhelms137. Ähnlich wie andere Klöster der Reuerinnen, die zeitweilig bzw. ganz dem Orden entfremdet wurden (das Speyerer Reuerinnenkloster z. B. war 1304 an die Dominikaner gekommen138), stand auch das Wormser Frauenkloster wenigstens gegen Ende des 14. und zu Beginn des 15. Jahrhunderts unter der Aufsicht der Dominikaner, die jedoch nach einer erfolgreichen Klosterreform (1479) wieder abgeschüttelt werden konnte. Erst zwei Jahrhunderte später steigerte sich der dominikanische Einfluss erneut, ohne dass es freilich bis zur Auflösung des Reuerinnenklosters (1802) zu einer förmlichen Inkorporation in den Dominikanerorden gekommen wäre. Anders als im Fall der eher »gemischtständischen« Konvente Nonnenmünster und Kirschgarten, kann im Fall des Wormser Reuerinnenklosters hinsichtlich der sozialen Zusammensetzung eine Herkunft der meisten Nonnen aus den bürgerlichen Schichten der Stadt Worms und benachbarter Städte wahrscheinlich gemacht werden; der Konvent umfasste 1496 bzw. 1525 jeweils etwas mehr als 20 Frauen139. Erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts erfolgte schließlich die Gründung zweier Dominikanerinnenklöster außerhalb von Worms, im Dorf Hochheim das Kloster Maria Himmelskron (1278) sowie das zwischen Hochheim und Neuhausen gelegene Kloster St. Agnes (genannt Liebenau, gegründet ca. 1290; beide Klöster wurden Mitte des 16. Jahrhunderts aufgehoben). Der Kreis der Klostergründer ist in beiden Fällen auf Grund einer günstigen Quellenlage relativ deutlich zu erkennen. Das Hochheimer Frauenkloster kann auf eine Gründung des Hochheimer Adligen Dirolf und seiner Frau Agnes zurückgeführt werden, während Liebenau durch den Wormser Bürger Jakob Engelmann und dessen Frau Lieba Holderbaum gestiftet wurde140. Dirolf von Hochheim hatte 1278 auf der Grundlage einer schon zuvor bei der dortigen Pfarrkirche lebenden Beginengemeinschaft ein Kloster gegründet, das bereits 1287 dem Dominikanerorden inkorporiert wurde; wenigstens ein Teil des Gründungskonvents scheint aus Straßburg nach Worms gekommen zu sein, wie sich aus dem Ende des 13. Jahrhunderts angelegten Hochheimer Martyrologium ergibt141. Infolge der zahlreichen Schenkungen der Stifterfamilie und anderer Familien aus der Wormser ministerialen Oberschicht stand die Neugründung schon bald auf einer gesicherten Grundlage. Allein Dirolf und seine Frau übergaben dem Kloster 1299 und 1318 zusammen ca. 2 500 Malter Korn an jährlichen Gülten142. Neben einem beachtlichen bürgerlichen Element innerhalb des Konvents kam auch dem regionalen niederen Adel für die Zusammensetzung des Klosters eine nicht unerhebliche Rolle zu. Als wesentliche Quelle für eine »Gemischtständigkeit« des Gesamtkonvents ist insbesondere ein Nekrolog des Klosters heranzuziehen, das ca. 350

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Namen von Nonnen des späten 13. bis 16. Jahrhunderts verzeichnet und durch weitere Namenslisten des 15./16. Jahrhunderts zu ergänzen ist 143. Auf die pfalzgräfliche Reform des Klosters im Jahr 1429 ist zweifellos zurückzuführen, dass im späten Mittelalter unter den adligen Nonnen gerade Töchter der den Pfalzgrafen besonders nahe stehenden Adelsfamilien aus dem rechtsrheinischen Raum bzw. dem Kraichgau nachzuweisen sind144. Eine ähnlich intensive Bindung an die Pfalzgrafen ist im Fall von Liebenau seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts festzustellen. Neben der Förderung durch die pfälzischen Kurfürsten im 14. Jahrhundert, die sich in einigen Stiftungen und Schenkungen manifestierte145, lebten schon vor der Klosterreform von 1425 mehrere Pfalzgräfinnen als Nonnen in Liebenau. Dieses Faktum hat wiederum in der älteren Forschung zum Bild eines adlig-exklusiven »Hausklosters« der pfälzischen Wittelsbacher geführt – auch wenn die Realität zweifellos komplexer war. Über das hohe Ansehen des Dominikanerinnenklosters berichtet erstmals in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts der Dominikanerchronist Johannes Meyer († 1485), der selbst einige Zeit in Liebenau als Beichtvater amtierte. Der profilierte Observant schreibt dabei in seinem 1468 vollendeten »Buch der Reformacio Predigerordens« den Pfalzgrafen die Gründung des Klosters zu, in welchem closter … von anfang siner ersten stifftung hoch erborn frowen und swöstren in gewesen sind, also grosser fürsten thochren, hertzogin und greffinen 146. In seinen anderen Chroniken berichtet Meyer von Pfalzgräfin Irmgard, die als Witwe des Pfalzgrafen Adolf (+ 1327) in Liebenau eingetreten war und dort 1389 starb; ihr Enkel Ruprecht III., der spätere König, sei während eines Besuches seiner Mutter Beatrix im Kloster geboren worden und dort bis zu seinem siebten Lebensjahr aufgewachsen 147. Unterstreicht diese Aussage von der Geburt des nachmaligen Königs in Liebenau einmal mehr die Verbundenheit der Nonnen mit der kurpfälzischen Familie, so dürfte ihr doch letztlich wenig mehr als legendenhafter Charakter zuzubilligen sein, auch wenn beispielsweise ein noch im Kindesalter verstorbener Bruder Ruprechts in Liebenau bestattet wurde – als Geburtsort König Ruprechts (1352) gilt im Allgemeinen das oberpfälzische Amberg148. Das Interesse Meyers an den Beziehungen der Pfalzgrafen zu Liebenau manifestiert sich des Weiteren auch in einem kurzen Bericht, der sich in einer Hochheimer Handschrift findet und von einer unehelichen und stummen Tochter König Ruprechts handelt, die als Nonne in Liebenau bis nach 1425/1429 lebte 149. Innerhalb der »religiösen Bewegung« des 12. und 13. Jahrhunderts gab es einen großen Kreis frommer Frauen, meist Jungfrauen oder Witwen, die nicht in ein Kloster eintreten konnten oder wollten. Sie lebten ohne dauerndes Gelübde und eine approbierte Regel allein, zumeist aber in klosterartigen Gemeinschaften, standen also kirchenrechtlich gesehen zwischen dem Status der Ordensleute und dem der Laienwelt. Die geistliche Betreuung dieser so genannten »Beginen« erfolgte dabei teils durch den Weltklerus, insbesondere aber durch die Bettelorden. Trotz zahlreicher Anfeindungen und ungeachtet der rechtlichen Unsicherheit der Beginen, deren Stand auf dem Konzil von Vienne (1311) de jure aufgehoben worden war und die gerade an Mittel- und Oberrhein (nicht aber in Worms) im späten Mittelalter heftig verfolgt wurden, bot die beginische Lebensweise zahlreichen Frauen die Möglichkeit materieller Versorgung und geistlicher

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Betreuung150. Neben den Beginen existierten auch männliche Semireligiosengemeinschaften (Begarden), die wie diese ein Leben zwischen Kloster und Welt führten, oft aber auch unter Häresieverdacht gerieten. Aus dem Zusammenschluss verschiedener Begardengemeinschaften war noch im 13. Jahrhundert die Brüdergenossenschaft der Alexianer hervorgegangen, die sich gerade der Krankenpflege und Totenbestattung annahm. Ein in den Quellen nur schlecht nachzuweisender Alexianerkonvent wird in Worms erstmals 1390 erwähnt und konnte sich bis um 1525 in der Stadt halten151. Als Ersterwähnung von Beginen in Worms hat das Jahr 1248 zu gelten: Der Ritter David von Gundheim hatte in seinen am Bischofshof gelegenen Hof weibliche Religiosen aufgenommen, die dort den conventus sororum ad sanctam crucem bildeten; als eigentlicher Gründer dieses größten und bekanntesten Wormser Beginenkonvents hat freilich Gudelmann, Schultheiß des Domstifts, zu gelten, der den Hof später erwarb und 1288 den dort lebenden 20 Frauen vermachte. Der so genannte »Gudelmannkonvent«, der später auch als »Reicher Konvent« bzw. als »Richardikonvent« bezeichnet wurde, bildet zusammen mit dem Beginenkonvent in Hochheim und dem beim Franziskanerkloster gelegenen »Konvent zum Lemchen« vermutlich die soziale Spitze unter den bislang urkundlich nachweisbaren 20 Wormser Beginenkonventen. Als eigentliche Blüte des Wormser Beginenwesens hat dabei erst die zweite Hälfte des 14. und das beginnende 15. Jahrhundert zu gelten, wobei die Reformation keineswegs das sofortige Ende der noch bestehenden Beginenkonvente mit sich brachte und der »Konvent zum Elmann« noch im 17. Jahrhundert erwähnt wird. Was die Wirtschaftsweise und Einkünfte der Wormser Beginenkonvente angeht, zeigt sich, dass diese in erster Linie regelmäßige Einkünfte aus liegenden Gütern bezogen, während sich eine von der Forschung oftmals betonte Tätigkeit der Beginen im Textilgewerbe und in der Krankenpflege weniger häufig nachweisen lässt. Der geistlichen Leitung der Konvente, die zumeist durch Dominikaner und Franziskaner wahrgenommen wurde, stellte der Wormser Rat seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts städtische Pfleger zur Seite, die ihrerseits mit vielfältigen Kontrollbefugnissen ausgestattet waren. Die Institution der Ratspfleger umfasste spätestens seit dem Jahr 1500 fast alle Wormser geistlichen Institutionen, wie sich aus einem um diese Zeit angelegten Amtsbuch des Stadtrates ergibt (Pflegery der clöster und begynen huser, spytal und anderer geistliche stende inn der statt Worms)152. Eine strukturelle Veränderung innerhalb des Wormser Beginenwesens des 15. Jahrhunderts ist an dieser Stelle noch anzusprechen. Unter Bischof Reinhard von Sickingen (1445 –1482), der als engagierter Befürworter kirchlicher und monastischer Reformen bekannt ist, wurden 1449 bzw. 1455 der Beginenkonvent in Hochheim und der Wormser »Konvent zum Rosenbaum« aufgelöst und dem reformierten Dominikanerinnenkloster Maria Himmelskron angeschlossen153. Einen anderen Weg schlug der Bischof gegenüber den nach der Drittordensregel der Franziskaner lebenden Beginen des »Gudelmannkonvents« (Reichkonvent) ein, die 1469 mit der Augustinerregel eine approbierte Ordensregel erhielten und wenig später auf ausführliche deutschsprachige Statuten verpflichtet wurden. Die Konventsschwestern wurden fortan durch die Klöster der Windesheimer Chorherren in Kirschgarten, Höningen und Frankenthal betreut, die wiederum auch die geistliche Aufsicht über einige weitere neu gegründete bzw. regulierte Frauengemeinschaften im

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Abb. 82: Stift St. Andreas, Gesamtansicht

weiteren Umland von Worms innehatten, etwa über die Klausen in Handschuhsheim (bei Heidelberg) und Fischbach (bei Hochspeyer)154. Der Reichkonvent bestand noch bis 1802.

Krisen und Reformen im späten Mittelalter Die Untersuchung des Verfalls und der Erneuerung des klösterlichen Lebens im 14. und 15. Jahrhundert hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem viel beachteten Forschungsthema entwickelt. Die deutsche Forschung erhielt wesentliche Impulse durch Kaspar Elm und dessen Konzept einer vergleichenden Ordensgeschichte, die den Blick auch auf kleinere Reformansätze gelenkt hat und infolge einer Abkehr von isolierten (konfessions-, nations- oder auch ordensspezifischen) Zugangsweisen der synoptischen Erfassung und Bewertung der Ordensreformen neue Möglichkeiten eröffnet hat 155. Der Beginn der in zahlreichen Orden seit der Mitte des 14. Jahrhunderts festzustellenden Reformbestrebungen steht in einem Zusammenhang mit externen und internen Verfallserscheinungen innerhalb des monastischen Bereichs. Als bedeutende Faktoren können stellvertretend etwa das Große Abendländische Schisma (1378–1417/23), das auch zu Spaltungen innerhalb der Orden führte, die wirtschaftlich-demographischen Auswirkungen der Pest und der großen Hungersnöte des 14. Jahrhunderts oder auch das Aufkom-

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men nationalstaatlicher Strukturen, die ihrerseits den Zusammenhalt supranationaler Ordensverbände erschwert haben, angeführt werden. Ebenso ist danach zu fragen, ob und inwieweit eine Theorie von einem fast »gesetzmäßigen« Verfall des Ordenslebens nach einer Phase des Aufschwungs eine gewisse Berechtigung haben könnte, worauf wiederum eine »Reform« folgt, die zwar ausdrücklich zurück zu den Anfängen des Ordens will, aber dennoch etwas spezifisch Neues schafft156. Die Frage von Verfall und Reform hat auch in den Wormser Klöstern des 15. Jahrhunderts eine erhebliche Rolle gespielt. Dass dabei die vorgeblichen Symptome des »Verfalls« nicht immer der Wahrheit entsprachen, vielmehr auch zum rhetorisch-publizistischen Arsenal der Reformer und ihrer Förderer zu rechnen sind, versteht sich ohne weiteres. Als wesentliche Initiatoren und Förderer von Reformen im Wormser Raum treten die Pfalzgrafen bei Rhein in Erscheinung, deren spätmittelalterliche Kloster- und Kirchenpolitik auch die Intensität der weltlichen Herrschaft der Kurfürsten im 15. Jahrhundert illustriert – die weit in die Freie Stadt Worms hineinreichte157. Neben den landesherrlichen Reformeingriffen der Pfalzgrafen nehmen sich die Klosterreformen anderer Kreise vergleichsweise bescheiden aus. Dennoch ist evident, dass die Reformbemühungen der Wormser Bischöfe so bedeutend waren, dass sie den Vergleich mit anderen Reichsbischöfen nicht zu scheuen brauchen 158. Die Vorbildhaftigkeit der pfälzischen Klosterreformen, die als Teilbereich der Kirchenreform ja zugleich auch der Intensivierung der Herrschaft über die Klöster des Landes dienten, erweist sich auch gegenüber kleineren Territorialherren des Wormser Umlandes, etwa den Grafen von Leiningen, deren Geschichte freilich für das späte Mittelalter nur unzureichend bearbeitet ist159. Für die zwischen bischöflichen Herrschaftsansprüchen, pfälzischem Einfluss und zeitweilig engen Kontakten zum Reichsoberhaupt lavierende Stadt Worms zeigt sich, dass Reformförderung und Klosteraufsicht nur einen Teil der städtischen Klosterpolitik darstellen, verhielt sich doch der Wormser Rat gerade gegenüber bischöflich-pfälzischen Reformen neutral oder leistete gar Widerstand gegen Klosterreformen. Reformen und Reformversuche sind im Laufe des 15. Jahrhunderts in fast allen Klöstern der Stadt Worms nachzuweisen 160. Nicht immer waren sie erfolgreich, beharrten doch etwa die Franziskaner und die deswegen vom Wormser Rat gemaßregelten Augustinereremiten bis zuletzt auf ihrer nichtreformierten (konventualen) Lebensweise, während das Kloster der Wilhelmiten trotz der Bemühungen des Ordens schon gegen Ende des 15. Jahrhunderts in Abgang geraten war161. Wie ambivalent Konstrukte von »Reform« und »Nicht-Reform« sein können, zeigt beispielhaft der Fall des Frauenklosters Nonnenmünster: Hier hatten 1446/1447 die Äbtissin Lieba Guldenring und der Konvent mit Rückendeckung des Eberbacher Vaterabts und der Stadt Worms einen pfälzischen Reformversuch erst erfolgreich abgewehrt, um dann selbst unter Hinzuziehung von Eberbach eine »Reform« und »Beschließung« ihres Klosters durchzuführen162. Mit Unterstützung Bischof Reinhards von Sickingen konnten 1455 das Wormser Karmeliterkloster und 1479 das Reuerinnenkloster auf dem Andreasberg erfolgreichen Reformen unterzogen werden163. Als besonders durchsetzungsfähig im Wormser Raum erwiesen sich namentlich zwei weit reichende und »erfolgreiche« Reformbewegungen: Die Dominikanerobservanten (Maria Himmelskron; Liebenau; Dominikanerkloster Worms) und

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die Windesheimer Chorherren (Kirschgarten). Verlauf und Auswirkungen dieser erfolgreichen Klosterreformen sollen im Folgenden exemplarisch dargestellt werden 164. Als die vor den Toren der Stadt Worms gelegenen Dominikanerinnenklöster Liebenau und Maria Himmelskron in Hochheim 1425 bzw. 1429 reformiert wurden, stand die Observanzbewegung der Dominikaner in der deutschen Ordensprovinz noch am Anfang ihrer Expansion. Nachdem schon gegen Ende des 14. Jahrhunderts unter Förderung des Ordensgenerals Raimund von Capua die Klöster in Colmar, Nürnberg und Schönensteinbach (Elsass) der Observanz zugeführt werden konnten, war bis zu den Reformen in Bern und Unterlinden bei Colmar (1419) den Bemühungen der Observanten kein weiterer Erfolg beschieden; 1423 folgte die Reform des Frauenklosters »an den Steinen« in Basel. Raimund von Capua, ein Förderer der deutschen Observanten, richtete 1397 an die Frauenklöster der deutschen Provinz ein Schreiben mit ausführlichen Klausurvorschriften 165. Verschiedene weitere Briefe des Ordensgenerals geben auch Hinweise auf das klösterliche Leben in Hochheim und Liebenau; sie betreffen etwa den Eigenbesitz der Nonnen, Testierungen, den Abfall vom Ordensstand und die Einhaltung der Klausur166. Diese (eher spärlichen) Hinweise lassen zweifellos nicht ohne weiteres auf eine Zerrüttung der Klosterzucht um 1400 schließen, doch sind auch Anhaltspunkte für Kriegszerstörungen und eine verschlechterte wirtschaftliche Situation der beiden Frauenklöster zu diesem Zeitpunkt festzuhalten, die den Reformbefürwortern eine genügende Rechtfertigung für Eingriffe bieten konnten – der Zusammenhang zwischen »Reform« und ökonomisch-finanzieller Erneuerung stand geistlichen wie weltlichen Protagonisten der Klosterreformen deutlich vor Augen 167. Die Reform beider Klöster war der vorbereitenden Initiative Pfalzgraf Ludwigs III. (1410 –1436) zu verdanken, der in Zusammenarbeit mit der Spitze des Dominikanerordens für die Durchsetzung der Observanz sorgte168. Mit der Einführung der Reformnonnen aus den bereits reformierten Dominikanerinnenklöstern betraut war der Straßburger Dominikaner Peter von Gengenbach, der zu dieser Zeit schon einen Ruf als ausgewiesener Reformpraktiker hatte, amtierte er doch als Vikar der reformierten Dominikanerinnenklöster Unterlinden und Basel sowie als Magister des dominikanischen Drittordensverbandes. Peter von Gengenbach, der auf Wunsch Pfalzgraf Ludwigs in das Wormser Dominikanerkloster versetzt wurde, war auch in späteren Jahren an mehreren, keineswegs immer erfolgreichen Reformversuchen beteiligt, blieb aber stets den beiden Wormser Dominikanerinnenklöstern als Vikar und Beichtvater verbunden; der zweifellos auch dem kurfürstlichen Hof sehr nahe stehende Dominikaner starb 1452 in Liebenau und wurde dort beigesetzt 169. Mit der (gegen einigen Widerstand erfolgten) Reform Liebenaus verbunden war der Austritt von allein acht Nonnen aus gräflichen Familien, womit zweifellos der Einfluss territorialpolitischer Gegenspieler der Pfalzgrafen in diesem Frauenkloster beendet wurde; zeitgleich traten eine Tochter und Schwester des Pfälzers in das Kloster ein. Weitaus weniger Widerstand leisteten die Nonnen von Maria Himmelskron, die Johannes Meyer zufolge bereits vor der observantz gute kind warent und sich auch anscheinend zuvor schon um eine verbesserte Lebensweise bemüht hatten 170. Beide Frauenklöster wurden in den folgenden Jahrzehnten von den Pfalzgrafen in materiell-wirtschaftlicher Hinsicht weiter stark gefördert, während den Nonnen insbesondere Gebetsleistungen für ihre

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Wohltäterfamilie aufgetragen wurden. Unmittelbar im Anschluss an die Liebenauer Reform verpflichteten sich beispielsweise die Dominikanerinnen zu Jahresgedächtnissen für die pfalzgräfliche Familie und für Ruprecht, den 1426 verstorbenen Sohn Ludwigs III.; zeitgleich nahm Ludwig das Kloster ausdrücklich in seinen Schutz und erließ diesem verschiedene Leistungen171. Dem fürbittenden Gebet der Nonnen für die Wohltäterfamilien zur Seite zu stellen ist die Versorgungsfunktion der reformierten Klöster, das heißt die Unterbringung von unverheirateten adligen Töchtern. Stand dabei Maria Himmelskron ganz offensichtlich hoch in der Gunst des pfälzischen Adels, so setzten die Pfalzgrafen die Tradition wittelsbachischer Nonnen in Liebenau nach der Klosterreform nahtlos fort. Umgekehrt hatte die Beschirmung beider Frauenklöster durch die Pfalzgrafen auch ihre Schattenseiten, wurden doch beide Gotteshäuser (wie andere pfälzische Schirmklöster und Stifte) anlässlich der zahlreichen Fehden und kriegerischen Auseinandersetzungen der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in die Kriegshandlungen hineingezogen und von den pfälzischen Gegnern schwer geschädigt; die Nonnen sahen sich mehrfach zu einem Rückzug in ihre Höfe in der Stadt Worms gezwungen172. Die Seelsorge in den Dominikanerinnenklöstern erfolgte durch Beichtväter, von denen gerade im Fall von Maria Himmelskron außerordentlich viele Namen überliefert sind173. Neben Peter von Gengenbach und dem Chronisten Johannes Meyer, die auch an der Reformierung anderer Klöster durch Wormser Nonnen mitwirkten (Colmar 1437/ 1438; Speyer 1442/1463; Maria-Reuthin 1478)174, sind zwei weitere Personen hervorzuheben: Der bis 1467 als Beichtvater in Maria Himmelskron nachzuweisende Michael von Lewenberg bekleidete dort fast 40 Jahre dieses Amt. Von ihm erhielt das Wormser Männerkloster des Ordens mehrere Handschriften, die sich heute in der Mainzer Stadtbibliothek befinden; er verfasste auch selbst eine zweibändige Beispielsammlung zu Predigtzwecken175. Albert Löffler (+ 1462), zwischen 1451 und 1462 mehrfach als Beichtvater in beiden Frauenklöstern belegt, zählt zu den wichtigsten Schreibern der Bibliothek seines Heimatkonvents, des Basler Dominikanerklosters; Vermerke in den Basler Handschriften bieten entsprechend auch einige Hinweise auf sein Wirken in Worms176. Die zweifellos profilierteste Figur unter den Beichtvätern der Dominikanerinnen war allerdings der Chronist Johannes Meyer selbst. Er ist 1473 in Liebenau belegt und dort auch in den Jahren 1474, 1477 und 1478 nachzuweisen; in seiner Funktion als Beichtvater nahm er 1474 an der Reform des Frankfurter Dominikanerklosters sowie 1478 an den Reformen in den württembergischen Dominikanerinnenklöstern teil. Aus einer Handschrift des Dominikaners ist eine kurzgefasste Liebenauer Beichtväterordnung überliefert, in der zum Beispiel die geeignete Predigt für die Nonnen thematisiert wird 177. Der Einfluss Meyers auf die Wormser Dominikanerinnen erhellt sich auch dadurch, dass sich unter den wenigen heute noch vorhandenen Handschriften der beiden Klöster (die im übrigen sämtlich erst nach den Reformen von 1425/1429 geschrieben wurden!) mehrere Exemplare mit den Werken und Chroniken Meyers finden 178. Das Wormser Dominikanerkloster, zu dem die Quellenlage insgesamt schlechter ist, wurde erst einige Jahre später (1447) durch Brüder des Basler Predigerklosters der Reform zugeführt, nachdem ein erster Reformversuch durch Peter von Gengenbach 1431/1432

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gescheitert war 179. Erster Prior nach der Reform wurde der Basler Dominikaner Jakob Riser, dem zwei weitere Basler Brüder als Wormser Prioren folgen sollten. Riser erfreute sich, wie mehrere Reden des Priors auf Wormser Diözesansynoden in den Jahren 1449/1451 belegen, zweifellos guter Beziehungen zu Bischof und Geistlichkeit von Worms, die wiederum zu den ausdrücklichen Förderern der Reform von 1447 gezählt hatten. Die Reform unterstützt hatte wohl auch Pfalzgraf Ludwig IV., während umgekehrt eher von einer Nichtbeteiligung der Stadt Worms an den Vorgängen von 1447 auszugehen ist180. Neben signifikanten personalen Beziehungen zum Basler Dominikanerkloster, einem der Reformzentren in der deutschen Ordensprovinz, hatten die Wormser Dominikaner in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts ausgesprochen gute Kontakte zu den Pforzheimer Observanten181. Zusammen mit diesen und weiteren observanten Konventen waren die Wormser Dominikaner auch an mehreren Klosterreformen beteiligt, von denen allerdings nur diejenige in Frankfurt (1474) dauerhaften Erfolg haben sollte182. Eine durch Basel und Worms gemeinsam getragene Reform des Weißenburger Dominikanerklosters war dagegen einige Jahre zuvor gescheitert; inwieweit die Wormser Dominikaner an den Reformversuchen im Speyerer Männerkloster des Ordens beteiligt waren, muss unklar bleiben183. Das 1226/1236 gegründete Zisterzienserinnenkloster Kirschgarten geriet seit dem späten 14. Jahrhundert in eine existenzbedrohende wirtschaftlich-finanzielle Krise, was die Nonnen zu groß angelegten Güterverkäufen und Verpfändungen zwang; diese brachten allerdings nur wenig Besserung 184. Gleichzeitig entwickelte sich die personelle Situation, verstärkt wohl durch eine Seuche, immer prekärer. 1428 musste die letzte Äbtissin des Klosters, Guda von Büches, schließlich das Aussterben des Konvents bekennen (die wile nun zu diser zyt kein conventswester in dem … closter ist, sunder von todes abgegangen sint)185. Das wenig später gänzlich verlassene Kloster stand seit ca. 1435 im Mittelpunkt von Reformbemühungen des Pfalzgrafen und des Wormser Bischofs Friedrich von Domneck, die beide zuerst eine Neubesiedlung durch den Zisterzienserorden intendierten186, dann aber 1443 Windesheimer Chorherren aus dem westfälischen Reformkloster Böddeken zu einer Neubesiedlung gewinnen konnten 187. Das in einem völlig desolaten Zustand befindliche ehemalige Frauenkloster erlebte unter den Windesheimer Chorherren bis zum Ende des 15. Jahrhunderts einen beachtlichen wirtschaftlichen Aufschwung, der mit einer baulichen Erneuerung der Klostergebäude einherging 188. Beide Bereiche sind insbesondere durch die Einträge des Kirschgartener Rechnungsbuches der Jahre 1460 bis 1504 (vgl. Abb. 83) hervorragend dokumentiert (die wirtschaftliche Erneuerung auch durch ein Zinsbuch von 1444/1484) 189, was gleichermaßen für die Produktion und Arbeitsweise der Kirschgartener Schreibstube zu gelten hat190. Die umfangreiche Herstellung von Handschriften gilt seit langem als Kennzeichen der »Devotio moderna« bzw. der ihr verbundenen Windesheimer Kongregation191. Die Kirschgartener Chorherren, unter denen noch längere Zeit Norddeutsche und Niederländer aus dem Kerngebiet der Windesheimer Reform überwogen192, waren bei ihrer Ansiedlung von Bischof und Pfalzgraf unterstützt worden. Ludwig IV., der das Kloster in seinen Schutz genommen hatte und weitere privilegia specialia magna ausgestellt haben soll, übergab den Chorherren zum Einzug auch Geldgeschenke, während diese sich

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Abb. 83: Rechnungsbuch aus dem Chorherrenstift Kirschgarten, um 1460 – 80 (StadtA Wo Abt. 1 B 1877)

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nach dem Tod des Kurfürsten zu Jahresgedächtnissen für Ludwig und die verstorbenen Mitglieder seiner Adelsgesellschaft »mit dem Pelikan« verpflichteten 193. Unklar ist, ob der Pfalzgraf auch an der Übergabe des ehemaligen Frauenklosters Kleinfrankenthal an Kirschgarten beteiligt war, die schon kurze Zeit nach 1443 erfolgt sein dürfte194. Der Plan Bischof Reinhards von Sickingen, in Kleinfrankenthal einen Tochterkonvent Kirschgartens einzurichten, zerschlug sich zwar, doch blieb Kleinfrankenthal für die Chorherren stets ein bedeutender Wirtschaftsfaktor; nach der Zerstörung ihres Klosters (1525) diente Kleinfrankenthal den Chorherren bis zur endgültigen Aufhebung des Konvents 1564 als Aufenthaltsort 195. Die Stadt Worms ordnete erst 1460 durch den Abschluss von Verträgen ihre Beziehungen zu den Kirschgartener Chorherren. Der Stadt wie Kloster zu dieser Zeit gleichermaßen bedrohende Krieg zwischen Kurpfalz und Kurmainz dürfte nicht wenig zu diesem Vertragswerk beigetragen haben. Möglicherweise in diesem Zusammenhang erhielten die Chorherren, wie der Kirschgartener Chronist Johannes Heydekyn von Sonsbeck berichtet, das städtische Bürgerrecht – doch könnte er auch einfach auf die Verträge von 1460 angespielt haben196. Die Chorherren versprachen, den Wormser Hof ihres Klosters und ihre Mühle nicht zum Nachteil von Worms veräußern zu wollen sowie keine Gegner der Stadt im Kloster zu beherbergen. Der Wormser Rat erließ den Chorherren unter Hinweis auf deren Begehren um gnade und fruntschafft verschiedene Abgaben (jedoch nur für die Dauer ihrer reformierten Lebensweise!) und versicherte, die Chorherren glich andern den unsern in Kriegszeiten in die Stadt aufzunehmen197. Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts verschlechterten sich ganz offensichtlich die Beziehungen zwischen Stadt und Kloster, wobei pfälzische Schirmansprüche und städtische Einflussnahme durch Pfleger das ihre dazu beitrugen. Der Chorherr, Chronist und spätere Kirschgartener Prior Johannes Heydekyn von Sonsbeck198 erwähnt die langjährigen und folgenschweren Auseinandersetzungen des Wormser Bischofs Johann von Dalberg mit der Bürgerschaft zwar nur am Rande und ändert am Bild eines relativ einvernehmlichen Miteinanders von Stadt und Kloster wenig, doch bewundert er andererseits auch den Bischof, zu dessen Humanistenkreis auch Johannes Heydekyn zu zählen ist, und nimmt ihn gegen (ungenannte) Gegner in Schutz 199. Auf Grund verschiedener Indizien ergibt sich, dass zumindest der größere Teil des Kirschgartener Konvents der Parteinahme des Chronisten für Geistlichkeit und Bischof gefolgt sein dürfte 200. Die aus städtischer Sicht nicht ungefährliche Lage des Klosters dicht vor der Stadtmauer sollte diesem schließlich zum Verhängnis werden. War es schon während der mehrjährigen Fehde des Franz von Sickingen gegen Worms (1515/1519) zu Übergriffen städtischer Bewaffneter gegen das Kloster gekommen, dem man eine Begünstigung und Unterstützung der Stadtgegner vorwarf 201, so wurden die Chorherren während des Bauernkriegs von 1525 unter dem Druck des Wormser Rats, der eine Festsetzung der Bauern in den Klostergebäuden verhindern wollte, zur Umsiedlung in ihren Wormser Klosterhof »Zum Rebstock« gezwungen. Das durch städtische Bewaffnete besetzte Kloster wurde geplündert; bald darauf erfolgte die endgültige Zerstörung des Klosters durch Geschützbeschuss und Abtragung der Klostergebäude 202. Die nach Kleinfrankenthal übergesiedelten Chorherren führten in der Folge mit Hilfe des Windesheimer Generalkapitels einen lang-

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wierigen Prozess gegen die Stadt Worms; 1546 erkannte Pfalzgraf Friedrich II. den Chorherren eine Schadenersatzsumme in Höhe von 6 000 Gulden zu, verbot aber einen Wiederaufbau des Klosters203. Mit der Neubesiedlung des Klosters 1443 hatte die Windesheimer Kongregation einen wichtigen Schritt zu ihrer weiteren Ausbreitung im Süden des Reiches gesetzt. Die Kirschgartener Prioren, insbesondere Berthold Scharm (1443 –1473/1474) und Johannes von Sonsbeck (1473 –1482), waren an zahlreichen Reformen und Visitationen sowie auch Neugründungen von Klöstern beteiligt, deren Radius von Donau und Main im Osten über die heutige Schweiz bis weit in das Elsass im Westen reichte und in über 15 Männerund Frauenkonventen nachzuweisen ist. Namentlich herausgehoben seien an dieser Stelle nur Rebdorf (bei Eichstätt), Birklingen (bei Ochsenfurt) und Sindelfingen204. Im näheren Umfeld von Worms war das Kloster beispielsweise an der Reform des leiningenschen Hausklosters Höningen (1447) und maßgeblich an der Erneuerung des Klosters Großfrankenthal (1468) beteiligt205. Der Stolz des Chronisten Johannes Heydekyn von Sonsbeck auf die Reformleistungen seines Klosters hatte zweifellos, rückblickend um 1500, einige Berechtigung, als er den Ursprung aller windesheimischen Klöster »circa Rhenum« auf Kirschgarten zurückführte und auf die monastischen Karrieren vieler Kirschgartener Chorherren hinwies 206. Die Aussage des Johannes Heydekyn illustriert zugleich auch die bedeutende Stellung Kirschgartens innerhalb der Windesheimer Kongregation in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts: Seit 1488 sollten beglaubigte Kopien der Privilegien der Kongregation in Kirschgarten, Böddeken, Groenendael und Windesheim selbst aufbewahrt werden; seit 1491 galt ein Beschluss des Generalkapitels, neue Papstprivilegien in Windesheim und Kirschgarten aufzubewahren207. Bereits 1473/1474 war den Kirschgartener Prioren aufgetragen worden, die Namen der Verstorbenen der Mitgliedsklöster zweimal jährlich dem Windesheimer Mutterkloster mitzuteilen208.

Die Wormser Pfarreien und Kapellen (ca. 1200 bis 1520) Im folgenden Abschnitt sollen zunächst allgemeine Aspekte der Pfarreientwicklung insgesamt sowie Fragen der Stellung der Parochialbezirke in der Verfassung der Stadt aufgegriffen werden, wobei hier noch viel Forschungsarbeit zu leisten ist. Sodann wird ein Blick auf die vier innerstädtischen und die vier suburbialen Pfarreien mit dem Nachweis der Literatur und wichtiger Stationen ihrer Entwicklung geworfen, bevor ein Katalog mit der Zusammenstellung der bis 1500 nachweisbaren Kapellen und ihrer Lage (vgl. dazu die Karte 10 auf S. 252 f.) geboten wird. Vor dem Hintergrund des um 1200 fest gefügten Netzes von vier räumlich abgegrenzten Pfarreien (s. o.) ist erklärbar, dass die Parochialbezirke bereits spätestens am Beginn des 13. Jahrhunderts Funktionen im Gefüge der Stadtverfassung besessen haben. So erwähnt die zu einer Neuregelung der Stadtverfassung führende erste Rachtung von 1233 die Teilnahme von je vier Vertretern der vier innerstädtischen Pfarreien an der politischen Führung, später vor allem auf dem Gebiet der Ungelderhebung209. Es fehlt an Er-

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kenntnissen über die offenkundig starke Rolle der laikalen Pfarreigeschworenen, die als »iurati« seit dem 13. Jahrhundert in den Quellen greifbar werden. Informationen über die Stellung der Geschworenen erhalten wir zum Beispiel 1243 in einer Urkunde für die Magnuspfarrei 210. Hier bekunden die Wormser Richter, dass der Pleban geistliche Strafen gegen seine Parochianen, darunter vor allem die Exkommunikation, nicht ohne ausdrückliche Zustimmung der »iurati« der Pfarrei verhängen dürfe. Der Anspruch des Gremiums auf Mitbeteiligung und -beratung reicht demnach über den im engeren Sinne geistlichen Bereich hinaus, was ein starkes laikales Element in den Pfarreien erkennen lässt. Diese Verhältnisse dürften auch in St. Rupertus und den anderen Pfarreien gegolten haben. Im Jahr 1301 sind Geschworene von St. Rupert als Handelnde nachweisbar 211: Vor zwei namentlich genannten Pfarreigeschworenen wird zum Beispiel ein Güterverkauf bestätigt. Betont wird, dass eine Teilhabe der Funktionsträger an der Rechtshandlung dem Herkommen und Recht entspreche. Welch gewichtige Rolle dieser Personenkreis vor allem im suburbialen Bereich spielte, zeigt eine Urkunde, in der das Domkapitel 1300 der als Rechtspartner auftretenden Kirchengemeinde St. Michael (iurati ac universitas parrochie nostre sancti Michahelis extra muros Wormatienses) einen Garten zur wegen der Bevölkerungszunahme (ob populositatem dilatate preangustia cimiteriii sufficiencia deficeret sepulture) notwendigen Erweiterung ihres Friedhofes verliehen hat. Hier sind die Geschworenen Vertreter der eigenständig agierenden kirchlichen Sondergemeinde für die Siedlung im Vorstadtbezirk 212, was die Mehrzelligkeit der städtischen Topografie nachdrücklich anzeigt. Von großer Schärfe waren die seit den 1220er Jahren virulenten Konflikte mit den in der Stadt sich niederlassenden Bettelorden, die in die Domäne der Seelsorge durch die Pfarreien und damit die ihnen faktisch vorgesetzten Stifte einbrachen. Die Mendikanten beeinträchtigten in starkem Maße die Funktion der Pfarrkirchen und deren aus den Amtshandlungen resultierende Einkünfte213. Dies zeigt sich auch daran, dass alle vier Konvente nachweislich eigene Friedhöfe besaßen (erstmals belegt für die Franziskaner 1283, Karmeliter 1310, Augustiner 1348, Dominikaner 1375 214). Nachzuweisen ist die Rolle der Pfarreien in der Wehrverfassung des 13. und wohl auch noch des 14. Jahrhunderts, bevor dann die politisch immer stärker hervortretenden Zünfte diese Aufgabe wahrgenommen haben. So werden in den stadtbürgerlichen »Annales Wormatienses« des 13. Jahrhunderts die Pfarreien St. Lampert und St. Rupert zum Jahr 1270 als Organisationsform des militärischen Aufgebots der Stadt genannt215. Um 1500 werden auf städtischer Seite im Rahmen des auf das Äußerste zugespitzten Konfliktes mit der Geistlichkeit die laikale Kirchenpflege und die Rolle der Geschworenen für das Kirchenwesen in Abgrenzung von der Geistlichkeit (vor allem der Stifte) nachdrücklich betont. Dies lässt auf eine starke, bislang wenig beachtete Tradition laikalen Einflusses im Bereich des Pfarreiwesens schließen, auf das hier nur allgemein aufmerksam gemacht werden kann216. Die städtischen Quellen der Zeit um 1500 sowie das sog. »Tagebuch« des Bürgermeisters Noltz für die gleichen Jahre lassen die faktische Aufsicht des Rates über die Pfarrer und eine starke Loyalität des Pfarrklerus gegenüber der städtischen Obrigkeit in der Situation des Kampfes mit dem Stiftsklerus auch und gerade nach dessen Auszug aus der Stadt 1499 erkennen; hier finden sich auch Hinweise auf die starke Bedeutung der Marienverehrung am Liebfrauenstift für die ratsoffizielle Religionspolitik

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(Anordnung bzw. regelmäßige Durchführung von Prozessionen) und den hohen, durchaus auch überregionalen Stellenwert, den die Marienwallfahrt nach dort während der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts für Worms angenommen hat. Das Wormser Synodale von 1496, die auf Betreiben von Bischof Johann von Dalberg betriebene Zusammenstellung der kirchlichen Verhältnisse im Bistum, und die gleichzeitigen Quellen über die Erhebung des so genannten »Gemeinen Pfennigs« geben einen Querschnitt durch die Pfarreiverhältnisse der Stadt und ihrer insgesamt acht Pfarrbezirke 217.

Die innerstädtischen Pfarreien Der erste Beleg für einen Pfarrer von St. Magnus (vgl. Abb. 10–11, S. 128) und damit die Funktion des Gotteshauses als Pfarrkirche findet sich 1227 in der Zeugenreihe einer Bischofsurkunde betreffend das Andreasstift, wo dieser unter den Geistlichen des Stifts genannt wird. Weitere Belege als Kirche folgen 1235 und 1238, als das Patronatsrecht nachweisbar beim Stift St. Andreas gelegen genannt wird218. Anlässlich der Regelung des Verhältnisses zur Pfarrkirche St. Andreasberg 1243 werden Kirchengeschworene erstmals genannt219, einen indirekten Beleg für einen Kirchhof liefern die Wormser Annalen, die zu 1242 von der Bestattung eines Teils der Opfer der Brandkatastrophe von 1242 mit ihren mehr als 300 Toten berichten220. Die Erhebungslisten für den Gemeinen Pfennig nennen 1496 einen Pleban und fünf Altaristen. St. Lampert (im Bereich des heutigen Ludwigsplatzes, südlich vor der St. Martinskirche, vgl. Abb. 87, S. 748) wird erstmals urkundlich 1210 anlässlich der Inkorporation in das Martinsstift genannt und 1213 (ecclesia) als »vierte der Pfarrkirchen innerhalb der ummauerten Stadt« beschrieben. 1299 sind an der Kirche vier sacerdotales celebrantes erwähnt221. 1496 werden neben dem Pleban vier Altäre mit acht Geistlichen genannt, nach St. Johannes die reichste Ausstattung unter den Wormser Pfarreien. Zwischen 1282 und 1426 ist die Existenz von fünf Altären bezeugt. Die Kirche wurde 1689 zerstört, die Reste abgebrochen, es erfolgte kein Wiederaufbau. Bei St. Rupertus, für das 1197 die Schenkung des Patronatsrechts und 1200 die erste Nennung des Pfarrers belegt werden kann (s. o.), ist 1236 der Übergang der Pfarreirechte auf den aus einer prominenten ministerialisch-stadtbürgerlichen Familie stammenden Kanoniker des Paulusstifts Albert Cipura festzuhalten222. Das Stiftskapitel übertrug hier die Pfarrei (parochiam sancti Ruperti) mit sämtlichen Einkünften und setzte diesen als pastor ein. Dies geschah unter der Auflage, dass er die Hälfte der Oblationen an die Stiftsbrüder abzuführen hatte. Albert tritt nochmals im Jahr 1247 – hier als Vertreter für den Propst – urkundlich in Erscheinung223. 1254 wurde ein Ablass für den Wiederaufbau der Stifts- und Pfarrkirche nach einem der verheerenden Stadtbrände des Jahrhunderts erteilt. Ein Friedhof des Stifts (bzw. der Pfarrei) wird 1275 urkundlich genannt224. Am Ende des Mittelalters amtierten in St. Paulus ein Pleban und fünf Altarpfründner 225. Ein besonders interessanter Aspekt der Beziehungen von Pfarrei und sie umgebender Stadt ist die Tatsache, dass auch die Judengasse und mithin das Zentrum des bedeutsamen jüdischen Lebens in der Stadt im Gebiet der Parochie St. Rupert lag. Auf die in diesem Zusammenhang auftretenden Konflikte und Rechtsstreitigkeiten beider Seiten seit ca. 1460/70, die um 1480 eskalierten und wichtige Rückschlüsse auf den Charakter der

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jüdischen Siedlung innerhalb der Stadt wie auch den Abschluss der Judengasse nach außen zulassen, kann an dieser Stelle nur allgemein aufmerksam gemacht werden 226. Die Pfarreigrenzen erstreckten sich übrigens nachweislich auch über das ummauerte Stadtgebiet hinaus und umschlossen einen Teil des zum Rhein hin gelegenen suburbialen Bereiches 227. Aus dem Jahr 1487 liegt eine aufschlussreiche Gottesdienstordnung vor, die Einblicke in das pfarreiliche Leben am Ende des 15. Jahrhunderts gewährt 228. Zu 1496 werden ein Pleban und fünf Altarpfründner genannt. Für das späte Mittelalter sind die Namen von vier Altären überliefert, 1505 kam es zur Zerstörung der wieder aufgebauten Kirche durch ein Feuer. Die Reste der 1689 zerstörten Kirche wurden nach dem Stadtbrand abgetragen. Das Alter und die Baugeschichte der bemerkenswerten, direkt südlich an den Dom angebauten zehneckigen Pfarrkirche St. Johannes liegen weitgehend im Dunkeln. Erst im Jahr 1200 findet sich die Nennung eines Pfarrers (plebanus) der Kirche als Zeuge229. Ob die Errichtung der bis zur Niederlegung 1807/08 stehenden, zehneckigen und monumentalen Anlage vielleicht noch im 12. Jahrhundert parallel zum Dom erfolgt ist, ist zwar kunstgeschichtlich wahrscheinlich 230, jedoch ebenso ungewiss, wie lange die ursprüngliche Funktion als Taufkirche des Doms noch bestanden hat. Weitere Nennungen als Pfarrkirche finden sich unter anderem für die Jahre 1248 und 1264 (hier auch Nennung eines erstmals 1242 genannten Friedhofs 231), 1263 geht das Patronatsrecht vom Kustos des Domstifts auf das Domkapitel selbst über 232. In den Erhebungslisten des Gemeinen Pfennigs von 1496 werden ein Pleban und fünf Altäre mit acht Geistlichen genannt, die reichste Ausstattung unter den acht Wormser Pfarreien. Laut dem Bericht im so genannten »Tagebuch« des Bürgermeisters Reinhard Noltz für das Jahr 1505 war die Kirche Ausgangspunkt der Palmprozession und Palmweihe am Sonntag vor Ostern233. Seinem Augenzeugenbericht zufolge versammelten sich (ungeachtet des seit 1499 erfolgten Auszugs des Stiftsklerus und verhängter kirchlicher Strafen gegenüber der Stadt) auf Anordnung des Rates alle Geistlichen und »pfarrherren« mit Fahnen zum Palmamt in der Pfarrei St. Johann und gingen dann gemeinsam prozessionsweise zum »Andreaskirchhof«, bei dem es sich vermutlich um den Friedhof am St. Andreasstift, möglicherweise aber auch den Gottesacker am westlich vor der Stadt gelegenen St. Andreasberg (Pfarrkirche und Reuerinnenkloster) gehandelt hat. Dort wurde dann die Palmweihe vorgenommen. Die gesamte Gemeinde sowie der alte und neue Rat waren anwesend; Noltz erwähnt, der Gottesdienst sei dieses Jahr erlich und andächtig beszer dan das vergangen jar beschloszen worden.

Vorstädtische Pfarreien Im nördlichen Vorstadtbereich lag die erstmals 1007 genannte Kirche St. Amandus234. 1234 wurde das Patronatsrecht des Dompropstes an dem Gotteshaus bestätigt 235, in dessen direkter Nähe erstmals 1207 (vgl. unten) eine dem heiligen Remigius geweihte Kapelle bestanden hat, die im Laufe des Jahrhunderts zeitweilig Pfarreifunktionen wahrnahm. Im Jahr 1279 wird der rector parochie s. Amandi erwähnt236. Das im 13. Jahrhundert recht bedeutende und wohlhabende, vom allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung und dem

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Wachstum der Stadt profitierende Gotteshaus wird im Jahr 1283 erstmals ausdrücklich als Pfarrkirche bezeugt. In diesem Jahr verlieh der Wormser Bischof dem Dominikanerinnenkloster Maria Himmelskron in Hochheim bei Worms die Pfarrkirche St. Amandus (parochia sancti Amandi in suburbio Wormaciensi)237. 1324 erfolgte die Inkorporation in das Liebfrauenstift als diesem von nun an zugehörige Pfarrei238. Zum Jahr 1496 werden der Pleban und vier Altäre mit je einem Altaristen genannt; von 1637 bis 1642 war die Kirche den Kapuzinern zugewiesen239. Die Kirche St. Cäcilia unweit von Mariamünster im südlichen Suburbium und somit in einem älteren Coemeterialbezirk bestand sicher bereits vor dem 12. Jahrhundert und ist altes Zubehör von Kloster bzw. Stift Nonnenmünster 240. Im Jahr 1253 willigt das Domkapitel in die Inkorporation der ecclesia sancte Cecilie (in suburbio Wormaciensi) in das Kloster ein; betont wird hierbei die »seit alters her« bestehende Zugehörigkeit241. Zu 1314 und 1367 wird der Pleban erwähnt, 1380 wird St. Cäcilien als Pfarrkirche der Speyerer Vorstadt bezeichnet. In den Erhebungslisten des Gemeinen Pfennigs werden ein Pleban und fünf Pfründen genannt. An der 1141 erstmals genannten, westlich vor der ummauerten Stadt gelegenen Kirche St. Andreasberg ist ab 1232 erstmals die bis zu ihrer Aufhebung 1802 bestehende Niederlassung der Reuerinnen (St. Maria Magdalena) bezeugt242. Im Jahr 1243243 erfolgte eine bischöfliche Bestätigung der Schenkung der Bergkirche St. Andreas an diesen Frauenkonvent, wobei hier erstmals die in derselben Kirche bestehende Pfarrei mitsamt den Parochianen (populus … parochie … sancti Andree de monte … in suburbio Wormaciensi), der Friedhof und ein »pastor« genannt werden. An dieser Stelle hat also spätestens seit dem ersten Drittel des 13. Jahrhunderts eine voll ausgebildete Pfarrei für den westlichen Vorstadtbereich bestanden. Es werden hier Fragen des Verhältnisses zum Reuerinnenkonvent fixiert und Regelungen für den Fall getroffen, dass Parochianen aus dem Pfarreibezirk von St. Magnus »infra muros« dort bestattet zu werden wünschen. Erkennbar sind noch bestehende, auf ältere Verhältnisse verweisende Bindungen an das Andreasstift. Die Pfarrei wird öfter in den Quellen genannt, so der Pfarrer 1380, der Pfarrer und seine »Gesellen« samt anderen Priestern 1390 usw.244. Im Jahr 1392 wird die Stiftung einer Messe zu Gunsten von Pfarrer und Pfarrei beurkundet, die Einblicke in das gottesdienstliche Leben der Pfarrei zulässt245. Zahlreiche Belege für das 15. Jahrhundert finden sich in den von Schwan herausgebrachten Wormser Regesten. In den Listen des Gemeinen Pfennigs von 1496 werden ein Pleban und sechs Altarpfründen genannt. Die im Bereich der heutigen Knappengasse unweit des Eisbaches gelegene, wie erwähnt erstmals 1141 genannte Kirche St. Michael (s. o.) wird sehr oft in Verbindung mit Mühlen genannt, so 1226246 (Vererbleihung von Mühlen apud sanctum Michahelem sita). Zum Jahr 1235 ist die Verwüstung von Häusern in suburbio ad sanctum Michaelem bezeugt247. Zum Jahr 1300 wird sie im Zusammenhang eines schon genannten Vertrages der »Geschworenen und Gemeinschaft der Pfarrei« (iurati ac universitas parochie) mit der Domkirche als Pfarrkirche erkennbar, als eine infolge des Bevölkerungswachstums notwendige Friedhofserweiterung festgelegt wird248. Während des gesamten Mittelalters ist St. Michael als Pfarrkirche nachweisbar, die Erhebungsliste für den Gemeinen Pfennig nennt zu 1496 einen Pleban und drei Kapläne; zwischen 1315 und 1390 sind drei Altäre in der Kirche genannt. Nach starkem baulichem Verfall während des 17. Jahrhunderts wurde St. Michael um 1700 der Johanniskirche inkorporiert; der

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Friedhof wurde als Gottesacker der Johanniskirche genutzt, die Reste sind wohl um 1800 auf Abbruch versteigert worden. Laut den Erhebungslisten des Gemeinen Pfennigs von 1496249 hat angeblich als neunte Pfarrei eine im Neuen Hospital existierende Parochie bestanden. Über eine solche ist sonst nichts bekannt. Tatsächlich dürfte vielmehr der dort genannte Pleban mit den drei niederen Pfründen zum Spital selbst gehört haben. Um einen Sonderfall außerhalb der Pfarreistrukturen handelt es sich bei der kurzzeitig als Pfarrei genannten Kapelle St. Remigius, die ab 1299 Sitz des Wilhelmitenklosters wurde. Mit St. Remigius 250 tritt nördlich der Stadtbefestigung erstmals im Jahr 1207 ein vermutlich sehr altes Gotteshaus samt Friedhof in das Licht der Überlieferung251. Die Kirche gehörte zu diesem Zeitpunkt dem Cyriakusstift in Neuhausen. Im Jahr 1283 wird St. Remigius – zugleich mit St. Amandus – als Pfarrei bezeichnet, was den Schluss einer recht beachtlichen baulichen Konzentration und Verdichtung im nördlichen Vorstadtgebiet nahe legt 252. Die Kirche lag immerhin attraktiv genug, um 1282/83 einen ernsthaften Versuch unternehmen zu lassen, das ab 1278 gegründete Dominikanerinnenkloster Maria Himmelskron in Hochheim unweit westlich von Worms nach dorthin zu verlegen; ein Vorhaben, das vor allem am Einspruch des Stifts Neuhausen gescheitert ist 253. Wohl kurz darauf ließen sich dann die Brüder des Wilhelmitenordens in der Kapelle nieder, deren Niederlassung formal bis in das 16. Jahrhundert Bestand hatte254. 1299 erfolgt die erste Erwähnung der fratres sancti Wilhelmi, sie sind später als an Stelle der Kapelle ansässig bezeugt 255. 1489 wird die städtische Pflegschaft des abgängigen bzw. verwaisten Konvents erwähnt 256. Die Erhebungslisten des Gemeinen Pfennigs nennen zu 1496 wieder eine Remigiuskapelle. 1529 erfolgte der Verkauf der Kapelle an einen Domherrn, der zum Pfleger des vormaligen Klosters bzw. seiner Güter ernannt wurde. Kapelle bzw. Kloster befanden sich im Bereich der heutigen Remeyerhofstr. 20, unweit von St. Amandus.

Kapellen (ohne Dombezirk) 257 Ersterwähnung vor 1200 St. Alban: erwähnt 1141 (Lage unbekannt, keine weiteren Nennungen) Lit.: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 59 St. Kilian: Bau unter Bf. Azecho (gemäß einer Gedenk- und Fürbitteninschrift, 1025 – 1044); urkundliche Erwähnung 1223 (Boos, UB Worms II, S. 722f.: Ort eines Rechtsgeschäfts; zahlreiche Belege 15. Jh.); Erhebungsliste des Gemeinen Pfennigs 1496: eine Pfründe; schon vor 1689 außer Gebrauch; Lage: Hagen-, Ecke Römerstraße (heute Parkplatz) Lit.: Gensicke, Die Kapelle St. Kilian; Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 64f.; Fuchs, Inschriften, S. 10 Nr. 9+ St. Margaretha: erste Erwähnung als capella 1141 als Besitz des Frauenkonvents Nonnen-/Mariamünster (Kraft, Reichsgut, S. 256; Schäfer, Mauerbaupflicht); zahlreiche weitere Belege als Kapelle ab 1273 (UB Otterberg Nr. 282 S. 179); eine Bruderschaft an der Kapelle wird 1360 erstmals erwähnt; dann wieder 1390 (Boos, UB Worms II, Nr. 944 S. 617– 619: Seelgerätstiftung an die bruderschafft zu sante Margareten); 1461 Zinsverkauf der Bruderschaft an den Rat der Stadt (StadtA Wo Abt. 1 A I Nr. 475, weitere Nennung zu

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1429, ebda. Nr. 393); ab 1400 zahlreiche Belege bei Schwan, Wormser Urkunden; Erhebungsliste des Gemeinen Pfennigs 1496: zwei niedere Pfründen; Lage: unsicher Lit.: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 66 St. Silvester und Valentin: erste Nennung in bfl. Urkunde für St. Andreasstift als Kapelle mit Silvesterpatrozinium 1141 (Boos, UB Worms I, S. 58 Nr. 70); 1242 wurden hier – genauer im nahe gelegenen Stadtgraben – Opfer der Brandkatastrophe von 1242 beigesetzt (Boos, Monumenta, S. 148f.); 1259 als capella (Boos, UB Worms II Nr. 275 S. 728); 1301/03 und 1311 Indulgenzbriefe zur Wiederherstellung der baufälligen Kapelle (1311 erstmals Doppelpatrozinium genannt, ebda. Nr. 68 S. 43); 1344 besteht eine Beginenklause bei der Kapelle (weitere Belege 1360, 1380); enge Verbindung mit dem Andreasstift: Boos, UB Worms II, Nr. 351 S. 247 (1345); Erhebungsliste des Gemeinen Pfennigs 1496: eine Pfründe; noch im 18. Jh. in Gebrauch; 1802/83 verpachtet und versteigert; Lage: unweit der Pfauenpforte (heute Valentinsgasse, SW-Ecke der Kreuzung Wollstraße/Fischmarkt) Lit.: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 72; Wolf, Beginen, S. 43f. St. Sixtus: erstmals genannt 1139 (MGH DD Konrad III. Nr. 18 S. 32; Anrainerbeleg: Höfe vicine beati Syxti basilice), 1227 (Baur, Hessische Urkunden II, S. 69 Nr. 61); Nekrologeintrag zu Bf. Konrad II. (gest. 1192, vgl. Friedmann, Beziehungen, S. 210, curtis apud S. Sixtum); 1254 (Boos, UB Worms I, Nr. 250 S. 167); Erhebungsliste des Gemeinen Pfennigs 1496: acht niedere Pfründen (ein Spitzenwert unter den Kapellen); Verfall im 16. Jh./ Profanierung der Ruine 1580; Lage: heutiger Sixtusplatz Lit: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 69; Der Wormsgau 3, 1951– 58, S. 155f. St. Stephan/Bischofshof (Palastkapelle): (für die Zeit bis um 1200 vgl. oben) 1315 und öfter als Kapelle erwähnt; Belege als Kapelle für das 15. Jh. bei Schwan, Wormser Urkunden; 1657 den Karmelitern überlassen, nach Stadtzerstörung 1689 kein Wiederaufbau Lit: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S.70 –72 St. Stephan/Gottesackerkirche: Anfang 12. Jh. in der Vita Eckenberti (Boos, Monumenta, S. 69) genannt als Ort eines bei Weinbergen gelegenen Friedhofs (coemeterium) und eines von Eckenbert begründeten kurzlebigen Frauenkonvents (Boos, Monumenta, S. 135; Schulz, Das Leben des hl. Eckenbert); 1350 (Boos, UB Worms II, S. 277 Nr. 406) wird ein Haus vor dem Martinstor retro sanctum Stephanum genannt; im 15. Jh. Erwähnungen einer Beginenklause an St. Stephan (Lokalisierung an dieser Stelle nicht ganz gesichert); sonst keine Nennungen als Kapelle mehr, keine Nennung in den Listen des Gemeinen Pfennigs 1496; 1689 zerstört. Lage: Mainzer Vorstadt, im Bereich der heutigen Wonsamstraße; hier lag später der so genannte Pestfriedhof/lutherischer Gottesacker Lit.: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 62f. Ersterwähnung 1200 bis 1500 St. Georg (bei der Martinspforte): erstmals 1241 erwähnt (Anrainerbeleg: Boos, UB Worms I, Nr. 200 S. 139); vgl. auch Boos, UB Worms II, S. 348ff., Erhebungsliste des Gemeinen Pfennigs 1496: eine Pfründe; 16./Anf. 17. Jh. profaniert; Lage: heute Friedrichstr. 18 (unweit des Martinstors in direkter Nähe des Judenviertels) Lit.: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 61f.

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St. Georg/Schönauer Klosterhof: 1263 Erwähnung als capella fratrum Schonaugensium site in nostra civitate in curia eorundem fratrum (Boos, UB Worms I, Nr. 318 S. 210; bürgerliche Stiftung zu Gunsten der Kapelle), 1345 Nennung eines Kaplans capelle sancti Georii in curia dominorum de Schonauwia Worm. site (Boos, UB Worms II, S. 247 Nr. 350); Schönauer Hof erstmals 1216 fassbar; Lage: Wollgasse (vgl. auch unten S. 732) Lit.: Schaab, Schönau (weitere Belege) Kapelle im Otterberger Klosterhof (Patrozinium unbekannt, vgl. S. 732): 1263 Weihe und Ablasserteilung (Boos, UB Worms I, Nr. 316 S. 209); Hof erstmals 1195 genannt, Lage: bei St. Magnus/Glaskopf St. Gertrud: erstmals 1299 erwähnt (Boos, UB Worms I, Nr. 487 S. 323); Vikar 1414 genannt (Kapelle St. Gertrud beim Hof zum Kämmerer: Schwan, Wormser Urkunden Nr. 171 S. 53), Erhebungsliste des Gemeinen Pfennigs 1496: eine Pfründe; Lage: östliche Seite im Bereich der Unteren Kämmerergasse Lit.: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 62; Keilmann, Paulusstift, S. 97 Anm. 47 St. Jakob: erstmals 1441 erwähnt (StadtAWo Abt. 1 A I Nr. 419): Kapelle beim Gutleuthaus im südlichen Vorstadtbereich (vgl. S. 731). St. Johann: vgl. Johanniterorden (Erhebungsliste des Gemeinen Pfennigs 1496: eine Pfründe). Marienkapelle (Vorläuferin des Liebfrauenstifts ab 1298): 1283 erstmals als ecclesia erwähnt (Boos, UB Worms I, Nr. 403 S. 261), Alter unbekannt bzw. unklar Lit.: Bönnen, Gründung Liebfrauenstift, S. 22f. St. Magdalena: erste Erwähnung 1366 (Boos, UB Worms II, S. 399 Nr. 613), 1414 Nennung eines Meisters der dortigen Bruderschaft (Schwan, Wormser Urkunden S. 52 Nr. 169); Erhebungsliste des Gemeinen Pfennigs 1496: eine Pfründe; Lage: nicht eindeutig, wohl im Bereich Fischmarkt Lit.: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 66 St. Meinhart: erste und auch lange danach einzige Nennung des Friedhofs zum Jahr 1488 in »Acta Wormatiensia«: Ks. Friedrich III. lässt bei seinem Besuch in Worms bei der Suche nach dem Grab Siegfrieds auf dem sant Meinharts kirchhoff graben (Boos, Monumenta, S. 563). Die Kapelle ist nicht – wie lange angenommen – mit der des benachbarten Leprosenhauses identisch (siehe St. Jakob); keine Erwähnung in den Listen des Gemeinen Pfennigs 1496; nach der Reformation in lutherischem Gebrauch, bis um 1800 Gottesdienste (1689 nicht zerstört); um 1802/03 Versteigerung, 1837 letzte Reste verschwunden; Lage: südlich des Klosters Maria-/Nonnenmünster außerhalb der Klostermauern bei St. Cäcilien Lit.: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 67 St. Nazarius: erste Nennung 1266 als ecclesia (Boos, UB Worms I, S. 219 Nr. 235); Gründung steht im Zusammenhang mit Klosterhof bzw. Abteibesitz von Lorsch, vermutlich sehr alte Errichtung, spätestens im 12. Jh. hat die Kapelle sicher bestanden; aber wohl bereits vor 1400 war sie als solche wohl nicht mehr existent; Lage: Bürgerhofgasse/ Bereich heutiges (altes) Rathaus Ecke Hagenstraße

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Lit.: Bönnen, Kontakte und Beziehungen, mit Lageplan S. 102; Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 68 St. Pankratius: erste Nennung 1241 (Boos, UB Worms I, Nr. 200 S. 139 als Kapelle); 1254 capella (ebda. Nr. 245 S. 163); als ecclesia genannt 1342 (Boos, UB Worms II, S. 230 Nr. 324); vgl. Belege für das 15. Jh.: Schwan, Wormser Urkunden; Erhebungsliste des Gemeinen Pfennigs 1496: eine Pfründe; wohl spätestens um die Mitte des 17. Jahrhunderts profaniert; Lage: direkt am Niedermarkt (in inferiori foro; »Kratzwinkel«) bei der heutigen Pankratiusgasse Lit.: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 68 Rebstock, Kapelle zum/Allerheiligenkapelle: erste Erwähnung: 1366 (Baur, Hessische Urkunden V, S. 430 Nr. 459: aller heiligen Capelle an dem Houe zum Rebestogke … gelegen; vgl. auch Boos, GRS 2, S. 273); um diese Zeit befand sich dort (1363 und 1377 belegt) eine Beginenniederlassung; wurde durch Kauf 1474 zum Klosterhof des reg. Chorherrenstifts Kirschgarten (Weißenburger, Kirschgarten Nr. 173 –175 S. 30); Erhebungsliste des Gemeinen Pfennigs 1496: eine Pfründe; Lage: am Hof zum Rebstock in der Wollgasse, unweit Kratzwinkel/heute Pankratiusgasse Lit.: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 60f.; Wolf, Beginen, S. 39 St. Remigius/Wilhelmitenkloster: vgl. unter Pfarreien, S. 726 bzw. S. 707 St. Ulrich: 1254 Friedhof St. Ulrich genannt (Boos, UB Worms I, Nr. 245 S. 163: cimiterio sancti Udalrici); 1308 Kapelle genannt (Boos, UB Worms II Nr. 54 S. 36), 1314 Kapelle und Friedhof (ebda. Nr. 91 S. 73; siehe auch weitere Belege Remling/Frey, UB Otterberg Nr. 537 S. 276; Nr. 577 S. 290: Kapelle und Friedhof); Belege: Boos, Monumenta, S. 67 (Lage in vico clipei Anfang 14. Jh.), S. 543 (Tagebuch Noltz zu 1509; Soldan, Beiträge, S. 203); Erhebungsliste des Gemeinen Pfennigs 1496: eine Pfründe; Mitte 16. Jh. verfallen und profaniert; Lage: nicht eindeutig zu bestimmen, Bereich Koehl-, Römer-, Hagenstraße Lit.: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 73f.

Mittelalterliche Hospitäler in Worms Die Geschichte der Wormser Spitäler lässt sich dank der verdienstvollen Regestenveröffentlichung von Carl Villinger (1947) recht genau nachzeichnen. Leider verfügen wir bis in das 13. Jahrhundert über keinerlei Beleg für die Existenz karitativer Einrichtungen oder Bruderschaften, die es ohne Zweifel gegeben haben muss. Auch Spitalseinrichtungen der Stifte und anderer Kirchen sind für diese Zeit nicht belegt. Den im Folgenden zu nennenden Einrichtungen an die Seite zu stellen sind die Belege für krankenpflegerische Tätigkeit bei den Beginenniederlassungen in der Stadt und der 1390 erstmals bezeugte Alexianerkonvent in der nach ihrer Gemeinschaft benannten Hardtgasse, dessen Angehörige sich ebenfalls der Krankenpflege gewidmet haben258. Wie lange das erstmals 1221 durch eine beiläufige chronikalische Nennung sicher bezeugte »Alte Spital«, das unweit der Johanniskirche in unmittelbarer Domnähe gelegen

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hat und dem Domstift zugeordnet war, bereits bestanden hat, wissen wir nicht. Spätestens zu Beginn des 14. Jahrhunderts fungierte es bereits nicht mehr als Spital. Nur wenige vereinzelte Anrainerbelege und andere Zufallserwähnungen aus dem 13. Jahrhundert (1242 Nennung eines Friedhofs sancti Johannis hospitalis 259; 1259 Rückkauf des Spitals durch die Domkirche) lassen sich für seine Existenz anführen. Immerhin war die Erinnerung an die Einrichtung noch um 1450 lebendig, wie es uns Urkunden bezeugen 260. Das wichtigste Hospital der spätmittelalterlichen Stadt und seit seinem Beginn unter (Mit-)Kontrolle des Rates war das Neue bzw. Heilig-Geist-Spital vor der Neupforte bzw. dem Speyerer Tor (bzw. Leonhardspforte), das die Funktionen des aufgelösten Alten Spitals mit übernommen haben dürfte261. Erstmals wird es urkundlich 1261 erwähnt262, als der Dompropst urkundet, dass der Wormser Bürger Heinrich Cippura (Zippur) – »Verwalter des Neuen Hospitals vor der Neupforte« und Mitglied einer sehr namhaften Familie der städtischen Oberschicht – verpflichtet sei, der Pfarrkirche St. Magnus jährlich 15 Pfund Öl zu zahlen (procurator Novi hospitalis ante Novam portam Wormaciensem). Die Einrichtung steht also am Beginn ihrer nachweislichen Existenz unter der Aufsicht eines vom Rat eingesetzten Pflegers, wie dies für sehr viele mittelalterliche Spitäler selbst kleinerer Städte festzustellen ist. Allerdings hat auch das Domkapitel während des 14. und 15. Jahrhunderts erfolgreich Aufsichtsrechte über das Spital und damit seinen Grundbesitz geltend gemacht und durchzusetzen verstanden. Die Quellen berichten von Schenkungen und Stiftungen, testamentarischen Vermächtnissen (vermehrt nachweisbar ab 1275), erwähnen Spitalsmeister, Verwalter und Pfleger der Einrichtung und geben gewisse Anhaltspunkte für die wirtschaftliche Entwicklung der Anstalt, zu der eine stattliche, zweitürmige Kirche (mit dem Chor an der heutigen Speyerer Straße) und Baulichkeiten im Bereich des unweit von hier in die Stadt hineinfließenden Stadtbaches (Eisbach) gehört haben. Die Anlage wurde 1632 von den Schweden zerstört und nicht mehr wieder aufgebaut. Nach der Reformation verblieb das Spital – im Gegensatz zur so genannten Elendenherberge (s. u.) – in der Verfügung des katholischen Bevölkerungsteils der Stadt. 1301 wird ein Priester des Spitals genannt, später immer wieder Kapläne; als Pfleger treten hier sowohl Domgeistliche als auch Stadtbürger auf. Für die Jahre 1399 und 1465 sind der Domdekan und ein Ratsherr als gemeinsame Pfleger bezeugt, was als Beleg für eine de facto gemeinsame Aufsicht durch beide Seiten gewertet werden kann263. Im Jahr 1325 findet sich eine Nennung des außerhalb der Stadtmauern gelegenen Spitalsfriedhofes. Seit 1354 ist die Verwaltung des Spitals durch die Gemeinschaft der Brüder vom heiligen Geist indirekt bezeugt (»Herren vom weißen Kreuz«). Über ihre Tätigkeit ist nur sehr wenig Gesichertes bekannt. In den Erhebungslisten des Gemeinen Pfennigs von 1496 sind fünf Mönche vom Heilig-Geist-Orden in Stephansfeld bei Brumath/Elsass als für das Spital Verantwortliche erwähnt. Noch 1525 weist eine Beschwerde der Stadt auf die Ansprüche des Domkapitels bei Verwaltung und Nutzung der Einrichtung hin, die hier als newes spittal zum heiligen geist bezeichnet wird. Im selben Jahr verzichtet die Geistlichkeit tatsächlich auf ihre Ansprüche und muss alle Rechte auf die Stadt übertragen. Das Heilig-Grab-Spital/Elendenherberge, in Verbindung mit der Allerheiligenkapelle vor dem Martinstor 264 außerhalb der ummauerten Stadt an der Straße Richtung Mainz gelegen, wird erstmals als hospitale in einem päpstlichen Schutzprivileg für den Or-

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den im Jahr 1245 genannt. Zu diesem Zeitpunkt besaßen es samt dazugehörigem Grundbesitz die regulierten Chorherren des Ordens vom Heiligen Grab 265. Die städtischen Archivalien enthalten eine Reihe von Belegen für die unter Aufsicht der Stadt geführte so genannte Elendenherberge in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, die 1442 von Kaiser Friedrich III. in seinen Schutz genommen wurde. In den Erhebungslisten des Gemeinen Pfennigs wird für 1496 ein Mönch vom Orden des Heiligen Grabes in Worms erwähnt. Nach der Auflösung des Franziskanerklosters durch die Stadt 1539 fielen dessen Besitzungen an das Spital (»die elende Herberge«), was 1543 durch Kaiser Karl V. urkundlich bekräftigt wurde. Das Spital stand bis zum Stadtbrand von 1689; lediglich die Allerheiligenkapelle wurde danach wieder aufgebaut und noch genutzt. Der lutherische Rat errichtete nach 1700 ein neues Spital sowie ein Armen- und Waisenhaus in der Hardtgasse. Ebenfalls in das 13. Jahrhundert fällt die erste Erwähnung einer ebenfalls rein städtischen karitativen Einrichtung, des Leprosen- bzw. Gutleuthauses samt Kapelle, unweit von Kloster Nonnenmünster im südlichen Vorstadtbereich gelegen. Der erste Beleg für die Existenz einer solchen Aussätzigen-Anstalt samt ihrer Kapelle fällt in das Jahr 1274, als das Paulusstift den Leprosen (pauperes homines leprosi) Land gegen einen jährlichen Zins zur Erbleihe überlassen hat266. Seither lassen sich zahlreiche testamentarische Verfügungen zu Gunsten des unter der Leitung des Stadtrates stehenden Hauses belegen. Der Rat hat im Laufe des 15. Jahrhunderts durch Ordnungen die inneren Angelegenheiten der Anstalt zu regeln versucht und Schaffner eingesetzt267 sowie um 1450 (?) ein im Stadtarchiv erhaltenes Zins- bzw. Einkünfteregister anlegen lassen268. Erstmals 1441 ist das Patrozinium St. Jakob für die Kapelle des Leprosoriums belegt (1336 wird ein Kaplan genannt), 1496 wird die Einrichtung in einem Anrainerbeleg genannt 269. Zwar sind in der Aktenüberlieferung des Stadtarchivs aus den Jahren 1548 bis 1570/76 Rechnungen des von zwei Pflegern verwalteten Gutleuthauses der Stadt überliefert270, jedoch ist über die Entwicklung der inneren Verhältnisse der Anstalt und über die Frage, ob und inwieweit sie tatsächlich so lange in ihrer Ursprungsfunktion bestanden hat, nichts Sicheres bekannt. Insgesamt geben die erwähnten, noch nicht ausgewerteten Quellen Einblicke in die finanzielle Seite der Institution bis in die 1570er Jahre, in denen die Überlieferung abbricht.

Stadthöfe und geistlicher Grundbesitz Neben den zahlreichen Wormser geistlichen Institutionen spielten für das religiöse Leben, die Besitzstruktur innerhalb und vor der Stadt sowie für die städtische Wirtschaft auch eine große Zahl von Klöstern und religiösen Gemeinschaften aus dem Bistum Worms und benachbarten Diözesen eine wichtige, bislang noch nicht näher untersuchte Rolle. Die Lage der in ihrem Besitz auch auf Worms ausgerichteten Klöster ist Teil der intensiven Stadt-Land-Beziehungen und einer der Indikatoren für die Ausstrahlung der Stadt in ein weites Umland. Der umfangreiche Grund-, Haus- und Rentenbesitz, die Verfügung über Renten, Naturaleinkünfte, Miet- und Pachtzinsen in der Stadt und landsowie weinwirtschaftlicher Besitz im nahen Umland tritt noch zu dem ohnehin hohen

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Anteil geistlich bestimmter Besitz- und Rechtsverhältnisse in der Stadt hinzu und hat diese zum Teil über die Ereignisse der Reformationszeit hinaus mit geprägt. Dieses Phänomen lässt sich auch in anderen Bischofsstädten gut beobachten, wobei etwa ein vergleichender Blick in das benachbarte Speyer zeigt, dass es hinsichtlich der in den beiden Städten präsenten Institutionen so gut wie keine Überschneidungen gegeben hat 271. Die ältesten und bei weitem wichtigsten Stadthöfe mit Kapellen und umfangreichem Grundbesitz sowie Renteneinkünften in Geld und Naturalien waren bereits seit vor 1200 im Besitz der bereits erwähnten Zisterzen Otterberg und Schönau. Ihre überaus engen Verflechtungen mit der Stadt und ihrer Bürgerschaft sind nachdrücklich zu betonen. Der zum ersten Mal um 1185, dann wieder 1216 bezeugte Besitzkomplex von Schönau272 wuchs durch zahlreiche Schenkungen und wurde planmäßig ausgebaut, seit dem 13. Jahrhundert kennen wir die Pfleger und vereinzelten Mönche des Klosters in Worms, für das späte Mittelalter sind die Verwalter und Geistlichen des Besitzes bekannt. Den Wormser Besitzungen kam im Gefüge der Schönauer Klosterwirtschaft eine herausragende Rolle zu. Der eigentliche Hof, dessen genaue Ausdehnung und Gestalt seit dem frühen 14. Jahrhundert nachvollziehbar ist (er zog sich längs der Wollgasse hin, stieß an die Stadtmauer und reichte bis zum Pfauentor), befand sich an der südöstlichen Peripherie der Stadt; zu diesem gehörte auch die bereits erwähnte Kapelle des Anwesens. Benachbart hatte die Abtei Häuser gemietet und besaß Grund und Boden auch vor der Stadtmauer. Öfter mussten Streitigkeiten wegen des Traufrechts, des Zugangs zur Stadtmauer und der Nutzung von Allmendeland längs der Mauer mit der Stadt geregelt werden. Zu dem Besitzkomplex kamen noch landwirtschaftliche Nutzungsrechte im städtischen Umfeld sowie weiterer städtischer Hausbesitz, etwa am Obermarkt, hinzu. Einen großen Teil seiner Wormser Besitzungen verdankte die Abtei spätestens seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts dem Klostereintritt von Wormser Stadtbürgern. Zu den Schenkungen und Vermächtnissen tritt als Faktor eher untergeordneter Bedeutung der Kauf noch hinzu. Ein klösterliches Lagerbuch vom Jahr 1559 lässt für diesen späten Zeitpunkt den Besitzstand und die Einkünfte erkennen. Der Abt von Schönau fungierte auf Grund eines päpstlichen Privilegs vom Jahr 1260 als Konservator geistlicher Privilegien und behielt diese Stellung noch bis in das 16. Jahrhundert bei. Nach der Klosteraufhebung ist der gesamte Besitz während der 1560er Jahre an die Kurpfalz gefallen. Der erstmals 1195 als curia bezeugte Haupthof des Klosters Otterberg 273 in unmittelbarer Nähe der Pfarrkirche St. Magnus profitierte in ähnlicher Weise von umfangreichen Schenkungen und Stiftungen und bestand ebenfalls bis zur Klosteraufhebung im 16. Jahrhundert; bereits 1248 muss es mindestens zwei Höfe gegeben haben 274. Seit den 1220er bis 1240er Jahren kam es zum Ausbau der dortigen Besitzungen. Zugleich kauften sich vermögende Wormser Bürger in dem Hof ein und traten dadurch in engere Kontakte auch zum religiösen Leben der Brüder. Für das Kloster Otterberg ist zu 1492, für Schönau zu 1525 ein Vertrag mit der Stadt über die Rechte und Pflichten sowie den städtischen Schutz überliefert275. An weiteren Klöstern neben diesen beiden und den im Vorstadtbereich bzw. in Hochheim 276 (s. o.) gelegenen sind mit einer nachweisbaren Fundierung in Worms zu nennen277:

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Arnstein/Lahn (Prämonstratenser, Erzbistum Trier278): Wormser Besitz ist hier um 1200 anzunehmen; im Jahr 1227 wurde den Mönchen ein Hof geschenkt. Aus dem späten Mittelalter liegen bis zur Veräußerung des Komplexes an das Martinsstift 1478 (und mit ihm des meisten Klosterbesitzes) zahlreiche urkundliche Nachrichten über den vor der Neupforte gelegenen Hof vor, wo die Abtei eine Kellerei (samt Kelterhaus) für ihre um Worms gelegenen Besitzungen errichtet hat. Benachbart am Obermarkt/Ecke Hafergasse verfügte das Stift über einen weiteren Hof, der auch nach 1478 noch in seinem Besitz blieb, bevor dieser 1536 verkauft wurde. Das Kloster war seit den 1460er Jahren bei Wormser Juden verschuldet. Eberbach/Rheingau (Zisterzienser, Erzbistum Mainz): Es liegt hier nur ein einziger, jedoch früher und aufschlussreicher Beleg vom Jahr 1213 über einen vom Zoll befreiten Hof am Obermarkt und den Eintritt von aus Worms stammenden Personen in den Konvent vor279. Frankenthal (südl. von Worms, Augustinerchorherren): Zum Jahr 1350 gibt es einen Anrainerbeleg für ein Haus unweit der Pfauenpforte280; zu 1469 sind Häuser im Bereich des Klosters Nonnenmünster und zu 1459 ein Haus des Abtes bezeugt281. Glandières/St. Martin (Benediktiner; Lothringen/Dép. Moselle, Bistum Metz): 1271 erfolgt der Verkauf des Klosterhofes in der Zwerchgasse an das Domkapitel 282; 1412 Verkauf von Zinsen an das Domstift 283. Hirsau (Benediktiner, Bistum Speyer) 284: Besitz in der Stadt und dem direkten Umland (Hohen-Sülzen) ist bereits zwischen ca. 1100 und 1234 (Verkauf) nachweisbar. Hornbach (Benediktiner, Bistum Metz): Hier ist im Jahr 1345 ein Hof genannt 285. Höningen (Augustinerchorherrenstift): 1359 wird der Verkauf des Hauses unweit des Andreastores und bestimmter Zinserträge an einen Wormser Bürger286 beurkundet. Kaiserslautern (Prämonstratenser): Bezeugt wird zum Jahr 1215 die Verfügung über Zinsen in Worms; 1298 kommt es dann zum Verkauf von zwei Häusern in Worms an einen Bürger287. Lorsch (Benediktiner/Prämonstratenser, Erzbistum Mainz288): Der Besitzkomplex wird erstmals 1160 genannt, dann wieder 1299 (Rechtstitel unweit des Obermarktes); der Besitz ist bis in das 16. Jahrhundert nachweisbar. Marburg/Lahn bzw. Oberflörsheim (Rhh.) (Kommenden des Deutschen Ordens, Erzbistum Mainz): 1324 erfolgt der gemeinsame Ankauf eines Hauses in Worms 289. Ramsen (Zisterzienserinnen): 1306 kommt es zum Tausch von Zinsen auf Häuser in Worms290. Münsterdreisen (Prämonstratenser, Bistum Worms): Verzicht auf Hauszinse in Worms 1332291. Reichenbach (Klosterreichenbach, Benediktiner, Bistum Konstanz): Besitz für die Abtei ist bereits um 1100 belegt, noch 1280 werden Zinseinnahmen verkauft292. Rosenthal (Zisterzienserinnen): Es liegt ein Anrainerbeleg für Besitz (hoff) zu 1390 vor293. St. Georgen/Schwarzwald (Benediktiner, Bistum Konstanz): Besitz ist bereits um 1100 genannt, im Jahr 1139 werden Besitzrechte (sedes tributarias) fassbar; um 1250 veräußerte die Abtei Besitzungen und Einkünfte in und bei Worms an das Domkapitel 294.

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Selz/Elsass (Benediktinerinnen, Bistum Straßburg): 1259 wird der Verkauf von Grundbesitz des Klosters unweit der Silvesterkapelle an das Domstift 295 beurkundet. Wadgassen (Prämonstratenser, Bistum Metz): Im Jahr 1299 erfolgt der Ankauf eines Hofes am Pfaueneck von Kloster Schönau296. Wörschweiler (Zisterzienser, Bistum Metz): Genannt ist hier ein Hof am Neutor 1363, noch 1498 wird der in der Speyerer Gasse gelegene Hof anlässlich einer Verleihung gegen Zins erwähnt 297. Das Gesamtbild der Besitzverhältnisse auswärtiger Klöster ist uneinheitlich und ohne weitere vertiefende Studien lassen sich aus diesen einzelnen Momentaufnahmen noch keine Gesamtaussagen über Entwicklungstendenzen treffen. Neben einigen Klöstern, die ihren Besitz im Laufe des späten Mittelalters wieder abstoßen, bestehen dauerhaft in der Stadt fundierte Einrichtungen. Festzuhalten ist aber, dass der geistliche Grundbesitz auswärtiger Institutionen im Stadtgebiet für die Eigentumsverhältnisse und Besitzstruktur innerhalb der Stadt von erheblicher Bedeutung geblieben und Worms auch vor diesem mindestens bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts relevanten Hintergrund in hohem Maße als eine geistlich geprägte Stadt anzusprechen ist.

Baugeschichte und Baudenkmäler I RENE S PILLE/O TTO B ÖCHER

Die Stadt Worms ist reich an hochkarätigen Baudenkmälern aus einem Zeitraum von über 1 000 Jahren. Die jüngste Zusammenfassung ist die 1992 erschienene »Denkmaltopographie der Stadt Worms«1. Eine umfassende Wormser Baugeschichte mit ausführlicher Bearbeitung aller Baudenkmäler kann nicht Teil einer allgemeinen Stadtgeschichte sein, weswegen von den Autoren2 der Versuch unternommen wurde, alle Epochen in ihren wesentlichen Zügen zu charakterisieren und zur Veranschaulichung eine möglichst repräsentative Auswahl einzelner Objekte zu treffen. Obwohl die aktuelle Literatur zu dieser Thematik umfangreich ist, fehlen doch für zahlreiche Objekte ausführliche monografische Bearbeitungen.

Vorromanische Zeit Das frühe Mittelalter bzw. die vorromanische Zeit3 ist historisch eine interessante Epoche für die neue Entwicklung der Stadt nach dem Abzug der Römer. Von einer beginnenden Bautätigkeit ist zwar einiges Wissen überliefert, doch die sichtbaren Zeugnisse sind äußerst spärlich4. Unter den fränkischen Fürsten, die etwa ab 500 hier residierten, setzte sich das Christentum auch bei den germanischen Zuwanderern allmählich durch; damit gab es eine neue Bauaufgabe, den Kirchenbau. Am zentralen Punkt der Innenstadt, auf dem Domhügel, wo ein als Basilika definiertes römisches Gebäude stand, entwickelte sich ein Zentrum christlichen Glaubens, der Dom als Stiftskirche und Bischofssitz. Grabungsbefunde aus vorromanischer Zeit liegen vor5. Ab 612 soll durch die fränkische Königin Brunichildis die in der Völkerwanderungszeit möglicherweise zerstörte Stadt mit Dom wieder aufgebaut und von Papst Gregor dem Großen mit Reliquien der Heiligen Petrus und Paulus beschenkt worden sein; König Dagobert als ihr Nachfolger soll ihr Werk fortgesetzt und bis um 640 den Dom wieder hergestellt haben. In dieser Zeit lebte Berthulf, der erste zweifelsfrei überlieferte Wormser Bischof, der 614 an einer Synode in Paris teilgenommen hat. Nach urkundlichen Hinweisen wurde 852 die Bischofskirche erneuert und 872 wieder, diesmal nach einem Blitzschlag. Die südlich des Doms gelegene Johanniskirche, das Baptisterium, war ein Zentralbau auf zehneckigem Grundriss, der nach den bisherigen Befunden in das 12. Jahrhundert zu datieren6 ist, doch legt die Form

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die Vermutung nahe, dass die Kirche auf ein wesentlich älteres Bauwerk zurückzuführen ist. In nächster Nähe zum Dom, wahrscheinlich auf der Nordseite an der Stelle des späteren Bischofshofs, stand eine Königspfalz. Hier wurde von König Pippin 764 die erste Reichsversammlung in Worms abgehalten. Später, zwischen 770 und 791, zählte sie zu den Lieblingsresidenzen von Karl dem Großen, 783 feierte er hier die Hochzeit mit der fränkischen Adligen Fastrada; im Winter 790/791 ist diese Pfalz durch einen Brand verwüstet worden 7. Eine weitere Königspfalz wird bereits für das 6. und 7. Jahrhundert im Wormser Stadtteil Neuhausen genannt, sie diente als Residenz der ostfränkischen (austrasischen) Königin Brunichildis, einer Tochter des Westgotenkönigs Athanagild. Im 10. Jahrhundert entstand im Osten der Stadt, an der Stelle des späteren Paulusstifts, eine salische Burg bzw. Befestigung, die am 3. Oktober 1002 von Bischof Burchard niedergelegt wurde. Grabungsbefunde in Form von ausgerissenen Mauerzügen liegen vor8. Das 8. und 9. Jahrhundert war eine Zeit der Kirchen- und Klostergründungen9. Die einzige in Teilen erhaltene Kirche ist die Magnuskirche. Etwa gleichzeitig entstanden die Rupertus- und die Lampertuskirche. Die Rupertikirche im Osten der Stadt wurde im 8./9. Jahrhundert erbaut, ihr Patron, der heilige Rupertus, war Bischof von Worms und um 700 Begründer des Bistums Salzburg. Ergraben wurde eine geostete, kleine, langrechteckige Kirche mit Narthex. Im 10. Jahrhundert wurde sie als Hofkapelle in die Salierburg einbezogen, später diente sie als Pfarrkirche des Paulusstifts, wobei sie im gotischen Stil vergrößert wurde. 1689 wurde sie so stark beschädigt, dass von einer Wiederherstellung abgesehen wurde, und in den Folgejahren ist sie verschwunden 10. Ein recht ähnliches Schicksal hatte die Lampertikirche, die im Norden der Stadt auf dem heutigen Ludwigsplatz neben der Martinskirche stand und wohl aus dem 9./10. Jahrhundert stammte. 1689 wurde sie zerstört, die Grundmauern wurden ohne nähere Untersuchung beim Bau einer Tiefgarage 1974 beseitigt. Die Martinskirche selbst lässt sich urkundlich und baugeschichtlich erst in ottonisch/frühsalischer Zeit greifen 11, doch das Martinspatrozinium lässt auf einen früheren, fränkischen Ursprung schließen. In der Martinslegende berichtet Sulpicius Severus sogar, dass der hl. Martin unter Kaiser Julian Apostata hier in einem Kerker gefangen gehalten wurde, weil er nach seiner Taufe den römischen Kriegsdienst quittieren wollte. Das Bergkloster vor der Stadt, im Bereich Lutherring, Andreasstraße, Rathenaustraße und Am Bergkloster, geht auf eine Gründung im 9. Jahrhundert zurück, hier befand sich die Grablege des Bischofs Berenharius (814 –825). Das Kloster Mariamünster, im Süden vor der Stadt an der Klosterstraße gelegen, soll der Sage nach eine Gründung Ludwigs des Frommen (gest. 840) gewesen sein. Das Cyriakusstift im Stadtteil Neuhausen wurde 847 von dem Wormser Bischof Samuel gegründet, für dieses Stift konnte er aus Rom die Gebeine des heiligen Cyriakus beschaffen. An der Stelle des Stiftes soll es bereits eine dem heiligen Dionysius geweihte Kirche gegeben haben, die mit der fränkischen Königspfalz in Verbindung stand. Das Stift lag im Bereich des alten Ortskerns von Neuhausen, die letzten Reste wurden 1793 endgültig zerstört, es liegen nur spärliche Befunde über das Aussehen vor12. Um 900, in spätkarolingischer Zeit, hat Bischof Thietlach eine Mauerbauordnung erlassen. Diese setzt das Vorhandensein einer Stadtbefestigung voraus und regelt deren

Tafel 31: Das Hagendenkmal am Rheinufer ist das meistbeachtete Zeugnis der im frühen 20. Jahrhundert erstarkenden Nibelungenrezeption (1905/06)

Tafel 32a: Als Arbeiterkolonie errichtet und liebevoll von den Bewohnern gepflegt, erfreut sich die Siedlung »Kiautschau« großer Beliebtheit

Tafel 32b: Luftbild der Innenstadt, 1999

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Grafik 21: Wahlen zum Deutschen Reichstag 1919–1933 (Stadt Worms)

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1932 1933 31. 7. 5. 3. 1932 1933

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Grafik 22: Wahlen zum Landtag des Volksstaates Hessen 1919–1932 (Stadt Worms)

SPD

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DDP/DStP ZENTRUM

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19. 6. 1932

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NSDAP VRP

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Sonstige

25 % 20 % 15 % 10 % 5% 0% 1919 26. 1. 1919

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1921 1922 27. 11. 1921

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bauliche Unterhaltung. Es war die Zeit der Normannenvorstöße entlang des Rheins, die Mauerbauordnung ist als Schutzmaßnahme dagegen zu verstehen. In spätfränkisch/ karolingischer Zeit, mit der Festigung der bischöflichen Macht, wurde die Stadt systematisch mit einer Mauer umgeben13. Der älteste erhaltene Teil der Stadtmauer liegt im Westen, hinter dem Dom. Dieser Abschnitt ist zwar immer wieder ausgeflickt worden, aber in einzelnen Partien ist ein hervorragendes Fischgrätmauerwerk erhalten (vgl. Abb. 8 S. 94). Das Sandsteinmauerwerk ist stark durchsetzt mit Kalksteinen, was auf Abbruchmaterial von damals noch vorhandenen römischen Ruinen hinweist. Beispielhaft für diese frühe Zeit ist die heute evangelische Pfarrkirche St. Magnus14, deren Baugeschichte bis in die karolingische Epoche zurückreicht (Abb. 10 und 11 S. 128). Obwohl erst 1141 urkundlich zum ersten Mal als Pfarrkirche erwähnt, ist die nicht allzu große romanische Basilika zweifellos die Kirche der wesentlich älteren Magnuspfarrei, die Bischof Burchard um das Jahr 1020 mit dem Kollegiatstift St. Andreas verbunden hat. Sie dürfte ihn auch dazu bewogen haben, als Bauplatz des von ihm in die Stadt verlegten Andreasstifts ein Areal in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft (am heutigen Weckerlingplatz) zu bestimmen. Nach Grabungen der Jahre um 1930 und 1970 war der Gründungsbau des späten 8. Jahrhunderts ein dreijochiger Saal mit einer eingezogenen, gestelzten, innen runden, außen vielleicht rechteckig ummauerten Apsis im Osten. Um 950 entstanden quadratische Räume beiderseits der Apsis, offenbar eine Art Querhaus. Vom karolingischen Gründungsbau stammen die Ostteile der Nord- und Südwand des Mittelschiffs bis zur Sohlbank der heutigen Obergadenfenster; an der südlichen Mittelschiffwand sind im Inneren die Fenster des 8./9. Jahrhunderts als Nischen sichtbar. Bald nach dem Jahr 1020 erfuhr die Kirche durch die Anfügung eines Seitenschiffs auf der Südseite und den Anbau eines gerade geschlossenen Chorraums im Osten eine deutliche Vergrößerung. Die zuvor massive Südwand wurde durch drei Arkaden mit zwei Pfeilern aufgebrochen. Diese Baumaßnahmen dürften im Zusammenhang mit der neuen Zuständigkeit des Andreasstifts für die Magnuspfarrei stehen (um 1020). Spätestens seit etwa 1200 diente St. Magnus als Pfarrkirche, deren Geistliche zum benachbarten Kollegiatstift St. Andreas gehörten. Eine Erweiterung nach Westen erfolgte um 1020; eine vierte Arkade mit einem dritten Pfeiler wurde angefügt. Der auffällig schräge Verlauf der neuen Westwand ist durch die Begrenzung des zugehörigen ummauerten Friedhofs bedingt. Das spätromanische Westportal besitzt an seiner inneren Archivolte einen schnabelförmigen Gewändeauslauf, wie er für die Wormser Architektur um oder kurz nach 1200 charakteristisch ist. Erst in gotischer Zeit, um 1400, erhielt die Kirche ihre heutige Gestalt. Im Norden entstand ein zweites Seitenschiff, in der Nordostecke ein Turm; Chorraum und Seitenchöre wurden gratig gewölbt. Die Räume des ehemaligen »Querhauses« wurden Teile der neuen Seitenschiffe, wobei man den Abstand nach Osten durch eine Art Scheinvierung (mit größerer, jetzt durch Mittelsäulen unterteilter Bogenöffnung) überbrückte. Die Asymmetrie der neuen Wand zwischen dem nördlichen Seitenschiff und dem Mittelschiff beruht auf der Beibehaltung des Altars mit seinen Reliquien (St. Magnus von Füssen) am alten Platz im Chorraum des 11. Jahrhunderts. Schon vor dem Wormser Reichstag von 1521 fasste die Lehre Martin Luthers unter den Theologen des Andreasstifts Fuß. Vor allem der Stiftskantor, Nikolaus Maurus (1483 –1539), wirkte im reformatorischen Sinne und ließ durch die

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beiden Geistlichen Ulrich Preu genannt Schlaginhaufen und dessen Kaplan Johannes Freiherr (Johannes Rom(anus)) in der Magnuskirche lutherisch predigen. Obwohl die Mehrheit des Stiftskapitels von St. Andreas katholisch blieb, wurden in der Magnuskirche weiterhin lutherische Gottesdienste gefeiert, da der Magistrat der Stadt die Rückgabe der Magnuskirche an das Andreasstift erfolgreich verweigerte. Somit ist St. Magnus, zusammen mit der Kapelle auf der Ebernburg des Franz von Sickingen (1481–1523), die älteste evangelische Kirche Südwestdeutschlands. Durch den Brand von 1689 schwer beschädigt, erlebte die Kirche zwischen 1712 und 1756 einen Wiederaufbau in den Formen des Barock. Von Orgel, Kanzel und Deckengemälden überlebte nichts die Zerstörung durch Sprengbomben am 21. Februar 1945. Nur der spätgotische Taufstein 15 – eine Dauerleihgabe des Museums der Stadt Worms – und eine Reihe wertvoller Grabsteine des 15. bis 17. Jahrhunderts blieben erhalten. Der Wiederaufbau von 1952/53 gab der Kirche im Wesentlichen ihre alte Gestalt zurück. Über den alten Grundmauern entstand ein neuer Turm, der sich gut in das Stadtbild einfügt (Abb. 11 S. 128). Von Gustav Nonnenmacher stammen die beiden aus Sandstein gemeißelten Säulenkapitelle der Arkaden der Scheinvierung; sie zeigen die Symbole von deutschen Lutherstätten.

Das Zeitalter der Romanik von Bischof Burchard bis zum Ende der Stauferzeit Eine Blütezeit der Stadt und zugleich der baulichen und künstlerischen Entwicklung fällt in das Zeitalter der Romanik, die Zeit der salischen und staufischen Herrscher, etwa von 1000 bis 125016. Der Beginn ist mit der Wahl Burchards zum Bischof von Worms gleichzusetzen, dem Jahr 1000. Während seiner Amtszeit (1000 –1025) entstanden vier Stiftskirchen, etwa in Kreuzform, wodurch die ummauerte Innenstadt in vier Bezirke aufgeteilt wurde: der (bereits vorhandene) Dom, das Paulusstift, das Martinsstift und das Andreasstift. In nächster Nachbarschaft zu diesen Kirchen lagen bereits vorromanische Kirchen, diese sollten später die Aufgabe von Pfarrkirchen übernehmen, und um 1200 waren dann die Stiftsund Pfarrbezirke festgeschrieben 17. Burchard gilt als der Erneuerer von Stadt und Bistum, wobei seine beiden Funktionen als geistlicher und weltlicher Oberhirte eng ineinander fließen. Er baute Kirchen, sein herausragendes theologisches Werk waren seine Dekrete. Mit dem Hofrecht schuf er eine Rechtsgrundlage, mit der er seiner Zeit voraus war, und er ließ die Stadtmauer in Ordnung bringen, wobei auch an die Mauer des himmlischen Jerusalem zu denken ist; Burchard bereitete Worms als neues Jerusalem vor18. Die Bautätigkeit Burchards mit der Neuordnung der ummauerten Innenstadt wurde bis in die Jetztzeit stadtbildprägend. Es ist letztlich sein Verdienst, dass Worms nach Köln die Stadt mit den meisten erhaltenen romanischen Kirchen in Deutschland ist 19. Bald darauf wurde im Jahr 1034 im Norden der ummauerten Stadt die erste steinerne Synagoge errichtet, eine der ältesten in Europa (s. u. S. 753). Dabei muss man berücksichtigen, dass

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zu dieser Zeit aus Stein gebaute Kirchen und Synagogen keinesfalls eine Selbstverständlichkeit waren. Nur wenig Bautätigkeit lässt sich dann nach dem städtebaulichen Aufschwung unter Burchard in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts belegen. 1055 wurde die Stephanskapelle beim Bischofshof geweiht, 1058 wurde die kleine salische Nikolauskapelle am Dom und ungefähr gleichzeitig die Silberkammer nördlich am Chorraum angebaut. Von der Innenausstattung ist das wenige Jahre später entstandene, bemerkenswerte salische Kruzifix erhalten (Tafel 19)20. Etwa um 1050 wurde mit den Westtürmen von St. Paulus begonnen (Tafel 7)21, der Bau ging nur langsam voran und es kann bezweifelt werden, dass ein klares Konzept vorgelegen hat. Dies änderte sich, als die ersten Rückkehrer des Ersten Kreuzzugs (1096 –1099) neues Ideengut aus dem Heiligen Land mitbrachten, nämlich die Kuppelbekrönungen, die auch an der Golgathakirche, einem Teil der Grabeskirche in Jerusalem, vorgefunden wurden. Diese wurden in der Folgezeit nicht nur an St. Paulus, sondern auch an anderen rheinhessischen Kirchen verwirklicht, um den Kreuzzugs- und Jerusalemgedanken präsent zu halten. Im Jahr 1110 wurde der Burcharddom erneut geweiht; Schrankenreste, die im Westen des Langhauses gefunden wurden, sprechen für eine erneuerte Innenausstattung 22. Die nächste große Bauphase in Worms setzte dann etwa ab 1125/30 mit der Erneuerung des Doms ein23. Der Höhepunkt fiel in die Zeit der staufischen Kaiser, vorwiegend in die Regierungszeit von Friedrich I. Barbarossa (1152–1190) und in die Zeit der Bischöfe Konrad I. (1150 –1171) und Konrad II. von Sternberg (1171–1192). Sehr abweichend waren bis um 1980 die Datierungen der romanischen Kirchen auf der Grundlage der stilistischen Einordnung24, die Bauwerke wurden alle wesentlich später angesetzt. Im Zuge einer Dom-Innenrenovierung konnten 1979 und 1981 dendrochronologische Untersuchungen vorgenommen werden, wodurch die staufischen Bauwerke in Worms und dem großräumigen Einflussbereich alle neu datiert werden mussten. Anhaltspunkte für diese neue Datierung hat es jedoch schon immer gegeben, die Inschrift auf dem östlichen Kapitell der Wormser Synagoge verweist auf die Zeit von 1174/75, und dieser Kapitelltyp, Straßburger oder auch Wormser Kapitell genannt, wiederholt sich an Wormser Kirchen. Im dritten Viertel des 12. Jahrhunderts, als das Dom-Langhaus vollendet und der Westchor begonnen wurden, entstand auf dem Platz südlich des Doms die Johanniskirche als Pfarr- und Taufkirche neu. Gleichzeitig zum Bau des Dom-Westchors errichteten dann die Handwerker der Dombauhütte die Männersynagoge. Bald nach der Domweihe 1181 wurde der Um- bzw. Neubau der weiteren romanischen Kirchen in Angriff genommen. 1180 regelte Bischof Konrad II. von Sternberg die finanziellen Mittel für den baulichen Unterhalt des Andreasstifts, kurz darauf wurde mit der Erneuerung begonnen, die um 1200 abgeschlossen war. Etwa gleichzeitig, im Zusammenhang mit dem Dritten Kreuzzug (1189 –1192), kann man den Neubau des Ostchors von St. Paulus annehmen. Um 1180/90 wurde mit der Martinskirche im Osten begonnen. Die Magnuskirche wurde um 1200 nach Westen verlängert und das Eingangsportal entstand. Bald nach 1200 wurde das romanische Formengut von Elementen der Gotik durchdrungen. Diese Bautätigkeit hatte ihren Höhepunkt während der Regierungszeit

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Friedrichs II. (1215 –1250) und der Bischöfe Lupold von Scheinfeld (1196 –1217) und Heinrich II. von Saarbrücken (1217–1234). 1212/13 wurde rechtwinklig an die Männersynagoge eine Frauensynagoge angefügt in Form einer frühgotischen Halle mit einer Mittelstütze. Um 1210 entstanden die Langhausportale der Martinskirche in Übergangsformen, das Westportal, um 1230/40, ist stark dem Formengut der Frühgotik verbunden. Nach einem Brand 1231 war der Westbau von St. Paulus bis 1235 vollendet (Tafel 7) 25. In seiner Kubatur ist er romanisch, in den Details aber frühgotisch. In den darauf folgenden Jahren, die auch von der politisch unruhigen Zeit des Verfalls der Stauferherrschaft und des Interregnums bestimmt war, ist keine nennenswerte Bautätigkeit mehr zu verzeichnen. Im Gegensatz zu anderen Epochen hat das gut 200 Jahre währende Zeitalter der Romanik mit den Burchardbauten und den stauferzeitlichen Erneuerungen trotz zahlreicher Veränderungen und Verluste nachhaltig das Stadtbild bis heute geprägt (Tafel 10b). Der bis heute erhaltene Dom26, dessen sichtbares Mauerwerk im Wesentlichen dem 12. Jahrhundert entstammt, erhebt sich als Wahrzeichen auf dem höchsten Hügel der mittelalterlichen Stadt, etwa 100 Meter über dem Meeresspiegel. Er ist dem Stadt- und einstigen Bistumspatron, dem Apostel Petrus, geweiht. Bis zum Ende des Alten Reiches war er die Kathedrale des 1801 aufgehobenen Bistums Worms; seit 1802 katholische Pfarrkirche und seit 1862 Propsteikirche, erhielt der Wormser Dom 1925 durch Papst Pius XI. die Würde einer »Basilica minor«. Die dreischiffige romanische Basilika mit zwei Chören, einem östlichen Querhaus und je einem Paar die Chöre im Osten und im Westen flankierender Türme steht an der Stelle und über den Fundamenten einer Kathedralkirche, die Bischof Burchard erbauen ließ. Dieser, von Kaiser Otto III. (983 –1002) im Jahr 1000 zur Annahme des Wormser Bischofsamtes gedrängt, erreichte erst nach dem Regierungsantritt Heinrichs II. (1002 – 1024) den Verzicht der salischen Herzöge auf ihre Wormser Burg und damit die volle Herrschaft über die Stadt (3. Oktober 1002). Wenig später, vermutlich um das Jahr 1005, begann er mit dem Neubau des Doms in den heutigen Abmessungen. Bis zum Jahr 1018 war der von Westen nach Osten fortschreitende Neubau in wesentlichen Teilen vollendet, sodass in Anwesenheit Kaiser Heinrichs II. am 9. Juli 1018 eine feierliche Einweihung begangen werden konnte. Zwei Jahre später stürzten die Westteile bis auf die Grundmauern ein. Burchard ließ sofort den Wiederaufbau beginnen, der etwa im Jahr 1022 abgeschlossen war. Der Nachfolgebau hat vom Burcharddom vor allen Dingen den Grundriss (mit Ausnahme des 5/8-Polygons des heutigen Westchors) übernommen; die Doppelchörigkeit mit den beiden flankierenden Turmpaaren geht auf Bischof Burchard zurück. Doch stammen auch beachtliche Teile des aufgehenden Mauerwerks aus der Zeit Burchards, so im Westen das Erdgeschoss des Nordturms und die drei unteren Stockwerke des Südturms. Dasselbe gilt für die Fundamente des heutigen Ostabschlusses, die jetzt teilweise über der Erde sichtbar sind, für den Unterbau des südlichen Querhauses und für den Unterbau eines Teiles des südlichen Seitenschiffs 27. Unter Bischof Arnold (1044 –1065) wurde an das südliche Seitenschiff eine kleine Nikolauskapelle angefügt und 1058 fertiggestellt, woran die Weihinschrift (Abb. 84), die jetzt innen in der Ostwand der gotischen Kapelle einen neuen Platz gefunden hat, erinnert. So wurde Nikolaus in Worms bereits verehrt, als

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Abb. 84: Die Weihinschrift der Nikolauskapelle von 1058 verweist auf die frühe Nikolausverehrung am Wormser Dom

seine Gebeine noch in Myra (Kleinasien) ruhten; erst 1087 erfolgte seine Überführung nach Bari. Warum bereits im 12. Jahrhundert ein Neubau der Kathedrale stattfand, wissen wir nicht. Die bereits erwähnten dendrochronologischen Untersuchungen28 haben im Vergleich mit der urkundlichen Überlieferung und den Stilformen anderer Schöpfungen der Wormser Romanik (etwa der inschriftlich 1174/75 datierten Kapitelle der Männersynagoge) die Möglichkeit geschaffen, endlich die Probleme der Bauzeit befriedigend zu lösen. Ganz offensichtlich entstand der stauferzeitliche Dom in drei Bauperioden zwischen 1130 und 1181. Zunächst, zwischen 1130 und 1144, errichtete man die neuen Ostteile (Tafel 17): den Ostchor, das Querhaus mit der Vierungskuppel und den Ansatz des Langhauses sowie die beiden östlichen Türme mit Ausnahme des jeweils obersten Geschosses und der beiden Turmhelme. Diese Bauarbeiten fallen in die Regierungszeit von Bischof Buggo (Burchard II., 1116 –1149), der damit als Initiator des Neubaus gelten muss. Zwischen 1160 und 1170, in der Zeit von Bischof Konrad I. (1150 –1171), wurden das Langhaus erbaut und der Domkreuzgang begonnen, der sich an das südliche Seitenschiff anschloss. Unter Bischof Konrad II. von Sternberg (1173 –1192) kam es schließlich zur Vollendung des Neubaus im Westen. Der neue Westchor (Abb. 85), um ein Joch nach Westen vorgeschoben, erhielt eine Apsis aus fünf Seiten des Achtecks; ihr Umriss wird durch den achtseitigen Kuppelturm – an der Stelle des Burchard’schen Westwerks – aufgenommen. Im Westchor wurden Bischof Burchard I. 1025 als Bauherr des frühromanischen Doms und Bischof Konrad II. von Sternberg 1192 als Vollender des heutigen Doms beigesetzt. Die ehemals mit der Apsis gleichfluchtenden Flankentürme blieben am alten Platz; vom Nordturm wurde ein Geschoss und vom Südturm wurden drei Geschosse übernom-

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men. Sowohl die Dachpyramide der Westkuppel als auch die Dächer der beiden Westtürme wurden aus Sandsteinquadern aufgemauert. Erst jetzt erfolgte die Vollendung des Kreuzgangs, dessen stadtseitiges Portal (um 1180) erhalten und von den Schmuckformen des Westchors abhängig ist. Obwohl infolge des Abbruchs und originalgetreuen Wiederaufbaus des Westchors und der Westkuppel (1901–1906) an dieser Stelle keine Bauhölzer erhalten sind, die eine dendrochronologische Datierung ermöglichen würden, ist jetzt ohne Zweifel das für den 2. Mai 1181 überlieferte Weihedatum nicht länger auf eine Teilweihe des Ostchors, sondern auf die Schlussweihe der auch in ihren Westteilen vollendeten Kathedrale zu beziehen. Damit erweist sich der Wormser Dom als einheitliches und geschlossenes Zeugnis für die Baugesinnung des 12. Jahrhunderts am Oberrhein. Alle späteren Um-, An- und Einbauten haben sich diesem Charakter untergeordnet, sodass der Wormser Dom von den rheinischen Kathedralen zwar die kleinste, jedoch stilistisch eindrucksvollste ist. Gotische Veränderungen erfuhr der Dom durch den Einbau eines neuen Südportals29 (um 1290 –1310, Tafel 9). Gleichzeitig trat an die Stelle der romanischen Nikolauskapelle, deren Weiheinschrift von 1058 und Nordportal (im südlichen Seitenschiff des Doms) erhalten sind, ein erweiternder Neubau, der 1920 –1927 entscheidend verändert wurde. Östlich des neuen Domportals fügte man an dem Seitenschiff des Doms die St. Annen-

Abb. 85: Der 1181 geweihte Westchor des Doms mit dem Rosettenfenster und der plastischen Gestaltung der Wandflächen ist ein Meisterwerk der Spätromanik

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und die St. Georgskapelle an, vollendet um 1310. Da die südliche Stirnwand des Domquerhauses durch die um 1190 errichtete, 1807/08 abgebrochene Pfarrkirche St. Johannis verdeckt wurde, genauso wie der Westteil der Nikolauskapelle durch das Kapitelhaus des Domstifts (abgebrochen um 1830), bot der Dom an dieser Stelle, zwischen Kapitelhaus und Johanneskirche, bis in das frühe 19. Jahrhundert ein durchaus hochgotisches Bild. Vom Ende des 13. Jahrhunderts stammt auch das über einer Mittelstütze sternförmig gewölbte Obergeschoss der so genannten Silberkammer zwischen dem nördlichen Ostturm und dem Nordquerhaus des Doms. Bischof Johann von Dalberg (1482 –1503) ließ 1484 an der Stelle des alten Kreuzgangs einen neuen, spätgotischen errichten, der 1813 ausbrannte und zwischen 1818 und 1832 abgebrochen wurde. Unter Johann von Dalberg entstanden bald nach 1482 sowohl der neue Nordwestturm, der die Gliederung seines 1429 eingestürzten Vorgängers aufgreift und nur in den Details seine spätgotische Bauzeit verrät, und die St. Ägidienkapelle (jetzt Marienkapelle) westlich neben dem Nordquerhaus. Am Pfingstdienstag (31. Mai) 1689 brannte mit der gesamten Stadt auch der Wormser Dom, in dem die Einwohner ihre bewegliche Habe geborgen hatten, nieder. Das Mauerwerk erlitt schwere Schäden; die drei mittleren Gewölbe des Mittelschiffs stürzten ein. Die barocke Renovierung und Neuausstattung erfolgte unter den Bischöfen Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg (1694 –1732) und Franz Georg von Schönborn (1732 – 1756). Erst 1901 bis 1906, 100 Jahre nach dem Untergang des Bistums und der Reichsfreiheit, sorgte die vorsichtige Niederlegung und denkmalgerechte Wiedererrichtung des vom Feuer 1689 zerfressenen, statisch nicht mehr sicheren Westchors durch den Dombaumeister Karl Hofmann für eine ungefährdete Zukunft des Doms. Im Zweiten Weltkrieg verlor der Wormser Dom am 21. Februar 1945 alle Dächer über hölzernen Dachstühlen, jedoch keine Gewölbe oder Teile der Ausstattung. Schon 1946/47 wurden die Dächer wiederhergestellt; seit 1960 wird kontinuierlich an der Restaurierung und Sicherung des Außenbaus gearbeitet, 2001 setzte nach gründlicher Vorbereitung eine neue Restaurierungskampagne am Westchor ein 30. Trotz der Unbilden der Witterung und kriegerischer Zerstörungen haben sich sowohl am Außen- wie auch im Innenbau zahlreiche Bauplastiken erhalten. Von hoher Qualität sind etwa die Kapitelle der Zwerchgalerien im Westen; die immer wieder vertretene Form des so genannten Straßburger Kapitells belegt ihre Gleichzeitigkeit mit den Synagogenkapitellen von 1174/75. Unzählige apotropäische Dämonenplastiken an den Basen der Galerien sowohl des Ost- wie des Westchors sollen die bösen Geister am Betreten der offenen Tore der Himmelsstadt hindern (vgl. Offb. Joh. 21, 25-27; 22, 14f.). Auch die Bestien der Sohlbänke der drei Ostchorfenster – darunter, im Mittelfenster, die teuflische Antitrinität (Offb. Joh. 12f.) – sind in den Dienst der Kirche genommen und sollen im Sinne des Spiegelzaubers das Gotteshaus schützen. Als Teufel ist der Affe zu deuten, der einen Baumeister in der Zwerchgalerie des Ostchors bedroht. Vom romanischen Südportal31, um 1160, ist das Tympanon mit einem Relief des thronenden Christus mit Maria, Petrus, Nikolaus und einem thronenden Stifterbischof erhalten; es wurde um 1300 zum Innenraum gedreht, um den Stein ein zweites Mal verwenden zu können. In den Zusammenhang desselben Portals gehören die beim Abbruch um 1290 nicht zerschlagenen, sondern wenig später in die Westwand der St. Annenkapelle

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eingebauten Reliefs Habakuks, Daniels in der Löwengrube und dreier Löwen. Um 1160 entstand auch das Portal, das aus dem südlichen Seitenschiff in die romanische Nikolauskapelle führte; das Tympanon zeigt den hl. Nikolaus mit Buch zwischen drei Schülern. Das Nordportal des Doms, um 1165 entstanden, stammt mit seinem vielteiligen Gewände und den reich dekorierten Kämpfern noch aus der Erbauungszeit des Langhauses32 (Abb. 15 S. 162). Sein ursprüngliches Tympanon, beherrscht von einer Blattmaske zwischen einer Girlande aus Akanthusblattwerk, wurde ebenfalls nach innen gedreht, und zwar anlässlich der Anbringung des Textes des Barbarossa-Privilegs von 1184, das seinen Platz am Außenbau zwischen zwei geknickten Säulen fand. Das »neue« Tympanon war mit den Figuren der Apostel Petrus und Paulus bemalt, von denen wenig mehr als die Spuren der einst vergoldeten Heiligenscheine erhalten sind. Im Inneren des Doms finden sich nur wenige Reste der einstigen Ausmalung, so das Fragment eines riesigen Christophorusbildes an der Ostwand des nördlichen Querhausarms, um 1190. Höchst bemerkenswert sind jedoch zwei skulptierte Lisenenfüße an der Nordwand des Vorchors, um 1130: eine Figurengruppe, bestehend aus der hl. Juliana, einem Engel und einem – von Letzterem überwundenen – Drachen, dazu die Inschriften IVLIANA und OTTO ME FECIT (Abb.13 S. 154), sowie eine Dekoration aus verschlungenen Akanthusranken (die wohl nach oben hätten fortgesetzt werden sollen) zwischen zwei Köpfen mit geteilten Zungen und Bärten, die so genannte »gespaltene Zunge«. Von der beweglichen Ausstattung der Erbauungszeit blieben zwei Seitenflügel eines Altarretabels mit gemalten ganzfigurigen Darstellungen von Petrus und Paulus sowie Nikolaus und Stephanus aus der Zeit um 1220 erhalten 33. Die vielleicht zum alten Hochaltar gehörigen Tafeln (Tafel 19), deren Heilige allesamt einen direkten Bezug zum Dom aufweisen, befinden sich heute im Hessischen Landesmuseum Darmstadt. Das bereits erwähnte salische Kruzifix aus dem letzten Drittel des 11. Jahrhunderts diente als Vortragekreuz. Die ursprüngliche Farbigkeit ist auf dem für die romanische Zeit typischen Viernagelkreuz noch erhalten. Das grazile Korpus mit leicht geneigtem Haupt vermittelt den Triumph über das Leid. Das Kreuz (Tafel 19) wird jetzt in Mainz im Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseum aufbewahrt34. Die heute im Dom befindlichen Austattungsstücke aus gotischer Zeit sind ausnahmslos aus anderen Bauten oder Anbauten hierher übertragen worden. Der Löwentaufstein (um 1485) in der Nikolauskapelle stammt aus der ehemaligen Johanniskirche (s. u. S. 761), die fünf Reliefs im nördlichen Seitenschiff (1487–1515) aus dem abgebrochenen Kreuzgang, ebenso wie die heute an den Wänden befestigten Gewölbeschlusssteine (s. u. S. 761). Aus dem untergegangenen Bergkloster gelangte der so genannte Dreijungfernstein mit den Heiligen Embede, Warbede und Willebede (um 1430) in die Nikolauskapelle. Aus der Renaissance blieb 1689 nur der von Bischof Georg von Schönenburg (1580 – 1595) gestiftete Altar (1590) in der St. Georgskapelle erhalten. Das prächtige Epitaph des Eberhard von Heppenheim († 1559) im nördlichen Seitenschiff befand sich im ehemaligen Kreuzgang. Im Dombrand vom 31. Mai 1689 wurden alle alten Fenster vernichtet. Der um 1700 einsetzende Wiederaufbau brachte dem Dom eine qualitätvolle barocke Neuausstattung. Von 1738 –1740 wurde nach einem Entwurf von Balthasar Neumann

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(1687–1753) der neue Hochaltar im Ostchor errichtet (s. S. 771 f., Tafel 18). Der Mainzer Baumeister Johann Peter Jäger (1708 –1790) schuf die beiden Seitenaltäre vor den Westpfeilern der Vierung (1749 –1751). Zwischen 1755 und 1758/59 entstand das holzgeschnitzte Chorgestühl, vermutlich ein Werk des Mainzer Hofschreiners Franz Anton Hermann († 1770). Die Kanzel aus Stuckmarmor mit Holzfiguren wurde 1715 gestiftet. Von einem Schüler Paul Egells (1691–1751) stammen die Heiligenfiguren an den Zwischenpfeilern der Arkaden des Mittelschiffs (1754, 1755, 1772). Während wir heute den Zusammenklang der barocken Gold- und Farbenpracht mit der Strenge der romanischen Architektur bewundern, sah das späte 19. Jahrhundert dies ganz anders. Man empfand Kunstwerke des Barock und Rokoko in mittelalterlichen Kirchen als stilwidrig und plante allen Ernstes, im Wormser Dom die Ausstattung des 18. Jahrhunderts durch ein neuromanisches Altarensemble zu ersetzen. Aus Geldmangel blieb dieses Vorhaben zum Glück unausgeführt. Als vorläufig letzte künstlerische Zutat sei das Bronzerelief des thronenden Kaisers Friedrich I. Barbarossa (1152 –1190) genannt, das Gustav Nonnenmacher (geb. 1914) 1981 für die Fläche über dem Nordportal geschaffen hat, an der sich einst das Privileg dieses Kaisers von 1184 für die Stadt Worms befand. Eine Tafel unter den Füßen Barbarossas zitiert (leicht gekürzt) die Inschrift, die den Text des Privilegs einst umrahmte: »Von nun an blühe dein Ruhm / Dir werde der Lohn deiner Ehre / Weil du o Worms klug und getreu dich bewährst / Dich hat das Kreuz mir geweiht / Dich hat das Schwert mir geschenkt / Petrus dein guter Patron gewähre dir sicheren Schutz« (Abb. 15 S. 162). Die wichtigste romanische Kirche in Worms nach dem Bischofsdom ist die vormalige Stiftskirche St. Paulus, seit 1929 Dominikanerkloster. Errichtet wurde sie durch Bischof Burchard an der Stelle der ehemaligen Salierburg, gleich nachdem er diese nach dem 3. Oktober 1002 hat niederlegen lassen35. Das Pauluspatrozinium, neben dem Dom St. Peter, weist auf die Bedeutung hin. Der Apostel Paulus war Vorbild für Bischof Burchard; so wie Paulus »Lehrer der Kirche« war, war Burchard der Gelehrte für das Volk, der durch sein Wirken als Bischof und Stadtherr die Gebote Gottes und die Wahrheit vermittelte in der Anwendung seiner Dekrete und des Hofrechts. Deswegen erbaute er diese Kirche »für die Freiheit der Stadt«36. Es handelte sich ursprünglich um eine dreischiffige Basilika mit halbrundem Chorschluss und ebenso geschlossenen Nebenapsiden 37; erhalten ist die Giebelwand des Ostchors und die südliche Giebelwand des östlichen Stiftsgebäudes, jetzt Außenwand des Refektoriums. Das Aussehen des westlichen Abschlusses in der ersten Bauphase ist nicht geklärt. Eine nächste setzte um 1050 ein, der Nord- und der Südturm im Westen wurden begonnen. Der Südturm wurde bis 1080 zum oberen Abschlussgesims fertig gestellt, dann wurde das untere Geschoss des Nordturms weitgehend fertig gestellt. Zwischen 1100 und 1105 erhielt der Südturm seine Bekrönung, gleichzeitig entstanden das zweite und das dritte Geschoss des Nordturms und bis 1108 erhielt auch dieser Turm seine Bekrönung38. Diese beiden Turmhelme mit morgenländischem Aussehen, wie auch die Turmbekrönungen der Kirchen in Dittelsheim, Alsheim und Guntersblum, tragen die Bezeichnung »Heidentürme« und wurden immer wieder mit verschiedenen Kreuzzügen in Verbindung gebracht. Durch jüngste dendrochronologische Untersuchungen ist nunmehr erwiesen, dass sie direkt nach dem Ersten Kreuzzug (um 1105/07) entstanden sind.

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Vorbild kann nicht mehr, wie früher angenommen, die 1149 wiederhergestellte Grabeskirche in Jerusalem gewesen sein39, sondern vielmehr die in den ersten Jahrzehnten des 11. Jahrhunderts wieder aufgebaute Golgathakirche; etwa gleichzeitig mit den Wormser Turmbekrönungen entstand in Jerusalem die Himmelfahrtskapelle. Reminiszenzen an die Kreuzzüge erscheinen wiederum in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts bei der Erneuerung des Ostchors. Dieser wird mit dem Dritten Kreuzzug (1189 –1192) in Verbindung gebracht. Die Zwerchgalerie außen am polygonalen Chorschluss ist eng verwandt mit dem Westchor des Doms, die stilisierten Blattkapitelle entsprechen denen in der Synagoge, die 1174/75 entstanden. Die Jakobsmuschel als allgemeines Pilgerzeichen und Kreuze weisen auf Pilgerfahrten hin. Die Apsis des zweijochigen Chors innen ist durch fünf halbrunde, eingewölbte Wandnischen gestaltet, getrennt durch Säulen mit herausragenden Kapitellen, die teilweise figürlich gestaltet sind (Abb. 86). Auf einem Kapitell sind verschlungene Drachenleiber als Symbole des Bösen dargestellt, auf dem nächsten ein Mensch, der zwei dieser Wesen an den Hälsen gegriffen hat und ihre Köpfe auf den Boden tritt, er hat den Satan überwunden. Auf dem südlichsten Kapitell ist ein löwenähnliches Untier zu sehen, das einen Menschen mit Judenhut mit seinen Zähnen gegriffen hat; diese Darstellung bezieht sich auf 1 Petrus 5,8 und weist zudem auf Demütigungen der Juden hin, wie sie in Kreuzzugszeiten verstärkt geschehen sind. Die Ritzzeichnung eines Schiffes in der Nordwand des Chors mag durchaus eine Spolie aus dem 11. Jahrhundert sein, zum anderen wird auch diese Thematik mit den Kreuzzügen des 12. Jahrhunderts in Verbindung gebracht. Das Aussehen des dreischiffigen romanischen Langhauses ist nicht überliefert, es wurde im Zuge der Pfalzverwüstung 1689 zerstört und beim Wiederaufbau durch einen barocken Saal ersetzt. Die Spiegel der Voutendecke waren mit Deckenmalereien von Johann Martin Seekatz geschmückt, dargestellt waren Szenen aus dem Leben des Apostels Paulus. Das Langhaus wurde 1945 durch Bomben verwüstet und bis 1947 wieder aufgebaut. In den Jahren 1254 und 1261 wurden nach Bränden Kollekten für den Wiederaufbau von St. Paulus durchgeführt, doch es können nur Teile des Stifts davon betroffen gewesen sein. Der Westbau (Tafel 7) wurde nach einem Brand 1231 wieder aufgebaut, inzwischen konnte er auf 1235 datiert werden40. Er ist als dreischiffiges Querhaus gestaltet und wird von einem polygonalen Mittelturm mit Zwerchgalerie bekrönt, die beiden runden Westtürme von 1100 bilden das Verbindungsglied zum Langhaus. Die Kubatur des Westbaus außen ist romanisch, doch die große Fensterrose sowie das Stufenportal mit eingestellten Säulen mit Schaftringen und Knospenkapitellen verweisen in die Frühgotik (Tafel 7). Innen ist der Westbau rein frühgotisch. Über den beiden Seitenschiffen sind im Obergeschoss kleine Oratorien eingerichtet, besonders bemerkenswert ist das südliche. Hier ist die Nordwand teilweise durch Bogenstellungen mit Säulen in vier Wandnischen gegliedert, vorgestellte Säulen tragen das Gewölbe. Diese Nischen sind mit Wandmalereien aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts geschmückt, dargestellt sind von Ost nach West der Erzengel Michael, eine Verkündigungsszene mit Maria und dem Erzengel Gabriel mit Schriftband und zum Abschluss die heilige Katharina (Tafel 20a). Auf der gegenüberliegenden Südwand sind zwei Heiligenfiguren zu erkennen, ein männlicher Heiliger mit Hermelinmantel steht in

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Abb. 86: Chornischenkapitell in St. Paulus: Der Teufel in Form eines Löwen verschlingt einen Ungläubigen

einem Gebäude mit Rundbogenarchitektur, die andere Figur lässt sich nicht genau bestimmen, es mag sich um die Heiligen Heinrich II. und Kunigunde handeln, die zu dieser Zeit in St. Paulus verehrt wurden 41. Auf der Westwand ist ein priesterlich gekleideter Heiliger dargestellt, der einen Menschen von einem Lager aufrichtet. Der Ostflügel der Stiftsgebäude wurde in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts errichtet, der Südflügel und der Westflügel im 14. Jahrhundert. Letzterer wurde später überformt. 1802 wurde das geistliche Stift aufgelöst. In den Folgejahren wurden Erhaltungsmaßnahmen durchgeführt bzw. geplant (Tafel 20b), bevor der Altertumsverein 1881 das Paulusmuseum eingerichtet hat. Dieses konnte bis 1928 bleiben, und seit 1929 wird St. Paulus wieder sakral genutzt, nun als Dominikanerkloster. Die Kirche wurde mit einem barocken Altar ausgestattet (Tafel 27, s. u. S. 772), nach 1945 mussten erhebliche Kriegsschäden behoben werden, und seit 1990 laufen schrittweise Maßnahmen zur Renovierung des Gesamtkomplexes. St. Martin, heute katholische Pfarrkirche (Abb. 87), steht der Legende zufolge an der Stelle, an der Kaiser Julian Apostata im Jahr 355 den hl. Martin von Tours (316/17– 397) hat einkerkern lassen. Sie war das Gotteshaus eines nach St. Martin benannten Kollegiatstifts, dessen Frühgeschichte (10. Jh. ?) im Dunkeln liegt, das jedoch mit Sicherheit im Jahr 1016 bereits bestand42. Nach der bald nach 1025 verfassten Lebensbeschreibung Bischof Burchards (Kap. 20) hat dieser die Martinskirche selbst geweiht, doch seien bei seinem Tod (20. August 1025) die Mauern erst teilweise aufgeführt gewesen. Ob es sich bei den Baumaßnahmen des frühen 11. Jahrhunderts um einen Neubau oder, wahrscheinlicher, um einen Umbau gehandelt hat, lässt sich nicht mehr entscheiden. Die

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Abb. 87: Die romanische Martinskirche konnte von allen Kirchen dieser Zeit ihr Aussehen außen wie innen am ursprünglichsten bewahren

heutige Kirche, eine dreischiffige, gewölbte Pfeilerbasilika zu viereinhalb Mittelschiffjochen mit Sanktuarium und gerade geschlossenem Chor im Osten und mit einer unvollkommen ausgebildeten Doppelturmfassade im Westen, entstammt im Wesentlichen dem frühen 13. Jahrhundert 43. Der mit dem westlichen Abschluss des Mittelschiffs gleichfluchtende Nordturm besitzt einen längsrechteckigen Grundriss. Daher weist das Glockengeschoss an den Schmalseiten (im Westen und im Osten) nur je eine gekuppelte Klangarkade auf, an den Längsseiten (Norden und Süden) jedoch, durch eine Mittellisene getrennt, deren je zwei. Die 1945 zerstörte barocke Turmhaube wurde beim Wiederaufbau durch ein steiles Walmdach (1964) ersetzt. Der ursprünglich vielleicht nur projektierte Südturm, der 1873 in eine Art Querhausarm unter einem abschließenden Giebel verwandelt worden war, besitzt seit 1947 bis zur Höhe des Traufgesimses ein dem Nordturm entsprechendes Volumen, doch wurde diesem 1961 ein fensterloses Halbgeschoss aufgesetzt, das gleichfalls ein flacheres Walmdach trägt. Ein dritter Turm erhob sich ausweislich der Federzeichnungen des Peter Hamman von 1690 (heute im Stadtarchiv Worms) über dem Sanktuarium, obwohl die Martinskirche kein Querhaus und daher auch keine Vierung besitzt. Der hohe, achtseitige Vierungsturm, der seine nächsten Parallelen in Kaiserslautern (Stiftskirche, um 1290) und Mainz (St. Stephan, um 1320) findet, fiel dem Stadtbrand von 1689 zum Opfer. Vor der Westfassade und ihrem Portal (Abb. 81 S. 705, Tafel 22b)

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befand sich eine spätgotische Vorhalle, deren Pultdach 1945 zerstört wurde und deren Mauerreste erst im Jahr 1949 verschwanden. Da für das 13. Jahrhundert schriftliche Baunachrichten fehlen, sind wir auf Stilvergleiche angewiesen. Das in den nördlich der Kirche gelegenen Kreuzgang führende Nordportal ist mit seinen Profilen dem 1212/13 datierten Portal der Frauensynagoge eng verwandt; der Beginn des durchgreifenden Umbaus könnte daher zeitlich mit der Inkorporation der benachbarten Pfarrkirche St. Lampertus in das Martinsstift im Jahr 1210 zusammenfallen. Das Tympanon des Südportals nennt als Stifter den Vogt Heinrich von Oppenheim, der in einer Urkunde König Heinrichs (VII.) von 1231 als Zeuge erscheint. Zweifellos zuletzt entstand das reich gegliederte, in die Westfassade führende Hauptportal, dessen gewirtelte Säulen mit ihren Knospenkapitellen und Tellerbasen bereits ebenso der Frühgotik verpflichtet sind wie die Weinlaub- und Drachendekoration des Tympanons und der äußeren – freilich noch rundbogigen – Archivolte. Vermutlich um 1240 geschaffen, dürfte dieses Portal den Abschluss der Bauarbeiten bezeichnen (Tafel 22b, Abb. 81 S. 705). Im Jahr 1625 ließ der Vizedekan des Stifts, Thomas Beccaria († 1642), dem Westportal einen Giebel aufsetzen und verwandelte dieses dadurch in eine Ädikula im Geschmack der Renaissance; eine lateinische Inschrift rühmt diese belanglose Baumaßnahme als »Vollendung« des bislang »unvollendeten« Werkes. Aus gotischer Zeit stammen eine kleine Madonna mit Kind (um 1320) sowie die um 1490 entstandenen Arkaden des Nordflügels des Kreuzgangs, der, schon 1269 erwähnt, 1290 erweitert und offenbar auch später mehrfach verändert wurde. Die Verwüstung des Stifts und der Stadt im Jahr 1689 beschreibt anschaulich der Stiftsdekan Dr. jur. Petrus Dorn († 1699) in einem ergreifenden Tagebuch (»Protocollum Quotidianum«). Die Wiederherstellungsarbeiten an Kirche und Stiftsgebäuden setzten bald nach 1700 ein; zu ihnen gehörte die charakteristische, dreifach verjüngte Haube des Turms. Von der originalen barocken Ausstattung der erneuerten Stiftskirche blieb nichts erhalten. Sowohl die Kanzel als auch die beiden Seitenaltäre (St. Joseph, St. Nikolaus) sowie die aus der Mainzer Werkstatt des Bildhauers Burkhard Zamels (in Mainz ca. 1715–1730) stammenden Evangelistenstatuen wurden 1819 aus der 1802 profanierten, 1810 der Stadt Worms übereigneten und ab 1822 abgebrochenen Zisterzienserinnenkirche Mariamünster (Nonnenmünster) in die Martinskirche übertragen. Bereits im August 1802 hatten die Franzosen das Martinsstift mit allen Mobilien und Immobilien zum Eigentum des französischen Staates erklärt. Schon seit der Zerstörung der Lampertuskirche (1689) hatten auch die Pfarrgottesdienste in der Martinskirche stattgefunden. Jetzt wurde die ehemalige Stiftskirche offiziell zur Pfarrkirche; die Pfarrei St. Martin wurde als »Sukkursalpfarrei« der Dompfarrei unterstellt. Im späten 19. Jahrhundert puristisch im Stil der Neuromanik außen (1872/73) und innen (1887) restauriert und 1908 neu ausgemalt, erfuhr die Martinskirche schwere Beschädigungen durch die Bomben des Zweiten Weltkriegs 1945. Einer durchgreifenden Neugestaltung des Inneren (1967–1972) verdankt die Kirche den 1968 geweihten Blockaltar aus gelblichem Maulbronner Sandstein, ein Werk des Wormser Bildhauers Gustav Nonnenmacher. Als vorläufig letzte Baumaßnahme verdient die farbige Fassung des Außenbaus (1995/96) hervorgehoben zu werden. Orientiert an der Sandsteinquaderung des Chors im Osten,

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überzieht sie sowohl die neu verputzte Westfassade als auch die Südseite mit einem aufgemalten Quaderwerk, das dem Kirchengebäude eine angemessene architektonische Geschlossenheit verleiht. Die einstige Stiftskirche St. Andreas44 bildet seit 1930 einen Teil des Museums der Stadt Worms. Das zuvor außerhalb der Stadtmauer im Westen gelegene Stift wurde um das Jahr 1020 durch Bischof Burchard I. von Worms an den Platz des nachmaligen Museums verlegt und ihm die Magnuspfarrei mit der Pfarrkirche inkorporiert. Die heutige Andreaskirche, eine dreischiffige romanische Basilika, ist nach Ausweis ihrer Kunstund Architekturformen im Wesentlichen ein Neubau der Jahre zwischen 1180 und 1200 (Abb. 82 S. 714, Tafel 21a– b). Der romanische Westflügel des Kreuzgangs dürfte vor 1190, das Hauptportal an der Nordseite der Kirche um 1190 entstanden sein. Von den Gebäuden des 11. Jahrhunderts hat man offenbar wenig mehr als die Fundamente übernommen. Von den drei Schiffen der gewölbten Pfeilerbasilika endet das mittlere in eine innen runde, außen rechteckig ummantelte Apsis (vgl. den Ostchor des Wormser Doms). Auch die Seitenschiffe weisen Apsiden von halbkreisförmigem Grundriss auf; sie stoßen an die beiden fünfgeschossigen, vierseitigen Türme an, die den Hauptchor im Osten flankieren. Das Innere umfasst heute fünf Pfeilerpaare; ihnen entsprechen sechs Seitenschiffjoche bzw. sechs Fensterachsen. Eine Federzeichnung von Peter und Johann Friedrich Hamman jedoch, die 1692 entstand und den Zustand vor 1689 wiedergibt (heute London, British Library), zeigt westlich des Nordportals zwei Fensterachsen statt der heute nur einen. In der Tat ist das Mauerwerk der geraden Westwand nachmittelalterlich; nach 1689 hat man das Kirchenschiff um eine Jochbreite verkürzt. Kapitelle und Kämpfer, Sockelund Basisprofile, Friese und Lisenen weisen enge Verwandtschaft zur Wormser Männersynagoge (vollendet 1174/75), zum 1181 vollendeten Westchor des Doms (s. o.) – wo sich auch die Zickzackornamentik der Archivolten des Hauptportals von St. Andreas findet – und zum Wormser Judenbad (s. u. S. 754) auf. Auch in nachromanischer Zeit wurde an Kirche und Stiftskreuzgang gebaut. Um 1250 entstanden die frühgotischen, gewirtelten Gewölbedienste auf den Kragsteinen im westlichen Teil der Kirche, der nach einem Brand (1242) neu eingewölbt werden musste (Tafel 21b). Der Hauptchor erhielt um 1300 ein großes, spitzbogig geschlossenes Fenster mit ursprünglich zweibahnigem Maßwerk; hier dürften sich zuvor zwei kleinere Chorfenster (vgl. oben zu St. Martin) befunden haben. Gleichfalls um 1300 entstand eine polygonal geschlossene Katharinen- oder Marienkapelle am östlichen Kreuzgangflügel; sie wurde mit diesem 1689 zerstört und später abgebrochen. Von 1326 stammt die lateinische Inschrift an der Nordwand des nördlichen Turms; sie hält den Fund von 70 Gräbern auf dem ehemaligen Andreasfriedhof, dem heutigen Weckerlingplatz, fest, erwähnt die Neubestattung der Gebeine und bestimmt den Tag vor St. Johann Baptista, also den 23. Juni, zum Termin der Seelenmessen. Die Tür zur ehemaligen Glöcknerstube im zweiten Geschoss des Nordturms ist inschriftlich 1449 datiert. Im ausgehenden 15. Jahrhundert entstand das reich dekorierte Sakramentshäuschen neben dem Portal, das vom Chor in den Nordturm führt. Einen neuen Südflügel ließen die Stiftsherren 1612 für ihren Kreuzgang errichten; elf freistehende Pfeiler tragen zwölf gequaderte Rundbögen, deren nutartige Ausklinkungen in

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der Mitte der Laibungen offenbar Maßwerk hätten aufnehmen sollen, zu dessen Anfertigung es nicht mehr gekommen ist. Eine postume Gotik dieser Art ist in der Wormser Kunst um 1600 nicht ganz selten45. Die Bautätigkeit des 18. Jahrhunderts konnte nur in bescheidenen Veränderungen bestehen, die jedoch jeweils in schwungvollen lateinischen Inschriften verewigt wurden (1761, 1782, 1783). Im Jahr 1802 wurde das Stift durch die französische Regierung aufgehoben; Kirche und Nebengebäude gelangten durch Dekret Napoleons vom 6. Juni 1810 in das Eigentum der verarmten Stadt. Als Magazin genutzt und dem allmählichen Verfall preisgegeben (Abb. 41 S. 387), konnte das Areal auf Grund einer letztwilligen Stiftung des Freiherrn Maximilian von Heyl (1844 –1925) in den Jahren 1927–1929 gründlich restauriert werden und 1930 das Museum der Stadt aufnehmen46. Schäden durch Bombardierung im Zweiten Weltkrieg wurden schon 1946 beseitigt; seither tragen die Türme statt ihrer barocken Zwiebelhauben relativ flache Zeltdächer. In den Jahren 1947– 1953 diente die Andreaskirche als Gotteshaus der Magnusgemeinde, deren alte Pfarrkirche erst am 26. Juli 1953 wieder eingeweiht werden konnte. Seitdem ist die ehemalige Stiftskirche St. Andreas wieder ein museal genutztes Gebäude. Von der kirchlichen Ausstattung der Zeit vor 1802 ist nichts mehr erhalten, doch finden sich hier jetzt vor allem Exponate aus dem Bereich der Sakralkunst. Neben den großen romanischen Stiftskirchen in der Innenstadt verdient die kleine Bergkirche St. Peter im Stadtteil Worms-Hochheim, jetzt ev. Pfarrkirche, besondere Erwähnung (Abb. 88 und Tafel 22a). Der bauliche Befund verdeutlicht, dass sie bereits vor der ersten urkundlichen Erwähnung des Ortes (1068) bestanden hat. Sie stammt aus der Zeit Bischof Burchards (1000–1025)47. Zwei Meilen, etwa drei km von der Innenstadt entfernt, errichtete er auf einer Anhöhe über einem sumpfigen Gelände (Pfrimm und Mühlbach) zuerst ein Bethaus und dann ein kleines Kloster, wohin er sich zurückzog, um an den Dekreten zu arbeiten und um Ruhe zu finden48. Durch das Petruspatrozinium wird die enge Verbindung zum Wormser Dom als dem Bischofssitz verdeutlicht. Die kleine, rechteckige Saalkirche war so breit wie das Erdgeschoss des Westturms, der gleichzeitig als Eingangshalle diente. Die drei unteren Turmgeschosse aus Bruchstein, durch Lisenen und Rundbogenfriese aus Sandstein gegliedert, stammen aus dem frühen 11. Jahrhundert, die beiden Obergeschosse mit gekuppelten Rundbogenfenstern aus der Zeit um 1200, ebenso das Portal. Im Jahre 1556 wurde die Kirche zunächst lutherisch und später reformiert. Nach einem Brand 1607 wurde das Langhaus als Saal bis 1609 in vergrößerter Form wiederhergestellt, in nachgotischen Formen mit spitzbogigen Maßwerkfenstern und einem spitzbogigen Südportal. Im 18. Jahrhundert erfolgten der Emporeneinbau mit Orgel, der barocke Orgelprospekt von 1761 stammt von dem Wormser Orgelbauer Johann Georg Linck. Bis 1950 war der Flügelaltar von Kurt Scriba mit einer Weihnachts- und einer Osterszene in Stilformen des Jugendstils und des Expressionismus vollendet. 1964/65 wurde im Osten ein bühnenartiger Chorraum angefügt. Der spätgotische Löwentaufstein wanderte in die katholische Pfarrkirche Maria Himmelskron in Hochheim, ehemals Dominikanerinnenkloster, dafür gelangte von dort eine Glocke von 1463 in die Bergkirche. Unter dem mittelalterlichen Altarraum befindet sich eine Krypta49, dem hl. Nikolaus ge-

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Abb. 88: Der romanische Westturm der Bergkirche erhebt sich über der Eingangshalle und lässt die geringe Breite der ursprünglichen Kirche erkennen (Foto 1973)

weiht. Dieser Raum wird durch vier Säulen mit schlichten Würfelkapitellen in neun Joche mit Kreuzgratgewölben unterteilt. Es handelt sich um eine der ganz wenigen erhaltenen Krypten im Wormser Raum (Tafel 22a). Nachdem er in reformierter Zeit nicht mehr als Sakralraum genutzt wurde, hat man ihn schließlich verfüllt und zu Beginn der 1930er Jahre wieder freigelegt; ein neuer Altar wurde gebaut. Bemerkenswert ist die burchardzeitliche Altarmensa50. Altarplatten aus dieser Zeit sind ausgesprochen spärlich erhalten. Diese aus Sandstein ist 90 x 82 x 12 cm groß und stammt von einem Blockaltar mit Mensagrab, der von seiner Größe her für die Krypta geschaffen wurde. Das Sepulcrum ist sauber rechteckig ausgearbeitet, mit Nut für die Abdeckplatte. Sie war mit Metallklammern zusätzlich gesichert, Reste der Klammern sind erhalten. In den Ecken der Platte sind Weihekreuzchen eingeritzt. Nachdem in der Neuzeit der Altar nicht mehr benötigt und abgetragen wurde, nahm die Altarmensa zwar Schaden, doch blieb sie erhalten, zuletzt vermauert in der Decke eines Nebenraums der

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Krypta. 2002 wurde sie schließlich ausgebaut, durch den Bildhauer Marcus Centmayer, Worms, behutsam restauriert und die Fehlstellen durch Metall ergänzt. Im Dezember 2003 kehrte sie wieder auf ihren ursprünglichen Platz, den Altar in der Krypta zurück, für den sie 1 000 Jahre zuvor auf Veranlassung von Bischof Burchard geschaffen wurde. Eine Krypta in einer Dorfpfarrkirche erscheint ungewöhnlich, damit ist wahrscheinlich, dass St. Peter in Hochheim einen anderen Ursprung hatte, nämlich als kleines Kloster und Privatkirche des Bischofs, und erst später für die seelsorgerischen Belange des kleinen Ortes genutzt wurde. Die in Worms ansässige jüdische Gemeinde erlebte im hohen Mittelalter eine Blütezeit51. Südwestlich außerhalb der Stadtbefestigung legte sie bereits im 11. Jahrhundert einen Friedhof an, den »Heiligen Sand« (vgl. Karte 18 S. 684). Mit dem Grabstein des Jakob ha-bachur von 1076/77 ist er der älteste erhaltene Judenfriedhof in Europa (Tafel 16a). Das Wohnviertel mit der Synagoge lag dagegen im Norden der ummauerten Stadt. Dieses mittelalterliche Gotteshaus, zuletzt bestehend aus Männersynagoge, Frauensynagoge und Jeschiwa (in Worms traditionell als Raschi-Kapelle bezeichnet) wurde von den Nationalsozialisten am 10. November 1938 in Brand gesteckt (Abb. 64 S. 600; Karte 17 mit dem Synagogenbezirk auf S. 683) und in seinen Resten 1941/42 abgebrochen. Die heutige Gebäudegruppe entstammt einem denkmalgerechten, detailgetreuen Wiederaufbau über den alten Fundamenten unter Einbeziehung aller erhaltenen Architekturteile (1957 bzw. 1959 –1961)52. Von einer ersten steinernen Synagoge in Worms, einem Saal von 13,80 x 9,60 m westlich der heutigen Männersynagoge, kennen wir den Grundriss. Außer einem Inschriftfragment im Fundament der Ostwand des Nachfolgebaus blieb von ihr vor allem die große Stifterinschrift von 1034 erhalten; sie befindet sich rechts neben dem Hauptportal in der Nordwand der Männersynagoge (Abb. 76 S. 667). Als Stifter werden Jakob ben David und seine Gattin Rahel genannt. Zur Generation der Erbauer gehören die auf dem Alten Judenfriedhof (»Heiliger Sand«) Bestatteten des 11. Jahrhunderts, von denen Jakob ha-bachur (1076/77), Hanna bat Elieser (1082) und Bella bat Isaak (1086) stellvertretend genannt seien. Von Anfang an spiegeln die baulichen Veränderungen der Synagoge eine Kette von Verfolgungen und gewaltsamen Zerstörungen. Den Gründungsbau beschädigten Teilnehmer des Ersten Kreuzzugs im Jahr 1096. Ohne dass wir Hintergrund oder Anlass kennen, wurde ein 1174/75 vollendeter Neubau der Synagoge (Männerbau) vorgenommen. Sie ist ein zweischiffiger, dreijochiger, von sechs Kreuzgratgewölben überspannter Raum; zwei frei stehende Säulen mit prächtig ornamentierten Kapitellen tragen die Gewölbe (Abb. 77 S. 668). In dieser Form überstand die Männerschul mehrere Beschädigungen des 14. bis 17. Jahrhunderts und wurde so auch 1959 –1961 rekonstruiert. Die architektonischen Details verweisen auf die Wormser Dombauschule53 (zumal den Juden die Zünfte verschlossen waren); insbesondere besteht enge Verwandtschaft zwischen den Kapitellen von 1174/75 und den Galeriekapitellen des Westchors des Wormser Doms (vollendet 1181). Das jüdische Jahr der Synagogeneinweihung, 4935 (= 1174/75 n.Chr.), nennen eine abschriftlich bekannte Bauinschrift sowie ein gereimter Vierzeiler, der auch jetzt wieder den Kämpfer des Kapitells der östlichen Säule umzieht.

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Eher altertümlich wirkt das Judenbad (Mikwe), 1185/86 von Joseph gestiftet, mit seinen schweren Würfelkapitellen. Die heute in die Vorhofmauer eingefügte Stifterinschrift blieb 1938 erhalten; die Nationalsozialisten beschädigten nur die Fensterwand zwischen Vorraum und Badeschacht. In der Abfolge von Treppe, Vorraum und quadratischem, durch eine weitere, geschwungene Treppe zugänglichem Badeschacht entspricht die Wormser Mikwe nach Grund- und Aufriss aufs Genaueste dem Judenbad in Speyer (um 1100). Der 1212/13 vollendete Bau einer Frauensynagoge (»Weiberschul«), gestiftet von dem kinderlosen Ehepaar Meir ben Joël und Judith – architekturgeschichtlich bedeutsam als früheste einstützig gewölbte Halle in Deutschland – sollte als Annex an den Hauptbau der Synagoge den Jüdinnen über eine Tür und fünf kleine Fenster die Verfolgung des Gottesdienstes der Männer ermöglichen. Die großen spitzbogigen Öffnungen des heutigen Zustands stammen von einem Umbau des Jahres 1842. Da die Frauenschul keine Synagoge im strengen Sinne darstellt, fehlen ihr sowohl Aron (Thornschrein) als auch Almemor. Im Pestjahr 1348/49 wurden auch in Worms die Juden der Brunnenvergiftung bezichtigt; einer blutigen Verfolgung vom 1. März 1349 fielen mehrere hundert Juden zum Opfer. Männer- und Frauensynagoge verloren ihre Gewölbe und große Teile der Umfassungsmauern. Nach der Rückkehr der Vertriebenen (1353) setzte der Wiederaufbau ein, auf den die spitzbogigen Fenster und die darüber angebrachten Okuli der Männer- und Frauensynagoge zurückgehen. Auch im April 1615 wurden die Wormser Juden vertrieben und ihr Gotteshaus schwer beschädigt. Erst 1620 begann der Wiederaufbau, dem die nach 1938 vernichteten Gewölbe der Männer- und der Frauensynagoge entstammten. Im Zuge der Bauarbeiten ließ David ben Josua Joseph Oppenheim an der Westwand der Männerschul eine Jeschiwa errichten, vollendet 1623/24, einen einschiffigen, apsidial geschlossenen und mit zwei Jochen gratig gewölbten Saal, der möglicherweise an die Stelle des größeren Hörsaals im Erdgeschoss des heutigen Raschi-Hauses trat. Obgleich der berühmte Raschi (Rabbi Salomo ben Isaak, 1040 –1105) wohl eher in dem genannten Hörsaal der Wormser Talmud-Hochschule studiert haben dürfte, wurde er zum »Namenspatron« des Neubaus von 1623/24. Seit drei Jahrhunderten gilt der steinerne Sitz des dozierenden Rabbiners in der Apsis der Jeschiwa inzwischen als »Raschi-Stuhl«, der sich hoher Verehrung jüdischer Besucher aus aller Welt erfreut. Die Renaissance-Ausstattung der Männersynagoge wurde 1689 zerstört. Der jetzige Aron, 1960/61 unter Einbeziehung erhaltener Fragmente, unter anderem des Kronen-Architravs, detailgetreu rekonstruiert, stammt von 1705. Ein modernisierender Umbau bescherte dem Synagogenkomplex 1842 die großen Öffnungen zwischen Männer- und Frauensynagoge; den nachgotischen Almemor von 1620 hatte man zuvor (1841) beseitigt und zerschlagen. Die einsturzgefährdete Raschi-Jeschiwa wurde 1854/55 wiederhergestellt. Die Brandlegung vom 10. November 1938 vernichtete die gesamte Innenausstattung (Abb. 79 S. 689). Aus dem Jüdischen Museum nördlich der Frauensynagoge wurden dabei offenbar wertvolle Silbergeräte geplündert, die später im Kunsthandel auftauchten. Bis zum Ende des Krieges verschwanden die Umfassungsmauern beider Synagogen. Der von Dr. Friedrich M. Illert (1892 –1966) geforderte und initiierte Wiederaufbau (ab 1957) fand seinen Abschluss in der feierlichen Wiedereinweihung am 3. Dezember 1961 (siehe Abb. 70 S. 633).

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Abb. 89: Die spätromanische Fassade weist auf ein außergewöhnliches Haus hin (Foto 2003)

Neben den zahlreichen Sakralbauten verfügt Worms über beachtliche Zeugnisse romanischer Profanarchitektur. Herausragend ist der Rest des romanischen Hauses (Römerstraße 44, Abb. 89) mit einer komplett erhaltenen Fassade zur Petersstraße aus der Zeit um 120054. Die dreigeschossige Giebelwand aus Sandstein-Bruchsteinmauerwerk hat in jedem Geschoss ein gekuppeltes Fenster mit Überfangbogen und im Giebel ein einfaches Rundbogenfenster. Im Erdgeschoss gibt es zusätzlich ein gotisches Doppelfenster aus der Zeit um 1300. Es ist der einzige sichtbare Rest eines romanischen Bürgerhauses in der Stadt. An die Fassade wurde später das Nachbarhaus angebaut, 1712 wurde das romanische Haus im barocken Stil umgestaltet. Erst durch Kriegsschäden 1945 kam die zwischenzeitlich vergessene mittelalterliche Fassade wieder zum Vorschein und wurde anschließend freigelegt. Der Bauherr dieses steinernen Hauses zwischen dem Dom und dem Paulusstift ist unbekannt, es muss sich aber um eine herausragende Persönlichkeit gehandelt haben. Etwa in dieselbe Zeit ist das Portal vom Pfalzgrafenhof zu datieren, das sich im Bereich der heutigen Rheinstraße 1 befunden hat. Das erhaltene Tympanon wurde den Museumsbeständen einverleibt und in das Eingangsportal zum Museum im Andreasstift eingesetzt. Das Bogenfeld aus Rotsandstein ist mit drei durch Rundbogen verbundenen Männerköpfen geschmückt.

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Im Stadtteil Pfeddersheim, im Anwesen Karlstraße 1, in einer Scheune von 1810 über dem rundbogigen Kellerabgang ist der so genannte »Meerweibchenstein« vermauert55. Auf der staufischen Sandsteinplastik, die der Wormser Bauschule zuzuordnen ist, ist ein menschlicher Kopf dargestellt, auf den sich zwei löwenartige Untiere stürzen. Teile des Steines sind abgearbeitet, es mag sich um ein Kapitell von einem in der Säkularisation aufgegebenen Sakralbau handeln. Die Plastik lässt sich stilistisch in das Umfeld des DomWestchors einordnen und datiert somit in das letzte Viertel des 12. Jahrhunderts. Die hohe Qualität spricht dafür, dass sie sich an einem herausragenden Bauwerk befunden hat. Zahlreiche weitere romanische Spolien befinden sich in den Beständen des Städtischen Museums im Andreasstift. Ein wichtiges Zeugnis für den Profanbau ist die Stadtmauer56, deren älteste sichtbare Teile aus fränkisch-karolingischer Zeit – westlich hinter dem Dom, am Lutherring – stammen, die jüngsten sind um 1200 entstanden (Tafel 23a; Abb. 8 S. 94). Unter Bischof Burchard entsprach die Ummauerung im Norden, Westen und Süden der Stadt der heutigen Situation, auch wenn das Mauerwerk selbst in Teilen erneuert wurde. Diese Mauerpartien sind einheitlich in Sandstein gehalten, mit präzise versetzten Bruchsteinquadern. In der Nordanlage, im Bereich der Judengasse (Tafel 8c), treten neben den Schießscharten bereits spätromanische Fensteröffnungen auf. Anders verhält es sich mit dem Verlauf der östlichen Stadtmauer. Im Zuge einer Stadterweiterung unter Bischof Lupold von Scheinfeld (1196 –1217) um 1200 wurde die Mauer etwa 70 Meter von der angenommenen früheren Stadtmauer nach Osten, zum Rhein hin, verlegt57. Gleichzeitig entstanden die wehrhaften Türme, erhalten sind der Torturm und der Bürgerturm sowie Fundamente des Mayfels. Sie ragen feldseitig aus der Mauer heraus, mit kleinen Schießscharten und mit großen Fensteröffnungen zur Stadtseite. Beim Torturm, der gleichzeitig als Stadttor diente, sind die Nuten für die Fallgitter erhalten. Typisch für die staufische Zeit sind die Buckelquader, die im Profanbau, besonders bei Burgen, auftreten, so auch an den Türmen. Um 1300 wurden die Mauer erhöht und die Arkaden des Wehrgangs angebaut. Dieser Stadtmauerabschnitt ist am besten erhalten und präsentiert sich recht eindrucksvoll und wehrhaft (Tafel 23a).

Vom Spätmittelalter bis zur Stadtzerstörung 1689 Nahezu fünf Jahrhunderte beträgt die Zeitspanne von der Gotik bis zur Stadtzerstörung 1689, doch handelt es sich hier um einen zeitlichen Rahmen mit fließenden Übergängen58. Nachdem die großen romanischen Kirchen vollendet waren, setzte im 13. Jahrhundert eine Phase der Klostergründungen und des Kapellenbaus ein 59. Die Stadt wuchs aus ihren ummauerten Grenzen von 1200 heraus, die Vorstädte mit ihren Einrichtungen nahmen immer größere Bedeutung an und wurden bis zum Ende des Mittelalters mit einer hinsichtlich ihrer Vollständigkeit und Qualität allerdings nur schlecht bezeugten weiteren Befestigung versehen. Wegweisend für die Bürgerschaft war der erste Bau eines Rathauses und eines Zeughauses in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Bedeutende

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Bauten, die die Zeiten überdauert haben, waren dann um 1300 die Nikolauskapelle am Dom samt dem Südportal des Doms und die Liebfrauenkirche. Der Pestpogrom von 1349 zog in den Folgejahren eine gewisse Bautätigkeit im Judenviertel nach sich. Im 30-jährigen Krieg wurden die Vorstädte verwüstet; die Innenstadt blieb verschont. Der gravierendste Einschnitt kam dann im Pfälzischen Erbfolgekrieg mit der Pfalzverwüstung 1689. Die Zeit davor ist durch die Stadtansichten und Darstellungen der wichtigsten Gebäude, von Peter Hamman gezeichnet, hervorragend dokumentiert60 (Abb. 30 S. 296 f.). In der Baukunst wurde um 1500 der Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit nicht sichtbar, zumal es bis nach 1600 eine Nachgotik gab, u. a. mit der erwähnenswerten Pfarrkirche in Worms-Heppenheim (s. u. S. 764). Die gotischen Detailformen wie auch mittelalterliche Kubaturen, vorwiegend im Profanbau, lebten weiter und flachten schließlich ab. Das einzig nachweisbare Renaissancegebäude in Worms war der mittlere Teil des Hauses zur Münze; dagegen ist der Manierismus als Frühform des Barock vertreten im Roten Haus (Friedrichstraße) und im Chorgestühl der Liebfrauenkirche. In der frühen Neuzeit, in der auf dem Titelbild des vorliegenden Bandes gezeigten Ansicht aus der Kosmographie von Sebastian Münster (um 1550), wie auch in der Stadtansicht von Matthäus Merian von 1645, ist Worms als eine von zahlreichen Türmen überragte, durch gotisierende Turmhelme bestimmte Stadt dargestellt61. Einige der 1689 zerstörten Gebäude dürfen baugeschichtlich nicht unerwähnt bleiben, zumal ihr Aussehen durch die erwähnten Zeichnungen von Hamman bekannt ist. Im ausgehenden Mittelalter wurde unter dem Bischof Johann von Dalberg (1482 –1503) ein neuer Kreuzgang auf der Südseite des Doms errichtet (s. u. S. 761). Auf dessen Nordseite stand der Bischofshof, in welchem Martin Luther sich während des Reichstags 1521 vor dem Kaiser verantworten musste. Baudaten für dieses kirchlich und politisch bedeutungsvolle Gebäude sind nicht überliefert, Hamman stellt ein lang gestrecktes, recht schlicht gehaltenes, zweigeschossiges Gebäude dar, unterbrochen durch eine Toreinfahrt, das »Hovedor«. Der nördlich anschließende Trakt war das Hauptgebäude, die »Aula maior«, das Dach ist durch einen Aufbau mit Erker betont62. Von seinem Erscheinungsbild am Ende des 17. Jahrhunderts her ist der Bischofshof in das 14./15. Jahrhundert zu datieren. Gleichfalls als recht einfaches gotisches Gebäude dargestellt ist der aus mehreren Baukörpern zusammengesetzte Bürgerhof, der an der Stelle des heutigen Rathauses stand, wenige Reste entlang der Bürgerhofgasse blieben erhalten (s. u. S. 765). Im Innenhof stand das Gebäude, in dem die Kaiserstube eingerichtet war. Nach Westen, zum Markt hin, war die Münze als Repräsentationsgebäude an den Bürgerhof angeschlossen (Abb. 21 S. 244). Das dreiteilige Gebäude, im Erdgeschoss durch einen Laubengang zusammengefasst, war sehr reich gestaltet. Das südliche Gebäude, die neue Münze, war mit Kaiserbildnissen des Wormser Malers Nikolaus Nievergalt (1493) geschmückt63. Auf Traufhöhe befand sich eine Uhr, darüber in das Dach einbezogen ein Baldachin, unter dem Adam und Eva standen und die Stunde schlugen. Der mittlere Bauteil, das Gerichtshaus, wurde 1581 fertig gestellt mit einer aufwändigen Renaissancefassade. Die Fenster des zweiten Obergeschosses waren von steinernen Kaiserbildnissen eingerahmt64. Ein weiteres städtisches Repräsentationsgebäude war das Zeughaus in der heutigen Römerstraße, Ecke Zeughausgasse, ein stattliches, viergeschossiges gotisches Gebäude mit

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Eckerker und Staffelgiebel, auf der Traufhöhe zusätzlich mit umlaufender Galerie. Die Fenster waren zweiteilig, mit einfachem Maßwerk, wohl aus dem 14. Jahrhundert. Daneben befand sich der sogenannte Herrenkeller und unweit, zur Kämmererstraße hin, das Kaufhaus 65. Das größte und auch bedeutendste gotische Bauwerk in Worms und der näheren Umgebung ist jedoch die Liebfrauenkirche als ehemalige Stiftskirche im Norden der Stadt, außerhalb der hochmittelalterlichen Stadtmauern. Wegen römischer und frühchristlicher Gräberfelder im weiträumigen Umfeld wurden in der Vergangenheit verschiedene Theorien um die Entstehungsgeschichte entwickelt. Urkundlich wird 1283 erstmals eine Marienkapelle in der nördlichen Vorstadt genannt, die Stiftserhebung erfolgte 1298. Hierbei handelt es sich aber nicht um Baudaten. Eindrucksvoll ist die Lage der Kirche, umgeben von Weinbergen, auf welche der als »Liebfrauenmilch« bezeichnete Wein zurückgeführt wird. Die Umgebung wie auch die Gestaltung der Kirche in ihrer Vielfalt (Tafel 10a) lassen sie ausgesprochen malerisch erscheinen 66. Es handelt sich um eine kreuzförmige Basilika mit zweitürmiger Westfassade und Vorhalle. Im Osten setzt sich der Chor mit Umgang dreischiffig fort. Die Kirche ist weitgehend verputzt, kombiniert mit Flächen aus rostrotem Kapuzinersandstein und unregelmäßigen Fensterumrahmungen und Eckquaderungen. Die blockartige Turmfassade nimmt die Breite des Langhauses ein, auf der Traufhöhe des Langhausdaches entwickeln sich die beiden achteckigen Türme, mit spitzen Steinhelmen bekrönt. Die dazwischenliegende Fassade mit Maßwerkfenster über der Vorhalle schließt mit einem Dreiecksgiebel ab. Langhaus und Chor wirken zweistufig. Das verputzte Mittelschiff mit kleinen Obergadenfenstern wird umfasst von den aus Sandsteinquadermauerwerk errichteten Seitenschiffen und dem Chorumgang mit Strebepfeilern und großen Maßwerkfenstern, unterbrochen durch das Querhaus in der Höhe des Mittelschiffs. Die Vierung wird von einem kleinen, zierlichen Dachreiter bekrönt. Von anspruchsvoller Qualität sind das Westportal und das Südportal (s. u.). Das Innere ist ein klar gegliederter, schlicht wirkender, dreischiffiger Raum mit kämpferlosen Arkaden. Nur die Vierungspfeiler und die Dienste, die das Kreuzrippengewölbe und im Chorumgang das Sterngewölbe tragen, sind mit Blattkapitellen geschmückt. Im Westen, zwischen den Türmen, befindet sich eine Orgelempore (Tafel 24). Durch Bauinschriften sind als Daten nur der Baubeginn des Ostchors 1381 und die Vollendung 1465 überliefert 67. Der Ostchor ist der jüngste Teil der Kirche; begonnen wurde ungewöhnlicherweise im Westen. Der Baubeginn dürfte mit der Stiftserhebung 1298 in Zusammenhang zu bringen sein. Das Westportal steht stilistisch dem gotischen Südportal des Wormser Doms bzw. Straßburg nahe und kann somit in die Zeit um 1310 datiert werden 68. Einen weiteren Anhaltspunkt bildet das Südportal, das in den Gestaltungsdetails dem Westportal der Landauer Stiftskirche nahe steht. Diese wurde 1333 geweiht, folglich ist das Portal im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts entstanden 69. Eine Gleichzeitigkeit mit Worms erscheint nahe liegend und in der Bauabfolge logisch. Die lange Bauzeit bzw. die langen Unterbrechungen im Baufortgang sind durch die finanziellen Engpässe des Stiftes zu begründen. Die Anzahl der Stiftsherren wurde schon kurz nach der Gründung von zwölf auf sechs reduziert, trotzdem hat das ärmste Wormser Stift erstaunlicherweise die größte Stiftskirche erbaut70. 1689 wurde die Kirche stark beschä-

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digt. Nachdem 1803 das Stift säkularisiert wurde, verschlechterte sich der Bauzustand. Erst ab 1855 wurde eine große Renovierung vorbereitet, besonders die Türme und ihre Stabilität bereiteten immer wieder Sorgen71. Hervorragend sind die Bauplastik und die Innenausstattung der Kirche72, sodass hier nur eine Auswahl der bedeutendsten Objekte erwähnt werden kann. Vor dem Betreten der Kirche richtet sich der Blick auf das Westportal. In den Bogenläufen sind figürlich die klugen und die törichten Jungfrauen dargestellt, im Tympanon selbst, auf das Patrozinium bezogen, sind in zwei Ebenen der Marientod und die Marienkrönung dargestellt. Diese qualitätvolle Bauplastik steht in engem Bezug zum Südportal des Doms und zum Straßburger Münster. Das Südportal, bald nach 1300 entstanden, war das ehemalige Kreuzgangsportal. Es ist in typischen Formen seiner Entstehungszeit gegliedert; das Blendmaßwerk im Bogenfeld war ursprünglich mit Malereien geschmückt, die überliefert und teilweise nachvollziehbar sind. Flankiert ist das Portal mit einer männlichen Figur, die als König oder Apostel Jakobus der Ältere gedeutet wird, und der beachtenswerten Figur der heiligen Anna, die jetzt innen im nördlichen Seitenschiff an der Nordwand aufgestellt ist. Anna hält Maria, ein kleines Mädchen mit Krone, auf dem Arm. Die Arme des Mädchens sind abgebrochen, sie hat entweder das Jesuskind getragen, damit wäre die Gesamtfigur eine Anna Selbdritt, oder sie hielt ein Buch in den Händen. Anfang des 15. Jahrhunderts wurde das Portal mit einer Vorhalle überdacht, in der Giebelnische steht eine Heimsuchungsgruppe aus Ton73. Am Gewölbescheitel der Halle, am äußeren Bogenlauf, sind die Wappen der Sackträger- und der Fruchtmesserzunft angebracht. Eine Besonderheit der Kirche sind im Inneren die als Wappen gestalteten Gewölbeschlusssteine, die mittelalterlichen von ihnen sind mit Zunftsymbolen versehen. Zünfte haben den Bau der Kirche gefördert. Zahlreich sind die figürlichen Details in der Bauplastik. An Großplastik herauszuheben ist das turmartige Sakramentshäuschen aus dem späten 15. Jahrhundert, jetzt am nordöstlichen Vierungspfeiler, und das Heilige Grab, das ursprünglich im nördlichen Querhausflügel stand und von einem Steinbaldachin überspannt war, jetzt im südlichen Turmuntergeschoss 74, um 1480/90 entstanden. 1478 wird erstmals das wundertätige Gnadenbild der »Lieben Frau« bezeugt, zu dem für das späte 15. Jahrhundert eine Wallfahrt überliefert ist. Diese lebensgroße, aus Holz geschnitzte Marienstatue mit Kind ist um 1260 entstanden und steht heute am südöstlichen Vierungspfeiler. Ursprünglich wurde sie mit reichen Kleidern und Schmuck bedacht. 1862 wurde sie dem Geschmack des 19. Jahrhunderts entsprechend umgeschnitzt, die sakrale Bedeutung wurde dadurch nicht geschmälert. Das Chorgestühl entstand durch den Speyerer Meister Christoph Franck 1625 im Stil des Manierismus, die Wangen sind mit Brustbildern der Apostel geschmückt. Auffällig sind dabei die vielen kleinen Engelsköpfchen, die in die Dekoration eingebunden sind. Um 1475 entstand der spätgotische Maria-Schlaf-Altar, der aus St. Martin stammt und erst nach 1860 nach Liebfrauen kam. Auf dem geschnitzten Retabel dargestellt ist Maria auf dem Sterbebett, von den Aposteln umgeben; darüber befindet sich eine Halbfigur Christi, der die Seele der Mutter in Form eines kleinen Kindes in der Hand hält. Die Seitenflügel, von der Malerfamilie Simmler aus Aschaffenburg, zeigen die Heimsuchung, die Anbetung der drei Weisen, die Verkündigung und den Erzengel Gabriel. Unter dem südlichen Querhausfenster steht das Retabel eines neugoti-

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schen Valentinsaltars von 1870 als Mittelpunkt einer Valentinswallfahrt. Zwischen 1966 und 1995 entstand die farbige Verglasung der Fenster von Alois Plum. Beachtenswert im Stiftsbezirk war das Friedhofskreuz von Meister Thomas, jetzt auf dem Hauptfriedhof, die Madonna mit dem Kind, um 1360, jetzt am Gebäude des ehemaligen Kapuzinerklosters, und als Höhepunkt die Schutzmantelmadonna, um 1460, die in einer kleinen Kapelle in den Weinbergen steht. Sie ist die Patronin des hier wachsenden Weines. Die stehende Figur mit Krone hält das Jesuskind im Arm, zwei Engel heben ihren Mantel an, unter dem sich ihre Schutzbefohlenen geschart haben. Neben der Liebfrauenkirche als dem erhaltenen Hauptwerk der Gotik in Worms sind die verschiedenen Veränderungen am Dom aus jener Epoche von wesentlicher Bedeutung. Gut hundert Jahre nach der Domweihe von 1181 wurde die Südfassade zwischen Querhaus und Kreuzgang umgestaltet: Die Annenkapelle wurde angefügt, an die Stelle des romanischen Südportals trat ein gotisches, und die kleine romanische Nikolauskapelle wurde durch eine wesentlich größere im gotischen Stil ersetzt. Der Bau dieser Kapelle erfolgte zwischen 1290 und 1300; in dieser Zeit wurde auch das Südportal75 begonnen (Tafel 9), dessen plastische Ausschmückung sich bis um 1310 hinzog. In der Phase der Fertigstellung wurde die Annenkapelle errichtet. Das Portal wird umrahmt durch Archivolten, in die Bogenläufe eingestellt sind Szenen des Alten und des Neuen Testaments, sinnbezogen gegenübergestellt. Darunter, in Nischen, stehen sich als Vierergruppen die Evangelisten und Propheten gegenüber. Der Wimperg des Portals wird geschmückt durch eine Marienfigur, die auf einem Tetramorph, gestaltet aus den vier Evangelistensymbolen, reitet. Im Tympanon über dem Eingang ist eine Marienkrönung zu sehen. Begleitet wurde die Portalgestaltung durch eine Figurengruppe auf der Ecke der Annenkapelle mit den allegorischen Darstellungen der Caritas und Fides, die über der Synagoge/Infidelitas und der »Frau Welt« stehen. Auf das Umfeld verweisen die Figuren an der Nikolauskapelle mit einem Stifterbischof mit Kirchenmodell, als Bischof Burchard gedeutet, dem Posaunenengel des Jüngsten Gerichts als Hinweis auf den Friedhof, mit Johannes dem Täufer in Bezug auf die Taufkirche und auf der Südseite der Nikolauskapelle schließlich eine Madonna mit Kind und Katharina. Ein inhaltlicher Schwerpunkt des Portals ist die Verherrlichung Mariens und der Kirche, eventuell ein Bezug auf das 1300 gefeierte Heilige Jahr. Stilistisch überaus stark ist der Einfluss der Straßburger Werkstatt. Das Werk des aus Straßburg stammenden Archivoltenmeisters, der auch das Tympanon geschaffen hat, ist in die 1290er Jahre zu datieren. Die übrigen Figuren, die Propheten und Evangelisten, der Tetramorph, die Figuren an der Nikolauskapelle und die vier allegorischen Frauen entstanden nach 1298, als Straßburger Werkleute nach einem Brand abwanderten und waren etwa bis 1310 vollendet. Die Nikolauskapelle selbst ist ein nahezu quadratischer Raum mit einer Mittelsäule und vier von Rippengewölben überspannten Jochen. Die Kapitelle bzw. Konsolen sind mit Laubwerk geschmückt. Der Raum ist lichtdurchflutet durch zahlreiche große Maßwerkfenster, jetzt mit einer farbigen Verglasung von Heinz Hindorf aus den 1970er Jahren. Das östliche, an das Langhaus anschließende Joch ist zu einer Apsis erweitert. Im Tympanon des Südportals der Kapelle, außen, ist der Bischof Nikolaus dargestellt, der als Patron der Seeleute einen Sturm beruhigt und als Patron der Kinder drei zu Unrecht Verurteilte rettet.

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Um 1480 entstand für die auf dem südlichen Domplatz gelegene Johanniskirche ein Löwentaufstein, der Vorbild für eine erhebliche Reihe weiterer solcher Grabsteine im weiteren Umfeld von Worms wurde; jetzt ist er in der Nikolauskapelle aufgestellt. Er wird dem Meister Hans Bilger zugeschrieben. Auf dem Taufstein sind als Halbfiguren Johannes der Täufer und Propheten mit Schriftbändern dargestellt, umrahmt von Astwerk. Getragen wird der Stein von vier sitzenden Löwen. Diesen, als Symbolen des Satans, ist durch die Taufe die dämonische Kraft genommen und sie müssen sich unterwerfen76. Eine weitere Umgestaltungsphase, jetzt der Spätgotik an der Wende zur Renaissance, erfolgte unter dem Wormser Bischof Johann von Dalberg (1482 –1503). Er ließ den romanischen Domkreuzgang, der sich westlich an die Nikolauskapelle anschloss, komplett abreißen und durch einen neuen ersetzen, für dessen künstlerische Ausgestaltung er die Vorgaben lieferte77. Auch dieser wurde bis 1830 beseitigt. Sichtbar erhalten sind mit Engelsfiguren geschmückte Konsolen für die Gewölbe an der südlichen Langhauswand des Doms. Die Schlusssteine des Kreuzgangs sind teilweise im Dominneren angeordnet, andere fanden als Dekorationselemente am Schillerturm und am Storchenturm im Herrnsheimer Schlosspark unter Emmerich Joseph von Dalberg Verwendung78. Herausragend sind die fünf großformatigen Sandsteinreliefs mit Darstellungen aus dem Leben Jesu, die jetzt im nördlichen Seitenschiff des Doms aufgestellt sind 79. Der Gesamtentwurf stammt von Conrad Syfer aus Sinsheim bei Heidelberg. Nach dem heilsgeschichtlichen Programm waren sie paarweise aufgestellt; zusammengehörig waren Geburt und Kreuzigung80, Verkündigung und Auferstehung sowie Wurzel Jesse und Grablegung. Die Wurzel Jesse, geschaffen von Conrad Syfer, wurde von Johann von Dalberg 1488 gestiftet. In Astwerk eingebunden ist der Stammbaum Christi, davor kniet der Stifter (Abb. 20 S. 243). Formal und stilistisch eng verwandt ist die Grablegungsszene mit den Kreuzen im Hintergrund, geschaffen von Hans Syfer, dem Bruder Conrads, gestiftet von dem 1491 verstorbenen Domdekan Johannes Enolff von Lahnstein. Die Auferstehungsdarstellung wurde 1488 von dem Domkanoniker Johannes von Weinheim gestiftet und diente ihm als Grabmal. Die Verkündigung Mariens, wohl von dem Kanoniker Riet, ist auf 1487 datiert. Aus dem Rahmen fällt die detailreich dargestellte Geburt Christi, gestiftet 1515 von dem Kanoniker Jakob Meintzer, die im Gegensatz zu den spätgotischen Werken bereits stark durch stilistische Elemente der Renaissancezeit geprägt ist. Mit dem Zyklus setzten sich der Bischof und einige Kanoniker ein Denkmal, das im Zusammenhang mit dem Totengedenken verstanden werden kann. Einem Verwandten des Johann von Dalberg, Philipp von Dalberg, ist ein Kleinod vor den Toren der Stadt, im heutigen Stadtteil Herrnsheim, zu verdanken. Auch er bestimmte das Kunstschaffen dieser Zeit. Unter ihm, der hier eine Burg, den Vorgängerbau des Schlosses, errichtete, wurde das Dorf zu einer Residenz. Der Bergfried dieser Burg ist erhalten, im 19. Jahrhundert wurde er zum Bibliotheksturm ausgebaut (s. u. S. 778 f.). Dann ließ Philipp die ursprünglich romanische Dorfpfarrkirche St. Peter und Maria Magdalena zwischen 1470 und 1492 zu einer Residenzkirche im gotischen Stil umgestalten. Baumeister war Jakob von Landshut, der 1495 Meister der Straßburger Münsterbauhütte werden sollte, ein Schüler des Landshuter Meisters Hans Stethaimer. Die Herrnsheimer Pfarrkirche ist damit ein Beispiel niederbayerischer Gotik am Rhein 81. 1470 wurde der

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gotische Chorraum errichtet, der dann 1904/05 im Zuge des Umbaus durch August Greifzu, welcher einen querhausartigen Zwischenbau einfügte, um etliche Meter nach Osten transloziert werden sollte. Ab 1478 wurden das romanische Langhaus gotisch umgebaut und im Mittelschiff Netzgewölbe eingezogen. Besonders kunstvoll sind aber die Netzgewölbe der kleinen Kapellen, die die beiden Seitenschiffe im Osten abgeschlossen haben. Von der ursprünglichen Ausstattung ist das geschnitzte Chorgestühl von 1486 erhalten, das auch in den niederbayerischen Kunstkreis einzuordnen ist und Ähnlichkeiten mit den Arbeiten des von dort stammenden Künstlers Erhard Falkener hat, sowie die spätgotische Kanzel, eine hervorragende Steinmetzarbeit von 1489, geschmückt mit einem Dalberg-Wappen, dem Kirchenpatron Petrus und der Muttergottes. Der barocke Hochaltar befindet sich inzwischen in St. Paulus in Worms (Tafel 27). In der Kirche sind die Figuren der Kirchenpatrone Petrus und Maria Magdalena von Martin Biterich, Mainz, verblieben. Gleichzeitig wurde im Süden an das Langhaus eine der heiligen Ursula geweihte Kapelle als dalbergische Grablege (Abb. 90) angefügt82, ebenfalls durch Jakob von Landshut. In den Schlusssteinen des Netzgewölbes ist eine Madonna mit Kind dargestellt sowie Wappen, darunter das dalbergische. Die Gewölbekonsolen sind typisch für die niederbayerische Gotik, sie sind als Büsten gestaltet mit Kopf und Händen, die ein Schriftband halten, wobei der Brustansatz fehlt. Die hier aufgestellten Grabdenkmäler, allesamt bemerkenswerte und qualitätvolle Arbeiten, stammen aus fünf Jahrhunderten, das älteste ist das des Stifters, das jüngste das des Emmerich Joseph als des letzten Dalberg in männlicher Linie. Damit ist die Grablege gleichzeitig ein wichtiges Zeugnis zur Geschichte dieser für Herrnsheim wie auch weit überregional bedeutenden Familie83. Das älteste Grabmal befindet sich in der Südostecke mit den in spitzbogigen Nischen stehenden Figuren des Philipp von Dalberg, gest. 1492, und seiner Ehefrau Barbara von Flörsheim, gest. 1483. Auf Kopfhöhe sind vier Evangelistensymbole angeordnet. Die Westwand der Kapelle wird vom Grabmal des Georg von Dalberg, gest. 1561, und seinen beiden Ehefrauen Anna von Flörsheim, gest. 1553, und Elisabeth Eulerin von Dieburg, gest. 1594, ausgefüllt. Auf dem Renaissance-Epitaph, gegliedert durch Rundbögen mit Pilastern, ist unter einem zentralen Kruzifix kniend Georg mit den beiden Frauen und seinen zwölf Kindern dargestellt. Das Grabmal an der Ostwand für Wolf Friedrich von Dalberg, gest. 1618, und seine beiden Ehegattinnen Ursula von Kerpen, gest. 1616, und Margret Kunigund Löwin von Steinfurt, dient gleichzeitig als Ursula-Altar, erneuert 1753 von Franz Heinrich von Dalberg und seiner Gemahlin Maria von Eltz-Kempenich. In der Ädikula des barocken Altars hängt ein mittelalterliches Kruzifix, daneben stehen Maria und Johannes, darunter in der Prädella kniet Wolf Friedrich mit seinen Frauen und Kindern. Das Grabmal für die Stifter des Epitaphs, Franz Heinrich von Dalberg, gest. 1776, und seine Ehefrau Maria Anna von Eltz-Kempenich, gest. 1763, steht an der Südwand, eine schwarze Marmorplatte mit Inschrift, umrahmt von Allianzwappen, in schlichten, klassizistischen Formen. An Emmerich Joseph von Dalberg, gest. 1833, erinnert eine Stele, auf der seine Porträtbüste steht. Mit ihm ist der männliche Stamm der Herrnsheimer Schlossherren erloschen. Ganz anderen Ursprungs ist die heute katholische Pfarrkirche Maria Himmelskron in Worms-Hochheim84. Sie wurde als Kirche für ein Frauenkloster erbaut, das 1278

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Abb. 90: Grablege der Kämmerer von Worms genannt von Dalberg in der Pfarrkirche Worms-Herrnsheim

durch den Ritter Dirolf von Hochheim und seine Gattin Agnes gestiftet und 1285/87 in den Dominikanerorden aufgenommen wurde. Erste Priorin des Konvents war Dirolfs Schwester Adelheid (Aleidis) (1282 –1299/1300). Die Kirche entstand als schlichte, ungewölbte Saalkirche mit einem dreiseitigen Chorschluss im Osten zwischen 1282 und 1293. Die Nonnenempore befand sich im westlichen Teil der Klosterkirche, darunter die Grablege der Schwestern, von deren Grabsteinen bis 1951 immerhin 32 erhalten und an den Längswänden des Kircheninneren aufgestellt waren. Im März 1563 ließ der pfälzische Kurfürst Friedrich III. (1559 –1576) das Kloster besetzen und verbot die Aufnahme neuer Schwestern. Erst 1570 erfolgte die förmliche Aufhebung und 1580 die Umwandlung der Baulichkeiten und Einkünfte in eine weltliche kurpfälzische Amtsschaffnerei. Die ehemalige Klosterkirche diente den Reformierten Hochheims als Winterkirche, bis diese 1609 ihre Bergkirche, die alte Pfarrkirche St. Peter, erweitern konnten. Die so genannte Pfälzische Kirchenteilung von 1705/06 unter dem (katholischen) Kurfürsten Wilhelm (1690 –1716) sprach die Kirche Maria Himmelskron den Hochheimer Katholiken als Pfarrkirche zu. Bis 1708 erfolgten umfangreiche Erneuerungsarbeiten. Als hochherziger Stifter bewährte sich der kurpfälzische Oberfaut (Obervogt) und Schaffner Johann Hermann Otto. Ihm verdankt die renovierte Kirche unter anderem den Hochaltar (1712/

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1742), die Marienglocke (1736), die Orgel (1740/41) und eine prächtige Monstranz (1742). Eine selbstständige katholische Pfarrei entstand freilich erst wieder zum 1. Mai 1904. Eine große Kirchenrenovierung fand in den Jahren 1905/06 statt; ihr verdankt sich der große Glockenturm in den Formen des Barock. Im Jahr 1951 wurden anlässlich einer neuerlichen Renovierung die Nonnengrabsteine ausgebaut und bis auf vier in alle Winde zerstreut. Der formschöne Zelebrationsaltar von Gustav Nonnenmacher stammt von 1974. Die vorläufig letzte Restaurierung der Kirche (1996 – 2001) brachte eine neue Orgel, aber auch die denkmalgerechte Erneuerung des Orgelprospekts von 1740/41 und des barocken Hochaltars (1712/42). Von alten Ausstattungsstücken seien noch das Wandgemälde über dem Nordportal (bald nach 1300), das vermutlich das Stifterehepaar an der Klosterpforte darstellt, erwähnt, ferner der Löwentaufstein aus der heute evangelischen Pfarrkirche St. Peter (um 1500)85 und ein holzgeschnitztes Vesperbild (um 1510) als Bestandteil eines modernen Heiligen Grabes in einer Nische der Nordwand. Eine andere interessante Kirche steht in Worms-Heppenheim86. Die heute evangelische Pfarrkirche war dem Patron des Bistums Worms, St. Peter, geweiht. Als die mittelalterliche Kirche in den Jahren 1596/97 weitgehend umgebaut wurde, war sie schon seit einem halben Jahrhundert lutherisch bzw. reformiert. Gleichwohl besaß der Wormser Dompropst nicht nur das Recht der Kollatur, sondern auch die Pflicht, für die Bauarbeiten an der Kirche aufzukommen. Von seiner Baulast zeugt bis heute die Inschrift über dem Triumphbogen mit der Jahreszahl 1597 und den beiden Schlüsseln des domstiftischen Wappens. Die Dekoration des Triumphbogens mit Diamantquadern und Ranken sowie die Ausmalung des damals vergrößerten Kirchenschiffs gehört der um 1600 in Worms verbreiteten Postumgotik an, wie sie etwa den Umbau der Hochheimer Bergkirche (1609) und den südlichen Kreuzgangflügel des Wormser Andreasstifts (1612) geprägt hat. Das gilt auch für die Maßwerkfenster des eingezogenen, breiten, niedrigen 5/8-Chorschlusses und die in zwei Reihen übereinander angeordneten Spitzbogenfenster des Kirchenschiffs. Der spätgotische Löwentaufstein aus Heppenheim, um 1500 in Abhängigkeit von dem Taufstein in der Nikolauskapelle des Wormser Doms (um 1485) entstanden, zeigt auf seiner Kuppa den Kirchenpatron als Halbfigur über den Wolken 87. Renovierungen der Heppenheimer Kirche, besonders des Dachs und der Innenbemalung, fanden um 1700, 1852/53 und 1988 statt. Neben den Sakralbauten sind zahlreiche Profanbauten und Kunstwerke aus der Zeit der Gotik und der Renaissance erhalten geblieben. Umfassend ausgebaut wurde im Stadtteil Pfeddersheim, damals Reichsstadt, die Stadtmauer 88. Die heutige Anlage stammt aus der Zeit um 1500, nach dem Bauernkrieg 1525 wiederhergestellt. Eine letzte Instandsetzung erfolgte ab 1655. Über weite Strecken ist die Mauer erhalten, es stehen noch neun der zehn Volltürme und dazu etliche Halbtürme. Im Norden erstreckt sich ein tiefer Graben. Der restaurierte Bürgerturm von 1611 in der Ringstraße wie auch der Lenhardsturm und der Hohe Turm im Cästrich zeigen die einstige Größe und das Aussehen. Auch der nahe der Mauer gelegene Kirchturm hat gleichermaßen eine Wehrfunktion übernommen. Der Rote Turm im Osten ist das selten erhaltene Beispiel für einen überbauten Wasserdurchlass durch die Stadtmauer. Die zahlreichen Halbtürme konnten in Kriegszeiten schnell für Verteidigungszwecke hergerichtet werden (Tafel 25a).

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Nicht mehr an seinem ursprünglichen Standort, dem Friedhof an der Liebfrauenkirche, steht das monumentale Kruzifix, das seit 1909 eine zentrale Stellung auf dem Hauptfriedhof Hochheimer Höhe einnimmt89. Dieses Kreuz wurde laut Inschrift von dem Wormser Bildhauer Meister Thomas 1493 geschaffen. Das Kreuz steht auf einem hügelartigen Sockel, der an die Schädelstätte erinnert. Die Inschrift des Künstlers ist am Fuß des einfach gehaltenen Kreuzes angebracht, die biblisch überlieferte Inschrifttafel am oberen Ende des Kreuzstammes. Der Körper des toten Christus mit wallendem Haar zeigt einen S-Schwung, die Enden seines Lendentuchs flattern frei. Das Kunstwerk zeigt den Einfluss von Niclaus Gerhaert von Leyden und dessen Kruzifix in Baden-Baden, auch hat Meister Thomas mit dem Kreis um Hans Syfer in Verbindung gestanden. Es handelt sich um eine qualitativ sehr hoch stehende Arbeit. Die Profanbauten, vorwiegend Wohnbauten, sind über das ganze Stadtgebiet verteilt. Eine Gebäudefassade aus der Zeit der Gotik ist in der Judengasse 11/13 erhalten90, sie stammt aus der Zeit des Wiederaufbaus nach dem Pestpogrom 1349. Im ersten Obergeschoss ist eine große spitzbogige Fensteröffnung nachvollziehbar, im zweiten hat sich ein kleines Fenster mit Dreipass erhalten; dieses Gebäude verweist auf eine recht anspruchsvolle mittelalterliche Bebauung im Wormser Judenviertel (Tafel 15; vgl. Karte 15 S. 682). Neben diversen Portalen mit Jahreszahlen sind zu Beginn der Neuzeit die großbürgerlichen Anwesen mit Treppentürmen zu nennen. Im Zuge von Renovierungsmaßnahmen konnte im Anwesen Rheinstraße 14 intensive Bauforschung betrieben werden91. Reste eines Baues aus dem 15. Jahrhundert wurden um 1600 in einen Neubau mit Torfahrt mit Kreuzgratgewölben einbezogen, im Hof wurde ein Treppenturm errichtet. Innen wie außen konnten Reste einer Architekturmalerei festgestellt werden. Renaissancezeitliche Elemente an den Fenstergewänden sind sichtbar. Es folgten etliche Veränderungen in späteren Jahrhunderten, doch der sichtbare Bestand in Verbindung mit den Untersuchungen ist für die Wormser Hausforschung von hohem Wert. In der Römerstraße 18 – 2292, dem heutigen Sophienstift, ist der stichbogige Eingang zur Treppenspindel mit Stabwerk umrahmt (bez. 1604), die angrenzenden Gebäudeteile stammen aus der gleichen Zeit. Repräsentativ im Äußeren ist das Rote Haus (Abb. 34 S. 344)93, jetzt Gemeindehaus zur daneben errichteten Friedrichskirche. Die Jahreszahl 1624 verweist auf das Baudatum. Die zentrale Torfahrt ist spätgotisch gestaltet, die dreigeschossige Fassade dagegen im Stil des Manierismus, mit zwei Zwerchhäusern mit Volutengiebeln; rückseitig ist ein Treppenturm angefügt. Im Rathaus selbst verbergen sich Reste des ehemaligen Bürgerhofes 94. Entlang der Bürgerhofgasse, wo auch eine spitzbogige Pforte eingebaut ist, erstreckt sich eine Halle in nachgotischen Formen mit Gratgewölben, die sich zum Rathausinnenhof in Arkaden öffnet, mit den Jahreszahlen »1600« und »1672«, ein Fenster zur Hagenstraße ist mit »1537« bezeichnet. Die anschließenden Archivgewölbe, ebenfalls aus dem 17. Jahrhundert stammend, sind gleichfalls diesen Formen verbunden (vgl. Tafel 30). Gleich zwei außergewöhnliche Wohngebäude im Stadtteil Abenheim, der sich an der Wende zur Neuzeit wie Herrnsheim in dalbergischem Besitz befand, sind erwähnenswert. Im Wohnhaus des Hofanwesens Rathausstraße 38 befindet sich im Flur des ersten Obergeschosses der Rest einer ornamentalen Wandmalerei im Renaissancestil, bezeichnet 1585, doch stammt das Haus aus der Zeit um 154095. Zusätzlich verweist eine Renais-

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sancepforte von 1580 mit Wappen des Wormser Martinsstifts auf den möglichen Besitzer. Der dalbergische Amtshof in der Wonnegaustraße 55 ist ein stattlicher Bau in spätgotischer Kubatur mit einem prächtigen Renaissanceportal sowie einem Dalbergwappen von 1556. Die Innenräume sind ausnehmend gut in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten. Herausragend ist der Innenausbau unter dem Dach, dort erfolgt der Zugang zu den Räumen durch eselsrückenförmige Türöffnungen, in das zweite Speichergeschoss führt zudem eine bauzeitliche Blockstufentreppe 96.

Die barocke Stadt Die Zerstörungen im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 waren vergleichsweise so schrecklich wie die durch die Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs, deren Spuren man durch die Neubebauung in der Innenstadt noch nachvollziehen kann (Abb. 31 S. 302). Der barocke Wiederaufbau ging langsam und innerhalb der Grenzen der mittelalterlichen Stadtmauern vonstatten97. Worms war seit der Reformationszeit eine vorwiegend lutherische Stadt geworden. Das erste große Bauprojekt nach der Stadtzerstörung von 1689 war eine Stadtpfarrkirche, die es zuvor noch nicht gegeben hatte, nämlich die 1725 eingeweihte Dreifaltigkeitskirche als Reformationsgedächtniskirche. Bis 1744 folgte die Friedrichskirche der reformierten Gemeinde, die ab 1699 zugelassen wurde und somit die Genehmigung zum Bau einer Kirche erhielt. Auch die zerstörte Innenausstattung der Synagoge wurde erneuert. Obwohl die bischöfliche Macht im Schwinden begriffen war, wurde sie durch den Bau eines neuen Bischofshofs und die Erneuerung einiger Kirchen und Klöster unter Bischof FranzLudwig von Pfalz-Neuburg (1694 –1732) demonstriert. Der barocke Bischofshof wurde, wie der mittelalterliche, nördlich des Doms errichtet, jedoch etwas nach Westen verschoben. Als Baumeister gilt Ritter von Grünstein, Balthasar Neumann soll Pläne zur Erweiterung vorgelegt haben. Bereits 1794 wurde diese barocke Schlossanlage von französischen Revolutionstruppen komplett zerstört. Die Innenausstattung des Doms war 1689 vernichtet worden. Nachdem der Bau gesichert war, entstand 1738 bis 1742 der barocke Hochaltar nach Plänen von Balthasar Neumann, danach folgten die Seitenaltäre und das Chorgestühl. Sowohl durch Domherren und Stiftskanoniker als auch durch das Patriziat und das gehobene Bürgertum ist gegen Mitte des 18. Jahrhunderts in der Innenstadt eine rege Bautätigkeit zu beobachten. Dabei ist ein West-Ost-Gefälle zu erkennen: Östlich der Achse Römerstraße-Friedrichstraße, zum Rhein hin, dominierte eine eher kleinbürgerliche Bebauung. Für die Umgebung des Doms und der Andreaskirche sind das Prittwitz’sche Haus, Neumarkt 1, zu nennen, die Domherrenhäuser Bettendorfhof in der Andreasstraße und das Haus zum Silberprenner in der Valckenbergstraße, beide 1945 zerstört, interessant beim »Elephant«, Weckerlingplatz 1, ist das mit einem Hauszeichen geschmückte Portal. In der Nähe der Martinskirche ist der Wambolderhof, Kämmererstraße 42, ein herausragendes Bauwerk (Abb. 92 S. 774), an ihn schloss sich der Wessenbergerhof an, der am

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Ende des 19. Jahrhunderts zu Gunsten des neuen Kaiserlichen Postamtes beseitigt wurde. Etwas kleiner, mit speziellem Charme, ist das Stiftsherrenhaus Kämmererstraße 53. Das Zunftzeichen mit Fisch an einem Barockhaus in der Kämmererstraße 67 erinnert an den Berufsstand seines früheren Eigentümers. An der Stelle des Zollamtes, Rheinstraße 1, befand sich der Pfalzgrafenhof. Zahlreiche Wiederherstellungsarbeiten wurden im 18. Jahrhundert an den Häusern der Judengasse unternommen, doch diese waren weniger stark vom barocken Stilempfinden geprägt, vielmehr blieb der Charakter des 16. bis 18. Jahrhunderts bewahrt (Tafel 15). Im Viertel der Pauluskirche wurde das frühneuzeitliche Anwesen Rheinstraße 14 bereits zu Ende des 17. Jahrhunderts wiederhergestellt und mit einem barocken Dachstuhl versehen98. Immer noch eindrucksvoll sind die Anwesen Mähgasse 5 und Bauhofgasse 28, Ecke Paulusstraße. In der Römerstraße 80 befand sich das zur Friedrichskirche gehörende reformierte Pfarr- und Schulhaus, aufwändiger hingegen ist das Rokokohaus Römerstraße 72. Von den Stiftsherrenhäusern des Paulusstiftes ist allein das Anwesen Paulusstraße 4 erhalten geblieben. Im südöstlichen Innenstadtbereich ist das Haus »zur Trommel«, Römerstraße 44, mit romanischer Fassade zur Hagenstraße (Abb. 89 S. 755) beachtenswert. Über dem Eingangsportal ist die Büste eines Trommlers platziert. Auch das Anwesen Römerstraße 18 bis 22 wurde umgehend nach der Zerstörung 1689 mit einem neuen Dachstuhl wieder instand gesetzt. Das adlige Palais Manderscheid-Degenfeld steht in der Römerstraße 5, von den benachbarten Barockhäusern in der Wollstraße ist die Nr. 26 von Interesse. Das Relief im Türsturz, das ein Gespann mit zwei pflügenden Pferden zeigt, ist inschriftlich auf 1698 datiert und damit Hinweis auf ein früh wiederhergestelltes landwirtschaftliches Anwesen in der Innenstadt. Nur ganz wenige Häuser der kleinbürgerlichen Bebauung haben sich erhalten, als Beispiel sei das Doppelanwesen Kasernengasse 16/18 genannt. Weitere Bautätigkeit entfaltete sich in den Vorstädten. In der südlichen Vorstadt wurde um 1770 das Frauenkloster Mariamünster teilweise erneuert und die Klosterkirche neu ausgestattet, der Altar befindet sich jetzt in Pfeddersheim; Seitenaltäre und weitere Kunstwerke gelangten nach St. Martin. Vom Karmeliterkloster in der westlichen Vorstadt ist ein Portal in das Hinterhaus des Anwesens Wilhelm-Leuschner-Straße 4 einbezogen worden. In der nördlichen Vorstadt ist das barocke Portal der Meiels- oder Eulenburg im Anwesen Mainzer Straße 25 erhalten, der Remeyerhof, Remeyerhofstraße 20, mit barockem Portal und Bauinschrift von 1706, konnte wiederhergestellt werden. Benachbart zur Liebfrauenkirche wurde das Kapuzinerkloster, Liebfrauenstift 20, inzwischen Wohnhaus, in barocken Formen rekonstruiert. In der eher bescheidenen Bebauung im Osten vor der Stadt fällt das Anwesen Rheinstraße 50 durch seine Großzügigkeit auf. In sämtlichen heutigen Stadtteilen wurde im 18. Jahrhundert gebaut, die besten erhaltenen Zeugnisse stammen häufig aus dem sakralen Bereich. In Abenheim wurde die mittelalterliche katholische Pfarrkirche St. Bonifatius bis 1736 unter den dalbergischen Ortsherren erneuert nach Plänen des Wormser Dombaumeisters Johann Jörg Endtner, in der Wonnegaustraße 56 entstand ein barockes Rathaus, und markant sind die Kreuze an den Ortsausgängen. In Heppenheim wurden die Obere und die Untere Mühle erneuert, das evangelische Pfarrhaus, Kirchhofplatz 7, entstand, dazu zahlreiche großzügige Hof-

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anlagen, die das Straßenbild der Wormser Landstraße und der Pfälzer-Wald-Straße prägen. Die Kämmerer von Worms, genannt von Dalberg, bauten im Herrnsheim nicht nur ihr Schloss nach Plänen von Architekt Herwartel in barocken Formen wieder auf, auch das Dorf nahm Züge einer barocken Residenz an mit dem Pfarrhof und weiteren repräsentativen Hofanlagen in der Herrnsheimer Hauptstraße wie dem unlängst umgenutzten Zehnthof (Nr. 19); nicht zu vergessen der barocke Hochaltar in der Pfarrkirche, jetzt in St. Paulus in Worms. Für die ehemalige Klosterkirche, inzwischen katholische Pfarrkirche Maria Himmelskron in Hochheim, stiftete Amtsschaffner Otto 1712 einen barocken Hochaltar und ließ die Amtsschaffnerei neu erbauen, mit qualitätvollem, plastischem Bauschmuck. Das Rathaus in der Binger Straße wurde als Fachwerkhaus erneuert. In Horchheim wurde bis 1726 die ehemalige Heilig-Kreuz-Kirche, jetzt Friedhofskapelle, in barocken Formen wiederhergestellt, dazu entstand das benachbarte Pfarrhaus in der Oberen Hauptstraße 45 und davor, direkt an der Straße, ein eindrucksvolles Wegekreuz von 1760. Auch wurde die Untermühle in der Horchheimer Bahnhofstraße erneuert. In Ibersheim nördlich von Worms (1969 eingemeindet) wurde 1788 am Ortsrand das kleine »Ammenheisje« erbaut, liebevoll restauriert als Heimatmuseum 99. In dem ehemals reinen Mennonitenort diente es als Unterkunft für Andersgläubige. Neben der evangelischen Kirche von 1716 ist in Leiselheim der ehemalige kurpfälzische Amtshof (Dr.-IllertStr. 7) mit seinem Fachwerk-Wohnhaus von 1774 eine beeindruckende Anlage sowie einige Hofanlagen in der Winzerstraße. Neben einigen Gebäuden im alten Ortskern von Neuhausen, dem ehemaligen Stiftsbezirk von St. Cyriakus, fällt besonders das Barockhaus in der Gaustraße 108 mit seinem Relief auf. Auf den Mauern der mittelalterlichen Pfarrkirche wurde in Pfeddersheim die Simultankirche errichtet, das Langhaus wurde bis 1721 als reformierte Kirche fertig gestellt, der Chorraum bis 1789 als katholische Kirche. Die lutherische Gemeinde erbaute bis 1714 eine eigene Kirche. Ein Kleinod im Rokokostil ist das katholische Pfarrhaus in der Karlstraße 25, viel stattlicher erscheint das zwischen 1760 und 1770 errichtete »Schloss« des Johann Jakob von Orb in der Schlossstraße 48, jetzt Rathaus. 1763 wurde in Pfiffligheim die evangelische Jesus-Christus-Kirche erbaut, eine Saalkirche mit weitgehend erhaltener Innenausstattung und einer durch Lisenen und Gesimse wohlproportioniert gegliederten Fassade im Straßenzug. Den Ortskern von Rheindürkheim bestimmen die Simultankirche von 1776 mit barocker Innenausstattung und das benachbart gelegene barocke Rathaus aus dem zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts, durch Lisenen gegliedert, mit Mansarddach und Dachreiter. In Weinsheim erinnern eine kleine engelsgeschmückte Wandnische in der Weinsheimer Hauptstraße 59 und ein bischöflich wormsischer Wappenstein in der Weinsheimer Hauptstraße 41 an die Barockzeit. Von ansprechender Qualität sind die beiden Kreuze in Wiesoppenheim, das Wegekreuz von 1766 vor der Theodor-Storm-Straße 95 und das Friedhofskreuz von 1776. Der bedeutendste sakrale Neubau im 18. Jahrhundert ist die Dreifaltigkeitskirche100 (Tafel 26, Abb. 33 S. 342). Mit dem Aufkommen einer evangelischen Bewegung um 1521 und der Einführung der Reformation durch den Rat 1527 benötigte die lutherische Bürgermehrheit eine Kirche. Da der Besitzanspruch auf die Pfarrkirche St. Magnus umstritten war, alle übrigen Pfarrkirchen aber bei der katholischen Minderheit blieben, veran-

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lasste der Rat die Teilung der Dominikanerkirche in einen lutherischen (Schiff) und einen katholischen Teil (Chor). Nach der Stadtzerstörung 1689 forderte das Ratsmitglied Johann Friedrich Seidenbender die Errichtung einer eigenen lutherischen Kirche. Infolge der finanziellen Schwäche der Stadt kam es erst 1708 zum Baubeschluss. Die Grundlage bildete ein Grund- und Aufriss samt Kostenberechnung des zeitgleich als Planer der katholischen (!) Dreifaltigkeitskirche in Frankenthal tätigen kurpfälzischen Kapitän-Ingenieurs Villiancourt. Am 31. Juli 1709 fand die Grundsteinlegung statt. Die Bauleitung lag bei dem Maurermeister Adam Bauer, ab 1722 wurde sie von den Kirchenbaudeputierten des Rates wahrgenommen. Trotz unfertigem Innenausbau erfolgte am 31. Juli 1725 die feierliche Einweihung. Das programmatisch »an den Ort, wo Luther eh bekannt sein Wort« gesetzte Gotteshaus an der Stelle des zerstörten städtischen Repräsentationskomplexes »Münze« (Abb. 21, S. 244) betonte mit Turmfront und Hauptportal die Ostseite des Straßenmarktes. Auf den geplanten Anbau von Schule und Rathaus musste verzichtet werden. Das Äußere der in französisch beeinflussten barocken Formen gestalteten Kirche wurde nach der Zerstörung vom 21. Februar 1945 wiederhergestellt. Über dem reicher dekorierten Westbau mit einer Apostelgalerie erheben sich das quadratische Glockengeschoss, darüber ein achteckiger Turmteil (Stube für den Feuerwächter, heute dort Spieltisch des Glockenspiels) sowie zwei haubenbedeckte Laternen und das Kreuz. Die holzgeschnitzten Türflügel des Hauptportals von 1725 zeigen Dreifaltigkeitssymbole. Das von einem schweren Walmdach mit drei Gaupenreihen bedeckte Schiff gliedern schmalhohe Fenster zwischen dorischen Pilastern. Der Chor ist fünfseitig geschlossen. Biblische Themen schmücken die von Ulrich Henn neu geschaffenen Bronzetüren der Nebeneingänge auf der Marktplatzseite (Tafel 26). Im Gegensatz zu dem strengen Äußeren bot sich das Innere in reicher barocker Ausgestaltung dar. Anregungen holte man sich bei der Frankfurter Katharinenkirche und der Speyerer Dreifaltigkeitskirche, von denen letztere sich bis heute im Original erhalten hat. Das Schiff überspannte eine stuckierte und von Johann Rosner mit alt- und neutestamentlichen Szenen ausgemalte Decke. Zwei im Westen, Norden und Osten umlaufende, von Holzpfeilern gestützte Galerien zeigten biblische Bilder, ausgeführt von Johann Martin Seekatz. Der Marmoraltar von Franz Georg Georgioli mit einer Dreifaltigkeitsgruppe von Johann Maucher im Gesprenge und die neben dem Pfarrstuhl an der Südwand angebrachte marmorne Kanzel von Francesco Pedetti fügten sich mit der auf der zweiten Galerie stehenden, mit aufwändigem Prospekt versehenen Orgel von Johann Mayer zu einem Dreiklang zusammen: Tisch des Herrn, Kanzel für die Wortverkündigung, Orgel zum klingenden Lob Gottes. Die innere Turmwand schmückte ein Bild »Luther vor Kaiser und Reich«, gemalt von Johann Martin Seekatz und seinem Sohn Ludwig. An der Ausschmückung der Kirche wirkten sowohl lutherische wie katholische Künstler mit (Abb. 33 S. 342). Beim Wiederaufbau ab 1954/55 erfuhr das Schiff durch Otto Bartning und Otto Dörzbach eine völlige Neugestaltung und Umorientierung. Es sollte als Gemeindekirche, aber auch für große Veranstaltungen und Kirchenkonzerte zur Verfügung stehen. Das in Holzwerk konstruierte fünfjochige, leicht farbig konturierte Kreuzrippengewölbe überspannt

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frei den 41 m langen, 19,8 m breiten und 17 m hohen Raum. Der die gesamte Raumbreite einnehmende Altarraum wird durch eine Mitteltreppe erschlossen. Vier von Gustav Nonnenmacher (Worms) geschaffene Bronzeplatten mit den Evangelistensymbolen für Matthäus, Markus, Lukas und Johannes bilden auf der Nordseite die amboartige Kanzel, der auf der Südseite ein schlichter Taufstein entspricht. Für den um zwei Stufen erhöhten Altar schuf Josef Hoh (München) sechs Stand- und sechs Tischleuchter. Verzichtet wurde auf die umlaufenden Galerien. Zwei Emporen auf der Turmseite dienen für Chor und Spieltisch der Steinmeyer-Orgel. Vor ihren harfenartigen Pfeifenwänden betont deren Mitte neben einer schmalen dritten Empore ein Mosaik von Walter Eglin (Dietgen/ Schweiz) mit dem Thema des verbrannten Seekatz-Bildes »Luther vor Kaiser und Reich«. Den eigentlichen Schmuck der Kirche bilden 15 Buntglasfenster mit abstrakten und zugleich gegenständlichen Darstellungen, gestaltet von Wilhelm Buschulte (Unna), ausgeführt in den Kunstwerkstätten Dr. Oidtmann (Linnich). Im Kontext dazu stehen die drei Glaubensartikel mit Luthers Erklärung aus dem Kleinen Katechismus, wiedergegeben in ornamentalen Tonbuchstaben durch Johanna Schütz-Wolff (Söcking). Text und jeweils fünf Fenster gehören als Spiegel der Dreieinigkeit zusammen. Das Altarkreuz korrespondiert mit dem Himmelsfahrtsfenster, in dem das Bild der ehernen Schlange das Alte Testament zitiert und dessen durchsichtiger oberer Abschluss sich gleichsam aus dem Gotteshaus in den Himmel öffnet. Die Wiederweihe erfolgte am 30. Oktober 1959. In ihrer äußeren Form vermittelt die im Inneren moderne Dreifaltigkeitskirche zusammen mit dem Palais Prittwitz (Adlerapotheke, Ecke Neumarkt/Andreasstraße) einen Eindruck von der barocken Baugesinnung des frühen 18. Jahrhunderts. Nachdem die lutherische Dreifaltigkeitskirche vollendet war, reiften in der reformierten Gemeinde die Pläne, ihre kleine Holzkirche durch einen neuen Kirchenbau, der den Anforderungen der Gemeinde entsprach, zu ersetzen, verbunden mit einem Pfarr- und Schulhaus. Die Umgebung in der heutigen Römerstraße setzte durch das Rote Haus als Nachbarhaus und den gegenüberliegenden Chorraum der gotischen Dominikanerkirche Maßstäbe. 1740 legte der kurpfälzische Ingenieur Johann Georg Baumgratz aus Mannheim Pläne vor, angelehnt an die Mannheimer Garnisonskirche, 1741 war Baubeginn, die Einweihung fand am 9. Juni 1744 statt. Schirmherr des Bauvorhabens war Friedrich der Große von Preußen, daher auch die Namensgebung als Friedrichskirche101. Die Friedrichskirche ist schlicht gehalten, in guten, ausgewogenen Proportionen. Der einfache verputzte Saalbau mit rundbogigen Fenstern ist im Osten mit einem dreiseitigen Chor geschlossen. Die Westfassade, nach Süden an das Rote Haus angeschlossen und nach Norden durch einen Torbogen mit dem reformierten Schulhaus verbunden, ist axial angelegt, mit Pilastervorlagen neben den Ecken. Das Mittelportal ist von Halbsäulen flankiert, mit Giebelverdachung. Über einem horizontalen Gesims auf der Traufhöhe des Roten Hauses erhebt sich ein Dreiecksgiebel, darüber als Kirchturm ein zweigeschossiger Dachreiter mit barocken Kuppelhauben. Innen war die Kirche im reformierten Sinne als schlichte Predigtkirche eingerichtet, der Altar befand sich in der Mitte des Kirchenraums vor der Kanzel an der Südwand. Die Bänke wie auch die dreiseitige Empore waren auf die Kanzel ausgerichtet. Der Schalldeckel der Kanzel war mit einem Pelikan, der sich als Symbol des Opfers die Brust öffnet,

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geschmückt. Eine Orgel der Brüder Stumm aus Rhaunensulzbach wurde 1771 auf der Westempore aufgestellt. Bedingt durch die Kirchenunion mit den Lutheranern (1822) wurde gegen 1900 der Innenraum verändert, der Altar mit einfachem Kreuz wurde in den dreiseitigen östlichen Abschluss verlegt und die Kanzel wurde weiter nach Osten versetzt, die Bestuhlung wurde weitgehend auf den Altar ausgerichtet. Im Spiegel der schlichten Stuckdecke entstand ein Gemälde des Wormser Künstlers Heinz Muth, 1900, das den aus den Wolken niedersteigenden Christus, umgeben von Engeln, zeigt102. Durch Bomben wurde die Kirche am 21. Februar 1945 sehr stark beschädigt (Abb. 72 S. 639). 1955 konnte sie wieder eingeweiht werden. Man beschränkte sich auf eine Orgelempore im Westen, die Bänke in vier Blöcken waren auf den tribünenartig erhöhten Altarraum ausgerichtet. Bei der Renovierung 1994/95 wurde die Tribüne entfernt, der Altarraum ist vom Saal nur um eine Stufe erhöht. Trotz mehrfacher Veränderungen hat das als schlichte reformierte Predigtkirche erbaute Gotteshaus einen eigenen Charakter wahren können. Die katholischen Kirchen in Worms waren in der Barockzeit reich ausgestattet. Im Zuge der Säkularisation wie auch durch Neuerungen in der Zeit um 1900 wurde diese Ausstattung sehr stark dezimiert. Weitgehend erhalten ist die im Dom mit dem Hochaltar von Balthasar Neumann, dem Chorgestühl von Franz Anton Hermann und den Nebenaltären von Johann Peter Jäger, der Altar von Herwartel aus der Herrnsheimer Pfarrkirche im Dominikanerkloster St. Paulus und ein Altar aus dem Frauenkloster Mariamünster in der Kirche in Worms-Pfeddersheim. Der Hochaltar des Doms, ein Ciborienaltar (Tafel 18), ist ein Werk des Würzburger Architekten Balthasar Neumann, geschaffen von 1738 bis 1742 im Auftrag des Wormser Bischofs Franz Georg von Schönborn, gestiftet von seinem Vorgänger, Bischof Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg (1694 –1732). Die Schnitzarbeiten stammen von dem Würzburger Bildhauer Johann Wolfgang von der Auwera103. Auf dem steinernen Unterbau, der im Mittelteil ein Halbrund bildet, erheben sich sechs Marmorsäulen, darauf ruht das hölzerne Gebälk mit dem bekrönenden Baldachin. Zwischen der äußeren Säulenstellung stehen Petrus als Kirchenpatron und ihm gegenüber Paulus. Im inneren Rund weisen zwei Engel mit Weihrauchfässern auf das zentrale Tabernakel bzw. eine Muttergottesfigur in einer Ädikula hin. Unter dem Baldachin, am Architrav, befindet sich das Stifterwappen Franz Ludwigs von Pfalz-Neuburg. Der Volutenaufbau des Baldachins wird bekrönt mit dem Zeichen seiner Würde, dem Kurhut. Über den beiden Außensäulen erheben sich auf dem Gebälk zwei Flammenvasen. Die Architekturteile des Altaraufbaus sind mit Kartuschen, Blütengehängen und vegetabilen Elementen, besonders am Baldachin, üppig geschmückt, dazwischen tummeln sich zahlreiche puttenartige Engel. Nicht nur in seiner künstlerischen Konzeption und im Erscheinungsbild ist dieser Neumann-Altar von herausragender Qualität, auch handwerklich ist er bis in die letzten Details an nicht sichtbaren Stellen qualitativ überraschend gut104. Im Rahmen der zahlreichen Worms-Aufenthalte wegen des Altars wurden von Balthasar Neumann bzw. seinem Büro auch die Pläne für die katholische Pfarrkirche im benachbarten rechtsrheinischen Hofheim geliefert105. Die beiden Chorseitenaltäre wurden von dem Mainzer Hofbildhauer Johann Peter Jäger 1749 bis 1751 geschaffen als Ädikulaaltäre mit den Figuren des Christus als Erlöser und Maria mit Sternenreif106, bekrönt von Vasen, strahlenförmigen Aufsätzen, von Putten

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umspielt. Das Chorgestühl in Formen des Rokoko stammt von dem Mainzer Hofschreiner Franz Anton Hermann, 1755 bis 1759 entstanden. Herausragend ist die obere Abschlussbrüstung mit Darstellungen von Musikinstrumenten in feiner Flachreliefschnitzerei sowie die Wappen der Domkapitulare 107. Der Altar in der Stiftskirche St. Paulus stammt ursprünglich aus der Herrnsheimer Pfarrkirche St. Peter und Maria Magdalena, wurde 1906 abgebrochen, um einem Altar im neugotischen Stil Platz zu machen, und 1928/29 in reduzierter, angepasster Form in St. Paulus wieder aufgebaut, als diese zur Kirche des Dominikanerkonvents geweiht wurde 108. 1945 nahm der Altar wieder Schaden, die zerstörten Figuren wurden in angemessener Form ersetzt. Der Wormser Domherr Philipp Wilhelm von Dalberg hat den steinernen Altar errichten lassen. Die Pläne dazu entwarf der Mainzer Architekt Johann Caspar Herwartel, die hölzernen Bildhauerarbeiten stammen von dem Mainzer Martin Biterich und die farbige Fassung von Franz Edmund Higel. Die geschwungene Grundform setzt sich im Säulenaufbau und im Architrav fort. Mittelpunkt über dem Tabernakel ist Christus als Salvator mundi. Das Dalbergwappen darüber ist mit dem des Dominikanerordens kombiniert, darüber schwebt in einem Strahlenkranz die Taube des Heiligen Geistes. Engel und Vasen schmücken die äußeren Achsen und den Architrav (Tafel 27). Der katholische Teil der Pfeddersheimer Simultankirche ist Maria Himmelfahrt geweiht. Das Wormser Zisterzienserinnenkloster Mariamünster (Nonnenmünster) war mit einem Maria-Himmelfahrt-Altar ausgestattet, der wohl anlässlich der Kirchenrenovierung um 1770 entstanden ist. Als Künstler können der Mainzer Baumeister und Stukkateur Johann Peter Jäger, der die Nebenaltäre des Wormser Doms geschaffen hat, und der Bildhauer Johann Jakob Juncker gelten109. Nach Auflösung des Klosters folgte für den Altar eine Odyssee, er wurde in der Martinskirche aufgestellt, dann musste er einem neuromanischen Altar weichen und wurde ins Museum verbracht. Nach 1945 kam er wieder nach St. Martin, nachdem der neuromanische Altar im Krieg zerstört worden war, und wegen der Änderungen durch das Zweite Vatikanische Konzil kehrte er 1967 wieder ins Museum zurück. 1983 wurde er ausgelagert, 1990 fand er dann patronatsbezogen einen würdigen Platz in der Pfeddersheimer Kirche. Auf den Postamenten des Altars stehen »neugeschaffene« Engel, die einen neuen Wolkenkranz halten. Darinnen schwebt Maria, von Engeln getragen, zum Himmel auf, zu Gottvater und Christus, die oben auf dem Wolkenkranz thronen, darüber fliegt die Taube des Heiligen Geistes. Johannes der Täufer, der ursprünglich Bestandteil des Altars war, ist an der Langseite der Kirche angebracht. Auf diese Art ist ein weiterer qualitativ hochstehender barocker Altar, wenngleich in veränderter Form, erhalten geblieben. Neben den Sakralbauten mit ihrer Ausstattung gibt es in Worms und den Stadtteilen zahlreiche anspruchsvolle barocke Profanbauten, Bauherr war jedoch häufig ein Kanoniker oder eine kirchliche Institution. Zu den anspruchsvollsten zählt das östlich vor dem Dom gelegene stattliche Gebäude der heutigen Adlerapotheke, ehemals Palais Prittwitz, Neumarkt 1 (Abb. 91)110. Das nahezu kubisch wirkende dreigeschossige Gebäude mit Mansarddach aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist durch Pilaster an den Ecken stark vertikal betont, auffällig ist der reiche Schmuck der Fensterbrüstungen.

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Abb. 91: Als Teil der barocken Domumbauung präsentiert sich das ehemalige Prittwitz’sche Palais (Adlerapotheke) mit seiner zierlich dekorierten Fassade

Im Bereich der Wollstraße sind mehrere barocke Häuser bei den Bombenangriffen 1945 erhalten geblieben, die den Eindruck eines Straßenzuges mit Wohn- und Wirtschaftsbebauung vermitteln können111. Höhepunkt ist das ehemalige Palais derer von Manderscheid-Degenfeld auf der Ecke Wollstraße/Römerstraße, Römerstraße 5, ein zweigeschossiger Putzbau, dessen Eckpilaster mit üppigen Kompositkapitellen geschmückt sind. Ein Wappen in dem gesprengten Giebel über dem Eingangsportal erinnert an die ehemaligen Besitzer112. Der Wambolderhof in der Kämmererstraße 42, am Ludwigsplatz, wurde 1710 erbaut für die Domherren Wambold von Umstadt, nach Kriegsschäden 1945 wurde er in einfacheren Formen wiederhergestellt (Abb. 92)113. Die Mittelachse des lang gestreckten Palais wird durch eine aufwändige, säulenflankierte Einfahrt betont, im Obergeschoss fortgesetzt durch einen Balkon, die zweiteilige Türgruppe wird von Postamenten mit Vasen und von Voluten gerahmt, darüber ein gesprengter Giebel. Benachbart liegt das ehemalige zum Martinsstift gehörige Kanonikerhaus Kämmererstraße 53, auf der Ecke zum Ludwigsplatz. Es ist bescheidener als der Wambolderhof, doch mit den kapitellgeschmückten Eckpilastern, den betonten Brüstungsfeldern unter den Fenstern, den Ohrenrahmungen der Fenster und nicht zuletzt durch die neue farbliche Gestaltung nach Befund zeigt das anmutige Gebäude mit Einflüssen des Rokoko

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B AUDENKMÄLER Abb. 92: Das Portal in der Mittelachse des Wambolderhofes in der Kämmererstraße ist von großzügiger Eleganz

den gehobenen Anspruch seines Bauherrn in der Mitte des 18. Jahrhunderts 114. In der Gestaltung vergleichbar ist das etwas kleinere Haus in der Römerstraße 72, auf der Ecke zur Paulusstraße, wohl in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erbaut 115. Bemerkenswert ist ein spätbarocker Brunnen, an der Wende zum Klassizismus, der Gerechtigkeitsbrunnen. Jetzt steht er auf dem Marktplatz, geht aber auf einen renaissancezeitlichen Marktbrunnen vor dem Haus zur Münze zurück. 1778 erfolgte ein Umbau zu einem Pumpbrunnen. In der Mitte eines Podestes erhebt sich eine girlandengeschmückte Brunnensäule, darauf steht die 1908 erneuerte Justitiafigur aus der Renaissancezeit. Seitlich wird die Brunnensäule von den kräftigen Figuren des Neptun und des Herkules flankiert116. Einige Barockbauten in den Wormser Stadtteilen stehen denen in der Innenstadt in der Qualität nicht nach. Dazu gehört in Herrnsheim der mehrflügelige Komplex der

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Wirtschaftsgebäude des Herrnsheimer Schlosses. Diese eher streng gegliederten Bauten stammen aus der Mitte bis zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und wurden unter Franz Heinrich von Dalberg (1716 –1776) und seiner Gemahlin Maria von Eltz-Kempenich errichtet. Sie sind zweigeschossig gehalten, ohne Schmuckformen, doch großzügig und vornehm wirkend, angemessen für den Schlossbereich. Den Eingang zum Schlosshof flankiert der Kronenbau mit eigenem Wirtschaftshof und der Soldatenbau. Eine Scheune mit zwei großen Einfahrten bildet als Querriegel den Verbindungstrakt zum Försterbau. Im Giebel dieser Scheune ist ein aufwändiges, von Löwen gehaltenes Allianzwappen der Dalberg-Eltz angebracht, das wegen seiner Monumentalität wohl eher von einem Wohnpalais stammt und nachträglich an die Scheune versetzt wurde. Im anschließenden Försterbau ist die großzügige Innenausstattung noch nachvollziehbar. In einem Winkel schließt sich die Remise an, die teilweise auch zu Wohnzwecken diente117. Unweit des Schlosses, in der Herrnsheimer Hauptstraße 18, steht das katholische Pfarrhaus, ein anmutiger, axial gegliederter Barockbau. In der Mittelachse befindet sich der Eingang, von Voluten flankiert, auf dem darüber liegenden Aufsatz ist wieder das Allianzwappen Dalberg und Eltz-Kempenich angebracht, und in einer Ädikula unter der Fensterbrüstung des ersten Obergeschosses steht eine Madonnenfigur. Auch die Türflügel sind noch die ursprünglichen, fein gegliedert mit geschwungenen Kassetten. Das Pfarrhaus (Tafel 25b), mit Wirtschaftsgebäuden im Hof, wurde zur Mitte des 18. Jahrhunderts errichtet, nach der Vermählung des Bauherren 1743118. Das Haus Gaustraße 108 in Neuhausen, das »Haus zur Krone«, war ehemals ein Gasthaus, wurde aber wohl als Pfarrhaus erbaut. Es stammt aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, in Formen des Rokokostils. Die Ecken des zweigeschossigen Gebäudes werden durch Pilaster betont, die Fenstergewände des Erdgeschosses sind im Scheitel mit Rocaillen verziert, und über der Eingangstür in der Mittelachse befindet sich ein Relief mit der Darstellung des Cyriakusbrunnens, an dem eine Frau Wasser schöpft für Kinder, die sich um den Brunnen tummeln. Ursprünglich stand ein Brunnen vor dem Gebäude; seinem Wasser hat man eine wundertätige Wirkung zugeschrieben119. Das Wohnhaus der ehemaligen kurpfälzischen Amtsschaffnerei in Hochheim, PfarrerJ.-W.-Weil-Straße 4, wurde 1728 unter dem kurpfälzischen Oberfaut und Schaffner in Hochheim, Johann Hermann Otto, errichtet. Die Ecken des eingeschossigen Gebäudes sind durch Pilaster betont, die Fenster haben Ohrenrahmung, doch das herausragende an diesem Gebäude, jetzt Kindergarten, ist das Eingangsportal mit Oberlicht, bekrönt von einem Gebälk mit Voluten. Die Türpfosten werden seitlich von Hermenköpfen flankiert, diese sind als wild aussehende Türkenköpfe gestaltet und von exzellenter bildhauerischer Qualität120. Ein weiteres Kleinod ist das katholische Pfarrhaus in Pfeddersheim, Karlstraße 25, in der Mitte des 18. Jahrhunderts in Formen des Rokokostils erbaut (Abb. 93). Das eingeschossige Gebäude mit Mansardwalmdach wird durch den Mittelrisalit, der sich zweigeschossig in das Dach hinein erstreckt, geprägt. Gegliedert wird er durch Eckpilaster; die rocaillengeschmückte Türrahmung umschließt ein ovales Oberlicht, und ein darüber anschließender Auszug endet in einer Ädikula zwischen zwei Fenstern. In dieser pilastergerahmten Nische steht die barocke Figur einer Madonna mit Jesuskind auf einer Weltkugel121.

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Abb. 93: Das katholische Pfarrhaus in Pfeddersheim mit überhöhtem Mittelrisalit (Foto 1985)

Worms im 19. und 20. Jahrhundert bis 1945 Sehr vielgestaltig ist der Zeitraum von fast 150 Jahren von den Auswirkungen der Französischen Revolution bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs, doch wie für die Epoche vom späten 13. Jahrhundert bis zur Stadtzerstörung 1689 gab es auch hier eine nahezu kontinuierliche künstlerische Weiterentwicklung. Das architektonisch/künstlerische Schaffen steht in enger Verbindung zur politischen Stadtentwicklung, sodass bei der vorhandenen Fülle der in diesem Zeitraum entstandenen Bau- und Kunstwerke eine enorme Beschränkung in ihrer Beschreibung erforderlich ist 122. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts stand Worms unter französischer Verwaltung, die eine Säkularisation der Kirchengüter verfügte, geistliche Stifte und Klöster wurden aufgelöst 123. Man beschränkte sich für den künftigen Gebrauch auf ganz wenige sakral genutzte Bauten. In der Folge wurden etliche Kirchen auf Abbruch versteigert; besonders bedauerlich ist der Verlust der romanischen Johanniskirche vor dem Dom, des gotischen Domkreuzgangs und der Dominikanerkirche. Im Süden und Norden, vorwiegend im Bereich der ehemals ummauerten Vorstädte, entstanden erste Industrieanlagen, wovon sich keine historisch wertvolle Substanz erhalten konnte. Die kirchliche Baukunst kam bis auf Wiederherstellungsmaßnahmen zum Erliegen, auch war die Bautätigkeit im öffentlichen wie auch im privaten Bereich eher be-

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scheiden. Ausnahmen waren der Wiederaufbau des Herrnsheimer Schlosses, die Errichtung des Lutherdenkmals und der Bau einer zweiten, der Levy’schen Synagoge, in frühen neuromanischen Formen, 1875 fertig gestellt und 1945/47 zerstört bzw. die Reste abgetragen124. Durch eine rasante Bevölkerungszunahme wuchs die Stadt nach 1860 bald über ihre alten Mauern hinweg (vgl. Karte 11, S. 452 f.). Als Rathaus dienten Reste des mittelalterlichen Bürgerhofes, an die 1883/84 in der Hagenstraße ein Trakt von Gabriel von Seidl, München, angefügt wurde, 1908 –10 folgte ein weiterer von Theodor Fischer. Unter dem Einfluss und finanzieller Förderung der Industriellenfamilie von Heyl konnte das Erdgeschoss des Rathausflügels aus dem 17. Jahrhundert an der Bürgerhofgasse als »Reichsstädtisches Archiv« eingerichtet werden. Die hervorragende Ausmalung der Decke mit heraldischen Motiven zur Stadtgeschichte stammt von dem Münchner Wappenmaler Otto Hupp, der auch in der Gottliebenkapelle tätig war125. Die kunstvoll gestalteten Archivschränke gehen auf Lorenz Gedon, München, zurück (Tafel 30). Zeitgleich errichtete die Familie von Heyl in Domnähe drei Wohnpalais, den Majorshof (1945 zerstört, neu bebaut durch die Sparkasse), das Heyl’sche Schlösschen am Schloßplatz 1126 und den Heylshof, Stephansgasse 9127 (Tafel 29b, Abb. 51 S. 467). Dieser wurde 1884 durch den Schweizer Architekten Alfred Friedrich Bluntschli in neubarocken Formen erbaut. Obwohl er nach den Zerstörungen 1945 um ein Geschoss kleiner wieder errichtet wurde, ist das herrschaftliche Aussehen nicht verloren gegangen. Von höchster Qualität sind der schmiedeeiserne Zaun mit Tor sowie am Gebäude selbst das Portal mit den geschnitzten hölzernen Türflügeln von Lorenz Gedon. Reste der alten Pracht spiegelt im Innern der Treppenaufgang wider. Seit 1925 ist im Heylshof als Stiftung die im späten 19. Jahrhundert zusammengetragene hervorragende Kunstsammlung der Familie von Heyl (deutsche, niederländische und französische Malerei, Porzellan, Keramik) museal ausgestellt, die durch rechtzeitige Auslagerung den Krieg schadlos überstanden hat 128. Für die zahlreich anstehenden städtischen Planungs- und Bauaufgaben wurde seitens der Stadt 1886 Karl Hofmann als Stadtbaumeister verpflichtet, bis er 1897 als Professor an die Technische Hochschule Darmstadt abwanderte, aber weiterhin zur Verfügung stand. Die Vielfalt der historisierenden Formen setzte er der Bauaufgabe entsprechend ein, dazu entwickelte er einen neuromanischen Lokalstil, den erst später so genannten »Nibelungenstil«. Es entstanden kommunale Großbauten, die prägend für das Stadtbild wurden129, erhalten sind die Gewerbeschule (jetzt Lucie-Kölsch-Jugendmusikschule, Gewerbeschulstrasse 20), die Eichanstalt (Ludwigstraße 31), der Wasserturm am Karlsplatz, die Neusatzschule (Willy-Brandt-Ring 5), die Nibelungenschule (Karl-Hofmann-Platz 2, Abb. 53 S. 517), der Brückenturm der Straßenbrücke (Ernst-Ludwig-Brücke, jetzt Nibelungenbrücke, Tafel 12), das Ludwigsdenkmal auf dem Ludwigsplatz und schließlich die Arbeitersiedlung Kiautschau (Tafel 32a). Die Tätigkeit seines Nachfolgers Georg Metzler, von 1898 –1933 Stadtbaumeister, fiel in eine Zeit des Wandels vom Historismus über den Jugendstil, Heimatstil bis hin zum Expressionismus, zu Sachlichkeit und Bauhausstil. Von ihm stammen aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg das Altsprachliche Gymnasium (jetzt Ernst-Ludwig-Schule, Barbarossaplatz 1, Tafel 28b), das Elektrizitätswerk (Klosterstraße 23), das Hafenamtsgebäude

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(Nibelungenring 60), die Westendschule (Röderstraße 2), die Eleonorenschule am Karlsplatz (Abb. 56 S. 538), die Trauerhalle auf dem neuen Jüdischen Friedhof (Tafel 16b), der Schlachthof (Vangionenstraße 5) und die Sparkasse (jetzt städtisches Ämterhaus, Adenauerring 1, Abb. 55 S. 538). Ab 1895 wurde im Norden vor der Stadt unter der Leitung von Garnisons-Bauinspektor Pfaff für das Großherzoglich Hessische Infanterieregiment 118 eine Kasernenanlage (jetzt Prinz-Carl-Anlage, Tafel 28a) erbaut. Von Architekt Fritz Klingholz stammt das 1904 fertig gestellte Empfangsgebäude des Bahnhofs (Abb. 94) mit Fürstenpavillon. Neuromanische Formen sind hier vom Einfluss des Jugendstils durchdrungen, verbunden mit Elementen des Heimatstils. In der plastischen Gestaltung wird bildhaft der technische Fortschritt dargestellt. Besonders im Wormser Westen haben sich herausragende Beispiele für den Wohnhausbau mit Schwerpunkt Villenbau seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert erhalten. Es vollzog sich hier ein Wandel vom Historismus zum Landhausstil, der mit den Villen von Architekt Hermann Haldenwang am Pfrimmpark (Donnersbergstraße 12 und Rudi-Stephan-Allee 32) repräsentativ vertreten ist. Sachliche Formen des Darmstädter Jugendstils spiegeln sich in den Villen von Georg und Heinrich Metzendorf in der Mozartstraße und Röderstraße wider. Für den gutbürgerlichen Mittelstand entstanden die Metzendorf’sche Landhaussiedlung in der Lindenallee oder die zwei- und dreiteiligen Reihenhäuser von Architekt Philipp Neiß in der Sebastian-Münster-Straße. Daneben entwickelte sich die Arbeitersiedlung Kiautschau (Tafel 32a). Zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg wurde im Vergleich zu den Vorjahren eher wenig gebaut, die Bauaufgaben wandelten sich 130. Es entstanden vorbildlich konzipierte städtische Wohnanlagen mit Mehrfamilienhäusern wie die von Georg Metzler 1921 begonnene Wohnsiedlung um den Konrad-Meit-Platz (Abb. 59 S. 566). Die neuen politischen Machthaber ab 1933 ließen westlich des Doms an der Stadtmauer einen »Platz der Nation« als Aufmarschplatz entstehen, nach gezielten Veränderungen hat er jetzt als »Platz der Partnerschaft« einen wichtigen Stellenwert im öffentlichen Leben eingenommen. Aus der Masse hervorragender Bau- und Kunstwerke sind repräsentativ für ihre Zeit und ihr Umfeld einige einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Das herausragende Bauwerk für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts im heutigen Stadtgebiet von Worms ist das im Empirestil gestaltete Schloss Herrnsheim (Tafel 29a)131. Um 1460 erbaute Philipp von Dalberg eine Burg am Ortsrand von Herrnsheim, und nachdem diese 1689 zerstört worden war, entstand unter Wolfgang Eberhard von Dalberg ab 1711 eine barocke Schlossanlage, der federführende Architekt war Johann Caspar Herwartel aus Mainz. Unter Franz Heinrich von Dalberg entstanden die barocken Wirtschaftsgebäude, verbunden mit den Häusern für die Bediensteten. Wolfgang Heribert von Dalberg ließ ab 1790 das Schloss innen umfassend restaurieren und schon 1788 begann die Umgestaltung des barocken Parks in einen Englischen Landschaftsgarten nach Plänen von Friedrich Ludwig Sckell. 1792, in den Wirren der Französischen Revolution, wurde das Schloss geplündert und verwüstet, der frisch angelegte Garten nahm enormen Schaden. Unter Emmerich Joseph von Dalberg, der mit dem Mannheimer Architekten Jakob Friedrich Dyckerhoff zusammenarbeitete, erfolgte ab 1808 der Wiederaufbau, die vorhandene barocke Bau-

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Abb. 94: Der Bahnhof mit seinem rundbogigen Fenster über dem Eingang öffnet sich wie ein Portal zur Stadt

substanz wurde den neuen Gegebenheiten angepasst und in die Pläne einbezogen; die Fertigstellung der Innenräume erfolgte zwischen 1820 und 1824. Zur nächsten Umgestaltungsphase kam es unter Dalbergs Tochter Maria Louisa, verwitwete Lady Acton, verheiratet mit George Leveson Gover, dem späteren Earl Granville; von 1840 bis 1845 wurde das Schloss erneut umgebaut durch den Mainzer Architekten Ignaz Opfermann. Maria Louisas Sohn John Dalberg-Acton veräußerte das Schloss 1883 an die Familie der Wormser Lederindustriellen Heyl, bald darauf nobilitiert als Freiherren von Heyl zu Herrnsheim. 1958 wurde die gesamte Schlossanlage von der Familie an die Stadt Worms verkauft. Das Schloss, im Norden von Herrnsheim gelegen, präsentiert sich als hufeisenförmige Anlage, nach Osten geöffnet, und die Herrnsheimer Hauptstraße führt direkt in den Schlosshof hinein. Auf der Süd- und Westseite erstrecken sich die Wirtschaftsgebäude aus dem späten 18. Jahrhundert, beginnend mit dem Kronenbau, einem in sich geschlossenen Wirtschaftshof östlich der Hauptstraße; nach Westen folgen der Soldatenbau, eine große Scheune, der Försterbau und schließlich die Remise im Westen. Daran fügt sich im Norden ein Wohntrakt aus dem 19. Jahrhundert an, an den sich das eigentliche Repräsentationsgebäude des Schlosses im Empirestil anschließt. Die offene Ostseite wird durch ein kleines, schräg gestelltes Orangeriegebäude abgerundet. Das Repräsentationsgebäude hat sein äußeres Aussehen durch den Umbau ab 1840 erhalten. Das hohe Kellergeschoss wird von einer breiten Terrasse mit Freitreppen umgeben. Darüber erhebt sich der streng gegliederte Bau mit zwei Vollgeschossen und einem Mezzaningeschoss und einem nahezu nicht sichtbaren, flachen Walmdach. Die beiden

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Außenachsen, hinter denen sich die Festsäle und das Treppenhaus verbergen, werden durch hohe, sandsteingerahmte Fenstertüren betont, während sich der unscheinbare Eingang im Mittelfeld befindet. Die Bauherrin hatte lange Jahre ihres Lebens in Neapel verbracht, und somit hielten südländisch-aristokratisch beeinflusste Bauformen, umgesetzt durch Opfermann, Einzug in Herrnsheim. Im Inneren wird dieser neapolitanische Einfluss noch einmal deutlich in der Ausgestaltung der Erdgeschossräume mit Wandmalereien im pompejanischen Stil, hat doch die englische Oberschicht in Neapel, zu der auch die Dalberg-Erbin gehörte, wenige Jahre zuvor regen Anteil an den archäologischen Ausgrabungen in Pompeji und Herkulaneum genommen. So wurde auch ein Raum, Pompejanisches Zimmer genannt, zusätzlich zu den Wandmalereien konsequent mit antikisierenden Möbeln ausgestattet. Herausragend sind einige Parkettfußböden im Erdgeschoss, wobei der kleinteilige Mosaikboden im Blauen Saal besondere Beachtung verdient. Außergewöhnlich in seiner Konzeption ist das Treppenhaus, das auf die Dyckerhoff-Bauphase zurückgeht. Während das Erdgeschoss-Foyer eher eng und dunkel erscheint mit einer halbkreisförmigen dorischen Säulenstellung, öffnet sich dieser Halbkreis zum Obergeschoss in ein lichtes Treppenhaus mit Säulen mit ionischen Kapitellen. Darüber spannt sich eine schirmartig gestaltete, halbkreisförmige Decke mit Oberlicht. Höhepunkte in der Ausstattung des Obergeschosses sind die beiden Räume mit mehrfarbig bedruckten Pariser Papiertapeten 132, die durch Emmerich Joseph von Dalberg, der lange Jahre in Paris weilte, für den anschließenden Wohntrakt des Schlosses beschafft und 1963 bzw. 1947 in den Repräsentationsflügel versetzt wurden. Die Motivtapete mit den »Sehenswürdigkeiten von Paris« wurde 1812–14 in der Manufaktur Joseph Dufour hergestellt. Gezeigt werden die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt, in dekorativer Folge entlang dem Ufer der Seine aneinander gereiht; auf dem Seineufer im Vordergrund wird eine ländliche Idylle mit Schäferszenen gezeigt, dazwischen ist die mythologische Szene des Paris-Urteils versteckt. Die Tapete »An den Ufern des Bosporus« im Nachbarzimmer entstammt derselben Manufaktur und zeigt eine orientalische Idylle mit Sultanspalästen und Moscheen. Der Gartenseite des Schlosses wird durch den Bibliotheksturm ein besonderer Akzent verliehen, im Kern ist es der Bergfried der spätmittelalterlichen Burg. Bis 1821 wurde er als Bibliothek eingerichtet, seine endgültige Gestaltung erfuhr er bis 1845. Die Wendeltreppe aus Gusseisenelementen mit arabesken Schmuckformen hat Vorbilder in England, stammten doch die beiden Ehegatten der Maria Louisa von Dalberg aus englischen Adelshäusern. Der Schlosspark, nach dem Plänen des Landschaftsarchitekten Friedrich Ludwig von Sckell 1788 als Englischer Garten angelegt133 und im frühen 19. Jahrhundert wiederhergestellt, ist der bedeutendste Landschaftspark in Rheinland-Pfalz (Abb. 95). Angelegt wurde er nach den Gestaltungsprinzipien der englischen Gartenbaukunst, mit Blickachsen, Wald- und Wiesenflächen und Wasserflächen mit Insel. Ursprünglich zog sich der Park um den halben Ort herum, zwischenzeitlich wurde er in Teilen reduziert. In den Park eingebunden sind Türme der mittelalterlichen Ortsbefestigung, der Schillerturm und der Storchenturm. Unter Emmerich Joseph von Dalberg wurden sie zu Gartenhäusern umgebaut und durch Fenster und Türen in gotisierenden Formen geöffnet. Eingesetzt wurden Maßwerkteile und andere Spolien aus dem Wormser

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Abb. 95: In einer natürlich erscheinenden Herrnsheimer Parklandschaft mit Wasserflächen führt eine Blickachse auf die kreisrunde Insel mit Vase (Foto 2004)

Domkreuzgang, der im Spätmittelalter von Johann von Dalberg errichtet und im frühen 19. Jahrhundert abgebrochen wurde. Ein völlig anders geartetes, hochrangiges Kunstdenkmal des 19. Jahrhunderts ist das am Rande der ummauerten Stadt Worms, im ehemaligen Stadtgraben, errichtete Lutherdenkmal (Abb. 52, S. 473)134. Im frühen 19. Jahrhundert kam in Wormser evangelischen Kreisen der Gedanke auf, Martin Luther ein Denkmal zu errichten. Der 1856 gegründete Denkmalbau-Verein wandte sich auf Anraten von Daniel Rauch an den Dresdener Bildhauer Ernst Rietschel (1804–1861), der »zur Freude und Erhebung aller Protestanten«, aber auch »zu einer stillen und gerechten Achtung der Katholiken« ein Reformationsdenkmal entwarf. Der Gesamtanlage liegt die Vorstellung der »festen Burg« mit Türmen und Zinnen zu Grunde. Auf drei Zeitebenen werden dargestellt: Erstens das Bemühen um eine Kirchenreform mit den vier »Vorreformatoren« Petrus Waldus, John Wiclyf, Jan Hus und Hieronymus Savonarola, zweitens das Reformationszeitalter durch Luther, die Fürsten Friedrich der Weise von Sachsen und Philipp von Hessen und die Humanisten Melanchthon und Reuchlin, dazu Textstellen und auf Luthers Forderungen bezogene Bilder zu Priesterehe, Kinderlehre, Bibelübersetzung, Abendmahl in beiderlei Gestalt, verbunden mit Medaillons von Zeitgenossen und Wappen, drittens in drei Frauenfiguren die Folgen von Luthers Auftreten, das sind die Protestation zu Speyer 1529, die Confessio

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Augustana 1530 mit dem Augsburger Religionsfrieden 1555 und die Zerstörung Magdeburgs 1631 im Dreißigjährigen Krieg. Luthers Widerrufsverweigerung in Worms 1521 ist auf der Vorderseite des Hauptpostaments wiedergegeben, der Wittenberger Thesenanschlag von 1517 auf dessen Rückseite. Da Rietschel 1861 starb, haben seine Schüler Adolf Donndorf, Gustav Kietz und Johannes Schilling das Werk vollendet. Der Bronzeguss erfolgte in Lauchhammer/Sachsen, die Syenit-Architektur schuf Hermann Nicolai. Die Denkmalsenthüllung 1868 wurde als »deutsches kirchlich-nationales Fest« gefeiert. Der Reformator ist auf dem Hauptpostament im Talar als Bibelgelehrter dargestellt. In der Linken hat er die geschlossene Bibel, die rechte Faust liegt auf ihr. Da dem Denkmalkomitee der Gesichtsausdruck zu mild erschien, ersetzte ihn Donndorf mit Rietschels Einwilligung durch ein kämpferischeres Antlitz. Rietschels Entwurf fand beim Dresdener Lutherdenkmal Verwendung. Nachdem die Bautätigkeit mit architektonisch herausragenden Gebäuden bis etwa 1880 eher zurückhaltend war, setzte dann in Worms ein regelrechter Bauboom im öffentlichen wie im privaten Bereich ein, der bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs anhielt. Vom vielgestaltigen Historismus über den neuromanischen »Nibelungenstil«, der – wie erwähnt – mit dem Namen des Stadtbaumeisters Karl Hofmann verbunden ist, bis zum Jugendstil unter dem Einfluss der damaligen Landeshauptstadt Darmstadt wurde das Stadtbild anhaltend, über die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs hinaus, geprägt. Im Einzelnen dargestellt sei die qualitativ hervorragende Friedhofsarchitektur135. Der älteste der erhaltenen Wormser Friedhofsbauten ist die Gottliebenkapelle in Herrnsheim von 1891, unweit des Friedhofs Hochheimer Höhe, doch bereits über zehn Jahre vor diesem fertig gestellt. Die Freiherren von Heyl zu Herrnsheim, die 1883 das Herrnsheimer Schloss erworben hatten, errichteten sie als Privatkapelle verbunden mit einer Familiengrablege136. Der Name Gottliebenkapelle leitet sich von einem Wort aus dem Römerbrief 8, 28 ab: »Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen«. Als Architekt konnte Gabriel von Seidl aus München gewonnen werden, der die romanische Klemenskapelle in Trechtingshausen zum Vorbild nahm. In einer mit hohen Bäumen bestandenen Parkanlage steht die Kirche, an deren Rückseite sich der Kreuzgang anschließt. Die historisierende Anlage ist in neuromanischen Formen gehalten. Die einschiffige Kirche auf kreuzförmigem Grundriss wird von einem Vierungsturm überragt. In einem Kreuzarm befindet sich die Sakristei, im anderen die Herrenloge. Die historisierende Innenausmalung mit floralen Motiven und eingebundenen Medaillons mit christlicher Symbolik, verbunden mit Bibeltexten, wurde von dem Münchner Heraldiker Otto Hupp vorgenommen, von ihm stammt auch die Ausmalung des Reichsstädtischen Archivs (Tafel 30). Die Ausstattung von Gottlieben ist bis in die letzten Details, wie zum Beispiel die Türbeschläge, konsequent aufeinander abgestimmt und von bester handwerklicher Qualität. Der dreiseitige Kreuzgang mit Arkaden mit gekuppelten Säulen umschließt einen kunstvoll gepflasterten Innenhof mit Ziehbrunnen. Alle Säulenkapitelle sind unterschiedlich gestaltet. Auch der Kreuzgang wurde von Otto Hupp mit floralen Motiven ausgemalt, durchzogen von Schriftbändern mit Bibelzitaten. Er ist unterkellert, das Untergeschoss dient als Familiengruft. Einmalig ist der Umstand, dass eine nobilitierte Industriellenfamilie außerhalb eines Ortes, ohne Verbindung zu einem Fried-

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hof oder zum Wohnsitz, eine großzügige Privatkapelle mit eigener Grablege errichtet. In der Ausgestaltung wird die christliche Gesinnung der Familie deutlich. Die Selbstdarstellung als erste Familie der Stadt, die mit herausragenden Künstlern ihrer Zeit aus München zusammenarbeitete, spielt dabei auch eine nicht zu unterschätzende Rolle. Noch nach dem Gesamtkonzept von Stadtbaumeister Karl Hofmann geplant, doch komplett von seinem Nachfolger Georg Metzler ausgeführt wurde der neue kommunale Hauptfriedhof auf der Hochheimer Höhe137. Voraussetzung war die 1898 erfolgte Eingemeindung von Hochheim, dort sollte der neue Friedhof für ganz Worms einschließlich Vororten entstehen und alle bisherigen Friedhöfe geschlossen werden. Der Friedhof selbst wurde als Landschaftspark angelegt und 1902 eröffnet. Bis 1905 konnten die Gebäude mit der Friedhofskapelle fertig gestellt werden. Die Bauformen im historisierenden Stil sind der Wormser Romanik nachempfunden. Zur Straße wirken die Gebäude wehrhaft und burgartig. Der Eingangsbereich wird von einem Torbogen überspannt. Daran schließen sich das Aufseherhaus und der Sezierraum an, jetzt für die Friedhofsverwaltung genutzt. Den Mittelpunkt des Gebäudekomplexes bildet die eigentliche Friedhofskapelle, an den sich dann in der Folge die Leichenhalle anschließt. Die dem Sezierraum und der Leichenhalle vorgelagerten rundbogigen Arkaden zeigen Anklänge an einen Kreuzgang und tragen wesentlich zur würdigen Gestaltung der Trauerhalle als Mittelpunkt bei. Die Architektur der Gebäude, besonders der Kapelle, mit starken Anlehnungen an das romanische Formengut, verbindet sich harmonisch mit den bildhauerischen Detailarbeiten wie dem plastischen Schmuck der Kapitelle, die stilistisch dem Jugendstil verbunden sind. Die Kapelle selbst wird als Zentralbau empfunden, überwölbt von einer Kuppel, die mit einem achtseitigen Turm mit umlaufender Säulengalerie bekrönt wird. Ursprünglich war sie innen in Formen des Jugendstils ausgemalt, ein wesentliches Element waren dabei Bänder mit Bibelzitaten, die den Trauernden Trost spenden sollten. Inzwischen sind die Wandflächen einheitlich hell gestrichen, doch das zentrale Rosettenfenster mit einem segnenden Christus stellt einen wichtigen Blickfang dar. Die Ikonographie des Bauschmucks des gesamten Baukomplexes, besonders der Kapitelle, nimmt Motive des christlichen Auferstehungsglaubens auf, unterstützt durch weitere Bibelzitate am Portal der Kapelle und an der Toranlage. In der Friedhofsanlage, besonders in den Gebäuden, vereinen sich die Qualitäten der beiden Stadtbaumeister Hofmann und Metzler in hervorragender Weise. Die Wormser Neuromanik, der »Nibelungenstil«, öffnete sich der künstlerischen Entwicklung in der damaligen Landeshauptstadt, dem Darmstädter Jugendstil. Dieser sollte dann wenige Jahre später die benachbarte jüdische Trauerhalle (Tafel 16b) auf dem neuen israelitischen Friedhof bestimmen. Sie wurde ebenfalls von Stadtbaumeister Georg Metzler geplant138. Bereits die Umfriedung mit einem rundbogigen Portal, das im Scheitel mit Kronen geschmückt ist, weist auf eine jüdische Begräbnisstätte hin. Der Weg führt um eine als Rondell gestaltete Anlage zur Trauerhalle, dahinter schließen sich die in mehrere Felder aufgeteilten Grabstätten an. Im Gegensatz zur wenige Jahre älteren kommunalen Trauerhalle wurde diese 1911 als ein Bauwerk im Stil des Darmstädter Jugendstils geschaffen. Zusammen mit der Lutherkirche gehört sie zu den herausragenden Bauwerken dieser Epoche in Worms. Es handelt sich um einen Zentralbau auf quadratischem

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Abb. 96: Die kommunale Trauerhalle in ihren neuromanischen Formen vermittelt den Eindruck einer Kirchenanlage (Foto 2004)

Grundriss, durchschnitten von Querbauten mit Satteldächern. Der Mittelteil mit einer Kuppel unter dem Glockendach ist um ein Geschoss überhöht. Das Hauptportal in der Giebelfassade wird durch zwei mächtige Säulen betont, die einen doppelten Architrav tragen, der mit einer gleichlautenden hebräischen und deutschen Inschrift geschmückt ist: »Gedenke der Vorzeit – betrachtet die Jahre der vorigen Geschlechter« (5. Moses 32,7). Während der Eingangsbereich außen griechisch-antikisierend wirkt, stellt die Innengestaltung mit ihren eckigen Säulen und dem rückwärtigen Portal zum Ausgang in den Friedhof eher orientalische Bezüge her. Die Kalotte der Konche zum Ausgangsportal, wo während der Trauerfeierlichkeiten der Sarg steht, ist mit byzantinisch anmutenden Rankenornamenten auf goldenem Grund ausgemalt. Eine vielzonig stuckierte und farbig gefasste Kämpferzone zieht sich über den Säulen um den ganzen Innenraum herum. Die darüber unter den Fenstern liegende Wandzone ist in rechteckige Felder aufgeteilt, die mit unterschiedlichen ornamentalen Dekorationen geschmückt sind. Ein ebenfalls hochwertig ausgestalteter Gang führt von der Trauerhalle zum Friedhof hinaus, seitlich sind die Leichenräume angeordnet. Nur wenige Jahre jünger ist das portalartige Ehrenmal für die jüdischen Kriegsopfer des Ersten Weltkriegs direkt vor dem Begräbnisfeld, auf dem auch etliche Tote aus der Zeit des NS-Regimes ruhen. Die beiden Trauerhallen zeigen, wie sich Metzler als Architekt in wenigen Jahren gewandelt hat: Unter dem Einfluss seines Vorgängers Karl Hofmann war er bei der kommunalen Trauerhalle äußerlich noch

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dem Historismus verbunden, bei der jüdischen dagegen zeigt sich sein eigenständiges, zeitgemäßes Werk, das dem Jugendstil verpflichtet war. Für das große Neubaugebiet westlich der Bahnlinie entstand in den Jahren 1910 bis 1912 die Lutherkirche139 (Abb. 56 S. 538). Als Architekt wurde der Darmstädter Professor für Baukunst und Kirchenbaumeister der evangelischen Kirche des Großherzogtums Hessen, Friedrich Pützer (1871–1922), gewonnen; als Bauplatz wählte man ein relativ schmales Grundstück nördlich des 1904 –1906 errichteten Eleonorengymnasiums. Erste Entwürfe stammen von 1908; die Bauarbeiten begannen im September 1910. An der Einweihung am 10. November 1912 nahmen der hessische Großherzog Ernst Ludwig und seine Gattin Eleonore teil. In künstlerischer Hinsicht ist die Lutherkirche bis in die letzten Details dem Darmstädter Jugendstil verpflichtet. Ihre theologische Konzeption ist das so genannte Wiesbadener Programm (1891), wonach Altar, Kanzel und Orgel übereinander »im Angesicht der Gemeinde« angeordnet werden sollen. Ihre nächstverwandten Parallelen besitzt die Wormser Lutherkirche in den gleichfalls von Pützer entworfenen Bauten der Pauluskirche in Darmstadt (1905 –1907) und der Lutherkirche in Wiesbaden (1908 –1911). Das Äußere wird beherrscht von dem seitlich angeordneten, bis zur Kuppelspitze aus Rotsandsteinquadern aufgemauerten Turm. Acht ionisierende Pfeiler prägen die im Osten gelegene Hauptfassade mit den beiden Portalen. Das Innere ist ein rechteckiger Saal, den eine mächtige, stuckierte und in den Farben Ocker, Bronze und Blau mit geometrischen und pflanzlichen Ornamenten bemalte Tonne überspannt. Ein Kanzelaltar aus poliertem Muschelkalk nimmt die Westwand ein; vergoldete, geschmiedete Gitter trennen die Kanzeltreppen vom Altar, den zwei Säulenkandelaber flankieren. Unmittelbar auf der Mensa des Altars erhebt sich die vordere Kanzelwand; sie trägt über einem Grund von Ebenholz ein Altarkreuz aus Bergkristall und Lapislazuli. Der Altarbereich wird von der Sängerbühne durch eine Wand getrennt, die durch vier gemauerte, achtseitige Pfeiler gegliedert wird. Diese Pfeiler trugen ursprünglich die vollplastischen Statuen der vier Evangelisten, Schöpfungen des Darmstädter Bildhauers Augusto Varnesi (1866 –1942). Die Rückwand des Kirchenschiffs wird seit 1912 und auch wieder seit 1963 durch die große Orgel eingenommen. Im Zweiten Weltkrieg verlor die Lutherkirche lediglich das Dach und die Fenster; diese Schäden konnten bis 1947 behoben werden. Schwer wiegen dagegen die Eingriffe einer modernisierenden Umgestaltung der Jahre 1960 –1963. Die Evangelistenstatuen wurden entfernt, die Pfeiler verkürzt, die Arkatur der Westwand zerstört und die Orgel von 1912 durch einen Neubau ersetzt. Von der alten Ausstattung blieben die Metallarbeiten des Darmstädter Kunstschmieds Ernst Riegel (1871–1939) erhalten: das Altarkreuz, die Altargitter, das Taufbecken, der Hängeleuchter der Taufkapelle und nicht zuletzt die silbernen, vergoldeten Abendmahlsgefäße. Das Bronzerelief über dem inneren Turmportal, ein Lutherkopf zwischen den Statuetten Calvins, Huttens, Melanchthons und Sickingens, stammt von dem in Stuttgart tätigen Bildhauer Ludwig Habich (1872 – 1949); er wurde von den Eheleuten Maximilian Freiherrn von Heyl und Doris geb. Stein gestiftet. Die 1961 entfernten und im Erdgeschoss des Turms magazinierten Statuen der vier Evangelisten konnten im Jahr 2004 endlich restauriert und in das Innere der Kirche

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zurückgebracht werden; sie erhielten im September 2004 einen neuen Platz auf der Empore der Ostwand. Außer den bedeutenden Bauten in den Formen des Darmstädter Jugendstils wie der jüdischen Trauerhalle oder der Lutherkirche gibt es im profanen Bereich zahlreiche weitere überzeugende Beispiele dieser Epoche und der Weiterentwicklung zum Expressionismus und der neuen Sachlichkeit, letztlich beeinflusst durch das Bauhaus in Weimar und später in Dessau. Diese Entwicklung legte dann auch die Grundlagen für die Architektur des Wiederaufbaus nach 1945. Neben Wohn- und Geschäftshäusern des Jugendstils140, beispielhaft zu nennen ist das dekorative Stadthaus des Fruchthändlers Hirsch in der Rathenaustraße 27, 1904/05 errichtet nach Entwürfen des Mainzer Architekten Albert Reinmann, oder das Geschäftshaus Hüttenbach in der Kämmererstraße 22, erbaut 1902 durch die Frankfurter Architekten Rindsfüsser & Kühn, war das von dem Freiherrn von Heyl gestiftete »Cornelianum« als Festsaal der Stadt besonders erwähnenswert, 1910 fertiggestellt nach Plänen des Architekten Theodor Fischer, 1945 zerstört 141 (Abb. 105 –107 S. 840 f.). Das Gebäude war ganz dem Nibelungenthema gewidmet mit Gemälden von Karl Schmoll von Eisenwerth und Bildhauerarbeiten von Georg Wrba aus Dresden. Erhalten und eingebaut im 1963 an Stelle des Gebäudes errichteten Haus »zur Münze« sind »Volker von Alzey« und »Siegfrieds Einzug in Worms«. 1913 von dem Münchner Bildhauer Adolf von Hildebrand geschaffen und kriegsbedingt erst 1921 vor dem Cornelianum aufgestellt, wurde der Siegfriedbrunnen als achteckiger Kuppelbau gestaltet, bekrönt von Siegfried als Drachentöter (Abb. 105). Zu diesem Themenkreis gehört auch das Hagendenkmal, 1906 als Galvanoplastik von dem Wormser Bildhauer Johann Hirt geschaffen für den Stadtpark und 1932 an das Rheinufer versetzt. Dargestellt ist Hagen von Tronje, in einem Nachen stehend, der den Nibelungenschatz in den Rhein wirft (Tafel 31). Gerade die Kunstwerke von Wrba und Hildebrand tragen bereits realistische, sachliche Züge, die in den Folgejahren bestimmend für das Kunstschaffen waren, wie dann beim Denkmal für die Gefallenen des bis 1918 in Worms stationierten Infanterieregiments 118, 1932 geschaffen von dem Bildhauer Paul Birr nach einem Vorbild in Verdun. Diese Kunstrichtung wurde bald darauf von den neuen politischen Machthabern propagiert und ist dadurch in Verruf gekommen, obwohl sie ihre Anfänge noch zu Kaisers Zeiten hatte. In der Baukunst ist diese Strömung, vermischt mit Anklängen an den Expressionismus beim Finanzamt am Karlsplatz zu finden, einem typischen Verwaltungsgebäude der 1920er Jahre mit einer Fensterverdachung mit spitzen Giebeln, wie auch beim ehemaligen Hauptzollamt in der Rheinstraße 1, um 1930 errichtet. Richtungweisend für den Bau von gehobenen Einfamilienhäusern, der den großzügigen Villenbau ablösen sollte, ist die Landhaussiedung in der Lindenallee im Wormser Westend, 1913 erbaut nach Plänen von Heinrich Metzendorf durch die Landhausgesellschaft mbH, Bensheim. Die dort vorhandenen klaren Formen unter dem Einfluss des Darmstädter Jugendstils werden in der Folgezeit noch sachlicher, im Detail mit expressionistischen Einflüssen, wie etwa in dem Wohnhaus Donnersbergstraße 28 aus den 1920er Jahren. Der Übergang zu neuen Formen, durch das Bauhaus beeinflusst, bahnt sich in dem villenartigen Einfamilienhaus Frankenthaler Straße 8 in Pfeddersheim an, erbaut 1932 von dem Wormser Architekt Willi Dehos. Die gleichzeitig von dem Wormser

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Architekten Johannes Müller errichtete Villa Döß in der Donnerbergstraße 15 übernimmt noch konsequenter die neuen, sachlichen Formen des Bauhauses. Dieser verheißungsvolle Übergang zu einem neuen Baustil wurde jedoch durch die bald darauf einsetzenden politischen Veränderungen unterbrochen, um nach 1945 in weniger anspruchsvollen Formen wieder aufgenommen zu werden. Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert kommt im Wohnhausbau eine neue Form hinzu, der Siedlungsbau, sowohl für das Bürgertum als auch für Arbeiter. Etwas Herausragendes ist die Arbeitersiedlung »Kiautschau« im Westen der Stadt (Tafel 32a). Durch die Initiative des Lederindustriellen Cornelius Freiherr von Heyl zu Herrnsheim entstand in Zusammenarbeit mit der »Aktiengesellschaft zur Erbauung billiger Wohnungen namentlich zum Besten von Arbeitern in Worms am Rhein« von 1895 bis 1913 eine Arbeiterkolonie mit eingeschossigen Häusern im Landhausstil, umgeben von Gärten 142. Geplant wurde die Siedlung von Stadtbaumeister Karl Hofmann. Sie erhielt im Volksmund den Namen »Kiautschau« nach dem vom Deutschen Reich auf der chinesischen Halbinsel Schantung 1898 gepachteten Gebiet. Durch die lockere Bauweise mit Vorgarten und rückwärtigem Nutzgarten sowie sanitären Einrichtungen entstand ein gesundes Wohngebiet. Drei wesentliche Haustypen lassen sich mit Varianten unterscheiden. Die einfachen Putzbauten mit Werksteingliederung waren im Dachgeschoss mit Kniestock in Fachwerk ausgeführt. Zwerchhäuser vergrößerten die Wohnfläche, das Dach war als Krüppelwalmdach gestaltet. Das Dachgeschoss war als Wohnetage konzipiert. Die Bauten dienten als Zweifamilienhäuser, einige davon waren als Doppelhäuser angelegt. So wurden über 300 Wohnungen für Minderbemittelte im Grünen geschaffen, die sich so großer Beliebtheit erfreuten, dass man bei den Interessenten eine Auswahl treffen konnte und somit soziale Brennpunkte hier nicht entstanden. Inzwischen zu Einfamilienhäusern umfunktioniert und weitgehend privatisiert, erfreut sich die Siedlung, als Denkmalzone ausgewiesen, mit ihrem hohen Wohnwert großer Beliebtheit. Um die Wohnungsnot in den 1920er Jahren zu lindern, wurden von kommunaler Seite und anderen öffentlichen Einrichtungen Siedlungen in Form großer Wohnblocks und mit einem beachtlichen gestalterischen Anspruch errichtet (s. o. S. 778). Noch an das »Kiautschau« angelehnt, entstanden solche Häuser zwischen 1908 und 1916 in der Gibichstraße 1–17. Zwischen 1919 und 1921 wurden gegliederte Wohnblocks in der Gaustraße 65 –75 mit Bebelstraße 85 –93 erbaut, ähnliche entstanden gleichzeitig im Stadtteil Pfiffligheim in der Alzeyer Straße mit Melanchthonstraße. Formen des Expressionismus klingen bei den Wohnblocks für Bedienstete der Reichsbahn in der Gaustraße 60 – 66 durch, erbaut zwischen 1922 und 1926. Besondere Qualität zeigt die Siedlung im Westen der Stadt zwischen der Bahnlinie und der Bebelstraße. Der Planung des neuen Wohngebietes von Stadtbaumeister Georg Metzler im Heimatstil lag barockes Gedankengut zu Grunde. Die Ausführung begann 1921 und war zu Ende des Jahrzehnts weitgehend abgeschlossen, die letzten Wohnblocks zur Abrundung entstanden aber erst Anfang der 1950er Jahre143. Die Anlage ist auf einem unregelmäßigen Grundriss konzipiert. Kernstück ist der Konrad-Meit-Platz, einem barocken Ehrenhof nachempfunden, mit einem Mittelbau, überhöht durch einen geschwungenen Schildgiebel, an den sich geducktere Bauten anschließen. Die Bebauung der angrenzenden Straßen, der Johann-Hirt-Straße,

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der Stralenbergstraße und der Thomasstraße, ist gleichfalls durch eine Symmetrie gekennzeichnet. Zur abwechslungsreichen Gestaltung tragen die unterschiedlichen Höhen und Dachgestaltungen, die Gebäudevorsprünge und die Durchgänge und schließlich der plastische Bauschmuck bei. Alle Baustilvarianten der 1920er Jahre kommen, teilweise miteinander kombiniert, zum Einsatz: der Heimatstil, neubarocke Formen und vorsichtige Anklänge an den Bauhausstil. Die Häuser waren bereits mit Bädern ausgestattet. Zwischen den Wohnblockzeilen liegen große, begrünte Freiflächen, die als Hausgärten und Spielplätze genutzt werden. Trotz der Großzügigkeit der Gesamtanlage und des Komforts der einzelnen Wohnungen waren diese für Arbeiterfamilien noch erschwinglich. Die Gebäudegestaltung ist charakteristisch für die Bautätigkeit der 1920er Jahre in Worms. Die Stadt leistete dazu einen herausragenden Beitrag in Gestalt eines qualitätvollen sozialen Wohnungsbaus (Abb. 59 S. 566).

Zur Entwicklung nach 1945 Schwer zu beurteilen ist die jüngste Vergangenheit, das richtige Maß für die Wertschätzung scheint noch zu fehlen, und es besteht die Tendenz, Architektur und Kunst zu negativ zu bewerten144. Bereits 1945 wurde die Enttrümmerung vorangetrieben, vordringlich wurde wieder neuer Wohnraum beschafft und die allgemeine Not bremste vorab aufwändigere Ideen. Man fing bei der formalen Gestaltung wieder dort an, wo man vor Kriegsausbruch aufgehört hatte, der Geschmack hatte sich zu einfachen, eher sachlichen Formen gewandelt. Großzügige Dekorationselemente, wie sie im Historismus und teilweise im Jugendstil üblich waren, stießen auf strikte Ablehnung. Bei Wiederherstellungen oder Renovierungen dieser Häuser bestand die Gefahr ihrer Beseitigung im Zuge einer Modernisierung. Beispielsweise wurden die durchaus beachtlichen Reste des reparablen Cornelianums am Marktplatz 1959 oder auch die Ruine des barocken Bettendorfhofs (vormaliges Kreisamt) in der Andreasstraße sowie viele noch erhaltene Bauten mit heute völlig unbestrittenem Wert abgerissen. Der »bodenverbundene« und damit politisch belastete Heimatstil wurde versachlicht. Die innovativen Formen des Bauhausstils, die für den allgemeinen Geschmack teilweise zu progressiv waren und eher distanziert betrachtet wurden, kamen jetzt etwas zurückhaltender zum Tragen. So entstand eine schlichte Form, die wiederum neue Gestaltungselemente suchte, welche von den althergebrachten abwichen, es entwickelte sich die asymmetrische Nierentischkultur. Ein dafür typisches Gebäude von 1960 mit abgerundeter Ecke steht als Wohnhaus in der Luisenstraße 2A. Im Sprachgebrauch entstand zwischenzeitlich der Begriff der »Kunst der 50er Jahre«, Namen für die Epochen, wie sie für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts und früher üblich sind, wurden bislang noch nicht gefunden. Nach 50 Jahren ist diese Baukunst und auch die jüngere besonders stark von Überformung oder Abbruch bedroht, es ist für die Denkmalpflege die am meisten gefährdete Epoche145. Die Stadterneuerungspläne von Stadtbaumeister Walter Köhler, 1941 ausgearbeitet, wurden ab 1945 nicht unwesentlich in die Wiederaufbaupläne übernommen 146. Die Stra-

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ßen wurden zu autofreundlichen Verkehrsachsen durch die Innenstadt erweitert, wobei seit den 1980er Jahren ein Rückbau stattgefunden hat, darunter die Umwandlung der Wilhelm-Leuschner-Straße, des Obermarktes und der Kämmererstraße zu Fußgängerzonen (vgl. Abb. 74 S. 645). In Worms wurde nach 1945 der »Aufbauverein« gegründet, dem Architekten, Geschäftsleute und Hauseigentümer angehörten, um vor allem in der Innenstadt die Chancen einer sinnvollen Neuordnung der Grundstücksstrukturen wahrzunehmen und eine Gestaltungswillkür etwas einzudämmen. Als optisches Zeichen für die Überwindung des NS-Regimes wurde in den Grünanlagen des Lutherrings durch das städtische Hochbauamt 1950 ein Rundbau mit Säulen in der Art einer Pergola als »Mahnmal für die Opfer des Faschismus« errichtet. Zur Linderung der Wohnungsnot wurden stadtnah neue Gebiete für EinfamilienhausWohnsiedlungen erschlossen, wie die »Nikolaus-Ehlen-Siedlung« zwischen Worms und Horchheim, die »Lüssen« in Neuhausen oder die Siedlung »Auf der Au« in Pfeddersheim; gebaut wurde vorrangig in Eigenhilfe. Charakteristisch war das schlichte baukastenartige Giebelhaus mit Satteldach. Augenfällig und prägend für die Epochen sind vor allem die öffentlichen Gebäude. Mitte der 1950er Jahre entstand an der Erenburgerstraße die heutige Fachhochschule, Ende der 1950er Jahre die Pestalozzischule im Norden der Stadt und ab 1978 das »BIZ« (Bildungszentrum) mit mehreren weiterführenden Schulen zwischen Hochheim und Neuhausen. Diese kubischen, stark verglasten Betonbauten haben ein Flachdach oder flaches Satteldach. Ebenso blockartig und stark verglast ist das Stadtkrankenhaus, 1981 bezogen, auf der Herrnsheimer Höhe. Nachdem die Rheinbrücke zu Kriegsende 1945 gesprengt worden war, wurde ihre Erneuerung eine der vordringlichsten Bauaufgaben. Die neue Nibelungenbrücke147 konnte 1953 eingeweiht werden. Sie ist die erste große Spannbetonbrücke in Deutschland, die im freien Vorbau errichtet wurde und damit ein wichtiges technisches Denkmal. Die Auffahrt und die Senkkästen der Vorgängerbrücke von 1900 konnten weiterverwendet werden. Der Entwurf von 1950 stammt von dem Kölner Architekten Gerd Lohmer und dem Ingenieur Dr. Ulrich Finsterwalder, München. Zu einem Streitobjekt wurde der Brückenturm im Nibelungenstil, die Planer hätten seinen Abriss bevorzugt, weil man ihn damals als eine Geschmacksentgleisung der Jahrhundertwende ansah, der in einem Widerspruch zum fortschrittlichen Brückenneubau stand. Man war sogar dankbar, dass sein Gegenstück auf der hessischen Seite beschädigt war und man dieses beseitigen konnte. Eine eingehendere Betrachtung verdient das Hauptpostamt148, Kämmererstraße 44. Von 1949 bis 1952 wurde es erbaut als eines der ersten neu errichteten öffentlichen Gebäude in Rheinland-Pfalz, 2002 musste es einer Einkaufspassage weichen. Die Post nahm zwar die Größenverhältnisse und Proportionen des Wambolderhofes als Nachbarhaus auf, war auch ein Putzbau mit Sandsteingliederungen und in den Formen traditionell geprägt. Durch das Walmdach und die Betonung der Außenachsen mit Eingängen und Fenstererkern zeigte sich eine Eigenständigkeit des Gebäudes, das sich harmonisch am Ludwigsplatz in seine Umgebung eingefügt hat. Der Bauschmuck, Büsten von Adam Antes, konnte in die Einkaufspassage integriert werden.

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Eine anspruchsvolle Bauaufgabe war die Errichtung eines neuen Rathauses (Tafel 14c) durch Architekt Rudolf Lempp, Stuttgart, 1956 –1958149. Der viergeschossige Putzbau mit dezenten Sandsteingliederungen und Walmdach ist hufeisenförmig um einen Innenhof angelegt, die Fassade ist zum Marktplatz orientiert, das Erdgeschoss ist als offene Halle gestaltet. Der Haupttrakt wird über dem Eingangsbereich durch einen Turm mit offenem Glockengeschoss betont und überhöht. In einem vorspringenden Flügel ist das Trauzimmer untergebracht; hier ist die Fassade mit einem Sandsteinrelief geschmückt, das die Hochzeit Kaiser Friedrichs II. mit Isabella von England in Worms zeigt. In einem weiteren Gebäudetrakt zur Dreifaltigkeitskirche ist der Ratssaal untergebracht, geschmückt mit einem farbigen Glasfenster mit stilisierter Darstellung der Stadt. Traditionelle Formen, wie sie bei der Hauptpost vorzufinden waren, vermischen sich im Inneren und am Turm mit neuem Formengut, hier liegt eine charakteristische Gestaltungsweise der 1950er Jahre vor. Das so genannte Europahaus150, Wilhelm-Leuschner-Straße 2 (Abb. 97), ein Wohn-, Büro- und Geschäftshaus im Innenstadtbereich, steht an markanter Stelle auf der Ecke Adenauerring/Wilhelm-Leuschner-Straße, erbaut ab 1949 von dem Wormser Architektenteam Liselotte Blank und Heiner Saxer. Die Fassaden des hufeisenförmigen Gebäudes liegen zur Straße. Das Europahaus ist ein fünfgeschossiger Putzbau, wobei die vertikalen Achsen durch andersfarbige Vorsprünge betont werden. Das oberste Geschoss, als Mezzanin mit einem umlaufenden Balkon gestaltet, bildet optisch einen gelungenen Abschluss; ein Turmgeschoss überhöht das Gebäude. Das Erdgeschoss ist mit Sandstein verkleidet. Dem Architektenteam ist bereits eine Loslösung von den traditionellen Formen gelungen und damit ist es das wohl fortschrittlichste Gebäude im Rahmen des Wiederaufbaus. Teile des Städtischen Spiel- und Festhauses151, 1945 zerstört, konnten im Bühnen- und Garderobenbau und im anschließenden Gastronomiebetrieb mit dem Veranstaltungsraum »Mozartsaal« erhalten werden, ein neuer Zuschauerraum mit Foyer wurde nach Plänen von Stadtbaurat Gernot Heyl bis 1966 fertig gestellt. Das Gebäude ist sachlich gestaltet, an das Rund des Zuschauerraums schließt sich der kubische Eingangsbereich an. Eine Unterbrechung bildet ein Balkon im Obergeschoss. Mit den klaren Formen ist ein charakteristisches Gebäude der 1960er Jahre gelungen. Ein besonderes Ausstattungsstück ist der gleichzeitig gefertigte Nibelungenlied-Wandteppich im Foyer des Obergeschosses, nach einem Entwurf von Prof. Hermann Kaspar, München, durch Edith Müller-Ortloff, Meersburg, ausgeführt. Bis 1959 wurde die bis auf die Außenmauern zerstörte Dreifaltigkeitskirche am Marktplatz restauriert und von Otto Bartning innen in modernen Formen erneuert (s. o. S. 768 f.). Dabei ist es gelungen, ein evangelisches Kirchenpatrozinium optisch darzustellen. Der christliche Glaube an den dreieinigen Gott findet verbal Ausdruck im Glaubensbekenntnis, das hier in den Wandfeldern in großen Lettern zusammen mit den Auslegungen von Martin Luther sichtbar geworden ist und den Raum gestaltet. Die Fenster beziehen sich mit Szenen aus dem Alten und Neuen Testament jeweils auf diese Glaubensartikel. Eine neue Kirche wurde im Zuge des Wiederaufbaus für den Wormser Norden geschaffen, die Lukaskirche in der Bensheimer Straße. Bereits 1945 wurde eine Holzbaracke als Kirche

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Abb. 97: Das Europahaus ist einer der modernsten Neubauten der Wiederaufbauzeit, errichtet 1949/57

und Gemeindehaus gebaut; bis 1950 konnte im Rahmen des Notkirchenprogramms, das 1946 von dem Architekten Otto Bartning entwickelt wurde, die Lukaskirche mit Gemeinderäumen fertig gestellt werden152. Dabei handelt es sich keinesfalls um einen Notbehelf. Dieses System gibt verschiedene Grundtypen für eine Kirche vor, die den Anforderungen entsprechend leicht modifiziert werden konnten und vor allem baulich so konzipiert waren, dass sie zu einem großen Teil von der Gemeinde in Eigenhilfe errichtet werden konnten. Dadurch war es in dieser armen Zeit möglich, die Kosten enorm zu senken. Diese Neubaumaßnahme wurde finanziell stark durch Spendenmittel des Lutherischen Weltbundes, vornehmlich aus Amerika, unterstützt. Die Kirche ist ein schlichter Saalbau auf rechteckigem Grundriss, seitlich an den eingezogenen Altarraum fügen sich Nebenräume (Sakristei) an. Die Kirche ist aus Sandstein gemauert, markant ist die Giebelfassade im Westen mit vorspringendem Eckturm, in dem sich der Eingang befindet. Auf der Gegenseite schließt sich ein Gebäudetrakt mit Gemeinderäumen an. Die hölzerne Deckenkonstruktion, die mit ihren Stützen bis auf den Boden reicht, trägt zur Atmosphäre des sonst nüchternen Raumes bei. Durch eine Trennwand ist ein Teil des Kirchenraums auch für andere Veranstaltungen variabel gehalten. Die klaren, schlichten Formen wie auch der Verzicht auf Zierrat entsprechen sowohl dem Zeitgeist nach 1945 als auch der Denkweise der evangelischen Kirche. So ist ein Gotteshaus entstanden, das zwar zeittypisch ist, aber dauerhaft einen würdigen Kirchenbau darstellt. Im gleichen Zeitgeist, nicht unähnlich, jedoch als Putzbau, entstand in der nahe gelegenen, von amerikanischen Einheiten genutzten Taukkunen-Kaserne eine Garnisons-

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kirche. Im Zuge der Konversion der Kaserne zum Gewerbegebiet »Prinz-Carl-Anlage« wurde die »Chapel« säkularisiert und dient heute unter dem Namen »Kapelle« für Gastronomie und Veranstaltungen (Tafel 28a). Neben den Fenstern der Dreifaltigkeitskirche und der Liebfrauenkirche sind die farbigen Glasfenster im Dom beachtenswert153. 1967 bis 1970 erhielt die Nikolauskapelle eine eindrucksvolle Farbverglasung in weitgehend abstrakten Formen von Heinz Hindorf (1909 –1990). Der thronende Christus im Westchorfenster von Paul Weigmann stammt von 1980, der auch das Rupertusfenster im südlichen Seitenschiff schuf. Wiederum von Hindorf, von 1986 bis 1988, stammen die Fenster der Marienkapelle, ehemals Ägidienkapelle, mit einem Marienleben und den Darstellungen der 14 Nothelfer. Weitere Fenster schuf er für die Georgs- und Annenkapelle: Christus als Weltenrichter mit Darstellungen der negativen Seiten des menschlichen Lebens und Werken der Barmherzigkeit, 1989 entstanden, die Passion und Auferstehung von 1988 und als Höhepunkt das Geschichtsfenster; 1992 wurde das Kunstwerk eingeweiht. In 20 Szenen wird anhand von Personen und bedeutenden Persönlichkeiten die Wormser Bistums- und Stadtgeschichte dargestellt, vom ersten angenommenen Bischof Viktor 346 bis zur Zerstörung der Stadt zum Ende des Zweiten Weltkriegs 1945. Eines der jüngsten bedeutenden Wormser Kunstwerke ist damit eine Stadtgeschichte in Bildern.

Soziale Verhältnisse und Arbeitsbedingungen in der Industriestadt Worms bis zum Ersten Weltkrieg H EDWIG B RÜCHERT

Quellenlage und Forschungsstand Die Epoche der Industrialisierung von Worms ist eng verknüpft mit der Entwicklung von der städtischen Honoratiorenverwaltung hin zu einer professionalisierten, in Fachämter gegliederten kommunalen Leistungsverwaltung. Diese war bemüht, vor dem Hintergrund des raschen Bevölkerungswachstums in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bei gleichzeitig in revolutionsartigem Tempo sich vollziehenden Entdeckungen und Fortschritten in Technik, Medizin und Ernährung eine angemessene Daseinsvorsorge für die Menschen in ihrer Stadt aufzubauen. Dabei war das Verwaltungshandeln in der Regel ein Reagieren auf bereits eingetretene soziale Missstände, wie die Beispiele der Wohnungsfürsorge, der Gesundheitsfürsorge oder der Schulgesundheitspflege zeigen. In Worms lassen sich darüber hinaus mustergültig die Dualität der Entwicklung von städtischen und betrieblichen Wohlfahrtseinrichtungen und ihre wechselseitige Beeinflussung verfolgen, da die örtliche Wirtschaft deutlicher als in den anderen hessischen Städten von einigen wenigen Großunternehmen dominiert wurde, wobei deren Besitzer sich gleichzeitig auch in der Stadtpolitik engagierten. Trotz einer recht guten Quellenlage ist diese Epoche der Wormser Sozial- und Wirtschaftsgeschichte noch bei weitem nicht ausreichend erforscht. Neben einigen älteren, ungedruckten Arbeiten zu Einzelaspekten der Wormser Wirtschaftsgeschichte (Otto Eberhardt und Walter E. Lucht) liegen im Wesentlichen die Untersuchungen von Fritz Reuter, der die Tätigkeit von Stadtbaumeister Karl Hofmann in den Mittelpunkt gestellt hat, von Hans Kühn mit dem Schwerpunkt auf Funktion und Zusammensetzung der Gemeindevertretung sowie von Martina Rommel mit dem Hauptgewicht auf der demografischen und konfessionellen Entwicklung der Stadt vor. Um ein Gesamtbild jener Epoche zu gewinnen, wäre es notwendig, einmal neben den verfügbaren Jahresberichten der Handelskammer Worms auch die Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen (insbesondere die Gewerbe- und Berufszählungen, die Wohnstättenzählungen und die Statistiken zur Sterblichkeit und zu den Todesursachen), die äußerst ergiebigen Jahresberichte der Großherzoglich-Hessischen Gewerbeinspektion, die Verwaltungsrechenschaftsberichte der Bürgermeisterei Worms, die Jahresberichte der Städtischen Volksschule, die Protokolle der Stadtverordnetenversammlung sowie sämtliche Akten der Stadtverwaltung Worms, der Polizei und des Kreisamtes für die Zeit von ca. 1850 bis

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1914 im Wormser Stadtarchiv auszuwerten. Ergänzend wären die Worms betreffenden Bestände im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt, Firmenarchive und Nachlässe, insbesondere der Wormser Industriellenfamilien, sowie die Lokalberichterstattung in den Wormser Zeitungen heranzuziehen. Die folgende kurze Darstellung kann die sechs bis sieben Jahrzehnte von der Installation der ersten Dampfmaschine in Worms bis zum Vorabend des Ersten Weltkriegs nur ausschnitthaft behandeln und viele Fragen nur anreißen.

Die wirtschaftliche Entwicklung von Worms nach 1850 Im Großherzogtum Hessen hielt die Industrialisierung im 19. Jahrhundert nur langsam Einzug. Der größte Teil der Bevölkerung lebte hier in kleinen Landgemeinden. Noch 1875 wohnten über 61 Prozent in Gemeinden mit weniger als 2 000 Einwohnern; 1910 waren es immer noch fast 40 Prozent. Unter den fünf größten Städten des Landes – dies waren Mainz, Offenbach, Darmstadt, Worms und Gießen – stand Worms an vierter Stelle. Die Stadt hatte um 1855 eine Einwohnerzahl von nur rund 10 000 und 1871 von ca. 14 500. In den folgenden Jahrzehnten hatte sie dann allerdings das rascheste Wachstum von allen hessischen Städten zu verzeichnen. Bis 1900 war die Bevölkerungszahl auf ca. 40 000 und bis 1914 auf etwa 50 000 angestiegen. Dafür war vor allem der Aufschwung verantwortlich, den die dominierenden Industriewerke von Worms in dieser Zeit nahmen. Neben Offenbach wies Worms den höchsten Anteil an gewerblichen Arbeitern, gemessen an der Einwohnerzahl, auf. Im Jahr 1834 hatte Johann Cornelius Heyl III. zusammen mit seinem Schwager Johann Karl Martenstein in Worms die Saffianleder-Manufaktur Heyl & Martenstein gegründet. Fünf Jahre später machte sich Heyl mit einer Fabrik zur Herstellung von lackiertem Kalbsleder selbstständig. Im darauf folgenden Jahr, 1840, wurde das größte Konkurrenzunternehmen am Ort, die Lacklederfabrik Doerr & Reinhart, gegründet. Daneben siedelten sich Textilbetriebe an, so 1850 die Kunstwollfabrik Gustav Schoen & Co., die später als Wollgarnspinnerei Worms am Rhein und schließlich als Kunstwollefabrik Valckenberg & Schoen (zuletzt als Tuchfabrik W. J. Valckenberg GmbH) firmierte 1. 1849 arbeitete noch kein Wormser Betrieb mit Dampfkraft; bis 1854 hatten fünf hier ansässige Firmen je eine Dampfmaschine installiert. Es handelte sich um die Loh- und Fruchtmühle G. & H. Bender, die Lacklederfabrik Doerr & Reinhart, die Lederfabrik Cornelius Heyl, die Lederfabrik Melas & Gernsheim und die Wollspinnerei Gustav Schön 2. Der Beginn des industriellen Zeitalters kann in Worms also um die Jahrhundertmitte datiert werden. Wenige Jahre später berichtet die Wormser Handelskammer: »Die Thätigkeit der Wormser Fabriken zeigte im Jahr 1858 eine erfreuliche Zunahme. Sie beschäftigten nach ziemlich zuverlässigem Überschlage mindestens über 2 000 Arbeiter und benützten vierzehn Dampfmaschinen, welche 246 Pferdestärken darstellen« 3. Nach nur weiteren fünf Jahren war die Zahl der Dampfmaschinen bereits auf 38 (mit 431 Pferdestärken) gestiegen 4.

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WIRTSCHAFTLICHE

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VON

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1850

Im Bericht der Handelskammer von 1858 steht außerdem zu lesen, dass die Glanzlederfabriken am Ort sich von Jahr zu Jahr vergrößerten. Seien in der Anfangszeit der Lederfabrikation kaum 15 000 Kalbfelle jährlich verarbeitet worden, so »lieferten die heute in Worms bestehenden vier Fabriken im verflossenen Jahre dem Handel ungefähr 800 000 Felle und hatten einen Umschlag von mindestens fl. 3 000 000« (Gulden)5. Im gleichen Bericht wird auf einen weiteren bedeutenden Erwerbszweig, die »fabrikmäßige Herstellung von Kleidern«, hingewiesen, die vor allem in Heimarbeit gegen Stücklohn erfolgte6. Das Jahr der Reichsgründung von 1871 brachte laut Handelskammer Worms einen »außerordentlichen Aufschwung aller Geschäfte und somit auch des Ledergeschäfts«7. In der Stadt waren jetzt 29 Dampfmaschinen mit insgesamt 578 PS in Betrieb, und es wurden 58 Unternehmen als »Fabrik« bezeichnet. Davon dürften die meisten allerdings sehr klein gewesen sein und weniger als zehn Arbeiter beschäftigt haben. Fabriken in Worms 18718 Bierbrauereien

9

Kammgarnspinnereien

1

Buchdruckereien

2

Liqueur-Fabriken

3

Bernsteinfabriken

1

Lederfabriken

6

Cigarrenfabriken

3

Maschinenfabriken

4 3

Cichorienfabriken

1

Malzbereiter

Degras-Fabriken

2

Mineralwasserfabriken

2

Düngerfabriken

1

Puppenfabriken

1

Hefe- u. Essigfabriken

3

Siebwarenfabriken

1

Kaffee- u. Surrogatfabriken

1

Seifenfabriken

3

Kleiderfabriken

9

Schwefelspanfabriken

1

Knopffabriken

1

Der Jahresbericht der Handelskammer 1872/73 nennt nur noch 31 »fabrikmäßig geführte Geschäfte«, in welchen ca. 3 000 Arbeiter beschäftigt waren. Die Zahl der Dampfmaschinen wird für dieses Jahr mit 37 (insgesamt ca. 698 PS) beziffert 9. Die deutlich niedrigere Zahl im Berichtsjahr 1872/73 hängt zweifellos mit der Gründerkrise und entsprechenden Konkursen zusammen10. Eine polizeiliche Zählung von 1889 führt als größte Fabriken der Stadt die folgenden acht Werke auf 11: Firma

Produktionszweig

Zahl der Arbeiter

Zahl der Dampfmasch.

Cornelius Heyl

Leder u. Degras

2 124

Doerr & Reinhart

Leder u. Degras

675

3

Valckenberg u. Schön

Kunstwolle u. Tuchfabrik

450

3

8

Kammgarnspinnerei

Kammgarn, Zwirn

300

2

Rhein. Schiefertafelfabrik

Schiefertafelfabrik

151

1

Werger’sche Brauereiges.

Bierbrauerei, Eisfabrik

69

2

Felbermeyer u. Reuter

Knochenpräparate

60

2

Kaibel u. Sieber

Maschinenfabrik u. Eisengießerei

60

1

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S OZIALE V ERHÄLTNISSE

UND

A RBEITSBEDINGUNGEN

IN DER

I NDUSTRIESTADT W ORMS

Die Beschäftigtenzahlen dieser Firmen belegen eindeutig die Vorrangstellung, welche die Lederwerke Cornelius Heyl einnahmen. Daran sollte sich auch in den folgenden Jahrzehnten nichts ändern. Die Zahlen zeigen auch, dass es in Worms damals überhaupt nur fünf Betriebe mit mehr als 100 Arbeitern gab. Ein Vergleich mit den Gesamtbeschäftigtenzahlen des Großherzogtums von 1901 bis 1913 führt außerdem deutlich vor Augen, welch wichtige Position Worms mit seinem Umland in der Wirtschaft des hessischen Staates einnahm. Hier war rund ein Achtel aller gewerblichen Arbeitskräfte beschäftigt, wie die folgende Tabelle zeigt: Beschäftigtenzahlen im Aufsichtsbezirk Worms 12 Jahr

Erwachsene männlich

Erwachsene weiblich

Jugendliche (14–16 J.) männlich

Jugendliche (14 –16 J.) weiblich

Aufsichtsbezirk Worms insgesamt

1901

7 983

1 913

702

462

11 060

1905

8 737

2 287

706

675

1910

9 708

2 753

900

852

1913

11 171

3 127

1 066

795

Vergleich Großherzogtum Hessen

davon: weiblich

83 382

16 004

12 405

96 322

20 198

14 213

113 128

23 683

16 159

128 987

27 665

Dass für die Zeit nach 1901 besonders genaue Daten für die Wormser Gewerbestruktur vorliegen, ist dem Umstand zu verdanken, dass ab diesem Zeitpunkt ein neuer Aufsichtsbezirk Worms in der staatlichen Gewerbeaufsicht geschaffen wurde. Zwar war die Gewerbeaufsicht seit 1878 in allen deutschen Bundesstaaten vorgeschrieben. In dieser frühen Phase hatte sie jedoch auf Grund der viel zu geringen Zahl von Beamten und wegen der sehr uneinheitlichen Regelung der Fabrikaufsicht in den 26 Einzelstaaten wenig Wirkung gezeigt 13. Erst die 1890 durch den preußischen Handelsminister Freiherrn von Berlepsch eingeleitete Neuordnung der Gewerbeaufsicht, die mit einer starken Erhöhung der Zahl der Gewerbeinspektoren und Assistenten einherging, brachte eine deutliche Verbesserung14. Im Großherzogtum Hessen war 1878 einem einzigen Fabrikinspektor die Aufsicht für das gesamte Staatsgebiet übertragen worden. Ab 1889 fand dann schrittweise eine Verkleinerung der Aufsichtsbezirke bei gleichzeitiger Dezentralisierung und einer Vermehrung des Personals statt. 1896 wurden erstmals auch weibliche Aufsichtskräfte als »Assistentinnen« der Gewerbeinspektoren eingestellt, die für die Überwachung der Arbeitsplätze von Arbeiterinnen zuständig waren 15. 1898 unterteilte man das Großherzogtum in vier Bezirke; Rheinhessen war nun ein eigener Aufsichtsbezirk, wobei der Gewerbeinspektor seinen Sitz in Mainz hatte. 1901 wurde dann der Bezirk Rheinhessen wegen der hohen Zahl an gewerblichen Arbeitern nochmals geteilt. Der Kreis Worms bildete fortan gemeinsam mit den Kreisen Alzey und Oppenheim einen eigenständigen fünften Aufsichtsbezirk, und Worms wurde Dienstsitz eines Gewerbeinspektors. Damit konnten die Aufsichtsbeamten die Fabriken häufiger aufsuchen und waren auch für die Arbeiter leichter erreichbar.

A RBEITSBEDINGUNGEN

UND

L EBENSVERHÄLTNISSE

IN

W ORMS

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Abb. 98: Besuch des Großherzogs Ernst Ludwig bei Doerr & Reinhart, 1902

In Worms war in den ersten beiden Jahren Gewerbeinspektor Engeln eingesetzt, dem die Assistentin Albertine d’Angelo zugeordnet war. 1903 trat Gewerbeinspektor Dr. Heinrich Müller die Nachfolge von Engeln an. Er leitete die Wormser Inspektion dann bis 1913 und hatte daher einen sehr guten Überblick über die Wormser Fabriken und ihre Verhältnisse. Aus seinen Jahresberichten lässt sich ein deutliches Bild der Arbeitsbedingungen in Worms in den letzten beiden Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg gewinnen. Darüber hinaus informieren die Berichte auch über die wirtschaftliche Lage, die Wohnverhältnisse der Arbeiterfamilien und über betriebliche Sozialeinrichtungen.

Arbeitsbedingungen und Lebensverhältnisse in Worms Die Durchschnittswochenlöhne von Arbeitern lagen in Worms um 1900 zwischen 15 und 25 Mark. Die Frauenlöhne lagen mit 10 bis 15 Mark wesentlich unter denen ihrer männlichen Kollegen16. Oft reichte das Einkommen eines Arbeiters für den Unterhalt einer Familie nicht aus, sodass auch die Frau und die Kinder zum Familieneinkommen beitragen mussten. In der Regel musste eine Arbeiterfamilie zu dieser Zeit mehr als die Hälfte

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UND

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IN DER

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ihres Einkommens allein für Nahrungsmittel und ein weiteres Viertel für die Miete aufwenden, sodass kaum Geld für Kleidung, Schuhe, Hygiene, Kohlen, Gas, Medikamente und andere Bedürfnisse oder gar zum Sparen für Zeiten der Arbeitslosigkeit übrig blieb. Dies galt vor allem in den Städten, wo die Mietpreise überdurchschnittlich hoch waren. So erreichten die Mieten in Worms fast das Preisniveau der viel größeren Festungsstadt Mainz und lagen weit über jenen von Darmstadt und Offenbach, wie ein Vergleich der fünf größten Städte des Großherzogtums zeigt.

Mietpreise für Kleinwohnungen in den fünf größten hessischen Städten um 1905 (Durchschnittliche Jahresmiete in Mark)17 Stadt

Mainz

Altstadt 1 Raum

Altstadt 2 Räume

Altstadt 3 Räume

Neustadt 1 Raum

Neustadt 2 Räume

Neustadt 3 Räume

Einwohnerzahl 1. 12. 1905

120

180

300

150

220

325

Darmstadt

60

132

180

96

168

240

91 137 83 123

Offenbach

70

140

240

90

180

320

59 765

Worms

110

170

275

150

195

350

43 841

Gießen

54

144

168

66

162

240

28 769

Bis zum Ersten Weltkrieg stiegen die Löhne überall kräftig an, doch wurde dieser Einkommenszuwachs durch die noch rascher steigenden Lebensmittelpreise im Vorkriegsjahrzehnt, insbesondere für Fleisch, Milch, Kartoffeln und Brot, ausgelöst durch die Zollpolitik des Reiches, zum großen Teil wieder zunichte gemacht 18. Die Wormser Lederarbeiter erhielten deutlich niedrigere Löhne als ihre Kollegen an anderen Orten. Außerdem hatten die Beschäftigten in der Wormser Lederindustrie zwischen 1900 und 1913 wesentlich geringere Lohnsteigerungen zu verzeichnen als die Beschäftigten anderer Branchen. So stiegen die Löhne der männlichen Lederakkordarbeiter von 1900 bis 1913 nur um 10 Prozent, während die Brauer, Mälzer, Küfer, Fuhrleute und Hilfsarbeiter in der Brauindustrie zwischen 40 und 65 Prozent mehr Lohn erhielten19. Offenbar wogen die Vorteile der betrieblichen Wohlfahrtseinrichtungen diesen Nachteil jedoch auf, denn die meisten Beschäftigten der örtlichen Lederindustrie blieben ihrem Arbeitgeber über viele Jahre, manchmal über Jahrzehnte hinweg, treu. Begünstigt wurde diese lange Betriebszugehörigkeit durch ein Prämiensystem, aber auch durch die Förderung des Mietwohnungsbaus und des Eigenheimerwerbs durch die Unternehmer, wodurch die Arbeiter an die Fabrik gebunden wurden20. Nicht zuletzt der Umstand, dass viele der Wormser Lederarbeiter nicht in der Stadt selbst, sondern in kleinen Gemeinden des Umlands wohnten und öfter als Arbeiter in industriellen städtischen Ballungsgebieten eigene Häuschen mit Gärten oder Äckern besaßen und dadurch geringere Ausgaben für das tägliche Leben hatten, machte für sie das niedrige Wormser Lohnniveau akzeptabel. Die Arbeitszeit betrug für die meisten industriellen Arbeiter um 1895 noch zwölf Stunden täglich (einschließlich der Pausen), auch an Samstagen. Als aufgrund der Gewerbeordnungsnovelle von 1891 die Arbeitszeit für Frauen auf elf Stunden begrenzt wurde und ihnen an Samstagen und

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Vorabenden von Feiertagen ein vorzeitiger Arbeitsschluss zur Erledigung ihres Haushaltes zustand, sahen die Arbeitgeber zunächst große Schwierigkeiten mit der Umsetzung des Gesetzes. Doch in den folgenden Jahren wurden dann die Arbeitszeiten auch für Männer nach und nach abgesenkt, sodass um 1900 durchschnittlich nur noch zehn Stunden gearbeitet wurde. Gleichzeitig wurde der Samstagnachmittag schrittweise für alle arbeitsfrei21. Für bestimmte Berufsgruppen wie Gastwirtsgehilfen, Transportarbeiter, Hafenarbeiter und Ziegeleiarbeiter galten jedoch nach wie vor wesentlich längere Arbeitszeiten. Besonders Schneider mussten oft noch 16 bis 18 Stunden täglich arbeiten 22. Bis zum Ersten Weltkrieg wurden die Arbeitszeiten in vielen Branchen weiter gesenkt. So führten die Lederwerke Heyl im Jahr 1906 bereits den 83⁄4-Stunden-Tag ein23. Die hessischen Gewerbeinspektoren mussten allerdings in den ersten Jahren nach Inkrafttreten der Arbeiterinnenschutzgesetze häufige Verstöße feststellen. So wurden Überstunden oft nicht ordnungsgemäß beantragt, obwohl die Genehmigungspraxis sehr großzügig war. In Fabriken mit Saisonbetrieb, wie Konservenfabriken, die verderbliche Ware verarbeiteten, waren Überstunden die Regel. So wurden im Aufsichtsbezirk Worms zwischen 1902 und 1912 je nach Konjunktur in einigen Jahren bis zu 8 400 Überstunden bewilligt; nur ein einziger Antrag wurde in diesem Zeitraum abgelehnt24. Besonders ungünstige Arbeitsbedingungen waren in jenen kleineren Gewerbebetrieben anzutreffen, in welchen fast nur Frauen beschäftigt waren wie in Konfektionswerkstätten, Schneidereien, Putzmachereien, Bügeleien und Wäschereien. Zwar wurden die Bestimmungen der Gewerbeordnungsnovelle von 1891 im Jahr 1897 auch auf Werkstätten der Kleider- und Wäschekonfektion ausgedehnt, jedoch nur dann, wenn sie Ware auf Lager anfertigten. Wurde ausschließlich nach Maß gearbeitet, unterlagen sie nach wie vor keiner gesetzlichen Aufsicht25. Erst 1904 wurden auch die Kleinbetriebe der Kleiderkonfektion und Putzmacherei der Gewerbeaufsicht unterworfen. In diesen Betrieben galten die längsten Arbeitszeiten: Meist wurde hier noch elf Stunden täglich und an Samstagen oft 13 Stunden gearbeitet, während zu jener Zeit in über 90 Prozent der Betriebe bereits eine Arbeitszeit von zehn Stunden oder weniger eingeführt war26. Außerdem mussten in den Damenschneidereien und Putzmachereien häufig ungenehmigte Überstunden gemacht werden. Am ungünstigsten waren die Arbeitszeiten, wenn mit der Werkstätte ein Verkaufslokal verbunden war: Hier wurden die Arbeiterinnen oft auch an Sonntagen zu Umänderungsarbeiten herangezogen 27. Mit einem Gesuch an das Großherzogliche Kreisamt Worms vom 9. Juli 1902 versuchte eine Reihe von örtlichen Gewerbetreibenden, eine »Dispensation« von den entsprechenden Bestimmungen der Gewerbeordnung zu erlangen. Sie beantragten die Genehmigung, ihre Putzarbeiterinnen abwechselnd alle 14 Tage sonntags von 11.00 bis 14.00 Uhr beschäftigen zu dürfen28. Hintergrund war, dass an den Sonntagen zahlreiche Kunden aus dem Umland nach Worms zum Einkaufen kamen und beim Kauf von Kleidern und Hüten Änderungen sofort ausgeführt werden sollten. Im Jahr 1913 beschäftigte sich eine Konferenz der hessischen Polizeiamtsvorstände noch immer mit diesem Thema. Die Wormser Vertreter, Polizeirat Ludwig Vohmann und Polizeiinspektor Ludwig Bischoff, trugen die in Worms aufgetretenen Probleme in Zusammenhang mit der unterschiedlichen Auslegung der Bestimmungen der Gewerbeordnung vor 29.

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In den Wäschereien und Bügeleien litten die dort beschäftigten Frauen neben den langen Arbeitszeiten auch unter den ungesunden Arbeitsbedingungen. Sie mussten den ganzen Tag stehen und meist in schlecht belüfteten, engen und feuchten Räumen arbeiten. So wandten sich im März 1908 die Arbeiterinnen der Wäscherei Emmerich in Worms mit einer Beschwerde an Gewerbeinspektor Dr. phil. Heinrich Müller. Nach einer Inspektion der Räume bestätigte dieser die Gesundheitsgefährdung und forderte die Polizeiverwaltung auf, von dem Wäschereibesitzer innerhalb von zwei Monaten die Herstellung von geeigneten Arbeitsräumen zu verlangen 30. Schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts spielte in Worms auch Heimarbeit, insbesondere im Textilgewerbe, als Erwerbsmöglichkeit eine Rolle. So heißt es im Jahresbericht 1858 der Handelskammer Worms: »Sehr wichtig für Worms und dessen Umgegend ist die fabrikmäßige Herstellung von Kleidern. Eigenthümlich dabei ist, daß die Arbeiter in ihrer Wohnung arbeiten und für das Stück, nicht für die Zeit bezahlt werden. Die meisten Arbeiter wohnen in den umliegenden Ortschaften. Deshalb können sie im Sommer noch ein wenig Ackerbau treiben (…)« 31. Für das Jahr 1872 sind fünf Wormser Kleiderfabriken belegt, die in Heimarbeit produzieren ließen und dafür die Nähmaschinen zur Verfügung stellten32. Auch im frühen 20. Jahrhundert verdienten noch zahlreiche Menschen als Schneider und Schneiderinnen, Weißzeugnäherinnen, Stickerinnen, Hemdennäherinnen und Schuhmacher ihr Geld mit Heimarbeit. Nun wohnten jedoch viele von ihnen in der Stadt, wie eine Liste mit 178 Namen und Adressen aus Worms von ca. 1912/1913 belegt. Die größte Arbeitgeberin war die Konfektionsfirma Gg. Hill Nachf., die alleine 58 Schneiderinnen für sich arbeiten ließ 33. Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte der schlechte Gesundheitszustand der Rekruten den Staat veranlasst, die Kinderarbeit einzuschränken. So war 1839 als erstes deutsches Arbeiterschutzgesetz überhaupt das preußische »Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in Fabriken« erlassen worden. Wegen der fehlenden Überwachung zeigte das Gesetz jedoch wenig Wirkung 34. Mit der Gewerbeordnungsnovelle von 1891 wurde in §135 auch die Arbeitszeit von Kindern und Jugendlichen neu geregelt. Danach durften Kinder unter 14 Jahren, die nicht mehr zum Besuch der Volksschule verpflichtet waren, nicht länger als sechs Stunden täglich in Fabriken beschäftigt werden. Die Beschäftigung von Schulkindern in Fabriken wurde vollständig verboten. Jugendliche von 14 bis 16 Jahren durften maximal zehn Stunden täglich arbeiten 35. Die Kinderarbeit nahm jedoch ständig zu. Eine staatliche Enquête um 1900 ergab, dass durchschnittlich 6,5 Prozent der schulpflichtigen Kinder arbeiteten. Im Großherzogtum Hessen wurden 9 000 Kinder in gewerblichen Betrieben beschäftigt 36. Besonders verbreitet war Kinderarbeit in Regionen, in welchen Heimarbeit vorherrschte. 1903 wurde daraufhin eine Kinderschutzgesetzesnovelle verabschiedet, die nun auch die häusliche erwerbsmäßige Kinderarbeit einbezog und Sonntagsarbeit von Kindern generell verbot. Das Gesetz galt jedoch nicht für die Landwirtschaft. Offiziell verboten war die Arbeit von schulpflichtigen Kindern in Fabriken und anderen gewerblichen Anlagen. Schulkinder ab zwölf Jahren durften jedoch so genannten Nebenbeschäftigungen in begrenztem Umfang nachgehen. In diesem Bereich wurden die gesetzlichen Beschränkungen häufig missachtet. Nur ein Bruchteil der tatsächlich

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Abb. 99 –100: Blick in die Werkshallen der Firma Doerr & Reinhart, 1924

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stattfindenden Kinderarbeit gelangte jedoch zur Kenntnis von Gewerbeinspektoren und Polizeibehörden. Die Volksschullehrer, welche die schädlichen Auswirkungen der Kinderarbeit täglich vor Augen hatten, mussten ab 1903 jährlich Berichte über die von ihnen beobachteten Fälle von Kinderarbeit erstellen. Von den Berichten der Wormser Schulen sind einige in den Akten des Polizeiamtes erhalten. Daraus ist ersichtlich, dass den Wormser Lehrern allein im Jahr 1897 über 350 Kinder bekannt waren, die Lohnarbeit verrichteten. Das waren etwa 10 Prozent der Wormser Volksschülerinnen und -schüler. Aus wirtschaftlicher Not versuchten Eltern oft, ihre Kinder unter Umgehung des Gesetzes arbeiten zu lassen. So gaben sie häufig ein falsches Alter ihrer Kinder an, damit diese in Fabriken eingestellt wurden. Auch aus Worms sind Fälle aktenkundig, in denen Eltern oder Arbeitgeber wegen Verstößen gegen das Kinderschutzgesetz angezeigt und zur Rechenschaft gezogen wurden. So zeigte Gewerbeinspektor Dr. Müller im Mai 1908 bei der Wormser Polizei an, dass er den noch nicht zwölfjährigen Volksschüler Heinrich Gross und den erst sechs Jahre alten Emil Brew um sechs Uhr abends beim Austragen von Zeitungen angetroffen habe 37. Eine Mutter schickte ihre zwölfjährige Tochter wiederholt sonntags zum Verkaufen von Backwaren auf die Straße. Ihr wurde eine Geldstrafe von vier Mark auferlegt38. Für die Witwe mit neun Kindern war dies eine äußerst harte Strafe. Im Vergleich dazu wurden Unternehmer bei Verstößen gegen das Kinderschutzgesetz sehr nachsichtig behandelt. Denn auch in Fabriken wurden immer wieder Kinder bei der Arbeit angetroffen. So wurden Schulkinder vor allem zu Saisonarbeiten herangezogen, z. B. in Fruchtkonservenfabriken. 1899 wurden drei Fruchtkonservenfabriken in Rheinhessen angezeigt, weil sie im Monat Juli Schulkinder für die einfachen Arbeiten, wie das Entstielen und Entkernen der Kirschen, eingestellt hatten. In zwei dieser Fabriken waren die jüngsten Kinder erst neun Jahre alt, während in der dritten Fabrik sogar siebenjährige Kinder angetroffen wurden. In der letztgenannten Fabrik, die insgesamt 44 Kinder beschäftigte, mussten diese sogar nach acht Uhr abends noch arbeiten und erhielten täglich nur 15 bis 42 Pfennige Lohn. Die verhängte Strafe für diesen Unternehmer betrug lediglich sechs Mark39.

Betriebliche Wohlfahrtseinrichtungen in Worms Früh ausgeprägt war in Worms ein vielfältiges System von betrieblichen Wohlfahrtseinrichtungen in den großen Fabriken, das den Beschäftigten dieser Unternehmen schon zugute kam, bevor die Stadt im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge ein entsprechendes Fürsorgenetz für die gesamte örtliche Arbeiterbevölkerung schuf. Dies hängt mit der besonderen Wirtschaftsstruktur von Worms zusammen. Die Stadt wies den höchsten Industrialisierungsgrad im Großherzogtum Hessen auf und wurde wesentlich durch die Ansiedlung einiger großer Fabriken um die Mitte des 19. Jahrhunderts geprägt. Die nach damaligen Maßstäben als »›Großunternehmer‹« zu bezeichnenden Fabrikanten, allen voran Cornelius Wilhelm Freiherr von Heyl, führten ihre Betriebe in patriarchalischer

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Manier. Sie fühlten sich verantwortlich für das Wohlergehen ihrer Beschäftigten und waren bereit, dafür einen Teil des Unternehmensgewinns zu investieren. Der Preis für diese betriebliche Fürsorge war, dass die Arbeiter einer gewissen sozialen Kontrolle durch ihren Arbeitgeber unterlagen und dieser ihnen unmissverständlich klarmachte, dass er eine Mitgliedschaft seiner Beschäftigten in den Freien Gewerkschaften oder in der Sozialdemokratischen Partei nicht wünschte. Die Firmenleitungen sorgten sogar für kulturelle und sportliche Betätigungsmöglichkeiten, sodass die Arbeiter auch in ihrer Freizeit innerhalb der Betriebsgemeinschaft blieben und von den Kulturorganisationen der sozialistischen Arbeiterbewegung fern gehalten wurden. Dieses Konzept war so erfolgreich, dass sich Gewerkschaften und SPD schwer taten, in Worms starke Organisationen aufzubauen40. Besonders deutlich wird der Einfluss der Lederfabrikanten auf ihre Beschäftigten an folgenden Zahlen: 1905 waren z. B. 59 Prozent der Wormser Holzarbeiter gewerkschaftlich organisiert, jedoch nur 1,6 Prozent der Lederarbeiter41. Insgesamt gehörte nur etwa jeder siebte Wormser Arbeiter einer der im 1895 gegründeten Wormser Gewerkschaftskartell zusammengeschlossenen Fachgewerkschaften an. Auch die Christlichen Gewerkschaften (mit 80 Mitgliedern im Jahr 1907), der Katholische Arbeiterverein (mit 210 Mitgliedern) und der Hirsch-Dunckersche Gewerkverein (mit rund 400 Mitgliedern) brachten es auf keinen hohen Organisationsgrad42. Neben der Schaffung von Sozialeinrichtungen für ihre eigene Belegschaft betätigten sich die führenden Industriellen der Stadt auch als Initiatoren und Unterstützer bei sozialen Projekten der Stadtverwaltung. Dies lag nahe, da sich die Fabrikbesitzer meist auch politisch betätigten. So gehörten sowohl Freiherr Cornelius Wilhelm von Heyl als auch Andreas Reinhart als Vertreter des Drittels der höchstbesteuerten Wormser Bürger der Stadtverordnetenversammlung an. Die beiden Lederfabrikanten konnten außerdem als Mitglied in der Ersten Kammer (von Heyl)43 bzw. der Zweiten Kammer (Reinhart) des hessischen Landtags auch über die staatliche Gesetzgebung Einfluss auf das kommunale Handeln nehmen, wie sich z. B. in der Frage der Wohnungsfürsorge zeigt. Die Sozialeinrichtungen der wichtigsten Fabriken wurden regelmäßig vom Großherzoglich hessischen Gewerbeinspektor in seinen Jahresberichten beschrieben, um andere Unternehmer zur Nachahmung zu ermutigen. Für Worms stellte er immer wieder die Einrichtungen der beiden großen Lederwerke, Heyl sowie Doerr & Reinhart, als vorbildlich heraus44. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass diese beiden Betriebe in dem nur schwach industrialisierten hessischen Staat auf diesem Gebiet tatsächlich Vorreiter waren. Zwischen ihnen hatte sich offenbar auch eine Art Wettstreit entwickelt, die beste betriebliche Wohlfahrtspflege zu besitzen. Da die Einrichtungen dieser zwei Fabriken wegen ihrer hohen Beschäftigtenzahlen für die sozialen Verhältnisse in ganz Worms von Bedeutung waren, sie auch auf die Kommunalpolitik nicht ohne Einfluss blieben und sie außerdem am besten dokumentiert sind, sollen sie hier stellvertretend für alle Wormser Unternehmen im Kaiserreich näher betrachtet werden. In den Lederwerken Heyl, über viele Jahrzehnte hinweg die größte Fabrik in Worms, war bereits 1846 eine Krankenkasse für Arbeiter gegründet worden, die 1879 in eine Hilfskasse und 1885, nach Änderung der gesetzlichen Lage, in eine Betriebskrankenkasse umgewandelt wurde. In den folgenden Jahren kamen nach und nach zahlreiche weitere

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betriebliche Leistungen hinzu 45. Dazu gehörte die Zahlung von Pensionen, von Sterbegeld und, abhängig von der Dauer der Werkszugehörigkeit, von Zuschüssen zur gesetzlichen Invalidenrente. Witwen von Werksangehörigen erhielten eine Unterstützung, sofern ihr verstorbener Mann dem Werk mindestens 15 Jahre angehört hatte. Außerdem existierte ein Unterstützungsfonds für außergewöhnliche Unglücksfälle, und die Arbeiter konnten in Fällen unverschuldeter Not zinslose Darlehen bis zu einem Betrag von 170 Mark aus einer Vorschusskasse erhalten. An Fabrikangehörige, die zu militärischen Übungen einberufen wurden, zahlte die Firma eine Unterstützung. Seit 1868 existierte eine Fabriksparkasse, in die an jedem Lohnzahlungstag eingezahlt werden konnte. Beträge bis 500 Mark wurden mit 5 Prozent, bis 1 000 Mark mit 4 Prozent und bis 2 000 Mark mit 31⁄2 Prozent verzinst. Im Jahr 1896 beliefen sich die Einlagen auf 329 766, 83 Mark. Einmal wöchentlich konnten sich die Werksangehörigen in der Rechtsauskunftsstelle der Firma insbesondere in Steuer- und Versicherungsfragen kostenlos beraten lassen. Bemerkenswert ist – in einer Zeit, in der es noch keine staatliche Absicherung gegen Arbeitslosigkeit gab – die Einführung des so genannten Wartegeldes in der Lederfabrik Cornelius Heyl, das der Gewerbeinspektor in seinem Bericht von 1896 erläutert: »Die Gleichmäßigkeit der Arbeitsverhältnisse in den Betrieben des Hauses wird nicht nur von den allgemeinen kommerziellen Verhältnissen, sondern wesentlich auch von der Witterung beeinflußt, da einzelne Zweige derselben direkt vom Sonnenlicht abhängig sind. Von der Ansicht ausgehend, dass möglichst gleichmäßiger Lohnbezug für die wirtschaftlichen Verhältnisse der Arbeiter von größter Bedeutung ist, hat das Haus während solcher Betriebsschwankungen an die davon betroffenen Arbeitergruppen die Auszahlung von Wartegeld eingeführt, wodurch diese Leute vor dem Mißgeschick der Entlassung bewahrt werden. Das Wartegeld, welches von den Arbeitern nicht wieder zurückerstattet und für welches keinerlei Gegenleistung verlangt wird, beträgt: für die verheirateten Arbeiter täglich

2 M. 50 Pf.

für die unverheirateten Arbeiter täglich

2 M.

für die Arbeiterinnen täglich

1 M. bis 1 M. 20 Pf.

wobei das Haus noch die Beiträge zur Betriebskrankenkasse und zur Invaliditäts- und Altersversicherung für die Dauer des Wartegeldbezuges zulegt, sodass die Betroffenen obige Beiträge pro Tag netto ausbezahlt bekommen. Diese Festsetzung des Wartegeldes steht in keinerlei Verhältnis zu dem verdienten Jahresdurchschnittslohn, sondern lehnt sich an den ortsüblichen Tagelohn an, indem es diesen entsprechend übersteigt«46. Anschließend führte der Gewerbeinspektor aus, dass als erstes Arbeiterinnen auf Wartegeld gesetzt wurden, damit verheiratete männliche Arbeiter deren Arbeit übernehmen konnten. Ruhten bestimmte Produktionsbereiche längere Zeit und mussten auch Arbeiter auf Wartegeld gesetzt werden, so berücksichtigte man bei der Auswahl, ob die Arbeiter verheiratet waren und wie viele Kinder sie hatten. Spätestens alle acht Tage fand ein Austausch der Beschäftigten und der Wartegeldbezieher statt, um niemanden zu benachteiligen, da das Wartegeld wesentlich geringer war als der reguläre Lohn 47. Auf diese Weise

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band die Firma Heyl ihre Facharbeiter an den Betrieb und war bei ansteigender Produktion nicht gezwungen, neue Arbeitskräfte zu suchen und mühsam anzulernen. Gleichzeitig fielen diese Bezieher von Wartegeld nicht der Armenkasse der Stadt Worms zur Last; sie mussten sich nicht als Almosenempfänger fühlen und verloren nicht ihren Anspruch auf die betriebseigenen Sozialleistungen. So war allen drei Parteien gedient, auch wenn die Regelung zu Lasten der Frauen ging, die in Krisenzeiten zunächst einmal den Männern ihre Arbeit überlassen mussten. Werksküchen waren vor 1900 noch eine Seltenheit. Zunächst wurden in den Fabriken lediglich Aufenthaltsräume eingerichtet, in denen die Arbeiter ihre mitgebrachten Mahlzeiten einnehmen konnten. Angeregt durch die reichsweiten Diskussionen und Schriften der Gruppe der »Bürgerlichen Sozialreformer«, der viele Ärzte angehörten, die vor der ständigen Verschlechterung der Volksgesundheit warnten, begann dann gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine Reihe von Fabrikbesitzern, für ihre Beschäftigen Kantinen zu schaffen. Auch in den Heyl’schen Werken wurde zunächst eine Suppenanstalt eröffnet, in der die Arbeiter täglich einen Eintopf aus Hülsenfrüchten, Reis oder Kartoffeln mit Fleisch oder Würstchen erhielten. Im Jahr 1896 kostete die Portion Suppe mit Fleisch 18 Pfennige, ohne Fleisch 10 Pfennige. Später wurde täglich eine vollständige Mahlzeit mit Suppe, Fleisch und Beilagen für 20 Pfennige zubereitet. Daneben wurden nach und nach vier Kaffeeausschankstellen und mehrere Mineralwasser- und Limonadenverkaufshäuschen auf dem weitläufigen Fabrikgelände eingerichtet. Während der Arbeitspausen wurde in beiden Fabriken in gesonderten Räumen Bier zum Selbstkostenpreis verzapft. Außerdem wurden in den Umkleideräumen und an Kreuzungen von Fabrikstraßen Speisewärmetische für mitgebrachtes Essen installiert. Im fabrikeigenen Konsumverein konnten die Beschäftigten gegen Barzahlung Lebensmittel aller Art preiswert erwerben. Die Einrichtung war einem aus der Arbeiterschaft gebildeten Verwaltungsrat unterstellt. Die Beschäftigten erhielten auch verbilligte Ruhrkohle, die direkt von der Zeche bezogen wurde. Gegen Ratenzahlung konnten sie Fahrräder erwerben, die den oft langen Weg von und zur Fabrik sehr erleichterten. In der Firmenfestschrift von 1913 wird betont, dass der heranwachsenden Jugend die besondere Fürsorge der Fabrikbesitzer galt. Für kränkliche Kinder von Werksangehörigen wurden Badekuren, Ferienkolonien und ein warmes Schulfrühstück finanziert. Es gab einen Fröbelschen Kindergarten, einen Sparverein für jugendliche Arbeiter und Arbeiterinnen sowie eine Stipendienstiftung (hauptsächlich zum Besuch von gewerblichen Fachschulen, aber auch von Lehrerseminaren; bei besonders guten Leistungen wurde den Söhnen der Werksangehörigen in Einzelfällen auch der Universitätsbesuch finanziert). Um die jungen Arbeiterinnen auf die Führung eines Haushalts vorzubereiten, unterhielt die Firma Heyl seit 1884 eine Nähschule, außerdem eine Bügelschule und eine Kochschule, die von durchschnittlich 100 Mädchen besucht wurde. Alljährlich wurde im Vereinshaus auf dem Werksgelände in Anwesenheit der Firmenleitung eine Feier für Firmenjubilare abgehalten, die Geldgeschenke und Urkunden erhielten. Zur Förderung der Kultur gründete die Firma im Jahr 1907 eine Bücherei und rief Gesangvereine für die Arbeiterschaft in Worms sowie in Worms-Neuhausen, einen Knabenchor, einen Instrumentalverein und ein Trommlercorps ins Leben. Auch zur Förde-

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Abb. 101–102: Kindergarten und Nähschule der Lederwerke C. Heyl, 1912/13

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rung der Hygiene und des Säuglingsschutzes leistete die Familie Heyl einen Beitrag durch die Einrichtung von Badeanstalten, einer eigenen Entbindungsanstalt, dem »Mathildenheim« nahe der Arbeiterkolonie Liebenauerfeld sowie durch die Anstellung von Wochenschwestern, die bei Bedarf in die Familien gingen. Das besondere Augenmerk des Unternehmers von Heyl galt jedoch der Wohnungsfürsorge. Er ließ eine Reihe von Arbeiterwohnungen erbauen, die den Werksangehörigen zur Miete überlassen wurden. So entstanden im Lauf der Jahre bis 1913 in der Nähe der Fabriken 27 Wohnhäuser mit 55 Wohnungen (drei Zimmer mit Küche und Gartenanteil), außerdem 42 Häuser mit 87 Wohnungen (ebenfalls mit Gärten) im Liebenauer Feld, 23 Wohnhäuser in Hochheim, sechs Häuser in Weinsheim, drei Häuser in Leiselheim, vier Häuser in Pfeddersheim und acht Häuser in Herrnsheim. Die Werkswohnungen im Liebenauer Feld bildeten den Kern einer ausgedehnten Arbeitersiedlung am nordwestlichen Stadtrand, die bald durch eine große Anzahl von Häusern der am 15. November 1897 gegründeten »Aktiengesellschaft zur Erbauung billiger Wohnungen namentlich zum Besten von Arbeitern in Worms am Rhein« ergänzt wurde. Schon bald nach ihrer Entstehung erhielt die Siedlung im Volksmund den noch heute gebräuchlichen Namen »Kiautschau« (Tafel 32a) 48. Auch bei der Gründung dieser Aktiengesellschaft war Freiherr von Heyl maßgeblich beteiligt und übernahm die Hälfte der Aktien49. Neben dem Bau von Werkswohnungen und der Beteiligung an der AG wollte von Heyl seinen Arbeitern durch die Errichtung einer Grund- und Hauserwerbskasse, die er ebenfalls 1897 ins Leben rief, den Kauf eigener Häuser ermöglichen. Dies geschah durch die Vermittlung von Darlehen zu niedrigem Zins bei geringer Tilgungsrate über die Landesversicherungsanstalt bzw. über die Landeshypothekenbank in Darmstadt. Über eine mit der Grund- und Hauserwerbskasse verbundene Sparkasse mussten die Arbeiter vor Erhalt eines Darlehens 20 Prozent des Kaufpreises ansparen. Wie wichtig dem Freiherrn von Heyl der Arbeiterwohnungsbau und die Entwicklung einer dafür geeigneten kostengünstigen Architektur war, zeigt auch seine Beteiligung mit einem seiner Siedlungshäuser an der »Hessischen Landesausstellung für Freie und Angewandte Kunst« im Jahr 1908 auf der Mathildenhöhe in Darmstadt, wo auf Initiative des »Zentralvereins für die Errichtung billiger Wohnungen« (Ernst-Ludwig-Verein) ein »Arbeiterdorf« mit Musterhäusern aus Hessen errichtet wurde50. Auch die Lederwerke Doerr & Reinhart waren auf der Darmstädter Ausstellung mit einem Musterhaus vertreten51. Ebenso wie dem Freiherrn von Heyl lag auch Andreas Reinhart die Verbesserung der Arbeiterwohnverhältnisse am Herzen. Beide Unternehmer nutzten auch ihre Möglichkeiten als Parlamentarier, um in dieser Frage Fortschritte zu erreichen. Der Abgeordnete Reinhart war es, der im hessischen Landtag im Jahr 1890 eine statistische Erhebung über die Arbeiterwohnverhältnisse in den Städten und größeren Orten im Großherzogtum initiierte, deren Ergebnisse schließlich den Anstoß zum hessischen »Wohnungsbeaufsichtigungsgesetz« von 1893 gaben. Ebenso brachte Reinhart das hessische »Wohnungsfürsorgegesetz« von 1902 in der Zweiten Kammer des Landtags auf den parlamentarischen Weg, während sich Freiherr von Heyl zu Herrnsheim in der Ersten Kammer für dieses Gesetz stark gemacht hatte 52.

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Durch die Lederwerke Doerr & Reinhart wurde auch eine Reihe von Wohnhäusern für die eigenen Arbeiter errichtet. Anlässlich des 50-jährigen Firmenjubiläums im Jahr 1890 stellten die Inhaber für diesen Zweck 100 000 Mark zur Verfügung 53. Bei Gründung der Wormser »Aktiengesellschaft zur Erbauung billiger Wohnungen« 1897 übernahmen sowohl die Lederwerke Doerr & Reinhart als auch Andreas Reinhart persönlich einen Teil der Aktien 54. Die betrieblichen Wohlfahrtseinrichtungen von Doerr & Reinhart glichen weitgehend jenen des größeren Konkurrenzunternehmens, weshalb sie hier nicht nochmals ausführlich beschrieben werden sollen. Die Firma hatte 1852 ebenfalls eine Kranken-, Medikamenten- und Sterbekasse eingerichtet. Nach einer größeren Erweiterung der Fabrik in den 1870er Jahren kamen 1879 eine Konsumanstalt sowie 1885 eine Brotbäckerei und Speiseanstalt hinzu. 1884 wurde die Medikamentenkasse in eine Betriebskrankenkasse umgewandelt; außerdem gab es eine freiwillige Unterstützungskasse, die Leistungen wie Krankengeld, Sterbegeld, Zuschüsse zu ärztlichen Behandlungskosten für Angehörige und Pensionäre und Aufenthalte von schwächlichen Kindern in Ferienkolonien zahlte. 1885 erfolgte die Gründung des Geselligen Vereins für die Werksangehörigen. In einer Fortbildungsschule hatten die Arbeiterinnen Gelegenheit zum Erlernen des Nähens, Flickens und Bügelns. In der Konsumanstalt konnten Kolonialwaren und andere Lebensmittel erworben werden, außerdem Kohlen und Kartoffeln zum Selbstkostenpreis. Es stand eine Arbeitersparkasse zur Verfügung, ebenso eine Badeanstalt und die Arbeiter von Doerr & Reinhart konnten preiswertes Gartengelände pachten 55.

Städtische Sozialpolitik in Worms Das rasche Wachstum und die sich wandelnde Struktur der Bevölkerung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts machte auch eine grundlegende Veränderung und Ausweitung des kommunalen Aufgabenbereichs notwendig. Mit der neuen Städteordnung von 1874 wurden im Großherzogtum Hessen die Weichen für eine Professionalisierung der städtischen Verwaltungen mit hauptamtlichen Bürgermeistern und Fachressorts gestellt56. In Worms wurde 1874 der Notar Friedrich Heimburg zum ersten hauptamtlichen Bürgermeister gewählt, der die Verwaltung modernisierte und eine kommunale Polizei aufbaute. Von größter Bedeutung war in den folgenden Jahrzehnten der Ausbau eines städtischen Systems der Daseinsvorsorge, um den Anforderungen der werdenden Industriestadt Worms gerecht zu werden. Das rasche Wachstum der Wormser Betriebe, insbesondere der Lederindustrie, aber daneben auch der Textilindustrie und weiterer Gewerbezweige von den 1880er Jahren bis zum Ersten Weltkrieg hatte eine ebenso schnelle Zunahme der Industriearbeiterschaft wie einen starken Zuzug in die Stadt zur Folge. Für die Arbeiterbevölkerung mussten nun innerhalb kurzer Zeit die notwendige Infrastruktur und eine soziale Mindestabsicherung für Zeiten von Wirtschaftskrisen, Arbeitslosigkeit und Krankheit geschaffen werden. Gleichzeitig machten es die Fortschritte in Medizin, Naturwissenschaften und Technik möglich, die Stadthygiene und Gesundheitsversor-

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gung für die gesamte Bevölkerung grundlegend zu verbessern. Allerdings mussten alle diese Errungenschaften von der Stadt Worms selbst bezahlt werden, da es noch keine gesetzliche Verpflichtung für den Staat gab, diese Aufgaben zu übernehmen oder mitzufinanzieren. Traditionell hatte sich die kommunale Sozialpolitik im Wesentlichen auf die Gewährung von Armenunterstützung an bedürftige ortsansässige Personen sowie auf einige wenige stationäre Einrichtungen, wie Armen(Arbeits)- und Invalidenhäuser sowie Hospitäler und Waisenhäuser beschränkt, wobei in diesen Häusern in der Regel noch keine medizinische, pädagogische oder pflegerische Arbeit nach heutigen Maßstäben für die jeweilige Zielgruppe geleistet wurde. Als weitere Maßnahme der Armenfürsorge wurden meist in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Sparkassen gegründet, um die Arbeiterbevölkerung zum Anlegen eines Notgroschens für Zeiten der Arbeitslosigkeit zu erziehen 57. Außerdem richteten die Kommunen Pfandleihhäuser ein, die den Arbeiterfamilien in Notzeiten die Möglichkeit boten, zum Lebensunterhalt benötigte kleine Bargeldbeträge gegen die Verpfändung von Sachwerten zu erlangen. Das benötigte Kapital wurde dem Pfandhaus in der Regel durch die örtliche Sparkasse gegen Verzinsung zur Verfügung gestellt58. Auch in Worms hatte man im Jahr 1839 eine Sparkasse »als städtische Anstalt mit Gewähr der Gemeinde Worms« gegründet59. Nach dem ersten Geschäftsjahr zählte sie 314 Einleger, im Jahr 1874 waren es bereits knapp 4 000. Im Vergleich zu anderen Städten war die Zahl der Wormser Einleger bei der Städtischen Sparkasse allerdings nicht sehr hoch. Dies hing vermutlich damit zusammen, dass die größeren Fabriken werkseigene Sparkassen für ihre Arbeiter eingerichtet hatten. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts, unter dem Druck der rasch wachsenden Stadtbevölkerung und angeregt durch die öffentliche Diskussion der Sozialreformer sowie durch die rasch fortschreitenden Erkenntnisse in Medizin und Hygiene, bildete sich innerhalb von zwei bis drei Jahrzehnten bis zum Vorabend des Ersten Weltkriegs ein vielfältiges System von kommunalen sozialpolitischen Einrichtungen heraus, wobei der Gedanke der Almosengewährung zunehmend in den Hintergrund trat und sich ein Rechtsanspruch auf bestimmte kommunale Leistungen im Fall von unverschuldeter Armut herausbildete. Bei dieser Entwicklung machte die Stadt Worms keine Ausnahme. Doch zunächst begann man hier in den 1880er Jahren mit Neuerungen auf dem Gebiet, das man bereits kannte. Man wollte das vorhandene System der Armenfürsorge grundlegend neu ordnen. Als Folge der raschen Zunahme der Wormser Bevölkerung erwies sich die alte Armenordnung von 1865 als nicht mehr zweckmäßig. Die Reform der 1880er Jahre ist eng mit dem Namen von Dr. Georg Schmidt verbunden. Der 1857 in Groß-Gerau geborene Jurist wirkte von 1886 an in Worms, wo er 1888 zum besoldeten Beigeordneten gewählt wurde. Im selben Jahr trat die von ihm ausgearbeitete neue Armenordnung in Kraft. Grundprinzip war eine Individualisierung der Armenpflege, indem, angelehnt an das so genannte Elberfelder System, den ehrenamtlichen Pflegern nicht mehr als vier hilfsbedürftige Parteien zugeteilt und die Zahl der Bezirksvorsteher erhöht wurden60. Dr. Georg Schmidts Ruf als erfolgreicher Sozialreformer drang über die Stadtgrenzen von Worms hinaus, denn im Jahr 1894 holte man ihn als besoldeten Beigeordneten nach

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Mainz, offenbar mit dem Auftrag, auch hier das Armenwesen zu modernisieren, was er auch umgehend in Angriff nahm. Für die Wormser Kommunalpolitik war sein Weggang ein Verlust. Schmidt beschränkte seine Reformideen nicht auf die Organisation der Armenfürsorge, sondern machte sich in den darauf folgenden 15 Jahren reichsweit einen Namen mit der wegweisenden Schaffung der Frühform eines Jugendamtes in Mainz, das bereits wichtige Elemente der Jugendfürsorgereform der Weimarer Republik vorwegnahm61. Angesichts der seit der Gründerkrise immer wiederkehrenden Konjunktureinbrüche, begleitet von Massenarbeitslosigkeit, hatte sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts allerdings überall die Erkenntnis durchgesetzt, dass nicht die Erwerbslosen selbst, sondern die Konjunkturzyklen an der Arbeitslosigkeit die Schuld trugen. Und man erkannte, dass mit dem Mittel der Armenunterstützung allein die Not der Bevölkerung in Krisenzeiten nicht wirksam beseitigt werden konnte. In allen größeren Städten suchten die politisch Verantwortlichen nach Wegen, um die Arbeiterfamilien wirtschaftlich besser abzusichern. Unter dem Handlungsdruck entwickelten sich die so genannten »Arbeiterschutzanstalten«, nämlich städtische Arbeitsvermittlungsstellen, Gewerbegerichte, Rechtsberatungsstellen und an einigen Orten auch erste Systeme der Arbeitslosenfürsorge62. Hierbei agierte nicht jede Kommune für sich, sondern es gab einen regen Erfahrungsaustausch zwischen den Städten. So war Worms einerseits über den hessischen Städtetag mit den übrigen größeren Gemeinwesen des Großherzogtums vernetzt. Darüber hinaus war sie in Zusammenschlüsse wie den »Verband deutscher Gewerbegerichte« oder den 1898 gegründeten »Verband der öffentlichen Arbeitsvermittlungsstellen der Rhein- und MainGegend« eingebunden 63. So wurde auch in Worms 1894 in der Stadtverordnetenversammlung über die Einrichtung einer städtischen Arbeitsnachweisstelle diskutiert. Man hatte sich in anderen Städten kundig gemacht und den Sinn einer solchen Institution erkannt. Die Entscheidung darüber wurde jedoch zurückgestellt, da die Wormser Stadtverordneten zunächst die Eröffnung des Gewerbegerichts abwarten wollten64. Die Satzung für das Wormser Gewerbegericht, das auf der Grundlage des »Gesetzes über die Einführung von Gewerbegerichten« vom 28. Juni 1890 initiiert worden war, wurde 1894 genehmigt. Im Sommer 1894 fanden die Wahlen der Beisitzer statt. Zu wählen waren 18 Arbeitgeber- und 18 Arbeitnehmer-Vertreter. Dies war das Besondere an den Gewerbegerichten: erstmals war die Arbeitnehmerschaft hier in einem Gremium gleichberechtigt vertreten. Deshalb waren diese Schiedsinstanzen auch bei den Arbeitern stark akzeptiert, da sie das Gefühl hatten, hier wirklich zu ihrem Recht zu kommen 65. Das Wormser Gewerbegericht nahm am 10. Mai 1895 seine Tätigkeit auf66. Wie die Verwaltungsrechenschaftsberichte der folgenden Jahre zeigen, wurde die neue Einrichtung in steigendem Maße in Anspruch genommen, wobei stets der weitaus größte Teil der Klagen von Arbeitnehmern eingereicht wurde. Meist handelte es sich um Klagen wegen Nichteinhaltung der Kündigungsfrist seitens des Arbeitgebers oder wegen rückständiger Löhne. Mehr als die Hälfte der Fälle konnte in der Regel durch einen Vergleich beigelegt werden 67. Besonders vorteilhaft für die klagenden Arbeiter war, dass über 80 Prozent der Fälle innerhalb von einer Woche erledigt wurden und dass keine Partei sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen durfte, den sich die

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Arbeiter ohnehin nicht hätten leisten können. So trugen die Gewerbegerichte in hohem Maße zu sozialem Frieden und Gerechtigkeit in Arbeitsstreitigkeiten bei. Kurz nach Eröffnung des Gewerbegerichts kam es dann auch zur Schaffung der Städtischen Arbeitsnachweisstelle Worms, die am 1. September 1896 ihre Tätigkeit aufnahm. In den darauf folgenden Jahren stieg die Zahl der Anfragen und der Vermittlungen kontinuierlich an. Der Einrichtung war auch eine »Weibliche Abteilung« angegliedert, die von einer Frau, Witwe Straub, geleitet wurde68. Hier wurden in erster Linie Dienstmädchen vermittelt. Diese Aufgabe wurde von den öffentlichen Arbeitsnachweisstellen vor allem übernommen, um das weibliche Hauspersonal vor den zahlreichen privaten Vermittlerinnen zu schützen, die besonders die jungen Mädchen vom Land, die ohne Erfahrung in die Städte kamen, meist schamlos finanziell ausbeuteten69. Um den Erfahrungsaustausch mit anderen Arbeitsämtern der Region zu pflegen, nahmen Vertreter aus Worms an den Zusammenkünften des »Verbandes der öffentlichen Arbeitsvermittlungsstellen der Rhein- und Main-Gegend« teil. So ist die Anwesenheit des Leiters des Wormser Arbeitsnachweises bei der IV. Verbandstagung in Wiesbaden am 18. Juni 1900 belegt70. Bei der V. Konferenz des Verbandes am 14. Juni 1902 fungierte die Stadt Worms als Gastgeberin; den Vorsitz übernahm Oberbürgermeister Köhler persönlich71. Auch die Möglichkeit einer kommunalen Versicherung gegen Arbeitslosigkeit war bereits 1894/95 in der Stadtverordnetenversammlung diskutiert worden. Dabei erschien den Wormser Stadtvätern das in der Stadt Bern praktizierte Modell nachahmenswert. Allerdings wollte man vorerst keine Beschlüsse fassen, sondern hielt in dieser Frage eine Reichsgesetzgebung für notwendig72. Im Kaiserreich kam es jedoch nicht mehr zu einer gesetzlichen Absicherung der Arbeitslosen. Nur wenige Städte, darunter Mainz, führten bis zum Ersten Weltkrieg eine kommunale Bargeld-Unterstützung nach dem Genter oder Straßburger System ein, nachdem man zuvor einige Jahre lang den Arbeitslosen in den Wintermonaten »Notstandsarbeiten« angeboten hatte. Für die betroffenen Arbeiter bestand neben der finanziellen Hilfe der entscheidende Vorteil dieser Regelungen darin, dass sie nicht mit den als ehrenrührig empfundenen Nachteilen der Armenunterstützung verknüpft waren. Empfänger von Armenunterstützung verloren im Kaiserreich einen Teil ihrer bürgerlichen Rechte und durften zum Beispiel nach deren Empfang zwei Jahre lang nicht wählen. Die meisten Städte fürchteten jedoch im Fall einer kommunalen Arbeitslosenunterstützung eine finanzielle Überforderung ihres Haushalts in Zeiten schwerer Wirtschaftskrisen73. Auch in Worms konnte man sich zu ihrer Einführung nicht entschließen. Hier mag zur zögerlichen Haltung der Stadtverordnetenversammlung die besondere Struktur der örtlichen Wirtschaft beigetragen haben. Die dominierenden Großunternehmen der Lederindustrie trafen z. B. mit dem Wartegeld sowie mit betrieblichen Darlehen und Sparkassen selbst Vorsorge für ihre Beschäftigten in Zeiten schwacher Konjunktur und entbanden damit die Stadtverwaltung von einem Teil der Verantwortung für die örtlichen Erwerbslosen74.

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Städtische Wohnungsfürsorge Ein weiteres neues Tätigkeitsfeld kam Ende des 19. Jahrhunderts auf die Kommunen zu: die Pflichtaufgabe der Wohnungsfürsorge. Hierbei ist bemerkenswert, dass das Großherzogtum Hessen als kleiner Flächenstaat ohne schwerindustrielle Ballungszentren den Vorreiter bei der Gesetzgebung zur Wohnungsfürsorge im Deutschen Reich spielte und dass die Initiative zu den zwei entscheidenden hessischen Gesetzen, die anschließend die Gesetzgebung in allen anderen deutschen Einzelstaaten stark beeinflussten und beschleunigten, vom Inhaber der zweitgrößten Wormser Lederfabrik, dem nationalliberalen Abgeordneten der Zweiten Kammer des hessischen Landtags, Andreas Reinhart, ausging. Zwar hatte u. a. die Handelskammer bereits 1871 darauf hingewiesen, dass es in Worms an kleinen, preiswerten Wohnungen für die Arbeiter fehle und dass die vorhandenen Wohnungen bei weitem nicht alle gesund genannt werden könnten. Ein Teil sei direkt an die Stadtmauer gebaut und daher ohne genügendes Licht; ein Teil sei in einer solch tiefen Lage nahe dem Grundwasser errichtet, dass die Bewohner häufig erkrankten, z. B. an Skrofulose75. Doch erst unter dem Druck der stark angewachsenen Arbeiterbevölkerung gegen Ende des Jahrhunderts wurde die Zuständigkeit des Staates und der Kommunen in dieser Frage öffentlich diskutiert. Auf Initiative des Abgeordneten Andreas Reinhart ließ das Darmstädter Innenministerium in den Städten und größeren Ortschaften des Großherzogtums im Jahr 1890 eine statistische Erhebung über die Arbeiterwohnverhältnisse vornehmen 76. Dabei wurden in Worms 1 604 Arbeiterwohnungen einbezogen, die von 7 428 Personen (Kinder unterhalb des Schulalters nicht eingerechnet) bewohnt wurden (zusammen mit den nicht gezählten Kindern unter sechs Jahren schätzte man die Bewohnerzahl auf etwa 10 400). Es handelte sich um 339 Wohnungen mit nur einem Zimmer, 954 Wohnungen mit zwei und 311 Wohnungen mit drei Zimmern. 1 368 der Wohnungen hatten eine Küche, nur 495 waren mit einer Wasserleitung ausgestattet. 425 Wohnräume wurden als feucht, dumpf und ungesund beurteilt, 103 als zu klein und überfüllt 77. Im gesamten Großherzogtum ergab die Erhebung, dass die Arbeiterwohnungen »zu einem sehr erheblichen Bruchteil den im Interesse der Gesundheit zu stellenden Anforderungen nicht genügten«78. Die Wormser Stadtverwaltung schloss daraus, dass »deshalb der Erlaß von Bestimmungen zur Verhütung ungesunden Wohnens als ein unerläßliches Bedürfnis angesehen werden« müsse79. Die Darmstädter Staatsregierung verschloss sich dieser Einsicht nicht, sondern erließ als Konsequenz aus den Ergebnissen der Wohnungserhebung das »Gesetz über die Beaufsichtigung von Mietwohnungen und Schlafstellen« vom 1. Juli 1893. Es schrieb für alle Gemeinden mit mehr als 5 000 Einwohnern eine Wohnungsinspektion vor. Bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes wurde man in Worms aktiv. Im Herbst 1892 beschloss die Stadtverordnetenversammlung, nochmals eine genaue Wohnungsaufnahme durchzuführen, wobei die Erhebungsbögen (»Wohnungs-Karten«) diesmal der Vergleichbarkeit wegen mit den Städten Darmstadt, Mainz, Offenbach und Gießen abgestimmt wurden80. Mit der Aufgabe der anschließenden regelmäßigen »polizeilichen Beaufsichtigung der kleinen Wohnungen« wurden zunächst die Armenärzte betraut, die sie zusammen mit

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der Ortspolizei ausübten. In Worms wurde wegen dieser Mehrbelastung ein zweiter Armenarzt, der praktische Arzt Dr. Heinrich Loß, bestellt 81. Im Wohnungsbeaufsichtigungsgesetz waren die regelmäßige straßenweise Kontrolle aller kleinen Mietwohnungen mit bis zu drei Räumen (einschließlich Küche) in einem Turnus von zwei Jahren sowie die Besichtigung bei allen Mieterwechseln vorgesehen. Darüber hinaus sollten auch alle an Untermieter einzeln vermieteten Schlafräume sowie Schlafplätze, die meist von Gesellen, Lehrlingen, Gehilfen und Dienstboten genutzt wurden, überwacht werden. Gerade beim »Schlafgängerwesen« gab es gravierende Missstände. Oft stand den Mietern solcher Schlafplätze nicht einmal ein eigenes Bett zur Verfügung, sondern sie mussten es sich zu zweit teilen. Den Armenärzten war es wegen des großen Umfangs dieser Fülle von Aufgaben nicht möglich, alle vorgeschriebenen Besichtigungen vorzunehmen, und nach kurzer Zeit wurde diese Arbeit der Ortspolizei überlassen, die sie ebenfalls nur nebenbei erledigte. Oft fanden Kontrollen nur noch bei einem Mieterwechsel sowie aufgrund von Beschwerden statt. Deshalb entschloss sich die Wormser Verwaltung, die Wohnungsaufsicht von Armenamt und Ortspolizei zu trennen und einen eigenen hauptamtlichen Wohnungsinspektor mit dieser Arbeit zu betrauen82. Im Fall von Mietstreitigkeiten wurde zusätzlich die 1907 eingerichtete städtische Rechtsauskunftsstelle tätig, die dem Sekretariat des Gewerbegerichts angegliedert war. So erteilte diese im Jahr 1910 in 197 Fällen mündliche Auskünfte und konnte »eine ganze Reihe von Vergleichen und Einigungen zwischen Vermietern und Mietern« herbeiführen83. Unterstützt wurde der Wohnungsinspektor außerdem durch mehrere ehrenamtlich tätige Mitarbeiterinnen, die bald weitere Aufgaben übernahmen84. So berichtet die Stadtverwaltung über das Jahr 1910: »Sowohl in der Wohnungspflege, wie auch in der Tuberkulosen- und Säuglingsfürsorge, wirken unsere im Ehrenamte gewonnenen weiblichen Wohnungsinspektorinnen mit, die vorzugsweise in Armenvierteln herumkommen und in vielen Fällen auf Verbesserungen und Beseitigungen von Mißständen hinarbeiten«85. Nur in ganz gravierenden Fällen wurde von der städtischen Wohnungsinspektion zum Mittel der Schließung einer ungeeigneten Wohnung gegriffen. Meist nahm man davon Abstand, da keine geeignete preiswerte Ersatzwohnung für die ausgewiesenen Mieter zur Verfügung stand. So steht im Bericht für 1910 zu lesen: »Die größten Schwierigkeiten ergaben sich bei der Räumung überfüllter Wohnungen, da hier meistens Familien mit großer Kinderzahl in Betracht kommen, denen es schwer fällt, eine passende Wohnung zu finden, zumal die Vermieter derartig großen Familien nicht gerade freundlich gegenüberstehen«86. Damit ist ein Problem angesprochen, auf das seit Inkrafttreten des hessischen Wohnungsbeaufsichtigungsgesetzes bürgerliche Sozialreformer immer wieder aufmerksam gemacht hatten. So schrieb Karl Hugo Lindemann 1901: »Zwei außerordentliche Mängel des Gesetzes springen auf den ersten Blick in die Augen. Das Gesetz bestimmt nicht, unter welchen Umständen die Wohnungen als gesundheitsschädlich zu bezeichnen sind, und es fehlt jede Andeutung einer positiven Wohnungsfürsorge, wenn es an unbeanstandeten Wohnungen fehlt«87. Auch der Großherzoglich-hessische Städtetag nahm sich früh dieser Frage an. Wie Bürgermeister Köhler auf dem VIII. hessischen Städtetag am 30. November 1899 in Bingen88

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ausführte, hatte man im Großherzogtum zunächst darauf gebaut, mit Hilfe von Wohnungsnachweisen »das Auffinden der kleineren Wohnungen zu erleichtern« 89. So war der erste Wohnungsnachweis, der dem Arbeitsnachweis angegliedert war, 1893 in Darmstadt ins Leben gerufen worden. 1897 folgte als zweite Stadt mit einer solchen Einrichtung Worms90. Köhler führte weiter aus: »Wohnungsinspektion und Wohnungsnachweis beseitigen aber jedenfalls die Thatsache nicht, daß in unseren Städten billige und den Grundsätzen der Hygiene entsprechende, geeignete Wohnungen nicht in genügender Zahl vorhanden sind. Daß die Privatbauthätigkeit nicht im Stande ist, diesem Mangel abzuhelfen, hat sich zur Genüge gezeigt, und es ist kein Zweifel mehr, daß es Aufgabe der städtischen Verwaltungen ist, diesem Mangel ein ganz besonderes Augenmerk zuzuwenden und auf thunlichste Abhülfe hinzuwirken und zwar nicht nur durch Anregung auf diesem Gebiet, sondern durch eigene Theilnahme an den diesbezüglichen Bestrebungen und finanzielle Unterstützung derselben«. Er führte dann das Wormser Beispiel an: »Ende des Jahres 1897 wurde in Worms eine Actiengesellschaft zur Erbauung billiger Wohnungen, namentlich zum Besten von Arbeitern, gegründet. Zweck der Gesellschaft ist der Bau von Häusern mit kleineren Wohnungen, der Ankauf und die Herrichtung bereits vorhandener Häuser zu demselben Zweck, der Erwerb und die Pachtung des nöthigen Baugeländes, sowie der Verkauf und die Vermiethung der so geschaffenen Wohnungen zu billigen Preisen an Unbemittelte, insbesondere an Arbeiter. An dem Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von 200 000 Mark ist die städtische Sparkasse mit einem Betrag von 40 000 Mark als Aktionärin betheiligt. Der Bürgermeister der Stadt Worms ist stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsraths. (…)« 91. Nach knapp zwei Jahren hatte die Aktiengesellschaft bereits dreißig Häuser mit 78 Wohnungen errichtet, die von rund 500 Personen bewohnt wurden. Alle Wohnungen waren mit Keller, Speicher und einem größeren Garten ausgestattet, die Einrichtung eines Kindergartens sowie von Spiel- und Turnplätzen war geplant. Die Jahresmiete betrug für Wohnungen mit zwei Zimmern und Küche 120 bis 165 Mark, für Wohnungen mit drei Zimmern und Küche 190 bis 250 Mark92. Die Überzeugung der Wormser Kommunalpolitiker, dass die Städte selbst aktiv zur Lösung der Wohnungsfrage beitragen müssten, wurde jedoch längst nicht von allen Politikern im Großherzogtum Hessen geteilt. Während von den Mainzer Vertretern die Wormser Position unterstützt wurde, vertrat der Beigeordnete und Baurat Jäger aus Darmstadt zum Beispiel die Meinung, die Städte sollten allenfalls für ihre eigenen Bediensteten Kleinwohnungen bauen. Die Errichtung von Wohnungen auch für andere Bevölkerungskreise sei den Städten hingegen nicht zumutbar, da sie dies zu stark belaste und sie damit außerdem in Konkurrenz zu privaten Bauherren und Genossenschaften träten 93. Angesichts dieser konträren Positionen ließ sich eine eindeutige Empfehlung des hessischen Städtetages von 1899 für einen Kleinwohnungsbau in kommunaler Regie nicht erreichen. Der Mainzer Oberbürgermeister Dr. Heinrich Gaßner schlug deshalb die Verabschiedung einer Resolution mit folgender Kompromissformulierung vor: »Der Städtetag nimmt die Anregungen, welche durch die erstatteten Referate bezüglich Hebung der Wohnungsnot gegeben sind, mit Dank entgegen und sieht es als eine der hervorragenden Aufgaben der Städte an, den bestehenden Mißständen auf dem Gebiete des Wohnungswesens mit allen zulässigen Mitteln abzuhelfen, insbesondere auch durch Einrich-

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tung von Wohnungsämtern oder Unterstützung gemeinnütziger Baugesellschaften oder in geeigneten Fällen durch eigne Bautätigkeit«. Auch im hessischen Landtag wurde die Förderung des Kleinwohnungsbaus beraten. Wieder ging die entsprechende Gesetzesinitiative von dem Wormser Abgeordneten Reinhart, Mitglied der Zweiten Kammer, aus. Unterstützung fand er in der Ersten Kammer durch den Freiherrn von Heyl. Das »Gesetz betreffend die Wohnungsfürsorge für Minderbemittelte« wurde am 7. August 1902 als Ergänzung zum »Wohnungsbeaufsichtigungsgesetz« erlassen. Es forderte die Kommunen auf, entweder preiswerte Kleinwohnungen selbst zu bauen oder gemeinnützige Bauvereine tatkräftig zu unterstützen 94. Obwohl die Vertreter der Stadt Worms auf dem hessischen Städtetag und bei anderen Gelegenheiten immer wieder auf den Mangel an preiswerten Kleinwohnungen hingewiesen hatten, schreckten die Stadtväter auch hier offenbar vor den Kosten eines rein kommunal finanzierten Kleinwohnungsbaus in größerem Umfang zurück. Hinzu kam der massive Widerstand der Hausbesitzer, die als Folge des im Großherzogtum gültigen ungleichen Wahlrechts stets stark in den Stadtverordnetenversammlungen vertreten waren. Bis zum Ersten Weltkrieg verließ man sich daher in Worms auf die Bautätigkeit der kommunal unterstützten Aktiengesellschaft als Ergänzung zum privaten und betrieblichen Wohnungsbau. Lediglich für ihre eigenen Bediensteten ließ die Stadt zwischen 1904 und 1913 eine Reihe von Wohnhäusern in der Textor-, der Kyffhäuser- und der Gibichstraße errichten95. Die Stunde des kommunalen Wohnungsbaus im großen Stil sollte in Worms, wie in fast allen deutschen Städten, erst in den Jahren der Weimarer Republik schlagen96.

Städtische Gesundheitsfürsorge In engem Zusammenhang mit der Wohnungsfürsorge wurde in den letzten drei Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg auch in Worms der Ausbau der städtischen Gesundheitsfürsorge und Stadthygiene vorangetrieben. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts hatten Ärzte und bürgerliche Sozialreformer, die Organisationen wie den 1873 gegründeten »Deutschen Verein für öffentliche Gesundheitspflege« ins Leben gerufen hatten, angesichts des raschen Bevölkerungswachstums und der unzureichenden Stadthygiene in den Arbeiterwohnvierteln immer wieder vor der Ausbreitung von Seuchen wie Cholera, Typhus und Tuberkulose gewarnt und staatliches Handeln gefordert. Auf Grund von Fortschritten und Entdeckungen in der Medizin waren inzwischen Kenntnisse über die Ursachen und Erreger dieser »Volkskrankheiten« sowie über Möglichkeiten der Prophylaxe verbreitet97. Wie überall in Deutschland, stellte die Lungentuberkulose, damals meist als Schwindsucht bezeichnet, auch in Worms um 1900 noch immer die häufigste Todesursache dar. Von den Verstorbenen im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 60 Jahren erlag in Deutschland damals etwa jeder Dritte dieser Krankheit98. Doch auch viele Kinder starben an tuberkulösen Erkrankungen. Die Wormser Stadtverordnetenversammlung hatte erst-

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mals 1893 auf Vorschlag von Oberbürgermeister Küchler den Bau einer städtischen Heilanstalt für Lungenkranke diskutiert, die am Felsberg im Odenwald entstehen und aus dem Hospitalbaufonds finanziert werden sollte. Stadtbaumeister Hofmann wurde bereits mit der Planung beauftragt. Aus finanziellen Gründen wurde das Projekt jedoch auf die lange Bank geschoben; eine Mehrheit der Stadtverordneten vertrat die Auffassung, eine solche Einrichtung könne nicht Aufgabe der Stadt sein. Das Thema erledigte sich, als die Invaliditäts- und Altersversicherungsanstalt in Darmstadt 1896 den Bau einer Heilstätte ankündigte 99. Doch der Kampf gegen die Tuberkulose blieb auch in Worms weiterhin ein wichtiges Thema. Unter dem Protektorat der Großherzogin Viktoria Melita wurde im April 1900 ein nach der Schirmherrin benannter Heilstättenverein ins Leben gerufen, dessen Vorstand auch der Wormser Oberbürgermeister Köhler angehörte. Bereits wenige Monate später, am 21. November 1900, berief man in Worms eine Versammlung im Festhaus ein mit dem Ziel, eine Ortsgruppe des Viktoria-Melita-Vereins für den Kreis Worms zu gründen. Bei der Zusammenkunft, zu der sich 600 bis 700 Personen einfanden, hielt nach der Begrüßung durch Oberbürgermeister Köhler der Leiter des städtischen Krankenhauses, Professor Dr. Lothar Heidenhain, einen Vortrag über »Die Tuberkulose als Volksseuche«, der auch in der Wormser Zeitung abgedruckt wurde. Die Stadt Worms trat dem neuen Verein als Mitglied bei und leistete einen Jahresbeitrag von 100 Mark 100. In den Folgejahren nutzte man auch das Instrument der Wohnungsbeaufsichtigung, um in der Bekämpfung der Schwindsucht voranzukommen. So wurde im Jahr 1910 bei der Wohnungsinspektion ein Schwerpunkt auf die Überprüfung von Wohnungen mit Tbc-Kranken gelegt. Dabei wurde vor allem auf Aufklärung und Belehrung der Kranken und ihrer Familien gesetzt. In vielen Fällen wohnten Tuberkulose-Patienten mit ihren Ehepartnern und Kindern in einem einzigen Zimmer. Der Wohnungsinspektor versuchte darauf hinzuwirken, dass der Kranke zumindest alleine in einem Bett schlief. Wenn irgend möglich, wurde die Familie veranlasst, in eine größere Wohnung umzuziehen, sodass der Kranke ein eigenes Zimmer erhielt. In schweren Fällen sollten die Kranken ins Krankenhaus oder eine Heilstätte eingewiesen werden. Eine wichtige Rolle bei dieser Aufklärungsarbeit fiel den ehrenamtlichen Wohnungsinspektorinnen zu, die regelmäßig eine große Zahl von Wohnungen vor allem in den Arbeitervierteln aufsuchten 101. 1911 eröffnete die Stadt Worms eine eigene Auskunfts- und Fürsorgestelle für Lungenkranke102. Die bis 1914 erzielten Erfolge bei der Bekämpfung der Tuberkulose wurden allerdings durch die ungünstigen Ernährungs- und Wohnverhältnisse während des Krieges und in den ersten Nachkriegsjahren zum Teil wieder zunichte gemacht. Einen großen Fortschritt in der Gesundheitsversorgung der Wormser Bevölkerung stellte der Bau des neuen städtischen Krankenhauses dar, das am 13. Oktober 1888 eingeweiht werden konnte. Es war auf einem Grundstück aus dem Besitz des Hospitalfonds im Anschluss an die Nordstadt durch den Architekten und späteren Stadtbaumeister Karl Hofmann im Pavillonstil, ganz im Trend der Zeit, errichtet worden und ersetzte das alte Bürgerhospital in der Hardtgasse/Ecke Martinsgasse, in dem völlig unzureichende hygienische und medizinische Zustände geherrscht hatten 103. Im Jahr 1891 übernahm Prof. Dr. Fritz Bessel-Hagen die Leitung des neuen Hauses. Damit war Worms die erste links-

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rheinische Stadt zwischen Bonn und Straßburg, die einen Fachchirurgen in ihrer Klinik beschäftigte. Im Jahr 1897 erhielt Bessel-Hagen einen Ruf an das neue Krankenhaus in Charlottenburg. Zu seinem Nachfolger in Worms wurde Prof. Dr. Heidenhain bestellt. Die Medizin entwickelte sich in jener Zeit so rasch weiter, dass das städtische Krankenhaus zehn Jahre nach Eröffnung schon nicht mehr allen Anforderungen genügte. Der neue Leiter trieb den weiteren Ausbau voran. Er schaffte in den folgenden Jahren Röntgengeräte an und ließ u. a. die Operationsräume modernisieren, Sterilisationsräume einrichten, eine Kinder- und eine Männerbaracke errichten und eine Zentralheizungsanlage bauen. Zunehmend zeigte sich allerdings, dass nur ein großer Neubau den Erfordernissen einer modernen Klinik des 20. Jahrhunderts gerecht werden könne, doch wegen des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs wurden alle entsprechenden Pläne zurückgestellt104. Eine wichtige Einrichtung des 1888 fertig gestellten neuen Krankenhauses war die aus Holz errichtete Isolierbaracke. Die in den 1860er und 1870er Jahren in Deutschland gehäuft auftretenden Cholera- und Typhusepidemien hatten in allen Städten angesichts der immer rascher zunehmenden Bevölkerungsdichte große Angst vor Seuchen verbreitet. Die Städteordnung des Großherzogtums Hessen von 1874 schrieb überall die Schaffung von Ortsgesundheitsräten vor, die sich u. a. regelmäßig mit der Seuchenprophylaxe befassten. Besonders die große Cholera-Epidemie vom Spätsommer 1892 in Hamburg 105 löste überall fast panikartige Reaktionen aus. So wurden in Worms, wie auch in anderen Städten, durch den Ortsgesundheitsrat sofort umfangreiche Vorschriften erlassen und Vorbeugungsmaßnahmen für den Fall der Ausbreitung der Seuche ergriffen. Dazu zählten die Kontrolle von Reisenden und die Einrichtung von Quarantänestationen für möglicherweise infizierte Personen106. Langfristig konnte gegen Seuchen jedoch nur eine massive Verbesserung der Hygienebedingungen in der Stadt helfen. Dazu zählten neben modernen Krankenhäusern und Friedhöfen vor allem die Versorgung der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser und eine effektive Abwasser- und Abfallbeseitigung. 1889 wurden das städtische Gaswerk und das Wasserwerk in der Klosterstraße fertig gestellt, sodass nun nach und nach alle Wohnhäuser der Innenstadt mit Haushaltsgas versorgt werden und einen Wasseranschluss erhalten konnten107. Dies erforderte hohe städtische Investitionen nicht nur für die notwendigen Bauwerke und technischen Anlagen, sondern auch für das Verlegen der Rohrleitungen. Nach schlechten Erfahrungen mit der Verpachtung des alten Gaswerks hatte sich die Stadt entschlossen, beide neuen Werke in eigener Regie zu betreiben 108. Besonders für die erwerbstätigen Arbeiterfrauen bedeutete die Versorgung mit Haushaltsgas eine große Arbeitserleichterung. Sie konnten nun, wenn sie nach einem in der Regel zehn- bis elfstündigen Arbeitstag nach Hause kamen, innerhalb kurzer Zeit ein warmes Essen für die Familie zubereiten, ohne vorher den Kohlenherd mühsam anzuheizen. Das Trinkwasser hatte die Bevölkerung bisher aus öffentlichen oder privaten Pumpbrunnen erhalten, wobei die Wasserqualität oft Grund für Beanstandungen gegeben hatte. Da Quellwasser in ausreichenden Mengen fehlte, entnahm das Wormser Wasserwerk das Wasser in 1,5 Metern Tiefe unter der Stromsohle aus dem Rhein. Neue Filtertechniken ermöglichten die Herstellung von einwandfreiem Trinkwasser. Allerdings gab

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es öfters Probleme bei Hoch- oder Niedrigwasserständen. Als die Stadt Mannheim begann, ihre Abwässer und Fäkalien ungeklärt in den Rhein einzuleiten und die weiter stromabwärts gelegenen Städte vergeblich dagegen protestierten, entschloss sich die Stadt Worms, nun doch ein Grundwasserwerk auf dem rechten Rheinufer im Bürstädter Wald zu errichten, wie es bereits einige Jahre zuvor erwogen, aus Kostengründen jedoch verworfen worden war109. Die jetzige Entscheidung für diese Lösung war auch dadurch möglich geworden, dass die Leitungsrohre nun an der Unterseite der inzwischen vorhandenen Straßenbrücke über den Rhein geführt werden konnten. Im Oktober 1905 wurde das Bürstädter Wasserwerk in Betrieb genommen 110. 1902 wurde auf der Hochheimer Höhe der neue städtische Friedhof eröffnet. Der Bau eines den neuesten Hygieneanforderungen genügenden Schlachthofes erfolgte in Worms im Vergleich zu benachbarten Städten sehr spät. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts wurde hier mitten in der Altstadt in veralteten Anlagen, die man immer wieder notdürftig erweitert hatte, geschlachtet. Der neue Schlachthof entstand nach jahrelangen Erörterungen ab 1908 außerhalb des bebauten Stadtgebietes mit direktem Bahnanschluss auf einem großzügig bemessenen Gelände des verschlossenen Wörth, das allerdings erst aufgeschüttet werden musste. Die Einweihung fand im August 1912 statt 111. Mit der Verlegung von Wasserleitungen im Stadtgebiet war es möglich geworden, nun auch Volksbäder einzurichten. Diese Maßnahme bedeutete in allen deutschen Städten einen nicht zu unterschätzenden hygienischen Fortschritt, da die meisten Arbeiterwohnungen noch nicht mit Badezimmern ausgestattet waren. Doch bei diesem Vorhaben ließ man sich in Worms viel Zeit; wegen dringender anderer Projekte wurde ein dementsprechender Antrag des Freiherrn Heyl zu Herrnsheim und des Stadtverordneten Jochem 1900/1901 zurückgestellt112. Man verwies die Bevölkerung zunächst auf die Rheinbadeanstalten, die allerdings nur von Mai bis September geöffnet waren. Neben der Garnisonsschwimmanstalt und zwei privaten Rheinbädern richtete die Stadt ein Männerfreibad und ein Frauenfreibad im Rhein ein113. Für eine Übergangszeit stand dann die Badeanstalt im städtischen Krankenhaus, wo jedoch nur vier Wannen mit Duschen bereitstanden, der Öffentlichkeit ganzjährig zur Verfügung 114. Darüber hinaus verließ sich die Stadt lange Zeit auf die Initiative von privater Seite. So gab es je eine Privatbadeanstalt in der Ludwigstraße, der Schillerstraße und der Seminariumsgasse mit Wannenbädern und Duschen. Außerdem standen entsprechende Einrichtungen für die eigene Arbeiterschaft in der Lederfabrik C. Heyl, der Lederfabrik Doerr & Reinhart, der Kunstwollfabrik W. J. D. Valckenberg und der Rußbrennerei C. Hisgen, ebenso im städtischen Gas- und Wasserwerk, im städtischen Hafenamt und in der städtischen Pferdehaltung zur Verfügung115. Es sollte bis Dezember 1910 dauern, bevor in Worms eine zentral in der Stadt gelegene öffentliche Badeanstalt, das Cornelianumsbad im Rathaus, aufmachte. Es war mit sechs Wannen und zehn Duschen ausgestattet. In den ersten Monaten bis zum Ende des Rechnungsjahres am 31. März 1911 wurden 5 406 Wannenbäder und 6 455 Brausebäder in Anspruch genommen. Ein Wannenbad mit Handtuch und Seife kostete 30 Pfennige (ohne Handtuch und Seife 20 Pfg.), ein Brausebad einschließlich Handtuch und Seife 10 Pfg. Die öffentliche Badeanstalt im Krankenhaus, deren Besuch stark zurückgegangen war, wurde nun geschlossen 116.

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Kinder- und Jugendfürsorge Konnte sich die Stadtverwaltung Worms erst spät zur Einrichtung von öffentlichen Volksbädern für die erwachsene Bevölkerung entschließen, so sorgte sie sich schon viel früher um die Hygiene der Schuljugend. Ab den 1890er Jahren wurden die Volksschulhäuser mit Brausebädern ausgestattet, in denen die Schulkinder, streng nach Mädchen und Jungen getrennt und in züchtiger Badebekleidung, in der Regel einmal wöchentlich klassenweise Gelegenheit zur Körperreinigung erhielten. Die im September 1891 fertig gestellte Neusatzschule verfügte von Anfang an im Keller über Brausebäder117. Nach und nach wurden auch die bereits 1876 erbaute Karmeliterschule sowie alle in der Folgezeit neu errichteten oder umgebauten Volksschulhäuser mit entsprechenden Einrichtungen ausgestattet118. Überhaupt erhielt der Ausbau der Schulhygiene sowie der Kinder- und Jugendfürsorge allgemein in den letzten drei Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg auch in Worms immer mehr Gewicht. Auf Grund der demographischen Entwicklung nahm die Zahl der Kinder rasch zu, und es musste innerhalb kurzer Zeit eine Reihe neuer Schulhäuser gebaut werden. 1891 wurde die Neusatzschule fertig gestellt, die 21 Klassensäle umfasste und in einen Knaben- und einen Mädchentrakt unterteilt war. 1894 wurde das Gebäude des Amtsgerichts in der Wollstraße zur Augustinerschule umgebaut. Es folgte im Jahr 1900 im südöstlichen Teil der Stadt der Neubau der Nibelungenschule, die 1911 nochmals erheblich erweitert wurde. Die Einweihung der Westendschule, die den Ruf eines Musterschulhauses hatte, erfolgte 1904119. 1906 war der Umbau der Hagenschule, zuvor für längere Zeit als Höhere Mädchenschule genutzt, zu einer weiteren Volksschule abgeschlossen120. Diesen hohen Bedarf an Schulraum sollen einige Zahlen verdeutlichen: Allein in den zwei Jahrzehnten von 1883 bis 1902 stieg die Zahl der Jungen und Mädchen in den Wormser Volksschulen von rund 2 800 auf 5 100. Gleichzeitig wurde die Zahl der Kinder pro Klasse von durchschnittlich 81 auf 56 abgesenkt, was einen riesigen pädagogischen Fortschritt brachte121. Für die Stadt Worms bedeutete dies jedoch – bei einer Vermehrung der Klassen von 35 auf 95 – die Bereitstellung und Finanzierung von deutlich mehr Schulraum und mehr Lehrkräften, denn die Gehälter der Volksschullehrer mussten damals aus städtischen Mitteln bezahlt werden. Doch nicht alle Stadtverordneten teilten die Reformfreudigkeit der Stadtspitze, und sie versuchten, angesichts der hohen Ausgaben für das kommunale Schulwesen die Notbremse zu ziehen. Am 26. Juni 1903 fasste die Stadtverordnetenversammlung folgenden Beschluss: »Die Stadtverordnetenversammlung hält es in Rücksicht auf die Finanzen der Stadt für dringend geboten, dass bei Neuschaffung von Schulklassen und Lehrerstellen in Zukunft möglichste Zurückhaltung betätigt werde und erklärt, dass sie in Zukunft bei Neuschaffung von Klassen und Lehrerstellen nur dann ihre Zustimmung erteilen werde, wenn ihr das Bedürfnis unzweifelhaft nachgewiesen wird«122. Allerdings ließen die steigenden Schülerzahlen der Stadt keine große Wahl; die Volksschulen mussten weiter ausgebaut werden. Lediglich die Verringerung der Klassenstärke wurde für einige Zeit verlangsamt. Gleichzeitig drängten vor allem die Ärzte auf Verbesserungen im hygienischen und medizinischen Bereich. Die »Schulgesundheitspflege« entwickelte sich um die Jahrhun-

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dertwende zu einem völlig neuen kommunalen Aufgabengebiet. Ein wichtiger Schritt war dabei die Einführung von Schulärzten123. Auf Anregung des Großherzoglichen Ministeriums des Innern und auf Grund der guten Erfahrungen, die man in anderen Städten gemacht hatte, beschloss die Stadt Worms, zum 1. Oktober 1903 drei Ärzte, den Kreisassistenzarzt Dr. med. Otto Fresenius, Dr. med. Ernst Lutz und Dr. med. Theodor Raiser, zu Schulärzten für die Volksschulen zu bestellen und ihnen eine jährliche Vergütung von 500 Mark zu bezahlen. Für die Hilfsklassen (für »schwach befähigte Kinder«), die man zum Schuljahr 1898/99 in der Domdechaneischule eingerichtet hatte, wurde ein eigener Schularzt, Dr. Julius Bayerthal, ernannt, der auch Gutachten über die Aufnahme von Kindern in diese Sonderklassen abzugeben hatte124. Neben den regelmäßigen Reihenuntersuchungen der Kinder und den Berichten über den Gesundheitszustand machten die Ärzte in der Folgezeit auch auf verschiedene Missstände aufmerksam und gaben Anregungen für den Ausbau des Wormser Gesundheitswesens. Ein Problem, auf das die Ärzte stießen, war die starke Verbreitung von Kopfläusen an den Volksschulen, die auf die mangelhaften hygienischen Bedingungen in den meisten Wohnungen zurückzuführen war. Ebenso beklagten sie regelmäßig den schlechten Zustand der Zähne bei den Kindern. Die Stadt beschloss deshalb, eine Zahnklinik für Schulkinder einzurichten, in der sie kostenlos behandelt wurden. Die Eröffnung erfolgte im Jahr 1909 im Haus Sterngasse 4 125. Bereits seit Februar 1889 wurde in Worms in den kalten Wintermonaten ein warmes Frühstück an kränkliche Kinder von bedürftigen Eltern ausgegeben. So wurden von Anfang Januar bis zum 7. März 1891 beispielsweise täglich 157 Kinder bewirtet 126. Im Januar 1900 beschloss die Stadtverordnetenversammlung, die Schulräume täglich mit feuchtem Sägemehl auskehren zu lassen. Eine gründliche Reinigung der Säle, Flure und Aborte war zweimal wöchentlich vorgesehen127. Zuvor war nur zweimal wöchentlich feucht ausgekehrt worden; man kann sich ausmalen, dass es bei über 60 Kindern pro Klasse mit der Hygiene in den Schulsälen und Toiletten nicht zum Besten bestellt war. Im gleichen Jahr wurden nach dem Vorbild anderer Städte an den Wormser Volksschulen die »Jugendspiele« eingeführt128. Dafür stellte die Stadt eine große Spielwiese am Philosophenweg zur Verfügung; nach Fertigstellung der Westendschule wurde dieser durch Freiherrn von Heyl zusätzlich ein Platz an der Liebenauerstraße überlassen. Nach dem Unterricht wurden die Kinder dort durch Lehrerinnen und Lehrer zu Spielen angeleitet, damit sie sich außerhalb der engen Stadtstraßen an der frischen Luft bewegten. Stadtschulinspektor Heinrich Schmeel appellierte an die Eltern, ihre Kinder im Interesse ihrer Gesundheit an diesen Spielen teilnehmen zu lassen, insbesondere auch die Töchter. Ihm war bewusst, dass die noch nicht zufrieden stellende Beteiligung der Wormser Schuljugend an den Spielen darauf zurückzuführen war, »dass viele Kinder, die wohl gerne kommen möchten, im Hause durch Wartung und Pflege jüngerer Geschwister zurückgehalten [wurden], oder durch kleine Dienstleistungen bei Fremden Beschäftigung und einen kleinen Verdienst [fanden]«129. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde außerdem in vielen Städten der »Knabenhandfertigkeitsunterricht« (also Werkunterricht) an den Volksschulen eingeführt, so auch in Worms130. Auch diese Neuerung war, wie das Schularztwesen, von Leipzig ausgegangen. Die Ausbildung der praktischen Fähigkeiten durch dieses Fach erwies sich auch bei der

K INDER -

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J UGENDFÜRSORGE

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Suche nach Lehrstellen für die Schüler als sehr vorteilhaft. Mädchen durften am Werkunterricht nicht teilnehmen; für sie hatte man bereits im Schuljahr 1895/96 Haushaltungsunterricht im Anschluss an die normalen Schulstunden am Nachmittag als Pflichtfach eingeführt131. Doch die Stadt sorgte sich auch außerhalb der Schule um das Wohl der nachwachsenden Generation. Als Folge der langen Arbeitszeiten der Eltern erwies sich eine Ganztagsbetreuung als erforderlich, wenn man verhindern wollte, dass viele Kinder täglich stundenlang sich selbst überlassen blieben. Ein großer Teil dieser Einrichtungen wurde im Zusammenwirken von Evangelischem Missions-Frauenverein, ortsansässigen Industriebetrieben und der Stadtverwaltung geschaffen132. Seit 1861 existierte bereits eine städtische »Kleinkinderschule‹«. Dies ist bemerkenswert, da andernorts die Kindergärten oder »Bewahranstalten« vor dem Ersten Weltkrieg meist ausschließlich in Trägerschaft von Kirchen betrieben wurden. Dieser frühe Wormser Kindergarten, der in dem früheren Doerr’schen Anwesen in der Römerstraße untergebracht war, hatte von 8 bis 16 Uhr geöffnet; zu Mittag gab es eine kräftige Suppe. Die Eltern mussten pro Tag für das erste Kind 6 Pfennige, für jedes weitere Kind 3 Pfennige entrichten. Die Einrichtung wurde zwischen 1890 und 1900 von 100 bis 150 Kindern besucht und stand unter der Aufsicht des Schulinspektors. Offenbar hat man sich diese »Kleinkinderschule« tatsächlich schulmäßig organisiert vorzustellen; die Kleinen wurden nach Alter sortiert in drei Gruppen von Lehrerinnen »unterrichtet«133. Daneben gab es in Worms acht »Kinderschulen« in verschiedenen Stadtteilen, die vom Evangelischen Missions-Frauenverein unterhalten wurden134. Eine städtische Kinderkrippe gab es nicht. Stattdessen leistete die Stadt einen jährlichen Zuschuss in Höhe von 600 Mark für die Krippe im Sophienstift in der Römerstraße, die von der Ehefrau des Fabrikanten Heyl in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Frauenverein geschaffen worden war135. 1906 richtete die Stadt einen Knabenhort ein, in dem schulpflichtige Jungen nach dem Schulunterricht unter der Aufsicht von Lehrern ihre Hausaufgaben machten und mit Gartenarbeit beschäftigt wurden136. Mit diesen Einrichtungen, die es auch in anderen Städten gab, wollte man verhindern, dass sich ältere Schüler, deren Eltern beide arbeiten mussten, nach dem Unterricht »zweck- und ziellos auf den Straßen« herumtrieben, dabei in »böse Gesellschaften« gerieten und »Schaden an Leib und Seele« nahmen, wie der Wormser Schulinspektor Heinrich Schmeel an die Eltern schrieb 137. Während beispielsweise in Mainz die Horte vom Verein für Volkswohlfahrt betrieben wurden, übernahm die Stadt Worms diese Aufgabe in eigener Regie. In einigen Fällen nahmen sich auch in Worms bürgerliche Wohltätigkeitsvereine spezieller Aufgaben der Kinder- und Jugendfürsorge an, wobei in der Regel die städtischen Honoratioren einschließlich der Bürgermeister solchen Vereinen angehörten. Da der Gesundheitszustand der Schulkinder aus den Arbeiterwohnvierteln Anlass zur Sorge gab – zahlreiche Kinder litten an Skrofulose, Rachitis und Tuberkulose als Folge von ungesunden Wohnbedingungen und Ernährungsmängeln –, hatte der Lederfabrikant Andreas Reinhart bereits 1886 die Verschickung von Wormser Kindern in »Ferienkolonien« durch eine Spende initiiert138. 1888/89 befand sich dann der »Wormser Verein zur Gesundheitspflege armer und kränklicher Schulkinder« in Gründung, der sich 1891 endgültig konsti-

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S OZIALE V ERHÄLTNISSE

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A RBEITSBEDINGUNGEN

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tuiert hatte und dem innerhalb kürzester Zeit 240 Mitglieder angehörten. Jährlich konnte man rund 60 bedürftige Kinder zur Erholung in den Odenwald verschicken 139. Später finanzierte man Kindern mit schwereren Erkrankungen auch mehrwöchige Solbadekuren, meist in Bad Nauheim. Außerdem führte der Verein nach 1900 für 60 Kinder während der Sommerferien tägliche Ferienwanderungen einschließlich eines Frühstücks durch und übernahm die Verabreichung des warmen Schulfrühstücks in den kalten Wintermonaten140. Im August 1910 eröffnete der Verein unter Vorsitz von Bürgermeister Dr. Alfred Wevers schließlich ein eigenes Erholungsheim auf dem Hohen Darsberg bei Neckarsteinach, das er mit finanzieller Unterstützung durch Wormser Unternehmer und durch die Stadt hatte errichten können. In der Folgezeit fanden hier alljährlich Hunderte von kränklichen Wormser Schulkindern Erholung 141. Sorge bereitete Ende des 19. Jahrhunderts die anhaltend hohe Säuglingssterblichkeit. So starb in Worms noch jedes vierte bis fünfte Kind im ersten Lebensjahr. Betrug die Sterberate im gesamten Großherzogtum 20,8 Prozent von 1863 bis 1870, 19,6 Prozent von 1871 bis 1880, 18,1 Prozent von 1881 bis 1890 und nur noch 16,8 Prozent von 1891 bis 1900, so lauteten die Durchschnittszahlen für Worms (mit Vororten) für diese Zehn-Jahres-Abschnitte: 28,6; 23,2; 23,1 und von 1891 bis 1900 noch immer 21,8 Prozent142. Diese Werte lagen deutlich über jenen der Stadt Mainz, obwohl diese eine wesentlich höhere Bevölkerungsdichte aufzuweisen hatte und unter besonders großer Wohnungsnot litt. Die Sterblichkeitsrate stieg in heißen Sommermonaten stets sprunghaft an; die meisten Kleinkinder starben dann an Magen-Darm-Erkrankungen. Die Ursache lag in der Ernährung. Viele Mütter konnten ihre Säuglinge nicht stillen, da sie schon kurz nach der Entbindung ihre Erwerbsarbeit wieder aufnehmen mussten und den ganzen Tag sich nicht um ihr Kind kümmern konnten. Deshalb erhielten die Babys Flaschennahrung. Da die Arbeiterhaushalte aber in der Regel über keine Kühlmöglichkeiten verfügten, war die Milch, mit der die Säuglinge gefüttert wurden, bei heißem Wetter nach kurzer Zeit verdorben. Da Milch außerdem sehr teuer war, erhielten die Kinder oft auch andere, völlig ungeeignete Nahrung 143. Zwar gab es zu jener Zeit schon sterilisierte Milch zu kaufen, doch war diese für Arbeiterfamilien unerschwinglich. Die Überlebenschancen von Säuglingen aus der Unterschicht waren daher wesentlich niedriger als von Säuglingen aus dem Bürgertum 144. Ab 1905 lieferte daher die auf Initiative der Stadt entstandene Wormser Milchbereitungsstelle besonders behandelte und preiswerte Milch zur Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern, zunächst nur in den Sommermonaten, später das ganze Jahr hindurch. Erst im Jahr 1910, später als in anderen Städten des Großherzogtums, wo sich Säuglingsschutzvereine zusammengefunden hatten, wurde auf Anregung der »Großherzoglichen Zentrale für Mutter- und Säuglingsfürsorge in Hessen« in Worms eine Zweigstelle dieser Organisation eingerichtet. Von nun an wurden einmal wöchentlich in der Beratungsstelle, welche in den Räumen der Schulzahnklinik in der Sterngasse 4 untergebracht war, von einem Arzt gemeinsam mit einer Fürsorgeschwester Sprechstunden abgehalten. Die Säuglinge wurden dort gewogen und untersucht und die Mütter wurden hinsichtlich der Pflege und Ernährung des Kindes beraten. Dabei versuchte man vor allem, die Mütter zum Stillen zu bewegen. Von Hausbesuchen sah man vorerst ab145. Es

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Abb. 103: Schulspeisung in der Neusatzschule, Sept. 1918

überrascht, dass die Stadtverwaltung Worms, die sich in der Frage der Schulgesundheitspflege sehr fortschrittlich gezeigt hatte, sich beim Thema Säuglingsfürsorge so zögerlich verhielt.

Schluss Am Vorabend des Ersten Weltkriegs präsentierte sich Worms als mittelgroße moderne Industriestadt, die auf einem guten Weg war, durch das Zusammenwirken von städtischer Leistungsverwaltung, bürgerschaftlichem Engagement und betrieblichem Wohlfahrtswesen einen großen Teil der sozialen Missstände im Wohnungs- und Gesundheitswesen zu beheben, die sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts aufgrund des sprunghaften Bevölkerungswachstums und der industriellen Arbeitsbedingungen entwickelt hatten. Als geradezu pionierhaftes Verhalten kann sicherlich der Einsatz der Stadt Worms und ihrer Großunternehmer für eine Lösung der »Wohnungsfrage« betrachtet werden, der in der sozialpolitischen Debatte des Kaiserreichs ein Zeichen setzte. Durch den Kriegsausbruch 1914 und die nachfolgenden Veränderungen der Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Bevölkerung wurden die zuvor erfolgreichen Bemühungen auf sozialpolitischem Gebiet der Stadt Worms dann für Jahre ein ganzes Stück zurückgeworfen146.

Worms und das »Nibelungenlied« O TFRID E HRISMANN

Worms in der Überlieferung des »Nibelungenliedes« 1 Der Stadtname im Lied Um das Jahr 1200 schrieb ein Autor – vielleicht sogar eine Autorengruppe2 – einen Text nieder, der eine jahrhundertelange, bis in die Zeiten der germanischen Völkerwanderung zurückreichende mündliche und wahrscheinlich auch schon eine – freilich erheblich kürzere – schriftliche Erzähltradition in sich aufnahm 3. Wir wissen nicht, wie und wo diese Aufzeichnung zu Stande kam, von der wir drei Basisversionen, die Fassungen *A, *B und *C4, rekonstruieren können und zwei Schlüsse besitzen, die zugleich den Titel festschreiben: diz ist der Nibelunge Not (»dies ist der Kampf der Nibelungen«, *A/*B) und daz ist der Nibelunge liet (»das ist das Epos von den Nibelungen«, *C). Die handschriftliche Überlieferung ist jünger: C und B gehören in das zweite, A in das letzte Viertel des 13. Jahrhunderts. Von den bis heute aufgefundenen über 30 Kodizes präsentieren 10 einen annähernd abgerundeten Text, und das Epos kann damit als für das Mittelalter recht gut bezeugt gelten. Neben der Residenz des Hunnenkönigs Etzel ist Worms der unbestrittene Hauptschauplatz des »Nibelungenliedes«; Siegfrieds mächtiges Xanten5 spielt nur eine untergeordnete Rolle. Worms ist üblicherweise – groß oder klein geschrieben – als Wormez, Wormeze, Wormze, manchmal diphthongiert als Wuormtz verschriftet; A hebt zweimal – hyperkorrekt oder volksetymologisch zu wurm – das »o« zu »u« (Wurmez 808,3; Wurmz 2093,3)6. Bei der Erstnennung der Stadt (Strophe 6,1) schreibt C – selbst von den neueren Herausgebern der Handschrift7 nicht bemerkt, weil sich das Schriftbild fast mit Wormze deckt – ein einmaliges ze Wornize, A ze Wornitz, was zumindest eine anfängliche Unsicherheit der Schreiber über den Ort nahe legt. Als worniz8 taucht es im Übrigen noch einmal in der »Klage«-Handschrift h auf und erinnert an das Vernica der im norwegischen Bergen verschrifteten Dietrichsage (»%ifreks saga«) aus der Mitte des 13. Jahrhunderts, in die niederdeutsche Erzählungen von Siegfried eingewoben sind. Ist Nibelungenstrophe A/C 6,1 etwa der Nachhall einer im einstigen germanischen Erzählraum weiter verbreiteten Nibelungenüberlieferung, in die Worms noch nicht als Hauptschauplatz eingebunden war? Ist Vernica identisch mit Worms, wie man gerne, jedoch ohne präzisen philologischen Nachweis, annimmt, oder wurde Worms erst zur Zeit seiner Blüte im staufisch regierten Römerreich in die Sage eingebunden, als die Stadt eine »Schaltstelle von Macht

B URGUNDISCH - NIBELUNGISCHE M EMORIA

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und Kommunikation, von Handel und Politik«9 war? Machte die Stadt vielleicht nur deshalb als Sagenstadt Karriere, weil der Name Vernica nicht (mehr?) verstanden wurde und sich der Name der Stadt am Mittelrhein so leicht mit mittelhochdeutsch wurm (rheinpfälzisch worm) verband, der Bezeichnung für eine Schlange, einen Drachen? Schon immer gehörten diese Ur- und Unwesen zum Bestandteil der Heldensagen.

Burgundisch-nibelungische Memoria Wie, wann und warum sich der Name der Stadt Worms mit den Nibelungen verband, warum Worms zu einem ihrer zentralen Gedächtnisorte wurde, bleibt, wenn wir die Quellen kritisch genug lesen, letztlich im Dunkeln. Im »Nibelungenlied«, wie es uns um 1200 entgegentritt, sind Nibelungen- und Burgundenmythos vereint. Die zu den Ostgermanen gehörenden Burgunden/Burgunder, die während ihrer Wanderungen aus der Odergegend und ihrer Organisation als Volk möglicherweise andere Stammesgruppen in sich aufnahmen, zogen im frühen 5. Jahrhundert in den (offenbar vorzugsweise östlichen) mittelrheinischen Raum und setzten sich dort »gewissermaßen im Rücken der Alamannen«10 fest. Von einem Burgundenreich am Rhein, das in vielen Darstellungen zum »Nibelungenlied« ein gesichertes Leben führt, können wir im Blick auf die uns heute zur Verfügung stehenden Quellen allerdings nicht mehr sprechen. Die Burgunden sind im Raum Worms »unsichtbar« geblieben; sicher als burgundisch einzustufende Bodenfunde fehlen11. Im Jahr 435/36 führte Gundohar/Gundahar (Gundicharius), wahrscheinlich der Namengeber für den Gunther des »Nibelungenliedes«, sein Volk »auf der Suche nach neuem Land nach Gallia Belgica, aber dieser Expedition setzte [der römische Feldherr Flavius] Aëtius rasch ein Ende. Im darauf folgenden Jahr wurde eine burgundische Streitmacht von 20 000 Mann, erneut unter der Führung von Gundohar, von einer hunnischen Armee umzingelt und vernichtet. Diese Katastrophe setzte der burgundischen Expansion in Gallien ein für alle Mal ein Ende«12. Man tut freilich gut daran, diese hohe Zahl, die der spanische Bischof Hydatius überliefert, nicht für bare Münze zu nehmen, denn wenige Jahre später muss das kriegerische Volk, das nach dem zeitgenössischen Chronisten Prosper ab stirpe, also radikal vernichtet worden war, schon wieder eine beachtliche Größe erreicht haben13. »Durch Erinnerung wird Geschichte zum Mythos«14. Man könnte, wenn wir denn gesicherte Zeugnisse über eine »burgundische Katastrophe« besäßen, in dem BurgundenNibelungenmythos eine im Rahmen der Konstruktion eines heroic age15 nach mythischen Erzählmustern zur Sage verdichtete Erinnerung (memoria) an diese Katastrophe sehen. Aber wir tappen im Dunkeln. Als Foederaten Roms wurden die Burgunden in die Sapaudia (Savoyen) – ein Gebiet beiderseits des Genfer Sees – umgesiedelt. Dort eigneten sie sich in den folgenden Jahrzehnten ein ansehnliches Reich an. König Gundobad (480 – 516) führte eine Gesetzessammlung »Lex Burgundionum« ein, in der als königliche Vorläufer unter anderem Gibica und Gislahar genannt werden, Namen, die auch mit der Nibelungensage verwoben sind. In den 530er Jahren eroberten die Franken das neue Burgund, das sich jedoch verhältnismäßig rasch wieder erholte und schon in den 550er Jahren unter einem eigenen König das Siedlungsgebiet nach Westen hin ausdehnen konnte.

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Lyon löste den alten Königssitz Genf als Residenz der Könige ab. Diese Geschichte bildete den Nährboden, auf dem burgundische und fränkische – im Übrigen auch gotische – Erinnerungen an die große Zeit der Kriege zusammenwuchsen. Auf das fränkisch-merowingische Königshaus könnte der Herrschername mit Sigi- als erstem Glied hinweisen, der dort durch Sigibert – Sigibert I. (561– 575) war der Gemahl der anmutigen westgotischen Prinzessin Brunichild – belegt ist; doch finden sich auch parallele Namen – bezeugt durch Sigismund und Sigerich – im Burgund jener Zeit16. Brunichild, nach der Eskalierung der Familienstreitigkeiten selbst zur »äußerst grausamen Königin«17 gewandelt und nach der Chronik Fredegars intrigant und machtgierig, eine intime Feindin ihrer Schwägerin Fredegunde (gestorben 597), der Gemahlin König Chilperichs I. (561–584), und deren Sohn Chlothar II. (584 – 629/30), residierte nach der Ermordung ihres Gatten 575 offenbar für kurze Zeit in Worms. Sie, die sich neben Chlothar auch die austrasischen Großen zu Feinden gemacht hatte und die das Heer ihres elfjährigen Urenkels Sigibert II. nicht retten konnte, geriet 613 in Gefangenschaft und fand – zusammen mit Sigibert – einen grausamen Tod. Mit ihr und Sigibert II. erlosch die Linie der austroburgundischen Merowinger. Chlothar machte sie übrigens auch für den Tod ihres Gemahls Sigibert I. verantwortlich, den der Chronist Gregor von Tours Fredegunde zugeschoben hatte. Die mörderische Geschichte der merowingischen Könige und Königinnen, eingeschlossen das 493 zu Stande gekommene Bündnis des ersten Frankenkönigs Chlodwig I. (um 466 –511) mit dem Ostgotenkönig Theoderich (um 451– 526), dem Dietrich der germanischen Heldendichtung, eingeschlossen auch die abgrundtiefe Feindschaft der Frauen Brunichild und Fredegunde sowie dieser und Audovera, der ersten Gemahlin Chilperichs und auf Fredegundes Befehl ermordet18, bildet den Stoff, aus dem die Sagen sind – Sagen als Erinnern und Gedenken an eine große, ebenso heroische wie grausame und schreckliche, in der kollektiven Memoria auf jeden Fall nachhaltig bewahrenswerte Zeit. Eine jahrhundertelange mündliche Überlieferung mit ihrer Einformung in mythische und sagentypische Erzählschemata und der eigenwilligen Zuweisung zu heroischen Namen hat die ehemalige historische Basis der Erinnerungen gründlich und unwiderbringlich zerstört. Wann immer sich der Name Worms mit der burgundisch-nibelungischen Erinnerungskultur verband: Als der Mythos im 12. Jahrhundert Eingang in die Schrift fand, war Worms ein Zentrum staufischer Herrschaft und gehörte zu den angesehensten Städten des Römischen Reiches 19, sodass sein Name europaweit einen guten Klang als Residenz besaß.

Örtlichkeiten Das nibelungische Wormeze ist die Residenz der burgundischen Könige – Ze Wormez bî dem Rîne si wonten mit ir kraft (»Machtvoll residierten sie in Worms am Rhein«, 6,1). Dort halten sie Hof und feiern ihre Feste. Die Stadt selbst nimmt der Epiker kaum in den Blick. Er bezeichnet sie als burc (528,3; 1027,3) und stat (800,1; 1025,4). Stat ist das jüngere mittelhochdeutsche Wort für »Stadt«, burc das ältere, das allerdings auch eingeschränkter nur »Burg« bedeuten konnte20. Der ältere »Waltharius« hatte Vers 432f. von einer urbs (»ummauerte Stadt, Burg«) gesprochen; nur noch als stat wird die spätere Heldendichtung die mittelrheinische Metropole bezeichnen. In dem rühmenden Wormez diu vil wîte

Ö RTLICHKEITEN

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(808,3)21 hörte man neben der weiten räumlichen Ausdehnung auch die Berühmtheit der Stadt mit. Deren Bürger bleiben im Übrigen Statisten – ihre Klage über Siegfrieds Tod erfüllt die Stadt (1025,4). Palas, strant und münster, namentlich der Platz vor der Kathedrale, bilden die epischen Handlungsräume, die jedoch nicht spezifisch lokal eingefärbt sind22. Allerdings liegt es nahe anzunehmen, dass der Dichter – oder eine seiner Quellen? – etwa die Schlüsselszene vom Streit der Königinnen vor dem Dom »in die ihm gut bekannte Stadt hineingeschrieben« hat, in jenen »rechtlich wie kultisch in hohem Maße exponierten Schnittpunkt zwischen Sakralraum und zentralem öffentlichen Versammlungsplatz«23. Guntheres beziehungsweise des küneges sal, der sal wît, und der palas mit den kemenaten (225,1; 280,1; 558,4), den beheizten Räumen, und dem vil wîten gadem bleiben ohne rechte Konturen. Gäste – etwa Brünhild aus Isenstein oder die Könige der Dänen und Sachsen – werden am Rheinufer vor der Stadt empfangen (560,3); dort, vor Wormez ûf den sant (261,3), werden gesidele (»Bänke und Tische«) für sie aufgebaut, wobei der sant auch als velt (594,4) bezeichnet wird. Dies immerhin, zu wissen, dass zwischen der Stadt und dem Rheinufer eine größere Freifläche lag, zeugt von der Ortskenntnis des Epikers – wenn er denn dieser Strophe nicht in einem älteren Nibelungentext begegnete. Ein palatium ist für Worms erstmals zur Zeit Karls des Großen zu sichern 24. Palas und münster liegen im Epos nahe beieinander 25. Kriemhilds großes und weites gezimber (»Gebäude«, 1102) bî dem münster, in das sie sich nach Siegfrieds Tod zurückzieht, erinnert an das palatium des Wormser Bischofs an der Nordseite des Doms, »mit dem es, wie heute noch vorhandene Spuren zeigen, mindestens seit dem Ende des 12. Jahrhunderts in engem baulichen Zusammenhang gestanden hat«26. In das gezimber gelangte man über die so genannte »Saalstiege«, eine Freitreppe, die im späteren »städtischen Verfassungsleben eine besondere Rolle«27 spielte. Eine Stiege bildet auch im Epos einen eigenen »SpielRaum«: Hier eilt Giselher seiner Schwester vor ihrer Eheschließung mit Siegfried entgegen (610,2), hier verabschieden sich die beiden Königinnen nach der Eheschließung (626,3), hier hinauf könnte Siegfrieds Leiche auf Befehl Hagens getragen worden sein. Allerdings ist eine stîge nichts anderes als eine epische Chiffre, die das Innen vom Außen trennt und die der Nibelungenepiker als dramatisches Gestaltungsmittel auch am Hof Etzels einsetzt. Der kritische Historiker wird deshalb dem allzu starken Bedürfnis nach einer spezifischen lokalen Verortung des Mythos das gut begründete Urteil des 1928 verstorbenen Wormser Historikers und Provinzialdirektors Eugen Kranzbühler entgegensetzen, dem wir das bis heute einschlägige Werk über die Pflege der Heldensage in Worms verdanken: »All das ist aber zu allgemein und zu wenig charakteristisch, um daraus schließen zu können, daß dem Dichter tatsächlich bestimmte Wormser örtliche Verhältnisse vor Augen gestanden hätten«28. Dies trifft im Übrigen auch für die kamer und türne (1125,3) zu, in die der Nibelungenschatz gebracht wurde29. Der Ort, an dem Hagen den Hort im Rhein versenkte (1137, 4) – im »Hürnen Seyfrid« ist es übrigens Siegfried selbst – wird in den Fassungen des Epos als zem Loche (*C), ce Lôche (*B), ze loche (*A) – zu mittelhochdeutsch loch »Versteck, Höhle, Loch« beziehungsweise lôch »Gebüsch, Wald, Gehölz« – bezeichnet. Mit Jacob Grimm30 und Karl Lachmann31 sah man darin gerne das rechtsrheinische, untergegangene Lochheim bei Gernsheim unterhalb von Worms, in dessen Nähe noch bis ins 19. Jahrhundert hinein

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Gold gewaschen wurde 32. Der Nibelungenhort verhalf dem Rheingold zu mythischer Würde, oder es verhalf der Mythos vom Rheingold dem Hort zu seinem Versteck. Eine sichere Ortsbestimmung erlaubt die Überlieferung nicht.

Das Epos – ein Wormser Schlüsselroman? Die Breuer-These: Personennamen und Reichsgeschichte In mehreren Publikationen haben Dieter und Jürgen Breuer den »nibelungischen« Personennamen nachgespürt, um die Entstehungsgeschichte des Epos und seinen Dichter im Wormser Raum verorten zu können33. In gebotener Kürze zeichnen wir einige Linien der materialreichen Beweisführung nach; unsere Kritik möge stellvertretend auch für andere engagiert-regional gebundene Positionen stehen. Personennamen, die auch im »Nibelungenlied« vorkommen, finden sich in Schenkungsurkunden für die Abteien Fulda und Lorsch aus der Zeit Karls des Großen. Von besonderer Attraktivität ist für die Brüder Breuer dabei eine Urkunde zu Gunsten Fuldas vom 22. März 785. Sie bezieht sich unter anderem auf das Erbe einer Ute, die Ausstellerin ist Cremhilt (Crem(h)ilte, Crem(h)ildis), die die Urkunde zusammen mit einem Sigifrit – und anderen – unterzeichnete34. »Kriemhild von Worms ist«, so schließen die Brüder aus diesem Fundstück, »nicht nur mehr fiktive Gestalt des Nibelungenliedes, sondern gehörte dem Adel im Wormsgau zur Zeit Karls des Großen an«35. Der Dichter habe ihren und andere Namen für sein Epos dem karolingischen Adel des Wormser Raumes, »dem Urkundenmaterial der beiden Reichsklöster« Lorsch und Fulda entnommen, die Nibelungenfabel sei damit »auf das karolingische Worms bezogen« 36. Überzeugend ist dies nicht. Über jene Ute, jene Cremhilt, jenen Sigifrit wissen wir nichts weiter und kein Dichter aus der Zeit um 1200 hat, soweit wir dies nachvollziehen können, jemals auf Namensuche in Archiven gearbeitet; keiner hat epische Traditionen – die es für einen Arbeiter am Nibelungenmythos um 1200 ja zuhauf gab – ignoriert. Die Namen des Epos gehören wie der Mythos, mit dem es arbeitet, dem germanischen Erzählraum an37. Wir finden »nibelungische« Namen, wie das »Altdeutsche Namenbuch« von Förstemann auch für Urkunden und Chroniken ausweist, an den verschiedensten Orten des alten Römischen Reiches. Wenn sie überhaupt auf den Mythos zurückgehen und sich dann dort, wo dieser spielt oder wo eine Familie sich mit ihm schmückte, konzentrieren, so wird dies niemanden wundern. Die vermeintliche »Entschlüsselung« der epischen Namen und ihre Applikation auf die Reichsgeschichte38 ist (philologisch) ebenso wenig haltbar wie die Behauptung – festgemacht an der neu erbauten Domschatzkammer –, der Dichter – welcher Version? – habe nicht nur eine allgemeine, sondern eine präzise Ortskenntnis besessen. Im Nordostbereich des Doms, zwischen Turm und Querschiff, sei der Nibelungenschatz aufbewahrt worden 39. Das Epos berichtet jedoch in Handschrift B wenig konkret und außerdem pluralisch: in chamer vnd in tvernen sin wart vil getragen (»in Schatzkammer(n) und Türme wurde viel davon getragen«, 1125,3) – Türme, in denen sich die neue Domschatzkammer nachweislich nicht befand. War auch um das Jahr 1160 ein gewisser Nibelungus

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Domschatzmeister40, so ist doch dieser Name, wenn überhaupt, dann allenfalls nur als ein Nachhall des Mythos zu lesen; über die familiäre Herkunft Nibelungs wissen wir nichts41. Präziser als in den Nôt-Fassungen wird der Wormser Raum in »Nibelungenlied«-*C ausgeleuchtet: Dort ist die Jagd, auf der Siegfried den Tod findet, korrigierend aus den Vogesen herausgenommen und in den Odenwald verlegt, und dort wird am Ende der 19. Aventüre die Siegfried-Memoria mit dem Kloster Lorsch verbunden. *C rückt allerdings auch den Donauraum geografisch zurecht42, sein Autor besaß also auch Kenntnisse von dort. Er profilierte Kriemhild schärfer im Sinne kirchlicher Vorstellungen als *A und *B, wenn auch nicht prinzipiell anders 43; dabei konnte ein vom Schicksal verhinderter Rückzug auf den Herrenhof der berühmten Reichsabtei44 ein beeindruckendes Glanzlicht aufsetzen. So mag es zwar nahe liegen, »Nibelungenlied«–*C im Wormser Raum anzusiedeln, zwingend ist dies aber keinesfalls, muss also ebenso offen bleiben wie eine mögliche Verortung etwa im Passauer Gebiet. Die Brüder Breuer lesen das »Nibelungenlied« als eine »dichterisch verhüllte Continuatio der fränkischen Reichsgeschichte«45, als ein »Gegenstück«46 zur Fortsetzung der Chronik Fredegars aus dem 7. Jahrhundert durch Nibelung47, den Neffen Karl Martells, im 8. Jahrhundert. Der Dichter habe dann Worms als Zentrum gewählt, weil dadurch die Geschichte(n) der Burgunder den dem Wormser Raum entstammenden salischen Königen Konrad II. (Kaiser 1024 –1039) und Heinrich III. (Kaiser 1039 –1056), die auch Könige von Burgund waren, zugeschrieben werden konnte(n). Derartige historische Engführungen des »Nibelungenliedes«, so scharfsinnig sie auch aufgespürt wurden48, können kritischem Nachfragen nur selten wirklich standhalten; im vorliegenden Fall tun sie dies jedenfalls nicht – schauen wir nur auf die nicht nachvollziehbare »Entschlüsselung« der Namen oder die Überlegungen zur Arbeit des Epikers als eines verkappten Chronisten zurück. Deshalb können wir weder die Entstehung des Epos im Wormser Raum festschreiben noch es als eine Erzählung vom »Glanz und Untergang der staufischen Dynastie« 49 lesen noch die Reise der Burgunden/Nibelungen zu Etzel an die Kreuzzüge der Stauferkönige50 angleichen. Dass der Epiker in einem »allegorischen Rahmen« ein »artistisches Doppelspiel« betreibe51 und sich sein verborgener Blick immer wieder auf die Staufer und das Reich richte, muss – nicht ausgeschlossen, dass er dies gelegentlich tun mochte, assoziative Bilder einspielte, sich von der Geschichte seiner Zeit inspirieren ließ – ein schöner, jedoch nicht zu verifizierender Gedanke bleiben. Die konkrete politische Geschichte des Römischen Reiches ist über das epische Erzählen, wenn überhaupt, kaum noch erreichbar – am Ehesten über Rumold, den Herrn der Küche (*B 10), und sein zur Entstehungszeit des Nibelungenepos neues, 1205 eingerichtetes Reichsamt; vielleicht auch noch über den alten Bischof von Speyer, der die Burgunden in das Reich Etzels, das Reich des Todes, verabschiedet (*B 1508), oder den Untergang des Nibelungenreichs, den man, ohne dass auch dies als deutliches Ziel dem Epos eingeschrieben wäre, auf das eigene, im staufisch-welfischen Thronstreit befindliche Reich beziehen könnte 52. Personennamen aus dem Nibelungenmythos sind wie jene aus der gesamten Heldensage im Wormser Raum nicht gerade selten 53, sie sind jedoch niemals zuverlässig an das »Nibelungenlied« selbst zu knüpfen. Gleiches gilt für die Flur-, Häuser- und Straßen-

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namen, zum Beispiel die erstmals 1141 erwähnte Hagengasse 54, die die einzige alte Straßenbezeichnung unter den gegenwärtigen ist. Die Zunahme der in Worms nachweisbaren Nibelungennamen nach der Verschriftung des Epos entbehrt, abgesehen davon, dass diese zum Teil auch aus anderen Heldenepen stammen könnten, jeder Signifikanz55 und verdankt sich sicherlich vor allem der Zunahme städtischer Überlieferung überhaupt.

Das Epos stiftet Erinnerung Wer am »Nibelungenlied« arbeitete, aktualisierte einen uralten Mythos und schrieb einen jahrhundertelangen epischen Prozess fort. Darauf bezogen *A und *C ihren Leitbegriff von den alten mæren in der einleitenden Strophe. Der Epiker richtete seinen Text an den zeitgenössischen Adel, welcher Couleur auch immer. Dessen große und großartige Geschichte entwarf er gemeinschafts- und identitätsstiftend als burgundisch-nibelungische Parabel 56. Mit seinem Epos von Glanz und Niedergang der »hohen Ehre« 57 begründete er eine eigene Form des Gedenkens und führte die zeitgenössische Aristokratie in diesem erinnernden Gedenken mit ihren Ahnen zusammen. Er verwaltete das kollektive Gedächtnis und gab ihm einen neuen Rahmen. Damit sicherte er den »Burgunden/Nibelungen« und denen, die ihrer gedachten, einen Ehrenplatz in der Geschichte. Einen heroischen zwar, aber eben auch einen vergangenen; keinen, den man nachahmen sollte. Das Heroische des »Nibelungenliedes«, sei es jenes der Männer, sei es jenes der Königinnen, verlangt zwar Empathie und Pathos, seine Träger brechen jedoch auch das Recht und bleiben daher nie ohne Schuld. Das »Nibelungenlied«, ein erinnernder Text, ist kein politischer Schlüsselroman. Es ist nicht in den Niederungen der Zeitgeschichte anzusiedeln, sondern in der sic transit gloria mundi-Formel lesbar als ein Text gegen das Vergessen. Sein Thema, dass alle Freude immer im Leid endet58, bildet nicht das Konzept eines irdischen Jammertals ab, nicht das resignative Konzept einer Schicksalsverfallenheit, sondern in der christlichen Gemeinschaft des Mittelalters die Aufforderung zur »Überwindung des Todes und des Vergessens durch ›Gedächtnis und Erinnerung‹« 59. »Das Nibelungenlied« Siegfried von Xanten ist durch seine Jugendabenteuer ein berühmter Held. Er zieht nach Worms, um die burgundische Prinzessin Kriemhild zu freien. Gunther und seine Brüder nehmen ihn freundlich auf, halten aber ihre Schwester von ihm fern. Schließlich kommt es zu einer Vereinbarung: Siegfried soll Gunther bei der Werbung um die starke Brünhild helfen und dafür Kriemhild zur Frau erhalten. Der Betrug bei den Freierproben gelingt: in der Tarnkappe verborgen, verhilft Siegfried Gunther zum Sieg. Anschließend wird in Worms die Doppelhochzeit gefeiert. Doch in der Hochzeitsnacht verweigert sich Brünhild ihrem Mann, und noch einmal muss Gunther seinen Schwager um Hilfe bitten. Siegfried und Kriemhild ziehen nach Xanten zurück, wo Siegfried König wird. In Brünhild bleibt jedoch die Unklarheit über Siegfrieds Rolle bei der Werbung als ein Stachel zurück. Nach Jahren veranlasst sie ihren Mann, Siegfried und Kriemhild nach Worms einzuladen. Während der Festlichkeiten dort kommt es zu einem Streit zwischen Brün-

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hild und Kriemhild, in dessen Verlauf die burgundische Königin von ihrer Schwägerin öffentlich beleidigt wird. Das ist für Hagen der Anlass zu einem Mordplan gegen Siegfried, dem schließlich auch Gunther zustimmt. Auf der Jagd im Odenwald wird Siegfried heimtückisch von Hagen ermordet. Für Kriemhild wird von nun an die Trauer um Siegfried und der Gedanke an Rache zum Lebensinhalt. Die Feindschaft zu Hagen verschärft sich noch, als dieser ihr den großen Nibelungenhort raubt und ihn in den Rhein versenkt. Jahre später wirbt der Hunnenkönig Etzel durch den Markgrafen Rüdiger von Bechlarn um Kriemhilds Hand. In Wien wird die Hochzeit gefeiert. Viele Jahre bleibt der Gedanke an Rache in Kriemhild wach. Sie bittet Etzel, ihre Brüder und Hagen einzuladen. Hagen besteht darauf, dass sie mit großer Kriegsmacht ins Hunnenland ziehen. Bei ihrer Ankunft werden sie von Dietrich von Bern vor Kriemhilds Plänen gewarnt. Während die Gäste festlich zu Tisch sitzen, lässt Kriemhild den burgundischen Tross überfallen. Daraufhin erschlägt Hagen den kleinen Ortliep, den Sohn Etzels. Nun gibt es kein Zurück mehr. Ganze Völkerschaften werden gegen die Burgunden aufgeboten, die der Übermacht heroisch standhalten. Kriemhild lässt den Saal anzünden, und viele kommen im Feuer um. Auch Rüdiger muss gegen die Helden vom Rhein antreten und findet mit allen seinen Mannen den Tod. Als von den Burgunden nur noch Gunther und Hagen am Leben sind, greift Dietrich von Bern ein, überwindet die ermüdeten Helden und übergibt sie Kriemhild. Kriemhild lässt erst den Bruder umbringen und schlägt dann, als Hagen sich weigert, das Geheimnis des Hortes preiszugeben, eigenhändig dem alten Feind den Kopf ab. Hildebrand springt vor und schlägt auch Kriemhild tot. »Hier hat die Geschichte ein Ende: daz ist der Nibelunge nôt.« (2379 Strophen)60

Worms und die Heldensage: Siegfried-Memoria im späteren Mittelalter und der frühen Neuzeit Texte Dem strophischen »Nibelungenlied« folgt in fast allen Handschriften eine Fortsetzung in höfischen Reimpaarversen, die »Klage«, die uns in verschiedenen Fassungen überliefert ist61. Sie führt das Epos aus dem perspektivlosen Szenario des Untergangs hinaus und bemüht sich dabei um eine verständnisvolle Erklärung der grauenvollen Taten Kriemhilds62, deren Platz im Himmel der Autor nicht gefährdet sieht. Weitläufig erzählen die verschiedenen »Klage«-Texte, wie die gefallenen Helden beweint und bestattet werden, wie Boten die Nachricht von der Katastrophe nach Bechelaren, Passau und Worms überbringen. In Worms empfängt Siegfried, der Sohn von Gunther und Brünhild, die Königswürde. Aus dem 9. oder 10. Jahrhundert stammt der mittellateinische »Waltharius« in Hexametern: Walther, Sohn des Königs Alphere von Aquitanien, und Hildegund, Tochter des Königs Heinrich von Burgund, schon als Kinder verlobt, fliehen aus dem Hunnenland, in dem sie als Geiseln bei dem gütigen Attila leben. Walther kämpft in den Vogesen siegreich gegen den goldgierigen Guntharius von Worms und zwölf seiner Helden und kehrt dann mit seiner Braut in seine Heimat zurück. Guntharius, Sohn des Gibica/Gibich(e), herrscht hier nicht über die Burgunden, sondern über die Franken. Der historische Gi-

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bica war nach dem Zeugnis der »Lex Burgundionum« König der Burgunden, die Sage kennt ihn als den Stammvater der Gibichungen, der nordischen Gjukungen, und als solcher ist er eng in den Nibelungenmythos eingewoben. Wir finden ihn in verschiedenen Liedern der »Edda« und in der »Völsunga saga«. »Das Lied vom Hürnen Seyfrid« und die Handschrift k des »Nibelungenliedes« aus dem 15. Jahrhundert bezeichnen wie die skandinavischen Texte ihn und nicht Dankrat, wie das »Nibelungenlied« (7,2), als den Vater Kriemhilds und der burgundischen Könige. Mit Worms sind unter den späteren Heldenepen des 13. Jahrhunderts vor allem »Das Rosengartenlied« und »Biterolf und Dietleib« verbunden. Beide stehen im tiefen Schatten des »Nibelungenliedes«, wenn wir auch den »Rosengarten« nicht schlichtweg als eine Antwort auf das »Nibelungenlied« lesen dürfen. Er ist im Herzogtum Bayern entstanden und übermittelt das dort offenbar übliche, sehr kritische Bild von Kriemhild, das sich allenfalls mit dem zweiten Teil des großen Nibelungenepos verträgt. Gibichs Reich heißt Burgentrîche. Der Text beginnt in der Fassung A mit einem Lob auf das weithin bekannte, herrliche Worms: Ein stat lît an dem Rîne,

diu ist sô wünnesam

und ist geheizen Wormze,

sie weiz noch manec man.

darinne saz ein recke,

der hête stolzen muot:

er was geheizen Gibeche

und was ein künec guot.

»Am Rhein liegt eine Stadt, die ist so herrlich; sie heißt Worms, und jedermann kennt sie. Ein hoch gesinnter Held residierte in ihr: Er hieß Gibeche und war ein edler König.« »Der Rosengarten zu Worms« Kriemhild hat in Worms einen herrlichen Rosengarten, der von zwölf Helden bewacht wird. Sie fordert Dietrich auf, mit seinen Gefährten gegen ihre Helden anzutreten, und verspricht jedem Sieger einen Rosenkranz und einen Kuss. Die Berner bringen Hildebrands Bruder, den streitbaren Mönch Ilsan, mit. In den zwölf Einzelkämpfen siegt jedes Mal der Berner Held, nur der Kampf zwischen Walther und Dietleib geht unentschieden aus. Einige der Wormser werden getötet, andere werden durch Kriemhilds Dazwischentreten gerettet. Der Höhepunkt ist der Schlusskampf zwischen Dietrich und Siegfried, der durch Dietrichs Feueratem entschieden wird. Zuletzt besiegt Ilsan 52 Gegner, was ihm 52 Rosenkränze für seine Klosterbrüder einbringt. Kriemhilds Rosengarten bleibt auf immer zerstört 63. Von der Beliebtheit dieses Stoffes in den deutschen Ländern zeugen zahlreiche Rosengartenspiele 64. »Biterolf und Dietleib«, das sich eng auf den »Rosengarten« bezieht, lässt sich, insofern es in einer allgemeinen Versöhnung endet, als »Kontrafaktur zum Nibelungenlied« 65 lesen: »Biterolf und Dietleib« König Biterolf hat Frau und Kind verlassen, um bei König Etzel Ritterschaft zu üben. Als sein Sohn Dietleib herangewachsen ist, macht er sich auf die Suche nach dem Vater. In Worms wird er von Gunther und Hagen angegriffen. Dann kommt er zu Etzel; Rüdiger bringt Vater und Sohn

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zusammen. Etzel führt einen Rachefeldzug gegen Worms; auch Dietrich von Bern mit seinen Helden ist dabei. Zuerst findet ein Vorturnier statt, dann die eigentliche Schlacht und zuletzt ritterliche Einzelkämpfe. Dietleib tritt gegen Gunther an, Dietrich gegen Siegfried. Dietrich muss erst in Kampfstimmung gebracht werden, gerät aber dann in solche Glut, dass Siegfried vor ihm zurückweicht. Die Wormser Damen, die zugesehen haben, schlichten den Streit, und die Gegner versöhnen sich 66. Das »Heldenbuch« nach dem Straßburger Druck von Johann Prüss (um 1483) referiert einleitend den sonst in dieser Form nicht überlieferten Siegfried-Mythos nach dem Heldenkatalog des »Rosengarten«: Dises seind die herren ausz nyderlant. vnd Wurms Mencz köln vnd Auche. Das hiesz vor zeiten grippigen lant 67, das selbe land was künig Gibich von wurms der het ein tochter hieß Crimhilt, die pflanczet ein rosengarten wunnigklich zuo wurms an dem Rein [.] Fraw Crimhilt nam den hürnen künig Seifrit ausz niderlant [.] Künig Ginther w[a]z künig gibich sun [.] Künig Gernot was auch sein sun. Vnd Gyseler. der ward iung erschlagen. Felcker von alczen genant fideler w[a]z Crimhilten schwester sun. Seifrid ein künig ausz nyderland, des was das land vmb wurms. vnd lag nache bey künig Gibich lant [.] Sein vatter hiesz künig Sigemunt ausz der nibelunge. Im ward Crimhilt fermahelt. Vnd ward von dem berner dotgeschlagen […] 68.

Der gehörnte Siegfried Eine besondere, an das »Nibelungenlied« gebundene Nibelungen-Memoria lässt sich für das Wormser Gebiet während des Mittelalters und der frühen Neuzeit nicht nachweisen. Sie könnte jedoch wenigstens ansatzweise vorhanden gewesen sein, denken wir nur daran, dass vier der Handschriften des 14./15. Jahrhunderts dem rheinfränkischen Sprachraum zuzuordnen sind69. Die eigentliche lokale Nibelungen-Memoria galt dem gehörnten Riesen Siegfried. Die Historiographie jener Zeit orientierte sich an mythischen Heldenlisten; sie stilisierte die Heroen zu Riesen70 und ihr Zeitalter, die mit den Nibelungen verbundene Welt Dietrichs, »zu einer Art Jugendzeit der mittelalterlichen Welt« 71. Auf den Listen stand neben Dietrich, Roland und anderen auch Siegfried – Corneus Sifridus, Vangionum urbis gigas stupendae altitudinis et roboris admirandi, de quo exstat hodie adhuc poema quoddam Germanicum Der hurnin Seyfrid inscriptum (»Siegfried aus Horn, ein Wormser Riese von stupender Größe und bewundernswerter Kraft, von dem bis heute ein gewisses deutsches Lied mit dem Titel ›Der hörnerne Seyfrid‹ existiert«) 72. Verschiedene Quellen zu Worms berichten seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert von Grab, Lanze und Stein Siegfrieds: unter ihnen die zu Beginn des 16. Jahrhunderts endende »Kirschgartner Chronik«, der Wormser Stadtschreiber Adam von Schwechenheim (»Acta Wormatiensia« zum Jahr 1488), der böhmische Humanist Caspar Bruschius (»Monasterium praecipuorum chronologia«, 1551), der gelehrte Chronist der Stadt Worms und von 1565 bis 1610 Rektor des Wormser Gymnasiums Friedrich Zorn (»Wormser Chronik«, um 1570), der Mainzer Domvikar Georg Helwich (»Syntagma Monumentorum et Epitaphiorum«, 1611), Marquard Freher (»Origines Palatinae«, 1613) – er beruft sich auf Zorn –, der aus der Steiermark stammende Ulmer Gymnasiallehrer Martin Zeiller

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(»Itinerarium Germaniae oder Reisebeschreibung durch Deutschland«, 1632 – 40) und der so genannte Rheinische Antiquarius (1739). »Das Lied vom Hürnen Seyfrid« Seyfrid geht bei einem Schmied in die Lehre. Dieser schickt ihn, weil ihn dessen Stärke ängstigt, in den Wald und hofft, dass der dortige Drache ihn umbringt. Seyfried kann jedoch den Drachen töten, er beschmiert sich mit dessen Blut und erhält eine undurchdringliche Hornhaut. Er erschlägt seinen Lehrer und gelangt nach Worms, wo er erfährt, dass ein Drache die Königstochter Kriemhild seit vier Jahren gefangen hält. Der Zwergenkönig hilft ihm, den Riesen Kuperan zu finden, der den Schlüssel zum Drachenstein hütet und das einzige Schwert besitzt, das den Drachen töten kann. Siegfried kann Kuperan und den Drachen bezwingen. Er befreit die liebliche Kriemhild und heiratet sie im Wormser Rosengarten. Nach sieben Jahren ermorden ihn seine neidischen Schwäger. Zwischen den Kapellen der heiligen Caecilie und des heiligen Meinhart in der Nähe des Klosters Mariamünster, manchmal auch in Mariamünster selbst, vermutete man Siegfrieds Grab. Kaiser Friedrich III. ließ dieses Grab auf dem so genannten »Heidenkirchhof« nach den meisten dieser Berichte Ostern 1488 öffnen. Friedrich Zorn schreibt: Anno 1488 ist mit einem großen volk kaiser Friedrich III um Ostern gen Worms kommen, welcher demnach er viel gehöret von dem hörnin Siefried, welcher zu s. Cecilien oder zu s. Meinrad sein grab haben soll, hat er allda laßen graben bis an die wasserquellen, aber nit ein einige anzeigung eines körpers funden, derohalben ob schon etwan riesen hierum gewohnet, ist doch lauter fabelwerk, was von diesem hörnin Seifried seiner stangen und schwertsknopf gedichtet wird 73. Bruschius bezieht die Graböffnung allerdings auf Kaiser Maximilians Reichstag in Worms 149574. Über das bloße Geschehen hinaus bedeutete die Graböffnung für die Stadt sicherlich auch eine öffentliche Demonstration kaiserlicher Herrschaft, war doch den Wormser Bürgern während des 15. Jahrhunderts die »direkte Bindung an die Kaiser und Könige als Garanten der Freiheitsrechte und als Gegengewicht zu Bischof und Geistlichkeit« 75 immer wichtiger geworden. Die Erinnerungstexte ließen nicht das »Nibelungenlied« aufscheinen. Dort liegt Siegfrieds Grab auf einem kirch(h)of beim münster – sô was bî dem münster der kirchof alsô wît / von den lantliuten weinens alsô vol (»da war bei dem Münster der weite Kirchhof voller weinender Bürger«, 1062,2). Ein kirchhof ist »der ummauerte Raum um eine Kirche«76, den das Epos zweifelsfrei dem Münster zuschreibt – aber eben so allgemein, dass es dabei nicht zwingend auf spezifische Wormser Örtlichkeiten, gar den Johannisfriedhof auf der Südseite des Doms, anspielt 77. Die Geschichtsschreibung der Stadt, soweit sie Nibelungen-orientiert war, bezog sich auf den »Hürnen Seyfrid« und das Rosengartenepos 78. Der Abschreiber der zornschen Chronik ließ neben anderen heldenepischen Fragmenten Auszüge aus dem »Rosengarten« einfließen, den er utpoisch als ein friedsames Reich deutete, und Freher sprach von den Olympischen Spielen Kriemhilds79. Im Dom wurde nach Bruschius die Lanze (lancea, hasta) gezeigt80, nach Freher war sie ein ingens pinus (eine »riesige Fichte«), also eine Stange als Zeichen für den Riesen81. Den Siegfriedstein, einziges heute noch sichtbares Memorialzeichen, erwähnt erstmals Hel-

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wich 161182. Siegfried habe, so der Domvikar, die Lanze in das Loch des Steins gesteckt und diesen dann über den Dom geworfen. Der Rheinische Antiquarius erzählt, dass der Stein von einem Riesen aus dem Rosengarten über den Rhein geworfen worden sei83. Siegfrieds gêr […] vil michel, starc unde breit (»Wurfspieß […] sehr groß, schwer und breit«, 951,2) stellt sich das Nibelungenepos nicht als ingens pinus vor, auch einen Steinwurf in Worms kennt es nicht. Der gewaltige Kalkstein, so wissen wir heute, ist nichts anderes als der Teil einer Baumkelter.

Der städtische Ursprungsmythos Aus den 1490er Jahren, einer Spätblüte des mittelalterlichen Rittertums und einer Zeit, in der die Städte ihre Freiheit mit besonderem Eifer durch Ursprungsmythen zu legitimieren suchten, stammt die malerische Ausgestaltung des Wormser Rathauses durch Nicolaus Nievergalt (Niwergolt)84, der »Neuen Münze«, mit – soweit wir dies aus den Schriftzeugnissen rekonstruieren können – Drachen und Szenen aus der Heldendichtung, unter anderem dem Königspaar Kriemhild und Siegfried85. Die junge Frau hält einen Kranz weißer und roter Blumen in der Hand, Siegfried tötet die Riesen. Bei seinem Einritt in Worms 1493 setzte sich der Kaiser Maximilian I., wie der Ratsherr Reinhart Noltz in seinem Tagebuch vermerkt, einen Kranz von weißen und roten Wiesenblumen auf – einen crantz von wissen und roten grasbluomen, gemacht in aller mas und gestalt, wie der gemalt crantz in der frawen Crimhiltin an der Möntz in ir hand gemalt ist 86. Der Zyklus Nievergalts scheint die Vorlage für die Ausmalung einer wahrscheinlich im Rathauskomplex selbst befindlichen Trinkstube gewesen zu sein, worauf sich eine handschriftliche Notiz am Fuß eines Flugblatts von Sebastian Brant aus der Zeit um 1500 bezieht87. Corneus Seyfridus und Chrymhildis, wie sie Brants Flugblatt nennt, rufen nicht den »Rosengarten« in Erinnerung, wie man immer wieder angenommen hat88, der keine Kränze aus Wiesenblumen kennt. Nievergalt setzte ein mythisches Zeichen, das wahrscheinlich eine mittelrheinische Erzähltradition mit einem freundlichen Kriemhild-Bild zitiert, das am Ehesten an den »Hürnen Seyfrid« erinnert, der von der lieblichen Prinzessin Kriemhild erzählt, deren Jungfernschaft der böse Drache zu rauben droht – was Siegfried zu verhindern weiß. Nievergalts Kranz aus Wiesenblumen reflektiert eine allgemeine und vielschichtige, nicht konkret ein einzelnes Ereignis anmahnende Kranzsymbolik. Der Kranz soll »allen feierlichen Anlässen des Lebens Glück und Segen bringen«89, in den Händen einer Jungfrau symbolisiert er deren Keuschheit; auch kann er, vielfach identisch mit der Krone, für eine besondere Auszeichnung stehen. Der bairische »Rosengarten« kennt dagegen nur die arglistige Kriemhild, die vâlandîn (»Teufelin«)90, die am Mittelrhein kaum identifikatorische Gelüste geweckt haben dürfte. Die Bürger der Stadt schmückten das neue städtische Zentrum, das sie gegen das sakrale des Doms gesetzt hatten, mit mythischen Zeichen aus der germanischen Heroenwelt. Lindwürmer zierten das neue Stadtwappen und -siegel91. Diese Zeichen besaßen im Schatten der gelehrten Tacitus-Rezeption92 eine gar nicht so geringe Aktualität unter den Gebildeten der deutschen Nation – nachgewiesen nicht zuletzt in verschiedenen »Heldenbüchern« der Zeit. Mit der Berufung auf die Welt der uralten mythischen Helden

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holte man die eigene »Jugendzeit« neu ein und stilisierte sie zu einer Zeit der (germanischen) Freiheit, einer libertas, die die damaligen humanistischen Gelehrten mit der deutschen gleichsetzten und die nun ihrerseits ihr Strahlen auf die städtische libertas werfen sollte. Auf diese Weise spiegelte die »Neue Münze« eine tiefgründige Freiheitssymbolik, die, am Beginn der Neuzeit, das Selbstverständnis der Stadt in ihrer engen Bindung an das Römische Reich widerspiegelte, für dessen König Maximilian I. sie mit hoher Wahrscheinlichkeit inszeniert worden war. Johann Staricius berichtet aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts von den Meistersingern zu Worms: Wenn auch jemand in der Singschulen der Meistergesänge öffentlich daselbsten die Geschicht vom hörnin Seifride aus dem Kopf also aussingen kann, dass von den dazu bestellten Merkern oder Judicirern, wie man sie zu nennen pfleget, kein Verslein ausgelöscht oder notirt wird, so wird ihm ein gewiß Stück Geld zu schuldiger Verehrung vom Rath der Stadt Worms, alter Gewohnheit nach, gereichet 93. Von 39 Exemplaren des »Heldenbuchs« gingen allein 25 nach Worms 94. Das städtische Bürgertum aktivierte auf seiner Suche nach mythischer Legitimation, konkurrierend zu dem um 1500 entstandenen antiken TrebetaMythos 95, die reiche heimische Sagenwelt der Drachen und Heroen. Man bediente sich der volksetymologischen Ableitung des Städtenamens von wurm (»Drache«): »Wormbs. Etliche wollen, dass der Nam von den Würmen herkomme, deren eine grosse Anzahl in dem alten Gemäuer der zerstörten Stadt entstanden« 96. Der Mythos wurde für interessierte Besucher wach gehalten: Man hat vns daselbst eine Stange gewiesen, so 66. Werckschuch lang, die ein Rise, so vor etlich hundert Jahren alda gelebt, gefuehrt haben solle. Es wurde vns auch hinder einem Nonnen Closter (Freherus sagt in S. Caecilien Kirchen) zwischen zwo Capellen sein Grab gezaigt, so 47. meiner, aber nach andern 44. Schuch lang ist. Ist mit Steinen gezeichnet. Bruschius in beschreibung obgedachts Closters zu vnser Frauwen sagt, dass es der Hoernin Seyfrid solle gewest sein 97. Der Wormser Schultheiß Johann Friedrich Seidenbender erinnerte sich anlässlich der Zerstörung der Stadt durch die Franzosen 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg an deren Zerstörung durch Attila98. Johann Friedrich Schannat, 1734 Chronist des Wormser Bistums, lehnte im Sinne der kritischen Aufklärung die Erzählungen von König Gybico, vom hörnenen Siegfried, vom Veroneser Theoderich und dem ewig blühenden Rosengarten der Crimhildis als völlig wirres Zeug (plane delira) ab99. Immer wieder also war es der Mythos außerhalb des »Nibelungenliedes«, der in die Quellen einfloss und der die lokale Erzählkultur prägte.

Die Konstruktion des nationalen Mythos im 19. Jahrhundert Das neue Mittelalter Die städtische Nibelungen-Memoria des 19. Jahrhunderts löste sich allmählich aus ihrem provinziellen Fokus und wandte sich der Konstruktion des an das Nibelungen- und Germanenthema gebundenen nationalen Mythos zu, die das seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert erstarkende patriotische Bildungsbürgertum100 allenthalben forcierte. Seit Her-

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der dazu aufgerufen hatte, sich »nach den Resten der Volkslieder, wie sie jetzt leben«101 umzuschauen, nahmen Gelehrte und Dichter jene Texte in ihre Obhut, die man während der Aufklärung im Allgemeinen verächtlich als »rohe Gesänge eines rohen Volks« 102 abgelehnt hatte. Texte aus dem Mittelalter wurden neu gelesen, gerade auch das »Nibelungenlied«103, das jetzt in dem zeitgenössischen Diskurs der frühen Romantiker über neue Mythologie ebenso verhandelt wurde wie in dem seit der Aufklärung schwelenden patriotischen Diskurs über die deutsche Kulturnation. Alles zielte im untergehenden Heiligen Römischen Reich, das in zahlreiche Kleinstaaten zerrissen war, auf die Stiftung einer nationalen Identität, die sich an Dignität mit der französischen und englischen würde messen können. Ein verklärtes Kaiserreich des Mittelalters und ein idealisierend geschöntes Germanenbild standen Pate – Mittelalter als rückwärts gewandte Utopie. Eine neue, mit der Aufklärung konkurrierende Wertung dieser Epoche104 breitete sich nach dem Vorbild des englischen medievalism aus. Man konnte jetzt auch das mittelalterliche Worms mit neuen Augen sehen. Eine Tagebuchnotiz des Kunsthistorikers Sulpiz Boisserée vom September 1808 ist dafür typisch: »Die Dom-Kirche steht da sehr schwer derb und tüchtig mit ihren sechs Türmen […] alles etwas plump und roh, wie man in alten Büchern Holzschnitte sieht – auf den FensterBänken der drei Fenster nach Sonnen-Aufgang gehen sechs brüllende Löwen, grob in Stein gehauen, davon frißt einer an dem Hirne eines Menschen-Kopfs den er unter der Tatze hält. Dies gibt gar dem Gebäude ein abenteuerliches seltsames Wesen und man verbindet damit unwillkürlich Gedanken an die dunkelen Sagen von Siegfried und jenen uralten blutigen fürchterlichen Schicksalen der Nibelungen« 105. Die »Menge krächzender Raben und Dohlen«106 mag diesen Eindruck verstärkt haben. Der »neue Blick« kam aber von außen, die Stadt Worms selbst versuchte in den ersten beiden Dritteln des 19. Jahrhunderts noch nicht, ihr Profil mit dem Nibelungenstoff zu schärfen.

Städtische Geschichtsschreibung 1825 veröffentlichte Philipp August Pauli eine »Geschichte der Stadt Worms«, die einleitend und in dem Kapitel »Zur Zeit der Burgundionen« auch das Nibelungenthema anriss107. Sie kolportiert ein Bild früher Erzählkultur, das wir heute allenfalls noch als eine romantische Fantasie-Kollage lesen können. Ausführlicher referierte Georg Lange in seiner Stadtgeschichte von Worms108 1837 über das »Nibelungenlied«, den »Rosengarten« und den »Hürnen Seyfrid«, wobei er sich, wie er schreibt, an die »patriotischen Verehrer«109 seiner Heimatstadt richtete. Der Stadthistoriker Friedrich Fuchs begleitete seine euphorischen, an die damals populäre Literaturgeschichte von August Vilmar angelehnten Ausführungen zum »Nibelungenlied«110 mit vollmundigen germanophilen Tönen: »Worms hat […] die Deutschen in ihrer Urkraft gesehen, als sie noch ihre angestammte Eigenart unverkümmert besaßen, frei von jedem römischen und christlichen Einflusse […] Die Wogen der Völkerwanderung umbrausten wild die sagenverherrlichte Stadt«111. Ebenso begeistert schrieb er sich und seine Stadt in den nationalen Mythos ein: »Kein Volk der Welt hat eine Geschichte wie das deutsche, und weniger deutscher Städte Geschichte ist der Wormser vergleichbar«112.

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Vom »neuen Worms« zu dessen Zerstörung Die Nibelungenstadt Während der Gründerzeit begann Worms sich in einer eigentümlichen, an die Zeit des »Nibelungenliedes« angelehnten Memorialkultur als Nibelungenstadt zu inszenieren113. Das Nibelungenthema war als nationales und identitätsstiftendes Thema wohl etabliert und eng mit dem Reichs- und Germanenmythos114 vernetzt worden. Dies vorzugsweise durch Richard Wagners Opern-Tetralogie »Der Ring des Nibelungen«, die die Welt der alten Heroen nach dem Muster der skandinavischen Mythen wieder mit den germanischen Göttern vereinte und deren enormer Zuspruch seither den nationalen NibelungenDiskurs beherrschte. Im Rahmen einer tief greifenden Stadterneuerung in den beiden letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts unter den Stadtbaumeistern Karl Hofmann und Georg Metzler stellte Worms sein neues urbanes Selbstverständnis zur Schau. Straßen wurden nach den Nibelungen benannt und eine eigene, bei der Bevölkerung und den zeitgenössischen Architekten durchaus umstrittene eklektizistische, historisierend nach spätromanischen und frühgotischen Mustern typisierte und mit der damals aktuellen Neorenaissance konkurrierende »Nibelungenarchitektur« entwickelt. Sie war – und ist es trotz der Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg zum Teil bis heute – präsent an einigen Arkadengängen, am Wasserturm (1890), der Neusatzschule (1891), dem Lagerhaus am Handelshafen (1893), der Nibelungenschule (1900), der einer mittelalterlichen Ritterburg nachempfundenen Straßenbrücke über den Rhein (Ernst-Ludwig-Brücke, 1900), deren Architektur im Übrigen die 1689 zerstörte Mainzer Pforte mit zitiert. Auf diese Weise am »deutschen Mythos« arbeitend, ergänzte die Stadt ihr national-protestantisch eingefärbtes Luther-Gedenken durch ein national-katholisch eingefärbtes Nibelungen-Gedenken. Kaiser Wilhelm II., den wir trotz seines Standes gerne als Repräsentanten bildungsbürgerlichen Denkens zitieren können, legte, als er im Dezember 1889 das neue Spiel- und Festhaus besuchte, Worms auf sein städtisches Nibelungenerbe wie folgt fest: »[…] Das Nibelungenlied allein schon ist die Perle aller deutschen Dichtungen, und seine Klänge umwebten und umschweben den Namen der Stadt Worms. Sage und Geschichte haben hier gleich mächtig und groß auf die religiöse und moralische Stärkung des Volkes eingewirkt«115. Der Kaiser liebte die Verknüpfung des Nibelungenthemas mit »seinem« Reich; so erklärte er in einer Manöverrede in Koblenz: »Die deutsche Einheit – der Nibelungenhort«116.

Städtische Erinnerungsorte an die Nibelungen Der monumentale Nibelungenbrunnen, den der Stadtbaumeister Hofmann im Auftrag des Industriellen und Mäzens Cornelius Wilhelm Freiherr von Heyl zu Herrnsheim plante, wurde nicht realisiert117. Die Wartesäle der ersten und zweiten Klasse des Bahnhofsneubaus von 1903/04 mit dessen pseudoromanischen, auch mit dem Jugendstil kontaminierten Formen schmückten Nibelungenfresken. Den Stadtpark, ursprünglich als

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Abb. 104: Rosenfest zu Worms 1906: Unter der Schirmherrschaft des Großherzogs Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt gibt das Mannheimer Hof- und Nationaltheater Hebbels »Die Nibelungen«

Rosengarten geplant, zierte seit 1906 das Hagendenkmal von Johannes Hirt. Es wurde im Juni 1932 an die Stelle des alten Rheinkrans versetzt (vgl. Tafel 31). Eine der 22 Emblemplatten der 1911 angefertigten Amtskette des Oberbürgermeisters zeigt Siegfried als Drachentöter118. Von 1904 bis 1907 feierte man in Worms in Anlehnung an den Titel der Heldensage das »Rosenfest«119 – ein Ersatz für das Sedansfest – und man nahm dabei auch auf die rechtsrheinische Gemarkung »Rosengarten« Bezug. Zum zweiten Rosenfest verfasste Georg Richard Roeß »Neun Bilder aus dem Nibelungenlied« als »musikalisch umrahmte Heimatdichtung«120, und 1906, als Großherzog Ernst Ludwig die Schirmherrschaft übernommen hatte, wurden Hebbels »Die Nibelungen« gegeben121. Im Frühjahr 1914 verdichtete sich der dann durch den Krieg zerstörte Plan, dieses Drama in zweijährigem Rhythmus aufzuführen. Zu einer geradezu nibelungischen Weihestätte wurde das 1910 als »Volkshaus« in Betrieb genommene, von dem Architekten Theodor Fischer errichtete Cornelianum122 am Platz der 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg bei der Stadtzerstörung untergegangenen Münze ausgebaut, eine Stiftung des Freiherrn Cornelius Wilhelm v. Heyl, der die städtische Nibelungen-Memoria immer wieder äußerst großzügig förderte – hier aus Anlass der Vermählung seines Sohnes Cornelius Freiherr von Heyl mit der Prinzessin Mathilde von Isenburg-Büdingen. Das Relief von Siegfrieds Einzug in Worms, die Statue Volkers von Alzey und der Kopf König Gunthers, alle drei angefertigt von dem Dresdner Akademieprofessor Georg Wrba,

bildeten deutliche

nibelungische Bezugspunkte.

Vor

dem

Cornelianum wurde 1921 der 1914 fertig gestellte Siegfried-Brunnen des Münchner Bildhauers Adolf von Hildebrand aufgestellt: »Siegfried, der mit dem rechten Fuß auf dem erschlagenen Drachen steht und mit der linken Hand den gewundenen Schwanz des Dra-

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chens hochhält, wirkt eher zierlich auf dem schweren, steinernen Unterbau des Brunnenwerks mit seinen wuchtigen, romanischen Bögen und brückenähnlich ausladenden Armen der Wasserspiele« 123. Den Festsaal beherrschten die 1914/15 fertig gestellten, auch heute noch beeindruckenden sieben Nibelungenfresken des Stuttgarter Malers Karl Schmoll von Eisenwerth 124: »Brunhildes Empfang in Worms«, »Brunhilde und Hagen, Rache brütend«, »Siegfried fesselt den Bären«, »Klage um Siegfrieds Tod«, »Volker und Hagen auf Schildwacht in Etzels Hoflager«, »Dietrich von Bern fesselt Hagen«, »Kriemhilds Tod«. Schmoll schmückte die niedrigen und ziemlich hoch gelegenen Bildflächen mit groß proportionierten Figuren in – mit Ausnahme von »Brunhildes Empfang« an der Stirnseite der Halle – paarweiser Gruppierung und geduckten Stellungen. Die schlichten, stilisierten Gewänder stehen zeichenhaft für eine archaische Zeit und halten den Blick auf die überzeitliche Emotionalität der Figuren frei. Das Cornelianum, das im Bombenkrieg 1945 keineswegs vollständig zerstört worden war, musste »aus ideologisch beeinflusster politischer Kurzsichtigkeit«125 einem modernen Bau weichen, ein Schicksal, das, nicht untypisch für die Mentalität Nachkriegsdeutschlands, die schroffe Abkehr von jeder Erinnerung an das Mittelalter widerspiegelt, weil diese im so genannten Dritten Reich nationalsozialistisch missbraucht worden war.

Abb. 105: Das 1910 als »Volkshaus« in Betrieb genommene Cornelianum des Architekten Theodor Fischer am Platz der 1689 zerstörten Münze mit dem Siegfried-Brunnen von Adolf von Hildebrand (1914/1921) – eine nibelungische Weihestätte (Foto 1934)

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Die Weimarer Zeit Nach dem Ersten Weltkrieg, der die städtischen Strukturen in Worms tief veränderte, waren die Deutschen ein innerlich zerrissenes und leidendes Volk, das sich in großen Teilen als eine Nation wahrnahm, die die Siegermächte auf Dauer demütigen wollten. Zur Pflege der nationalen Identität in der jungen Republik griff man – neben Anderem – in weiten Kreisen des gebildeten Bürgertums nicht auf die linksliberalen und demokratischen Traditionen des vergangenen Jahrhunderts zurück, sondern trotzig auf die im besiegten Kaiserreich gepflegten Identifikationsmuster und in ihrem Rahmen auch auf den Nibelungenmythos. In Worms versuchten vor allem der rechtsliberal orientierte Wormser Verkehrsverein und in ihm namentlich die Familie von Heyl, dessen Pflege wach zu halten. Ein »Nibelungenviertel« mit Dankwart-, Gibich- und Giselherstraße wurde im Südwesten der Stadt angelegt126. Ohne greifbares Ergebnis blieb der Versuch, 1922 »Die Nibelungen« von Hebbel in einer dreiwöchigen Veranstaltungsdauer aufzuführen. Sechs Jahre später, im Juni 1928, organisierte der Verkehrsverein eine (seit 1925/26 geplante) »Nibelungenwoche«127 mit zahlreichen kulturellen Aktivitäten; neben einem Kinderfestzug wurde unter anderem auch der zweiteilige, 1923/24 uraufgeführte Nibelungen-Film von Fritz Lang gezeigt. »Die etwas diffuse Nibelungenthematik (und dabei am wenigsten das Nibelungenlied) sollte dabei gleichsam als Dekoration, als Folie zur Selbstdarstellung des historischen Worms fungieren«128. Große Pläne reiften damals in der Stadt, als die Republik allmählich wieder wirtschaftlich gesundete, und vollmundig rühmte der Leiter der Stadtbibliothek und des Archivs, Friedrich Maria Illert, im Stil der Zeit die »Menschheitsbedeutung« seiner Stadt129. In diesem Klima gediehen auch die Ideen eines großen historischen Festzuges und einer Freilichtaufführung auf einem neu anzulegenden Festplatz. Hellsichtig sah Ludwig von Heyl, der Industrielle, das finanzielle Desaster voraus.

Abb. 106: Neoklassizistisches Relief von Georg Wrba (Dresden), Siegfrieds Einzug in Worms (Cornelianum, 1910)

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Abb. 107: Im Festsaal (Nibelungensaal) des Cornelianums: Fresko von Brunhildes Empfang in Worms des Stuttgarter Malers Karl Schmoll von Eisenwerth. Das expressionistische Bild schmückt, umgeben von zwei Schrifttafeln mit der ersten und sechsten Strophe des »Nibelungenliedes«, die Stirnseite des Saales

Das Wormser Bürgertum blieb gespalten. Die bürgerliche Arbeit am Nibelungenmythos bewegte sich in einem sensiblen politischen Spannungsfeld. Auf der einen Seite agierte der konservative Verkehrsverein, auf der anderen eine linke Publizistik, vertreten etwa durch den Schrifsteller Peter Bender. Er war Mitglied des Wormser Arbeiter- und Soldatenrates gewesen und wurde später im KZ Mauthausen ermordet. Bender stritt gegen die »militärisch missbrauchten Nibelungen-Symbole« und sprach sich – freilich wenig konkret – dafür aus, den Mythos zu einem Friedens-Mythos weiterzuentwickeln 130.

Der Nationalsozialismus Anfang des Jahres 1934 wurde der eher zu konservativ-nationalem Denken als zur nationalsozialistischen Ideologie neigende Friedrich M. Illert131 Leiter der Wormser Kulturinstitute. Er definierte das neue kulturelle Profil der Stadt in den folgenden Jahrzehnten maßgeblich mit. Illert verschränkte das städtische Nibelungen-Gedenken mit einer ins Mystische gesteigerten Reichsidee. Anlässlich des 1500 -jährigen Jubiläums des germanischen Burgundenreichs 1936 plante er seit Sommer 1933 ein »Nibelungenjahr« als eine

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Abb. 108: »Wormser Nibelungenwoche« im Rahmen der »Reichstheaterwoche« 1937: Das Landestheater Darmstadt gibt im Festhaus Hebbels »Die Nibelungen« – hier die Bahrprobe nach der 17. Aventüre des »Nibelungenliedes«

»Weltfeier der Völker germanischen Blutes«132. Ein eigens zu konzipierendes Festspiel sollte als ein »Weltspiel des Reiches« und ein »heroisches Spiel von den Nibelungen« 133 die Deutschen für eine imperiale Reichsidee begeistern. Man liebte damals solche Hybris – rückwärts gewandt wie in der Romantik, auf die man sich gerne berief, jetzt aber durch die faschistischen Allmachtsfantasien, die der Nibelungen-Diskurs mit der Wagner-Rezeption stützte, von einer ganz anderen Dimension. Gegen mancherlei Widrigkeiten verfolgte Illert zäh und engagiert seine Idee, scheiterte jedoch. Ende April 1936 übernahm der Reichsstatthalter und Gauleiter von Hessen-Nassau Jakob Sprenger von der Frankfurter Gaupropagandaleitung aus die Planungshoheit und sah eine Gauveranstaltung mit der Aufführung von Hebbels »Nibelungen« vor. Anders als das mittelalterliche »Nibelungenlied« setzte Hebbel an das Ende seines Textes einen Hoffnungsstrahl und ließ nach allem Elend durch Dietrich eine neue Zeit anbrechen134. Hier konnten sich die Nationalsozialisten leichter wiederfinden als in der düsteren Katastrophe des mittelalterlichen Epos, zumal sie ihre Machtergreifung auch als den Anbruch einer neuen Epoche feierten. Nicht ohne Grund hatte Goebbels als Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda den zweiten Teil des Fritz-Lang-Films archivieren lassen. 1937 wurde die »Wormser Nibelungenwoche« im Rahmen der Reichstheaterwoche veranstaltet. Das Landestheater Darmstadt gab das Drama von Hebbel in einer sechsstündigen Inszenierung135. Goebbels, dessen Rede im Wassergas-Schweißwerk die überregionale Presse allerdings mehr beachtete als die anschließende Aufführung des Schauspiels, erinnerte sich in einem Tage-

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buchnotat vom 21. Juni an ein »erschütterndes Erlebnis, das uns alle auf das Tiefste aufwühlt«136. Die Nibelungen-Woche wurde mit Beginn des Krieges ausgesetzt. Illert, derart aus der Organisation des Festspiels ausgeschlossen, erdachte andere Ziele der Erinnerung an das Nibelungenthema: Er wollte den Dombezirk zu einem »Reichsgedenkplatz« umgestalten, arbeitete an einem zwölfminütigen Film mit dem Titel »Worms – die Stadt der Nibelungen« (1935) mit 137, half den Platz vor dem Westchor des Doms mitzugestalten, an dem eine der fünf 1936 angebrachten, von Albrecht Glenz angefertigten Reliefplatten an den Seitenwänden Siegfried zeigt 138; er veranstaltete im Frühjahr 1939 eine »Amtsfahrt der Nibelungenstadt« an die Nibelungenstädte der Donau und konzipierte 1942 ein »Forschungsinstitut für Reichsgeschichte und Heldensage« 139. 1944 rief er die »Arbeitsgemeinschaft Nibelungenland« ins Leben, die einem expansiven Burgunden-Begriff huldigte140.

»Nibelungenlied« und Stadtprofil im ausgehenden 20. Jahrhundert Nach 1945 Illert konnte nach dem Krieg seine Schlüsselstellung in der städtischen Kulturpolitik behaupten, doch blieb die Annäherung der Stadt an den in ihr verorteten germanischen Mythos bis ins letzte Jahrzehnt des Jahrhunderts so zögerlich wie in der Bundesrepublik überhaupt. Man konnte sich nicht von seiner Instrumentalisierung vor 1945 lösen. 1956 wurden die Freilicht-Festspiele mit Hebbels »Die Nibelungen« wieder aufgenommen, und Oberbürgermeister Heinrich Völker erinnerte dabei an die Aufführungen zwischen 1937 und 1939 141. Solche oft gedankenlos formulierten Kontinuitäten sah die junge Republik vielfach. Die Spiele belasteten den Kulturhaushalt der Stadt erheblich und wurden bald abgesetzt. Im Dezember 1966 brachte Harald Reinl sein ebenso monumentales wie kitschiges filmisches Epos »Die Nibelungen 1. Teil – Siegfried« im Kino/Lichtspiele »Roxy« zur Uraufführung. In dem im selben Jahr wieder aufgebauten Spiel- und Festhaus wurde im oberen Foyer ein von Prof. Hermann Kaspar/München geschaffener, von Edith Müller-Ortolff/Meersburg geknüpfter monumentaler Bildteppich angebracht – gedankenschwere Wagner-Nachfolge: Die drei Nornen der germanischen Götterwelt spinnen die Schicksalsfäden der Nibelungen142. Von Juni bis Oktober 1981 veranstaltete die Stadt die Ausstellung »Das Nibelungenlied – Zeit und Bedeutung«: Heinz Esser und Werner Paritschke versuchten hier, das Geschehen des Nibelungenepos durch so genannte »Aktionspfeile« mit Symbolfarben zu visualisieren 143. Frauke Grohs Collinson, Tochter des wegen seiner völkisch-mystischen Weltanschauung umstrittenen Malers Hans Groß aus Heide, stiftete im Oktober 1988 die zwölf Ende der 20er Anfang der 30er Jahre geschaffenen Gemälde des Nibelungenzyklus’ ihres Vaters. Im Juli des folgenden Jahres nach Worms verbracht, fanden elf davon ihren Platz im dritten Obergeschoss des Rathauses. Zehn Gemälde erinnern an Szenen aus dem Epos: »Brunhild kommt von Isenland«, »Der Triumph Kriemhilds«, »Brunhild und Hagen wollen Siegfrieds Tod«, »Siegfrieds Abschied«, »Hagen tötet Siegfried«, »Kriemhilds

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Klage – Brunhilds Tod«, »Hagen versenkt den Hort«, »Der Kampf vor der Treppe«, »Der erschlagene Rüdiger wird gezeigt«, »Kriemhild tötet Hagen«; das elfte Gemälde zitiert die nordische Sage: »Kriemhild geht ins Feuer«, das zwölfte (»Hagen und Volker auf der Wacht«) ging als Leihgabe an das Museum Alzey. Groß’ 1919 in Weimar entstandenen Nibelungen-Holzschnitte, neun Blätter einer ehemals 20–teiligen Folge, kamen im Oktober 2000 in das Museum der Stadt Worms im Andreasstift 144. »Auf den Gemälden erscheinen die Personen durchweg als monumentale, etwa lebensgroße Gestalten mit starrem kalten Blick und wehendem blonden Haar«, jede Szene ist »auf ein oder zwei – ausnahmsweise drei – Personen beschränkt, die den gesamten Bildraum des Hochformates ausfüllen […] Farblich wird der gesamte Zyklus von kalten Grau- und Blautönen dominiert«145. Die Stiftung repräsentiert ein interessantes Zeitdokument aus dem vergangenen Jahrhundert, das man vernünftigerweise nicht zu einem städtischen Erinnerungsort aufwertete.

Nibelungenliedgesellschaft und Nibelungenmuseum Erst gegen Ende des Jahrhunderts wurde mit Blick auf das Nibelungenjahr 2000 das Nibelungen-Gedenken in Worms wieder verdichtet. Es sollte jetzt das Stadtprofil mit dem Ziel schärfen, der Stadt das Label der »Nibelungenstadt« aufzuprägen, und zwar nicht mehr mit jenem verschwommenen und verklärenden Blick früherer Jahre, sondern in nachdenklicher und kritischer Aufarbeitung der Vergangenheit, unaufgeregt, aber konsequent. Jetzt nahm man, anders als früher, das Epos selbst und seine Geschichte wirklich wahr. Das Kulturdezernat unter Gunter Heiland146, das Stadtarchiv unter Gerold Bönnen und der Journalist Volker Gallé erarbeiteten ein Konzept, das sich durch die Förderung der Nibelungenforschung, das Ziel, den Text in der Bevölkerung bekannter zu machen, und darüber hinaus durch den Aufbau und die Betreuung einer stoffbezogenen Erlebniskultur auszeichnet. Im Oktober 1998 fand das erste wissenschaftliche Symposion statt, das sich der Rezeptions- und Wirkungsgeschichte des »Nibelungenliedes« widmete – hinsichtlich gerade auch der Stadtgeschichte verständlicherweise ein besonderer Schwerpunkt der neuen Arbeit an der Nibelungen-Memoria. Im Rahmen dieses Symposions wurde die »Nibelungenlied-Gesellschaft Worms e. V.« aus der Taufe gehoben, deren Vorsitz Volker Gallé übernahm. Am 19. November 1999 erfolgte der erste Spatenstich für das Nibelungenmuseum im Torturm an der östlichen Stadtmauer147. Hatte Stadtarchivar Fritz Reuter das Museum angeregt, so erarbeitete das Kulturdezernat – zusammen mit dem Marburger Germanisten Joachim Heinzle – das Konzept eines Erlebnismuseums. Eine aufgeregte und – wie es in einem Kommentar der »Wormser Zeitung« vom 16. September 1999 heißt – »quälend lange Debatte« folgte, während der sich lautstarker Widerstand erhob. Das üble Wort vom »Nibelungensumpf« kam auf148. Im Frühjahr 1998 stellte die Stadtverwaltung – gegen die Bedenken der Landesdenkmalpflege und der örtlichen Architektenkammer – das Projekt der Öffentlichkeit vor. Gleichzeitig strengte eine Bürgerinitiative einen Entscheid gegen das Museum an: Es verschandle die historische Stadtmauer, sei zu teuer und lediglich ein virtuelles Literaturmuseum. Der Entscheid erreichte jedoch nicht das erforderli-

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Karte 19: Nibelungenstätten in Worms

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che Quorum, und deshalb beschloss der Stadtrat mit großer Mehrheit den Bau des Museums, das dann am 18. August 2001 eingeweiht werden konnte. Der alte Wehrgang der Stadtmauer verbindet einen »Sehturm« mit einem »Hörturm«, in denen über die Handlung des Epos, seine Motive sowie seine Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte aufgeklärt wird. Ein in der Tiefe befindlicher »Schatzraum« ermöglicht das Spiel mit mythischen, computergenerierten Bildern. Es ist ein intimer Ort des Erinnerns, Nachdenkens und Wunderns.

Der Nibelungenweg Dem Ziel, den Stadttourismus zu fördern und die Stadt als einen zentralen Gedächtnisort der Nibelungen zu profilieren, dient neben dem Museum der von Volker Gallé und Gunter Heiland konzipierte Faltplan für einen »Nibelungenweg«, der den Tourist(inn)en seit Anfang 1999 zur Verfügung steht und zehn Stationen verzeichnet: Domwestchor mit Siegfriedstein, Platz der Partnerschaft mit Steinrelief/Festspielort, Kaiserportal/im Lied Ort des Königinnenstreits, Siegfriedbrunnen, Haus zur Münze mit Relief, Volkerplastik und Glaswand, Rathaus mit Glasfenster, Stadtmauer am Torturmplatz/Nibelungenmuseum/»Siegfrieds Grab«, Nibelungenbrücke, Kisselswiese/Zelt- und Turnierplatz im Mittelalter, Hagendenkmal. Ein »Nibelungenbähnchen« kann die Besucher(innen) befördern, wobei sie ausführlich über die einzelnen Örtlichkeiten und das Epos selbst informiert werden. Von der Nibelungenbrücke nimmt die »Nibelungenroute« durch den Odenwald nach Würzburg ihren Ausgang, die sich bei Lorsch in die nördliche »Nibelungen-« und die südliche »Siegfriedstraße« spaltet und die von der »Arbeitsgemeinschaft NibelungenSiegfried-Straße« in Lindenfels betreut wird.

Das Nibelungen-Festspiel Die Idee, in Worms neue Nibelungenfestspiele zu veranstalten, stellten erstmals der Schauspieler Mario Adorf und Bettina Musall am 1. Dezember 1996 bei einem Bürgerempfang der SPD vor. Im Juli 1998 billigte der Stadtrat dann das von Volker Gallé vorgelegte Konzept einer Freilichtaufführung von Moritz Rinkes eigens dafür verfasstem Stück »Die Nibelungen«, das am 17. August 2002 vor der Südfassade des Wormser Doms unter der Intendanz von Klaus Naseband und der Regie von Dieter Wedel uraufgeführt wurde149. Das Pop-Schauspiel – 2003 wiederholt und von den Medien vielfach beachtet – schreibt den Nibelungenmythos ohne Heroik, Pathos und Nationalkitsch, ohne Bezugnahme auf faschistische und sozialistische Vereinnahmungen fort, und zwar im besten Sinne respektlos – auch, wie schon Hebbels Stück, gegen die eingeschliffene Schul-Sprache. Es hat die gedankenschwere christliche und links-kritische Nibelungenrezeption der Nachkriegsjahre verlassen und ist trotzdem, vielmehr gerade deshalb ein hintergründiges Stück geworden. In der metaphorischen Rede Rinkes, den filmkritischen Diskurs von Fritz Lang aufnehmend, der den Zwang von Kino und Theater zur Gegenwärtigkeit reflektiert: »Ich habe die Nibelungen auf den Asphalt gestellt«150. Brünhild organisiert die

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Ermordung Siegfrieds, Kriemhild wird »ihre« Rache zugestanden, Gunther dagegen verliert jegliche Gestaltungskraft. Die beiden großen Frauen überleben, jedoch ohne eine utopische Perspektive – ein moderner, im Übrigen mehrfach auf den nordischen Mythos zurückgreifender Entwurf gegen die alten Nibelungendramen. Das beste unter ihnen, das vielgesichtige Stück Friedrich Hebbels, das 1862 als »deutsches Trauerspiel in drei Abteilungen« uraufgeführt wurde, das als Drama einen philosophischen Diskurs über die Weltgeschichte inszeniert und das sich wie der Mythos selbst immer wieder den Interessen einer jeweiligen Gegenwart öffnen kann, kam 2004 auf die Bühne; jetzt unter Intendant Dieter Wedel und der Regie von Karin Beier. In zweijährigem Turnus sollen sich in Zukunft Hebbel und Rinke abwechseln.

Abb. 109: Nibelungen-Festspiele 2002, Moritz Rinkes Schauspiel »Die Nibelungen« mit einem eindrucksvollen Aufgebot international bekannter Schauspieler: im Zentrum Mario Adorf, einer der Initiatoren der neuen Festspiele, als Hagen, im Vordergrund Maria Schrader als Kriemhild, im Hintergrund Susanne Tremper als Ute

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Mit den Nibelungen-Festspielen und -Symposien sowie mit noch vielen anderen künstlerischen und – wie wir heute gerne sagen – der Event-Kultur verbundenen Aktivitäten zum Thema »Nibelungenlied«, die hier nicht eigens erwähnt werden können151, sowie letztlich auch mit einem attraktiven Internetauftritt der Nibelungenlied-Gesellschaft nimmt Worms – spät zwar, jedoch dynamisch – ein in Europa seit den späten 1970er Jahren unübersehbar gewachsenes, breit facettiertes Interesse am Mittelalter auf. Jetzt ist es nicht mehr der gehörnte Siegfried, der die urbane Identität stiften soll, sondern das Nibelungenepos selbst und seine spätere Geschichte – die Arbeit am »Mythos Nibelungenlied«. Die Kultur tragenden Bürger der Stadt organisieren heute eine intensive Nibelungen-Memoria und setzen damit am Beginn des 21. Jahrhunderts einen nachhaltigen, eigenen und eigenwilligen, auch modernen Akzent in der unendlichen Geschichte des großen, alten Mythos.

Abb. 110: Nibelungen-Festspiele 2004: Hebbels »Die Nibelungen« werden wieder aufgenommen

Bemerkungen zur Entwicklung der Stadt Worms seit 2003 G EROLD B ÖNNEN

Der vorliegende Beitrag unternimmt den Versuch, aus der Sicht des Frühjahres 2015 wesentlich erscheinende Entwicklungslinien der Stadt seit etwa der Jahrhundertwende nachzuzeichnen. Der Verfasser ist sich über die Schwierigkeit im Klaren, in einem stadtgeschichtlichen Grundlagenwerk Fakten und Tendenzen der seit 1996 selbst erlebten jüngsten Zeit in einer angemessenen Weise zu beurteilen. Selbstverständlich ist eine subjektive Einfärbung schon deshalb unumgehbar, weil eine gewichtende Einordnung und Würdigung des städtischen Geschehens erst mit weiterem zeitlichem Abstand möglich sein wird. Unstrittig ist jedoch, dass die lange Zeit mit dem Image einer grauen Industriestadt konfrontierte Mittelstadt in den letzten gut zehn Jahren eine außerordentlich vielfältige, positive Entwicklung durchgemacht hat und auf vielen Feldern eine hohe Dynamik vorherrschte1.

Zahlen und Fakten Die Bevölkerungsentwicklung der Stadt (2003: 81 100, 2010: 81 736, 2013: 80 296 Einwohner) ist ungeachtet des auch auf Worms durchschlagenden allgemeinen demographischen Wandels nach wie vor von Stabilität, Attraktivität und Zuwanderung gekennzeichnet. Die günstige Lage der Stadt zwischen den Ballungsräumen Rhein-Main und Rhein-Neckar, der nach wie vor starke Zuzug in die Städte und die sich stetig verbessernde Verkehrsinfrastruktur sichern Worms auch auf mittelfristige Sicht eine relativ stabile Einwohnerentwicklung mit allen Konsequenzen, etwa für den Wohnungsmarkt. Der Anfang 2012 vorgelegte Demographiebericht »Worms 2030« geht davon aus, dass die Bevölkerungszahl bis zu diesem Zeitpunkt insgesamt stabil bleiben wird, wobei der Anteil der alten Menschen und die der Zuwanderer steigen wird. Der Ausländeranteil in Worms lag 2010 mit 12,6 % im oberen Drittel der Städte in Rheinland-Pfalz; 45 % der Kinder in den Tageseinrichtungen haben nach amtlichen Zahlen einen Migrationshintergrund. Konfessionell verteilt sich die Bevölkerung im selben Stichjahr wie folgt: Evangelisch 39 %, Katholisch 28 %, keine Konfession 22 %, keine Angaben bzw. Sonstige 11 %. Wie überall in Deutschland hat seit 2013/14 die erheblich zunehmende Zahl von Flüchtlingen bzw. Asylsuchenden vor allem für die Kommune zu erheblichen Herausforderungen geführt, deren Folgen noch nicht absehbar sind.

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Hinsichtlich der Umlandbeziehungen hat sich vor allem die im April 2005 erfolgte Institutionalisierung der Europäischen Metropolregion Rhein-Neckar, siebtgrößter Wirtschaftsraum Deutschlands, positiv ausgewirkt. Die kreisfreie Stadt Worms ist in den Gremien des Verbandes (Sitz Mannheim) und der 2006 gegründeten Metropolregion RheinNeckar GmbH aktiv beteiligt, was schon angesichts der Pendlerströme und der generellen Ausrichtung der Stadt auf dem Raum Mannheim-Ludwigshafen wichtig ist und bleiben wird. Die Stadt Worms ist raumplanerisch zugleich Teil der Planungsregion RheinhessenNahe und der Planungsregion Rheinpfalz. Ob es für Rheinhessen, das 2016 sein 200-jähriges Bestehen feiern kann, zu Veränderungen im Gebietszuschnitt mit Auswirkungen auf die Stadt kommen wird, ist derzeit noch nicht abzusehen. Unstrittig dürfte sein, dass die Kreisfreiheit der Stadt erhalten bleiben soll, nachdem im direkten Umland der Stadt (Landkreis Alzey-Worms) im Sommer 2014 eine erste Fusion von Gebietskörperschaften (Verbandsgemeinde Westhofen und Stadt Osthofen zur VG Wonnegau, Sitz Osthofen) zustande gekommen ist.

Politik Direkt gewählter Oberbürgermeister ist seit seiner ersten Wahl 2003 (als Nachfolger von Gernot Fischer, geb. 1937) der Sozialdemokrat Michael Kissel (geb. 1955). Im April 2011 erfolgte (wiederum im ersten Wahlgang) seine Wiederwahl (52,9 %) gegen seinen Herausforderer Dr. Klaus Karlin (CDU-Fraktionsvorsitzender im Rat, geb. 1964). Der zuletzt am 25.5.2014 gewählte Stadtrat setzt sich aus 52 Mitgliedern zusammen. Bei einer Wahlbeteiligung von 45 % erreichten die Parteien folgende Sitzzahlen (in Klammern Ergebnisse 2009): SPD 18 (20), CDU 17 (17), FDP 3 (6), Grüne 6 (4), FWG-Bürgerforum 5 (3), Linke 2 (2), NPD 0 (1) Sitze2. Faktisch bilden SPD und CDU in allen wichtigen Fragen eine »Große Koalition«. Diese wird zwar von den »kleinen« Parteien immer wieder kritisiert, angesichts der durch die finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen vorgegebenen tatsächlichen kommunalen Handlungsspielräume wird es jedoch auch künftig kaum wirkliche Alternativen zu den bewährten Grundlinien der weiteren Stadtentwicklung und einer möglichst konsensualen politischen Kultur geben. Der seit 2014 amtierende Stadtvorstand besteht neben dem Oberbürgermeister aus dem Bürgermeister Hans-Joachim Kosubek (CDU) und den Beigeordneten Uwe Franz (SPD), Waldemar Herder (parteilos) – beide hauptamtlich – sowie Petra Graen (CDU, ehrenamtlich). Eine nicht geringe Bedeutung für die lokale Politik besitzen die direkt gewählten Ortsbeiräte in den eingemeindeten Vororten und die dort amtierenden, seit kurzem ebenfalls direkt gewählten Ortsvorsteher, die zugleich häufig auch Ratsmitglieder sind. Das durchaus beachtliche Gewicht der Vororte im Gefüge der Stadt fördert nicht selten zentrifugale Kräfte auf Kosten der Innenstadt, was bei haushaltslagebedingt vermehrten »Verteilungskämpfen« um Mittel immer wieder zu Diskussionen um Schwerpunktset-

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zungen bei kommunalen Vorhaben führt und künftig weiter führen wird. In den letzten Jahren wurden zudem eine Reihe von Beiräten (Senioren, Migranten; Jugendparlament etc.) und Beauftragten eingeführt oder deren Rolle verstärkt. Insgesamt stellt sich auch in Worms die Herausforderung stärkerer Partizipationswünsche von Teilen der Bevölkerung (Bürgerbeteiligung) bei zugleich schwindender Wahlbeteiligung. Die sehr aktiven Bürgerinitiativen gegen das geplante Gewerbegebiet »Am Hohen Stein« im Westen der Stadt und diejenige gegen den Bau eines Hauses südlich vor dem Dom (s. u.) haben in den letzten Jahren grundsätzliche Fragen nach der Durchführbarkeit größerer Projekte in und um die Stadt ganz neu aufgeworfen. Die entschiedener als in der Vergangenheit vorgebrachten Ansprüche auf Bürgerbeteiligung werden künftig kommunalpolitisches Handeln nicht einfacher machen und durch Instrumente wie Einwohnerversammlungen nicht abgedeckt werden können. Im Landtag Rheinland-Pfalz (zuletzt gewählt 2011) wird die Stadt Worms durch die beiden Abgeordneten Jens Guth (geb. 1966, SPD, direkt gewählt) und Adolf Kessel (CDU) vertreten. Bei der Bundestagswahl 2013 errang mit dem aus Dittelsheim-Heßloch stammenden Winzer und Betriebswirt Jan Metzler (geb. 1981) erstmals seit Bestehen der Bundesrepublik bzw. der ersten Bundestagswahl 1949 ein Bewerber der CDU das Direktmandat im Wahlkreis Worms (207). Zuvor hatte seit 1994 mit Klaus Hagemann (geb. 1947) ein mehrfach direkt gewählter Sozialdemokrat die Stadt und ihr Umland in Berlin vertreten. Aktiv ist die Stadt nach wie vor um die bürgerschaftlich getragene Pflege und den Ausbau der Städtepartnerschaften zu St. Albans (England, seit 1957), Auxerre (Frankreich, seit 1968), Parma (Italien, seit 1984), Tiberias (Israel, seit 1986), Bautzen (Sachsen, seit 1990) und Mobile (Alabama, USA, seit 1998) sowie seit 2014 zum chinesischen Ningde (Provinz Fujian) bemüht.

Der »Konzern Stadt«: Organisation und kommunale Finanzen Die Organisationsstruktur der Stadtverwaltung hat sich in den letzten etwa 15 Jahren stark verändert. Neben der 2004/05 durchgeführten Reform in der Kernverwaltung, durch die mit den Bereichen größere Einheiten als die bis dahin bestehenden Ämter gebildet wurden, entwickelte sich das Netz der städtischen GmbHs und Beteiligungen zunehmend in Richtung auf das Modell des »Konzerns Stadt«. Die Gesellschaften und Beteiligungen der Stadt reichen u. a. vom Entsorgungs- und Baubetrieb Worms (ebwo) über die EWR AG (s. u.), die Flugplatz GmbH, den Integrationsbetrieb Friedhof, die Klinikum Worms gGmbh (bis 2007 »Stadtkrankenhaus«, es hatte 2009 1077 Mitarbeiter), die Nibelungenfestspiele gGmbH, Anteile an der Rhenania Worms AG bis zur kommunalen Wohnungsbau GmbH Worms. Dieses Geflecht ist Ausdruck der nachwievor breit angelegten kommunalen Daseinsvorsorge. Die Lage der kommunalen Finanzen, die gemäß landesgesetzlichen Bestimmungen seit dem Jahre 2007 nach den Grundsätzen der kommunalen Doppik anstelle der bishe-

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rigen kameralistischen Rechnungslegung geführt werden, gestaltet sich auch in Worms (nicht anders als in praktisch allen anderen Kommunen auch) seit Jahren aufgrund struktureller, von den Städten selbst nicht beeinflussbarer Gegebenheiten äußerst schwierig. Durch die ständige Übertragung neuer Aufgaben durch Bund und Land, die vor allem zu stetig wachsenden sozialen Lasten führt, sowie neue Standards und Vorgaben und auch aufgrund von Sanierungsbedarf im Gebäudebereich (v. a. bei Schulen etc.) hat sich eine zwar im Vergleich zu anderen rheinland-pfälzischen Städten noch nicht extrem dramatische, aber zweifellos überaus schwierige Finanzlage herausgebildet. Der Fehlbetrag im städtischen Ergebnishaushalt lag 2013 bei rund 30,8 Mio ‰. Ohne eine von den Kommunen und den kommunalen Spitzenverbänden seit Jahren angemahnte grundlegende Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Land und Kommunen wird ein dauerhafter Abbau des wachsenden strukturellen Defizits (vor allem die konstante Unterfinanzierung des Sozialhaushalts) nicht möglich sein, denn nach wie vor sind Investitionen in die Bildungseinrichtungen (Schulen, Kindertagesstätten), die Verkehrsinfrastruktur und andere Bereiche unumgehbar. Dabei steht die Höhe der kommunalen Steuern und Gebühren stets auf dem Prüfstand, um die Einnahmesituation womöglich zu verbessern. Auch die akut überaus angespannte Flüchtlingsproblematik mit ihren gerade auch langfristigen Folgen (Wohnungsmarkt, Integration) wird die Kommunen und ihre Haushalte weiter belasten. Erfreulicherweise besteht in der Politik Einigkeit darin, die für das städtische Leben unverzichtbaren freiwilligen Leistungen vor allem im Bereich der Kultur und ihren Institutionen auch weiterhin zu gewährleisten.

Stadtentwicklung und Infrastruktur Die Jahre seit etwa 2003 waren und sind für die Stadt von erheblichen, sehr erfolgreichen Anstrengungen zur Modernisierung und dem Ausbau der Infrastruktur gekennzeichnet. Im August 2008 konnte nach einer jahrzehntelangen Planungs- und Diskussionsphase und der Klärung der Finanzierung aus Bundesmitteln (Kosten ca. 16 Mio ‰) im Beisein von Bundesverkehrminister Wolfgang Tiefensee die seit 2005 im Bau befindliche neue, zweite Rheinbrücke im Zuge der B 47 ihrer Bestimmung übergeben3 und danach bis 2013 die bestehende, 1953 gebaute Nibelungenbrücke grundsaniert werden. Dadurch besteht eine vierspurige Anbindung an die hessische Seite, ergänzt um eine völlig neue Verkehrsführung am grundlegend neu gestalteten Rheinufer. Die Ausbauarbeiten an der durch erfolgreiche Gewerbeansiedlungen vor allem im Logistiksektor (s. u.) stark beanspruchten Nord-Süd-Verbindung B 9 werden noch längere Zeit andauern. Die ab 2003 begonnenen Modernisierungsarbeiten am 1904 eröffneten Bahnhof und seinem städtebaulich ganz neu gestalteten Umfeld (Busbahnhof, Plätze westlich/östlich vor dem Bahnhof) konnten 2013 nach Abarbeitung von zehn Einzelprojekten (Volumen insgesamt ca. 35 Mio ‰) abgeschlossen werden. Der wichtige Anschluss von Worms an die seit Jahren erfolgreiche S-Bahn Rhein-Neckar befindet sich für 2018 in Vorbereitung und wird im Bereich des ÖPNV deutliche Verbesserungen mit sich bringen, wohingegen

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Abb. 1: Nibelungenbrücke und zweite Rheinbrücke, 2009. Fotograf: Rudolf Uhrig

die direkte Anbindung an überregionale Zugverbindungen in den letzten Jahren eher ausgedünnt wurde. Der Busverkehr in der Stadt und ihrem Umland wurde 2014 neu ausgeschrieben und seither von der Bahntochter »Rheinpfalzbus GmbH« durchgeführt. Das größte kommunale Bauvorhaben der letzten zehn Jahre war der mit dem Umbau und der kompletten Sanierung des 1966 eröffneten Spiel- und Festhauses einher gehende Bau des neuen Kultur- und Tagungszentrums (»Das Wormser«), dessen Eröffnung am 29. Januar 2011 begangen wurde (s. u.). Damit wurde auch die jahrzehntelange Diskussion um den Bau einer Stadthalle für Worms erfolgreich beendet. In der Innenstadt hat vor allem die Eröffnung der von der Düsseldorfer Firma Investitions- und Treuhand-GmbH (ITG) realisierten »Kaiser-Passage« zwischen Ludwigsplatz, Römerstraße und Römischem Kaiser als Einkaufspassage mit 16 000 m2 Verkaufsfläche im Frühjahr 2004 einen wichtigen neuen Akzent gesetzt. Derselbe Investor hat dann ab 2008 mit dem südlich der Schönauer Straße auf einem aufwendig von Altlasten der für die Stadt einst so wichtigen Lederindustrie bereinigten Quartier errichteten »Wormser Einkaufs-Park« eine innenstadtnahe Nutzung für Einzelhandel und Fachmärkte realisiert. Auch in Worms sind die inzwischen auch in anderen Kommunen spürbaren Konflikte um die Ausweitung von Einkaufsflächen auf der grünen Wiese, etwa im Bereich »Im Gallborn« nördlich der Stadt, auf Kosten der stagnierenden Einzelhandelsquartiere in der Innenstadt relevant. Zur weiteren Belebung des vor allem in der Fußgängerzone angesiedelten Einzelhandels wurde in den letzten Jahren ein inzwischen hauptamtlich besetztes, eng mit der Stadtverwaltung kooperierendes Stadtmarketing etabliert, das mit diversen Aktivitäten (Weihnachtsmarkt, verkaufsoffene Sonntage etc.) gemeinsam mit den Ge-

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Abb. 2: Das Wormser Kultur- und Tagungszentrum, 2013. Fotograf: Rudolf Uhrig

schäftsleuten um eine lebendige Einkaufs-Innenstadt bemüht ist (Stadtmarketing Nibelungenstadt Worms e. V.). Wie sehr sich die Verhältnisse im Handel verändert haben, zeigte sich am für Außenstehende so nicht erwartbaren Niedergang des über Jahrzehnte bedeutsamen Möbelhauses »Rheinmöve«, das 2002 in die Insolvenz ging. Es hatte – in den 1950er Jahren von dem 2009 verstorbenen, vielfältig engagierten Wormser Ehrenbürger Erich Breiding gegründet und zur Blüte geführt – zeitweilig bis zu 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In einer historisch gewachsenen und trotz der Kriegszerstörungen des Jahresbeginns 1945 von einer reichen Zahl historischer Bauten geprägten Stadt wie Worms spielen Fragen der Denkmalpflege und die Sanierung der kirchlichen und profanen Denkmäler stets eine besondere Rolle. Mit den Außensanierungen des Dominikanerklosters (vormals Stift) St. Paulus in der Innenstadt und der der katholischen Pfarrkirche Liebfrauen nördlich der Altstadt konnten bis etwa 2008 zwei aufwendige und langjährige Vorhaben im kirchlichen Bereich abgeschlossen werden. Seit 2001 (Sanierung der Dom-Westgruppe) läuft die noch bis etwa 2019/20 andauernde, durch kirchliche (Bistum Mainz, Domgemeinde) und öffentliche Finanzmittel getragene große Sanierung des romanischen Domes St. Peter, die von dem 1999 (wieder) begründeten Dombauverein Worms e. V. auch hinsichtlich der bürgerschaftlichen Verankerung des Großvorhabens tatkräftig unterstützt wird. Laufend werden dabei neue Forschungsergebnisse zur Geschichte des so bedeutenden romanischen Baues erzielt. Das im Jahre 2000 begangene Burchard-Jahr zum Gedenken an den bedeutendsten Wormser Bischof (1000 –1025) hat dabei dem Bewusstsein des kirchlichen Anteils an der Stadtentwicklung und der Bedeutung des romanischen Kulturerbes wichtige Impulse gegeben.

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Seit Jahren erfolgt – unterstützt von Bundes- und Landesmitteln – die schrittweise Sanierung des im Stadtteil Herrnsheim befindlichen, 1958 von der Stadt als »gute Stube« gekauften Herrnsheimer Schlosses mit seinem überregional wichtigen englischen Landschaftsgarten. Dabei konnten auch private Investitionen im direkten Umfeld erreicht werden, die zur Belebung des Vorortes einen positiven Beitrag leisteten. Keine Debatte hat die Wormser Öffentlichkeit in den letzten Jahren so intensiv bewegt wie die Frage nach dem Für und Wider des von der Domgemeinde St. Peter geplanten »Hauses am Dom« vor der Südseite des Gotteshauses. Nach Bekanntwerden erster Architektenentwürfe Anfang 2013 bildete sich eine Bürgerinitiative (dann als Bürgerverein aktiv) unter dem Motto »Freier Blick zum Dom«, die erfolgreich mehrere tausend Unterschriften sammelte und rechtliche Schritte gegen die Planungen unternahm. Nachdem diese juristischen Hürden durch den Bauherrn inzwischen genommen wurden, begann man Anfang 2015 mit den für den Bau vorbereitenden Arbeiten, darunter äußerst vielversprechenden archäologischen Erkundungen. Das Haus soll als Gemeindehaus ebenso dienen wie als Anlaufstelle für die überaus zahlreichen Touristen und Besucher. Ein für die Stadtentwicklung wie auch das soziale Gefüge in der Stadt sehr wesentlicher Faktor ist die 1950 vor dem Hintergrund der nachkriegsbedingten Wohnungsnot gegründete, nach wie vor der Gemeinnützigkeit verpflichtete städtische »Wohnungsbau GmbH«. Sie hat in den letzten Jahren ihre Bemühungen um Sanierung ihres Wohnungsbestandes erfolgreich fortgesetzt (Bilanzsumme 2013: 107,4 Mio ‰, Wohnungsbestand 3751 Objekte). Besonders wichtig war und bleibt die nach dem Abzug der US-amerikanischen Garnison 1996 und ihrer damaligen Wohnsiedlung Thomas-Jefferson-Village nötige Neuplanung und -gestaltung des westlich der Bahnlinie gelegenen Liebenauer Feldes, für die als öffentlich-private Partnerschaft die »Liebenauer Feld GmbH« unter Beteiligung der Wohnungsbau GmbH gegründet wurde. Hier konnten gerade in den letzten drei Jahren beachtliche Fortschritte mit dem Bau und der Vermarktung moderner Wohnund Geschäftshäuser erzielt werden.

Wirtschaft Der in Worms besonders lange andauernde und schwierige Strukturwandel von industriellen Gegebenheiten alter Art hat sich seit 2000 beschleunigt fortgesetzt. Vor allem durch Gewerbeansiedlungen in dem seit den 1950er Jahren ausgebauten Gebiet Worms-Nord mit aufgrund gerade auch der guten Verkehrsanbindung deutlichen Schwerpunkten im Bereich der immer komplexeren Logistikbranche – städtischerseits gefördert von der »Wirtschaftsförderungsgesellschaft für die Stadt Worms mbH« (wfg) – konnte die Zahl der Arbeitsplätze in den letzten Jahren erheblich gesteigert werden. Die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09, der eine Phase des Wachstums an Arbeitsplätzen vorangegangen war, konnten die betroffenen ansässigen Unternehmen (Logistik, Autozulieferer u. a.) relativ bald überwinden. Die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten hat im Juni 2010 mit 28 604 in rund 3000 Betrieben einen Höchststand erreicht. Dabei stehen Unternehmen

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mit vielen Mitarbeitern in weniger qualifizierten Segmenten neben Betrieben, die komplexe Abläufe aufweisen und entsprechend höhere Ausbildungsstandards voraussetzen. Nach wie vor liegt allerdings die Arbeitslosigkeit in Worms (Febr. 2015: 8,9 %) durchweg tendenziell höher als in Rheinhessen oder in der Metropolregion Rhein-Neckar insgesamt, wobei sich die Zahlen vor allem zwischen 2005 und 2008 deutlich verbessert haben. Die Auspendlerquote lag 2010 bei 46 % der beschäftigen Einwohner von Worms. Die meisten Arbeitsplätze in der Wormser Wirtschaft befinden sich nach wie vor im verarbeitenden Gewerbe mit Schwerpunkt auf chemischer Industrie und Autozuliefererbetrieben, gefolgt vom Handel, privaten Dienstleistungsbereichen wie der Zeitarbeit und im Gesundheitswesen. Die größeren Betriebe mit mehr als hundert Arbeitskräften (rund 40 davon gibt es in Worms) stellen das Gros der Arbeitsplätze. Durch die erfolgreichen Unternehmensansiedlungen sind inzwischen die im Bereich Worms-Nord zur Verfügung stehenden Flächen »aufgebraucht«, nachdem die Rowe Mineralölwerk GmbH Anfang 2011 für ihre inzwischen erfolgte Ansiedlung die letzte große Industriefläche im Gewerbegebiet erworben und bebaut hat. Nachdem die Stadt schon seit den 1980er Jahren im westlichen Stadtgebiet zwischen den Stadtteilen Pfeddersheim und Heppenheim das auf im Endausbau etwa einhundert Hektar angelegte Gewerbegebiet (Technologie- und Gewerbepark) »Am Hohen Stein« geplant und dazu Grundstücke erworben hatte, formierte sich 2012 gegen den geplanten Realisierungsbeginn Protest einer Bürgerinitiative; das Vorhaben scheiterte schließlich Ende 2013 an naturschutzrechtlichen Vorgaben. Die hier zu beobachtenden Meinungsunterschiede und Interessensgegensätze verwiesen einmal mehr auf den Konflikt zwischen dem wirtschaftlichen Entwicklungsbedarf der Stadt zum einen sowie Belangen der Ökologie und der Verhinderung von weiterem Flächenverbrauch zum anderen. Im Bereich der Landwirtschaft spielt der Weinbau nach wie vor eine beachtliche Rolle. Worms ist mit 1 490 ha bestockter Rebfläche die drittgrößte Weinbaugemeinde in Rheinland-Pfalz. Generell hat der Weinbau in Rheinhessen (und hier gerade im Raum Worms bzw. im Wonnegau) in den vergangenen Jahren einen ganz erheblichen Aufschwung und eine vielbeachtete Qualitätsverbesserung erlebt. Für die Region ist und bleibt die Rebkultur ein beachtlicher ökonomischer und Imagefaktor. Auch und gerade der damit wiederum verbundene Fremdenverkehr und der Tourismus (hier nicht zuletzt Radfahr- und Tagestourismus, Gästeführungen) weisen seit Jahren Steigerungsraten auf. Von hoher Dynamik geprägt war der von Fusionen gekennzeichnete regionale Bankensektor, wobei sowohl die Sparkasse als auch die genossenschaftliche Volksbank sehr gut durch die schwere Finanzkrise 2008/09 hindurchkamen. Nach dem 2003 erfolgten Zusammenschluss der 1838 gegründeten Sparkasse Worms mit der Kreissparkasse Alzey zur Sparkasse Worms-Alzey-Ried wies diese Ende 2009 eine Bilanzsumme von 2,7 Mrd. ‰ aus. Die ebenfalls durch Fusionen gewachsene, ursprünglich schon 1860 gegründete Volksbank Alzey-Worms eG hat bei mehr als 75 000 Genossenschaftsmitgliedern gemeinsam mit ihrer Niederlassung VR-Bank Mainz 2014 eine Bilanzsumme von mehr als 3 Mrd. ‰ aufzuweisen. Auch als Arbeitgeber und als Ausbildungsunternehmen sowie wegen ihrer breiten und verlässlichen finanziellen Unterstützung für kulturelle und soziale Zwecke sind die beiden in der Region verwurzelten Unternehmen für die Stadt besonders wichtig.

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Bei dem ebenfalls öffentlich engagierten wichtigsten regionalen Energiedienstleister, dem 1911 gegründeten EWR (Elektrizitätswerk Rheinhessen), kam es aufgrund fortwährender gesetzlicher Neubestimmungen für den liberalisierten Energiemarkt und die Folgen der Energiewende zu umfangreichen Veränderungen. Die EWR AG ist nach wie vor das führende Energieversorgungsunternehmen der Region Rheinhessen/Ried; das Unternehmen liefert Strom, Erdgas, Wasser und Energiedienstleistungen und beschäftigt mehr als 500 Mitarbeiter, auch in ausgegliederten Tochterunternehmen. Von den Medien ist die zur Rhein-Main-Presse gehörende »Wormser Zeitung« als Tageszeitung zu nennen, die als Regionalausgabe der Mainzer »Allgemeinen Zeitung« erscheint. Seit 1984 besteht die zweimal wöchentlich erscheinende Anzeigenzeitung »Nibelungenkurier«, dazu das ebenfalls werbebasierte »Wormser Wochenblatt«. Seit 2005 (im Mai 2015 mit der 113. Ausgabe) erscheint als monatliches kostenloses Stadtmagazin das »WO ! Das Wormser Stadtmagazin«.

Soziale Entwicklung und Bildungswesen In ganz besonderem Maß in den Mittelpunkt politisch-öffentlichen Interesses ist in den letzten Jahren auf sozialem Gebiet das Bildungswesen gerückt. Durch die aufgrund landesgesetzlicher Bestimmungen erfolgten Umstrukturierungen (Einführung der sog. »Realschule plus« anstelle der Hauptschulen, vermehrte Ganztagsschulangebote, Inklusion), die demographische Entwicklung, die Folgen der Zuwanderung samt notwendiger Integrations- und Sprachfördermaßnahmen, den Sanierungsstau in vielen Schulen, die Aufwertung der frühkindlichen Bildung (Ausbau des Netzes an Kindertagesstätten, Rechtsansprüche auf Betreuungsplätze) und andere Faktoren musste die Stadt in erheblich gesteigertem Umfang Mittel in das Bildungswesen lenken und sich auf diesem Feld besonders engagieren. Der Ausbau der Schulen (u. a. bestehen 14 Grundschulen, drei Gymnasien, vier Realschulen plus und eine Förderschule) und Kindertagesstätten (2010: 46 Einrichtungen mit 5 894 Plätzen) band in den letzten Jahren Millionenbeträge und dies wird sich in Zukunft noch fortsetzen. Mit der Nelly-Sachs-Gesamtschule konnte im Stadtteil Horchheim eine bis zum Abitur führende Integrierte Gesamtschule erfolgreich etabliert werden. Durch das Land Rheinland-Pfalz erheblich ausgebaut wurde seit etwa 2004 der Campus der Hochschule Worms (bis 2014 Fachhochschule Worms) mit ihren derzeit etwa 3 200 Studierenden in drei Fachbereichen (Touristik/Verkehrswesen, Informatik, Wirtschaftswissenschaften). Das Studienangebot umfasst 15 betriebswirtschaftliche und fünf technische Bachelor- und Masterstudiengänge bei sehr ausgeprägter internationaler Ausrichtung. Für die Kommune nach wie vor eine enorme Herausforderung sind (auch angesichts der Sozialstruktur der Stadt) die zu schulternden wachsenden sozialen Lasten einschließlich der Kosten für die Integration (Sprachkurse für Zuwanderer etc.). Besondere Anstrengungen (auch mit öffentlichen Mitteln und Programmen wie »Soziale Stadt«) gelten der Verbesserung der Lage in den seit den 1920er bzw. 1950er Jahren bestehenden

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Wohngebieten Worms-Nord und Boosstraße mit ihren nach wie vor virulenten sozialen Problemlagen. Von ganz besonderer Bedeutung ist dabei das bürgerschaftlich-ehrenamtliche Engagement, namentlich der von der Wormser Unternehmerin Ilse Lang gegründeten »Alisa-Stiftung«. Sie engagiert sich erfolgreich für die Verbesserung von Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen in sozialen Brennpunkten. Auf sozialem Sektor wesentlich und in Stadt und Umland aktiv ist zudem die im Stadtteil Neuhausen ansässige, 1964 gegründete »Lebenshilfe Worms« und ihr vielfältiges Wirken für Menschen mit geistigen Behinderungen (Werkstätten, Wohnungen etc.). In Worms bestanden 2010 zwölf Altentagesstätten und fünf Altenwohnheime und Seniorenwohnungen sowie neun Altenheime/Altenpflegeheime, dazu vier Sozialstationen. Im Gesundheitssektor macht sich auch in Worms die immer stärkere Ökonomisierung bemerkbar. So übernahm das in kommunaler Verantwortung stehende, 1981 neu erbaute Klinikum Worms (Worms-Herrnsheim, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Mainz) Anfang 2015 das bis dahin von einem privaten Gesundheitskonzern gehaltene Evangelische Krankenhaus Hochstift in der Innenstadt. Die beiden Krankenhäuser hatten 2010 zusammen 716 planmäßige Betten und behandelten knapp 30 000 Personen stationär; in Worms praktizierten im selben Jahr 51 Allgemeinmediziner bzw. praktische Ärzte. Die ärztliche Versorgung wird in den kommenden Jahren zu einem drängenderen Thema werden. Im Sport beruht vieles auf dem ehrenamtlichen Engagement in zur Zeit fast 130 aktiven Sportvereinen, die von der Stadt Worms in vielfältiger Weise unterstützt werden. Aushängschild im Fußballgeschehen ist nach wie vor der in der Oberliga Südwest wechselweise auf und ab schwankende Traditionsverein Wormatia Worms.

Kultur als Faktor der Stadtentwicklung In den letzten ca. 12 bis 15 Jahren hat sich die Kultur zu einem ganz wesentlichen Motor für eine positive Stadtentwicklung entwickelt. Gerade auf diesem Feld wurden in der Stadt enorme Fortschritte erzielt; ihr Image wie auch ihre überregionale Wahrnehmung konnten hierdurch ganz erheblich verbessert werden. Neben dem seit 1991 stattfindenden Jazzfestival (»Jazz und Joy«) auf Plätzen und Bühnen der Innenstadt waren und sind es die erstmals im Sommer 2002 stattfindenden Nibelungenfestspiele4, die die bundesweite Außenwirkung der Stadt ganz entscheidend positiv beeinflusst haben. Während der Intendanz von Dieter Wedel (2003 –2014, meist auch Regisseur; ab 2015 ist Intendant der Produzent und Regisseur Nico Hofmann) wurde im Hinblick auf künstlerische wie organisatorische Leistungen sehr viel erreicht und (auch angesichts eines Theaters ohne festes Ensemble) eine enorme Professionalität an den Tag gelegt. Vor allem die Verpflichtung hochkarätiger Schauspielerinnen und Schauspieler, kontrovers diskutierte Inszenierungen, die Nutzung des attraktiven Bereiches um das Museum Kunsthaus Heylshof als Theaterfoyer sowie ein durchweg hochwertiges Kulturprogramm im Umfeld haben weit über die Region hinaus Furore gemacht.

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Abb. 3: Nibelungenfestspiele 2006, Szenenbild aus »Die Nibelungen. Siegfrieds Frauen« von Moritz Rinke: Isolde (Sonja Kirchberger), Kriemhild (Jasmin Tabatabai) und Brünhild (Annika Pages). Fotograf: Rudolf Uhrig

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Abb. 4: Spectaculum, Markt und »Marktschiff«, 2008. Fotograf: Rudolf Uhrig

Nach der Einweihung des bereits genannten grundsanierten, erstmals 1889 erbauten und 1966 wieder neu erstandenen Theaters (vormals Spiel- und Festhaus) und des angegliederten Kultur- und Tagungszentrums (»Das Wormser«) – geplant durch die renommierten Architekten von Gerkan, Marg und Partner (gmp) – als neuer kultureller und Veranstaltungsmittelpunkt für die Stadt mit einer in der Fachwelt vielbeachteten, Altes und Neues hochwertig verbindenden Architektur und Funktionalität 5 wurde zugleich mit der Gründung der Kultur- und Veranstaltungs-GmbH (KVG) eine neue Organisationsform für die Durchführung kultureller Veranstaltungen (u. a. Straßenfastnacht, Backfischfest, Wormser Weinmesse) und des Tagungsgeschäfts geschaffen. Durch Koordinationen mit benachbarten Einrichtungen in der Region sowie die Bildung und Pflege von Netzwerken konnten Veranstaltungen wie das aus kleinen Anfängen 2002 stetig gewachsene jährliche »Spectaculum« als attraktiver dreitägiger Mittelaltermarkt und lebendiger Mittelpunkt einer aufblühenden Szene (in Verantwortung des »Wormser Netzwerks Lebendiges Mittelalter«) enorm an Bedeutung gewinnen und zur Außendarstellung der Stadt nachhaltig beitragen. Dies gilt auch für die seit 2007 erfolgreich durchgeführte »Wormser Kulturnacht« unter Beteiligung von Institutionen und Gruppen unterschiedlichen Zuschnitts. Diese auch kulturtouristischen Angebote wie etwa im »Stauferjahr« 2010 (gemeinsam u. a. mit den Reiß-Engelhorn-Museen Mannheim und der Universität Heidelberg) sollen auch in Zukunft ein hohes Niveau kultureller Veranstaltungen und eines noch intensiver gepflegten Angebots für Bürger und Gäste der Stadt gewährleisten. Wie sehr das auch und gerade vom Land Rheinland-Pfalz sowie durch bestehende und neu etablierte lokale Stiftungen unterstützte kulturelle Leben an Fahrt zugenommen hat, zeigt auch die Tatsache, dass die

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anfangs nur als Ausweichquartier gedachte Bühne des »Lincoln-Theaters« (ein vormaliges Kino am Obermarkt) zu einem von einem Förderverein getragenen, lebendigen Ort für Kleinkunst und Kabarett geworden ist. Für die kulturelle Szene in Worms ist die Arbeit der bestehenden, traditionsreichen städtischen Kultureinrichtungen von erheblicher Bedeutung (Stadtbibliothek im Haus zur Münze mit Öffentlicher und Kinder- und Jugendbücherei sowie Wissenschaftlicher Stadtbibliothek; Stadtarchiv mit Fotoabteilung und Jüdisches Museum im Raschi-Haus; Lucie-Kölsch-Jugendmusikschule; Museum der Stadt im Andreasstift in Verbindung mit dem 2001 errichteten Nibelungenmuseum an der östlichen Stadtmauer; Volkshochschule). Die von diesen Institutionen geleistete wissenschaftliche und Öffentlichkeitsarbeit trägt insbesondere zur Außenwirkung der Stadt bei und schlägt sich in zahlreichen Veranstaltungen und Veröffentlichungen wieder. Hinzu kommen das als Stiftung bestehende »Museum Kunsthaus Heylshof« mit seinen exzellenten Kunstsammlungen (mit regelmäßigen Wechselausstellungen auch jüngerer Künstler) sowie die in den Vororten (meist ehrenamtlich) betreuten, finanziell von der Stadt unterstützten Heimatmuseen und -vereine. Freizeiteinrichtungen wie die Schwimmbäder und der nicht zuletzt durch bürgerschaftliches Ehrenamt enorm weiterentwickelte, 1972 begründete Wormser Tierpark spielen für die Freizeitgestaltung gerade von Familien eine unschätzbare Rolle. Enorme Wirkungen erzielt hat bereits jetzt der seit einigen Jahren laufende Prozess der Vorbereitungen zur Eintragung der jüdischen Stätten in den drei Städten Worms, Mainz und Speyer durch das Land Rheinland-Pfalz in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes (SchUM-Städte)6. Im Zuge der Vorarbeiten für den Antrag ist z. B. die wissenschaftliche Erforschung und Dokumentation der ca. 3 000 aufrecht stehenden Grabsteine des Alten Judenfriedhofs (Heiliger Sand) in einer Datenbank bereits weit vorangeschritten, die Fortbildung der Gästeführer, die Beschriftung der wichtigen Stätten wird laufend verbessert etc. Auch über den schon 1879 gegründeten Altertumsverein Worms e. V. sind diese Bestrebungen bürgerschaftlich gut verankert und finden reges öffentliches Interesse. Der skizzierte Aufschwung im Bereich der Kultur kommt auch in der Zunahme kulturell aktiver Vereine zum Ausdruck: Neben dem bereits genannten Dombauverein (1999) wurde in den 1990er Jahren der auf dem Feld der Pflege jüdischer Kultur aktive Verein »Warmaisa« (u. a. Verlegung von »Stolpersteinen« für die Opfer der NS-Diktatur), ein Verein der Gästeführer, der Kunstverein Worms (Anfang 2002), die 1999/2000 ins Leben gerufene Nibelungenliedgesellschaft (Durchführung u. a. von Veranstaltungen, Tagungen, Veröffentlichungen) sowie diverse Fördervereine für Schulen und Kultureinrichtungen neu gegründet und von diesen vielfältige Aktivitäten entfaltet. Für den Bereich des Tourismus, in dem vor allem der Tages- und Kulturtourismus weiterhin wachsende Zahlen vermeldet, ist die Konzentration der städtischen Kulturprofile auf zentrale Themen (Nibelungenstadt, Stadt der Religionen in enger Zusammenarbeit u. a. mit der Evangelischen Kirche und der Jüdischen Gemeinde Mainz als für Worms zuständig; Worms als Weinstadt) wichtig, um so das Profil der Stadt im Wettbewerb mit anderen Zielen stärker zu betonen. Nach wie vor spielen die Karnevalsvereine im gesellschaftlichen Leben der Stadt eine wichtige Rolle; gerade die politische Fastnacht wird erfolgreich gepflegt und sichert den Vereinen hohe Aufmerksamkeit.

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Abb. 5: Backfischfestumzug, Wormser Motivwagen vor dem Dom, 2008. Fotograf: Rudolf Uhrig

Eine für die Zukunft besondere Herausforderung wird die nötige Sanierung des seit 1930 das Museum der Stadt beherbergenden vormaligen Andreasstifts sein, damit dort größere, überregional beachtete Ausstellungen stattfinden können. Nachdem dort aufgrund des gewachsenen Sammlungsprofils bislang ein besonderer Schwerpunkt auf Vorund Frühgeschichte sowie der Präsentation der römischen Epoche 7 lag, soll das Haus zu einem umfassenden stadtgeschichtlichen Museum entwickelt werden. Ohne Drittmittel wird eine Modernisierung nicht machbar sein, wobei hier der bereits genannte Altertumsverein Worms als Förderverein aktiv bleiben wird, dem die Museumsgründung zu verdanken ist. Dass der Veranstaltungskalender in der Stadt und ihrem Umland immer dichter gefüllt ist, liegt auch an den zahlreichen Festen, von denen sich die in den Vororten wie im Umland wieder neu belebten Kerwen (ursprünglich Kirchweihfeste) ebenso etabliert haben wie neue Wein- und Hoffeste, Konzerte und andere zeitgemäße Veranstaltungsformen. Herausragende Bedeutung im Jahreslauf auch und gerade für junge Menschen besitzt nach wie vor das Wormser Backfischfest Ende August/Anfang September als eines der größten Wein- und Volksfeste weit und breit. Der enorme Zuspruch zu dieser Verbindung aus Weinverkostung, Fahrgeschäften und lebendiger Brauchtumspflege hängt sicher auch mit dem gewachsenen Qualitätsbewusstsein für die regionalen Weine zusammen. Erst ein größerer zeitlicher Abstand zur ersten Dekade nach der Jahrhundertwende wird es möglich machen, die hier in aller Subjektivität skizzierten Entwicklungen und knapp zusammengefassten Fakten wirklich zu würdigen und in ihrer Relevanz zu gewichten.

Anmerkungen

Worms von der vorgeschichtlichen Epoche bis in die Karolingerzeit 1 Reuter, Hamman, S. 28 f. Der Name des Holzschneiders ist nicht bekannt. 2 Weiler, Altsteinzeitliche Funde von Pfeddersheim. 3 1884 benannt nach den bandartigen Mustern auf der Keramik, auch Bandkeramik, Linienbandkeramik, früher Spiralmäander- oder Spiralkeramik: Hermann Müller-Karpe, Handbuch der Vorgeschichte Bd. II, Jungsteinzeit, München 1968, S. 115. 4 Koehl, Bandkeramik; Ernst Probst, Deutschland in der Steinzeit, München 1991; Leben und Sterben in der Steinzeit, hg. v. Birgit Heide (Katalog), Mainz 2003. Die Funde sind im Museum der Stadt Worms im Andreasstift ausgestellt. 5 Richter, Bandkeramische Gräber. 6 Otto Gödel, Menhire, Speyer 1987, S. 118 ff.; Detert Zylmann, Das Rätsel der Menhire, Mainz-Kostheim 2003. 7 Meier-Arendt, Hinkelstein-Gruppe; Barbara Dammers, Das Gräberfeld von Trebur, in: Leben und Sterben in der Steinzeit, hg. v. Birgit Heide, Katalog Mainz 2003, S. 121 ff. 8 Zylmann, Grab der Glockenbecherkultur. 9 U. Grünewald, Besiedlung. 10 Ernst Probst, Deutschland in der Bronzezeit, München 1996. 11 Eggert, Urnenfelderkultur. 12 Eggert, Urnenfelderkultur, S. 117 ff. 13 Schaaff, Ein keltisches Fürstengrab. 14 Das Rätsel der Kelten vom Glauberg, Katalog Frankfurt/M. 2002, darin S. 119–185 zahlreiche Beiträge zu Inhalt und Verpackung der Bronzekannen. 15 Rudolf Echt/Wolf-Rüdiger Thiele, Von Wallerfangen bis Waldalgesheim. Ein Beitrag zu Späthallstatt- und frühlatènezeitlichen Goldschmiedearbeiten, Bonn 1994 (Saarbrücker Studien und Materialien zur Altertumskunde 3), darin S. 49 ff. zu den Herrnsheimer Goldfunden. 16 Christian Möller/Susanne Schmidt, Ein außergewöhnlicher Halsring der frühen La Tène-Zeit aus Wippe, Gem. Friesenhagen, Kr. Altenkirchen, in: Studien zur Archäologie der Kelten, Römer und Germanen in Mitteleuropa, Alfred Haffner gewidmet (Studia Honoria 4), Raaden 1998, S. 553 ff. 17 Köhler, Das Pferd aus Worms-Abenheim. 18 David G. Wigg-Wolf, Das Münzwesen der Kelten in Rheinhessen, in: Bevor die Römer kamen. Kelten im Alzeyer Land, S. 77– 84. 19 Lenz–Bernhard/Bernhard, Oberrheingebiet. 20 C. Iulius Caesar, Bellum Gallicum/Der Gallische Krieg, hg. v. Georg Dorminger, München 41977. 21 Christine Trzaska-Richter, Furor Teutonicus. Das römische Germanenbild in Politik und Propaganda von den Anfängen bis zum 2. Jh. n. Chr., Trier 1991 (Bochumer Altertumswissenschaftliches Colloquium 8). 22 Behrens, Denkmäler des Wangionengebietes. 23 Rieckhoff, Süddeutschland. 24 Bevor die Römer kamen (vgl. Anm. 18). 25 Grünewald, Römer in Worms, S. 13 ff. 26 Schönberger, Die römischen Truppenlager, zu Worms S. 433.

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Lenz-Bernhard/Bernhard, Oberrheingebiet, S. 80. Sommer, Kastellvicus und Kastell. Schallmayer, Odenwaldlimes, S. 17. Boppert, Römische Steindenkmäler, Nr. 47. Helmut Bernhard, Die Auxiliarlager am Rhein, in: Die Römer in Rheinland-Pfalz, S. 86 ff. Boppert, Römische Steindenkmäler, S. 83 ff., Nr. 49. Weckerling, Die römische Abtheilung (1885). Ulrich Himmelmann, Der Vicus von Eisenberg. Zentrum römischer Eisenverarbeitung in der Nordpfalz. Archäologie in der Pfalz, in: Jahresbericht 2000 der Archäologischen Denkmalpflege Amt Speyer, Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz, Speyer 2001, S. 99–110. Grünewald, Römer in Worms, S. 34 f. Vitruv. Zehn Bücher über Architektur, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Dr. Curt Fensterbusch, Darmstadt 1976. In der hinteren Umschlagklappe von Grünewald, Römer in Worms. Grünewald, Die Grabungen an der Stiftskirche St. Paulus in Worms (II), Planum 3 und 4, Abb. 15 f. Weckerling, Die römische Abtheilung (1885), S. 41 ff. und desgl. (1887), S. 41 ff. Behrens, Römische Anlagen. Boppert, Römische Steindenkmäler, S. 75 f. Nr. 40; Grünewald, Römer in Worms, Abb. 19, S. 31 und Abb. 60, S. 69. Grünewald/Vogt, Römische Häuser in Worms. Wie vorige Anm. (Anhang: Ulla Grünewald, Paläoethnobotanische Untersuchungen von Pflanzenresten der Grabung an St. Paulus 1987–1989, S. 177–180). Grünewald/Vogt, Spätrömisches Worms. Grünewald, Römer in Worms, Abb. 21, S. 36. Grünewald, Römer in Worms, S. 37 ff. Grünewald, Der römische Nordfriedhof (darin Erwin Hahn, Tierknochen aus Brandgräbern, S. 64 f., Tierknochen aus den Körperbestattungen S. 77 f.). José Remesal Rodriguez, Die Stempel auf Amphoren des Typs Dressel 20 aus Worms, in: Archäologisches Korrespondenzblatt 19, 1989, S. 351– 360. Dövener, Wormser Gesichtskrüge; Dövener, Die Gesichtskrüge der römischen Nordwestprovinzen. Otto Schlippschuh, Die Händler im Römischen Kaiserreich in Gallien, Germanien und den Donauprovinzen Rätien, Noricum und Pannonien, Amsterdam 1974. Boppert, Grabmal der Sevirii. Das gerne als Rebmesser angesprochene Werkzeug aus Abenheim ist von seiner Form her ein gewöhnliches Messer. Karl-Josef Gilles, Bacchus und Sucellus. 2000 Jahre römische Weinkultur an Mosel und Rhein, Briedel, 1999, S. 202 f. Bernhard, Römische Gläser in Worms. Grünewald/Vogt, Spätrömisches Worms, S. 7 ff. Dolata, Spätantike Heeresziegelei von Worms. Grünewald, Römer in Worms, Abb. 32, S. 50. Boppert, Römische Steindenkmäler, Nr. 63. Knöchlein, Spätrömischer Sarkophag. Mathilde Grünewald, Die römischen Grabfunde im Museum der Stadt Worms (Erscheinen geplant für 2006). Bogen des Dativius Victor in Mainz: Gerd Rupprecht, s. v. Mainz, in: Die Römer in Rheinland-Pfalz, S. 465. Boppert, Römische Steindenkmäler, Nr. 59 und Nr. 59a. Ernst Künzl, Die Alamannenbeute aus dem Rhein bei Neupotz. Plünderungsgut aus dem römischen Gallien, Mainz 1993 (Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Monographien 34). Helmut Bernhard/Heinz-Josef Engels/Renate Engels/Richard Petrovszky, Der römische Schatzfund von Hagenbach, Mainz 1990. Boppert, Römische Steindenkmäler, Nr. 55. Ernst Künzl, Medizinische Instrumente aus Sepulkralfunden der römischen Kaiserzeit, Köln 21983 (Führer des Rheinischen Landesmuseums 115), S. 4 f.

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67 Künzl, Medizinische Instrumente (wie vorige Anm.), S. 78 f. 68 Künzl, Medizinische Instrumente (wie Anm. 66), S. 35 ff. zu Augenarztinstrumenten und Salbenstempeln. 69 Hahn in: Grünewald, Der römische Nordfriedhof, S. 80. 70 Pfeffer, Konchylienbecher. 71 Grünewald, Römer in Worms, Abb. 39, S. 57. 72 Zuletzt Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie, 1992), Abb. S. 13 als fein gepunktete Linie »römisch, 3. Jh.«; Porsche, Stadtmauer und Stadtentstehung (1999, Worms: S. 57– 83), ließ die Mauer ebenfalls wieder aufleben, doch fehlten ihr unveröffentlichte Befunde und Unterlagen zur richtigen Einschätzung. 73 Grünewald, Neue Thesen (2001). 74 Helmut Bernhard, Der spätrömische Depotfund von Lingenfeld, Kreis Germersheim, und archäologische Zeugnisse der Alamanneneinfälle zur Magnentiuszeit in der Pfalz, in: Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz 79, 1981, S. 6–103. 75 August Weckerling, Der auf dem Tafelacker der Fa. Doerr & Reinhart gemachte Fund römischer Gerätschaften, in: Vom Rhein. Monatsblatt des Wormser Altertumsvereins 3, 1904, S. 4 – 6. 76 Schulzki, Geldumlauf. 77 Grünewald/Vogt, Spätrömisches Worms. 78 Bernhard, Germanische Funde. 79 Sancti Eusebii Hieronymi epistolae, ed. Isidorus Hilberg (CSEL 56), Wien, Leipzig 1918, Nr. 123, 72 ff., hier 92. Des heiligen Kirchenvaters Eusebius Hieronymus ausgewählte Briefe aus dem Lateinischen übersetzt von Dr. Ludwig Schade, Bibl. der Kirchenväter Reihe 2, Band XVI, Eusebius Hieronymus II. Band, München 1936, S. 286 ff., Nr. 123 An Geruchia über die einmalige Ehe. 80 Bakker, Rädchenverzierte Argonnen-Terra Sigillata. 81 Felix Teichner, Kahl am Main, Siedlung und Gräberfeld der Völkerwanderungszeit, 1999 (Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte); Wieczorek, Übergang von der Spätantike zum Frühen Mittelalter; Katalog: Die Franken – Wegbereiter Europas, Bd. 2, S. 870 ff. 82 Grünewald, Burgunden; Kaiser, Burgunder. 83 Liber Constitutionum 17,1, Leges Nationum Germanicarum II, 1 Leges Burgundionum, MGH I, II 1, Hannover 1892 (Nd. 1973), III. De libertatibus servorum nostrorum. 84 Grünewald, Der römische Nordfriedhof, S. 37. 85 Reuter, Hamman, Abb. S. 105. 86 Wie Anm. 80. Weitere Nachrichten über die Grabung des Landesamtes waren nicht zu erhalten. 87 Boppert, Ausbreitung des Christentums. 88 Reuter, Bandel. 89 Grünewald/Vogt, St. Rupert und St. Paulus in Worms; vgl. auch den Beitrag von Bönnen/Kemper oben S. 694, 700 f. 90 Grünewald, Worms zwischen Burgunden und Saliern. 91 Kaufmann, Rheinhessische Ortsnamen. 92 Ament, Fränkische Adelsgräber; Grünewald, Die fränkischen Adelsgräber von Flonheim. 93 Lange, Das fränkische Gräberfeld von Flomborn. 94 Die Franken – Wegbereiter Europas, Bd. 2, S. 895 ff. 95 Wie vorige Anm., S. 1045. 96 In Mainz bewohnten die Friesen ein eigenes Viertel am Hafen vor der Mauer: Franz Staab, Mainz vom 5. Jahrhundert bis zum Tod des Erzbischofs Willigis (407–1011), in: Mainz. Die Geschichte der Stadt, S. 91 f. 97 Grünewald, Die Salier und ihre Burg zu Worms. 98 Grünewald/Vogt, St. Rupert und St. Paulus in Worms. 99 Grünewald, Neue Thesen. 100 Grünewald/Vogt, St. Rupert und St. Paulus in Worms, S. 29. 101 Brühl, Palatium und Civitas, S. 113 ff. 102 Grünewald, Die neuen Daten; Neyses, Dendrochronologische Untersuchungen, vgl. dazu den Beitrag von G. Bönnen zum hochmittelalterlichen Worms, S. 166. 103 Mathilde Grünewald, Unter dem Pflaster von Worms. Archäologie in der Stadt, hg. von Mathilde Grünewald und Alfried Wieczorek, Lindenberg/Allgäu 2012, S. 222–337.

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Reuter, Brunnen und Brunnenbücher. Zusammenfassend Boppert, Römische Steindenkmäler, S. 5 ff. Reuter, Hamman, Abb. S. 103. Böcher, Weckerling. Grünewald, Max von Heyl. Fritz Reuter, In memoriam Dr. Georg Illert, in: Der Wormsgau 15, 1987/91, S. 5 f. Grünewald, Der römische Nordfriedhof.

Worms – Stadt und Region im frühen Mittelalter von 600 –1000 Quellen Annales Fuldenses, in: Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte. 3. Teil, neu bearb. v. Reinhold Rau, Darmstadt 1966 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 7), S. 20 –177. Annales Xantenses, in: Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte. 2. Teil, neu bearb. v. Reinhold Rau, Darmstadt 1969 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 6), S. 340 – 371. Das Annolied, mittelhochdeutsch und neuhochdeutsch, hg. v. Eberhard Nellmann, Stuttgart 31986 (Universal-Bibliothek 1416). Cronica ecclesiae Wimpinensis auctore Burcardo de Hallis et Diethero de Helmestat, hg. v. Heinrich Böhmer (MGH Scriptores 30, 1), Leipzig 1925, S. 659– 677. Capitularia regum Francorum 1, hg. v. Alfred Boretius, Hannover 1883 (MGH Legum Sectio II). Concilia Aevi Merowingici, bearb. v. Friedrich Maaßen, Hannover 21956 (MGH Legum Sectio III. Concilia 1). Concilia Aevi Karolini, bearb. v. Albert Werminghoff, Hannover/Leipzig 1906 (MGH Legum Sectio III. Concilia 2). Constitutiones et acta publica imperatorum et regum I, 911–1147, hg. v. Ludwig Weiland, Hannover 1893 (MGH Legum Sectio IV). Conversio Bagoariorum et Carantanorum. Das Weissbuch der Salzburger Kirche über die erfolgreiche Mission in Karantanien und Pannonien, hg. v. Herwig Wolfram, Wien u. a. 1979 (Böhlau-Quellenbücher). Die Konzilien Deutschlands und Reichsitaliens 916 –1001. Teil 1, 916– 960, hg. v. Ernst-Dieter Hehl, Hannover 1987 (MGH Concilia 6, 1). Die Konzilien der karolingischen Teilreiche 860– 874, hg. v. Wilfried Hartmann, Hannover 1998 (MGH Concilia 4). Das Leben Kaiser Ludwigs vom sog. Astronomus, in: Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte. 1. Teil, neu bearb. v. Reinhold Rau, Darmstadt 1968 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 5), S. 255 – 381. Das Prümer Urbar, hg. v. Ingo Schwab, Düsseldorf 1983 (Rheinische Urbare 5. Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde 20). Einhard, Das Leben Karls des Großen, in: Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte. 1. Teil, neu bearb. v. Reinhold Rau, Darmstadt 1968 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 5), S. 157– 211. Einharti Epistolae, hg. v. Karl Hampe, in: Epistolae Karolini aevi, III, Nd. d. 1. Aufl. München 1974 (MGH Epistolarum 5), S. 109–149. Die vier Bücher der Chroniken des so genannten Fredegar, in: Quellen zur Geschichte des 7. und 8. Jahrhunderts, hg. v. Andreas Kuesternig, Darmstadt 1964 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 4), S. 3 – 327. Hinkmar von Reims, De ordine palatii, hg. und übers. v. Thomas Gross/Rudolf Schieffer, Hannover 1980 (MGH Fontes iuris Germanici antiqui in usum scholarum separatim editi 3). Liber possessionum Wizenburgensis, hg. v. Christoph Dette, Mainz 1987 (QAmKG 59). Nithard, Vier Bücher Geschichten, in: Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte. 1. Teil, neu bearb. v. Reinhold Rau, Darmstadt 1968 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 5), S. 385 – 460.

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Papsturkunden 896–1046. 2. Teil, 996–1046, bearb. v. Harald Zimmermann, Wien 21989 (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse, Denkschriften 177). Regino von Prüm, Chronik, in: Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte. 3. Teil, neu bearb. v. Reinhold Rau, Darmstadt 1966 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 7), S. 180– 319. Thegan, Das Leben Kaiser Ludwigs, in: Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte. 1. Teil, neu bearb. v. Reinhold Rau, Darmstadt 1968 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 5), S. 213 – 254. Thietmar von Merseburg, Chronik, übertragen und erläutert v. Werner Trillmich, Darmstadt 1957 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 9). Urkundenbuch des Klosters Fulda, hg. v. Edmund E. Stengel, 2 Bde., Marburg 1913 und 1958 (Veröffentlichungen der historischen Kommission für Hessen und Waldeck 10). Urkundenbuch der Abtei St. Gallen. Bd.1, 700 – 840, hg. v. Hermann Wartmann, Zürich 1863. Urkundenbuch zur Geschichte der Bischöfe zu Speyer. Bd. 1, ältere Urkunden, hg. v. Franz Xaver Remling, ND Aalen 1970. Die Urkunden der Merowinger. 2 Bde., hg. v. Theo Kölzer, Hannover 2001 (MGH DD Merowinger). Die Urkunden Pippins, Karlmanns und Karls des Großen, hg. v. Engelbert Mühlbacher, Hannover 1906 (MGH DD Die Urkunden der Karolinger 1). Die Urkunden Ludwig des Deutschen, Karlmanns und Ludwig des Jüngeren, bearb. v. Paul Kehr, Berlin 21956 (MGH DD Die Urkunden der deutschen Karolinger 1). Die Urkunden Arnolfs, bearbeitet v. Paul Kehr, Berlin 21955 (MGH DD Die Urkunden der deutschen Karolinger 3). Die Urkunden Zwentibolds und Ludwig des Kinds, bearb. v. Theodor Schieffer, Berlin 1960 (MGH DD Die Urkunden der deutschen Karolinger 4). Die Urkunden Konrad I., Heinrich I. und Otto I., bearb. v. Theodor Sickel Hannover 1879–1884 (MGH DD Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 1). Die Urkunden Otto II. und Otto III., bearb. v. Theodor Sickel, Hannover 1888 –1893 (MGH DD Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 2). Die Urkunden Heinrichs II. und Arduins, bearb. v. Harry Bresslau, Hannover 1900 –1903 (MGH DD Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 3). Vita Hrodberti episcopi Salisburgensis, hg. v. Wilhelm Levison, in: Passiones vitaeque Sanctorum aevi Merowingici, Hannover/Leipzig 1913 (MGH Scriptorum rerum Merowingicarum 6), S. 144 –162. Walther v. Speyer, Vita Christophori, in: Die Lateinischen Dichter des deutschen Mittelalters Band 5, hg. v. Karl Strecker, Dublin/Zürich 21970 (MGH Poetarum Latinorum medii aevi 5, 1– 2), S. 1– 80. Wandalbert von Prüm, Vita et Miracula sancti Goaris, hg. v. Heinz E. Stiene, Frankfurt a.M./Bern 1981 (Lateinische Sprache und Literatur des Mittelalters 11). Widukind von Corvey, Sachsengeschichte, in: Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit, bearb. v. Albert Bauer/Reinhold Rau, Darmstadt 1971 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 9), S. 1–183. Wirttembergisches Urkundenbuch. Bd. 1 ca. 700–1137, hg. v. königlichen Staatsarchiv in Stuttgart, ND Aalen 1972.

Literatur Auer, Leopold, Der Kriegsdienst des Klerus unter den sächsischen Kaisern, in: Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 79, 1971, S. 316– 407 und 80, 1972, S. 48–70. Becher, Matthias, Eid und Herrschaft. Untersuchungen zum Herrscherethos Karls des Großen, Sigmaringen 1993 (Vorträge und Forschungen Sonderband 39). Brühl, Carlrichard, Fodrum, Gistum, Servitium Regis. Studien zu den wirtschaftlichen Grundlagen des Königtums im Frankenreich und in den fränkischen Nachfolgestaaten Deutschland, Frankreich und Italien vom 6. bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts, 3 Bde., Köln/Graz 1968. Büttner, Heinrich, Frühes fränkisches Christentum am Mittelrhein, in: Heinrich Büttner, Zur frühmittelalterlichen Reichsgeschichte an Rhein, Main und Neckar, hg. v. Alois Gerlich, Darmstadt 1975, S. 47– 93 (zuerst 1951).

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Büttner, Heinrich, Ladenburg am Neckar und das Bistum Worms bis zum Ende des 12. Jahrhunderts, in: Heinrich Büttner, Zur frühmittelalterlichen Reichsgeschichte an Rhein, Main und Neckar, hg. v. Alois Gerlich, Darmstadt 1975, S. 237– 252 (zuerst 1963). Clemens, Lukas, Tempore Romanorum constructa. Zur Nutzung und Wahrnehmung antiker Überreste nördlich der Alpen während des Mittelalters, Stuttgart 2003 (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 50). Dassmann, Ernst, Das Bistum in römischer und fränkischer Zeit, in: Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte 1, Teil 1, Christliche Antike und Mittelalter, hg. v. Friedhelm Jürgensmeier, Würzburg 2000 (Beiträge zur Mainzer Kirchengeschichte 6), S. 19 – 86. Dilcher, Gerhard, Die Rechtsgeschichte der Stadt, in: Karl S. Bader und Gerhard Dilcher, Deutsche Rechtsgeschichte. Land und Stadt – Bürger und Bauer im Alten Europa, Berlin 1999 (Enzyklopädie der Rechts- und Staatswissenschaften. Abteilung Rechtswissenschaft). Ehlers, Joachim, Die Kapetinger, Stuttgart u. a. 2000 (Urban-Taschenbücher 471). Erler, Adalbert, Heingereiden, in: Handwörterbuch der Rechtsgeschichte 2, Berlin 1978, Sp. 57 f. Felten, Franz J., Konzilsakten als Quellen für die Gesellschaftsgeschichte des 9. Jahrhunderts, in: Herrschaft, Kirche, Kultur. Beiträge zur Geschichte des Mittelalters. Festschrift für Friedrich Prinz zu seinem 65. Geburtstag, hg. v. Georg Jenal unter Mitarbeit v. Stephanie Haarländer, Stuttgart 1993 (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 37), S. 177– 201. Fried, Johannes, Der Weg in die Geschichte. Die Ursprünge Deutschlands bis 1024, Berlin 1994 (Propyläen Geschichte Deutschlands 1). Fleckenstein, Josef, Die Hofkapelle der deutschen Könige, II. Teil: Die Hofkapelle im Rahmen der ottonischsalischen Reichskirche, Stuttgart 1966 (Schriften der MGH 16/II). Gensicke, Hellmuth, Samuel, Bischof von Worms, in: Die Reichsabtei Lorsch. Festschrift zum Gedenken an ihre Stiftung 764. Bd. 1, hg. v. Ferdinand Knöpp, Darmstadt 1973, S. 253 f. Gockel, Michael, Karolingische Königshöfe am Mittelrhein, Göttingen 1971 (Veröffentlichungen des MaxPlanck-Instituts für Geschichte 31) Glöckner, Karl, Lorsch und Lothringen, Robertiner und Capetinger, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins NF 50, 1937, S. 301– 354. Hartmann, Wilfried, Die Synoden der Karolingerzeit im Frankenreich und in Italien, Paderborn u. a. 1989 (Konziliengeschichte Reihe A: Darstellungen). Hartmann, Wilfried, Kaiser Arnolf und die Kirche, in: Kaiser Arnolf. Das ostfränkische Reich am Ende des 9. Jahrhunderts, hg. v. Franz Fuchs, München 2002 (Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte, Reihe B Beiheft 19), S. 122–142. Hannig, Jürgen, Zentrale Kontrolle und regionale Machtbalance. Beobachtungen zum System der karolingischen Königsboten am Beispiel des Mittelrheingebietes, in: Archiv für Kulturgeschichte 66, 1984, S. 1– 46. Innes, Matthew, State and Society in the Early Middle Ages. The Middle Rhine Valley 400 –1000, Cambridge 2000 (Cambridge Studies in Medieval Life and Thought, 4th series 47). Irsigler, Franz, Grundherrschaft, Handel und Märkte zwischen Maas und Rhein im früheren Mittelalter, in: Grundherrschaft und Stadtentstehung am Niederrhein, hg. v. Klaus Flink/Wilhelm Janssen, Kleve 1989 (Klever Archiv 9), S. 52–77. Jahn, Joachim, Ducatus Baiuvariorum. Das bairische Herzogtum der Agilolfinger, Stuttgart 1991 (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 35). Kohl, Thomas, Dienheim in karolingischer Zeit, in: 1250 Jahre Dienheim, hg. v. der Gemeinde Dienheim, Nierstein 2004, S. 71– 87. McCormick, Michael, Origins of the European Economy. Communications and Commerce, A.D. 300– 900, Cambridge 22003. Müller, Heribert, Heribert, Kanzler Ottos III. und Erzbischof von Köln, Köln 1977 (Veröffentlichungen des Kölnischen Geschichtsvereins e. V. 33) Müller, Heribert, Heribert, Kanzler Ottos III. und Erzbischof von Köln, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 60, 1996, S. 16 – 64. Müller-Mertens, Eckhart, Karl der Große, Ludwig der Fromme und die Freien. Wer waren die Liberi homines der karolingischen Kapitularien (742/743– 832)? Ein Beitrag zur Sozialgeschichte und Sozialpolitik des Frankenreiches, Berlin 1963 (Forschungen zur mittelalterlichen Geschichte 10). Padberg, Lutz E. v., Bonifatius. Missionar und Reformer, München 2003 (Beck'sche Reihe 2319). Quarthal, Franz, Mosbach, in: Germania Benedictina. Bd. 5: Baden-Württemberg, bearb. von Franz Quarthal, Augsburg 1975, S. 393– 395.

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Schaab, Meinrad unter Mitwirkung v. Berndmark Heukemes, Ladenburg und Wimpfen im Tal aus der Sicht der frühmittelalterlichen Landesgeschichte, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins NF 96, 1987, S. 38 – 56. Schieffer, Theodor, Winfrid-Bonifatius und die christliche Grundlegung Europas, Darmstadt 21972. Schmitt, Johannes, Untersuchungen zu den Liberi Homines der Karolingerzeit, Frankfurt/Bern 1977 (Europäische Hochschulschriften Reihe 3, Geschichte und ihre Hilfswissenschaften 83). Schwind, Fred, Beobachtungen zur inneren Struktur des Dorfes in karolingischer Zeit, in: Burg, Dorf, Kloster, Stadt. Beiträge zur hessischen Landesgeschichte und zur mittelalterlichen Verfassungsgeschichte. Ausgewählte Aufsätze. FS zum 70. Geburtstag, hg. v. Ursula Braasch-Schwersmann, Marburg 1999 (Untersuchungen und Materialien zur Verfassungs- und Landesgeschichte 17), S. 391– 444 (zuerst 1977). Schlesinger, Walter, Die Pfalzen im Rhein-Main-Gebiet, in: Walter Schlesinger, Ausgewählte Aufsätze 1965 – 1979, hg. v. Hans Patze/Fred Schwind, Sigmaringen 1987 (Vorträge und Forschungen 34), S. 297– 314 (zuerst 1965). Staab, Franz, Heidentum und Christentum in der Germania Prima zwischen Antike und Mittelalter, in: Zur Kontinuität zwischen Antike und Mittelalter am Oberrhein, hg. v. dems., Sigmaringen 1994 (Oberrheinische Studien 11), S. 117–152. Staab, Franz, Rudi populo adhuc rudi presul. Zu den wehrhaften Bischöfen der Zeit Karl Martells, in: Karl Martell in seiner Zeit, hg. v. Jörg Jarnut, Stuttgart 1994 (Beihefte der Francia 37), S. 249– 275. Wehrli, Christoph, Mittelalterliche Überlieferung von Dagobert I., Bern/Frankfurt a. M. 1982 (Geist und Werk der Zeit 62). Werner, Karl Ferdinand, Heeresorganisation und Kriegführung im deutschen Königreich des 10. und 11. Jahrhunderts, in: Structures politiques du monde franc (VIe-XIIe siècles). Etudes sur les origines de la France et de l’Allemagne, London 1979, S. 791– 843 (zuerst 1968). Werner, Karl Ferdinand, Robertiner, in: Lexikon des Mittelalters Bd. 7, Stuttgart/Weimar 1999, Sp. 916– 918. Wolfram, Herwig, Der heilige Rupert und die antikarolingische Adelsopposition, in: Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 80, 1972, S. 4 – 34.

1 Fredegar IV, c. 40. 2 MGH DD Merowinger I, Nr. 30 = Boos, UB Worms I, Nr. 1 S. 1 f., vgl. dazu oben S. 104 mit Anm. 16; Fuchs, Inschriften, Nr. 1– 8. 3 Die Geschichtswerke der Karolinger- und Ottonenzeit sowie die einzelnen Belege für Königsaufenthalte sind in den entsprechenden Bänden der Regesta Imperii (auch online unter www.regesta-imperii.org) leicht zugänglich und werden deshalb im Folgenden nicht gesondert angeführt. 4 Die Wormser Urkunden in: Boos, UB Worms I, die Urkunden der Könige in den jeweiligen Editionen der Monumenta Germaniae Historica (MGH), im Folgenden mit MGH D + Königsnamen abgekürzt. Dort ebenfalls die Editionen der Konzilien (MGH Conc.) und Konstitutionen (MGH Const. 1), die Urkunden der Klöster Lorsch und Fulda neu ediert: Codex Laureshamensis (im Folgenden CL), Urkundenbuch Fulda (im Folgenden UBF). 5 Boos, Monumenta, S. 223 f., dazu zuletzt Bönnen, Stadttopographie. 6 Haubrichs, Prestarievertrag. 7 CL, UBF (vgl. Anm. 4). 8 Hofrecht in: Boos, UB Worms I, Nr. 48, S. 39– 45. 9 Boos, GRS 1; zu Aspekten des Bistums auch die Arbeiten von Schaab, Diözese; Das Bistum Worms (Abschnitt zum frühen Mittelalter von Friedmann); Gierlich, Grabstätten, Büttner, Christentum; Büttner, Bistum; Haubrichs, Ausbildung. 10 Schlesinger, Pfalzen; Classen, Bemerkungen; Brühl, Palatium; Bönnen, Kontakte. 11 Friedmann, Beziehungen. 12 Gockel, Königshöfe; Staab, Gesellschaft; Innes, State. 13 Fredegar IV, 40. 14 Vgl. dazu den Beitrag von O. Ehrismann, insbesondere S. 825 ff. 15 MGH Conc. 1, S. 185–192. Ob Berthulf Vorgänger hatte, muss offen bleiben: Eine Quelle nennt für 346 einen Bischof Viktor von Worms als Teilnehmer einer Synode in Köln, ist aber eine Fälschung des 10. Jahrhunderts (dazu Dassmann, Bistum, S. 24 f., optimistischer Staab, Heidentum, S. 140–143). Während es nicht unwahrscheinlich ist, dass Worms in spätantiker Zeit einen Bischof hatte, ist eine Kontinuität

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über den Zusammenbruch der römischen Autorität hinaus eher zweifelhaft, auch wenn das Christentum selbst in Resten überlebt haben könnte. Freilich sind in Worms zwischen dem 5.– 6. und 8. Jahrhundert keine christlichen Grabinschriften bekannt (Fuchs, Inschriften). Unter Bischof Hildibald (978– 998) gefälscht (D Merowinger I Nr. 30 = Boos, UB Worms I Nr. 1, S. 1 f.); auf Dagobert III. deutet die Immunitätsformel, die so erst bei Chlodwig II. auftaucht; zu den Fälschungen Bischof Hildibalds siehe oben im Kapitel zu Hildibald. Erwähnt in Pippins ebenfalls gefälschter, aber wohl auf einer echten Vorlage beruhender Urkunde MGH D Pippin Nr. 20 = Boos, UB Worms I Nr. 2, S. 2 f. Vgl. MGH D Merowinger II Dep. 153. Auf Dagobertfälschungen wurden auch im rheinischen Raum in späterer Zeit häufig alle möglichen Freiheits- und Besitzrechte zurückgeführt, das Kloster Klingenmünster behauptete etwa, von Dagobert 11000 (!) Hufen bekommen zu haben, vgl. Wehrli, Dagobert, S. 119. Zu Amandus zuletzt Gierlich, Grabstätten, S. 200– 204, zur Kirche vgl. den Beitrag von G. Bönnen/J. Kemper, S. 696 f. Cronica Wimpinensis, c. 6, S. 664 f., zu Chrodoald: Ewig, Wimpfen. Wie vorige Anm. Version A: Vita Hrodberti; Version B in der in der Conversio Bagoariorum. Zu Rupert allgemein: Wolfram, Rupert; Jahn, Ducatus, S. 48– 69. Zum historischen Kontext der Entstehungszeit der Viten möglicherweise als Reaktion auf zunehmende fränkische Einflussnahme in Bayern und die Aussage der Bonifatiusviten, wonach dieser die bayerischen Bistümer gegründet habe, ebd. S. 54. Wie vorige Anm., A: c. 5, B: c. 1. Wie Anm. 21, A: c. 7, B: c. 1. Wolfram, Rupert, S. 18. Wie Anm. 21, c. 1. Vgl. den Beitrag G. Bönnen/J. Kemper, S. 694. Büttner, Christentum, S. 36, 40 f. Wie die vermutlich ins frühe Mittelalter zurückgehenden Dionysius- und Remigiuspatrozinien am Neckar, die später oftmals in Wormser Besitz waren, zeigen (Büttner, Bistum, S. 15 f.). Wie vorige Anm., S. 13. So Büttner, Bistum, S. 12, zu Ladenburg: Büttner, Ladenburg; Schaab/Heukemes, Ladenburg. Zu Bonifatius allgemein: Padberg, Bonifatius, zur Blutrache S. 74 f. und noch immer Schieffer, WinfridBonifatius. Skeptisch zur Blutrache: Staab, Rudi, S. 269 f. Zu den Bistumsgrenzen im Westen: Haubrichs, Ausbildung; Beschreibung des Bistums bei Schaab, Diözese, S. 112–142, vgl. oben Karte 5, S. 106. Schaab, Diözese, S. 170 –173; zu Pfeddersheim: Gillen, Zweigniederlassung. Für das 12. Jahrhundert entscheidet sich Gillen, Zweigniederlassung, S. 149 ff. Laut der Kirschgartener Chronik von 1501/3 (Boos, Monumenta). Vgl. Classen, Bemerkungen, S. 483 – 489; Brühl, Palatium, S. 126 ff. Siehe Karten 7a–b (S. 120) mit Grafik 12 (S. 119); vgl. Brühl, Palatium, S. 115 f.; Classen, Bemerkungen, S. 478; Schlesinger, Pfalzen, S. 492. Am eindrucksvollsten gelang dies sicherlich beim Besuch der Gesandtschaft aus Bagdad, die in den Jahren 801/807 unter anderem eine Wasseruhr, Kunstgegenstände und einen Elefanten als Geschenk nach Aachen mitbrachte. Nithard 3, 6. Vgl. dazu Gockel, Königshöfe, S. 148 f. mit der dort angegeben Literatur. Becher, Eid, S. 64–74; Jahn, Ducatus, S. 540– 550. Hinkmar, De ordine palatii c. VI, S. 84 – 87. Möglicherweise deutete Karl den Brand als böses Omen (Schlesinger, Pfalzen, S. 496). Vgl. Das Bistum Worms, S. 19. Wie vorige Anm. S. 19 Anm. 3, 4. MGH Conc. 2, 14. Wieso Friedmann (Das Bistum Worms, S. 19), davon ausgeht, dass er im Auftrag Karlmanns handelte, ist unklar; es ist, da sowohl Worms als auch Weißenburg im Reichsteil Karls lagen, auch unwahrscheinlich. MGH Conc. 2, 33. MGH Conc. 2, 36. Vgl. Classen, Bemerkungen, S. 491 ff.; Brühl, Palatium, S. 129 ff.

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50 Die anderen Orte sind die 1689 zerstörte Neue Münze, an der Stelle der heutigen Dreifaltigkeitskirche, wo lediglich die Kirschgartener Chronik von 1501/3 eine ehemalige Pfalz vermutet, der 1899 abgerissene Pfalzgrafenhof und die ohnehin erst für Ludwig den Deutschen angenommene Lage der Pfalz in der Nähe der späteren Leonhardspforte am Andreasstift, das zu karolingischer Zeit noch vor den Mauern lag. 51 Vgl. Brühl, Palatium, S. 131, der allerdings davon ausgeht, dass Stadtpfalzen meist an der Stelle des ehemaligen römischen Prätoriums lagen. 52 Wirttembergisches UB I Nr. 183; Classen, Bemerkungen, S. 492 f. nimmt sie als Hinweis gegen die Salierburg. 53 Anders Classen, Bemerkungen, S. 480 – 483. 54 CL (vgl. Anm. 4) Nr. 3674. 55 CL (vgl. Anm. 4) Nr. 819– 823, 1991, zum Besitz des Klosters Lorsch in Worms: Bönnen, Kontakte S. 91 f. mit Anm. 10. 56 CL (vgl. Anm. 4) Nr. 3671– 3677, vgl. zum Königsgut in der Region: Gockel, Königshöfe; zur Versorgung der Pfalzen: Brühl, Fodrum. 57 Gockel, Königshöfe, S. 218. 58 Staab, Gesellschaft, S. 51. 59 CL (wie Anm. 4) Nr. 31 = MGH D Ludwig d. Deutsche Nr. 89 = Boos, UB Worms I, Nr. 24 S. 24 f.; dazu Bönnen, Kontakte, S. 92 f. Zur Schifffahrt auf dem Rhein: Staab, Gesellschaft, S. 106–112. 60 Prümer Urbar cc. 112, 114. 61 Boos, Monumenta, S. 223 f.; dazu Bönnen, Stadttopographie, mit Abb. 1 auf S. 24. 62 Lorsch wurde durch seinen reichen Besitz im Worms- und Lobdengau zu einem der wichtigsten Konkurrenten des Bistums beim Versuch, um die alten Zentren Worms, Wimpfen und Ladenburg eine größere Herrschaft aufzubauen (siehe im Abschnitt zu Bischof Hildibald). 63 Müller-Mertens, Karl, S. 93–110; Schmitt, Untersuchungen, S. 180 –193. 64 Cap. 1.,72, c. 6, 138, c. 7, 8, 19, Felten, Konzilsakten, S. 189 ff. 65 Zu Seckenheim und Handschuhsheim: Schwind, Dorf; zu Dienheim: Kohl, Dienheim. 66 Zu ihnen: Glöckner, Lorsch; Innes, State, S. 51– 60, siehe oben bei Bischof Rupert. 67 UBF (vgl. Anm. 4) Nr. 246; CL (ebd.) Nr. 15. 68 Kohl, Dienheim, S. 83 f. 69 Schwind, Dorf, S. 492. 70 Kohl, Dienheim, S. 72. 71 Allgemein zur neuerdings betonten Bedeutung des Handels im Frühmittelalter: McCormick, Origins; Heß, Geldwirtschaft; Irsigler, Grundherrschaft. 72 CL (vgl. Anm. 4) Nr. 27, UBF (ebd.) Nr. 246. 73 Heß, Geldwirtschaft, S. 50 f. 74 Boos, UB Worms I, Nr. 17 S. 9 f. 75 Thegan, Das Leben Ludwigs c. 35. 76 Astronomus, Das Leben Ludwigs c. 43. 77 Regino, Chronik 842. 78 Annales Xantenses 842. 79 CL (wie Anm. 4) Nr. 1826. 80 Glöckner, Lorsch, S. 325 – 337, und noch Werner, Robertiner; skeptisch zur mittelrheinischen Abstammung der Robertiner: Ehlers, Kapetinger, S. 14. 81 Zu den missi: Hannig, Kontrolle; zu Bernhar: ebd., S. 15 f. 82 Einharti epistolae, 2,3, S. 149 f. 83 Das Bistum Worms, S. 19 f. 84 Zu ihm Gensicke, Samuel, S. 253 f.; Das Bistum Worms, S. 20 f.; Deutinger, Biographie. 85 Z. B. auf der Ingelheimer Synode 840 (MGH Conc. 2, 61). 86 CL (vgl. Anm. 4) c. 26. 87 CL (vgl. Anm. 4) 27. 88 CL (vgl. Anm. 4) 25, 26, 29, 30, 31, 32, 36, 37, 38. 89 CL (vgl. Anm. 4) 30 = MGH D Ludwig d. Deutsche Nr. 63. 90 Ehlers, Kapetinger, S. 9. 91 MGH Conc. 4, 25, dazu Hartmann, Konzil; Hartmann, Konziliengeschichte, S. 301– 309.

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92 Bemerkenswert ist ein Brief dieses Konzils gegen die Griechen, in dem der Versuch unternommen wird, die Vorwürfe der griechischen gegen die römische Kirche zu entkräften; der gewichtigste Streitpunkt war die Frage nach dem Ausgang des Heiligen Geistes von Vater und Sohn oder vom Vater allein. 93 Köln gehörte zu Lothringen und damit nur zeitweise zum Reich der Ostfranken, Synoden dort: 870, 887. 94 Walther von Speyer, Vita Christophori, S. 12. 95 Glöckner, Lorsch, S. 344. Möglicherweise stellte er wie sein Vater und Großvater (CL (vgl. Anm. 4) Nr. 1826 von 834) 876 eine Urkunde für Land in Mettenheim aus: CL Nr. 1835. 96 Zu Arnulfs Verhältnis zur Kirche Hartmann, Arnolf, hier S. 238. 97 Wie vorige Anm., S. 247– 251. 98 MGH D Ludwig d. Deutschen Nr. 92; vgl. Hannig, Kontrolle, S. 16. 99 Annales Xantenses 872, Das Bistum Worms, S. 21. 100 Wie vorige Anm. 101 MGH DD Arnolf Nr. 153, 157, 158 = Boos, UB Worms I, Nr. 25– 27 S. 14–18. 102 MGH DD Ludwig d. Kind Nr. 51, 48, 32 = Boos, UB Worms I, Nr. 29 S. 19 f. 103 Edition und Untersuchung bei Haubrichs, Prestarievertrag. 104 Boos, Monumenta, S. 223 f.; vgl. Bönnen, Stadttopographie, und den letzten Abschnitt unseres Beitrags. 105 Siehe oben Anm. 52. 106 Vgl. Karte 7b, S. 120. 107 MGH DD Otto III. Nr. 3, 121. 108 MGH D Otto I. Nr. 9. 109 Bestätigung der Schenkung: MGH D Otto I. Nr. 10. 110 Zu Konrad: Weinfurter, Herrschaft, S. 15 f. 111 Vita Burchardi c. 7 (Boos, Monumenta, S. 106 f.). 112 Bestätigung der Schenkung MGH D Otto I. Nr. 51. 113 Vgl. Karten 7a–b auf S. 120. 114 Thietmar, Chronik, Prolog zu Buch IV, Vita Burchardi c. 9; dazu Grünewald, Burg; Bönnen, Bischof; Bönnen, Zur Geschichte des Paulusstifts, S. 32 – 40; Zotz, Adelsherrschaft, S. 365– 368. 115 Zu diesem Vorgang und der wohl erheblich verfälschten Urkunde Friedmann, Beziehungen, S. 34 f. und S. 211– 218. 116 MGH D Otto I. Nr. 84 = Boos, UB Worms, I Nr. 31. 117 Friedmann, Beziehungen, S. 36. 118 Wie vorige Anm., S. 38; MGH D Otto I. Nr. 377. 119 MGH Conc 6, 1, 18, Friedmann, Beziehungen, S. 40. 120 MGH D Otto I. Nr. 161. 121 MGH D Otto I. Nr. 151. 122 Widukind 3, c. 47. 123 Weinfurter, Herrschaft, S. 16. 124 Vgl. Friedmann, Beziehungen, S. 41. 125 MGH D Otto I. Nr. 178. 126 MGH D Otto I. Nr. 310 = Boos, UB Worms I, Nr. 32 S. 23 f., hier sind erstmals auch die Wormser Besitzungen in Wimpfen und Ladenburg mit eingeschlossen; Friedmann, Beziehungen, S. 46. 127 Vita Burchardi c. 7 (Boos, Monumenta, S. 107 f.). 128 MGH D Otto I. Nr. 316. 129 MGH DD Otto I. Nr. 377, 388. 130 MGH D Otto I. Nr. 391. 131 MGH D Otto II. Nr. 46 ist zweifelhaft, MGH DD Nr. 114, 143. 132 Friedmann, Beziehungen, S. 53. 133 MGH D Otto II. Nr. 143; Mosbach wurde bald darauf in ein Stift umgewandelt, vgl. Quarthal, Mosbach; dazu Friedmann, Beziehungen, S. 53 mit Anm. 255. 134 Wirttembergisches UB I, Nr. 183. 135 Weinfurter, Herrschaft, S. 16, vgl. auch Zotz, Adelsherrschaft, S. 364 f. 136 Schaab, Diözese, S. 202. Zu Hildibald allgemein Fleckenstein, Hofkapelle, S. 70– 85. 137 Friedmann, Beziehungen, S. 71. 138 Friedmann, Beziehungen, S. 56; Schaab, Diözese, S. 202.

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MGH D Otto II. Nr. 183. MGH D Otto II. Nr. 199 = Boos, UB Worms I, Nr. 35 S. 27 f. MGH D Otto III. Nr. 12 = Boos, UB Worms I, Nr. 36 S. 28 f.; MGH D Otto III. Nr. 11. MGH DD Otto III. Nr. 43, 64, 120, 138, 187. MGH DD Otto II. Nr. 183, 199; MGH DD Otto III. Nr. 12, 43. Dies spricht gegen die These von Fried, Aufbruch, S. 566 f., dass Willigis und Hildibald sich gegen Theophanu stellten und sie zur Untätigkeit nötigten. Liber possessionum Wizenburgensis, S. 154 f.; dazu Zotz, Adelsherrschaft, S. 361 f. MGH D Otto III. Nr. 9. MGH D Otto II. Nr. 279. Vgl. dazu mit Literatur Zotz, Adelsherrschaft, S. 363. Weinfurter, Herrschaft, S. 19 f. MGH D Heinrich II. Nr. 1 = Boos, UB Worms I, Nr. 39 S. 30 f. MGH Const. 1, 436, S. 623 f., dazu Auer, Kriegsdienst, S. 372 – 382; Werner, Heeresorganisation, S. 805 – 813. Dazu allgemein: Lechner, Königsurkunden und Lechner, Beurteilung. Lechner, Königsurkunden, S. 364– 375 mit den Urkunden MGH D Merowinger I Nr. 30; MGH D Karl d. Große Nr. 257; MGH D Ludwig d. Deutsche Nr. 74b; MGH D Otto I. Nr. 392 = Boos, UB Worms I Nr.1 S. 1 f.; Nr. 11 S. 5 f.; Nr. 23 S. 12 f.; Nr. 33 S. 24 f. MGH D Pippin Nr. 20 = Boos, UB Worms I Nr. 1 und 2, Interpolation in: Boos, UB Worms I, Nr. 1, 17 (von Ludwig dem Frommen und Lothar I. 829), MGH D Ludwig d. Deutsche Nr. 179, MGH D Arnolf Nr. 192. MGH D Merowinger I Nr. 30 = Boos, UB Worms I, Nr. 1; MGH D Pippin Nr. 20 = Boos, UB Worms I, Nr. 2; MGH D Ludwig d. Deutsche Nr. 74a = Boos, UB Worms I, Nr. 22; MGH D Arnolf Nr. 166 = Boos, UB Worms I, Nr. 28; MGH D Otto I. Nr. 84 = Boos, UB Worms I, Nr. 31. Vita Burchardi c. 3 (Boos, Monumenta, S. 104 f.). Wie vorige Anm. Papsturkunden II, 376. Vita Burchardi c. 4 (Boos, Monumenta, S. 105 f.), Friedmann, Beziehungen, S. 78 ff. Vita Burchardi c. 3 (Boos, Monumenta, S. 104 f.). Dazu allgemein ohne konkrete Befunde für Worms: Clemens, Tempore; zur Stadt Worms um 1000: Bönnen, Bischof; Bönnen, Stadttopographie; Hirschmann, Stadtplanung. Clemens, Tempore, S. 402 f. Annolied, c. 40. Wenn das in der gefälschten Dagoberturkunde (MGH D Merowinger I, 30) genannte Patrozinium authentisch ist; Das Bistum Worms, S. 16. Z. B. bei Hotz, Dom, S. 5 f. Annales Fuldenses 837. Annales Xantenses 872. Wie vorige Anm., zu Burchard siehe den folgenden Beitrag von G. Bönnen in diesem Band. Vgl. Brühl, Palatium, S. 126 ff.; zu Neuhausen, Fabry, Neuhausen, S. 13 – 20; vgl. Bönnen, Bischof, S. 316 f.; siehe jetzt den Beitrag von G. Bönnen und J. Kemper in diesem Band. Boos, Monumenta, S. 223 f., zur Stadtmauer vgl. ausführlicher der Beitrag von M. Grünewald in diesem Band. Die Mauerbauordnung wurde verschiedentlich für ein Werk Bischof Burchards gehalten (zuletzt Brühl, Palatium, S. 124 f.), dürfte aber doch eher zu Thietlach zu stellen sein. Allgemein zur Mauerbauordnung Bönnen, Stadttopographie, S. 22 f.; zum Verlauf der Mauer Porsche, Stadtmauer, S. 74– 83 und der Beitrag von M. Grünewald in diesem Band mit Karte 4 (Tafel 5). Porsche, Stadtmauer, S. 70. Porsche, Stadtmauer, vgl. Karte Abb. 34, S. 80. Vita Buchardi c. 6 (Boos, Monumenta, S. 106 f.). CL (vgl. Anm. 21), Nr. 820. Boos, UB Worms I, Nr. 17 S. 9 f. CL (vgl. Anm. 21) Nr. 31 = D Ludwig d. Deutsche Nr. 89 = Boos UB Worms I, Nr. 24 S. 13 f. Hirschmann, Stadtplanung, S. 317 ff. Bönnen, Bischof, S. 318; Hess, Geldwirtschaft, S. 30 f. Allgemein Dilcher, Rechtsgeschichte, S. 306 – 315, für Worms: Bönnen, Stadtverfassung.

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179 Siehe oben den Abschnitt zu Adalhelm. 180 Zu ihm Müller, Heribert 1977 (zu seiner Abstammung dort besonders S. 41– 87); Müller, Heribert, Kanzler 1996; zur Domschule unter Hildibald: Staub, Domschulen, S. 283. 181 Annales Fuldenses 850. 182 Annales Xantenses 842. 183 Widukind 3, c. 30. 184 Wie vorige Anm. 185 MGH Capitularia 1, 58, c. 1. 186 Zotz, Herrschaft, S. 100 f. 187 Erstmals in Boos, UB Worms I, Nr. 17 S. 9 f., zuletzt 973 in der allerdings zweifelhaften Urkunde MGH D Otto II. Nr. 46 = Boos, UB Worms I, Nr. 34 S. 26 f. 188 Bönnen, Bischof, S. 319 f. 189 Vgl. den Beitrag von F. Reuter und das folgende Kapitel von G. Bönnen. 190 Erler, Heingereiden. 191 Mit älterer Literatur Dilcher, Rechtsgeschichte, S. 366– 384. 192 Schulz, Hofrecht, S. 252; Hofrecht ediert bei Boos, UB Worms I, Nr. 48 S. 39 – 45; dazu neben Schulz auch Bönnen, Bischof, S. 339– 345 mit weiterer Literatur dort Anm. 75. 193 Schulz, »Denn sie lieben«, S. 89 f.; Schulz, Zensualität, S. 73 ff. 194 Z. B. in MGH DD Arnolf Nr. 153, 157, 158 = Boos, UB Worms I, Nr. 25– 27, S. 14–18. 195 Schulz, »Denn sie lieben«, S. 92– 99. 196 Vgl. Boos, UB Worms I, Nr. 45 S. 35– 37 (1016), Nr. 37 S. 29 (ca. 1000). 197 Vita Burchardi c. 6 (Boos, Monumenta, S. 106 f.). 198 Vita Burchardi c. 7 (Boos, Monumenta, S. 107 f.).

Die Blütezeit des hohen Mittelalters: Von Bischof Burchard zum Rheinischen Bund (1000 –1254) 1 Zum Urkundenbuch von Boos (im Folgenden Boos, UB Worms I bzw. II) vgl. auch seine Nachträge zu Teil I (umfasst die Zeit bis 1300) in Bd. II (erschienen 1890, reicht bis 1400); Baur: 1846 –1873, für Rheinhessen wichtig v. a. Bde. 2 und 5; ein Nachdruck mit Indices und Konkordanz der Signaturen im HStAD erschien 1979; zu den Diplomen der Zeit vor 1000: Lechner, Die älteren Königsurkunden; Lechner, Zur Beurteilung. 2 Mone, Ungedruckte Urkunden; Boos, UB Worms I, S. XI. 3 Wichtig: Frey/Remling, UB Otterberg bzw. Dolch/Münch, Urkunden; Debus, Regesten Schönau. 4 Landesarchiv Speyer. Der Gatterer-Apparat (Einführung, Bestandsüberblick, zahlreiche Abb., weiterführende Lit.; Best. F 7). 5 Vgl. die gedruckte Beständeübersicht: Bestände Darmstadt, S. 53 – 55, sowie das gedruckte Repertorium für den Best. C. 6 Fragmente wurden ediert von Friedmann (Beziehungen), dessen Quellenanhang (S. 183 – 218) auch eine Reihe wichtiger urkundlicher Zeugnisse bietet. Die Arbeit ist unter anderem wichtig wegen zahlreicher quellenkritischer Beobachtungen für die Zeit bis ca. 1120. 7 Fuchs, Inschriften (Beschreibung der wichtigsten Inschriften-Standorte: S. XVII–XXVIII, v. a. zur Geschichte der geistlichen Einrichtungen in der Stadt; Überlieferung vor allem der chronikalischen Quellen: S. XLII–LV). 8 Ediert in: Boos, Monumenta (Annalen und Chroniken bis 1525, 1893). Nur wenige Informationen über das hohe Mittelalter enthält die so genannte Kirschgartner Chronik (Cronica civitatis Wormatiensis per monachum quondam Kirsgartensem), S. 1– 95; Vita Burchardi episcopi Wormatiensis, S. 97–126 u. S. XXVI; Vita s. Eckenberti, S. 129–142; Übersetzungen der beiden Viten ins Deutsche in: Soldan, Beiträge, S. 18 – 45 (Burchard), S. 46 – 64 (Eckenbert); Übertragung der Vita Burchards auch in: Wormatia Sacra, S. 8 – 44; vgl. unten Anm. 32. 9 Edition: Boos, Monumenta: Annales Wormatienses, S. 145–162 (1226–1254: bis S. 154), Chronicon Wormatiense, S. 165 –199 (1221–1254: bis S. 186); zu den Quellen vgl. die unten Anm. 157 genannte Lit. 10 Edition: Bulst, Die ältere Wormser Briefsammlung; dazu: Häfner, Die Wormser Briefsammlung; Edition des Hofrechts: Boos, UB Worms I, S. Nr. 48 S. 39– 45.

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11 Vgl. die Arbeiten von Mathilde Grünewald sowie ihren Beitrag im vorliegenden Band (S. 44–101 u. a. S. 93 ff.). 12 Vgl. dazu die Edition der Quellen durch Eva Haverkamp (Hebräische Berichte über die Judenverfolgungen während des Ersten Kreuzzugs, 2005). Zu den Kreuzzügen insgesamt: Kein Krieg ist heilig (2004). 13 Eine biografische Würdigung des für Worms wichtigen Gelehrten fehlt; vorläufig: Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände (1998), S. 15 f. Von den älteren, inzwischen gänzlich überholten Studien zur Stadtverfassung seien genannt: Koehne, Ursprung (1890); Schaube, Entstehung des Rates (1888) und Schaube, Entstehung der Stadtverfassung (1892). 14 Vgl. unten Anm. 31. 15 Zur Sakraltopografie bis in das 11. Jahrhundert in vergleichender Perspektive vgl. mit zahlreichen wichtigen Einzelbeobachtungen: Hirschmann, Stadtplanung, S. 313 ff.; siehe auch Hirschmann, Zu den Wormser Märkten. Aus der älteren Lit. wichtig: Gensicke, Beiträge; zum frühen Mittelalter: Bönnen, Stadttopographie; Porsche, Stadtmauer (S. 57– 83), Classen, Bemerkungen (v. a. zur Frage der Wormser Pfalz); Büttner, Stadtentwicklung; Brühl, Palatium (S. 113–132, mit Zusammenstellung der Herrscheraufenthalte); zur archäologisch belegten Stadterweiterung um 1200: Neyses, Dendrochronologische Untersuchungen; Grünewald, Die neuen Daten. Zu den Grabungsbefunden und den offenen Fragen vgl. die weiteren Arbeiten von Grünewald (Salier; Neue Thesen (problematisch !), Grabungen; Grünewald/Vogt, St. Rupert und St. Paul in Worms). Zur Ausstattung mit geistlichen Institutionen vgl. die bei Bönnen/ Kemper (S. 691–734) genannte neuere Literatur; vgl. zuletzt den Forschungsüberblick von Seibert, Neue Forschungen (2004). 16 Bönnen, Stadtverfassung (2002, mit vergleichendem Blick auf Speyer und Mainz); Bönnen, Dom und Stadt (1998); zum hochmittelalterlichen Stadtsiegel vgl. die Arbeiten von Toni Diederich sowie Kranzbühler, Worms und die Heldensage (insgesamt wichtig für die nur wenig bearbeitete Wormser Siegelgeschichte). 17 Keilmann, Kampf (ab 1212 –1233: S. 18– 80, 1233–1254: S. 80–145). 18 Vgl. die Literaturliste S. 990 ff.; besonders wichtig: Schulz, Ministerialität als Problem (1968, hier auch zu den führenden Familien des späten 12. und des 13. Jahrhunderts); Von der familia zur Stadtgemeinde (1991); Zensualität (1982); zusammenfassend: »Denn sie lieben« (1992, Worms S. 75– 99). 19 Happ, Stadtwerdung (2002, vergleichende Studie zu Speyer, Worms und Koblenz), zur Ministerialität v. a. S. 246– 252, S. 356 f. Gegen die Arbeit sind eine Reihe grundsätzlicher Bedenken und Einwände vorzubringen. 20 Zotz, Bischöfliche Herrschaft (sehr wichtig auch für das Bistum insgesamt); Zotz, Formierung; Seider, Wormser Ministerialität; in das hohe Mittelalter zurück greift die Arbeit von Breuer, Politische Orientierung (über den Niederadel im Wormser Raum seit dem 13. Jahrhundert). 21 Bönnen, Rheinische Bischofsstädte (2002). 22 Seibert, Reichsbischof (mit zahlreicher weiterführender Lit. und ausführlicher Betrachtung der Reichsebene). 23 Friedmann, Beziehungen; siehe auch Friedmann, Gab es in Worms (zu einem angeblichen Schisma auf dem Bischofssitz um 1120; gegen Seibert); Seibert, Neue Forschungen, S. 62 –64. 24 Opll, Itinerar Friedrich Barbarossas; Opll, Stadt und Reich (Worms S. 174 –177); Bönnen, Barbarossa und die Bruderschaft; für die Zeit Heinrichs VI. siehe auch Breuer, Nibelungenlied. 25 Das Bistum Worms (hg. v. F. Jürgensmeier; einschlägige Abschnitte von A. U. Friedmann und B. Keilmann, mit weiterführender Lit.); zum Hochstift Worms: Seiler, Hochstift; Kraft, Reichsgut; Schaab, Diözese (1966), vgl. auch dessen Arbeiten zur Entwicklung der Kurpfalz; Seibert, Neue Forschungen (2004). 26 Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1198 bis 1448. Ein biographisches Lexikon, hg. v. Erwin Gatz, Berlin 2002, S. 860– 881 (Zit.: Keilmann, Art.); weitgehend überholt: Berendes, Bischöfe; wichtiger Sonderaspekt: Gierlich, Grablege (Worms: S. 197– 221) 27 Siehe den von O. Böcher/I. Spille bearbeiteten Abschnitt im vorliegenden Band (S. 740 –745). Zu nennen sind hier nur die Arbeiten von Hotz, Winterfeld, Spille, Sebald, Kotzur und (immer noch sehr wichtig) Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten (1905); Regesten zur Domgeschichte: Kautzsch, Dom, S. 9– 49 (zahlreiche Fehler und Probleme!). 28 Wichtige Studie für die rheinhessische Region mit weiterer Lit.: Spiess, Bäuerliche Gesellschaft (auch zur Thematik der in der Region früh ausgeprägten ländlichen Dorfgemeindeentwicklung); weitgehend veraltet: Knobloch, Agrar- und Verfassungsgeschichte (1951).

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29 Joseph, Münzen (S. 36 ff. zur Wormser Pfennigwährung, Beschreibung der Münzen S. 81 ff.; zu den Münzen der Zeit ab ca. 990 vgl. S. 95 ff.); Heß, Münzstätten; Kluge, Deutsche Münzgeschichte (S. 276 f. Tafel 77: Abb. von Münzen des 11. Jahrhunderts); Borchers, Untersuchungen; Hirschmann, Zu den Wormser Märkten; zum Messesystem der Region im 13. Jahrhundert siehe Irsigler, Jahrmärkte, v. a. S. 21 f. 30 Älterer Forschungsstand: Germania Judaica I, S. 434– 474; Überblick: Reuter, Warmaisa (1987); zuletzt zu den Pogromen 1096: Mentgen, Juden; Böcher, Die Alte Synagoge (zur Baugeschichte des Synagogenkomplexes); Kisch, Rechtsstellung; Schiffmann, Urkunden; Bönnen, Die jüdische Gemeinde; siehe auch den Beitrag von F. Reuter, S. 664– 690. 31 Aus der jüngeren Lit. seien nur genannt: Bönnen, Bischof (und weitere Beiträge in dem Sammelband »Bischof Burchard von Worms«, hg. v. W. Hartmann, 2000); speziell zu Worms vgl. auch den Katalog: Bischof Burchard 1000–1025 (hier v. a. der Überblicksbeitrag S. 6– 31 mit weiterer Lit., 2000); in vergleichender Perspektive mit wichtigen Beobachtungen: Hirschmann, Stadtplanung, S. 313 – 329; zuletzt: Seibert, Neue Forschungen, S. 70 ff. 32 Zur Lebensbeschreibung (siehe oben Anm. 8) mit älterer Lit. und allen Nachweisen: Coué, Acht Bischofsviten; Coué, Hagiographie, sowie der Beitrag von Stephanie Haarländer in dem in voriger Anm. genannten Sammelband (S. 129 –160). 33 Kluge, Münzgeschichte; Joseph, Münzen (v. a. S. 95 ff.); Heß, Münzstätten (S. 120 f. zur Münzzone des Wormser Pfennigs und der Lorscher Münzprägung nach Wormser Vorbild, hier Nachweis auch von Wormser Schatzfunden). 34 Borchers, Untersuchungen; Hirschmann, Stadtplanung, S. 317– 319; Hirschmann, Zu den Wormser Märkten. 35 Zum Messewesen: Irsigler, Jahrmärkte; sicher zu gering wird die Bedeutung des Marktes im 12./13. Jahrhundert eingeschätzt bei Happ, Stadtwerdung, S. 358 (»keine überörtliche Bedeutung«); vgl. auch Pfeiffer, Rheinische Transitzölle. Allensbach: Stein, Handels- und Verkehrsgeschichte, S. 100 (Quelle: MGH DD O. III. S. 705 Nr. 280). 36 Zu den in den Wormser Diplomen genannten Zollstätten vgl. die wichtigen Beobachtungen bei Stein, Handels- und Verkehrsgeschichte, S. 67 f., 224– 228, 254 – 256; hier auch S. 99 f. ein Beleg für Weinhandel von Worms nach Lüttich im 10./11. Jh. sowie Steintransporte flussabwärts in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts; zu Trier um 1190: Pfeiffer, Rheinische Transitzölle, S. 100, S. 189; zum Zolltarif von 1104 Kölzer, Koblenzer Zoll, v. a. S. 44 f. 37 1044: MGH DD H. III. Nr. 126 S. 157 f. 38 Vgl. zur Biografie Brommer, Burchard; Wahl: Friedmann, Beziehungen, S. 80– 82 sowie Beiträge in dem in Anm. 31 genannten Sammelband. 39 Boos, Monumenta, S. 106 f.; zur Bewertung siehe Hirschmann, Stadtplanung, S. 316 f. 40 Übersicht: Weinfurter, Herrschaftslegitimation, S. 66 und Bischof Burchard 1000–1025 (S. 39; hier S. 40 f. zu den archäologischen Funden aus den 1906 geöffneten Saliergräbern; dazu auch Müller, Saliergräber und Gierlich, Grabstätten, S. 215 f.). 41 Hirschmann, Stadtplanung S. 321 (hier auch S. 326 zur Orientierung Burchards am Vorbild der heiligen Stadt Rom und ihrem Ausdruck in Baugestalt und Patrozinienwahl); zu Topografie und Stadtentwicklung mit dem Nachweis der älteren Lit.: Bönnen, Bischof, v. a. S. 322 – 338. 42 Vgl. Lit. und weitere Hinweise zu den im Folgenden genannten Institutionen sowie dem Pfarreisystem der Stadt im Kapitel »Das geistliche Worms« (Bönnen/Kemper), S. 691–734. Zum Dombau: Hotz, Dom; Kautzsch, Dom; Winterfeld, Kaiserdome; Sebald, Das romanische Südportal (sehr wichtig); Mertens, Studien. 43 Vgl. dazu Staub, Domschulen, v. a. S. 283 – 291, hier auch zur älteren Wormser Briefsammlung. 44 Zu Grundherrschaft und Marktsystem des Klosters in der Zeit nach 1000 siehe Staab, Markt, Münze, Stadt. 45 Grünewald, Salier; Grünewald, St. Rupert und St. Paul. Zu den im Folgenden genannten geistlichen Institutionen vgl. Bischof Burchard von Worms 1000–1025, S. 22 und die im Beitrag von G. Bönnen/ J. Kemper (S. 691–734) genannte weiterführende Lit. 46 Zu den Hintergründen der Patrozinienwahl und damit gleichsam dem Programm der Stiftsgründung: Weinfurter, Anfänge. 47 Zu der Urkunde (Boos, UB Worms I, S. 35 – 37 Nr. 45) vgl. Bönnen, Bischof, S. 327 f. 48 Zitat: LexMA, Bd. 1 Sp. 949 (M. Kerner); zu der Quelle zuletzt: Schulz, Hofrecht; vgl. auch dessen weitere Veröffentlichungen: »Denn sie lieben« (S. 89 f.); Ministerialität; Problem der Zensualität; Zensualität;

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Von der familia zur Stadtgemeinde; wichtig auch: Dilcher, Mord und Totschlag; Zotz, Formierung, v. a. S. 24– 27. Vgl. den Beitrag von F. Reuter zur Entwicklung des jüdischen Worms (S. 665 – 690); zum Synagogenbau mit weiterer Lit.: Hirschmann, Stadtplanung, S. 327 f. Das Bistum Worms (hg. v. F. Jürgensmeier), S. 24–27; Friedmann, Beziehungen; Haubrichs, Ausbildung; Schaab, Diözese Worms; Seiler, Hochstift; vgl. die Karte 5 im Beitrag von F.-J. Felten und Th. Kohl (S. 106). Schaab, Ladenburg; neuere Gesamtdarstellung zur Stadtgeschichte (1998): Ladenburg, hg. v. H. Probst. Grab: Gierlich, Grabstätten, S. 214; Nachleben: Bischof Burchard 1000–1025, S. 29– 31 (Lit.). Dazu: Friedmann, Beziehungen (S. 234– 244 Itinerarübersicht für die Zeit von Otto I. bis Heinrich V.); auf die Nennung von Literatur zur Reichsherrschaft und den Persönlichkeiten der Herrscher muss hier und im Folgenden verzichtet werden. MGH DD K II. Nr. 204 S. 275 – 277; zu der Urkunde Weinfurter, Herrschaftslegitimation, S. 70; Friedmann, Beziehungen, S. 110; Brühl, Palatium und Civitas, S. 117 mit Anm. 49; Müller, Saliergräber. Druck: Schannat, Historia II, S. 51 Nr. 55; Friedmann, Beziehungen, S. 110 f. Mauritius: Boos, UB Worms I, S. 400 Nr. 50 (Verbindung mit einer Anniversarstiftung für Burchard); spätere Belege für die Existenz der Kapelle fehlen. Bönnen, Barbarossa, S. 9 f.; Bischof Burchard von Worms 1000–1025, S. 59 (Weiheinschrift; Edition: Fuchs, Inschriften, S. 12 f. Nr. 11). Brühl, Civitas, S. 118. Eine Zusammenstellung und Einschätzung der hochmittelalterlichen Herrscheraufenthalte in Worms bei Brühl, Civitas, S. 116–120. Für das 11. Jahrhundert vgl. Friedmann, Beziehungen (hier v. a. zu den Bischöfen und den Reichsbeziehungen); Zotz, Bischöfliche Herrschaft, S. 95 – 97; Seider, Wormser Ministerialität, S. 1 ff. Bönnen, Bischof, S. 344. Grafen, Speyerer; zur Zensualität in Worms vgl. neben Zotz, Bischöfliche Herrschaft, vor allem die Arbeiten von Knut Schulz (Zensualität; Zum Problem der Zensualität, sowie seinen Artikel im LexMA, Bd. 9, Sp. 530 – 533). Lamperti monachi Hersfeldensis Opera, hg. v. O. Holder-Egger, Hannover/Leipzig 1894, Nd. Hannover 1984 (MGH SS in us. scol. 38), S. 169 f. (zur Überlieferung der Chronik: Gensicke, Das Wormser Fragment); vgl. auch die Annalen Bertholds von Reichenau (MGH SS 5, S. 276); Seibert, Reichsbischof, S. 99 f.; Friedmann, Beziehungen, dort auch zur Person Bischof Adalberts. MGH DD H IV. (hg. v. D. v. Gladiß u. A. Gawlik 1941, Nd. Hannover 1978), Teil I, Nr. 267 S. 341– 343, mit Zusätzen in Teil 3, hg. v. A. Gawlik, Hannover 1978, S. LXII Anm. 194. Übersetzung: Quellen zur Verfassungsgeschichte (hg. v. H. U. Hergemöller), Nr. 16 S. 100 –104. Aus der sehr umfangreichen Lit. (auch zur Frage der lange Zeit unklaren bzw. bestrittenen Authentizität des Passus von den »Juden und übrigen Wormsern«): Wibel, Die ältesten deutschen Stadtprivilegien, v. a. S. 239 ff.; Grafen, Die Speyerer, S. 140; Opll, Stadt und Reich, S. 172 f.; Schulz, »Denn sie lieben …«, S. 78– 81; Friedmann, Beziehungen, S. 140; Seibert, Reichsbischof, S. 101 Anm. 23; im Zusammenhang mit Fragen des Zollwesens: Pfeiffer, Rheinische Transitzölle v. a. S. 235 ff. (hier im Einzelnen zu den genannten Zollstellen); zur Einschätzung der Art des Zolls im Rahmen der verstärkten fiskalischen Nutzbarmachung des Handels S. 336– 338, Verf. betont das Exzeptionelle der Befreiung. Zuletzt zu der Urkunde insgesamt: Bönnen, Stadtverfassung, S. 120 f.; zum allgemeinen Zusammenhang der Stadtgemeindebildung um 1100: Jakobs, Stadtgemeinde. Vgl. hierzu die Arbeiten von Friedmann, Beziehungen und Seibert, Reichsbischof, S. 99 –109 (hier auch zu den Bischöfen und den Beziehungen zum Reich). Seider, Wormser Ministerialität, S. 5. Quellen: Bönnen, Stadtverfassung, S. 122 f.; Friedmann, Beziehungen, S. 142; Weinfurter, Herrschaft und Reich, S. 124 f. MGH DD H IV. Nr. 411 f. S. 543– 549; dazu Schiffmann, Urkunden; GJ I, S. 439 f. zuletzt: Toch, Juden, S. 46 f.; Lotter, Geltungsbereich, v. a. S. 24 ff.; vgl. zur jüdischen Gemeinde mit weiterer Lit. den Beitrag von F. Reuter, S. 665 f.; vgl. Karte des Judenviertels S. 682 (Karte 16). Zu den Ereignissen mit weiterer Lit.: Mentgen, Juden (Worms: S. 66– 69); GJ I, S. 440 f.; zur Frage nach dem Ortsbischof: Friedmann, Beziehungen, S. 147; zum weiteren Hintergrund grundlegend: Juden und Christen; Gesamtdarstellung: Toch, Juden; vgl. auch oben Anm. 12. Druck: Boos, UB Worms I, S. 50 Nr. 58; zuletzt: Bönnen, Stadtverfassung, S. 123; Friedmann, Beziehungen, S. 160; ältere Lit.: Koehne, Die Wormser Fischmarktsordnung; Keutgen, Die Wormser Fischhändler-

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Urkunde; siehe im Zusammenhang der frühen Zunftgeschichte des Rheinlandes: Schulz, Patriziergesellschaften, S. 329. Bönnen, Stadtverfassung, S. 123; Berendes, Bischöfe, S. 44– 46. Zum Folgenden Bönnen, Zur Geschichte des Paulusstifts, S. 41 f. (Regest/Edition: Boos, UB Worms I, Nr. 60 S. 51 f.; Schannat, Historia II, S. 62 f.); zu den Beziehungen Heinrichs V. zu Worms und seinen Stiften insgesamt: Seibert, Reichsbischof, S. 102 f. Zu Fragen der Königsherrschaft Heinrichs V.: Weinfurter, Reformidee und Königtum; Ereignisgeschichte: Mayer von Knonau, Jahrbücher Heinrich IV. und Heinrich V. Friedmann, Beziehungen, S. 163 Anm. 817; Spille, Neuentdeckungen; S. 108; Bönnen, Stadtverfassung, S. 124. Grafen, Speyerer. Kotzur, Neue Erkenntnisse (2003); Kotzur, Rätsel; Kein Krieg ist heilig (hier v. a. S. 265– 284, zu den Wormser und anderen rheinhessischen Turmhelmen); vgl. auch das Kapitel zur Wormser Kunst- und Baugeschichte von Böcher/Spille, S. 735 –792. Zum folgenden: Bönnen, Stadtverfassung, S. 124 –127; Seibert, Reichsbischof, S. 103 ff.; Friedmann, Beziehungen. Zu den Konflikten zwischen Heinrich und Adalbert: Weinfurter, Herrschaft und Reich, S. 153 f. Mit Belegen und Lit.: Bönnen, Stadtverfassung, S. 126 (auch zum Folgenden). Zum Beginn der Amtszeit Bischof Buggos: Seibert, Reichsbischof, S. 107 f.; zuletzt (gegen diesen): Friedmann, Gab es in Worms ein Schisma; vgl. auch oben Anm. 23. Art. »Wormser Konkordat«, in: LexMA, Bd. 9, Sp. 336 f. (Tilman Struve); zur jüngsten Diskussion: Beate Schilling, Ist das Wormser Konkordat überhaupt nicht geschlossen worden? Ein Beitrag zur hochmittelalterlichen Vertragstechnik, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 58, 2002, S. 123 –191. Zur Örtlichkeit siehe Kranzbühler, Worms und die Heldensage, S. 29 f. Zuletzt zu der wichtigen Quelle mit Lit.: Weinfurter, Salisches Herrschaftsverständnis. Künftige Edition: MGH DD H V. (1112 Oktober 16: MGH DD H V. Nr. 108; 1114 November 30: ebda. Nr. +138); zu den beiden Urkunden mit der weiteren Lit.: Bönnen, Stadtverfassung, S. 127–129; Grafen, Speyerer, S. 116 Anm. 175; Opll, Stadt und Reich, S. 173; zur Frage des hier genannten Tuchzolls bzw. des Tuchhandels: Stein, Handels- und Verkehrsgeschichte, S. 255; Foto 1114: Bischof Burchard 1000–1025, S. 65. Bisherige Edition: Boos, UB Worms I, S. 52 Nr. 61. Bisherige Edition: Boos, UB Worms I, S. 53 Nr. 62; vgl. beispielsweise Schulz, Zensualität, S. 82 f. Vita Eckenberti, in: Boos, Monumenta, S. 129 –142 (und S. XXVII); das Folgende S. 132 f.; Schulz, Das Leben des hl. Eckenbert; zur urkundlichen Überlieferung: Landesarchiv Speyer. Der Gatterer-Apparat, S. 72 –75; Das Bistum Worms, S. 33 f. Druck: Schannat, Historia II, S. 65 f. Nr. 72; Schulz, Das Leben des hl. Eckenbert, S. 164 –168. Zum Streben städtischer Kreise nach eigenverantwortlicher Vorsorge für ihr Seelenheil siehe neben Jakobs, Stadtgemeinde, S. 26 f. die Bemerkungen von Grafen, Speyerer, S. 135. Aufmerksam gemacht hat auf diese Quellen u. a. Zotz, Bischöfliche Herrschaft, S. 118 f. Zum Folgenden ausführlicher: Bönnen, Rheinische Bischofsstädte. Zuletzt: Bönnen, Rheinische Bischofsstädte, S. 42 f. Zu Person und Wahl mit weiterer Lit. Seibert, Reichsbischof, S. 106 –113; Keilmann, Artikel; zum folgenden Abschnitt der Verfassungs- und Stadtentwicklung von Worms vgl. mit Belegen, vergleichendem Blick auf benachbarte Civitates und weitere Lit.: Bönnen, Stadtverfassung, S. 136 –147; Das Bistum Worms, S. 28 ff.; Bischofsgrab in Kloster Schönau: Gierlich, Grabstätten, S. 217. Seibert, Reichsbischof, S. 110 –113. Schaab, Schönau; zu Gründung und Ausstattung S. 21– 25 sowie u. a. Zotz, Bischöfliche Herrschaft, S. 107, Seibert, Reichsbischof, S. 114 f.; Das Bistum Worms, S. 34 f.; Regesten: Debus, Schönau. Vgl. die in dem Beitrag von I. Spille/O. Böcher (S. 740 ff.) genannte Lit.; zur Verfassungstopografie und den Beziehungen zwischen Stadtgemeinde und Dombau vgl. ausführlich: Bönnen, Dom und Stadt, v. a. S. 12 –17 zum Dombau Buggos. Edition: Fuchs, Inschriften, Nr. 18 S. 19 f.; Bönnen, Dom und Stadt, S. 15. Vgl. die Arbeiten von Knut Schulz und die Studie von Seider, Wormser Ministerialität. Ein Jahrmarkttermin am 29. 6. ist denkbar, lässt sich allerdings nicht belegen. Überhaupt ist die Abhaltung von Jahrmärkten in Worms erst mit dem Verleihungsdiplom Friedrichs II. von 1245 gesichert

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nachweisbar (siehe S. 173). Am 24. 6. – und damit in zeitlicher Nähe zum Patronatsfest in Worms – fand gemäß Privileg des Mainzer Erzbischofs von 1130 ein Jahrmarkt am Klosterstandort St. Johannisberg/ Rheingau statt (Irsigler, Jahrmärkte, S. 19 mit FN 66). Bönnen, Durchzug französischer Kreuzfahrer; Quelle: MGH SS 26 (1882, hg. v. G. Waitz), S. 59 ff.; zur Thematik vgl. jetzt insgesamt: Kein Krieg ist heilig, hg. v. H.–J. Kotzur. Zum Vorstehenden mit Lit. und Belegen: Bönnen, Durchzug französischer Kreuzfahrer, S. 182 f. MGH DD F I. (hg. v. H. Appelt u. a.) 5 Bde., Hannover 1975–1990, Nr. 491 S. 412–414, zuletzt dazu: Bönnen, Stadtverfassung, S. 138, zu den münz- und geldgeschichtlichen Aspekten vgl. die ältere Studie von Joseph, Münzen, S. 22–28; vgl. mit Hinweis auf die aus der Quelle zu erschließenden, von den Wormser Wechslern aufgesuchten Jahrmärkte in Wiesloch und Ladenburg: Irsigler, Jahrmärkte, S. 20 Anm. 70. MGH DD F I. Nr. 166 S. 284 – 286; Schiffmann, Die Urkunden. Dazu und zum Folgenden: Bönnen, Kontakte und Beziehungen. Sauer, Lehnbücher, S. 36. Quellen: Friedmann, Beziehungen, S. 183–193; Boos, UB Worms I, S. 57– 59, Nr. 68 –71; Nonnenmünster: Kraft, Reichsgut, S. 256– 261. Bewertung: Bönnen, Zur Geschichte des Paulusstifts, S. 43 ff. Vgl. zu der für diese Frage wichtigen Quelle von angeblich 1080 (Boos, UB Worms I, S. 49 f. Nr. 57): Bönnen, Zur Geschichte des Paulusstifts, S. 53 f. sowie den Beitrag über das »Geistliche Worms« (G. Bönnen/J. Kemper), S. 691–734, zu den Pfarreien S. 723 ff. Zu den Personen und ihren Bindungen an die Reichsherrschaft vgl. Seibert, Reichsbischof, S. 113 –117 bzw. 117–126; Das Bistum Worms, S. 35– 43; Gierlich, Grabstätten, S. 218 f. Zu den Beziehungen Barbarossas nach Worms vgl. insgesamt Opll, Stadt und Reich, S. 174–177; Bönnen, Barbarossa und die Bruderschaft (Funktionen der 1163 mit Reliquien ausgestatteten Nikolauskapelle am Dom); zum weiteren Zusammenhang: Schwind, Friedrich Barbarossa und die Städte. Opll, Itinerar; vgl. insgesamt Seibert, Reichsbischof, S. 121–123. Seibert, Reichsbischof, S. 126–131; zu Heinrich VI., Bischof Heinrich und dem Kreuzzugsunternehmen sowie der Bedeutung von Worms vgl. Csendes, Heinrich VI., v. a. S. 208 f., 131, 127, 164, 172, 168 f. Hingewiesen hat auf diesen Zusammenhang Seibert, Reichsbischof, S. 116 f. Hotz, Wormser Domweihe; Winterfeld, Neue Gedanken; Das Bistum Worms, S. 42 Anm. 111; Opll, Itinerar, S. 77 f. und 219. Zur Person mit weiteren Hinweisen Seibert, Reichsbischof, S. 117 f.; archäologische Dokumentation seines Grabes: Schneider, Bischofsgrab; Gierlich, Grabstätten, S. 213 f.; zuletzt zur Grablege: Fuchs, Inschriften, S. 34 f. Nr. 28+. Druck: Parisse, A propos, S. 156 Nr. 5; zum ereignisgeschichtlichen und örtlichen Hintergrund vgl. die bei Bönnen, Dom und Stadt S. 17 Anm. 24 und Bönnen, Stadtverfassung, S. 141 f. genannte Lit. (v. a. Gillen, Zweigniederlassung); siehe auch Seibert, Reichsbischof, S. 143 Anm. 279 und Schulz, Wahlen, S. 328. MGH DD F. I. Nr. 1041 S. 349– 351; zur Diskussion vgl. u. a. Kohler/Koehne, Wormser Recht (ältere Forschung), S. 204 ff.; Keilmann, Kampf, S. 12–18; Schulz, Ministerialität als Problem, S. 198; zuletzt: Bönnen, Stadtverfassung, S. 142; abwegig: Breuer, Politische Orientierung, S. 63; unverständlicherweise hat Dietrich Poeck in seiner wichtigen Arbeit über das Ritual der Ratswahl (2003) die Unechtheit der Urkunde nicht erkannt und sich in seinen Ausführungen vor allem auf die 1854 (!) erschienene Arbeit von Arnold zur Wormser Verfassungsgeschichte gestützt (S. 36 f.). Zum Umgang mit der Urkunde im späten Mittelalter: Bönnen, Stadtmythen. MGH DD F I. S. 35 f. Nr. 828; dazu: Opll, Stadt und Reich, S. 175 f.; Schulz, Ministerialität als Problem, S. 215; Kohler/Koehne, Wormser Recht, S. 69 ff.; Bönnen, Stadtverfassung, S. 143. MGH DD F I. Nr. 853 S. 82– 84; dazu: Schulz, Von der familia zur Stadtgemeinde, S. 475 f.; Schulz, »Denn sie lieben«, S. 96; Schulz, Zensualität und Stadtentwicklung, S. 85 f.; Bönnen, Stadtverfassung, S. 143 –145; Opll, Stadt und Reich, S. 175 f. Zu den reichsgeschichtlichen Zusammenhängen: Seibert, Reichsbischof, S. 125; zu der Liste der Zollstätten: Pfeiffer, Rheinische Transitzölle, S. 230 und 233; vgl. S. 353 zur Bewertung der Zollbefreiung Barbarossas. Fuchs, Inschriften, S. 30. Zur Lage und Bedeutung des Niedermarktes siehe neben Gensicke, Stadtbeschreibung, S. 55 (hier auch der Verweis auf die Belege für die Existenz einer Gerbergasse 1198/1217, der Wollgasse 1221 und der Sporergasse 1251 als Hinweisen auf die Gewerbe in der Stadt) zuletzt Hirschmann, Zu den Wormser Märkten, S. 14 f., S. 13 zur Pfauenpforte. Mit Belegen: Bönnen, Dom und Stadt, S. 18 f. mit Anm. 30; zum Folgenden ausführlich S. 19 f.

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120 Fuchs, Inschriften, Nr. 27+ S. 32 f. 121 Zum Nordportal der Synagoge vgl. Böcher, Die Alte Synagoge, v. a. S. 17 u. S. 35– 37; Hotz, Bauschule, S. 138 f.; zur Zeitgleichheit von Dombau und Neubau der Synagoge vgl. auch Reuter, Warmaisa, S. 36; zu Frankenthal: Hotz, Bauschule, S. 138 f.; Großmann, Baugeschichte, S. 307. 122 Diederich, Stadtpatrone, Zitat S. 63, zum Wormser Siegel S. 62– 64; vgl. auch Diederich, Rheinische Städtesiegel, Worms: S. 353– 357 mit Abb.; Bönnen, Dom und Stadt, S. 22 f.; fehlerhaft: Happ, Stadtwerdung, S. 99–105. 123 Zu diesem wichtigen Problemkomplex siehe die bei Bönnen, Stadtverfassung, S. 146 Anm. 90 genannte Lit. 124 Bönnen, Eine bislang unbekannte Urkunde, vgl. Abb. 80 S. 703. 125 Diederich, Rheinische Städtesiegel, S. 354 f. 126 Bei der in der älteren Literatur auf ein Privileg Heinrichs VI. bezogenen weistumsartigen Urkunde über die Rechte der so genannten Heimburgen und Versammlungen zu Wahlzwecken vor dem Dom am Martinstag (angeblich 1190) handelt es sich um eine spätere, mit einem (verlorenen) Diplom des Staufers für Worms fälschlich in Zusammenhang gebrachte Aufzeichnung wohl des frühen 13. Jahrhunderts (Regesta Imperii IV/3, Ks. Heinrich VI. 1165 (1190)–1197, bearb. v. G. Baaken, Köln/Wien 1972, Nr. 649 S. 259); dazu: Keilmann, Kampf, S. 25; Opll, Stadt und Reich, S. 177; Schulz, Wahlen, S. 330. 127 Schaab, Kurpfalz I, S. 52 f. 128 Zur Person: Seibert, Reichsbischof, S. 129 –138; Weinfurter, Untergang, S. 45 f.; Keilmann, Artikel; Das Bistum Worms, S. 44– 46; zum Folgenden ausführlich: Bönnen, Stadtverfassung (bis 1233) und Keilmann, Kampf. Zu den Beziehungen König Philipps von Schwaben, vor allem zur Stellung der Stadt im Itinerar, siehe jetzt: Schütte, König Philipp von Schwaben, S. 397– 404 (hier auch zu Festkrönung und Lösung vom Bann Anfang April 1198 sowie Einzelnachweis seiner Wormser Aufenthalte; Worms war demnach »Ort weitreichender politischer Entscheidungen«), vgl. auch ebda. S. 30 und 89– 92; zu Bischof Lupold S. 525– 527. 129 Boos, UB Worms I, Nr. 101 S. 81. Der Text belegt, dass Laien bzw. Ministerialen an dem Rechtsgeschäft direkten Anteil hatten (Bönnen, Zur Geschichte des Paulusstifts, S. 55 f.). 130 Boos, UB Worms I, Nr. 103 S. 82 f. (Regest); Kopialbuch (Schönauer Kodex): Generallandesarchiv Karlsruhe 67/1302 fol. 87’. 131 Baur, Hessische Urkunden I, Nr. 7 S. 8 f.; Ausf.: HStAD A 1 Nr. 137/1 (Siegler: Bischof und Dompropst). 132 Groten, Köln, S. 69 ff. (Überblick zur Herausbildung der frühen Ratsverfassung in den deutschen Städten um 1200, zu Worms S. 71 f.); ältere Forschung: Kohler/Koehne, Wormser Recht, S. 75 ff. 133 Dazu: Schulz, Wahlen, S. 327 f.; Schütte, Philipp von Schwaben, S. 375 und 380 (zur Rolle Speyers für den Herrscher insgesamt). 134 Zur Einschätzung der Stadtsiegel mit neuerer Lit.: Marianne Pundt, Metz und Trier. Vergleichende Studien zu den städtischen Führungsgruppen vom 12. bis 14. Jahrhundert, Mainz 1998 (Trierer Historische Forschungen 48), S. 163–174, Zitat: S. 174. 135 Grünewald, Die neuen Daten; Neyses, Dendrochronologische Untersuchungen. 136 Mit allen Nachweisen: Bönnen, Stadtverfassung, S. 149. Lage: Stadt Homburg/Saar. 137 Hilgard, Urkunden Speyer, Nr. 23 S. 26 f.; das Speyerer Gegenstück in: Boos, UB Worms I, S. 88 Nr. 111; zum Vorgang: Bönnen, Stadtverfassung, S. 149 f.; Keilmann, Kampf, S. 24; zuletzt (auch zur Frage der Datierung von Rechtsakt und Beurkundung zwischen 1207 und 1209): Schütte, Philipp von Schwaben, S. 380. Ein Blick auf die urbane Ausstattung der Region um 1200 und um 1300 mit Karten und weiterführender Lit. bei: Kreutz, Mainz, Worms und Speyer; v. a. S. 308– 314. 138 Boos, UB Worms I, S. 86 f. Nr. 109; Ausf.: HStAD A 2 Nr. 255/29, Siegel ab. 139 Boos, UB Worms I, S. 87 f. Nr. 110; Keilmann, Kampf, S. 23 f.; zur veränderten Liste der Zollbefreiungen: Pfeiffer, Rheinische Transitzölle, S. 357 f. 140 Belege: Bönnen, Stadtverfassung, S. 150 f. 141 Boos, Monumenta, S. 44 Anm. (Kirschgartner Chronik, um 1500 verfasst). 142 Frey/Remling, UB Otterberg, S. 14 f. Nr. 15; Regest: Dolch/Münch, Urkunden, S. 81 Nr. 36; zur Abteigeschichte: Kaller, Wirtschafts- und Besitzgeschichte. 143 Boos, UB Worms I, S. 92 f. Nr. 120; zur Bedeutung des 11. 11. für die Wormser Stadtverfassung spätestens seit der Zeit um 1200: Bönnen, Dom und Stadt, S. 28 f. 144 Boos, UB Worms I, 95 f. Nr. 124; zu dem Diplom: ausführlich Keilmann, Kampf, S. 25 ff.; zum Bischof: Das Bistum Worms, S. 46– 48

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145 Boos, UB Worms I, S. 94 Nr. 123, dazu auch: Breuer, Politische Orientierung, S. 113–116. 146 Boos UB Worms I, S. 97 f. Nr. 126; vgl. Keilmann, Kampf, S. 44– 46. 147 Belege: Bönnen, Stadtverfassung, S. 153 Anm. 114; zum Amt der Bürgermeister innerhalb der Stadtverfassung vgl. Kohler/Koehne, Wormser Recht, S. 147 ff. 148 Boos, UB Worms II, S. 722 f. Nr. 99 (Ausf.: Generallandesarchiv Karlsruhe 43/4899; zur Kapelle St. Kilian: Fuchs, Inschriften, S. 10 f. und Gensicke, Die Kapelle St. Kilian). 149 Boos, UB Worms I, S. 98 f. Nr. 127 (1222). 150 Kreutz, Mainz, Worms und Speyer, S. 301; dazu auch Keilmann, Kampf, S. 49; s. auch oben S. 180 f. 151 Quellen sind die städtischen »Annales Wormatienses« (Boos, Monumenta, S. 189) und das »Chronicon Wormatiense« (ebda., S. 145, Z. 9–14 und S. 46); vgl. zu den Vorgängen ausführlich Bönnen, Dom und Stadt, S. 30 f. und Keilmann, Kampf, S. 61 f. Spätere Quellen ermöglichen eine Datierung des Erwerbs und Baubeginns auf das Jahr 1223. 152 Vgl. dazu Boos, UB Worms I, Nr. 156 S. 117: Kaiser Friedrich II. beauftragt den Wormser Bischof im Mai 1232, das Stadthaus (domum que vocabatur comunitatis in Wormacia) abreißen zu lassen und überträgt ihm das Grundstück zu kirchlichem Eigentum. 153 Rachtung 1233: Boos, UB Worms I, S. 122 –124 Nr. 163–164; vgl. auch Boos, Monumenta, S. 206– 210, 214 f. (Sichtweise in städtischer Chronistik um 1500). Aus der Lit. zu der wichtigen Quelle (mit unterschiedlichen Akzentuierungen): Keilmann, Kampf, S. 67– 80; Bönnen, Stadtverfassung, S. 154 mit Anm. 118; Schulz, Wahlen, S. 328 f.; Bönnen, Dom und Stadt, S. 29– 33 (hier die ältere Lit.); Happ, Stadtwerdung, S. 80 f.; Poeck, Rituale der Ratswahl, S. 37 f. (fehlerhaft). 154 Näheres (mit Belegen) bei Kohler/Koehne, Wormser Recht, S. 98 –101; zu den verwandten Trierer und Straßburger Kammerhandwerkern siehe Schulz, Patriziergesellschaften, S. 322– 324. 155 Betont wurde dies von Schulz, Ministerialität als Problem, S. 208. 156 Keilmann, Kampf (das folgende nach S. 80 –146); darauf fußend jetzt: Happ, Stadtwerdung, S. 159–178; für das Bistum siehe auch: Das Bistum Worms, S. 48– 60. Zu den Bischöfen zuletzt die von Keilmann verfassten Artikel im Bischofslexikon von Gatz (2001); zu den Lehensbeziehungen der Bischöfe: Breuer, Politische Orientierung, S. 113–145. 157 Die bemerkenswerte Wormser Chronistik ist bislang noch kaum wissenschaftlich untersucht worden; siehe neben den einleitenden Bemerkungen von Boos (Monumenta, S. XXVIII–XXXII, auch zur Überlieferungsproblematik) die ältere Arbeit von Köster, Wormser Annalen; zur Einschätzung des hohen Stellenwertes der Quelle: Voltmer, Der Rheinische Bund, S. 124 f. (Zitat). 158 Boos, UB Worms I, Nr. 182 S. 129 f. 159 Boos, UB Worms I, Nr. 190 S. 133 f., vgl. auch Nr. 193 S. 134 f. 160 Boos, UB Worms I, Nr. 204 S. 143. 161 Boos, Monumenta, S. 148 f. (Wormser Annalen, 1242 April 13); demnach lag der Sachschaden bei mehr als 120 000 Mark. 162 Boos, Monumenta, S. 165 und S. 46; vgl. zum hier genannten Alten Hospital unten S. 729 f. 163 Nachweis und Bewertung: Gensicke, Stadtbeschreibung, S. 55 (seine Annahme eines Ausbaues der äußeren Ummauerung bis 1253 steht auf äußerst unsicherem Grund, vgl. dazu oben S. 198 f.); siehe zu den Bränden im Paulusviertel und ihren Folgen zuletzt Bönnen, Zur Geschichte des Paulusstifts, S. 60. 164 Boos, UB Worms I, S. 144 f. Nr. 206 – 207; Keilmann, Kampf, S. 104. 165 Irsigler, Jahrmärkte, S. 21 f. 166 Joseph, Münzen. 167 Neben der Arbeit von Keilmann vgl. auch Breuer, Politische Orientierung, S. 201 ff. 168 Keilmann, Kampf, S. 119–121; zuletzt ausführlich: Happ, Stadtwerdung, S. 170 –175; Breuer, Politische Orientierung, S. 205 f. 169 Als weiterführende Überblicksdarstellung siehe jetzt Kaufhold, Interregnum (2002). 170 Kohler/Koehne, Wormser Recht, S. 169 f. (zum Rat als Gerichtsinstanz). 171 Boos, UB Worms I, Nr. 249 S. 167; Nr. 254 S. 171; Nr. 257 f. S. 173 f. 172 Zum Folgenden siehe den Beitrag von Bernhard Kreutz, oben S. 180–192; aus der Lit.: Keilmann, Kampf, S. 146–165 (Worms); wichtiger Gesamtüberblick: Voltmer, Der Rheinische Bund; Kreutz, Mainz, Worms und Speyer, S. 316 (dort Verweis auf weitere Lit.; vgl. künftig seine Diss.); zuletzt: Kaufhold, Interregnum, S. 35– 49; Quellen: Ruser, Urkunden und Akten; Worms: Boos, UB Worms I, Nr. 246 S. 165 f., Nr. 252 S. 169 f. u. a.

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173 Worms-Mainz: Boos, UB Worms I, Nr. 253 S. 170 f.; Boos, Monumenta, S. 154/186; Keilmann, Kampf, S. 148 f.; Bingen: Boos, UB Worms I Nr. 252 S. 169 f.; Speyer: Keilmann, Kampf, S. 149 f; vgl. oben den Beitrag von B. Kreutz, S. 180 f. 174 Zum Wormser Bundestag und seinen wichtigen Beschlüssen: Voltmer, Der Rheinische Bund, S. 129. 175 Nach wie vor wichtig: Schulz, Ministerialität, vor allem S. 196 ff. (in den Ergebnissen bestätigt von Keilmann, Kampf, S. 36– 46); dazu auch Schulz, Patriziergesellschaften; ebenfalls wichtig (mit punktueller Kritik an den Thesen von Schulz bzw. seiner Begriffswahl »bürgerliche Ministerialität«): Zotz, Bischöfliche Herrschaft, S. 135. Zuletzt zu den Wormser führenden Familien des 13. Jahrhunderts: Happ, Stadtwerdung, S. 256 – 260 und zusammenfassend S. 359 ff. (gegen Schulz argumentierend, jedoch insgesamt nicht überzeugend); Breuer, Politische Orientierung, in erster Linie S. 17– 42 und S. 104 –110, zur bischöflichen Ministerialität und den Hofämtern S. 92 ff. Zur Frage der Führungsgruppen und der Ministerialität in Kathedralstädten siehe jetzt grundlegend mit zahlreicher neuerer Lit. Pundt, Metz und Trier (wie Anm. 134). Für das in vielem mit Worms verwandte Speyer: Voltmer, Reichsstadt und Herrschaft. 176 Gensicke, Ritter Dirolf; Breuer, Politische Orientierung, S. 372 f. 177 Breuer, Politische Orientierung, S. 312 – 315. 178 Schulz, Ministerialität, S. 200 – 205 mit Angaben zu den Familien. 179 Happ, Stadtwerdung (S. 299 Karte mit Grundbesitz der Wormser Ritter und Bürger; Beziehungen zur Geistlichkeit allg.: S. 274 – 279; Beziehungen zu den Stiften (dazu auch Bönnen, Zur Geschichte des Paulusstifts, S. 60 ff.): S. 304 – 310; Beziehungen zu den Klöstern: S. 317– 324). 180 Zu diesem Prozess siehe Schulz, Ministerialität, S. 205 f.; Keilmann, Kampf, S. 43 f. 181 Zu dieser zuletzt: Breuer, Politische Orientierung, S. 380– 386. 182 Happ, Stadtwerdung, S. 369. 183 Edition: Boos, Monumenta, S. 226– 231; aus der älteren Lit. (u. a. zur Frage der Datierung): Koehne, Ursprung, S. 111 ff.; siehe zur Wormser Stadtverfassung die rechtsgeschichtliche Arbeit bzw. Quellenedition Kohler/Koehne, Wormser Recht (1915, ausführliche Einleitung mit Überblick zur Stadtverfassung ab 1233: S. 87 ff.). Zu der Quelle zuletzt: Keilmann, Kampf, S. 25; Bönnen, Dom und Stadt, S. 34 f. (hier weitere Hinweise zur Verfassungstopografie); zu den kommunalen Funktionen der Domglocken im Vergleich: Bönnen, Zwischen Kirche und Stadtgemeinde (Worms: S. 167–172); siehe auch Happ, Stadtwerdung, S. 131–133. 184 Boos, Monumenta, S. 161 (cives Wormatienses cum medietate civitatis, videlicet parochia sancti Ruperti et sancti Lamperti, in partes superiores transierunt). 185 Boos, UB Worms I, Nr. 505 S. 339 (iurati ac universitas parrochie nostre sancti Michahelis extra muros Wormacienses … ob populositatem dilatate preangustia cimiteriii sufficiencia deficeret sepulture). 186 Zu der Urkunde sowie mit weiteren Quellen und Überlegungen zur Pfarreientwicklung: Bönnen, Zur Geschichte des Paulusstifts, S. 51 ff. (1243: S. 67); zur Baugeschichte der Pfarrkirchen mit zahlreichen Quellenbelegen: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 6– 57. 187 Zu der Gemeinschaft, über die sonst fast nichts bekannt ist, vgl. Kohler/Koehne, Wormser Recht, S. 98– 101; s. o. Anm. 154. 188 Schulz, Wahlen, S. 329– 331; Schulz, Patriziergesellschaften, S. 319 f.; Kohler/Koehne, Wormser Recht, S. 95– 98. 189 Vgl. zum Folgenden die im Kapitel über das geistliche Worms (G. Bönnen/J. Kemper, S. 691–734) genannte Lit. 190 Dazu: Berger, Bettelorden, S. 170–173; Berger, Ausbreitung, S. 47; Huth, Worms, S. 244; die sehr komplexen Vorgänge bedürften einer eingehenden Bearbeitung; Quellen v. a.: Boos, UB Worms I, Nr. 149– 151, Nr. 153, Nr. 162 (S. 109–115, 121 f.); vgl. oben S. 707 f. 191 Vgl. auch zu den anderen Kommunitäten und mit weiterer Lit.: Kleinjung, Frauenklöster; aus der älteren Lit. wichtig: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten (Bergkloster S. 80 – 85; Kirschgarten S. 102–104, Nonnenmünster S. 104 –108). 192 Boos, UB Worms I, Nr. 183 S.130 f.; bürgerliche Güterschenkung: ebda. Nr. 232 S. 156f, 1251 Mai. 193 Boos, UB Worms I, Nr. 241 f. S. 160 f. 194 Boos, UB Worms I, Nr. 194 S. 135 f.; ebda. Nr. 209 S. 146 f. 195 Kleinjung, Frauenklöster; 1237: Boos, UB Worms I, Nr. 186 S. 131 f.; siehe die Regesten Nr. 1 ff. bei Weißenberger, Geschichte Kirschgarten.

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Königtum – Fürsten – Städtebünde: Die Außenbeziehungen der Stadt Worms im Spätmittelalter Quellen Archives municipales de Strasbourg, Bestand III (ancienne série G. U. P.): III 46 – 49 [AM Strasbourg] Stadtarchiv Frankfurt, Kopialbuch VIIa [StadtA Frankfurt] Beyer, Heinrich/Eltester, Leopold/Goerz, Adam, Urkundenbuch zur Geschichte der mittelrheinischen Territorien, Bd. 3: Vom Jahre 1212 bis 1260, Koblenz 1874 (Nd. Aalen 1974) [MRUB]. Böhmer, Johann-Friedrich, Codex diplomaticus Moenofrancofurtanus, Urkundenbuch der Reichsstadt Frankfurt, Bd. 1: 794–1314, Bd. 2: 1314 –1340, bearb. von Friedrich Lau, Frankfurt/M. 1901–1905 (Nd. Glashütten 1970). Chmel, Joseph, Regesta chronologico-diplomatica Ruperti regis Romanorum, Frankfurt/M. 1834. Dolch, Martin/Münch, Michael, Urkundenbuch der Stadt Kaiserslautern, Teil 1: Bis 1322, Otterbach 1994, Teil 2: 1322 bis 1450, Kaiserslautern/Otterbach 1998 (Schriftenreihe des Stadtarchivs Kaiserslautern 2 und 4). Hegel, Carl, Die Chroniken der oberrheinischen Städte: Straßburg, 2 Bde., Leipzig 1870–1871 (Nd. Stuttgart 1961) (Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert, Bde. 8 und 9, hg. durch die Historische Kommission bei der Königlichen Akademie der Wissenschaften). Hegel, Carl, Die Chroniken der mittelrheinischen Städte: Mainz, 2 Bde., Leipzig 1881–1882 (Nd. Stuttgart 1968) (Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert, Bde. 17 und 18, hg. durch die Historische Kommission bei der Königlichen Akademie der Wissenschaften). Hilgard, Alfred, Urkunden zur Geschichte der Stadt Speyer, Straßburg 1885. Huillard-Bréholles, J.-L.-A., Historia diplomatica Friderici Secundi sive constitutiones, privilegia, mandata, instrumenta quae supersunt istius imperatoris et filiorum eius, 6 Bde., Paris 1852–1861. Janssen, Johannes, Frankfurts Reichscorrespondenz nebst anderen verwandten Aktenstücken, Freiburg i. Br. 1863 –1872. MGH Legum Sectio IV, Constitutiones et Acta publica imperatorum et regum, Bde. 1–11, Hannover/Leipzig/ Weimar 1893 –1992 [MGH Const.]. MGH, Scriptores, Bde. 16 und 17, hg. v. Georg Heinrich Pertz, Hannover 1859–1861 (Nd. Stuttgart 1990 – 1994) [MGH SS]. Quidde, Ludwig, Der Rheinische Städtebund von 1381, in: Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst 2, 1883 Heft 4, S. 323– 392, Quellenedition: S. 369 – 392. Quidde, Ludwig, Der Schwäbisch-Rheinische Städtebund im Jahr 1384 bis zum Abschluß der Heidelberger Stallung, Stuttgart 1884, Quellenedition: S. 167– 220. RTA (vgl. unter Weizsäcker, Deutsche Reichstagsakten). Schaab, Karl Anton, Geschichte des großen Rheinischen Städtebundes gestiftet zu Mainz im Jahre 1254 durch Arnold Walpot, Bd. 2: Quellen, Mainz 21855. Schreiber, Heinrich, Urkundenbuch der Stadt Freiburg i. Br., 2 Bde. in 4 Teilen, Freiburg i. Br. 1828 –1829. Wackernagel, Rudolf, Urkundenbuch der Stadt Basel, hg. v. der Historischen und Antiquarischen Gesellschaft zu Basel, 11 Bde., Basel 1890 –1910. Weizsäcker, Julius, Deutsche Reichstagsakten. Ältere Reihe, Bde. 1– 3, unter König Wenzel, Abt. 1– 3, 1376 – 1400, Gotha 1867–1877. Bde. 4 – 6, unter König Ruprecht, Abt. 1– 3, 1400 –1410, Gotha 1882 –1888 (Nd. Göttingen 1956) (Deutsche Reichstagsakten, hg. durch die Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften München) [RTA]. Winkelmann, Eduard, Acta imperii inedita saeculi XIII. et XIV., Bd. 2, Innsbruck 1885 (Nd. Aalen 1964). Wiegand, Wilhelm, Urkundenbuch der Stadt Straßburg, Bd. 1: Urkunden und Stadtrechte bis zum Jahr 1266, bearb. von Wilhelm Wiegand, Straßburg 1879, Bd. 2: Politische Urkunden von 1266 bis 1332, bearb. von dems., Straßburg 1886, Bd. 5: Politische Urkunden von 1332 bis 1380, bearb. von Georg Wolfram, Straßburg 1896, Bd. 6: politische Urkunden von 1381 bis 1400, bearb. von Johannes Fritz, Straßburg 1899 (Urkunden und Akten der Stadt Straßburg, Abt. 1). Würdtwein, Stephan Andreas, Subsidia diplomatica ad selecta juris ecclesiastici Germaniae, Bd. 4, Frankfurt/ Leipzig 1774 (Nd. Frankfurt/M. 1969).

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1 Zur Königspolitik der Städte im Mittelalter allgemein sei in einer Auswahl verwiesen auf: Engel, Aktivitäten; Heinig, Reichsstädte; Mandel »Außenpolitik«; Holtz, Reichsstädte. Zu Worms speziell liegen vor: Fuchs, Sacri Romani …, und Opll, Stadt und Reich, S. 171–177, sowie Kreutz, Mainz, Worms und Speyer; zum Forschungsstand insgesamt vgl. demnächst Kreutz, Städtebünde, Trier 2003, Kap. 1. 1. 3. 1. Reichs– und Landesgeschichte, und 1. 1. 3. 2. Stadtgeschichte. 2 Für das Spätmittelalter umfassend: Das Bistum Worms (Beitrag von B. Keilmann). 3 Zur Pfalzgrafschaft grundlegend Schaab, Kurpfalz; zuletzt Schaab, Zeitstufen, S. 15– 24; zu den regionalen Herrschaften insgesamt vgl. im vorliegenden Beitrag die Karte: »Herrschaftsräume am Mittelrhein um die Mitte des 14. Jahrhunderts« (S. 183) und demnächst Kreutz, Städtebünde, Kap. 1. 2. 3. Territorien und Herrschaftsräume am Mittelrhein. 4 Für die Zeit bis 1327 vgl. Kreutz, Mainz, Worms und Speyer; bis zum Ende des 14. Jahrhunderts demnächst: Kreutz, Städtebünde. 5 Vgl. die Kapitel von G. Bönnen (S. 133–179 und S. 193– 261). 6 Neben den Urkundenbüchern zu Worms, Speyer, Straßburg, Basel und Frankfurt am Main u. a. die von Pfeddersheim, Kaiserslautern und Freiburg im Breisgau. 7 Für Worms wurden die erzählenden Quellen von Boos in den Monumenta Wormatiensia zusammengestellt, daneben bildet die Zorn’sche Chronik aus dem 16. Jahrhundert wertvolle Einblicke (Arnold, Zorn, Wormser Chronik); für die Nachbarstädte vgl. die Ausgaben der deutschen Städtechroniken zu Mainz und Straßburg (Hegel). Weitere Annalen und Chroniken bieten die Bände 16 und 17 der MGH SS. 8 V. a. solche Straßburger und Frankfurter Provenienz (AM Strasbourg III 46 – 49 und das Frankfurter Kopialbuch VIIa), die eine wertvolle Parallelüberlieferung bieten. 9 Zu den Bezügen der rheinischen Städtebünde des 13. Jahrhunderts nach Italien Voltmer, Der Rheinische Bund, S. 11 f., und Haverkamp, Konstanzer Friede, S. 403 f. 10 MGH Const. II, Nr. 294, S. 409, Z. 38 –S. 410, Z. 1. 11 Hilgard, UB Speyer, Nr. 23, S. 26 f., und Boos, UB Worms I, Nr. 111, S. 88, mit unterschiedlichen Datierungen der Herausgeber, dazu auch oben S. 166 mit Anm. 137. 12 Zur restriktiven königlichen Politik gegen städtische Bündnisse im frühen 13. Jahrhundert Töpfer, Städtebünde, S. 114 f. und Knöpp, Stellung, S. 49 – 52. 13 Hinweise auf Bündnisse am Ober- und Mittelrhein um 1250 (Huillard-Bréholles, Historia VI, S. 800, und MRUB III, Nr. 1379, S. 994; vgl. Ruser, Urkunden und Akten I, Nr. 191–193 S. 181 f.); in Westfalen Ladbergener Bund von 1246 und Werner Bund von 1253 (Berns, Bündnispolitik, S. 24– 34). Zu nennen sind weitere Bünde im Hochstift Lüttich 1229, in Burgund 1239 und im norddeutschen Raum von 1230 bis 1252 (Knöpp, Stellung, S. 47; Ruser, Urkunden und Akten I, Nr. 1– 6 S. 49 – 52; Henn, Städtebünde, S. 57 und 60). 14 Forschungsüberblick bei Voltmer, Der Rheinische Bund, S. 120–123, und Buschmann, Rheinischer Bund, S. 173 –191. 15 Buschmann, Rheinischer Bund, S. 198– 205. 16 Schulz, Verfassungsentwicklung, S. 56 f. 17 Voltmer, Der Rheinische Bund, S. 137; zu den Kämpfen im oberen und mittleren Rheingebiet Demandt, Endkampf. 18 Boos, UB Worms I, Nr. 253 S. 170, Z. 32. 19 MGH Const. II, Nr. 428–1 S. 580 f. 20 Vgl. die Zusammenstellungen bei Voltmer und Buschmann (wie Anm. 14) sowie die Wormser Tagung vom Oktober 2004 zum 750. Jubiläum. 21 Chronologie der Beitritte in Ruser, Urkunden und Akten I, Nr. 230 – 246 S. 209– 215. 22 Abschied außerdem zu gemeinsamen Embargomaßnahmen, Rheinverkehr, Verhandlungsvollmachten der Boten, Pfahlbürgerverbot und Flottenstärke (Ruser, Urkunden und Akten I, Nr. 218 S. 203– 205). 23 Ruser, Urkunden und Akten I, Nr. 176 S. 167. 24 Böhmer, UB Frankfurt I, Nr. 132 f. S. 154 f. 25 Vertrag Wetzlars mit Rudolf von Habsburg vom 22. Juni 1285 (Winckelmann, Acta imperii inedita II, Nr. 1065, S. 745). Auffällig ist, dass die seit dem 9. Mai 1285 mit Wetzlar im Wetterauischen Städtebund (Böhmer, UB Frankfurt I, Nr. 498 S. 239 f.) vereinten Partnergemeinden Frankfurt und Friedberg nicht an den Verhandlungen beteiligt waren. Sie galten dem König wohl nicht als neutrale Vermittler. 26 Für Worms: Boos, UB Worms I, Nr. 419 S. 274 f. 27 Erkens, Siegfried, S. 312– 316; zu Adolf von Nassau zuletzt Gerlich, Adolf, und Gerlich, König.

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28 MGH Const. III, Nr. 481 S. 468 f.; Heinig, Mainzer Kirche, S. 393– 396. 29 Falck, Mainz, S. 120 f. und 129 –133; Gerlich, König, S. 25 f. und 34– 36; Heinig, Mainzer Kirche, S. 385 f. 30 Boos, UB Worms I, Nr. 453 S. 299– 301; vgl. Kreutz, Mainz, Worms und Speyer, S. 323– 326, zu sprachgeschichtlichen Aspekten Steffens, Städtebündnis. 31 Noch im Wormser Eidbuch aus dem 15. Jahrhundert wird auf diese Bestimmung hingewiesen (Boos, Monumenta, S. 338 Z. 8–19). 32 Siehe hierzu im Beitrag G. Bönnen, oben S. 205. 33 Trautz, Adolf, S. 11– 20; Heinig, Mainzer Kirche, S. 399 f. 34 Das sog. ius de non evocando (Hilgard, UB Speyer, Nr. 196 f. S. 152 f. und Boos, UB Worms I, Nr. 476 S. 312). 35 Boos, UB Worms I, Nr. 477 S. 312 – 314. 36 Ausgenommen die Mainzer Sonderrechte betreffend die Juden; vgl. Schrohe, Mainz, S. 78. 37 Engel, Albrecht I., S. 258– 264; Krissl, Albrecht I., S. 185 –197; Gerlich, Königtum, S. 27– 46; Heinig, Mainzer Kirche, S. 401– 408. 38 Wohl auf Vermittlung der Mainzer hatte er den Wormsern und Speyerern schon im Februar 1299 ihre Privilegien bestätigt (Boos, UB Worms I, Nr. 488 f. S. 323; Hilgard, UB Speyer, Nr. 203 S. 159 f.). 39 Boos, UB Worms II, Nr. 4 S. 3; Hilgard, UB Speyer, Nr. 209 S. 164. 40 Boos, UB Worms II, Nr. 5 S. 4. 41 MGH Const. IV, Nr. 129 S. 101–103. Dass es König Albrecht nicht um eine prinzipielle Abschaffung der Zölle ging, belegt die Tatsache, dass seine adligen Anhänger ihre Zollstätten behalten durften (Pfeiffer, Rheinsche Transitzölle, S. 446– 461). 42 Krissl, Albrecht I., S. 191 f.; Gerlich, Königtum, S. 33 f., 68 und 84 f. 43 Vgl. dazu in diesem Band S. 205–208. 44 Privilegierungen und Bündnis König Ludwigs für Worms (Boos, UB Worms II, Nr. 93 – 95 S. 58– 60) und Speyer (Hilgard, UB Speyer, Nr. 285– 287 S. 227– 229) am 4. 1. 1315. 45 Boos, UB Worms II, Nr. 125 S. 85– 87. 46 Bündnis von Worms, Speyer und Oppenheim mit dem Grafen von Leiningen am 20. 2. 1317 (Boos, UB Worms II, Nr. 118 S. 78– 80). 47 Am 3. 4. 1322 Bund der Städte, Mainz, Worms, Speyer, Oppenheim und Straßburg mit Erzbischof Matthias (Boos, UB Worms II, Nr. 175 S. 121–124), am 23. 4. 1323 Zollvereinbarung zwischen Mainz, Worms, Speyer und Straßburg (ebda., Nr. 188 S. 131 f.), am 25. 4. 1325 Bündnis von Mainz, Worms, Speyer, Oppenheim und Straßburg (ebda., Nr. 199 S. 141–143), und am 8. 4. 1327 Vertrag zwischen Mainz, Worms, Speyer, Oppenheim und Straßburg (Hilgard, UB Speyer, Nr. 372 S. 297 f.); vgl. Bock, Landfriedenseinungen, S. 339 f.; Falck, Mainz, S. 148–152; und zuletzt Kreutz, Mainz, Worms und Speyer, S. 336–345. 48 Zu den vorausgehenden Bünden am Bodensee: Füchtner, Bodenseestädte, S. 42–79; am Oberrhein: Bock, Landfriedenseinungen, S. 321– 340; Kammerer, Oberrhein, S. 252– 288 sowie Ruser, Urkunden und Akten I, S. 424 f. und Nr. 502– 517 S. 425 – 442. 49 Vgl. die Verweise im Regest bei Ruser, Urkunden und Akten I, Nr. 518 S. 444 f., zu den Übereinstimmungen mit den Bundesbriefen vom Bodensee: Füchtner, Bodenseestädte, S. 80 – 85. 50 Zu den Städten am Bodensee und am Oberrhein: Füchtner, Bodenseestädte, S. 88 f.; Schuler, Rolle, S. 678 f. 51 Am 22. 7. 1332 (Boos, UB Worms II, Nr. 253 S. 176–180); am 30. 11. 1334 (Weigand, UB Straßburg V, Nr. 37 S. 49– 55); am 12. 7. 1337 (Würdtwein, Subsidia diplomatica IV, Nr. LXXVI S. 283– 285); am 29. 11. 1339 (Boos, UB Worms II, Nr. 306 S. 205); und am 2. 5. 1344 (Hilgard, UB Speyer, Nr. 481 S. 430 – 432). 52 Boos, UB Worms II, Nr. 301 S. 201– 203; Nr. 314 S. 219 – 225. 53 Vgl. die Mainzer Korrespondenz mit Straßburg (Wiegand, UB Straßburg V, Nr. 325 f. S. 291 f.). 54 Noch 1350 hatten die Oppenheimer ein Bündnis mit Mainz, Worms und Speyer geschlossen (Boos, UB Worms II, Nr. 401 S. 273– 276) und mussten die Verpfändung an ihre ehemaligen Partner als Demütigung empfinden. 55 Landwehr, Verpfändung, S. 430 f.; zur Rolle Heinrichs II. zum Jungen aus Mainz: Schrohe, Mainzer Geschlecht, bes. S. 22 – 24; Kreutzer, Patriziat, bes. S. 55 – 57. 56 So 1351 (Boos, UB Worms II, Nr. 428 S. 287–296; Ruser, Urkunden und Akten II, Nr. 925 S. 912), 1368 (ebda. II, Nr. 930 S. 914 – 919) und 1378 (Wiegand, UB Straßburg V, Nr. 1319 S. 959– 964). Mit kaiserlicher Zustimmung wurde 1372 ein mittelrheinisches Bündnis der drei Städte und Oppenheims mit Graf Emicho von Leiningen geschlossen (Boos, UB Worms II, Nr. 676 S. 435 f.); vgl. ein weiteres Bündnis der Wormser mit Leiningen von 1376 (ebda., Nr. 735 S. 473).

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57 Boos, UB Worms II, Nr. 605 S. 386– 391; zu Mainz vgl. ebda., S. 387 Z. 39– 41, und Wiegand, UB Straßburg V, Nr. 706 S. 551– 553. 58 Am 21. 9. 1353 zusammen mit Speyer (Ruser, Urkunden und Akten II, Nr. 488 S. 483– 486); am 14. 7. 1356 gemeinsames Schiedsgremium mit dem Pfälzer (Boos, UB Worms II, Nr. 499 S. 330 f.); am 5. 8. 1366 wieder Bündnis der Pfalzgrafen mit Worms und Speyer (ebda., Nr. 620 S. 402– 405). 59 Boos, UB Worms II, Nr. 177 S. 124–126; Nr. 208 S. 147 f.; Nr. 216 S. 152 f.; Nr. 262 S. 183; Nr. 281 S. 192; Nr. 451 S. 307 f.; Nr. 550 S. 359; Nr. 665 S. 428– 430; Wiegand, UB Straßburg V, Nr. 258 S. 249; Arnold, Zorn, Wormser Chronik, S. 142 f. 60 Der Begriff der »Zunftkämpfe« ist angesichts der heterogenen Zusammensetzung der oppositionellen Gruppen zu eng gefasst; vgl. Czok, Bürgerkämpfe, S. 303 – 310, und Haverkamp, Auseinandersetzungen, S. 150 f. 61 Hilgard, UB Speyer, Nr. 396 S. 322 f.; Voltmer, Reichsstadt und Herrschaft, S. 229 – 232. 62 Schiedsspruch vom 24. 11. 1332 (Hegel, Chroniken Mainz I, S. 16 Z. 16–S. 19 Z. 18); vgl. Czok, Bürgerkämpfe, S. 329 – 331; Matheus, Mainz, S. 172–174. 63 Mitbesiegelung des Schwörbriefes vom 17. 10. 1334 (Wiegand, UB Straßburg V, Nr. 32 S. 40– 43); vgl. Berthold, Auseinandersetzungen, S. 168 –175; Dollinger, Emancipation, S. 84– 87; und Egawa, Stadtherrschaft, S. 264– 300. 64 Vgl. oben S. 218 –220. 65 Von einer derartigen »inneren Funktion« der Städtebünde, wie sie Czok, Bürgerkämpfe, S. 332, postuliert hat, kann keine Rede sein; vgl. Schulz, Patriziergesellschaften, S. 332. 66 Den zahlreichen Untersuchungen aus dem 19. Jahrhundert (Schaab, Rheinischer Städtebund; Vischer, Schwäbischer Städtebund; Quidde, Schwäbisch-Rheinischer Städtebund; Messerschmidt, Städtebund) sind erst in den letzten Jahrzehnten neuere Untersuchungen gefolgt (z. B. Füchtner, Bodenseestädte; Holtz, Reichsstädte; Heinig, Reichsstädte; demnächst Kreutz, Städtebünde, Teilkapitel 2. 5. Der Rheinisch–Schwäbische Städtebund). 67 Ruser, Urkunden und Akten II, Nr. 596 S. 601– 605. 68 So Ruser, Gesellschaften, S. 35– 42; Ennen, Rheinischer Städtebund, Sp. 1019 –1021; Holtz, Reichsstädte, S. 71 f. 69 Vgl. Gerlich, Anfänge; Holtz, Reichsstädte, S. 58–70; Heinig, Mainzer Kirche Spätmittelalter, S. 482– 487; demnächst Kreutz, Städtebünde, Kap. 2. 5. 1. 2. Die Entstehung des Rheinischen Städtebundes von 1381. 70 Ausfertigung der schwäbischen Städte: Boos, UB Worms II, Nr. 793 S. 517– 520. 71 Zielke, Löwengesellschaft, S. 50– 53. 72 RTA I, Nr. 205 S. 367– 374; Trautz, Herrenbund. 73 Graf Ruprecht von Nassau am 24. 7. (Wiegand, UB Straßburg VI, Nr. 90 S. 56 f.), Graf Simon von Sponheim am 14. 7. (Quidde, Rheinischer Städtebund, Nr. 9 S. 380 f.), Eberhard Schenk von Erbach am 26. 10. (ebda., Nr. 14 f. S. 384 f.), Hans und Yliane von Dahn sowie Dieter Kämmerer am 21. 11. (Schaab, Rheinischer Städtebund II, Nr. 224 S. 290– 293). Ihnen folgten am 29. 11. 1383 Philipp von Münzenberg– Falkenstein (AM Strasbourg, III 49) und am 27. 7. 1386 die Grafen von Solms (Janssen, Frankfurts Reichscorrespondenz I, Nr. 60 S. 22). 74 Dazu Kreutz, Städtebünde, Teilkapitel 3. 2. 1. 2. »Städtebund« versus »Herrenbund«. 75 Für Worms: Boos, UB Worms II, Nr. 756 S. 942; für Speyer StadtA Speyer, Best. 1 U 95. 76 Die Heidelberger Stallung vom 25. 7. 1384 (RTA I, Nr. 244 S. 436 f.) und die Mergentheimer Stallung vom 5. 11. 1387 (ebda., Nr. 324 S. 588–595), an der die rheinischen Städte jedoch schon nicht mehr teilnahmen. 77 Zuletzt Holtz, Reichsstädte, S. 113 –119. 78 Neumarkter Sühne vom 15. 3. und 23. 4. 1388 (RTA II, Nr. 3 S. 9 –12 und Nr. 10 S. 32 – 37). 79 Vgl. dazu Hegel, Chroniken Mainz II, S. 218 Z. 22 f.; Hegel, Chroniken Straßburg II, S. 845 Z. 5– 8, und Boos, Monumenta, S. 74. 80 RTA II, Nr. 72 S. 157–167. 81 Vertrag vom 12. 5. 1389 (RTA II, Nr. 91 S. 200– 203); der mit dem Rheinischen Städtebund verbündete Erzbischof Adolf von Mainz übernahm ebenfalls eine Zahlung von 10 000 Gulden. 82 Boos, UB Worms II, Nr. 922 S. 605 f.; Nr. 911 S. 600 – 602; Nr. 921 S. 604; Nr. 939 – 941 S. 614 – 618; Nr. 947 S. 621; und Nr. 1007 S. 665 f. 83 Zu Frankfurt vgl. StadtA Frankfurt, Kopialbuch VII a, fol. 96v, Nr. 325; vgl. RTA I, Nr. 290 S. 530, Z. 2 f.; Mainz und Speyer waren Mitbesiegler der Rachtung vom 25. 6. 1386 (Boos, UB Worms II, Nr. 879 – 881 S. 583 – 588); vgl. dazu in diesem Band S. 223 f.

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84 Zur Plünderung des Stifts Neuhausen durch die Wormser schreibt ein Mainzer Chronist: confidentes de confederacione Bundt (Hegel, Chroniken Mainz II, S. 213 Z. 19 f.). 85 Zur Pfalzgrafschaft im 15. Jahrhundert Schaab, Kurpfalz I, S. 123– 211, und Dotzauer, Reich, S. 100 – 107. 86 Boos, UB Worms II, Nr. 1019 S. 673 f. 87 So z. B. die Grafen von Zweibrücken–Bitsch, Graf Eberhard von Württemberg, Graf Johann von Wertheim und Graf Philipp von Nassau–Saarbrücken (Boos, UB Worms II, Nr. 1026 –1029 S. 678 f.); vgl. auch die Indienstnahme Heinrich Kämmerers als Hauptmann der Stadt Worms (ebda., Nr. 1023 S. 676 f.) und die darauf folgende Fehdeansage des Pfalzgrafen an den Kämmerer (ebda., Nr. 1030 S. 679 f.) 88 Ebda., Nr. 1031 S. 680 – 682; zur halbherzigen Reaktion des übergangenen Königs Wenzel ebda., Nr. 1034 S. 686. 89 Zum Thronstreit von 1400 allgemein Gerlich, Habsburg, S. 241– 347; Gerlich, Ruprecht, S. 9– 21; zur Rolle der Städte dabei Vosselmann, Politik, S. 3– 32; Mandel, »Außenpolitik«, S. 128–155; Holtz, Reichsstädte, S. 182–191; und zuletzt Jörg, Kommunikation, S. 85 –119, bes. S. 90 –105. 90 Nachdem erst König Wenzels Gesandter am 31. 5. die Räte von Köln, Mainz, Worms, Speyer, Straßburg und Frankfurt zum Gehorsam gegenüber dem König aufgefordert hatte (RTA III, Nr. 140 S. 187 f.), unterrichtete vier Tage später die fürstliche Opposition diese Gemeinden über die Ladung Wenzels durch die vier rheinischen Kurfürsten nach Lahnstein für den 10. 8. (ebda., Nr. 142 S. 188–190). Dort sollte sich der König für das ihm vorgeworfene reichsschädigende Verhalten verantworten. Erschiene er nicht, sollte er abgesetzt und ein neuer König gewählt werden. 91 Protokoll des Mainzer Städtetages: RTA III, Nr. 167 f. S. 210 – 214. Beachtenswert ist der rege zwischenstädtische Nachrichtenaustausch in dieser Frage; vgl. Holtz, Reichsstädte, S. 188 f.; Jörg, Kommunikation, S. 90 f. und 97 f. 92 Meldung an die Stadt Mainz durch Graf Philipp von Nassau–Saarbrücken (RTA IV. Nr. 226 S. 285); von dort wurde die Nachricht an Frankfurt, Worms und Speyer weitergereicht (ebda., S. 285 Anm. 1). 93 RTA IV, Nr. 120 S. 132 f.; zur vermutlichen Herkunft der Gutachter vom pfälzischen Hof: Jörg, Kommunikation, S. 100. 94 Vgl. den Vertrag König Ruprechts mit diesen Städten vom 4. 10. 1400 (RTA IV, Nr. 157 S. 172). 95 Schaab, Rheinischer Städtebund II, Nr. 280 S. 361– 363, mit falscher Datierung auf den 1. 10. ; gleichlautende Urkunden für Köln, Friedberg, Wetzlar, Frankfurt und Straßburg vom 5. bis 31. 10. 1400 (RTA IV, Nr. 158 S. 173 –175). 96 RTA IV, Nr. 141 S. 155–159; Vosselmann, Politik, S. 17 und 20 f.; Mandel, »Außenpolitik«, S. 134 f.; Gerlich, Ruprecht, S. 9 und 20. Kurz darauf erfolgten die Huldigungen und die Privilegienbestätigungen der übrigen Wetteraustädte Gelnhausen, Friedberg und Wetzlar (Chmel, Regesten, Nr. 13, 15 und 17 S. 1). 97 Wiegand, UB Straßburg VI, Nr. 1578 S. 796 –798 vom 30. 10. 1400. Zu einer endgültigen Einigung kam es in der ersten Novemberwoche (vgl. Bericht der Straßburger Gesandten vom 8. 11. 1400: RTA IV, Nr. 172 S. 197 f.): Mandel, »Außenpolitik«, S. 135–140; zu den Verhandlungen mit den übrigen Elsaßstädten Vosselmann, Politik, S. 27– 30. 98 Boos, UB Worms II, Nr. 1084 S. 713 f. 99 Bestätigung des Barbarossa-Privilegs von 1165 (Boos, UB Worms II, Nr. 1085 S. 714, mit Rückgriff auf ebda. I, Nr. 80 S. 64 – 67) und Ausweitung des Wechselmonopols von Silber- auf Gold- und sonstige Münzen (ebda. II, Nr. 1085 S. 714 Z. 26 – 29). 100 Bericht eines Straßburger Gesandten aus Worms (RTA IV, Nr. 171 S. 196 Z. 8–11). Am 19. 11. wurde der König in Speyer empfangen (ebda., Nr. 173 S. 198 f.); Gerlich, Ruprecht, S. 20 f. 101 RTA V, Nr. 4 S. 27– 29. 102 Ebda., Nr. 426 S. 609 – 620. 103 Ebda., Nr. 498 S. 750 –761; Geltungsdauer des Bundes bis zum 2. 2. 1411; Friedländer, Marbacher Bund, S. 37– 51; Vosselmann, Politik, S. 74– 83. 104 RTA V, Nr. 498 S. 751 Z. 19, S. 752, Z. 23. 105 Friedländer, Marbacher Bund, S. 45. Zorn berichtet von einer Behinderung der Lebensmittelzufuhr in die drei Städte durch pfalzgräfliche Amtleute im Jahr 1406 (Arnold, Zorn, Wormser Chronik, S. 159). 106 Für Worms RTA VI, Nr. 45 f. S. 83 f., vom 23. 5. bzw. 1. 9. 1406; vgl. ebda., S. 71–73 und 83 Anm. 1; für Speyer, ebda., Nr.47 f. S. 84 vom 24. 10. 1406. Die Mainzer blieben dem Bund wohl wegen innergemeindlicher Auseinandersetzungen fern (Matheus, Mainz, S. 178). 107 Vgl. Das Bistum Worms, S. 126 und in diesem Band oben S. 226 f.

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108 Boos, Monumenta, Nr. 24 S. 260– 266. Zwei Jahre später war es derselbe Erzbischof, der zusammen mit den Räten von Mainz und Speyer der Stadt Worms das Urteil ihres Gerichts über den – übrigens aus Mainz stammenden – aufrührerischen Bürger und Hausgenossen Peter Cleman garantierte (Boos, Monumenta, Nr. 27 S. 268 f.); Boos, GRS 2, S. 278 – 293; Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 50; zur Familie der Cleman vgl. den Wormser Bistumsstreit um Salmann Klemann von 1329 bis 1343 (Das Bistum Worms, S. 92– 97). 109 Boos, GRS 2, S. 307– 326; Das Bistum Worms, S. 127–129 und 136. 110 Vgl. dazu den Brief Johanns von Fleckenstein an die Stadt Mainz vom 5. 12. 1410 (Boos, Monumenta, Nr. 29 S. 269 f.). 111 Vgl. Boos, Monumenta, Nr. 33 S. 278 f., und Das Bistum Worms, S. 127–129. 112 Boos, Monumenta, Nr. 42 S. 286 – 290; Boos, GRS 2, S. 323– 326; Das Bistum Worms, S. 136. 113 Boos, Monumenta, Nr. 44 S. 294 – 297; zu den einzelnen Bestimmungen bezüglich bischöflichen Zöllen, Fronwaage, Weinschank, Kornungeld und städtischen Bauten vgl. Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 50. 114 Boos, Monumenta, Nr. 45 S. 297– 301; Boos, GRS 2, S. 326. 115 In den innermainzischen Auseinandersetzungen zwischen Ratsgeschlechtern und Zünften von 1411 bis 1437 waren wiederholt Vermittler aus Worms, Speyer und Frankfurt engagiert (Matheus, Bistumsstreit, S. 178–180). 116 Boos, Monumenta, S. 301 Z. 3 –13; bemerkenswert ist die dortige Bezeichnung der Mainzer als eytgenoszen nach Ausweis der alten verbuntenisse und eynunge, womit unzweifelhaft der Dreistädtebund von 1293 gemeint ist. Hier wird deutlich, wie sehr die Verbindung der drei Städte über die Jahrhunderte lebendig blieb. 117 Zu Mainz: Matheus, Bistumsstreit, S. 178–180; zu Speyer: Voltmer, Reichsstadt und Herrschaft, S. 150 f. 118 Vgl. Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 43, und die Bezeichnung der Wormser Diözese im Spätmittelalter als »Pfälzer Landesbistum« durch Keilmann in: Das Bistum Worms, S. 104–153. 119 Schaab, Kurpfalz I, S. 183–189; Reuter, Worms als Reichstagsstadt, S. 124; Das Bistum Worms, S. 143– 145; zu Johannes von Dalberg als Humanist zuletzt Walter, Johannes von Dalberg; siehe auch oben S. 237 ff. 120 Doch ließ er nach, das es ein gefryet statt were aber nit ganz fry (Boos, Monumenta S. 597 Z. 32 f.); zur Begrifflichkeit der Freistädte im Spätmittelalter Möncke, Problematik, und Moraw, Verfassungsposition, sowie Isenmann, Reichsstadt. 121 Arnold, Zorn, Wormser Chronik, S. 192. Offenbar hatte die pfalzgräfliche Seite die, wenn auch vergebliche, Wormser Unterstützung Erzbischof Dieters von Mainz gegen die Pfalzgraf Friedrich den Siegreichen in der Schlacht von Pfeddersheim im Jahr 1460 noch nicht vergessen (Schaab, Kurpfalz I, S. 178). 122 Worms aber niemands, denn der städt Basel, Straßburg, Speier und Frankfurt freund hatte, welche auch aus furcht der katzen die schell nit wollten anhängen (Arnold, Zorn, Wormser Chronik, S. 193); zu den Verhandlungen mit Pfalzgraf Philipp: Boos, Monumenta, S. 613. 123 Boos, Monumenta, S. 412 Anm. 1; Das Bistum Worms, S. 145. 124 Zusammenfassung des Forschungsstandes zuletzt in dem Katalogband zur Wormser Ausstellung von 1995, darin v. a. Moraw, Reichstag; Boldt, Reichstag, S. 57– 61; vgl. oben S. 254 f. 125 Wadle, Landfriede. 126 Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 64 –75. 127 Hölbling, Maximilian I., S. 134–172. 128 Vgl. zuletzt Reuter, Worms als Reichstagsstadt. 129 Hölbling, Maximilian I., S. 11– 23 und 103–110. 130 Ebda., S. 127–130. 131 Boos, Monumenta, S. 395; vgl. auch den Besuch Königin Maria Blancas von 1496 (Reuter, Warmaisa, S. 66). 132 Reuter, Worms als Reichstagsstadt, S. 127. 133 Das Bistum Worms, S. 146; Boos, Monumenta, S. 444; zur Rolle des Königs vgl. Hölbling, Maximilian I., S. 206 – 213. 134 Schaab, Kurpfalz I, S. 213– 216; Das Bistum Worms, S. 154–158. 135 Zu den endgültigen Friedensschlüssen bis 1521 Schaab, Kurpfalz I, S. 216 – 219 und oben S. 258–261. 136 Hölbling, Maximilian, S. 218 f.

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Zwischen Bischof, Reich und Kurpfalz: Worms im späten Mittelalter (1254 –1521) 1 Überblick mit weiterer Lit.: Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 13 ff.; zum Stadtbrand vgl. den Beitrag von G. Mahlerwein im vorliegenden Band, S. 291 ff. 2 Boos, UB Worms I (bis 1300); UB Worms II (1301–1400); Boos, Monumenta. 3 Zum 13. Jh.: Köster, Wormser Annalen; Voltmer, Der Rheinische Bund; Kirschgartener Chronik (»Cronica civitatis Wormatiensis per monachum quendam Kirsgartensem«, Boos, Monumenta, S. 1– 95); »Annales Wormatienses« 1226 –1278, ebda. S. 145 –162; »Chronicon Wormatiense saeculi XIII«, ebda. S. 165– 203 (und Beilagen S. 203– 232); Urkunden 1401–1430, ebda. S. 235– 305; Aus Wormser Ratsbüchern zur Geschichte der Stadt im 15. Jh., ebda. S. 307– 347; Memorial über die Organisation des Kriegswesens der Stadt Worms (1500), ebda., S. 349 – 370; Tagebuch des Reinhart Noltz, Bürgermeister der Stadt Worms/Auszüge aus den Acta Wormatiensia (1493 –1509), ebda. S. 371– 543 (vgl. dazu unten Anm. 263); Quellen zur Wirtschafts- und Handelsgeschichte: ebda. S. 636– 651. Übertragung wichtiger Quellen in heutige Sprache: Soldan, Beiträge (1890). Wichtig ist die von Arnold besorgte Ausgabe der im 16. Jahrhundert verfassten Wormser Chronik von Friedrich Zorn (1857, Nachdruck 1969). 4 Kraus, Neue Quellen (Stadtrat); Gensicke, Ratsherren-Verzeichnisse; Gensicke, Zunftsiegel. 5 Schwan, Wormser Urkunden; dazu sind unter den Urkunden- bzw. Regestenwerken wichtig die Regesten der Dalberger Urkunden (bearb. v. F. Battenberg), die älteren, mit Quellenabdruck versehenen Abhandlungen von Schannat (1734, Standpunkt des Bischofs) und Moritz (1756, Standpunkt der Stadt) sowie die Edition der »Hessischen Urkunden« (Baur). 6 Debus, Schönau; Dolch/Münch, Regesten bzw. Urkundenbuch Otterberg. 7 Schaab/Lenz, Ausgewählte Urkunden. 8 Weech, Synodale (1875); Lohmann, Lehnbuch (2000). 9 Vgl. den Überblick im Kapitel von G. Bönnen/J. Kemper, S. 691–734. 10 Villinger, Cyriakusstift (Regesten S. 72–108); Villinger, Wormser Hospitäler. 11 Weißenberger, Kirschgarten (Regesten S. 10– 37). 12 Kock, Buchkultur, S. 365– 410 (Teiledition des Rechnungsbuches StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1877), siehe auch Rechner-Steinmetz, Kirschgartner Rechnungsbuch. 13 Liebfrauen Worms 1298 –1998: Quellenteil S. 422 – 434 zur Gründung 1298, Statuten: S. 437– 509, Quellen zur Besitz- und Verwaltungsgeschichte ab 1500 (S. 511– 517); vgl. dort auch Habermehl, Statuten Liebfrauenstift. 14 Nachweise: Keilmann, Paulusstift, S. 93 f.; Eberhardt, Diözese Worms. 15 Beleg: St. Paulus 1002– 2002, S. 373. 16 Die Bestände des Hessischen Staatsarchivs Darmstadt, S. 53– 55, 108 ff.; zum Bestand C liegt ein gedrucktes Findbuch vor. 17 Landesarchiv Speyer. Der Gatterer-Apparat; ältere Lit. zu den Worms betreffenden Stücken: Levy, Urkunden; Liebenau, Gatterers Lehrapparat. 18 Vgl. zur Historiografie um 1500 mit weiteren Hinweisen Bönnen, Stadtmythen; Kock, Codices (zur Kirschgartener Chronik und ihrem Verfasser); Fuchs, Inschriften (ausführliche quellenkritische Analysen); vgl. auch Anm. 29; älteres Eidbuch: StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 23. 19 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1796 (Abschrift des 16. Jh.). 20 Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 53 ff.; zu den Quellen der Zeit um 1500 siehe oben S. 250 ff. 21 Battenberg, Gerichtsbarkeit (1993). 22 Bönnen, Dom und Stadt (1998); Bönnen, Stadtmythen (2003); zur städtischen Religiosität vgl. auch Bönnen, Gründung Liebfrauenstift (1998); siehe dazu zusammenfassend Seibert, Neue Forschungen (2004). 23 Kreutz, Städtebünde und Städtenetz; siehe für die Zeit um 1300 auch seinen Beitrag: Mainz, Worms und Speyer (2000) sowie den von ihm verfassten Abschnitt zu den städtischen Außenbeziehungen im späten Mittelalter, S. 180 –192. 24 Vgl. unten Anm. 313 und 350. 25 Battenberg, Gerichtsverfassung; siehe auch Bardong, Herlisheim. Battenberg hat gemeinsam mit Margit Rinker-Olbrisch Anfang der 1980er Jahre auch die Regesten der in Darmstadt und Worms lagernden Dalberger Urkunden herausgegeben.

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26 Wesoly, Münzwesen (1981); Volk, Wirtschaft und Gesellschaft (1998); Schneider, Untersuchungen (1999). 27 Zit.: Keilmann, Artikel (2001, S. 860– 881); Das Bistum Worms (1997, bes. S. 51–158); vgl. auch: Keilmann, Pfründenmarkt (1999, zum Stiftsklerus um 1500), Keilmann, Reichskirchliche Ambition (Lage des Bistums um 1524/52); zur bischöflichen Residenz Ladenburg vgl. Schaab, Ladenburg (1993) und das Handbuch »Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich« (2003): Art. »Ladenburg«, S. 315 f. (Gabriel Zeilinger); siehe auch S. 645 – 647: Art. »Worms« (Gerold Bönnen); Seibert, Neue Forschungen (2004). 28 Keilmann, Bewahrung (1999). 29 Müller, Bistumsgeschichtsschreibung (1998), S. 25– 33. 30 Das Südportal des Wormser Domes (1999); Liebfrauen Worms 1298–1998; St. Martin in Worms 996/ 1996; St. Paulus Worms 1002-2002; Frommberger-Weber, Buchmalerei (1973). 31 Kranzbühler, Worms und die Heldensage; vgl. zu diesem Aspekt auch den Beitrag von Otfrid Ehrismann, S. 824 – 849. 32 Hotz, Gotische Baukunst; Hotz, Nikolaus Nievergalt, weitere Lit. im Beitrag zur Bau- und Kunstgeschichte, siehe S. 735 ff. 33 Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde (1983, mit Anhang zur Topografie des Judenviertels um 1500); zuletzt: Bönnen, Die jüdische Gemeinde (2003, Quellenanhang S. 333– 340); grundlegend: Germania Judaica, Bd. II/2, S. 919 – 927 (Artikel Worms); Bd. III/2: 1350–1519, S. 1671–1697 (Artikel Worms); Ziwes, Studien (grundlegende Gesamtuntersuchung für das Mittelrheingebiet, 1993); wichtig auch: Kisch, Rechtsstellung. 34 Siehe dazu jetzt Gerhard Fouquet, Bauen für die Stadt. Finanzen, Organisation und Arbeit in kommunalen Baubetrieben des Spätmittelalters. Eine vergleichende Studie vornehmlich zwischen den Städten Basel und Marburg, Köln/Weimar/Wien 1999 (Städteforschung A 48); zum Stadtbau in Worms vgl. die bis in die frühe Neuzeit reichende Arbeit von Isele, Wehrwesen, v. a. S. 59 – 61. 35 Voltmer, Reichsstadt und Herrschaft (1981), hier sind v. a. seine grundsätzlichen Bemerkungen zum Konfliktfeld Geistlichkeit und Stadt als »konstantes Element der Stadtgeschichte« (S. 158 ff.) und seine Beobachtungen zu »Herrschaft und Unruhe« (S. 158 ff., S. 278 ff.) hervorzuheben. Gesamtdarstellung der spätmittelalterlichen Stadtgeschichte: Isenmann, Die deutsche Stadt (1988). 36 Gensicke, Zunftsiegel; siehe in vergleichender Sichtweise: Schulz, Patriziergesellschaften und Zünfte; vgl. dazu auch Anm. 235. 37 Zu diesem in der jüngeren Forschung stärker betonten Ansatz siehe: Stadtregiment und Obrigkeit, hg. v. U. Meier/K. Schreiner (1994), siehe dazu oben S. 228 ff. 38 Vgl. beispielhaft den opulenten Katalog der Landesausstellung zur Oberrheinischen Kultur- und Städtelandschaft zwischen 1350 und 1530 mit zahlreichen Beiträgen zur Alltags-, Wirtschafts-, Sozial- und Kulturgeschichte des südlich an Worms angrenzenden Raumes und seiner Städte (Spätmittelalter am Oberrhein, Aufsatzband, hg. v. T. Zotz/S. Lorenz, 2001, darin u. a.: Mathias Kälble, Verfassung und soziale Schichtung in oberrheinischen Städten, S. 259– 265). 39 Vgl. etwa die Korrespondenzserie zwischen Kurpfalz und Stadt Worms im StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 446 ff.; vgl. dazu Akten zu Konflikten mit Kurpfalz (1 B Nr. 1650–1651, 15. Jh.). 40 Fragen des Wormser Siegel- und Wappenwesens finden sich sehr ausführlich behandelt in: Kranzbühler, Worms und die Heldensage (auch sehr viele Abb.). 41 Vgl. oben S. 256 – 258; vgl. in diesem Zusammenhang die allerdings auf diesem Feld nicht überall überzeugende Arbeit von Todt, Kleruskritik (2005). 42 Vgl. neben vielen anderen: Gensicke, Stadtbeschreibung, S. 55 f.; Armknecht, Stadtmauern, S. 62– 65; aus der älteren Lit. siehe auch Boos, GRS 3, S. 9 ff.; siehe auch Schwan, Gassen- und Straßennamen; wichtig: Reuter, Hamman (1989); Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten (1905); zum städtischen Bauwesen, seiner Organisation (z. B. 1499 erwähnter städtischer Bauhof, vgl. Boos, Monumenta, S. 441) und den Kosten siehe Isele, Wehrwesen, S. 59 ff. 43 Boos, Monumenta, S. 156. 44 Ebda., S. 162. 45 Boos, UB Worms I, Nr . 472 S. 311; Happ, Stadtwerdung, S. 118 f.; Isele, Wehrwesen, S. 53. 46 Boos, UB Worms II, Nr. 169 S. 118 f. 47 Boos, UB Worms II, Nr. 107 S. 72 f.; Nr. 114 S. 75 f. 48 Boos, UB Worms I, Nr. 344 S. 223 f.: prope sparas sive repagula ibidem locata.

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Boos, UB Worms I, Nr. 371 S. 237 f., zu weiteren Quellen dieser Art vgl. auch Isele, Wehrwesen, S. 46. Boos, UB Worms I, Nr. 505 S. 339; vgl. oben S. 722. Kohler/Koehne, Wormser Recht, S. 181. Boos, UB Worms II, Nr. 652 S. 422. Schwan, Wormser Urkunden, Nr. 919 S. 266. Siehe oben S. 163 und die folgende Anm. Boos, UB Worms I, Nr. 223 S. 152; Nr. 308 S. 206; ebda. II Nr. 39 S. 153; Hirschmann, Zu den Wormser Märkten. Boos, UB Worms I, Nr. 210 S. 147 und Nr. 490 S. 325. Boos, Monumenta, S. 642 (hier Edition wichtiger wirtschaftsgeschichtlicher Quellen des 15. Jahrhunderts, dazu oben S. 236). Boos, UB Worms II, Nr. 1045 S. 691. Ebda. S. 648, siehe auch Boos, Monumenta, S. 93. 1241: Boos, UB Worms I, Nr. 200 S. 139 (›portus‹). Boos, Monumenta, S. 330. Zu der Familie zuletzt Keilmann, Bewahrung, S. 28 f. Das Folgende stützt sich weitgehend auf Keilmann, Kampf, S. 166– 232 (auf diesem fußend auch: Happ, Stadtwerdung, S. 177–186); vgl. ergänzend: Das Bistum Worms, S. 71 ff.; im Vergleich sind stets die verwandten Verhältnisse in Speyer zu berücksichtigen (Voltmer, Reichsstadt und Herrschaft). Boos, Monumenta, S. 156 f. (cum … vexillo a curru suo heerwagen); siehe dazu Ernst Voltmer, Art. »Fahnenwagen« in: LexMA 4, 1987, Sp. 229 f. (Lit.). Keilmann, Kampf, S. 179 f. Boos, Monumenta, S. 159; zu den Grafen vgl. Toussaint, Leiningen. Keilmann, Kampf, S. 183 f.; Kreutz, Mainz, Worms und Speyer, S. 318; Boos, Monumenta, S. 156. Zur städtischen Rheinflotte: Isele, Wehrwesen, S. 48 f. Keilmann, Kampf, S. 185–188; 1259/60: Boos, UB Worms I, Nr. 278– 279, 282, 284 S. 186 –189; Vertrag der Stifte 1260: ebda. Nr. 286 S. 190 f. Vgl. etwa die bei Boos (UB Worms I) veröffentlichten Urkunden Nr. 270 S. 182; Nr. 272 S. 183 f., Nr. 277 S. 185. Vgl. den Abschnitt von G. Bönnen/J. Kemper zu den geistlichen und karitativen Einrichtungen in der Stadt, S. 691–734. Voltmer, Reichsstadt und Herrschaft, hat in seiner Darstellung der Speyerer Verhältnisse wiederholt (siehe etwa S. 39) auf diese Parallelen aufmerksam gemacht. Keilmann, Kampf, S. 189 –191, wichtigste Quelle: »Chronicon Wormatiense« (Boos, Monumenta, S. 188 und (knapp) »Annales Wormatienses«, ebda. S. 159); dazu vor dem Hintergrund des Systems städtischer Steuern und Abgaben: Fouquet, Bauen für die Stadt (wie Anm. 34), S. 295. Voltmer, Reichsstadt und Herrschaft, S. 31– 44. Bönnen, Dom und Stadt, S. 49 mit Anm. 126 (mit weiteren Hinweisen zur städtischen Verfassungstopografie); 1265 (Bischofschronik): Boos, Monumenta, S. 190 f.; Vertrag 1266: Boos, UB Worms I, Nr. 335 S. 219 f.; dazu Keilmann, Kampf, S. 192 f. und Kohler/Koehne, Wormser Recht, S. 141 f. Boos, UB Worms I, Nr. 414 S. 272. Boos, GRS 2, S. 30 f. Keilmann, Kampf, S. 205– 207; Boos, GRS 2, S. 37f.; Bestätigung der Privilegien: Boos, UB Worms I, Nr. 366 S. 234 f. Zur Reichsebene und den regional-herrschaftlichen Rahmenbedingungen der Stadtentwicklung vgl. Kreutz, Mainz, Worms und Speyer; zu mit dem Ereignis verbundenen Fragen der Verfassungstopografie: Bönnen, Dom und Stadt, S. 35; Bönnen, Zwischen Kirche und Stadtgemeinde, S. 170; zu den parallelen Ereignissen in Speyer: Voltmer, Reichsstadt und Herrschaft, S. 46 ff.; vgl. auch oben S. 180 – 192. Keilmann, Kampf, S. 208. Fuchs, Inschriften Nr. 49 S. 53 f. mit allen weiteren Angaben, hier auch Lit. zum Verfahren der Ungelderhebung; zum ebenfalls erhaltenen Ungeldmaß: Nr. 50 S. 55. Vgl. das Kapitel von G. Bönnen/J. Kemper, S. 691–734. Boos, UB Worms I, Nr. 404 S. 263 – 265; Keilmann, Kampf, S. 216 – 220. Dazu: Schulz, Ministerialität, S. 200 f., 206 f. Boos, Monumenta, S. 162.

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85 Keilmann, Kampf, S. 218– 220; Keilmann, Bewahrung, S. 30 f.; 1283 Juni: Boos, UB Worms I, Nr. 405 S. 265. 86 Zur Person vgl. die in voriger Anm. genannte Lit.: 1283 August 1: Boos, UB Worms I, Nr. 409 S. 268; siehe auch Boos, GRS 2, S. 42; Das Bistum Worms, S. 75 f. 87 Boos, UB Worms I, Nr. 429 S. 279 f.; Keilmann, Kampf, S. 223 f.; Boos, GRS 2, S. 67 f. 88 Boos, UB Worms I, Nr. 419 S. 274. 89 Boos, UB Worms I, Nr. Nr. 450 S. 296– 298: Protest der Ratleute gegen die Wahl, 1292; Boos, GRS 2, S. 48. 90 Steffens, Städtebündnis; Kreutz, Mainz, Worms und Speyer, S. 323– 326; Keilmann, Kampf, S. 230 f.; Boos, GRS 2, S. S. 49 f.; Quelle: Boos, UB Worms I, Nr. 453 S. 299– 301; vgl. oben S. 182 ff. 91 Boos, UB Worms I, Nr. 454 S. 302 f.; dazu: Keilmann; Bewahrung, S. 31; Keilmann, Kampf, S. 230 f.; Boos, GRS 2, S. 49 f.; zuletzt: Kreutz, Mainz, Worms und Speyer, S. 331– 335. 92 Kreutz, Mainz, Worms und Speyer, S. 327– 330. 93 Keilmann; Bewahrung, S. 31 f., Quelle: Boos, UB Worms I, Nr. 508 S. 341– 344; Kohler/Koehne, Wormser Recht, S. 129–131; Boos, GRS 2, S. 69–71. 94 Boos, UB Worms I, Nr. 494 S. 326 f. 95 Bönnen, Zur Geschichte des Paulusstifts, S. 63 f.; zu dem hier bezeugten »Wassergericht« siehe Kohler/ Koehne, Wormser Recht, S. 178–180. 96 Zu den innerstädtischen Konflikten des Jahres 1303/04 vgl. Boos, GRS 2, S. 72 f.; Breuer, Politische Orientierung, S. 223– 229; Kreutz, Mainz, Worms und Speyer, S. 335; zum allgemeinen Hintergrund der Auseinandersetzungen vgl. Haverkamp, Innerstädtische Auseinandersetzungen, v. a. S. 107; wichtig ist der Sammelband von W. Ehbrecht, Konsens und Konflikt (2001; v. a. Stadtkonflikte um 1300. Überlegungen zu einer Typologie, S. 181–197). Zu einer fast gleichzeitigen Verfassungsänderung und innerstädtischen Konflikten in Speyer vgl. Voltmer, Reichsstadt und Herrschaft, S. 201– 215, zu Worms vgl. S. 214; zu Speyer 1302 –1304: Haverkamp, Innerstädtische Auseinandersetzungen, S. 102–104. 97 Boos, UB Worms II, Nr. 14 S. 9 f. (zugleich Quelle zu den Konflikten des vorangegangenen Jahres), weitere Quellen zum Geschehen: ebda. Nr. 24 S. 16, Nr. 27 S. 18 f. (1304). 98 Breuer, Politische Orientierung, S. 228 (mit einer Gesamteinschätzung der Fehde). 99 Grundlegend dazu der Sammelband: Das Südportal des Wormser Domes (1999). 100 Kohler/Koehne, Wormser Recht: S. 4– 8 Edition von Stadtrechtsfragmenten (Artikel eines Rechtsbuches wohl aus dem 13. Jh.), S. 8– 47: Sammlung von Ratsverordnungen des 13./14. Jh., älterer Teil: Artikel 1– 84 (S. 8– 25), jüngerer Teil: Art. 85–179 (S. 26– 47). Auf die Edition folgen eine Darstellung des bürgerlichen, Prozess– und Strafrechts sowie der Gerichtsverfassung, Beobachtungen zum Rat als Gerichtshof und zum Stadtgericht sowie zu den geistlichen Gerichten. Zu ergänzen sind die Bestimmungen um ein aus dem 13. Jahrhundert stammendes Weistum der Rechte von Kämmerer, Schultheiß, Heimburgen und Gericht (Boos, Monumenta, S. 226 – 231). 101 Kohler/Koehne, Wormser Recht, S. 41 f.; S. 89 ff. 102 Speyerer Stadtrecht: Voltmer, Reichsstadt und Herrschaft, S. 24 (erste Kodifizierung um 1230), S. 47. 103 Kohler/Koehne, Wormser Recht, S. 42 f. Ausführlich und mit weiteren Hinweisen: Bönnen, Die jüdische Gemeinde, S. 318 f.; Haverkamp, »Concivilitas«, S. 132 ff.; Kisch, Rechtsstellung; zu allg. Fragen der städtischen Rechtsstellung der Juden: Toch, Juden, S. 106 f. 104 Boos, UB Worms II, S. 59 Nr. 94. 105 Kohler/Koehne, Wormser Recht, S. 92–101; zu den Hausgenossen und Wildwerkern siehe das vorige Kapitel. 106 Zur Örtlichkeit der Ratssitzungen: Bönnen, Dom und Stadt; problematisch: Poeck, Rituale der Ratswahl, S. 36– 40, s. auch Kohler/Koehne, Wormser Recht, S. 142 f. 107 Kohler/Koehne, Wormser Recht, S. 147–151. 108 Kohler/Koehne, Wormser Recht, S. 151 ff.; dazu auch Battenberg, Gerichtsbarkeit. 109 Arnold, Zorn, Wormser Chronik: für den Zeitraum von ca. 1300–1410 siehe S. 132–169; Kirschgartener Chronik: S. 66 –75. 110 Boos, Monumenta, Urkunden und Akten der Jahre 1401–1430: S. 235– 305. 111 Boos, GRS 2, S. 79– 267. 112 Voltmer, Reichsstadt und Herrschaft, S. 65–138, S. 201–277; zu allgemeinen Fragen der spätmittelalterlichen Stadtgeschichte siehe die 1988 erschienene Gesamtdarstellung von Isenmann, Die deutsche Stadt. 113 Das Bistum Worms, S. 88, der folgende Abschnitt stützt sich auf die Seiten 88 –125; zu den Bischöfen vgl. auch Keilmann, Artikel.

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114 Boos, GRS 2, S. 256. 115 Das Folgende nach: Das Bistum Worms, S. 92 ff. 116 Protestschreiben an die Kurie: Boos, UB Worms II, Nr. 232 S. 163 f.; zu den im Folgenden sich zuspitzenden Verhältnissen siehe auch Boos, GRS 2, S. 109 ff. 117 Boos, UB Worms II, Nr. 236 S. 166 f. 118 Boos, UB Worms II, Nr. 316 S. 225 f. Die Form dieses Schriftstückes, das durch den Rat, der auf Bitten von zehn Domkanonikern zusammengerufen worden waren, beurkundet wurde, verweist auf ältere, lange nachwirkende Traditionen. Zum Brauch der Altarsetzung vgl. auch Medard Barth, in: Archives de l’église d’Alsace 14, 1964, S. 53– 63 am Beispiel Speyer; auch dort wird Glockengeläut erwähnt. 119 Das Bistum Worms, S. 97. 120 Das Bistum Worms, S. 100 ff.; siehe dazu auch den entsprechenden Abschnitt zum geistlichen Worms (G. Bönnen/J. Kemper, S. 691–734). 121 Boos, UB Worms II, Nr. 162 S. 110 –112. 122 Boos, UB Worms II, Nr. 299 S. 199 f.; zu St. Paulus siehe Keilmann, Paulusstift. 123 Das Bistum Worms, S. 113 ff. 124 Vgl. die oben Anm. 27 genannte Lit. 125 Das Bistum Worms, S. 118 –120. 126 Das Bistum Worms, S. 122 ff.; vgl. oben S. 227 f. 127 Allg. Lit.: Heinig, Reichsstädte; Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 110 ff. 128 Vgl. jetzt Kreutz, Städtebünde, seinen Beitrag S. 180–192 und den Aufsatz ›Mainz, Worms und Speyer‹ (v. a. S. 336– 345 zum Zeitraum von 1317 bis 1327); zu 1317 siehe auch Boos, GRS 2, S. 85 f. 129 Speyer (zahlreiche Parallelen zu Worms): Voltmer, Reichsstadt und Herrschaft, S. 82– 90. 130 Vgl. zuletzt ausführlich Kreutz, Mainz, Worms und Speyer, S. 336 ff. zur Phase von 1317 bis 1327, siehe auch oben S. 184 ff. 131 Neben dem erwähnten Kapitel von Kreutz vgl. zu den Wormser Fehden im Rahmen der Städtebünde während der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts: Breuer, Die politische Orientierung, S. 229 ff. 132 Breuer, Die politische Orientierung, S. 240 ff.; Schaab, Kurpfalz I; Schaab, Grundlagen; Schaab, Festigung; Griff nach der Krone, hg. v. V. Rödel (neuester Stand); zu den wiederum vergleichbaren Beziehungen Speyers zum Nachbarterritorium in ganz ähnlicher Konstellation: Voltmer, Reichsstadt und Herrschaft, S. 100 –105. 133 Volk, Wirtschaft und Gesellschaft, S. 136. 134 Volk, Wirtschaft und Gesellschaft, S. 137. 135 Boos, UB Worms II, Nr. 239 S. 168; zu den Münzverhältnissen im 14. Jahrhundert siehe Hess, Das Rheinische Münzwesen; Wesoly, Münzwesen; Joseph, Münzen. 136 Boos, UB Worms II, S. 658– 660 Nr. 999 f. 137 Boos, UB Worms II, S. 673 f. Nr. 1019. Wichtige Quellen zur Wirtschafts- und Verkehrsgeschichte der Stadt für die Zeit ab 1400 finden sich ediert bei: Boos, Monumenta, S. 636 – 651; vgl. auch oben S. 187 f. 138 Belege bei Bönnen, Zur Geschichte des Paulusstifts, S. 69 f. 139 Boos, UB Worms II, Nr. 74 S. 45– 47; dazu Kohler/Koehne, Wormser Recht, S. 119–123; Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde, S. 42 f.; GJ II/2, S. 922; Bönnen, Die jüdische Gemeinde, S. 314 f.; vgl. auch oben S. 667 f. im Beitrag von F. Reuter. 140 Boos, UB Worms II, Nr. 93 – 97 S. 57– 61; dazu: Boos, GRS 2, S. 83 f. 141 Zum so genannten Speyerer Severinsaufstand von 1330 und vorangegangenen Änderungen der Zusammensetzung des Rates: Voltmer, Reichsstadt und Herrschaft, S. 223 ff.; zu den Ereignissen in Mainz während der 1330er Jahre: Mainz. Die Geschichte der Stadt, S. 171–175. 142 Boos, GRS 2, S. 111 f. 143 Boos, UB Worms II, Nr. 317 S. 227 f.; Boos, GRS 2, S. 151. 144 Boos, UB Worms II, Nr. 370 S. 258 f. 145 Haverkamp, Judenverfolgungen, S. 247 (zu Zeitpunkt und Hintergrund, S. 280 zur Urkunde von 1348); Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde, S. 43; Bönnen, Die jüdische Gemeinde, S. 319 mit Anm. 24; GJ II/2, S. 923; Das Bistum Worms, S. 99; allg.: Boos, GRS 2, S. 124 f., Juden: S. 129 f., zum Speyrer Pogrom vom Januar 1349: Voltmer, Reichsstadt und Herrrschaft, S. 308 – 316. 146 Arnold, Zorn, Wormser Chronik, S. 139. 147 Boos, UB Worms II, Nr. 472 S. 317. 148 Boos, UB Worms II, Nr. 723 S. 463– 467, dazu mit weiterer Lit.: Bönnen, Die jüdische Gemeinde, S. 320.

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149 Vgl. neben der in Anm. 145 genannten Lit. auch den Abschnitt zur Geschichte des Jüdischen Worms von F. Reuter, S. 667 ff. 150 Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 46, zum Gerichtssiegel mit genauer Beschreibung Boos, Monumenta, S. XLVI f. 151 Das Bistum Worms, S. 106. 152 Boos, UB Worms II, Nr. 516 f. S. 336 f. 153 Zu ihr siehe Schulz, Ministerialität, S. 204 f.; zur Verflechtung mit dem Paulusstift vgl. Keilmann, Paulusstift, S. 110 –112, 116 f. 154 Boos, UB Worms II, Nr. 554a S. 744 f.; Boos, GRS 2, S. 155. 155 Boos, UB Worms II, Nr. 552 S. 360 f.; Boos, GRS 2, S. 152 f. 156 Boos, UB Worms II, Nr. 554 S. 362; Boos, GRS 2, S. 154 f. 157 Boos, GRS 2, S. 155 f. 158 Quelle: Boos, UB Worms II, Nr. 607 S. 392– 396 (Ausf.: StadtA Wo Abt. 1 A I Nr. 195; Aktenmaterial: ebda. 1 B Nr. 1918); Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 46 f.; Kohler/Koehne, Wormser Recht, S. 133 f. (spricht im Gegensatz zu Boos von einer damit einhergehenden »bedeutenden« Einschränkung); ausführliche, für die Stadt eher günstige Einschätzung: Boos, GRS 2, S. 157–159; Das Bistum Worms, S. 110 f. 159 Boos, UB Worms II, Nr. 608– 611 S. 396 – 398. 160 Boos, GRS 2, S. 211– 234. 161 Boos, UB Worms II, Nr. 738 S. 475 f.; allg. zu innerstädtischen Konflikten: Ehbrecht, Konsens und Konflikt; Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 190 ff.; zum Folgenden: Todt, Kleruskritik. 162 Boos, GRS 2, S. 218– 220; Battenberg, Gerichtsbarkeit S. 48 f.; Das Bistum Worms, S. 114 f.; Quellen: Boos, UB Worms II, S. 559– 589; Arnold, Zorn, Wormser Chronik, S. 149 f.; die Kirschgartener Chronik (Boos, Monumenta, S. 73 f.) beschreibt den Sachverhalt sehr verkürzt. Zum Aktenmaterial siehe unten Anm. 176. 163 Zum Rahmen der Außenbeziehungen vgl. den Beitrag von B. Kreutz (S. 186 f.). 164 Boos, UB Worms II, Nr. 856 S. 559 f. 165 Edition: Boos, UB Worms II, Nr. 860 S. 562 f. (Treueschwur der Wormser Franziskaner gegenüber der Stadt); ebda. Nr. 862 S. 563 f. (Bürgeraufnahme der Franziskaner); ebda. Nr. 863 S. 564– 566 (Schutzund Freundschaftsvertrag der Stadt mit den Dominikanern); vgl. auch G. Bönnen/J. Kemper, Das geistliche Worms, S. 707 ff. mit der dort angegebenen Literatur. 166 Boos, UB Worms II, Nr. 862 S. 564. 167 Vgl. unten Anm. 172 (Nr. 868), Brief an die Pfarrer: Boos, GRS 2, S. 218. 168 Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 219– 221, hier S. 222 – 224 zu Manifestationen stadtbürgerlicher Frömmigkeit. 169 Breuer, Die politische Orientierung, S. 251 f. 170 Boos, UB Worms II, Nr. 873 S. 578– 581, zusammenfassend: Boos, GRS 2, S. 213 f. 171 Boos, UB Worms II, Nr. 867 S. 568– 571. 172 Boos, UB Worms II, Nr. 868 S. 571 f.; siehe zu diesem Gremium auch ebda. Nr. 981 S. 645. 173 Boos, UB Worms II, Nr. 873 S. 578– 581; Arnold, Zorn, Wormser Chronik, S. 149; ausführliche Paraphrase: Boos, GRS 2, S. 215 f. 174 Vgl. auch: Fabry, Cyriakussstift, S. 21 f.; Villinger, Studien, S. 87 f. 175 Boos, UB Worms II, Nr. 869 S. 573 f. 176 Boos, UB Worms II, Nr. 871 S. 574 f. Städtische Akten, die nun erstmals in relativer Dichte zu den Ereignissen überliefert sind, in: StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1923. 177 Boos, UB Worms II, Nr. 873 S. 578– 581; Breuer, Die politische Orientierung, S. 253. 178 Keilmann, Paulusstift, S. 116 f. 179 Boos, UB Worms II, Nr. 879 f. S. 583– 587, Zusammenfassung: Boos, GRS 2, S. 219 f., dazu auch Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 48 f. 180 Vgl. dazu den Beitrag von B. Kreutz im vorliegenden Band (S. 187). 181 Boos, UB Worms II, Nr. 976 S. 640 f. 182 Boos, UB Worms II, Nr. 982 S. 646 – 648; bfl. Bestätigung dieser Verfassungsänderung am Vorabend der nächsten Ratswahl, 10. 11. 1393: ebda. Nr. 994 S. 655 f.; Boos, GRS 2, S. 222 f.; siehe dazu Kohler/ Koehne, Wormser Recht, S. 134. 183 Vgl. vorige Anm.

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184 Boos, UB Worms II, Nr. 980 S. 644 f.; der Meister der Hausgenossen und die Zünfte kündigen ihre Siegel an. 185 Bönnen, Die jüdische Gemeinde, S. 321. 186 Boos, UB Worms II, Nr. 447 S. 304– 306; zu den Zünften: Boos, GRS 2, S. 223 f. und im folgenden zur wichtigen Quelle von 1430. 187 Boos, UB Worms II, Nr. 1061 S. 704 f.; Ankündigung des Zunftsiegels. 188 Boos, UB Worms II, Nr. 1045 S. 690 – 693 (hier auch Namensmaterial zu den Zunftmitgliedern). 189 Boos, UB Worms II, Nr. 977 S. 641– 643, zur Bewertung: Breuer, Die politische Orientierung, S. 256 f.; zur Stellung der Familie siehe auch Boos, GRS 2, S. 231 f. 190 Vgl. die bei Fuchs, Inschriften, edierten Zeugnisse dieser engen Beziehungen, vgl. etwa aus dieser Zeit Nr. 167+ bis 169+, 171+, 174+, 179+. 191 Boos, UB Worms II, Nr.1003 S. 661 f.; dazu: Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 49. 192 Boos, UB Worms II, Nr. 1046 S. 694, dazu Keilmann, Paulusstift, S. 117 (zur Rolle der Familie Bonne beim Zustandekommen der Vereinbarung). 193 Boos, GRS 2, S. 250. 194 Zum Folgenden: Das Bistum Worms, S. 122 f.; Boos, GRS 2, S. 249 ff.; Todt, Kleruskritik; ausführlicher Bericht: Arnold, Zorn, Wormser Chronik, S. 152–162; städtische Quellen: StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1923 und 1918; zu einer unedierten deutschsprachigen Chronik der Ereignisse um 1400 (StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 8) siehe Boos, Monumenta, S. XI f. 195 Vgl. vorige Fußnote; Februar 1405: Kirschgartener Chronik (Boos, Monumenta, S. 74). 196 Keilmann, Paulusstift, S. 117. 197 Boos, Monumenta, S. 243 f., hier weitere zentrale Aktenstücke und Urkunden. 198 Boos, GRS 2, S. 252 ff.; Schreiben des Bischofs an die Weinleutezunft vom 5. 8. 1406: Boos, Monumenta, S. 244 f. 199 Moritz, Abhandlung, Bd. 2, S. 422 f. 200 Boos, Monumenta, S. 271 mit Belegen. 201 Boos, Monumenta, S. 271 ff.; Boos, Monumenta, S. 268 f.; zu den Konflikten siehe S. 233 f. 202 Boos, Monumenta, S. 260 – 267 (StadtA Wo Abt. 1 A I Nr. 345; Regest: Schwan, Wormser Urkunden Nr. 84 S. 25); dazu: Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 50 f.; Boos, GRS 2, S. 260 – 267 (Akten: StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1918). 203 Vgl. zu diesem und anderen Versammlungsorten vgl. S. 233; vgl. zur Lage Anm. 236. 204 Boos, Monumenta, S. 275 Anm.; zur Frage des Glockengebrauchs siehe Bönnen, Dom und Stadt, v. a. S. 39 ff. und Bönnen, Zwischen Kirche und Stadtgemeinde, S. 169 f. 205 Boos, Monumenta, S. 260– 266 (hier S. 264, Punkt XXI, angestrebt wird eine Übereinkunft zwischen Stadt und Bischof). 206 Mainz. Die Geschichte der Stadt, S. 182 f. 207 Voltmer, Reichsstadt und Herrschaft, S. 273 ff., S. 279 f.; älterer Überblick zur Rats- und Gerichtsverfassung des 15. Jahrhunderts in Worms bei Boos, GRS 2, S. 329 – 379: 1426/27, Ratsbesetzung: S. 336 – 339; allgemein zu obrigkeitlichen Tendenzen: Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 131 ff.; vgl. auch Anm. 37. 208 Liste in: Boos, Monumenta, S. 659 ff. 209 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 23: dazu: Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 56; Boos, Monumenta, S. XXXIIIf. (hier auch eine Teiledition, S. 309 – 347). 210 Boos, Monumenta, S. 338– 346, Übersicht über die edierten Eide, Weistümer und Verordnungen: ebda. S. 656. 211 Bönnen, Die jüdische Gemeinde, S. 321 f.; archivalische Quellen in: StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 2035 (Zinspflicht der Judenschaft, 15. Jh.). 212 Boos, GRS 3, S. 283 nach: Arnold, Zorn, Wormser Chronik. 213 Boos, Monumenta, S. 642 – 644. 214 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 2011; vgl. dazu den Überblick über die geistlichen und karitativen Institutionen der Stadt im Beitrag von G. Bönnen u. J. Kemper, S. 691–734. 215 StadtA Wo Abt. 1 A I Nr. 368 – 369. 216 1402: Boos, Monumenta, S. 641 f. (mit Standorten der Fleischverkaufsstände); bischöflicher Zoll von 1401: ebda. S. 642 f.; Ratsverordnung über die Ausfuhr von Früchten, S. 640 f.; Weinungeld 1396, S. 639, um 1400 Ordnung des Fährwesens am Rhein (wichtig für Fragen der Verkehrsgeschichte,

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S. 649– 651); vgl. hier auch Quellen zur Münzgeschichte; Quelle: StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 23 fol. 81, 93, 98, 99, 92 f., 94, 82, 80, 78 (chronologisch). Boos, Monumenta, S. 330 – 333., zum Folgenden auch Bönnen, Dom und Stadt, S. 48 f.; die Zusammenfassung der Ereignisse bei Boos, GRS 2, S. 340 ff. ist nicht in allen Punkten korrekt. Boos, Monumenta, S. 183. Poeck, Rituale, S. 36 – 40, Berichte zum Hergang der Ratswahl: Boos, GRS 2, S. 352 f. 1425 März 7 (StadtA Wo Abt. 1 A I Nr. 386; Urkundenausstellung in dem burgerhoffe zu Wormsz in der understen stoben daselbst); 1441 Oktober 10 (ebda., 1 A I Nr. 419; Verhandlung einer Rechtssache uff dem burgerhove zu Wormsz und in der radstoben do selbis in versamenunge der ersamen wisen lude der burgermeister und des rates zu Wormß). Vgl. zu dieser mit weiterer Lit. Bönnen, Dom und Stadt, S. 35 f. Boos, Monumenta, S. 347. Treueschwur des Rates: Schannat, Historia 2, S. 237; siehe dazu Boos, GRS 2, S. 347 f. StadtA Wo, Abt. 1 A I Nr. 410. Boos, GRS 2, S. 350; Schannat, Historia 2, S. 439. Quelle: Boos, Monumenta, S. 301– 305 (Zunftzwang: S. 304 Punkt XXII); Boos, GRS 2, S. 342 – 348; Einigung mit dem Bischof: S. 339 f.; abwegig: Poeck, Rituale, S. 38. StadtA Wo Abt. 1 A I Nr. 395; dazu: Boos, GRS 2, S. 345 – 347. Schannat, Historia 2, S. 236 f. Boos, Monumenta, S. 305; Siegel von 17 Zünften an Urkunde: LA Sp F 7 Nr. 2288/93 (Gatterer-Apparat) vom 30. 7. 1509 (Foto: Landesarchiv Speyer. Der Gatterer-Apparat, Tafel XVII). Zur städtischen Führungsschicht in Mainz während des 15. Jahrhunderts: Wolfgang Dobras, Münzerhausgenossen und andere Geschlechter. Bemerkungen zur Mainzer Oberschicht in den Bürgerkämpfen des 15. Jahrhunderts, in: Mainzer Zeitschrift 94/95, 1999/2000, S. 95 –109. Boos, Monumenta, S. 309 f. (Eidbuch); Boos, GRS 2, S. 351 f. Boos, Monumenta, S. 637 (Herabsetzung der Kosten für die Abnahme der Jahresrechung, gemeinsam von altem und neuem Rat verordnet). Die Quelle gibt weitere Hinweise auf die Arbeitsweise des Rates. Bönnen, Dom und Stadt, S. 42– 45 (auch mit weiterer allg. Lit. zum Thema). Siehe dazu und zum Folgenden oben S. 257 f. Voltmer, Reichsstadt und Herrschaft, S. 196 ff.; zu der Thematik vgl.: Geschlechtergesellschaften, ZunftTrinkstuben und Bruderschaften in spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Städten, hg. v. Gerhard Fouquet, Ostfildern 2003 (Stadt in der Geschichte 30). 1447: StadtA Wo Abt. 1 A I Nr. 437. Zur Lage des Hauses zum Sperberzagel (im heutigen Bereich Römerstraße/Am Herrnkeller): Gensicke, Stadtbeschreibung, S. 59 Anm. 71; Belege bei Boos, Monumenta, S. 315 (1426), S. 329 (1427); S. 637 (1440; Ort der Rechnungslegung durch Vertreter der Gemeinde); S. 598 und 601 (1483); 1430: S. 301; Belege für das Haus »Zur goldenen Krone« bei Schwan, Wormser Urkunden, S. 276. Voltmer, Reichsstadt und Herrschaft, S. 273 f. Boos, GRS 2, S. 273 – 281; zur quellenmäßigen Überlieferung der Ereignisse zu Beginn des 15. Jahrhunderts vgl. Boos, Monumenta, S. XIf. (Verweis auf Chronikauszüge der Zeit kurz nach 1400, die er in seiner stadtgeschichtlichen Darstellung paraphrasiert hat). Das Bistum Worms, S. 128 f.; Quellen zum Folgenden: Boos, Monumenta, S. 270 – 277. Boos, GRS 2, S. 314, vgl. S. 308 – 310 zu den Streitigkeiten; zum Einritt siehe ebda. S. 310– 319; Einigung vom August 1411: Boos, Monumenta, S. 278 f. Zusammenfassend: Das Bistum Worms, S. 132 f.; Heimpel, Wormser Inquisitionen (zu Wyrach: S. 16 ff.); Todt, Kleruskritik. Mit weiterer Lit.: Ziwes, Studien, S. 258 – 263 (sehr wichtige Beobachtungen auch für das herrschaftlichpolitische Umfeld); Eckhardt, Bechtheimer Dorfordnung, v. a. S. 56 ff.; Das Bistum Worms, S. 137; Boos, GRS 2, S. 435 – 441; Franz, Neue Akten. Vgl. Urkunden in: StadtA Wo Abt. 1 A I; Akten: Abt. 1 B Nr. 1655 –1656; Nr. 1667–1668. Bönnen, Stadttopographie, S. 34 f. Das Bistum Worms, S. 138 ff. Zum Folgenden siehe Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 51 f. Boos, Monumenta, S. 593 FN (StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 23 fol. 116). Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 60 f.

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249 Boos, Monumenta, S. 604: Gebot der Nichteinmischung in Konflikte der kirchlichen Seite in einem möglichen Streit um das Hochstift; zusammenfassend zum Geschehen: Mainz. Die Geschichte der Stadt, S. 205 ff.; zuletzt (2000): Gutenberg. aventur und kunst, S. 100 –111; vgl. auch Boos, GRS 2, S. 496 ff. 250 Boos, Monumenta, S. 644 – 648. 251 Boos, Monumenta, S. 638 f., S. 648 f. 252 Wolf, Beginen, S. 70 f.; Quelle: StadtA Wo Abt. 1 A I Nr. 510; zum Folgenden Wolf, Beginen, S. 90 f.; dazu auch Boos, GRS 3, S. 89 f. und S. 151; vgl. zum Konvent oben S. 713 f. 253 Boos, Monumenta, S. 88 (Kirschgartener Chronik); dazu Boos, GRS 2, S. 492 f., Das Bistum Worms, S. 140; Villinger, Beiträge, S. 93 f.; 254 Grundlegend: Kemper, Klosterreform; Kemper, Reformversuch (mit Regesten zur Reform von Kloster Nonnenmünster ab 1446/47); siehe auch oben S. 714–721 und Das Bistum Worms, S. 134 ff. 255 Zu Johann von Dalberg: Das Bistum Worms, S. 143–154; Morneweg, Johann von Dalberg; Keilmann, Pfründenmarkt; Familie: Breuer, Zur politischen Orientierung, S. 380– 386; Boos, Zur politischen Lage; Walter, Johannes von Dalberg (und weitere Beiträge in: 1495 – Kaiser, Reich, Reformen); Quellen: Dalberger Urkunden (bearb. v. F. Battenberg); Schaab, Diözese Worms, S. 214 ff.; Reuter, Dalberg in Worms und Herrnsheim; vgl. den Sammelband »Der Wormser Bischof Johann von Dalberg« hg. von G. Bönnen u. B. Keilmann (2005) mit Beiträgen zum Bistum, zur Klosterpolitik, dem Verhältnis zur Stadt, zu Dalberg als Humanist, zu Inschriften in der Dalberg-Zeit sowie zur Kunstgeschichte der Zeit um 1500. 256 Zu seiner Biographie mit vielen Bezügen zur Geschichte des Heidelberger Hofes und des Wormser Stiftsklerus: Veit Probst, Petrus Antonius de Clapis (ca. 1440–1512). Ein italienischer Humanist im Dienste Friedrich des Siegreichen von der Pfalz, Paderborn u. a. 1989 (Veröffentlichungen des Historischen Instituts der Universität Mannheim 10). 257 Schwan, Wormser Urkunden, S. 222 Nr. 769; S. 239 Nr. 825. 258 Zum Folgenden die Edition von Boos, Monumenta, S. 585– 617 (Einritt des Bischofs); StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1934. 259 Isenmann, Reichsstadt und Reich, S. 22 – 24, S. 190 ff.; zu den Konflikten ab 1482/83 zuletzt Todt, Kleruskritik. 260 Zuletzt ausführlich: Klaus Schreiner, Wahl, Amtsantritt und Amtsenthebung von Bischöfen, in: Vormoderne politische Verfahren, hg. v. Barbara Stollberg-Rilinger, Berlin 2001, S. 73–117, zu Dalberg S. 105–109. 261 Erwähnung eines Wormser »Rechtsbuches«: Boos, Monumenta, S. 599. 262 Boos, Monumenta, S. 412. 263 Quellengrundlage für das im Folgenden zusammengefasste Geschehen der Jahre 1487–1499: Boos, Monumenta, S. 544– 569 (1487–1493) und S. 373– 442 (1493–1499: »Tagebuch« des Reinhart Noltz – dazu Anm. 297 – mit paralleler Edition von Auszügen aus den »Acta Wormatiensia«); Überblick über die Ereignisgeschichte: Boos, GRS 4, S. 14 ff.; zusammenfassende Einschätzung: Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 51 ff.; wichtige archivalische Quellen für die Zeit um 1500 neben Acta und Noltz: StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 472: Beschwerden gegen auf Güter gelegte Schatzungen (ab 1449); 1 B Nr. 1755: Jurisdiktionsstreitigkeiten mit dem Bischof ab dem 14. Jh.; 1 B Nr. 1921: königliche Mandate, Briefe etc. ab 1404; 1 B Nr. 1923: Korrespondenz und Aktenstücke zum Streit mit dem Klerus; 1 B Nr. 1934: Prozessakten im Streit der Stadt mit Bischof Johann von Dalberg ab 1482; 1 B Nr. 1935: u. a. Auszug des Klerus 1499; 1 B Nr. 1937 Konflikte um die Rats- und Gerichtsbesetzung ab 1500; 1 B Nr. 1959: Streitigkeiten zwischen Klerikern und Stadt (ab 1429). 264 Bönnen, Die jüdische Gemeinde, S. 330 f. mit weiterer Lit.; vgl. auch Mentgen, propheten und schrifft disputirt. 265 Vgl. oben Anm. 18 und S. 250 f. mit Anm. 299; zu Adam von Schwechenheim: Reuter, Worms als Reichstagsstadt, S. 125. 266 Boos, Monumenta, S. 552. 267 Vgl. unten Anm. 270 und 272. 268 Fuchs, Inschriften, S. 265 Nr. 378+ (1507); S. 262 Nr. 371+ (1504). 269 Boos, Monumenta, S. 564, 565 f., 569. 270 Boos, Monumenta, S. 564; dazu ausführlich: Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 52. 271 Boos, Monumenta, S. 564 f.; Schwan, Wormser Urkunden, Nr. 833 S. 241 (jeweils mit weiteren Belegen für seine Tätigkeit).

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272 StadtA Wo Abt. 1 A I Nr. 593. Die Urkunde wurde als eine der letzten (erhaltenen) Urkunden mit dem mittelalterlichen Stadtsiegel beglaubigt (Boos, Monumenta, S. 429 f.; 1495 – Kaiser, Reich, Reformen, S. 294); zu den verfassungsrechtlichen Hintergründen der Vorgänge von 1491 vgl. Schulz, Ministerialität, S. 210 – 212; Boos, GRS 4, S. 27– 29; zum Folgenden im Überblick mit weiterer Lit.: Bönnen, Stadtmythen; zur Topografie des Bezirks um die »Münze« siehe Reuter, Hamman, S. 60 f. 273 Grundlegend und mit der Nennung der Lit.: Fuchs, Inschriften, S. 234 – 236 Nr. 333+; Fuchs, Sacri Romani, bes. S. 190–192; vgl. auch Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 44 f.; aus der älteren Lit.: Giesen, Malereien; Boos, GRS 2, S. 379. Zur Münze vgl. mit Beschreibung der Hammanschen Zeichnung: Reuter, Hamman, S. 60 f. Nr. 4; zur Rezeption von Elementen der Nibelungensage vgl. den Beitrag von Otfrid Ehrismann, S. 835 f. mit weiteren Details. 274 Fuchs, Inschriften, Nr. 316 S. 218 ff. Nr. 370 S. 261; Hotz, Dom, S. 131–143; zum politisch-kirchlichen Hintergrund siehe Das Bistum Worms, S. 151 f. mit weiterer Lit.; zur kunstgeschichtlichen Seite vgl. O. Böcher/I. Spille, S. 761 f.; zu Dalberg als Humanist vgl. Walter, Johannes von Dalberg. 275 Schmidt, Gedruckte Erlasse. 276 Zusammenfassend und mit weiterer Lit.: Bönnen, Stadtmythen. 277 Zum neuen Siegel: Boos, Monumenta, S. XLVIf. (Tafel I Nr. 4; zum Zeitpunkt der Einführung: Boos, Monumenta, S. 510); 1495 – Kaiser, Reich, Reformen, S. 296 f. (Katalog der Ausstellung in Worms 1995); vgl. zum Stadtsiegel auch Kranzbühler, Worms und die Heldensage, hier auch ausführlich zu Wappen und Stadtbanner, vgl. v. a. S. 112 ff. 278 Boos, Monumenta, S. 431 f., 450; Boos, GRS 3, S. 341; Bönnen, Stadtmythen, S. 26. 279 Boos, Monumenta, S. 382 Anm., zur Topografie des Dombezirks: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 117 ff.; Reuter, Hamman, v. a. S. 90– 93. 280 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1796 (fol. 35– 66 Kellerei Worms; hier u. a.: Markt- und Hauszinse, Vergleichstabellen mit Münzwerten, Zölle etc.). 281 Zum Folgenden ausführlich und mit der gesamten Lit. Schenk, Zähmung; Gerrit Schenk, Zeremoniell und Politik. Herrschereinzüge im spätmittelalterlichen Reich, Köln/Weimar/Wien 2002 (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte 21), v. a. S. 145 f.; zum Huldigungseid der Stadt gegenüber Bischof und König auch Isenmann, Reichsstadt und Reich, S. 190 –194. 282 Boos, Monumenta, S. 564– 566 FN; 1495 – Kaiser, Reich, Reformen, S. 294; StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 34. 283 Ausführlich: Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 69–75 (mit älterer Lit.); Köbler, Reformation; Boos, Monumenta, S. 426 f.; 1495 – Kaiser, Reich, Reformen, S. 297 f.; vgl. im StadtA Wo die Ausgaben von 1499 (Abt. 1 B Nr. 35) und 1509 mit kolorierten Holzschnitten (Nr. 35a). 284 Boos, Monumenta, S. 425. 285 Boos, Monumenta, S. 422 f. 286 Boos, Monumenta, S. 437 FN. 287 Abdruck des Einblattdrucks: Schmidt, Gedruckte Erlasse (Vorlage: StadtA Wo Abt. 1 A II Nr. 80). Der Zusammenhang dieser Maßnahme mit den Ereignissen in der Stadt müßte noch einmal genauer untersucht werden. 288 Boos, Monumenta, S. 426/439 (Vorlage: StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1922). 289 Zum Folgenden die Quellen in: Boos, Monumenta, S. 439 – 442; Keilmann, Pfründenmarkt; zu den Folgen für die Bettelorden: Springer, Dominikaner, S. 156 f.; vgl. vor dem Hintergrund der späteren reformatorischen Bewegung: Todt, Kleruskritik. 290 Boos, Monumenta, S. 441 f. (auch zum Folgenden). 291 Springer, Dominikaner, S. 154 ff. (namhafte Ratsmitglieder als Pfleger vor 1505; Grabstätte für Bürgermeister-Familien: S. 155 Anm. 11; Anleihen 1482, 1488). 292 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1911 (Pflegery der clöster und begynenhüser, spytal und andere geistliche stende inn der stadt; Teiledition: Liebfrauen Worms 1298 –1998, S. 511 f.). 293 Vgl. oben S. 257 f. 294 Zitat aus der hervorragenden Gesamtdarstellung von Andrea Löther, Prozessionen in spätmittelalterlichen Städten. Politische Partizipation, obrigkeitliche Inszenierung, städtische Einheit, Köln/Weimar/ Wien 1999 (Norm und Struktur 12). 295 Keilmann, Mittelalterliche Lateinschulen, S. 39– 43. 296 Dies betont zu Recht auch Keilmann, Pfründenmarkt, S. 120 f.

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297 Die folgende Zusammenfassung nach: Eisermann, Art. in: Verfasserlexikon (2003); vgl. daneben Reuter, Worms als Reichstagsstadt (1995); Schulz, Ministerialität, S. 211 f.; zur unbefriedigenden Überlieferung Boos, Monumenta, S. XL–XLII; zuletzt zu der Quelle: Schleeh, Selbstverständnis. 298 Wie vorige Anm. 299 Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 51; StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 11–14 (1487–1501, 1513 Sept.–Dez.); zu Charakterisierung und Überlieferung: Boos, Monumenta, S. XXXV–XL; Bönnen, Stadtmythen, S. 24 f. 300 Bönnen, Stadtmythen, S. 18 f., Kock, Bibliothek; Kock, Codices; Müller, Bistumsgeschichtsschreibung, S. 31. 301 Boos, Monumenta, S. XXXIV f.; S. 349 – 370. 302 Edition: v. Weech, Synodale; Auswertung: Eberhardt, Diözese (S. 14– 53: Die kirchlichen Verhältnisse in der Stadt Worms); Das Bistum Worms, S. 151–153; zu den Erhebungslisten (Originale im Stadtarchiv Frankfurt/M.): 1495 – Kaiser, Reich, Reformen, S. 335. 303 Arnold, Zorn, Wormser Chronik, für die Jahre 1495 bis ca. 1520 vgl. S. 200– 261. 304 Vgl. die Zusammenstellung einschlägiger Archivbestände oben Anm. 263; siehe: Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 53 ff. 305 Reuter, Worms als Reichstagsstadt, v. a. S. 127–129; Reuter, Worms um 1521, hier v. a. S. 21– 31; Reuter, Hamman; Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten. 306 Vgl. als Überblick oben S. 198–200. 307 Zur Bevölkerungszahl: Reuter, Worms um 1521, S. 32 f.; Reuter, Worms als Reichstagsstadt, S. 128; Geistlichkeit: Eberhardt, Diözese, S. 51. 308 Diskussion der Forschungsmeinungen bei Heinig, Reichsstädte, S. 25 f. 309 Boos, GRS 3, S. 42 f. 310 Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde, v. a. S. 53– 60; Bönnen, Die jüdische Gemeinde; vgl. oben S. 671 ff. mit Karte 16, S. 682. 311 Quellen: Bönnen, Die jüdische Gemeinde, S. 333– 338. 312 Boos, Monumenta, S. 507, Bönnen, Die jüdische Gemeinde, S. 330 Anm. 61; Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde, S. 51 f.; vgl. auch den Beitrag von F. Reuter zum jüdischen Worms, S. 664– 690. 313 1495 – Kaiser, Reich, Reformen (1995, Aufsätze und Katalogteil, zu Worms als Reichstagsstadt vgl. dort den Beitrag von F. Reuter, daraus im Folgenden zur Organisation vor Ort); zur epochalen Bedeutung des Wormser Reichstags zuletzt: Göbel, Reichstag; Thiel, Reichstag; zentrale gedruckte Quelle sind die Reichstagsakten (Deutsche Reichstagsakten unter Maximilian I., Bd. 5: Reichstag von Worms 1495, bearb. v. Heinz Angermeier, Göttingen 1981 (Deutsche Reichstagsakten, Mittlere Reihe); aus städtischer Sicht vgl. Boos, Monumenta, S. 388– 399. 314 H. Seibert, Art. »Worms, Reichstage und Synoden«, in: LexMA 9, Sp. 334– 336. 315 Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 64– 68. 316 Zur »Reisediplomatie« vgl. Reuter, Worms als Reichstagsstadt, S. 125 –127. 317 Vgl. die Einschätzung von Reuter, Worms um 1521, S. 34 – 39. 318 Boos, Monumenta, S. 547 FN. 319 Boos, Monumenta, S. 647 FN; Quelle: StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1946. 320 Früher datiert nur ein 1495 erschienener Einblattdruck aus Worms, siehe Köbler, Reformation, S. XXII. 321 Zur Vorgeschichte seit 1505: Boos, Monumenta, S. 437 FN 2 ; Benzing, Peter Schöffer d. J., v. a. S. 478 f.; Roth, Buchdruckereien, S. 27 ff.; Reuter, Worms um 1521, S. 38; zuletzt: Todt, Kleruskritik; zum Mainzer Hintergrund siehe: Gutenberg – aventur und kunst (2000). Siehe auch den folgenden Beitrag von Frank Konersmann, S. 262 ff. 322 Zur schwierigen Lage des Stiftsklerus um 1500: Keilmann, Pfründenmarkt; Eberhardt, Diözese, S. 14 ff. (hier auch die im Folgenden genannten Zahlen); siehe auch: Das Bistum Worms, S. 154–159 und für St. Paulus: Keilmann, Paulusstift. 323 Vgl. oben S. 718 –721; Lit.: Kock, Bibliothek; Kock, Zur Produktion; Kock, Buchkultur; Kock, Codices. 324 Edition: v. Weech, Synodale; Auswertung: Eberhardt, Diözese; siehe auch vorige Anm.; siehe oben S. 704 f. 325 Zu ihnen siehe Wolf, Beginen. 326 Zum Folgenden ausführlich: Bönnen, Gründung Liebfrauenstift, S. 31 ff.; zur Bau- und Kunstgeschichte vgl. Spille, Ausstattung; Glatz, Wormser Liebfrauenkirche; Liste der Baumeister: Liebfrauen Worms 1298 –1998, S. 264 f.; vgl. oben S. 702–704. 327 Fuchs, Inschriften, S. 180 f. Nr. 259.

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Kranzbühler, Worms und die Heldensage, S. 145 f. StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1849 und 1852 (in Auszügen ediert von Bender, Liebfrauenkirche, S. 59 und 62). Bender, Liebfrauenkirche, S. 59 Anm. 10. Vgl. zum Selbstverständnis der spätmittelalterlichen Stadt als christlichem Gemeinwesen und dem des Rates als christlicher Obrigkeit allg.: Isenmann, Die deutsche Stadt im späten Mittelalter, S. 210 – 213. Boos, Monumenta, S. 204 f. Boos, Monumenta, S. 392 f. Boos, Monumenta, S. 504 (zu 1505); allgemein: Löther, Prozessionen (wie Anm. 294). Boos, Monnumenta, S. 440. Boos, Monumenta, S. 513. Boos, Monumenta, S. 504, siehe dazu oben S. 724. Dazu – auch vor dem Hintergrund der Frage nach dem Antiklerikalismus – Todt, Kleruskritik. Das Bistum Worms, S. 157; unedierte Quellen dazu in: StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1919. Das Bistum Worms, S. 157; siehe StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1922, 1 (Druck Entscheidt vnd vertrege zwischenn der pfaffheidt und gemeyner statt Wormbs des weyn schenckens vnd anderer stuckhalber); dazu im Einzelnen Boos, GRS 4, S. 110. Taktieren der Stadt gegen den Bischof: Das Bistum Worms, S. 154 mit weiterer Lit.; die archivalischen Quellen zu den Konflikten von Stadt und Bischof in: StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1925 (Korrespondenz 1501–1502) bis Nr. 1948 (Rachtung von 1526). Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 54. Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 55; Hüttmann, Untersuchungen S. 121 ff.; Gensicke, Tischdienstordnung; Boos, GRS 4, S. 121 ff.; Springer, Dominikaner, S. 157; zuletzt, v. a. zu den Folgen der Fastnachtsereignisse 1514: Todt, Kleruskritik; Quellen: Arnold, Zorn, Wormser Chronik, S. 216 – 240; StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 14–15; zu einer tendenziösen städtischen Darstellung siehe Möncke, Spruchgedicht, S. 30. Boos, Franz von Sickingen; Scholzen, Franz von Sickingen, S. 55 – 63; Todt, Kleruskritik; Quellen u. a.: StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 16–17 (Druck 1515; Briefe und Konzepte ab 1515). Druck: Schannat, Historia 2, S. 316– 343; Hüttmann, Untersuchungen, S. 30 f.; Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 56; Reuter, Worms um 1521, S. 18 f.; 1495 – Kaiser, Reich, Reformen, S. 298– 300; Becker, Beiträge, S. 31 f.; Boos, GRS 4, S. 147 f.; Akten in: StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1919 (auch zur Rachtung von 1526). Zu den vorangegangenen Konflikten siehe Boos, Monumenta S. XLIIf., S. 621– 629. Bönnen, Dom und Stadt, S. 45 ff. Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 57 mit Anm. 144; Reuter, Worms um 1521, S. 20 f.; StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1110. Das Bistum Worms, S. 159. Das Bistum Worms, S. 162 ff.; Keilmann, Reichskirchliche Ambition. Reuter, Worms um 1521 (hier v. a. S. 39– 53: Der Reichstag im Stadtgeschehen; siehe dazu weitere Beiträge in dem Sammelband). Vgl. dazu den folgenden Abschnitt von Frank Konersmann.

Kirchenregiment, reformatorische Bewegung und Konfessionsbildung in der Bischofsund Reichsstadt Worms (1480 –1619) 1 Vgl. Bernd Moeller, Deutschland im Zeitalter der Reformation, Göttingen 2 1981; Martin Heckel, Deutschland im konfessionellen Zeitalter, Göttingen 1983; Harm Klueting, Das konfessionelle Zeitalter 1525– 1648, Stuttgart 1989; Heinrich Richard Schmidt, Konfessionalisierung im 16. Jahrhundert, München 1992; Stefan Ehrenpreis/Ute Lotz-Heumann, Reformation und konfessionelles Zeitalter, Darmstadt 2002. 2 Zudem sind manche Informationen unzutreffend: So sollen der Wormser Stadtrat in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die württembergische Ordnung eingeführt und der Bischof von Worms 1557 ein Jesuitenkolleg eingesetzt haben, vgl. Schmidt, Konfessionalisierung (wie vorige Anm.) S. 20, 28. Eine Korrektur dieser Angaben erfolgt an geeigneter Stelle in diesem Beitrag. 3 Bernd Moeller, Reichsstadt und Reformation, Berlin 1987, S. 50, 58. Die Einschätzung Moellers beruht wahrscheinlich auf der älteren Monografie von A. Weckerling über Leonhart Brunner, die er im Literaturverzeichnis angibt.

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4 Vgl. Klaus Gerteis, Die deutschen Städte in der Frühen Neuzeit. Zur Vorgeschichte der »bürgerlichen Welt«, Darmstadt 1986, und Heinz Schilling, Die Stadt in der Frühen Neuzeit, München 22004. 5 Reuter, Vorwort, in: Kammer, Anfänge (1983), S. 2; Kammer, Anfänge (2001), S. 219. 6 Reuter und Kammer beziehen sich vor allem auf Becker, Beiträge, S. 33 – 61; Haupt, Beiträge, S. 7– 31 und Boos, GRS 4, S. 205 – 319. 7 Kammer, Anfänge (2001), S. 220. 8 Vgl. Hans-Jürgen Goertz, Eine »bewegte« Epoche. Zur Heterogenität reformatorischer Bewegungen, in: Wegscheiden der Reformation. Alternatives Denken vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, hg. v. Günter Vogler, Weimar 1994, S. 23–56; Heinz Schilling, Alternative Konzepte der Reformation und Zwang zur lutherischen Identität. Möglichkeiten und Grenzen religiöser und gesellschaftlicher Differenzierung zu Beginn der Neuzeit, in: ebd., S. 277–308; Ehrenpreis/Lotz-Heumann, Reformation (wie Anm. 1), S. 17–52. 9 Keilmann, Pfründenmarkt, S. 98 f. 10 Vgl. Arnold Angenendt, Grundformen der Frömmigkeit im Mittelalter, München 2003 (Enzyklopädie deutscher Geschichte 68), S. 18, 65 f. 11 Vgl. Haupt, Beiträge, S. 10 ff. 12 Vgl. Bernd Moeller, Die frühe Reformation als Kommunikationsprozeß, in: Kirche und Gesellschaft im Heiligen Römischen Reich des 15. und 16. Jahrhunderts, hg. v. Hartmut Boockmann, Göttingen 1994, S. 148–164; Die frühe Reformation in Deutschland als Umbruch, hg. v. Bernd Moeller u. Stephen Buckwalter, Gütersloh 1998 (Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte 199). 13 Ich verweise auf die relativ neue Studie von Thomas Hohenberger, Lutherische Rechtfertigungslehre in den reformatorischen Flugschriften der Jahre 1521–1522, Tübingen 1996; Ehrenpreis/Lotz-Heumann, Reformation (wie Anm. 1), S. 89 – 92. 14 Vgl. Todt, »Auch wünschen die Wormser …« (2004); siehe auch künftig ihre Dissertation zum Thema (Kleruskritik, Frömmigkeit und Kommunikation in Worms im Mittelalter und in der Reformation, Stuttgart 2005). 15 Vgl. Sofsky, Verfassungsrechtliche Lage, S. 11– 22 und Das Bistum Worms, S. 88 –112, 138 –153. 16 Der Ansatz der Konfessionsbildung geht auf einen 1956 erstmalig erschienen Aufsatz von Ernst Walter Zeeden zurück: Grundlagen und Wege der Konfessionsbildung in Deutschland im Zeitalter der Glaubenskämpfe, in: Konfessionsbildung. Studien zur Reformation, Gegenreformation und katholischen Reform, hg. v. Ernst Walter Zeeden, Stuttgart 1985, S. 67–112. Der Ansatz der Konfessionalisierung wurde von Wolfgang Reinhard und Heinz Schilling unabhängig voneinander zu Beginn der 1980er Jahre entwickelt: Heinz Schilling, Konfessionalisierung und gesellschaftlicher Umbruch, in: Luther, die Reformation und die Deutschen, hg. v. Siegfried Quandt, Paderborn 1982, S. 35 – 51 und Wolfgang Reinhard, Zwang zur Konfessionalisierung?, in: Zeitschrift für historische Forschung 10, 1983, S. 257– 277. 17 Vgl. Ammerich, Formen und Wege, S. 291– 327; Werner-Ulrich Deetjen, Der Konfessionswechsel im Herzogtum Zweibrücken, in: Die reformierte Konfessionalisierung in Deutschland. Das Problem der Zweiten Reformation, hg. v. Heinz Schilling, Gütersloh 1986, S. 89 –103 (darin auch: Volker Press, Die »Zweite Reformation« in der Pfalz, S. 105 –129; Forster, Die katholische Reform, S. 259 – 281; Schmidt, Das Kurerzstift Mainz, S. 115 –140); Meinrad Schaab, Obrigkeitlicher Calvinismus und Genfer Gemeindemodell. Die Kurpfalz als frühestes reformiertes Territorium im Reich und ihre Einwirkung auf Pfalz-Zweibrücken, in: Territorialstaat und Calvinismus, hg. v. Meinrad Schaab, Stuttgart 1993 (Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde B 127), S. 34 – 86; Frank Konersmann, Kirchenregiment und Kirchenzucht im frühneuzeitlichen Kleinstaat. Studien zu den herrschaftlichen und gesellschaftlichen Grundlagen des Kirchenregiments der Herzöge von Pfalz-Zweibrücken 1410 –1793, Speyer 1996; Warmbrunn, Die katholische Kirche, S. 291– 315. 18 Auf diesen Aspekt hat Heinrich Richard Schmidt erstmals aufmerksam gemacht, vgl. Schmidt, Konfessionalisierung (wie Anm. 1), S. 1, 114, 119 und Heinrich Richard Schmidt, Sozialdisziplinierung? Ein Plädoyer für das Ende des Etatismus in der Konfessionalisierungsforschung, in: Historische Zeitschrift 265, 1997, S. 639– 682. Immerhin hat bereits Ernst Walter Zeeden – wenn auch sehr allgemein – die Beachtung der »eigentlichen Träger« der Konfessionsbildung als Desiderat beschrieben, vgl. Zeeden, Grundlagen (wie Anm. 16), S. 111. 19 Zeeden, Grundlagen (wie Anm. 16), S. 69. 20 Wie vorige Anm., S. 80. 21 Vgl. Heinz Schilling, Die konfessionelle Stadt – eine Problemskizze, in: Historische Anstöße. Festschrift für Wolfgang Reinhard zum 65. Geburtstag, hg. v. Peter Burschel u. a., Berlin 2002, S. 60– 83.

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Vgl. HStAD Best. C 1 B Nr. 136, fol. 85v, 138v und 207– 209. Vgl. Becker, Beiträge, S. 127–151; Das Bistum Worms, S. 191 f. HStAD Best. C 1 B Nr. 132–136. HStAD Best. C 1 B Nr. 131. Vgl. Schwan/Franz, Die Protokolle, S. 35 –183. Memorialbuch des Domstifts im StadtA Wo Abt. 100 Nr. 1. Auf diese Akten wird gesondert in den einzelnen Abschnitten verwiesen. Diese Urkunden zu den Rechtsverhältnissen im Bistum und in der Stadt Worms befinden sich im LA Sp Best. D 11. Die Flugschriften befinden sich in der 1883 gestifteten Luther-Bibliothek in Worms (Teil der Stadtbibliothek Worms), vgl. Karl Kröhnke, Worms 1, Wissenschaftliche Stadtbibliothek, in: Handbuch der Historischen Buchbestände in Deutschland, Bd. 6, Hildesheim/Zürich/New York 1993, S. 271– 282, hier S. 275; Katalog: Johannes, Luther-Bibliothek. Von großer Bedeutung für den Zeitraum des 16. Jahrhunderts sind auch die von Rüdiger Fuchs 1991 edierten Wormser Inschriften; hinzu kommt die chronikalische Überlieferung (v. a. Arnold, Zorn, Wormser Chronik). Die Zusammenstellung der zwischen 1432 und 1619 erlassenen Gesetze beruht weitgehend auf den von Gunter Mahlerwein erfassten Policeygesetzen (vgl. unten Anm. 73) und den von Thomas Bergholtz ermittelten Kirchenordnungen. Ich danke beiden für die umstandslose Bereitstellung ihrer Gesetzessammlungen. Sie werden in den nächsten Jahren in der Reihe der Policeyrepertorien des Max PlanckInstituts für Europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt bzw. in der Reihe der evangelischen Kirchenordnungen der Forschungsstelle »Evangelische Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts« in Heidelberg veröffentlicht. Vgl. Moeller, Deutschland (wie Anm. 1), S. 115; Schmidt, Konfessionalisierung (wie Anm. 1), S. 14– 21. Vgl. Lossen, Staat und Kirche, S. 44– 64; Das Bistum Worms, S. 113–129; vgl. den Beitrag von G. Bönnen in diesem Band, v. a. S. 217 ff. Vgl. Keilmann, Reichskirchliche Ambition, S. 242 – 251; Das Bistum Worms, S. 163. Vgl. Lossen, Staat und Kirche, S. 61 f.; Das Bistum Worms, S. 129–153. Lossen, Staat und Kirche, S. 51. Vgl. Keilmann, Pfründenmarkt, S. 107 f., 109 f., 114. Vgl. Hartmann, Domherren, S. 154. Vgl. Das Bistum Worms, S. 119 f.; Keilmann, Pfründenmarkt, S. 102 f. Keilmann, Pfründenmarkt, S. 117. Vgl. den vorangehenden Abschnitt von G. Bönnen in diesem Band, S. 237 ff. Vgl. Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 75. Vgl. Heimpel, Wormser Inquisitionen; Das Bistum Worms, S. 132 f. Heimpel, Wormser Inquisitionen, S. 16. Heimpel, Wormser Inquisitionen, S. 24; Das Bistum Worms, S. 114–116. Vgl. Das Bistum Worms, S. 138, es handelt sich um ein älteres Desiderat der Forschung, vgl. Franz, Neue Akten, S. 47– 54. Vgl. Falk, Bistum Worms, S. 853 – 857. Zu verweisen ist auf den Beitrag von G. Bönnen und J. Kemper in diesem Band, in dem auf die Reformen der einzelnen Klöster eingegangen wird, vgl. oben S. 714 ff. Vgl. Das Bistum Worms, S. 134 f.; Kock, Buchkultur, S. 111–120, 290. In der Studie von Kock ist in der zweiten Auflage auch das Rechnungsbuch des Klosters Kirschgarten in einer Teiledition abgedruckt, vgl. S. 365 – 381. Vgl. den Beitrag oben, S. 714 ff. Vgl. Schaab, Kurpfalz I, S. 210 f. Vgl. Spitz, Rudolph Agricolas »Exhortatio…«, S. 5 Anm. 22; Das Bistum Worms, S. 150. Vgl. Lossen, Kirche und Staat, S. 94. Auf diesen Quellenbefund hat Keilmann, Pfründenmarkt, S. 107 Anm. 50, aufmerksam gemacht. Wie vorige Anm., S. 117; Keilmann, Liebfrauen, S. 62 f. Vgl. Falk, Ungedruckte Beiträge, S. 329; Alter, Vorgänge, S. 319. Vgl. das Kapitel von G. Bönnen zum späten Mittelalter, S. 237 ff. Vgl. Keilmann, Pfründenmarkt, S. 119. Vgl. Eberhardt, Die Diözese Worms, S. 11 f. Vgl. den Beitrag von G. Bönnen und J. Kemper in diesem Band, S. 691–734.

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Vgl. Lossen, Kirche und Staat, S. 103 f. Vgl. Das Bistum Worms, S. 148. Vgl. Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 37 f. Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 60. Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 51. Battenberg interpretiert die Aufwertung des Stadtgerichts allerdings dahingehend, dass das weltliche Gericht »als Schultheißengericht wieder in stärkere Abhängigkeit zum Bischof geraten war und deshalb von vielen auch bei Rechtsgeschäften mit Stiften und Klöstern in Anspruch genommen wurde« ebd. S. 61. Auf welche Beobachtungen er seine Einschätzung stützt, ist nicht erkennbar. Vgl. Lossen, Kirche und Staat, S. 88. Vgl. Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 59 f. Vgl. den Beitrag von F. Reuter in diesem Band, S. 666 ff. Vgl. Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde, S. 43. Vgl. Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 42. Vgl. GJ III, S. 1674. Nach Darstellung von F. Reuter und G. Bönnen sind dem Stadtrat vom Kaiser 1348 die »königlichen Rechte an den Wormser Juden übertragen worden«, sodass sie nunmehr dem »städtischen Gericht unterstanden«, vgl. Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 32 und Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde, S. 46. Die Verordnung von 1445 befindet sich im StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 23 (Eidbuch), fol. 117, die Verordnung aus dem Jahre 1505 ist erwähnt bei Boos, Monumenta, S. 507. Dieser Befund lässt sich dem künftigen »Repertorium der Policeyordnungen der Reichsstadt Worms« (Bearb. v. G. Mahlerwein) entnehmen, das voraussichtlich 2006 im Druck erscheint; vgl. das folgende Kapitel zur Stadtentwicklung des 17. und 18. Jahrhunderts von G. Mahlerwein, S. 291 ff. mit Anm. 86; vgl. als ersten Überblick: Mahlerwein, Policey. Vgl. Das Bistum Worms, S. 110. Ich verweise auf den Beitrag von G. Bönnen und J. Kemper in diesem Band. Vgl. Boos, Monumenta, S. 520; Keilmann, Pfründenmarkt, S. 95, 120; Das Bistum Worms, S. 157. Vgl. Bönnen, Liebfrauenstift, S. 31– 39. Vgl. Keilmann, Pfründenmarkt, S. 112. Vgl. Keilmann, Liebfrauen, S. 52– 61. Vgl. Bönnen, Gründung Liebfrauenstift, S. 33. Diese Interpretation legen zumindest die Ausführungen in dem Beitrag von G. Bönnen in diesem Band nahe, vgl. S. 256–258 und S. 248 mit Anm. 292. Dies belegen die Ausführungen von Daniela Wolf über die Beginenkonvente in Worms, vgl. Wolf, Beginen, S. 29– 45. Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 52. Zitiert nach Boos, Monumenta, S. 565. Zitiert nach Boos, Monumenta, S. 427. Vgl. Köbler, Reformation, S. XXIII–XXVI. Vgl. Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 69–73. Vgl. Keilmann, Pfründenmarkt, S. 120; Kammer, Anfänge (2001), S. 220. Vgl. Boos, Monumenta, S. 438 – 442; siehe dazu den Beitrag von G. Bönnen im vorliegenden Band, S. 247 ff. Vgl. Bernd Moeller, Frömmigkeit in Deutschland, in: Archiv für Reformationsgeschichte 56, 1965, S. 5 – 31. Vgl. Kock, Buchkultur, S. 367– 381. Zu verweisen ist auf den Beitrag von G. Bönnen und J. Kemper in diesem Band, S. 729 ff. Vgl. Wolf, Beginen, S. 62 – 69 und Nr. IV im Anhang. Vgl. Angenendt, Grundformen der Frömmigkeit (wie Anm. 10), S. 107–110, insbesondere S. 108 f. Vgl. Hartmann, Domherren, S. 159. Vgl. StadtA Wo Abt. 100 Nr. 1 fol. 87. Vgl. ebd., fol. 3. Vgl. ebd., fol. 10. Vgl. ebd., fol. 13.

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Vgl. ebd., fol. 27. Vgl. ebd., fol. 52. Zu den Vikaren: Keilmann, Pfründenmarkt, S. 113 –118, zu den Kanonikern S. 109 –113. Keilmann, Pfründenmarkt, S. 114. Wie vorige Anm. Vgl. Hartmann, Domherren, S. 150. Es handelt sich um jeweils einen Dekan, Kaplan, Scholaster und Prädikanten und jeweils zwei Magister und zwei Kantore. Vgl. Boos, GRS 4, S. 121–129. Wie vorige Anm.; vgl. dazu Alter, Vorgänge, S. 312 f.; Das Bistum Worms, S. 158. Alter, Vorgänge, S. 315; vgl. das vorangehende Kapitel, v. a. S. 259 f. Vgl. Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 56. Vgl. Boos, Monumenta, S. 629– 635. Zitiert nach Boos, Monumenta, S. 634. Wie vorige Anm. Vgl. Benzing, Peter Schöffer, S. 108 f. Ich verweise auf die vorsichtige Einschätzung Kammers, Anfänge (1983), S. 4. Kritisch zu dieser Vermutung äußerte sich schon Hermann Haupt (Beiträge, S. 26 Anm. 1). Vgl. Todt, »Auch wünschen die Wormser…«, S. 55 f. Ein demütige ermanung an ein gemeyne statt Wormbs von ulrich von Hutten zügeschrieben, in: Stadtbibliothek Worms, Luther-Bibliothek Nr. 505. Den lieben berüffenen unnd gläubigen kindern Gottes/ allen Christen zu Wormbs meinen lieben herren/ freünden und bruedern inn Christo, in: Stadtbibliothek Worms, Luther-Bibliothek Nr. 177. Zitiert nach Haupt, Beiträge, S. 17. Zitiert nach Haupt, Beiträge, S. 16. Wie vorige Anm., S. 17. Wie vorige Anm. Vgl. Clemen, Eine Wormser Flugschrift, S. 451. Vgl. Biblia 1534. Die Holzdruckstöcke für die Illustration der Luther-Bibel, Motivauswahl und Texte von Fritz Reuter, Worms 1972, Nr. VII. Beide Abbildungen befinden sich in der Fotoabteilung des StadtA Wo. Das Pamphlet »Caput luteranorum praedicabilium« und das Graffiti »Monstrum Saxonie« befinden sich unter der Signatur F 2420/76 (Fotoabteilung). Das Graffiti ist auf der Rückseite des Pamphlets abgebildet. Ein eindeutiger Nachweis, dass beide Abbildungen in Worms hergestellt wurden, kann allerdings nicht erbracht werden. Zum St. Andreasstift vgl. Becker, Beiträge, S. 48 ff.; Kammer, Anfänge (2001), S. 229. Vgl. Das Bistum Worms, S. 167 f. Vgl. Haupt, Beiträge, S. 14, 16, 21. Vgl. Alter, Vorgänge, S. 307, 309. Vgl. Boos, Monumenta, S. 634 Anm. 1; Hein, Täuferbewegung, S. 289 f.; Martin Rothkegel, Täufer, Spiritualist, Antitrinitarier – ein Nikodemit. Jakob Kautz als Schulmeister in Mähren, in: Mennonitische Geschichtsblätter 57, 2000, S. 51– 88, hier 51– 54. Vgl. Boos, Monumenta, S. 634. Vgl. Alter, Vorgänge, S. 324–329; zu Pfeddersheim vgl. Alter, Studien, und Alter, Pfeddersheim um 1525. Vgl. Boos, Monumenta, S. 634; Boos, GRS 4, S. 243 – 249; Alter, Vorgänge, S. 318– 329; Falk, Verwüstung (Quelle zur Zerstörung des regulierten Chorherrenstifts Kirschgarten). Zitiert nach Boos, Monumenta, S. 621. Vgl. Alter, Vorgänge, S. 324 – 329; Todt, »Auch wünschen die Wormser…«, S. 63 – 65 (hier jeweils auch die ältere Lit.). Vgl. Rothkegel, Täufer (wie Anm. 131), S. 51 f. Vgl. Hein, Täuferbewegung, S. 291; zuletzt: Todt, »Auch wünschen die Wormser …«, S. 70–74. Vgl. Roth, Zur Geschichte der Wiedertäufer, S. 105; Hein, Täuferbewegung, S. 291. Vgl. Haupt, Beiträge, S. 19; Kammer, Anfänge (2001), S. 229; Alter, Vorgänge, S. 308. Zu verweisen ist auf seine Flugschrift gegen den päpstlichen Nuntius Aleander von 1521, vgl. Clemen, Eine Wormser Flugschrift, S. 446.

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Vgl. Kammer, Anfänge (2001), S. 229. Wie vorige Anm., S. 25. Haupt, Beiträge, S. 20. Ich verweise auf die Stellungnahmen, die sich im HStAD E 5 B 3 Nr. 402/2 befinden. Luther, Den lieben beruffnen, in: Stadtbibliothek Worms, Luther-Bibliothek Nr. 177. Vgl. Kammer, Anfänge (2001), S. 234. Vgl. Rothkegel, Täufer (wie Anm. 131), S. 52; Augustijn, Gerald Geldenhouwer, S. 145. Vgl. Hein, Täuferbewegung, S. 295. Vgl. Goeters, Ludwig Hätzer, S. 96 ff.; Rothkegel, Täufer, S. 52. Wie vorige Anm. S. 101. Vgl. Baring, Die Wormser Propheten, S. 24 – 32. Vgl. Goeters, Ludwig Hätzer, S. 103 f. Goeters, Ludwig Hätzer, S. 101. Eine Neuauflage der täuferischen Prophetenübersetzung erschien erst 1734 in Nürnberg. Sie wurde von dem lutherischen Pfarrer Gustav Georg Zeltner aus Poppenreuth mit einer Einleitung und einem Kommentar versehen. Vgl. Baring, Die Wormser Propheten, S. 39. Goeters, Ludwig Hätzer, S. 104. Vgl. Hein, Täuferbewegung, S. 290. Nach Otto Kammer befindet sich im Generallandesarchiv Karlsruhe ein Faksimile, vgl. Kammer, Anfänge (2001), S. 246. Seinem Aufsatz hat er das Faksimile und eine Transkription beigefügt, S. 246– 248. Kammer, Anfänge (2001), S. 236; vgl. auch Todt, »Auch wünschen die Wormser …«, S. 72 f. Kammer, Anfänge (2001), S. 237. Kammer, Anfänge (2001), S. 248. Die Gegenthesen hat Otto Kammer in transkribierter Form abgedruckt, vgl. ebda., S. 248 f. Vgl. Goeters, Ludwig Hätzer, S. 107 f.; Kammer, Anfänge (2001), S. 237 f., 240. Kammer, Anfänge (2001), S. 240. Kammer, Anfänge (2001), S. 108; Todt, »Auch wünschen die Wormser …«, S. 73. Alter, Vorgänge, S. 332. Vgl. Hein, Täuferbewegung, S. 295. Vgl. Weckerling, Leonhart Brunner, S. XXIIf.; Goeters, Ludwig Hätzer, S. 109. Vgl. Becker, Beiträge, S. 51 f. Vgl. Weckerling, Leonhart Brunner, S. XXIX; Kammer, Anfänge (2001), S. 241. Vgl. Weckerling, Leonhart Brunner, S. XXXIV; Becker, Beiträge, S. 56 – 58. Vgl. Becker, Beiträge, S. 58 f. Das Bistum Worms, S. 169 f. Vgl. StadtA Wo Abt. 100 Nr. 1, fol. 64. StadtA Wo Abt. 100 Nr. 1, fol. 76 – 81. Vgl. ebd., fol. 71 f. Vgl. ebd., fol. 76– 81. Vgl. Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 56. Vgl. Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 59. Vgl. Kammer, Anfänge (1983), S. 21 f. Form und Ordenung der Evangelischen deutschen Messen/ wie zue Worms gehalten wirt, in: Stadtbibliothek Worms, Luther-Bibliothek Worms Nr. 487. Catechismus und Anweisung zu Christlichem Glauben in Frag und Antwort gestelt für die Jugent und andere Einfaeltigen der Kirchen zu Wormbs. Im Anhang zu dem biografischen Essay Weckerlings ist leider nur das Titelblatt des Katechismus abgedruckt, vgl. Weckerling, Leonhart Brunner. Das »Agendbüchlein« von 1560 befindet sich in der Stadtbibliothek Worms unter der Signatur W Dr. 49. Auch von dem Titelblatt des Agendbuechleins der christlichen Kirchen/ inn des Heiligen Reichs Freystadt Wormbs findet sich ein Abdruck im Anhang bei Weckerling, Leonhart Brunner. Nach der Sammlung der Wormser Kirchenordnung von Thomas Bergholtz (vgl. oben Anm. 31) befindet sich das Exemplar von 1582 in der Bibliotheca Palatina unter der Signatur F 3737. Vgl. Reuter, Mehrkonfessionalität, S. 21 f. Vgl. Becker, Beiträge, S. 63 f.; zuletzt: Kling, Lutherische Lateinschule. Vgl. Becker, Beiträge, S. 82 f.; Kling, Lutherische Lateinschule, S. 49 f.

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IM

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186 Vgl. Johann Georg Zedler, Artikel: Worms, in: Großes vollstaendiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Kuenste, Bd. 59, Leipzig/Halle 1749 (ND) Graz 1963, Sp. 41–235, hier 106 f. 187 Vgl. Reuter, Wormser Religionsmandat von 1523. 188 Vgl. Boos, Monumenta, S. 635. 189 Vgl. Todt, »Auch wünschen die Wormser…«, S. 71–73. 190 Vgl. Po-Chia Hsia, Bürgeraufstand, S. 102 f. 191 Vgl. Bönnen, Artikel »Worms«, in: LexMA Bd. 9, Sp. 333. 192 Vgl. Sofsky, Verfassungsrechtliche Lage, S. 22– 31, Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 40. 193 Ehrenpreis/Lotz-Heumann, Reformation (wie Anm. 1), S. 35 f.

Die Reichsstadt Worms im 17. und 18. Jahrhundert 1 Zedler Großes Universal-Lexikon Aller Wissenschaften und Künste, Band 59, Leipzig/Halle, 1749, Sp.42, zitiert nach: Rommel, Wormser, S. 457. 2 Vgl. Reuter, Hamman, S. 47, Anm. 46. 3 Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 13 f. 4 Soldan, Zerstörung, S. 52; vgl. Reuter, Worms und der »Pfälzische Erbfolgekrieg«, S. 431; Rommel, Wormser, S. 457. 5 Zum Folgenden vgl. die Überblicksdarstellungen: Klaus Gerteis, Die deutschen Städte in der Frühen Neuzeit. Zur Vorgeschichte der bürgerlichen Welt, Darmstadt 1986; Heinz Schilling, Die Stadt in der Frühen Neuzeit, München 22004; Lothar Gall, Von der ständischen zur bürgerlichen Gesellschaft, München 1993; Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Erster Band: Vom Feudalismus des Alten Reiches bis zur defensiven Modernisierung der Reformära 1700-1815, München 1987. 6 Boos, GRS 4, S. 405– 547. 7 Diese Darstellung ist nicht unwidersprochen geblieben. So vermerkt Reuter 1989, dass von einer Idylle, wie sie Boos zeichnet, keine Rede sein kann: Reuter, Hamman, S. 20. 8 Die Benennung der wichtigsten Titel erfolgt je nach Sachgebiet im laufenden Anmerkungsapparat. 9 Hüttmann, Untersuchungen. 10 Volker Press, Kriege und Krisen. Deutschland 1600–1715, München 1991. 11 Die grundlegende Darstellung, der sich auch Boos intensiv bediente, ist immer noch: Becker, Beiträge, S. 151–160, 177–184; außerdem: Boos, GRS 4, S. 405 – 442; Merkel, Kurpfalz, S. 31– 39; Schaab, Kurpfalz II, S. 109 –121; Anna Egler, Die Spanier in der linksrheinischen Pfalz 1620 –1632. Invasion, Verwaltung, Rekatholisierung, Mainz 1971; allgemein: Geoffrey Parker, Der Dreißigjährige Krieg, Frankfurt/M. 1987; Johannes Burkhardt, Der Dreißigjährige Krieg, Frankfurt/M. 1992; Georg Schmidt, Der Dreißigjährige Krieg, München 52002. 12 Friedrichs, Anti-Jewish-Politics, S. 106. 13 Zorn-Meixner-Chronik, zitiert nach Becker, Beiträge, S. 181. 14 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 20/29, Summarisches Verzeichnis was die bedrängte Stadt Worms 1620 – 1650 zur Unterhaltung allerhand Kriegsvölker beitragen und zahlen müssen. 15 Schaab, Kurpfalz II, S. 121. 16 Boos, GRS 4, S. 446 f. und 452 f.; Schaab, Kurpfalz II, 132 f. und 141 f. 17 Zum Pfälzischen Erbfolgekrieg vgl. allgemein: Press, Kriege (wie Anm. 10), S. 430 – 442; Schaab, Kurpfalz II, S. 148–156; Reuter, Hamann, S. 12–14. 18 Soldan, Zerstörung; Boos, GRS 4, S. 454– 474, 497– 500; Reuter, Hamman; Reuter, Erbfolgekrieg; Böcher, Worms. 19 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 21/32, Abdruck nach einer Abschrift des 19. Jahrhunderts in: Canstatt, Drangsale, S. 5 – 63. 20 1690 in Frankfurt am Main gedruckt, Teilabdruck in Canstatt, Drangsale, S. 63– 98; Reuter hält das Mitglied des Gemeinen Rates Michel Bresemann für den Autor, vgl. Reuter, Erbfolgekrieg, S. 428, Anm. 26; siehe Abb. 30 und 31. 21 Reuter, Hamman. Außerdem liegen noch als gedruckte Quellen über die Sicht der Geistlichkeit auf die Ereignisse vor: Das Protokoll von Petrus Dorn, Dekan an St. Martin, über die »Nöte und Bedrängnisse der Kirche bei der Wormser Katastrophe im Jahre 1689«, übersetzt und hg. von Franz Alois Como, in:

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Der Wormsgau 3, 1951/58, S. 453– 465; Schwan, Brand, S. 34– 44; genaue Auflistung zerstörter Häuser: Weckerling, Verzeichnis. Abdruck in: Soldan, Zerstörung, S. 63 f.; Reuter, Hamman, S. 21 f. Reuter, Hamman, S. 23 f. Reuter, Hamman, S. 68 f. Nach Soldan, Zerstörung, S. 52. Die Ratsprotokolle nennen für das Jahr 1690 231 Haushaltsvorstände, StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 523, Ratsprotokolle 1689 –1697, fol. 199. StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1040, Viereramt, Beisassenprotokolle 1698–1731. Reuter, Hamman, S. 74 f.; zur Topografie der Stadt um 1689 vgl. die im hinteren Vorsatz des Bandes befindliche Karte 20. StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1540, Bäckerzunft, Einträge vom 1. und 26. September 1690; StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 523, Ratsprotokolle 1689–1697, Eintrag vom 1. Mai 1690. StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 523, Ratsprotokolle 1689 –1697, Eintrag vom 8. Dezember 1690. Reuter, Kollektenreise; Soldan, Zerstörung, S. 40. In der Schadenserhebung werden die Kontributionskosten nach dem Brand mit 22 000 Reichstalern, das entspricht exakt einem Viertel der Quartierkosten von 1688/89; Reuter, Hamman, S. 22. Press, Kriege (wie Anm. 10), S. 448 – 474; Schaab, Kurpfalz II, S. 166 –168. Boos, GRS 4, S. 475 – 477. Ebenda, S. 477– 480. Ebenda, S. 480 – 490. Ebenda, S. 490 f. Arthur E. Imhof, Die verlorenen Welten. Alltagsbewältigung durch unsere Vorfahren – und weshalb wir uns heute so schwer damit tun, München 21985, S. 100. Hierin eingerechnet sind die in Reichstalern angegebenen Schäden des Pfälzischen Erbfolgekrieges, der Reichstaler wurde mit 1,5 Gulden gerechnet. Boos, GRS 4, S. 536 – 541. Hüttmann, Untersuchungen, S. 30. Müller, Verfassung, S. 25 f.; zu den Bischöfen der Zeit zwischen dem frühen 17. Jahrhundert bis zum Ende des Bistums 1801 sowie zu Geistlichkeit und Hochstift mit weiterer Lit.: Das Bistum Worms, S. 194–257. Boos, GRS 4, S. 524 – 529; Hüttmann, Untersuchungen, S. 45 – 53. Schannat, Historia; dazu: Das Bistum Worms, S. 231. Boos, GRS 4, S. 528 f.; Müller, Verfassung, S. 22 f.; Sofsky, Hochstift, S. 53 f. Vgl. die umfangreichen Akten im Stadtarchiv Worms, Abt. 1 B Nr. 1720–1807. Müller, Verfassung, S. 35, 37– 39. Seidenbender, nach der Ausgabe Weckerling, S. 65. Zum Verhältnis zur Kurpfalz vgl. Boos, GRS 4, S. 446 f.; Merkel, Kurpfalz; Hüttmann, Untersuchungen, S. 93–101; Reuter, Sollte Worms 1659. Reuter, Sollte Worms 1659; Merkel, Kurpfalz, S. 38. Weckerling, Seidenbender, S. 30. Günter Buchstab, Reichsstädte, Städtekurie und Westfälischer Friedenskongreß, Zusammenhänge von Sozialstruktur, Rechtsstatus und Wirtschaftskraft, Münster 1976, S. 127–148. Boos, GRS 4, S. 546. Vgl. die Ausgaben in der Haushaltsrechnung von 1717: Hüttmann, Untersuchungen, S. 117. Kilian, Bemühungen. Hüttmann, Untersuchungen, S. 101–109. Das Folgende nach: Müller, Verfassung, S. 29– 40. Vgl. das Verzeichnis der Mitglieder des Dreizehnerrats, hg. von Weckerling, in: Vom Rhein 9, 1910, S. 66– 68. Nach der Jahresrechnung von 1698 abgedruckt in: Hüttmann, Untersuchungen, S. 133. Bis 1717 wurde die Summe verdoppelt, ebenda, S. 137. Die Angaben zur Berufszugehörigkeit der Ratsherren stammen aus: Rommel, Wormser, S. 581– 583. Nach dem Verzeichnis der Mitglieder des Dreizehnerrates. Zu dieser Quelle vgl. Gensicke, RatsherrenVerzeichnisse. Zu den Verwandtschaftsbeziehungen einiger ausgewählter Familien vgl. Hüttmann, Untersuchungen, S. 122 f.; zur Ämterlaufbahn einiger Ratsherren vgl. ebenda, S. 125 –130.

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62 Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 69–75; Köbler, Reformation, S. XX–XXVI, siehe oben den Beitrag von G. Bönnen, S. 245 ff. 63 Zum Folgenden vgl. Mahlerwein, Policey. 64 Zum Folgenden vgl. Boos, GRS 4, S. 529– 533; Müller, Verfassung, S. 41– 64; Hüttmann, Untersuchungen, S. 53 – 60. Zum Vergleich mit anderen Reichsstädten: Reinhard Hildebrandt, Rat contra Bürgerschaft. Die Verfassungskonflikte in den Reichsstädten des 17. und 18. Jahrhunderts, in: Zeitschrift für Stadtgeschichte, Stadtsoziologie und Denkmalpflege 1, 1974, S. 221– 241; Peter Blickle, Unruhen in der ständischen Gesellschaft 1300–1800, München 1988, S. 41– 45, 92 – 96; Gerteis, Städte (wie Anm. 5), S. 81– 84; Schilling, Stadt (wie Anm. 5), S. 87– 94. 65 Gerteis, Städte (wie Anm. 5), S. 82. 66 Boos, GRS 4, S. 532. 67 Müller, Verfassung, S. 45. 68 Vgl. hierzu Andreas Gestrich, Absolutismus und Öffentlichkeit. Politische Kommunikation in Deutschland zu Beginn des 18. Jahrhunderts, Göttingen 1994. 69 Müller, Verfassung, S. 56, 64. 70 Die Ereignisse um die Judenvertreibung wurden grundlegend aufgearbeitet von Friedrichs, Anti-JewishPolitics, dessen Ausführungen die Basis der folgenden Ausführungen bilden. Zur Herleitung der Legitimität des Handelns der aufständischen Bürger vgl. Po-chia Hsia, Bürgeraufstand. Vgl. außerdem Merkel, Juden; siehe zum Folgenden auch den Beitrag von F. Reuter über das Jüdische Worms, v. a. S. 675 – 678. 71 Friedrichs, Anti-Jewish-Politics, S. 151. 72 Hüttmann, Untersuchungen, S. 53 –56. 73 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 523 Ratsprotokolle 1689 –1697, Einträge vom 4. und 23 Juni 1693. 74 Ebenda, Eintrag vom 23. Juni 1693. 75 Hüttmann, Untersuchungen, S. 46. 76 Hüttmann, Untersuchungen, S. 57; Fischer, Zunftwesen, S. 238. 77 Hüttmann, Untersuchungen, S. 62. 78 Boos, GRS 4, S. 531; Fischer, Zunftwesen, S. 239– 247; Müller, Verfassung, S. 50; Hüttmann, Untersuchungen, S. 57. 79 Die Punkte der Beschwerde sind wiedergegeben in: Fischer, Zunftwesen, S. 240 f. 80 Müller, Verfassung, S. 41– 50. 81 Müller, Verfassung, S. 50 – 53; Fischer, Zunftwesen, S. 249 f. 82 Müller, Verfassung, S. 54 – 64; vgl. auch das folgende Kapitel von F. Dumont, S. 353 ff. 83 Vgl. Blickle, Unruhen (wie Anm. 64), S. 100. 84 Joachim Eibach, Frankfurter Verhöre. Städtische Lebenswelten und Kriminalität im 18. Jahrhundert, Paderborn 2003, S. 117 f. 85 Zum Folgenden vgl. Mahlerwein, Policey. 86 Vgl. Repertorium der Policeyordnungen der Reichsstadt Worms, bearb. v. Gunter Mahlerwein, in: Repertorium der Policeyordnungen der Frühen Neuzeit, Reichsstädte, hg. v. Karl Härter u. Michael Stolleis, erscheint voraussichtlich 2006. Als elektronische Datenbank und als Ausdruck ist das Repertorium bereits im Stadtarchiv nutzbar. 87 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1195 –1204, Policeygerichtsprotokolle 1710–1797. 88 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1195, Policeygerichtsprotokolle 1710 –1739, Einträge vom 8. April und 30. November 1722 und vom 21. November 1736. 89 Ebenda, Eintrag vom 17. Dezember 1727. 90 Zu den möglicherweise politischen Gründen dieser Statistikabneigung der Reichsstädte vgl. Hüttmann, Untersuchungen, S. 63. 91 Reuter, Mehrkonfessionalität, S. 41, nennt 7 000, Bönnen (Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände), S. 32, 6 000 Einwohner. 92 Nach Hüttmann, Untersuchungen, S. 68. Vgl. auch Christian Pfister, Bevölkerungsgeschichte und historische Demografie 1500–1800, München 1994, S. 71, der die Personenzahl in städtischen Haushalten eher auf 4 als auf 5 schätzt. 93 Reuter, Hamman, S. 37, 50 Anm. 129; Boos, GRS 4, S. 501 errechnet 7 588 Einwohner; Soldan, Zerstörung, S. 2 hält die Zahl von Hamman als zu hoch eingeschätzt. 94 Reuter, Hamman, S. 50, Anm. 129. 95 Ebenda, S. 44, Anm. 16.

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Boos, GRS 4, S. 501; Hüttmann, Untersuchungen, S. 157. Hüttmann, Untersuchungen, S. 160. Boos, GRS 4, S. 501. Hüttmann, Untersuchungen, S. 66. 1766 und 1790 nach: StadtA Wo Schatzungsverzeichnisse (Abt. 1 B Nr. 1380, 1381); die Bevölkerungszahl von 1786 stammt aus Boos, GRS 4, S. 501; es ist davon auszugehen, dass hier die Witwen mitgezählt wurden. Die von Hüttmann für die Jahre 1754 –1789 errechneten Bürgerzahlen müssen allesamt als zu niedrig angesehen werden. Hüttmann selbst nennt im Text S. 66 die von Boos für 1786 überlieferte Zahl ohne die Differenz zu seiner Berechnung für das gleiche Jahr in Tabelle 28 S. 162 aufzulösen. Errechnet nach den Angaben bei Boos, GRS 4, S. 501. Der Wert für 1717 ist hochgerechnet. Auch hier scheint die von Hüttmann angegebene Zahl von 71 Beisassen im Jahr 1768 viel zu niedrig angesetzt zu sein. Angaben für 1722 und 1744 in: Reuter, Warmaisa, S. 139. Reuter, Mehrkonfessionalität, S. 41 f. Eher niedrig geschätzter Wert. Nach der Zahl von 1717 geschätzt. Geschätzter Wert. Geschätzter Wert. Rommel, Wormser. Die Untersuchung erfasst nicht die jüdischen Einwohner und den katholischen Klerus samt Bediensteten. Eigene Berechnung der in Rommel, Wormser, S. 567 f., wiedergegebenen Werte. Rommel verzichtet auf eine Analyse des Bevölkerungswachstums. Rommel, Wormser, S. 145 –151. Daten zu Worms errechnet aus den Angaben in Rommel, Wormser, S. 568; Angaben zu Alsheim bei Mahlerwein, Herren, S. 69. Pfister, Bevölkerungsgeschichte (wie Anm. 92), S. 117. Nach Hüttmann, Untersuchungen, S. 158, Tabelle 24, Bürgerannahmen. Am Beispiel der Jahre 1697 bis 1700 konstatiert aber Hüttmann, Untersuchungen, S. 64, selbst, dass nach Maßgabe der Bürgerzählungen fast doppelt so viele Bürger aufgenommen wurden, als er in seiner Tabelle rekonstruiert Hüttmann, Untersuchungen, S. 70, S. 165–175, Tabelle 32. Rommel, Wormser, S. 400 – 417. Wie vorige Anm., S. 152. Zahlen nach Reuter, Mehrkonfessionalität, S. 41 f. Vgl. Martin, Fischerzunft, S. 24. Ausgewertet wurden StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1370, Schatzungsbuch 1689–1707; Abt. 1 B Nr. 1372, Schatzungsbuch 1737; Abt. 1 B Nr. 1380, Schatzungstabellen 1766/67; Abt. 1 B Nr. 1381, Schatzungstabellen 1790–1797. Aufgenommen wurden die Daten des Entstehungsjahres der Schatzungslisten, also nicht die Nachträge. Vgl. Fischer, Zunftwesen, S. 243. Es muss eine Aufgabenstellung zukünftiger Stadtgeschichtsschreibung bleiben, diesen aus dem Vergleich zweier ähnlicher Quellen herrührenden auffälligen Befund mit anderen Nachweisen zu belegen oder ihn gegebenenfalls zu falsifizieren. Nach den Zahlen in: Rommel, Wormser, S. 327– 329, vgl. insgesamt zu diesem Thema ebenda, S. 326 – 399. Wie vorige Anm., S. 390 f. Vgl. Jacques Dupaquier, Structures sociales et cahiers de doléances. L’exemple du Vexin Français, in: Annales Historiques de la Révolution Française 40, 1968, S. 433 – 454. Angaben zu den Erwerbstätigkeiten nach: StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1040, Viereramt, Beisassenbuch 1698 –1731 und nach in den Policeygerichtsprotocollen erwähnten Beisassen, StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1195 –1204. StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 535, Ratsprotokolle, Eintrag vom 16. Juli 1709; Abt. 1 B Nr. 547, Ratsprotokolle, Eintrag vom 6. Februar 1720. StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1195, Policeygerichtsprotokolle, Eintrag vom 17. März 1723. Nach den Angaben bei Rommel, Wormser, S. 390.

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130 Ebenda, S. 327. 131 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1716, Sitzgedinge Band IV. 132 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 27, Extractus protocollares antiqui von Joh. Georg Knode, 1. Teil, fol. 1185,1274, 3. Teil, fol. 121, 145. 133 Nach Reuter, Mehrkonfessionalität, S. 41, Anm. 151. 134 Vgl. hierzu den Beitrag von F. Reuter, S. 684 ff. 135 Zu Städten im 18. Jahrhundert vgl. die Zusammenstellung in Wehler, Gesellschaftsgeschichte I (wie Anm. 5), S. 193; zu Alsheim und Eich als Beispiel für Dorfgesellschaften vgl. Mahlerwein, Herren, S. 83, 85. Auch Hans Kühn schätzt, dass 1818 ungefähr 60 Prozent der Wormser Bevölkerung zur Unterschicht zu zählen seien, Kühn, Wandel, S. 80. 136 Hüttmann, Untersuchungen, S. 83– 86. 137 Levy, Zünfte, S. 66. 138 Hüttmann, Untersuchungen, S. 86 f. 139 Weckerling, Seidenbender, S. 37 f. 140 Levy, Zünfte, S. 69; vgl. auch entsprechende Klagen der Strumpfweber, Knopfmacher und der Tabakspinner in StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1520, Schreiben der Strumpfweber an den Rat vom 6. September 1775; Abt. 1 B Nr. 1521, Schreiben der Knopfmacher an den Rat vom 8. September 1775; Abt. 1 B Nr. 1522, Schreiben der Tabakspinner an den Rat vom 22. März 1773. 141 Boos, GRS 4, S. 515 f.; Fischer, Zunftwesen, S. 228. 142 Levy, Zünfte, S. 66. 143 Boos, GRS 4, S. 517 f.; Illert, Wendepunkt, S. 133. 144 Reuter, Hamman, S. 42. 145 Nach der Statistik von 1805, herausgegeben von A. Gernsheim, S. 84. Der Wormser Morgen betrug 2 860 m2. 146 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1380, Schatzungsbuch 1766/67. 147 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1528, Ackerleutezunft, Konzept einer Ordnung vom 3. April 1780. 148 Illert, Valckenberg, S. 14 f. 149 Die Aufstellung der Zünfte nach: Fischer, Zunftwesen, S. 218– 220. 150 Nach den Angaben in den Schatzungsverzeichnissen: StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1370, Schatzungsbuch 1689–1707; Abt. 1 B Nr. 1380, Schatzungstabellen 1766/67; Abt. 1 B Nr. 1381, Schatzungstabellen 1790–1797. 151 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 523, Ratsprotokolle 1689 –1697, Eintrag vom 1. Mai 1690. 152 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1518, Metzgerzunft, Memoriale der Metzgerzunft vom 4. März 1718; Bestätigung der geschlossenen Anzahl der Scharren von 1736; vgl. auch die Scharrenverordnung von 1741, in: Levy, Zünfte, S. 66 f. 153 Reuter, Hamman, S. 42. 154 Gernsheim, Statistik, S. 84. 155 Reuter, Hamman, S. 42. 156 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1520, Weberzunft, Schreiben der Weberzunft, verlesen im Rat am 6. September 1775. 157 Wie vorige Anm., verschiedene Schreiben von 1772 und 1776. 158 Fischer, Zunftwesen, S. 228. 159 Levy, Zünfte, S. 67, § 23 der Schneiderordnung. 160 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1523, Schneiderzunft, Schreiben an Rat vom 23. Mai 1749. 161 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1195, Policeygerichtsprotokolle, Eintrag vom 21. November 1736. 162 Vgl. Fischer, Zunftwesen, S. 231. 163 Illert, Wendepunkt, S. 133 –140, siehe dort auch Abbildungen der zum größten Teil heute nicht mehr existenten Gebäude. Zum Wiederaufbau vgl. auch Boos, GRS 4, S. 501– 504 und Hüttmann, Untersuchungen, S. 71–76. 164 Gernsheim, Statistik, S. 84. 165 Vgl. Weckerling, Dreifaltigkeitskirche, S. 58 f., Akten in: StadtA Wo Abt. 111. 166 Illert, Brauereien, S. 25, 29 f. 167 Rommel, Wormser, S. 76; Illert, Gerberhandwerk. 168 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1531, Lauerzunft. 169 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1530, Schuhmacherzunft, Eingabe der Schuhmacher an den Rat 1699.

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Ebenda, Verordnung vom 7. Dezember 1714. Fischer, Zunftwesen, S. 231. Gernsheim, Statistik, S. 84. Weckerling, Hafen– und Uferbauten, S. 41. Boos, GRS 4, S. 517 f. Levy, Zünfte, S. 68, Anm. 20. StadtA Wo Abt. 200 Nr. 49, Hausbuch von Jacob Hartmann Kremer. Stotz, Apotheken, S. 134. Zitiert nach Boos, GRS 4, S. 518. StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1522, Schreiben der Schreiner, verlesen im Rat am 5. Juli 1782. StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1533–1535, Fischerzunft, Zunftbücher, Zunftrechnungen. Dieses Material wurde ausgewertet von Martin, Fischerzunft. Die folgenden Beobachtungen entstammen dieser Arbeit. Als Beispiel StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1197, Policeygerichtsprotokolle, Einträge vom 28. Februar, 6. Juni, 8. August 1742. StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 572, Ratsprotokolle 1744, Eintrag vom 26. September 1744. Martin, Fischerzunft, S. 77. Vgl. Martin, Elisabeth Kranzbühler. StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 523, Ratsprotokolle 1689–1697, Eintrag vom 17. Juni 1693. StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 590, Ratsprotokolle 1762, fol. 102. StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1566, Schneiderzunft. Martin, Fischerzunft, S. 93. Reuter, Mehrkonfessionalität, S. 23 f. Weckerling, Grundsteinlegung. Zur Geschichte der reformierten Gemeinde vgl. Weckerling, Zur Geschichte; Illert, Geschichte der Reformierten Gemeinde; Reuter, Mehrkonfessionalität, S. 29– 36. Reuter, Mehrkonfessionalität, S. 26 – 29, 38; zum katholischen Worms siehe für das 18. Jahrhundert mit weiterer Lit.: Das Bistum Worms, v. a. S. 225 ff.; zum Jesuitenkolleg S. 249 f. StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 577, Ratsprotokolle 1749, Eintrag vom 30. Mai 1749. Reuter, Mehrkonfessionalität, S. 28. Nach den Zahlen in: Reuter, Mehrkonfessionalität, S. 37 f. Martin, Fischerzunft, S. 97–104. Reuter, Mehrkonfessionalität, S. 38. Rommel, Stift und Pfarrei St. Paulus, S. 133. Rommel, Ehen, S. 105; vgl. auch Rommel, Wormser, S. 374– 376. Ebenda, S. 457 f. Ebenda, S. 440, 446. Reuter, Lateinschule, S. 19. An den Jubiläumsfeierlichkeiten aus Anlass des 200. Jahrestages des Augsburger Religionsfriedens nahmen 471 lutherische Schulkinder, darunter wohl auch die Gymnasiasten, teil. Vgl. Reuter, Jubiläen, S. 264 (144). Rommel, Wormser, S. 134. Ebenda, S. 134 f. Ebenda, S. 139 f. Zu dem Folgenden vgl. Becker, Geschichte; Reuter, Lateinschule; Kling, Lateinschule; Rommel, Wormser, S. 138–140. Zum Collegium illustre vgl. Schalk, Gymnasium illustre. Becker, Geschichte, S. 261; vgl. zu den genannten Ordnungen StadtA Wo Abt. 55/1 Nr. 752. Zu dem Folgenden vgl. Kling, Jesuitenkollegium; Becker, Geschichte; Rommel, Wormser, S. 138 –140. Rommel, Wormser, S. 141. StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 580, Ratsprotokolle 1752, Eintrag vom 24. Oktober 1752. Reuter, Pfeifer, S. 30. Reuter, Stadtmusikanten, S. 268. Koch, Greiner. Der als Klavierbauunternehmer auftretende Schulmeister Fiscus war gleichzeitig Organist. Becker, Geschichte, S. 126.

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Becker, Geschichte, S. 246 f. Zu dem Folgenden vgl. Reuter, Stadtmusikanten. Ebenda, S. 271. StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1197, Policeygerichtsprotokolle, Eintrag vom 30. Mai 1752. Reuter, Stadtmusikanten, S. 272 – 279. StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1197, Policeygerichtsprotokolle, Eintrag vom 6. Juni 1742. Koch, Greiner, S. 152. Reichsstadt Wormsisches Wochenblatt vom 20. Januar 1781, abgedruckt in: Illert, Presse, S. 16 f. Koch, Greiner, S. 155. Illert, Presse, S. 5– 32. Dotzauer, Freimauergesellschaften, S. 48 – 52; Dotzauer, Freimaurerlogen. Das Folgende nach: Villinger, Kasino- und Musikgesellschaft; zur Geschichte der Kasinogesellschaften vgl. Thorsten Maentel, Zwischen weltbürgerlicher Aufklärung und staatsbürgerlicher Emanzipation. Bürgerliche Geselligkeitskultur um 1800, in: Bürgerkultur im 19. Jahrhundert. Bildung, Kunst und Lebenswelt, hg. v. Dieter Hein u. Andreas Schulz, München 1996, S. 140 –155. 230 Nach dem Mitgliederverzeichnis in Villinger, Kasino– und Musikgesellschaft, S. 47 f. 231 So auch Illert, Wendepunkt.

Worms im Zeitalter der Französischen Revolution und Napoleons (1789/92 –1814/16) Gedruckte Quellen Beyer, ?, Abhandlung über Freiheit und Gleichheit für die Bürger von Worms und der umliegenden Gegend, o. O. o. J. [Worms 1792]. Bodmann, Ferdinand, Annuaire statistique du Département du Mont Tonnerre pour l’an 1808 [1809], Mainz 1808/09. Böhmer, Georg Wilhelm, Die Aristokraten am Rheinstrom bei der eingebildeten Flucht eines verrätherischen Königs oder Erinnerung des 23., 24. 25ten Novembers 1791. Eine Rede in der Geselllschaft der Constitutionsfreunde zu Mainz am 24ten November 1792, Mainz 1792. Böhmer, Georg Wilhelm, Die schreckliche Zerstörung von Worms im Jahre 1689 und die seitdem erfolgte Wiederherstellung dieser freien Reichs-Stadt. Eine Rede am 6. Jun. 1789 im obern Hörsale des Gymnasiums gehalten, Frankenthal (1789). Böhmer, Georg Wilhelm, Beitrag zur Geschichte der Taufformulare. Eine BIttschrift, dergleichen sich tausende machen ließen, Worms 1792. Das am Pfingstdienstage dieses laufenden 1789ten Jahres zum Gedächtniß der Wiederherstellung der Freyen Reichsstadt Worms von der 1689, und also vor hundert Jahren, an eben diesem Tage erlittenen schauervollen Einäscherung und Zerstörung von einem Hochedlen und Hochweisen Magistrat angeordnete feyerliche Dankfest wird in einer kurzen Nachricht geziemend hier angekündigt, Worms (1789). D’Enghien, Duc, Mémoires et voyages, Moulins 1841. Endemann, Philipp Lorenz, Rede in der hiesigen Konstitutionsgesellschaft den 15ten November 1792, Worms 1792. Endemann, Philipp Lorenz, Lob Gottes für die Wiederherstellung der Freien Reichsstadt Worms von der vor hundert Jahren erlittenen Einäscherung, eine Predigt […] gehalten in hiesiger Friedenskirche […] Nebst beigedruckter Kirchengeschichte hiesiger reformirten Gemeinde, Worms (1789). Gazette nationale ou le Moniteur universel. Réimpresssion de l’ancien Moniteur. Seule histoire authentique de la Révolution française depuis la réunion des Etats généraux jusqu'au Consulat, Bde. 13 –19, Paris 1857–1861. Herwig, Georg Peter, Kurze Vorstellung der mancherlei Schicksale der Freien Reichsstadt Worms bei Gelegenheit des auf hochobrigkeitliche Verordnung (…) gehaltenen Denk-, Lob- und Dankfestes wegen Wiederherstellung der vor hundert Jahren durch die Franzosen geschehenen Einäscherung und Zerstörung dieser Stadt, Worms (1789) [Stadtbibliothek Worms W Gs 43]. Lehne, Friedrich, Historisch-statistisches Jahrbuch des Departements vom Donnersberge für das Jahr X der fränkischen Republik, Mainz (1801).

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Messey, Marquis de, Voyage d’un Français fugitif dans les années 1791 et suivantes, Bd. 2, Paris 1816. Platz, Philipp, Dankrede aus der Geschichte der Zerstörung von Worms. Nach rühmlichster Anordnung des hohen Bischöflich-Wormsischen Ordinariats an dem hundertsten Gedächtnistage der im Jahre 1689 erlittenen Einäscherung und seitdem erfolgten Wiederherstellung gehalten in der Domkirche am Pfingstdienstage des Jahres 1789, Worms 1789. Quellen zur Geschichte des Rheinlandes im Zeitalter der Französischen Revolution 1780 –1801, hg. v. Joseph Hansen, 4 Bde., Bonn 1931–1938. Reith, Bernhard von, Beitrag zur Revolutionsgeschichte von Worms. Von den Jahren 1792 und 1793, [Offenbach] 1793. Reith, Bernhard, Zweyter Beytrag zur Revolutionsgeschichte von Worms von 1792 und 1793, [Offenbach] 1793. Ribes, Comte de (Hg.), Journal d’Emigration du prince de Condé 1789–1795, Paris 1924. Säkularisation und Mediatisierung in den vier rheinischen Departements 1803–1813. Edition des Datenmaterials der zu veräußernden Nationalgüter, hg. v. Wolfgang Schieder, Teil IV: Donnersberg-Departement, datentechnisch aufbereitet von Manfred Koltes, Boppard 1991. Schreiben von der Gesellschaft der Freunde der Freiheit und Gleichheit an ihre Brüder in Worms, o. O. [Worms ?] 1792. Staatsanzeigen, gesammelt und zum Druck befördert von August Ludwig Schlözer, Göttingen 1789–1793. Winkelmann, Konrad von, Beitrag zur Empörungs-Geschichte unserer Zeit. Aus der Reichsstadt Worms, Mainz 1792. Winkelmann, Konrad von, Ergänzung der im August erschienenen Schrift: Die Zeit entdeckt Alles. Zweite Lieferung der Aktenstücke aus dem Untersuchungs-Prozesse des zu Königstein verhafteten Kanonikus von Winkelmann. An das Publikum, o. O. 1794. Die Zeit entdeckt alles. Lieferung einiger in mehrerem Betracht merkwürdiger Aktenstücke aus dem Untersuchungs-Prozesse des zu Königstein verhafteten Kanonikus von Winkelmann, o. O. 1794.

Zeitungen Frankfurter Staats-Ristretto, Frankfurt am Main 1792/93. Privilegierte Mainzer Zeitung, Mainz 1789 –1791. Wormser National-Zeitung und Intelligenzblatt, hrsg. von Johann Daniel Kranzbühler. Wormsisches Zeitungs- und Intelligenzmanual, hrsg. von Johann Daniel Kranzbühler, Worms 1789 –1793 (zit. als WZIM). 1 Boos, GRS 4, S. 577– 626 bzw. 551– 651. 2 Das am Pfingstdienstage … Dankfest (1789, unpaginiert), 1.– 3. S; Sammlung der gedruckten Schriften zum Jubiläum von 1789 in StadtA Wo Abt. 202 Nr. 128. 3 Privilegirte Mainzer Zeitung Nr. 70 v. 13. 6. 1789. 4 Wie vorige Anm., Nr. 68 v. 8. 6. 1789. 5 Platz, Dankrede, bes. S. 33 f. 6 Endemann, Lob Gottes, bes. S. 15– 21. 7 Herwig, Kurze Vorstellung, S. 10. 8 Zu Böhmer (1761–1839): ADB, Bd. 3, Leipzig 1876, S. 75; Dumont, Mitglieder, S. 154 Nr. 13. 9 Böhmer, Die schreckliche Zerstörung, Zitate S. 33 f. 10 Zit. nach Müller, Verfassung, S. 58 f.; daraus die folgenden Zitate. 11 Vgl. Boos, GRS 4, S. 531– 534; Müller, Verfassung, S. 54 f.; daraus die folgenden Zitate; vgl. neuerdings Neugebauer-Wölk, Republik, S. 104–117; siehe auch das vorangegangene Kapitel von G. Mahlerwein, v. a. S. 320 f. 12 Zit. nach Müller, Verfassung, S. 52. 13 Illert, Presse, S. 6-11. 14 Da der Jahrgang 1789 des »Wormsischen Zeitungs- und Intelligenzmanuals« (künftig zitiert als WZIM) verschollen ist, musste die Berichterstattung aus den Notizen Friedrich Illerts (StadtA Wo Abt. 170/16 Nr. 24) rekonstruiert werden. Die erhaltenen Ausgaben der Zeitung finden sich in StadtA Wo Abt. 228 (Wormser Zeitungen), vgl. Illert, Presse.

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15 Zit. nach Illert, Presse, S. 31. 16 Hans-Jürgen Lüsebrink/Rolf Reichardt, Die Bastille. Zur Symbolgeschichte von Herrschaft und Freiheit, Frankfurt/M. 1989, S. 207 und 314. 17 WZIM (wie Anm. 14) vom 12. und 15. 8. 1789 (Illert, Presse, S. 31). 18 StadtA Wo Abt. 72 (Kasino- und Musikgesellschaft), Bd. I. 19 Durch die Angriffe auf die Dreizehner im Dezemberheft 1787 der Chronik; vgl. Müller, Verfassung, S. 54 f. 20 StadtA Wo Abt. 2 Nr. 28; vgl. auch Abt. 1 B Nr. 31 (Drucke und Aktenstücke zur revolutionären Bewegung in Worms). 21 Condorcet, Die Franken an alle Völker Europas, Straßburg 1790; zu weiteren Flugschriften vgl. Müller, Verfassung, S. 65 f.; zur Zensur revolutionärer Flugschriften in der Kurpfalz: StadtA Wo Abt. 49 Nr. 2594. 22 WZIM (wie Anm. 14), 1. St. vom 1. 1. 1791, S. 3. 23 Wühr, Emigranten, S. 66 –72. 24 Gazette nationale ou le Moniteur universel (künftig zit. als »Moniteur«) Nr. 82 v. 25. 3. 1791 (Réimpression, Bd. 8, S. 681); weitere Berichte: 31. 7. 1791 (Bd. 9, S. 257), 10. 10. und 6. 11. 1791 (Bd. 10, S. 70 u. 297), 10. u. 14. 10. 1792 (Bd. 14, S. 164 u. 195). 25 Levy, Worms, S. 7–11. 26 Ribes, Journal, S. 186; D'Enghien, Mémoires, S. 278; zum Folgenden: S. 140. 27 Messey, Voyage II, S. 21. 28 Ribes, Journal, S. 190 (13. 3. 1791). 29 Erlass des Magistrats von 1791 (WZIM (wie Anm. 14) 1791, S. 3). 30 Privilegirte Mainzer Zeitung vom 11. 4. 1791. 31 StadtA Wo Abt. 217 Lade 4 Nr. 5; vgl. dazu: Kranzbühler, Spottbild; Böcher, Karikatur. 32 Comte de Romain, Souvenirs d'un officier royaliste, Bd. 2, Paris 1842, S. 179 f. 33 Ribes, Journal, S. 238. 34 Wie vorige Anm., S. 200 f. (25. 5. 1791). 35 Böhmer, Die Aristokraten, S. 12; Romain, Souvenirs (wie Anm. 32), S. 180–184. 36 Romain, Souvenirs (wie Anm. 32), S. 184. 37 Ribes, Journal, S. 198 (10. 5. 1791). 38 Erthal an Condé, 3. 1. 1792 (Levy, Worms, S. 15 f.). 39 Zit. nach Romain, Souvenirs (wie Anm. 32), S. 193. 40 Vgl. Boos, GRS 4, S. 575 – 578; Müller, Verfassung, S. 67– 69. 41 Böhmer, Beiträge zur Geschichte der Taufformulare; er griff darin die »gothische Liturgie« der Wormser Lutheraner an, die jeden Täufling (z. B. Böhmers Sohn August Friedrich) als »Kind des Zorns, der Sünden und Ungnade« bezeichneten. 42 Boos, GRS 4, S. 577– 626; Müller, Verfassung, S. 66–118; Scheel, Republik; Neugebauer-Wölk, Republik, S.117–144; Dumont, Republik. 43 Kanonikus Goswin Schweikhard (St. Andreas) an die Allgemeine Administration in Mainz, 18. 1. 1793 (Mainz, Dom- und Diözesanarchiv/Abt. Worms, Generalia, Kasten 77, Fasz. 5). 44 Custines, »Aufruf an die gedrückte Menschheit in Deutschland« v. 23./25. 10. 1792; Text bei: Quellen zur Geschichte des Rheinlandes, hg. v. J. Hansen II, Nr. 225a und 238, S. 468 f. und 530 f.; Scheel, Republik I, S. 55 f.; vgl. Dumont, Republik, bes. S. 97– 99. 45 Letzter Eintrag (von unbekannter Hand) im Wormser Kommissariatsprotokoll vom 4. 10. 1792, zitiert nach Hüttmann, Untersuchungen, S. 113. 46 Original: Paris, Archives Nationales, Série C 241, d. 278, n. 43 (9. 11. 1792). 47 Original: StadtA Wo Abt. 2 Nr. 28/111 (Sammlung Knode). 48 Vgl. Müller, Verfassung, S. 75–77; Scheel, Jakobinerklub, S. 322 f.; Dumont, Republik, S. 110 –112; Neugebauer-Wölk, Republik, S. 121–124. 49 Ratsprotokoll vom 14./15. 11. 1792 (StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 620, S. 434 f.). 50 StadtA Wo Abt. 2 Nr. 28a (Sammlung Knode) Nr. 117; vgl. Müller, Verfassung, S. 76 f. 51 Beyer, Abhandlung über Freiheit und Gleichheit, S. 10. 52 Maire Winkelmann an Kriegskommissar Buhot, 25. 11. 1792 (Staatsarchiv Würzburg, Mainzer Regierungs-Akten, Abt. V: Klubisten, Fasz. 854, fol. 510 f.). 53 Winkelmann hatte 1792 mit den Dreizehnern um das Bürgerrecht für einen Beisassen gestritten und am 30. 11. 1792 im Namen des Wormser Klerus dessen Bereitschaft zum Privilegienverzicht erklärt; vgl. Win-

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kelmann, Beitrag zur Empörungsgeschichte; Dumont, Republik, S. 223 f.; zu Lewer (1758–1835) vgl. Dumont, Aufklärer; Dumont, Mitglieder, S. 168 f. Nr. 70; zu Winkelmann (1749–1823) vgl. Schmitt, Mönch, S. 74, Nr. 120. Vgl. Müller, Verfassung, S. 80; Dumont, Republik, S. 121–123. Quellen zur Geschichte des Rheinlandes, hg. v. J. Hansen II, Nr. 210, Anm. 1, S. 440 u. Nr. 270, Anm. S. 583; vgl. Dumont, Republik, S. 261– 263 u. 605– 608. Scheel, Jakobinerklub, S. 361– 366; Dumont, Republik, S. 268– 274; Neugebauer-Wölk, Republik, S. 130 – 134. Monika Neugebauer-Wölk, Das Rote und das Schwarze Buch – zur politischen Symbolik der Mainzer Jakobiner, in: Die Publizistik der Mainzer Jakobiner und ihrer Gegner. Revolutionäre und gegenrevolutionäre Proklamationen und Flugschriften aus der Zeit der Mainzer Republik (1792/93), bearb. v. Klaus Behrens, Mainz 1993, S. 52 – 68, hier S. 54 f.; Dumont, Republik, S. 162–164. Illert, Presse, S. 33 f.; Dumont, Republik, S. 140; die erste »neue« Nummer erschien am 30. 3. 1793, die letzte am 24. 11. 1793. Vgl. Dumont, Republik, S. 288 – 302. Müller, Verfassung, S. 112 f.; Dumont, Republik, S. 313 – 319. Georg Friedrich Rebmann, Ein Blick auf die vier neuen Departementer am Rhein, Mainz 1802/03, S. 26. Horchheim wählte nach anfänglichem Widerstand am 25. 3. 1793 Philipp Joseph Voll (Dumont, Mitglieder, S. 181 Nr. 123); zu Dirmstein (J. Göbel), Bobenheim (Clausius) und Roxheim (Lewer) vgl. Dumont, Mitglieder, S. 156, 162 und 168, Nr. 45, 19 und 70; Schmitt, Bittschrift, S. 332 f.; Dumont, Republik, S. 346; Scheel, Republik II, S. 332– 341; zu Dirmstein vgl.: Michael Martin, Revolutionierung und Änderung der Sozialstruktur in der fürstbischöflich-wormsischen Landgemeinde Dirmstein, in: Die Französische Revolution und die Oberrheinlande (1789 –1798), hg. v. Volker Rödel (Oberrheinische Studien 9), Sigmaringen 1991, S. 67– 84, v. a. S. 71 ff. Goswin Schweikhard von St. Andreas (siehe oben Anm. 43) und Theodor Fabris von St. Paulus (Mainz, Dom- u. Diözesanarchiv, ebd.). Vgl. Boos, GRS 4, S. 617 ff.; Müller, Verfassung, S. 113 –116; Dumont, Republik, S. 333 – 336, 382 f. u. 386 f.; Scheel, Republik; Neugebauer-Wölk, Republik, S. 140–142. StadtA Wo Abt. 2 Nr. 92 fol. 75. StadtA Wo Abt. 2 Nr. 24,1 (Munizipalitätsprotokoll vom 26. 2. 1793, § 684). Bericht der Subkommissare Becker, Caprano, Lux und Schlemmer vom 4. 3. 1793 (Staatsarchiv Würzburg [wie Anm. 52], Fasz. 502, fol. 153). Boos, GRS 4, S. 626 f.; Dumont, Republik, S. 355 u. 389. Dumont, Republik, S. 436– 440. Vgl. den Artikel von A. Trieb und H. Aulmann über Ibersheim in den Revolutionskriegen, in: Vom Rhein. Monatsblatt des Wormser Altertumsvereins 10, 1911, S. 74 –79 und 81– 94, hier S. 83. StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 622, S. 3 f. und 28 f.; vgl. Boos, GRS 4, S. 627– 629; Müller, Verfassung, S. 118–121; Quellen zur Geschichte des Rheinlandes, hg. v. J. Hansen II, Nr. 362 S. 814 – 816. Frankfurter Staats-Ristretto Nr. 54 v. 6. 4. 1793, S. 237. StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 622, S. 28. Müller, Verfassung, S. 119. Ratsprotokolle vom 8. bis 23. 4. 1793 (StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 622, S. 6– 37). StadtA Wo Abt. 200 Nr. 23, S. 5 (Tagebuch). Fischer, Zunftwesen, Anlage V, S. 262 (Dekret des Magistrats vom 10. 5. 1793). Antwortschreiben der 17 Zünfte vom 27. 5. 1793 (wie vorige Anm., Anlage VI). Quellen zur Geschichte des Rheinlandes, hg. v. J. Hansen II, Nr. 365, S. 820 f. Quellen zur Geschichte des Rheinlandes, hg. v. J. Hansen II, Nr. 389, S. 904 f. Remling, Rheinpfalz, Bd. 1, S. 438– 507; Springer, Franzosenherrschaft, S. 60–76. Müller, Verfassung, S. 121–123. Konventssitzung vom 9. 3. 1794: Moniteur (vgl. Anm. 24) Nr. 131 vom 21. Ventôse II = 11. 3. 1794 (Réimpression, Bd. 19, S. 334; vgl. ebd. S. 178 u. 664 [11. 1. und 11. 3. 1794]). Moniteur (vgl. Anm. 24) Nr. 112 vom 21. Nivôse II = 30. 1. 1794 (Réimpression, Bd. 19, S. 333 f.). Zit. nach Hepding, Beamte, S. 58. Vgl. Boos, GRS 4, S. 639– 642; Levy, Worms, S. 48– 50; Müller, Verfassung, S. 132 f.

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87 Proklamation der Volksrepräsentanten J. Ferraud u. E. Neveu (1795 ?); Plakat (StadtA Wo Abt. 43 Nr. 19). Die Kenntnis dieser und anderer Quellen zu Leiselheim verdanke ich Herrn Roschy, Worms-Leiselheim. 88 Wie Anm. 76, S. 4 f. 89 Boos, GRS 4, S. 639– 641; Levy, Worms, S. 41– 49; Müller, Verfassung, S. 132 f. 90 Ibersheim (wie Anm. 70), S. 85. 91 Müller, Verfassung, S. 128 f. 92 Müller, Verfassung, S. 133. 93 Remling, Rheinpfalz II, S. 491 f.; Boos, GRS 4, S. 640– 642; Quellen zur Geschichte des Rheinlandes, hg. v. J. Hansen III, Nr. 252 f. S. 899 – 902. 94 Dumont, Lewer, S. 95 f. 95 Müller, Verfassung, S. 132. 96 Tagebuch (wie Anm. 76), S. 8. 97 Nach Levy, Worms, besetzten die Franzosen aber schon am 20. 12. 1797 die Stadt. 98 Müller, Verfassung, S. 135. 99 Wie vorige Anm. 100 Müller, Verfassung, S. 138. 101 Nach der Edition von Hansen (Quellen zur Geschichte des Rheinlandes, IV, S. 807) waren es 1798 5000, nach Lehne (Jahrbuch, ohne Seite) 4816 Einwohner. 102 Vgl. Müller, Verfassung, S. 135. 103 Eigenhändiger Lebenslauf bis 1800 (in: Etat des Services des fonctionnaires, Dép. du Mont Tonnerre, fol. 314, in: StadtA Mainz Best. 61/0014). 104 Eigenhändiger Lebenslauf von Bruch (* 1760) und Matthieu (* 1771): wie vorige Anm. fol. 126 f. und 230 f. 105 Wie Anm. 103, fol. 244 f. 106 Gesammelt in: Recueil des Arrêtés du Commissaire du directoire exécutif dans les quatre nouveaux départements sur la rive gauche du Rhin, 10 Bde., Mainz 1798–1801 (= Sammlung von Verordnungen, welche der Regierungskommissär für die Länder zwischen Maas und Rhein und Rhein und Mosel bekannt gemacht hat, Mainz 1798, Fortsetzungen: Straßburg 1798/99, Mainz, 1800-1801). 107 StadtA Wo Abt. 31 (Worms) und Abt. 32 (Pfeddersheim). 108 * 1767 in Pfeddersheim, Studium in Heidelberg, 1794– 97 Richter (Lebenslauf bis 1800 in: Etat des Services des fonctionnaires (wie Anm. 103) fol. 394 f.). 109 Eigenhändiger Lebenslauf bis 1800 von J. D. Schoeneck (* 1772) in: Etat (wie Anm. 103), fol. 528 f.; Winkelmann amtierte als Notar seit 13. 7. 1798, vgl. Wilhelm Weisweiler, Geschichte des rheinpreußischen Notariats, Bd. 1, Essen 1914, S. 95 und 137. 110 Quellen zur Geschichte des Rheinlandes, hg. v. J. Hansen IV, Nr. 101, S. 520– 522. 111 Wie vorige Anm. Nr. 118, S. 535 f. 112 Fischer, Zunftwesen, S. 252. 113 Bekanntmachung der Munizipalverwaltung Worms, 15. Messidor VI = 3. 7. 1798 (WZIM (wie Anm. 14) Nr. 74 vom 17. Messidor VI = 5. 7. 1798, S. 300); vgl. Quellen zur Geschichte des Rheinlandes, hg. v. J. Hansen IV, Nr. 136, S. 847– 851. 114 Karl-Georg Bockenheimer, Geschichte von Mainz während der zweiten französischen Herrschaft, Mainz 21891, S. 188 – 222. 115 StadtA Wo Abt. 43 Nr. 18. 116 Originale in Paris, Archives Nationales, Série F 1 CIII (Mont Tonnerre 2, Abschriften in Köln, Historisches Archiv der Stadt, Best. 1045 (Nachlass Hansen)); Texte u. Ergebnisse: Quellen zur Geschichte des Rheinlandes, hg. v. J. Hansen IV, Nr. 126, S. 659– 620; Worms: S. 807; Müller, Verfassung, S. 149 f.; Dumont, Reunionsadressen, S. 1468–1470 u. Kärtchen 112 d. 117 Quellen zur Geschichte des Rheinlandes, hg. v. J. Hansen IV, S. 807, Anm. 6. 118 Quellen zur Geschichte des Rheinlandes, hg. v. J. Hansen IV, S. 802 f. 119 Wie vorige Anm. 120 Erlass des Regierungskommissars Hortal vom 19. Prairial VI = 7. 6. 1798 (WZIM 1798, S. 254); vgl. Quellen zur Geschichte des Rheinlandes, hg. v. J. Hansen IV, Nr. 126, S. 803, Anm. 2. 121 Wie vorige Anm., S. 802, Anm. 2. 122 Quellen zur Geschichte des Rheinlandes, hg. v. J. Hansen IV, S. 780 f.

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123 Michael Meinzer, Der französische Revolutionskalender (1792–1805). Planung, Durchführung und Scheitern einer politischen Zeitrechnung, München 1992 (Ancien Régime, Aufklärung und Revolution 29). 124 Quellen zur Geschichte des Rheinlandes, hg. v. J. Hansen IV, Nr. 101 und 118, S. 520 und 635– 637; Instruktion des französischen Justizministers Lambrechts: ebda. Nr. 55, S. 299 – 302. 125 Wie vorige Anm., Nr. 130, S. 828 f. (Verordnung vom 1. 5. 1798). 126 So im Lutherischen Taufbuch Worms (StadtA Wo Abt. 108 Nr. 7). 127 Registre des Actes de la Mairie vom 9. Frimaire X = 30. 11. 1801 (StadtA Wo Abt. 2 Nr. 24,7, S. 54, § 145); Notiz Rödigers im reformierten Kirchenbuch Pfeddersheim, 1. 12. 1804 (StadtA Wo Abt. 108 Nr. 18). Der katholische Pfarrer Ziegler an Maire Strauß, Lampertheim 4. 9. 1802 (StadtA Wo Abt. 2 Nr. 177; Erlass der Zentralverwaltung vom 24. Brumaire VII = 14. 11. 1798, ebda.). 128 StadtA Wo Abt. 108 Nr. 7. 129 Geburtsregister Pfeddersheim, beginnend 2. Fructidor VI = 19. 8. 1798 (Zivilstandsregister für das heutige Stadtgebiet in: StadtA Wo Abt. 11). 130 Eintrag vom 23. Vendémiaire VI (StadtA Wo Abt. 11, Zivilstandsregister Pfeddersheim, Heiraten, S. 1). 131 Vgl. Springer, Franzosenherrschaft, S. 203–205; Franz Dumont, Im Zeitalter der Französischen Revolution und Napoleons, in: Bingen. Geschichte einer Stadt am Mittelrhein. Vom frühen Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert, hg. v. Helmut Mathy, Bingen 1988, S. 335–377/S. 589–603, hier. S. 358; Franz Dumont, Der Raum Nieder-Olm in der Franzosenzeit (1792–1814/16), in: Nieder-Olm. Der Raum der Verbandsgemeinde in Geschichte und Gegenwart, hg. v. Karl-Heinz Spieß, Alzey 1983, S. 148–187, S. 168. 132 StadtA Wo Abt. 2 Nr. 24/4. 133 Quellen zur Geschichte des Rheinlandes, hg. v. J. Hansen IV, Nr. 150, S, 921– 923. 134 Sitzung der Munizipalverwaltung vom 21. Nivôse VII = 10. 1. 1799 (wie Anm. 132, S. 227, Nr. 503). 135 StadtA Wo Abt. 2 Nr. 39. 136 Beschreibung des … wegen Ablebens Sr. Röm. Kaiserl. Majestät … abzuhaltenden Trauerfestes (StadtA Wo Abt. 2 Nr. 39). 137 Wie vorige Anm., gedruckte Einladung, undatiert. 138 Tagebuch (wie Anm. 76), S. 8. 139 Aufruf vom 20. 1. 1798 (StadtA Wo Abt. 49 Nr. 2602). 140 Rolf Reichardt, Französische Revolutionskultur in Mainz 1792–1801, in: Die Publizistik der Mainzer Jakobiner und ihrer Gegner, Mainz 1993, S. 11– 51, S. 34 f. 141 Schreiben vom 24. Ventôse VII = 14. 3. 1799 (StadtA Wo Abt. 2 Nr. 39). 142 Erlass Rudlers vom 7. Floréal VI = 25. 4. 1798, Schreiben der Zentralverwaltung an die des Kantons Worms, 25. Floréal VI = 14. 5. 1798 (wie vorige Anm.). 143 Georg Bernhard Schuler an die Munizipalverwaltung, o.D. (1798, wie Anm. 141). 144 StadtA Wo Abt. 2 Nr. 24,4 S. 398, Nr. 97 und S. 591 f., Nr. 1375. Dabei handelt es sich wohl um: Gottfried Jakob Schaller, Gesänge auf alle Dekaden- und Volksfeste der Franken, Straßburg 1798/99. 145 Georg Heinrich Strauß, Rede bei der Friedensfeier, gehalten den 25. Messidor 9 (den 14. Juli 1801), Worms 1801, S. 12. 146 Müller, Verfassung, S. 153 –157. 147 Wie vorige Anm., S. 153. 148 Wie vorige Anm. 149 Wie Anm. 103, fol. 395. 150 Dies geht aus den Pfeddersheimer Zivilstandsregistern der Jahre IX und X (1800/01–1802) hervor, die von beiden »officiers municipaux« geführt wurden. 151 Karl Josef Rivinius, Das Bistum von der Säkularisation bis zum Kulturkampf, in: Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte Bd. 3/3, hg. v. Friedhelm Jürgensmeier, Würzburg 2002, S. 907–1140, hier: S. 926 f.; zum Ende des Bistums und des Hochstiftes Worms: Das Bistum Worms, S. 254– 260 mit weiterer Lit. 152 Vgl. neuerdings: Christian Ohler, Bischof Colmar und das französische Bistum Mainz. Die Bedeutung der Kirche für die Herrschaft Napoleons, in: Mainzer Zeitschrift 92/93, 1997/98, S. 131–194. 153 Registres des Actes de la Mairie de Worms, Sitzung vom 22. Prairial X = 11. 6. 1802, S. 200 (StadtA Wo Abt. 2 Nr. 24,7, § 495). 154 Wie vorige Anm. S. 199, § 493. 155 Sitzung vom 3. Thermidor X = 22. 7. 1802 (wie Anm. 153, S. 235, § 574). 156 Wie Anm. 153, S. 241, § 588.

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157 Vgl. neuerdings: Wolfgang Dobras, Folgen der Säkularisation für die Säkularisierten. Die Mainzer geistlichen Pensionisten (1802–1816), in: Zerfall und Wiederbeginn. Vom Erzbistum zum Bistum Mainz (1792/97–1830). Ein Vergleich (Fs Friedhelm Jürgensmeier), hg. v. Walter G. Rödel u. Regina Schwerdtfeger, Würzburg 2002, S. 231– 247. 158 Protokoll der Mairie Worms vom 3. Thermidor IX = 23. 7. 1802 (StadtA Wo Abt. 2 Nr. 24,7 S. 235, § 574). 159 Franz Como, Das kaiserliche Kollegiatstift St. Martin in Worms. Ein Beitrag zu seiner 900-jährigen Geschichte, Koblenz 1962, S. 57– 61, bes. S. 59; St. Martin in Worms 996/1996, S. 53 f. 160 Rommel, Martinspfarrei, S. 158 –165. 161 Das 1803 eingerichtete bischöfliche Kommissariat hieß seit 1810 »Provikariat« und war eine Zwischeninstanz zwischen Bistumsleitung und Dekanaten; vgl. Rivinius, Bistum (wie Anm. 151), S. 936. 162 Illert, Wendepunkt, S. 137 f.; Zotz, Aktenmäßige Zusammenstellung (Übersicht über die 1803–1810 versteigerten Nationalgüter im Wormser Stadtbezirk). 163 Säkularisation und Mediatisierung, hg. v. W. Schieder/M. Koltes IV, S. 414– 437, Nr. 12579–12774. 164 Den höchsten absoluten Wert erzielte das Bergklostergut in Worms, Hochheim und Pfiffligheim (wie vorige Anm. Nr. 12724) Schätzpreis: 10 540, Kaufpreis 29 900 Francs; zum Bergkloster vgl. Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 84 f. mit Quellen S. 158–161; hier auch zur Versteigerung von Dominikaner- und Kapuzinerkloster (S. 162–165) sowie zum Reichkonvent (S. 173 f.) mit ausführlichem Belegmaterial. 165 Abraham Arentz (wie Anm. 163, Nr. 12650), Joseph Gernsheim (Nr. 12665), Michael Prag (Nr. 12715 u.ö.). 166 Illert, Wendepunkt, S. 138–140; zum Abbruch der Johanneskirche vgl. Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 16 ff. und Quellenabdruck S. 143–157. 167 Säkularisation und Mediatisierung, hg. v. W. Schieder/M. Koltes IV, S. 372– 393, Nr. 12229–12399. 168 Zu den Käufern im Kanton Pfeddersheim gehörten u. a. Karl Hortal, Johann Jordan und David Moellinger. 169 Vgl. J. M. Schwerz, Beobachtungen über den Ackerbau der Pfälzer, Wien 1816; J. J. Eichoff, Topographisch-statistische Darstellung des Rheins mit vorzüglicher Rücksicht auf dessen Handlung, Köln 1814. 170 StadtA Mainz Best. 060 / 0847. 171 Dotzauer, Freimaurerlogen, S. 148 –157. 172 Régistres des Actes de la Mairie de Worms, 2. Vendémiaire X = 24. 9. 1801 (StadtA Wo Abt. 2 Nr. 24,7, S. 3 § 6). 173 Erlass vom 3. Frimaire XII = 25. 11. 1803 (StadtA Wo Abt. 43 Nr. 18). 174 »Adresse an die Einwohner des Départements vom Donnersberg«, 29. Prairial XI = 18. 6. 1803, zweisprachiges Plakat (StadtA Wo Abt. 49 Nr. 2602). 175 WZIM (wie Anm. 14), 3. St. vom 11. Vendémiaire XIII = 3. 10. 1804, S. 2. 176 Wie vorige Anm., 4. St. vom 14. Vendémiaire XIII = 6. 10. 1804, S. 2. 177 Zahlreiche Belege dazu in: StadtA Wo Abt. 2 Nr. 39 und Abt. 49 Nr. 2602. 178 Bekanntmachung Vernys vom 4. 8. 1807 (StadtA Wo Abt. 43 Nr. 18). 179 StadtA Wo Abt. 49 Nr. 2186; die Absetzung wurde durch zweisprachige Plakate bekannt gemacht. Jordans Amt übernahm der frühere Regierungskommissar Karl Hortal; er blieb bis 1823 im Amt. 180 Vom 30. 3. und 1. 4. 1798 (Quellen zur Geschichte des Rheinlandes, hg. v. J. Hansen IV, Nr. 120, S. 639– 641, 1127 und 1149), vgl. insgesamt Wolfgang Hans Stein, Sprachtransfer durch Verwaltungshandeln. Französisch als Sprache der Verwaltungsöffentlichkeit in den rheinischen Departements 1798 bis 1814. Ein aktenkundlicher Befund, in: Kulturtransfer im Epochenumbruch. Frankreich-Deutschland 1770 bis 1815, hg. v. Hans-Jürgen Lüsebrink u. Rolf Reichardt, Leipzig 1997 (Deutsch-französische Kulturbibliothek 9, 1), S. 259 – 307 hier v. a. S. 285 f. und 291– 295. 181 StadtA Wo Abt. 31 und Abt. 32. 182 Rundschreiben vom 28. 2. 1807 (StadtA Wo Abt. 43 Nr. 17). 183 Fischer, Zunftwesen, S. 252 f. 184 Gernsheim, Statistik, S. 88. 185 Beschluss vom 1. 2. 1812, zitiert nach Kühn, Wandel, S. 60 Anm. 108. 186 Zit. nach Gernsheim, Statistik, S. 84. 187 Albrecht Eckhardt, Die Industriestatistik des Departements Donnersberg (Hauptstadt Mainz) von 1811, in: Geschichtliche Landeskunde 7, 1972, S. 140 – 208, hier S. 149; das Folgende nach Gernsheim, Statistik, S. 86 f.

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Gernsheim, Gymnasium, S. 9–15 und 19– 38. Bodmann, Annuaire, S. 148 –150. Bodmann, Annuaire, S. 143 –148. Nämlich 232; die höchste (241) hatte der Kanton Winnweiler (Lehne, Jahrbuch 1800/01, o. S.). StadtA Wo Abt. 49 Nr. 2609. Joachim Kermann, Die Konskriptionen des Jahres 1812 in den Kantonen der Arrondissements Speyer, Kaiserslautern und Zweibrücken, in: Pfalzatlas, Textband 3, Speyer 1985, S. 1481–1494. Bei der Teilung der Archivalien des Départements Donnersberg ab 1816 kamen die Konskriptionsakten der Kantone Pfeddersheim und Worms nach Darmstadt, wo sie 1944 bei einem Luftangriff verbrannten (Kermann, Konskriptionen (wie vorige Anm.), S. 1481 f.). StadtA Wo Abt. 49 Nr. 90 (Urteile Napoleons gegen refractaires u. a. von Worms und Pfeddersheim 1809 bis 1813). StadtA Wo Abt. 49 Nr. 93. Wie vorige Anm. Proklamation des Präfekten vom 13. 1. 1807, siehe Anm. 195. Bodmann, Annuaire 1810, S. 190 –195; Springer, Franzosenherrschaft, S. 313. Vgl. Erich Schneider, »Triumph, die Freiheitsfahne weht.« Die Pfalz im Banne der Französischen Revolution (1789 –1814). Eine Sammlung zeitgenössischer Stimmen, Landau 1988, S. 277– 288. StadtA Wo Abt. 2 Nr. 49, zur Person vgl. Reuter, Worms 1800–1882, S. 71 f. und Anm. 206 S. 169; siehe auch StadtA Wo Abt. 170/11 (Familienunterlagen); Reuter, Vier bedeutende Familien. Auguste St. Priest, 1814 Stadtkommandant von Koblenz. StadtA Wo Abt. 11, Sterberegister Worms und Pfeddersheim 1809, 1813 und 1814; zum frz. Hospital vgl. Akten im StadtA Wo Abt. 170/11 Nr. 4. Rommel, Bevölkerung, S. 312. Noch am 28. 1. unterzeichnet Valckenberg im Wochenblatt mit »Maire de Worms«. Otterstedt an den (neu eingesetzten) Unterpräfekten Schönberger von Speyer, Worms 11. 2. 1814 (StadtA Wo Abt. 49 Nr. 2602). Illert, Presse, S. 46– 48 u. 58 f. Boos, GRS 4, S. 650. Friedrich Schmitt, Die Provisorische Verwaltung des Gebietes zwischen Rhein, Mosel und französischer Grenze durch Österreich und Bayern in den Jahren 1814-1816, Meisenheim am Glan 1961. Julius Dietrich, Hessen-Darmstadt auf dem Wiener Kongreß und die Erwerbung Rheinhessens, in: Bechtolsheimer/Dieterich/Strecker, Beiträge zur rheinhessischen Geschichte, Mainz 1916, S. 147– 284. S. L. Schmidt, Einer hohen K.K. österreichischen und K. baierischen gemeinschaftlichen Landes-Administration an ihrem Scheidetage im Namen dankbarer Bürger von Worms gehorsamst dargebracht von S. L. Schmidt, Worms 1816; vgl. Volker Rödel, Die Zeit der Französischen Revolution und Napoleons, Karte 115, in: Pfalzatlas, Textband 3, Speyer 1985, S. 1511 f. Illert, Wendepunkt, S. 132.

Die hessische Landstadt in Vormärz und Revolution 1848/49 (1816 –1852) Quellen Stadtarchiv Worms (u. a.): Stadtratsprotokolle (Abt. 5); Zivilstandsregister (Abt. 12) (ZStR); Nachlass Valckenberg (Abt. 170/11); Polizeidirektion (Abt. 13); Wormser Dokumentation (Abt. 204). (Augsburger) Allgemeine Zeitung (AAZ) 1820 –1850 Beobachter in Hessen bei Rhein (BHRh) 1831–1833 Dael, Friedrich, Statistische Mitteilungen über Rheinhessen, Mainz 1849 Darmstädter Zeitung (DaZ) 1848–1852 Frankfurter Journal (FJ) 1822–1852 Frankfurter Oberpostamts-Zeitung (FOPAZ) 1830 –1852 Franz, Eckhart G. / Murk, Karl (Hg.), Verfassungen in Hessen 1807–1946. Verfassungstexte der Staaten des 19. Jahrhunderts, des Volksstaats und des heutigen Bundeslandes Hessen, Darmstadt 1998

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(Großherzoglich-) Hessisches Regierungsblatt (HRegBl) 1820–1852 Huber, Ernst Rudolf (Hg.), Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte, Bd. 1: Deutsche Verfassungsdokumente 1803 –1850, Stuttgart u. a. 31978 Mainzer Journal (MJ) 1848 –1852 Mainzer Zeitung (MZ) 1815–1850 (1822 –1835 Neue Mainzer Zeitung (NMZ)) Neckar-Zeitung 1831–1833 Neue Mainzer Zeitung (NMZ) Neue Zeit (NZ) (Worms) 1848–1849 (StadtA Wo Abt. 228) Stenografische Berichte über die Verhandlungen der deutschen konstituierenden Nationalversammlung (StBVerhNV), Frankfurt am Main 1848 –1849 Verhandlungen der Zweiten Kammer der Landstände des Großherzogtums Hessen, 10. Landtag (1844– 1847), Protokolle und Beilagen, Darmstadt 1844 –1847 (VLGH) Vollständige Verhandlungen vor dem königlich-bayerischen Appellationsgericht des Rheinkreises und in den öffentlichen Sitzungen des außerordentlichen Assisengerichts zu Landau im Juli 1833, Zweibrücken 1833 Wormser Zeitung (WZ) 1816–1852 (StadtA Wo Abt. 228)

Spezialliteratur (direkt Worms betreffende Titel finden sich in der Gesamtbibliographie, S. 1010–1015) Allgemeine Deutsche Biographie (ADB), München, Bd. 2, 1875, S. 703 (Wiegand über Ludwig Blenker); Bd. 41, 1896, S. 398– 402 (R. Hess über Georg von Wedekind). Bammel, Ernst, Der Pakt Simon-Gagern und der Abschluß der Paulskirchen-Verfassung, in: Aus Geschichte und Politik. Festschrift zum 70. Geburtstag von Ludwig Bergsträsser, Düsseldorf 1954, S. 57– 87. Bergmann, Jürgen, Ökonomische Voraussetzungen der Revolution von 1848. Zur Krise von 1845 bis 1848 in Deutschland, in: Bergmann, Jürgen/Klaus Megerle/Peter Steinbach (Hg.), Geschichte als politische Wissenschaft, Stuttgart 1979, S. 24 – 54. Best, Heinrich/Wilhelm Weege, Biographisches Handbuch der Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49, Düsseldorf 1996. Blos, Wilhelm, Die Deutsche Revolution. Geschichte der Deutschen Bewegung von 1848 und 1849, Stuttgart 1893, 2. Nd. Berlin/Bonn 1979. Boldt, Werner, Die württembergischen Volksvereine von 1848 bis 1852, Stuttgart 1970. Büttner, Siegfried, Die Anfänge des Parlamentarismus in Hessen-Darmstadt und das du Thilsche System, Darmstadt 1969. Förster, Cornelia, Der Preß- und Vaterlandsverein von 1832/33. Sozialstruktur und Organisationsformen der bürgerlichen Bewegung in der Zeit des Hambacher Festes, Trier 1982. Gerecke, Anneliese, Das deutsche Echo auf die polnische Erhebung von 1830, Diss. München 1964. Grab, Walter (Hg.), Die Revolution von 1848. Eine Dokumentation, München 1980. Hachtmann, Rüdiger, Berlin 1848. Eine Politik- und Gesellschaftsgeschichte der Revolution, Bonn 1997. Hauser, Christoph, Anfänge bürgerlicher Organisation. Philhellenismus und Frühliberalismus in Südwestdeutschland (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 87), Göttingen 1990. Holzem, Andreas, Kirchenreform und Sektenstiftung. Deutschkatholiken, Reformkatholiken und Ultramontane am Oberrhein 1844 –1866, Paderborn u. a. 1994. Kampe, Ferdinand, Geschichte der religiösen Bewegung der neuen Zeit, Leipzig, Bd. 1, 1852, Bd. 2, 1853. Leddigkeit, Jürgen, Der Landesverteidigungsausschuß und die Provisorische Regierung der Pfalz im Frühjahr 1849, in: Fenske, Hans/Joachim Kermann/Karl Scherer (Hg.), Die Pfalz und die Revolution 1848/49, Bd. 2, Kaiserslautern 2000, S. 3– 62. Scheel, Heinrich (Hg.), Die Mainzer Republik II. Protokolle des Rheinisch-deutschen Nationalkonvents, Berlin 1981. Schütz, Friedrich, Der Vormärz in Mainz und Rheinhessen, in: Hambach 1832. Anstöße und Folgen (Geschichtliche Landeskunde 24), Wiesbaden 1984, S. 77– 99. Valentin, Veit, Geschichte der deutschen Revolution 1848–1849, 2 Bde., Berlin 1931, Nd. Frankfurt am Main/Wien/Zürich 1977.

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Wentzcke, Paul/Wolfgang Klötzer (Hg.), Deutscher Liberalismus im Vormärz. Heinrich von Gagern. Reden und Briefe 1815–1848, Göttingen/Berlin/Frankfurt 1959. Zimmermann, Erich, Für Freiheit und Recht! Der Kampf der Darmstädter Demokraten im Vormärz (1815 – 1848), Darmstadt 1987.

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Boos, GRS 4, Kap. 49, z. B. S. 654 und 662. Hugo, Reisebericht, z. B. S. 21– 23 und 63– 65. Handbuch der hessischen Geschichte, S. 737 ff. Das Besitzergreifungspatent ist abgedruckt in: WZ 85 vom 16. 7. 1816, S. 3– 4. Handbuch der hessischen Geschichte, S. 745 f. WZ 86 vom 18. 7. 1816, S. 4. Handbuch der hessischen Geschichte, S. 737 f. WZ 151 vom 18. 12. 1817, S. 3, und MZ 144 vom 2. 12. 1817, S. 2– 3 (Text der Forderungen). Zimmermann, Freiheit, S. 28 ff.; Franz/Fleck, Landtag, S. 9 ff.; sowie AAZ 96 vom 4. 7. 1820, Beilage S. 381 f. und 97 vom 6. 7. 1820, Beilage S. 385 – 387. Franz/Murk, Verfassungen, S. 168 ff. und Handbuch der hessischen Geschichte, S. 759 ff. Franz/Murk, Verfassungen, S. 164 ff. Ruppel/Groß, Abgeordnete (und eigene Recherchen). HRegBl 29 vom 9. Juli 1821, S. 355 – 376; ausführlich analysiert bei Kühn, Wandel, S.113 ff. Kühn, Wandel, S. 156 f. und Anhänge. Hauser, Anfänge, S. 14. Hauser, Anfänge, S. 60 (hier aber mit dem falschen Datum: 1. 7. 1822); der Aufruf findet sich auch im Wortlaut abgedruckt in: FJ 215 vom 3. 8. 1822, S. 4. Konrad Michael von Winkelmann, geb. Mainz 1. 9. 1749, gest. Worms 31. 2. 1823, in französischer Zeit auch Maire von Worms (Scheel, Republik, Bd. 2, S. 728 (Register), vgl. vorheriges Kap. S. 365). Gottlob Lorenz Schneidler, geb. Hildesheim 1761, gest. Homburg v. d. H. 10. 4. 1835. Er war von 1804 bis 1830 Direktor erst der Sekundärschule, dann des Gymnasiums (Becker, Beiträge, S. 284 f.). Hauser, Anfänge, S. 64 und 175 (mit den entsprechenden Belegen). Illert, Presse, S. 69. WZ 126 vom 20. 10. 1829, S. 508. StadtA Wo, Zivilstandsregister, Abt. 12 (künftig ZStR); ADB, Bd. 2, S. 703 (Wiegand); Rhein–NeckarRaum, S. 86– 88 (Reuter); und Köhler, »So sehr ich …«, S. 169 f. WZ 64 vom 28. 5. 1831, S. 1; und Gerecke, Echo, S. 92 ff. Johann Daniel Kremer, geb. Mainz 3. 1. 1799, gest. Worms 30. 3. 1851. Bei seiner Heirat im Jahr 1825 war, wohl nicht zufällig, der Gymnasiums-Direktor und Philhellene Lorenz Schneidler Trauzeuge (StadtA Wo, ZStR). Zu seiner Biografie grundlegend Reuter, Bandel. StadtA Wo Abt. 202 Nr. 59 (Einladung); Uhrig, Worms, S. 13, und Reuter, Bandel S. 48 mit Anm. 31; vgl. auch StadtA Wo Abt. 49 Nr. 2495. NMZ 144 vom 24. 5. 1832, S. 1. WZ 107 vom 5. 9. 1822, S. 3– 4 (Wahl-Ausschreiben). Gedruckte Liste im StadtA Wo Nachlass Valckenberg (Abt. 170/11). StadtA Wo Stadtratsprotokoll § 1191 vom 19. 5. 1825 (Abt. 5 Nr. 6246). Kühn, Wandel, Listen; Rhein-Neckar-Raum, S. 119 –121 (Eberstadt). StadtA Wo Abt. 5 Nr. 2440; auch Uhrig, Worms, S. 13. Friedrich Karl Martenstein, geb. Diez 20. 11. 1777, gest. Worms 21. 6. 1859, bei seiner Heirat 1897 mit Marie Elisabeth Scharf Spezereihändler (StadtA Wo ZStR). Neckar-Zeitung 92 vom 6. 4. 1831, S. 511. Auf den 3. Platz kam der Holzhändler Johann Adam Dieterich mit 311 Stimmen. Liste im StadtA Wo Nachlass Valckenberg (wie Anm. 29). WZ 59 vom 17. 5. 1831, S. 1. WZ 55 vom 7. 5. 1831, S. 223. WZ 55 vom 7. 5. 1831, Beilage. WZ 58 vom 14. 5. 1831, S. 236.

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40 Zitiert bei Uhrig, Worms, S. 14. 41 Die Beschwerdeschrift des Rats und die Denkschrift der Bürger sind abgedruckt bzw. angesprochen in: BHRh 4 vom 24. 4. 1832, S. 19 – 20. 42 BHRh 1 vom 3. 4. 1832, S. 2 – 3. 43 BHRh 6 vom 8. 5. 1832, S. 1– 2. 44 BHRh 29 vom 9. 4. 1833, S. 236 f. 45 Förster, Preß- und Vaterlandsverein, S. 110 ff. 46 Förster, Preß- und Vaterlandsverein, S. 197. 47 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 2440 und Abt. 13 Nr. 1054. 48 Schütz, Vormärz, S. 84. 49 Vollständige Verhandlungen Landau, S. 144 f. 50 Das geht nicht aus dem veröffentlichten Protokoll des Prozesses, wohl aber aus dem Stenogramm hervor, das der Landauer Korrespondent der Neckar-Zeitung (213 vom 6. 8. 1833, S. 1033) angefertigt hat. 51 Neckar-Zeitung 234 vom 27. 8. 1833, S. 1150. 52 Landau (wie Anm. 49), S. 144 f. Weitere Schilderungen der Rebellion finden sich in: FOPAZ 157 vom 5. 6. 1832, Beilage S. 2 (Übernahme aus WZ); NMZ 152 vom 1. 6. 1832, S. 1– 2; und AAZ 159 vom 7. 6. 1832, Beilage S. 635; auch Schütz, Vormärz, S. 87. 53 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1054 (Original). 54 AAZ 169 vom 17. 6. 1832, Beilage S. 674. 55 StadtA Wo Abt. 204 Nr. 1/06. 56 Kurzbiografie von Hallwachs in BHRh 60 vom 26. 7. 1833, S. 1, und bei Ruppel/Groß, Abgeordnete, S. 123. 57 BHRh 26 vom 25. 9. 1832, S. 116. 58 Diese Gesetze sind im Einzelnen dokumentiert in: Huber, Dokumente, Bd. 1, S. 132 ff. 59 Büttner, Anfänge, S. 181. 60 WZ 22 vom 20. 2. 1834, S. 1, und 23 vom 22. 3. 1834, S. 1. 61 AAZ 84 vom 25. 3. 1834, S. 336. 62 AAZ 91 vom 1. 4. 1834, Beilage, S. 363. 63 Georg von Wedekind, geb. Straßburg 29. 7. 1796, gest. Darmstadt 22. 1. 1856 (ADB, Bd. 41, S. 398 – 402 (R. Hess)); seine Wahl in: AAZ 143 vom 10. 4. 1834, S. 570. 64 Philipp Rauschert, geb. Alzey 26. 5. 1801, gest. Sprendlingen 1. 6. 1864 (Ruppel/Groß, Abgeordnete, S. 213, und Stadtverwaltung Sprendlingen ZStR). 65 Seine Wahl: FJ 121 vom 2. 5. 1834, S. 3. 66 Wentzcke/Klötzer, Liberalismus, S. 145 (Rede Gagerns im Auszug). 67 FJ 360 vom 31. 12. 1834, S. 3 und AAZ 2 vom 21. 1. 1835, Beilage S. 16. 68 Kühn, Wandel, S. 25 f. und 208 f. (vollständiger Wortlaut der Petition). 69 Auszüge in: AAZ aoB. 81 vom 4. 3. 1835, S. 321 f.; FOPAZ 66 vom 7. 3. 1835, S. 2– 3, und FJ 67 vom 8. 3. 1835, Beilage S. 2. 70 FOPAZ 142 vom 23. 5. 1835, Beilage S. 1– 2. 71 FJ 150 vom 1. 6. 1835, Beilage S. 2. 72 Wentzcke/Klötzer, Liberalismus, S. 28 f. 73 Holzem, Kirchenreform, S. 13 und 19. 74 Holzem, Kirchenreform, S. 56 f.; Köhler, »So sehr ich …«, S. 24. 75 Beide Zahlen nach Kampe, Geschichte, Bd. 1, S. 154, und Bd. 2, S. 132. 76 Zu seiner Biografie Köhler, »So sehr ich …«, S. 25 Anm. 21. 77 Zum Inhalt des Streits auch Holzem, Kirchenreform, S. 357 ff. 78 WZ 36 vom 25. 3. 1847, S. 3. 79 FJ 134 vom 16. 5. 1847, 1. Beilage S. 1. 80 NZ 51 vom 7. 7. 1848, S. 3. 81 Braun, 150 Jahre, S. 16 und 19. 82 Braun, 150 Jahre, S. 16–17. 83 Zitiert bei Braun, Geschichte, Bd. 1, S. 51. 84 Braun, Geschichte, Bd. 1, S. 47. 85 NZ 7 vom 29. 3. 1849, Beilage S. 2. 86 Braun, 150 Jahre, S. 27– 29.

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87 Kühn, Wandel, S. 120, der darauf eingeht, allerdings in einem anderen Zusammenhang und es deshalb unterlässt, den Inhalt der Übereinkunft mitzuteilen. 88 GemRPr § 1174 vom 16. 6. 1843 (StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6266), und WZ 154 vom 24. 12. 1844, S. 3 und 4 vom 8. 1. 1846, S. 3 – 4 (wo darauf Bezug genommen wird). 89 WZ 72 vom 17. 6. 1843, S. 3. 90 Diese Missernten sind für Hessen noch nicht genau beziffert worden, einige wenige Zahlen für Rheinhessen bei Dael, Mitteilungen, S. 35 ff.; Zahlen für andere deutsche Länder bei Bergmann, Voraussetzungen. 91 WZ 4 vom 8. 1. 1846, S. 3– 4. 92 WZ 68 vom 6. 6. 1846, S. 3. 93 WZ 153 vom 2. 12. 1846, S. 3. 94 WZ 55 vom 8. 5. 1847, S. 2– 3. 95 WZ 58 vom 15. 5. 1847, S. 3. 96 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1013 (Konzept). 97 Beide Schriftstücke im StadtA Wo Nachlass Valckenberg Abt. 170/11, Nr. 10, das zweite ist im Auszug abgedruckt bei Kühn, Wandel, S. 210– 212. 98 VLGH 10 (1844/47), Prot. 78, S. 29; und Uhrig, Worms, S. 20 f. (aber mit falschem Datum) 99 WZ 149 vom 12. 12. 1846, S. 3, und StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1054. 100 HStAD Nachlass Gagern (Kopie im StadtA Wo). 101 WZ 14 vom 2. 2. 1847, S. 1, und 17 vom 9. 2. 1847, S. 2– 3. 102 WZ 84 vom 15. 7. 1847, S. 1– 2, und Uhrig, Worms, S. 22. 103 Köhler, »So sehr ich …«, S. 29 f. 104 Wentzcke/Klötzer, Liberalismus, S. 370 und 372. 105 Uhrig, Worms, S. 21 f. 106 NZ 16 vom 19. 4. 1848, S. 1– 2. 107 Gesamter Text bei Franz/Fleck, Landtag, S. 448 f. mit S. 434. 108 Schütz, Vormärz, S. 406, mit Abb. der gedruckten Adresse. 109 Uhrig, Worms, S. 24 – 27. 110 Heinrich Zitz, geb. Mainz 18. 11. 1803, gest. München 30. 4. 1877 (Best/Weege, Handbuch, S. 373 f.). 111 NZ 2 vom 17. 3. 1848, S. 4. 112 Kühn, Wandel, Listen im Anhang; StadtA Wo ZStR und eigene Recherchen. 113 WZ 48 vom 11. 4. 1848, S. 3. 114 NZ 21 vom 30. 4. 1848, S. 3; und Uhrig, Worms, S. 32 f. und 40. 115 Diese Proklamation ist abgedruckt bei Köhler, »So sehr ich …«, S. 33; auch Uhrig, Worms, S. 44. 116 Martin Mohr, geb. Warmsroth/Kreuznach 6. 6. 1788, gest. Ober-Ingelheim 7. 5. 1865 (Best/Weege, Handbuch, S. 244). 117 NZ 15 vom 16. 4. 1848, S. 1. 118 NZ 18 vom 23. 4. 1848, S. 1. 119 NZ 16 vom 19. 4. 1848, S. 1– 2. 120 Uhrig, Worms, S. 45. 121 WZ 59 vom 30. 4. 1848, S. 1– 2. 122 Zur Biografie Mohrs: Uhrig, Worms, S. 47 f., der noch dessen Personalakte vorgelegen hat. 123 Ein Bericht zum Wahlkampf und zur Wahl in Zwingenberg am 13. 5. 1848 in der NZ 28 vom 17. 5. 1848, Beilage S. 2. 124 NZ 29 vom 19. 5. 1848, S. 3, und Uhrig, Worms, S. 49. 125 Uhrig, Worms, S. 48 f. 126 NZ 31 vom 24. 5. 1848, S. 1. 127 NZ 46 vom 28. 6. 1848, S. 1. 128 NZ 42 vom 18. 6. 1848, Beilage S. 1, und 44 vom 23. 6. 1848, S. 3. 129 NZ 57 vom 23. 7. 1848, S. 3. 130 NZ 61 vom 2. 8. 1848, S. 3. 131 NZ 51 vom 9. 7. 1848, Beilage S. 3. 132 NZ 52 vom 12. 7. 1848, S. 3– 4. 133 Uhrig, Worms, S. 52. 134 NZ 10 vom 23. 1. 1849, S. 4.

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135 Joseph von Diepenbrock, geb. Bocholt 18. 8. 1803, gest. Limburg 26. 6. 1884, ehemaliger preußischer Offizier, seit 1833 in Worms ansässig (Köhler, »So sehr ich …«, S. 78 Anm. 122). 136 Konrad Emil Haas, geb. Dillenburg 1819, Tabakfabrikant, nach 1863 nach Amerika ausgewandert (StadtA Wo Abt. 5 Nr. 5731). 137 Ludwig Bamberger, geb. Mainz 22. 7. 1823, gest. Berlin 14. 3. 1899, Mitredakteur der Mainzer Zeitung (Köhler, »So sehr ich …«, S. 75 Anm. 112). 138 Friedrich Jakob Schütz, geb. Mainz 31. 8. 1813, gest. Rotterdam 4. 3. 1877 (Best/Weege, Handbuch, S. 310). 139 Eduard Zimmermann, geb. Berlin 4. 9. 1811, gest. Berlin 29. 2. 1880 (Best/Weege, Handbuch, S. 372). 140 NZ 64 vom 9. 8. 1848, Beilage S. 1– 2; und Uhrig, Worms, S. 74 f. 141 Dazu ausführlich Valentin, Geschichte, Bd. 2, S. 95 ff. 142 NZ 85 vom 27. 9. 1848, S. 3. 143 NZ 94 vom 18. 10. 1848, S. 3 (Prot. d. Sitzung vom 14. 10. 1848). 144 NZ 97 vom 25. 10. 1848, S. 4 (Prot. d. Sitzung vom 21. 10. 1848). 145 Hierzu Valentin, Geschichte, Bd. 2, S. 183 ff.; und Blos, Revolution, S. 344 ff. und 417 ff. 146 NZ 94 vom 18. 10. 1848, S. 3 (Prot. d. Sitzung vom 14. 10. 1848). 147 NZ 97 vom 25. 10. 1848, S. 4 (Prot. d. Sitzung vom 21. 10. 1848). 148 NZ 109 vom 22. 11. 1848, S. 4. 149 Dazu neuerdings ausführlich Hachtmann, Berlin, S. 739 ff. 150 NZ 105 vom 12. 11. 1848, Beilage S. 3 (Prot. d. Sitzung vom 11. 11. 1848). 151 NZ 108 vom 19. 11. 1848, S. 3 – 4 (Prot. d. Sitzung vom 18. 11. 1848). 152 NZ 118 vom 13. 12. 1848, S. 4 (Prot. d. Sitzung vom 9. 12. 1848). 153 NZ 126 vom 31. 12. 1848, S. 2 (Prot. d. Sitzung vom 30. 12. 1848); und Uhrig, Worms, S. 95. 154 Der Programmentwurf in: WZ 92 vom 27. 6. 1848, Beilage S. 1, die angenommenen Statuten in: WZ 95 vom 2. 7. 1848, S. 1. 155 Philipp Merz, geb. Eberstadt 26. 6. 1802, gest. Worms 20. 1. 1874, er war vor der Revolution auch zeitweilig am Gymnasium tätig (StadtA Wo ZStR und Becker, Beiträge, S. 286). 156 Georg Friedrich Zimmermann, geb. Darmstadt 24. 2. 1814, nicht in Worms gestorben (StadtA Wo ZStR). 157 Georg Fuchs, geb. Eppelsheim 14. 3. 1808, gest. Appenheim 20. 5. 1879, 1844 –1849 Pfarrassistent in Worms (Diehl, Pfarrer- und Schulmeisterbuch, Bd. 3, S. 309). 158 Adam Ludwig Theyer, geb. 26. 2. 1802 als Sohn des Jakobiners Peter Nikolaus Theyer, gest. Worms 25. 8. 1861 (StadtA Wo ZStR). 159 Friedrich Eich, geb. Worms 6. 12. 1812, gest. ebd. 25. 8. 1879. Zu seiner Biografie Ruppel/Groß, Abgeordnete, S. 93; und Rhein-Neckar-Raum, S. 123 f. 160 WZ 62 vom 19. 4. 1849, S. 4. 161 Uhrig, Worms, S. 56 f. 162 WZ 64 vom 22. 4. 1849, S. 3. 163 WZ 96 vom 4. 7. 1848, S. 1 und 3. 164 WZ 136 vom 12. 9. 1848, S. 3. 165 WZ 140 vom 19. 9. 1848, S. 3. 166 WZ 149 vom 5. 10. 1848, S. 3; und Uhrig, Worms, S. 83 ff. 167 WZ 157 vom 19. 10. 1848, S. 3 – 4. 168 WZ 171 vom 12. 11. 1848, S. 2 – 3. 169 WZ 174 vom 18. 11. 1848, S. 1. 170 WZ 173 vom 16. 11. 1848, S. 1. 171 Z. B. WZ 187 vom 10. 12. 1848, S. 2, und WZ 197 vom 28. 12. 1848, S. 2 – 3. 172 WZ 198 vom 30. 12. 1848, S. 3. 173 WZ 181 vom 30. 12. 1848, S. 4. 174 WZ 193 vom 21. 12. 1848, S. 1. 175 WZ 194 vom 23. 12. 1848, S. 1. 176 WZ 122 vom 19. 8. 1848, S. 1. 177 NZ 69 vom 20. 8. 1848, S. 3 – 4. 178 NZ 74 vom 6. 9. 1848, Beilage S. 2. 179 Uhrig, Worms, S. 61. 180 NZ 126 vom 31. 12. 1848, S. 1. 181 WZ 1 vom 2. 1. 1848, S. 1.

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182 MZ 10 vom 12. 1. 1849, S. 1– 2 (mit Gründen für die Verschiebung der ursprünglich früher angesetzten Wahl). 183 NZ 4 vom 10. 1. 1849, S. 1. 184 Uhrig, Worms, S. 91. 185 WZ 33 vom 27. 2. 1849, S. 1– 2. 186 NZ 33 vom 17. 3. 1839, S. 4 (Sitzung des Demokratischen Vereins vom 10. 3. 1849). 187 WZ 47 vom 24. 3. 1849, S. 2. 188 StBVerhNV Bd. 6, S. 4233 und 4562– 4566. 189 WZ 14 vom 25. 1. 1849, S. 3– 4; siehe auch oben S. 429 f. 190 So der Titel eine Artikelserie von Nr. 46 (22. 3. ) bis Nr. 51 (31. 3. 1849). 191 WZ 30 vom 22. 2. 1849, S. 1. 192 WZ 42 vom 15. 3. 1849, S. 4. 193 WZ 55 vom 7. 4. 1849, S. 3. 194 Bammel, Pakt, S. 57 ff. 195 NZ 6 vom 14. 1. 1849, S. 4. 196 NZ 6 vom 14. 1. 1849, S. 1– 2. 197 NZ 7 vom 17. 1. 1849, S. 1. 198 NZ 5 vom 12. 1. 1849, S. 1. 199 NZ 12 vom 27. 1. 1849, S. 1. 200 NZ 21 vom 17. 2. 1849, S. 1. 201 NZ 23 vom 22. 2. 1849, S. 1 und 2. 202 NZ 33 vom 17. 3. 1849, S. 4. 203 NZ 39 vom 31. 3. 1849, S. 1. 204 NZ 29 vom 8. 3. 1849, S. 2– 3. 205 WZ 38 vom 8. 3. 1849, S. 1– 2. 206 NZ 49 vom 24. 4. 1849, S. 1– 3, vor allem S. 3. 207 NZ 47 vom 19. 4. 1849, S. 1, und 51 vom 28. 4. 1849, S. 1. 208 WZ 58 vom 12. 4. 1849, S. 1– 2. 209 Wortlaut der Kollektivnote bei Grab, Revolution, S. 270 ff. 210 Boldt, Volksvereine, S. 56 ff.; und WZ 70 vom 3. 5. 1849, S. 2. 211 Hachtmann, Berlin, S. 801 ff. 212 WZ 67 vom 28. 4. 1849, S. 1. 213 Rhein-Neckar-Raum, S. 39 f. (Fenske); und Leddigkeit, Landesverteidigungsausschuss, S. 13 ff. 214 WZ 72 vom 6. 5. 1849, S. 2; und NZ 54 vom 6. 5. 1849, Beilage S. 2. Wortlaut abgedruckt bei Uhrig, Worms, S. 106 f. 215 Etwa im Leitartikel der WZ 59 vom 14. 4. 1849, S. 1. 216 WZ 74 vom 10. 5. 1849, S. 1. 217 WZ 73 vom 8. 5. 1849, S. 1. 218 NZ 54 vom 5. 5. 1849, S. 4 (Einladung) und 55 vom 8. 5. 1849, S. 1 (Kommentar). 219 Uhrig, Worms, S. 108. 220 WZ 75 vom 12. 5. 1849, S. 3. 221 Zur Entwicklung der Bürgerwehr Uhrig, Worms, S. 59– 61 (mit Biografie Blenkers) und S. 79– 81. 222 NZ 57 vom 13. 5. 1849, Beilage. 223 Uhrig, Worms, S. 111, 117 f., 119 (falsches Datum) und 140 f. (Anhang); und Wettengel, Revolution, S. 498 f. 224 WZ 94 vom 14. 6. 1849, S. 1; DaZ 164 vom 15. 6. 1849, S. 989; Uhrig, Worms, S. 119 (falsches Datum). 225 DaZ 164 vom 15. 6. 1849, S. 993. 226 DaZ 172 vom 23. 6. 1849, S. 1038. 227 DaZ 177 vom 28. 6. 1849, S. 1072. 228 DaZ 193 vom 14. 7. 1849, S. 1160. 229 DaZ 328 vom 26. 11. 1849, S. 1948. 230 Heinemann, Verhandlungen, S. 2 ff.; verschiedene Zeitungsberichte und StadtA Wo ZStR. 231 HRegBl 28 vom 9. 5. 1849, S. 213– 252. 232 Neben dem Stenogramm von Heinemann vor allem die ausführliche Berichterstattung in der MZ. 233 Nathan/Nentwig, Anklage, das Zitat S. 75.

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234 MJ 66 vom 18. 3. 1851, S. 4. 235 Zu ihm Köhler, »So sehr ich …«, S. 167 Anm. 298. 236 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1054 (Allgemeiner Polizei-Anzeiger, Dresden, Bd. 34, Extra-Beilage vom 28. 2. 1852). 237 Kaufmann, Deutsche, S. 483 f. (Blenker), 510 (Hedderich) und 529 (Loehr). 238 HRegBl 52 vom 4. 9. 1849, S. 435– 441; und Franz/Murk, Verfassungen, S. 186. 239 Wahlprogramm für Rheinhessen in: NZ 146 vom 18. 9. 1849, S. 1– 2. 240 Wahlprogramm der hessischen Bürgervereine als Flugblatt in: StadtA Wo Abt. 204 Nr. 1/06 und WZ 145 vom 11. 9. 1849, S. 1– 2. 241 DaZ 334 vom 7. 12. 1849, S. 1983, und eigene Berechnungen. 242 WZ 94 vom 13. 6. 1850, S. 1; die Erläuterungen, die Uhrig, Worms, S. 133, zu dieser Forderung gibt, sind fehlerhaft. 243 AAZ 182 vom 1. 7. 1850, S. 2998. 244 WZ 119 vom 27. 7. 1850, S. 1. 245 WZ 127 vom 10. 8. 1850, S. 1, und eigene Berechnungen. 246 WZ 128 vom 11. 8. 1850, S. 1, und 130 vom 15. 8. 1850, S. 2. 247 WZ 143 vom 7. 9. 1850, S. 1. 248 HRegBl 49 vom 9. 10. 1850, S. 371– 381. 249 WZ 195 vom 7. 12. 1850, S. 1. 250 HRegBl 47 vom 3. 10. 1850, S. 359 f. 251 NZ 90 vom 1. 7. 1849, Extra-Beilage S. 1 (mit den Namen der Kandidaten). 252 NZ 97 vom 11. 7. 1849, S. 1 (mit den Stimmen, die die Kandidaten erreichten). Die Neugewählten sind auch bei Kühn, Wandel, S. 244 ff., in Liste 7 und 8 zusammengestellt. 253 DaZ 187 vom 8. 7. 1851, S. 976. 254 DaZ 199 vom 20. 7. 1851, S. 1041, und 200 vom 21. 7. 1851, S. 1046. 255 Kühn, Wandel, S. 157 ff. und 246– 249 (Liste 8). 256 Zitiert nach WZ 164 vom 14. 10. 1849, S. 1. 257 Zitiert nach WZ 204 vom 23. 12. 1849, S. 2. 258 WZ 165 vom 16. 10. 1849, S. 3 (Erklärung Eberstadts vom 14. 10. 1849). 259 NZ 65 vom 2. 6. 1849, S. 2 (Erklärung vom 1. 6. 1849). 260 NZ 212 vom 20. 12. 1849, S. 1. 261 WZ 45 vom 19. 3. 1850, S. 2; und Uhrig, Worms, S. 129 f. 262 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1013; und WZ 48 vom 24. 3. 1850, S. 3. 263 WZ 58 vom 11. 4. 1850, S. 1. 264 WZ 111 vom 13. 7. 1850, S. 1; und Uhrig, Worms, S. 130 (mit falschem Datum). 265 Dazu Uhrig, Worms, S. 130. 266 FJ 81 vom 4. 4. 1851, 1. Beilage S. 1 (nach einer Meldung der NZ). 267 Nathan/Nentwich, Anklage, S. 23 – 29. 268 WZ 80 vom 20. 5. 1851, S. 1; DaZ 139 vom 20. 5. 1851, S. 1; FOPAZ 121 vom 21. 5. 1851, S. 2; 122 vom 22. 5. 1851, S. 2; 155 vom 1. 7. 1851, S. 2, und 161 vom 8. 7. 1851, Beilage S. 2. 269 HRegBl 4 vom 16. 1. 1852, S. 33– 44; und Kühn, Wandel, S. 162 ff. 270 Die Wahlergebnisse im Einzelnen in: WZ 84 vom 25. 5. 1852, S. 4, sowie die Zusammenstellung nach Parteien bei: Kühn, Wandel, S. 250 ff. (Liste 9). 271 Reuter, Engagement, S. 311 (mit den entsprechenden Belegen). 272 Uhrig, Worms, S. 136 f.

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Zwischen Reaktion und hessischer Städteordnung (1852 –1874) Die Darstellung beruht auf den Ratsprotokollen sowie Akten, Zeitungen und Bildmaterial im Stadtarchiv Worms. Sie wurden bereits für mein Buch »Worms zwischen Reichsstadt und Industriestadt 1800–1882« ausgewertet, das in Text und Anmerkungen ausführliche Nachweise bietet und das deshalb als Grundlage auch für die hier vorliegende Darstellung diente. Für die Wirtschaftsgeschichte wichtig sind die Jahresberichte der Handelskammer. Wegen Angaben zu Personen (Listen der Gemeinderatsmitglieder und Stadtverordneten) wurde herangezogen Reuter, Karl Hofmann. Zu erwähnen sind zwei Arbeiten, die infolge von Kriegsverlusten inzwischen nahezu Quellenwert besitzen: Fritsch, Finanzen (1907) und Illert, Geschichte der Wormser Presse (1913); grundlegend ist: Kühn, Wandel (1975). Weitere Quellen und Darstellungen werden in den Anmerkungen genannt. Zu den Desideraten gehören eine moderne Wirtschaftsgeschichte der Stadt, eine Parteiengeschichte sowie eine Geschichte der evangelischen Kirche.

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Vgl. Dr. Bittel anlässlich der Bürgermeisterwahl 1894, Reuter, Karl Hofmann, S. 47. Fritsch, Finanzen, S. 22. Boos, UB Worms II, S. 606 – 608 für 1389; Boos, GRS 3, S. 73 –76; Fritsch, Finanzen, S. 78 und S. 139. Fritsch, Finanzen, S. 86 und S. 160 (Dammbau 1835). Fritsch, Finanzen, S. 138 f.; Reuter, Worms 1800 –1882, S. 22– 29; vgl. bei Anm. 128. Fritsch, Finanzen, S. 149 f. Fritsch, Finanzen, S. 77: Verzeichnis der Militärgebäude, und S. 147: Andreaskirche. Fritsch, Finanzen, S. 142 –144. Fritsch, Finanzen, S. 150 –158; Reuter, Karl Hofmann, S. 374, Anm. 5 (Oktroi). Fritsch, Finanzen, S. 159. Fritsch, Finanzen, S. 169 –172. Fritsch, Finanzen, S. 87; Reuter, Worms 1800 –1882, S. 81. Fritsch, Finanzen, S. 182 f.; Eberhardt, Industrielle Entwicklung, S. 100 f. Reuter, Karl Hofmann, S. 166 f. Fritsch, Finanzen, S. 166. Fritsch, Finanzen, S. 175; Reuter, Worms 1800 –1882, S. 172, Anm. 265. Fritsch, Finanzen, S. 93: Einnahmen der Stadt Worms für 1876, und S. 90 sowie S. 176 –178. Demandt, Geschichte Hessen, S. 574 – 576; Handbuch der hessischen Geschichte, S. 827– 846; zu den Großherzögen Ludwig III. und Ludwig IV.: Knodt, Regenten, S. 108–126. Kühn, Wandel, S. 115; Reuter, Worms 1800–1882, S. 10 –12. Kühn, Wandel, S. 177 f. Kühn, Wandel, S. 252, Anm. 2 und 3. Kühn, Wandel, S. 162–173. Reg. Bl. 1852, Nr. 4; Reuter, Karl Hofmann, S. 350, Anm. 4. Reuter, Karl Hofmann, S. 471, Nr. I/11 und I/16. Kühn, Wandel, S. 189–194 sowie Listen S. 224 – 259; Reuter, Karl Hofmann, S. 19– 21 und 470– 473: Gemeinderatsliste 1865–1874. Kühn, Wandel, S. 86– 88. Vgl. Grafik 20 (Entwicklung der Einwohnerzahl bis 1910) auf S. 495. Kühn, Wandel, S. 84 f.; Reuter, Warmaisa, S. 158 f.; Reuter, Worms 1800 –1882, S. 70 mit Anm. 200; vgl. zu Rheinhessen: Schmahl, Verpflanzt; auch Handbuch der hessischen Geschichte, S. 801– 804. Kühn, Wandel, S. 198 f. mit Anm. 135. Siehe Abschnitt »Vereinswesen, Arbeitervereine und politische Parteien«, S. 475 ff. Kühn, Wandel, Listen im Anhang. Reuter, Worms 1800–1882, S. 78. Reuter, Karl Hofmann, Bürgermeisterliste, S. 469 f. Reuter, Eich, in: Rhein-Neckar-Raum 1848/49, S. 123 f. Reuter, Worms 1800–1882, S. 79 f. Reuter, Worms 1800–1882, S. 80 f. Brück fungierte bereits im Vormärz als Kommissär der 1839 neu organisierten Polizei in Worms. Fritsch, Finanzen, S. 179; Reuter, Worms 1800–1882, S. 81 f.

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38 Jourdan, Geschichte Kreisamt, S. 73 –79; Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S.102–106; StadtA Wo Abt. 30 Hessisches Kreisamt Worms. Eine kreisfreie Stadt Worms gibt es erst seit 1938. 39 Großherzogliche Kreisräte in Worms seit 1852 waren die Juristen: Johann Pfannebecker, 1852–1874; Hermann Lotheißen, 1874–1881; Max Frhr. v. Gagern (Sohn des Paulskirchenpräsidenten Heinrich v. Gagern), 1881–1888; Franz Gros, 1888–1894; Dr. Andreas Breidert, 1894–1898; Dr. Karl Kayser, 1898–1919. 40 Jourdan, Geschichte Kreisamt, S. 79; Reuter, Worms – ehemals, S. 42 f. 41 StadtA Wo, Adressbuch 1867, S. 109–131: Angaben staatlicher und städtischer Behörden, Funktionen und Namen. 42 Kreisstadt bedeutet hier Sitz des Kreisamtes. 43 Ramge/Schadt, Festschrift, S. 12–14 (Einrichtung 1824, Schulhaus): Reuter, Worms 1800–1882, S. 42; Reuter, Kirchhöfe, S. 162. 44 Ramge/Schadt, Festschrift, S. 24 (Neuorganisation 1874/75); Reuter, Karl Hofmann, S. 94 f. 45 »Institutsvorsteherinnen« waren Auguste und Emma Keim, zwei der fünf Töchter des evangelischen Dekans Eduard Franz Keim, vgl. zu ihm bei Anm. 149. 46 Später Adler-Stohmann’sches Institut. Leiterin war Rahel Adler, die Witwe des wegen seiner idealistischrevolutionären Artikel in der konservativen WZ, wo er 1848 für vier Wochen (!) als Redakteur fungieren durfte, von der großherzogl. Regierung nicht mehr zu einem Rabbineramt zugelassenen jüdischen Predigers Abraham Jakob Adler (1811–1856). Er starb nach schweren Depressionen geistig umnachtet in der Nervenheilanstalt Bendorf. Reuter, Adler, in: Rhein-Neckar-Raum, S. 58 f. 47 StadtA Wo, Adressbuch 1876, S. 121–126. 48 StadtA Wo, Adressbuch 1867, S. 109 f., und 1876, S. 121 f. 49 Reuter, Karl Hofmann, S. 338. 50 Die Bezeichnung »eine gute Polizei« meint seit dem Spätmittelalter »eine gute Verwaltung«. 51 Reuter, 125 Jahre Freiwillige Feuerwehr; 150 Jahre Freiwillige Feuerwehr Worms, hg. v. der Feuerwehr, Löschzug Worms-Mitte, Worms 2004. 52 Zu Straßennamen und Umbenennungen: Reuter, Worms 1800–1882, S. 189. 53 Zu den Schulen vgl. S. 449 f. (Kommunale Einrichtungen) und S. 464 f. (Beginn der Stadterweiterung und Bauwesen); Reuter, Kirchhöfe, S. 161– 200. 54 Reuter, Worms 1800 –1882, S. 21 f. 55 Reuter, Worms 1800 –1882, S. 132 –134; siehe auch oben S. 501 ff. 56 Reuter, Worms 1800 –1882, S. 31– 57, mit Abbildungen. 57 Originale im StadtA Wo; Reuter, Worms 1800–1882, S. 17– 20; Reuter, Karl Hofmann, S. 31 und S. 37. 58 Vgl. die Arbeiten von Kühn, Reuter und Rommel sowie Illert (Gerberhandwerk). Die masch. Dissertation von Eberhardt, Industrielle Entwicklung (1922, Exemplar im StadtA Wo), umfasst infolge der Einschränkung auf die Industrie nur einen Teil der Stadtwirtschaft. 59 Rommel, Wormser und ihre Stadt, S. 79– 82. 60 Walther, Großherzogtum Hessen, S. 518, nach Kühn, Wandel, S 66 f. 61 So auch Kühn, Wandel, S. 88. 62 Zur Union von Lutheranern und Reformierten in Worms 1822: Diehl, Pfarrer- und Schulmeisterbuch, S. 36 und S. 454 – 457; Reuter, Kirchhöfe, S. 164. 63 Reuter, Vier Familien, mit Stammtafel Heyl (Nebinger), S. 657– 660, auch zum Folgenden. 64 Illert, Reformierte Gemeinde, S. 43 – 46 sowie S. 105–130; Reuter, Mehrkonfessionalität, S. 30– 39. 65 Illert, Reformierte Gemeinde, S. 74. 66 Illert, Gerberhandwerk; Reuter, Vier Familien, S. 645– 648; vgl. auch den Beitrag von H. Brüchert im vorliegenden Band, S. 793 – 823. 67 Reuter, Worms 1800 –1882, S. 8–11 (Abb.). 68 Illert, Wendepunkt, S. 138 und S. 142. 69 Eberhardt, Industrielle Entwicklung, S. 17 und S. 25a. Nach der Liquidation der »Wollgarnspinnerei« 1868 erwarb die Kammgarnspinnerei Bietigheim 1870 die Gebäude und betrieb mit geringem wirtschaftlichen Erfolg bis 1900 eine Kammgarnproduktion. Der Bereich Kunstwolle ging in die Kunstwollfabrik Valckenberg & Schoen über, Reuter, Worms 1800 –1882, S. 103 f. mit Anm. 190. 70 Die Mutter von Julius Cornelius Schoen, Barbara geb. Heyl, war die Tochter des Gründers der Heyl’schen Lederwerke Johann C. Heyl III. und verheiratet mit dem Kaufmann und Fabrikanten August Schoen (1821–1856), nach dessen Tod mit seinem älteren Bruder, dem Kunstmaler Friedrich Wilhelm Schoen (1810 –1868).

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71 Reuter, Vier Familien, S. 649 f. 72 Die Lederwerke Doerr & Reinhart, 1926; Reuter, Vier Familien, S. 650 f. 73 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6264 (StRPr. 1842, Febr. 9, § 880) Großherzog Ludwig II. erließ die entsprechende Verordnung am 5. Juli 1842; Jahresbericht der Handelskammer 1892/93, S. 5–19; Hager, in: 150 Jahre WZ, S. 229– 232. Vgl. die Übersicht über die Entwicklung bei Reuter, Karl Hofmann, S. 26– 30. 74 Cichorie war ein Zusatzstoff zum Kaffee (Kaffee-Essenz). Die Firma hieß später Pfeiffer & Diller GmbH. ging nach 1945 in der Vereinigten Kaffee- & Genussmittel AG München auf und produzierte bis um 1960 in Worms-Horchheim. 75 Später Maschinenfabrik Kaibel & Sieber, existiert bis heute. 76 Kühn, Wandel, S. 67 f.; Reuter, Worms 1800 –1992, S. 103 f.; Reuter, Karl Hofmann, S. 26 – 28. 77 Reuter, Karl Hofmann, S. 28 f.; Jahresbericht Handelskammer 1876/77, S. 22 und S. 28 f. 78 Kammgarnspinnerei Bietigheim, Filiale Worms, Reuter, Worms 1800–1882, S. 103. 79 Kunstwollfabrik (»Tuchreißerei«) Valckenberg & Schoen, die aus gebrauchten Textilien Kunstwolle herstellte, wie vorhergehende Anm. 80 Gerbereimittel aus Abfall bei der Lederproduktion; zwei Firmen mit Lederfabriken verbunden. 81 Darunter die Schnellpressenfabrik Hofmann & Hofheinz mit zeitweilig bis zu 190 (?) Arbeitern: Eberhardt, Industrielle Entwicklung, S. 29; Reuter, Karl Hofmann, S. 83. 82 Zwei Malzfabriken waren Zweigfirmen von Brauereien. 83 Zum Brauereiwesen Illert, Brauereien, auch zu den Malzfabriken. 84 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 359, Schreiben Brück an die Handelskammer vom 14. März 1857; Reuter, Karl Hofmann, S. 27 und S. 354, Anm. 13. 85 Reuter, Worms 1800 –1882, S. 105; Reuter, Engagement, S. 311– 319, zur Kleiderfabrik Edinger S. 313 f. 86 Reuter, Worms 1800 –1882, S. 98. 87 Eberhardt, Industrielle Entwicklung, S. 110; Reuter, Warmaisa, S. 174 und S. 179. 88 Reuter, Karl Hofmann, S. 29; zur weiteren Entwicklung oben S. 500 f. 89 Ruppert, Sparkasse, S. 15– 30; Reuter, Worms 1800 –1882, S. 76; hierzu und zum Folgenden Reuter, Karl Hofmann, S. 29 f. 90 Reuter, Politisches und gesellschaftliches Engagement, S. 311– 319. 91 Reuter, Karl Hofmann, S. 30 und S. 355, Anm. 30 und 31. 92 Siehe dazu den Abschnitt »Zur Finanzsituation von Worms«, S. 441–444. 93 Adressbücher im StadtA Wo; Reuter, Warmaisa, S. 170–175. 94 Reuter, Worms 1800 –1882, S. 84. 95 Reuter, Worms 1800 –1882, S. 101–104. 96 Reuter, Worms 1800–1882, S. 90 mit Anm. 298– 301; Reuter, Karl Hofmann, S. 486, Ehrenbürgerliste, Nr. 3 und Nr. 4. 97 Reuter, Worms 1800 –1882, S. 90 mit Anm. 301– 304; Reuter, Rosenfest und Rosengarten, S. 329. 98 Zu dem in Worms garnisonierten Regiment Nr. 118 (Prinz Carl): Keim, Geschichte; Freund, Geschichte. 99 Reuter, Worms 1800–1882, S. 114, Abb. 37: rechts vor dem Dom das Karmeliterkloster, dazu S. 120 f.; zu Zucker vgl. Reuter, Karl Hofmann, S. 479, Nr. 53 und im Register. 100 Döhn, Eisenbahnpolitik, S. 84 f.; Reuter, Worms 1800–1882, S. 60– 65 und S. 78; Reuter, Karl Hofmann, S. 248; Häussler, Eisenbahnen, S. 8 – 23. 101 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6307 (StRPr. 1872, Aug. 20, § 11325). Die Städtische Hafenbahn wurde am 17. 1. 1893 eröffnet. 102 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6299 (StRPr. 1863, März 31, § 8640). 103 Reuter, Worms 1800 –1882, S. 88 f. 104 Döhn, Eisenbahnpolitik, S. 250; Finger wurde 1895 u. a. wegen seiner Verdienste um den Eisenbahnbau zum Wormser Ehrenbürger gewählt, Reuter, Karl Hofmann, S. 487, Nr. 7. 105 Döhn, Eisenbahnpolitik, S. 246 – 252, S. 259. 106 Döhn, Eisenbahnpolitik, S. 160 –168. 107 Döhn, Eisenbahnpolitik, S. 180, S. 191, S. 193, S. 204– 214, S. 219– 230. 108 Döhn, Eisenbahnpolitik, S. 273 f.; zu Reinhart: Reuter, Vier Familien, S. 650 f. 109 Reuter, Worms 1800 –1882, S. 64 f. 110 StadtA Wo Abt. 218 Nr. 3 (a – e); Reuter, Karl Hofmann, verkleinerte Beilage. 111 Reuter, Von der Reichsstadt, S. 27– 29; Reuter, Stadtentwicklung, S. 2171– 2175. 112 Reuter, St. Paulus, S. 266.

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113 Reuter, Worms 1800–1882, S. 147–157. 114 Ramge/Schadt, Festschrift, S. 24 – 29; Reuter, Worms 1800–1882, S. 114 f.; zu den Klassenmesszahlen Reuter, Karl Hofmann, S. 200. Das alte Gymnasialgebäude am damaligen »Schulhof« und heutigen Marktplatz wurde zum Verwaltungsgebäude für das Bauamt umgewidmet. 115 Hans Jakob Schmitt, 125 Jahre – Kurze Geschichte unserer Schule, in: Festschrift Gauss-Gymnasium, S. 60– 66; Ernst Knierim, Aus dem 19. Jahrhundert, in: Humanitas 1977, S. 21– 24; Rinker-Olbrisch, Zwei Schulen, S. 102–116; 150 Jahre Gauss-Gymnasium, S. 17– 28. 116 Reuter, Worms 1800–1882, S. 117–119. 117 Ramge/Schadt, Festschrift, S. 25 f.; ebenda S. 24– 29 zum erfolgreichen Wirken der Stadtschulinspektoren Johann Friedrich Schmidt und Heinrich Scherer, zu Letzterem: Schramm, Scherer; Reuter, Worms 1800–1882, S. 119. Zum projektierten Hospitalbau ebenda S. 120; Reuter, Karl Hofmann, S. 486, Ehrenbürgerliste, Nr. 5. 118 Enzinger, Filter und Abfüllapparate, produzierte bis in das 20. Jahrhundert in Pfeddersheim. 119 Reuter, Künstlerisches Bauen. 120 Zu den Wormser Friedhöfen Reuter, Kirchhöfe; siehe auch bei S. 536 f. (»Paradigmenwechsel«) mit Anm. 186. 121 Schalk, Grund: Abriss … Lambertuskirche, S. 198– 200. 122 Reuter, Hamman, S. 11– 23, dazu Abbildungen von nach 1689 nicht wiederhergestellten Gebäuden. 123 Kranzbühler, Verschwundene Bauten; vorläufige Materialsammlung für die von ihm beabsichtigte Weiterführung »Verschwundene Profanbauten« im Nachlass; siehe: Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 164, Abt. 170/1; vgl. auch das Kapitel über die geistlichen Institutionen von G. Bönnen und J. Kemper im vorliegenden Band, S. 691–734. 124 Gemeint ist das (Nord-)Pfälzer Bergland. 125 Hugo, Worms; Reuter, Worms 1800–1882, S. 29 – 36. 126 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6259 (StRPr. 1838, Okt. 27, § 321); Reuter, Worms 1800 –1882, S. 22– 29, zum Torturm S. 24. 127 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6284 (StRPr. 1855, Juni 19, § 4988); Reuter, Worms 1800 –1882, S. 46 f. 128 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6309 (StRPr. 1875, Febr. 26, § 142); vgl. bei Anm. 5. 129 Reuter, St. Paulus, S. 258 – 263. 130 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6300 (StRPr. 1864, Juli 26, § 9030); Reuter, Worms 1800–1882, S. 25 f., mit Abb. 131 Rinker-Olbrisch, Der »anakreontische« Menger; Reuter, Johann Philipp Bandel. Menger und Bandel waren Mitglieder der Wormser Freimaurerloge: Dotzauer, Freimaurergesellschaften, S. 137 f. 132 Reuter, Bandel, S. 54 und S. 56 f. 133 Reuter, Geschichtsvereine und Archäologie. 134 Reuter, St. Paulus, S. 253 f. 135 Weckerling, Adventssonntag, S. 92; Reuter, Karl Hofmann, III/5: Dombauleitung und Erneuerung des Westchors, S. 259– 261. 136 Reuter, Karl Hofmann, S. 443, Anm. 9; Reuter, Geschichtsfenster, S. 223 f. 137 Reuter, Dr.-Ing. e. h. Karl Maximilian Frhr. v. Heyl, zur Biografie. 138 Kautzsch, Dom zu Worms, S. 234– 242; Reuter, Karl Hofmann, S.260– 265, dort die Zitate sowie namentliche Nennung der Mitglieder des wechselnden Kunstrates. 139 Reuter, Vom Erwachen des historischen Interesses, S. 15– 23. 140 Reuter, Leopold Levy und seine Synagoge. 141 Reuter, St. Paulus, S. 254 f. 142 Auf Anregung v. Dalwigks geht sehr wahrscheinlich die Anfertigung von Aufrissen der Pauluskirche durch Baubeamte des Kreisamtes 1857–1861 zurück, Originale: StadtA Wo Abt. 217 (Graphische Sammlung), Lade 2 St. Paulus Nr. 16– 36; Reuter, St. Paulus, S. 261– 263. 143 Hugo, Worms, S. 57. 144 Reuter, Karl Hofmann, S. 415, Anm. 136. Auf Vorschlag des Gemeinderatsmitglieds Markus Edinger erbaute sich die Turngemeinde daraufhin auf städtischem Gelände an der Augustinerstraße ihre erste, 1862 fertig gestellte Turnhalle. 145 Pfarrer Reuß zu Dompropst Fehr, zitiert bei Grünewald, Max v. Heyl, S. 18 Anm. 29. 146 Konfessionen im Konflikt. Deutschland zwischen 1800 und 1970: Ein zweites konfessionelles Zeitalter, hg. v. Olaf Blaschke, Göttingen 2002.

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147 Reuter, St. Paulus, S. 288 f.; Metzler, Wiederherstellung Andreasstift. Zu Altertumsverein und Paulusmuseum siehe im nächsten Kapitel, S. 482 ff. 148 Schmitt, Reuss, S. 434– 444; Glatz, Liebfrauen, S. 381– 383; Reuter, Worms 1800–1882, S. 94; Reuter, St. Paulus, S. 264; Reuter, Karl Hofmann, S. 486, Ehrenbürgerliste Nr. 6. 149 Diehl, Pfarrer- und Schulmeisterbuch, S. 455 f. 150 Hierzu und zum Folgenden: Eich, Gedenkblätter; Theiselmann, Lutherdenkmal; Reuter, Enthüllung; Reuter, Lutherdenkmal und Gedächtniskirche; Reuter, Dreifaltigkeitskirche, S. 6; Friedrich, Wormser Lutherfest; sehr umfangreiches Archivmaterial des Vereins in: StadtA Wo Abt. 110. 151 Eich, Gedenkblätter, S. 43– 45: Prof. Dr. Schnorr v. Carolsfeld, Prof. Dr. Hähnel sowie die Bildhauer und Mitarbeiter am Lutherdenkmal Adolf Donndorf und Gustav Kietz. Siehe im Beitrag von I. Spille und O. Böcher zur Bau- und Kunstgeschichte zum Lutherdenkmal S. 781 f. 152 Eich, Gedenkblätter, S. 45 – 51. 153 Reuter, Karl Hofmann, S. 486: Ehrenbürgerliste Nr. 1 und 2, zum 25. Juni 1868. 154 Eich, Gedenkblätter, S. 239. 155 Eich, Gedenkblätter, betont für Worms wie Gümbel, Weihefest (siehe in Reuter, Lutherdenkmal und Gedächtniskirche) für Speyer das Engagement protestantischer Bürger. Doch sind Beiträge von Katholiken nicht auszuschließen. Belegt ist ein Beitrag der jüdischen Gemeinde Speyer, Friedhelm Hans, Geldgeber und Kollektanten, in: Blätter für pfälzische Kirchengeschichte 71, 2004, S. 331– 356, zur jüd. Gemeinde S. 356. Bekannt ist die Förderung der Wiederherstellung der Liebfrauenkirche durch evangelische Wormser. 156 Eich, Gedenkblätter, Teilnehmerlisten 384– 399. 157 Die Rede von Brück bei Eich, Gedenkblätter, S. 238 – 250, Motto S. 238, Herder-Zitat S. 243 f. 158 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 1153; Reuter, Worms 1800 –1882, S. 91– 96; Reuter, Karl Hofmann, S. 21 f. 159 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6270 (StRPr. 1846, § 1838; 1847, §§ 1869, 1958), Abt. 5 Nr. 6271 (StRPr. 1847, § 2049); Reuter, Worms 1800–1882, S. 74. 160 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6307 (StRPr. 1872, Febr. 23, § 11210). 161 Villinger, 175 Jahre Kasinogesellschaft, S. 48 f. Jüdische Mitglieder sind nicht nachzuweisen. 162 Zu den Wormser Zeitungen vgl. folgendes Kapitel, S. 492 f.; Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 202 – 204. 163 Vgl. die bei Eich, Gedenkblätter, wiedergegebenen Reden und die Beispiele bei Reuter, Lutherdenkmal und Gedächtniskirche; Gabriele Stüber, Die Gedächtniskirche der Protestation – Ausdruck deutschen Zeitgeistes und protestantischer Erinnerungskultur zwischen 1856 und 1904, in: Blätter für pfälzische Kirchengeschichte 71, 2004, S. 174–180, und Helmut Baier, Die Gedächtniskirche als Denkmal des deutschen Protestantismus, ebenda, S. 211– 215. 164 StadtA Wo Abt. 228 Wormser Zeitung (WZ) 12. Jan. 1869; Protestantenversammlung WZ 1869: 27. Mai (Aufruf), 29. Mai (Programm, Organisationsausschuss), 1. Juni (Bericht, Thesen). 165 Reuter, Nebeneinander, S. 328– 333. 166 StadtA Wo Adressbuch 1867, S. 126–130. 167 Z. B. Ev. Stadtmission von 1850/86, StadtA Wo Abt. 77/18; Domchorverein, Dombauverein. 168 StadtA Wo Abt. 77/5; ebenda Abt. 212 (Sammlung Villinger, Nr. 164): Ludwig Türck, Beiträge zur Geschichte der Freimaurerei im Orient Worms (maschinenschr.); Dotzauer, Freimaurergesellschaften, S. 48 – 52 und S. 136–140; Dotzauer, Worms und seine Freimaurerlogen. 169 StadtA Wo Abt. 72; Villinger, Kasinogesellschaft. Die heutige Vereinigte Kasino- und Musikgesellschaft konstituierte sich nach mehreren Separationen (u. a. Musikgesellschaft und Liedertafel). 170 Israelitische Vereine für Armenunterstützung, Brautausstattung und Brennmaterial. 171 Die Angabe »Turnverein« lässt auf die »Turngemeinde« schließen, den traditionsreichsten Wormser Turnverein; StadtA Wo Abt. 77/14; Turngemeinde von 1846, Festschrift zum 125jährigen Jubiläum 1971; Braun, 150 Jahre Turngemeinde Worms. 172 Auswärtiges Sekretariat des Vereins von Altertumsfreunden im Rheinland, Bonn. 173 StadtA Wo Abt. 77/1. 174 Die spätere Vereins-, heute Volksbank, gegründet für Handwerker- und Gewerbetreibende. 175 Der Lokal-, später Ortsgewerbeverein war ein Zusammenschluss von Gewerbetreibenden und Handwerkern zur Regelung von übergeordneten rechtlichen, wirtschaftlichen und Ausbildungsfragen. Er wurde 1841 gegründet und gehörte dem Landesgewerbeverein für Hessen an. 176 In der Gewerbehalle konnten Handwerker ihre Produkte anbieten.

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177 Einschlägige Veröffentlichungen verwahren StadtA Wo und Stadtbibliothek. In den älteren Akten von Abt. 30 (Kreisamt) und Abt. 5 (Stadtverwaltung) sowie in Abt. 13 (Polizeidirektion) sind die Vereine in Nr. XIX des Registraturplanes zu finden; vgl. Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 105. 178 Christoph Popp, Der Mannheimer Altertumsverein 1859 –1946 (Mannheimer Historische Forschungen 10), Mannheim 1996, S. 44. Der Eigentümer der abgebrannten Bettfedernfabrik Kahn war ein Schwiegersohn des Wormser Bürgermeisters Ferdinand Eberstadt. Zur unterschiedlichen Genese historischer Vereine: Reuter, Geschichtsvereine und Archäologie. 179 Wettengel, Revolution 1848/49, mit Wormser Beispielen zu politischen Vereinen und Zeitungen; siehe dazu in diesem Band den Beitrag von M. Köhler. 180 Das Adressbuch von 1900 weist 218 Gaststätten aus, zumeist einfache Bierwirtschaften. Sie dienten den Arbeitern als abendliche Treffpunkte, in denen sie häuslicher Enge mit Kindergeschrei und Wäschedunst entgehen konnten: Fritz Reuter, Wer nicht wirbt … Gaststätten im Adressbuch von 1900, in: Wormser Monatsspiegel, August 1984, S. 7–11. 181 Kühn, Wandel, S.93 mit Anm. 286. Der von Eckhardt, Arbeiterbewegung, S. 190, erwähnte »Arbeiterbildungsverein« ist nicht identisch mit der Gründung von Constantin Schäfer, vgl. Anm. 184. 182 Kölsch, SPD, S. 3 f.; Reuter, Worms 1800 –1882, S. 176, Anm. 342. Zu dem Handelskammerbericht: Keilmann, Fabrikherren und Arbeiterschaft, S. 119. 183 WZ, 1886, Sept. 28, in einem Artikel anlässlich des Wegganges von Nett aus Worms. 184 WZ, 1886, Sept. 28, mit dem Hinweis, Nett habe sich um innerbetriebliche Sozialeinrichtungen bemüht, die Gründung des kaufmännischen Vereins initiiert und sei in der Zeit des Kulturkampfes vermittelnd aufgetreten. 185 Reuter, Worms 1800 –1882, S. 176, Anm. 346. Abhängigkeit von Fabrikherren zeigen viele Arbeiterbildungsvereine, sie schlagen meist keinen sozialistischen Kurs ein. Der Wormser »Arbeiterbildungsverein« wurde 1920 in »Volksbildungsverein« umbenannt, aufgelöst erst 2004. 186 Kölsch, SPD, S. 4. 187 Kölsch, SPD, S. 4; Reuter, Worms 1800–1882, S. 101 f. mit Anm. 349 und 350 (nach Eckhardt, Arbeiterbewegung, S. 252, 308, 324, 346 f., 388, 423 und 441, und Willi Breunig, Soziale Verhältnisse der Arbeiterschaft und sozialistische Arbeiterbewegung in Ludwigshafen am Rhein 1869–1919, Ludwigshafen 1967, S. 677). Eine Darstellung der Wormser Parteiengeschichte bleibt ein Desiderat, wobei die schlechte örtliche Quellenlage durch überörtliche Recherchen zu verbessern wäre. 188 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1374; in der Festschrift 150 Jahre Wormser Zeitung (1776 –1926), S. 50, schreibt Ludwig C. Frhr. v. Heyl 1926 allerdings: »So blüht seit 1869 in Worms der Liberalismus«. Die WZ war faktisch das Sprachrohr der Nationalliberalen und nach 1918 der Deutschen Volkspartei, zu der sich Frhr. v. Heyl in dem Artikel bekennt. 189 Kriegbaum, Parlamentarische Tätigkeit. 190 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6306 (Sept. 26, § 11112). 191 Reh-Heyer-Gros, Gesetz-Sammlung, 1. Bd., Mainz 1904, S. 603– 622; ebenda das am 12. Juni 1874 erlassene Gesetz, betr. die innere Verwaltung und die Vertretung der Kreise und der Provinzen. 192 Reuter, Worms 1800–1882, S. 105 f.; Reuter, Karl Hofmann, S. 23– 25.

Der Sprung in die Moderne: Das »Neue Worms« (1874 –1914) Die Darstellung beruht, wie im vorhergehenden Kapitel, auf Material aus dem Stadtarchiv Worms, mit einem Schwerpunkt auf den Verwaltungsrechenschaftsberichten des Oberbürgermeisters (VerwRB). Grundlage ist meine Arbeit über »Karl Hofmann und ›das neue Worms‹. Stadtentwicklung und Kommunalbau 1882–1918«. Die zu einzelnen Themen benutzte umfangreiche Spezialliteratur ist in den Anmerkungen bzw. der Gesamtbibliografie nachgewiesen. Auf das Fehlen von Überblicksdarstellungen zur Wirtschafts-, Parteien- und Kirchengeschichte wurde bereits im vorigen Kapitel hingewiesen. Hingegen existieren zahlreiche Festschriften zu Einweihungen wie etwa für den »Hafen- und Uferbau« oder das Cornelianum, die detailliert über Planung und Realisation berichten. Umfangreiches und thematisch breites, bislang noch nicht umfassend ausgewertetes Aktenmaterial zum behandelten Zeitraum befindet sich im StadtA Wo in den Abt. 5 (Stadtverwaltung 1816–1945), Abt. 13 (Polizeidirektion) und Abt. 30 (Hessisches Kreisamt Worms).

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1 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 1845: Schreiben an das Kreisamt vom 4. März 1875. Zu den Personen Reuter, Karl Hofmann, S. 474, Nr.II/13 und S. 476, Nr. II/34; Ernst war offenbar ein Konvertit, Reuter, Nebeneinander, S. 332, Anm. 46. 2 Der gewählte Bürgermeister konnte durch den Großherzog zum Oberbürgermeister ernannt werden, was erstmals bei Küchler erfolgte. 3 Alle Angaben zu Heimburg, auch zum Folgenden, bei Reuter, Worms 1800–1882, S. 106 –108. 4 Fritsch, Finanzen, S. 179 f. 5 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 1845; Adressbuch 1880; Reuter, Worms, 1800–1882, S. 177 Anm. 360: Namen. 6 Fritsch, Finanzen, Kap. IV. Die Zeit des Aufschwunges der Stadt, dazu S. 90 Etat für 1870, S. 96 für 1876, S. 98 für 1880 und S. 99 für 1885, hier mit einem bedeutenden Einnahmeüberschuss. 7 WZ 19. Febr. 1882, Nachruf. 8 Schott, Wormser Bürgermeister, in: 150 Jahre WZ, S. 81. 9 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6310 (StRPr 1882, Febr. 15, § 1575): WZ vom 15. Febr. 1882, 2. Beilage zu Nr. 39, und vom 16. Febr. 1882; Reuter, Altertumsverein, S. 37 Nr. 12; Reuter, Karl Hofmann, S. 41 f. 10 Reuter, Kirchhöfe, S. 167 f. 11 Quellen, Zitate und ausführliche Darstellung bei Reuter, Worms 1800–1882, S. 108 –110; Reuter, Karl Hofmann, S. 22 f. 12 Reuter, Worms 1800–1882, S. 178, Anm. 370. 13 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1030: Überwachung der Sozialdemokraten 1876–1914. 14 Siehe dazu das vorige Kapitel, S. 467 (Erwachen des historischen Interesses); Reuter, St. Paulus, S. 276. 15 StadtA Wo Abt. 75; Illert, Altertumsverein; Reuter, Altertumsverein, S. 34 zur Mitgliederstruktur, S. 36 – 38 die Gründungsmitglieder; Reuter, Worms 1800–1882, S. 128 f.; Reuter, Geschichtsvereine und Archäologie, im Vergleich mit anderen oberrheinischen Vereinen. 16 Grünewald, Max von Heyl, S. 12 –19; Gedon, Lorenz Gedon; Reuter, St. Paulus, S. 264– 289. 17 Johannes, Geschichte, S. 20 – 28, ebenda zur »Volksbücherei« (öffentliche Bücherei) S. 10–15; Böcher, Weckerling-Koehl-Bonin; Reuter, Wormser Historiker, Nr. 15, in: Der Wormsgau 19, 2000, S. 99–102 und 20, 2001, S. 141 f.; Nr. 8, in 19, 2000, S. 82– 84 und 20, 2001, S. 133–136; Nr. 3, in 19, 2000, S. 70 f. und 20, 2001, S. 129. 18 Johannes, Luther-Bibliothek (Katalog), darin Reuter, Ein Denkmal der Reformationszeit – die Lutherbibliothek, S. 7–19; Reuter, St. Paulus, S. 284. Den Hinweis, dass Prälat Dr. F. Schneider die Schriften für Heyl erworben habe, verdanke ich Prof. Dr. Anton Philipp Brück/Mainz (†), der sich mit Schneiders Nachlass im Dom- und Diözesanarchiv Mainz beschäftigt hat; der Briefwechsel zwischen von Heyl und Schneider bezüglich der Sammlung findet sich in: StadtA Wo Abt. 186 Nr. 1449 (1880– 97). 19 Reuter, St. Paulus, S. 284 f. 20 Reuter, Worms 1800 –1882, S. 129; Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 14 –17; Hinweis von Prof. Reinhold Kaiser, Zürich. 21 Reuter, Raschi-Haus, S. 15–21; Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 24 f. (zur Archivgeschichte). 22 Abb. als Anlage bei Reuter, Karl Hofmann; zur Person Armknecht, Fritz Muth, in: Wormser Profile, S. 62–68 23 Die fünf größten Städte Hessens waren Darmstadt, Mainz, Offenbach, Worms und Gießen. 24 Kriegbaum, Parlamentarische Tätigkeit; Illert, Heyl. 25 Zur Biografie Reuter, Karl Hofmann, S. 45 – 52, dort auch alle nicht näher angegebenen Zitate; Biedenkopf kam 1866 zu Preußen. 26 Reuter, Karl Hofmann, S. 359 f. Anm. 8. 27 Maximilian von Gagern (1844–1911, Kreisrat in Worms 1881–1888) war ein Sohn des politisch mit Worms eng verbundenen Paulskirchenpräsidenten Heinrich v. Gagern: Reuter, Gagern, S. 223. 28 Zu den Personen, ihrer politischen Einstellung und Konfession siehe Reuter, Karl Hofmann, Liste der Stadtverordneten und Namenregister. 29 Zu Großherzog Ernst Ludwig und seinen Beziehungen zu Worms: Knodt, Regenten, S.127–157; Knodt, Ernst Ludwig. 30 Reuter, Karl Hofmann, S. 47. 31 Siehe dazu den Beitrag von H. Brüchert in diesem Band, S. 793 – 823. 32 Reuter, Karl Hofmann, S. 212; Fritz Reuter, Die Architekten Karl und Ludwig Hofmann aus Herborn, in: Mitteilungen des oberhessischen Geschichtsvereins Gießen, NF 77, 1992, S. 537– 544. 33 Reuter, Karl Hofmann, S. 47– 50 und S. 486 f. (Ehrenbürgerrechtsverleihungen). 34 Reuter, Karl Hofmann, S. 50.

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35 Siehe Abb. 53, Küchlerdenkmal S. 487. 36 Reuter, Karl Hofmann, S. 52. 37 Vgl. die Arbeiten von Bringmann, Reuter und Spille; dringend erforderlich wäre eine Untersuchung zur Wirtschaftsgeschichte. 38 Reuter, Karl Hofmann, S. 362, Anm. 4 und 5; S. 473, Nr. II/6 und S. 478, Nr. II/45. 39 Reuter, Karl Hofmann, S. 54 f. 40 Reuter, Karl Hofmann, S. 56, detaillierte Aufschlüsselung für die Küchlerzeit. 41 Reuter, Karl Hofmann, Listen: S. 471 f. I/16, S. 474 f. II/18 und II/19, S. 481, III/23. 42 Grundlegend Reuter, Karl Hofmann, 2. Der Stadtvorstand, S. 54– 61, und 3. Zusammensetzung der Stadtverordnetenversammlung 1882–1898, S. 61–76. 43 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6310 (StRPr 1884, April 18, § 1957); Reuter, Karl Hofmann, S. 61 f. 44 Vgl. die Listen der Stadtverordneten bei Reuter, Karl Hofmann, Anhang. 45 WZ, 1886, Nov. 2; Reuter, Karl Hofmann, S. 365, Anm. 36. 46 WZ, 1895, Dez. 19; weitere Beispiele bei Reuter, Karl Hofmann, S. 365 f., Anm. 31– 37. 47 Reuter, Karl Hofmann, S. 58. 48 Infolge von Kriegsverlusten ist die Überlieferung der Wormser Zeitungen (StadtA Wo Abt. 228) unvollständig. Dadurch ist die 1913 erschienene »Geschichte der Wormser Presse« von F. M. Illert, dem noch weit mehr Material zur Verfügung stand, in den Rang eines Quellenbandes gerückt. Siehe auch den Sammelband 150 Jahre Wormser Zeitung; Reuter, Karl Hofmann, S. 59– 61; Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 202 – 204. 49 Vgl. den Beitrag von M. Köhler in diesem Band, v. a. S. 421 ff. 50 Siehe dazu eine Auseinandersetzung im Arbeiterbildungsverein, Reuter, Karl Hofmann, S. 381, Anm. 57. 51 Vgl. dazu das vorige Kapitel, S. 441 ff. (zur Finanzsituation); zum Folgenden Details und Belege bei Reuter, Karl Hofmann, S. 76 – 80. 52 Mannheim schaffte den Oktroi 1898 ab. 53 Fritsch, Finanzen, S. 98–106, jeweils unter Einnahmen, Kommentar S. 180 –182; Reuter, Karl Hofmann, S. 375 f., Anm. 21– 26: zur weiteren Entwicklung der Oktroi-Erhebung. 54 Reuter, Worms – ehemals (hier Beispiele). Zahlreiche Belege dafür bietet in Verbindung mit den Adressbüchern die umfangreiche Fotoabteilung des Stadtarchivs. 55 VerwRB 1888/89, S. 6; Reuter, Karl Hofmann, S. 80– 83, insgesamt zum behandelten Zeitraum. 56 Vgl. die folgende Grafik 20 zur Bevölkerungsentwicklung bis 1910 nach Reuter, Karl Hofmann, S. 492. 57 Reuter, Karl Hofmann, S. 376 f., Anm. 9. 58 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6316 (StRPr. 1892, Dez. 20, § 4803). 59 Zu den Nebenbahnen vgl. voriges Kapitel, S. 462 f. (Eisenbahnanschluss und Schiffsbrücke); zur Hafenbahn Reuter, Karl Hofmann, S. 377 f., Anm. 23 und mit Fotos Häussler, Eisenbahnen, S. 110–117. 60 Reuter, Karl Hofmann, S. 82. 61 Vgl. oben S. 442 f. (Kapitel »Finanzsituation« mit Anm. 13); VerwRB 1892/93, S. VIII f.; WZ 1893, Mai 11; Jahresbericht Handelskammer 1892/93, S. 5; Hafen- und Uferbauten in Worms 1890 –1893; Reuter, Worms – ehemals, S. 66 f. (Lagerhaus); Reuter, Karl Hofmann, S. 183 –190. 62 Vgl. Abb. 54: Nibelungenschule (S. 517). 63 Reuter, Karl Hofmann, S. 82 f. 64 Zur Geschichte der Wormser Wirtschaft fehlt eine moderne Untersuchung. Material dazu im StadtA Wo, den Handelskammerberichten und den Adressbüchern. Vgl. Eberhard, Industrielle Entwicklung; W. Schneider, in: 150 Jahre WZ; Wilhelm, Mittelstadt. Zur Lederindustrie Illert, Gerberhandwerk; Lucht, Arbeiterverhältnisse; dazu auch Karl Schlösser, Worms, Stadt der Lederindustrie (1– 4), in: WZ 7., 13., 16. und 20. Juli 1970. Zu den Brauereien Illert, Brauereien. Zum hier gegebenen Überblick Reuter, Karl Hofmann, S. 83 – 87. 65 VerwRB 1892/93, S. 177. 66 Weisser, Jugenstilfliesen, S. 74. 67 Eberhardt, Industrielle Entwicklung, S. 45. 68 Vgl. oben S. 456 (Industriegründer: Valckenberg). 69 Eberhardt, Industrielle Entwicklung, S. 29; vgl. voriges Kapitel S. 458 f. mit Anm. 81. 70 Eberhardt, Industrielle Entwicklung, S. 53; Illert, Brauereien, S. 66 – 69. Der Brauereistandort Worms ging in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts an Mannheim verloren. 71 Wilhelm, Mittelstadt, S. 117 f.

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72 Illert, Heyl, S. 415. 73 Illert, Heyl, S. 15; Wilhelm, Mittelstadt, S. 118; Reuter, Karl Hofmann, S. 380, Anm. 42. 74 Reuter, Karl Hofmann, S. 380, Anm. 42. Dem Stadtarchiv in jüngerer Zeit übergebenes Archivgut der Familie v. Heyl (Abt. 186) kann vielleicht etwas Klarheit in die stark ideologisch geführte, ins legendenhafte abgeglittene Diskussion bringen. Die ebenfalls kolportierte Behauptung, die BASF habe Interesse an einer Niederlassung in Worms gehabt und sei durch Heyl daran gehindert worden zeigt lediglich, dass keinerlei Kenntnisse über die Firmengeschichte der BASF diese Legenden trübt. 75 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6320 (StRPr. 1896, Dez. 22, § 6361); ebenda 1897, März 11, § 6466 und Juni 18, § 6568. 76 Groebe, Festschrift, S. 5; zur Gründung 1868 und der weiteren Entwicklung vgl. voriges Kapitel, S. 475; Reuter, Worms 1800 –1882, S. 176, Anm. 346. 77 StadtA Wo Abt. 170/26 Nr. 8, Kopie nach dem Original im Stadtarchiv Darmstadt. 78 Das Fahrradangebot der Fa. Heyl hat mir der aus einer Handwerkerfamilie stammende Volkshochschulleiter Dr. Karl Schlösser (†) ausführlich geschildert. Es wurde mir von alten »Heylianern« mehrfach bestätigt. 79 Reuter, Karl Hofmann, S. 85. 80 Zu den Privatbanken vgl. voriges Kapitel (oben S. 459 ff., Banken). 81 Reuter, Karl Hofmann, S. 86 f. 82 Reuter, Worms 1800 –1882, S. 132 –157; Reuter, Karl Hofmann, S. 111 f. 83 Reuter, Worms 1800 –1882, S. 46, Abb. 18: Stadthaus-Innenhof um 1867; S. 146, Abb. 47, Stadthaus an der Ludwig-(heute Hagen-)straße um 1859. 84 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6310 (StRPr. 1883 § 1806); Reuter, Worms 1800–1882, S. 153 –155; Reuter, Karl Hofmann, S. 113 (Zitate). 85 Reuter, Worms 1800 –1882, S. 126, Abb. 43: Villa Julius Schoen von Gabriel v. Seidl, S. 154, Abb. 49: Entwurf Stadthausfassade von Euler; Reuter, Künstlerisches Bauen, S. 236 – 238 und S. 242 f. 86 Ausführlich zum Umbau Reuter, Karl Hofmann, S. 115 –120. 87 Reuter, Künstlerisches Bauen, S. 242 f. 88 Karl Friedrich August Mielcke, Bernsteinwarenfabrikant und Kommerzienrat, war von 1865–1889 Gemeinderatsmitglied bzw. Stadtverordneter; Reuter, Karl Hofmann, S. 472, Nr. I/20 und S. 476, Nr. II/30. 89 Hermann Heinrich Prell (1854 –1922), Maler und Bildhauer, 1892 –1917 an der Dresdener Akademie Leiter der Meisterklasse für Geschichtsmalerei. Auf seine Entwürfe für Worms, die sich im Dresdener Stadtmuseum befinden, hat mich Frau Dr. Christel Wünsch aufmerksam gemacht. Prell war auch Juror beim Rosengarten-Wettbewerb 1905, Reuter, Rosenfest und Rosengarten, S. 335. 90 Reuter, Karl Hofmann, S.119 f. 91 Reuter, Karl Hofmann, S. 120 –123. 92 StadtA Wo Abt. 30 Nr. 516; Reuter, Karl Hofmann, S. 121. 93 Reuter, Brunnen und Brunnenbücher, S. 122. 94 StadtA Wo Abt. 30 Nr. 516; Reuter, Karl Hofmann, S. 122. 95 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6311 (StRPr. 1886, März 1, § 2393); Reuter, Karl Hofmann, S. 123. 96 Joseph, Münzen, S. 309, Nr. 435. Abb. bei Reuter, Vom Ordensspital zum Stadtkrankenhaus, S. 24 f. und Reuter, 100 Jahre Stadtkrankenhaus, S. 34 f. 97 Siehe oben S. 461 f. 98 Reuter, Karl Hofmann, S. 141–144, zur Denkschrift S. 142 f. 99 Zur Biografie ausführlich Reuter, Karl Hofmann, S. 123 –135. Die dort S. 133 abgebildete Büste ist nach Forschungen von Karl Heinz Hohenschuh/Darmstadt nicht von Augusto Varnesi, sondern von dem Darmstädter Bildhauer Heinrich Jobst geschaffen worden. 100 Die Synagoge, ein Backsteinbau in neuromanischen Formen mit Kuppelturm, wurde beim Pogrom vom 10. November 1938 niedergebrannt, die Mauern später abgetragen. 101 Zum Folgenden mit allen Belegen Reuter, Karl Hofmann, S. 141–144. 102 Reuter, 100 Jahre Stadtkrankenhaus, S. 50– 59; dort auch die Direktoren bis 1971 (Einrichtung eines Krankenhausdirektoriums). 103 Reuter, Stadtkrankenhaus, S. 35 – 40, zur Planung durch Architekt Fritz Novotny, ebenda S. 42 f. 104 Reuter, Stadtkrankenhaus, S. 32 – 34 und Reuter, 100 Jahre Stadtkrankenhaus, S. 119 –122. 105 Reuter, Stadtkrankenhaus, S. 34; zum »Kiautschau« siehe bei Anm. 123 und oben S. 787.

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106 Zur 1875 eingerichteten Fortbildungsschule Ramge/Schadt, Festschrift, S. 25 f. und Reuter, Worms 1800–1882, S. 119 f.; zur Gewerbeschule Reuter, Karl Hofmann, S. 144–148. 107 Reuter, Schoen, in: Wormser Profile, S. 56– 61; Reuter, Schoen, in: Städtisches Spiel- und Festhaus (Festschrift 1966), S. 31– 43; Reuter, Karl Hofmann, S. 477, Nr. II/44; Reuter, Künstlerisches Bauen, S. 238– 240; Reuter, Kirchhöfe, S. 179 –182. 108 Reuter, Karl Hofmann, S. 148–158, das Zitat S. 152. 109 Bericht von Karl-August Krauß/Speyer in: Der Chorgesang, Leipzig VIII. Jg., Nr. 22, S. 523 f. Zum regen Musikleben in Worms siehe Rothschild, Musikgesellschaft, sowie Fritz Reuter, Musikliebhaber und Liebhaberorchester in Worms vom 18. bis 20. Jahrhundert, in: 25 Jahre Wormser Kammerorchester 1951–1976, S. 4–7. Vor dem Festhausbau dienten als Konzertsäle der »Karpfen« in der Römerstraße und der große Casinosaal, vgl. Darmstädter Zeitung, 20.01.1868, Nr. 20. Im Centralblatt für Instrumentalmusik, Solo- und Chorgesang erschienen um 1900 mehrfach Besprechungen von musikalischen Aufführungen in Worms. Im Juni 1911 berichtete Dr. Max Strauß in Die Musik, Jg. X, H. 17, S. 330, über das hiesige Musikleben mit einer Aufführung von Erich Korngolds Klaviertrio op. 1. 110 Reuter, Rosenfest und Rosengarten, S. 330– 334; vgl. im Beitrag Ehrismann mit Abb. 104, S. 839. 111 Rothschild, Musikgesellschaft, S. 41 f.; Karl Holl, Friedrich Gernsheim. Leben, Erscheinung und Werk, Leipzig 1928, S. 86; Brand, Rudi Stephan, S. 32. 112 Zu den Folgen Reuter, Karl Hofmann, S. 164. 113 VerwRB für das jeweils angegebene Jahr unter »Besondere Angelegenheiten«. 114 Georg Illert, Spiele, Feste und Feiern, in: Städtisches Spiel- und Festhaus (1966), S. 44– 84. 115 Friedrich M. Illert, Gruß der Heimat an Friedrich v. Schoen zu seinem 90. Geburtstag, in: Der Wormsgau, Sonderausgabe 1940, S. 1– 39; Reuter, Karl Hofmann, S. 487, Ehrenbürgerliste Nr. 11. 116 Reuter, Karl Hofmann, S. 140 f. 117 Vgl. bei Anm. 94. 118 Reuter, Karl Hofmann, S. 136–140, detailliert mit Personen und Zuständigkeitsbereichen; StadtA Wo, Adressbuch 1906, S. 364 f. 119 Vgl. Karte 13, siehe unten Anm. 121. 120 Zum Folgenden neben VerwRB und einschlägigen Akten im StadtA Wo Reuter, Karl Hofmann, S. 179– 182; Reuter, Von der Reichsstadt zur Industriestadt; Reuter, Stadtentwicklung von Worms. 121 Der Erläuterungsbericht zum Plan ist abgedruckt bei Reuter, Karl Hofmann, S. 493 – 509. 122 Kommentierte bildliche Belege bei Reuter, Worms – ehemals. 123 Knodt, Regenten, S. 116 –124. 124 Reuter, Worms – ehemals, S. 124 f.; Reuter, Karl Hofmann, S. 227– 231; siehe auch die Beiträge von H. Brüchert (S. 793– 823) und I. Spille/O. Böcher (S. 735 –792). 125 Reuter, Worms – ehemals, S. 25. 126 Schreibweise modernisiert, Original im Erläuterungsplan, S. 11; Reuter, Karl Hofmann, S. 182. 127 VerwRB 1890/91, S. 6; Reuter, Karl Hofmann, S. 182 f. 128 Bringmann, Studien; Bringmann, Gedanken. 129 VerwRB 1891/92, S. 133; Bringmann, Studien, S. 210; Reuter Karl Hofmann, S. 177 f. 130 Zu den Gebäuden Reuter, Karl Hofmann (Inhaltsverzeichnis) sowie Reuter, Worms – ehemals; zur Mainzer Pforte vgl. die Zeichnung von Peter Hamman in Reuter, Hamman, S. 78 f. 131 Reuter, Karl Hofmann, S. 209– 218. 132 Bringmann, Studien, S. 314 f.; Bringmann, Gedanken, S. 585; Reuter, Nibelungenstil, S. 123 –134. 133 Zum Nibelungenthema siehe den Beitrag von O. Ehrismann, S. 824– 849. 134 Grundlegend zum Dom: Kautzsch, Dom zu Worms (Textband und zwei Bildbände). 135 Vgl. oben S. 520 f. bei Anm. 134. 136 Reuter, Karl Hofmann, S. 259– 266, v. Seidls abschließendes Urteil S. 264. 137 Zur Ehrenbürgerschaft vgl. oben S. 461 f. (Garnison und Lazarett) bei Anm. 96. 138 Reuter, Worms – ehemals, S. 72 f. und S. 114 f.; Reuter, Karl Hofmann, S. 219. 139 Knodt, Regenten, S. 114 –126. 140 Reuter, Worms – ehemals, S. 101–103; Reuter, Karl Hofmann, S. 220– 225. 141 Reuter, Karl Hofmann, S. 236– 240. 142 Keim, Geschichte, S. 414. 143 Siehe dazu oben S. 461 f. und S. 505 f. mit Anm. 97. 144 Zum Kasernenbau einschließlich der Schieß- und Exerzierplätze Reuter, Karl Hofmann, S. 241– 248.

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145 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6318 (StRPr. 1894, Juni 19, nach § 5434 im nichtöffentlichen Teil). 146 Vgl. oben S. 462 f. (Eisenbahnanschluss). 147 Zur Straßenbrücke einschließlich des von Hofmann gewonnenen Wettbewerbs Reuter, Karl Hofmann, S. 202 – 209. 148 Reuter, Karl Hofmann, S. 314 – 316. 149 Zum Bahnhofsumbau Reuter, Karl Hofmann, S. 248– 258; Knodt, Ernst Ludwig, S. 260– 265; Häussler, Eisenbahnen, S. 40 – 66, mit reichem Bildmaterial. 150 Reuter, Karl Hofmann, S. 127. 151 Reuter, Karl Hofmann, S. 47 f.; ebenda S. 487, Ehrenbürgerliste Nr. 8. 152 Reuter, Karl Hofmann, S. 277– 284; Reuter, Kirchhöfe, S. 174. 153 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6322 (StRPr. 1898, Sept. 2, § 7041). 154 Reuter, Karl Hofmann, S. 284 f.; vgl. zu seiner Stellung nach 1918 auch das folgende Kapitel, S. 552 f. 155 Zu Metzler siehe unten S. 536 ff. 156 Reuter, Karl Hofmann, S. 285 – 287, zu Pfungst ebenda, S. 483, Nr. III/45. 157 StadtA Wo, Adressbuch 1905, S. 379 f. 158 StadtA Wo, Adressbuch 1911, S. 439– 441. 159 StadtA Wo, Adressbuch 1911, S. 442. 160 Zu den Personen Reuter, Karl Hofmann, Liste der Stadtverordneten und Register. 161 Die Angaben über Wahlen und die Zusammensetzung der Stadtverordnetenversammlung beruhen neben Akten im StadtA Wo einschließlich der StRPr auf den Ausgaben der WZ (nationalliberal), der Wormser Volkszeitung (freisinnig) und der Wormser Nachrichten (Zentrum) zu den jeweiligen Wahlterminen sowie den einschlägigen Jahresbänden der VerwRB. Tabellen und Belegstellen bei Reuter, Karl Hofmann, S. 285 – 291; zum Zeitungswesen siehe oben S. 492 f. 162 Vgl. bei Anm. 65. 163 Reuter, Karl Hofmann, S. 291 f.; siehe oben S. 543 f. (Als die Blütenträume welkten). 164 Zu den Eingemeindungen Reuter, Karl Hofmann, S. 101–107; Bönnen, 100 Jahre Eingemeindung. 165 Reg.Bl. 1898, S. 18 f.: Gesetz, die Bildung der Stadtverordneten-Versammlung der Stadt Worms für die Zeit vom 1. April 1898 bis zum 31. Dezember 1902 betreffend. 166 Vgl. Grafik 20 (siehe Anm. 56), S. 495. 167 Karte 14; der »Carl-Bittel-Park« ging 1909 an die Stadt über, Reuter, Karl Hofmann, S. 390, Anm. 27. 168 1906 lassen sich 29 italienische Arbeiter belegen, StadtA Wo Abt. 13 Nr. 389. 169 Neben Akten und den VerwRB im StadtA Wo ausführlich: 75 Jahre Städtische Verkehrsbetriebe. Die Straßenbahn verkehrte mit nach 1945 etwas geändertem Netz bis 1956 und wurde dann durch Omnibusse ersetzt. 170 75 Jahre Städtische Verkehrsbetriebe, S. 50 (Streckenplan), S. 66 – 69 (Wagenhalle, 1991 abgerissen). 171 Beide Zitate nach Illert, Heyl, S. 412; die dafür in Anspruch zu nehmenden Lebenserinnerung von Heyl jetzt im StadtA Wo Abt. 186. Zur Beurteilung Hofmanns durch Zeitgenossen und Architekturkritik Reuter, Karl Hofmann, S. 267– 273. 172 Vgl. bei Anm. 108; Reuter, Was ist der Nibelungenstil, S. 124. 173 Bönnen, Nibelungenstadt, S. 77–79. 174 VerwRB 1907, S. 23. 175 Reuter, Karl Hofmann, S. 487, Ehrenbürgerliste Nr. 9. 176 Vgl. bei Anm. 107. 177 Reuter, Kirchhöfe, S.179 –182. In der repräsentativen Anlage wurde nie ein Mitglied der Familie Schoen/ v. Schoen bestattet, die Anlage einschließlich des Denkmals 1920 verkauft. 178 VerwRB 1913, S. 24 f.: lt. Inschrift 1913, die Schenkung 1914 vom Großherzog genehmigt; siehe den Beitrag O. Böcher/I. Spille, S. 786 mit Anm. 141. 179 Reuter, Karl Hofmann, S. 329 – 338; zu den politischen Hintergründen sowie zur Architekturkritik S. 331 f.; siehe im Beitrag Ehrismann v. a. S. 838 – 841. 180 Zum Bahnhof vgl. S. 523 f. 181 Reuter, Rosenfest und Rosengarten; siehe den Beitrag von Ehrismann in diesem Band 3, wie Anm. 179. 182 VerwRB 1904, S. 22: Gründung 5. 1. 1905; Adressbuch 1907, Anzeige S. 404; 1908 gegenüber Haupttitel: Anzeige Herbst. 183 Reuter, Karl Hofmann, S. 296 f.

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184 Reuter, Karl Hofmann, S. 292 – 295: Biografie Metzlers; seine älteren Arbeiten ebenda S. 299– 307; zum Haus »Martinspforte« Reuter, Worms – ehemals, S. 74. 185 Reuter, Karl Hofmann, S. 231– 236, und Reuter, Kirchhöfe, S. 168–191. 186 Rothschild, Der neue Friedhof, S. 40– 48, in: Zur Geschichte der Jüdischen Gemeinde (Gedenkschrift 1911), S. 47– 52; ebenda Metzler, Die neue Friedhofsanlage, S.47– 52; Reuter, Karl Hofmann, S. 316– 318; Reuter, Kirchhöfe, S. 191–195; vgl. auch den Beitrag von I. Spille u. O. Böcher zu den Bau– und Kunstdenkmälern (S. 783 f. in diesem Band). 187 75 Jahre Grundwasserwerk Bürstädter Wald. 188 Abb. 56, Sparkasse, S. 538. 189 Reuter, Karl Hofmann, S. 312– 325; zu den Gebäuden vgl. im Beitrag von I. Spille und O. Böcher zu den Bau- und Kunstdenkmälern S. 783 ff. 190 Reuter, Karl Hofmann, S. 307– 309; Reuter, Nebeneinander, S. 328– 322 (80– 84); Reuter, Neuzeitliches Gegenstück; Reuter, 125 Jahre Eleonorengymnasium. 191 Reuter, Karl Hofmann, S. 386, Anm. 16; Reuter, Nebeneinander, S. 331; Reuter, Neuzeitliches Gegenstück, S. 17. In dem Gebäude jetzt das Caritasheim »Burchardhaus«. 192 Der Name »Andreasgemeinde« ist neben Dreifaltigkeits-, Friedrichs- und Magnusgemeinde für die nicht zu den evangelischen Innenstadtgemeinden gehörigen Bezirken im Westen gewählt worden in Erinnerung an das in die Reformationsgeschichte der Stadt eingebundene Andreasstift, siehe Reuter, Mehrkonfessionalität, S. 14–19; Reuter, Nebeneinander, S. 320 f. (72 f.). Mit dem Kirchenbau entschloss man sich zum Namenswechsel mit Bezug auf Luther. Ein Desiderat ist eine Geschichte der evangelischen Kirche in Worms. Vorläufig bleibt zu verweisen auf Diehl, Pfarrer- und Schulmeisterbuch, sowie auf einschlägige, in der Gesamtbibliographie genannte Aufsätze. 193 Vgl. Abb. 56 Karlsplatz (S. 538). 194 Böcher, Lutherkirche. 195 Reuter, Dreifaltigkeitskirche, S. 6. 196 VerwRB 1910, S. 43 f.; das Zitat Pützers in Pabst/Pützer, Lutherkirche 1912, S. 17. 197 Reuter, Karl Hofmann, S. 338 f., vgl. oben S. 450 bei Anm. 49. 198 VerwRB 1910, S. 30. 199 Reuter, Karl Hofmann, S. 340 f., auch zum Folgenden. 200 Vgl. oben unter »Aspekte der wirtschaftlichen Entwicklung«, bei Anm. 163. 201 VerwRB für 1914, S. 4 f.

Von der Blüte in den Abgrund: Worms vom Ersten bis zum Zweiten Weltkrieg (1914 –1945) 1 Vgl. zur archivischen Überlieferung für die Zeit von 1914 bis 1945 insgesamt: Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, v. a. S. 18– 22, S. 74–77, S. 89 – 92, S. 226 – 229 (Stand 1998, vgl. seither die jährlichen Tätigkeitsberichte des Stadtarchivs (u. a. Neuzugänge und Verzeichnungsfortschritte) in der Zeitschrift »Der Wormsgau«, ab Bd. 17, 1998, S. 244– 249; zuletzt Bd. 23, 2004, S. 211– 221). 2 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6338– 6360, durch Register erschlossen. 3 Verwaltungsrechenschaftsbericht des Oberbürgermeisters (künftig VerwRB) 1914, S. 13 f. zur geplanten Sportanlage »Kaiserjubiläumsplatz«; zu den vorgesehenen Festspielen siehe Bönnen, Nibelungenstadt, S. 42. 4 Wormser Zeitung (künftig WZ) 1. 8. 1914 (siehe auch den Rückblick in: WZ 1. August 1964, in: StadtA Wo Abt. 204 Nr. 2/21), zum Folgenden siehe vor allem den im Frühjahr 1916 erschienenen Verwaltungsrechenschaftsbericht des Oberbürgermeisters für den Zeitraum vom 1. 4. 1914 bis 31. 3. 1915, S. 230 – 247 (Militärangelegenheiten und Kriegsmaßnahmen), Schilderung des Sedanstages S. 252– 254; umfangreiche archivalische Quellen finden sich vor allem im StadtA Wo in den Abt. 5 (Aktenplangruppe VIII/ 1. Weltkrieg, hier u. a. zu Liebesgaben, Kriegsfonds des OB, karitative Bemühungen, Krankenpflege, Arbeitsorganisation, Gefangenenlager (s. u.), Kriegswirtschaft, Versorgung (sehr zahlreiche Unterlagen), Kriegsende und Demobilmachung 1918/19), Abt. 15 (Ernährungsamt, sehr umfangreiche Akten, v. a. 1916–1922) und Abt. 13 (Polizeidirektion Worms) sowie Abt. 204 (Zeitgeschichtliche Sammlung). Als grundlegende Gesamtdarstellung zur deutschen Geschichte der Zeit 1914 bis 1949 vgl.: Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914 –1949, München 2003.

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5 Michael Stöcker, »Augusterlebnis 1914« in Darmstadt. Legende und Wirklichkeit, Darmstadt 1994. Eine entsprechende Auswertung der beiden Wormser Zeitungen als Stimmungsbarometer liegt bislang noch nicht vor. 6 Keilmann, Zwischen Monarchie und Diktatur, S. 135 –138 zur Entwicklung der Anstalt während des Ersten Weltkrieges. 7 Das Thema ist bislang kaum bearbeitet worden, vgl. vorläufig für die Zeit bis Anfang 1915 den erwähnten Rechenschaftsbericht der Verwaltung (vgl. Anm. 4) von 1914, v. a. S. 233 ff., S. 236 f. 8 Wie vorige Anm., S. 239 ff.; umfangreiche Akten zur Ernährung und Versorgung für die Jahre 1916 bis 1924 in StadtA Wo Abt. 15 (Lebensmittelamt). 9 Zum Folgenden Bönnen, Tumulte und Unruhen, S. 389 – 393. 10 Jubiläums-Almanach Werkverein Cornelius Heyl 1917, S. 45, auch zum Folgenden. 11 Zum Gymnasium siehe: Keilmann, Zwischen Monarchie und Diktatur, S. 135 ff.; Ramge/Schadt, Festschrift (1924); Jahresberichte der Volksschule für die Jahre 1916 bis 1919 mit Berichten zu den Kriegsfolgen finden sich in: StadtA Wo Abt. 5 Nr. 1573. Akten über die »Jugendwehr Worms« und die Bemühungen um militärische Ertüchtigung der Jugend: StadtA Wo Abt. 5 Nr. 1450, 1543, 1594–1596. 12 Machmer, Kriegsgefangenenlager; Errichtung: VerwRB 1914, S. 246 f., zahlreiche Akten in: StadtA Wo Abt. 5 (Aktenplangruppe VIII). 13 Eberhardt, Industrielle Entwicklung, S. 126–130; Lucht, Arbeiterverhältnisse, S. 11– 23; Brüchert, Frauenund Kinderarbeit, S. 125–128; vgl. auch die Angaben in der Mainzer Zeitschrift 90/91, 1995– 96, S. 141 f. 14 Jubiläums-Almanach Werkverein Cornelius Heyl 1917, S. 49 f., das Folgende S. 51 ff. 15 Zahlreiche Unterlagen zu ihrer Person und ihrem Wirken im Familiennachlass: StadtA Wo Abt. 186; zum familiären Hintergrund: Reuter, Vier bedeutende Familien. 16 Zum Folgenden Olbrisch, Novemberrevolution; zur Geschichte des Volksstaates Hessen nach 1919 mit weiterer Lit.: Handbuch der hessischen Geschichte, S. 883 ff.; sehr wichtig ist die mit einer Einführung versehene Dokumentation: Parlament im Kampf. 17 Zu den Wahlen und Aspekten der politischen Entwicklung ab 1918 mit weiteren Hinweisen Bönnen, Wahlen und Abstimmungen. 18 Vgl. den auch für die Weimarer Jahre wichtigen Nachlass im Stadtarchiv (Abt. 185, weitere Unterlagen in Abt. 186); zu den Heyl’schen Lederwerken Liebenau: Brecher, Kriegswirtschaft, S. 17 ff.; zur Familie: Reuter, Vier bedeutende Wormser Familien; siehe auch das vorangehende Kapitel von F. Reuter. 19 Zur politischen Entwicklung der Stadt vor 1914: Reuter, Karl Hofmann, v. a. S. 285– 291 (Stadtverordnetenwahlen und Zusammensetzung der Stadtverordnetenversammlung) und im vorliegenden Band oben S. 479 ff. 20 Zur Person und Amtsführung vor 1914: Reuter, Karl Hofmann, S. 277– 282. 21 Zu diesem: Keilmann, Zwischen Monarchie und Diktatur, S. 139 f. 22 Reuter, Karl Hofmann, S. 281 f.; Pujari, Worms unter französischer Besatzung, S. 46 – 49 (folgendes Zitat S. 48). 23 Weiterführende biografische Angaben und Hinweise auf die Quellen für die im Folgenden Genannten finden sich bei: Bönnen, Wahlen und Abstimmungen. 24 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1369. Das Jahr 1920 markiert reichsweit den Durchbruch für die Organisation, der Ende des Jahres mehr als 100 000 Mitglieder angehörten. Näheres über die Aktivitäten dieser 1922 wieder zerfallenen Vereinigung ist für Worms nicht bekannt. 25 Worms 1933, S. 49 f. mit Abdruck eines Polizeiberichts über eine Versammlung im Januar 1923; siehe auch oben S. 574 und Anm. 129. 26 Bönnen, Wahlen und Abstimmungen, v. a. S. 150 –153 (Dokumentation der Ergebnisse S. 130 ff.). 27 Zum Folgenden Bönnen, Tumulte und Unruhen, S. 403. 28 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1369. 29 Pujari, Worms unter französischer Besatzung; Süss, Rheinhessen; recht umfangreiche Aktenüberlieferung in: StadtA Wo Abt. 5 und Abt. 13. 30 Dazu: Süss, Rheinhessen, S. 166 f. und Christian Koller, »Von Wilden aller Rassen niedergemetzelt«: die Diskussion um die Verwendung von Kolonialtruppen in Europa zwischen Rassismus, Kolonial- und Militärpolitik (1914–1930), Stuttgart 2001 (Beiträge zur Kolonial- und Überseegeschichte 82), S. 252– 254. 31 Pujari, Worms unter französischer Besatzung, S. 91 ff.; Süss, Rheinhessen, v. a. S. 214 – 216; Schlösser, Separatistenputsch.

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32 Süss, Rheinhessen, S. 238. 33 Zum Folgenden ausführlich Bönnen, Tumulte und Unruhen, S. 393– 403. 34 Die folgenden Zahlen nach: StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1491 (Lage auf dem Arbeitsmarkt, Stimmung in der Arbeiterschaft). 35 Vgl. einen Bericht der Wormser Handelskammer vom September 1921 bei Süss, Rheinhessen, S. 112.f 36 Bönnen, Unruhen und Tumulte, S. 403 f. 37 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 4381. 38 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1529; Streikstatistik 1918 bis 1927 für den Kreis Worms: HStAD G 15 Worms Nr. 126/1; siehe auch für den Zeitraum 1906 bis 1931 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1529. Wichtig – auch für die Wirtschaftslage insgesamt – sind die gedruckten Berichte des Gewerbeaufsichtsamts Worms, welche für die Jahre 1922 bis 1925 vorliegen (Jahresberichte der Hessischen Gewerbeaufsichtsämter, Darmstadt 1923 bis 1926). 39 Lucht, Arbeiterverhältnisse, S. 101 ff.; vgl. etwa Unterlagen in StadtA Wo Abt. 180/1 für die Firma HeylLiebenau (Bilanzen 1924–1935: Nr. 281 und 13; Personalangelegenheiten/Löhne 1919 –1924 Nr. 286287, Gewerbevereine Nr. 608 u. a.). 40 Zum Folgenden: Bönnen, Wahlen und Abstimmungen, zur Person Rahns v. a. S. 154 ff.; Worms 1933 (S. 79 –112 Abdruck seiner Lebenserinnerungen); gedruckte Quellen: VerwRB 1924, 1925, 1926, 1927. 41 Bönnen, Zur Feier des Verfassungstags. 42 Zum Folgenden: Bönnen, Wahlen und Abstimmungen, v. a. S. 142 ff. 43 Becker, KPD, S. 23 (Überblick über die organisatorische Entwicklung der Partei in der Pfalz und Rheinhessen). 44 Bönnen, Wahlen und Abstimmungen, S. 139 –141 und S. 163 f. zu den Abstimmungen und zur Reichspräsidentenwahl (Zahlen und Einschätzung). 45 Becker, Links von der SPD; Bönnen, Wahlen und Abstimmungen, S. 150 ff.; StadtA Wo Abt. 13 Nr. 982. 46 Bönnen, Wahlen und Abstimmungen, S. 150ff; zur Einschätzung der Situation am Ende des Jahres vgl. die Schreiben des Vereins der Kaufleute und Gewerbetreibenden an die Bereitschaftspolizei in: StadtA Wo Abt. 30 Nr. 209 vom Dezember 1929. 47 Zentrale Quelle für die Jahre 1924 bis 1927 sind die gedruckten Verwaltungsrechenschaftsberichte, die detaillierten Einblick in die Entwicklung der Stadtverwaltung und der städtischen Einrichtungen geben; dazu kommen die Akten im StadtA Wo (Abt. 5, Stadtverwaltung 1816–1945). 48 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 1896. 49 VerwRB 1927, S. 11 ff., S. 101 ff. 50 Vgl. etwa StadtA Wo Abt. 5 Nr. 4474 (Protestresolution vom 28. 10. 1926 gegen die als verkappte Arbeitsdienstpflicht empfundene geplante Einführung einer Fortbildungsschule), weitere Vorgänge in StadtA Wo Abt. 5 Nr. 4474. 51 Vgl. bis auf weiteres Dehmel, Geschichte der Wormser Polizei, S. 25 ff., Zuständigkeiten: S. 35. Die Aktenüberlieferung ist reichhaltig und wertvoll (StadtA Wo Abt. 13); zum Gesetz von 1921 vgl. auch Süss, Rheinhessen, S. 107 f.; zu den Aufgaben der Polizei vgl. etwa den Rechenschaftsbericht von 1927, S. 101– 109. 52 Worms 1933, S. 69 f.; Bönnen, Die Feier des Verfassungstages, S. 622 f.; Personalakte: LA Sp H 80 Nr. 1018 Nr. 1542. 53 Bislang ist das Thema für Worms völlig vernachlässigt worden, siehe als zeitgenössischen Kurzbericht die Festschrift der Wormser Zeitung von 1926 (150 Jahre Wormser Zeitung), S. 109 f.; Zahlen und Fakten finden sich in den gedruckten Rechenschaftsberichten (1924: S. 175 – 263; 1925: S. 187– 255; 1926: S. 199 – 256; 1927: S. 166– 222). Wichtig ist der Vergleich mit Mainz, für das eine detaillierte Studie vorliegt (Brüchert, Städtische Sozialpolitik, 1. Weltkrieg: S. 248 – 276; Weimarer Republik: S. 277– 348). 54 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6344 (Beilage zu den Protokollen der Stadtverordnetenversammlung, Sitzung vom 3. 3. 1921). 55 Unterlagen in: StadtA Wo Abt. 5 Nr. 4393, 4709, 2001, 4709, 4393, 5528, 400, 6693. 56 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 3286, 3292– 3293, 6223; Sitzungen der Kurhausdeputation: Nr. 3599; zudem siehe die VerwRB. 57 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6350, zusammen mit dem Auftrag an den Oberbürgermeister, das Projekt beschleunigt voranzutreiben. 58 Siehe zum Folgenden als erste Problemskizze: Bönnen, Kommunaler Wohnungsbau (mit Belegen für die folgenden Zitate); vgl. auch Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 168 –174. Das Stadtarchiv

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verwahrt umfangreiches Aktenmaterial zum Thema (Wohnungsamt, Abt. 17). Vgl. auch die Rechenschaftsberichte der Jahre 1924 bis 1927 und die Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung. Bericht in: Heimat am Rhein. Blätter zur Pflege der Wormser Geschichte und Heimatkunde. Beilage zur Wormser Zeitung, Jg. 1930, Nr. 3, 31. 5. 1930, S. 17– 21; die Pläne befinden sich samt Briefwechsel mit der Familie von Heyl im Wormser Stadtarchiv (Abt. 217; Abt. 185); zum Folgenden siehe StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6350 (8. 11. 1927); bereits hier wurden eine Stadthallenplanung und die notwendige Rheinufergestaltung im Rahmen von Notstandsmaßnahmen diskutiert. Brecher, Kriegswirtschaft, S. 20 mit weiteren Hinweisen. 150 Jahre Wormser Zeitung (1926), S. 217– 225. Illert, Geschichte der Wormser Brauereien, S. 68 ff. Schreiben des Betriebsrates des Kaufhauses Goldschmidt mit Beschwerden gegen die Boykottmaßnahmen vom 20. Mai 1933 und ihre Folgen für die 150 Angestellten (StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1472). Die aus der Zeit von 1914 bis 1945 erhaltenen Wormser Zeitungen befinden sich im StadtA Wo Abt. 228; zur Presse vgl. die Hinweise bei: Worms 1933; zur Volkszeitung vgl. StadtA Wo Abt. 5 Nr. 2790; »Wormser Tageszeitung«: ebda., Nr. 2787; »Volkswacht« (nur sehr wenige erhaltene Exemplare) ebda. Nr. 2786, 1925–1929. Zur »Faust« vgl. StadtA Wo Abt. 5 Nr. 1545 sowie oben S. 574. Äußere Daten: vgl. die VerwRB unter »Städtische Sammlungen«; Akten in: StadtA Wo Abt. 20 (Städtische Kulturinstitute). Vgl. StadtA Wo Abt. 5 Nr. 3314, 3311, 3309, 3312, 3317, 5930; Umzug in den Heylshof: Nr. 3316. Johannes, Geschichte, S. 16 f., S. 24 f.; zum Stadtarchiv in dieser Zeit: Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 20 f. Zuletzt: Reuter, St. Paulus, S. 288 f.; G. Illert, 100 Jahre Altertumsverein, S. 42 ff.; Metzler, Wiederherstellung; zu Max von Heyl vgl. Grünewald, Max von Heyl; wichtige Teile seines Nachlasses in: StadtA Wo Abt. 186. Ab 1926 erschien die Zeitschrift »Der Wormsgau« (vgl. v. a. Bd. 1, 1926–1933 mit Tätigkeitsberichten etc.). Stiftung Kunsthaus Heylshof, bearb. v. W. Schenkluhn, v. a. S. 68 f.; Akten in: StadtA Wo Abt. 20 Nr. 132 – 136 (Eröffnung und Entwicklung bis 1942). Vgl. Zahlen in der 1966 erschienenen Festschrift zum Wiederaufbau: Städtisches Spiel- und Festhaus, S. 60– 66. Zu den Nibelungenaktivitäten in Worms während der 1920er Jahre Bönnen, Nibelungenstadt, S. 41– 48 (hier auch zum Verkehrsverein, Protokolle der Zeit 1928 –1930 in: StadtA Wo Abt. 73); siehe auch den Beitrag von Otfrid Ehrismann im vorliegenden Band, S. 841 f. Exemplare von »Der Ansturm« in: StadtA Wo Abt. 204 Nr. 02/04; »Gaslatern«: vereinzelte Stücke in den Akten von Abt. 5. Handbuch der hessischen Geschichte, S. 906 f.; Parlament im Kampf, S. 19 f. (Schulreformen). Volksschulwesen: Rechenschaftsberichte 1924 bis 1927; Ramge/Schadt, Festschrift; zum Altsprachlichen Gymnasium: Keilmann, Zwischen Monarchie und Diktatur. Akten in: StadtA Wo Abt. 20, zum Volksbildungsverein vgl. das vorige Kapitel. Unsere Kenntnisse über die beiden großen Kirchen in Worms und das innere gemeindliche Leben sind gering und bislang wissenschaftlich nicht behandelt worden. Zur evangelischen Kirche in Hessen: Heinrich Seitz, Geschichte der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Bd. 4, Marburg 1971, v. a. S. 454 – 476; Überblick über den Stand der evangelischen Kirche und des Vereinswesens in der Stadt 1913/14: Ev. Kirchengemeinde Worms. Kirchenkalender für das Jahr 1914, 43. Jg. (Exemplar StadtA Wo, Dienstbibl. KB 25). Bericht über die Wormser Lutherfeier am 17. bis 19. April 1921 zum Gedächtnis der 400-jährigen Wiederkehr des Tages, an dem Luther in Worms vor dem Reichstag stand. Beschreibung der Gedenkfeier mit ausführlicher Wiedergabe der Reden und Kundgebungen, einer geschichtlichen Einleitung und bildlichen Darstellungen, Worms 1921. Walter, Dreifaltigkeitskirche (1926 erschienene Festschrift zur Feier, 70 S.). Vgl. dazu vorläufig die gedruckten Berichte der Dombauleitung in den städtischen Rechenschaftsberichten, die Akten des Kunstrates für den Wormser Dom sowie Kautzsch, Dom, S. 247– 250 und Der Wormsgau 2, 1923 –1943, S. 317– 319 (50 Jahre Kunstrat des Wormser Domes). St. Paulus Worms 1002 – 2002 (Beitrag Rainer-M. Groothuis, S. 321– 329, hier S. 322 f.). Liebfrauen 1298–1998, S. 293 f., hier auch zum gottesdienstlichen Leben in der Pfarrei Liebfrauen und zu St. Amandus.

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83 Zur bislang kaum untersuchten Gemeindeentwicklung nach 1914 siehe Reuter, Warmaisa, S. 169 ff.; Schlösser, Keiner blieb verschont, S. 21– 23. Zur Integration jüdischer bürgerlicher Familien siehe Reuter, Politisches und gesellschaftliches Engagement; Reuter, Zwischen Integration und Vernichtung. Quellen u. a. in: StadtA Wo Abt. 203 (Judaica-Sammlung). Nachweis bislang nicht ausgewerteten Wormser Archivmaterials zum Zeitraum von ca. 1880 bis 1938 im »Centrum Judaicum« (Archiv der Stiftung »Neue Synagoge Berlin«, Best. 75A) bei Barbara Welker, Das Archiv der Stiftung »Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum«, in: Menorah. Jahrbuch für deutsch-jüdische Geschichte 12, 2001, S. 325– 343. 84 Vgl. den Beitrag von F. Reuter, v. a. S. 690 f. 85 StadtA Wo Abt. 217 (Grafische Sammlung) Lade 7 (Judaica) Nr. 57. 86 Nach dem Protokollbuch des Vereins in: Archiv der Stiftung »Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum«, Best. 75A Wo 5 Nr. 18 (siehe Anm. 83). 87 Zur Person: Worms 1933, S. 52 f. 88 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 1545; Abt. 13 Nr. 477; Ostjuden: Bönnen, Zur Situation. 89 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1370. 90 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 334; HStAD Best. G 15 Worms Nr. 157/1; VerwRB 1925, S. 17. 91 Reuter, Vom Erwachen des historischen Interesses, v. a. S. 23 ff.; vgl. dazu weitere Aufsätze in dem Sammelband; Hoppe, Das Jüdische Museum. Zum späteren Schicksal des Museums siehe oben S. 600. 92 Vgl. Akten in: StadtA Wo Abt. 5 Nr. 272; OB Rahn war Vorsitzender des Preisgerichts. 93 Vgl. den Bericht der Wormser Zeitung vom 22. 8. 1932. 94 Vgl. zum Folgenden im Einzelnen: Bönnen, Tumulte und Unruhen, S. 406– 409. 95 Polizeiberichte über entsprechende Vorkommnisse u. a. in: StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1009; 982, 1050, 1996. (u. a. »Selbstschutz« der Kommunisten im Bereich der Judengasse, Durchsuchung der Parteizentrale, Verhaftung von Funktionären); siehe dazu Becker, Links von der SPD, S. 229 f. 96 Akten v. a.: HStAD Best. G 30 Marienschloss, GP 64; vgl. ergänzend: StadtA Wo Abt. 5 Nr. 3164 (1934 erfolgte Regelung der Versorgungsansprüche der Witwe Hobelsbergers); siehe auch Worms 1933, S. 23. 97 Zu Person und Werk vgl.: Georg K. Glaser. Zeuge seiner Zeit (hier u. a. der Beitrag von K. Becker über Glaser und die Wormser KPD, S. 33– 51). 98 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1049. 99 Zitat nach: Bönnen, Die Feier des Verfassungstages, S. 623. 100 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1915; zur Grafik 24: Hinzuzurechnen sind zu den als arbeitsuchend genannten Personen in den Statistiken noch die Unterstützungsempfänger (Dezember 1930 z. B. 2 140 Unterstützte, Dezember 1931 1 537 Personen) und die von der Stadt zu unterhaltenden Wohlfahrtserwerbslosen. 101 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 748; Abt. 77/12 (Wormser Nothilfe); die Thematik bedürfte einer eigenen Aufarbeitung. 102 Keilmann, Zwischen Monarchie und Diktatur, S. 142 f. 103 WZ 11. 5. 1931 (StadtA Wo Abt. 5 Nr. 3227). 104 Zahlen nach dem Haushaltsvoranschlag für 1935 in: StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6356. 105 Zum Folgenden ausführlich Bönnen, Wahlen und Abstimmungen. Eine sehr aufschlussreiche Quelle für die Situation in Worms zwischen etwa 1930 und der NS-Zeit stammt von Richard Kirn (Schlichter Bericht eines Augenzeugen, in: Tribüne 3, 1964, S. 1171–1180). 106 Vgl. jetzt beispielhaft die Lokalstudie für das nördlich von Worms gelegene Alsheim (Kreis Worms): Mahlerwein, Alsheim, Bd. 2, S. 177–182. 107 Zum Folgenden Pujari, Worms unter französischer Besatzung, S. 99 ff., umfangreiches Material in den Akten der Stadtverwaltung (Abt. 5), der Polizeidirektion (Abt. 13) und in der Zeitgeschichtlichen Sammlung des StadtA Wo (Abt. 204) sowie den Zeitungen (Abt. 228). 108 Zum Folgenden Bönnen, Wahlen und Abstimmungen, S. 159. 109 Zu ihm siehe Zibell, Jakob Sprenger, S. 288 ff.; Worms 1933, S. 55 – 58; seine zum Teil dort abgedruckten Erinnerungen in: StadtA Wo Abt. 214; vgl. den Nachlass im HStAD Best. O 31. 110 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1009; Boykottaufrufe der NSDAP: StadtA Wo Abt. 13 Nr. 2175. 111 Dazu im Einzelnen: Bönnen, Wahlen und Abstimmungen (zur Bewertung S. 147 f., 161 f.). 112 Zur Person siehe S. 581 und Anm. 109. Jung wurde am 15. 5. 1933 Staatssekretär, 18. 9. 1933 hessischer Staatsminister, 1935 Regierungspräsident in Saarbrücken, 1940 Bürgermeister von Wien. 113 Zu den Ereignissen in Worms: Worms 1933, S. 23 ff. (zum Tag von Potsdam: S. 26– 30); Schlösser, Keiner blieb verschont, S. 23– 28; Zibell, Jakob Sprenger; Zibell, Gauleiter, v. a. S. 134–139. Für die Machtüber-

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nahme der Nationalsozialisten in Hessen insgesamt: Handbuch der hessischen Geschichte, S. 916– 920; vgl. auch den Sammelband: »Eine nationalsozialistische Revolution ist eine gründliche Angelegenheit«, hg. v. H.G. Meyer/H. Berkessel, Mainz 2000. Zu dessen Geschichte zuletzt mit der älteren Lit. Arenz-Morch, Das Konzentrationslager Osthofen; Worms 1933, S. 35; Schlösser, Keiner blieb verschont, S. 28– 30; Brodhaecker, Menschen, S. 213 – 220. Z. B. LA Speyer Best. J 76 Nr. 150 und 114; zu den Auseinandersetzungen im Februar/März 1933 siehe auch StadtA Wo Abt. 13 Nr. 47. Vgl. dazu die Arbeiten von Seibert; zudem: Hoffmann, Der alltägliche Terror; Kemp, Julius Frank; Schlösser, Keiner blieb verschont, S. 27. Wormser Echo: StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1376. Schlösser, Keiner blieb verschont, S. 30 ff.; Worms 1933, S. 32– 34; siehe auch oben S. 598. Zum Maifeiertag siehe Worms 1933, S. 36 – 38. Zur Entwicklung von Stadtparlament und dem Führungspersonal an der Spitze vgl. die Ratsprotokolle (StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6356). Die Ehrung für Hitler wurde nach Kriegsende vom Stadtrat annulliert (StadtA Wo Abt. 6–R Nr. 1: Nr. 18, Beschluss vom 18. 12. 1946). Vgl. zu seinem Wirken nach 1945 den Beitrag von S. Zibell, S. 607 ff.; siehe auch Knittel, Spuren. 1877–1949, Parteisekretär und Fraktionsführer, seit 1919 Stadtverordneter. Zu den Vorgängen an der Stadtspitze 1933/34 siehe Zibell, Gauleiter, S. 134 –139. Zu dem Besuch ausführlich Zibell, Gauleiter, S. 131–133 sowie Worms 1933, S. 38 f. So mit eigenen Worten in einem vertraulichen Schreiben vom Juni 1935 (StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6481). Stimmungsbericht an die Gauleitung, HStAD Best. G 5 Nr. 59 (1. 10. 1933). Quellen genannt bei: Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 21 f.; zur Person Illerts vgl. Reuter, Dr. Friedrich M. Illert; Bönnen, Nibelungenstadt, S. 48 f.; wichtig: Mitteilungsblatt des Altertumsvereins Nr. 5 Mai 1934, S. 17– 20 (Programmrede Illerts bei der »feierlichen Kundgebung« von Altertumsverein und Stadt am 12. 4. 1934); zur Person Grills: StadtA Wo Abt. 170/23. Zu Partei und Staat in Hessen allg.: Handbuch der hessischen Geschichte, S. 921 f.; zur Wormser Organisationsentwicklung vgl. die Angaben in den Adressbüchern 1933 S. 597; 1937 S. 567 und 1939 S. 257 und vor allem die beiden Festschriften zu den Kreistagen der NSDAP 1938 (vgl. hier den sehr tendenziösen geschichtlichen Rückblick auf die Geschichte der Ortsgruppe S. 8–14 und 19 – 22) und 1939 (StadtA Wo Abt. 204 Nr. 58/4, jeweils mit Rechenschaftsberichten und statistischen Angaben), denen die folgenden Informationen entnommen sind. Für die Frühgeschichte der Partei wichtig ist auch die Tendenzschrift des aus Worms stammenden einflussreichen Kulturpolitikers im GoebbelsMinisterium Hans Hinkel, Einer unter Hunderttausend, München 1938, S. 7 ff.; siehe auch unten Anm. 132. Kreisleiter der NSDAP Worms: Karl Götz (geb. 1886) kommissarisch 1930 – 31; Otto Schwebel (s. o.) Sept. 1932 –Sept. 1937; Oskar Koch (geb. 1907) Okt. 1937–Okt. 1941, Pg. seit 1929, 1940/41 als Gefreiter bei der Wehrmacht, 1941–1945 Kreisleiter in Bad Schwalbach/Ts. (Spruchkammerakte: LHAKo Best. 856 Nr. 100943); Georg Brückmann (1896–1973) kommissarisch von 1941 (bereits ab 1940 vertretungsweise für Koch) bis Juli 1942 (wohl mit Unterbrechungen, Verabschiedungsfeier 23. 7. 1942, hat neben seinem Amt in Bensheim Worms mitvertreten); Heinrich (Heinz) Holländer (geb. 1896, Pg. 1929, Gaupersonalamtsleiter und tätig im Gauschulungsamt) kommissarischer Kreisleiter vom 16. 7. 1942 (auf Verfügung Sprengers) bis 1. 6. 1943; Hans Gerdts (geb. 1914) kommissarischer Kreisleiter ab 15. 10. 1943; ab 21. 8. 1944 (laut Wormser Tageszeitung vom 25. 6. 1944 auf Anordnung des Gauleiters) bis zum Kriegsende im März 1945 war OB Bartholomäus selbst kommissarischer Kreisleiter. Bislang unerschlossen sind die für Worms in der NS-Zeit wichtigen Spruchkammerakten (v. a. LHAKo Best. 856); vgl. dazu auch StadtA Wo Abt. 34 (Untersuchungsausschüsse für Entnazifizierung); HStAD Best. N 1 (Dienststellen der NSDAP): NSDAP-Kreisleitung Worms 1939: Parteistatistische Erhebungen für verschiedene Ortsgruppen des Kreises. Eine relativ gute Quellenlage besteht für den Sport in der NSZeit (StadtA Wo Abt. 99/1 NS-Reichsbund für Leibesübungen); vgl. dazu Gerhardy, Vereinssport. Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAWi), Best. 483 (NSDAP Hessen-Nassau) Nr. 11220: Lage- und Stimmungsberichte der Kreis- an die Gauleitung Juni/Juli 1939, S. 149590; weiterer Bericht: Nr. 11224, Jan./Febr. 1940. Steinweis, Hans Hinkel; Worms 1933, S. 52; vgl. oben Anm. 129. Bestände des Hessischen Staatsarchivs Darmstadt, S. 224 – 226.

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134 Angela Erbacher, Erbgesundheitsgerichte in der Pfalz und in Rheinhessen, in: Justiz im Dritten Reich. Justizverwaltung, Rechtsprechung und Strafvollzug auf dem Gebiet des heutigen Landes RheinlandPfalz, 2 Bde., Frankfurt/M. u. a. 1995, Bd. 2, S. 1151–1211 (hier S. 1153 zur Aktenüberlieferung des Gesundheitsamtes Worms); Paul Warmbrunn, Die Organisation der Gerichte in der Zeit des Dritten Reiches im Gebiet des südlichen Teils von Rheinland-Pfalz (Pfalz und Rheinhessen), in: Justiz im Dritten Reich. Justizverwaltung, Rechtsprechung und Strafvollzug auf dem Gebiet des heutigen Landes Rheinland-Pfalz, 2 Bde., Frankfurt/M. u. a. 1995, Bd. 1, S. 35 – 61 (zu Rheinhessen insgesamt S. 54 ff.). 135 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1017 (gerichtet an den Reichsstatthalter und Gauleiter Sprenger); Eichel wurde am 13. Mai 1939 im Beisein von Gauleiter Sprenger durch das Kollegium der Ratsherren zum ehrenamtlichen Beigeordneten der Stadt bestimmt (StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6359); vgl. zur Person die Personalakte (Kopie) in: StadtA Wo Abt. 13 Nr. 2907 (Parteimitglied 1931, 1934 vorläufige Amtsenthebung im Zusammenhang mit dem »Röhm-Putsch«, Wiedereinsetzung im Oktober, SA-Standartenführer, Versetzung als Polizeidirektor nach Offenbach/M. im Juli 1941, 1948 als Kriegsverbrecher hingerichtet); Nachfolger als Polizeichef wurde im Juli/Dez. 1941 Johann (Hanns) Löw (geb. 1883, zu ihm: StadtA Wo Abt. 13 Nr. 2908). 136 Bönnen, Worms – Fotos von Leo Hanselmann; zur Person und zum Material: Bönnen, Pressefotograf; die Fotos sind seit 2003 vollständig inventarisiert; vgl. Abb. 62 und 63. 137 Wichtiges Material zu Bartholomäus’ Stellung in Worms stammt aus dem Zusammenhang seiner Entnazifizierung (StadtA Wo Abt. 170/25 Nr. 14, Nachlass Lucie Kölsch); Spruchkammerakte in: LHAKo Best. 856 Nr. 135812. 138 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6481. 139 Das Folgende nach Zibell, Gauleiter, S. 140 –143. 140 StadtA Wo Abt. 170/26 Nr. 7a–b (Reichstreuhänder der Arbeit, Akten betr. Cornelius Heyl AG, 1934– 1944). 141 Zu den Vorgängen siehe HStAD Best. G 5 Nr. 8. Seit 1936 war der spätere (1946 –1949) Oberbürgermeister Christian Eckert (1875–1952), bis 1933 Wirtschaftsprofessor in Köln, als Vorsitzender des Aufsichtsrates der Cornelius Heyl AG tätig, deren Wiederaufbau nach 1945 er mit in die Wege geleitet hat. Zur Person Eckerts vgl. neben Henning, Christian Eckert; Kultur und Wirtschaft im Rheinischen Raum auch das folgende Kapitel von S. Zibell. 142 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6357– 6358 (Ratsprotokolle). 143 Der gesamte Vorgang ist bislang unbeachtet geblieben und bedürfte einer eigenen Erforschung, vgl. vorerst die Ratsprotokolle. 144 StadtA Wo Abt. 170/26 Nr. 7a–b. 145 Deutschland–Berichte der Sopade, Bd. 3, 1936, Frankfurt/M. 1936, S. 87. 146 Brecher, Kriegswirtschaft, u. a. S. 18– 22; vgl. hier S. 259 – 281 Kurzporträts Wormser Firmen und ihrer Produktpalette, die ab 1940 Zwangsarbeiter eingesetzt haben (jeweils mit weiterer Lit., siehe S. 278 – 281 zur CHAG). 147 HHStAWi, Best. 483 (NSDAP Hessen-Nassau, wie Anm. 131) Nr. 11220, S. 149495. 148 Ausführliche Zeitungsberichte mit wertvollen statistischen Angaben finden sich eingefügt in die Ratsprotokolle (StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6359, Sitzung vom 15. 5. 1939, hier als Anlage 2 die Haushaltsrede von Bartholomäus, die von der Zeitung nahezu wörtlich abgedruckt worden ist). 149 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 7538 (Erläuterungen, Pläne und Modellfotos); dazu Knittel, Spuren. Eine eingehende Untersuchung im Zusammenhang der Entwicklung nach 1945 steht noch aus. 150 Vgl. Biehn, Domplatzgestaltung; dazu: Clemens-Schierbaum, Mittelalterliche Sakralarchitektur; Worms 1933, S. 42/45 f., S. 71 f. 151 Zibell, Gauleiter, S. 147–149; Akten im StadtA Wo Abt. 5, u. a. Nr. 5 und Nr. 1910. 152 Handbuch der hessischen Geschichte, S. 921 f. 153 Städtisches Spiel- und Festhaus, S. 68–72 zur Entwicklung bis 1945. 154 Johannes, Geschichte, S. 25 f. 155 Nachweise: Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 22. 156 Vgl. dazu auch die Unterlagen des Verkehrsvereins in: StadtA Wo Abt. 73 Nr. 4 (1933 –1937). 157 Vgl. auch den Beitrag von Otfrid Ehrismann im vorliegenden Band; im Einzelnen vgl. (auch mit Nachweis der folgenden Zitate): Bönnen, Nibelungenstadt, S. 48– 61. 158 Vgl. im Einzelnen mit allen Nachweisen: Bönnen, Nibelungenstadt, S. 61–76; Gallé, Festspielidee, v. a. S. 113–116.

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159 Als Beispiel: Dokumentation zum Kirchenkampf, in: Jahrbuch der hessischen kirchengeschichtlichen Vereinigung 27, 1976, S. 36 f.; Oelschläger, Die evangelischen Gemeinden (Zeitraum 1933 bis 1945, hier S. 21 zur Lutherfeier 1933). Archivmaterial befindet sich im Zentralarchiv der Ev. Kirche in Hessen und Nassau, Darmstadt, u. a. Teilnachlass Ludwig v. Heyl (Best. 189). 160 1887–1943 (im Arbeitslager), 1925–1942 Pfarrer in der Lutherkirche; Anfang 1934 führend im Pfarrernotbund, seit Oktober 1934 Mitglied des Bruderrats von Hessen-Nassau, Opfer einer Diffamierungskampagne der NSDAP, verzog 1942 nach Darmstadt. 161 1887–1945, 1932–1945 Pfarrer der Friedrichsgemeinde. 162 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6481; Dietrich war 1915 Abiturient des Wormser Altsprachlichen Gymnasiums. 163 Exemplar vom Juli 1938 in: StadtA Wo Abt. 204 Nr. 26 – 01/09. 164 Hellriegel, Widerstehen, S. 434 – 438; für die Pfarrei Liebfrauen vgl.: Liebfrauen 1298–1998, S. 296 f.; zur NS-Zeit im Dominikanerkloster : St. Paulus 1002 – 2002, S. 324 – 329. 165 Vgl. den Fall Herman Schmitt (1888 –1974, dazu: AmKG 27, 1975, S. 257– 259); siehe auch zur Entwicklung des Gymnasiums nach 1933: Roschy, Nationalsozialismus; Überblick für Hessen: Handbuch der hessischen Geschichte, S. 929 – 931. 166 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 468. 167 HHStAWi, Best. 483 (NSDAP Hessen-Nassau, wie Anm. 131) Nr. 11220, S. 149445. 168 Unterlagen in: StadtA Wo Abt. 170/25 Nr. 18 (Kopie der Anklageschriften; weiteres Material zu Widerstand und Illegalität: ebda. Nr. 13); zu Verfahren gegen Kommunisten und SPD–Angehörige vgl. Kukowski, Martin (Bearb.), Hessisches Staatsarchiv Darmstadt. Überlieferung aus dem ehemaligen Großherzogtum und dem Volksstaat Hessen, München 1998 (Inventar zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung in den staatlichen Archiven der Bundesrepublik Deutschland, Reihe B Überlieferung der Flächenstaaten, Bd. 3); siehe auch: Worms 1933, S. 70 f. Völker war gelernter Drucker und in der Arbeiterbewegung sowie der SPD aktiv, von 1946–1949 1. Bürgermeister, von 1949 –1967 (Ehrenbürgerverleihung) Wormser Oberbürgermeister, nach 1946 kurzzeitig Vizepräsident des Landtages von Rheinland–Pfalz; über einen Nachlass ist nichts bekannt; Briefe aus der Haft in Zweibrücken 1936/37 finden sich in: StadtA Wo Abt. 170/25 (Nachlass Lucie Kölsch). Eine Biografie fehlt, vgl. StadtA Wo Abt. 6 Nr. 2013 (biografische Datenzusammenstellung). 169 Becker, Links von der SPD, S. 230– 232. 170 Ulrich, Syndikalistischer Widerstand (siehe auch weitere Beiträge in dem Band); zur Rolle der KPD nach 1945 siehe das folgende Kapitel von S. Zibell und die Arbeit von Klaus Becker. 171 Zur Entwicklung bis 1933 siehe oben S. 573 – 575. 172 Gesamtdarstellung: Schlösser, Keiner blieb verschont. Die Arbeit beruht auf der vom Stadtarchiv Worms 2002 als CD-ROM herausgegebenen Dokumentation aller Einzelschicksale, erarbeitet durch das Ehepaar Schlösser (Die Wormser Juden; hier auch in der Einleitung detaillierter Nachweis archivalischer Quellen zur Verfolgung und Entrechtung der Wormser Juden, darunter Aktenmaterial im Wormser Stadtarchiv; außerdem finden sich dort Informationen über das Ehepaar Annelore und Karl Schlösser, das sich nach 1945 größte Verdienste um die Aufarbeitung des Schicksals der Gemeinde erworben hat, vgl. den Nachruf zu Karl Schlösser in: Der Wormsgau 22, 2003, S. 6 f.); Reuter, Warmaisa, S. 184 – 201; Brodhaecker, Menschen (für ganz Rheinhessen); Huttenbach, Destruction (erste Gesamtdarstellung; der in Worms geborene Autor stammt aus einer in die USA emigrierten alteingesessenen jüdischen Familie); Plass, Mischehen; Mahrwald, Befragung; zu den aus der Wormser Gemeinde stammenden Archivalien der Zeit ca. 1880 bis 1938 im Berliner Centrum Judaicum vgl. oben Anm. 83; vgl. verfilmte Quellen aus den Jerusalemer »Central Archives« für die NS-Zeit im StadtA Wo Abt. 140 F Nr. 19 –20. 173 Vgl. oben S. 582 f. mit Fußnote 113; zu den Folgen der »Machtergreifung« für die Juden vgl. Brodhaecker, Menschen, S. 207–209. 174 Vgl. etwa: StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1472; Abt. 13 Nr. 1519; Abt. 13 Nr. 122; zu den Boykottmaßnahmen siehe Schlösser, Keiner blieb verschont, S. 26 f., 30 f.; Einzelschicksale in: Die Wormser Juden; Brodhaecker, Menschen, S. 244 ff. 175 Zur auf dem Rechtswege verfügten beruflichen Ausgrenzung und ihren Folgen vor allem für Ärzte, Rechtsanwälte etc.: Schlösser, Keiner blieb verschont, S. 31– 34. Zur Entwicklung des Antisemitismus befindet sich eine eigene Untersuchung des Verf. in Vorbereitung; vgl. für ganz Rheinhessen: Brodhaecker, Menschen. 176 Zu den Genannten: Reuter, Warmaisa, S. 165 –167; Schlösser, Keiner blieb verschont, S. 41; Die Wormser Juden.

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177 Lit.: Schlösser, Keiner blieb verschont; S. 39 f.; Brodhaecker, Die jüdischen Bezirksschulen, S. 72 –74; Brodhaecker, Menschen, S. 312– 323; Rede: Centrum Judaicum (wie Anm. 83) Best. 75A Wo 5, Nr. 16 +9125; zu den jüdischen Schülern des Altsprachlichen Gymnasiums: Schlösser, Jüdische Schüler. 178 Zu Herta Mansbacher vgl. die in Anm. 181 genannte Lit. und Reuter, Warmaisa, S. 192 f. 179 Centrum Judaicum (wie Anm. 83) 75A Wo 5, Nr. 24 +9133. 180 Zum Ereignis siehe Reuter, Warmaisa, S. 188 –191 und Brodhaecker, Menschen, S. 275– 278; wichtigste Quelle ist der aufschlussreiche gebundene Band über die Feier mit den Telegrammen, Glückwünschen und den Akten zur Vorbereitung: StadtA Wo Abt. 203 Nr. 8; Festschrift: Zum 900-jährigen Bestehen der Synagoge zu Worms, 1934. 181 Herta Mansbacher, »Liste der Auswanderer der Jahre 1933, 1934 usw. der Israelitischen Religionsgemeinde« [Druck und Auswertung: Dokumentation zur Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Rheinland-Pfalz und im Saarland von 1800 bis 1945, hg. v. der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz, Bd. 7, Koblenz 1974 (Veröffentlichungen der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz 18), S. 47–110]; vgl. zu der Quelle: Huttenbach, Emigration Book; zur Person von H. Mansbacher: Huttenbach, Herta Mansbacher; Reuter, Warmaisa, S. 191–197; zur Emigration, durch die mehr als 800 Wormser Juden ihr Leben zu retten vermochten, siehe zusammenfassend Schlösser, Keiner blieb verschont, S. 57– 64. 182 Zur Emigration zusammenfassend und mit Einzelschicksalen: Schlösser, Keiner blieb verschont, S. 57– 62; Reuter, Zwischen Integration und Vernichtung (Fallbeispiel des im Februar 1939 ausgewanderten Lehrers Samson Rothschild, 1848 –1939). 183 Die Wormser Juden (Gernsheim I); Abschiedsbrief: StadtA Wo Abt. 13 Nr. 924. 184 Reuter, Vom Erwachen des historischen Interesses, vgl. S. 31 zu den Vorgängen 1938; Abdruck des Inventars von Kiefer: S. 33– 44; vgl. im selben Band: Annette Weber, Hort der Mythen (mit einer Dokumentation der erhaltenen Wormser Judaica), zur Gründung des Museums siehe oben S. 574. 185 Bönnen, Novemberpogrom (zum Synagogenbrand S. 161); Schlösser, Keiner blieb verschont, S. 40– 46; Reuter, Warmaisa, S. 197 f.; Brockhaecker, Menschen, S. 332– 335; vgl. auch unten Anm. 195. 186 Ca. einhundert Akten zur Verwertung und Rückerstattung »jüdischen« Vermögens im Stadtkreis Worms (1938–1955) befinden sich in: LA Sp Best. L 39/Z 4286. 187 HessHStAWi Best. 483 (NSDAP Hessen–Nassau, wie Anm. 131) Nr. 11220 S. 149459. 188 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 4702. 189 StadtA Wo Abt. 228: Wormser Tageszeitung vom 8. August 1940; Schlösser, Keiner blieb verschont, S. 49 f. 190 Schlösser, Keiner blieb verschont, S. 66 f.; Akten zur Lage der Juden nach 1939 in: StadtA Wo Abt. 5 und Abt. 13; Mahrwald, Befragung. 191 Schlösser, Keiner blieb verschont, v. a. S. 72 – 81 sowie zu den Ermordungen S. 95 –104; zu den beiden Deportationen: Reuter, Unbekannt verzogen? 192 Schlösser, Keiner blieb verschont, S. 78 f.; allg. zu den »Mischehen« in Worms: Plass, Mischehen; Brodhaecker, Menschen, S. 306– 312. 193 Schlösser, Keiner blieb verschont, S. 80 f. 194 Lob durch Gestapo-Leitstelle Darmstadt: StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1180; Äußerung von Bartholomäus: StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6360 (Ende März 1942). 195 Zu den zahlreichen noch offenen Fragen zum Schicksal der Synagoge: Bönnen, »Es ist mein Lebenszweck«, S. 108–112, hier auch S. 99–104 zum Gemeindearchiv und seinem Schicksal nach 1945; zu diesem auch: Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 156–158; zu den Judaica auch Reuter, Warmaisa, S. 198 f.; nicht unproblematisch ist die Darstellung von Georg Illert, Die jüdischen Altertümer in Worms (1961). 196 Die genauen Hintergründe seiner Erhaltung sind noch unklar; nach 1945 hat sich Dr. Illert erfolgreich zu dessen Retter stilisiert und eine Reihe einander widersprechender Versionen über die Erhaltung des Friedhofes verbreitet, die allesamt sehr problematisch sind. 197 Aktenüberlieferung in: StadtA Wo Abt. 16 (vor 1945 starke Verluste), vgl. zum Folgenden den Rechenschaftsbericht über die Tätigkeit des Amtes von 1939 bis 1944 (in: Nr. 63). 198 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6359. 199 Brecher, Kriegswirtschaft S. 266 – 268. 200 Vgl. dazu: Der Wormsgau 2, 1934– 43 (Sonderausgabe Februar 1940), zur Person vgl. im vorhergehenden Beitrag von F. Reuter, S. 511– 513. 201 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 4702 (Stimmungsberichte dreier Ortsgruppen an die Kreisleitung). Eine Untersuchung über Worms während des Krieges steht noch aus. Zur Entwicklung der gesamthessischen Verhältnisse im Krieg: Handbuch der hessischen Geschichte, S. 931– 933.

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202 StadtA Wo Abt. 5 Nr. 6360: Beratungen Dezember 1941 mit anliegender Denkschrift mit Überlegungen zur weiteren Stadtentwicklung und Stadtplanung; Akten: StadtA Wo Abt. 5 Nr. 3–14; zu den zum Teil abweichenden Plänen von Baurat Walter Köhler zu den Fragen der Wormser Stadtplanung vom Mai 1941 siehe oben S. 592. 203 Reuter, Unbekannt verzogen? 204 Akten in: StadtA Wo Abt. 204 Nr. 4/58a. 205 Arenz-Morch, Schicksal. 206 Vgl. dazu und zum Folgenden die grundlegende Studie von Brecher, Kriegswirtschaft (Arbeitsbedingungen der deutschen Belegschaft S. 22– 99). Zentrale Quelle waren die Akten zur Firmenentwicklung von Heyl-Liebenau (StadtA Wo Abt. 180/1); die Arbeit bietet auch zur Frage des Zwangsarbeitereinsatzes eine eingehende Analyse auf der Basis des gesamten verfügbaren Archivmaterials für Worms (v. a. S. 125 – 258, Zahlen zum Einsatz der Zwangsarbeiter S. 126 –132); vgl. auch oben S. 590 mit FN 144 (Treuhänderakten Cornelius Heyl AG bis 1944). 207 Abenheim: Außenlager des Strafgefangenenlagers Rodgau/Hessen ab 1941 (Abt. 48 Nr. 336 und Nr. 577), Herrnsheim (ab 1942): unverz. Akten StadtA Wo Abt. 40; zu den Lagern auch Brecher, Kriegswirtschaft, S. 133 f. und 141 f. (Herrnsheim, Rheindürkheim). 208 Brecher, Kriegswirtschaft, S. 246 ff. (Heyl-Liebenau), S. 278 – 281 (CHAG), S. 275– 277 (D&R). 209 Akten zur Errichtung öffentlicher Luftschutzräume und zum Ausbau von Kellern in: StadtA Wo Abt. 5 (Aktenplangruppe VIII/II. Weltkrieg), hier auch zahlreiche ausgefüllte Anträge auf Entschädigung von Kriegsschäden ab 1940, zum Luftschutz und zu Kriegsschäden bei den Lederwerken Heyl-Liebenau: Brecher, Kriegswirtschaft, S. 81– 86. 210 Zum Folgenden: Reuter, Worms im Bombenkrieg; Leiwig, Flieger über Rheinhessen, v. a. S. 155–159; Koch, Als Worms unterging. Zahlreiche Unterlagen v. a. zum Angriff vom 21. Februar in: StadtA Wo Abt. 204 Nr. 4/59– 4/71 (Zeitgeschichtliche Sammlung). 211 Zum Angriff im Einzelnen: Reuter, Worms im Bombenkrieg, S. 66 –73, zum 18. März siehe dort S. 74, Quellenanhang: S. 75– 88; zuletzt mit zahlreichem Bildmaterial: Koch, Als Worms unterging, S. 26 ff.; siehe auch den Zerstörungsplan der Innenstadt im Beitrag Zibell (Karte 14 S. 630). 212 StadtA Wo Abt. 6 Nr. 28 (dort Berichte für die Tätigkeit der »Dienststelle für Wohnraumlenkung« in der Zeit ab 1. 4. 1943, ein Wohnungsamt wurde demnach zum 1. 4. 1944 ins Leben gerufen); hier finden sich auch Angaben zu den seit 1939 vorgenommenen Einquartierungen. 213 Vgl. dazu bereits die Ausführungen von S. Zibell im folgenden Kapitel.

Worms von 1945 bis zur Gegenwart 1 Walter Mühlhausen, Hessen 1945 –1950. Zur politischen Geschichte eines Landes in der Besatzungszeit, Frankfurt am Main 1985, S. 25 f.; Walter Mühlhausen, Die Entscheidung der amerikanischen Besatzungsmacht zur Gründung des Landes Hessen 1945. Darstellung und Dokumente zum 40. Jahrestag der Landesgründung, in: Nassauische Annalen 96, 1985, S. 197– 232, hier S. 200; Georg-Christoph von Unruh, Die Lage der deutschen Verwaltung zwischen 1945 und 1949, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 5. Die Bundesrepublik Deutschland, hg. v. K. Jeserich u. a., Stuttgart 1987, S. 70 – 86, hier S. 70 f.; Ruppert, Worms lebt, S. 24 ff. u. S. 71; vgl. allgemein zur rheinland-pfälzischen Landesgeschichte die in der Reihe »Veröffentlichungen der Kommission des Landtags für die Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz« veröffentlichten Monografien; zur Entwicklung der kommunalen Verfassung siehe Heil, Gemeinden. 2 Richard Falck, »Am 1. Juli 1951 sechs Jahre Regierungspräsidium Rheinhessen. Aus Chaos und Unordnung entstand eine staatliche Verwaltung – Rückblick auf die Entwicklung nach dem Zusammenbruch«, in: Staats-Zeitung. Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz Nr. 26 vom 1. 7. 1951, in: StadtA Mannheim, NL Heimerich Nr. 142 (im Folgenden bezeichnet mit Falck, in: StadtA Mannheim, NL Heimerich, Nr. 142); Gazette Military Government, Stadtkreis und Landkreis Worms v. 2. 6. 1945 und v. 16. 6. 1945, in: StadtA Wo Abt. 228; Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 2; Neuer Mainzer Anzeiger v. 20. 12. 1946: »Ein Wormser Bürger hat Geburtstag«; Ruppert, Worms lebt, S. 28; zur Person siehe auch im vorangehenden Kapitel sowie die schmale Personalakte (StadtA Wo Abt. 6–11 Nr. 2792, darin Ansprachen anlässlich des Ausscheidens aus dem Amt am 18. 5. 1945; Aufruf vom 23. 3. 1945); umfangreicher Nachlass in: StadtA Wo Abt. 185; zur Firma: Brecher, Kriegswirtschaft (mit zahlreichen Nachweisen zur Person von Heyls).

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3 Wormser Zeitung. Amtsverkündigungsblatt aller Behörden der Stadt und des Kreises Worms v. 18. 4. 1945. Amtsverkündigungsblatt für den Stadt- und Landkreis Worms. Bekanntmachungen der Militärregierung Worms. Bekanntmachungen des Oberbürgermeisters und des Landrats v. 15. 11. 1945, in: StadtA Wo Nr. 228. Zur Person von Schmitt vgl. seine Personalakte in: StadtA Wo Abt. 6 –11 Nr. 4521 und Becker, KPD, S. 489. 4 WZ Amtsverkündigungsblatt aller Behörden der Stadt und des Kreises Worms v. 14. 4. 1945, in: StadtA Wo Abt. 228, abgedruckt bei Ruppert, Worms lebt, S. 27. 5 Lebensdaten Kilbs finden sich in StadtA Wo, Ordner Oberbürgermeister nach 1945 (Akte Kilb), siehe auch Personalakte: StadtA Wo Abt. 6 –11 Nr. 3302; kleiner Nachlass (1945–1946) in: Landesarchiv Speyer Best. V 84; siehe Becker, KPD, S. 458. 6 Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 2; Ruppert, Worms lebt, S. 31. 7 Festschrift CDU (1996), S. 17; zu den Personen zum Teil oben im Abschnitt zu Worms von 1914 bis 1945. 8 Gazette Military Government, Stadtkreis und Landkreis Worms, Nr. 1 v. 2. 6. 1945, in: StadtA Wo Abt. 228. 9 StadtA Wo Abt. 228. 10 Ruppert, Worms lebt, S. 60. 11 125 Jahre SPD, S. 22. 12 Festschrift CDU (1996), S. 20; Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 3; 125 Jahre SPD, S. 22. 13 Gustav Wolff, Die Pfalz in den Schicksalsjahren 1945/46. Versuch einer Darstellung der staatlichen, rechtlichen und politischen Entwicklung. in: Pfälzische Heimatblätter 2. Jahrgang, Juli 1954, Nr. 7, in: StadtA Mannheim, NL Heimerich, Nr. 145; Falck, in: StadtA Mannheim, NL Heimerich, Nr. 142, zur Wohnungsnot siehe oben S. 641 f. 14 Memorandum vom 14. April 1945, in: Ludwig Bergsträsser, Zeugnisse zur Entstehungsgeschichte des Landes Hessen, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 5, 1957, S. 397– 416, hier S. 399 u. 401; Mühlhausen, Hessen 1945 –1950, S. 22 f.; Ruppert, Worms lebt, S. 61. 15 Bergsträsser, Zeugnisse (wie vorige Anm.), S. 409; Die Kabinettsprotokolle der Hessischen Landesregierung. Kabinett Geiler 1945 –1946, hg. v. Andreas Hedwig, Wiesbaden 2000, S. XVI; Ulrich Springorum, Entstehung und Aufbau der Verwaltung in Rheinland-Pfalz nach dem Zweiten Weltkrieg (1945 –1947), Berlin 1982, S. 63. 16 Falck, in: StadtA Mannheim, NL Heimerich, Nr. 142. 17 Hans Georg Lehmann, Deutschland-Chronik 1945 bis 1995, Bonn 1995, S. 20; Ludwig Bergsträsser, Befreiung, Besatzung, Neubeginn. Tagebuch des Darmstädter Regierungspräsidenten 1945-1948, hg. v. Walter Mühlhausen, München 1987 (Einleitung, S. 17); Friedrich von Zezschwitz, Die Entstehung der Hessischen Verfassung als Ausdruck des gesellschaftlichen Umbruchs nach 1945, in: Hessen. Verfassung und Politik, hg. v. Bernd Heidenreich u. Klaus Böhme, Stuttgart 1997, S. 317– 343, S. 321; Ruppert, Worms lebt, S. 59; Walter Mühlhausen, Von der Befreiung zum Bundesland – Hessen in der Nachkriegszeit, in: Hessische Streiflichter, hg. v. Klaus Böhme u. Walter Mühlhausen, Frankfurt/M. 1995, S. 49– 67, hier S. 50; Zezschwitz, Verfassung (wie vorige Anm.), S. 321; Eckhart G. Franz, Einheit aus der Vielfalt Die geschichtlichen Wurzeln, in: Hessen. Eine politische Landeskunde, hg. v. Bernd Heidenreich u. Konrad Schacht, Stuttgart 1993. S. 58 –76, hier S. 74; Springorum, Verwaltung in Rheinland-Pfalz, S. 56 f.; Georg Kratz, Mittelrhein-Saar, Stuttgart 1954, S. 60 ff.; Wolf-Arno Kropat, Hessen in der Stunde Null 1945/1947. Politik, Wirtschaft und Bildungswesen in Dokumenten, Wiesbaden 1979, S. 20; Mühlhausen, Entscheidung (wie Anm. 1), S. 204 ff. 18 Kurt Weitzel, Vom Chaos zur Demokratie. Die Entstehung der Parteien in Rheinland-Pfalz 1945 –1947, Mainz/Ingelheim 1989, S. 54 u. S. 171. 19 Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 2; Becker, KPD, S. 96 (zu den kommunistischen Mitgliedern); Zillien spricht von einem 15-köpfigen Komitee. vgl. Festschrift CDU (1996), S. 20. Vgl. die Beratungsprotokolle in: StadtA Wo Abt. 6–R Nr. 1. Das Gremium tagte bis September 1946 sieben Mal. 20 Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 2 f. 21 Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 13. 22 Lebensdaten Eckerts finden sich in StadtA Wo, Ordner Oberbürgermeister seit 1945 (Akte Eckert); Personalakte: StadtA Wo Abt. 6–11 Nr. 1772 (enthält u. a. Gedenkrede); zur Person siehe auch die Festschrift zu seinem Geburtstag 1952: Kultur und Wirtschaft im Rheinischen Raum; biografischer Überblick: Henning, Christian Eckert. 23 Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 3; 125 Jahre SPD, S. 22. 24 Helmut Mathy, Vor 50 Jahren: Rheinland-Pfalz entsteht, in: Rheinland-Pfalz. Beiträge zur Geschichte

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eines neuen Landes, hg. v. Hans-Jürgen Wünschel, Landau 1997, S. 15– 34, S. 26 f.; Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 5; Becker, KPD, in: StadtA Wo Abt. 204 Nr. 6/16; Ruppert, Worms lebt, S. 63, S. 99. Amtsverkündigungsblatt für den Stadt- und Landkreis Worms. Bekanntmachungen der Militärregierung Worms. Bekanntmachungen des Oberbürgermeisters und des Landrats v. 23. 8. 1946, in: StadtA Wo Nr. 228. Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 5. StadtA Wo Abt. 228. Mathy, Vor 50 Jahren (wie Anm. 24), S. 27. Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 5, S. 22; Amtsverkündigungsblatt für den Stadt- und Landkreis Worms. Bekanntmachungen der Militärregierung Worms. Bekanntmachungen des Oberbürgermeisters und des Landrats v. 21. 9. 1946, in: StadtA Wo Abt. 228. Amtsverkündigungsblatt für den Stadt- und Landkreis Worms. Bekanntmachungen der Militärregierung Worms. Bekanntmachungen des Oberbürgermeisters und des Landrats v. 21. 9. 1946, in: StadtA Wo Abt. 228. StadtA Wo Abt. 6 –R Nr. 1. Amtsverkündigungsblatt für den Stadt- und Landkreis Worms. Bekanntmachungen der Militärregierung Worms. Bekanntmachungen des Oberbürgermeisters und des Landrats v. 28. 9. 1946, in: StadtA Wo Abt. 228. Lebensdaten Völkers finden sich in StadtA Wo, Ordner Oberbürgermeister seit 1945 (Akte Völker), Personalakte: StadtA Wo Abt. 6 –11 Nr. 6171 und Abt. 6 Nr. 2013 (Ableben 1975, hier biografische Daten); vgl. zu ihm auch oben S. 597 mit Anm. 168. Neuer Mainzer Anzeiger v. 24. 9. 1946: »Geheimrat Prof. Dr. Eckert wiedergewählt.« Wie vorige Anm. Mathy, Vor 50 Jahren (wie Anm. 24), S. 28 f.; Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 196. Becker, Links, S. 235; Festschrift CDU (1996), S. 25; 125 Jahre SPD, S. 24. Mathy, Vor 50 Jahren (wie Anm. 24), S. 19 ff.; Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 110, S. 196. Werner Billing, Land Rheinland-Pfalz, in: Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, hg. v. Uwe Andersen u. Wichard Woyke, Opladen 31997, S. 309– 316, S. 309 ff. Billing, Rheinland-Pfalz (wie vorige Anm.), S. 311; Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 318 f.; Dieter Grube, Vom armen Retortenbaby zum selbstbewußten Mittelland: Rheinland-Pfalz, in: Die Bundesländer. 50 Jahre Bundesrepublik, hg. v. d. Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (Reihe: Der Bürger im Staat 49, H. 1-2/1999), S. 71–76, S. 73. Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 318 f. Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 211, S. 315, S. 319. NMA v. 13. 5. 1947: »Warum lehnt die SP die Verfassung ab?« Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 315. Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 213. Billing, Rheinland-Pfalz (wie Anm. 39), S. 309 ff.; Grube, Rheinland-Pfalz (wie Anm. 40), S. 74. WZ v. 6. 4. 1956, »Über 28 000 Eintragungen für das Volksbegehren nötig«, v. 7./8. 4. 1956, »Volksbegehren – Volksverzehren?«, v. 23. 4. 1956, »Ergebnis in Rheinland-Pfalz, Drei Volksbegehren erfolgreich« und »Erwartungen übertroffen«. Billing, Rheinland-Pfalz, S. 309 (wie Anm. 39); Grube, Rheinland-Pfalz (wie Anm. 40), S. 74. WZ v. 18./19. 1. 1975 und v. 20. 1. 1975. Billing, Rheinland-Pfalz, S. 309 (wie Anm. 39); Grube, Rheinland-Pfalz (wie Anm. 40), S. 74. WZ v. 21. 1. 1975, »Diskussion um die Neugliederung der Länder bleibt.« WZ v. 20. 1. 1975, »Volksentscheid, Rheinhessen bleiben in Rheinland-Pfalz« und »Viele Helfer – leere Abstimmungslokale«. Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 11 f.; Festschrift CDU (1996), S. 18. Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 12, S. 141 ff., S. 159 f.; Theodor Eschenburg, Jahre der Besatzung 1945 – 1949, Bd. 1 der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart 1983, S. 95. Eschenburg, Besatzung (wie vorige Anm.), S. 95; Festschrift CDU (1996), S. 17. Zur Entwicklung der Wormser Parteienlandschaft und zu den Wahlen seit 1946 finden sich umfangreiche Unterlagen in: StadtA Wo Abt. 204 Nr. 6; die statistischen Angaben zu Wahlen, Bevölkerungsentwicklung etc. finden sich in den seit 1956 zumeist jährlich von der Stadt herausgegebenen Statistischen Berichten (zuletzt 2000). Rundschreiben Diehls vom 29. April 1945, abgedruckt bei Weitzel, Chaos, S. 29.; zur Geschichte der CDU im Land siehe: Martin, Entstehung.

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Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 27 ff. Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 47 ff.; Martin, CDU, S. 102 ff. Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 44 ff.; Festschrift CDU (1996), S. 18. Festschrift CDU (1996), S. 18 f. u. S. 31. Festschrift CDU (1996), S. 19 f. Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 44 ff.; Festschrift CDU (1996), S. 19. Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 46. Festschrift CDU, S. 19. Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 24; 125 Jahre SPD, S. 22. Wahl des neuen OB am 15. 12. 1946, Amtseinführung am 7. 1. 1949 in: StadtA Wo Abt. 6–R Nr. 1. Festschrift CDU (1996), S. 21 u. S. 34; 125 Jahre SPD, S. 26, 28, 77; Ruppert, Worms lebt, S. 107. Festschrift CDU (1996), S. 37, S. 47 f. Rheinland-Pfälzerinnen (hg. v. H. Brüchert), S. 241-243; Teilnachlass im Stadtarchiv Worms, Abt. 187. Zu seiner Person siehe Unterlagen in: StadtA Wo Abt. 214: Tätigkeit in der Bildungsarbeit und Stadtrat (1926 –1933), 1933 Entlassung aus dem Lehrdienst in der Oberrealschule, 1946–1963 Stadtratsmitglied und (ehrenamtlicher) Leiter des Kulturamtes, u. a. beteiligt am Wiederaufbau der Konsumgenossenschaften und Fragen der städtischen Kulturpolitik; Vorsitz im Entnazifizierungsausschuss; Personalakte: StadtA Wo Abt. 6–11 Nr. 2790. Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 159; 125 Jahre SPD, S. 24; Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 20; Kölsch, Aus der Geschichte; für die Zeit ab ca. 1974 bis 1995 liegt ein Aktenbestand aus der Überlieferung der Parteigeschäftsstelle vor (StadtA Wo Abt. 78/1). Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 12, S. 141 ff., S. 159 f. Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 171. Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 253 f.; Grube, Rheinland-Pfalz (wie Anm. 40), S. 75. 125 Jahre SPD, S. 77. Rheinland-Pfälzerinnen (hg. v. H. Brüchert), S. 245– 248, kleiner Nachlass im StadtA Wo Abt. 170/25. 125 Jahre SPD, S. 25; Gallé, Worms, S. 3; Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 10. Lebensdaten Kuhfuß’ und Unterlagen zur Bewertung seiner Amtszeit finden sich in StadtA Wo, Ordner Oberbürgermeister seit 1945 (Akte Kuhfuß); Kuhfuß war zuvor – seit 1962 – Oberkreisdirektor des Landkreises Osterode am Harz, siehe auch die Personalakte in: StadtA Wo Abt. 6 –11 Nr. 6617. 125 Jahre SPD, S. 28 f. Vgl. StadtA Wo, Ordner Oberbürgermeister seit 1945 (Akte Fischer). Vgl. StadtA Wo, Ordner Oberbürgermeister seit 1945 (Akte Neuß). 125 Jahre SPD, S. 39. 125 Jahre SPD, S. 48. Der offizielle Amtsantritt erfolgte dann zum 29. 11. 1997, vgl. Chronik des Landes Rheinland-Pfalz, Politik ab 1945, Teil I, Mainz 2001, Nr. 97/23; Schreiben des Wahlbüros der Stadtverwaltung Worms an die Autorin vom 22. Januar 2003. Chronik des Landes Rheinland-Pfalz (wie vorige Anm.), Nr. 97/23. Chronik des Landes Rheinland-Pfalz (wie Anm. 34), Nr. 93/46; Schreiben des Wahlbüros der Stadtverwaltung Worms an die Autorin vom 22. Januar 2003; Kommunalwahlgesetz vom 31. Januar 1994, in: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland-Pfalz vom 4. März 1994, S. 137 ff. Franz-Ludwig Knemeyer, Gemeindeverfassungen, in Kommunalpolitik. Politisches Handeln in den Gemeinden, hg. v. Hellmut Wollmann u. Roland Roth, Bonn 21998, S. 104–122, S. 112. § 52 Abs. 1 (Amtszeit der Bürgermeister und Beigeordneten) der Neufassung der Gemeindeordnung für Rheinland-Pfalz vom 31. Januar 1994, in: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland-Pfalz vom 18. März 1994, S. 170. Chronik des Landes Rheinland-Pfalz (wie Anm. 34), Nr. 97/23. Wahl zum Oberbürgermeister der Stadt Worms, in: http://www.worms.de/Rathaus/Politik/Wahlen_ Oberbuergermeister_Stadt_Worms.htm [15.01.2003] Johannes Götzen, »Jetzt sind’s schon sechs OB-Kandidaten«, in: WZ online http://www.wormser-zeitung.de/region/objekt.php3?artikel_id=1059432 [15.01.2003]. »Wahl zum Oberbürgermeister der Stadt Worms«, in: http://www.worms.de/Rathaus/Politik/Wahlen_Oberbuergermeister_Stadt_Worms.htm [15.01.2003] Roland Keth, »Minutenlanger Applaus für den Sieger«, in: WZ online v. 18. 3. 2003. [18.03.2003]

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Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 110 ff. StadtA Wo Abt. 204 Nr. 06-03/02. 125 Jahre SPD, S. 77; Kommunalwahlergebnisse Stadt Worms 1984–1994 (Wahlamt). Vgl. § 41 Kommunalwahlgesetz vom 31. Januar 1994; Kommunalwahlrecht, in: http://wahlrecht.de/ kommunal/ [15.01.2003]. E-Mail des rheinland-pfälzischen Innen- und Sportministeriums vom 17. Januar 2003 an die Autorin. Außerdem § 41 Absatz 2 Landesgesetz zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes und der Gemeindeordnung für Rheinland-Pfalz vom 22. Juli 1988, in: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland-Pfalz vom 28. Juli 1988, S. 138. Kommunalwahlrecht, in: http://wahlrecht.de/kommunal/ [15.01.2003]. »Politische Struktur in der kreisfreien Stadt Worms«, in: http://www.worms.de/Rathaus/Politik/Wahlen_Stadt_Worms.htm [15. 01. 2003]. Kommunalwahlergebnisse Stadt Worms 1999 (Wahlamt). http://www.worms.de/wDeutsch/rathaus/politik/Kom…/Kw-Ergebnisse_STR.php?navid=1 [21.06.2004] Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 188 ff.; Becker, Links, S. 233 f. Becker, KPD (grundlegend für die Entwicklung der Partei in Rheinland-Pfalz), v. a. S. 97 ff. zur Wiederzulassung und Organisation; siehe auch Becker, Links, S. 233. Anträge der KPD im Stadtrat 1946–1956: StadtA Wo Abt. 6 Nr. 190. NMA vom 7. 7. 1947: »Wormser Gewerkschaftsbewegung vorbildlich«; Ruppert, Worms lebt, S. 89. Becker, Links, S. 233. StadtA Wo Abt. 204 Nr. 6/16. »Sozialistische Union Oppositionsgruppe Penk, Worms«, in: StadtA Wo Abt. 204 Nr. 6/16. Weitzel, Chaos (wie Anm. 18), S. 159 u. S. 188. Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 3; Becker, Links, S. 234 f. Becker, Links, S. 233. Zu Person und politischem Profil Penks und seiner Liste vgl. StadtA Wo Abt. 170/10 (Nachlass) und seine Personalakte in: StadtA Wo Abt. 6 –11 Nr. 4168; dazu umfangreiches Material in Abt. 204 (Wormser Dokumentation/Zeitgeschichtliche Sammlung); zur Tätigkeit der Liste und der FSU im Stadtrat: StadtA Wo Abt. 6 Nr. 174 und Nr. 191. »Sozialistische Union Oppositionsgruppe Penk, Worms«, in: StadtA Wo Abt. 204 Nr. 6/16; Becker, Links, S. 236 f. Becker, Links, S. 233 u. S. 236, auch zum Vorhergehenden. »Sozialistische Union Oppositionsgruppe Penk, Worms«, in: StadtA Wo Abt. 204 Nr. 6/16; Becker, Links, S. 237 f. Becker, Links, S. 237. Allg.: Robert Hofmann, Geschichte der deutschen Parteien. Von der Kaiserzeit bis zur Gegenwart, München 21993, S. 281 ff.; Markus Klein/Jürgen W. Falter, Der lange Weg der Grünen, München 2003. Becker, Links, S. 238; StadtA Wo Abt. 204 Nr. 6/19; 125 Jahre SPD, S. 77; Kommunalwahlergebnisse Stadt Worms 1984–1989 (Wahlamt). »Politische Struktur in der kreisfreien Stadt Worms«, in: http://www.worms.de/Rathaus/Politik/ Wahlen_Stadt_Worms.htm [15.01.2003]. Kommunalwahlergebnisse Stadt Worms 1994 –1999 (Wahlamt). Demzufolge erzielten Bündnis 90/Die Grünen bei der Kommunalwahl 1994 8,81 Prozent der Stimmen (= 4 Sitze), bei der Kommunalwahl 1999 5,72 Prozent der Stimmen (= 3 Sitze). Für 2004 vgl. http://www.worms.de/wDeutsch/rathaus/ politik/Kom…/Kw-Ergebnisse_STR.php?navid=1 [21.06.2004] Peter Schade, Grundgesetz mit Kommentierung, Regensburg 21991, S. 49. 125 Jahre SPD, S. 77. E-Mail des rheinland-pfälzischen Innen- und Sportministeriums vom 17. Januar 2003 an die Autorin. E-Mail des rheinland-pfälzischen Innen- und Sportministeriums vom 17. Januar 2003 an die Autorin; Chronik des Landes Rheinland-Pfalz (wie Anm. 34), Nr. 88/26. Kommunalwahlergebnisse Stadt Worms 1994 –1999 (Wahlamt). § 41 Abs. 2 des Landesgesetzes zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes und der Gemeindeordnung für Rheinland-Pfalz vom 22. Juli 1988, in: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland-Pfalz vom 28. Juli 1988, S. 138. E-Mail des rheinland-pfälzischen Innen- und Sportministeriums vom 17. Januar 2003 an die Autorin. »Politische Struktur in der kreisfreien Stadt Worms«, in: http://www.worms.de/Rathaus/Politik/

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Wahlen_Stadt_Worms.htm [15.01.2003]. »Politik in der Stadt Worms«, in: http://www.worms.de/Rathaus/Politik/default.asp [15.01.2003]. http://www.worms.de/wDeutsch/rathaus/politik/Kom…/Kw-Ergebnisse_STR.php?navid=1 [21.06.2004] »Politische Struktur in der kreisfreien Stadt Worms«, in: http://www.worms.de/Rathaus/Politik/ Wahlen_Stadt_Worms.htm [15.01.2003]. »Politik in der Stadt Worms«, in: http://www.worms.de/Rathaus/Politik/default.asp [15.01.2003]. Telefonische Auskunft Wahlamt Worms vom 21.06.2004. Grundlegend für das Land insgesamt: Möhler, Entnazifizierung; zu den noch nicht ausgewerteten Akten aus Worms und seinem Umland im Landeshauptarchiv Koblenz vgl. oben S. 932 mit Anm. 130; siehe auch StadtA Wo Abt. 34 (Untersuchungsausschüsse für Entnazifizierung). Festschrift CDU (1996), S. 18; Chronik des Landes Rheinland-Pfalz (wie Anm. 34), Nr. 45/107. StadtA Wo Abt. 228. Möhler, Entnazifizierung, S. 87 ff. Bönnen, »Es ist mein Lebenszweck« (Rechtsstreit: S. 99 –104); vgl. zum Wiederaufbau (ebda. S. 104 ff.) auch die Erinnerungen von Otto Böcher (Böcher, Wiederaufbau); zur Weihe vgl. die umfangreiche »Festschrift zur Wiedereinweihung der alten Synagoge zu Worms«, hg. v. E. Róth, darin die grundlegende Arbeit von Böcher zur Baugeschichte der Synagoge und ihres Umfeldes; zu dem Rechtsstreit und dem Schicksal der Archivalien vgl. Hoppe, Das Jüdische Museum in Worms, S. 95 ff.; zur Person Kiefers vgl. auch das vorangehende Kapitel und Reuter, Vom Erwachen des historischen Interesses, S. 23 ff.; Cohen, Archiv; Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 23; hier S. 22 f. zu den Folgen des Krieges für die archivische Überlieferung. Wie vorige Anm. 125 Jahre SPD, S. 26; Schlösser, Times, S. 210 ff. Kurzdarstellung FH Worms unter: http://www.fhworms.de/hochschule/kurzdarstellung.html [12.08.2002], zum Thema einschlägige Unterlagen auch in: StadtA Wo Abt. 204. Schlösser, Times, S. 211 ff. Eschenburg, Besatzung (wie Anm. 54), S. 97. Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 12. Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 12. Vgl. zur Person das vorherige Kapitel, zur Nachkriegszeit siehe neben den Akten der Kulturinstitute (StadtA Wo Abt. 20) auch dessen Nachlass (Abt. 170/16). Amtsverkündigungsblatt für den Stadt- und den Landkreis Worms. Bekanntmachungen der Militärregierung Worms v. 5. 5. 1945. NMA v. 7. 1. 1947: »Wormser Bilanz zum Jahreswechsel«; Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 3 u. S. 12; Ruppert, Worms lebt, S. 36 ff. Umfangreiche Akten in: StadtA Wo Abt. 23; siehe auch die Plakatüberlieferung in Abt. 223 (Plakatsammlung). Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 12; NMA v. 28.91946: »Der erste »Backfisch«-Wagen fuhr. Guter Auftakt des Wormser Liebfrauenmilchfestes.« Südwestrundfunk (SWR), »Nibelungenfestspiele in Worms. Freiluftspektakel vor eindrucksvoller Kulisse«, in: http://www.swr.de/thema/archiv/020809_nibelungen/ [15.01.2003]; vgl. dazu auch den Beitrag von O. Ehrismann, v. a. S. 844 ff. »Die Nibelungen-Festspiele«, in: http://www.worms.de/Tourismus/Nibelungen/Nibelungen_Festspiele.htm [15.01.2003]; zu den Festspielen siehe v. a. das 2002 erschienene umfangreiche Programmbuch: Nibelungen-Festspiele Worms, hg. v. d. Festspiel-GmbH. Zibell, Gauleiter, S. 143 ff.; Bönnen, Nibelungenstadt, S. 56 ff. »Politik in der Stadt Worms«, in: http://www.worms.de/Rathaus/Politik/default.asp [15.01.2003]. Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 10; NMA vom 7. 5. 1947; Spille, Stadt Worms (Denkmaltopografie), S. 37 f.; eine Darstellung des Wiederaufbaus der Stadt steht trotz einer guten Quellenüberlieferung noch aus, vorläufig vgl. auch Knittel, Spuren. Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 10; Steuer, Wiederaufbauwerk, S. 2. Gazette Military Government, Stadtkreis und Landkreis Worms v. 2. 7. 1945, in: StadtA Wo Abt. 228. NMA vom 5. 12. 1946; Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 10 f. Steuer, Wiederaufbauwerk, S. 3 ff.; zum »Wiederaufbauwerk Worms e.V.« vgl. StadtA Wo Abt. 76 (Aufbauverein) Nr. 17, 42, 56, 59, 65, 73, 76.

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149 Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 11; Steuer, Wiederaufbauwerk, S. 10 (Fußnote 22); Knittel, Spuren; zu den Plänen von 1941 siehe oben S. 593 f. 150 NMA vom 16. 1. 1947: »Worms muß seine Eigenart retten« und vom 18. 1. 1947, »Es wird Schritt um Schritt getan.« Amtsverkündigungsblatt für den Stadtkreis Worms. Verordnungen der Militärregierung Worms – Bekanntmachungen der Behörden vom 28. 2. 1947, in: StadtA Wo Abt. 228. 151 NMA vom 16. 1. 1947: »Worms muß seine Eigenart retten.« 152 NMA vom 16. 1. 1947: »Worms muß seine Eigenart retten.« NMA vom 18. 1. 1947: »Es wird Schritt um Schritt getan.« 153 NMA vom 18. 1. 1947: »Es wird Schritt um Schritt getan.« 154 Steuer, Wiederaufbauwerk, S. 9. 155 Amtsverkündigungsblatt für den Stadtkreis Worms. Verordnungen der Militärregierung Worms – Bekanntmachungen der Behörden vom 28. 2. 1947, in: StadtA Wo Abt. 228; Ruppert, Worms lebt, S. 99. 156 Steuer, Wiederaufbauwerk, S. 9. 157 Stadtsanierung Worms. Die Judengasse. 5, Bürgerinformation der Stadtverwaltung Worms, Stand Dezember 1978, hg. v. d. Stadtverwaltung Worms – Stadtplanungsamt unter Mitarbeit des Stadtarchivs, Worms o. J., S. 17. 158 Reuter, Warmaisa, S. 206 f.; Reuter, Jüdisches Worms. 159 NMA vom 4. 1. 1947: »Die Neuverglasung des Wormser Domes.« 160 NMA vom 7. 5. 1947. 161 NMA vom 1. 4. 1947: »Worms erhält eine neue Hauptpost.«; Ruppert, Worms lebt, S. 57; zu dem für die Baukunst der Zeit typischen und hochwertigen Postgebäude vgl. im Rückblick nach dem Abbruch: Glatz, Hauptpost. 162 Festschrift: Die Nibelungenbrücke; Akten in: StadtA Wo Abt. 6 Nr. 85– 90; Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 132. 163 StadtA Wo Abt. 6 Nr. 83, 133. Das Gebäude wurde als herausragender Bau der 50er Jahre 2002 unter Denkmalschutz gestellt; vgl. Spille, Stadt Worms (Denkmaltopografie), S. 126–128. Zur Entwicklung der Nachkriegsarchitektur vgl. auch den Beitrag von I. Spille und O. Böcher im vorliegenden Band. 164 Vgl. Artikel in der AZ (Wormser Anzeiger) 2. 7. 1952. 165 StadtA Wo Abt. 76 Nr. 42. 166 StadtA Wo Abt. 76 Nr. 76; zur Einweihung erschien eine umfangreiche Festschrift: Städtisches Spielund Festhaus Worms (1966). 167 Dokumentation Stadtkrankenhaus, S. 38; vgl. Reuter, Vom Ordensspital zum Stadtkrankenhaus (in der Festschrift zum Neubau von 1981, dort weitere Beiträge zur Vorgeschichte des Neubaues). 168 Dokumentation Stadtkrankenhaus, S. 38 ff. 169 Dokumentation Stadtkrankenhaus, S. 40 ff. 170 Dokumentation Stadtkrankenhaus, S. 10. 171 Dokumentation Stadtkrankenhaus, S. 146 ff. 172 Bönnen, Vor fünfzig Jahren, S. 11. 173 Ruppert, 50 Jahre Wohnungsbau, S. 22. 174 Erste Einblicke in die Problematik gewähren die Tätigkeitsberichte des Amtes für Wohnungswesen für die Jahre 1943 bis 1961 (StadtA Wo Abt. 6 Nr. 28). 175 Ruppert, 50 Jahre Wohnungsbau, S. 24 ff. 176 Ruppert, 50 Jahre Wohnungsbau, S. 32 ff. 177 Ruppert, 50 Jahre Wohnungsbau, S. 46. 178 Vgl. unter anderem StadtA Wo Abt. 6 Nr. 19 und 20 (Rechenschaftsberichte des Wohlfahrts- bzw. Sozialamtes 1945 bis 1957); Verwaltungsbericht der Stadt Worms, 1956, hier v. a. S. 214 – 283; Akten der Abt. 16 (Ernährungsamt). 179 Zur Schulgeschichte des Rudi-Stephan-Gymnasiums siehe neben dem in Anm. 131 genannten Beitrag weitere Aufsätze in der Festschrift zum 475-jährigen Jubiläum (2002); das Gauß-Gymnasium hat im selben Jahr eine Festschrift zu seinem 150-jährigen Bestehen herausgegeben, vgl. hier zur Nachkriegsentwicklung S. 37 ff.; das Eleonorengymnasium legte 1974 und 1984 Publikationen zu seiner Geschichte und Gegenwart vor. 180 Wilhelm, Mittelstadt, S. 113; zu der für die Zeit nach 1945 noch nicht untersuchten Lederindustrie zuletzt: Brecher, Kriegswirtschaft.

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181 Wilhelm, Mittelstadt, S. 118; vgl. auch die Hinweise auf längerfristige Strukturprobleme der Branche seit 1918 im vorigen Kapitel zu Worms 1914 bis 1945. 182 Wilhelm, Mittelstadt, S. 118 f. 183 Verwaltungsbericht 1956, S. 89. 184 Deutscher Städtebau nach 1945, hg. v. d. Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung, Essen 1961, S. 412. 185 StadtA Wo Abt. 76 Nr. 73. 186 Vgl. wfg/Stadt Worms (Hg.), Horizonte erweitern – Wirtschaft fördern. Eine Broschüre der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Worms wfg, Worms 2000; wfg/Stadt Worms (Hg.), Worms … wir denken über unsere Grenzen hinaus, Worms o.J. (um 1993). 187 Karl Heimann, Am Ende einer Amtszeit, in: Monatsspiegel vom November 1977, S. 15, in: StadtA Wo, Ordner Oberbürgermeister seit 1945 (Akte Kuhfuß); zu den Eingemeindungen finden sich umfangreiche Akten im Stadtarchiv, Abt. 6. 188 Broschüre der Wirtschaftsförderungsgesellschaft 2000 (wie Anm. 186), S. 10 f. 189 Wie vorige Anm. 190 Steuer, Wiederaufbauwerk, S. 10. 191 Siehe dazu auch den Beitrag von Otfrid Ehrismann, S. 847 ff. 192 Zahlen nach: Stadt Worms, Haushaltsplan 2004, S. 2–13. 193 Informationen über die unmittelbare Nachkriegszeit finden sich in: StadtA Wo Abt. 6 – Besatzungsamt; wichtig sind darüber hinaus neben den genannten Akten StadtA Wo Abt. 16 (Ernährungs-, Wirtschaftsund Landwirtschaftsamt bis 1951) und Abt. 19 (Ausgleichsamt, ca. 4400 Einzelfallakten zum Lastenausgleich). 194 Unterlagen hierzu in: StadtA Wo Abt. 6 (u. a. die Köhler-Pläne) und Abt. 76 (Aufbauverein). 195 Informationen hierzu vgl. StadtA Wo Abt. 34 (Entnazifizierung) 196 Informationen hierzu vgl. StadtA Wo Abt. 20 (Kulturinstitute) und Abt. 23 (Stadttheater, 1945–1956). 197 Dies gilt v. a. für die Zeit nach 1970. Für die wirtschaftliche Entwicklung bis 1970 kann die Studie von Wilhelm, Mittelstadt, herangezogen werden. 198 NMA vom 7. 7. 1947, »Wormser Gewerkschaftsbewegung vorbildlich«; Informationen zur Gewerkschaftsentwicklung in Worms vgl. StadtA Wo Abt. 79 (Gewerkschaften, Unterlagen 1945 bis 1991) und Abt. 180/1 (Firmenarchiv Heyl-Liebenau) sowie in Abt. 204 Nr. 07. 199 Informationen hierzu in: StadtA Wo Abt. 185 (Nachlass Ludwig von Heyl). 200 125 Jahre SPD, S. 36 u. S. 55 f.; zur Person siehe oben S. 622. 201 Zur Frage von Selbstregierung und Selbstverwaltung vgl. Adelheid von Saldern, Rückblicke. Zur Geschichte der kommunalen Selbstverwaltung in Deutschland, in: Kommunalpolitik. Politisches Handeln in den Gemeinden, hg. v. Hellmut Wollmann u. Roland Roth, Bonn 21998, S. 23 – 36; außerdem Helmut Wollmann, Kommunalvertretungen: Verwaltungsorgane oder Parlamente, in: Kommunalpolitik. Politisches Handeln in den Gemeinden, hg. v. Hellmut Wollmann u. Roland Roth, Bonn 21998, S. 50– 66 und Heil, Gemeinden.

Die Ortssprache von Worms in Einzelaspekten Literatur Mittelrheinischer Sprachatlas (MRhSA), bearb. v. Günter von Bellmann u. a.; unter Mitarb. v. Georg Drenda, Heiko Girnth, Marion Klenk, 5 Bände, Tübingen 1994 – 2002. Mittelrheinischer Sprachatlas (MRhSA), bearb. v Günter von Bellmann u. a., Fragebuch Worms, Mainz (Manuskript o. J.). Barbour, Stephen/Stevenson, Patrick, Variation im Deutschen. Soziolinguistische Perspektiven. Übersetzt aus dem Englischen von Konstanze Gebel, Berlin/New York 1998. Bescher, Hermann, Die Grundlagen der Mundartgeographie des südlichen Rheinhessens, Gießen 1933. Braune, Wilhelm/Ernst A. Ebbinghaus, Gothische Grammatik, Tübingen 1981. Christmann, Ernst, Der Lautbestand des Rheinfränkischen und sein Wandel in der Mundart von Kaulbach (Pfalz), Speyer 1927.

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Christmann, Ernst, Sprachbewegung in der Pfalz. Richtungen und Schranken, Restformen und Restgebiete, Speyer 1931. Digitaler Wenker-Atlas (DiWA), hg. v. Jürgen E. Schmidt u. Joachim Herrgen, bearb. v. Alfred Lameli u.a., Marburg 2001–2003. (Internetpublikation unter www.diwa.info). Deutscher Wortatlas (DWA), bearb. v. Walther Mitzka u. Ludwig Erich Schmitt, 21 Bände, Gießen 1951–1978 Friebertshäuser, Hans: Das hessische Dialektbuch, München 1987. Deutsches Wörterbuch, von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Leipzig/Stuttgart 1854–1971. Guentherodt, Ingrid, Der Tonhöhenverlauf bei Fragesätzen in Mundarten der Ostpfalz, in: Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik 38, 1971, S. 272– 295. Guentherodt, Ingrid, A Prosodic Isogloss in German Dialects, in: Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik 40, 1973, S. 29– 35. Herrgen, Joachim, Koronalisierung und Hyperkorrektion. Das palatale Allophon des /ch/-Phonems und seine Variation im Westmitteldeutschen, Stuttgart 1986. Hildebrandt, Reiner, Zur Etymologie des Kreisels, in: Zeitschrift für Mundartforschung 31, 2/3, 1964, S. 239 – 243. Kettner, Bernd-Ulrich, Niederdeutsche Dialekte, norddeutsche Umgangssprache und die Reaktion der Schule, in: Ulrich Ammon, Ulrich Knoop, Ingulf Radtke, Grundlagen einer dialektorientierten Sprachdidaktik, Weinheim/Basel 1978, S. 285– 312. Kluge, Friedrich, Elmar Seebold, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Berlin/New York 2002 Lameli, Alfred, Standard und Substandard. Regionalismen im diachronen Längsschnitt, Stuttgart 2004. Maurer, Friedrich, Arthur Szogs, Die Volkssprache, in: Wilhelm Hoffmann, Rheinhessische Volkskunde. Mit einem Beitrag über Volkssprache, Bonn/Köln 1932. Mottausch, Karl-Heinz, Das Verb in der Mundart von Lorsch und Umgebung. Gegenwart und Vergangenheit, Marburg 2002. Mottausch, Karl-Heinz, Zur Geschichte der Substantivflexion im Südhessischen um Lorsch-Worms, in: Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik 68, 2001, S. 1–15. Mulch, Roland, Sprachräume und Worträume im Rheinfränkischen, in: Symposium Ernst Christmann. Vorträge zur Dialektlexikografie, Sprachgeografie und Volksforschung des Westmitteldeutschen, hg. v. Wolfgang Kleiber, Wiesbaden 1987, S. 121–146. Neppert, Joachim M. H., Elemente einer akustischen Phonetik, Hamburg 1999. Paul, Hermann, Mittelhochdeutsche Grammatik, neu bearb. v. Peter Wiehl u. Siegfried Grosse, Tübingen 1989. Pfälzisches Wörterbuch. Begründet von Ernst Christmann, fortgesetzt von Julius Krämer und Rudolf Post, 6 Bände, Wiesbaden/Stuttgart 1965–1997. Post, Rudolf, Pfälzisch. Einführung in eine Sprachlandschaft, Landau/Pfalz 21992. Reis, Hans, Das Präteritum in den süddeutschen Mundarten, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 19, 1894, S. 334 – 337. Rowley, Anthony, Das Präteritum in den heutigen deutschen Dialekten, in: Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik 50, 1983, S. 161–182. Schirmunski, Viktor M., Deutsche Mundartkunde. Vergleichende Laut- und Formenlehre der deutschen Mundarten, Berlin 1962. Südhessisches Wörterbuch. Begründet von Friedrich Maurer. Nach den Vorarbeiten von Friedrich Maurer, Friedrich Stroh und Rudolf Mulch bearb. v. Rudolf Mulch, 5 Bände und 2 Lieferungen, Marburg 1965 – 2002. Thinnes, Norbert, Untersuchungen zur Variation nasaler Vokale. Ein soziolinguistischer Beitrag zum Rheinfränkischen, Wiesbaden 1981. Wiesinger, Peter, Phonetisch-phonologische Untersuchungen zur Vokalentwicklung in den deutschen Dialekten, 2 Bde., Berlin 1970.

1 Vgl. den zwischen 1994 und 2002 erschienenen Mittelrheinischen Sprachatlas. 2 Vgl. Christmann, Sprachbewegung, S. 58 – 63, besonders S. 59, Abb. 16. 3 Zur weiteren Vertiefung seien dem interessierten Leser die Werke von Bescher, Grundlagen (1933), Friebertshäuser, Dialektbuch (1987), Maurer/Szogs, Volkssprache (1932) und Post, Pfälzisch (1992) empfohlen.

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Zur Unterscheidung von mei und moi sowie zur Nasalierung siehe unten. Vgl. z. B. Maurer/Szogs, Volkssprache, S. 113: »Vor Nasal wird kurzes a in vielen Dörfern zu å verdumpft«. Herrgen, Koronalisierung. Der Punkt kennzeichnet die Silbengrenze. Digitaler Wenker-Atlas, 2001–2003. Die Unterlagen beider Erhebungen sind im Forschungsinstitut für deutsche Sprache »Deutscher Sprachatlas« in Marburg archiviert. Vgl. auch mei in Satz 19 sowie das Syntagma uff mei’m Disch in Satz 32. Vgl. Schirmunski, Deutsche Mundartkunde, S. 214. Damit ist auch auszuschließen, dass der Lehrer beim Ausfüllen des Bogens dem Einfluss der Schriftsprache aufsaß. Wiesinger, Untersuchungen, S. 115, S. 119; zur sprachlichen Besonderheit dieses südpfälzischen Areals Christmann, Sprachbewegung, sowie Mittelrheinischer Sprachatlas, Bd. 5, S. IX. Mittelrheinischer Sprachatlas Bd. 2, Karte 100. Thinnes, Untersuchungen, S. 45. Christmann, Lautbestand, S. 41. Neppert, Elemente, S. 153. Maurer/Szogs, Volkssprache, S. 113. Lameli, Standard, S. 110 f. Es sei hier nur am Rande erwähnt, dass es sich daher beim Rückumlaut nicht um eine Umlautung, sondern um den Erhalt historischer Lautung handelt. Die irrtümliche Bezeichnung stammt von Jacob Grimm und ist heute noch immer allgemein in Gebrauch. Mottausch, Verb, S. 29. Auch im Neuhochdeutschen ist ein Bestreben zur Vereinfachung des Systems festzustellen, indem der Rückumlaut in wesentlichen Positionen ausgeglichen wurde. Ausgeblieben ist dieser Ausgleich jedoch in den Wörtern auf »-nn-« und »-nd-« (vgl. Paul, Mittelhochdeutsche Grammatik, S. 257). Mottausch, Verb; Mottausch, Geschichte. Im Falle von bisschen findet sich in manchen Orten nördlich der dargestellten Linie alternativ die Endung »-je«, die jedoch in Worms für das 19. Jahrhundert nicht belegt ist. Eingehendere Hinweise auf die Diminutivbildung sind Post, Pfälzisch, S. 103 –107 zu entnehmen. Guentherodt, Tonhöhenverlauf; Guentherodt, Prosodic Isogloss. Mulch, Sprachräume, S. 135, Karte 18. Vgl. etwa das Gotische (Braune/Ebbinghaus, Gothische Grammatik, S. 106). Futur wird durch Präsens ausgedrückt, vorvergangenes Plusquamperfekt durch Präteritum. Paul, Mittelhochdeutsche Grammatik, S. 287 f. Darauf, dass selbst im norddeutschen Areal, wo das Präteritum erhalten geblieben ist, in weiten Teilen eine Dominanz des Perfekts als Erzähltempus festzustellen ist, hat Kettner hingewiesen (Kettner, Niederdeutsche Dialekte, S. 291). Vgl. hierzu auch Rowley, Präteritum, S. 175. Vgl. bereits Reis, Präteritum. Mottausch weist darauf hin, dass auch andere Formen zusammengefallen sind: Mottausch, Verb, S. 63. Post, Pfälzisch, S. 132, Abb. 22. Rowley, Präteritum, S. 165. Mottausch, Verb, S. 66. Maurer/Szogs, Volkssprache, S. 120. Es besteht Polysemie mit dem Wort »Topf«, mhd. topf. Kluge, Etymologisches Wörterbuch; S. 828, Deutsches Wörterbuch 1935, Bd. 11, Spalte 836 – 838. Barbour/Stevenson, Variation, S. 115 –117.

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Warmaisa – das jüdische Worms. Von den Anfängen bis zum jüdischen Museum des Isidor Kiefer (1924) Die Überblicksdarstellung, zu deren Einbettung in die Stadtgeschichte die verschiedenen Beiträge in diesem Band hinzuzuziehen sind, beruht auf Urkunden und dem Bestand »Judenschaft« im Stadtarchiv Worms (Abt. 1 B Nr. 2017– 2055), gedruckten Quellen und den einschlägigen Ortsartikeln der Germania Judaica (GJ) I–III, meinen Arbeiten über Bischof, Stadt und Judengemeinde von Worms im Mittelalter (1349 –1526) und »Warmaisa« mit ausführlichen Literaturangaben sowie auf in den Anmerkungen belegten Arbeiten von Fachkollegen und -kolleginnen. Zur jüdischen Musikgeschichte siehe meinen Ortsartikel »Worms«, in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Sachteil, Bd. 9, Sp. 2066 f. Eigener Untersuchungen bedürften der kultischreligiöse und der geistesgeschichtlich-kulturelle Aspekt. So fehlt eine vergleichende Darstellung zum Minhag in den Schum-Gemeinden ebenso wie eine Gemeindegeschichte. Hinzuweisen ist auf das Material in den Central Archives for the History of the Jewish People in Jerusalem (Mikrofilme und Digitalisate des Gemeindearchivs in: StadtA Wo Abt. 140), die Bestände im Leo-Baeck-Institute in New York sowie im Jüdischen Museum und im Centrum Judaicum in Berlin, desgleichen auf die umfangreiche englisch- und hebräischsprachige neuere Literatur. Für Textdurchsicht und Hinweise danke ich Prof. Dr. Dr. Otto Böcher/Mainz sowie meiner Tochter Dr. Ursula Reuter/Köln, die zur Zeit im Rahmen des deutsch-israelischen Forschungsprojektes »Germania Judaica IV« zur Geschichte der Wormser Juden in der Zeit von 1520 bis 1650 recherchiert. 1 GJ I, S. 69 f. (Köln). 2 Debus, Juden von Speyer, S. 3 – 5. 3 Abb. 76: Nordportal Synagoge mit Stifterinschrift; Reuter, Warmaisa, S. 17–19; Böcher, Alte Synagoge (Festschrift 1961), S. 97 f. (Stifterinschrift); Böcher, Alte Synagoge (Führer 2001), S. 4 f.; Ziwes, Studien, S. 21; zur Synagoge siehe den Beitrag von I. Spille u. O. Böcher, v. a. S. 753 f. 4 Kisch, Rechtsstellung der Wormser Juden; vgl. dort auch S. 52 –54. 5 Reuter, Warmaisa, S. 29. 6 Reuter, Warmaisa, S. 20 f.; Salomo ben Isaak in: Neues Jüdisches Lexikon, hg. v. Julius H. Schoeps, Gütersloh/München 1992, S. 404; die Literatur über Raschi ist vielfältig, doch fehlt es an einer modernen Biografie. 7 Rothschild, Aus Vergangenheit, S. 31– 60; Eidelberg, Minhagbuch, S. 20 – 24; siehe im Abschnitt zu Juspa Schammes, S. 679 ff. 8 Böcher, Alter Judenfriedhof, S. 6; Böcher, Alte Synagoge (Führer), S. 7. 9 Friedmann, Beziehungen, S. 195 f. 10 Vgl. zur Ortsidentifizierung Bönnen, Stadtverfassung, S. 121 Anm. 17; siehe auch den Beitrag von G. Bönnen oben S. 144 f. mit Anm. 64, dort weitere Literatur und Nachweise zu der höchst wichtigen Quelle. 11 StadtA Wo Abt. 1 A I Nr. 3; Boos, UB Worms I, Nr. 56 S. 47– 49; Gladiß, Judei et coeteri, S. 262 f.; siehe vorige Anm. 12 StadtA Wo Abt. 1 A I Nr. 3; Boos, UB Worms I, Nr. 56 S. 47– 49, vgl. Anm. 10. 13 Boos, UB Worms II, S. 740 –742; Schiffmann, Urkunden; Ziwes, Studien, S. 72; Battenberg, Rechtsstellung, S. 145–149; Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde, S. 42; Reuter, Warmaisa, S. 22 – 26, mit inhaltlicher Zusammenfassung der Urkunde von 1090; vgl. Debus, Juden von Speyer, S. 5– 8. 14 Grünewald, Neue Thesen, S. 26 und S. 28 f.; vgl. insgesamt zur Stadtmauer den Beitrag von M. Grünewald in diesem Band, v. a. S. 93 ff. 15 Boos, UB Worms I, Nr. 460– 461 S. 304 f.; Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde, S. 41 f. 16 Vgl. Reuter, Warmaisa, S. 92 f. und S. 95. 17 Arnold, Zorn, Wormser Chronik, S. 128; Max Levy, »Zur Geschichte«, in: Zur Geschichte der Wormser jüdischen Gemeinde (Gedenkschrift 1911), S. 3– 25; Böcher, Alter Judenfriedhof, S. 3 – 5; Reuter, Warmaisa, S. 28 – 30; Reuter, Kirchhöfe, S. 158 –163; siehe auch Reuter/Wiesner, Alter Judenfriedhof. 18 Die zeitliche Zuschreibung der verlorenen Originalinschrift ist nicht sicher, siehe dazu Raspe, Black Death, wo, ausgehend von einer Erzählung Juspa Schammes’ in den Maaseh Nissim, von ihr die Frage »1096 oder 1349« ausführlich diskutiert wird. Die zu Grunde liegende Wormser mündliche (legendäre) Überlieferung meint 1096, Juspa könnte das mit Ereignissen in seiner Geburtsstadt Fulda aus der Zeit des Schwarzen Todes zusammengebracht haben. 19 Boos, UB Worms II, Nr. 74 S. 45– 47; GJ II, S. 922; Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde, S. 42 f.; Reuter, Warmaisa, S. 57 f.; Ziwes, Studien, S. 74–76; vgl. auch oben den Beitrag v. G. Bönnen, S. 215 f.

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20 Ziwes, Studien, S. 184 und S. 269 f. 21 Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde, S. 51 f.; siehe dazu im Beitrag von G. Bönnen zu Worms im späten Mittelalter, S. 250 ff. 22 GJ III/2, S. 1104 und 1677; StadtA Wo Abt 1 B 23 (Älteres Eidbuch, fol. 124); Text: Boos, GRS 3, S. 162 f.; Bonin, UB Pfeddersheim S. 115, Nr. 211; vgl. zum Judeneid Walter Röll, Zu den Judeneiden an der Schwelle zur Neuzeit, in: Zur Geschichte der Juden im Deutschland des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit, hg. v. Alfred Haverkamp, Stuttgart 1981 (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 24), S. 163 – 204; Friedrich Battenberg, Das Europäische Zeitalter der Juden. Zur Entwicklung einer Minderheit in der nichtjüdischen Umwelt Europas, Bd. 1: Von den Anfängen bis 1650, Bd. 2: Von 1650 bis 1945, Darmstadt 1990, vgl. Bd. I, S. 176 f., mit bildlicher Darstellung einer jüdischen Eidesleistung; Werner Marzi, Judentoleranz im Territorialstaat der frühen Neuzeit. Judenschutz und Judenordnung in der Grafschaft Nassau-Wiesbaden-Idstein und im Fürstentum Nassau-Usingen, Wiesbaden 1999, S. 137–142 und 161–182 sowie im Register unter »Worms«. 23 Artikel »Aschkenas« in: Neues Jüdisches Lexikon (wie Anm. 6), S. 50 f.; Barzen, »Kehillot Schum«. 24 GJ I, S. 186; Reuter, Warmaisa, S. 35; Ziwes, Studien, S. 67 f. 25 Rabbinen, Gelehrte und Stifter werden in der GJ im jeweiligen Ortsartikel genannt. Siehe zu Worms als Überblick Reuter, Warmaisa, S. 50– 56. 26 Böcher, Alter Judenfriedhof, S. 6 f.; Reuter, Warmaisa, S. 44 – 47; Barbara Mattes, Jüdisches Alltagsleben in einer mittelalterlichen Stadt. Responsa des Rabbi Meir von Rothenburg, Berlin 2003. 27 Reuter, Warmaisa, S. 31: Worms am 18. und 25. Mai 1096; zu Mainz: Falck, Mainz im frühen und hohen Mittelalter, S. 112–118 und S. 125–127; zu Speyer: Debus, Juden von Speyer, S. 9 f.; siehe zu 1096 auch den Beitrag von G. Bönnen, vgl. oben S. 145 f. mit Anm. 69; insgesamt: Juden und Christen zur Zeit der Kreuzzüge (Sammelband, 1999). 28 GJ I, S. 443; Battenberg, Rechtsstellung, S. 144 f., zum Waffenrecht für Juden. 29 Abb. 76 und 77; Böcher, Alte Synagoge (Führer), S. 7–16; zum Talmudlehrhaus (Jeschiwa) Otto Böcher, »Das Hörsaalgebäude der mittelalterlichen jüdischen Hochschule in Worms«, in: Kunst und Geschichte in Rheinland-Pfalz, Mainz 1981, S. 40; siehe auch im Beitrag von I. Spille/O. Böcher zum Synagogenbezirk; Reuter, Jüdisches Museum Raschi-Haus, S. 13 f.; Reuter, Jüdisches Worms, S. 3. 30 GJ I, S. 439 – 442; Reuter, Warmaisa, S. 30– 33; Ziwes, Studien, 223 f.; für Mainz: Tora, wer wird dich nun erheben?, hg. v. Simon Hirschhorn, Gerlingen 1995, S. 18– 31; für Worms 1147: Bönnen, Durchzug, S. 182 f.; Mentgen, Kreuzzüge und Judenpogrome. 31 Reuter, Warmaisa, S. 57. 32 GJ II, S. 920 f.; Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde, S. 44 f.; Reuter, Warmaisa, S. 58 f. 33 GJ III/2, S. 1678, 13a; Ziwes, Studien, S. 81. 34 Battenberg, Rechtsstellung, S. 155 f.; Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde, S. 45 und S. 76, Anm. 39. 35 Haverkamp, Judenverfolgungen, S. 35 f.; Debus, Juden von Speyer, S. 33– 37. 36 Boos, UB Worms II, S. 250 f. Nr. 357 und 358. 37 Boos, UB Worms II, S. 258 Nr. 370. 38 Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde, S. 46 f. (die dort geäußerte Vermutung einer Beeinflussung durch Flagellanten ist unwahrscheinlich); Reuter, Warmaisa, S. 59– 61; Ziwes, Studien, S. 249 f. 39 Haverkamp, Judenverfolgungen, S. 93. 40 Zum Terminus und seiner Bedeutung Battenberg, Rechtsstellung, S. 147–149. 41 Original der Urkunde von 1377 in: StadtA Wo Abt 1 A I Nr. 217; Boos, UB Worms II, Nr. 723 S. 463– 467; Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde, S. 47; Reuter, Warmaisa, S. 63; Bönnen, Jüdische Gemeinde, S. 320. 42 GJ III/2, S. 805 f.: Mainz; ebenda S. 1390 f.: Speyer; Ziwes, Studien, S. 250 f.; Debus, Juden von Speyer, S. 59. 43 GJ III/2, S. 1682; Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde, S. 49; Reuter, Warmaisa, S. 65. 44 GJ III/2, S. 1674, 8 a–c; Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde, S. 52. 45 Sabine Frey, Rechtsschutz der Juden gegen Ausweisungen im 16. Jahrhundert, Frankfurt/New York 1983 (Rechtshistorische Reihe 30), S. 108 –114; Friedrichs, Anti-Jewish-Politics, S. 101; zum Hintergrund: Friedrich Battenberg, Juden um Landgraf Philipp den Großmütigen, in: Aschkenas. Zs. für Geschichte und Kultur der Juden 14, 2004, S. 391 und 402 – 404. 46 Eckhardt, Bechtheimer Dorfordnung; Ziwes, Studien, S. 258– 263; siehe dazu auch den Beitrag von G. Bönnen zu Worms im Spätmittelalter, S. 234 f. 47 Ziwes, Studien, S. 62.

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48 Bönnen, Jüdische Gemeinde, S. 328 f., der auf die Einrichtung der neuen Frankfurter Judengasse von 1462/63 als mögliches Vorbild hinweist. Doch ist auch die umgekehrte Abhängigkeit denkbar. 49 Bönnen, Jüdische Gemeinde, S. 324– 328. 50 Reuter, Warmaisa, S. 64 f.; Mentgen, propheten und schrifft disputirt. 51 Detailliert Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde, S. 53 – 56, wobei S. 54 die Zeitangabe für die Liste auf 1496/97 zu korrigieren ist; Anhang: Listen und Plan, S. 63–74. 52 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 2036 Nr. 26 und Nr. 28 – 31. 53 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 2036 und 2042: Geldverleih Mitte des 16. Jahrhunderts; in Nr. 2036/9 eine Kladde mit Namen der jüdischen Gläubiger und ihrer Schuldner außerhalb der Stadt. Zahlreiche Hinweise auf Handelstätigkeit von Wormser Juden in Frankfurt, wohin Wormser Juden auch »gekoscherten« Wein einführten, finden sich für das 15. bis 17. Jahrhundert im dortigen Institut für Stadtgeschichte, StadtA, Bestand »Judicialia«. 54 Grundlegend Battenberg, Rechtsstellung, hier S. 156 mit der Feststellung, dass nach den Verfolgungen um 1349 der Judenschutz des Kaisers »im vollen Umfange von lokalen Schutzrechten abgelöst« wurde. Ebenda zu Judenordnungen mit Schwerpunkt auf territorialen Regelungen, S. 163 –170; speziell zur Wormser Judenordnung von 1524 und zum Folgenden Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde, S. 56 – 61; Reuter, Warmaisa, S. 68 – 84. 55 Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde, S. 49 – 53; zur Stadtrechtsreformation von 1498/99 und zur Pfalzgrafenrachtung 1519/26 siehe den Beitrag von G. Bönnen, S. 245 f., S. 260 f., vgl. auch S. 251. 56 Thesaurus picturarum des Markus zum Lamm (1544 –1606), Hessische Landes- und Hochschulbibliothek Darmstadt, HS. 1971, Bd. 23, S. 121 f.; abgebildet bei Reuter, Warmaisa, S. 69 f. 57 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 2017/5: Juden Ordnung Anno 1584 uffgericht. 58 Reuter, Warmaisa, S. 83 f. 59 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 2018: Pergamentband, Wien, 1641, November 20; Reuter, Warmaisa, S. 80 f. 60 GJ III/2, S. 1673; Wolfgang Treue, Verehrt und angespien: Zur Geschichte jüdischer Ärzte in Aschkenas von den Anfängen bis zur Aufklärung, in: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 21, 2002, S. 139– 203, hier S. 144 f. 61 Treue, Jüdische Ärzte (wie vorige Anm.), S. 158, 192 und 194 f.; »Rabbi« bezeichnet hier einen in den heiligen Schriften belesenen Juden, keinen Rabbiner. Reuter, Warmaisa, S. 97 zum Haus des Arztes nach dem Zensus von 1610, siehe dazu in der Analyse von Friedrichs, Jewish Household, S. 489. 62 Reuter, Warmaisa, S. 82 f. 63 Reuter, Warmaisa, S. 125. 64 Friedrichs, Jewish Household. 65 Schabbesjunge (Schabbesgoy) bezeichnet üblicherweise einen Nichtjuden, der am Schabbat für Juden nicht erlaubte Arbeiten ausführt. 66 Friedrichs, Jewish Household, S. 484; Reuter, Warmaisa, S. 97– 99. 67 Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde, S. 64–71. 68 Friedrichs, Jewish Household, S. 483; vgl. Reuter, Warmaisa, S. 96 f.: Hausnamenliste für 1642. 69 Böcher, Alter Judenfriedhof, S. 9 f.; Reuter, Warmaisa, S. 98: Abbildung von Hauszeichen. 70 Reuter, Warmaisa, S. 78 – 80. 71 Friedrichs, Anti-Jewish-Politics, S. 105. 72 Siehe dazu die einschlägigen Beiträge vom 15. bis zum 17. Jahrhundert in diesem Band. 73 Friedrichs, Anti-Jewish-Politics; vgl. auch den Beitrag von G. Mahlerwein in diesem Band, v. a. S. 315 ff. 74 Arye Maimon, Der Judenvertreibungsversuch Albrechts II. von Mainz und sein Misserfolg (1515/1516), in: Zur Geschichte der Juden (wie Anm. 22), S. 205 – 220; Volker Preß, Kaiser Rudolf II. und der Zusammenschluss der deutschen Judenheit. Die so genannte Frankfurter Rabbinerverschwörung von 1603 und ihre Folgen, ebenda, S. 243 – 293; Birgit Klein, Wohltat und Hochverrat. Kurfürst Ernst von Köln, Juda bar Chajjim und die Juden im Alten Reich, Hildesheim/Zürich/New York 2003. 75 Battenberg, Europäisches Zeitalter (wie Anm. 22) I, S. 250 f.: Frankfurt, S. 251– 253: Worms; Friedrichs, Anti-Jewish-Politics, S. 131. 76 Friedrichs, Anti-Jewish-Politics, S. 107 f. 77 Vgl. bei Anm. 45. 78 Friedrichs, Anti-Jewish-Politics, S. 121 f. 79 Friedrichs, Anti-Jewish-Politics, S. 127. 80 Vgl. bei Anm. 37.

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81 Friedrichs, Anti-Jewish-Politics, S. 122 f. 82 Friedrichs, Anti-Jewish-Politics, S. 135. 83 Friedrichs, Anti-Jewish-Politics, S. 140; zu Luthers Aufforderung in seiner Schrift »Von den Juden und ihren Lügen« (1543), die Obrigkeiten sollten die Synagogen verbrennen und die Juden ausweisen, vgl. Walther Bienert, Martin Luther und die Juden. Frankfurt a. M. 1982, S. 149 f.; zu Grün, der 1612–1624 Pfarrer in Worms war und dann wegen »Weigelianismus« (mystisch-theosophischen Anschauungen) die Stadt verlassen musste, siehe Diehl, Pfarrer- und Schulmeisterbuch, S. 429 f., Nr. 18; zum Friedhof vgl. Anm. 17. 84 Kurtzer unvergreiflicher Bericht, gedruckt 1615 zu Augsburg; Reuter, Warmaisa, S. 87: Wiedergabe des Titelblattes. 85 Friedrichs, Anti-Jewish-Politics, S. 147. 86 Vgl. die abschließenden Beurteilungen bei Battenberg, Europäisches Zeitalter (wie Anm. 22), Bd. I, S. 253, und Friedrichs, Anti-Jewish-Politics, S. 152. 87 Ältere julianische/jüngere gregorianische Zeitrechnung. 88 Reuter, Warmaisa, S. 86 – 88, auch zu seiner Frau Chawa, die auf der Reise in das Heilige Land 1651 in Sofia starb. 89 Reuter, Warmaisa, S. 86– 89; Böcher, Alter Judenfriedhof, S. 4 f.; siehe im Beitrag von I. Spille und O. Böcher zum Synagogenbezirk. 90 Es dürfte sich dabei nach den noch nicht veröffentlichten Forschungen von Ulrich Knufinke um das früheste bzw. eines der frühesten Taharahäuser in Deutschland handeln. 91 Abb. 78; Bezalel Narkiss, Hebrew Illuminated Manuscripts, Jerusalem 1969, S. 92 f. (der vermutete Zusammenhang mit Mainz ist wenig wahrscheinlich); Worms Machsor, ed. by Malachi Beit-Arié, Facsimile and Introductory Volume, Vaduz/London 1985, siehe dazu die einschlägigen Arbeiten von Aliza Cohen-Mushlin; Reuter, Warmaisa, S. 53; Röll, Sprachdenkmal. 92 StadtA Wo Abt. 1 A I Nr. 676 und 677 (mit Liste); Max Freudenthal, Dokumente zur Schriftenverfolgung durch Pfefferkorn, in: Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland 3, 1931, S. 227– 232; Reuter, Bischof, Stadt und Judengemeinde, S. 51 f.; Reuter, Warmaisa, S. 66 f. 93 GJ I–III; Reuter, Warmaisa, S. 50 – 56; Reuter, Artikel »Worms« in: MGG, Sp. 2066 f.; Reuter, Vom Erwachen, S. 43, Schaukasten A. 94 Die Angaben zur Biografie beruhen auf Eidelberg, Minhagbuch, und Eidelberg, R. Juspa. 95 Böcher, Alter Judenfriedhof, S. 8 f., Nr. 8 mit Abb. 96 Ludwig Lewysohn, Nafschoth Zaddiqim. Sechzig Epitaphien von Grabsteinen des israelitischen Friedhofs zu Worms, Frankfurt a. M. 1855, S. 69–71, Nr. 69; erwähnt von Samson Rothschild in seinem Verzeichnis der Inschriften des Alten Judenfriedhofs aus der Zeit um 1900, StadtA Wo Abt. 203 (Judaica-Sammlung). 97 Maaseh-Nissim: Eidelberg, R. Juspa (engl. u. dt.); Shlomo Berger, Travels among Jews and Gentiles: Abraham Levie’s Travelogue Amsterdam 1764 (Hebrew Language and Literature Series 3), Leiden/Boston/Köln 2002, S. 65 und S. 147 f., Anm. 41–50; Rothschild, Aus Vergangenheit und Gegenwart, Nr. 8 und 10; Holzer, Aus dem Leben, in: Zum 900-jährigen Bestehen der Synagoge zu Worms (1934), S. 89– 101; nochmals abgedruckt in: Festschrift zur Wiedereinweihung der Alten Synagoge 1961, S. 202– 213; darauf beruht Reuter, Warmaisa, S. 100 –119; hebräischsprachige Arbeiten (nur die Titel zweisprachig) zu Wormser Minhagbüchern: R. Juda Löw Kirchheim, The Customs of Worms Jewry. Published for the First Time from Dr. Manfred Lehmann’s Manuscript. With References, Notes, Indices and Introduction about the Customs Literature of Worms, and about the Author, by Israel Mordechai Peles, Jerusalem 1987; Wormser Minhagbuch des R. Jousep (Juspa) Schammes. Nach Handschriften des Verfassers zum ersten Male vollständig hg., mit Ergänzungen von Rabbiner Jair Chajim Bacharach, Oberrabbiner zu Worms, 2 Bde., Jerusalem 1988–1992) [Bd. 1: Erläuterungen, Quellen und allgemeine Einleitung von Benjamin Salomon Hamburger, Textbearbeitung und geschichtliche Einführung von Erich Zimmer, Bd. 2: Erläuterungen und Quellen von Benjamin Salomon Hamburger, Textbearbeitung von Erich Zimmer, Korrektur und Register von Israel Mordechai Peles]. 98 Siehe bei Anm. 6. 99 Für das Spätmittelalter GJ III/3, S. 2108– 2129: Erziehung und Kultur; zu Worms nach Juspa Schammes Holzer, in: Zum 900-jährigen Bestehen, S. 89 –101; Reuter, Warmaisa, S. 112 –114; Reuter, Über jüdische Schulen. 100 Ein Bachur, pl. Bachurim, jiddisch Bocher, ist ein Schüler oder allgemein junger Mann, vgl. auf dem Grabstein von 1076/77 auf dem Alten Friedhof ›Jakob ha-bachur‹.

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Reuter, Hamman; Zitat: Reuter, Mehrkonfessionalität, S. 31 f. GJ III/2, S. 1674 f., 8 a–c: Stadt. Reuter, Mehrkonfessionalität, S. 30– 33; Reuter, Warmaisa, S. 126–128. Böcher, Judenfriedhof, S. 5; Reuter, Kirchhöfe, S. 160. Reuter, Warmaisa, S. 139 f. Reuter, Warmaisa, S.138. Reuter, Warmaisa, S. 120 f. Karten 17–19 (S. 682– 684); Reuter, Warmaisa, S. 129–139. StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 2048; Reuter, Warmaisa, S. 140 f. Rosenthal, Wormser Judenbischöfe, hier S. 313. Reuter, Samuel Wolf Levi, mit den biografischen Angaben; zu den Feiern 1789 vgl. den Beitrag von F. Dumont, v. a. S. 353– 358. Reuter, Samuel Wolf Levi, S. 165, mit Hinweisen von Samson Rothschild, zu ihm vgl. unten Anm. 125. StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1237: Dankfest 1789, mit gedrucktem Programm; der Originaltext ist wiedergegeben bei Reuter, Samuel Wolf Levi, S. 163. Reuter, Warmaisa, S. 144–146. Reuter, Samuel Wolf Levi, S. 166 f.; siehe dazu den Beitrag von F. Dumont, v. a. S. 382 ff. Reuter, Warmaisa, S. 146–151. Reuter, Samuel Wolf Levi, S. 167 f.; Reuter, Warmaisa, wie vorhergehende Anmerkung; siehe auch den Beitrag von M. Köhler, v. a. S. 417 ff. Reuter, Warmaisa, S. 169; Reuter, Über jüdische Schulen, S. 91– 95. Siehe im Beitrag von G. Bönnen zu den 20er Jahren und der NS-Zeit. Zum jüdischen Bevölkerungsanteil Reuter, Warmaisa, S. 169 f., und Reuter, Karl Hofmann, S. 491 f., sowie die Bevölkerungstabelle S. 495 (Grafik 20) in diesem Band. Rhein-Neckar-Raum (Reuter, Artikel »Adler«), S. 58 f. Rhein-Neckar-Raum (Reuter, Artikel »Eberstadt«), S. 119 –121; Reuter, Politisches und gesellschaftliches Engagement, S. 306 – 311; siehe auch den Beitrag von M. Köhler, S. 438 ff. Zur jüdischen Migration und Auswanderung siehe im Beitrag von F. Reuter zu Worms im 19. Jahrhundert (1852–1874), Anm. 28, S. 916. Tafel 16b; Reuter, Vom Erwachen, S. 13–19; zu den Friedhöfen oben bei Anm. 17 sowie die Gedenkschrift zur Einweihung des neuen Friedhofes 1911 (Zur Geschichte der Wormser jüdischen Gemeinde); Reuter, Kirchhöfe, S. 191–193. Reuter, Vom Erwachen, S. 19– 23; Reuter, Leopold Levy; siehe zum Synagogenkomplex in der Neuzeit den Beitrag von I. Spille und O. Böcher im Kapitel zur Wormser Bau- und Kunstgeschichte, S. 753 ff. Reuter, Wormser Historiker, S. 85 – 87. Reuter, Politisches und soziales Engagement, S. 319– 332 (Rothschild); Reuter, Wormser Historiker, S. 88 f. (Rosenthal) und S. 89– 92 (Rothschild); Unterlagen im StadtA Wo Abt. 203. Reuter, Vom Erwachen, S. 25 – 27. Aschkenas. Zeitschrift für Geschichte und Kultur der Juden 12, 2002 (Themenheft Medinat Worms), hg. v. A. Weber, gewidmet Frau Paule Reuter; darin zu Kiefer und der Museumsgenese: Reuter, Vom Erwachen, S. 23 – 32, zum Bestand der Anhang nach einer Liste Kiefers, S. 33– 44; Weber, Katalog der Kultgegenstände, ebenda, S. 67– 89. StadtA Wo Abt. 203 Nr. 8: Sammelband »900-Jahrfeier der Synagoge zu Worms 1034–1934«, angelegt von Karl Guggenheim. Zur Familie Guggenheim: Reuter, Politisches und soziales Engagement, S. 332 – 339. Zum zeitgeschichtlichen Hintergrund von 1934 sowie zur Entwicklung der jüdischen Gemeinde nach 1914 vgl. das Kapitel von G. Bönnen über Worms von 1914 bis 1945 im vorliegenden Band, v. a. S. 573 ff. u. S. 597 ff. Abb. 79 S. 689; Zum 900-jährigen Bestehen der Synagoge zu Worms (Erinnerungsgabe, wie vorige Anm.); Reuter, Warmaisa, S. 188–191. 2. Mose, Kap. 14, Verse 21 und 22.

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Das geistliche Worms: Stifte, Klöster, Pfarreien und Hospitäler bis zur Reformation 1 Die Abschnitte 1– 3 und 6– 8 (S. 691–706, 721–734) hat Gerold Bönnen, die Abschnitte 4– 5 (706–721) Joachim Kemper verfasst. 2 St. Martin in Worms 996/1996. Festschrift (hg. v. F. Reuter); Liebfrauen 1298–1998 (hg. v. G. Bönnen/B. Keilmann/J. Schalk); 1002– 2002 St. Paulus Worms (hg. v. J. kleine Bornhorst); Bischof Burchard 1000– 1025 (hg. v. G. Bönnen; Begleitpublikation zur Wormser Ausstellung 2000); Bischof Burchard von Worms 1000 –1025 (hg. v. W. Hartmann; wissenschaftlicher Sammelband); Das Bistum Worms (hg. v. F. Jürgensmeier); wichtig ist nach wie vor Schaab, Diözese (1966); zu den quellenmäßigen Grundlagen siehe die einleitenden Bemerkungen in den Beiträgen von Bönnen zu den Zeitabschnitten 1000 bis 1254 bzw. 1254 bis 1521; vgl. zuletzt Seibert, Neue Forschungen (2004). 3 Kleinjung, Frauenklöster; Wolf, Beginen; Kemper, Klosterreformen. 4 Vgl. oben S. 193 ff. 5 Vgl. dazu im Überblick den Abschnitt zu »Worms um 1500« (G. Bönnen, S. 250 ff. mit Karte 10 S. 252 f.). 6 Schieffer, Entstehung, S. 150 f.; zu den Anfängen der Wormser Domkirche mit der bis 1997 erschienenen Lit.: Das Bistum Worms, S. 15 ff.; für die Karolingerzeit ebda. S. 19 – 22; zur Frühgeschichte der Wormser Kirche auch Brühl, Palatium und Civitas, S. 121 f.; vgl. insgesamt den Beitrag von Franz J. Felten und Thomas Kohl im vorliegenden Band (S. 102–132). 7 Zu den Vorgängerbauten des Burcharddoms siehe Kautzsch, Dom, S. 67 ff.; Hotz, Dom, S. 5 ff. 8 1038: Die ältere Wormser Briefsammlung, hg. v. W. Bulst, S. 19 Nr. 45; 1123: Boos, UB Worms II, S. 716. 9 Besitz des Bistums bis 919: Friedmann, Beziehungen, S. 219 f. (Zusammenstellung), ab 919 bis in das frühe 12. Jh.: S. 222 – 227; zusammenfassende Einschätzung des vorottonischen Besitzstandes: S. 12 –15; zu den frühen Besitzungen der Wormser Kirche siehe auch: Staab, Untersuchungen, S. 289 f. 10 Fabry, St. Cyriakusstift; Villinger, Beiträge (hier S. 72–108 Urkundenregesten). Beide Arbeiten sind für die frühe Zeit nicht unproblematisch; siehe auch: Das Bistum Worms, S. 20 f. und Schaab, Diözese, S. 111 f.; Brühl, Palatium und Civitas, S. 126–128 (nimmt eine Gründung bereits um 820 an; hier sehr kritisch auch zur Frage der Existenz einer Pfalzanlage). 11 Zum Besitz des Stifts bis zum frühen 12. Jahrhundert: Friedmann, Beziehungen, S. 220 f.; zur Entwicklung in der ottonischen Zeit zusammenfassend: Das Bistum Worms, S. 22 ff. 12 Gierlich, Grabstätten, S. 209 f., S. 216 f. (Bischofsgräber). 13 Hirschmann, Stadtplanung, S. 319 f.; Bönnen, Bischof, S. 334. 14 Staab, Untersuchungen, S. 122 (zu den angeblich spätantiken Ursprüngen); Fuchs, Inschriften, S. 5 f. Nr. 4 (Existenz im 8. Jh. ?, siehe auch S. 19: Grabstein des Adualah); Gierlich, Grabstätten, S. 208 f. (Grab v. Bf. Bernhar, 814– 825); Gensicke, Stadtbeschreibung, S. 54; Staab, Untersuchungen, S. 17– 20 (frühchristliche Zeugnisse aus Worms). 15 Ecclesia Sancti Andreae in monte (Boos, UB Worms I, Nr. 70 S. 58 = Schannat, Historia II, S. 72); vgl. zur weiteren Geschichte unten. 16 Vgl. Anm. 31– 32. 17 Vgl. oben S. 701, 723 f.; aus der älteren Lit. wichtig: Gensicke, Beiträge, S. 52 f. 18 Vgl. zu Fragen der regionalen Patrozinienkunde den Beitrag in: Wormatia Sacra, S. 101–120; Huth; Petruspatrozinien; Staab, Untersuchungen; Schaab, Diözese. 19 Patrozinienproblematik: Gierlich, Grabstätten, S. 204– 208; die mögliche Bedeutung der Kirche als erste Grabstätte des Heiligen wird hier (S. 208) als »Spekulation« eingeschätzt; Archäologie: Grünewald/Vogt, St. Rupert und St. Paul; Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 56 f. 20 Gensicke, Stadtbeschreibung, S. 52. 21 Bönnen, Stadttopographie, S. 25. 22 Engels, Pfeddersheim; Gillen, Zweigniederlassung. 23 Überblick im Vergleich mit anderen Civitates: Hirschmann, Stadtplanung, S. 329; Bönnen, Bischof. 24 Zu Burchards Dombau vgl. die Beiträge von Bönnen, S. 138 f. und Böcher/Spille, S. 738 f.; siehe v. a. die beiden Publikationen aus dem Jubiläumsjahr 2000; dazu: Hirschmann, Stadtplanung, S. 313 – 329 (S. 323 f. zu Burchards Dom-Neubau). Den allgemeinen Forschungsstand zu Fragen der Kollegiatstifte markiert neben dieser Arbeit der Sammelband: Die Stiftskirche in Südwestdeutschland (2003). 25 Schieffer, Entstehung, S. 257 Anm. 149; Bönnen, Bischof, S. 326 mit Anm. 40; Quelle: Boos, Monumenta, S. 116.

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26 Lit.: 1002– 2002 Sankt Paulus Worms (Sammelband mit Beiträgen von Grünewald/Vogt (Archäologie); Bönnen (Stift und Pfarrei St. Rupert bis 1350), Keilmann (das Stift um 1500), Schalk (Personal des Stifts) und Spille (Kunst- und Baugeschichte, bereits z.T. wieder überholt durch Kotzur, Neue Erkenntnisse (2003) und Kotzur, Rätsel); zur Wahl des Patroziniums mit wichtigen Beobachtungen: Weinfurter, Anfänge; zu den Ergebnissen der Grabungen in den 1980er Jahren: Grünewald, Salier; zu den wichtigen Urkunden von 1016 vgl. Friedmann, Beziehungen, S. 194; Bau- und Kunstgeschichte: Spille, St. Paul (Kirchenführer); Bauer, Baugeschichte. 27 St. Martin in Worms 996/1996 (Reuter zur Stiftsgeschichte, Glatz zu Baugeschichte und Ausstattung, S. 206– 250), Kaiser, St. Martin (Kirchenführer); Friedmann, Beziehungen, S. 197– 200 (u. a. zur angeblichen Gründung durch Otto III.); zur fraglichen Martinspforte in der Mauerbauordnung: Bönnen, Stadttopographie, S. 27; Hirschmann, Stadtplanung, S. 318; vgl. auch S. 324 mit FN 2309 zur gefälschten Gründungsurkunde von 991/996, dazu auch Festschrift St. Martin, S. 27– 30; Fuchs, Inschriften, S. XXIf. 28 Fuchs, Inschriften, S. XXII; zur Datierung der Legende: Gensicke, Stadtbeschreibung, S. 52 (sehr frühe Kirchengründung). 29 Eine moderne Darstellung zur Stiftsgeschichte fehlt, wiewohl die Überlieferungslage relativ gut ist. Zu den frühen Urkunden: Friedmann, Beziehungen (u. a. S. 183 ff.); kunstgeschichtlicher Überblick: Böcher, St. Andreas-Kirche (Kirchenführer (1993), Lit. S. 14 f.); Metzler, Wiederherstellung (1931). 30 Hirschmann, Stadtplanung, S. 324. 31 Kraft, Reichsgut, S. 256 ff. 32 Schäfer, Mauerbaupflicht (zur karolingischen Gründung und ihrer Besitzausstattung, v. a. S. 429 f. zur Datierung der auf diese Zeit zurückführbaren Angaben der Urkunde von 1141); Keilmann, Nonnenmünster (hier die ältere Lit.); zur erstmals 1141 nachweisbaren Gründungstradition siehe auch Fuchs, Inschriften, S. 65 f. Nr. 65+; Hirschmann, Stadtplanung, S. 325 f.; zum Besitz und zur Echtheitsfrage der frühen Urkunden: Friedmann, Beziehungen, v. a. S. 183–189; Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 104–108; für die Zeit ab der Reform in den 1230er Jahren siehe die Angaben S. 710 f. Die Abtei blieb vom Stadtbrand 1689 verschont und wurde 1802 aufgehoben; danach Nutzung der Baulichkeiten als Kaserne; Abbruch der Reste ab 1822. 33 Boos, Monumenta, S. 41 (Episode der 1188 verstorbenen Inkluse (»inclusa«, »sancta virgo«) Hildegund, die in Beziehungen zum Hof der Abtei Schönau gestanden hat). 34 Lage: heute Amandusgasse/Liebfrauenstift; vgl. Bönnen, Gründung Liebfrauenstift, S. 20–22; siehe auch Gensicke, Stadtbeschreibung, S. 61 Anm. 116 (hier Lit. zur Baugeschichte), zur Archäologie; Grünewald, Nordfriedhof; Kranzbühler, Verschwundene Bauten, S. 7–15; zu der nicht endgültig geklärten Frage der Identität des (angeblichen) Wormser Bischofs der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts vgl. Gierlich, Grabstätten, S. 200– 204 (S. 203 f.: »Man scheint so in Worms unter dem Einfluss der Salzburger Tradition eines als heilig verehrten Wormser Bischofs Amandus die Pfarrkirche St. Amandus in der Vorstadt, die wohl Amandus von Maastricht geweiht war, auf Grund ihres Patroziniums als Grabkirche des frühen Wormser Bischofs dieses Namens betrachtet zu haben«). Der Wert einer möglicherweise eigenständigen Wormser Überlieferung, nach der der Wormser Bischof hier begraben lag, muß demnach offen bleiben. 35 Dazu Gensicke, Beiträge, S. 61 Anm. 115 f.; zu St. Amandus vgl. weitere Hinweise oben S. 724 f. 36 Boos, Monumenta, S. 37. 37 Boos, UB Worms II, S. 725 Nr. 128. 38 Weirich, Bergkirche; Spille, Rundgang, S. 32 – 34; Quelle: Boos, Monumenta, S. 111; vgl. oben S. 140. 39 Edition: Friedmann, Beziehungen, S. 200 – 204. 40 Weihe 1055: Fuchs, Inschriften, S. 11 f. Nr. 10+: Weiheinschrift mit Auflistung von Reliquien, 1216 erste urkundliche Erwähnung (»ecclesia«) als Verhandlungs- bzw. Ausstellungsort einer Urkunde (Boos, UB Worms I, Nr. 120 S. 92 f.); Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 70–72; Brühl, Palatium und Civitas, S. 131; Classen, Bemerkungen, S. 89 Anm. 88 (vermutet einen Vorläuferbau). 41 Fuchs, Inschriften, Nr. 11, S. 12 f., zu Hintergründen und Lit.: Bönnen, Barbarossa und die Bruderschaft, S. 10 f. (auch zum folgenden). 42 Vgl. oben den Beitrag von G. Bönnen, S. 147 mit Anm. 74. 43 Vgl. dazu und zu Fragen der Verfassungstopografie (mit weiterer Lit. zur Baugeschichte) Bönnen, Dom und Stadt; zum Dombau aus kunstgeschichtlicher Sicht vgl. oben S. 740 ff; zum zeitgeschichtlichen Hintergrund siehe oben G. Bönnen, S. 153 ff. 44 Schannat, Historia II, S. 59 f. 45 Seibert, Reichsbischof, v. a. S. 102 f.

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46 Schannat, Historia II, S. 70; gekürzt: Boos, UB Worms I, Nr. 65 S. 56 f.; im Einzelnen: Bönnen, Zur Geschichte des Paulusstifts, S. 42 f. 47 Vgl. Bönnen, Stadtverfassung, S. 130 f.; dazu im Einzelnen: Bönnen, Rheinische Bischofsstädte, S. 44 f.; Frankenthal: Schulz, Das Leben des hl. Eckenbert. 48 Das Bistum Worms, S. 34, vgl. oben S. 157 f. 49 Siehe die Urkunden bei Friedmann, Beziehungen, S. 183–193; Boos, UB Worms I, S. 57– 59 Nr. 68 –71; Auswertung für Fragen der städtischen Topografie: Gensicke, Stadtbeschreibung, S. 55. 50 Friedmann, Beziehungen, S. 183–193 (Edition von zwei Bischofsurkunden für das Stift und seine materielle Ausstattung). 51 St. Andreas: Boos, UB Worms I, Nr. 68–71 S. 57 f. und Friedmann, Beziehungen, S. 183–193; Nonnenmünster: Kraft, Reichsgut, S. 256– 261 (1141); Friedmann, Beziehungen, S. 185 f.; zu letztgenannter Urkunde vgl. Schäfer, Mauerbaupflicht; vgl. auch Bönnen, Zur Geschichte des Paulusstifts, S. 43 f. 52 Schaab, Schönau, zur Gründung v. a. S. 21– 25. Zu den Verflechtungen der Klostergeschichte mit Worms zuletzt Happ, Stadtwerdung; zum Klosterhof siehe unten S. 732 f. 53 Mit Belegen und weiterer Lit.: Seibert, Reichsbischof. 54 Vgl. O. Böcher/I. Spille, S. 740 ff.; Hotz, Wormser Bauschule, S. 129 ff. 55 Boos, UB Worms I, Nr. 86 S. 70 und Nr. 88 S. 72; Nr. 107 S. 85 f. 56 Vgl. S. 731 ff. 57 Zum Folgenden ausführlich und allg. zur Pfarreiproblematik: Bönnen, Zur Geschichte des Paulusstifts, S. 51– 57; 1197 Schenkung des Patronatsrechts an das Stift (Boos, UB Worms I, Nr. 101 S. 81; dazu Bönnen, S. 55 f.). 1200 ist der erste »plebanus« erwähnt (s. u.); Baugeschichte: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 56 f.; für die Anfänge siehe auch Gensicke, Stadtbeschreibung, S. 52 (Kirchenweihe bald nach der Translation der Gebeine 773). 58 Boos, UB Worms I, Nr. 67 S. 56 f. 59 Zur frühen Geschichte und zum Patrozinium: Bönnen, Bischof, S. 316, 335; wichtig sind die Beobachtungen bei Gierlich, Grabstätten, S. 204– 208. Nach dem Bericht der kurz nach 1500 verfassten Kirschgartner Chronik hätten Gläubige in der Zeit des Bischofs Rupert ihm zu Ehren eine Pfarrkirche errichtet (parochiam in honorem eius circa ecclesiam beati Pauli erexerunt, quae usque hodie apud nos est: Boos, Monumenta, S. 13). 60 Boos, UB Worms I, S. 49 f. Nr. 57; Friedmann, Beziehungen S. 195 f.; Bönnen, Zur Geschichte des Paulusstifts, S. 53 mit Abb. 3 S. 78. 61 Boos, UB Worms I, Nr. 95 S. 78 f. 62 Boos, UB Worms I, Nr. 101 S. 81. 63 1239: Boos, UB Worms I, Nr. 196 S. 137 f.; St. Lampert: Erzbischof Siegfried von Mainz vereinigt das jus patronatus Ecclesiae S. Lamperti mit dem Dekanat des Martinsstifts (Schannat, Historia II, S. 96). 1213 Bestätigung durch den Dompropst: Boos, UB Worms I, Nr. 117 S. 91. 64 Boos, UB Worms I, Nr. 106 S. 85. 65 Siehe Anm. 63, 70, 218, 221. 66 Zu dieser wichtigen Frage vgl. Hirschmann, Stadtplanung, S. 326; Friedmann, Beziehungen, S. 195 f. (zur gefälschten Urkunde von angeblich 1080); Bönnen, Zur Geschichte des Paulusstifts, S. 51– 57 für St. Rupertus bis 1200; ältere Forschungsmeinung: Gensicke, Stadtbeschreibung, S. 52 f. 67 Erste urkundliche Erwähnung 1141 in einer Bischofsurkunde für das Andreasstift als Anrainerbeleg (Nennung eines Hofes apud ecclesiam sancti Magni; Edition: Friedmann, Beziehungen, S. 191). Die Zugehörigkeit zu St. Andreas wird zeitgleich belegt: Schannat, Historia II, S. 72 Nr. 78. Erstmals als Pfarrkirche genannt 1235: Boos, UB Worms I, Nr. 177 S. 128, spätestens 1238 lag das Patronatsrecht bei St. Andreas (Boos, UB Worms I, Nr. 195 S. 136 f.). Lit.: Preßler, Magnuskirche (v. a. Baugeschichte, S. 14 f. Nennung weiterer Lit.); Bauer, Baugeschichte, S. 29 ff. 68 Erste Erwähnung 1141 (basilica sancti Michahelis als Zubehör des Andreasstifts, Edition: Friedmann, Beziehungen, S. 190–193, hier S. 191). Für ein sehr hohes Alter der Kirche – zusammen mit der des später (s. u.) belegten St. Caecilia – hat sich mit Blick auf das Patrozinium Gensicke, Stadtbeschreibung, S. 54, ausgesprochen. Eine Quelle von 1198–1217 (Boos, UB Worms I, Nr. 104 S. 83) nennt Besitzerwerb von Nonnenmünster extra muros civitatis apud ecclesiam sancti Michahelis; Lit.: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 55 f. 69 Erste Nennung überhaupt zum Jahr 1200 (»plebanus« von St. Johannes als Zeuge: Boos, UB Worms I, Nr. 106 S. 85).

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70 Früheste urkundliche Erwähnung 1210 (Inkorporation in das Martinsstift: Schannat, Historia II, S. 96); Lit.: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 53– 55; St. Martin in Worms 996/1996, v. a. S. 36 f. mit Beschreibung des Pfarreibezirks. 71 Vgl. oben S. 726 ff. 72 Zu den wenigen Vorarbeiten – mit einem Schwerpunkt in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts bzw. um 1300 – vor dem Hintergrund der Errichtung des neuen gotischen Südportals des Doms gehört die Studie von Keilmann, Bewahrung (Zitat: S. 34, Anm. 37), v. a. S. 27 ff. mit besonderem Schwerpunkt auf der Rolle von Mitgliedern der Familie der Raugrafen und der Herren von Daun; daraus die folgenden Angaben. 73 Zur Überlieferung im HStAD vgl. das gedruckte Repertorium zu Best. C (Handschriften etc.) sowie Bestände Staatsarchiv Darmstadt, S. 108 –115; zu den heftigen Konflikten zwischen Stadt und Domkapitel während des späten Mittelalters liegt eine umfangreiche, bislang kaum ausgewertete und bis in die Neuzeit reichende Aktenüberlieferung im Stadtarchiv Worms vor (Abt. 1 B Nr. 1720–1836, dazu: Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 64 f.; zu den starken Verlusten u. a. um 1800 vgl. ebda. S. 14 f.; auch zu den Wormser Stiften des 15. Jh. ist städtische Aktenüberlieferung erhalten: St. Paulus: 1 B Nr. 1837; St. Martin: Nr. 1841; St. Andreas (ab 1500): Nr. 1843). 74 Boos, UB Worms I, Nr. 396 S. 253 f.; zum Hintergrund: Keilmann, Kampf, S. 214; Das Bistum Worms, S. 74. 75 Das Südportal des Wormser Domes (1999), vgl. vorige Anm. 76 Erster Überblick: Das Bistum Worms, S. 104 ff.; vgl. das Kapitel zum späten Mittelalter und den Beitrag von B. Kreutz. 77 Das Bistum Worms, S. 118–120. 78 Hartmann, Domherren. 79 Auswertung bei: Eberhardt, Diözese Worms, S. 15 f. 80 Das Bistum Worms, S. 153. 81 Bönnen, Gründung Liebfrauenstift (mit der gesamten älteren Lit.), zur Bau- und Kunstgeschichte vgl. den Beitrag von Glatz in derselben Festschrift (Liebfrauen Worms 1298 –1998, S. 365 – 387); Quellen zur Stiftsgründung (mit Übersetzung): S. 422– 434; zum weiteren Zusammenhang der Kirchenpolitik des Bischofs: Das Bistum Worms, S. 80 f.; Keilmann, Bewahrung; vgl. oben S. 257 f. 82 Vgl. zu den beiden Institutionen die einschlägigen Beiträge von Bönnen und Keilmann in den Festschriften von 1998 bzw. 2002. 83 Villinger, Beiträge; Fabry, Cyriakusstift (u. a. zum Besitz des Stifts bis 1500 S. 125 ff.). 84 Eberhardt, Diözese Worms, S. 14 – 43, zu den finanziellen Verhältnissen des Stiftsklerus S. 36 ff. 85 Verstärktes gemeinsames Auftreten: Boos, UB Worms I, S. 159 Nr. 238 (1253); formelles Bündnis (1260): ebda. Nr. 286 S. 190, erneuert 1263 (Hintergrund: Keilmann, Kampf, S. 189 f.). 86 Keilmann, Paulusstift, S. 104 ff. 87 Vgl. dazu den Beitrag von G. Bönnen zum späten Mittelalter, S. 247 ff. 88 Battenberg, Gerichtsbarkeit, S. 58 – 64; Kohler/Koehne, Wormser Recht, S. 182 –188. 89 Kohler/Koehne, Wormser Recht, S. 182 f. 90 Vgl. dazu die Beiträge von Burkard Keilmann in der Festschrift des Rudi-Stephan-Gymnasiums (2002), v. a. S. 31– 43; 1307: Das Bistum Worms, S. 81 f.; Quelle 1307: Boos, UB Worms II, Nr. 49 S. 33 f. 91 Zu den Neugründungen von Orden im 11. u. 12. Jahrhundert vgl. den zusammenfassenden Überblick bei Karl Suso Frank, Geschichte des christlichen Mönchtums, Darmstadt 51996, S. 64 – 85; für den mittelrheinischen Raum grundlegende Beiträge in: Reformidee und Reformpolitik in spätsalischer und frühstaufischer Zeit, hg. v. Stefan Weinfurter, Mainz 1992 (QAmKG 68). 92 Vgl. auch oben S. 695 ff. 93 Norbert Backmund, Monasticon Praemonstratense, Band 1/1, Berlin/New York 1983, S. 90– 92 u. 101– 103; Bruno Krings, Vom Schwesternkloster zum Chorherrenstift. Das Prämonstratenserkloster Enkenbach in der Pfalz, in: 850 Jahre Kloster Enkenbach. 1148 –1998, Speyer 1998 (Schriften des Diözesan– Archivs Speyer 23), S. 33– 49. 94 Stephan Hilpisch, Die Doppelklöster. Entstehung und Organisation, Münster 1928 (Beiträge zur Geschichte des alten Mönchtums und des Benediktinerordens 15); Doppelklöster und andere Formen der Symbiose männlicher und weiblicher Religiosen im Mittelalter, hg. v. Kaspar Elm u. Michel Parisse, Berlin 1992 (Berliner Historische Studien, Ordensstudien 8).

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95 Der in der bisherigen Forschung genannte Zeitpunkt der Aufhebung des Frankenthaler Frauenklosters (1430/1431) ist nicht korrekt (Aufhebung ca. 1437): Neue Urkunden zur Pfälzischen Kirchengeschichte im Mittelalter, bearb. v. Franz Xaver Glasschröder, Speyer 1930 (Veröffentlichungen der Pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften 14), S. 163 f. Nr. 259; Generallandesarchiv Karlsruhe 43/ 5758. 96 Eine Zusammenfassung der bisherigen Forschungsdiskussion und regional geordnete Übersichten bietet: Felten, Zisterzienserinnen. 97 Felten, Frauenklöster, S. 280. 98 Eine Liste der Klöster innerhalb der Bistumsgrenzen: Das Bistum Worms, S. 266 (u. Register). Daneben z. B.: Schaab, Diözese, S. 169–189; Moraw, Klöster und Stifte; Kemper, Klosterreformen, S. 20–43 (Literatur). 99 Kaspar Elm, Beiträge zur Geschichte des Wilhelmitenordens, Köln/Graz 1962 (Münstersche Forschungen 14), S. 77; Schaab, Diözese, S. 185–187; Kemper, Klosterreformen, S. 42 f.; Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 59 f., 63 f. u. 111–116 (auch zum Deutschordenshof, der seit vor 1324 und mindestens noch 1425 bestanden hat, Schwan, Wormser Urkunden, S. 262 Nr. 79); der Johanniterhof in der Kämmererstrasse/-gasse ist erstmals 1299 belegt (Dolch/Münch, Regesten Otterberg, Nr. 453 S, 240 f.); zuletzt zum Besitz: Fendler, Johanniter-Kommende. 100 Frank, Geschichte (wie Anm. 91), S. 86–104 (knapp zur Genese); Berger, Bettelorden. 101 Isnard W. Frank, Die Dominikaner-Prediger im Schatten der evangelischen Prädikanten, in: 750 Jahre Dominikaner Worms 1226–1976, hg. v. Dominikanerkloster Worms, Worms 1976, S. 96–107; Isnard W. Frank, Das mittelalterliche Dominikanerkloster als paraparochiales Kultzentrum, in: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 17, 1998, S. 123–142; Das Bistum Worms, S. 63– 66. 102 Diego Ciccarelli, Art. »Caesarius von Speyer«, in: LexMA 2, Sp. 1366; Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 78 f.; Schaab, Diözese, S. 181; Berger, Bettelorden, S. 178 –181; Das Bistum Worms, S. 67. Daneben auch: Huth, Worms. 103 Zu den Wormser Dominikanern: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 86– 94; Gieraths, Dominikaner, besonders S. 13– 66; Eckert, Geschichte; Berger, Bettelorden, S. 170–177; Springer, Die deutschen Dominikaner; Das Bistum Worms, S. 67 f.; Kemper, Klosterreformen, S. 73– 83 u. 120 –137. 104 Berger, Bettelorden, S. 171 f.; Das Bistum Worms, S. 68. 105 Paulus von Loe, Statistisches über die Ordensprovinz Teutonia, Leipzig 1907 (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Dominikanerordens in Deutschland 1), S. 30– 44; Siemer, Aus Stephan Alexander Würdtweins, S. 23 f. Nr. 25. 106 Berger, Bettelorden, S. 177 u. 180 f. (mit weiteren Belegen). 107 Gieraths, Dominikaner, S. 36 f.; Boos, UB Worms II, S. 372 Nr. 578 u. S. 618 Nr. 944; vgl. auch Fuchs, Inschriften (zu Grabinschriften in den Bettelordensklöstern). 108 Gieraths, Dominikaner, S. 78; Wolf, Beginen (Kap. 6.1). 109 Der Beginenkonvent St. Stephan unterstand dem Heilig-Grab-Kloster zu Speyer und der Konvent im Rorhaus wurde durch einen Domkanoniker betreut. Die geistliche Betreuung der weiteren bislang nachweisbaren Wormser Beginenkonvente ist auf Grund fehlender Quellen nicht explizit zu belegen, vgl. dazu jetzt die Studie von Wolf, Beginen. 110 Die Literatur- und Quellenlage zu den Wormser Augustinereremiten ist äußerst spärlich; das Klosterarchiv scheint 1566 durch einen Brand großenteils zerstört worden zu sein; vgl. Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 77 f.; Schaab, Diözese, S. 187; Berger, Bettelorden, S. 181 f. 111 Zum Orden: Joachim Smet/Ulrich Dobhan, Die Karmeliten. Eine Geschichte der Brüder U.L. Frau vom Berge Karmel: Von den Anfängen (ca. 1200) bis zum Konzil von Trient, Freiburg 1981. 112 Berger, Bettelorden, S. 103 f. u. 164–166; Kemper, Klosterreformen, S. 39 u. Anm. 204 f. (mit den Nachweisen zu Neuleiningen). 113 Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 98 –101; Schaab, Diözese, S. 188; Berger, Bettelorden, S. 182 u. 252 f. Die Geschichte des Klosters ist bislang nur wenig aufgearbeitet worden. Hohen Quellenwert besitzt aber die Chronik des Karmeliters Jakob Milendonk (Chronicon Carmelitarum, 1657/1659): StadtA Frankfurt, Karmeliterkloster Bücher, Nr. 46; StadtA Wo, Abt. 200, Nr. 9a–c (Abschrift um 1900). 114 Kaspar Elm, Ausbreitung, Wirksamkeit und Ende der provencalischen Sackbrüder in Deutschland und den Niederlanden. Ein Beitrag zur kurialen und konziliaren Ordenspolitik des 13. Jahrhunderts, in: Francia 1, 1973, S. 257– 324. 115 Clemens IV. hatte 1265 einen Mindestabstand von etwa 600 Metern zwischen den Klöstern der Bettelorden festgelegt: Berger, Bettelorden, S. 183 u. Anm. 3.

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Boos, UB Worms I, S. 269, Nr. 412; Elm, Sackbrüder (wie Anm. 114), S. 267; Berger, Bettelorden, S. 183. Keilmann, Kampf, S. 50 – 80 u. 133 f.; Das Bistum Worms, S. 56 f.; Berger, Bettelorden, S. 176 f. u. 308 f. Boos, UB Worms II, S. 564 Nr. 862; Das Bistum Worms, S. 115; vgl. oben S. 221 f. Zur Geschichte der Frauenklöster in Worms und dessen Umland bereitet derzeit Christine Kleinjung M.A., der ich auch für weiter gehende Hinweise danke, an der Universität Mainz eine Dissertation vor (»Die Wormser Frauenklöster im Mittelalter als Zentren von Kommunikation: Ihre Funktion für und ihre Beziehung zu geistlichen Institutionen und weltlichen Trägergruppen vom 13. bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts«; 2005). Grundlegend ist immer noch Weißenberger, Geschichte, besonders S. 38– 64. Daneben zur »zisterziensischen« Periode Kirschgartens auch: Kemper, Klosterreformen, S. 144–152. Vgl. zum Einzug der Windesheimer Chorherren in Kirschgarten oben S. 718 ff. 1226 als Gründungsjahr nennen auch die Wormser Annalen und die Wormser Chronik Friedrich Zorns: Arnold, Zorn, Wormser Chronik, S. 70; Boos, Monumenta, S. 47 u. 145. Boos, Monumenta, S. 47 f.; Arnold, Zorn, Wormser Chronik, S. 70; Bayerisches Nationalmuseum München, HS. 939, fol. 129r–130r; Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 102; Weißenberger, Kirschgarten, S. 63. Weißenberger, Kirschgarten, S. 60 f.; Kemper, Klosterreformen, S. 144 f. u. Anm. 799; Brigitte DeglerSpengler, Die Zisterzienserinnen in der Schweiz, in: Helvetia Sacra, Abt. III, Band 3,2, Bern 1982, S. 507– 574, hier: 540 u. 544 (allgemein zur Frage der Ordenszugehörigkeit). Boos, Monumenta, S. 47; Kemper, Klosterreformen, S. 145 f.; Bayerisches Nationalmuseum München, HS. 939, fol. 130r. Weißenberger, Kirschgarten, S. 59; Kemper, Klosterreformen, S. 147. Bönnen, Abenheim, S. 95 – 97. Wagner/Schneider, Die vormaligen geistlichen Stifte II, S. 156 f. u. 283– 288; Schaab, Diözese, S. 175; für Hinweise zu Mühlheim danke ich Christine Kleinjung M.A. (Mainz). Keilmann, Nonnenmünster, S. 1104 f.; Kemper, Klosterreformen, S. 246– 248. Boos, UB Worms I, S. 141 f. Nr. 202; Zotz, Bischöfliche Herrschaft, S. 129 u. Anm. 243. Keilmann, Nonnenmünster, S. 1105; Kemper, Klosterreformen, S. 247 f. Kemper, Klosterreformen, S. 248. Anja Ostrowitzki, Der »Liber dictaminum« des Abtes von Himmerod als Zeugnis für die »cura monialium« im spätmittelalterlichen Zisterzienserorden, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 55, 1999, S. 157–181; Nigel F. Palmer, Zisterzienser und ihre Bücher. Die mittelalterliche Bibliotheksgeschichte von Kloster Eberbach im Rheingau unter besonderer Berücksichtigung der in Oxford und London aufbewahrten Handschriften, Regensburg 1998, S. 301. Boos, GRS 3, S. 157; Kemper, Klosterreformen, S. 249 u. Anm. 1443. Zotz, Der auswärtige Besitz, S. 183; Kemper, Klosterreformen, S. 250. StadtA Wo Abt. 1 A I Nr. 391 (Vertrag zwischen Kloster und Stadt von 1428 Juli 12). Angel Martinez Cuesta, Art. »Maddalene«, in: Dizionario degli istituti di perfezione, Bd. 5, Rom 1978, S. 801– 812. Boos, UB Worms I, S. 121 Nr. 161; S. 135 f. Nr. 194; S. 146 f. Nr. 209; Gieraths, Dominikaner, S. 78 f.; Das Bistum Worms, S. 69 f. Zur Lage des Klosters: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 80– 85. Martin Armgart, Die Anfänge des Speyerer Klosters St. Maria Magdalena überm Hasenpfuhl, in: AmKG 46, 1994, S. 21– 53. Kemper, Klosterreformen, S. 33– 36. Die Geschichte beider Klöster ist bislang noch nicht ausreichend bearbeitet worden. Vgl. Kemper, Klosterreformen, S. 44–73 u. 83–120 (Lit.). Daneben: Das Bistum Worms, S. 84 f.; Gieraths, Dominikaner, S. 69 –77; Gensicke, Ritter Dirolf von Hochheim; Böcher, Anfang und Ende; Illert, Die Ausgrabungen im Liebenauer Klostergebiet; Illert, Liebenau. Regina Hausmann, Die theologischen Handschriften der Hessischen Landesbibliothek Fulda bis zum Jahr 1600. Codices Bonifatiani 1–3: Aa 1–145a, Wiesbaden 1992, S. 202 f.; Kemper, Klosterreformen, S. 48–51. Boos, UB Worms I, S. 327– 332 Nr. 496; Boos, UB Worms II, S. 91– 97 Nr. 136. Das Bistum Worms, S. 85; Kemper, Klosterreformen, S. 52 f. Die Nekrologhandschrift: Hessische Landesbibliothek Fulda, Hs. Aa 101 (vgl. auch Hausmann, Handschriften (wie Anm. 141), S. 201– 205); eine Edition der Handschrift bereitet derzeit Joachim Schalk (Worms) vor. Kemper, Klosterreformen, S. 52 f. u. 91 f.

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145 Kemper, Klosterreformen, S. 59 f. (Quellennachweise). 146 Johannes Meyer, Buch der Reformacio Predigerordens 4– 5, hg. v. Benedictus Maria Reichert, Leipzig 1908 (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Dominikanerordens in Deutschland 3), S. 77 f. 147 Johannes Meyer, Chronica brevis Ordinis Praedicatorum, hg. v. Heribert C. Scheeben, Vechta 1933 (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Dominikanerordens in Deutschland 29); UB Basel, Hs. A XI 89, S. 469– 471 (= sog. Kaiserchronik Predigerordens). Vgl. auch: Hieronymus Wilms, Aus mittelalterlichen Frauenklöstern, Freiburg 1916, S. 95 f.; Kemper, Klosterreformen, S. 56 f. 148 Vgl. zuletzt: Das Fürstentum der Oberen Pfalz. Ein wittelsbachisches Territorium im Alten Reich, München 2004 (Ausstellungskataloge der Staatlichen Archive Bayerns 46), S. 74. 149 UB Basel, Hs. A XI 89, S. 479. 150 Vgl. zusammenfassend: Art. »Beg(h)inen«, in: LexMa 1, Sp. 1799 –1803; Kaspar Elm, Vita regularis sine regula. Bedeutung, Rechtsstellung und Selbstverständnis des mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Semireligiosentums, in: Häresie und vorzeitige Reformation im Spätmittelalter, hg. v. Frantisek Smahel, München 1998 (Schriften des Historischen Kollegs, Nr. 39), S. 239 – 273. Zum Forschungsstand knapp: Frank-Michael Reichstein, Das Beginenwesen in Deutschland. Studien und Katalog, Berlin 2001, S. 5–7 (mit Einzelnachweisen zum deutschen Beginenwesen S. 202– 379). 151 Kemper, Klosterreformen, S. 42 f. u. Anm. 225. 1390: Boos, UB Worms II, Nr. 936 S. 613; Verkauf an armen brudern uff der Hartt in unser stedt und stadt, die man nent die willigen armen und brotbittendt durch goit, weitere Nennung 1418 (Schwan, Wormser Urkunden Nr. 211 S. 64: Brüder »auf der Hart« gegenüber von St. Lambert, heute Hardtgasse);1490 im bischöflichen Salbuch (StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1796 fol. 84v°) als zinspflichtige Gemeinschaft im Besitz eines Hauses belegt (die bruder uff der Hart); Register der Einnahmen und Ausgaben um 1500: StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1903. Zur Geschichte der Alexianer vorläufig: Christopher J. Kauffman, Tamers of Death, Vol. 1. The History of the Alexian Brothers from 1300 to 1789, New York 1976. 152 Zum Wormser Beginenwesen Daniela Wolf, Beginen in Worms. Vgl. daneben noch Eva Gertrud Neumann, Rheinisches Beginen- und Begardenwesen. Ein Mainzer Beitrag zur religiösen Bewegung am Rhein, Meisenheim 1960 (Mainzer Abhandlungen zur mittleren und neueren Geschichte 4); Amtsbuch: StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1911. 153 Kemper, Klosterreformen, S. 89– 91. 154 Zu den genannten Frauenkonventen: Kemper, Klosterreformen, S. 203– 215 (zum »Gudelmannkonvent« S. 204– 208). 155 Kaspar Elm, Verfall und Erneuerung des Ordenswesens im Spätmittelalter. Forschungen und Forschungsaufgaben, in: Untersuchungen zu Kloster und Stift, hg. v. Max-Planck-Institut für Geschichte, Göttingen 1980 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 68), S. 188– 238; Reformbemühungen und Observanzbestrebungen im spätmittelalterlichen Ordenswesen, hg. v. Kaspar Elm, Berlin 1989 (Berliner Historische Studien, Ordensstudien 6); Dieter Mertens, Monastische Reformbewegungen des 15. Jahrhunderts. Ideen-Ziele-Resultate, in: Reform von Kirche und Reich zur Zeit der Konzilien von Konstanz (1414–1418) und Basel (1431–1449), hg. v. Ivan Hlavàcek u. Alexander Patschovsky, Konstanz 1996, S. 157–181. 156 Zum Problem von »Dekadenz« und »Verfall« im Ordenswesen: Elm, Verfall und Erneuerung (wie vorherige Anm.), S. 191– 210. 157 Lossen, Staat und Kirche; Henry J. Cohn, The Government of the Rhine Palatinate in the 15th Century, Oxford 1965; Schaab, Kurpfalz I; Der Griff nach der Krone. 158 Kemper, Klosterreformen, S. 278 f. 159 Johann Georg Lehmann, Urkundliche Geschichte der Burgen und Bergschlösser in den ehemaligen Gauen, Grafschaften und Herrschaften der bayerischen Pfalz, Bd. 3: Urkundliche Geschichte des gräflichen Hauses Leiningen-Hartenburg und Westerburg in dem ehemaligen Wormsgaue, Kaiserslautern 1861 (Nd. Kaiserslautern 1913); Ingo Toussaint, Die Grafschaften Leiningen im Mittelalter (1237– 1467), in: Pfalzatlas, Textband 2, Speyer 1971, S. 1056–1107. 160 Zu weiteren Klosterreformen im Wormser Bistum zusammenfassend: Kemper, Klosterreformen, S. 20– 43. 161 Kemper, Klosterreformen, S. 36– 38 u. 42. 162 Kemper, Reformversuch (mit Regesten). 163 Kemper, Klosterreformen, S. 33– 36 u. 39– 41.

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164 Der Forschungsstand zu Windesheimer Chorherren und Dominikanerobservanten ist relativ zufriedenstellend; vgl. zusammenfassend: Eugen Hillenbrand, Die Observantenbewegung in der deutschen Ordensprovinz der Dominikaner, in: Reformbemühungen und Observanzbestrebungen im spätmittelalterlichen Ordenswesen (wie Anm. 155), S. 219– 271; Wilhelm Kohl, Die Windesheimer Kongregation, ebda., S. 83 –106. 165 Hillenbrand, Observantenbewegung (wie Anm. 164), S. 230 f.; Arie W. van Ree, Raymond de Capoue. Éléments biographiques, in: Archivum Fratrum Praedicatorum 33, 1963, S. 159– 241, hier: 224. 166 Registrum litterarum Fr. Raymundi de Vineis Capuani Magistri Ordinis 1380–1399, hg. v. Thomas Kaeppeli, Rom 1937 (Monumenta ordinis fratrum Praedicatorum historica 19). 167 Elm, Verfall und Erneuerung (wie Anm. 155), S. 228– 233; Kemper, Klosterreformen, S. 64 f. u. 115 –120 (zur Wirtschaftsgeschichte von Maria Himmelskron und Liebenau nach den erfolgreichen Klosterreformen). 168 Zum Ablauf der Reformen: Kemper, Klosterreformen, S. 65–73. Der Chronist Johannes Meyer (vgl. Anm. 146 f.) ist für beide Reformen als Quelle heranzuziehen, vgl. Meyer, Buch der Reformacio Predigerordens 4 – 5, S. 76– 80; Meyer, Chronica brevis Ordinis Praedicatorum, S. 82 u. 85. Daneben auch: Boos, Monumenta, S. 62 (Kirschgartener Chronik). 169 Peter von Gengenbachs Person verdiente eine eingehendere Würdigung; vgl. vorläufig: Volker Honemann, Art. »Peter von Gengenbach«, in: Verfasserlexikon, Band 7, Berlin/New York 21989, Sp. 434 f.; Kemper, Klosterreformen, S. 65– 68 (mit weiterführender Literatur). 170 Meyer, Buch der Reformacio Predigerordens 4– 5, S. 79; Boos, Monumenta, S. 62. 171 Kemper, Klosterreformen, S. 86– 88 (mit weiteren Belegen). 172 Chronikalische Berichte zu den Zerstörungen: Speierische Chronik von 1406 bis 1476, in: Quellensammlung zur badischen Landesgeschichte, Bd. 1, hg. v. Franz Josef Mone, Karlsruhe 1848, S. 440; Mainzer Chronik 1459 –1484, in: Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert: Band 18, Leipzig 1882 (Nd. Göttingen 1968), S. 16 f.; vgl. auch Kemper, Klosterreformen, S. 96 – 98. 173 Kemper, Klosterreformen, S. 107–110. 174 Kemper, Klosterreformen, S. 98–107, vgl. zum gescheiterten Speyerer Reformversuch von 1442: Martin Armgart, Ein fehlgeschlagener Reformversuch des Speyerer Dominikanerinnen–Klosters im Jahr 1442, in: Palatia Historica. Festschrift für Ludwig Anton Doll zum 75. Geburtstag, hg. v. Pirmin Spieß, Mainz 1994 (QAmKG 75), S. 247– 277. 175 Kraus, Aus der Geschichte der Wormser Klosterbibliotheken. 176 Philipp Schmidt, Die Bibliothek des ehemaligen Dominikanerklosters in Basel, in: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde 18, 1919, S. 160– 254, hier: 169 –173; Bernhard Neidiger, Art. »Basel«, in: Helvetia Sacra, Abt. IV, Band 5,1, Basel 1999, S. 188– 284, hier: 253. 177 Werner Fechter, Art. »Meyer, Johannes«, in: Verfasserlexikon, Band 6, Berlin/New York 2 1987, Sp. 474–489, hier: 475 f.; Kemper, Klosterreformen, S. 109 f. Zur Liebenauer Beichtväterordnung: Gabriel M. Löhr, Die Teutonia im 15. Jahrhundert. Studien und Texte vornehmlich zur Geschichte ihrer Reform, Leipzig 1924 (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Dominikanerordens in Deutschland 19), S. 105 f. Nr. 28. 178 Kemper, Klosterreformen, S. 112–115 u. 129–132 (auch zu den Handschriften des Wormser Dominikanerklosters). 179 Meyer, Buch der Reformacio Predigerordens 4– 5 (wie Anm. 146), S. 150 f.; Kemper, Klosterreformen, S. 78 – 80; BayHStA München, Abt. III, Best. Mannheimer Urkunden/Geistliche Sachen, Nr. 160. 180 Neidiger, Art. »Basel« (wie Anm. 176), S. 274; Kemper, Klosterreformen, S. 82 f. u. 120 f.; Martin Steinmann, Die Handschriften der Universitätsbibliothek Basel. Register zu den Abteilungen AI-AXI und O, Basel 1982 (Publikationen der Universitätsbibliothek Basel 4), S. 444. 181 Kemper, Klosterreformen, S. 127 f. 182 Annette Barthelmé, La Réforme dominicaine au XVe siècle en Alsace et dans l’ensemble de la province de Teutonie, Straßburg 1931 (Collection d’études sur l’histoire du droit et des institutions de l’Alsace 7), Anhang, S. 192 f. (Nachtrag des Johannes Meyer zu seinem »Buch der Reformacio« mit Darstellung der Frankfurter Reform); Meyer, Chronica brevis Ordinis Praedicatorum, S. 99 f.; Springer, Dominikaner, S. 48 – 52; Kemper, Klosterreformen, S. 123–127. 183 Meyer, Buch der Reformacio Predigerordens 4 – 5, S. 159; Joachim Schneider, Studien zur Geschichte der Abteistadt Weißenburg im Elsaß im Mittelalter. Von den Anfängen der Stadt bis zum Jahr 1518, Diss. Mainz 1999, S. 213; Kemper, Klosterreformen, S. 121–123. 184 Kemper, Klosterreformen, S. 147–150.

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185 LA Sp, D 11 Nr. 778. 186 Boos, Monumenta, S. 79; Weißenberger, Kirschgarten, S. 64 f.; Kemper, Klosterreformen, S. 151 f. 187 Manfred Balzer, Art. »Böddeken – Augustiner-Chorherren«, in: Westfälisches Klosterbuch. Lexikon der vor 1815 errichteten Stifte und Klöster von ihrer Gründung bis zur Aufhebung, Bd. 1, hg. v. Karl Hengst, Münster 1992 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen 44), S. 105–112. 188 Boos, Monumenta, S. 81– 83; Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 102 –104 u. 166 –170; Weißenberger, Kirschgarten, S. 66 f. u. 75–77; Kemper, Klosterreformen, S. 216 – 228. 189 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1877, vgl. auch: Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 67. 190 Weißenberger, Kirschgarten, S. 77– 81; Kemper, Klosterreformen, S. 229– 238. Grundlegend: Kock, Bibliothek; Kock, Buchkultur, S. 109–119 u. 365– 410 (Edition der Einträge der Jahre 1460 bis 1481). 191 Nikolaus Staubach, Der Codex als Ware. Wirtschaftliche Aspekte der Handschriftenproduktion im Bereich der Devotio moderna, in: Der Codex im Gebrauch, hg. v. Christel Meier u. a., München 1996 (Münstersche Mittelalter-Schriften 70), S. 143 –162; Kock, Buchkultur. 192 Weißenberger, Kirschgarten, S. 82– 85; Kemper, Klosterreformen, S. 156 –159. Der Konvent umfasste im Jahr 1496 29 Religiosen und im Jahr 1525 ca. 20 Personen, vgl. Gensicke, Insassen, hier S. 85; Falk, Verwüstung, hier: S. 138–140. 193 Boos, Monumenta, S. 82; BayHStA München, Abt. III, Best. Mannheimer Urkunden/Universität Heidelberg, Nr. 23. 194 Kemper, Klosterreformen, S. 163–165. 195 Boos, Monumenta, S. 86 f.; Weißenberger, Kirschgarten, S. 70 u. 72; Kock, Buchkultur, S. 408 f.; Kemper, Klosterreformen, S. 165 f. 196 Boos, Monumenta, S. 80. 197 StadtA Wo Abt. 1 A I Nr. 468a; LA Sp F 7 Nr. 1652; Weißenberger, Kirschgarten, S. 27 f. Nr. 153 f.; Arnold, Zorn, Wormser Chronik, S. 187 f.; Kemper, Klosterreformen, S. 166 f. 198 Zur Identifizierung des Johannes Heydekyn von Sonsbeck mit dem Autor der Kirschgartener Chronik: Gensicke, Johannes Heydekyn von Sonsbeck; Koch, Codices. 199 Boos, Monumenta, S. 91; Andreas Beriger, Neue Materialien zum Windesheimer Kloster Kirschgarten und seinem Chronisten Johannes Heydekyn, in: Frankenthal einst und jetzt 1994, S. 47– 50. 200 Boos, Monumenta, S. 477 u. 498 f. 201 Boos, GRS 4, S. 119–158; Scholzen, Franz von Sickingen, S. 55– 63; Das Bistum Worms, S. 158; Kemper, Klosterreformen, S. 171. 202 Hauptquelle für die Vorgänge um die Zerstörung ist ein aus Sicht des Klosters geschriebener Bericht (Druck: Falk, Verwüstung), vgl. aber auch einen kurzen städtischen Bericht (StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 1871, Fasz. 1) sowie: Boos, GRS 4, S. 245 f.; Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 103 f.; Weißenberger, Kirschgarten, S. 85. 203 Kemper, Klosterreformen, S. 171–173. 204 Kemper, Klosterreformen, S. 173–184 (Überblick u. Literatur). 205 Karl Heinz Debus, Art. »Domus sancti Petri apostoli in Hegene (Höningen)«, in: Monasticon Windeshemense, hg. v. Wilhelm Kohl u. a., Bd. 2, Brüssel 1977 (Archives et bibliothèques de Belgique 16), S. 218– 243, bzw. Hermann Ißle, Art. »Domus beatae Mariae Magdalenae in Maiori Franckendael (Frankenthal)«, in: Ebd., S. 121–139; Kemper, Klosterreformen, S. 185 – 203. 206 Boos, Monumenta, S. 81. 207 Acta Capituli Windeshemensis. Acta van de kapittelvergaderingen der congregatie van Windesheim, hg. v. Sape van der Woude, S’Gravenhage 1953 (Kerkhistorische Studien 6), S. 84 f. u. 89. Zu den Kirschgartener Ausgaben für die Ausfertigung von Papsturkunden in Rom vgl. Weißenberger, Kirschgarten, S. 72 f. 208 Woude, Acta Capituli Windeshemensis (wie vorige Anm.), S. 71. 209 Vgl. dazu oben den Beitrag von G. Bönnen, S. 177. 210 Boos, UB Worms I, Nr. 205 S. 143 f. 211 Baur, Hessische Urkunden V, S. 164 f. Nr. 188. 212 Boos, UB Worms I, Nr. 505 S. 339. 213 Vgl. zu diesem Spannungsfeld oben S. 707 ff. 214 Boos, UB Worms I, Nr. 104 S. 83; II Nr. 65 S. 41; Nr. 376 S. 264; Nr. 706 S. 450. 215 Boos, Monumenta, S. 161 (cives Wormatienses cum medietate civitatis, videlicet parochia sancti Ruperti et sancti Lamperti, in partes superiores transierunt), dazu: Isele, Wehrwesen, S. 42 f. 216 Zu den Quellen der Zeit um 1500: Bönnen, Stadtmythen; Bönnen, Gründung Liebfrauenstift.

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217 Eberhardt, Diözese, S. 21– 24 (danach die Angaben zu den Pfründenverhältnissen 1496); vgl. oben S. 256 f. 218 1227: Boos, UB Worms I, Nr. 142 S. 105; 1235: ebda., Nr. 177 S. 128. Ende Dezember 1238 geht das Patronatsrecht an der Kirche durch eine Verfügung des Propstes von ihm auf das Andreasstift über (de ecclesia parochiali sancti Magni in Wormacia): Boos, UB Worms I, Nr. 195 S. 136 f. 1932/33 und nach der Kriegszerstörung 1945 (Wiederweihe 1953) fanden ertragreiche archäologische und baugeschichtliche Forschungen statt. 219 Boos, UB Worms I, Nr. 209 S. 146 f. 220 Boos, Monumenta, S. 148 f. 221 1210: Schannat, Historia II, S. 96; 1213: Boos, UB Worms I, S. 91 Nr. 117; 1299: ebda. Nr. 496 S. 331; Lit.: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 53 – 55; zum Abbruch nach 1689 vgl. Schalk, »Grund: Abriss…«; zur Pfarrei vgl. die Festschrift: St. Martin 996/1996, S. 36 f. 222 Boos, UB Worms II, S. 725 Nr. 131; ausführlich: Bönnen, Zur Geschichte des Paulusstifts, S. 61 ff. (Auswertung der bis 1350 überlieferten gedruckten Quellen zur Pfarreigeschichte). 223 Boos, UB Worms I, Nr. 218 S. 151 (Albertus canonicus (…) vicem gerens prepositi eiusdem ecclesie). 224 Boos, UB Worms I, Nr. 373 S. 241 (Lage eines Hofes ex opposito cimiterii sancti Pauli). 225 Eberhardt, Diözese, S. 23; über die Altarausstattung bis in das späte Mittelalter ist wenig bekannt (dazu mit den wenigen Hinweisen zur Baugeschichte: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 56 f.). 226 Dazu ausführlich (mit Edition der wichtigsten Quellen) Bönnen, Die jüdische Gemeinde. 227 Boos, UB Worms I, Nr. 319 S. 210 f. (1264): Weiden extra muros … in terminis [paro]chie sancti Ruperti. Auch eine Quelle aus dem Jahre 1259 belegt die Ausdehnung des Pfarreibezirks außerhalb der Stadtmauer (Baur, Hessische Urkunden II, S. 153 Nr. 164). Bischof Eberhard von Worms nennt hier einen locus qui vocatur in prato sito extra muros Wormatienses in terminis parochie S. Ruperti ciuitatis eiusdem. 228 Edition und Übersetzung: Keilmann, Paulusstift, S. 120–125; hier S. 120 ff., S. 93 ff. weitere Beobachtungen zur Situation der Pfarrei um 1500. 229 Boos, UB Worms I, Nr. 106 S. 85. 230 Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 16 – 53; Arens/Böcher, Studien; vgl. oben S. 735 ff. 231 Hinweis auf den Friedhof zu 1242: siehe unten Anm. 259. 232 Boos, UB Worms I, Nr. 221 S. 151 f.; Nr. 321 S. 212; Nr. 314 – 315 S. 209. 233 Boos, Monumenta, S. 504. 234 Vgl. oben Anm. 34. 235 Boos, UB Worms II, S. 725 Nr. 128. 236 Baur, Hessische Urkunden II, S. 299 Nr. 325. 237 Boos, UB Worms I, Nr. 411 S. 269, zu dem Kloster vgl. oben. 238 Dazu: Bönnen, Gründung Liebfrauenstift, S. 135 f. 239 Reuter, Kapuziner. 240 Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 15 f.; vgl. auch zu Nonnenmünster, S. 104–108; Kleinjung, Frauenklöster; Abschriften die Pfarrkirche betreffender Urkunden (u. a. Altarstiftungen, Eid des Pfarrers 1417, Eid der Kapläne 1437 etc.) finden sich in dem Kopialbuch StadtA Wo Abt. 114 (um 1450 angelegt). 241 Boos, UB Worms I, Nr. 241 S. 160 f., bfl. Bestätigung: Nr. 242 S. 161. 242 Anfänge: S. 693; Reuerinnenkonvent: S. 711; allgemeine Lit.: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 80 – 85 (wenig zur Pfarrei, v. a. zum Reuerinnenkloster). 243 Boos, UB Worms I, S. 146 Nr. 209. 244 1380: Boos, UB Worms II, Nr. 769 S. 498: uff sante Andres bergen; 1390: ebda., S. 617 Nr. 944. 245 Ebda., Nr. 966 S. 632 – 637; 1451 wird ein Streit zwischen dem Andreasstift und dem Pfarrer um Fragen des Glockenwesens von der Stadt geschlichtet (StadtA Wo Abt. 1 A I Nr. 439); 1486 verkauft die Stadt dem Pfarrer und Kloster St. Andreasberg eine Rente (ebda. Nr. 568). 246 Boos, UB Worms I, Nr. 139 S. 104; Belege für Walkmühlen: 1237: Boos, UB Worms I, Nr. 187 S. 132; insgesamt: Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 55 f. 247 Boos, Monumenta, S. 174. 248 Vgl. oben S. 722 und Anm. 212. 249 Eberhardt, Diözese, S. 24 f. 250 Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 111–113.

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251 Boos, UB Worms II S. 720 f.: infra murum cimiterii sancti Remigii; ecclesia sancti Remigii. 252 1207: Boos, UB Worms II, S. 720 f. Nr. 86 (ecclesia sancti Remigi, infra murum cimiterii sancti Remigii, Streitschlichtung über Ackerzehnten bei der Kirche); 1283: Boos, UB Worms II, S. 730 f. Nr. 269 (Beurkundung einer Streitregelung zwischen dem Domkapitel und dem Stift Neuhausen mit der Erwähnung der parochiae von St. Amandus und St. Remigius); Villinger, Beiträge: Regest Nr. 61 S. 80. 253 Wie vorige Anm.; Hintergrund des Streits war der Verlagerungswunsch des Hochheimer Konvents (quod collegium dominarum in villa Hocheim in parochia sancti Remigii se volebant recipere et suum collegium collocare); zur Klostergründung vgl. oben S. 711 f. 254 Zu Lage und Baulichkeiten vgl. Kranzbühler, Verschwundene Bauten, S. 111–113, erster Beleg im Testament des Ritters Dirolf, Gründer von Maria Himmelskron (Boos, UB Worms I, Nr. 496 S. 327– 332, hier S. 330 Vergabe an die fratribus sancti Wilhelmi; städtische Pflegschaft: Schwan, Wormser Urkunden Nr. 837 S. 242 f.; vgl. auch oben S. 726). 255 Boos, UB Worms I, Nr. 496 S. 330. 256 Schwan, Wormser Urkunden, S. 242 f. Nr. 837. 257 Die Angaben zu den Erhebungen des Gemeinen Pfennigs nach Eberhardt, Diözese, S. 24 f. 258 Wolf, Beginen; zum Alexianerkonvent siehe oben S. 713 und Anm. 151; zur Lage der genannten Einrichtungen vgl. den Stadtplan auf S. 252 f. (Karte 10); siehe allgemein zu den karitativen Einrichtungen für rheinhessische Städte (auch zu Worms): Schlösser, Armen- und Krankenfürsorge. 259 Boos, Monumenta, S. 148 f. im Zusammenhang des Stadtbrandes von 1242: Bestattung der mehr als 300 Toten u. a. dort; vermutlich ist aber der Pfarrfriedhof von St. Johannes gemeint. 260 Villinger, Hospitäler, S. 163 f. (Regesten); siehe dazu für das 15. Jahrhundert ergänzend die Regesten von Schwan, Wormser Urkunden. 261 Villlinger, Hospitäler, S. 165–174; Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 63 f.; Boos, GRS 3, S. 196 f. 262 Boos, UB Worms I, Nr. 297 S. 199 f. 263 1465: StadtA Wo Abt. 1 A I Nr. 502 (Beurkundung eines Einkaufs in die Bruderschaft des Spitals). 264 Villinger, Hospitäler, S. 174 –179 (Regesten); Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 59 f.; Boos, GRS 3, S. 196. 265 Boos, UB Worms II, S. 726; folgende weitere Nennungen: 1275, 1282 und 1284 (Boos, UB Worms II, S. 731): de hospitali vero sancti sepulchri Iherosolimitani extra portam sancti Martini; 1309 wird ein Priester des Heilig-Grab-Ordens als Zeuge einer Urkunde genannt (Dolch/Münch, Regesten Otterberg, S. 276 Nr. 537). 266 Villinger, Hospitäler, S. 180–184 (Regesten); Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 65; Boos, GRS 3, S. 199– 201; 1274: Boos, UB Worms I, Nr. 368 S. 235 f. 267 1414 neue Ordnung: StadtA Wo Abt. 1 A I Nr. 364 (Villinger, Hospital, S. 180 f.); 1459: neuer Amtseid für den Siechenmeister und seine Frau, in dem u. a. die Pflicht zur jährlichen Rechnungslegung bekräftigt wird; 1431/1481 erfolgt die Neuordnung der Gesundheitsschau. 268 StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 2011: Pergament-Hs., 52 fol. (Besitz in einer Reihe von Umlandorten und im südlichen Vorstadtgebiet selbst). 269 1441: StadtA Wo Abt. 1 A I Nr. 419; 1496: Schwan, Wormser Urkunden, S. 258 Nr. 892. 270 Die Einschätzung, das Haus sei bald nach 1500 eingegangen, muss demnach korrigiert werden; StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 2012 – 2013 (Rechnungsserie 1548–1570, einzelne Rechnungen und Quittungen 1571– 1576). 271 Zu den Verhältnissen dort im Überblick: Voltmer, Reichsstadt und Herrschaft, S. 13 Anm. 14. 272 Vgl. oben S. 699 f. und den Beitrag von G. Bönnen, S. 165 ff.; vgl. Schaab, Schönau, S. 190–194 (danach der folgende Überblick); um 1185 (curia solemnis): Boos, Monumenta, S. 41. Zur späteren Entwicklung liegen für die Zeit des 15. Jh. zu Otterberg und Schönau bis in die frühe Neuzeit reichende Unterlagen vor in: StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 478 – 479, Nr. 1710. 273 Als erster Überblick Kaller, Wirtschafts- u. Besitzgeschichte; Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 75. Zahlreiche Belege für den reichen Otterberger Besitz (1195: Regesta Imperii Heinrich VI. Nr. 485 S. 197) finden sich in den Regesten von Kloster Otterberg (Dolch/Münch); zu den Kapellen der beiden Stadthöfe vgl. oben S. 728. 274 1248: Dolch/Münch, Regesten Otterberg Nr. 141 S. 123 f. (»oberer Hof« der Abtei). 275 Zusammenfassung der Bestimmungen: Boos, GRS 3, S. 154 f. nach StadtA Wo Abt. 1 B Nr. 479 bzw. 478. 276 Besitz von Maria Himmelskron in der Kämmerergasse (heute –straße) belegt bei Boos, GRS 3, S. 154.

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277 Im Folgenden kann nur ein erster Überblick ohne Anspruch auf Vollständigkeit geboten werden; die Thematik bedürfte einer eigenen Untersuchung. Älterer Gesamtüberblick: Boos, GRS 3, S. 152–155; zuletzt: Kemper, Klosterreformen, S. 247 Anm. 1429. 278 Ausführlich: Bruno Krings, Das Prämonstratenserstift Arnstein an der Lahn im Mittelalter (1139–1527), Wiesbaden 1990 (Veröffentlichungen der Historischen Kommision für Nassau 48) S. 578 f.; S. 502, S. 162 f., S. 169 (Verschuldung), S. 171 (Verkäufe 1478 und 1536). 279 Beleg bei: Bönnen, Stadtverfassung, S. 150 f. 280 Boos, UB Worms II, S. 272 Nr. 399; 1358 ebda. Nr. 530 S. 344. 281 Schwan, Wormser Urkunden, Nr. 693 S. 199, Nr. 615 S. 177. 282 StadtA Wo Abt. 1 A II Nr. 20. 283 HStAD Best. C 1 A Nr. 156 fol. 132 f. 284 Belege: Bönnen, Rheinische Bischofsstädte, S. 34– 36. 285 Boos, UB Worms II, S. 247 Nr. 350 (curia dominorum de Hornbach). 286 Boos, UB Worms II, S. 346 f. Nr. 537, über das Kloster im späten Mittelalter: Kemper, Klosterreformen. 287 1298: Boos, UB Worms I, S. 322 Nr. 485; 1215: Boos, UB Worms II, S. 721. 288 Belege: Bönnen, Kontakte und Beziehungen, S. 96 ff.; zur Nazariuskapelle oben S. 728. 289 Boos, UB Worms II, Nr. 190 S. 133 f; siehe oben Anm. 99. 290 Boos, UB Worms II, Nr. 37 S. 27; zu dem 1485 aufgehobenen Kloster vgl. Kemper, Klosterreformen. 291 Boos, UB Worms II, Nr. 252 S. 175 f. 292 Zum frühen Besitz seit um 1100 Bönnen, Rheinische Bischofsstädte, S. 36– 39; 1280: Boos, UB Worms II, S. 730. 293 Boos, UB Worms II, S. 613 Nr. 936; über das Kloster im späten Mittelalter: Kemper, Klosterreformen. 294 Bönnen, Rheinische Bischofsstädte, S. 42– 44; 1139: Boos, UB Worms II, S. 716; Verkauf: HStAD Best. C 1 A Nr. 156 fol. 278. 295 Boos, UB Worms II, S. 728. 296 Boos, UB Worms II, S. 736 Nr. 503. 297 Anton Neubauer, Regesten des Klosters Werschweiler, Speyer 1921, S. 290 Nr. 728; S. 373 Nr. 1039.

Baugeschichte und Baudenkmäler 1 Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie, 1992), vgl. die in der Literaturliste zusammengestellte neuere und weiterführende Literatur zur Wormser Bau- und Kunstgeschichte (S. 1020 –1023), wichtig ist die grundlegende Arbeit von Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten (1905); vgl. zudem für sehr viele Bauwerke Reuter, Hamman (1989) und das vorangehende Kapitel über das Geistliche Worms (S. 691–734). 2 Von Otto Böcher stammen die Texte zu: Magnuskirche, Dom, St. Martin, St. Andreas, Synagoge, Maria Himmelskron in Worms-Hochheim, Ev. Pfarrkirche in Worms-Heppenheim und Lutherkirche; von Fritz Reuter zu Dreifaltigkeitskirche und Lutherdenkmal; alle weiteren Texte wurden von Irene Spille verfasst. 3 Die ottonische Zeit wird in der Kunstgeschichte häufig der vorromanischen Zeit zugerechnet, doch in der Wormser Baukunst um 1000 ist sie derart komplex mit der salischen Zeit verbunden, dass sie in diesem Kapitel keine Berücksichtigung findet und erst im Kapitel über die romanische Zeit behandelt wird. 4 Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 14; Spille, Freie Stadt Worms, S. 2159– 2161. 5 Kautzsch, Dom zu Worms (1938); Hotz, Dom zu Worms (1981). 6 Arens/Böcher, Studie; Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 16 – 53; siehe auch den Beitrag von G. Bönnen/J. Kemper, v. a. S. 724. 7 Vgl. dazu und insgesamt zur Zeit bis um 1000 den Beitrag von Th. Kohl/F.-J. Felten, S. 102 ff. 8 Grünewald, Die Salier und ihre Burg, vgl. auch ihren Beitrag im vorliegenden Band, S. 44 ff. 9 Vgl. ausführlich G. Bönnen/J. Kemper, S. 691 ff. 10 Grünewald/Vogt, St. Rupert und St. Paul in Worms; Spille, Rundgang, S. 14. 11 Glatz, St. Martin und seine Ausstattung. 12 Bönnen/Kemper, Das geistliche Worms (oben S. 693 f.) mit weiterer Lit. 13 Grünewald, Neue Thesen; siehe auch den Beitrag von Th. Kohl/F.- J. Felten, S. 126 ff. mit weiterer Lit. 14 Zuletzt: Pressler, Magnuskirche (2002); Reuter, Pfarrkirche; siehe auch im vorliegenden Band G. Bönnen/ J. Kemper, S. 694.

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15 Böcher, Entwicklung des Löwentaufsteins, S. 49 f. 16 Hotz, Wormser Bauschule; Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 14 –16; Spille, Freie Stadt Worms, S. 2161– 2163. 17 Vgl. dazu und zum Folgenden auch die Beiträge von G. Bönnen zum hochmittelalterlichen Worms (S. 133 ff.) und von G. Bönnen/J. Kemper (S. 695 ff.) zur geistlichen Ausstattung. 18 Bischof Burchard von Worms 1000–1025, hg. von W. Hartmann (2000); Bischof Burchard 1000–1025 (1000 Jahre Romanik in Worms, 2000); Bischof Burchard I. in seiner Zeit (Tagungsband Heiligenstadt, 2001); wichtig auch: Hirschmann, Stadtplanung. Unter diesen Aspekten ist die Vita Bischof Burchards (übersetzt in: Wormatia Sacra, S. 8– 42) zu verstehen. So verkommen, wie Worms von seinem Biografen, der auch ein Geistlicher war, dargestellt wird, kann die Stadt nach Quellen und Befunden nicht gewesen sein. 19 Überblick mit Nennung weiterer Lit.: Spille, Rundgang (2001). 20 Jetzt im Dom- und Diözesanmuseum in Mainz, vgl. unten Anm. 34. 21 Kotzur, Rätsel (2003), siehe auch unten Anm. 25 und 38. 22 Spille, Neuentdeckungen; dazu auch oben im Beitrag von G. Bönnen, S. 147. 23 Hotz, Dom zu Worms (1981); siehe Lit. unten Anm. 26. 24 Kautzsch, Dom zu Worms (1938); Rudolf Kautzsch, Der romanische Kirchenbau im Elsaß, Freiburg 1944. 25 Kotzur, Neue Erkenntnisse (2003), S. 19. 26 Kautzsch, Dom zu Worms (1938); Hotz, Dom zu Worms (1981); Hotz, Wormser Bauschule; Winterfeld, Kaiserdome (2000); Winterfeld, Dom (2003); Bönnen, Dom und Stadt (1998), S. 12 f. mit Anm. 11 (hier weitere Lit.); weitere Lit. im Beitrag von G. Bönnen, S. 153 ff. 27 Manfred Koob, Die dreidimensionale Computer-Rekonstruktion des Burcharddoms, in: Bischof Burchard 1000–1025. Tausend Jahre Romanik in Worms (2000), S. 71– 81. 28 Hollstein, Dendrochronologische Datierung (1979/81); Hotz, Dom zu Worms, S. 43 mit Anm. 97. 29 Vgl. unten Anm. 75. 30 Dazu mit ersten Befunden: Hamm, Außeninstandsetzung (2004). 31 Sebald, Das romanische Südportal (1999). 32 Vgl. Sebald (wie vorige Anm.) und den Beitrag von G. Bönnen, S. 163 ff. (hier auch zu den stadtgeschichtlichen Implikationen des Dombaus mit weiterer Literatur). 33 Grill, Frühwerk. 34 Zum Kruzifix: Hildegard von Bingen 1098 –1179, hg. von Hans-Jürgen Kotzur, Mainz 1998, S. 34, 35. 35 Das Leben Burchards (Vita Burchardi), übersetzt in: Wormatia Sacra, S. 21 f.; siehe oben S. 738 f. 36 Weinfurter, Anfänge; wichtig ist der 2002 erschienene Sammelband zur Stiftsgeschichte, hg. v. Josef kleine Bornhorst OP. 37 Grünewald/Vogt, St. Rupert und St. Paul in Worms. 38 Sehr wichtig jetzt: Kotzur, Neue Erkenntnisse (2003); Kotzur, Rätsel; Hans-Jürgen Kotzur, Denkmäler des Triumphs, in: Kein Krieg ist heilig. Die Kreuzzüge, S. 264 – 285. 39 Spille, Baugeschichte (mit der gesamten älteren Lit. zur Baugeschichte, v. a. Bauer, Baugeschichte), siehe auch Spille, Rundgang, S. 12–16; Spille, St. Paul. 40 Kotzur, Neue Erkenntnisse, S. 19. 41 Vgl. dazu im Beitrag von G. Bönnen oben S. 147; Spille, Baugeschichte, S. 307 f. 42 Festschrift: St. Martin in Worms 996/1996 (hier u. a. Glatz, St. Martin und seine Ausstattung); vgl. dazu auch den Beitrag von G. Bönnen/J. Kemper im vorliegenden Band, S. 696. 43 Glatz, St. Martin und seine Ausstattung; Böcher, St. Martinskirche; Fuchs, Inschriften; Spille, Rundgang, S. 21– 24. 44 Böcher, St. Andreasstift; Spille, Rundgang, S. 28– 30; Reuter, Hamman, S. 100 –102; Kiewitt, St. Andreas. 45 Vgl. Heppenheim, 1597; Hochheim St. Peter, 1609; Raschi-Jeschiwa 1623/24; Rotes Haus, 1624. 46 Siehe dazu: Metzler, Wiederherstellung; zum zeitlichen Hintergrund vgl. auch den Beitrag von G. Bönnen, v. a. S. 570. 47 Vgl. Anm. 49. 48 Das Leben Burchards (Vita Burchardi), übersetzt in: Wormatia Sacra, S. 22 f. 49 Weirich, Bergkirche; Spille, Rundgang, S. 32– 34. 50 Spille, Mittelalterliche Altarmensa. 51 Vgl. zum Folgenden die Beiträge zur mittelalterlichen Stadtgeschichte von G. Bönnen und zum jüdischen Worms von F. Reuter mit weiterer Lit.

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52 Grundlegend: Böcher, Die Alte Synagoge zu Worms (1961); Böcher, Die Alte Synagoge in Worms (Kunstführer, 2001); Reuter, Warmaisa; »und dies ist die Pforte des Himmels.« Synagogen in Rheinland-Pfalz (2004), S. 395 – 406; vgl. auch den Beitrag von F. Reuter zum Jüdischen Worms, S. 670; vgl. zu Zerstörung und Wiederaufbau der Synagoge oben S. 600 f. und 634 f.; zu den im Museum noch erhaltenen Judaica vgl. die neuere Zusammenstellung von Weber, Katalog der Kultgegenstände. 53 Hotz, Wormser Bauschule, S. 139 f. 54 Wiedenau, Katalog, S. 296 – 298; Spille, Rundgang, S. 10. 55 Spille, Pfeddersheimer »Meerweibchenstein«. 56 Grünewald, Neue Thesen; Grünewald, Die neuen Daten, vgl. folgende Anm. 57 Neyses, Dendrochronologische Untersuchungen, vgl. dazu auch die Beiträge von M. Grünewald, v. a. S. 93 ff. und G. Bönnen, S. 198 ff. sowie zum Verlauf Karte 10 auf S. 252 f. 58 Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 15–19; Spille, Freie Stadt Worms, S. 2162 – 2168; Hotz, Gotische Baukunst. 59 Vgl. dazu ausführlich den Beitrag von G. Bönnen/J. Kemper im vorliegenden Band; v. a. S. 706 ff. 60 Reuter, Hamman; zu den Folgen der Kriegsereignisse des 17. Jahrhunderts und der Stadtzerstörung von 1689 siehe den Beitrag von G. Mahlerwein, v. a. S. 299 ff. 61 Reuter, Hamman; zu Sebastian Münster vgl. dort S. 30 – 32; insgesamt: Grill, Wormser Stadtansichten. 62 Reuter, Hamman, S. 90 – 92; zum Bischofshof vgl. Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten, S. 117– 136. 63 Zu ihm: Hotz, Nikolaus Nievergalt; zu den Hintergründen der repräsentativen Ausgestaltung des Gebäudes vgl. oben S. 242 ff. 64 Reste der Kaiserbildnisse sind im Städtischen Museum im Andreasstift ausgestellt. 65 Reuter, Hamman, S. 116 (Register mit Nachweisen). 66 Grundlegend mit der älteren Lit. ist der Sammelband: Liebfrauen Worms 1298–1998 (vgl. zur Kunstgeschichte dort: Glatz, Wormser Liebfrauenkirche; Spille, Ausstattung Liebfrauenkirche); aus der älteren Lit. siehe noch Bender, Liebfrauenkirche; Böcher/Veith, Wormser Liebfrauenkirche und ihre Fenster, vgl. zum historischen Hintergrund den Beitrag von G. Bönnen zum spätmittelalterlichen Worms; v. a. S. 256–258. 67 Fuchs, Inschriften, S. 127 und 180 f. 68 Sebald, Das gotische Südportal. 69 Auf Grund unsicherer Quellen wurde das Südportal der Liebfrauenkirche in der gesamten älteren Literatur auf 1276 datiert, wodurch sich Ungereimtheiten in der Baugeschichte ergaben. 70 Glatz, Wormser Liebfrauenkirche. 71 Harnecker, Bau- und Finanzierungsprobleme. 72 Spille, Ausstattung der Liebfrauenkirche. 73 Jetzt eine Kopie, das Original befindet sich im Städtischen Museum im Andreasstift. 74 Maisel, Sepulcrum domini, S. 151–153. 75 Sebald, Das gotische Südportal, nebst weiteren Beiträgen in dem grundlegenden Sammelband (1999). 76 Böcher, Entwicklung des Löwentaufsteins, S. 53 f.; zur Bedeutung als Pfarrkirche vgl. oben im Beitrag G. Bönnen/J. Kemper, S. 724. 77 Die Grundsteinlegung erfolgte am Tag des heiligen Hippolyt, am 13. August 1484; zum historischen Hintergrund vgl. den Beitrag von G. Bönnen, v. a. S. 237 ff. 78 Diese sind in das Badische Landesmuseum in Karlsruhe gelangt. 79 Maisel, Sepulcrum domini, S. 201– 204; vgl. künftig die Beiträge in dem Sammelband: Der Wormser Bischof Johann von Dalberg (1482–1503) und seine Zeit, hg. v. Gerold Bönnen u. Burkard Keilmann, Mainz 2005 (QAmKG 117); Hotz, Meister Hans Bilger von Worms. 80 1821 wurden die Bildwerke in die Nikolauskapelle überführt, 1830 wurde der restliche Kreuzgang niedergelegt, damals ist die Kreuzigungsdarstellung verloren gegangen. 81 Bardong, Harlesheim; Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 200 – 203. 82 Fritz Arens, Die Grabplatten der Dalberg in der Herrnsheimer Kirche, in: Der Wormsgau 2, 1934– 43, S. 261 f. Zu Abb. 90: In der gotischen Ursulakapelle, Grablege derer von Dalberg, sind von links nach rechts folgende Epitaphien angeordnet: Wolf Friedrich von Dalberg und seine beiden Ehegattinnen Ursula von Kerpen und Margret Kunigund Löwin von Steinfurt, in der Ecke Philipp von Dalberg und seine Ehefrau Barbara von Flörsheim, hinter dem Taufstein Franz Heinrich von Dalberg und seine Ehefrau Maria Anna von Eltz-Kempenich, gefolgt von Wolf von Dalberg und seiner Ehefrau Elisabeth Fetzer von Geispitzheim.

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83 A. Schmitt, Die Herrnsheimer Dalberg und ihre Kirche, Herrnsheim 1933. 84 Böcher, Maria Himmelskron; Schalk, Grabsteine; vgl. auch den Beitrag von G. Bönnen/J. Kemper zum geistlichen Worms, hier S. 711 ff. mit weiterer Lit. 85 Böcher, Entwicklung des Löwentaufsteins, S. 57. 86 Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 190 f. 87 Böcher, Entwicklung des Löwentaufsteins, S. 57 f.; seit 1928 befindet sich der Heppenheimer Taufstein im Dom- und Diözesanmuseum in Mainz. 88 Irene Spille, Die Stadtbefestigung, in: 1250 Jahre Pfeddersheim in Bildern, Geschichten & …, S. 169– 174. 89 Joachim Glatz, Das spätgotische Kruzifix – Ein Zeugnis Wormser Friedhofstradition, in: 100 Jahre Hauptfriedhof Hochheimer Höhe, Festschrift 2002, S. 30– 34. 90 Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 102 –105. 91 Frank/Huyer, Ergebnisse. 92 Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 146 f. 93 Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 148 f. 94 Spille, Rathäuser, S. 232 – 234; Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 126 –129. 95 Spille, Denkmaltopographie, S. 184 f.; die Publikation der Ergebnisse der Bauforschung mit dendrochronologischen Untersuchungen im Rahmen der Renovierung ab Mitte der 1990er Jahre steht noch aus. 96 Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 186 f. Seit Anfang 2004 betreibt das Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz hier Bauforschungen. 97 Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 19 – 25; alle nachfolgend aufgeführten Objekte sind ebenfalls dort beschrieben; Spille, Freie Stadt Worms, S. 2168 f.; zum Wiederaufbau der Stadt vgl. den Beitrag von G. Mahlerwein, S. 303 ff. 98 Frank/Huyer, Ergebnisse (2003). 99 Spille, Worms-Ibersheim. 100 Reuter, Reformations-Gedächtnis-Kirche (hier die ältere Lit.). 101 Illert, Geschichte der Reformierten Gemeinde; vgl. den Beitrag von G. Mahlerwein, S. 343 ff. 102 Spille, Geschichte des Kirchengebäudes. 103 Hotz, Balthasar Neumanns Hochaltar; Arens, Errichtung des Hochaltars; zum historischen Hintergrund: Das Bistum Worms, S. 225 ff. 104 Die 2004 angelaufene Restaurierungsmaßnahme brachte in der Voruntersuchung Ergebnisse und Erkenntnisse, welche die Qualität des Altars noch höher aufwerten; eine neue Beurteilung mit entsprechender Publikation erscheint zwingend. 105 Bodo von der Au, Die Balthasar-Neumann-Kirche in Hofheim im Ried, in: Der Wormsgau 3, 1951– 58, S. 179–186. 106 Hotz, Balthasar Neumanns Hochaltar, S. 23. 107 Hotz, Balthasar Neumanns Hochaltar, S. 23 f.; Fritz Reuter, Zur Darstellung von Musikinstrumenten im Dom zu Worms, in: Mainzer Zeitschrift 67/68, 1972/73, S. 264 – 273; Helmut Hartmann, Die Wappen am Chorgestühl des Wormser Doms, in: Der Wormsgau 6, 1963/64, S. 42 – 49. 108 Döry, Der ehemalige Herrnsheimer Hochaltar; Spille, Baugeschichte Pauluskirche, S. 318. 109 Irene Spille, Der Maria-Himmelfahrt-Altar, in: Festschrift zum Abschluss der Renovierung der katholischen Pfarrkirche Maria Himmelfahrt Pfeddersheim 1988–1992, Worms 1992, S. 35– 39; Irene Spille, Die Pfarrkirche, in: 1250 Jahre Pfeddersheim in Bildern, Geschichten & …, S. 177–179. 110 Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 132 f. 111 Wollstraße 26, 28, 30, 32 und Kleine Wollgasse 1– 3; dazu: Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 116, 166 –169. 112 Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 146 f. 113 Bodo von der Au, Eine unbekannte Entwurfs-Zeichnung für den Wambolder Hof in Worms, in: Der Wormsgau, 3, 1951– 58, S.187–193. 114 Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 108 f. 115 Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 148 f. 116 Reuter, Brunnen und Brunnenbücher, S. 130 –137; Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 126 f. 117 Spille, Schloß Herrnsheim. 118 Irene Spille, Die Herrnsheimer Hauptstraße, in: Herrnsheim, Portrait einer Gemeinde, hg. von der Ortsgemeinde 1996, S. 31.

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Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 256 f. Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 224– 226. Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 268. Vgl. zum Folgenden auch die Beiträge von F. Reuter zur Entwicklung der Stadt zwischen 1852 und 1914, S. 441– 544. Siehe dazu den Beitrag von F. Dumont, S. 353 ff. Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 25– 37; Reuter, Stadtentwicklung von Worms; Reuter, Worms zwischen Reichsstadt und Industriestadt; »… und dies ist die Pforte des Himmels« (S. 402 f.). Böcher, Der Heraldiker Otto Hupp; zum Reichsstädtischen Archiv auch: Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 16 f. Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 150 f. Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 156–159. Stiftung Kunsthaus Heylshof. Kritischer Katalog der Gemäldesammlung (1992, mit Beiträgen zur Sammlungsgeschichte), vgl. auch oben S. 570 (1925/30). Reuter, Karl Hofmann; vgl. den Beitrag von F. Reuter im vorliegenden Band über die Zeit um 1900, S. 506 ff. Vgl. dazu den Beitrag von G. Bönnen zur Stadtentwicklung von 1914 bis 1945, S. 562 ff. Spille, Schloß Herrnsheim. Odile Nouvelle-Kammerer, Papiers Peints Panoramiques, Paris 1990. Werner, Der dalbergsche Lustgarten. Theiselmann, Das Wormser Lutherdenkmal; Reuter, Das Wormser Lutherdenkmal und seine Enthüllung; siehe auch oben den Beitrag von F. Reuter, S. 472– 474. Ausführlich: Reuter, Kirchhöfe. Fritz Reuter, Die Gottlieben-Kapelle in Herrnsheim, in: Wormser Monatsspiegel, Dezember 1973, S. 5 – 8; Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 202– 204. Reuter, Karl Hofmann, S. 231– 236; 100 Jahre Hauptfriedhof Hochheimer Höhe, Festschrift 2002 (darin u. a.: Irene Spille, Die Friedhofskapelle auf dem Wormser Hauptfriedhof, S. 35 – 40). Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 232; Reuter; Karl Hofmann, S. 316 – 318; Doris Fischer, Trauerhallen, in: Ein edler Stein sei sein Baldachin. Jüdische Friedhöfe in Rheinland-Pfalz, hg. vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz, Mainz 1996, S. 89–108; Joachim Glatz, Die Trauerhalle auf dem neuen Jüdischen Friedhof, in: 100 Jahre Hauptfriedhof Hochheimer Höhe, Festschrift 2002, S. 50 – 53. Böcher, Lutherkirche. Zu den Nennungen zahlreicher Objekte siehe an entsprechender Stelle in: Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie). Swarzenski, Denkschrift; Swarzenski, Cornelianum; Swarzenski, Siegfriedbrunnen; vgl. dazu auch die Beiträge von F. Reuter (v. a. S. 534 ff.) und O. Ehrismann (v. a. S. 838 ff.). AG zum Bau von Wohnungen in Worms (ehemals: Aktiengesellschaft zur Erbauung billiger Wohnungen namentlich zum Besten von Arbeitern in Worms am Rhein) 100 Jahre. Ein Bericht 1897–1997, Worms 1997; Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 172–174; weitere Lit. im Beitrag von H. Brüchert, S. 812 ff. Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 168–170; Bönnen, Zum kommunalen Wohnungsbau; vgl. auch den Beitrag von G. Bönnen, oben S. 565– 567. Eine Studie über den Wiederaufbau der Stadt nach 1945 fehlt, vgl. den Beitrag von S. Zibell, v. a. S. 636 ff. Architektur und Städtebau der 50er Jahre, hg. vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz, Mainz 1992 (mit diversen Wormser Beispielen). Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 37 f.; siehe auch den Beitrag von S. Zibell, S. 636 ff. Architektur und Städtebau der 50er Jahre (wie Anm. 145), S. 116 f. Glatz, Hauptpost. Architektur und Städtebau der 50er Jahre (wie Anm. 145), S. 78 f. Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 164 f. Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 138 f.; vgl. die Festschrift z. Wiedereröffnung 1966. Spille, Stadt Worms (Denkmaltopographie), S. 60 f. Reuter, »Geschichtsfenster«.

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Soziale Verhältnisse und Arbeitsbedingungen in der Industriestadt Worms bis zum Ersten Weltkrieg 1 Die Gewerbestruktur in Worms in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und die Frühgeschichte der örtlichen Industrie wird ausführlich beschrieben in: Eberhardt, Entwicklung. Vgl. dazu auch: Kühn, Wandel, S. 59– 69; ebenso den Beitrag von F. Reuter (»Zwischen Reaktion und hessischer Städteordnung«) im vorliegenden Band sowie Rommel, Wormser. 2 Eberhardt, Entwicklung, S. 23 f. 3 Jahresbericht (künftig JB) der Handelskammer Worms 1858, S. 7; vgl. zum Fabrikbestand im Jahr 1857 und einer Übersicht über die Branchen von 1878/79 die Übersicht im Kapitel von F. Reuter über Worms zwischen 1852 und 1874, hier weitere Angaben zur wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt, siehe oben S. 454 ff. 4 JB Handelskammer Worms 1863, S. 25. 5 JB Handelskammer Worms 1858, S. 8. 6 JB Handelskammer Worms 1858, S. 9. 7 JB Handelskammer Worms 1869 –71, S. 51. 8 JB Handelskammer Worms 1869 –71, S. 54. 9 JB Handelskammer Worms 1872/73, S. 26. 10 Zu den Auswirkungen der Gründerkrise in Worms siehe JB Handelskammer Worms 1872/73, S. 3 f. und 25; ebenso Kühn, Wandel, S. 69. 11 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1892: »Übersicht der in dem Jahre 1889 bestandenen Fabrikbetriebe nebst Angaben der darin beschäftigten Arbeiter, der thätigen Dampfmaschinen und deren Pferdekräfte«. 12 Zahlen aus den gedruckten Jahresberichten (künftig JB) der Hessischen Gewerbeinspektion (erschienen für die Jahre 1899 –1930), Aufsichtsbezirk Worms, der entsprechenden Jahre. 13 Walter Meyer, Die Hessische Gewerbe-Aufsicht seit 1890, Diss. Gießen 1929, S. 9. 14 Hans-Jörg von Berlepsch, »Neuer Kurs« im Kaiserreich? Die Arbeiterpolitik des Freiherrn von Berlepsch 1890 bis 1896, Bonn 1987, S. 279 f. 15 Zu den ersten weiblichen Bediensteten in der hessischen Gewerbeaufsicht vgl. Brüchert, Frauen- und Kinderarbeit, S. 105 –108. 16 Eberhardt, Entwicklung, S. 123. 17 Zahlen aus: JB Gewerbeinspektion 1906, S. 134. 18 Vgl. Erich Wiegand, Zur historischen Entwicklung der Löhne und Lebenshaltungskosten in Deutschland, in: Wandel der Lebensbedingungen in Deutschland. Wohlfahrtsentwicklung seit der Industrialisierung, hg. v. Erich Wiegand u. Wolfgang Zapf, Frankfurt/New York 1982, S. 65–153. Zur Entwicklung der Lebensmittelpreise in Worms siehe Eberhardt, Entwicklung, S. 124. 19 Eberhardt, Entwicklung, S. 123. 20 Siehe dazu oben den Abschnitt »Betriebliche Wohlfahrtseinrichtungen«. 21 Vgl. Ruth Meinert, Die Entwicklung der Arbeitszeit in der deutschen Industrie 1820–1959, Diss. rer. pol. Münster 1958. 22 JB Gewerbeinspektion 1899, S. 44. 23 Arbeiterfürsorge, S. 9. 24 Die Zahl der genehmigten Überstunden erwachsener Arbeiterinnen und der zurückgewiesenen Anträge ist jeweils dem Tabellenanhang der Jahresberichte der Gewerbeinspektion zu entnehmen. 25 JB Gewerbeinspektion 1901, S. 38. 26 JB Gewerbeinspektion 1904, S. 43 ff. 27 JB Gewerbeinspektion 1904, S. 43; 1905, S. 28 f., und 1908, S. 18 u. S. 21 f. 28 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1688. 29 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1688. 30 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1678. 31 JB Handelskammer Worms 1858, S. 9. 32 Reuter, Worms 1800 –1882, S. 105. 33 StadtA Wo, Abt. 13 Nr. 1720. 34 Zur Vorgeschichte der Kinderschutzgesetzgebung in Deutschland vor 1890: v. Berlepsch, »Neuer Kurs« (wie Anm. 14), S. 127–146; vgl. zu Frauen- und Kinderarbeit in Worms: Brüchert, Frauen- und Kinderarbeit.

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35 JB Gewerbeinspektion 1892, S. 33, und 1895, S. 42; siehe auch: v. Berlepsch, »Neuer Kurs« (wie Anm. 14), S. 226– 241. 36 Jahresberichte des Gewerkschaftskartells Mainz, 1900, S. 23. 37 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1535. 38 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1535, Schriftwechsel der Gewerbeinspektion Worms mit der Polizeiverwaltung Worms vom November 1908. 39 JB Gewerbeinspektion 1899, S. 10 f. 40 125 Jahre Wormser SPD, S. 13–19. 41 125 Jahre Wormser SPD, S. 17. 42 Eberhardt, Entwicklung, S. 124 f. 43 Zu den politischen Ämtern von Heyl siehe: Kriegbaum, Tätigkeit; siehe auch das Kapitel von F. Reuter über Worms von 1874 bis 1914. 44 Siehe z. B. JB Gewerbeinspektion 1896, S. 85–100, wo sämtliche Wohlfahrtseinrichtungen der beiden großen Wormser Lederwerke detailliert beschrieben sind. Die Firma Heyl beschäftigte zu diesem Zeitpunkt 3 344 Personen (94 »kaufmännische, technische und Betriebsbeamte«, 2 380 männliche und 870 weibliche Arbeiter). Davon wohnten 1 135 in der Stadt Worms und 2 209 im Umland. 45 Diese und die folgenden Angaben zu Wohlfahrtseinrichtungen der Lederwerke Heyl sind entnommen aus: JB Gewerbeinspektion 1896, S. 85– 93, und aus: Arbeiterfürsorge im Hause Cornelius Heyl Worms am Rhein, Jubiläumsausgabe zum 10. Februar 1913, Worms 1913. 46 JB Gewerbeinspektion 1896, S. 93. 47 JB Gewerbeinspektion 1896, S. 93. 48 Zum Hintergrund dieser Benennung siehe Reuter, Karl Hofmann, S. 227. 49 Vgl. auch Abschnitt »Städtische Wohnungsfürsorge« oben S. 812 ff.; außerdem: Reuter, Karl Hofmann, S. 227– 231. 50 Reuter, Karl Hofmann, S. 93. Siehe auch: Praktische Wohnungsfürsorge in Hessen, hg. v. Ernst-LudwigVerein Darmstadt. Hessischer Zentralverein für Errichtung billiger Wohnungen, Bd. I, Darmstadt 1908. 51 Rainer Metzendorf, Georg Metzendorf 1874 –1934, Siedlungen und Bauten, Darmstadt/Marburg 1994 (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 96), S. 75 –79. Neben den zwei Häusern der beiden Wormser Lederwerke war in dem »Arbeiterdorf« auf der Ausstellung auch ein Haus der Möbelfabrik Philipp Merkel aus Dalsheim bei Worms aufgebaut, die auch die Platz sparende zweckmäßige Inneneinrichtung von Arbeiterhäusern demonstrierte. Damit stammten drei der sechs Musterhäuser aus Worms und Umgebung. 52 Zur Wohnungsfürsorgegesetzgebung im Großherzogtum Hessen vgl. Dorothea Berger-Thimme, Bodenund Wohnungsreform in Deutschland 1873–1918. Zur Genese staatlicher Intervention im Bereich von Wohnungs- und Siedlungswesen, Frankfurt/Bern 1976, sowie: Brüchert-Schunk, Sozialpolitik, Kap. 3.4 »Wohnungsfürsorge«, S. 145 –170; siehe auch oben den Abschnitt »Städtische Wohnungsfürsorge«. 53 Lederwerke Doerr & Reinhart, S. 32. 54 Reuter, Karl Hofmann, S. 228. 55 JB Gewerbeinspektion 1896, S. 94–100; Lederwerke Doerr & Reinhart, S. 31 f. 56 Vgl. hierzu: Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 74 f.; vgl. oben S. 479 ff. 57 Vgl. z. B. Adolf Trende, Geschichte der deutschen Sparkassen bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts, Stuttgart 1957; zu Hessen siehe Wilhelm Runkel, Die Entwicklung des Sparkassenwesens im Großherzogtum Hessen, Diss. Gießen 1910. 58 Siehe z. B. Bernd Balkenhol, Armut und Arbeitslosigkeit in der Industrialisierung – dargestellt am Beispiel Düsseldorfs 1850–1900, Düsseldorf 1976 (Studien zur Düsseldorfer Wirtschaftsgeschichte 3); Akten zum Wormser Arbeitshaus StadtA Wo Abt. 30 Nr. 181–184, 194; zum städtischen Pfandhaus vgl. ebda. Nr. 127, Armenfürsorge ab 1896: Nr. 130–134; Armenordnung 1888 –1911: Nr. 129. 59 JB Handelskammer Worms 1864–1866, S. 53. 60 Verwaltungs-Rechenschaftsbericht des Oberbürgermeisters (künftig VerwRB) 1887/88, S. 19 f. 61 Siehe dazu Brüchert-Schunk, Sozialpolitik, Kap. 3.2 S. 63–71 und Kap. 3.5 S. 171–199, insbes. S. 172–175, zur Biografie Schmidts vgl. S. 392. 62 Vgl. hierzu Wolfgang Krabbe, Die Gründung städtischer Arbeiterschutz-Anstalten in Deutschland, in: Arbeiterexistenz im 19. Jahrhundert. Lebensstandard und Lebensgestaltung deutscher Arbeiter und Handwerker, hg. v. Werner Conze u. Ulrich Engelhardt, Stuttgart 1981 (Industrielle Welt 33), S. 425– 445; sowie v. Berlepsch, »Neuer Kurs« (wie Anm. 14).

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63 Zu den Verbänden vgl. Brüchert-Schunk, Sozialpolitik, Kap. 3, insbes. S. 112 –141. 64 VerwRB 1894/95, S. 215. 65 Zur Bedeutung der Gewerbegerichte vgl. z. B. Adelheid von Saldern, Gewerbegerichte im Wilhelminischen Deutschland, in: Wissenschaft, Wirtschaft und Technik. Studien zur Geschichte. Wilhelm Treue zum 60. Geburtstag, hg. v. Karl-Heinz Mangold, München 1969, S. 190– 203. 66 VerwRB 1895/96, S. 21. 67 Vgl. die jährlichen Berichte des Gewerbegerichts in: VerwRB 1895–1913, die vollständige Aktenüberlieferung des Wormser Gewerbegerichts befindet sich – bislang unbeachtet – im StadtA Wo Abt. 14 (vgl. Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, S. 93). 68 VerwRB 1899/1900, S. 147. 69 Ausführlicher hierzu Toni Pierenkemper, »Dienstbotenfrage« und Dienstmädchenarbeitsmarkt am Ende des 19. Jahrhunderts, in: Archiv für Sozialgeschichte 28, 1988, S. 173 – 201. 70 Siehe den Geschäftsbericht über den Betrieb der städtischen Arbeitsnachweisstelle Worms im Jahr 1900, abgedruckt in: VerwRB 1900/1901, Anhang. 71 StadtA Wo Abt. 13 Nr. 1913, Protokoll über die V. Conferenz der öffentlichen Arbeits-Vermittelungsstellen der Rhein- und Main-Gegend am 14. Juni 1902 zu Worms. 72 VerwRB 1894/95, S. 219 f. 73 Vgl. Brüchert-Schunk, Sozialpolitik, S. 135 –141; siehe auch Hansjoachim Henning, Arbeitslosenversicherung vor 1914: das Genter System und seine Übernahme in Deutschland, in: Wirtschaftspolitik und Arbeitsmarkt, hg. v. Hermann Kellenbenz, München 1974, S. 271– 287. 74 Vgl. oben den Abschnitt »Betriebliche Wohlfahrtseinrichtungen«. 75 JB Handelskammer Worms 1869 –1871, S. 69. 76 Berger-Thimme, Boden- und Wohnungsreform (wie Anm. 52), S. 178. 77 VerwRB 1890/91, S. 79– 83. 78 Adolf Damaschke, Aufgaben der Gemeindepolitik (»Vom Gemeinde-Sozialismus«), Jena 51904, S. 208. 79 VerwRB 1890/91, S. 79 f. 80 VerwRB 1892/93, S. 90– 95. 81 VerwRB 1893/94, S. 86. 82 Über die Notwendigkeit von Wohnungsämtern äußerte sich z. B. der Wormser Oberbürgermeister Köhler in seinem Referat »Die Bekämpfung der Wohnungsnoth in den Städten«, das er auf dem VIII. Städtetag für das Großherzogtum Hessen am 30. November 1899 in Bingen hielt (StadtA Mainz, Best. 70, XV, 1). 83 VerwRB 1910, S. 252; vgl. auch den Erfahrungsbericht von Oberamtmann Hain, Aus der sozialen Rechtsfürsorge, in: 150 Jahre Wormser Zeitung (1926), S. 143 f. 84 Mit den ehrenamtlichen Wohnungsinspektorinnen ging Worms damit einen anderen Weg als z. B. Mainz. Dort scheiterte die Beschäftigung von Frauen im Wohnungsaufsichtsdienst daran, dass der Mainzer Frauenverein 1908 den Einsatz von hauptamtlichen, beamteten Wohnungsinspektorinnen gefordert hatte. Dies wurde von der Stadt abgelehnt (Verwaltungsrechenschaft der Bürgermeisterei Mainz 1908/09, S. 95). 85 VerwRB 1910, S. 252. 86 VerwRB 1910, S. 250. 87 Karl Hugo Lindemann, Die deutsche Städteverwaltung. Ihre Aufgaben auf den Gebieten der Volkshygiene, des Städtebaus und des Wohnungswesens, Stuttgart 1901, S. 467 f. 88 Außer Köhler nahmen aus Worms teil: der Beigeordnete Dr. Kayser sowie die Stadtverordneten Eller, Looff, Reinhart, Schönfeld und Trumpler (StadtA Mainz, Best. 70, XV, 1: »Protocoll über die Verhandlungen des VIII. hessischen Städtetags in Bingen am Rhein am 30. November 1899«). 89 StadtA Mainz, Best. 70, XV, 1, VIII. Städtetag für das Grossherzogthum Hessen in Bingen am Rhein am 30. November 1899, Referat Köhler, Worms (zweite Seite). 90 StadtA Wo, Abt. 13 Nr. 1913, Protokoll über die V. Conferenz der öffentlichen Arbeits-Vermittelungsstellen der Rhein-Main-Gegend am 14. Juni 1902 zu Worms, S. 10. 91 StadtA Mainz, Best. 70, XV, 1, VIII. Städtetag für das Grossherzogthum Hessen, Referat Köhler, Worms (dritte Seite). 92 Wie vorige Anm. 93 StadtA Mainz, Best. 70, XV, 1, VIII. Städtetag für das Grossherzogthum Hessen, Referat Jäger, Darmstadt (dritte Seite). 94 Näheres dazu in: Praktische Wohnungsfürsorge (wie Anm. 50); zu Reinhart als Landtagsabgeordnetem vgl. die Angaben in: Ruppel/Groß, Hessische Abgeordnete, S. 215 f.

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95 Reuter, Karl Hofmann, S. 91 und S. 299. 96 Dazu: Bönnen, Wohnungsbau, S. 5– 20 und sein Kapitel zu Worms in der Zeit nach 1914, zur Wohnungsfrage vgl. v. a. S. 564 – 567; vgl. auch Hedwig Brüchert: »Der Kampf um den Wohnungsbau in Mainz«. Kommunaler Wohnungsbau in den zwanziger Jahren, in: Zwischen Aufbruch und Krise: Die zwanziger Jahre, Mainz 1996 (Mainzer Geschichtsblätter 10), S. 101–117. 97 Vgl. z. B. Stadt und Gesundheit. Zum Wandel von »Volksgesundheit« und kommunaler Gesundheitspolitik im 19. und frühen 20. Jahrhundert, hg. v. Jürgen Reulecke u. Adelheid Gräfin zu Castell-Rüdenhausen, Stuttgart 1990 (Nassauer Gespräche der Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft 3). 98 Vgl. Reinhard Spree, Zu den Veränderungen der Volksgesundheit zwischen 1870 und 1913 und ihren Determinanten in Deutschland (vor allem in Preußen), in: Arbeiterexistenz im 19. Jahrhundert (wie Anm. 62), S. 235 – 292. 99 Reuter, Karl Hofmann, S. 214 – 218. 100 Ein ausführlicher Bericht über die Gründungsversammlung findet sich in VerwRB 1900/1901, S. 95– 98. 101 VerwRB 1910, S. 250 – 252. 102 J. Germann, Rund um den Rathausturm. Wohlfahrtseinrichtungen in Worms, in: 150 Jahre Wormser Zeitung (1926), S. 107–110, hier: S. 109. 103 VerwRB 1888/89, S. 68 f.; siehe auch: Reuter, 100 Jahre Stadtkrankenhaus, sowie: Reuter, Karl Hofmann, S. 141–144; vgl. auch seinen Beitrag im vorliegenden Band, v. a. S. 508 ff.; Akten zum Hospitalswesen u. a. in: StadtA Wo Abt. 30 Nr. 105 –120. Zur Entstehung des modernen Krankenhauswesens in Deutschland vgl. Axel Hinrich Murken, Vom Armenhospital zum Großklinikum. Die Geschichte des Krankenhauses vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Köln 21991, insbes. Kap. 7 »Das Pavillonkrankenhaus in Deutschland von 1868 bis 1918«, S. 141– 202. 104 Walter Armknecht, Über Wormser Spitäler und Krankenhäuser, in: 150 Jahre Wormser Zeitung, S. 132 – 135, hier: S. 134; vgl. oben S. 564. 105 Richard J. Evans, Tod in Hamburg. Stadt, Gesellschaft und Politik in den Cholera-Jahren 1830–1910, Reinbek 1990. 106 VerwRB 1892/93, S. 78– 90, Maßnahmen gegen die Cholera. 107 Zur Bedeutung dieser Maßnahmen vgl. z. B. Gerhard Stuber, Die Energie- und Wasserversorgung als Voraussetzung für die moderne Stadtentwicklung – eine Aufgabe kommunaler Selbstverwaltung, in: Städtische Versorgung und Entsorgung im Wandel der Geschichte, hg. v. Jürgen Sydow, Sigmaringen 1981 (Stadt in der Geschichte 8), S. 9– 28; vgl. dazu auch den Beitrag von F. Reuter zu Worms von 1874 bis 1914, v. a. S. 519 f. 108 Reuter, Karl Hofmann, S. 166 –168. 109 Reuter, Karl Hofmann, S. 167–170. 110 Reuter, Karl Hofmann, S. 314 – 316. 111 A. Preller, Der Wormser Schlachthof, in: 150 Jahre Wormser Zeitung, S. 128–132; Reuter, Karl Hofmann, S. 319 – 322 und sein Beitrag oben S. 537 f. 112 VerwRB 1900/1901, S. 88. Andere Städte waren in dieser Frage weiter; so hatte man in Mainz das erste Volksbad mit Brause- und Wannenbädern bereits 1889/90 eingerichtet und verfügte seit 1897 über drei Volksbäder, die über das Stadtgebiet verteilt lagen und stark frequentiert wurden; vgl. Brüchert-Schunk, Sozialpolitik, S. 218– 221. 113 VerwRB 1910, S. 255. 114 VerwRB 1910, S. 256. 115 VerwRB 1910, S. 256. 116 VerwRB 1910, S. 255 f. 117 VerwRB 1890/91, S. 66, und 1891/92, S. 133; siehe auch: Reuter, Karl Hofmann, S. 178. 118 Siehe z. B. VerwRB 1903/04, S. 87, wo die Zahlen der verabreichten Bäder und die Teilnahmequoten pro Schule aufgeführt sind. 119 Jahres-Bericht über die Volksschule sowie die Fortbildungsschulen für die männliche u. weibliche Jugend, den Kindergarten und den Knabenhort der Stadt Worms für das Schuljahr 1906–1907, erstattet von dem Stadtschulinspektor Heinrich Schmeel, S. 12 (StadtA Wo Abt. 204 Nr. 24-04/03, dort auch weitere Berichte); VerwRB 1903/04, S. 87. 120 Zu den Wormser Schulbauten siehe Ramge/Schadt, Festschrift, S. 29 – 33 und 38 f., ebenso Reuter, Karl Hofmann, S. 177–179, 196– 202 und 303– 305. 121 Zahlen aus: VerwRB 1883/84 bis 1901/02, Abschnitt »Schulwesen, Volksschule«.

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122 Ramge/Schadt, Festschrift, S. 38. 123 Vgl. Beate Witzler, Großstadt und Hygiene. Kommunale Gesundheitspolitik in der Epoche der Urbanisierung (Medizin, Gesellschaft und Geschichte, Beiheft 5), Stuttgart 1995, Abschnitt 3. 4. »Kommunale Hygieneexperten: Stadtärzte und Schulärzte«, S. 110–122. 124 VerwRB 1903/04, S. 72– 86. Darin sind auch die »Dienstanweisung für die Schulärzte der Volksschulen zu Worms« sowie deren erster Jahresbericht abgedruckt. 125 Ramge/Schadt, Festschrift, S. 40. 126 VerwRB 1890/91, S. 25. 127 VerwRB 1899/1900, S. 30. 128 VerwRB 1899/1900, S. 29. 129 StadtA Wo, Jahresbericht über die Volksschule 1906–1907 (wie Anm. 119), S. 9–11. 130 StadtA Wo, Jahresbericht über die Volksschule 1906–1907 (wie Anm. 119), S. 12. 131 Ramge/Schadt, Festschrift, S. 31 f. 132 Germann, Wohlfahrtseinrichtungen (wie Anm. 102), S. 107–110, siehe auch oben den Abschnitt »Betriebliche Wohlfahrtseinrichtungen«. 133 VerwRB 1899/1900, S. 31. Die jährlichen Zahlen des Besuchs sind in den jeweiligen Verwaltungsrechenschaftsberichten in der Rubrik »Schulwesen« enthalten. 134 Germann, Wohlfahrtseinrichtungen (wie Anm. 102), S. 107; vgl. zu den Kindergärten auch Akten in StadtA Wo Abt. 30 (Hessisches Kreisamt Worms) und Abt. 5 (Stadtverwaltung 1816–1945). 135 Germann, Wohlfahrtseinrichtungen (wie Anm. 102), S. 107. 136 Germann, Wohlfahrtseinrichtungen (wie Anm. 102), S. 109. 137 Ramge/Schadt, Festschrift, S. 35 f. 138 Ramge/Schadt, Festschrift, S. 26. 139 VerwRB 1888/89, S. 15 f., und VerwRB 1891/92, S. 78 f. 140 Jahresbericht Volksschule 1906–1907 (wie Anm. 119), S. 11 f. 141 Ramge/Schadt, Festschrift, S. 40; siehe auch Reuter, Karl Hofmann, S. 325 f.; Reuter, Geschichte; zur Person von Wevers vgl. den Beitrag von F. Reuter, v. a. S. 527 f. 142 Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen, hrsg. v. d. Großherzoglich Hessischen Zentralstelle für die Landesstatistik, Bd. 59, 4. Heft, Darmstadt 1909, S. 56. Vgl. auch die nach Monaten aufgeschlüsselten Übersichten der Sterblichkeitsverhältnisse in Worms in den Verwaltungsrechenschaftsberichten. 143 Zur Säuglingssterblichkeit und Säuglingsfürsorge in Mainz vgl. Brüchert-Schunk, Sozialpolitik, S. 181– 186. 144 Vgl. Reinhard Spree, Soziale Ungleichheit vor Krankheit und Tod. Zur Sozialgeschichte des Gesundheitsbereichs im Deutschen Kaiserreich, Göttingen 1981, S. 49 – 65. 145 VerwRB 1910, S. 253 f. 146 Vgl. zur weiteren Entwicklung der kommunalen Sozialfürsorge und dabei vor allem des städtischen Wohnungsbaus nach 1914/18 den Beitrag von G. Bönnen zur Stadtentwicklung bis 1945, v. a. zur städtischen Sozialpolitik S. 562 ff. mit der dort genannten Lit. und den relativ reichen archivalischen Quellen aus dem Stadtarchiv.

Worms und das Nibelungenlied a. Literarische Quellen Das Nibelungenlied. Nach der Ausgabe von Karl Bartsch, hg. v. Helmut de Boor. 22. Auflage v. Roswitha Wisniewski, Wiesbaden 1988 (Deutsche Klassiker des Mittelalters). Das Nibelungenlied. Mittelhochdeutscher Text und Übertragung, hg., übersetzt und mit einem Anhang versehen v. Helmut Brackert, Frankfurt/M. 1988. Das Nibelungenlied. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Nach dem Text von Karl Bartsch und Helmut de Boor ins Neuhochdeutsche übersetzt und kommentiert von Siegfried Grosse, Stuttgart 1997. The Nibelungenlied. A New Translation by A. T. Hatto, London 1969 (Penguin Classics). Das Nibelungenlied. Paralleldruck der Handschriften A, B und C nebst Lesarten der übrigen Handschriften, hg. v. Michael S. Batts, Tübingen 1971.

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Das Nibelungenlied nach der Handschrift C, hg. v. Ursula Hennig, Tübingen 1977 (Altdeutsche Textbibliothek 83). Das Nibelungenlied und die Klage. Handschrift C der F. F. Hofbibliothek Donaueschingen. Faksimileband/ Kommentarband, hg. v. Heinz Engels, Stuttgart 1968. Die Nibelungenklage. Mittelhochdeutscher Text nach der Ausgabe von Karl Bartsch. Einführung, neuhochdeutsche Übersetzung und Kommentar von Elisabeth Lienert, Paderborn/München 2000 (Schöninghs Mediävistische Editionen 5). Die »Nibelungenklage«. Synoptische Ausgabe aller vier Fassungen, hg. v. Joachim Bumke, Berlin/New York 1999. Die Gedichte vom Rosengarten zu Worms, hg. v. Georg Holz, Halle 1893 (Nd. Hildesheim/New York 1982). Die Geschichte Diedrichs von Bern. Übertragen von Fine Erichson, München 1996 (Heyne Allgemeine Reihe 01/10159). Hebbel, Friedrich, Die Nibelungen. Ein deutsches Trauerspiel in drei Abteilungen. Berlin o. J. (Historisch-kritische Ausgabe, hg. v. Richard Maria Werner. Abteilung 1, Bd. 4). Heldenbuch. Nach dem ältesten Druck in Abbildung, hg. v. Joachim Heinzle, Göppingen 1981 (Litterae 75) Das Deutsche Heldenbuch. Nach dem mutmaßlichen ältesten Drucke neu hg. v. Adelbert von Keller, Stuttgart 1867 (Nd. Hildesheim 1966). Das Lied vom Hürnen Seyfrid, hg. und neu illustriert von Siegfried Holzbauer, Klagenfurt/Wien 2001. Rinke, Moritz, Die Nibelungen, Reinbek bei Hamburg 2002. Waltharius. Lateinisch/Deutsch. Übersetzt und hg. v. Gregor Vogt-Spira, Mit einem Anhang Waldere Englisch/Deutsch, übersetzt von Ursula Schaefer, Stuttgart 1994.

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1 Der Text wird, wenn nicht anders angegeben, nach der Ausgabe von Bartsch/de Boor zitiert, die Handschriften werden, wenn nicht anders angegeben, nach der Ausgabe von Batts verglichen. 2 Grundlegend zur Überlieferungsfrage: Bumke, Die vier Fassungen. 3 Hierzu und zum Folgenden: Ehrismann, Nibelungenlied. 4 Rekonstruierte, nicht überlieferte Texte werden mit Asterisk (*) gekennzeichnet, im Gegensatz zu den überlieferten Handschriften, die die Grundlage für die Rekonstruktionen bilden. 5 Siehe dazu: Runde, Xanten, besonders S. 151–164; Ehrismann, Worms und Xanten. 6 Die Verszahlen der einzelnen Handschriften variieren; es wird immer die Verszahl nach *B, der die kritische Ausgabe von Bartsch/de Boor im Wesentlichen folgt, angegeben. 7 Siehe die Ausgaben von Batts, Engels, Hennig und die Transkription von Lothar Voetz im Internet (www.blb-karlsruhe.de/blb/blbhtml/nib/transkription.html). 8 Ausgabe Lienert, Vers 4090; Ausgabe Bumke, S. 482. 9 Bönnen, Der Ort, S. 146; s. auch Thomas, Literatur, S. 65 f. 10 Ament, Stämme, S. 57 f. 11 Grünewald, Burgunden. 12 Todd, Die Germanen, S. 195. 13 Zu den Quellen Wackwitz, Burgunderreich, S. 50 f. 14 Assmann, Gedächtnis, S. 52. 15 Siehe dazu Haubrichs, »Heroische Zeiten?«. 16 Hartmann, Aufbruch; zu den Namen mit Sigi- im ersten Glied s. Haubrichs, Sigi-Namen. 17 Hartmann, Aufbruch, S. 59. 18 Siehe ebda., S. 41 ff. 19 Vgl. in diesem Band den Beitrag von G. Bönnen zum Zeitabschnitt von 1000 bis 1254, v. a. S. 153 ff. 20 Schaper, Wort und Begriff, S. 201– 224; Rühl, Welfisch?, vor allem S. 333 f. Vielleicht gehören die burcBelege im Sinne von »Stadt« einer älteren Erzählschicht an. 528,3 und 1027,3 überzeugt die eindeutige Festlegung auf die Bedeutung »Burg« (siehe z. B. die Übersetzungen von Hatto [S. 75 und 135: castle], Brackert und Grosse) nicht. Die jüngeren Handschriften I und h schreiben 528 zuo dem Rine bzw. an dem Rine, sehen also den Stadt-Aspekt im Vordergrund, ebenso k 524 (gen Wurmes); die übrigen Handschriften bewahren burc, sodass auch wir uns für beide Aspekte offen halten sollten; 1027,3 schreibt A allerdings hûs. – Vgl. auch Xanten als rîche burc (20,3). 21 Vgl. ähnlich Wormez diu wîte (»Klage«, 3708), Wormez diu stat wît (»Klage«, 4090). 22 Siehe grundlegend: Kranzbühler, Worms und die Heldensage; vgl. als jüngsten Beitrag: Diekamp, Die Rezeption (2004). 23 Bönnen, Der Ort, S. 146. 24 Kranzbühler, Worms und die Heldensage, S. 33 ff.; vgl. im vorliegenden Band den Beitrag von Th. Kohl/ F.-J. Felten zum frühen Mittelalter, S. 107 ff. 25 Strophe 807 hören ritter unde knehte vor dem sal die Frühmesse für den König; Strophe 833 kommt Kriemhild mit ihren Damen zum Münster, vor dem hûse, dem Palast, beobachten sie die Männer Siegfrieds; Strophe 871 finden Ritterspiele für Kriemhild vor dem Münster al zuo dem sale dan statt, »bis zum Palas hin«. 26 Kranzbühler, Worms und die Heldensage, S. 37. 27 Wie vorige Anm., S. 38. 28 Ebda., S. 38 f. 29 S. auch oben S. 828 f. 30 [J. Grimm] Acht und vierzig neue Lieder, S. 12 f. 31 Lachmann, Zu den Nibelungen, S. 141 f.; siehe auch W. Grimm, Heldensage, S. 173 f. 32 Kranzbühler, Worms und die Heldensage, S. 45 ff.; zum Namen siehe Ramge (Hg.), Flurnamenbuch, S. 649– 651. 33 Ihre Frage nach dem Autor des »Nibelungenliedes« (s. J. Breuer, Bligger II.) brauchen wir im Rahmen des vorliegenden Beitrags nicht zu erörtern; s. The Nibelungen Tradition, S. 196; Diekamp, Die Rezeption, S. 159 ff. 34 Codex Laureshamensis, II, S. 70; Codex diplomaticus Fuldensis, S. 49. Im CdF taucht der Name Sigifrid – wie Sigi-Namen überhaupt – über die Jahrhunderte hinweg recht häufig auf, Cremhilt/Criemhilt jedoch nur 785 in der vorliegenden Urkunde. Zur e-Schreibung und zum Namen Criemhilt s. Tiefenbach, Der Name. 35 Breuer/Breuer, Mit spæher rede, S. 20; J. Breuer, Das historische Umfeld, S. 23 f.

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36 Breuer/Breuer, Mit spæher rede, S. 21. 37 Vgl. J. Breuer, Das historische Umfeld, S. 36: Er verlangt dort apodiktisch, »die nordisch orientierte Sagenwelt vom Nibelungenlied getrennt zu sehen«. 38 Siehe z. B. Breuer/Breuer, Das Nibelungenlied, S. 47 ff., 53 ff.: Giselher ist Herr der Gisela (= Gemahlin Konrads II.), Gunther ist Herr der Kunigunde (= Königsgunde, = Gunhild, = Gemahlin Heinrich II.), Etzel ist Ezzo, der lothringische Pfalzgraf aus der Zeit beider Könige; Brun- ist das zentrale Namenglied der sächsischen, Grim- das zentrale der karolingischen Sippe, beide chiffrieren den hilt, den Streit der Königinnen. 39 Ebd., S. 65; J. Breuer, Das historische Umfeld, S. 19. 40 Breuer/Breuer, Mit spæher rede, S. 67 ff. und 160 f. 41 Siehe auch: Bönnen, Zur Geschichte des Paulusstifts, S. 49 f.; Diekamp, Die Rezeption, S. 154 ff. 42 Siehe Ehrismann, Nibelungenlied, S. 102 f. und 112 f. 43 Siehe Ehrismann, Kriemhild-*C. 44 *C 1165: In den selben zîten, dô Kriemhilt solde / varn mit ir muoter, dar si doch wolde, / dô muoste si belîben, als ez solde sîn. / daz understuonden mære, vil verre komen über Rîn. »In jener Zeit, als Kriemhilt mit ihrer Mutter [nach Lorsch] reisen wollte, wohin sie wirklich wollte, da musste sie bleiben – so sollte es [eben] sein. Geschichten verhinderten dies, die von sehr weit her zum Rhein kamen.« 45 Breuer/Breuer, Mit spæher rede, S. 30. 46 Ebda., S. 27. 47 Hartmann, Aufbruch, S. 21. 48 Siehe vor allem Panzer, Das Nibelungenlied; in jüngster Zeit Thomas, Die Staufer, sowie Thomas, Dichtung und Politik um 1200. Vgl. Ehrismann, Nibelungenlied, S. 58 f. und 113. 49 J. Breuer, Das historische Umfeld, S. 21. 50 Breuer/Breuer, Mit spæher rede, S. 192. 51 Ebda., S. 195. 52 Siehe zum letzten Punkt vor allem Thomas, Die Staufer; Thomas, Dichtung. 53 Siehe neben den Studien der Brüder Breuer: Kranzbühler, Worms und die Heldensage, S. 67– 83. 54 Platea oder vicus Hagenonis, schon seit der Mitte des 13. Jahrhunderts Hanegazze, später Hangasse und Hahngasse (Kranzbühler, Worms und die Heldensage, S. 44). – Die Urkunde von 1141, die den Namen erwähnt, ist u. a. signiert von Nibelung, dem Kustos des Wormser Doms, und Siegfried, dem Propst von St. Martin. 55 Kranzbühler, Worms und die Heldensage, S. 81. 56 Zum Folgenden: Ehrismann, Nibelungenlied, S. 141. 57 Strophe 13,1: In disen hôhen êren troumte Kriemhilde, »in dieser hoch angesehenen/herrschaftlichen Umgebung träumte Kriemhild«; Strophe 2378,1: diu vil michel êre was dâ gelegen tôt, »die große Herrlichkeit lag tot danieder«. 58 S. 2378,3: als ie diu liebe leide z’aller jungeste gît, »wie immer die Freude/Liebe zuletzt zum Leid führt«; vgl. ähnlich 17,3. 59 Das Zitat, das sich auf die allgemeine Funktion von Memoria und nicht speziell auf das »Nibelungenlied« bezieht, stammt von Oexle, Memoria, S. 297. 60 Bumke, Geschichte, S. 198 f. 61 Bumke, Die Nibelungenklage; Bumke, Die vier Fassungen. 62 Ehrismann, Kriemhild–*C. 63 Bumke, Geschichte, S. 267 f. 64 Simon, Rosengartenspiele. 65 Bumke, Geschichte, S. 269. 66 Ebda., S. 268. 67 Vgl. zu grippigen lant das fantastische Grippia aus dem »Herzog Ernst« des 12. Jahrhunderts (s. Rühl, Welfisch? S. 306 – 312); dort ist Grippia der Name einer Stadt und eines Landes im Orient. 68 Heldenbuch, S. 7. 69 Es sind dies L (heute Krakau, Mainz), g (heute Heidelberg), m und n (beide heute Darmstadt); vgl. Heinzle, Die Handschriften; Klein, Beschreibendes Verzeichnis. 70 Vgl. Fromm, Riesen; Hauck, Heldendichtung; Johanek, Nibelungenstädte, S. 36 f. 71 Johanek, Nibelungenstädte, S. 38. 72 Caspar Bruschius 1551; siehe W. Grimm, Heldensage, S. 481.

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73 Arnold, Zorn, Wormser Chronik, S. 196; ähnlich: Cronica Civitatis Wormatiensis, S. 91 f., zu den Kapellen vgl. das Kapitel von G. Bönnen/J. Kemper zu den geistlichen Institutionen, oben S. 721 ff. 74 Ebenso die Beilagen zum Tagebuch des Reinhart Noltz zum Jahr 1488 (= Cronica Civitatis Wormatiensis (Boos, Monumenta S. 563)). Dort heißt es allerdings: man grub bisz auff wasser und fand nichts dann einen kopff und etlich gebeyn, die waren grosser dann sust gemein dot menschen haupt und gebeyn. 75 Bönnen, Stadtmythen, S. 16. 76 Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, Sp. 1584; das mittelhochdeutsche Wort bezieht sich nicht auf einen »Platz vor der Kirche«, wie in der »Nibelungenlied«-Ausgabe von Bartsch/de Boor fälschlich angegeben. 77 Kranzbühler, Worms und die Heldensage, S. 90 f. 78 W. Grimm, Heldensage, S. 339, 360 f., 481 und 489 sowie Kranzbühler, Worms und die Heldensage, S. 84 ff. 79 W. Grimm, Heldensage, S. 360. 80 Wie vorige Anm., S. 481. 81 Wie Anm. 79. S. 360. 82 Kranzbühler, Worms und die Heldensage, S. 94 f. 83 Wie vorige Anm., S. 95. 84 Siehe zu Nievergalt: Hotz, Nikolaus Nievergalt. 85 Siehe Kranzbühler, Worms und die Heldensage, S. 164 ff.; Boos, GRS 3, S. 283 (nach der Chronik von Zorn); Boos, Monumenta, S. 379: fraw Crimhiltin und der hörnin Syfridt gemalt mit zwen risen ligendt. Im »Lied vom Hürnen Seyfrid« erschlägt Siegfried nur einen Riesen, nämlich Kuperan, im »Rosengarten« wird er von Dietrich besiegt. In der 3. Aventüre des »Nibelungenliedes« berichtet Hagen von Siegfrieds Sieg über zwölf Riesen. 86 Boos, GRS 3, S. 379; siehe Kranzbühler, Worms und die Heldensage, S. 165; Johanek, Geschichtsüberlieferung, S. 340; Johanek, Nibelungenstädte, S. 46. Johanek setzt Kriemhilds Kranz mit den Siegeskränzen gleich, mit denen Kriemhild im »Rosengarten« die Helden auszeichnet, und er folgert daraus, dass sich Maximilian, als er sich mit dem Kranz schmückte, symbolisch mit Dietrich von Bern, dem Rosengarten-Sieger, identifizierte. Der Kranz an der »Neuen Münze« war jedoch nicht aus Rosen geflochten, und die vermutete Symbolik, die den Besieger Siegfrieds gefeiert hätte, hätte den städtischen Mythos peinlich unterlaufen. 87 Henkel, Ein Nibelungen-Wandgemälde; vgl. auch Kranzbühler, Worms und die Heldensage, S. 165. 88 Mit unserer Kritik verfolgen wir einen mündlichen Hinweis von Ernst Erich Metzner (Frankfurt/M.) weiter. 89 Meschke, Kranz, Spalte 424. 90 »Die Gedichte vom Rosengarten«, A 116. 91 Bönnen, Stadtmythen, S. 22 f. 92 Flach, Der taciteische Zugang. 93 Uhland, Geschichte, S. 327. 94 Boos, GRS 3, S. 472, Anm. 1380. 95 Siehe Gallé, Worms als Sagenstadt, S. 31 ff., Bönnen, Stadtmythen, S. 19 ff.: Nach diesem Mythos war Worms eine Tochtergründung Triers durch dessen Stadtgründer Trebeta, den Sohn des Assyrerkönigs Ninus. 96 Zeiller nach W. Grimm, Heldensage, S. 490; auch Gallé, Worms als Sagenstadt, S. 34. 97 Siehe Zeiller nach W. Grimm, Heldensage, S. 489 f. 98 Kranzbühler, Worms und die Heldensage, S. 26. 99 Wie vorige Anm. 100 Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, I, S. 210 ff. 101 Herder, Alte Volkslieder. Vorrede, S. 7. 102 Ebda. 103 Ehrismann, Das Nibelungenlied in Deutschland. 104 Ehrismann, Mittelalterrezeption. 105 Boisserée, I, S. 48. 106 Ebda., S. 51. 107 Pauli, Geschichte, S. IV und S. 85–108. 108 Lange, Geschichte; Lange griff auf seine »Untersuchungen« von 1832 zurück.

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109 Lange, Geschichte, S. 79. 110 Fuchs, Geschichte, Anhang. Auf S. 4 findet sich ein knapper Hinweis auf die Nibelungensage; Fuchs führt sie, wie damals in der Wissenschaft nicht unüblich, auf einen Naturmythos zurück. Die »Geschichte der deutschen Nationalliteratur« von Vilmar erschien erstmals 1845 und erlebte bis ins vorige Jahrhundert hinein zahlreiche Auflagen. 111 Fuchs, Geschichte, S. 1. 112 Ebda., S. 3. 113 Zum Folgenden sind grundlegend: Reuter, Karl Hofmann; Reuter, Was ist; Bönnen, Nibelungenstadt. Reuter, Was ist, S. 131 ff. diskutiert in diesem Zusammenhang den um die Mitte des vorigen Jahrhunderts aufgekommenen problematischen, jedoch volkstümlich gewordenen Begriff »Nibelungenstil«. 114 Dazu grundlegend: von See, Barbar; von See, Deutsche Germanen-Ideologie. 115 Zitiert nach Bringmann, Gedanken, S. 585. 116 Büxenstein (Hg.), Unser Kaiser, S. 81. 117 Reuter, Karl Hofmann, S. 271 und 326; Bönnen, Nibelungenstadt, S. 39 f. 118 Reuter, Karl Hofmann, S. 338 ff. 119 Ebda., S. 327 ff.; Reuter, Rosenfest. 120 Reuter, Rosenfest, S. 333. 121 Ebda., S. 334; Gallé, Die Festspielidee; Bönnen, Nibelungenstadt, S. 41 f. 122 Reuter, Karl Hofmann, S. 329 ff., vgl. oben S. 534 ff. im Beitrag von F. Reuter. 123 Kastner, Katalog, S. 99; siehe auch Reuter, Karl Hofmann., S. 337 f. 124 Siehe Schmoll, Der Wormser Nibelungen-Wandbildzyklus; zum Autor vgl. Thieme/Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler, Bd. 30, Leipzig 1936, S. 178. 125 Reuter, Was ist, S. 131. 126 Ebda., S. 120 f. 127 Gallé, Die Festspielidee, S. 109 –113. 128 Bönnen, Nibelungenstadt, S. 46. 129 Ebda., S. 45. 130 Ebda., S. 46 f.; Benders Zitat dort S. 47, Anm. 23; Bönnen, Die Nibelungenstadt, S. 43. 131 Nach Bönnen, Die Nibelungenstadt, S. 48; vgl. oben S. 595 ff. im Beitrag von G. Bönnen. 132 Zitiert nach Bönnen, Nibelungenstadt, S. 50; s. auch Gallé, Die Festspielidee, S. 113–116. 133 Zitiert nach Bönnen, Nibelungenstadt, S. 52. 134 Ehrismann, Nibelungenlied, S. 186 ff. 135 Bönnen, Nibelungenstadt, S. 59– 61; auch Worms 1933, hg. v. F. Reuter. 136 Fröhlich (Hg.), Tagebücher Goebbels, III, S. 180. 137 Bönnen, Die Nibelungenstadt, S. 48 f.: Der Film, in dem Lied und Sage allerdings eher eine Nebenrolle spielten, lief als Kulturfilm im Vorprogramm der Kinos. 138 Reuter, Was ist, S. 121. 139 Bönnen, Nibelungenstadt, S. 52– 54 und 68. 140 Freund, NS-Volksforschung. 141 Gallé, Die Festspielidee, S. 116 –119. 142 Villinger, Der Nibelungen-Wandteppich. 143 Esser/Paritschke, Das Nibelungenlied. 144 Zu den genaueren Umständen der Stiftung, zu dem Künstler Hans Groß und zu den Gemälden und Holzschnitten selbst siehe Diekamp, Die Nibelungenbilder. 145 Ebda., S. 116. 146 Ihm verdanke ich die Zusendung zahlreicher lokaler Materialien zu diesem Abschnitt; sie sind jetzt im Stadtarchiv Worms aufbewahrt (Abt. 6–IV). 147 Gallé (Hg.), Das war das 20. Jahrhundert, S. 103. 148 Das Wort setzte ein Mitglied der Partei »Bündnis 90 Die Grünen« in die Welt; siehe unter den lokalen Materialien (wie Anmerkung 146): SPD Worms. Nibelungenmuseum. Eine Chance für Worms und die Region, 10. 12. 1998, S. 4. 149 Rinke, Die Nibelungen; siehe Gallé (Hg.), Das war das 20. Jahrhundert, S. 119 f.; Schofer, Ganz Worms. 150 Rinke, Die Nibelungen, S. 119 (Interview mit »Literaturen«); s. auch Bönnighausen, »…auf den Asphalt gestellt«; Reinhardt, Tanz. 151 Vgl. Diekamp, Die Rezeption, S. 180 ff. und 191 ff.

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Bemerkungen zur Entwicklung der Stadt Worms seit 2003 1 Für den folgenden, mehr essayartig angelegten Beitrag sei als Quellengrundlage neben den offiziellen Statistiken (u. a. Statistischer Bericht der Stadt Worms 2008–2010) auf die Berichterstattung der Zeitungen (s. u.), die einschlägigen Internetressourcen (ausgehend von der Seite www.worms.de) sowie die im Stadtarchiv Worms kontinuierlich gepflegte Zeitgeschichtliche Sammlung (Abt. 204) verwiesen. Vgl. als wichtigen Spiegel der Stadtentwicklung auch das seit 2006 jährlich erscheinende »Heimatjahrbuch der Stadt Worms« mit Beiträgen zur Gegenwart der Stadt. 2 Der Sitz für die NPD ist auch Ergebnis eines gerade die kleinen Parteien bevorzugenden kommunalen Wahlrechts ohne Sperrklauseln. 3 Die Neue Rheinbrücke in Worms – Festschrift zu ihrer Fertigstellung 2008, hg. v. Landesbetrieb Mobilität Worms u. Stadtarchiv Worms, Worms 2008. 4 Vgl. die reich bebilderte Publikation: Das Wunder von Worms: Die Nibelungen-Festspiele und Dieter Wedel, hg. v. der Nibelungen-Festspiele gGmbH Worms, Leipzig 2014 (mit einem Rückblick seit den Anfängen 2001/02). 5 Festschrift zur (Wieder-)Eröffnung des Wormser Theaters, Kultur- und Tagungszentrums am 29. Januar 2011, hg. v. d. Kultur- und Veranstaltungs-GmbH Worms, Worms 2011. 6 Zu den insbesondere auf diesem Gebiet erzielten wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritten vgl. den Forschungsbericht für die Jahre 2005 bis 2015. 7 Zu den Entwicklungen auf diesem Gebiet siehe ebenfalls den Forschungsbericht mit Literaturliste für die Zeit seit 2005.

Abkürzungen und Siglen

Abb. Abt. ADB AHG AmKG Anm. Bearb. fol. Fs. GemRPr GJ GRS HStAD LA Sp LexMA LHAKo masch. MGH MGH DD MGH SS Nd. NF NL QAmKG StadtA Wo StBVerhNV StRPr/StRProt. StVerw. UB VerwRB VLGH VO WZ ZGO ZStR

Abbildung Abteilung Allgemeine Deutsche Biographie Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte Anmerkung Bearbeiter folio Festschrift Gemeinderatsprotokolle (Stadtarchiv Worms) Germania Judaica (siehe Bibliographie S. 982) Heinrich Boos, Geschichte der rheinischen Städtekultur, 4 Bde., 1897–1901 Hessisches Staatsarchiv Darmstadt Landesarchiv Speyer Lexikon des Mittelalters, 9 Bde., 1980 –1998 Landeshauptarchiv Koblenz maschinenschriftlich Monumenta Germaniae Historica Monumenta Germaniae Historica, Diplomata (Urkunden) Monumenta Germaniae Historica, Scriptores Nachdruck Neue Folge Nachlass Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte Stadtarchiv Worms Stenographische Berichte über die Verhandlungen der deutschen konstituierenden Nationalversammlung Stadtratsprotokolle (Stadtarchiv Worms) Stadtverwaltung Urkundenbuch Verwaltungsrechenschafts-Bericht des (Ober-)Bürgermeisters Verhandlungen der Zweiten Kammer der Landstände des Großherzogtums Hessen Verordnung Wormser Zeitung Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins Zivilstandsregister (StadtA Wo, Abt. 11)

Bibliografie zur Geschichte der Stadt Worms G EROLD B ÖNNEN

Die Bibliografie dient dem Nachweis der mit Kurztiteln in den einzelnen Kapiteln angegebenen Literatur und ermöglicht so den Zugang zu den mehrfach zitierten oder darüber hinaus wichtigen, vornehmlich neueren Titeln, die wiederum ihrerseits ältere Literatur nachweisen. Es wurden bis Ende 2004 erschienene Titel berücksichtigt. Die Gliederung der Bibliografie ist der Kapitelgliederung so angepasst, dass Titel zu einem thematischen Block relativ leicht ermittelt werden können. Einige wenige Titel sind daher auch mehrfach genannt; weitere, spezielle Literatur findet sich bei den einzelnen Beiträgen. Für den Berichtszeitraum zwischen den späten 1940er Jahren und 1995 (zuletzt Bd. 16, 1992/95, S. 204 – 215) wurde in der Zeitschrift »Der Wormsgau« regelmäßig eine ausführliche »Wormser Bibliographie« veröffentlicht, die den Zugang auch zu entlegenen Publikationen ermöglicht und seit der Verfügbarkeit der rheinland-pfälzischen Bibliografie im Internet samt weiteren bibliografischen Rechercheinstrumenten nicht mehr in gedruckter Form fortgesetzt wird. 1. Regionale Periodika, Gesamtdarstellungen, zeitlich übergreifende Publikationen, allgemeine Darstellungen zur Wormser Stadtgeschichte 2. Geografie, Umland, eingemeindete Vororte 3. Vor- und Frühgeschichte, Römische Archäologie, Frühmittelalter, Mittelalter

4. 5. 6. 7. 8.

Mittelalter (bis 1521) Frühe Neuzeit (1521–1790) 19. Jahrhundert (1790 –1914) 20. Jahrhundert (seit 1914) Kunst- und Baugeschichte

1. Regionale Peridodika, Gesamtdarstellungen, zeitlich übergreifende Publikationen, allgemeine Darstellungen zur Wormser Stadtgeschichte Regionale Periodika Der Wormsgau. Wissenschaftliche Zeitschrift der Stadt Worms (bis 1979: der Kulturinstitute der Stadt Worms) und des Altertumsvereins Worms e.V. (bislang erschienen: Bd. 1, 1926–1933 bis (zuletzt) Band 23, 2004, seit Bd. 17, 1998 jährliche Erscheinungsweise), dazu 39 Beihefte von 1936 bis 2005). Mitteilungsblatt des Altertumsvereins Worms, Heft 1, April 1933 – Heft 15, Januar 1943; erneut erschienen 1957–1978. Vom Rhein. Monatsschrift des Altertumsvereins der Stadt Worms (bzw. Monatsblatt des Wormser Altertumsvereins) Bd. 1, 1902 –13, 1914. Heimat am Rhein. Blätter zur Pflege der Wormser Geschichte und Heimatkunde. Beilage zur Wormser Zeitung, 1927–1931.

Wonnegauer Heimatblätter. Vom Donnersberg bis zum Odenwald. Beilage der Wormser Zeitung, 1956–1978.

Adressbücher 1818: Verzeichnis der Hauseigenthümer der Stadt Worms nebst Angabe der alten und neuen Sektionen und Nummern von A–F. 1824: Verzeichnis der Hauseigenthümer der Stadt Worms 1833, 1852: Verzeichnis der Gebäudeeigenthümer 1867 (seit diesem Jahr mit Behörden-, Vereins- u. a. Verzeichnissen), 1876, 1880, 1885, 1888, 1891, 1893, 1895, 1897 bis 1914, 1916, 1918, 1920, 1922, 1925, 1937, 1929/30, 1933, 1935, 1937, 1939, 1946 (Geschäftsadressbuch), 1950, 1953,

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G ESCHICHTE

1955, 1958, 1960/61, 1963/64, 1965/66, 1967/ 68, 1969/70, 1972/73, 1974, seit 1977/78 jährlich. Literatur 100 Jahre Hauptfriedhof Hochheimer Höhe Worms 1902 – 2002. Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum des Wormser Hauptfriedhofs Hochheimer Höhe, hg. v. d. Stadt Worms, bearb. v. Ralf-Quirin Heinz u. Gerold Bönnen, Worms 2003. 150 Jahre Gauss-Gymnasium Worms 1852 – 2002, Jubiläumsschrift Worms 2002. 150 Jahre Wormser Zeitung (1776–1926), Worms 1926. 1527–1977. 450 Jahre Rudi-Stephan-Gymnasium, Worms 1977. 475 Jahre Rudi-Stephan-Gymnasium Worms. Festschrift zum Schuljubiläum, hg. v. Burkard Keilmann, Worms 2002 (Humanitas. Mitteilungsblatt des Rudi-Stephan-Gymnasiums Worms 47). Armknecht, Karl-Heinz, Die Wormser Stadtmauern, in: Der Wormsgau 9, 1970/71, S. 54 – 68. Arnold, Wilhelm, Verfassungsgeschichte der deutschen Freistädte im Anschluss an die Verfassungsgeschichte der Stadt Worms, Hamburg/ Gotha 1854 (2 Bde.). Becker, Adalbert, Beiträge zur Geschichte der Freiund Reichsstadt Worms und der daselbst seit 1527 errichteten Höheren Schulen, Worms 1880. Becker, Wilhelm Martin, Inventare der Gemeindearchive des Kreises Worms, Darmstadt 1937. Die Bestände des Hessischen Staatsarchivs Darmstadt, hg. v. Friedrich Battenberg, Darmstadt 1997 (Darmstädter Archivschriften 12). Das Bistum Worms. Von der Römerzeit bis zur Auflösung 1801, hg. v. Friedhelm Jürgensmeier, Würzburg 1997 (Beiträge zur Mainzer Kirchengeschichte 5). Böcher, Otto, Weckerling-Koehl-Bonin, in: Der Wormsgau 13, 1979/81, S. 39 – 44. Böcher, Otto, Der Alte Judenfriedhof zu Worms, Köln/Neuss 71992 (Rheinische Kunststätten 148). Boos, Heinrich, Zur Geschichte des Archivs der weiland Freien Stadt und Freien Reichsstadt Worms, in: Archivalische Zeitschrift 9, 1884, S. 99–119; 10, 1885, S. 193–196. Boos, Heinrich, Geschichte der rheinischen Städtekultur von den Anfängen bis zur Gegenwart mit besonderer Berücksichtigung von Worms, Berlin 1897–1901 (4 Bde.) [zit.: Boos, GRS 1– 4]. Deboben, Liselotte, Die alten Namen der Gemarkung Worms, masch. Staatsprüfungsarbeit Universität Gießen 1944.

DER

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B IBLIOGRAFIE

ZUR

G ESCHICHTE

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Liebfrauen Worms 1298 –1998. 700 Jahre Stift – 100 Jahre Pfarrei, hg. v. Gerold Bönnen, Burkard Keilmann u. Joachim Schalk, Mainz 1998 (QAmKG 86). Ein Lied von gestern? Wormser Symposium zur Rezeptionsgeschichte des Nibelungenliedes, hg. v. Gerold Bönnen u. Volker Gallé, Worms 1999 (Der Wormsgau, Beiheft 35). Mitteilungsblatt zur rheinhessischen Landeskunde NF, Themenheft Worms, Jg. 5, 2003 [42 S.]. Die Nibelungen in Burgund. Dokumentation des Symposiums von Stadt Worms und Nibelungenlied-Gesellschaft Worms e.V. am 30. 9. 2000, hg. v. Gerold Bönnen u. Volker Gallé, Worms 2001. Pietzsch, Gerhard, Zur Geschichte der Musik in Worms bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts, in: Der Wormsgau 3, 1951–1958, S. 249– 282. Ramge, Hans, Die Siedlungs- und Flurnamen des Stadt- und Landkreises Worms, Gießen 21979 (Beiträge zur deutschen Philologie 43). Reuling, Ulrich, Verwaltungs-Einteilung 1821– 1955. Mit einem Anhang über die Verwaltungsgebietsreform in Hessen 1968 –1981, in: Geschichtlicher Atlas von Hessen. Text- und Erläuterungsband, hg. v. Fred Schwind, Marburg 1984, S. 164–179 (Karten 24 – 26). Reuter, Fritz, Kaiser- und Königsurkunden aus dem Stadtarchiv, in: Von der Reichsstadt zur Industriestadt (Ausstellungskatalog, Städtische Kulturinstitute Worms), Worms 1966, S. 49–120. Reuter, Fritz, Pfeifer, Trompter, Posauner. Quellen zur Wormser Musikgeschichte, in: Der Wormsgau 10, 1972/73, S. 29 – 49. Reuter, Fritz, Pfarrkirche, Stätte der Reformation, lutherische Nebenkirche. Zur Geschichte der Magnuskirche vom 11. bis 18. Jahrhundert, in: Die Magnuskirche in Worms, hg. v. der Evangelischen Kirchengemeinde, Worms 1978, S. 33– 50. Reuter, Fritz, Worms in alten Ansichtskarten, Frankfurt/M. 1979. Reuter, Fritz, Vom Ordensspital zum Stadtkrankenhaus – Krankenfürsorge in Worms durch acht Jahrhunderte, in: Stadtkrankenhaus Worms. Festschrift zur Einweihung des Neubaues auf der Herrnsheimer Höhe, Worms 1981, S. 19– 40. Reuter, Worms – ehemals, gestern, heute. Ein Stadtbild im Wandel der letzten hundert Jahre, Stuttgart 1985. Reuter, Fritz, Jüdisches Worms. Raschi-Haus und Judengasse, Worms 1992 (kürzere Fassung: Das Jüdische Museum Raschi-Haus in Worms, in: Der Wormsgau 15, 1987/91, S. 10 – 29).

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Reuter, Fritz, Warmaisa. 1000 Jahre Juden in Worms, Frankfurt/Main 21987. Reuter, Fritz, Dr. Friedrich M. Illert (1892–1966). Zu seinem 100. Geburtstag, in: Der Wormsgau 16, 1991/95, S. 20 – 27. Reuter, Fritz/Christa Wiesner, Alter Judenfriedhof zu Worms, in: »Ein edler Stein sei sein Baldachin«. Jüdische Friedhöfe in Rheinland-Pfalz, hg. v. Landesamt für Denkmalpflege RheinlandPfalz, Mainz 1996, S. 163–171. Reuter, Fritz, Worms, in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG), Sachteil, Bd. 9, Kassel 1998, S. 2063– 2068. Reuter, Fritz, Wormser Historiker, Kunsthistoriker und Heimatforscher aus dem 19./20. Jahrhundert und ihre Grabstätten, in: Der Wormsgau 19, 2000, S. 63–102; 20, 2001, S. 127–142. Reuter, Fritz, Kirchhöfe, Gottesacker und Kommunalfriedhöfe in Worms – Zum 100jährigen Bestehen des Friedhofs auf der Hochheimer Höhe, in: Der Wormsgau 22, 2003, S. 145– 200. Rothschild, Samson, Das Archiv der jüdischen Gemeinde von Worms, in: Vom Rhein. Monatsblatt des Wormser Altertumsvereins 1, 1902, S. 21– 22. Rothschild, Samson, Aus Vergangenheit und Gegenwart der Israelitischen Gemeinde in Worms, Frankfurt/M 71929. Ruppel, Hans Georg/Birgit Groß (Bearb.), Hessische Abgeordnete 1820–1933. Biographische Nachweise für die Landstände des Großherzogtums Hessen (2. Kammer) und den Landtag des Volksstaates Hessen, Darmstadt 1980 (Darmstädter Archivschriften 5). Ruppert, Willi, Tradition und Fortschritt – 150 Jahre Sparkasse Worms, Worms 1988. St. Martin in Worms 996/1996. Festschrift zum 1000 -Jahre-Jubiläum, hg. v. Fritz Reuter, Worms 1996 (Der Wormsgau, Beiheft 34). St. Paulus Worms 1002– 2002. Kollegiatstift – Museum – Dominikanerkloster, hg. von Josef kleine Bornhorst OP, Mainz 2002 (QAmKG 102). Schaab, Meinrad, Geschichte der Kurpfalz, Stuttgart u. a. 1988–1992 (2 Bde.). Schmitt, Hermann, Die Patrocinien der Kirchen und Kapellen im ehemaligen Bistum Worms, in: Wormatia Sacra. Beiträge zur Geschichte des ehemaligen Bistums Worms, Worms 1925, S. 101–120. Schmitt, Sigrid, Literaturbericht Rheinhessen–Pfalz 1980 –1998 (Teil 1), in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 135, 1999, S. 461– 536.

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Schwan, Erich, Die Straßen- und Gassennamen im mittelalterlichen Worms, Worms 1936 (Der Wormsgau, Beiheft 1). Spille, Irene (Bearb.), Stadt Worms (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz 10), Worms 1992. Spille, Irene, Die Freie Stadt Worms vom 8. bis 18. Jahrhundert, in: Pfalzatlas, Textband 4, 58. Heft, Speyer 1994, S. 2159 – 2174 mit Tafel 171. Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, bearb. v. Gerold Bönnen, Koblenz 1998 (Veröffentlichungen der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz 79). Stotz, Ingo, Zur Geschichte der Apotheken in den Freien Reichsstädten Speyer und Worms sowie der Stadt Frankenthal von den Anfängen bis zum Jahre 1900, Marburg 1976. Wagner, Georg Wilhelm, Statistisch-topographischhistorische Beschreibung des Großherzogthums Hessen, Bd. II: Provinz Rheinhessen, Darmstadt 1830. Wagner, Georg Wilhelm/Friedrich Schneider, Die vormaligen geistlichen Stifte im Großherzogthum Hessen, Bd. II: Rheinhessen, Darmstadt 1878. Weckerling, August, Zur Geschichte von Worms mit besonderer Rücksicht auf Gewerbe, Handel und Verkehr, in: Die Hafen- und Uferbauten zu Worms 1890–1893, Worms 1893, S. 1– 54. Weckerling, August, Das Archiv der Stadt Worms, in: Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine 57. Jg. Nr. 11/12, 1909, Sp. 444– 454. Widder, Johann Goswin, Versuch einer vollständigen Geographisch-Historischen Beschreibung der kurfürstlichen Pfalz am Rheine, Bd. 3, Frankfurt/Leipzig 1787. Wormatia Sacra. Beiträge zur Geschichte des ehemaligen Bistums Worms. Aus Anlass der Feier der 900. Wiederkehr des Todestages des Bischofs Burchard hrsg. v. Festausschuss, Worms 1925. Wormser Profile. Lebensbilder zehn Wormser Persönlichkeiten, bearb. v. Carl J. H. Villinger, Worms 1966. Wörner, Ernst, Kunstdenkmäler im Großherzogtum Hessen. Provinz Rheinhessen. Kreis Worms, Darmstadt 1887. Zum 900jährigen Bestehen der Synagoge zu Worms. Eine Erinnerungsgabe des Vorstands der Israelitischen Religionsgemeinde, Worms 1934 (Sonderheft der Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland, Jg. 5).

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2. Geografie, Umland, eingemeindete Vororte 1200 Jahre Pfeddersheim, hg. v. der Stadt Pfeddersheim, Worms 1954. 1200 Jahre Wiesoppenheim 793–1993. Chronik und Festschrift zur 1200-Jahrfeier (22. Mai und 9. bis 13. Juni 1993) (Worms 1993). 1225 Jahre Pfeddersheim. Jubiläumstage 20. bis 27. Mai 1979, hg. v. d. Ortsverwaltung, Worms 1979 [ergänzter Nd. des Festbuches von 1954]. 1250 Jahre Pfeddersheim in Geschichten, Bildern & …, hg. v. d. Ortsverwaltung Pfeddersheim, bearb. v. Gerold Bönnen, Horb 2004.

Cappel, Albert, Wormser Bürger und Einwohner in den Pfeddersheimer Ratsprotokollen des 17. Jahrhunderts, in: Der Wormsgau 7, 1965/66, S. 52 – 60. Cappel, Albert, Die Familien von (Worms-)Pfeddersheim im Katastrophenjahr 1689, in: PfälzischRheinische Familienkunde 38, Heft 10, 1989, S. 438 – 457. Chronik von Worms–Abenheim, Bd. 1: Ein Dorf im Wonnegau, hg. v. Heimatverein-Worms-Abenheim, Worms 2003.

Abenheim. Festbuch zur 1200-Jahrfeier im Auftrag des Festkuratoriums zusammengestellt von E. Töpfer, Worms-Abenheim 1974. Alter, Wilhelm R., Studien zur Geschichte der Verfassung und Verwaltung der Reichsstadt Pfeddersheim zu Ausgang des Mittelalters und zu Beginn der Neuzeit, Worms 1951 (Der Wormsgau, Beiheft 11). Alter, Wilhelm R., Pfeddersheim um 1525. Zugleich ein Beitrag zur Erforschung des Bauernaufstandes in Südwestdeutschland, Worms 1990 (Der Wormsgau, Beiheft 30).

Dambmann, Albert, Die Stadtgeographie von Worms, Worms 1936 (Der Wormsgau, Beiheft 2). Dehio, Georg, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Rheinland-Pfalz/Saarland, bearb. v. Hans Caspary, München 21984. Dlugosch, Hans, Unser Rheindürkheim. Beiträge zu seiner Geschichte, eingebunden in Ereignisse der Zeitläufte, hg. v. d. Ortsgeschichtlichen Arbeitsgemeinschaft Rheindürkheim, Worms 1996 (masch. vervielf.).

Bardong, Otto, Harlesheim – Herlisheim – Herrnsheim. Beiträge zur Orts- und Pfarrgeschichte, in: Herrnsheim 771–1971, hg. v. Otto Bardong, Worms 1971, S. 43–104. Battenberg, Friedrich, Die Gerichtsverfassung in der Herrschaft Dalberg in der frühen Neuzeit. Ein Beitrag zur Organisation eines reichsritterschaftlichen Territoriums, in: AHG NF 40, 1982, S. 9– 95. Battenberg, Friedrich, Die Entwicklung der Gerichtsverfassung in der Herrschaft Dalberg im 16. und 17. Jahrhundert, in: Geschichtliche Landeskunde 25, 1984, S. 131–172. Bechtolsheimer, Heinrich/Julius Dieterich/Kurt Strecker, Beiträge zur rheinhessischen Geschichte. Festschrift der Provinz Rheinhessen zur 100-Jahrfeier 1816–1916, hg. v. d. Historischen Kommission für das Großherzogtum Hessen, Mainz 1916 [mit einer Territorialkarte 1787]. Bönnen, Gerold, Abenheim 774 bis 1999. Stationen der Ortsgeschichte, in: Der Wormsgau 18, 1999, S. 91–108. Brilmayer, Karl Johann, Rheinhessen in Vergangenheit und Gegenwart. Geschichte der bestehenden und ausgegangenen Städte, Flecken, Dörfer, Weiler und Höfe, Klöster und Burgen der Provinz Rheinhessen nebst einer Einleitung, Gießen 1905, Nd. Würzburg 1985.

Flohn, Hermann, Das Problem der Klimaänderungen in Vergangenheit und Zukunft, Darmstadt 1988. Friess-Reimann, Hildegard, Mennonitische Agrarreformer in Rheinhessen, in: Alzeyer Geschichtsblätter 30, 1999, S. 139 –149 [u. a. zu Ibersheim und Monsheim]. Gerlach, Horst, Mennoniten in Rheinhessen, in: Alzeyer Geschichtsblätter 18, 1983, S. 20 – 47 [u. a. zu Ibersheim und Monsheim]. Gillen, Anja, Eine Zweigniederlassung der Abtei Gorze im Bistum Worms. Das Priorat Pfeddersheim bis zum Jahre 1203, in: Liber amicorum necnon et amicarum für Alfred Heit. Beiträge zur mittelalterlichen Geschichte und geschichtlichen Landeskunde, hg. v. Friedhelm Burgard, Christoph Cluse und Alfred Haverkamp, Trier 1996 (Trierer Historische Forschungen 28), S. 145 –158. Glaser, Rüdiger, Klimageschichte Mitteleuropas. 1000 Jahre Wetter, Klima, Katastrophen, Darmstadt 2001. Hammer Festschrift 1982. 1200 Jahre Hamm am Rhein. Beiträge zur Natur- und Kulturgeschichte des Dorfes und seiner Gemarkung 782–1982, Hamm 1982.

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Herrnsheim – Porträt einer Gemeinde, hg. anläßlich der 1225-Jahrfeier im Jahr 1996 v. d. Ortsverwaltung Worms-Herrnsheim, Worms 1996. Heuser, Edmund, Chronik Horchheim – Weinsheim, Worms 1978. Heuser, Edmund, Worms-Weinsheim. Chronik, Worms 2004. Huth, Hans, Die Petruspatrozinien in der Diözese Worms, in: ZGO 110, 1962, S. 2 – 20. Illert, Georg, Das vorgeschichtliche Siedlungsbild des Wormser Rheinübergangs, Worms 1952 (Der Wormsgau, Beiheft 12). Johannes, Detlev, Worms-Pfiffligheim und WormsHochheim. Alte Dörfer – Neue Stadtteile. Ein geschichtliches Lesebuch, Alzey 1998. Kandler, Otto, Das Klima des Rhein-Main-NaheRaumes, in: Mainz und der Rhein-Main-NaheRaum. Festschrift zum 41. Deutschen Geographentag vom 30. 5.– 2. 6. 1977 in Mainz, Mainz 1977, S. 285– 298. Knobloch, Ludwig, Agrar- und Verfassungsgeschichte des Wormsgaues im Mittelalter, Worms 1951 (Der Wormsgau, Beiheft 10). Koch, Hans-Jörg, Weinparadies Rheinhessen, Alzey 1982. Konersmann, Frank, Soziogenese und Wirtschaftspraktiken einer agrarkapitalistischen Sonderformation. Mennonitische Bauernkaufleute in Offstein (1762–1855), in: Nachbarn, Gemeindegenossen und die anderen. Minderheiten und Sondergruppen im Südwesten des Reiches während der frühen Neuzeit, hg. v. André Holenstein u. Sabine Ullmann, Epfendorf 2004 (Oberschwaben – Geschichte und Kultur 12), S. 215 – 237. Konersmann, Frank, Neue Quellenfunde über die mennonitische Bauernfamilie Möllinger in den rheinhessischen Dörfern Monsheim und Pfeddersheim (1746 –1835), in: Mennonitische Geschichtsblätter 61, 2004, S. 118–123. Kraft, Rudolf, Das Reichsgut im Wormsgau, Darmstadt 1934 (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 16). Kropp, Werner, Der Judenfriedhof in Worms-Heppenheim, in: Der Wormsgau 17, 1998, S. 178 – 200. Ladenburg. Aus 1900 Jahren Stadtgeschichte, hg. v. Hansjörg Probst, Ubstadt-Weiher 1998. Lamb, Hubert H., Klima und Kulturgeschichte. Der Einfluß des Wetters auf den Gang der Geschichte, Hamburg 1989.

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Löffler, Thomas, Die jüdische Bevölkerung in Herrnsheim im 19. Jahrhundert (Wissenschaftliche Prüfungsarbeit, Fach Geschichte, Lehramt an Gymnasien), Mainz 2002 [93 S.]. Mahlerwein, Gunter, Die Underthanen mögten singen und tantzen, und sich gar uff die köpff stellen. Zur Reichweite presbyterialer Kirchenzucht zwischen dörflichem Eigensinn und weltlichen Machtansprüchen im späten 17. Jahrhundert, in: Der Wormsgau 17, 1998, S. 56– 88. Mahlerwein, Gunter, Die Herren im Dorf. Bäuerliche Oberschicht und ländliche Elitenbildung in Rheinhessen 1700–1850, Mainz 2001 (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abt. für Universalgeschichte 189; Historische Beiträge zur Elitenforschung 2). Mahlerwein, Gunter, Weizen, Wein und Weihnachtsball: 100 Jahre Landwirtschaftliches Kränzchen Alzey-Worms, Alzey 2001. Mahlerwein, Gunter, Alsheim–Halasemia. Geschichte eines rheinhessischen Dorfes, Alsheim 1996– 2004 (2. Bde.). Merkel, Ernst, Hexenprozesse in der Herrschaft Dalberg, in: Der Wormsgau 11, 1974/75, S. 79 – 83. Merkel, Ernst, Kurpfalz und Worms am Beispiel der nachbarlichen Beziehungen zu Frankenthal, in: Der Wormsgau 14, 1982/86, S. 31– 39. Michel, Paul, Chronik von Monsheim. Geschichte eines rheinhessischen Dorfes, Monsheim 1981. Penn, Otto H. A., Die Rechtsnatur des Hospitals Neuhausen zu Horchheim. Eine rechtshistorische und rechtsvergleichende Untersuchung des ehemaligen Kollegiatstifts St. Cyriakus und seiner Nachfolger in Worms-Neuhausen am Rhein, Diss. Mainz 1970. Pfeddersheim im Spiegel alter Ansichtskarten und Fotos, hg. v. Arbeitskreis für Kultur- und Landschaftspflege Worms-Pfeddersheim e.V., Texte: Felix Zillien, Horb 1997. Ramge, Hans, Die Siedlungs- und Flurnamen des Stadt- und Landkreises Worms, Gießen 21979 (Beiträge zur deutschen Philologie 43). Regionale Amts- und Verwaltungsstrukturen im rheinhessisch-pfälzischen Raum (14. bis 18. Jahrhundert), Stuttgart 1984 (Geschichtliche Landeskunde 25). Reichert, Georg, Mettenheimer Chronik, Worms 1970. Reuter, Fritz, Die Dalberg in Worms und Herrnsheim, in: Carl von Dalberg 1744–1817. Beiträge zu seiner Biographie, hg. v. Hans-Bernd Spies, Aschaffenburg 1994, S. 263 – 279.

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Rheinland-Pfalz und seine kreisfreien Städte und Landkreise, hg. v. Statistischen Landesamt Rheinland-Pfalz, Bad Ems 1992. Roschy, Richard/Eugen Schüler, Worms-Leiselheim. Ortschronik, Worms 2001 Rothausen, Karlheinz/Volker Sonne, Mainzer Becken, Berlin/Stuttgart 1984 (Sammlung Geologischer Führer 79). Schalk, Joachim, Neuhausen in Geschichte und Bildern, hg. v. Heimat- und Kulturverein Neuhausen e.V., Worms 1996. Scharpf, Hans-Jürgen, Erläuterungen zur geologischen Karte von Hessen 1 : 25 000, Blatt Nr. 6316 Worms (Hessisches Landesamt für Bodenforschung) Wiesbaden 1977. Schmahl, Helmut, »Verpflanzt, aber nicht entwurzelt«. Auswanderung aus Hessen-Darmstadt (Provinz Rheinhessen) nach Wisconsin im 19. Jahrhundert, Frankfurt/M. 2000. Schmitt, Otto/A. Steuer, Erläuterungen zur geologischen Karte von Hessen 1 : 25 000, Blatt Nr. 6016 Groß-Gerau (Hessisches Landesamt für Bodenforschung), Wiesbaden 1974. Schmitt, Reinhard, Heppenheim an der Wiese. Ein Heimatjahrbuch in Text, Bildern und Dokumenten, hg. v. Arbeitskreis für Heimatgeschichte, Worms 1971 Schmitt, Sigrid, Territorialstaat und Gemeinde im kurpfälzischen Oberamt Alzey, Stuttgart 1992 (Geschichtliche Landeskunde 38). Seiler, Alois, Das Hochstift Worms im Mittelalter, Worms 1936 (Der Wormsgau, Beiheft 4). Sofsky, Günter, Die verfassungsrechtliche Lage des Hochstiftes Worms in den letzten zwei Jahrhunderten seines Bestehens unter besonderer Berücksichtigung der Wahl seiner Bischöfe, Worms 1957 (Der Wormsgau, Beiheft 16). SPACETEC: Stadtklimauntersuchung Worms unter besonderer Berücksichtigung der Standortermittlung für ein Gewerbegebiet, Freiburg 1994. Spieß, Karl-Heinz, Lehnsrecht, Lehnspolitik und Lehnsverwaltung der Pfalzgrafen bei Rhein im Spätmittelalter, Wiesbaden 1978 (Geschichtliche Landeskunde 18).

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Spille, Irene, Rathäuser im Rhein-Main-NeckarRaum bis 1800, Darmstadt/Marburg 1985 (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 62). Spille, Irene, Worms-Pfeddersheim, Köln 1988 (Rheinische Kunststätten 328). Spille, Irene, Worms-Ibersheim, Köln 1994 (Rheinische Kunststätten 397). Spille, Irene, Juden in Pfeddersheim im 19. und 20. Jahrhundert. Darstellung der Geschichte der Gemeinde, der Synagoge und des Friedhofs, in: Der Wormsgau 18, 1999, S. 179– 220. Toussaint, Ingo, Die Grafen von Leiningen. Studien zur leiningischen Genealogie und Territorialgeschichte bis zur Teilung von 1317/18, Sigmaringen 1982. Trieb, Adolf, Ibersheim am Rhein. Geschichte des Ortes seit den frühesten Zeiten, mit besonderer Berücksichtigung der Mennonitengemeinde, o. O. 1911. Wagner, Georg Wilhelm, Statistisch-topographischhistorische Beschreibung des Großherzogthums Hessen, Bd. II: Provinz Rheinhessen, Darmstadt 1830. Wasserwirtschaftlicher Rahmenplan Rheinhessen, Bd. Erläuterungsbericht, Bd. Tabellen und Abbildungen, Kartenband, hg. v. Ministerium für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz, Mainz 1998. Werner, Ferdinand, Der dalbergsche Lustgarten und Sckells englische Anlage in Herrnsheim bei Worms, in: Die Gartenkunst 5, Heft 1/1993, S. 159 –192. Widder, Johann Goswin, Versuch einer vollständigen Geographisch-Historischen Beschreibung der kurfürstlichen Pfalz am Rheine, Bd. 3, Frankfurt/Leipzig 1787. Wilhelm, Dieter, Worms. Mittelstadt am Rande des Rhein-Neckar-Ballungsraumes. Eine stadtgeographische Betrachtung seiner Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert, Worms 1971 (Der Wormsgau, Beiheft 24) [mit selbständiger Kartenmappe].

3. Vor- und Frühgeschichte, Römische Archäologie, Frühmittelalter, Mittelalter Ament, Hermann, Fränkische Adelsgräber von Flonheim in Rheinhessen, Berlin 1970 (Germanische Denkmäler der Völkerwanderungszeit B 5). Ament, Hermann, die fränkischen Adelsgräber von Flonheim – Eine Nachbetrachtung, in: Der Wormsgau 23, 2004, S. 13 – 21.

Bakker, Lothar, Rädchenverzierte Argonnen-Terra Sigillata aus Worms und Umgebung, in: Der Wormsgau 20, 2001, S. 27– 42. Bauer, Walter, Baugeschichte der Pauluskirche und Magnuskirche zu Worms, Worms 1936 (Der Wormsgau, Beiheft 3).

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Behrens, Gustav, Denkmäler des Wangionengebietes. Germanische Denkmäler der Frühzeit I, hg. v. d. Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts, Frankfurt 1923. Behrens, Gustav, Römische Anlagen aufgrund des Protokolls und der zeichnerischen Aufnahmen der Ausgrabungen von Philipp Brand, in: Rudolf Kautzsch, Der Dom zu Worms, Berlin 1938, S. 53 – 64. Bernhard, Helmut, Römische Gläser in Worms. Sonderausstellung zum 100jährigen Jubiläum des Altertumsvereins Worms, Worms 1979. Bernhard, Helmut, Germanische Funde der Spätantike zwischen Straßburg und Mainz, in: Saalburg-Jahrbuch 38, 1982, S. 72 –109. Bernhard, Helmut, Studien zu den Anfängen römischer Besiedlung in der Region Ludwigshafen, in: Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz 83, 1985, S. 34–152. Bevor die Römer kamen. Kelten im Alzeyer Land. Katalog zur Sonderausstellung im Museum der Stadt Alzey, hg. v. Christopher F. E. Pare, Alzey 2003 (Alzeyer Geschichtsblätter, Sonderheft 17). Boppert, Walburg, Römische Grabmäler in Worms. Das Grabmal der Severii als historische Quelle des 3. Jahrhunderts, in: Der Wormsgau 16, 1992/ 95, S. 118–126. Boppert, Walburg, Römische Steindenkmäler aus Worms und Umgebung, Mainz 1998 (Corpus signorum imperii Romani – Deutschland II, 10). Boppert, Walburg, Zur Ausbreitung des Christentums in Obergermanien unter besonderer Berücksichtigung der Situation in der Provinzhauptstadt Moguntiacum, in: Religion der germanischen Provinzen Roms, hg. v. Wolfgang Spickermann in Verb. m. Hubert Cancik u. Jörg Rüpke, Tübingen 2001, S. 361– 402. Brühl, Carlrichard, Palatium und Civitas. Studien zur Profantopographie spätantiker Civitates vom 3. bis zum 13. Jahrhundert. Band II: Belgica I, beide Germanien und Raetia II, Köln/Wien 1990 [Worms S. 113–132]. Dolata, Jens, Die spätantike Heeresziegelei von Worms – Ein Beitrag zur Geschichte der Legio XXII Primigenia aufgrund ihrer Ziegelstempel, in: Der Wormsgau 20, 2001, S. 43–77. Dövener, Franziska, Die Wormser Gesichtskrüge, (Magisterarbeit masch.) Heidelberg 1990. Dövener, Franziska, Die Gesichtskrüge der römischen Nordwestprovinzen, Oxford 2000 (BAR International Series 870).

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Eggert, Manfred K. H., Die Urnenfelderkultur in Rheinhessen, Mainz 1973 (Geschichtliche Landeskunde 13). Die Franken, Wegbereiter Europas, Katalog hg. v. Reiss-Museum Mannheim, Mainz 1996 (2 Bde.). Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern, Bd. 13: Südliches Rheinhessen, Nördliche Vorderpfalz, Worms, Kirchheimbolanden, Donnersberg, Eisenberg, hg. v. Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz, Mainz 1972 (Nd. 1976). Grünewald, Mathilde, Die Römer in Worms, Stuttgart 1986. Grünewald, Mathilde, Museum der Stadt Worms im Andreasstift, München/Zürich 1990 (Schnell Kunstführer 1835). Grünewald, Mathilde, Der römische Nordfriedhof in Worms, Worms 1990. Grünewald, Mathilde, Die neuen Daten der inneren Wormser Stadtmauer und der östlichen Stadterweiterung, S. 51– 81 (mit 6 Plänen) in: Festschrift für Fritz Reuter zum 60. Geburtstag, hg. v. Joachim Schalk, Worms 1990 (Der Wormsgau, Sonderheft), S. 51– 81 (mit 6 Plänen). Grünewald, Mathilde, Die Grabungen an der Stiftskirche St. Paul in Worms (II). Die mittelalterlichen Befunde vor dem Westbau der Pauluskirche (= separater Anhang zu: Der Wormsgau 15, 1987/91, Worms 1991). Grünewald, Mathilde, Die Salier und ihre Burg zu Worms, in: Burgen der Salierzeit, Bd. 2: In den südlichen Landschaften des Reiches, hg. v. Horst-Wolfgang Böhme, Sigmaringen 21992 (Monographien des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 26), S. 113–123. Grünewald, Mathilde, Worms zwischen Burgunden und Saliern, in: Die Franken – Wegbereiter Europas. Vor 1300 Jahren: König Chlodwig und seine Erben, 2 Bde., Mainz 1996, Bd. 1, S. 160 –162. Grünewald, Mathilde/Klaus Vogt, Spätrömisches Worms – Grabungen an der Stiftskirche St. Paul in Worms (III.), in: Der Wormsgau 20, 2001, S. 7– 26. Grünewald, Mathilde, Neue Thesen zu den Wormser Stadtmauern. Mit Exkursen zur Mauerbauordnung und der Vita Burchardi sowie Bemerkungen zur Lage des Wormser Hafens, in: Mannheimer Geschichtsblätter NF 8, 2001, S. 11– 44. Grünewald, Mathilde/Klaus Vogt, St. Rupert und St. Paul in Worms. Grabungen an der Stiftskirche St. Paulus in Worms (V.), in: St. Paulus Worms 1002– 2002. Kollegiatstift – Museum – Dominikanerkloster, hg. von Josef kleine Bornhorst OP, Mainz 2002 (QAmKG 102), S. 1– 30.

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Oelschläger, Ulrich, Die evangelischen Gemeinden in Worms von 1933 –1945. Informationen, Reflexionen, Wertungen, in: Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der Evangelischen Gesamtgemeinde Worms (1893 –1993), Worms 1993, S. 15– 27. Olbrisch, Silke, Die Novemberrevolution 1918 in Worms unter besonderer Berücksichtigung des Arbeiter- und Soldatenrates, in: AHG 61, 2003, S. 193– 226. Parlament im Kampf um die Demokratie. Der Landtag des Volksstaates Hessen 1919–1933, hg. v. Eckhart G. Franz u. Manfred Köhler, Darmstadt 1991 (Arbeiten der Hessischen Kommission NF 6; Vorgeschichte und Geschichte des Parlamentarismus in Hessen). Plass, Anne, »Mischehen« zur Zeit des Nationalsozialismus am Beispiel der Stadt Worms, Facharbeit Geschichte Eleonorengymnasium Worms, 1998 [92 S.]. Pujari, Anjali, Worms unter französischer Besatzung (1918 –1930), Schriftliche Hausarbeit im Rahmen der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt für die Sek. II, Univ. Bonn 2001, masch. Ramge, Georg/Philipp Schadt, Festschrift zur Hundertjahrfeier der gemeinsamen Volksschule der Stadt Worms 1824 –1924, Worms 1924. Reuter, Fritz, Worms im Bombenkrieg und die Zerstörung der Stadt im Frühjahr 1945. Fakten, Zahlen, Berichte, in: Der Wormsgau 14, 1982/ 86, S. 61– 88. Reuter, Fritz, Vier bedeutende Wormser Familien im 19. und 20. Jahrhundert: Heyl, Valckenberg, Doerr und Reinhart, in: Genealogie. Deutsche Zeitschrift für Familienkunde Bd. 21, 42. Jg., 1993, S. 644– 661. Reuter, Fritz, Unbekannt verzogen? Die Deportation der Sinti und der Juden aus Worms 1940/42, in: Sachor 3, 1993, Heft 4, S. 31– 35. Reuter, Fritz, Politisches und gesellschaftliches Engagement von Wormser Juden im 19./20. Jahrhundert. Die Familien Eberstadt, Edinger, Rothschild und Guggenheim, in: Menora. Jahrbuch für deutsch-jüdische Geschichte 1999, S. 305– 345. Reuter, Fritz, Zwischen Integration und Vernichtung. Juden in Worms im 19. und 20. Jahrhundert am Beispiel des Lehrers und Historikers Samson Rothschild (1848–1939), in: »Eine nationalsozialistische Revolution ist eine gründliche Angelegenheit«, hg. v. Hans-Georg Mayer u. Hans Berkessel, Mainz 2000 (Die Zeit des Nationalsozialismus in Rheinland-Pfalz 1), S. 244– 252.

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Arens, Fritz, Die Errichtung des Hochaltars im Wormser Dom, in: Der Wormsgau 6, 1963/64, S. 25– 42.

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Stiftung Kunsthaus Heylshof. Kritischer Katalog der Gemäldesammlung, bearb. v. Wolfgang Schenkluhn, Worms 1992 (darin: Klaus Hansemann, Der Heylshof: Unternehmerschloß und Privatmuseum, S. 19 – 50; Judith Bürgel, »Da wir beide Liebhaberei an Antiquitäten besassen«. Zur Gemäldesammlung von Cornelius Wilhelm und Sophie von Heyl, S. 51–71). Das Südportal des Wormser Doms, hg. v. Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz, Worms 1999 (Forschungsberichte zur Denkmalpflege 5). Theiselmann, Christiane, Das Wormser Lutherdenkmal Ernst Rietschels (1856–1868) im Rahmen des Lutherrezeption des 19. Jahrhunderts, Frankfurt/M. u. a. 1992 (Europäische Hochschulschriften Reihe 28/135). »… und dies ist die Pforte des Himmels«. Synagogen Rheinland-Pfalz – Saarland, bearb. v. Stefan Fischbach u. Ingrid Westerhoff, Mainz 2004 (Gedenkbuch der Synagogen in Deutschland 2) [Wormser Synagogen: S. 395 – 406]. Werner, Ferdinand, Der dalbergsche Lustgarten und Sckells englische Anlage in Herrnsheim bei Worms, in: Die Gartenkunst 5, Heft 1/1993, S. 159 –192. Wiedenau, Anita, Katalog der romanischen Wohnbauten in westdeutschen Städten und Siedlungen, Tübingen 1983 (Das deutsche Bürgerhaus 34) [S. 296 – 298 zur romanischen Hauswand, Römerstraße 44]. Winterfeld, Dethard von, Neue Gedanken zur alten Diskussion über den Wormser Westbau, in: Zeitschrift des deutschen Vereins für Kunstwissenschaft 44, 1990, S. 76 – 91. Winterfeld, Dethard von, Die Kaiserdome Speyer, Mainz, Worms und ihr romanisches Umland, Regensburg 2000. Winterfeld, Dethard von, Der Dom zu Worms, Königstein/Ts. 42003. Wisser, Richard, Richard Stumm (1900 –1971). Perspektiven und Aspekte eines vielseitigen Wormser Künstlers im Blick auf drei ihm gewidmete Ausstellungen, in: Der Wormsgau 21, 2002, S. 103 –153. Wolf, Jürgen Rainer, Der Neubau der Pfarrkirche zu Abenheim und der Mannheimer Schloßbaumeister Jean Clemens Froimon, in: Festschrift anläßlich des 250-jährigen Jubiläums der Vollendung der Pfarrkirche St. Bonifatius in WormsAbenheim, Worms 1987, S. 46– 60.

Abbildungsnachweis Umschlagtitel:

Vorsatz vorn:

Vorsatz hinten:

Ausschnitt aus der Stadtansicht von Sebastian Münster, um 1550; Stadtarchiv Worms Abt. 217 (Grafische Sammlung) Lade 6 Nr. 23 d (Foto: Stadtarchiv Worms, Fotoabteilung) kolorierte Bleistiftzeichnung mit Blick auf die Stadt von Osten, 1891; Stadtarchiv Worms, Abt. 217 (Grafische Sammlung) Lade 6 Nr. 47 (Foto: Klaus Baranenko, Worms) Vorlage Stadtverwaltung Worms, Stadtvermessungsamt (Bearbeiter Stefan Weber)

Farbtafeln Farbtafel 1a Farbtafeln 1a, 2 – 3, 7, 8c, 9, 18, 24 Farbtafel 4 Farbtafel 5 Farbtafel 32b

Landesmuseum Mainz Klaus Baranenko, Worms Mathilde Grünewald (Museum der Stadt Worms) Entwurf: Mathilde Grünewald, Kartographie Stephan Weber, Stadtverwaltung Worms, Stadtvermessungsamt Stadtverwaltung Worms, Bauamt/Stadtvermessungsamt Alle übrigen Farbtafeln Stadtarchiv Worms, Fotoabteilung

Sw-Abbildungen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10– 34 35 36– 39 40 41– 46 47 48 51–110

Stadtarchiv Worms, Fotoabteilung Zeichnungen H.- J. Windecker, Museum der Stadt Worms Zeichnung Michael Ober, Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz Zeichnungen H.- J. Windecker, Museum der Stadt Worms Stadtarchiv Worms, Fotoabteilung Klaus Vogt, Museum der Stadt Worms Stadtarchiv Worms, Fotoabteilung Stadtarchiv Worms, Fotoabteilung Klaus Baranenko, Worms Stadtarchiv Worms, Fotoabteilung Stadtarchiv/Stadtbibliothek Mainz Stadtarchiv Worms, Fotoabteilung Landesarchiv Speyer Stadtarchiv Worms, Fotoabteilung Institut für Stadtgeschichte/Stadtarchiv Mannheim Manfred W. Köhler, Frankfurt Stadtarchiv Worms, Fotoabteilung

Karten Karten 1, 3– 8, 10 –14, 16–20 Karte 2 Karte 9 Karte 15 übrige Karten

Stadt Worms Landesvermessungsamt Rheinland-Pfalz, Koblenz (Ausschnitt) Bernhard Kreutz/Universität Trier Alfred Lameli, Marburg/L. Stadt Worms, Stadtarchiv/Stadtvermessungsamt, Robert Lehr Typographie

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Karte 20 Worms vor 1689 Rekonstruktion des Stadtgrundrisses: Stadt Worms, Bauamt, Abt. Stadtplanung. Ausführung: Stadtvermessungsamt Worms 2004 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29

Dom St. Peter Bischofshof St. Paulusstift St. Martinsstift St. Andreasstift St. Johannis, Pfarrkirche St. Lampert, Pfarrkirche St. Rupert, Pfarrkirche St. Magnus, Pfarrkirche Reuerinnenkloster Reichkonvent (Augustinerinnen) Dominikanerkonvent Jesuitenkolleg Heilig-Geist-Spital Stephanskapelle Kilianskapelle Valentinskapelle Synagoge Ritualbad/Mikwe Jüd. Tanz-/Hochzeitshaus Judenfriedhof Münze Rathaus/Bürgerhof Tanzhaus Kaufhaus Dalberger Höfe Schönauer Hof Otterberger Hof Pfalzgrafenhof

Stadbefestigung (erhaltene Teile eingezeichnet) 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53

Martinspforte Ziegelturm Henker-/Folterturm Scharfrichterturm Judenpforte Kopsort Wiedertäuferturm Rheinpforte Mayfels (Pforte) Schlosserturm Bettelvogturm Bürgerturm Torturm (Pforte) Marktmeisterturm Schmitt-Turm Bindturm Pfauenpforte Susannenturm Leonardspforte Luginsland (Innere) Andreaspforte Neidturm Neupforte Runder Turm

Register

Das Register, das keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann, weist Orte und Personen sowie in einer Auswahl auch Sachbegriffe aus. Der Index bezieht sich nur auf den Textteil, nicht dagegen auf die Anmerkungen. Die Nennung der Personennamen erfolgt für die Zeit bis 1500 unter dem »Vornamen«, für die Zeit danach unter dem »Nachnamen«. Die Angaben zu den Personen dienen lediglich der Identifizierung. Nicht aufgenommen sind Heiligennamen. Die Namen von Straßen im Stadtgebiet wurden in Auswahl berücksichtigt. Für das Mittelalter sei auf die Register in den drei Bänden der Quellenedition von Heinrich Boos verwiesen. Abkürzungen Bf. = Bischof Bg./Bgin. = Bürger/-in Bgm. = Bürgermeister Bm. = Bistum Ebf. = Erzbischof Ebm. = Erzbistum Ev. = Evangelisch Fam. = Familie Frhr. = Freiherr Geistl. = Geistlicher Gf. = Graf Ghz./Ghzt. = Großherzog/-tum Hl. = Heiliger/heilig Hz./Hzt. = Herzog/-tum Kap. = Kapelle Kath. = Katholisch Kfst. = Kurfürst Kg./Kgin. = König/Königin Kl. = Kloster Ks./Ksin. = Kaiser/Kaiserin Mz. = Mainz OB = Oberbürgermeister Odw. = Odenwald Pfgf. = Pfalzgraf (b. Rhein) Pfk. = Pfarrkirche Pfr. = Pfarrer Rhh. = Rheinhessen St. = Stift (Kollegiatstift) W. = Worms Z. = Zeitung

Aachen 109, 119, 123, 390, 399, 623 Abenheim → Worms-Abenheim Abraham Levie 679 Abraham Samuel ben Isaak Bacharach 678 Abresch, Philipp 389, 415 f., 426 f., 431 Ackerleute/-zunft 321, 328 f., 335, 338 »Acta Wormatiensia« 195, 238, 240, 243, 250, 257 Adalbert I. v. Saabrücken, Ebf. Mz. 148 Adalbert, Bf. W. 145–147, 693, 698 Adalger, Bf. W. 697 Adalhelm, Bf. W. 117 Adam v. Schwechenheim 240 f., 266 Adelbraht, Münzer 153 Adelheit Strechuseln, Bgin. 212 Adelung, Bernhard 570, 580, 582 Adenauerring 527, 537, 778, 790 Adilo (Eigenname) 49 Adler, Abraham 433 f., 688 Adlerapotheke → Prittwitz’sches Palais Adlerberg/-kultur 45–47, 49–51, 55, 97 Adolf, Pfgf. 712 Adolf v. Nassau, Kg. 182, 184, 205, 666 Adolf v. Nassau, Ebf. Mz. 186 Adolf-Hitler-Kampfbahn → Stadion Alzeyer Str. Adorf, Mario 847 Adressbuch 447 f., 450, 461, 475, 498, 528 Aetius, röm. Heerführer 84 Agnes v. Hochheim (Dirolf) 708, 711 f., 763 Agnes v. Nassau, Gfin. 710 Agricola, Rudolf 267

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Aktiengesellschaft z. Erbauung ... Wohnungen 517, 787, 807, 814 Ala Indiana Gallorum 64 Alamannen/-einfälle 80 f. Albert Cipura/Cippur, Bg. 723 Albert Löffler, Geistl. 717 Albert-Schulte-Park 462, 567 (→ Bahnhofsfriedhof) Albertwerke → Tonindustrie A. Albrecht I. v. Habsburg, Kg. 182, 184 f., 205 Albrecht II. v. Brandenburg, Ebf. Mz. 671 Albrecht Wüst v. Monsheim 185 Aleander, Geistl. 276 Alemannien 113, 117 Alexander ben Salomo Wimpfen Süßkind 669 Alexandra Feodorowna, russ. Zarin 526 Alexianerkonvent 253, 707, 713, 729 Alfons v. Kastilien, Kg. 200 Alicestraße 517 Alisa-Stiftung 858 Alldeutscher Verband 528 Allensbach/Bodensee 136 Allerheiligenkapelle 253, 729–731 (→ Rebstock, Zum) Allerheiligenmarkt → Märkte/Marktwesen/Messen Allmendamt 309 Alsbach/Bergstraße 678 Alsheim 111, 113, 326 f., 745 Altbach 45 Altersheim, jüd. → Jüdisches Altersheim Altersheim, städt. 507 Altertumsverein 98, 471, 480, 482 f., 551, 585 f., 747, 862, 863 Altes Spital 173, 729 f. Altes Zollhaus 48 »Älteste Stadt Deutschlands« 101, 593 Altgunde 118 Althochdeutsch 657 Altrip 111 Altsprachliches Gymnasium (1798–1977) 406, 465, 474, 502, 536, 547 f., 552, 572, 578, 643, 777 (→ Lateinschule, städt. (vor 1798) → Rudi-Stephan-Gymnasium (seit 1977)) Altstadtsanierung 567, 592, 638, 647 Altsteinzeit 45 Alzey 15 f., 32 f., 39, 62, 81, 89, 118, 201, 374, 401, 437, 445, 524, 796, 845 Alzey-Worms, Landkreis 851 Alzeyer Straße 86, 464, 499, 787 Amandus, Sohn d. Velugnus 71 Amandus, Bf. W. 104, 696 f. (→ St. Amandus) Amberg/Opf. 712 Amella, Fam. 175 Amerika → Vereinigte Staaten Am Hinkelstein (Monsheim) 47 Amsterdam 679

Amtsgericht 522, 536, 819 Amtskette (Oberbürgermeister) 542 f., 839 Andernach 115 Andreaspforte/-tor 253, 518, 537, 693, 733 Andreasstift → St. Andreas → Museum der Stadt Andreasstraße 74, 95, 555, 736 Andreasvorstadt → Vorstädte Angelo, Albertine d’ 797 Angeren/Niederrhein 665 Anna v. Flörsheim → Flörsheim, A. v. Annales Wormatienses → Wormser Annalen Anno, Bf. W. 109, 121–124 Annolied 127 Ansturm, Der (Z.) 571 Antes, Adam 789 Anthropologentag, Dt. (1896, 1903) 512 Antifaschistischer Zwölferausschuss (1945) 607, 610 Apostelbräu 499, 517, 568 (→ Werger’sche Brauerei) Apotheken/Apotheker 310, 339 Aquitanien 113, 831 Arbeiterbildungsverein 476 f., 500 Arbeiterhilfe (KPD) 560 Arbeiter- und Soldatenrat 527, 550 f., 842 Arbeitervereine 476 Arbeiterwohnsiedlung → Kiautschau Arbeitslose/-losigkeit 458, 557, 562, 564, 575, 577, 581, 588 f., 642, 644 f. Arbeitslosenfürsorge 810 Arbeitsnachweisstelle/-vermittlung, städt. 564, 810 f. Arbeitszeiten 799–802 Archiv → Stadtarchiv Archivtag, IX. Deutscher (1909) 512 Argiotalus, Reitersoldat 64, 85 Ariovist 60 »Arisierung« jüd. Besitzes 601 Armbruster, Wilhelm 617, 619 Armen- und Waisenhaus, städt. 301, 731 Armenärzte, städt. 813 Armenordnungen (1865, 1888) 809 f. Armenpflege/-verwaltung → Wohlfahrtspflege Arn, Bf. Salzburg 105 Arnold, Bf. W. 147, 700, 740 Arnstein/Lahn, Kl. 733 Arntz, Ludwig 511 Arnulf v. Kärnten, Kg. 116 f., 125, 692 Arretina 63 Arsenius 116 Aschaffenburg 384, 759 Aschkenas 668 Attila 836 Audulf 108 Aufbauverein (Wiederaufbauwerk, Baustiftung) 636 f., 646 f., 789

R EGISTER Auf der Au (Siedlung) 789 Augsburg 281 Augsburger Interim (1548) 283 Augsburger Konzil (952) 122 Augsburger Liga (1686) 299 Augsburger Religionsfrieden (1555) 782 Augustinereremiten(konvent/-kirche) 222, 253, 707–709, 715, 722 Augustinerinnen(kloster) → Reichkonvent Augustinerschule 522, 819 Augustus, röm. Ks. 63, 67 f. Aurelius Dizza 77 Aurelius Vapinus 77 Auskunfts- und Fürsorgestelle f. Lungenkranke 816 Ausländer 36 f. Austrägalgericht 309 Auswanderer/Auswanderung 447 Autobahnen (A 6, A 61, A 67) 644 f. Auwera, Johann W. v. d. 771 Auxerre 620, 852 Avitus, röm. Heermeister 83 Azecho, Bf. W. 142 f., 693, 726 Bacharach 368 Bacharach, Landfrieden v. 184 Bäcker/-zunft 225, 303, 310, 312, 319, 328–330, 335 f., 341, 392, 414 f. Backfischfest 595, 635, 863 Baden, Markgfen./Gfen./Ghzt. 185, 188, 400, 405, 422, 432 Baden-Baden 765 Baeck, Leo 599, 690 Baerle & Wöllner, van (Chemische Fabrik) 518 Bagdad 107 Bahnanschluss 524 (→ Eisenbahnbrücke) Bahnhof 462, 464, 523 f., 778 f., 838, 853 Bahnhofsfriedhof 443, 461 f., 466, 517, 524 (→ Albert-Schulte-Park) Bamberger, Ludwig 422 Bandel, Johann Philipp 409–411, 415 f., 419, 422, 426 f., 431–434, 439, 469 Bandelsche Sammlung 87, 98, 469 Bandkeramik 45 f. Bankwesen 459, 500 Barbara v. Flörsheim → Flörsheim, B. v. Barbarossaplatz 519, 533, 536, 777 Barbézieux, Marquis de 300 Bardorf, Ludwig 607, 621 Bärengasse 127 Bari/Apulien 158, 741 Bartholomäus, Heinrich 584 f., 588 f., 596, 605, 637 Bartning, Otto 769, 790 f. Baruch & Schönfeld → Nibelungenmühle

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Basel – Stadt, Kl. 15, 181, 186, 239, 338, 716–718 – Bfe./Bm. 181 Basel, Frieden v. (1795) 371 Bauamt, städt. (vor 1798) 309 Bauamt, städt. (nach 1874) 513, 516, 536, 637 Bauer, Adam 769 Bauer, Johann 433 Bauer, Walter 76 Bauernkrieg (1525) 32, 279 f. Bauernunruhen/-aufstände 195, 234, 266, 671 Bauhofgasse 66, 94 f., 127, 767 Baumgratz, Johann G. 770 Baur, Friedrich, Geistl. 280 Baustiftung → Aufbauverein Bautzen 620, 852 Bayer v. Boppard, Dietrich → Dietrich B. v. B. Bayerisch-Pfälzische Ludwigsbahn 462 Bayern, Hzt./Kgr. 104, 108, 113, 190, 398, 400 (→ Pfalz, bayer.) Bayerthal, Julius 820 Bayreuth 594 Beatrix, Pfgfin. 712 Bebelstraße 516, 533, 787 Beccaria, Thomas, Geistl. 749 Bechtheim/Rhh. (Ort, Kanton) 75, 366, 374, 377 f. Beck, Christoph 613 Becker, Adalbert 465, 482 Becker, Johann J. 432, 435 Beer, Alexander 536 »Befreiungsfeier« (1930) 580 Begarden (Semireligiose) 713 Begas, Reinhold 521 Beginen/-konvente 212, 253, 256, 271, 691, 708, 711–713, 727, 729 (→ Elisabeth Brogoren → Augustinerinnen(kloster) → Elmann, Konvent z. → Lemchen, Konvent z. → Reichkonvent → Rosenbaum, Konvent z.) Beier, Karin 848 Beifuß, Judendoktor 675 Beigeordnete (seit 1852) 446 f., 450, 478 f., 488 f., 552, 583 f., 612, 627, 641 Beisassen 325 f., 331 f., 367 Beisassenamt, städt. 309 Bekennende Kirche 596 Bekleidungsindustrie → Textilindustrie Bella bat Isaak 753 Bender, Heinrich 349 Bender, Peter 571, 842 Bennigsenstraße 518 Bensheim 534, 786 Bensheimer Straße 790 Beratende Landesversammlung (1947) 613 f. Berchtesgaden 512 Berenharius, Bf. → Bernhar, Bf.

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Berg, Georg 641 Bergen 824 Berggartenstraße 539 Bergkirche St. Peter → Worms-Hochheim Bergkloster → Palais Bergkloster → St. Andreasberg Bergstraße 40, 190, 201, 361 Bergsträsser, Ludwig 610 Berlepsch, Frhr. v. 796 Berlin 360, 426, 603, 633, 817 Berliner Ring 518 Bern 716, 811 Bernhar/Berenharius, Bf. W. 109, 114, 693, 736 Bernhard, Georg 330 Bernhard v. Clairvaux 155 Berthold Scharm, Geistl. 721 Berthulf, Bf. W. 104, 692, 735 Bertrada, Kgin. 108 Bertrand, Heinrich 419, 433 Besatzung, frz. (ab 1945) 609–613 Besetzung, frz. (1919–1930) 551 f., 554 f., 562, 565, 568 (→ »Befreiungsfeier« (1930)) Bessel-Hagen, Fritz 509, 817 Betriebliche Wohlfahrtseinrichtungen → Wohlfahrtseinrichtungen, betriebl. Bettelorden (Mendikanten) 170, 176, 178, 190, 202, 212, 221 f., 224, 248, 256, 259, 266, 269, 707–709, 717 f., 722 (→ Augustinereremiten → Dominikaner → Franziskaner → Karmeliter → Sackbrüder) Bettendorfhof 337, 448, 766, 788 (→ Kreisamt) Betz, Adam Joseph, Bgm. 448 Betz, Joachim 367, 385 f. Bevölkerungszahl → Einwohnerzahl Bianca Maria, Kgin. 255 Biblis 108, 111, 191, 576 Biebrich 527 Bier/Bierbrauer → Brauereien Bietigheim → Kammgarnspinnerei B. Bildungszentrum (BIZ) 643, 789 Bilger, Hans 761 Binder, Georg 488, 527 Binder, Hugo 624 Binder, Johann P. 410 f. Bingen 14 f., 40 f., 118, 180 f., 365, 367, 396, 401, 413, 445, 524, 813 Binnefeld, Jakob 528 Birkenau/Odw., Corneliusheim 550 Birklingen (bei Ochsenfurt), Kl. 721 Birr, Paul 786 Bischoff, Ludwig 799 Bischofshof/bfl. Schloss 109, 167 f., 176 f., 190, 209, 227, 230 f., 244 f., 253, 260, 301, 358 f., 371, 386, 669, 697, 727, 739, 757, 766 (→ St. Stephan/Bischofshof, Kap., → Saalstiege) Bismarck, Otto v. 461, 463, 521

Bismarckanlage (= Lutherring) 586 Bismarckdenkmal (1890) 521 Bistum Worms 105 f., 114, 121, 130, 135, 138, 180, 189 f., 196, 210–212, 234, 237, 251, 267 f., 301, 384, 691–694, 696, 698, 704, 706, 723 (→ Hochstift W.→ Ladenburg → Synodale (1496) → Wimpfen) Biterich, Martin 762, 772 »Biterolf und Dietleib« 832 f. Bittel → Filterplattenwerk B. Bittel, Fam. 519 Bittel, Karl Friedrich 485, 532 Bittel, Notariat 479 Bittelpark → Pfrimmpark Bittlinger, Joh. Adam 433, 435 Blank, Liselotte 790 Blattner, Philipp 389 Blenker, Barbara J. 406 Blenker, Ludwig 406, 422, 426 f., 432, 435, 439 Blücher, Gebhard Fürst v. 397 f. Blum, Robert 423, 425 Bluntschli, Alfred F. 466, 777 Bobenheim(-Roxheim) 710 Bobstadt/Ried 605 Bockenheim/Weinstraße 13 Böddeken, Kl. 718, 721 Bode, Baron v. 332 Boden, Wilhelm 614 Bodensee 136, 185 f. Boeninger, Adolf 433 f. Böhmer, Georg Wilhelm 321, 347, 350, 355 f., 362–364 Boisserée, Sulpiz 837 Bolanden, Herren/Gfen. v. 181, 710 (→ Werner v. B.) Bollwerk, Gräberfeld Am 78, 86 Bolschewik, Der (Z.) 569 Bombenkrieg → Luftkrieg Bonifatius, Ebf. Mz. 92, 105 f. Bonn 121, 129, 817 Bonne, Fam. 175, 217, 224, 226 → Konrad B. → Richer B. Boos, Heinrich 103, 133 f., 193, 195, 210, 224, 235, 293, 307, 333, 353, 401, 483, 486, 505, 526, 691, 699 Boosstraße 859 Boppard/Rhein 665 Boppard → Dietrich Bayer v. Borbetomagus (Worms) 61, 66 f., 78, 82, 85 Boufflers, General de 300 Bouley, General 617, 621 Boxheimer, Johann G. 528 Brack, Hieronymus 283 Brand, Philipp 71

R EGISTER Brauereien 337, 387, 459, 499, 568 (→ Apostelbräu → Werger’sche Brauerei) Braun, Otto 560 »Braunes Haus« (NSDAP) 576 Breidbach-Bürresheim, Emmerich J. v., Bf. W. 347 Breiding, Erich 855 Breisgau 124 Brentano, Otto v. 570 Bretonen 108 Briegleb, Hermann 547 Brogoren, Beginenkonvent → Beginen → Elisabeth Brogoren Bronzezeit, mittlere 51 f. Bronzezeit, späte 52 f. Brothalle 199 Brotpforte 700 Brottaxe 414 f. Bruch, Sebastian 375, 377 f. Bruchsal 125, 435 Brück, Heinrich, Bgm. 415 f., 439, 444, 458 f., 464, 469, 472, 474, 477, 480, 484, 494 Brücke/-nturm → Rheinbrücke Bruderschaften 170, 202 (→ St. Magdalena → St. Margaretha) Brumath/Elsass → Stephansfeld Brun, Ebf. Köln 119 Brünhild (Nibelungenlied) 830 Brunhildenbrücke 518, 524 Brunichild(e)/dis, Kgin. 103 f., 107, 127, 735 f., 826 Brunnen 496, 506, 774 (→ Gerechtigkeitsbrunnen → Marktbrunnen → Nibelungenbrunnen → Siegfriedbrunnen) Brunner, Leonhart 281, 283, 288 Bruno v. Toul, Bf. → Leo IX., Papst Bruschius, Caspar 833 Bucer, Martin 263, 281, 283 Buchdruck 256 Buchenwald (KZ) 600 Buchner, Karl 436 Buggo, Bf. W. 148, 151, 153 f., 157, 693, 696, 698 f., 741 Bündnis 90/Die Grünen 628 Büraburg 105 Burchard (I.), Bf. W. 73, 87, 93 f., 103, 109, 121, 125 f., 129, 131–140, 142 f., 153, 155, 504, 691–697, 699 f., 736, 738–741, 745 f., 750–753, 756, 760, 855 Burchard II., Bf. W. → Buggo, Bf. W. Burchard, Gf. 123 Burchard, vicedominus W. 162 Burchardfeier (1925) 573 Burchardjahr (2000) 648 Bürgeraufnahme → Bürgerrecht Bürgerfeld 200 Bürgerhof → Rathaus

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Bürgerhofgasse 483, 502 f., 765 Bürgerhospital/Hospitalfonds 426, 507, 522, 816 Bürgerkomitee (1848/49) 416 f., 419 f., 426 Bürgermeister 168, 170, 176, 203, 209, 218, 220, 222–224, 228, 233, 238, 247, 250, 403, 407, 426 f., 438 f., 445–448, 450, 477–479, 485, 488 f., 504, 553 (→ Oberbürgermeister) Bürgerrecht/-aufnahme 208 f., 222, 248, 266, 325–327, 456 Bürgerturm (Stadtmauer) 442, 756 Bürgerverein (1848) 424–426, 428 f., 436–438, 448 Bürgerwehr (1848/49) 431 f., 434, 438 Bürgerweide 46, 200, 441 f., 567 (→ »Wäldchen«) Burgund/Burgunden 82–85, 87, 113, 117, 593, 829, 831 (→ Rudolf v.) Burkhardstraße 576 Bürstadt 111, 116, 592 (→ Grundwasserwerk) Busch, Georg 375 Buschulte, Wilhelm 770 Byzanz 107 Caesar, C. Iulius 60 f., 127 Calvinismus 264 Campo Formio, Frieden v. (1797) 373 Capetinger → Kapetinger Capito, Wolfgang 283 CDU 612, 614–620, 648 Centmayer, Marcus 753 Centralverein dt. Staatsbürger jüd. Glaubens (CV) 574 Chatten 67 Chemische Fabriken und Asphaltwerke AG 498, 557 Chemische Industrie (allg.) 498, 549, 557 f., 568, 645 Chemnitius/Chemnitz, Christophorus 316 f., 677 Chevreau (Ziegenleder) 499 Chilperich I., Kg. 826 Chlodwig I., Kg. 826 Chlotar II., Kg. 103 f., 826 Christlich-Demokratische Union → CDU Christliche Gewerkschaften 558, 803 Christlich-Sozialer Volksdienst → CSVD Chroabald → Chrodoald Chrodoald, Bf. W. 104 Chromgerbung 499 Cichorienfabrik(en) 457 Cipura/Cippur, Fam. → Albert C. → Heinrich C. Civitas Vangionum 66 f. Clairvaux, Kl. 710 → Bernhard v. Clapis → Petrus Antonius de Claudius, röm. Ks. 64 Clausius, Christoph H. 349, 356, 364, 368 f. Cnyrim, Fam. 492 Cochläus, Johannes 276, 281

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Collegium illustre (ref. Gymnasium, Worms-Neuhausen) 346 Colmar 716 f. (→ Unterlinden) Colmar, Joseph Ludwig, Bf. Mz. 384 Condé, Louis J. Prince de 358–361, 371 Cornelianum 534 f., 542, 547, 639, 786, 788, 839–842 Cornelianumsbad 535, 818 Corneliusheim → Birkenau/Odw. Cornelius Heyl (AG), Lederwerke 455, 457, 475, 499 f., 516, 518, 531, 548, 550, 558, 567 f., 575, 589–591, 604, 611, 643, 794–796, 799, 801, 803–807, 818 Cornelius-Heyl-Straße 70 Cronenbold, Justus 613 CSVD (Christlich-Sozialer Volksdienst) 582, 617 Cuno v. Schöneck, Bf. W. 210 Custine, Adam Philippe 362, 364 f. DAF → Deutsche Arbeitsfront Dagobert I., Kg. 102, 104 f., 125, 127, 692 f., 735 Dagobert III., Kg. 102, 104 Dahn, Herren v. 186 Dalberg, v. (Kämmerer v. Worms) – Emmerich Joseph v. D. 389, 761 f., 778, 780 – Fam./Herrschaft D. 176, 186, 189, 195, 226, 237, 315, 319, 670, 685, 708, 762 f., 768 (→ Johann v. D., Bf. W. → Worms-Abenheim → Worms-Herrnsheim) – Franz Heinrich v. D. 762, 775 – Georg v. D. 762 – Karl Theodor v. D., Bf. 384 – Maria Louisa v. D. 779 f. – Philipp v. D. 761, 778 – Philipp Wilhelm v. D 772 – Wolf Friedrich v. D. 762 – Wolfgang Eberhard v. D. 778 – Wolfgang Heribert v. D. 349 Dalberg-Acton, John 779 Dalberg-Loge 573, 690 Dalsheim (Flörsheim-D.) 14 f. Dalwigk, Carl F. Frhr. v. 422, 427, 437, 444, 468, 471 Dampfmaschine 457 f., 794 Dänemark 423 Dankwartstraße 841 Darmstadt 302, 400, 402, 413 f., 417, 479, 487 f., 493, 496, 508, 511, 524–526, 534, 547, 551 f., 554, 575, 582, 584, 587, 594, 597, 610, 744, 777, 782, 785, 794, 798, 807, 812, 814, 816 Darsberg → Hoher Darsberg Daun → Heinrich v. Daus, Georg 597 Dauth, Karl 459 David ben Josua Joseph Oppenheim 678, 754 David v. Gundheim, Ritter 713

DDP 552–554, 559–561, 573, 617 (→ DStP) Dechaneikaserne 442 Degrasfabrik Trumpler 498 Dehos, Willi 786 Deidesheim/Pfalz 117, 122 Dekadenkult/-tempel 382, 389 Delafond, Intendant 301 Delkeskamp, Friedrich W. 454, 468 Deltawerke 498, 518 Demobilmachung (1918) 551 Demokratischer Verein (1848–50) 414, 421–426, 428–431, 438 f. Denk, Hans 263, 267, 279, 281 Deppisch, Spielgruppe 634 (→ Stadttheater) Dersch → Eckhard v. Deutsche Arbeitsfront (DAF) 586 (→ »Kraft durch Freude«) »Deutsche Christen« 596 Deutsche Demokratische Partei → DDP Deutsche Kolonialgesellschaft 528 Deutsche Schule → Elementarschule, luther. (vor 1798) Deutsche Staatspartei → DStP Deutsche Volkspartei → DVP Deutscher Flottenverein 528 Deutscher Luftflottenverein 528 Deutscher Orden 707, 733 Deutschkatholiken 412 f., 447 Deutschnationale Volkspartei → DNVP Deutschvölkische Freiheitspartei 559 Deutschvölkischer Schutz- und Trutzbund 553 Deva/Chester 71 Devotio moderna 267, 273, 718 Diakonie 574 Dialekt 650, 652–655, 657–663 Dieburg, Elisabeth Eulerin v. 762 Diemel 108 Dienheim 111–113, 167 Diepenbrock, Joseph v. 422, 433, 435 Diestelmann, Theodor 596 Dieter Kämmerer der Junge, Junker 218 Dietrich Bayer v. Boppard, Bf. W. 212, 218 Dietrich, Ernst Ludwig 596 Dietrich v. Bern (Nibelungenlied) 826, 831, 833 Dietrichsage 824 Dingler, Karcher & Cie., Stahlwerk 518, 602 Dirmstein 366 Dirolf (v. Hochheim) 175, 708, 711 f., 763 Disibodenberg, Kl. 191 Dittelsheim 745 Dittelheim-Heßloch 852 Dittmar, Emil 487 DNVP 553 f., 560 f., 569, 581 f. Doerr, Fam. 455, 457 Doerr, Johann B. 476, 479

R EGISTER Doerr & Reinhart, Lederwerke 73, 457, 517 f., 550, 558, 564, 575, 589 f., 604, 643, 794 f., 803, 806–808, 818 Döffingen 187 Dolgesheim 583 Dom St. Peter – Allgemein 73, 81, 86, 88 f., 94, 127, 140, 143, 147, 151, 153, 158, 169, 176, 195 f., 203, 208, 227, 239, 244 f., 268, 301, 344, 348, 354, 359, 367, 386 f., 391, 469, 474, 520 f., 572, 580, 592, 594, 606, 635 f., 638, 692 f., 695, 697 f., 724, 735 f., 738–745, 750 f., 753, 757–761, 778, 792, 827 f., 834, 844, 847, 852, 855 (→ Bischofshof → Dombezirk → Domkapitel/ -stift → Domrestaurierung (ab 1890) → Domschule → Kunstrat f. d. Dom → Saalstiege) – Altäre – Heilig-Kreuz 143, 697 – Hippolyt 143, 697 – Hochaltar 470, 745, 766, 771 f. – Kilian 143, 697 – Laurentiuschor/- altar (Westchor) 142, 158, 232, 469 f., 520 f., 587, 592, 739, 741, 750, 756, 792 – Mauritius 143, 697 – Nikomedes 143, 697 – Ausstattung – Altartafeln (13. Jh.) 744 – Christophorus-Bild 744 – Daniel i. d. Löwengrube 744 – Dreijungfrauenstein 744 – »Geschichtsfenster« 792 – Juliana-Relief 153 f., 698, 744 – Kruzifix (11. Jh.) 739, 743 – Löwentaufstein 744, 761, 764 – Baptisterium → St. Johannes, Pfk. – Dombau 137 f., 153, 157 f., 163 f., 692, 695, 697–699, 735 f., 738–745 – Dombauverein (1856) 469, 520, 855, 862 – Dombezirk 134, 344 – Domgemeinde 856 – Domherrenhäuser → Bettendorfhof → Haus zum Silberprenner – Domkreuzgang 167, 242, 743 f., 757, 761, 776, 781 – Wurzel Jesse 243, 761 – Domorgel (1790) 349 – Dompropst 167, 170, 213, 224, 237, 597, 697, 702, 705, 724 – Domscholaster → Ebbo – Domweihe (1181) 158, 698 f. – Kapellen – allg. 143 (→ St. Stephan/Bischofshof, Kap.) – Ägidien-/Marienkap. 469, 743, 792

1047

– Annenkap. 742 f., 760, 792 – Georgskap. 743, 792 – Nikolauskap. 143, 573, 697 f., 739 f., 744, 757, 760, 792 – Nordportal 162 f., 176 f., 744 f. – Saliergrablege 137 f., 143 – Silberkammer 739, 743 – Südportal 196, 208, 702 f., 742, 757–760 Domdechaneischule 820 Domhügel (archäolog.) 45, 66, 71 Dominikaner(konvent/-kirche) – vor 1803 178, 222, 241, 253, 266, 301, 342, 385, 707–709, 711, 713, 715–718, 722, 769 f., 776 (→ St. Paulus, Dominikanerkloster (ab 1929)) – Provinzialkapitel 707 Dominikanerinnen → Worms-Hochheim, Liebenau, Kl. St. Agnes → Worms-Hochheim, Maria Himmelskron Dominikanerobservanten 715 f. Domitian, röm. Ks. 66 Domkapitel/-stift 124, 147, 160, 167, 174, 176, 196 f., 199, 201, 203–205, 211–213, 215, 217, 237–239, 242, 247 f., 256, 265, 271–275, 285– 288, 301, 666, 692 f., 695, 697, 701 f., 704, 709, 722, 724, 730, 733 Domneck → Friedrich v. Domrestaurierung (ab 1890) 519–521, 573, 743 Domschule 125, 138, 347, 695 Donau 595, 721, 844 Donndorf, Adolf 473, 782 Donnersberg, Departement/Kreis 40, 49, 60, 118, 374, 383 f., 389, 397 f., 401 Donnersbergstraße 786 f. Dorn, Petrus 749 Dortmund 665 Dörzbach, Otto 769 Drach, Peter 247 Dreifaltigkeitskirche 97, 337, 342, 348, 354, 367, 381 f., 391, 420, 423, 472 f., 502, 542, 572, 575, 596, 606, 636, 638, 766, 768–770, 790 f. Dreißigjähriger Krieg 32, 294 f., 298 f., 307, 311, 319, 325 f., 346 f., 666, 680, 757 Dreizehnerrat/-kollegium (1522–1798) 260, 305 f., 308–310, 311 f., 314 f., 320 f., 339, 355, 367, 372 Dresden 781 f., 786 Drifzahn (Treves), jüd. Fam. 667 DStP 582 Dufour, Joseph 779 Duisburg 160 Dürkheim, Bad (Kreis) 40 Dürkheim, Bad (Ungstein) 75 DVP 551–554, 559–561, 569, 573, 578, 580–582, 607, 617 Dyckerhoff, Jakob F. 778

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R EGISTER

Ebbo, Domscholaster 135 f. Eberbach/Rheingau, Kl. 167, 709 f., 715, 733 Eberhard, Hz. 121 Eberhard Raugraf, Bf. W. 174, 200, 202 f. Eberhard v. Leiningen, Geistl. 707 Eberhard v. Strahlenberg, Bf. W. 182, 205, 708 Ebernburg 191, 738 Eberstadt, Ferdinand, Bgm. 407, 415 f., 419, 422, 426 f., 430–432, 434, 436, 438–440, 445, 448, 688 Ebert, Ernst 528 Eberwin v. Kronberg, Bf. W. 206 Eckehard, Meister 203 Eckenbert 134, 151 f., 697, 699, 727 Eckenbertstraße 537 Eckert, Christian, OB 611 f., 620, 649 Eckhard, August 596 Eckhard v. Dersch, Bf. W. 213, 221, 226 Eder 137 Edikt → Wormser E. Edinger, Ludwig 459 Edinger, Markus 449, 459, 464, 476, 481 Effern, Wilhelm v., Bf. W. 265 Egell, Paul 744 Egerer Landfrieden 187 Egli, Herta 623 Eglin, Walter 770 Ehrenbürger/-würde/-schaft 461, 465, 472, 474, 486, 507, 512 f., 521, 525, 534, 583, 602, 622 Eich/Rhh. 89, 117, 301 Eich, Joh. Friedrich 403, 425, 428, 437, 448, 463, 472 f. Eichamt/-anstalt 449, 518 f., 777 Eichbaum-Brauerei 568 Eichel, Hans 588 Eidbuch (älteres) 193 f., 228 f., 667 Eingemeindungen (1898, 1942, 1969) 34 f., 489, 497, 527, 531–533, 603, 644 Eingemeindungsdenkmal → Westendschule Einhard 115 Einwohnerzahl 34–36, 251, 298 f., 302, 324–327, 403 f., 441, 446, 495 f., 527, 532, 642, 644 Einzelhandel 446 f., 494, 459 f., 525, 569 Eisbach 19, 27, 45, 48 f., 60, 97, 111, 189, 200, 709, 725, 730 Eisenbahn/Bahnknotenpunkt 462 (→ Bahnanschluss → Bahnhof) Eisenbahnbrücke 524, 644 Eisenbau Stumpf, Wormser 498 Eisenberg/Pfalz, vicus 67 Eisenzeit 45, 53 f. Eisermann, André 635 Eiserne Front 576 Elberfelder System (Armenfürsorge) 809 Elbert, Philipp 502

Elektrizitätswerk, städt. 530, 533, 537, 777 Elementarschule, luther. (vor 1798) 346 Elendenherberge 730 f. Eleonore v. Hessen(-Darmstadt), Ghzin. 534, 539, 785 Eleonorenschule (Höhere Töchterschule) 516, 539, 572, 578, 778, 785 »Elephant« (Haus) 766 Elia Loanz 679 Elisabeth Brogoren, Bgin. 708 Elisabeth v. Braunschweig, dt. Kgin. 181 Elisabeth Charlotte (Lieselotte v.d. Pfalz) 300 Eller, August 493 Ellwangen/Jagst, Kl. 107 Elmann, Beginenkonvent zum 713 (→ Beginen) Elsass 113, 143, 201, 259, 721 Elsheim 416 Eltz-Kempenich, Maria v. 762, 775 Emanzipation, jüdische 688 Embede 744 Emicho Raugraf, Bf. W. 205, 207, 666, 702 Emicho v. Leiningen, Gf. 201 Emicho v. Schöneck, Bf. W. 210, 666 Emmerich Joseph v. Dalberg → Dalberg Emmerich, Wäscherei 800 Endemann, Philipp Lorenz 355, 364 Endtner, Johann Jörg 767 Engelapotheke → Apotheken/Apotheker Engelmann → Jakob Engelmann Engelmann, Johann 528 f. Engeln, Hans 797 Enghien, Duc d’ 358 f. Englische Fräulein (kath. Mädchenschule) 539 Enkenbach (-Alsenborn), Kl. 706 Ensisheim/Elsass 669 Entnazifizierung 545, 631 f. Enzinger, Lorenz 466 Eppingen 124 Eppstein → Siegfried v. Erbach, Schenken v. 186, 211 Erdbeben 17, 127 Erenburger Straße 523, 588, 789 Eresburg 108 Erfurt 105, 339 Erhard Falkener 762 Erinfrid 118 Erintrud 105 Ermbert, Bf. W. 109 Ermensul (Irminsul) 108 Ernährungsamt, städt. 547 f., 602 f. Ernst, Friedrich J. H. 479 f., 488 Ernst Ludwig, hess. Ghz. 486 f., 508, 516, 521, 524, 526, 531, 534 f., 547, 690, 785, 839 Ernst-Ludwig-Brücke 484, 488, 520, 524, 526, 536, 605, 777, 838

R EGISTER Ernst-Ludwig-Schule 777 Ernst-Ludwig-Verein 807 Erpo, Bf. W. 126 Erster Weltkrieg 546–550, 786, 794 Erthal, Friedrich K. J., Bf. W. 354, 358–361, 384 Erwerbslose/-ndemonstrationen/-fürsorge → Arbeitslosigkeit Erziehungswissenschaftliche Hochschule 634 (→ Fachhochschule) Eschenauer, Emil 624 Eschenburg, Theodor 634 Esser, Johann G. 432 Ettenheim/Baden 361 Etzel (Nibelungenlied) 824, 827, 831 Eulenburg (Haus) 98, 513, 767 Euler, Franz, Bgm. 448 Euler, Ludwig 461, 464, 467, 502, 504–507, 513 »Europahaus« 639, 790 f. Ev. Bewegung (16. Jh.) 262 Ev. Bund 512, 528 Ev. Kirche (ab 1822, allg.) 572, 597, 862 → Luthertum Ev. Landeskirche in Hessen 551, 572 Ev. Missionsfrauenverein → Missionsfr.verein, Ev. Ev. Union (1822) 771 Ev. Verein für Innere Mission 572 Ewiger Landfrieden (1495) 190 EWR (Elektrizitätswerk Rheinhessen) 858 Exner, Anton J. 451 Faber, Paul 319 Fabrikantenvillen 466 Fabrikaufsicht 796 Fabriken (allg.) 455, 457–459, 794–796 Fachhochschule 634, 647, 789, 858 (→ Erziehungswissenschaftliche Hochschule → Pädagogische Akademie/Hochschule) Fahnenwagen 201 Falkener → Erhard F. Farbenfabrik L. A. Mayer & Sohn 498 Farbwerke Schieferdecker 498 Fastrada 108, 736 Faust, Die (Z.) 569, 574 FDP/Liberale Partei 614 f., 623 f. Fehr, Philipp, Geistl. 465, 469, 470, 526 Felbermeyer & Reuter, Fabrik 795 Feld- und Pörtelgericht 309 Felsberg/Odw. 816 Ferdinand I., Ks. 671 Ferdinand III., Ks. 674 Fernhandel/Handel allg./Kaufleute 111, 113, 126 f., 129, 136, 140, 142, 144 f., 149, 155 f., 173 f., 236, 333 f., 338 f., 446, 665 Festhaus → Spiel- und Festhaus Festhausstraße (= Rathenaustraße) 486, 519 f.

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Festwiese/Festplatz (Rhein) 523, 567 (→ Kisselswiese) »Fettmilchaufstand« (Frankfurt) 676 f. Feueramt, städt. 309 Feuerwehr 449 Filterplattenwerk Bittel 498 Finanzamt (Gebäude) 567, 786 Finger, Jakob 462 Finsterwalder, Ulrich 789 Fisch, Walter 625 Fischbach (b. Kaiserslautern) 714 Fischer, Gernot, OB 620, 623, 851 Fischer, Konrad 535 Fischer, Theodor 534 f., 570, 777, 786, 839 »Fischereck« (Rheinstraße) 519 Fischer(ei)/Fischhandel/Fischerzunft 146, 303, 306, 328–331, 334–336, 338, 344, 354, 594 Fischerweide, Große/Kleine 301, 346 (→ Backfischfest) Fischmarkt 66, 96 f., 127, 199, 253, 727 f. Fiscus, Schulmeister 340 Flandern 339 Fleckenstein → Johann v. Fleckfieberepidemie (1813/14) 396 f. Fleischer → Metzger/-zunft Fleischscharren 199 f., 226, 336 Fleischtaxe 229 Flomborn 46 f., 89, 98 Flonheim 89 Flörsheim, Anna v. 762 Flörsheim, Barbara v. 762 Floßhafen 496 f., 499, 537 Flossmann, Josef 535 Flottenverein, Dt. → Deutscher Flottenverein Flughafen 644 Flusswasserwerk 490, 494, 496, 516, 524, 817 (→ Wasserwerk Bürstädter Wald) Folkwin, Bf. W. 113, 115, 693 Fontenoy, Kl. 114 Fortbildungsschule, städt. 465, 510 Fortschrittliche Volkspartei 528 Fortschrittspartei → Hessische F. Forum, Römisches → Römisches Forum Franck, Christoph 759 Franco, Bf. W. 126 Frank, Helmut 599 Frank, Julius 583, 598 Frankenthal (St., Stadt) 40, 134, 151 f., 163, 295, 317, 333, 336, 389, 397, 432, 468, 550, 697, 699, 706, 710, 720 f., 733, 769 – Frankenthal-Mörsch 442 Frankfurt/Main 108, 111, 115, 118, 124, 173, 180, 186–188, 200 f., 223, 239, 254 f., 290 f., 302– 304, 315–319, 321, 336, 338, 364, 413 f., 432, 582 f., 633, 665, 669, 672, 675, 676 f., 717 f., 769

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Frankreich 299–301, 353–399, 417, 669 (→ Besetzung → Französische Revolution → Ludwig XIV., Kg. → Stadtzerstörung 1689) Franz, Uwe 851 Franz II., Ks. 382 Franz v. Sickingen, Ritter 191 f., 259 f., 720, 738 Franziskaner(konvent/-kirche) (Barfüßerkloster) 222, 234, 253, 266, 346, 707–709, 713, 722 – Provinzialkapitel 707 Französische Besetzung (1919–1930) → Besetzung Französische Revolution 321, 353 f., 778 Franz-Ludwig, Bf. W. → Pfalz-Neuburg Frauenbad, jüd. → Mikwe Frauensynagoge → Synagoge Frauenvereine 475, 550 Fredegar 102 f., 826 Fredegunde 826 Freed, Georg 419 Freher, Marquard 833 Freido, Bf. Speyer 112 Freie Demokratische Partei → FDP Freienthal, Freifrau v. 332 Freier Gewerkschaftsbund (1945) 624 f. Freie Wählergemeinschaft → FWG Freihafen 443 f. Freiheitsbäume 364 f., 368 f., 380 f. Freiherr, Johann 281 Freimaurer/-loge 349, 448, 465, 480 Freischaren (1848/49) 432, 438 Freisinnige/Freisinniger Verein 490, 492, 528 f. Frei-Soziale Union (FSU) 627 f. (→ Penk, Friedrich) Fremdarbeiter → Zwangsarbeiter Fremdenverkehr 41, 570, 593, 595, 645 f., 648 (→ Verkehrsverein) Fresenius, Otto 820 Friedberg 180 f., 485 Friedensgericht (1180) 159, 164 Friedensgericht W. (ab 1798) 375, 450, 502 Friedhöfe (allg.) 451, 466 (→ Bahnhofsfriedhof → Hochheimer Höhe → Judenfriedhof (Alter, Neuer) → Pestfriedhof → Rheingewannfriedhof) Friedhofskapelle → Hochheimer Höhe Friedrich I. Barbarossa, Ks. 149, 151, 155, 157–161, 164, 229, 697, 699, 739, 744 f. Friedrich II., Ks. 168–174, 181, 184, 203, 665, 740, 790 Friedrich III., Ks. 88, 99, 240, 245, 255, 263, 728, 731, 834 Friedrich I., Pfgf. 267 Friedrich II., Pfgf. 266, 721 Friedrich III., Pfgf. 693, 763 Friedrich V., Pfgf./Kg. 294 f., 317, 678 Friedrich d. Grosse, preuß. Kg. 343, 770 Friedrich d. Schöne (Gegenkg.) 184 f.

Friedrich d. Weise, Hz. v. Sachsen 781 Friedrich v. Bayern, Hz. 186 Friedrich v. Domneck, Bf. W. 230, 234 f., 718 Friedrich v. Leiningen, Gf. 185 Friedrich v. Schwaben, Hz. 148 Friedrich Raugraf, Bf. W. 203 f. Friedrichskirche (reformierte Pfk.) 343 f., 346, 354, 596, 639, 765–767, 770 f. Friedrichstraße 95, 537, 700, 727 Friesen 113, 129, 131, 142, 665 Friesenheim → Ludwigshafen-F. Friesensperre/Friesenspitze 131, 665 Friesenstraße 518 Fritzlar 105 Fronleichnam/-sprozession 573, 597, 709 »Frontkämpfersiedlung« Worms-Pfiffligheim 592 Fruchtmarkt 443 f. Frühinsholz, Georg 385 f., 389 Fuchs, Friedrich 837 Fuchs, Georg 425 Fuchs, Wilhelm 490 Fuchselin, Fam. → Vulpecula Fulda – Kl. 31, 103, 106, 110, 112, 115, 828 – Stadt 679 Fürstbistum W. → Hochstift W. Fürstenberg, Wilhelm Egon v. 299 Fußgängerzonen 645, 647 FWG 623, 629 Gagern, Heinrich v. 403, 411 f., 416 f., 420 f., 425, 427–429, 436 f. Gagern, Maximilian v., Kreisrat 485, 505 Gaius Lucius Victor 68 Gallas, General 298 Gallien 825 Ganß, Heinrich 502 Garnison → Kaserne/Garnison Gaslatern, Die (Z.) 571 Gaßner, Heinrich 814 Gaswerk 444, 449, 490, 494, 513, 516, 817 f. Gatzert’sche Mühle 498 Gau-Bickelheim 32 Gau-Odernheim/Rhh. 184 f. Gauß-Gymnasium 643 (→ Oberrealschule → Bildungszentrum) Gaustraße 520, 524, 787 (→ Worms-Neuhausen) Gedon, Lorenz 98, 466, 471, 482 f., 503, 777 Geheime Staatspolizei → Gestapo Geinsheim/Pfalz 111 Geistliche Gerichte 209, 268, 705 f. Geldenhouwer, Gerald 280 Geldverleih, jüdischer 672 f. Geldwesen → Münz- u. Geldwesen Gelnhausen 180 f.

R EGISTER Gemäldegalerie, Städtische 537, 569 Gemeindeordnung (1821) 403, 445 Gemeinderat (1816–1874) 403, 408, 414 f., 419, 438 f., 444–448, 468, 477 Gemeinderatskomitee (1945/46) 610 f. »Gemeiner Pfennig« (1496) 191, 194, 196, 254, 256, 672 f., 702, 704, 723–729 General-Anzeiger (Z.) 492 Generalvikariat, bfl. 358 Genf 826 Gengenbach → Peter v. G. Genua 669 Georg v. Bayern-Landshut, Hz. 190 Georgioli, Franz G. 769 Gerber 338 Gerberei 96, 456 Gerbergasse 96 f. Gerbergruben → Fischmarkt Gerechtigkeitsbrunnen 774 Gerichtssiegel (städt., um 1360) 217 Gerichtswesen (vor 1798) 151, 159, 165, 177, 195, 205, 208 f., 217, 220, 227 f., 236, 239, 244–246, 268, 309 f., 322 f., 374, 705 f. (→ Austrägalgericht → Feld- und Pörtelgericht → Geistliche Gerichte → Hofgericht, bfl. → Peinliches-/Kriminalgericht → Stadtrecht) Germania Inferior/Superior 66 Gernsheim (Ort) 108, 111, 116, 678, 827 Gernsheim, Friedrich (Komponist) 512 Gernsheim, Fritz (Arzt) 600 Gernsheim, Michael 686 Gesamtverein d. dt. Geschichts- und Altertumsvereine (Hauptverslg. 1909) 512 Gesell, Silvio 627 Gesichtskrüge (röm.) 74 Gestapo 587 f., 597, 603 Gesundheitsfürsorge, städt. 793, 815–818, 819–821 Getreidemarkt 333 Gewerbeaufsicht, staatl. 549 (→ Gewerbeinspektion/-inspektoren) Gewerbeausstellung 460 Gewerbefreiheit (1798) 375 f., 392, 399 Gewerbegericht, städt. (ab 1895) 810 f., 813 Gewerbehalle 444, 475 Gewerbeinspektion/-inspektoren 793, 803 f. Gewerbeschule 508–511, 516, 617, 777 Gewerkschaften/-shaus 500, 556, 558, 583, 585, 624 f., 648, 803 (→ Christliche Gewerkschaften → Freier Gewerkschaftsbund → Hirsch-Dunckerscher Gewerkverein → Katholischer Arbeiterverein → Werkvereine) Gewilib, Bf. Mz. 105 f. Gibichstraße 787, 815, 841 Gießen 302, 414, 493, 496, 584 f., 794, 798, 812 Gießen (Rheinnebenarm) 495 f.

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Gisela, Kgin./Ksin. 143 Gisela, Bgin. 167 Giselbert, Zöllner 160 Giselher, Bf. Merseburg 123 Giselher (Nibelungenlied) 826 Giselherstraße 841 Glandières/Lothringen, Kl. St. Martin 733 Glaser, Georg K. 576 Glaskopf 728 Glenz, Albrecht 844 Glitt, Johann Theodor 330 Glockenbecherkultur 49 f. Goebbels, Joseph 594 f., 602, 843 Goldenes Buch 526 Goldmann, Georg W. 532 Goldschmidt, Kaufhaus 516 f., 569, 598 Göllheim 184, 300 Gorth, Hartmann 532 Gorze 107, 159, 694 Goslar 665 Göttingen 346 f., 355 Gottliebenkapelle → Worms-Herrnsheim Gover, George L., Earl Granville 779 Grace Davison 645 Graen, Petra 851 Graul, Jakob F. 474 Greb, Wilhelm 586 Gregor V., Papst 125, 130 Gregor VII., Papst 148 Gregor v. Tours 826 Gregori, Anton 556 Greifzu, August 762 Greiner, Johann Theodor 349 Griechenbewegung (1822) 405 f. Grill, Erich 570, 586 Grimald 117 Groenendael (NL), Kl. 721 Groß, Elisabeth 603 Groß, Friedrich 522 Groß, Hans 844 Groß-Frankenthal, Kl. → Frankenthal Groß-Gerau 809 Großherzogl. Gymnasium → Altsprachliches G. Großherzogl. Zentrale f. Mütter- u. Säuglingsfürsorge i. Hessen 822 Grün, Stephan, Pfr. 678 Gründerkrise 458, 460 Grünen, Die → Bündnis 90/Die Grünen Grünstein, Ritter v. 766 Grundwasserwerk → Wasserwerk Bürstädter Wald Grünstadt 387 Guda v. Büches, Geistl. 718 Gudelmann, Schultheiß Domstift 708, 713 Gudelmannkonvent → Reichkonvent Guldenring → Lieba

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Gülpen → Reinhart van Gülpen, Fritz Gundersheim 15, 377, 388, 411 Gundheim → David v. Gundichar 84 Gundobad 84, 825 Gundohar/Gundahar 825 Guntersblum 745 Gunther (Nibelungenlied) 830 Günther v. Schwarzburg, Gegenkg. 670 Guntiar 83 Gunzo, Bf. W. 117 Gustav Adolf, schwed. Kg. 295, 298 Guth, Jens 852 Gutheil, Wilhelm 377 f., 387, 389 Gutleuthaus (Leprosenhaus) 229, 253, 728, 731 Gymnasien → Altsprachliches G. → Lateinschule, städt. → Eleonorenschule → Gauß-Gymnasium → Gymnasium, kath./ fürstbfl. → Rudi-Stephan-Gymnasium Gymnasium, kath./fürstbfl. 347, 392 Gymnasiumstrasse 536 Haardt 15 f. Haarmann, Heinz 623 Haas, Konrad E. 422, 433, 435 Haas, Wilhelm 612 Habich, Ludwig 785 Habsburg → Albrecht v. → Rudolf v. Hafen/-bau 92 f., 111, 129, 200, 443, 463, 485, 490, 513, 516, 518, 537, 568 (→ Floßhafen → Freihafen → Handelshafen → Rhenania AG → Winterhafen) Hafenamt/-sgebäude, städt. 818 Hafenarbeiter 558 Hafenbahn 557 Hafenstrasse 498 Hafergasse 548, 645, 733 Hagemann, Klaus 852 Hagen (Nibelungenlied) 827, 831 Hagenau/Elsass 186 Hagendenkmal 535, 567, 786, 839 Hagenschule 819 Hagenstraße/-gasse 169, 202 f., 480, 502, 519, 726, 728 f., 765, 830 Haldenwang, Hermann 519, 778 Hallstattzeit 53 f., 58 Hallwachs, Georg 403, 411 Haltern/Westfalen 63 Hambacher Fest 408–412, 414 Hamburg 27, 339, 817 Hamm 301, 374, 378 Hamman, Peter u. Johann Fr. 71, 85, 95, 97 f., 303, 325, 334, 336 Hammansche Zeichnungen 296 f., 300 f., 302, 748, 750, 757

Hammanstraße 518 Hammerstein (Kreis Neuwied/Rh.) 665 Hanau 302, 396, 413 Hanavald 83 Handel/Kaufleute → Fernhandel Handelshafen 496–498, 537, 838 Handelskammer 450, 457, 459, 476, 499, 554, 556, 793–795 Handschuhsheim → Heidelberg-H. Handwerker → Zünfte Hanna bat Elieser 753 Hannover 508, 621 Hanselmann, Leopold 546, 588 Hantor 95 Hardtgasse 95, 443, 516, 619, 707, 729, 731, 816 (→ Alexianerkonvent) Hariulfus 83 Hätzer, Ludwig 263, 276, 279, 281 Hauck, Eugenie 623 Hauck, Julius 433, 435 Hauptfriedhof → Hochheimer Höhe Hauptpost 449, 521, 638, 767, 789 f. Hauptzollamt (Gebäude) 567, 767, 786 Hausgenossen → Münzerhausgenossen Haus des Handwerks (1926) 569 Haus zum Silberprenner 766 Haus zur Goldenen Krone 233 Haus zur Münze (vor 1689) → Rathaus Haus zur Münze (1963) 639, 786 Haus zur Sonne → Jüdische Bezirksschule Haus zur Trommel 767 Hausierer 236 Haussmann, Nicolas 367 Hebbel, Friedrich 535, 594, 636, 839, 844, 848 Hecker, Friedrich 420 Hedderich, Karl B. 432, 435 Hedio, Caspar 283 Hedoin, frz. Kreisdelegierter 555 Hefft’sche Kunstmühle 498 Heide/Holstein 844 Heidelberg (Stadt, Universität) 153, 186, 213 f., 238, 242, 247, 295, 300 f., 307, 339, 354, 359, 671, 702, 714, 861 – Heidelberg-Handschuhsheim 112, 714 Heidenhain, Lothar 509, 816 f. Heiland, Gunter 845 Heiligenberg, Kl. 106 Heiligenstadt/Eichsfeld 137 Heiliger Sand → Judenfriedhof, Alter Heilig-Geist-Spital/-Orden 202, 253, 707, 730 Heilig-Grab-Spital/-Orden 253, 707, 730 f. Heilstättenverein → Viktoria-Melita-Verein Heim, Ernst W. 482 Heimarbeit 459, 795, 800 Heimburg, Clothilde 489

R EGISTER Heimburg, Friedrich, Bgm. 98, 467 f., 479–484, 495, 507, 808 Heimburgen 176 f. Heimerich, Hermann 609 Heimgereiden 131 Heinrich I., Kg. 118, 130 Heinrich II., Ks./Hl. 109, 125, 137 f., 147, 740, 747 Heinrich III., Ks. 143, 829 Heinrich IV., Ks. 143–145, 149, 504, 665, 669 Heinrich V., Ks. 136, 147–151, 153, 156, 698 Heinrich VI., Ks. 157 f., 165, 699 Heinrich (VII.), Kg. 168–172, 180, 749 Heinrich III. z. Jungen 188 Heinrich d. Zänker, Hz. v. Bayern 123 f. Heinrich Pfalzgraf, Koadjutor d. Bistums 260, 266 Heinrich v. Daun, Bf. W. 210 Heinrich v. Maastricht, Bf. W. 158 Heinrich v. Saarbrücken, Bf. W. 168, 172, 707, 709, 740 Heinrich Cipura/Cippur, Bg. 730 Heisel, Ludwig 367, 375, 289 Heldmann, Christian P. 436 Helwich, Georg 833 Helzle, Victor 529 Hemmingsheim → Ludwigshafen-Friesenheim Henn, Ulrich 769 Henne Malthus, Bg. 233 Henninger, Friedrich 364, 368, 377, 380 Heppenheim/Wiese → Worms-Heppenheim Heppenheim, Eberhard v., Geistl. 744 Herbst, Christian, Fotoatelier 536 Herder, Waldemar 851 Heribert, Ebf. Köln 130 Hermann, Franz Anton 745, 771 f. Hermann, Konradiner 118 Hermann Billung 119 Hermannstraße 68 Herr(e)nkeller 758 Herrig, Hans 511 f., 534 Herrnbrodt, Alfred, Pfr. 640 Herrnsheim → Worms-Herrnsheim Hersfeld, Kl. 106, 111 f. Hertlingshausen, Kl. 706 Herwartel, Johann C. 768, 771 f., 778 Herwig, Georg Peter 355 Herz Abenheim 686 Herz, Privatbank 459, 501 Herzogenstraße 518 Hessen – Landgft. 190 – Ghzt. (H.-Darmstadt) 398, 405, 543, 794, 796, 803, 808, 812–815 – Grhzge. → Ernst Ludwig → Ludwig I. → Ludwig III. → Ludwig IV.

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– Volksstaat (1918–1945) 551, 553, 563, 565, 567, 572, 578, 580–582 – Land (ab 1945) 610, 615 (→ Gemeindeordnung (1821) → Landtag, hess. → Rheinhessen → Städteordnung (1874) → Städtetag, hess. → Verfassung, hess. (1820) Hessisch-Pfälzisches Musikfest (1893) 512 Hessische Fortschrittspartei 485 Hessische Girozentrale 562 Hessische Ludwigsbahn 462 f., 524 Hessische Städteordnung → Städteordnung (1874) Heuchelheim 157 Heugrasversteigerung 441, 464, 494 Heuss, Theodor 632 (von) Heyl (zu Herrnsheim) – Familie allg. 96, 343, 455–457, 466, 503, 509, 545, 572, 590, 639, 777, 779, 782 (→ Heylshof → Lederindustrie → Worms-Herrnsheim, Gottliebenkapelle) – Cornelius 386, 389 – Cornelius Wilhelm Frhr. v. (1843–1923) 293, 457, 462 f., 466, 477, 481, 483–485, 488 f., 492, 496, 499 f., 505, 516, 521, 527 f., 533 f., 536, 539, 551, 558, 570, 602, 787, 802 f., 807, 815, 818, 820 – Cornelius Frhr. v. (1874–1954) 509, 534, 551, 567 f., 589, 839 – Cornelius Bruno Frhr. v. 589 – Doris Freifrau v., geb. v. Stein 570, 785 – Johann Cornelius I. 455 – Johann Cornelius III. 455 f., 794 – Leonhard II. 412, 415, 459, 462 – Ludwig Frhr. v. (1886–1962) 551, 567 f., 590 f., 596, 605, 607 f., 648 f. – (Karl) Maximilian Frhr. v. (1844–1925) 98 f., 466, 470 f., 479, 482 f., 570, 751, 785 – Sophie Freifrau v., geb. v. Stein 550, 821 Heyl, Gernot 790 Heyl, Karl 612, 620, 632 Heyl & Martenstein, Lederfabrik 455 f., 794 Heylsche Lederwerke → Cornelius Heyl (AG) Heylsche Lederwerke Liebenau 499, 531, 567 f., 577, 590 f., 603 f., 643 Heyl’sches Schlösschen 777 Heylshof 466, 569 f., 605, 639, 777, 859, 862 Heylshofgarten/-park 71, 81 Hieronymus (Kirchenvater) 82 Higel, Franz E. 772 Hilarius, Pfr. 280, 282 Hildebrand (Nibelungenlied) 831 Hildebrand, Adolf v. 534, 786, 839 Hildesheim → Rudolf v. Worms Hildibald, Bf. W. 123–126, 130, 693 Hill, Georg Nachf., Konfektionsfirma 800 Himmerod, Kl. 710

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Himmler, Heinrich 603 Hindenburg, Paul v. 560, 569, 580, 583 Hindorf, Heinz 760, 792 Hinkel, Hans 587 Hinkelstein/-kultur 47, 98 Hinkmar v. Reims 108 Hirsau, Kl. 152 f., 733 Hirschbiel, Willi 641 Hirsch-Dunckerscher Gewerkverein 803 Hirschhorn, Herren v. 185 Hirt, Johann(es) 488, 521, 535, 786, 839 Hisgen → Rußbrennerei Hisgen Hitler, Adolf 576, 580 f., 583 Hitlerjugend 586 f., 596 Hitter, Willy 620 Höbel u. Brinkmann, Architekten 640 Hobelsberger, Hans 576 Hochheim → Worms-Hochheim Hochheimer Höhe (Hauptfriedhof) 467, 530 f., 537, 605, 760, 765, 782 f., 818 (→ Trauerhalle, jüdische → Judenfriedhof, Neuer) – Friedhofskapelle 783 – Kruzifix, spätgotisch 760, 765 Hochheimer Straße 523 Hochschule Worms 858 Hochstift Worms 130, 140, 142, 153, 169, 171–174, 210–213, 237, 245, 268, 301, 308, 367, 374, 399 f., 693 (→ Bistum W. → Salbuch, bfl.) Hochstift, Evangelisches Krankenhaus 859 Hochstiftsvogtei 153 Hochstraße 74 Hochverratsprozess (1850) 432–435, 437 Hochwasser/Überschwemmung 18, 24, 464, 466, 506 Hochwasserschutz 495–497, 516 Hödel, Max E. 481 Hoffmann, Hans 596 Hoffmann, Melchior 279 Hofgericht, bfl. 309 Hofheim/Ried 108, 771 Hofmann, Heinrich K. 405 Hofmann, Karl 44, 470, 485 f., 495 f., 506–511, 513– 525, 533 f., 536, 743, 777, 782 f., 787, 793, 816, 838 Hofmann, Ludwig 486, 519 f. Hofmann, Nico 859 Hofmann-Plan → Stadtbauplan (1889) Hofmann & Hofheinz, Schnellpressenfabrik 499 Hofrecht, W.er (um 1020) 103, 132, 140 144, 155, 738 (→ Burchard (I.), Bf. W.) Hoftag → Reichs- und Hoftage Hoh, Josef 770 Hoheneck → Landolf v. H., Bf. W. Hohenfels, Fam. v. 710 Hohen-Sülzen 733 Hoher Darsberg 537, 822

Höhere Töchterschule → Eleonorenschule Hohlwege 28 f. Holderbaum, Fam. → Johann H. → Lieba H. Holland 339 Holländischer Krieg (1674–1679) 299 Holtmund, Fam. 175, 224 → Siegfried Holzarbeiter/-industrie → Möbelindustrie Holzer, Isaak, 547, 573, 599, 681, 690 Höningen, Kl. 706, 713, 721, 733 Höpfner, Ernst 402 Horchheim → Worms-Horchheim Horn, Maschinenfabrik 498 Hornbach, Kl. 106, 733 Hortal, Karl (v.) 377, 381, 389, 393 Hospitäler 194, 212, 301, 451, 729–731 (→ Altes Spital → Bürgerhospital → Elendenherberge, → Gutleuthaus → Heilig-Geist-Spital → Heilig-Grab-Spital → Hochstift → Jüdisches Hospital → Martinsstift → Neues Spital → Privatkliniken → Sophienhaus → Stadtkrankenhaus) Hospitalbaufonds 507 Hrabanus Maurus, Ebf. Mz. 115 Hubertusburger Frieden 303 f. Hügelgräberkultur 51 f. Hugo, Victor 98, 401, 468, 471 Hungerkrawalle (1916) 548 Hungersnot (1315/17) 214 Hunsrück 15, 19 Hupp, Otto 483, 505, 539, 542, 777, 782 Hus, Johann/Jan 266, 781 Hussitische Lehre 267 Hußler, Jakob 439 Hutten, Ulrich v. 276, 278 Hüttenbach, Kauf-/Geschäftshaus 516, 786 Hydatius, Bf. 825 Ibersheim → Worms-Ibersheim Idrisi, arab. Geograph 155 Illert, Friedrich M. 99, 333, 570, 584–586, 593–595, 600, 605, 632 f., 637, 754, 841 f. Illert, Georg 99 Industrialisierung 454, 456 f., 794 f. Industrieansiedlung 497, 531 Industriegebiet Nord 645 Infanterieregiment 118 (Prinz Carl) 522, 547, 778, 786 (→ Kaserne → Kriegerdenkmal/118er Denkmal) Inflation (1923) 556–558 Ingelheim 14, 31, 108, 111, 118, 121, 181, 185 Innere Mission → Ev. Verein für I. M. Innozenz IV, Papst 173 Inquisitionsprozesse – (um 1420) 234, 266 – (1477) 268

R EGISTER »Insel« (Marktplatz) 518, 535 Intelligenzblatt (Z.) → Wochenblatt Investitions- und Treuhand-GmbH Düsseldorf (ITG) 854 Investiturstreit 148 → Wormser Konkordat Irmingard 113 Irminsul → Ermensul Isaak ben Mose Or Sarua 668 Isabella v. England, Kgin. 172, 790 Isenburg-Büdingen, Mathilde v. 509, 534, 568, 839 Israel 602 Israelitische Gemeinde → Juden/Jüdische Gemeinde Israelitischer Jugendverein 573 Italien 108, 112 Italienische Arbeiter (1901) 533 Jacob Wonsam 259 Jäger, Georg 476, 529 Jäger, Johann Peter 744, 771 f. Jäger, Lorenz 491 Jahn, Friedrich L. 414 Jahnturnhalle 519, 547 Jahrmärkte → Marktwesen Jahrtausendfeier d. Rheinlandes (1925) 574 Jakob ben David 753 Jakob Engelmann, Bg. 711 Jakob ha-bachur 665, 753 Jakob Riser, Geistl. 718 Jakob v. Landshut 761 Jakobiner/-klub 363–370, 375, 381, 405 Jaup, Heinrich K. 422, 435, 444, 472 Jazzfestival 859 Jeanbon St. André 383, 391 Jeckel, Orgelbauer 340 Jerusalem 107, 669, 679, 739, 746 Jeschiwa → Lehrhaus, jüd. Jesuiten/-kolleg 265, 295, 301, 343, 347 Jiddisch 661 Jochem, Georg H. 529, 818 Johannes Enolff v. Lahnstein, Geistl. 761 Johannes Heydekyn v. Sonsbeck, Geistl. 251, 720 f. Johannes Meyer, Geistl. 712, 716 f. Johannes Pfefferkorn 679 Johannes Rom(anus), Pfr. 277, 280, 738 Johannes Rucherat, Geistl. 268 Johannes Schadland, Bf. W. 212 Johannes v. Geyslar, Adliger 185 Johannes v. Weinheim, Geistl. 272, 761 Johann-Hirt-Straße 787 Johann Holderbaum 207 f. Johanniter 190, 253, 707, 728 Johanniterhof (Hardtgasse) 619 Johanniterstrasse 508

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Johann v. Dalberg, Bf. W. 98, 190 f., 196, 233, 237– 239, 242 f., 245, 247, 249, 258, 266 f., 271, 702, 720, 743, 757, 761, 781 Johann v. Fleckenstein, Bf. W. 188, 234, 242, 266 Johann v. Nassau, Ebf. Mz. 188 Johann v. Sickingen, Geistl. 273 Jordan, Johann 383, 391 Joseph II., Ks. 355, 687 Josephine, frz. Ksin. 390 Jost, Heinrich 582 Juden/Jüdische (Israelitische) Gemeinde (allg.) 140– 142, 144–146, 155 f., 190, 197 f., 201, 203, 205, 208 f., 214–217, 221, 225, 229, 231, 235, 240, 251, 254, 268, 290, 300, 311 f., 314–318, 325 f., 332, 336, 338, 341, 343, 350, 367, 377, 380, 386, 392, 399, 470, 546, 573 f., 582 f., 585, 597–602, 632 f., 664–690, 733 (→ »Arisierung« → Israelitischer Jugendverein → Ostjuden → Reichsbund jüd. Frontsoldaten → Synagoge → Verein z. Abwehr d. Antisemitismus → zionistische Bewegung) Judenärzte 674 Judenbischof 145, 215 f., 269, 667, 686 Judeneid 215 f., 667, 688 Judenfriedhof – Alter (Heiliger Sand) 86, 253, 317, 470, 574, 602, 637, 665 f., 670, 677–679, 684 f., 689 f., 753, 862 – Leichenwaschhaus 678 – Neuer 537, 574, 602, 778, 783 f. (→ Hochheimer Höhe → Trauerhalle, jüdische) Judengasse/-viertel 65, 95, 142, 145, 217, 251, 254, 316 f., 343, 348, 470, 484, 574 f., 602, 638, 647, 666 f., 670–675, 680–682, 688, 701, 723 f., 727, 753, 756 f., 765, 767 – Hauszeichen 675 – Visitation/Inventarisation d. J. 317, 675, 686 Judenmühle 685 Judenordnungen 254, 259, 311, 314–317, 669, 671– 676 Judenpforte 253, 665 f., 700 Judenrat 145, 215 f., 231, 254, 269, 666 f. Judensess 671 Judenspital 672 (→ Jüdisches Altersheim) Judentracht 674 Judenverfolgung/Pogrome – (1096) 145 f., 156, 664, 669 – (1349) 214–217, 670 f. – (1614/16) 315–318, 677 f. – (1938) 600 f. Judenviertel → Judengasse/-viertel Judeus, Fam. 175 Jüdische Bezirksschule (1935) 599 Jüdischer Kulturbund W. (1935) 599 Jüdisches Altersheim 470, 600 f., 638

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R EGISTER

Jüdisches Gemeindearchiv 600, 602, 633 Jüdisches Hospital 600, 672 Jüdisches Museum – (1924–1938) 470, 484, 574, 600, 678, 690, 754 – Raschi-Haus (seit 1982) 484, 600, 638, 679, 862 Jugendmusikschule (Lucie-Kölsch-J.) 511, 777, 862 Jugendpflege/-wohlfahrt 564 (→ Wohlfahrtspflege/ Armenverwaltung, städt.) Jugendspiele 820 Jugendstil 498, 519, 535, 537, 539, 777 f., 783, 785 f. Jugendwehrverein (1. Weltkrieg) 548 Julian Apostata, röm. Ks. 87, 696, 736, 747 Juliana/-relief (→ Dom) Juncker, Johann J. 772 Jung, Philipp Wilhelm 581 f., 584, 589 Jungnationalliberaler Verein 528 f. Juspa Schammes 665, 679–681, 685 Justinian, röm. Ks. 91 Kabausche → Völker, Jean Kahl/Main 83 Kaibel & Sieber, Maschinenfabrik 795 Kaiser, Jakob 617 Kaiserslautern 124, 129, 339, 706, 733, 748 Kaiser-Passage 854 Kaiser-Wilhelm-Straße (KW) 460, 462, 510, 516, 556 Kalkriese (Varusschlacht) 63 Kamm, Johann M. 416, 419, 426 f., 431 Kämmerer v. Worms → Dalberg, v. Kämmererstraße/Kämmerergasse 66, 68, 95, 136, 226, 460, 468, 516, 521, 537, 569, 575, 728, 766 f., 773, 786, 789 Kammergericht, kgl. 190, 246, 255 Kammerhandwerker → Kürschner Kammgarnspinnerei Bietigheim 518, 795 Kanalisation 490, 517, 546 Kanton Worms (1798–1814) 374 f., 380 f., 389 f., 398 Kapellen 726–729 Kapetinger 114 Kapuzinerkloster 343, 384 f., 760 Kärcher → Ackerleutezunft Karl III., Kg. 115–117 Karl IV., Ks. 185, 212, 214, 216, 218, 670 Karl V., Ks. 109, 260 f., 283, 288, 731 Karl d. Einfältige, Kg. 117, 121 Karl d. Große, Ks. 31, 102, 107–109, 115, 120, 125, 129, 131, 736, 828 Karl d. Kahle, Kg. 108, 113, 116 Karl, österr. Erzhz. 373 Karlbach/Pfalz 111 Karlin, Klaus 851 Karlmann, Kg. 108, 116

Karl Martell 829 Karl-Marx-Siedlung (Rohrlache, Stadtrandsiedlung) 566 Karlsplatz 538 f., 542, 567, 777 f. Karlsruhe 18 Karlstadt, Andreas Bodenstein v. 276 Karmeliter(konvent/-kirche) 222, 253, 301, 385, 442, 461, 707–709, 715, 722, 727, 767 Karmeliterschule 465, 502, 819 Karneval 570, 595, 862 Kärnten, Hzge. → Arnulf v. → Otto v. Karolinger/-zeit 107–115 Karolingerstraße 95 Kaserne/Garnison 412, 442, 451, 497, 522 f., 531, 555, 591, 778, 791 f. (→ Dechaneikaserne → Pfalzgrafenhofkaserne → Prinz-Carl-Anlage) Kasernengasse 767 Kasino(- und Musik-)gesellschaft 472, 475, 512 Kaspar, Hermann 790, 844 Kassel »Wormser Siedlung« 590 Kastell, Römisches → Römisches Kastell Kastellaun 124 Katafractarii (Panzerreiter) 78 Katalaunische Felder, Schlacht a. d. 84 Kathol. Arbeiterverein 803 Kathol. Geistlichkeit/Kirche (ab 1521, allg.) 325 f., 332, 341–345, 350, 354, 367, 376 f., 386, 388, 392, 400, 449, 572 f., 597 Kathol. Mädchenschule (gepl.) 347 Kathol. Männervereinigung Zentrum → Zentrum Kathol. Reform (16. Jh.) 264 f. Kathol. Schulen 346 Kaub/Rh. 191, 397 Kaufhaus, städt. 200, 236, 301, 338, 449, 451, 758 Kaufhausamt, städt. 309 Kaus, Franz 463, 502 Kautz, Jakob 279–282 Kautzsch, Rudolf 470 Kayser, Gustav, Bgm. 489, 526 f. Kayser, Karl 526, 550 Keim, Eduard Fr. 467, 472 f. Keller, Wilhelm 432 f. Kelten 60–62 Kerpen, Ursula v. 762 Kessel, Adolf 852 Ketsch 397 »Kiautschau« (Arbeiterwohnsiedlung) 509, 516 f., 777, 787, 807 Kiefer, Isidor 574, 600, 632, 690 Kiefer, Salomon, Eisenhandlung 537 Kietz, Gustav 473, 782 Kilb, Ernst, OB 605, 607–609, 611, 636, 649 Kinderarbeit 800 f. Kindergärten → Kleinkinderschule Kinder- und Jugendfürsorge, städt. 564, 821 f.

R EGISTER Kirchberger, Sonja 860 Kirchenteilung, Pfälzische (1705/06) 763 Kirchheim/Weinstraße 111 Kirchheimbolanden 398 Kirn, Richard 571 Kirschgarten, Kl./St. 86, 178, 194, 253, 256, 271, 709–711, 716, 718–721, 729 Kirschgartner Chronik 193, 210, 251, 709, 720 Kissel, Michael, OB 623, 851 Kisselswiese 372, 586, 602, 847 (→ Festwiese/Festplatz (Rhein)) Kitt, Friedrich 555 »Klage« (Nibelungenlied) 831 Klapproth, Willy 563 Klar, Johann Ph. 432 f. Klaus-Synagoge 690 (→ Jüdisches Altersheim) Klee, Marie Elisabeth 620 Kleiderfabriken → Textilindustrie Kleider- und Wäschekonfektion 799 Klein, Kaspar A. 492, 527 f. Klein-Frankenthal, Kl. → Frankenthal Kleine Rheinische Volksblätter (Z.) 492 Kleinkinderschulen/Kindergärten 464, 574, 801, 814, 821 Kleinniedesheim 442 Kleinsiedlungsbau → Karl-Marx-Siedlung Kleinwohnungsbau → Wohnungsbau, städt. Klemann → Salmann K. → Peter K. Kleyber, Hieronymus 287 Klima/Klimageschichte 20–27 Klingelhöfer, Reinhard 536 Klingenmünster, Kl. 106 Klingholz, Fritz 524, 535, 778 Klinikum Worms → Stadtkrankenhaus Klosterhöfe/-besitz 731–734 (→ Otterberg → Schönau) Klosterreichenbach → Reichenbach, Kl. Klosterstraße 52, 66, 68, 70 f., 519, 525, 533, 736, 777, 870 Klötzer, David 377, 383 Knabenhort, städt. 821 Knappengasse 725 Knode, Johann Daniel 321, 347, 355, 357, 367 Koblenz 13, 121, 358–361, 614, 621, 838 Koblenz, Frieden v. (860) 115 Koblenzer Zolltarif 136 f. Koch, Oskar 586 Koehl, Carl/Karl 46, 48 f., 68, 70, 77–79, 82, 86, 95, 98 f., 483, 492 Koehlstraße 73, 729 Koenig, Pierre 613 Köhler, Heinrich, OB 484 f., 497, 525–531, 533, 536 f., 542, 544, 547, 550–553, 555, 558 f., 811, 814, 816 Köhler, Walter 567, 583, 592, 594, 637 f., 789 f.

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Köhlerplatz → Karlsplatz Köln – Stadt/Universität 23, 152, 181, 213, 240, 250, 338, 399, 499, 511, 611, 664, 738 – Ebfe. 119, 130, 181, 184 f. Kolonialgesellschaft, Dt. → Deutsche Kolonialgesellschaft Kölsch, Lucie 622, 649 Kommissariat/-samt 309 Kommunalwahlen (seit 1820) 438, 491, 551 f., 559–561, 578–580, 611 f., 620–629 Kommunistische Partei/Kommunisten → KPD Kommunistische Partei Opposition (KPO) 579 Konfessionalisierung/Konfessionsbildung (16. Jh.) 264 f., 289 Konfessionelles Zusammenleben 341–345, 445 Konfessionsschule 614 Königstein/Ts. (Festung) 368 Konrad I., Kg. 118 f. Konrad II., Ks. 125, 137, 143, 829 Konrad III., Kg. 153 Konrad IV., Kg. 171 f., 175 Konrad I., Pfgf. 165 Konrad I., Bf. W. 156–158, 739, 741 Konrad d. Rote, Hz. 121, 130, 137 Konrad III. v. Daun, Ebf. Mz. 189 Konrad v. Dürkheim, Domdekan Mz. 174 Konrad II. v. Sternberg, Bf. W. 157–159, 163, 165, 199, 739, 741 Konrad v. Wittelsbach, Ebf. Mz. 700 Konrad Bonne, Bg. 217 Konradiner 130 Konrad-Meit-Platz 778, 787 Konsistorium, luther. 309 Konskriptionen (1802–1814) 394–396 Konstanz – Stadt 136, 232 – Bfe./Bm 135, 733 Konstanzer Konzil 234, 266 Konstitutionsgesellschaft → Jakobinerklub Konsulatsverfassung (1799) 382 Konsumverein 551 Konzil (868) 116 Kopfzins (1184) 160 Koppenhöfer, Maria 595 Körbel, Georg 608, 612 (→ Liste Körbel) Körbel, Gustav A. 584 f. Korn, Valentin 433 Kosubeck, Hans-Joachim 851 KPD/Kommunisten/kommunist. Milieu 553 f., 559–561, 569 f., 575 f., 578–583, 597, 603, 607, 611 f., 624–628 »Kraft durch Freude« 586 f., 602 (→ Deutsche Arbeitsfront) Krakau → Matthäus v., Bf. W.

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R EGISTER

Krämer/-zunft 236, 310, 328–330, 334–339, 455, 676 f. Kran → Rheinkran Krankenhaus → Stadtkrankenhaus Krankenhäuser → Hospitäler Kranzbühler – Andreas 424, 432, 438 – Druckerei 349, 356, 492 – Elisabeth 341, 349 – Emma 489 – Eugen 196, 468, 691, 726–729, 827 – Johann Daniel 356, 377 Kranzbühlerstraße 73 Kratzwinkel 729 → St. Pankratius Kreditanstalt → Wormser K. Kreielsbach 45 Kreis, Wilhelm 567 Kreisamt (Bettendorfer Hof, vor 1945) 443, 445, 447 f., 555, 788, 799 Kremer, Daniel Friedrich 367, 372, 374 f., 380 Kremer, Johann D. 406 Kremer, Johann Jacob 339 Kreutzer, Tobias 356, 364, 369, 377 Kreuznach (Bad) 39, 372 f., 398, 708 Kreuzzüge/Kreuzzugsbewegung 134, 145–147, 154– 156, 158, 669, 708, 739, 745 f., 753, 829 Kriegerdenkmal/118er Denkmal 567, 574, 786 Kriegsgefangene/-nlager (1939–1945) 604 Kriegsgefangenenlager Pfiffligheim (1915–1918) 548 f. Kriegsheim (Gde. Monsheim) 16 Kriegsheim, Herren v. 185 Kriegshilfsdienst (1. Weltkrieg) 548 Krieheim, jüd. Familie 667 Kriemhild (Nibelungenlied) 242, 830 Kriemhildenstraße 518, 523 Kronberg, → Eberwin v., Bf. W. Kronberger, Peter → Peter Kronberger Kübel, Karl 608, 645 Küchler, Wilhelm, OB 484–490, 493–496, 502, 504 f., 507, 522 f., 525, 531 f., 816 Küchlerdenkmal (1904) 487 f. Küchlerplatz 488 Küfer/-zunft 310, 328–330, 335, 337 f., 341 Kuhfuß, Günther, OB 622 Kühn, Hans 403 f., 438, 445–447, 793 Kulturinstitute → Städtische Kulturinstitute Kultur- und Veranstaltungs GmbH (KVG) 861 Kunigunde, Ksin./Hl. 147, 747 Kunsthaus Heylshof → Heylshof Kunstrat f. d. Wormser Dom 470 Kunstverein 862 Kunstwollfabrik Gustav Schoen & Co. 456, 794 Kunstwollefabrik Valckenberg & Schoen → Valckenberg & Schoen

Kurhaus, städt. → Michelstadt/Odw. Kurpfalz → Pfalzgft. Kürschner/ -zunft/Pelzhändler (= Wildwerker) 169 f., 177 f., 209, 255, 328 f., 335, 338 Kyffhäuserstraße 815 Lachgraben 27 Lachner, Vinzenz 473 Ladenburg 105, 113, 122, 125–127, 142, 191, 212, 242, 267, 670 Laffon, Emile 631 Lagerhaus/Handelshafen 333, 489, 496, 498, 519 Lahm, Wilhelm 528 Lahn 118, 186 Lahnstein → Johannes Enolff v. Lambrecht/Pfalz, Kl. 708 Lampertheim 18, 523, 593 Lampertheim (bfl. Generalvikariat) 378, 384 Lampert v. Hersfeld 144 Landau 303, 358, 360, 367, 409, 468, 758 Landesadministrationskommission (1814–1816) 398 Landhaussiedlung (Lindenallee) 778, 786 Landkreis W. → Worms, Landkreis Landolf v. Hoheneck, Bf. W. 172–174, 178, 710 Landschaftsgarten, englischer 856 Landschulheim, städt. → Hoher Darsberg Landshut 761 Landshut → Jakob v. Landshuter Krieg (1505) 190 f. Landtag, hessischer (1816–1852) 402, 411 f., 416, 422, 430, 435–437 Landwirtschaft 29–31, 334 f., 501 Landwirtschaftliche Winterschule 537 Lang, Fritz 841 Lang, Ilse 859 Lange, Georg 837 Langen, Theodor 416 Langenbach, Wein- und Sekthandel 568 Längsdorff, Samuel A. 449 Lateinschule, städt./Gymnasium (vor 1798) 249, 301, 321, 346–348, 355, 392, 707 (→ Altsprachliches Gymnasium) Latènezeit 57–60, 62 Laubenheimer, Friedrich 502 Laubenheimer, Karl L. 433, 435 Laubinger, Otto 593 Laubwiese → Loubwiese Lauchhammer (Sachsen) 782 Lauer/-zunft 328–330, 335 Lauermann, Valentin 433, 435 Lautenschläger, Wilhelm 608, 624, 628 Lauteschläger, Gustav 552 Lautverschiebung, hochdeutsche 650, 662

R EGISTER Lazarett(e) 387, 442, 451, 461 f., 464, 507, 522 f., 532 Lebenshilfe Worms 858 Lebensmittelamt/-versorgung 547 f., 550 f., 555 f. Lechfeldschlacht (955) 122, 130 (→ Konrad d. Rote, Hz.) Lederfabrik Louis Schlösser & Co. 499, 531 Lederfabrik Melas & Gernsheim 794 Lederfabrik Wormatia 499, 519 Lederindustrie (allg.) 457 f., 494, 496, 499, 533, 545 f., 549 f., 557 f., 567 f., 575, 589 f., 604, 643, 647, 794 f., 798 f., 854 (→ Cornelius Heyl (AG) → Doerr & Reinhart → Heyl, Fam. → Heyl & Martenstein → Heylsche Lederwerke Liebenau → Lederfabrik Louis Schlösser & Co. → Lederfabrik Melas & Gernsheim → Lederfabrik Wormatia) Lederwerke Cornelius Heyl → Cornelius Heyl (AG) Lederwerke Liebenau, Heylsche → Heylsche Lederwerke Liebenau Lehne, August 416–418 Lehne, Eduard 403, 405, 421, 434, 437 Lehrhaus, jüd. (Jeschiwa) 664, 669, 678, 681 Leichenwaschhaus, jüd. → Judenfriedhof, Alter Leihbüchereien 349 Lein, Konrad 613 Leineweber 336 Leiningen, Gft./Gfen. 185, 357, 383, 706, 710, 715 (→ Emicho, Gf. → Friedrich, Gf.) Leipzig 820 Leipzig, Völkerschlacht (1813) 396 Leiselheim → Worms-Leiselheim Lemchen, Beginenkonvent zum 708, 713 (→ Beginen) Lempp, Rudolf 790 Leo IX., Papst 143 Leonhardspforte → Neue Pforte Leopold I., Ks. 300, 680 Leopold II., Ks. 380 Leprosenhaus → Gutleuthaus Lesegesellschaft 349–351, 357, 364, 422, 475 Leupold, Hans 283 Levi, Benedict 686 Levi, Hermann 686 Levi, Samuel Wolf, Rabbiner 686 f. Levy, Leopold 480, 689 Levy, Max Moses 511, 690 Levy’sche Bank 501 Levy’sche Synagoge 470, 601, 689 f., 777 Lewenberg → Michael v. Lewer, Stephan v. 365 f., 368, 372 Lewysohn, Ludwig 471 Lex Burgundionum 825 Leyden → Niclaus Gerhaert v.

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Leyendecker 335 Liberale Partei → FDP Licontius 74 Lichtenberg, Frhr. v. 408 Lieba Guldenring, Geistl. 715 Lieba Holderbaum, Bgin. 711 Liebenau, Kl. St. Agnes → Worms-Hochheim Liebenauer Feld 462, 466, 516, 524, 533, 807, 856 Liebenauer Straße 523, 820 Liebfrauenmilch 456, 758 Liebfrauenmilchfest → Backfischfest Liebfrauenstift/-kirche 52, 194, 196, 232, 248–250, 253, 256–258, 269 f., 301, 386, 471 f., 691, 702– 704, 722 f., 725, 728, 757–760, 765, 767, 792, 855 – Valentinswallfahrt 760 – Wallfahrt/Prozessionen 232, 257 f., 722 f. Liebsberg, Herren v. 185 Liedertafel 512 Liga, kathol. 294 f. Limburg/Haardt, Kl. 151, 191 Linck, Johann Georg 751 Lincoln-Theater 862 Lindemann, Karl H. 813 Lindenallee → Landhaussiedlung Lindenfels/Odw. 847 Lindenplatz 488 Lindenschmitt, Ludwig 469 Liobahaus 539 Liselotte v. d. Pfalz → Elisabeth Charlotte Liste Körbel (1946) 612 (→ Körbel, Georg) Liste Penk 612 f., 625–628, 649 (→ Penk, Friedrich) Littersheim (Gde. Bobenheim-Roxheim) 710 Liudolf 119, 122, 130 Liutfried, Bg. 152 Liutgard 121 Lobdengau 103, 105, 125 Lochheim (Nibelungenlied) 827 Loeb, Walter 492 Loehr, Ferdinand v. 413, 416 f., 419–422, 428–430, 432, 435, 439, 492 Loewenstein, Philipp 433 Löffler → Albert L. Logistikbranche 645 Lohmer, Gerd 789 Lohnstein, Kaufhaus 516 Lohnstein, Salomon 433 f., 439 Loh- und Fruchtmühle G. & H. Bender 794 Lokalgewerbeverein 416, 459, 475 Lombardenbund (1226) 180 Lorsch, Kl. St. Nazarius 17, 92, 103, 105–107, 110–115, 125–127, 129, 131, 156 f., 165, 416, 693, 695, 707, 728, 828 Lorscher Reichsurbar 109 Lothar I., Ks. 113 f.

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Lothringen 117, 121 f., 130, 733 »Loubwiese« 148 Löwengesellschaft 186 f. Löwin v. Steinfurt, Margret 762 Lublin, Distrikt (Polen) 601 Lucius, Eckhard 640 Lucius Romanus Respectus 68 Ludino (christl. Grab) 87 Ludwig I., hess. Ghz. 398, 401 Ludwig III., hess. Ghz. 429, 444, 463, 469, 472 Ludwig IV., hess. Ghz. 485 f., 497, 510, 512, 517, 521 (→ Ludwigsdenkmal) Ludwig II., Pfgf. 175 Ludwig III., Pfgf. 188 f., 716 f. Ludwig IV., Pfgf. 267, 718 Ludwig V., Pfgf. 260, 282 Ludwig XIV., frz. Kg. 299 f., 303, 353, 359, 685 Ludwig XVI., frz. Kg. 360 f., 381 Ludwig d. Bayer, Ks. 184 f., 211, 213, 215 f., 670 Ludwig d. Deutsche, Kg. 108, 113–115, 125 Ludwig d. Fromme, Ks. 107, 113–115, 122, 129, 692 f., 736 Ludwig d. Jüngere, Kg. 116 Ludwig d. Kind, Kg. 117 f. Ludwigsbahn → Hessische Ludwigsbahn Ludwigsdenkmal 497, 521, 777 Ludwigshafen 13, 17, 37, 38, 40, 432, 493, 524, 605, 851 – Ludwigshafen-Friesenheim 111 – Ludwigshafen-Oggersheim 111 – Ludwigshafen-Oppau (Explosion BASF 1921) 573 Ludwigsmühle Matthäi & Weil 498 Ludwigsplatz (Paradeplatz) 87, 461, 516 f., 521, 723, 736, 772, 777, 789, 854 Ludwigstraße 519, 777 Luft, Hans 277 Luftflottenverein, Dt. → Deutscher Luftflottenverein Luftkrieg/-schutz 550, 603–605 Luginsland 466 Luisenstraße 510, 788 Lukaskirche 790 f. Lull, Ebf. Mz. 105 f. Lunéville, Frieden v. (1801) 382 Lungentuberkulose 815 f. (→ Auskunfts- und Fürsorgestelle f. Lungenkranke) Lupold v. Scheinfeld, Bf. W. 158, 165–168, 700, 740, 756 Lüssen, In den (Siedlung) 789 Lußhardt, Forst 125 Luther, Martin 261, 263, 276–281, 511, 572, 596, 737, 757, 769, 781 f., 790 Lutherbibliothek 483 Lutherdenkmal 460, 472, 474, 777, 781 f.

Lutherfeier (1921) 572 Lutherische Kirche (vor 1700) → Tanzhaus, städt. Lutherischer Friedhof → Pestfriedhof Lutherisches Konsistorium → Konsistorium, luther. Lutherisches Scholarchat → Scholarchat Lutherjahre (1983, 1996) 648 Lutherkirche/-gemeinde 516, 539, 542, 783, 785 f. Lutherplatz 575, 782 Lutherring 586, 736, 789 »Lutherruf« (1938, Z.) 596 Lutherschauspiel (1883) 511 Luthertum/lutherische Konfession (vor 1822) 264, 341–345, 354, 364, 378, 392, 400, 708 Lüttich 694 Lutz, Ernst 820 Lutz, Wunibald 584 Lyon 63 Maaraue 110 Maastricht 694 Maaseh-Nissim-Buch 679 f. Machsor, Wormser 652, 679 f. »Machtergreifung« NSDAP (1933) 563, 581–584 Mädchenschule → Eleonorenschule → kathol. Mädchenschule Magdalenerinnen → Reuerinnen Magdeburg 122 f., 782 Magnus, Hl. → St. Magnus Maharam (Rabbi Meir ben Baruch v. Rothenburg) 668 f. Mähgasse 96, 127, 518, 767 Mahnmal f. d. Opfer d. Faschismus (1950) 789 Main 111, 185, 721 Mainz – Stadt 13–15, 17, 23, 31, 37, 40, 64, 67, 89, 103, 105, 109, 112, 116, 118, 121, 123, 125, 127, 134 f., 137 f., 146, 152, 156, 175, 180–182, 184–191, 201, 205, 207 f., 213 f., 218, 223–225, 228, 232, 235, 251, 256, 295, 336, 357–362, 365–368, 370 f., 373–375, 379, 382–384, 386– 388, 391, 393, 396, 398, 401, 410, 413, 417, 422 f., 433, 444 f., 489, 493, 496, 522, 604, 652, 664, 668 f., 671, 717, 730, 744, 748, 794, 796, 798, 812, 821, 858, 862 – Ebfe./Kfsten. 105, 115, 119, 122, 165 f., 181 f., 184 f., 188 f., 197, 227, 251, 271, 354, 368 – Bm./Ebm./Domkapitel 106, 114, 138, 142, 180, 237, 384, 386, 572, 695 f., 702, 733, 855 – Jüdische Gemeinde 862 – VR-Bank 857 Mainzer Becken 15, 17 Mainzer Republik 353, 362 f. Mainzer Straße 68, 87, 199, 464, 466, 505, 508 f., 520, 522, 531 Mainzer Tor/Pforte 199, 441, 468, 520, 838

R EGISTER Mainzer Vorstadt → Vorstädte Mainz-Weisenau 64 Mairie/Munizipalverwaltung (1798–1814) 365, 367, 372, 374 f., 377, 379, 389, 396 Majorshof 466, 777 Malthus, Fam. → Henne M. Manderscheid-Degenfeld, Palais 767, 773 Mannheim 17, 40, 111, 295, 300 f., 322, 336, 359, 368, 371, 376, 400, 443, 493, 497, 499, 526, 604, 688, 770, 786, 818, 851 – Mannheim-Seckenheim 112 Mannheimer, Michael 419 »Mannheimer Schule« 349 Mansbacher, Herta 599 Mansfeld, Gf. v. 295 Marbacher Bund 188 Marburg/Lahn, Dt. Orden 733 March, Otto 511, 519 Maria Bianca, Kgin. 672 Maria Himmelskron, Kl. → Worms-Hochheim, Maria Himmelskron, Kl. Mariamünster, archäolog. Funde 52, 65, 79, 87 f., 98 f. Mariamünster, Kl. → Nonnenmünster, Kl. Mariamünster, Lederwerke → Cornelius Heyl (AG) Mariamünsterbach 45 Maria-Reuthin, Kl. 717 Marie Louise, frz. Ksin. 396 Mariengarten → Kirschgarten, Kl. Marienkapelle → Liebfrauenstift/-kirche Marienwallfahrt → Liebfrauenstift/-kirche Markomannen 61 Marktbrunnen 774 Marktplatz → Marktwesen/Märkte/Messen Marktwesen/Märkte/Messen 129–131, 136, 146 f., 154 f., 160, 163, 173, 199 f., 207, 215, 255, 333 f., 336, 376, 449 – Allerheiligenmarkt/-messe 255 – Jahrmarkt/Messen 200, 333, 449 – Marktplatz 173, 199, 380 f., 390 f., 516–518, 548, 571, 575, 579, 757 (→ «Insel«) – Marktplätze (→ Fischmarkt → Fruchtmarkt → Marktplatz → Neumarkt → Niedermarkt → Obermarkt → Viehmarkt) – Pfingstmesse/-markt 191, 236 Marmont, frz. Marschall 397 Marr, Joseph 435, 533 Martenstein, Fam. 455 Martenstein, Friedrich K. 407 Martenstein, Johann K. 455, 794 Martenstein, Willibald 623 Martin v. Tours, Bf./Hl. 87 f., 747 Martinsgasse 95, 501, 509, 666, 816 Martinspforte/-tor 64 f., 95, 230 f., 253, 301, 468, 537, 665, 696, 700, 727, 730

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Martinsplatz (= Herta-Mansbacher-Anlage) 575 Martinsstift (Krankenhaus) 509, 547 Marx, Wilhelm 560 März-Forderungen (1848) 417–419 Maschmeyer, Heinrich 563, 576 Mathieu, Jean Louis 375, 377 Mathilde, Schwester Bf. Burchards 139, 696 Mathildenheim 509, 807 Mathildenhof 466 Matthäus v. Krakau, Bf. W. 227, 234 Matthias, Ks. 676 Matthias v. Bucheck, Ebf. Mz. 185 Matthieu, Ludwig 383 Matty, Andreas 403, 437 Maubuisson, Franz Ludwig v. 402 f., 412 Maucher, Johann 769 Mauerbauordnung (um 900) 103, 111, 118, 127, 129–132, 693 f., 696, 736 f. Maulbaum/Maulbeerbaum, Fam. → Moro Maulbronn, Kl. 710 Maurer (Beruf) 335 Maurus, Nikolaus 280, 737 Maximilian I., Ks. 109, 190 f., 245, 254 f., 258, 260, 263, 270, 288, 672, 679 Mayer, Johann 769 Mayfels 96 f., 504, 756 Meckel, Johann G. 300 »Meerweibchenstein« → Worms-Pfeddersheim Mehlungeld 309 Meiel, Johann C. 283 f. Meielsburg → Eulenburg Meilenstein, römischer 70 Meinertz, Josef 509 Meintzer, Jakob, Geistl. 761 Meir ben Joel 754 Meister Thomas 760, 765 Meixner, Georg Friedrich 320, 334 Mélac, Ezechiel, frz. General 300 f., 353 Melanchthon, Philipp 279, 781 Melanchthonstraße 787 Melas & Gernsheim → Lederfabrik Melas & Gernsheim Mendelssohn & Cie., Bank 527 Mendelssohn-Bartholdy, Felix 473 Mendikanten → Bettelorden Menger, Johann A. 469 Mennoniten 343, 393, 768 Mergentheim, Vertrag v. 186 Merian, Matthias/Matthäus 757 Merseburg 123 (→ Thietmar v. M.) Mertesheim 111 Merz, Philipp 424 Mesolithikum 45 f. Messen → Marktwesen Mettenheim 114

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R EGISTER

Metz – Stadt 104, 106 f., 126, 129, 694 – Bfe./Bm. 31, 106, 181, 733 f. (→ Siegfried v.) Metzendorf, Georg 534, 778 Metzendorf, Heinrich 509, 778, 786 Metzger/-zunft 200, 225, 303, 310, 312, 328–330, 335 f., 341, 356, 392 Metzler, Georg 489, 518, 522, 527, 536 f., 539, 552, 584, 777 f., 783 f., 787, 838 Metzler, Jan 852 Meyer, Johannes, Geistl, → Johannes M. Michael v. Lewenberg, Geistl. 717 Michelstadt/Odw., städt. Kurhaus 564 Mielcke, Karl F. A. 504 Mikwe/Ritualbad/Frauenbad, jüd. 156, 253, 470, 573, 669, 672, 689, 750, 754 Militär, römisches 64 f. Militärregierung, frz. → Besatzung, frz. Militellus (= Ritterchen), Fam. 175 Milo, Ebf. Trier 105 Minhagbuch (Juspa Schammes) 679–681 Ministerialen/Ministerialität 134 f., 151–154, 162, 165, 170–172, 175 f., 237, 698 f., 711 »Mischehen« (ev./kath.) 345 Missionsfrauenverein, Evangel. 572, 821 Mittelhochdeutsch 654 f., 658, 662 Mittelpaläolithikum 45 Mittelrheinischer Arbeitertag (1874) 477 Mittelrheinische Sportzeitung (MSZ) 569 Möbelindustrie/-fabriken 549, 557, 568, 645 Mobile (Alabama/USA) 620, 852 Moellinger, David 375, 378, 381, 389 Mohl, Robert 428 Mohr, Martin 413, 420 f. Mohrenapotheke → Apotheken/Apotheker Moltke, Helmuth v. 461 Moltkeanlage → Adenauerring Monsheim 47, 524 Monsheim → Albrecht Wüst v. Mont Tonnerre, Dep. → Donnersberg Moralitätspatent 687 Moritz, Johann Friedrich 306, 315 Moro (Maulbeerbaum), Fam. 175 Mörsberg, Jakob v. 259 Mörsch → Frankenthal-Mörsch Morsheimer Prozess 257 Mörstadt 27, 111 Mosbach, Kl. 123 Mozartsaal (Festhaus) 625, 790 Mozartstraße 778 Mühlbach 45, 306 Mühlen/-industrie 200, 207, 336 f., 387, 498, 568, 698, 720, 725 (→ Gatzert’sche Mühle → Hefft’sche Kunstmühle → Ludwigsmühle → Nibelungenmühle Baruch & Schönfeld)

Mühlheim (b. Osthofen), Kl. 710 Müller (Beruf) 312 Müller, Ernst 526 Müller, Heinrich, Gewerbeinspektor 797, 800, 802 Müller, Heinrich G. 433 Müller, Herbert 625 Müller, Johannes 787 Müller, Johannes v. 474 Müller, Philipp L. 433 Müller-Ortloff, Edith 790, 844 München 513, 534 Mundartdichtung 570, 595 (→ Völker, Jean) Munitionsherstellung (1. Weltkrieg) 549 f. Munizipalverwaltung → Mairie Münster, Sebastian 44, 92, 757 Münsterdreisen, Kl. 733 Münze, Haus zur → Rathaus Münz- u. Geldwesen/Münzprägung 129 f., 136, 145, 154–156, 173, 196, 203, 665 Münzer/Münzerhausgenossen 154–156, 170, 177, 188, 203, 209, 216–218, 223–226, 233, 241 f. (→ Adelbraht) Murbach, Kl. St. Leodegar 131, 694 Musall, Bettina 847 Museen – Museum der Stadt W. (Andreasstift) 99, 443, 471, 570, 580, 593, 605, 634 f., 750 f., 755 f., 862, 863 (→ Heylshof → Jüdisches Museum → Nibelungenmuseum → Paulusmuseum → Städtische Kulturinstitute) Musikanten 335, 338, 348 f. Musikgesellschaft → Kasino(-und Musik)gesellschaft → Lesegesellschaft Muth, Fritz 484, 486 Muth, Heinz 771 Myra (Kleinasien) 741 Nahegau 121 f. Nantes 64, 85 Napoleon I. (Bonaparte), frz. Ks. 382, 384, 389–391, 393–397, 402, 687, 751 Napoleonkult 396 Nassau, Gfen. 186 (→ Adolf v. → Agnes v.) Nathan, Georg 601 Nationalfeste → Revolutionsfeste Nationalgüterversteigerungen 385–388, 468 Nationalliberale (Partei) 485, 491–493, 528 f., 551 Nationalliberaler Arbeiter-Verein 528 Nationalliberaler Verein 477 Nationalsozialisten → NSDAP Nationalversammlung 1848/49 413, 430–423, 425–427, 429 f., 432 Nationalversammlung 1919 (Wahlen) 551 Nauheim, Bad 822 Naumann, Carl 481

R EGISTER Nebel, Heinrich Christoph 346 Neckar 123, 125, 142 Neckarbischofsheim 124 Neckarsteinach 537, 822 Neidhardt, Alexander, Bgm. 448 Neiß, Philipp 778 »Nektar«, Fabrik f. alkoholfreie Weine 498 Nemeter 61, 67 Neolithikum 45–48, 98 Neolithische Revolution 45 f. Nett, Julius 476 Neue Pforte (= Leonhardspforte) 253, 301, 730 Neues Spital → Heilig-Geist-Spital Neue Wormser Zeitung (Z.) 490, 492 Neue Zeit, Die (Z.) 417, 421 f., 425–430, 438, 492 Neuhausen → Worms-Neuhausen Neuhauser Tunnel 520, 531 Neuleiningen 708 Neumann, Balthasar 470, 745, 766, 771 f. Neumarkt 97, 136, 173, 199, 571, 597, 766, 770, 772 Neunkirchen/Saar 121 Neuromanik 488, 511, 519 f., 535 Neusatz 95 Neusatzschule 499, 516, 819, 777, 838 Neuß, Wilhelm, OB 620, 623 Neustadt/Weinstraße 408, 609 f., 708 Neutor/-pforte 190, 301 Neutorstraße 520 Neuturm 199 New York 561 Nibelung, Geistl. 828 Nibelungenbrücke 488, 636, 639, 777, 789, 853, 854 Nibelungenbrunnen (gepl.) 534, 838 Nibelungenfestspiele – 1915 (gepl.) 546 – 1937–1939 594 f., 843 f. – seit 2002 635 f., 648, 847–849, 852, 859, 860 »Nibelungenjahr« (1936) 593 f., 843 Nibelungenkurier 858 Nibelungenlied 104, 176, 486, 535, 824–830 Nibelungenlied-Gesellschaft 845, 849, 862 Nibelungenlied-Wandteppich (Festhaus) 790 Nibelungenmühle Baruch & Schönfeld 498 Nibelungenmuseum 636, 648, 845 f., 862 Nibelungenrezeption 243, 535, 570 f., 593–595, 635 f., 777, 831–849 Nibelungenring 518, 537, 777 Nibelungensaal → Cornelianum → Schmoll v. Eisenwerth, Karl Nibelungenschule 497, 516 f., 520, 524, 537, 777, 819, 838 Nibelungenviertel 842 Nibelungenweg (touristisch) 847 Niclaus Gerhaert v. Leyden 765 Nicolai, Hermann 473, 782

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Niddagau 121 Niederflörsheim/Rhh. (Gde. Flörsheim-Dalsheim) 442 Niedermarkt 136, 163, 199 f., 729 Nieder-Olm 201, 405 Nierstein 111, 397 Nievergalt, Nikolaus 242, 757, 835 Nikolaus II., russ. Zar 526 Nikolaus v. Wiltberg, Geistl. 273 Nikolaus-Ehlen-Siedlung 789 Nikolauskapelle → Dom, Nikolauskapelle Nikolaus Maurus → Maurus, Nikolaus Nimwegen (Nijmegen) 116, 160 Ningde 852 Nithard 108 Nobiling, Karl E. 481 Noltz, Eucharius, Geistl. 250 Noltz, Reinhart, Bgm. 240 f., 243, 245, 247, 250, 266, 722, 724, 729 (→ »Tagebuch« Noltz) Nonnenmacher, Gustav 738, 745, 749, 764, 770 Nonnenmünster, Stift/Kl. 88, 107, 127, 129, 139 f., 157, 178, 199, 202, 253, 384, 443, 693 f., 696, 699, 706, 710 f., 715, 726, 728, 731, 733, 736, 749, 767, 771 f. – städtische Klostervogtei 178, 199, 710 Nordanlage 756 Nordbaden (sprachl.) 650 Nordfriedhof, römischer 92, 98 Nordheim/Ried 190 Normannen/-vorstöße 116, 118, 130, 737 Notgeld 547 Notstandsarbeiten 567, 591, 811 Novemberpogrom 1938 → Judenverfolgung Novemberrevolution (1918/19) 550–552 Noviomagus (Speyer) 61 NSDAP/Nationalsozialisten 546, 553, 560 f., 563, 569, 574, 576, 578 f., 581–587, 631 f., 637 (→ Deutsche Arbeitsfront → SA → SS) – NSDAP-Kreisleitung 586 – NSDAP-Ortsgruppen (Andreastor, Liebenau, Wasserturm, Mainzertor) 586 Nürnberg 186, 521, 716 Nürnberger Herrenbund 186 Nürnberger Parteitage (NSDAP) 586 Obenauer, Johannn 607 Obenheimer, Bernhard 502 Oberammergau 594 Oberbürgermeister (ab 1898) 486, 489, 526, 536 f., 542, 544 f., 547, 550–553, 555, 559, 564 f., 576, 584 f., 591, 595 f., 601, 605, 607, 611–614, 622 f., 640 f., 644, 649 (→ Amtskette → Bürgermeister → Verwaltungsrechenschaftsbericht)

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Oberflörsheim/Rhh., Dt. Orden 733 Obergermanien 67 Obermarkt 167, 190, 200, 381, 555, 732 f., 862 Oberrealschule 536, 572 (→ Gauß-Gymnasium) Oberrheingau 103, 114 Oberrheinischer Reichskreis 308, 322 Oberrheinische Tiefebene/Oberrheingraben 15–17, 19 f. Observanten → Dominikanerobservanten Odenwald 15, 80, 125, 822, 829 Odenwaldlimes 66, 77, 80 Odo, Sohn Roberts d. Tapferen 117 Oertge, Joseph W. 431, 438 Offenbach/Main 493, 496, 500 f., 522, 529, 608, 794, 798, 812 Offizial, bischöflicher/Offizialat 705 f. Offstein 442, 498 (→ Tonwerke Offstein AG) Oggersheim → Ludwigshafen-O. Oktroi 441, 451, 464, 490, 493 f., 496, 530 Olbrich, Josef Maria 534 Ölmaß, städt. 203 f. Opfermann, Ignaz 779 Opfermann, Rudolf 469 Oppau → Ludwigshafen-O. Oppenheim 15 f., 19, 32, 111, 117, 167, 173, 175, 180 f., 185, 259, 295, 301, 354, 396, 405, 445, 749, 797 Oppenheim, jüd. Fam. 678, 754 (→ David ben Josua Joseph Oppenheim) Orb, Anton v. 332 Orgelmacher/Organisten 335, 340, 348 f. Orléans 109 Ortliep (Nibelungenlied) 831 Ortsbauordnung 513 Ortsgesundheitsrat 817 Ortsgewerbeverein 459, 508, 510 Osswald, Albert 615 Österreich 361, 365, 368, 370, 372 f., 391, 394, 423, 428, 430, 595 Österreichischer Erbfolgekrieg (1741–1748) 304 Osthofen 16, 63, 405, 414, 555, 851 Osthofen, Konzentrationslager (1933/34) 546, 563, 582 f., 589 Ostjuden 573 f. Otgar, Ebf. Mz. 115 Otterberg, Kl. 133, 165, 167, 176, 193, 699, 709 – Klosterhof mit Kap. 253, 728, 732 Otterstedt, Friedrich Frhr. v. 397 Otto I. (d. Gr.), Ks. 119, 121 f., 125, 130 Otto II., Ks. 95, 119, 123–125 Otto III., Ks. 119, 124 f., 130, 136, 139, 696, 740 Otto IV., Ks. 167 Otto v. Freising 157 Otto v. Kärnten, Hz. 93, 123 f., 137 Otto v. Wittelsbach, griech. Kg. 406

Otto, Dombaumeister 744 Otto, Johann H. 763, 768, 775 Ottonen 118–120, 135 Pädagogische Akademie/Hochschule 634 (→ Fachhochschule) Pages, Annika 860 Palais Bergkloster 593 Palais Manderscheid-Degenfeld → Manderscheid-Degenfeld, Palais Pankratiusgasse 729 Papstwahl → Leo IX. Paradeplatz → Ludwigsplatz Parcus, Carl 386 f. Parcus, Joh. Jakob 403, 412 Paris 104, 107, 126, 300, 357–360, 374, 439, 735 Parma 620, 852 Parnassim → Judenrat Partnerstädte (→ Auxerre → Bautzen → Mobile (USA) → Parma → St. Albans (GB) → Tiberias) Passau 828 Passauer Vertrag (1552) 269 Pauli, Philipp August 837 Paulusbibliothek 483 Paulusmuseum 98, 471, 480, 482–484, 526, 569 f., 573, 747 Paulusstraße/-gasse 95, 509, 767 Pauta (christl. Grab) 87 Pavia 109, 123 Pedetti, Francesco 769 Peinliches-/Kriminalgericht 309 Pelger, Josef 608, 624 Pelikan, pfgfl. Adelsgesellschaft 720 Pelzhändler → Kürschner Pendlerströme 39 f. Penk, Friedrich 612, 625–628 (→ Liste Penk) Pestalozzischule 789 Pestalozzistraße 518 Pestfriedhof/luther. Gottesacker 483, 727 Pestzüge/-epidemien 214–216, 298, 325 f., 339, 670, 714 Peter Klemann 233 Peter Kronberger, Bgm. 233 Peter v. Gengenbach, Geistl. 267, 716 f. Peter v. Stein gen. Kreuznach, Advokat 242, 266 Peter Wyrach, Geistl. 234, 266 Petersstraße/-gasse 97, 178, 349, 511, 518 Petrus, hl. (Stadtpatron) 163 f. Petrus Antonius de Clapis, Geistl. 237 Petrus Waldus 781 Pfaff, Adolf 523 Pfaffenrachtung, Große → Rachtungen (1407) Pfaffenwinkel 56 Pfalz 11, 33, 368, 609, 613, 621, 650

R EGISTER Pfalz, bayerische 398, 400, 405, 430, 432, 524 Pfalz, kgl. 103, 107–109, 127, 129, 167, 736 Pfalz-Neuburg 299 f. – Franz-Ludwig v., Bf. W. 306, 308, 743, 766, 771 – Johann Wilhelm, Kfst./Pfgf. 307 Pfälzer Wald 15 f., 21 Pfalzgrafen b. Rhein (→ Adolf → Friedrich I. → Friedrich II. → Friedrich III. → Friedrich V. → Heinrich Pfalzgraf, Koadjutor Bm. W. → Johann Wilhelm → Konrad I. → Ludwig II. → Ludwig III. → Ludwig IV. → Ludwig V. → Philipp I. → Ruprecht I. → Ruprecht II. → Ruprecht III. → Wilhelm) Pfalzgrafenhof 443, 461, 518, 755, 767 Pfalzgrafenhofkaserne 518 Pfalzgrafenhofstraße 518 Pfalzgrafenrachtung → Rachtungen, 1519/26 Pfalzgrafschaft bei Rhein/Kurpfalz 178 f., 184 f., 187–192, 195, 197, 201, 207, 211–214, 224–227, 234, 236–240, 249, 260, 263, 266–268, 294 f., 299, 303–307, 315–319, 322, 333 f., 336, 343, 346, 351, 357, 359, 365, 370, 374, 400, 650, 677, 694, 702, 705, 712, 715–718, 720 f., 732 (→ Schirmverträge) Pfälzische Bank 500 Pfälzische Kirchenteilung → Kirchenteilung, Pf. Pfälzischer Erbfolgekrieg (1688–1697) 32, 291–294, 299–303, 319, 333, 685 Pfandhaus, städt. 426, 443 Pfannebecker, Johann 437 Pfarreien/Pfarreigrenzen/Pfarrklerus 139, 157, 170, 176 f., 206, 220, 222, 224, 248, 251, 256, 699–701, 707, 721–726 (→ St. Amandus → St. Andreasberg → St. Caecilia → St. Johannes → St. Lampert → St. Magnus → St. Michael → St. Remigius → St. Rupert) Pfarreigeschworene 177, 722 f. Pfauenmoos (CH) 567 Pfauenpforte/-tor 127, 129, 136, 163, 253, 694, 727, 732–734 Pfeddersheim → Worms-Pfeddersheim Pfefferkorn → Johannes Pf. Pfiffligheim → Worms-Pfiffligheim Pfingstmesse/-markt → Marktwesen Pflasterer 335 Pfortenring 508, 520 Pfortenzoll/-ungeld 235, 309 Pforzheim 718 Pfrimm 13, 19, 27, 45, 48, 53, 77, 111, 532, 567 Pfrimmpark (Carl-Bittel-Park) 519, 532 Pfungst, Ludwig J. 492, 527 f. Philipp I., Pfgf. 189 f., 192, 267, 672 Philipp d. Großmütige, hess. Landgf. 781 Philipp Rosenberg, Bf. Speyer 273

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Philipp v. Schwaben, Kg. 165 f. Philipp Wilhelm v. Dalberg, Geistl. → Dalberg Philippsburg 300 Philosophenweg 820 Physikat, städt. 309 Piaski (Polen) 601 Pighino (Nuntius) 285 Pilgrim, Ebf. Salzburg 186 Pilgrim, Johann Daniel 419 Pinchas Levi, Rabbiner 679 Pi(p)pin I. 102, 107 f., 125, 736 Pippin d. Mittlere 104, 113 f. Pistorius, Jakob, Maire 387, 389, 392 Pittschaft, Johann Baptist 403 Pius XI., Papst 740 Platz, Philipp 354 f. Platz der Nation 592, 778, 844 Platz der Partnerschaft 592 Plinius d. Ältere 61 Plum, Alois 760 Poets, Meinhard 608 Pogrome → Judenverfolgung Polenverein/-freundschaft 405 f., 410 Policeygericht/-sprotokolle 309, 323 f., 334 Policeyordnungen/-gesetzgebung/städt. Ordnungen 228 f., 236, 270 f., 288 f., 311–314, 322–324, 348, 672 (→ Judenordnungen) Polizei (seit 1814) 479 f., 555 f., 560, 562, 575–577, 580, 585, 587 f., 813 Polnischer Erbfolgekrieg (1733–1738) 303 f. Pörtelgericht → Feld- und Pörtelgericht Postamt → Hauptpost Prag 295, 685 (→ Rabbi Löw v. P.) Pregler, Wolfgang 646 Prell, Hermann 504 Preu, Ulrich (gen. Schlaginhaufen) 280–282, 738 Preußen 361, 366, 368, 370, 391, 429 f., 432 Priester, Oswald 280 Prinz-Carl-Anlage 643, 778, 792 Prittwitz’sches Palais (Adlerapotheke) 766, 770, 772 Privatbanken 501 Privatkliniken 509 f. (→ Martinsstift → Mathildenheim → Sophienhaus) Privatschulen 346, 450 Procter & Gamble 645 Promenade 466 Prophetenübersetzung 281 Prosper 825 Protestantenverein 475, 479 Prüm, Kl. 31, 111 f. (→ Regino v. P.) Prüss, Johann 833 Ptolemaeus 67 Puasi (christl. Grab) 87 Publius Pomponius 67

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Putzarbeiterinnen 799 f. Pützer, Friedrich 534, 539, 542, 785 Quäkerspeisungen (1923) 556 Quartieramt 309 Quentell, Philipp 431, 438 Quintus Carminius Ingenuus 64 f. Quito (christl. Grab) 87 Rabbi Löw v. Prag 678 Rabbi Meir ben Baruch v. Rothenburg → Maharam Rabbi Salomon ben Isaak → Raschi Rachilt 112 Rachtungen – (1233) 169 f., 177, 204 f., 702, 709, 721 – (1293) 184, 205 – (1300) 184, 206 – (1366) 185, 218–220, 268 – (1386) 187, 224 – (1407, »Große Pfaffenrachtung«) 188, 210, 213, 226–228 – (1519/26, »Pfalzgrafenrachtung«) 260, 321 Raddatz, Carl 595 Rädergewann 49 Radom (Polen) 603 Rahn, Wilhelm, OB 551, 553, 559, 564, 576, 583 f. Raimund v. Capua, Geistl. 716 Raiser, Christian 507 Raiser, Karl Friedrich 507, 509, 521 Raiser, Theodor 820 Ramm, Hugo 584 Ramsen, Kl. 733 Raschi (Rabbi Salomo ben Isaak) 664, 668, 681, 754 Raschi-Haus → Jüdisches Museum → Stadtarchiv → Tanzhaus, jüd. »Raschi-Kapelle« → Synagoge Raschitor 488, 518, 537 Rasor, Georg H. 479, 488 Rastatt 373 Rathaus/Bürgerhof/Münze 157, 169, 177 f., 190, 202 f., 227, 230, 242–244, 248, 253, 255, 260, 301, 303, 354, 380 f., 430, 451, 467 f., 480, 483, 487, 502 f., 518, 535, 545, 548, 554 f., 591, 639, 695, 728, 756 f., 765, 769, 774, 777, 790, 835, 847 (→ Reichsstädtisches Archiv) Rathenau, Walter 554 Rathenaustraße 486, 519 f., 736, 786 Rätien 113 Ratskapelle 195, 232 Ratstrinkstube 227, 233, 239 (→ Sperberzagel, Haus z.) Rauch, Daniel 472, 781 Raugrafen 185, 702 (→ Eberhard, Bf. W. → Emicho, Bf. W. → Friedrich, Bf. W.) Rautwiesen 56, 58

Ravenna, Reichstag v. 169 Razo, Bf. W. 126 Rebdorf (b. Eichstätt), Kl. 721 Rebstock, Zum (Kap., Klosterhof Kl. Kirschgarten) 253, 720, 729 Rechenschaftsbericht → Verwaltungsrechenschaftsbericht Rechenstube, städt. 309 Rechthien, Bernhard 560 f. Rechtsauskunftsstelle, städt. 810, 813 Reformatorische Bewegung 197 f., 249, 261, 263 f., 271, 276 f., 279 Reformierte (Einwohner/Gemeinde) 341, 343–345, 392, 400, 685, 770 (→ Friedrichskirche) Reformierte Schule 343, 346, 770 Regensburg 104, 115, 384 Regensburg, Immerwährender Reichstag 307 f. Regierung Heimerich 609 Regiment »Prinz Carl« 461 (→ Infanterieregiment 118) Regino v. Prüm 114 Reichenau, Kl. 136 Reichenbach, Kl. 152 f., 733 Reichkonvent (Gudelmannkonvent, »St. Richardi«) 236, 253, 301, 713 Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold 554, 576, 583 Reichsbund jüdischer Frontsoldaten 574 Reichsgut 109–111 Reichshofrat 308, 320–322, 355, 369, 674 Reichskammergericht 308, 315–318, 320 f., 671, 677 (→ Kammergericht, kgl. ) Reichskreis → Oberrheinischer R. »Reichskristallnacht« → Judenverfolgung Reichs- und Hoftage (vor 1545) 102, 107 f., 110 f., 113, 116 f., 119 f., 130, 143 f., 158, 672 – Reichstag 1495 190 f., 195, 251, 254 f., 672 – Reichstag 1521 195, 261, 737, 757 – Reichstag, Immerwährender → Regensburg Reichspräsidentenwahlen – (1925) 560 – (1932) 579 f. Reichsstädtisches Archiv (Rathaus) 484, 505, 526, 777, 782 Reichstagsgedenken 1971 648 Reichsverfassungskampagne (1849) 429–432, 438 f. Reichsversammlung → Reichs- und Hoftage Reiling, Adam 375, 383 Reiner, Heinrich 589 Reinhard v. Rüppurr, Bf. W. 191, 258, 260, 267, 287 f. Reinhard v. Sickingen, Bf. W. 266, 273, 713, 715, 720 Reinhart, Fam. 455–457, 466 (→ Doerr & Reinhart, Lederwerke → Doerr, Fam.) Reinhart, Johann Baptist 456

R EGISTER Reinhart, Nikolaus Andreas 456, 463, 503, 525, 532, 803, 807 f., 812, 815, 821 Reinhart Noltz → Noltz, Reinhart Reinhart van Gülpen, Fritz 593 Reinmann, Albert 786 Reiß-Engelhorn-Museen, Mannheim 861 Reiss, Karl 433 Remeyerhof 767 Remeyerhofstraße 70, 726, 767 Renz, Georg Friedrich, Bgm. 407 f., 419, 426, 437, 443, 445, 457, 501 Renzstraße 517 Reuchlin, Johannes 781 Reuerinnen → St. Andreasberg Reunionsadressen (1793–1798) 367, 376 f. Reuß, Nikolaus 471 f., 483 Reutilo 83 Reutlingen 675 Revolution 1848/49 402, 416 f., 428 f., 432, 437, 440 Revolution 1918/19 → Novemberrevolution Revolution, frz. → Französische Revolution Revolutionsfeste (1795–1801) 381 f. Revolutionskalender, frz. 378 f. Revolutionskriege (1792–1797) 326, 362–373 Rhaunensulzbach 771 Rhein 13, 15–18, 23 f., 27, 60, 77, 107, 111, 114, 125, 215, 300, 306, 322, 333, 339, 361, 373, 376, 382, 396–398, 401, 432, 443, 462, 567, 586, 595, 652, 700, 724, 818 (→ Zölle/Zollwesen) Rheinarme/Rheinnebenarm 495 f. (→ Gießen → Woog) Rheinbäder/-badeanstalten 818 Rheinbrücke/Brückenturm → Eisenbahnbrücke → Ernst-Ludwig-Brücke → Nibelungenbrücke Rheindürkheim → Worms-Rheindürkheim Rheinfels, Burg 201 Rheinfranken/rheinfränkisch (sprachl.) 650–652, 656–658 Rheingau 15, 173 Rheingewann 45, 48, 52, 77, 99 Rheingewannfriedhof 464, 466, 480 Rheinhessen 14–16, 19 f., 29, 31–34, 61 f., 77, 133, 190, 201, 327, 368, 388, 398, 400, 402, 414–416, 420, 422, 436, 444, 525, 551, 559, 605, 609 f., 613–615, 621, 632, 650, 652, 656, 661, 796, 802, 851, 857, 858 Rheinhessen-Pfalz 610 Rheinhessisches Tafel- und Hügelland 14–16, 19 f. Rheinisch-Deutscher Nationalkonvent (1793) 366 Rheinische Dampfwaschanstalt 498 Rheinischer Antiquarius 834 Rheinischer (Städte-)Bund 171, 175, 180 f., 194, 200 »Rheinische Republik« (1923) 555 Rheinischer Herold (Z.) 482, 492

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Rheinische Schiefertafelfabrik 498 f., 557, 795 Rheinisches Schiefergebirge 20 Rheinische Volksblätter (Z.) 492 Rheinisch-Schwäbischer Städtebund 187 f. Rheinkran 301, 333, 451, 535, 839 Rheinland-Pfalz, allg. 858, 861 Rheinland-Pfalz, Gründung (1947) 613–615 Rheinland-Pfalz, Volksabstimmungen 614 f. Rheinmöve 855 Rhein-Neckar, Metropolregion 851, 857 Rhein-Neckar-Raum/-Dreieck 24, 40, 648, 853 Rheinpforte/-tor 253, 441 Rheinstraße/-gasse 330, 443, 519, 567, 765, 767 Rheintorplatz 521 Rheinzabern 74 Rheinzoll → Zölle Rhenania AG 568, 852 Richard v. Cornwall, Kg. 181, 200, 203 Richard v. Daun, Bf. W. 174, 709 Richardikonvent → Reichkonvent Richbod, Bf. Trier 112 Richer, Fam. 175 Richer Bonne, Bg. 217 Richezo, bfl. Kämmerer 709 Richgowo, Bf. W. 121 f. Ried 496, 525, 592 Riedrode 592 Riegel, Ernst 539, 542, 785 Rietburg/Haardt, Herren v. 181 Rietschel, Ernst 472 f., 781 Rijswijker Frieden (1697) 303 f. Rindsfüsser & Kühn, Architekten 786 Rink, Melchior 280 Rinke, Moritz 635 f., 847, 860 Rischmann, F. u. C., Privatbank 459, 501 Ritterchen, Fam. → Militellus Ritterorden → Deutscher Orden → Johanniter Ritualbad → Mikwe Ritzheimer, Johann F. 608 Robert d. Tapfere, Kg. 114, 117 Rodensteinerhofgasse 95 Röderstraße 52, 778 Rödiger, Friedrich 375, 378 Roeß, Georg Richard 535, 570, 839 Rohan, Louis-René de 361 Röhm (& Haas) 645 Rohpappenfabrik AG 498 Rohr, Georg 617 Rohrheim 108 Rohrlache → Karl-Marx-Siedlung Roland/-slied 833 Rollin, Ledru 439 Rom 109, 113, 116, 119, 211, 384, 711, 736 Romanische Hauswand (Römerstr.) 755 Rom(anus), Johannes → Johannes R.

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Römerstraße 68, 70, 95, 443, 476, 509, 700, 726, 729, 755, 765, 767, 772–774, 821 Römischer Kaiser (Straße) 516, 520 Römisches Forum 71 Römisches Kastell 65 f., 81 Römische Tempel 71 Ronge, Johannes 412 Roppelt, Andreas 617 Rosenbaum, Beginenkonvent zum 713 (→ Beginen) Rosenberg, Manfred 599 Rosenberg, Philipp, Bf. Speyer → Philipp R. Rosenfest/-garten 512, 535, 839 Rosengarten (Bahnhof) 462, 484, 524 Rosengarten (Siedlung) 592 f. Rosengartenlied 535, 832 Rosenthal, Julius 690 Rosenthal, Kl. 733 Rosner, Johann 769 Roter Frontkämpferbund (KPD) 560 »Rotes Haus« (Römerstr.) 344, 757, 765, 770 Rotgerber → Lauer/-zunft Rothe, Karl 487 Rothenburg, Rabbi Meir → Maharam Rothenburg o. d. T. 669 Rothschild, Samson 690 Rottweil 290 Rowe Mineralölwerk GmbH 857 Roxheim → Bobenheim-R. Rüdiger Huozmann, Bf. Speyer 664 Rudi-Stephan-Allee 519, 532 Rudi-Stephan-Gymnasium 643 (→ Altsprachliches Gymnasium → Bildungszentrum) Rudler, Franz Joseph 374–378, 381, 383 Rudolf v. Burgund, Kg. 119 Rudolf v. Habsburg, Kg. 181 f., 203, 205 Rudolf v. Rheinfelden, Gegenkg. 145 Rudolf v. Worms, Geistl. 711 Rüdt, August 476 Rufus, Fam. 175 Rühl, August 423 Rumold (Nibelungenlied) 829 Runne, Heinrich 617 Rupert, Bf. W. (→ St. Rupertus) 87 f., 104 f., 694 Rupert, Gfen. 114 Rupertiner 109, 112, 114 Ruppert, Willi 608 Rüppurr, → Reinhard v. R., Bf. W. Ruprecht I./d. Ältere, Pfgf. 185, 211, 214, 670 Ruprecht II., Pfgf. 187 Ruprecht III./I., Pfgf./Kg. 188 f., 218, 224, 226 f., 265, 712, 717 Ruske, Erwin 628 Rußbrennerei C. Hisgen 818 Rüsselsheim 500

Russland 391, 396 Russlandfeldzug (Napoleon) 396 SA 576, 583, 586, 588 Saalstiege (Bischofshof) 176, 827, 231 Saarbrücken, Gfen. v. → Simon → Heinrich v., Bf. W. Saargebiet/-land 524, 602, 609, 650 Sachsen 108, 781 Sachsen, Kurfürst v. 258 Sackbrüder 708 f. Sackträger/-zunft 329, 331, 335, 338, 759 St. Albans (GB) 620 St. Dié 104 Säkularisation (1802/03) 384–388, 399 f., 749, 776 (→ Nationalgüterversteigerungen) Salbuch, bischöfliches (1490) 251 Salier (Fam. allg.) 121, 127, 132, 135, 137 f., 143, 145 f., 695 (→ Heinrich III. → Heinrich IV. → Heinrich V. → Konrad II. → Otto v. Kärnten → Dom St. Peter, Saliergrablege) Salierburg (St. Paulus) 93 f., 109, 127, 137–139, 695, 736, 745 Salmann Klemann, Bf. W. 210–212, 233 Salomo ben Isaak, Rabbi → Raschi Salzburg (Stadt, Bm./Bfe.) 93, 104 f., 508, 694, 736 Salzer, Friedrich W. 450, 525 f., 542 Samuel, Bf. W. 115, 117, 127, 693, 736 Samuel Wolf Levi (→ Levi, Samuel Wolf) St. Alban, Kap. 726 St. Albans 852 St. Amandus, Pfk. 127, 129, 253, 573, 696 f., 703, 724–726 (→ Amandus, Bf. W.) St. Andreas, St. (bis 1802) 73, 87 f., 95, 127, 129, 139 f., 165, 167, 172, 176, 202, 212, 237 f., 253, 278, 280, 301 f., 365, 387, 483, 694, 696, 698 f., 704, 723–725, 727, 737 f., 750 f., 764, 766 St. Andreas, Kirche (ab 1802) 443 (→ Museum der Stadt W.) St. Andreasberg (Bergkloster) St./Kl. (Reuerinnen) 88, 178, 253, 385, 693, 707, 710 f., 715, 723, 725, 736, 744 St. Andreasberg, Pfk. 253, 724 f. St. Caecilia, Pfk. 88, 178, 253, 694, 725, 728, 834 St. Cyriakus/Neuhausen, St. → Worms-Neuhausen, St. Cyriakus St. Dionysius → Worms-Neuhausen, St. Cyriakus St. Gallen, Kl. 117 St. Georg/Martinstor, Kap. 253, 727 St. Georg/Schönauer Hof, Kap. 728 St. Georgen/Schwarzw., Kl. 152 f., 733 St. Gertrud, Kap. 253, 728 St. Jakob/Gutleuthaus, Kap. 728, 731 St. Jodokus, Kap. 301

R EGISTER St. Johannes, Pfk. 157, 253, 301 f., 346, 468, 694, 701, 723–726, 729, 735, 739, 743 f., 761, 776, 834 St. Kilian, Kap. 168, 253, 387, 701, 726 St. Lampertus, Pfk. 87, 127, 139, 157, 253, 301, 346, 467, 694, 700 f., 722 f., 736, 749 St. Magdalena, Kap. 253, 728 – Bruderschaft 728 St. Magnus, Pfk. 88, 95, 127 f., 139, 157, 177, 253, 277, 280, 295, 342, 572, 596, 636, 640, 694, 696, 701, 722 f., 725, 728, 730, 732, 736–739, 750 f., 768 St. Margaretha, Kap. 253, 701, 726 f. – Bruderschaft 726 St. Maria, Kap. → Liebfrauen St. Martin, St. (bis 1802) 87 f., 139 f., 176, 196, 202, 226, 253, 301 f., 365, 367, 385 f., 471, 573, 666, 679, 691, 694, 696, 700, 704, 723, 733, 736–739, 747–749, 759, 766 f., 773 St. Martin, Pfk. (seit 1804) 469, 471, 474, 483, 749 f., 772 St. Meinhart, Kap. 88, 253, 694, 728, 834 St. Michael, Pfk. 177, 199, 253, 701, 722, 724 f. St. Nazarius, Kap. 156, 169, 178, 203, 253, 695, 728 St. Nikolaus → Dom, Nikolauskapelle St. Pankratius, Kap. 199, 253, 729 St. Paulus, Kirche (1802–1881) 98, 464, 468, 482 f. (→ Paulusmuseum) St. Paulus, Dominikanerkloster (seit 1929) 471, 570, 573, 747, 772, 855 (→ Paulusmuseum) St. Paulus, St. (vor 1802) 49, 60, 70 f., 73, 81, 87–89, 93–95, 109, 127, 139 f., 147, 176, 178, 196, 207, 212, 215, 217 f., 224, 253, 268, 301, 345, 385, 509, 665, 672, 691, 695 f., 700, 704 f., 731, 736, 738–740, 745, 747, 762, 767 f., 771 f. (→ Salier/ Salierburg) St. Peter → Dom St. Peter St. Remigius, Kap. 724, 726, 729 (→ Wihelmiten(kloster)) St. Richardi → Reichkonvent St. Rupertsgasse 97 St. Rupertus, Pfk. 87 f., 93, 95, 127, 139, 157, 165, 212, 239, 253 f., 301, 672, 694 f., 700 f., 722– 724, 736 (→ Rupertus, Bf. W.) St. Silvester u. Valentin, Kap. 253, 701, 727, 734 St. Sixtus, Kap. 253, 701, 727 St. Stephan/Bischofshof, Kap. 230, 253, 697, 727, 739 St. Stephan/Gottesacker, Kap. 253, 701, 727 St. Ulrich, Kap. 253, 729 St. Valentin → St. Silvester Sapaudia → Savoyen Sarazenen 107 Sattler, Joseph 486 Sattlergasse 707

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Säuglingsfürsorge/-pflege, städt. 813, 822 Säuglingssterblichkeit 822 Savonarola, Hieronymus 781 Savoyen 825 Saxer, Heiner 790 Schäfer, Christian 387, 389 Schäfer, Constantin 476 Schäfer, Otmar 649 Schalvenberg, Heinrich v. 288 Schammes → Juspa Schammes Schannat, Johann Friedrich 133, 306, 836 Schärf, Büromöbel 645 Scharm → Berthold Scharm Schatzung/Schatzungslisten 320, 328–331, 339 Scheinfeld → Lupold v., Bf. W. Schellenschläger, Jakob 433 Scheppach, Peter 280 Scherer, Georg C. 356, 364, 369, 377 Scheuermann, Adam 433 Schiffer/Schiffsleute 328, 336, 443 Schiffsbrücke 444, 449, 462 f., 496 Schildergasse 81 Schilderzunft 328–330, 335 f., 338 Schillerstraße 89, 98, 818 Schilling, Johannes 782 Schirmverträge, städt. 214, 239, 307 (→ Pfalzgrafschaft) Schlachthaus/-hof 443, 449, 537, 778, 818 Schlaginhaufen → Preu, Ulrich Schlesien 337 Schleswig-Holstein-Frage 423, 425 Schlösser, Lederfabrik → Lederfabrik Louis Schlösser & Co. Schlösser, Karl L. 490 Schlossplatz 521, 777 Schlossplatz-Brunnen 521 Schmeel, Heinrich 820 Schmelas, Matthias 623 Schmidt, Georg, Beigeordneter 809 Schmiede/-zunft 328–330, 335 f. Schmitt, Friedrich 607, 609, 611–613, 627 Schmitt, Georg H. 432, 435 Schmoll v. Eisenwerth, Karl 535, 786, 840 Schneider/-zunft 329 f., 335–337, 392 Schneider, Friedrich, Prälat 470 f., 483 Schneider, Karl 486 Schoen, Fam. 455, 466, 503, 535 Schoen, Friedrich W. (v.) 490, 504, 511 f., 602 Schoen, Gustav → Kunstwollfabrik Gustav Schoen & Co. Schoen, Julius C. 456, 466, 503 Schoeneck, August 501 Schoeneck, Christoph 389 Schoeneck, Johann D. 375 Schoeneck, Johann Ludwig 369

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Schoeneck, Philipp 488, 501 Schöffengericht → Gerichtswesen Schöffer, Peter 256, 276, 281, 288 Scholarchat, luther. 309, 346 Schön, Georg Fr. 432 f. Schönau (bei Heidelberg), Kl. 133, 153, 165, 167 f., 176, 193, 699, 706, 728, 732, 734 – Klosterhof m. Kap. 165, 253, 728, 732, 734 Schönauer Straße 73, 80, 82, 97, 568 Schönborn, Franz Georg v., Bf. W. 743, 771 Schöneck → Cuno v. → Emicho v. → Simon v. Schönenburg, Georg v., Bf. W. 744 Schönensteinbach/Elsass, Kl. 716 Schönfärber 336 Schrader, Maria 635 Schraut, Karl Hartmann 367 Schreiner 335, 340, 392 Schriesheim 190, 201 Schröder, Adolf 628 Schröder, Bernhard 477 Schröter, Eduard 413 Schubart, Christian 357 Schuhmacher/-zunft 207, 329 f., 335, 338, 392 Schulen/Schulwesen (allg.) 450, 548 f., 571 f., 643, 688, 819 f., 822 (→ Augustinerschule → Collegium illustre → Domschule → Elementarschule, luther. → Englische Fräulein → Fachhochschule → Gymnasien → Jüdische Bezirksschule → Karmeliterschule → Konfessionsschule → Lateinschule, städt. → Lehrhaus, jüd. → Neusatzschule → Oberrealschule → Privatschulen → Sekundarschule, frz. → Simultanschule → Stiftsschulen → Volksschulen → Westendschule) Schulärzte 820 Schuler, Bernhard 383 Schuler, Georg F. 381, 455 Schulgesundheitspflege, städt. 564, 793 Schulhygiene 819 f. Schulte, Albert, Bgm. 550–553, 564, 581 Schultheiß 170, 177, 209, 241, 245, 250, 259, 268, 309 Schulzahnklinik (Sterngasse) 820 Schumacher, Kurt 621 »Schum«-Städte 156, 668, 671, 673, 862 Schütz, Friedrich J. 422 Schützenverein 475 Schutzmannschaft 479 Schütz-Wolff, Johanna 770 Schwaben → Friedrich v., Hz. Schwäbisch Hall 173 Schwanenapotheke → Apotheken/Apotheker Schwarzwald 15 Schwebel, Otto 583–585

Schwechenheim → Adam v. Schweden/Schwedische Besatzung 295, 298 f., 730 (→ Gustav Adolf, Kg.) Schweickert, Anna Charitas 339 Schweikhard, Goswin 368 Schweiz 432, 567, 721 Sckell, Friedrich Ludwig v. 778, 780 Sebastian-Münster-Straße 518, 778 Sechzehner 206 f., 212, 218, 220, 225 Seckenheim → Mannheim-S. Sedansfest/-tag (Deutsches Fest) 461, 547, 839 Seekatz, Johann Martin 472, 746, 769 Seekatz, Ludwig 348, 472, 769 Seibert, Karl 513 Seidenbender, Johann F. 300, 303, 306 f., 333, 343, 351, 685, 769, 836 Seidenbenderstraße 86 Seidl, Gabriel v. 466, 470, 503 f., 521, 777, 782 Sekundarschule, frz. (Ecole Secondaire, 1802/04) 393 Selz/Elsass 108, 201 Selzner, Claus 574 Seminariumsgasse 818 Separatismus/Separatisten (1923) 555 Seuchen → Fleckfieberepidemie → Lungentuberkulose → Pestzüge/-epidemien Severius Florentinus 74 Severius Lupulus 74 Sickingen → Franz v. → Reinhard v., Bf. W. Sickinger Fehde 191 f., 259 f. Siebenjähriger Krieg (1756–1763) 304, 326 f., 338 Siebenpfeiffer, Philipp Jakob 409 f. Siegfried (Nibelungenlied) 242, 824, 728, 786, 833–835 Siegfried Holtmund, Bg. 223 Siegfried v. Eppstein, Ebf. Mz. 172 f., 182 Siegfried v. Metz, Adliger 185 Siegfriedbrunnen 535, 571, 786, 839, 847 Siegfriedsgrab 834, 847 Siegfriedstein 75, 846 Siegfriedstraße 518 Siggo (christl. Grab) 87 Sigibert I., Kg. 826 Sigibert II., Kg. 826 Sigismund, Kg. 234 Silberprenner → Haus zum S. Silberschmiede 341 Simmler, Malerfamilie 759 Simon, Gf. v. Saarbrücken 153 Simon, Heinrich 428 f. Simon v. Schöneck, Bf. W. 205 Simultanschule 614 Sindelfingen, Kl. 721 Sinsheim 670, 761 Sinti, Deportation (1940) 603

R EGISTER Sirupfabrik GmbH Dr. Parcus 498 Sitte, Camillo 518 Sitzgedinge/Sitzgedingrecht 325 f., 332 Sitzinger, Ulrich 280 Sixtus IV., Papst 268 Sixtusplatz 727 Sobernheim 39 Soldan, Friedrich 492 Sonntagsarbeit/-heiligung 323 f., 337 Sonsbeck → Johannes Heydekyn v. Sophienhaus 509, 547 Sophienstift 508, 765, 821 Sozialdemokraten/-demokratie → SPD Sozialistische Arbeiterpartei (SAP) 579 Sozialistische Union (SU) 626 f. Sozialpolitik, städt. → Wohlfahrtspflege Spanien 107 Spanischer Erbfolgekrieg (1701–1714) 303 f. Spanische Truppen/Besetzung 295, 298 f. Sparkasse 426, 443, 459, 494, 502 f., 517, 527, 537 f., 553, 562, 566, 569, 777 f., 809, 814 – Worms-Alzey-Ried 857 SPD 477, 480–482, 491, 528 f., 551–553, 559–561, 569, 575 f., 578 f., 581–584, 590, 597, 607, 612, 614 f., 620–623, 648, 803 Spectaculum 861 Spectatia Spectata 85 Sperberzagel, Haus zum 227, 230, 233 Speyer – Stadt/Kl. 61, 63, 66, 89, 103–105, 116, 121, 125, 127, 129, 144, 146 f., 149, 152, 156, 160, 166, 173, 175, 180–182, 183–191, 197, 202, 205, 207–210, 213 f., 219, 224 f., 228, 232–235, 247, 290, 301, 303 f., 308, 315, 364, 367, 370, 383, 387, 390, 392, 399, 664 f., 668–671, 708, 711, 717 f., 754, 769, 781, 862 – Bm./Bfe./Dom/Domkapitel 87, 106, 112, 114, 137, 143, 149, 181, 271, 273, 357, 664, 702, 733 – Gemeindebezirk/Arrondissement/Kreis (1801–1814) 383, 395, 398 Speyerer Straße/Gasse 66, 68, 73, 464, 533, 730, 734 Speyerer Vorstadt → Vorstädte Speyergau 108, 121 Spiel- und Festhaus 511 f., 534, 554, 570, 586 f., 593 f., 602, 634, 640, 790, 838, 854, 861 Sponheim, Gfen. v. 186 Sprater, Friedrich 99 Sprenger, Jakob 582, 584 f., 588 f., 592–594, 843 Spruchkammerakten → Entnazifizierung SS 576, 583, 586, 588 Staatskommissar, hessischer (1930/31) 580 Stadion Alzeyer Straße 576, 591 Stadtältester → Heyl, Ludwig Frhr. v.

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Stadtansichten → Merian, Matthias → Münster, Sebastian Stadtapotheke 537 Stadtarchiv 144, 375, 448, 483 f., 505, 545 f., 569, 593, 605, 634 f., 638, 862 (→ Reichsstädtisches Archiv) Stadtbanner 230 Stadtbaumeister (ab 1852) 454, 470, 495, 501–506, 522 (→ Hofmann, Karl) Stadtbauplan (1889) 495 f., 514–519 (→ Hofmann, Karl) Stadtbibliothek 99, 483, 569, 593, 634, 862 (→ Lutherbibliothek → Paulusbibliothek) Stadtbrände (vor 1689) 172 f., 178, 206, 723, 727 Städtebünde → Rhein. (Städte-)Bund → Rheinisch-Schwäbischer Städtebund Stadtentwicklungsplan → Stadtbauplan (1889) Städteordnung, hessische (1874) 445, 477, 479, 486, 817 Städtetag, hessischer 810 f., 813–815 Stadtgraben → Stadtmauern/Stadtbefestigung Stadthaus → Rathaus Städtische Gemäldegalerie → Gemäldegalerie, Städt. Städtische Kulturinstitute 99 f., 586, 593, 632, 634, 639 (→ Illert, Friedrich M.) Städtische Sammlungen (1920–1934) 569 f. Städtische Wohlfahrtspflege → Wohlfahrtspflege/ Armenverwaltung Stadtkrankenhaus 465, 490, 506–510, 516, 522, 564, 591, 640, 642, 789, 816–818, 852, 858 Stadtmauern/-befestigung/-graben 92–96, 109, 121, 129–131, 137, 142, 144 f., 166, 198, 202, 204, 209, 253, 301, 328, 442, 464, 466, 468, 518, 537, 637, 665 f., 669, 694 f., 720, 726 f., 730, 732, 737 f., 756, 778, 845 f. – Tore/Türme → Andreaspforte/-tor → Brotpforte → Bürgerturm → Hantor → Judenpforte → Mainzer Tor → Martinstor → Mayfels → Neutor/-pforte → Pfauenpforte → Rheinpforte/-tor → Speyerer Tor → Torturm Stadtpark 535 (→ Bürgerweide) Stadtpatron → Petrus, hl. Stadtplanung 454, 490, 546, 567 (→ Stadtbauplan (1889) → Hofmann, Karl → Köhler, Walter) Stadtrandsiedlung → Karl-Marx-Siedlung Stadtrat (seit 1930) 576 f., 580 f., 583–585, 589 f., 605, 610–613, 616–629, 640, 649 Stadtrecht/Stadtgericht 159, 208 f., 217, 255, 259 f., 268, 309 f., 673 Stadtrechtsreformation (1499) 194 f., 245–247, 249, 251, 271, 275 f., 309, 311, 673 (→ Bürgerrecht → Gerichtswesen) Stadtsanierung → Altstadtsanierung

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Stadtschulamt 572 Stadtschule → Volksschule Stadtsiegel 163–166, 178, 206, 243, 247, 251, 835 Stadtsparkasse → Sparkasse Stadttheater (1945–1956) 635 (→ Deppisch, Spielgruppe) Stadtverordnete/-nversammlung (1874–1930) 477–481, 485, 489–491, 522, 527–529, 545, 547, 552–556, 559–561, 564 f., 567, 576, 793, 803, 810 f., 814–820 Stadtwappen 243, 247 f., 251, 257, 503, 542 f., 835 Stadtzerstörung (1689) 193, 291–294, 298–303, 325, 337, 351, 685, 727, 731, 743, 749, 757, 766, 769, 836 – Jubiläum (1789) 354 f., 686 f. Stadtzerstörung (1945) 605 (→ Wiederaufbau (nach 1945)) Staedel, Eduard 501 Stahl, Ernst 608, 624 Stahl, Karl 617 Standardsprache 654 f., 657–659, 662 f. Staricius, Johann 836 Starkenburg, Burg 201 Starkenburg, Provinz 401 f., 525, 650, 661 Stättmeister 300, 308, 334, 673 Staudinger, Franz 492, 500 Staufer (Fam. allg.) 153, 157 f., 174 f., 829 Steffan, Jakob 610 Stein (Burg) → Zullestein Steiner, Philipp 416, 419 Stelzengasse 70 Stephan, Rudi 512, 550 Stephansfeld/Elsass 730 Stephansgasse 518, 537, 575, 777 Stern, Buchhandlung 503 Sternberg → Konrad II., Bf. W. Sterngasse 665, 820, 822 Stethaimer, Hans 761 Stiftsschulen 706 Strahlenberg → Eberhard v. Strahlenburg/Bergstraße 190 Stralenbergstraße 566, 788 Straßburg – Stadt 23, 66 f., 104, 114, 151, 160, 164, 170, 181, 184–186, 188 f., 213, 225, 228, 256, 281, 283, 339, 384, 702, 711, 716, 758–760, 817 – Bfe./Bm. 361, 734 Straßburger Eide 114 Straßenbahn 526, 533, 601 Straub, Agnes 595 Strauß, Friedrich 433 Strauß, Georg H., Maire 365, 377, 383, 384, 387, 389, 687 Strauß, Max 569 Strauß, Michael 375

Strecker, Wilhelm 433 Streiks 557 Stresemann, Gustav 551, 569 Strohin, Maria Martha 347 Strumpfweber 336 Struve, Gustav 420 Stumm, Orgelbauer 771 Stumpf → Eisenbau Stumpf Sturm, Johannes 288 Stuttgart 534, 790 Süddeutsche Diskontogesellschaft AG 501 Sueben 61 Sulpicius Severus 80, 736 Syfer, Conrad 761 Syfer, Hans 761, 765 Synagoge 92, 95, 142, 156, 158, 163, 190, 348, 470, 547, 573 f., 599–601, 632 f., 664 f., 667–670, 672 f., 677 f., 683, 685, 687, 689 f., 738 f., 746, 750, 753, 766 (→ Klaus-Synagoge → Levy’sche Synagoge) – Frauenraum/-synagoge 178, 669, 679, 681, 740 f., 749, 753 f. – »Raschi-Kapelle« 470, 678 f., 753 f. – Synagogendiener 679 Synagogenbrand (1938) → Judenverfolgung/Pogrome Synagogenjubiläum (1934) 599 Synagogenplatz 599, 601 Synodale (1496) 194, 196, 251, 256, 723 Synode → Reichs- und Hoftage Tabatabai, Jasmin 860 Tacitus-Rezeption 835 »Tagebuch« Reinhart Noltz 240, 250, 255, 258, 722, 724, 729 (→ Noltz, Reinhart) »Tag v. Potsdam« (21.3.1933) 582 Takkanot Schum 668 Talmudhochschule → Lehrhaus, jüd. → Synagoge Tanzhaus, jüd. 253, 638, 669, 672 f. Tanzhaus, städt. 301, 342, 500 Tassilo, bayer. Hz. 108 Täufer/-bewegung 256, 263, 276, 280–282 (→ Denk, Hans → Hätzer, Ludwig) Taukkunen-Kaserne 792 f. (→ Prinz-Carl-Anlage) Taunus 15 Terrazzoplatten- und Cementwarenfabrik, Vereinigte 498 Textilindustrie 459, 568 Textor, Konrad 303, 319 Textorstraße 815 Thälmann, Ernst 580 Theater 861 Thegan 113 Theoderich d. Gr., Kg. 826 Theodo, Hz. 108

R EGISTER Theoger, Abt St. Georgen 153 Theophanu, Ksin. 124 Theresienstadt, Konzentrationslager 601 Theuderich, Kg. 103 Theyer, Ludwig 425 Thietlach, Bf. W. 95 f., 103, 111, 117 f., 121, 127, 130 f., 736 f. (→ Mauerbauordnung) Thietmar v. Merseburg 121, 139 Thil, Karl W. du 412, 415, 417 Tholey, Kl. 31 Thomas, Hans Valtin 677 Thomas Beccaria → Beccaria, Thomas Thomas-Jefferson-Village 856 Thomasstraße 788 Thon, Ernst F. 454, 502 Tiberias 620, 852 Tiberius, röm. Ks. 63 f., 67 Tiefensee, Wolfgang 853 Tierpark 862 Tile Kolup 181 Tilly, Gf. v. 295 Todfallabgabe (1184) 160 Tongern 694 Tonindustrie Albertwerke GmbH 498 Tonwerke Offstein AG 498 Töpfer, Ernstfried 78 Torturm (Stadtmauer) 442, 468, 756 Torturmplatz 847 Toul 104 Tourismus → Fremdenverkehr Tours 115 Trauerhalle, jüdische 537, 602, 777, 783–785 (→ Judenfriedhof, Neuer) Trautwein, Johann Philipp 323 Trebur 48, 111, 116 f. Trechsel, Ulrich 280 Trechtingshausen 782 Treverer 60 f. Triboker 61 Trier – Stadt 67, 79 f., 83, 104 f., 118, 136, 170, 232, 235, 360 – Ebm./Ebfe./Domkapitel/Kl. 105, 112, 122 f., 184 f., 197, 237, 258, 733 Trinkstube → Ratstrinkstube → Sperberzagel, Haus z. Trinkwasserversorgung → Wasserversorgung Trömer, Karl 607 Trommel, Haus zur → Haus z. T. Troyes 668, 681 Trumpler → Degrasfabrik T. Trumpler, Clemens 528 Tuchfabrik Valckenberg → Valckenberg Tuchherstellung/-zoll/-verkauf (vor 1500) 151, 199 f., 236

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Tulla, Johann G. 18 Turin, Architekturausstellung (1890) 519 Turnerbewegung 412 Turngemeinde v. 1846 412–414, 426, 471, 475 Turntag, Deutscher (1907) 512 Uhrig, Dorothea 417, 420–422, 425, 432, 440 Ulrich, Carl 570 Umgangssprache 657 Unabh. Arbeiterpartei Deutschlands 627 Unabh. Sozialdemokr. Partei Dtlds. → USPD Ungarn 119, 130, 423, 430 Ungarneinfall 122 Ungeld (mittelalterl. Steuer) 176, 201–206, 220, 229, 247, 309, 721 Ungeldämter → Mehlungeld → Pfortenzoll/-ungeld → Weinungeld Ungstein → Dürkheim, Bad Union, protestant. (1608–1621) 294 f., 298 f. Union (Lutheraner u. Reformierte) → Evangelische Union (1822) Untere Platt 52 Unterlinden/Colmar, Kl. 716 Urban II., Papst 669 Urbanus Rhegius 276 Urnenfelderkultur 52 f. USA → Vereinigte Staaten USPD 551, 553 f. Ute (Nibelungenlied) 828 Valckenberg, Franz 469 Valckenberg, Friedrich Wilhelm 510 Valckenberg, Peter J., Bgm. 387, 389 f., 396, 407 f., 412, 414–416, 445, 455 f. Valckenberg, Weinhandel/Fam. 448, 455 f., 568, 580 Valckenberg, Wilhelm J. 403, 456, 528 f. Valckenberg (& Schoen), Tuch-/Kunstwollfabrik 456, 499, 517 f., 557, 794 f., 818 Valckenbergstraße 68, 70, 97 Valentinian I., röm. Ks. 79, 93 Valentinsgasse 727 (→ St. Valentin) Valentinswallfahrt → Liebfrauen Valerius Maxantius 78 Vangionen 61 f., 66 f., 73, 82 Vangionenring/-straße 537, 778 Varnesi, Augusto 539, 785 Varusschlacht 63 f. Verdun 114 f., 786 Vereine/Vereinswesen (allg.) 437, 475, 528 Verein gegen Verarmung und Bettelei 480 Verein z. Abwehr d. Antisemitismus 574 Verein z. Gesundheitspflege ... Schulkinder 821 f. Verein z. Pflege d. Bildenden Kunst 569, 585

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R EGISTER

Vereinigte Staaten (USA) 599 f., 605, 607–609, 631, 643, 645 (→ Mobile) – Besatzungsmacht nach 1945 607–619 Verfassung, hessische (1820) 402 Verfassungstag, Weimarer Rep. (11.8.) 559, 576 Verkehrsverein 536, 570 f., 842 Verordnungen, städt. → Policeyordnungen Versailles 357 Verwaltungsrechenschaftsbericht 484, 495, 497, 516, 519, 530, 543, 545, 555, 562 Victor, Bf. → Viktor, Bf. Viehmarkt 198, 333 Viereramt 309 Vierling, Peter 455 Viktor, Bf. W. (?) 87, 692, 792 Viktoria Melita (v. Hessen), Ghzin. 516, 521, 816 Viktoria-Melita-Verein 816 Villa Döß 787 Villa Enzinger 466 Villiancourt, kurpfälz. Ingenieur 769 Virchow, Rudolf 512 Vitruv 68, 71 Vogesen 15, 186 Vohmann, Ludwig 799 Völker, Heinrich, OB 597, 607, 611–614, 620, 622, 641, 644, 649, 844 Völker, Jean (»Kabausche«) 570 Völkerschlacht 1813 → Leipzig, V. Volker v. Alzey (Nibelungenlied) 839 Völkisch-sozialer Block 559 Volksbad/-bäder 500, 818 (→ Cornelianumsbad) Volksbank 459 (→ Vorschuss- und Kreditverein) – Alzey-Worms eG 857 Volksbildungsverein 572 (→ Arbeiterbildungsverein) Volkshochschule 511, 572, 862 Volksschauspielgedanke 511 f. Volksschule(n) 548, 572, 819 f. (→ Schulen/Schulwesen (allg.)) Volkswacht (Z.) 493, 569, 580, 583 Völzing, Karl 532 von Gerkan, Marg und Partner, Architekten (gmp) 861 Vorderpfalz 656 Vormärz 405, 409 Vorschuss- und Kreditverein 459, 475 (→ Volksbank) Vorstadtbahnhof 533 Vorstädte/Vorstadtbereich 199, 298, 605, 670, 701 f., 724–726, 731 Vulpecula, Fam. 175 Wachenheim/Weinstraße 75 Wadgassen, Kl. 734 Wagner (Beruf) 335

Wagner, Cosima 534 Wagner, Richard 838 Waibler, Johann A. 468 Waisenhaus → Armen- u. Waisenhaus, städt. »Wäldchen« 490, 535 (→ Bürgerweide) Walich (Welch), jüd. Fam. 667 Wallenstein, Albrecht v. 295 Walthariuslied 826 f., 831 Wambolderhof 337, 766, 772, 789 Wambold v. Umstadt, Fam. 332, 772 Wangionen → Vangionen Wappen → Stadtwappen Warbede 744 Warmaisa, Verein 862 Wartegeld 804 f. Waschbach 45 Wasgau 124 Wassergasschweißwerk 499, 518, 530, 557 f., 568, 594 Wasserturm 516, 519, 539, 777, 838 Wasserversorgung 817 f. Wasserwerk Bürstädter Wald 513, 524, 537, 818 604 (→ Flusswasserwerk) Weber/-zunft 236, 328 f., 335–337 Weckerling, August 82, 95, 338, 483 f., 526 Weckerlingplatz 443, 539, 737, 750, 766 Wedekind, Georg v. 411 Wedel, Dieter 635, 847 f., 859 Wedel, Johann D. 505 Weidig, Ludwig 433, 435 Weigmann, Paul 792 Weil, Johann W. 608 Weilburg/Lahn 124 Weiler, Richard 505, 528 Weiler, Wilhelm 45 Weimar 845 Weinbau/-handel 31–34, 75, 135, 232, 334 f., 454, 568, 589, 665, 674, 680, 857 (→ Valckenberg) Weinheim, Johannes v., Geistl. → Johannes v. W. Weinheim/Bergstraße 708 Weinschank 213, 221, 226 f., 247 Weinschröder/-zunft 329 f., 335, 338 Weinsheim → Worms-Weinsheim Weinungeld 198, 309 Weisenau → Mainz-W. Weißbinder 335 Weißenburg, Kl. 106, 109, 111, 114 f., 117, 124, 186 f., 718 Welcker, Theodor 425 Wenzel, Kg. 186–188, 215, 221, 223 f. Werger, Jakob F. 432–434 Werger, Karl 466, 494, 519 Werger’sche Brauerei 499, 517, 568, 796 Wergers Schlösschen 442, 466 Werkvereine (»Gelbe« Arbeitervereine) 558

R EGISTER Werner II. v. Bolanden, Gf. 157 Werner, Ferdinand 582, 584 Werner, Gf. 146 Werner, Zöllner 156 f., 160 Werner Amella, Bgm. 203 Wernher, Philipp W. 417 Werschweiler, Kl. → Wörschweiler, Kl. Wertheimer, Samson 686 Wessenbergerhof 337, 766 Westend/-viertel/Weststadt 516, 537, 539, 542 Westendschule 52, 76, 533, 537, 778, 785, 819 f. Westfalen 398 Westhofen 14 f., 91, 851 Westmitteldeutsch 650 Weststadt → Westend Wetterau 15, 173, 186 Wetzlar 181, 308 Wevers, Alfred, Bgm. 489, 527, 537, 552 f., 556, 822 Wicli(y)f, John 266, 781 Widukind v. Corvey 122, 130 Wiederaufbau (nach 1689) → Stadtzerstörung 1689 Wiederaufbau (nach 1945) 583, 592, 622, 631–645, 646 f., 788 f. (→ Aufbauverein → Köhler, Walter → Wohnungsbau GmbH) Wiederaufbauwerk (→ Aufbauverein) Wiegand, Wilhelm 406 Wieland, Christoph 357 Wien 320, 360, 369, 423, 425, 668, 674 Wiener Kongress 398, 401 f. Wiener Neustadt 680 Wiesbaden 524, 537, 785, 811 Wiesoppenheim → Worms-Wiesoppenheim Wiessell, Karl F. 506, 513 »Wilder Mann« (Gasthaus) 349 f., 511 Wildfangrecht/-streit 299, 307 Wildwerker → Kürschner/-zunft Wilhelm I., Ks. 473, 481, 504 Wilhelm II., Ks. 504, 512, 838 Wilhelm v. Holland, Kg. 174 f., 181, 711 Wilhelm, Pfgf. 763 Wilhelm-Leuschner-Straße 442, 460, 790 Wilhelm, Ebf. Mz. 119 Wilhelmiten(kloster) 253, 707, 715, 726 Willebede 744 Willigis, Ebf. Mz. 124, 137 f. Willy-Brandt-Ring 95, 519 Wimpfeling, Jakob 267, 283 Wimpfen, Bad 104 f., 124–126, 140, 142, 168 Windesheim, Kl. 721 Windesheimer Reform 716–721 (→ Kirschgarten, Kl.) Windischgrätz, Fürst Alfred 423, 425 Wingertsleute/-zunft 328 f., 335 Winkelmann, Konrad M. v. 365–368, 372, 375, 377, 385, 389, 405

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Winterhafen 444, 463 Winterkasten/Odw. 520 Wirtschaftliche Mittelstandsvereinigung 529 Wittelsbach, Fam. 712 (→ Konrad v., Ebf. Mainz → Otto v., griech. Kg.) Wittenberg 277, 280 f., 782 WO! Das Wormser Stadtmagazin 858 Wochenblatt (Z., ab 1776) 349 f., 356 Wohlfahrtseinrichtungen, betriebliche (Lederindustrie) 500, 548, 550, 564, 798, 801–808 Wohlfahrtspflege/Armenverwaltung, städt. (1852–1945) 443, 480, 507, 547 f., 557, 563 f., 577 f., 591, 693, 808–823 Wohnungsamt, städt. 565 f., 605, 641 Wohnungsbau/-fürsorge, städt. 564–567, 641 f., 778, 787 f., 812–815 Wohnungsbau GmbH 641 f., 852, 856 Wohnungsbeaufsichtigungsgesetz (1893) 807 Wohnungsfürsorgegesetz (1902) 807 Wohnungsinspektion/-inspektorinnen 812–814 Wolff, Hans, Kreisdirektor 555 Wolf Friedrich v. Dalberg → Dalberg Wolfgang Eberhard v. Dalberg → Dalberg Wolfgang Heribert v. Dalberg → Dalberg Wollgarnspinnerei Worms 457, 475, 794 Wollspinnerei Gustav Schön 794 Wollstraße/-gasse 70, 95, 199, 443, 727–729, 732, 767, 772, 819 Wonnegau → Wormsgau Wonsam → Jacob W. Wonsamstraße 727 Woog 45, 442, 462 Wormatia → Lederfabrik Wormatia Wormatiastraße 499 Wormatia Worms, VfR 571, 591, 859 (→ Stadion Alzeyer Straße) Worms, Landkreis 40, 551, 577, 587, 593, 604, 611, 644, 816 Worms-Abenheim 27 f., 34, 56, 58, 76, 89, 226, 374, 378, 555, 604, 765–767 (→ Dalberg, Fam.) – Amtshof, dalbergischer 766 – Eingemeindung nach W. (1969) 644 – kath. Pfarrkirche St. Bonifatius 767 – Zisterzienserinnenkl. (gepl.) 710 Worms-Heppenheim 26, 34 f., 52, 76 f., 442, 767 f., 857 – Eingemeindung nach W. (1969) 644 – ev. Pfarrkirche 757, 764 – Obere/Untere Mühle 767 Worms-Herrnsheim 27, 34, 36, 49, 52, 55 f., 226, 359, 374, 378, 394, 604, 617 f., 623, 641, 768, 774 f., 778–781, 807, 856, 858 (→ Dalberg, Fam.) – Eingemeindung nach W. (1942) 603 – Gottliebenkapelle 777, 782 f. (→ Heyl, Fam. v.) – kath. Pfarrhaus 775

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– kath. Pfarrkirche 237, 761–763, 768, 771 f. – Residenz/Grablege Fam. v. Dalberg 237, 761– 763, 768 – Schillerturm 761, 780 – Schloss Herrnsheim 389, 639, 767, 774 f., 777–781, 855 – Pariser Papiertapete 780 – Schlosspark 359, 639, 761, 780 f. – Storchenturm 761, 780 Worms-Hochheim 34, 49, 89, 377, 388, 394, 442, 711 f., 768, 775, 783, 789, 807(→ Dirolf v., Fam. → Hochheimer Höhe (Hauptfriedhof) → Otto, Johann H. → Weil, Johann W.) – Amtsschaffnerei 768, 775 – Beginenkonvent 713 – Eingemeindung nach W. (1898) 489, 531–533, 783 – Liebenau, Kl. St. Agnes 253, 708, 711 f., 715– 717 – Maria Himmelskron, Kl./Pfk. 253, 708, 711 f., 715–717, 725 f., 751, 762 f., 768 – St. Peter/Bergkirche 140, 697, 751 f., 763 f. Worms-Horchheim 26, 34, 66, 77, 117, 374, 388, 394, 768, 858 (→ Nikolaus-Ehlen-Siedlung) – Eingemeindung nach W. (1942) 603 – Heilig-Kreuz-Kirche/Friedhofskapelle 768 – Untermühle 768 Worms-Ibersheim 34, 36, 52, 365, 368, 371, 374, 378, 388, 768 – Ammenheisje 768 – Eingemeindung nach W. (1969) 644 Worms-Leiselheim 34, 52, 76 f., 365, 371, 374, 376, 378, 388, 391, 395, 442, 768, 807 – Amtshof, kurpfälz. 768 – Eingemeindung nach W. (1942) 603 – ev. Pfarrkirche 768 Worms-Neuhausen 34 f., 53 f., 58, 220, 340, 343, 346, 368, 374, 388, 395, 499, 547, 567, 641, 711, 768, 789, 859 (→ Collegium illustre → Heylsche Lederwerke Liebenau) – Barockhaus Gaustraße 108 (= Zur Krone) 768, 775 – Cyriakusbrunnnen 775 – Eingemeindung nach W. (1898) 489 f., 527, 529, 531–533 – Lüssen, In den (Siedlung) 789 – Pfalz, kgl. 107, 693, 736 – St. Cyriakus, St. (ev. Pfk.) 117, 127, 130, 138, 140, 148, 153, 165, 168, 176, 194, 212, 223, 237, 253, 280, 693, 696, 704, 726, 736, 768 – St. Dionysius → St. Cyriakus, St. Worms-Pfeddersheim 14, 26 f., 31, 34 f., 45, 53, 57 f., 76, 89 f., 186, 194, 196, 200 f., 365, 374 f., 378–381, 383, 388, 390–396, 398, 586, 667, 756, 767 f., 786, 807, 857

– Befestigung/Stadtmauer (Bürgerturm, Lenhardsturm, Hoher Turm, Cästrich, Roter Turm) 764 – Eingemeindung nach W. (1969) 644 – Freiheitsbaum (1798) 380 f. – Friedensgericht (ab 1801) 375 – Kanton (1798–1814) 374–381, 388–390, 393–396, 398, 405 – kath. Pfarrhaus 768, 775 f. – Kreisschulungslager NSDAP 586 – St. Georgenberg, Benediktinerpriorat v. Kl. Gorze 107, 159, 694 f. – »Meerweibchenstein« 756 – Schlacht v. (1388) 187, 191, 224 – »Schloss«/Rathaus 768 – Siedlung »Auf der Au« 789 – Simultankirche 382, 768, 771 f. – Veteranendenkmal (1847) 395 Worms-Pfiffligheim 34, 77, 89, 374, 442, 548, 592, 768, 787 (→ Frontkämpfersiedlung → Kriegsgefangenenlager) – Eingemeindung nach W. (1898) 489, 531–533 – Jesus-Christus-Kirche (ev.) 768 Worms-Rheindürkheim 34–36, 48, 99, 301, 333, 374, 378, 388, 390, 604, 768 – Eingemeindung nach W. (1969) 644 – Rathaus 768 – Simultankirche 768 Worms-Weinsheim 34, 48, 76, 117, 768, 807 – Eingemeindung nach W. (1942) 603 Worms-Wiesoppenheim 26, 34 f., 49, 60, 77, 91, 768 – Eingemeindung nach W. (1969) 644 Wormser Annalen 134, 169, 172 f., 177, 193, 198, 200, 204, 722 f. Wormser Echo (Z.) 569, 583 Wormser Edikt (1521) 262, 483 Wormser Konkordat (1122) 148 f. Wormser Kreditanstalt 527, 564 Wormser Machsor → Machsor, Wormser Wormser Nachrichten (Z.) 492 f., 569 Wormser National-Zeitung (1793 Z.) 365 Wormser Nothilfe (1930/32) 577 Wormser Reformation → Stadtrechtsreformation (1499) Wormser Tageblatt (Z.) 492 Wormser Tageszeitung (Z.) 569, 587, Wormser Volkszeitung (Z.) 492 f., 528, 569, 571, 587 Wormser Wochenblatt 858 Wormser Zeitung (ab 1814, Z.) 405, 408, 424–428, 489, 492 f., 554, 569, 587, 858 Wormsgau/Wonnegau 14, 19 f., 31–33, 103, 113 f., 121, 125, 828 Worret, Jakob 510

R EGISTER Worrets Etablissement 519 Wörschweiler, Kl. 166, 734 Wrba, Georg 535, 786, 839 Württemberg, Gfen. v./Kgr. 186–188, 405, 422 Würzburg – Stadt 669, 771 – Bm./Bfe. 105 f., 123 Wyrach → Peter W. Xanten 129, 824, 830 Zamels, Burkhard 749 Zanner, Johannes 287 f. Zeiller, Martin 833 Zeitungen/Zeitungswesen (allg.) 349 f., 356 f., 376, 391, 492 f., 546, 569, 587 (→ Ansturm, Der → Faust, Die → Gaslatern → Neue Zeit, Die → Volkswacht → Wochenblatt → Wormser Echo → Wormser Nachrichten → Wormser National-Zeitung → Wormser Tageblatt → Wormser Tageszeitung → Wormser Volkszeitung → Wormser Zeitung → Zeitungs- und Intelligenzmanual/-blatt) Zeitungs- und Intelligenzmanual/-blatt (Z., 1786–1811) 356, 379 Zell, Theodor 416, 419, 426 f., 431 Zellertal 15 Zellulosefabrik (gepl.) 499 Zensualität/Zensualen 134 f., 143 f. Zentralverband christlicher Lederarbeiter 558 Zentralverein z. Errichtung billiger Wohnungen → Ernst-Ludwig-Verein Zentrum/Zentrumspartei 528 f., 551, 553, 559–561, 573, 578 f., 581 f., 617 Zeughaus, städt. 203, 301, 756 f. Zichorienfabrik(en) → Cichorienfabrik(en) Ziegler (Beruf) 335 Zigeuner → Sinti Zimmer, Johann Georg 403

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Zimmerleute/-zunft 328 f., 331, 335, 337, 340 Zimmermann, Eduard 422 Zimmermann, Georg 425 Zimmermann, Karl 472 Zionistische Bewegung 573 Zisterzienserinnen → Kirschgarten, Kl. → Nonnenmünster, Kl. Zitz, Franz 417, 420, 422 f., 429 Zivilehe (ab 1798) 379, 399, 415 Zivilstandsregister (1798) 378 f., 391 f., 397 Zollamt → Hauptzollamt Zölle/Zöllner/Zollwesen/Zollfreiheit 144 f., 149 f., 151, 154, 156, 160, 166, 172, 175, 181, 187, 213, 215, 220 f., 306, 336, 376, 392, 665, 698, 733 (→ Sechzehner) Zollhaus → Altes Z. Zorn, Friedrich/Zornsche Chronik 95, 210, 251, 259, 278, 288, 833 f. Zorn-Meixnersche Chronik 325 Zucker, Johann G. 462 Zuckerfabrik Rheingau 568 Zullestein 113 »Zum Kaiser Rotbart« (Haus) 519 Zünfte/Zunftordnungen/-meister 170, 177, 191, 197, 202, 205, 207, 217 f., 220, 223–227, 229, 231–236, 239–241, 257, 259 f., 303, 311, 315–317, 320 f., 323, 328–340, 343 f., 350 f., 355, 366 f., 370, 373 f., 376 f., 392, 676 f., 759 (→ Ratstrinkstube) Zunfthäuser 233, 241 Zwackh, Franz v. 398 Zwangsarbeiter/-einsatz 601, 603 f. Zweibrücken 435 Zweibrücken, Gf.en v. 185, 201 Zweiter Weltkrieg 602–606 Zwentibold, Kg. 117 Zwerchgasse (Bereich Friedrichstr./Sterngasse) 734 Zwingenberg 421 Zwingli, Huldrich 263

Anmerkungen zur Erforschung der Wormser Stadtgeschichte 2005 bis 2015 G EROLD B ÖNNEN

Der folgende Beitrag unternimmt den Versuch, die seit dem Erscheinen der ersten Auflage der »Geschichte der Stadt Worms« im Herbst 2005 bis zum Frühjahr 2015 erschienene wichtige Literatur zur Geschichte der Stadt und ihres näheren Umlandes in einer Auswahl vorzustellen und seither behandelte Forschungsfelder zu skizzieren. Dass dabei keine Vollständigkeit erreicht werden kann und die Auswahl auch subjektiv mitgeprägt ist, ist dabei dem Bearbeiter selbstverständlich bewusst. Anhand der in der auf den Bericht folgenden Literaturliste verwendeten Nummern soll in Form eines Forschungsüberblicks auf einschlägige neuere Studien verwiesen werden, die innerhalb der letzten zehn Jahre die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Wormser Stadtgeschichte besonders vorangebracht haben. Diese wiederum geben Hinweise auf weitere neue Arbeiten. Angelehnt an die Gliederung der Stadtgeschichte werden neben einem chronologischen Durchgang die Aspekte der Bau- und Kunstgeschichte und das jüdische Worms gesondert gewürdigt, so dass eine gezielte Information über neuere Literatur auf diesen für die Stadt besonders wichtigen, im Übrigen sehr intensiv erforschten Feldern möglich ist. Im Jahre 2012 ist in der Verantwortung der Kommission des Landtags für die Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz erstmals ein »offiziöses«, umfassendes Handbuch für die Geschichte des 1947 neu gegründeten Landes Rheinland-Pfalz bzw. seiner Vorgängerterritorien erschienen, in dem auch Worms und Rheinhessen immer wieder eine wichtige Rolle spielen 1. Hier finden sich zahlreiche, zum Vergleich einladende Gesamteinordnungen in die regionalen Zusammenhänge, auf die ausdrücklich verwiesen sei. Auch das Stadtarchiv Worms war an der Erarbeitung der Konzeption und Inhalte des Handbuches von Beginn an aktiv beteiligt. Nur generell verwiesen sei hier ergänzend auf die seit etwa 2000 intensiven Forschungen zu Fragen des Nibelungenliedes und der Nibelungenthematik durch die in der Verantwortung des Kulturkoordinators Volker Gallé und der Nibelungenliedgesellschaft stehenden bzw. von ihm herausgegebenen Sammelbände (vgl. etwa Nr. 107) als Ergeb-

1. Kreuz – Rad – Löwe. Rheinland-Pfalz. Ein Land und seine Geschichte, Mainz/Darmstadt 2012 (Bd. 1: Von den Anfängen der Erdgeschichte bis zum Ende des Alten Reiches, hg. v. Lukas Clemens, Franz-Josef Felten, Matthias Schnettger, Bd. 2: Vom ausgehenden 18. bis zum 21. Jahrhundert, hg. v. Friedrich P. Kahlenberg, Bd. 3: Historische Statistik, hg. v. Statistischen Landesamt Rheinland-Pfalz, bearb. v. Diane Dammers).

B IS 800 (A RCHÄOLOGIE

UND FRÜHES

M ITTELALTER )

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nisse zahlreicher wissenschaftlicher Tagungen in Worms. Ein Sammelband zu regionalen Fragen (Nr. 3) ist ergänzend heranzuziehen. Noch 2015 wird ein von Gunter Mahlerwein verfasster Gesamtüberblick zur Geschichte Rheinhessens erscheinen, der künftig als grundlegendes Handbuch zur Region auch für die Zeit vor ihrer Konstituierung als politischer Raum im Jahre 1816 gelten wird.

Bis 800 (Archäologie und frühes Mittelalter) Im Zentrum der weiteren Erforschung der vor- und frühgeschichtliche Epoche und der Römerzeit bis einschließlich des frühen Mittelalters standen drei große monographische Gesamtstudien der langjährigen, Ende 2005 in den Ruhestand getretenen Wormser Museumsdirektorin Dr. Mathilde Grünewald (Nr. 15, 16, 17). In diesen umfassenden, reichhaltig bebilderten insgesamt sechs Bänden zog die Archäologin ein Gesamtfazit ihrer von Fachkollegen der Disziplin angereicherten bzw. ergänzend begleiteten Forschungen in den letzten Jahrzehnten für die Stadt und ihr Umland anhand eigener Grabungen und des reichhaltigen Fundmaterials im Museum der Stadt Worms (Andreasstift). Die römerzeitlichen Gräberfunde aus Worms und Rheinhessen im Museum (2006, Nr. 15), die frühmittelalterlichen Grabfunde in Stadt und Umland aus dem frühen Mittelalter (2009, 3 Bde., Nr. 16) und die Ergebnisse jahrzehntelanger archäologischer Stadtgrabungen in Worms für die Zeit bis in das späte Mittelalter (2012, Nr. 17) wurden in vorbildlicher Weise veröffentlicht und die Erkenntnisse so der Forschung erstmals zugänglich gemacht. Die Fortschritte der Forschung zur Keltenzeit markieren zwei Studien auf der Basis jahrelanger Grabungen der rheinland-pfälzischen Landesarchäologie im Wormser Norden von Detert Zylmann (19) und Günter Brücken (12, 2013). Weiterhin umstritten bleibt die Frage nach der Faktizität der Burgunder und des Burgunderreiches um Worms (14; neuester Sammelband: 13). Aufsehen und wissenschaftliche Forschungen erregte der Fund eines frühchristlichen Grabsteins im nördlich an die Stadt angrenzenden Gräberfeld um die Liebfrauenkirche, zu dem 2004/05 gleich drei Studien erschienen sind (10, 11, 18). Hilfreich auch und gerade für interessierte Laien gut nutzbar ist der 2008 erschienene Band über neuere archäologische Erkenntnisse im Bereich zwischen Worms und Donnersberg (9), dessen Beiträge von der Vor- und Frühgeschichte bis in das Mittelalter reichen und die das westliche Umland von Worms bzw. den Wonnegau in großer Vielfalt hinsichtlich ihres archäologischen Reichtums vorstellen.

Mittelalter (um 800 –1500) Die traditionell intensive Erforschung der mittelalterlichen Blütezeit von Stadt, Bistum und Region (Forschungsbericht 2004: Seibert, 45) hat auch in den letzten zehn Jahren Fortschritte gemacht. Mit einer hochwertigen fotografischen Dokumentation der ältesten Urkunden aus dem Stadtarchiv erschien 2006 (20) ein wichtiges paläographisches

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A NMERKUNGEN

ZUR

E RFORSCHUNG

DER

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BIS

2015

Hilfsmittel, dem als Edition das Steuerregister des Gemeinen Pfennigs für das Bistum Worms aus der Zeit kurz vor 1500 (46, hg. v. Lohmann) an die Seite zu stellen ist. Ergänzend dazu liegen die beiden Bände des Wormser Urkundenbuches von Heinrich Boos (1886, 1890) und sein 1893 erschienener Band mit Chroniken und Annalen seit einiger Zeit auch in digitalisierter Form vor. In englischer Übersetzung erschien 2014 eine Auswahl wichtiger chronikalischer Quellen des Mittelalters (23), begleitet von Forschungen zu den Wormser Annalen des 13. Jahrhunderts (David Bachrach, 22). Ein besonderer Schwerpunkt in der Erforschung der Wormser mittelalterlichen Geschichte lag im Berichtszeitraum im Bereich der Kirchen-, Kloster- und Stiftsgeschichte. Grundlegende Monographien haben Christine Kleinjung (39) 2008 zu den religiösen Frauengemeinschaften des 13. bis 16. Jahrhunderts (ergänzt um eine Studie zu Testamenten des späten Mittelalters, 40) und Joachim Kemper (38) 2006 zu den Klosterreformen des 14./15. Jh. für das Bistum insgesamt vorgelegt. Beide auch methodisch vorbildlichen Arbeiten haben unsere bislang begrenzten Kenntnisse zur Entwicklung des religiösen Lebens der vorreformatorischen Bischofsstadt auf eine neue Grundlage gestellt. Ergänzend sind hier zu nennen Aufsätze von Burkard Keilmann zu Geistlichen und Stadtbürgern für das frühe 13. Jahrhundert (37) und diesem sowie Gerold Bönnen zum Andreasstift (36, 25). Fortschritte sind auch bei der Erforschung verschiedener Bischöfe und ihrer Zeit für das frühe, hohe und späte Mittelalter zu verzeichnen (33: Bischof Samuel; 32: Bischof Konrad I.; 24, 52, 50: Bischof Johann von Dalberg, Sammelband). Neben Beiträgen zur hochmittelalterlichen Wormser Stadtgeschichte durch Stadtarchivar Gerold Bönnen (26–29, auch mit Seitenblick auf die vergleichbare Entwicklung in Speyer) ist ein münz- bzw. wirtschaftsgeschichtlicher Beitrag zum Diplom Friedrichs I. Barbarossa für die Wormser Münzer vom Jahre 1165 zu nennen (Kötz, 42). Breiten Raum in der Beschäftigung mit dem Mittelalter nahmen in den letzten zehn Jahren Fragen der Kunst- und Baugeschichte und der jüdischen Geschichte von Worms ein, auf die noch einzugehen ist.

Frühe Neuzeit (um 1500 –1790) Verbessert hat sich die Quellenerschließung auf drei Feldern durch umfassende, im Berichtszeitraum erfreulicherweise abgeschlossene Projekte: Zum einen konnte 2010 ein Inventar der reichsstädtischen Policeyordnungen, erarbeitet von Gunter Mahlerwein (59), veröffentlicht und damit der Zugang zu einer wichtigen Quellengruppe der Zeit des Alten Reiches auf Basis der Aktenüberlieferung im Stadtarchiv Worms deutlich verbessert werden. Zweitens enthält das 2009 in drei Bänden erschienene Inventar der im Landesarchiv Speyer lagernden pfälzischen Reichskammergerichtsakten (57) zahlreiche Worms-Betreffe, was die schwierige Überlieferungslage für die Frühe Neuzeit erfreulich verbessert. Drittens wurde mit der Edition der Evangelischen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts (54, vgl. dazu auch Einleitung und Kommentare) ein überaus wichtiger Beitrag zur Erforschung der Reformationszeit vorgelegt.

D AS 19. J AHRHUNDERT (1790–1914)

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Die Frage der Reformation in Worms beschäftigt die Forschung weiterhin: Neue Beiträge zu dieser Problematik stammen von Busso Diekamp (53), Sabine Todt (65, in Anschluss an ihre 2005 erschienene Dissertation), Werner Zager (67) und – für ein breiteres Publikum als Überblick neu zusammengefasst – von drei bewährten Wormser Fachleuten (58, vgl. auch 118) auf dem Stand des Jahres 2012. Gerade auch für die Frühe Neuzeit liegen eine Reihe von Arbeiten zum jüdischen Worms vor, das bis dahin noch so gut wie niemals quellengestützt erforscht worden war (s.u.). Fragen des 18. Jahrhunderts behandeln zwei Studien zum Zeremoniell und zur politischen Inszenierung in der Reichsstadt (Markus Gabel, 55) und zu den Konflikten um die zwischen den Konfessionen lange umstrittene St. Magnuskirche (Nadine Hoffmann, 56). Von ganz besonderem Wert ist ein 2009 erschienener Sammelband zur bislang nur stiefmütterlich behandelten Familie von Dalberg, Kämmerer von Worms, hg. von Kurt Andermann (6), der selbstverständlich über Worms hinausreicht und erstmals diese wichtige Familie mit Beiträgen vom Mittelalter bis in das 20. Jh. würdigt; ergänzend wichtig ist ein Beitrag von Margit Rinker-Olbrisch zu dem von ihr grundlegend neu verzeichneten Dalberg-Archiv im Stadtarchiv Worms (64, vgl. ergänzend 84 und 121).

Das 19. Jahrhundert (1790 –1914) Für die politische und gesellschaftliche Entwicklung der Stadt während des 19. Jahrhunderts (mit Schwerpunkt auf der Zeit bis zur Reichsgründung 1871) sind die neuen Studien von Gunter Mahlerwein zur Lese- bzw. Kasinogesellschaft (ab 1783 bis 1914: 95) und die biographische Arbeit über den außerordentlich bemerkenswerten Wormser Demokraten und Kunstsammler Johann Philipp Bandel (1785–1866, 96) im Sinne moderner Bürgertumsforschung herauszustellen. Dazu gesellen sich Arbeiten des jungen Historikers David A. Friedrichsdorf zu den Wormser Freimaurern zwischen ca. 1790 und 1850 (82, 83). Für die Zeit um 1830 gibt einen Überblick über die städtische Topographie anhand eines 2009 in das Womser Stadtarchiv gekommenen Stadtplans ein Beitrag von Gerold Bönnen (74). Derselbe hat in einem anderen Beitrag die »Neuerfindung« der Stadt und die Entfaltung ihrer Identität als vormalige Reichsstadt über den Zeitraum von um 1800 bis um 1885 verfolgt (75) und damit Fragen der Erinnerungskultur aufgeworfen. Diese werden auch thematisiert in einem Aufsatz von Tanja Wolf über die Hintergründe von Straßenbenennungen im Zeitraum von 1839 bis 1890 (116). Mit der Ausmalung des 1885/86 neu eingerichteten Reichsstädtischen Archivs am Rathaus durch den Heraldiker Otto Hupp befasste sich Lupold von Lehsten (94) und analysierte dessen für das historisch fundierte Selbstverständnis der städtischen Eliten sehr wichtige Wirken umfassend. In diesem Zusammenhang sei auch auf die 2008 erschienene, an eine breitere Öffentlichkeit gerichtete Publikation zur Geschichte von Rathaus und seit um 1200 als kommunales Zentrum fungierendem Rathausbezirk aufmerksam gemacht (1).

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DER

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Mit der Wormser Musikgeschichte des frühen 19. Jahrhunderts befasst sich eine unveröffentlichte Magisterarbeit (98). In die Zeit des späten Vormärz weisen zwei ganz unterschiedliche Beiträge, zum einen ein materialreicher Überblick zur Frühzeit der sehr wichtigen deutschkatholischen Bewegung 1845/46 (Busso Diekamp, 78) und zum anderen ein Beitrag zu dem vom Verein der napoleonischen Veteranen 1848 in Worms errichteten Monument zum Gedenken an die Kriegsteilnehmer als für Rheinhessen nicht untypische Denkmalsgattung (T. Olbrisch/M. Rinker-Olbrisch, 103). Den Folgen der französischen Politik gegenüber den religiösen Institutionen spürt der Beitrag von Berthold Schnabel anhand der säkularisierten Frauenabtei Mariamünster im südlichen Vorstadtbereich nach (108). Mit der Rheinischen Bibelgesellschaft von 1816 präsentiert Joachim Ufer (110) ein bislang unbekanntes Kapitel der bislang noch immer unzureichend erforschten evangelischen Kirchengeschichte der Stadt. Diese allerdings hat mit den Arbeiten von Werner Zager über die Lutherrezeption im Worms vor allem des 19. Jahrhunderts (77) und einem Beitrag von Busso Diekamp über das Lutherdenkmal (79, dazu auch 114) weiterführende Impulse von Seiten der Rezeptionsgeschichte erhalten. Auf dem Feld der Bildungsgeschichte ist der Wormser Gymnasialdirektor und Historiker Burkard Keilmann weiter aktiv; er konnte Beiträge zum spannungsreichen Klima in Zeiten des Kulturkampfes am Altsprachlichen Gymnasium (90) und zu Aspekten der Elitenförderung mittels einer Vorschule zur Vorbereitung auf den Besuch der höheren Lehranstalten ab 1876 (91) vorlegen, die beide auch sozial-, personen- und mentalitätsgeschichtlich von Bedeutung sind. Die Wormser Bismarckverehrung im Kaiserreich und ihre Hintergründe nehmen breiten Raum ein in der auf weitere oberrheinische Städte bezogenen Arbeit des Wormser Historikers Jörg Koch (92). Im Spannungsfeld von Architektur- und Theatergeschichte bewegt sich ein bemerkenswerter Beitrag von Wilfried Hansmann über die Hintergründe des 1889 fertig gestellten Spiel- und Festhauses (87). Auf die weiteren kunstgeschichtlichen Arbeiten wird noch einzugehen sein. Fragen der Wirtschaftsgeschichte nehmen wie schon bis 2005 nur einen bescheidenen Anteil an neuen Veröffentlichungen ein. Zu nennen ist neben einer fundierten, bis zum Ende des 20. Jahrhunderts reichenden Überblicksdarstellung zur Geschichte der 1861 begründeten Wormser Volksbank (93) ein archivischer Beitrag, der Quellen zur Firmengeschichte im Stadtarchiv Worms vor allem des 19. Jahrhunderts am Beispiel zweier Wormser Traditionsunternehmen exemplarisch vorstellt (102). Hinzu kommt ein Aufsatz zur wirtschaftlichen Betätigung der aus Worms stammenden jüdischen Unternehmerfamilie Hüttenbach in Südostasien (111). Einen Schwerpunkt im 19. und 20. Jahrhundert hat eine 2014 erschienene Anthologie mit Reiseberichten und literarischen Beschreibungen der Stadt, ausgewählt und herausgegeben von Hermann Schlösser (8). Sowohl das 19. als auch weite Zeiträume des 20. Jahrhunderts umfasst der 2010 erschienene, äußerst reichhaltig bebilderte Sammelband zur Wormser Industriellenfamilie (von) Heyl (117). Die dort versammelten Beiträge geben auf der Basis umfangreicher Nachlässe und Sammlungsmaterial im Stadtarchiv Worms vielfältige Einblicke in das

Z EITGESCHICHTE

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wirtschaftliche, baulich-architektonische, politische, kirchlich-karitative und künstlerisch-mäzenatische Wirken der 1885 in den Adelsstand erhobenen Industriellen. Der Band bemüht sich um eine Verortung der Familie im Kontext der modernen Bürgertumsforschung und ist auch und gerade kunst- und architekturgeschichtlich überaus anregend.

Zeitgeschichte seit 1914 Nach wie vor macht die Erforschung der Wormser Zeitgeschichte (dies gilt vor allem für die bislang fast ganz ausgeblendete Zeit nach 1945) nur wenige Fortschritte. Angeregt durch den 100. Jahrestag des Kriegsausbruchs 2014 hat das Stadtarchiv dafür einen umfassenden, reich illustrierten Sammelband zum »Großen Krieg« für Worms und sein Umland vorgelegt (86), dazu erschien eine Publikation des Arbeitskreises der Archive in der Metropolregion Rhein-Neckar mit Wormser Beteiligung (89). Damit ist unser Wissen über diese tiefe Zäsur auf eine neue Grundlage gestellt worden. Die Zeit der Weimarer Republik ist leider kaum weiter erforscht worden, lediglich ein Beitrag zu den Hintergründen der Museumseinweihung 1930 (68) und ein weiterer über das jüdische Gefallenendenkmal der Opfer des Krieges 1914/18 (69) sind hier zu nennen. Die Forschungsschwerpunkte in der Aufarbeitung der Zeit der NS-Diktatur lagen stärker auf Rheinhessen insgesamt; neben einem Sammelband mit regionalen Fallbeispielen (101) erschien eine Monographie zur Entwicklung der NSDAP bis 1933, in der auch Worms stark vertreten ist (120). Auch für die Nachkriegsgeschichte liegt für Rheinhessen mit Eva Rödels eindrucksvoller Studie über den »Schulkampf«, also den Streit um die Frage der Konfessionsschulen in den 1950er Jahren (105), eine neue Gesamtdarstellung vor, die Worms ausdrücklich mit berücksichtigt. Die Thematik spielte ja schon in der aus regionaler Sicht »misslungenen« rheinland-pfälzischen Landesgründung 1947 eine wichtige Rolle (73). Erfreulich ist, dass wir jetzt über eine biographische Arbeit zum 1946 bis 1949 amtierenden Wormser Oberbürgermeister Christian Eckert (81, Online-Publikation) verfügen, der hoffentlich weitere folgen werden. Ein sehr lesenswertes »Lesebuch« zur Geschichte der Wormser SPD hat der langjährige Kulturdezernent Gunter Heiland veröffentlicht (88). Wie erwähnt, fehlen nach wie vor Arbeiten zur Entwicklung und dem Wandel der Stadt seit ihrer Zerstörung im 2. Weltkrieg. Die großen öffentlichen Bauprojekte der letzten Jahre haben in zwei Fällen qualitätvolle Festschriften nach sich gezogen: Die 2008 eingeweihte Rheinbrücke und ihre Geschichte (97) war ebenso Gegenstand einer Darstellung wie die Einweihung des neuen Theaters mit Kultur- und Tagungszentrum 2011 (80); hier findet sich ein reich bebilderter Rückblick auf die Wormser Theatergeschichte. Die seit 2002 veranstalteten Nibelungenfestspiele sind Gegenstand eines ebenfalls gut illustrierten Bandes (119) aus dem Jahre 2014; die Nibelungenrezeption ist wiederholt Gegenstand weiterer, an den hier 2005 publizierten Beitrag von Otfried Ehrismann in der vorliegenden Gesamtdarstellung an-

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A NMERKUNGEN

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knüpfenden Darstellungen geworden (76, 107). In diesen Zusammenhang gehört auch der erweiterte Nachdruck der 1961 zur Einweihung der wiedererbauten Synagoge erschienenen Festschrift zum Jahrestag 2011 (85).

Bau-, Architektur- und Kunstgeschichte, Denkmalpflege Die letzten zehn Jahre haben nicht zuletzt aufgrund der großen Domsanierung, weiterer Projekte der Denkmalpflege und im Zusammenhang von Jahrestagen reiche neue Erträge auf den Feldern der Kunst- und Baugeschichte mit sich gebracht. Im Mittelpunkt stand dabei wegen der noch laufenden großen Außensanierung der Wormser Dom. Für die mittelalterliche Zeit sei verwiesen auf baugeschichtliche Arbeiten zum Dom und seinem Umfeld (21: Bestien von St. Johannes; 35: Baumeistersäule der Dom-Ostfassade; 44: Salisches Domkruzifix; 47–48: Ostbau des Domes, v. a. Datierungsfragen). Ergebnisse einer Untersuchung der Stadtmauer im Bereich des Andreasstifts haben zwei Bearbeiter 2013 publiziert (49); eine bemerkenswerte Neudatierung und erstmalige Würdigung eines Tafelgemäldes im Museum Andreasstift aus dem 14. Jahrhundert konnte Uwe Gast vorlegen (34). Während für die Frühe Neuzeit wenig Bewegung in der kunstgeschichtlichen Forschung zu verzeichnen war, bildete das 19. Jahrhundert wieder einen Schwerpunkt: Neben den bereits genannten Arbeiten von Busso Diekamp zum Lutherdenkmal (79) und Wilfried Hansmann zum 1889 eingeweihten Spiel- und Festhaus (87) sind die grundlegende Arbeit von Petra Tücks über die 1912 erbaute Lutherkirche (109) als herausragender Bau des Darmstädter Jugendstils und die Arbeiten des engagierten Wormser Verlegers und Kunsthistorikers Ferdinand Werner herauszustellen; er hat sich in sehr vielfältiger Weise mit Fragen der Architektur- und Baugeschichte der Stadt von ca. 1880 bis 1930 befasst und besonders qualitätvolle Arbeiten publiziert oder herausgegeben (112–115, 117). In besonderer Weise gilt dies für einen den gesamten Rhein-Neckar-Raum abdeckenden, hervorragend bebilderten Band über Arbeitersiedlungen und das Arbeiterwohnungswesen zwischen etwa 1880 und 1920 (113) unter intensiver Beachtung von Wormser Beispielen.

Jüdisches Worms Nicht zuletzt die seit etwa 2010 in Worms stark intensivierten Anstrengungen um die Aufnahme der Wormser jüdischen Kulturstätten in die Weltkulturerbeliste der UNESCO, die das Land Rheinland-Pfalz mit Unterstützung der Stadt und bürgerschaftlicher Kräfte als zentrales kulturpolitisches Projekt betreibt, haben der weiteren wissenschaftlichen Erforschung der jüdischen Geschichte der Stadt wirksame Impulse gegeben. Zeugnis dieser erfolgeichen Anstrengungen der letzten gut zehn Jahre sind dabei zunächst drei zwischen 2007 und 2014 erschienene Sammelbände, Ergebnisse von interna-

J ÜDISCHES W ORMS

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tional angelegten Tagungen, die zentrale Aspekte des jüdischen Worms in weitere Zusammenhänge einbetten. Neben einem Band zu »Raschi und sein Erbe« (4, siehe darin zur Wormser Raschi-Rezeption 72) sind dies ein Sammelband zu den SchUM-Gemeinden von 2013 (7) und ein weiterer zur jüdischen Kultur in den SchUM-Städten (2) aus dem Jahre 2014. Hier schlägt sich der Forschungsfortschritt am Unmittelbarsten wieder und Worms nimmt dabei jeweils eine hervorgehobene Position ein. Für die mittelalterliche Zeit sind hervorzuheben die Arbeiten von Lucia Raspe (43) und – mit Schwerpunkt auf der Erforschung des überaus reichhaltigen Inschriftmaterials auf dem einzigartigen »Heiligen Sand« – die Forschungen von Michael Brocke (30–31), dessen Institut auch die Datenbank zu den Inschriften der mittelalterlichen Grabsteine zu verdanken ist (http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat, Aufruf 11.5.2015). Besonders intensiv war in den letzten Jahren die vor allem von Ursula Reuter getragene Erforschung der bis dahin praktisch unbekannten frühneuzeitlichen Gemeindegeschichte (61–63) und Fragen der jüdischen Gemeinde im 18. Jahrhundert (66); die stark rezipierten »Wundergeschichten« aus der kontinuierlich bestehenden (und damit als Überlieferungsbrücke ganz wichtigen) jüdischen Gemeinde Worms wurden 2005 in deutscher Übersetzung herausgebracht (60). Wenig hat sich die Forschung mit dem für die Entwicklung einer akkulturierten Gemeinde so wichtigen 19. Jahrhundert befasst (vgl. aber 99–100), während einige Arbeiten zum frühen 20. Jahrhundert vorliegen (69–71). Sehr bedeutsam gerade auch für die zunehmend anglo-amerikanisch ausgerichtete Forschung ist die bemerkenswerte englischsprachige Monographie von Nils Roemer von 2010 (106) zur »Erinnerungsgeschichte« der Gemeinde im 19. und 20. Jahrhundert. Sie verweist darauf, wie viele Fragen für die jüdische Gemeinde noch offen sind. Auf die 2011 publizierte Festschrift der Synagogenweihe von 1961 (Nachdruck 85) wurde bereits verwiesen. Es ist zu erwarten und zu hoffen, dass diese besondere Forschungskonjunktur anhält.

Auswahlbibliografie: Neuere Forschungen zur Geschichte der Stadt Worms 2005 bis 2015

Über die seit dem Erscheinen der 1. Auflage im September 2005 erschienene neuere Literatur zur Wormser Stadtgeschichte informiert neben den einschlägigen Bibliothekskatalogen (über http://www.worms.de/de/ kultur/bibliotheken/online-Katalog.php = Homepage der Stadtbibliothek Worms mit reicher Wormatiensien-Sammlung) die Worms-Bibliographie in den seither erschienenen sieben Bänden der wissenschaftlichen Zeitschrift des Stadtarchivs und des Altertumsvereins Worms e. V. »Der Wormsgau« (zuletzt Bd. 30, 2013; Artikelarchiv seit Bd. 1, 1926 unter http://www.worms.de/de-wAssets/docs/kultur/stadtarchiv/ Stadtarchiv-Worms_DerWormsgau2013.pdf ). Immer wichtiger werden digitalisierte Quellen und Literatur, dazu vgl. die o. g. genannte Homepage der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek und die des Stadtarchivs (http://stadtarchiv-worms.de ) mit weiteren Verweisen und Recherchemöglichkeiten. Seit 2006 erscheint jährlich mit dem »Heimatjahrbuch« der Stadt ein populär aufgemachtes Periodikum mit Artikeln sowohl zu historischen als auch für die Stadt aktuellen Themen (zuletzt Bd. 10 für 2015, ersch. Ende 2014). Die vorliegende Bibliographie (Redaktionsschluss Anfang Juni 2015) kann nur eine Auswahl darstellen und der ersten Orientierung über wichtige neue Arbeiten dienen.

1. Allgemeines, übergreifende Literatur, Umland, Vororte 1

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Bönnen, Gerold, Das Wormser Rathaus und der Rathausbezirk vom Mittelalter bis heute, hg. v. Stadtarchiv Worms aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums des neuen Rathauses, Worms 2008 Jüdische Kultur in den SchUM-Städten. Literatur – Musik – Theater, hg. v. Karl E. Grözinger, Wiesbaden 2014 (Jüdische Kultur. Studien zur Geistesgeschichte, Religion und Literatur 26) [Sammelband einer Tagung in Worms 2013] Kurpfalz und Rhein-Neckar. Kollektive Identitäten im Wandel, hg. v. Volker Gallé, Jörg Peltzer, Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter, Heidelberg 2008 (Heidelberger Veröffentlichungen zur Landesgeschichte und Landeskunde 13) [Beiträge zur Raumentwicklung und historischpolitischen Identität der Metropolregion Rhein-Neckar, u. a. zum Bistum Worms, den Städtebünden, der Rolle der Kurpfalz, der Kunstlandschaft am Mittel- und Oberrhein, den Saliern, der Römerzeit] Raschi und sein Erbe. Internationale Tagung der Hochschule für Jüdische Studien mit der

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Stadt Worms, hg. v. Daniel Krochmalnik/ Hanna Liss/Ronen Reichman, Heidelberg 2007 (Schriften der Hochschule für Jüdische Studien 10) Reuter, Fritz, Warmaisa. 1000 Jahre Juden in Worms, Norderstedt 32009 [erg. u. korrig. Nd. der 2. Aufl. 1987] Ritteradel im Alten Reich Die Kämmerer von Worms genannt von Dalberg, hg. v. Kurt Andermann, Darmstadt 2009 (Arbeiten der Hessischen Historischen Kommission NF 31) Die SchUM-Gemeinden Speyer – Worms – Mainz. Auf dem Weg zum Welterbe, hg. v. d. Generaldirektion Kulturelles Erbe RheinlandPfalz, Schriftleitung: Pia Heberer/Ursula Reuter, Regensburg 2013 [zahlreiche Worms betr. Aufsätze, u. a.: Michael Brocke, Der jüdische Friedhof Worms im Mittelalter – 1059 bis 1519. Beobachtungen an einem singulären Ort, S. 111– 154; Tina Fuchs-Maul, Der Heilige Sand in Worms. Gestaltung und Bearbeitung der Grabmale, S. 155–166; Susanne Krömker, Neue Me-

M ITTELALTER (800 thoden zur besseren Lesbarkeit mittelalterlicher Grabsteine am Beispiel des Heiligen Sands in Worms, S. 167–206; Katrin Kogman-Appel, Der Leipziger Machsor und die jüdische Gemeinde von Worms, S. 207–220; Gerold Bönnen, Christlich-jüdische Beziehungen in den

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SchUM-Städten während des Mittelalters, S. 269–282 u. a.] Wormser Fundstücke. Ein literarisches Lesebuch, hg. v. Hermann Schlösser, Worms 2014 [Reiseberichte, literarische Beschreibungen der Stadt etc.]

2. Vor- und Frühgeschichte, Archäologie, römisches Worms (bis um 800) 9

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Archäologie zwischen Donnersberg und Worms. Ausflüge in ein altes Kulturland, Red. Mathilde Grünewald/Luisa Reiblich, Regensburg 2008 [Beiträge zur Archäologie der Region um Worms/südliches Rheinhessen] Boppert, Walburg/Wolfgang Haubrichs, Frühchristlicher Grabstein des Aigttheus aus Worms, in: Mainzer Archäologische Zeitschrift 5/6, 1998/99 (ersch. 2005), S. 229–240 Boppert, Walburg, Frühchristlicher Grabstein des Aigttheus aus Worms, in: Der Wormsgau 24, 2005/06, S. 7–20 Brücken, Günter, Erste Ergebnisse der Ausgrabungen im keltischen Gräberfeld WormsHerrnsheim – Gehören die Gräber zur Vorgängersiedlung der heutigen Stadt Worms? in: Der Wormsgau 30, 2013, S. 7–17 Die Burgunder. Ethnogenese und Assimilation eines Volkes, hg. v. Volker Gallé, Worms 2008. Dokumentation des 6. wissenschaftlichen Symposiums der Nibelungenliedgesellschaft Worms e. V. und der Stadt Worms (Schriftenreihe der Nibelungenliedgesellschaft Worms 5) Grünewald, Mathilde, Burgunden. Ein unsichtbares Volk?, in: Nibelungen-Schnipsel. Neues vom alten Epos zwischen Mainz und Worms, hg. v. Helmut Hinkel, Mainz 2004 (Neues Jahrbuch für das Bistum Mainz), S. 119–142 Grünewald, Mathilde/Erwin Hahn (unter Mitarb. v. Klaus Vogt), Zwischen Varusschlacht

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und Völkerwanderung. Die römerzeitlichen Gräberfunde aus Worms und Rheinhessen im Museum der Stadt Worms im Andreasstift, Lindenberg/Allgäu 2006 (2 Bde.) Grünewald, Mathilde/Alfried Wieczorek (Hg.), Zwischen Römerzeit und Karl dem Grossen: die frühmittelalterlichen Grabfunde aus Worms und Rheinhessen im Museum der Stadt Worms im Andreasstift, Lindenberg/Allgäu 2009, 3 Bde. (1: Worms und seine Stadtteile, bearb. v. Mathilde Grünewald u. Ursula Koch, 2: Rheinhessen, bearb. v. Mathilde Grünewald u. Ursula Koch; 3: Westhofen, bearb. v. Alfried Wieczorek, Mathilde Grünewald u. Ursula Koch) Grünewald, Mathilde, Unter dem Pflaster von Worms. Archäologie in der Stadt, hg. v. Mathilde Grünewald u. Alfried Wieczorek, Lindenberg/Allgäu 2012 [Archäologie in römischer Zeit, Völkerwanderung, Mittelalter, Fundstellen u. a. im Judenviertel, rheinseitige Stadterweiterung 12. Jh., Kloster Liebenau u. a.] Haubrichs, Wolfgang, Eine neue Wormser Inschrift aus der Zeit um 500 und die frühen Personennamen auf germ. *dewaz ‚Diener’, in: Entstehung des Deutschen. Festschrift für Heinrich Tiefenbach, hg. v. Albrecht Greule u. a., Heidelberg 2004 (Jenaer Germanistische Forschungen NF 17), S. 153–172 Zylmann, Detert, Die frühen Kelten in WormsHerrnsheim, Worms 2006

3. Mittelalter (800 –1500) 20 Die ältesten Urkunden aus dem Stadtarchiv Worms (1074–1255), hg. v. Irmgard Fees u. Francesco Roberg, Leipzig 2006 (Digitale Urkundenbilder aus dem Marburger Lichtbildarchiv älterer Originalurkunden 1) [30 hochwertige Fotografien der ältesten Urkunden des Stadtarchivs] 21 Arens, Andrea, Die Bestien von St. Johannes in Worms, Regensburg 2014 [zu Wormser mittelalterlichen Baufragmenten an Dom und Johanneskirche]

22 Bachrach, David S., The Rhetoric of Historical Writing: Documentary Sources in Histories of Worms, c. 100, in: Journal of the history of ideas 68, 2007, S. 187–206 [zu den Wormser Annalen und Chroniken des 13. Jahrhunderts] 23 Bachrach, David Stewart, The histories of a medieval German city. Worms ca. 1000 – c. 1300, Farnham 2014 [engl. Übersetzung wichtiger Wormser mittelalterlicher Geschichtsquellen] 24 Bönnen, Gerold, Zwischen Konflikt und Zusammenleben: Bischof Johann von Dalberg

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und die Stadt Worms, in: Der Wormser Bischof Johann von Dalberg (1482–1503) und seine Zeit, hg. v. Gerold Bönnen u. Burkard Keilmann, Mainz 2005 (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 117), S. 41–87 Bönnen, Gerold, St. Andreas – Zur Geschichte des Wormser Kollegiatstifts bis um 1250, in: Der Wormsgau 25, 2007, S. 7–28 Bönnen, Gerold, Speyer und Worms – Regionale Bedeutung der Städtebünde, in: Kurpfalz und Rhein-Neckar. Kollektive Identitäten im Wandel, hg. v. Volker Gallé u. a., Heidelberg 2008 (Heidelberger Veröffentlichungen zur Landesgeschichte und Landeskunde 13), S. 63– 79 Bönnen, Gerold, Aspekte gesellschaftlichen und stadtherrschaftlichen Wandels in salierzeitlichen Städten, in: Die Salier, das Reich und der Niederrhein, hg. v. Tilman Struve, Köln/ Wien 2008, S. 207–281 [auch zur Wormser hochmittelalterlichen Stadtentwicklung im Vergleich] Bönnen, Gerold, Der Zollvertrag zwischen den Städten Worms und Speyer vom Jahre 1208/09, in: Der Wormsgau 27, 2009, S. 39–64 Bönnen, Gerold, Gemeindebildung und kommunale Organisation in Worms und Speyer (1074 bis ca. 1220), in: Rheinische Vierteljahrsblätter 74, 2010, S. 19–56 Brocke, Michael, Der mittelalterliche Friedhof von Worms – Vom Reichtum und den Nöten einer heiligen Stätte, in: Raschi und sein Erbe. Internationale Tagung der Hochschule für Jüdische Studien mit der Stadt Worms, hg. v. Daniel Krochmalnik, Hanna Liss u. Ronen Reichman, Heidelberg 2007 (Schriften der Hochschule für Jüdische Studien 10), S. 199–226 Brocke, Michael, »Pflanzstätte von Märtyrern« und Stiftern. Ein jüdisches Priestergeschlecht des mittelalterlichen Worms, in: Der Wormsgau 27, 2009, S. 17–37 Burkhart, Christian, Bischof Konrad I. von Worms und die Ahnen des Minnesängers Bligger von (Neckar-)Steinach – Neue Erkenntnisse zur Besiedlung des südlichen Odenwaldes im hohen Mittelalter, in: Der Wormsgau 29, 2012, S. 31–63 Deutinger, Roman, Zur Biographie Bischof Samuels von Worms, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 56, 2004, S. 79–87 Gast, Uwe, Eine Kreuzigungstafel des 14. Jahrhunderts in Worms, in: Der Wormsgau 30, 2013, S. 91–105

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35 Keil, Wilfried E., Die Baumeistersäule an der Ostfassade des Domes zu Worms, in: IN SITU. Zeitschrift für Architekturgeschichte 3, 2011 (Heft 1), S. 5–18 36 Keilmann, Burkard, Das Wormser Andreasstift im Spätmittelalter – Studien zu seiner Personalstruktur und inneren Verfassung, in: Der Wormsgau 25, 2007, S. 29–52 37 Keilmann, Burkard, Könige, Kleriker und Cives in Worms 1196–1220, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 63, 2011, S. 67–116 38 Kemper, Joachim, Klosterreformen im Bistum Worms im späten Mittelalter, Mainz 2006 (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 115) 39 Kleinjung, Christine, Frauenklöster als Kommunikationszentren und soziale Räume. Das Beispiel Worms vom 13. bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts, Korb 2008 (Studien und Texte zur Geistes- und Sozialgeschichte des Mittelalters 1) 40 Kleinjung, Christine, Das Diesseits und das Jenseits ordnen. Männer- und Frauentestamente aus dem spätmittelalterlichen Worms, in: Der Wormsgau 27, 2009, S. 65–85 41 König, Alexandra, Die textilen Grabfunde aus dem Dom zu Worms, in: Der Wormsgau 26, 2008, S. 137–148 42 Kötz, Stefan, Das Privileg Kaiser Friedrichs I. Barbarossa für die Wormser Münzer von 1165, in: Der Wormsgau 28, 2010/11, S. 7–59 43 Raspe, Lucia, Jüdische Hagiographie im mittelalterlichen Aschkenas, Tübingen 2006 (Texts and Studies in Medieval and Early Modern Judaism 19) [etliche Worms-Betreffe] 44 Schmitt, Anke, Das Salische Kruzifix aus dem Wormser Dom. Technologische Untersuchung und vergleichende Interpretation, in: Mainzer Zeitschrift 100, 2005, S. 51–68 45 Seibert, Hubertus, Neue Forschungen zu Bistum, Bischöfen und Stadtgemeinde von Worms, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 152, 2004, S. 53–95 46 Das Steuerregister des Gemeinen Pfennigs für das Bistum Worms. Einleitung und Edition, hg. v. Eberhard Lohmann, Darmstadt 2005 (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 147) 47 Untermann, Matthias, Der Ostbau des Wormser Doms. Neue Überlegungen und Befunde zu Bauabfolge und Datierung sowie zur Weihe von 1110, in: Der Wormsgau 27, 2009, S. 189–203 48 Untermann, Matthias/Wilfried E. Keil, Der Ostbau des Wormser Doms. Neue Beobachtungen zu Bauabfolge, Bauentwurf und Datierung, in:

N EUZEIT (1500–1800) IN SITU. Zeitschrift für Architekturgeschichte 2, 2010 (Heft 1), S. 5–20 49 Wagener, Olaf/Aquilante de Filippo, Die Wormser Stadtmauer – neue Erkenntnisse zu Datierung und Entwicklung, in: Der Wormsgau 30, 2013, S. 19–57 50 Walter, Peter, Der Wormser Bischof und kurpfälzische Kanzler Johannes von Dalberg vor dem Papst: die von Rudolf Agricola verfasste Gratulationsrede zum Regierungsantritt Innozenz’ VIII., in: Kirchengeschichte. Alte und neue Wege. Festschrift für Christoph Weber, hg.

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v. Gisela Fleckenstein, Frankfurt/M. 2008, S. 37–61 51 Wolf, Klaus, Gab es im Mittelalter ein »Wormser Passionsspiel«? Oder: Ist das »Sankt Galler Passionsspiel« in Worms zu lokalisieren? in: Der Wormsgau 29, 2012, S. 65–79 52 Der Wormser Bischof Johann von Dalberg (1482–1503) und seine Zeit, hg. v. Gerold Bönnen u. Burkard Keilmann, Mainz 2005 (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 117)

4. Neuzeit (1500–1800) 53 Diekamp, Busso, The newe Testament, Worms 1526 – William Tyndale und sein Drucker Peter Schöffer d. J., in: Der Wormsgau 30, 2013, S. 107–158 54 Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts, begr. Emil Sehling, Bd. 19 – Rheinland-Pfalz II, 2 Teilbde., Bearb. Thomas Bergholz, Tübingen 2008 [Teilbd. I: S. 114–212 Reichsstadt Worms; Edition: Deutsche Messe 1524; Vertrag Klerus – Stadt 1525; Katechismus 1543; Agendbüchlein 1560] 55 Gabel, Markus, Formen des Zeremoniells im Worms des 18. Jahrhunderts. Politische Inszenierung in einer protestantischen Reichsstadt mit katholischem Bischofssitz, Frankfurt/Main u. a. 2010 (Mainzer Studien zur Neueren Geschichte 27) [= Magisterarbeit Univ. Mainz] 56 Hoffmann, Nadine, Macht oder Religion? Die Konflikte um den Wiederaufbau der Magnuskirche in Worms von 1689 bis 1792, in: Der Wormsgau 28, 2010/11, S. 81–106 57 Inventar der pfälzischen Reichskammergerichtsakten. Landesarchiv Speyer Best. E 6, bearb. v. Martin Armgart/Raimund J. Weber, hg. v. Jost Hausmann, 4 Bde. (mit CD-ROM in Bd. 4), Koblenz 2009 (Veröffentlichungen der Landesarchivverwaltung 111, 1–4) [auch zahlreiche Worms u. s. Umland betr. Prozessakten 16. bis 18. Jh.] 58 Kammer, Otto/Fritz Reuter/Ulrich Oelschläger, Auf den Spuren Luthers und der Reformation in Worms, Worms 2012, 5. Aufl., hg. v. Ev. Dekanat Worms-Wonnegau u. d. Stadt Worms 59 Repertorium der Policeyordnungen der Frühen Neuzeit (Bd. 10, hg. v. Karl Härter/Michael Stolleis) Reichsstädte 4: Speyer, Wetzlar, Worms, hg. v. Gunter Mahlerwein, Thomas Rölle, Sigrid Schieber, Frankfurt/Main 2010 (Studien zur europäischen Rechtsgeschichte. Veröffentlichun-

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gen des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte 251) [Worms: S. 551–688 bearb. v. Gunter Mahlerwein] Reuter, Fritz/Ulrike Schäfer, Wundergeschichten aus Warmaisa. Juspa Schammes, seine Ma’asseh nissim und das jüdische Worms im 17. Jahrhundert, Worms 2005 Reuter, Ursula, Die Wormser Judenschaft im Dreißigjährigen Krieg, in: Der Wormsgau 26, 2008, S. 7–24 Reuter, Ursula, Die jüdische Gemeinde Worms und ihr Umland in der Frühen Neuzeit, in: Innere Räume – Äußere Zäune. Jüdischer Alltag im Rheingebiet im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit, hg. v. Ludolf Pelizäus, Mainz 2010, S. 117–137 Reuter, Ursula, Zwischen Reichsstadt, Bischof, Kurpfalz und Kaiser. Zur Geschichte der Wormser Juden und ihrer Schutzherren im 16. und 17. Jahrhundert, in: Kaiser und Reich in der jüdischen Lokalgeschichte, hg. v. Stefan Ehrenpreis u. a., München 2013 (Bibliothek Altes Reich 7), S. 119–146 Rinker-Olbrisch, Margit, Die Überlieferungen der Dalberger – insbesondere das Herrnsheimer Dalberg-Archiv im Stadtarchiv Worms, in: Der Wormsgau 30, 2013, S. 171–215 Todt, Sabine, »Vnd das es ist die warheyt blosz« – Wissensdiskurse in der frühen Reformation. Der Drucker Peter Schöffer und die Täufer in Worms, in: Mennonitische Geschichtsblätter 62, 2005, S. 21–50 Wendehorst, Stephan, Das gescheiterte Projekt der jüdischen Kaiserhuldigung in Worms: Symbolische imperiale Herrschaftspraxis und jüdische Teilhabe im Römisch-Deutschen Reich, in: Juden im Recht. Neue Zugänge zur Rechtsgeschichte der Juden im Alten Reich, hg. v. Andreas Gotzmann u. Stephan Wendehorst, Berlin

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2007 (Beihefte der Zeitschrift für Historische Forschung 39), S. 245–272 67 Zager, Werner, Verwirklichte Freiheit. Martin Luther vor dem Reichstag zu Worms, in: ders.

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(Hg.), Martin Luther und die Freiheit, Darmstadt 2010, S. 9–23

5. Um 1800 bis heute 68 Bönnen, Gerold, »Neuerstanden in schwerer Zeit«: Die Einweihung des Museums der Stadt Worms im Jahre 1930 im Spannungsfeld von Kultur und Politik, in: Der Wormsgau 24, 2005/ 06, S. 85–114 69 Bönnen, Gerold, Das Ehrenmal für die Gefallenen des 1. Weltkriegs auf dem neuen jüdischen Friedhof in Worms – Entstehung und Bedeutung im regionalen Vergleich, in: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 32, 2006, S. 367–396 70 Bönnen, Gerold, Beschlagnahmt, geborgen, ausgeliefert: Zum Schicksal des Wormser jüdischen Gemeindearchivs 1938–1957, in: Das deutsche Archivwesen und der Nationalsozialismus. 75. Deutscher Archivtag 2005 Stuttgart, Red. Robert Kretzschmar (Tagungsdokumentationen zum Deutschen Archivtag 10), Essen 2007, S. 101–115 71 Bönnen, Gerold (Bearb.), Bertha Strauß und Alfred Hüttenbach: Wormser jüdische Künstler, Kunstleben und Kunstförderung um 1900 bis 1935, hg. v. Jüdischen Museum Worms u. Kunstverein Worms, Worms 2007 72 Bönnen, Gerold, Bemerkungen zur Wormser Raschi-Rezeption seit dem 17. Jahrhundert, in: Raschi und sein Erbe. Internationale Tagung der Hochschule für Jüdische Studien mit der Stadt Worms, hg. v. Daniel Krochmalnik/ Hanna Liss/Ronen Reichman, Heidelberg 2007 (Schriften der Hochschule für Jüdische Studien 10), S. 185–198 73 Bönnen, Gerold, Durchgefallen – Zur Abstimmung über die Landesverfassung und zu den ersten Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz in Worms und seinem Umland am 18. Mai 1947, in: Der Wormsgau 26, 2008, S. 111–135 74 Bönnen, Gerold, Der »Plan der Stadt Worms« von Pierre Aubertel aus dem Jahre 1830, in: Der Wormsgau 28, 2010/11, S. 107–118 75 Bönnen, Gerold, Reichsstädtische Vergangenheiten links des Rheins: Worms und Speyer zwischen Zäsuren und Neu-Aneignung, in: Tempi passati. Die Reichsstadt in der Erinnerung, 1. Tagung des Arbeitskreises »Reichsstadtgeschichtsforschung« Mühlhausen 11.– 13.2.2013, hg. v. Helge Wittmann, Petersberg

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2014 (Studien zur Reichsstadtgeschichte 1), S. 113–148 Diekamp, Busso, Die Rezeption der Nibelungen in Worms, in: Nibelungen-Schnipsel. Neues vom alten Epos zwischen Mainz und Worms, hg. v. Helmut Hinkel, Mainz 2004 (Neues Jahrbuch für das Bistum Mainz), S. 143–208 Diekamp, Busso, Auf Martin Luthers Spuren in Worms, in: Werner Zager (Hg.), Martin Luther und die Freiheit, Darmstadt 2010, S. 163–265 Diekamp, Busso, Der Lutherbaum im Vormärz. Aus der Frühzeit der Deutschkatholiken in Worms 1845/46, in: Jahresheft Heimatverein Worms-Pfiffligheim 9, 2012, S. 32–59 Diekamp, Busso, Das Lutherdenkmal in Worms von Ernst Rietschel, in: Die Dresdner Frauenkirche. Jahrbuch zu ihrer Geschichte und Gegenwart 17, 2013, S. 163–200 Festschrift zur (Wieder-)eröffnung des Wormser Theaters, Kultur- und Tagungszentrums am 29. Januar 2011, hg. v. d. Kultur- und Veranstaltungs-GmbH Worms, Worms 2011 Freitäger, Andreas, Christian Eckert (1874– 1952), Köln 2013 (forum universitätsarchiv, Heft 2) [Online-Publikation, 92 S.; Eckert war Wormser OB 1946–1949 http://www.uniarchiv.uni-koeln.de/fileadmin/templates/uak/ PDF/Publikationen/2_Christian_Eckert.pdf ] Friedrichsdorf, David Andreas, Städtische Gesellschaft und Wormser Freimaurer 1815–1845. Die Logenreden Wilhelm Valckenbergs, in: Der Wormsgau 27, 2009, S. 93–139 Friedrichsdorf, David Andreas, Die Wormser Freimaurerloge »Johannes zur brüderlichen Liebe« und die Wormser Aufklärungsgesellschaften im späten 18. Jahrhundert, in: Zeitschrift für internationale Freimaurer-Forschung Jg. 14, Heft 27, 2010, S. 42–80 Fritz von Dalberg zum 200. Todestag. Vom Erfinden und Bilden. Ein Lesebuch, hg. v. Volker Gallé u. Michael Embach, Worms 2012 [Komponist Friedrich Hugo v. Dalberg] Fünfzig Jahre Wiedereinweihung der Alten Synagoge zu Worms. Erweiterter Nachdruck der Forschungen von 1961 mit Quellen, Worms 2011

U M 1800 86 »Eine furchtbar ernste Zeit«. Worms, die Region und der »Große Krieg« 1914 bis 1918, hg. v. Gerold Bönnen, Worms 2014 (Der Wormsgau, Beiheft 41) [Inhalt: Gerold Bönnen, Worms 1914 bis 1918 – Annäherungen an einen vergessenen Krieg, S. 12–132; Daniel Nagel, »Wir haben den Krieg nicht gewollt«. Julikrise und Augusterlebnis in der Berichterstattung der Wormser Presse, S. 134–157; Busso Diekamp, Von Worms nach Paris – Wilhelm von Schoen (1851–1933), Überbringer der deutschen Kriegserklärung an Frankreich. Eine wilhelminische Diplomatenkarriere, S. 158–225; Burkard Keilmann, »Schrecklich wie des Himmels Plagen«. Kriegserwartungen und Kriegserfahrungen von Schülern und Lehrern der höheren Schulen in Worms 1914/15, S. 226–303; Margit Rinker-Olbrisch, Alles nur ein »Kartenspiel«? Die Versorgung der Zivilbevölkerung, S. 304–406; Gunter Mahlerwein, Das Dorf als Heimatfront. Rheinhessische Landgemeinden im Ersten Weltkrieg, S. 408–423; Jörg Koch, Bemerkungen zu Gedenkkultur und Kriegerdenkmälern in Worms, S. 424–476] 87 Hansmann, Wilfried, Das Städtische Spiel- und Festhaus in Worms von Otto March – das einzige wirklich originale Volkstheater in Deutschland, in: IN SITU. Zeitschrift für Architekturgeschichte Jg. 4 2012 (Heft 4), S. 253–284 88 Heiland, Gunter, Geschichte der Wormser SPD. Ein Lesebuch, Worms 2009 89 »Heimatfront«. Der Erste Weltkrieg und seine Folgen im Rhein-Neckar-Raum (1914–1924), hg. v. Martin Krauß u. Walter Rummel, Ubstadt-Weiher u. a. 2014 [betr. auch Worms] 90 Keilmann, Burkard, »Die Familie ist hartkatholisch und die Kinder sind auch nichts nutz« – Soziale Disziplinierung und konfessionelle Intoleranz am Wormser Gymnasium in der Endphase des Kulturkampfs, in: Der Wormsgau 24, 2005/06, S. 115–142 91 Keilmann, Burkard, Elitenförderung in der großherzoglich-hessischen Provinz. Die Vorschule für Gymnasium und (Ober)realschule in Worms 1876–1923, in: Der Wormsgau 27, 2009, S. 141-170 92 Koch, Jörg, Marmor, Stein und Bronze spricht. Bismarckdenkmäler und Bismarckgedenken am Oberrhein, Ubstadt-Weiher 2015 [auch zu Bismarck/Worms] 93 Krauß, Martin, Die Geschichte der Volksbank Worms-Wonnegau 1860–2000, in: Volksbank Worms-Wonnegau eG. Geschichte mit Zukunft, bearb. v. Martin Krauß, Worms 2010, S. 14–84

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94 Lehsten, Lupold von, Otto Hupps Ausmalung des Wormser Stadtarchivs 1885 – ein Initialereignis der neueren Heraldik, in: Herold-Jahrbuch NF 17, 2012, S. 19–47 95 Mahlerwein, Gunter, Die Entwicklung der Gesellschaft von 1783 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs, in: 1783 – 2008 Vereinigte Kasinound Musikgesellschaft Worms. Festschrift zur 225-Jahrfeier, hg. im Auftrag der Kasino- und Musikgesellschaft v. Ulrich Oelschläger u. Gerold Bönnen, Worms 2008 (Der Wormsgau, Beiheft 40), S. 16–119 96 Mahlerwein, Gunter, Johann Philipp Bandel (1785–1866). Ein Wormser Demokrat und Kunstsammler, Worms 2011 97 Die Neue Rheinbrücke in Worms – Festschrift zu ihrer Fertigstellung 2008, hg. v. Landesbetrieb Mobilität Worms u. Stadtarchiv Worms, Worms 2008 98 Nöckel, Cornelia Constanze, Untersuchungen zur Musikgeschichte der Stadt Worms im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts, Magisterarbeit Univ. Mainz, FB 07, 2008 [u. a. Musikverlage Kreitner, Götz; Vereine, Konzertwesen, Musikalienhandel etc.] 99 Reuter, Fritz, Die Familie Melas: Herkunft, Einbindung in das Gemeinwesen, Lederfabrikation. Erläuterungen zu Grabsteininschriften des 18./19. Jahrhunderts auf dem jüngeren Teil des Alten Judenfriedhofs in Worms, in: Der Wormsgau 24, 2005/06, S. 69–83 100 Reuter, Fritz, Gedenke der vorhergehenden Geschlechter. Zweisprachigkeit auf dem Alten Jüdischen Friedhof in Worms, in: Der Wormsgau 27, 2009, S. 171–188 101 Rheinhessische Wege in den Nationalsozialismus. Studien zu rheinhessischen Landgemeinden von der Weimarer Republik bis zum Ende der NS-Diktatur, hg. v. Förderverein Projekt Osthofen durch Michael Kißener, Worms 2010 [SB, u. a. zu Alsheim, Bodenheim Framersheim, Gau-Odernheim, Ingelheim, Stadecken] 102 Rinker-Olbrisch, Margit, Quellen zur Firmengeschichte im Wormser Stadtarchiv am Beispiel der Maschinen- und Anlagenbaufirma Kaibel & Sieber GmbH und der Chemiefabrik Trumpler GmbH & Co KG, in: Der Wormsgau 25, 2007, S. 215–236 103 Rinker-Olbrisch, Margit/Torben Olbrisch, Der Wormser Veteranen-Verein und sein Denkmal von 1848 für die Kriegsteilnehmer in der Grande Armée Napoleons, in: Der Wormsgau 26, 2008, S. 53–74

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104 Rinker-Olbrisch, Margit, Die Familie Brand und das Domarchiv St. Peter Worms, in: Der Wormsgau 29, 2012, S. 199–229 105 Rödel, Eva, Der Streit um die Bekenntnisschule. Der »Schulkampf« in Rheinhessen und seine Folgen 1952–1955, Ubstadt-Weiher 2013 (Veröffentlichungen der Kommission des Landtages für die Geschichte des Landes RheinlandPfalz 29) [v.a. zum Umland v. Worms, Diss. Mainz 2010] 106 Roemer, Nils, German City, Jewish Memory. The Story of Worms, Waltham/Mass. (USA) 2010 (The Tauber Institute Series For The Study of Europan Jewry) 107 Schätze der Erinnerung. Geschichte, Mythos und Literatur in der Überlieferung des Nibelungenliedes, hg. v. Volker Gallé, Worms 2009 (Schriftenreihe der Nibelungenliedgesellschaft Worms e. V. 6) [ = Dokumentation des 7. Wiss. Symposiums der Nibelungenliedgesellschaft Worms e. V. und der Stadt Worms v. 17.– 19. 1. 2008] 108 Schnabel, Berthold, Der Konvent des Wormser Zisterzienserinnenklosters Mariamünster während der Französischen Revolutionskriege und nach der Säkularisation, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 66, 2014, 79–119 109 Tücks, Petra, Bau- und Stilgeschichte der Wormser Lutherkirche anhand der historischen Quellen, in: Die Lutherkirche in Worms 1912– 2012, Worms 2012, S. 31–170 110 Ufer, Joachim, Die Gründung der Rheinischen Bibelgesellschaft zu Worms im Jahre 1816, in: Ebernburg-Hefte 46, 2012, S. 81–97 111 Warnk, Holger, Büffel, Bier und Kuckucksuhren: Die Wormser Brüder Hüttenbach in Südostasien, in: Der Wormsgau 29, 2012, S. 181– 198 112 Werner, Ferdinand, Wilhelm Manchot und die Villa Enzinger in Worms, in: IN SITU. Zeitschrift für Architekturgeschichte 1. Jahrgang Heft. 1, 2009, S. 41–64 113 Werner, Ferdinand, Arbeitersiedlungen – Arbeiterhäuser im Rhein-Neckar-Raum, Worms 2012 (Beiträge zur Mannheimer Architektur- und Baugeschichte 8) [vieles zu Wormser Siedlungen; darin auch: Gerold Bönnen, Defizite und Reaktionen der Politik. Staatliche und kommunale Wohnungspolitik 1890 bis 1914 am Beispiel von Worms und dem Großherzogtum Hessen, S. 100–115] 114 Werner, Ferdinand, Das Lutherdenkmal und die Wormser Ringanlagen, in: Der Wormsgau 28, 2010/11, S. 119–162

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115 Werner, Ferdinand, Wirklichkeit und Utopie. Die Westendsiedlung und Projekte für Cornelius Wilhelm von Heyl in Worms, in: Lebensräume gestalten. Heinrich Metzendorf und die Reformarchitektur an der Bergstraße, hg. v. Dominic E. Delarue u. Thomas Kaffenberger, Worms 2013, S. 73–90 116 Wolf, Tanja, »Eine für die späteste Nachwelt bleibende Erinnerung zu gründen«?. Umbenennungen von Straßen in Worms 1839 bis 1890, in: Der Wormsgau 30, 2013, S. 217–235 117 Die Wormser Industriellenfamilie von Heyl. Öffentliches und privates Wirken zwischen Bürgertum und Adel, hg. v. Gerold Bönnen u. Ferdinand Werner, Worms 2010 [Inhalt: Gabriele B. Clemens, Sammler und Mäzene im Europa des 19. Jahrhunderts, S. 11–20; Margit RinkerOlbrisch, Zur archivischen Überlieferung der Heylschen Firmen- und Familiennachlässe, S. 21–33; Gerold Bönnen, Die Familie von Heyl und ihr Wirken (ca. 1850 bis 1980), S. 35–186; Ferdinand Werner, Von Wohnhäusern, Landsitzen und Villen, S. 187–311; Gerold Bönnen, Fabrikant und Händler, Politiker und Konsul: Leonhard Heyl II. (1814–1877), sein gesellschaftlich-wirtschaftlicher Aufstieg und die Wormser Gründerzeit, S. 313–338; Petra Blachetta, Aufund Abstieg der Wormser Lederindustriellen Heyl, S. 339–353; Gunter Mahlerwein, Das Wirken der Familie Heyl in der Wormser Lese- und Casinogesellschaft bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, S. 355–360; Uwe Hinkfoth, Theodor Fischer und das Cornelianum, S. 361–370; Oswald Georg Bauer, Worms und Bayreuth – Die Familie von Heyl als Mäzen und Besucher der Bayreuther Festspiele, S. 371–396; Ferdinand Werner/Gerold Bönnen, Gabriel von Seidl und die Gottliebenkapelle in Herrnsheim, S. 397– 412; Josef Mattes, Die Familie von Heyl und der Altertumsverein, S. 413–422; Mathilde Grünewald, Die Herren von Heyl, das Museum und die Archäologie, S. 423–430; Busso Diekamp, Die Familie Heyl und die Wormser Buch- und Bibliothekskultur, S. 431–466; Jörg Koch, Der Heylshof in Worms: Vom großbürgerlichen Palais zum Museum, S. 467–486; Ines Heisig, »Besondere Briefe Kunst betreffend« – Einblicke in die Vernetzung von Cornelius Wilhelm und Sophie von Heyl im Kunstmarkt zur Zeit des Kaiserreichs, S. 487–498; Peter Engels, Die Familie Heyl und Darmstadt, S. 499–518; Anhang: Zeittafel zur Geschichte der Familie Heyl, Register] 118 Wormser Religionsgespräche 2013: Dulden oder verstehen? Dokumentation zu den Wormser Religionsgesprächen vom 19.–21.4.2013 in

U M 1800 Worms, veranstaltet v. d. Stadt Worms u. d. Ev. Kirche in Hessen und Nassau im Themenjahr »Reformation und Toleranz« der Lutherdekade, hg. v. Volker Gallé, Worms 2013 119 Das Wunder von Worms: Die Nibelungen-Festspiele und Dieter Wedel, hg. v. der NibelungenFestspiele gGmbH Worms, Leipzig 2014 120 Würz, Markus, Kampfzeit unter französischen Bajonetten. Die NSDAP in Rheinhessen in der

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Weimarer Republik, Stuttgart 2012 (Geschichtliche Landeskunde 70) [u. a. zu Worms u.s. Umland, Diss. Mainz 2010] 121 Zwischenwelten. Das Rheinland um 1800, hg. v. Volker Gallé u. Werner Nell, Worms 2012 [Sammelband Tagung in Schloss Herrnsheim, Worms 28.–30. 10. 2011]

Herausgeber und Autoren

Der Herausgeber und die 18 Autorinnen und Autoren sind bestens ausgewiesene Wissenschaftler aus den Bereichen Geografie, Kunstgeschichte, Archäologie, Geschichte sowie Sprach- und Literaturwissenschaft. Sie sind an verschiedenen Universitäten, Museen und Archiven tätig. Böcher, Otto: Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Evangelisch-Theologische Fakultät Bönnen, Gerold: Stadtarchiv Worms und Jüdisches Museum im Raschi-Haus, Leitung; [email protected] Brüchert, Hedwig: Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz; [email protected] Dumont, Franz (†) war wissenschaftlicher Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften und Literatur in Mainz Ehrismann, Otfrid-Reinald: Justus-Liebig-Universität Gießen, Institut für Germanistik; [email protected] Felten, Franz J.: Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Historisches Seminar, Mittelalterliche Geschichte; [email protected] Grünewald, Mathilde: Museumsdirektorin des Museums der Stadt Worms (1980–2012), Archäologin; www.mathilde-gruenewald.de Kandler, Otto: Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Institut für Geowissenschaften (im Ruhestand); [email protected] Kemper, Joachim: Leiter der Abteilung Kulturelles Erbe (Stadtarchiv, Museen, Gedenkstätten), Stadt Speyer; [email protected]

Köhler, Manfred H. W.: Frankfurt/Main Kohl, Thomas: Eberhard Karls Universität Tübingen, Philosophische Fakultät, Seminar für Mittelalterliche Geschichte; [email protected] Konersmann, Frank: Universität Bielefeld, Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie; [email protected] Kreutz, Bernhard: Université du Luxembourg; [email protected] Lameli, Alfred: Philipps-Universität Marburg, Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas; [email protected] Mahlerwein, Gunter: Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Historisches Seminar, Neuere Geschichte; [email protected] Reuter, Fritz: Stadtarchiv Worms und Jüdisches Museum Worms, Leiter (von 1964 bis 1996) Spille, Irene: Stadtarchiv Worms – Untere Denkmalschutzbehörde; [email protected] Zibell, Stephanie: Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Institut für Politikwissenschaft; [email protected]