Geschichte der National-Oekonomik in Deutschland [2. Aufl., 1924 in Manuldr. [d. Ausg. 1875]. Reprint 2019] 9783486723106, 9783486749175


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Vorrede
Inhaltsverzeichnis
Erstes Kapitel. Einteilung
Erste Periode. Das theologisch-humanistische Zeitalter der deutschen Nationalökonomik
Zweites Kapitel. Die älteren Humanisten
Drittes Kapitel. Die Reformatoren
Viertes Kapitel. Die Socialisten der Reformationszeit
Fünftes Kapitel. Wie praktischen Staatswirthe der Reformationszeit
Sechstes Kapitel. Verfall der Reformationsblüthe, Wachsen des Territorialismus
Siebentes Kapitel. Die späteren Humanisten
Achtes Kapitel. Das Eindringen des wälschen Regalismus
Neuntes Kapitel. Die spätere populär-theologische Nationalökonomik
Zehnte- Kapitel. Die Anfänge der systematischen und geschichtlichen Volkswirthschaftslehre in Deutschland
Elftes Kapitel. Die letzten Zeiten de» dreißigjährigen Krieges
Zweite Periode: Das polizeilich-cameralistische Zeitalter der deutschen Nationalökonomik
Zwölftes Kapitel. Die holländische Schule und das Mercantilsystem
Dreizehntes Kapitel. Die konservative Nationalökonomik in der zweiten Hälfte bei 17. Jahrhunderts
Vierzehntes Kapitel. Die Nationalökonomik des letzten großen deutschen Polyhistors
Fünfzehntes Kapitel. Nie österreichische Nationalökonomik unter Leopold I
Sechzehntes Kapitel. Die preußische Nationalökonomik unter dem großen Kurfürsten
Siebzehntes Kapitel. Leibniz und die Anfänge der Hallischen Schule
Achtzehntes Kapitel. Die Nationalökonomik Friedrich Wilhelm's I
Neunzehntes Kapitel. Die Nationalökonomik Friedrich's des Großen
Zwanzigstes Kapitel. Die älteren Eklektiker des 18. Jahrhunderts
Dritte Periode: Das wissenschaftliche Zeitalter deutschen Nationalökonomik
Einundzwanzigstes Kapitel. Die Physiokratie in Deutschland
Zweiundzwanzigstes Kapitel. Die geschichtlich-konservative Reaktion gegen die Ideen des 18. Jahrhunderts
Dreiundzwanzigstes Kapitel. Die späteren absolutistischen Eklektiker
Vierundzwanzigstes Kapitel. Die späteren liberalen Eklektiker
Fünfundzwanzigstes Kapitel. Aufnahme Adam Smith's in Deutschland
Sechsundzwanzigstes Kapitel. Das Herannahen der französischen Devolution
Siebenundzwanzigstes Kapitel. Erste selbständige Weiterbildung der Smith'schen Lehre in Deutschland
Achtundzwanzigstes Kapitel. Der monarchische Beamtenstaat zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts
Neunundzwanzigstes Kapitel. Die romantische Schule der Nationalökonomik
Dreißigstes Kapitel. Die deutsch-russische Schule der Nationalökonomik
Einunddreißigstes Kapitel. Der oppositionelle Liberalismus nach den Befreiungskriegen
Zweiunddreißigstes Kapitel. Höchste Ausbildung der Smith'schen Lehre in Deutschland
Dreiunddreißigstes Kapitel. Die unmittelbare Vorbereitung der geschichtlichen Nationalökonomik
Vierunddreißigstes Kapitel. Die Gründung des Zollvereins
Fünfunddreißigstes Kapitel: Uebersicht der neuesten Entwicklungen
I. Personen- und Citatenregister
II. Sachregister
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Geschichte der National-Oekonomik in Deutschland [2. Aufl., 1924 in Manuldr. [d. Ausg. 1875]. Reprint 2019]
 9783486723106, 9783486749175

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Geschichte der

Wissenschaften in Deutschland. Keuere Jett. Vierzehnter Band.

Geschichte der Natioualöksuosik.

AUF VERANLASSUNG

HERAUSGEGEBEN

UND MIT

DURCH DIE

UNTERSTÜTZUNG

HI8TOR. COMMISSION

SEINER MAJESTÄT

BEI DER

DES KÖNIGS VON BAYERN

KÖNIGE. AKADEMIE DER

MAXIMILIAN II.

WISSENSCHAFTEN.

München und Berlin. Verlag R. Oldenbourg.

Geschichte der

National-Oekonomik in Deutschland von

Mlhelm A-scher.

AUF VERANLASSUNG

HERAUSGEGEBEN

und urr

DURCH DIE

UNTERSTÜTZUNG

HISTOR. COMMISSION

SEINER MAJESTÄT

BEI DER

DES KÖNIGS VON BAYERN

KÖNIGL. AKADEMIE DER

MAXIMILIAN II.

WISSENSCHAFTEN.

München «nd Berlin.

Verlag R. Oldenbourg.

Zweite Auflage 1924 in Manuldruck.

Borrede. Ta naXaw xawa g du&Xthlv, »al negl wf »tötrti fCfCFtyuAw dgXateg eltceit. (Jsokrates.)

aß „aller auf dieser Erde lebenden Menschen Glückseligkeit ein Ganzes ausmache." In Folge hiervon steht Zselin voraus, wie der Abfall Nordamerika'- die Engländer selbst reicher machen würde, nach vorübergehendem Verlust und Büßung des Unrechts, welches ihre monopolistischen Grundsätze der Welt und den Kolonien zügefügt haben. (Eph. 1776, I, 106.) Sehr charakteristisch ist der Eifer, womit die Zeitschrift ein Haupt­ augenmerk richtet auf edle Züge von Menschenfreundlichkeit. Ebenso aber der sonderbare Ausdruck über das Wesen der Concurrenz: „das erste Recht zu jeder Waare gehört dem, der am meisten dafür bezahlt; das erste Recht eine Waare los zu werden dem, der sie im niedrigsten Preise weggeben will." (1777, n, 59.) 111. Nach der Quantität seiner Leistungen beurtheilt, ist Johann August SchlettweinE) (1731—1802) der wichtigste deutsche Phy­ siokrat, ganz auf französischer Grundlage stehend, obwohl er seine Vorgänger fast niemals eitirt. Schon 1772 schrieb er: Les moyens *) Ephemeriden der Menschheit VIII, 33. *) Geboren zu Weimar, ttat er 1763 in badische Dienste, um hier sowohl

in der Rentkammer zu arbeiten, al- auch Vorlesungen zu Hallen.

Um 1773 fiel

er in Ungnade, wahrscheinlich weil die von chm geleiteten Versuche, phystokratisch

zu regieren, ihm viele Feinde gemacht hatten und zuletzt doch scheiterten. 1777 bis 1786

war

S. Professor zu Gießen,

Von

lebte aber schließlich meist in

Mecklenburg und Pommern. Vgl. EmminghanS im Reuen Reich 1873, Nr. 21.

d'arSter la miadre publique et d’acquitter lea dettea des State, sowie das Buch: »Die wichtigste Angelegenheit für das ganze Publicum, oder die natürliche Ordnung in der Politik überhaupt, besonders aber die allgemeine Freiheit im Handel und Wandel, die ungestörte Ein- und Ausfuhr des Getreides, die Ordnung der Vollkommenheit in der Kultur der Ländereien und im Verbrauch der Waaren, die zur Wohlfahrt der Staaten einzuführende einzige Auflage auf den reinen Ertrag der Grundstücke und die damit zu verbindende Einrichtung des Frohnwesens aus einander gesetzt." (II Bde.) Ebenso bezeichnend ist der Titel des 1777 erschienenen Gießener Universitätsprogramms: „Evidente und unverletzliche, aber zum Unglück der Welt meistens verkannte oder nicht geachtete Grundwahrheiten der gesellschaftlichen Ordnung ic." Ein förmliches Lehrbuch der Phystokratie giebt die „Grundfeste der Staaten oder politische Oekonomie (1779), während das „Archiv für den Menschen und Bürger in allen Verhältnissen" (1780—84, Fortsetzung 1785—88) die zeitschriftliche Verbreitung im Auge hat. Noch 1797 muthete Schlettwein Kant einen Briefwechsel über kritische Philosophie zu, wobei er „im Stande zu sein glaubte, Kant's ganzes System, beides den theoretischen und praktischen Theilen nach, völlig umzustürzen"'). Wie doktrinär er war, zeigt die Aeußerung, womit er jede Kornsperre verwirft: „Hungers sterben ist unendlich weniger, als ungerecht sein." Wenn sich das phystokratische System „bei den jetzi­ gen Einrichtungen nicht in Gang bringen läßt," so „sind eben die jetzigen Einrichtungen der glücklichen Bevölkerung der Länder und der Bereicherung der Staaten und Regenten schlechterdings zuwider, und sollten abgeschafft werden." Die Gesetze aller Völker müssen voll­ kommen gleichlautend sein (451) •). Selbst Polens Unglück dachte >) Kant lehnte dieß ab:

Werke, Anlg. von Hartenstein 1868, VIII, 598.

•) Grundfeste, Borr. *) Gin« auch bei den deutschen Physiokraten sehr beliebte Meinung war es,

daß ihr System in lhina seit vier Jahrtausenden herrsche, rina II.

e- in Rußland einführen wolle.

Tabellen, 1773, 6. 21.

1770, 6. 81.)

(Springer

vom Ursprg. «mb Fortgang

sowie daß

Katha­

Oekonom. und cameral.

einer

neuen Wissensch.,

490

XXL Die Phyfiotratie in Deutschland.

Schlettwein durch Einführung der Phyfiokratie zu heilen').

Vom

Durchdringen der Wahrheit, daß Reicher- und Glücklicherwerden eines Staates auch allen anderen Staaten nützt, erwartet er die wahre Di­

plomatie, die immer gelingt»).

Und doch zugleich wie ungenau!

Die bei Schlettwein sehr beliebten Zifferbeispiele sind ebenso willkürlich,

wiebei Quesnay. So soll u.A. die ganze Natur jährlich 100 Milliarden

Centner Materie neu schaffen (11).

Auf der ganzen Erde soll eine

Mill. Morgen Land sein, der Morgen zu 40960 rhein. Q.-Fuß be­

rechnet (128). „Ein Landwirth soll halb so viel großes Vieh halten, als er Aecker, Wiesen und Weinberge hat" (146).

Daß die Grund­

steuer alle Klaffen des Volkes treffe, beweiset Schlettwein so: das Ganze ist gleich der Summe aller Theile. Wer also vom Ganzen etwas abzieht,

der zieht von allen Theile» ab. (Von allen Theilen verhältnißmäßig??) Da nun das produit net das Ganze ist, so n. s. w. Die Grundsätze der „wirthschaftlichen und sittlichen Ordnung"

sollen von Polizeiwegen ausgearbeitet und halbjährlich vorge­ lesen und erklärt werden (470).

Auch hinter den Gesangbüchern und

Bibeln soll man sie drucken (482).’) Doch begnügt sich Schlettwein durch­

aus nicht mit bloßem Rathe, und ist insofern« dem Laissez faire, laissez passer keineswegs völlig treu geblieben. So z. B. soll jedem Frem­

den das Betreten der Nebenwege verboten, jeder Bürger eidlich ver­ pflichtet werden,

daß er nicht nur selbst keine Ungerechtigkeit üben,

sondern auch jedes fremde Unrecht, das er bemerkt, angeben wolle

(536). Im Archiv (VIII, 115 ff.) wird als zuverläffiges Mittel, den Kindermord zu verhüten, u. A. gerathen, daß gesellige Zusammen­ künfte beider Geschlechter

nur Verheiratheten gestattet sein sollen,

widrigenfalls die Aeltern der jungen Leute mit entehrenden Strafen Heimzusuchen find.

Uneheliche Mütter, die ihre Schwangerschaft nicht

verheimlicht haben, sollen ein, ihnen sofort zu verzinsendes Heiraths-

*) Schriften f. alle Staaten, 1775, I. — •) Brunds., 571 ff. ’ i Aehnllch wie der ältere Mirabeau da- Tableau 6oononrique in allen Schulen, Rathhäusern, Sacristeien wollte anschlagen taffen, comme un objet de culle terreetre et une amulette contre la maladie 6pid5mique d’inhumanit6. (Brief an den Markgrafen von Baden, 31. März 1770.)

111. Schlettwein.

gut erhalten.

491

Hauptsächlich aber ist jedes erwachsene ledige Frauen­

zimmer monatlich von einer Hebamme

„in Absicht ihrer weiblichen

Umstände zu visitiren" und darüber an die Polizei Bericht zu er­ An die idyllische Seite der spätern französischen Revolution

statten!

erinnern die Feste, die Schlettwein vorschlägt: Saat- und Erntefeste,

allgemeine Ehe- und Erziehungsfeste rc.'), sowie die häufig vorkommende

Anrede: liebe Mitmenschen;

die

noch

an»Basedow's Philantropie außerdem

als Jugendbelustigung

empfohlenen Uebungen

in Land-

und Gartenbau, int Tischlern, Drechslern, Poliren rc. (419 ff ). Ein nicht geringer Unterschied von Schlettwein gegenüber den meisten franzöfischen Physiokraten liegt darin, daß jener die Bevölkerungs­

sucht des 18.Jahrhunderts mit derPhy s io kratie zu verbinden,

suchte.

Als Ziel des Menschen stellt er „das Menschenleben, Abbil­

dung Gotteslebens" hin (413).

Wenn er streng physiokratisch meint,

der innere Werth zweier Waaren verhalte sich, wie die Größe deS

mittelbar

oder unmittelbar

Bodens (302);

zu ihrer Hervorbringung erforderlichen

wenn er deshalb auch die Handelsbilanz danach be­

stimmt, ob die Aus- oder Einfuhr mehr Boden in Anspruch nehme (305): so fügt er doch gleich hinzu, die Vollkommenheit des Handels meffe sich nach der Menschenzahl, für die er die nöthigen Subsistenz­ mittel herbeischafft. (308. 293.) Darum sind ihm Luxusfabriken jeder

Art Werkstätten des Todes für das Menschengeschlecht (274 ff.), und

z. B. der Anbau von Krapp, Tabak, sowie die Haltung von LuxuSpferden eifrigst zu bekämpfen. (129 ff.)

Es liegt hierin bereits ein

Borschmack jener Richtung der franzöfischen Revolution, welche G.

Forster zu der Prophezeiung veranlaßte (Briefe II, 620), es würden 60 Millionen Menschen in Frankreich leben, die ihre Kartoffeln selbst

kochten, sich kleideten als Sansculotten, auf alle feinere Geistesnah­ rung verzichteten,

aber eine Art von spartanischer Republik dar­

stellten.

Schlettwein'S oberster praktischer Grundsatz ist, daß man „um die Menschen in dieser Welt glücklich zu machrit," die Menge der ge­ nießbaren Materien unaufhörlich vergrößern und Jeden so viel An*) Grunds., 474 fg.

492

MI.

Die Phyfiokratie in Deutschland.

theil daran haben läßt, wie er sich verschaffen tarnt, ohne den Antheil seiner Mitmenschen zu stören. (4 fg.) Da die Kapitalzinsen lediglich aus der Seltenheit des Geldes erklärt werden, das Geld aber unfruchtbar ist 0, so können sie, wo fie bedeutend sind, nur das Elend steigern. (356 ff.) Schriftsteller, die aus wirthschastlichen Gründen alle Arbeiter auf Kartoffeln, Waffer, grobleinenen Kittel rc. setzen möchten, sind Barbaren, unwürdig Menschen zu heißen. **) — Trotz diesem Allen fehlt doch Schlettwein, sowie den meisten deutschen Physiokraten, der revolutionäre Hintergrund, welchen ihre Schule in Frankreich so bald erlangte. Der Unterschied liegt darin begründet, daß man in Deutschland bei Zeiten an Reform dachte, unter Vor­ gang des Staates, obschon das Land weniger, entwickelt war als Frankreich, während man hier durch Nichtsthun der Regierung eine Revolution heranfbeschwor. Der Rinteler Professor Karl Gottfried Fürstenau (f 1803) läßt in­ sofern eher mit sich reden, als er mancherlei Modifikationen des Systems wegen

der Staatenvielheit -ugiebt.')

Wenn man sich mit Schlettwein die ganze Welt

als einen Staat, alle Acker-leitte als einen Agricola, alle Gewerbtreibenden als einen Artist,

alle Regenten als einen Philopator vereinigt denke, dann „könne

man sich wohl nicht enthalten, chm völligen Beifall zu geben" F. das System nicht sprungweise,

Natur liebt keinen Sprung" (69). gegenüber der Praxis.

sondern

allmälich

Zugleich

(6).

Auch will

eingeführl wiflen.

„Die

entschuldigt er sich gewissermaßen

Es sei doch „nützlich, daß müßige speculativische Köpfe

den in Verwaltung de- getneinen Wesen- zu sehr verwickelten Männern mit ihren

Gesetzt, eS wäre auch Manche- dar»

unschuldigen Gedanken an Handen gehen. unter Stubengelehrsamkeit,

der weise und geübte Staatsmann

Spreu vom Korn zu sondern wissen" (42).



wird schon die

Gegen Dohm'- Einwurf,

daß

nicht bloß die verzehrten Stoffe, sondern auch Eoncurrenz und Geschicklichkeit der

Arbeiter die Werthsteigerung de- Rohmaterials bedingen, meiut Fürstenau,

geschicktere Meister verzehre allerdings mehr, als der ungeschickte, höhern Preis seiner Waare voraussehend, (27).

der

da jener, den

sich mehr Bedürfniffe angewöhnt hat

Als wichtigsten Einwurf Dohm'S betrachtet F. den, eS werde ja durch die

*) Millionen Eentner Golde- können keinen Morgen Land aufwiegen, sie niemals

da

die genießbaren Materien aus sich selbst vermehren können (325).

Selbst naturwidrig und

darum schädlich

wird die Einführung

des GelkeS

ge­

nannt (330). •) Natürliche Ordnung in der Politik I, 163.

•) Versuch einer Apologie deS pH. System-

und deS Hannoverschen Magazin-. (1779.)

gegen

die Einwürfe Dohm'S

physiokratische Grundsteuer

die wohlhergebrachte Steuerfreiheit

de» Adel- und

hohen Kleru» aufgehoben, damit in den meisten Ländern die Landstände unter­

drückt und De-potie eingeführt werden.

Er seinerseits meint,

daß

auch die

Phypokratie diese Steuerfreiheiten ruhig könne sortbestehen kaffen. (49 ff.) — Im Hannover'schen Magazin war gegen F.

die Smith'sche Lehre

betont

daß die Menschen von Arbeit leben, Arbeit gegen Arbeit vertauschen rc.

worden,

F. weiß

diese» nicht ander» zu bekämpfen, al» mit dem Hinweise auf mancherlei unnütze,

ja schädliche Arbeiten, und wie andererseits manche Grundbesitzer ohne alle Arbeit lebten (56).

Für den geistig bedeutendsten unserer Physiokraten möchte ich Jacob Mauvillon (1743—1794) halten, dessen Buch über den Staat Friedrich's d. Gr. wir früher kennen gelernt haben. *) Wäh­ rend er die Merkantilisten seiner Zeit nicht unpassend Finanziers nannte, war er für Rousseau'- Emil ebenso begeistert, wie für die Phystokratie. (II, 321 fg.) Uebrigens hatte er keineswegs alle Schrif­ ten der Schule gelesen, sondern ihr System „nur aus einigen abstrahirt und dann in seine eigene Form gegossen* (202). Dieß System nun ist ihm „nicht wie ein anderes, daS seine Vortheile und Nach­ theile hat, sondern das einzig wahre; es muß, wie die Tugend, unter allen Umständen das allervortheilhafteste sein* (219). Daß die Zünfte früher einen Nutzen gehabt Haden sollten, den sie jetzt nicht mehr ha­ ben, z. B. dem Luxus zu wehren, hält er für eine Chimäre, wozu allerdings ein guter Kopf, I. Möser, den Ton angegeben (242). So ungeschichtlich ist der DoctrinaliSmuS von Mauvillon I Besonders gerne reibt er sich aber an den UniversttätSprofessoren, die verhältnißmäßig wenige bedeutende Geister in ihrer Mitte zählten. Man sollte die sämmtlichen vom Staate besoldeten Lehrer abschaffen und auf die freie Privatiudustrie verweisen: dieß würde namentlich die Lehrmethoden besser und die Wissenschaften praktisch nützlicher machen. Wenn nicht jeder gute Jurist Rechtswissenschaft, jeder gute Pfarrer Theologie lehren kann, so müssen diese Disciplinen viel Unnützes enthalten. (266. 270. 274 ff. 281.) *) Oben §. 93.

Sein Hauptwerk, da» er 1776 al» Professor der Krieg»-

baukunst am Carolinum zu Kassel schrie , ist die „Sammlung von Aufsätzen über

Gegenstände au» der Staat-kunst, Staat-wirthschaft und neueste Staatengeschichte", II Bde-, gewidmet au Dohm.

XXI.

494

Die Physiokratte in Deutschland.

„Wenn aus einem Saatkorne deren 19 werden, so ist etwas für uns hervorgebracht, was vorher gar nicht für uns da war, wogegen der

Bildhauer den Marmor nur umformt" (15).

Die Nichtproducenten

können nur durch Sparen etwas gewinnen (38).

Die bekannten drei

Dolksklassen der Physiokraten bezeichnet Mauvillon als die hervorbrin­

gende, arbeitende und besoldete (9).

Kapitalisten heißen auch bei ihm

Klaffe". (43 fg.)

Die bloß von Renten lebenden

„eine gar verderbliche und unnütze

Sehr interessant ist die Lehre von der Ueppigkeit.

Mauvillon findet solche da, wo mehr als das produit net verzehrt wird;

gute Wirthschaft, wo man weniger verzehrt, gleichgültige, wo keines von beiden. (II, 48 fg.)

Unter ganzen Völkern giebt es keine Handels­

bilanz, „da Ein- und Ausfuhr nothwendig immer gleich sind" (123).

Uebrigens gilt Mauvillon als Hauptnutzen der Gewerbefreiheit

die

große Volksvermehrung, welche daraus hervorgehen müßte (243); wie er ja auch einen großen Theil von Tucker's

Four tracte and two

BennonB übersetzt hat. 112. Während SonnenfelS leuchtet,

(1776) Grundsätze in, 125 ff.

die Physiokratie be­

weil ihr System täglich mehr Anhänger bekomme,

(1781) Berichtigungen I, 288,

Aeußerungen

versichert Pfeifer

daß wenig mehr an sie gedacht werde.

scheinen gleich sehr

übertrieben zu sein.

Beide

Mauvillon klagt 1776

bitter, wie wenig Jntereffe die Deutschen für StaatSwiffenschaft hegten, daher sie auch

„kaum einige erttägliche Schriftsteller"

in

diesem

Fache

zählten.

sei bisher in Deutschland nur von Jselin und Schlettwein,

Physiokratte

Die

vor­

trefflich, aber mit wenig Erfolg vertteten. (a. a. O., Borr.)

Die 1776 gedruckte

n. Auflage von Schlettwein'- Wichtigster Angelegenheit rc.

wird in der Allg.

deutschen Bibliothek (Anhang zu Bd. XXV-XXXVI, Abth. 4) mit den Worten

angezeigt:

Man habe schon seit 2lX) Jah­

„Noch immer Oekonomistensystem!"

ren von einer vollkommenen Festung geschrieben,

aber nie eine angelegt:

da- Terrain e- nicht zuließ, patt deffen an den alten herumgeflickt.

e- auch wohl mit den Finanzsystemen gehen

derselben Zeitschrift (LXXI, 1, S. 273)

Um 1787 heißt Schlettwein in zu welcher Verblendung

ein Beispiel,

Wenn Wichmann

(Borr. zur Nebers, de- Letro-ne,

e- sei vor Dohm's Angriffen

die Physiokratte in Sachsen ganz

Systemsucht führen kann.

1780) meint,

weil

So werde

unbekannt gewesen, so beschränkt Will dieß auf die literarischen Kreise von Leipzig, von

eigentlichen

Gegnern der Schule neben

I. Möser

und I. G.

Schlosser (unten Kap. XXII) hat I. I. Moser'- Anti-Mirabeau (1778) wenig Einfluß gewonnen.

Dohm'-

berühmte

Schrift:

Ueber da- physiokrattsche

112. Gegner: Dohm, Gtrelin. System (im Deutschen Museum 1778, II)

495

enthält doch

viele

recht priuciplose

So namentlich, daß manche Staatseinkünfte von Ausländern getragen

Einwürfe.

werden, also nicht von den einheimischen Grundbesitzern: wie -. B. die Transit­

ein Theil der Poperträge,

zölle,

ferner die Einkünfte der Domänen und vieler

Ctaat-rnonopole; was offenbar keinen Physiokraten wirklich in Verlegenheit setzen

Ebenso leicht widerlegbar ist der Einwurf,

konnte.

daß Kapitalisten, welche ihr

oder auf Gewerbe für den ausländischen Markt

Kapital in'S Ausland verliehen

verwandt haben, nicht von den einheimischen Landwirthen erhalten werden; des­

gleichen Staatsbeamte, die vom Domanium leben, die

Eigenthümer von Häusern,

nicht an Grundbesitzer oder von diesen Abhängige

Dohm

vermiethet sind.

WaS

gegen die Schwierigkeit der Reinertragsschätzung und gegen die Steuer­

erhebung einer stets gleichen Quote der. Reinerträge anführt, trifft nicht-Wesent­ Um so mehr da- oben

liches.

sowie Dohm auch gan-

(S. 492) Erwähnte;

richtig den politischen Charakter der Schule dahin bezeichnet, daß sie zugleich alle­ geschichtliche Recht zu nivelliren und den Despotismus zu fördern suche

Ein prakttsch bedeutender Gegner der Physiokrätie

(323).

ist Georg Gottfried

Strelin, deffen „Einleitung in die Lehre von den Auflagen" (Nördlingen 1778)

die Widerlegung Schlettwein'- -war mit großer Vorsicht behandett, — der verf. bittet seine Leser ausdrücklich, ihn nicht für eitel oder widerspruch-geisttg zu hal­

ten, (87 ff.) — ihm aber doch eine grundlegende Rolle zuweist. andern Seite hatte Mauvillon zugegeben,

mit dem Satze,

Auch von der

daß der Landmann

im Grunde alle Steuern allein bezahlt, stehe und falle da- ganze phystokratische System, (a. a. O, 253.)

Ein Finanzlehrer, derjenige v. d. Lith'S.

deffen Standpunkt doch schon wesentlich höher ist,

Sehr prakttsch betont er,

ganz unmöglich sei, die einmal eingeführten Steuern umzuschmelzen.

Ost würde

man sonst eine schädliche durch eine noch schädlichere ersetzen müffen. manche Abgabe in dem einen Lande nützlich,

al-

wie e- in manchen Ländern

Auch ist

im andern schädlich. (Borb.)



Unter den Erfordernissen einer guten Steuer nennt er zuerst, daß sie den Pro-

ductton-fondS nicht angreife; ander beobachte,

daß sie Gleichheit der Staat-glieder unter

die Bevölkerung

nicht hindere,

ein­

sondern wo möglich fördere,

(wobei ziemlich Sonnenfels' Ansichten vorgettagen werden);

daß sie der Hand­

lung nicht schade, (wobei da- AbschließungSsystern al- unnatürlich verdammt wird);

daß sie leicht

und ohne große Kosten zu erheben sei,

und Waarenpreise in genauem Verhältniß (wobei Stt. sehr bezweifelt,

mit dem relativen Geldnicht

unterdrücke,

den Fleiß

befördern);

den Fleiß

stehe,

daß hohe Abgaben an sich

daß sie geradezu demjenigen zur Last falle, welcher eben durch sie besteuert wer­ den soll;

daß sie ohne erheblichen Abzug wirklich in die Staat-kaffe fließe,

einem sichern,

unverfänglichen Grunde beruhe,

wo möglich

treffe; in kleinen, daher fast unmerklichen Theilen entrichtet werde.

dabei,

sind.

wenn die Steuer sich möglichst gleich bleibt,

auf

auch Fremde mit»

Gut ist e-

und keine Nachläffe nöthig

Nach diesen allgemeinen Grundsätzen werden nun die persönlichen (Abschn. 2),

die Production-- (Abschn. 3) und Lonsumtionssteuern im Einzelnen geprüft, mit

MI. Die Physiokratte in Deutschland.

496

sehr viel unparteilicher Umsicht und feinen praktischen Winken: letztere- am we­ welche der verf. praktisch am wenigsten -u

nigsten bei den TonsumtionSsteueru, kennen versichert

so auffällig

So modern hier da- Meiste klingt,

(S. 181).

sticht dagegen der Rath ab, ein wahrhaft lande-väterlicher Fürst solle zwar sei­ aber auch den Juden seinen Schutz selbst auf­

nem Judenschutzgelde entsagen,

kündigen, wegen ihrer Lande-verderblichkeit. (85 fg.) Gegen die Physiokraten erinnert Strelin,

daß ein Bauer, der 100 Malter

Korn hat, Reichthum besitzt; warum nicht auch ein anderer, der für 100 Malter

zumal sich dieser

Geld besitzt,

seine übrigen Bedürfniffe für Geld

viel leichter

Dabei leugnet er entschieden, daß

befriedigen kann, al- jener für Korn? (95.)

der Landmann die Grundsteuer auf den Preis seiner Produkte schlagen könne. E- sei hier ganz ander-,

wie bei Steuern

Borrath von Korn rc. regelmäßig größer, käufer weit größer,

al- die der Käufer.

zunehmen, ist er kaum je im Stande.

von Bedarf und Borrath ab. (153 ff.)

Der

die Zahl der Ver­

Der Landmann producirt,

zwischen Absatzörtern zu wählen,

kann;

aus ftemde Handel-waaren. al- der Bedarf;

soviel er

die -u Markt geführte Waare zurück, Darum hängt der Kornpreis

lediglich

Während die Ablösung der Mortuarien

und Laudemien empfohlen wird (118 ff.), denkt der Berf. an die kulturhemmende Wirkung de- Zehnten offenbar noch gar nicht; mit Bauban. (172 fg.)

er empfiehlt diese Abgabe sogar

Bedenklich zeitcharakteristisch ist die Warnung,

serm erleuchteten Jahrhundert"

den Eid nicht

„in un­

al- Mittel der Beamtenconttole

oder Vermögensteueranlage zu benutzen (110). Als eine Art von Abschluß dieser Entwicklung mag der

Phystokratte, Andrea-

deren Geschichte,

Will *)

Da heißt eS:

(Rürnb.

„versuch über die

Literatur, Inhalt und Werth"

1782)

gelten.

Eine

einfache,

von

Georg

gute

Schrift!

„sonderbar, daß die Lehre von der einzig möglichen Art,

Volk

und Regenten zu beglücken, eine so ganz neu erfundene Wissenschaft sein sollte!" Man habe doch gegen manche Steuern, Finanzpachten, Fruchtsperren, Frohnden, Zunftmißbräuche, Lotterien

schon längst geeifert.

Da- Neue der Physiokratte

bestehe eigentlich nur in der ganz allgemeinen und schrankenlosen HandelSfrecheit,

dem imp6t unique,

dem Reinerträge allein de- Landbaue-,

daß weder Geld liod) Gewerbfleiß

und der Meinung,

den Reichthum de- Staate- bilden.

Zieht

man hieraus die Consequenzen, so behauptet der Physiokrat, man habe ihn nicht verstanden! (Vorrede.) — Im weitern Verlaufe solcher Ansichten konnte Kröncke (1810) sagen,

daß von vielen da- Wort Physiokrat wie ein Schimpfwort ge­

braucht würde!

113. UebrigenS wurzeln einige Grundgedanke,! der Physiokratte so sehr in wesent­

lichen Eigenschaften de- menschlichen Geiste-, daß sie wohl nie ganz verschwinden

')

Will

(gestorben 1798)

bekleidete an der Altorfer Universität zugleich

die Profefluren der Geschichte, Poesie, Politik und Logik; Hauptschriststeller damals für nürnbergische Geschichte.

er war außerdem ein

körmen.

497

Strelin, Will, Krug.

IIS. 113.

Luch Leopold Krug

(1770 — 1843),

der

Leine ge­

schichtlichen Erklärungen au» älterer Zeit sind meist sehr unhistorisch: so die

obrigkeitlichen Taxen ursprünglich bloße Preisangaben

LirculattonSeinkommen,

die

(Abriß der StaatS-

Daneben lehrt er, das „echte Volkseinkommen"

ükonomie, 1808, S. 66. 71.).

sei der Ertrag de» Bodens und außerdem noch, vom Auslande her

B. daß

gewesen seien,

Wuchergesetze bloß für Proteste den Zinsfuß normirt hätten

pttal-in-

de-

früheste Vorstand

war im Grunde noch Physiokrat.

preußischen statistischen Bureau'»,

verdient wird;

besten Besteuerung

vaS an Arbeitslohn und Ka-

sei nur abgeleitetes

alle- Uebrige

bald auf jenes zurückfalle

(143).

Auch in der Lehre von der Grundsteuer legt K. bedeutendes Gewicht darauf, daß die Natur ihre Gaben umsonst verschenke (164).

Eigentlich sollte der Staat

noch immer bloß von Domänen und Grundsteuern leben, mehr noch alle indirekten Steuern abschaffen

Personal-,

wie dieß annäherungsweise in Preußen der Fall ist. l)

alle Gewerbe-

und

(120. 164. 171 ff.), Eine merkwürdige Ver­

schmelzung Stein'scher Reformideen auf dem politischen Gebiete mit den Grund­ sätzen der Physiokratie zeigt sich in dem Eifer,

neben strengen Prüfungen, meisten Fällen,

womtt Krug die Studienfreiheit

die Bureaukratte statt de» Covegialsystem-

sowie einen bedeutenden Einfluß der Landstände

in den

fordert,

aber au» den bleibend interessirten Grundbesitzern gebildet werden sollen Ein Liebling»gegenstand seine-Nachdenken- war die Arm en pflege.

will er eine Verpflichtung dazu nicht

anerkennen,

wodurch meisten-

die

(240).

Doch

nur einer

Klaffe von Reichen auf Kosten Anderer möglich gemacht werde, ihrefl Arbeitern

zu wenig Lohn zu geben.

weil sie die, in

Auch die Arbeitshäuser verwirft er,

jeder Hinsicht Vortheilhasteste, Privatnachftage nach Arbeit schmälern.

Er meint,

da- Bedürfniß der Armenpflege sei vornehmlich durch die ftüheren Eingriffe de»

Staate» in die Volk-wirthschaft, künstlichen Gewerbeschutz rc.

Sehr charakteristisch

Selbsterziehung,

für

die Zeit

(241 ff.)

bewirkt.

strammer Zusammennehmung

und

strenger

wodurch Preußen au- tiefstem Fall sich wieder aufrichtete,

die Schrift von Krug:

„Die Armenaffecuranz,

nung der Armuth au- unserer Commune", 1810 dem Könige zugeeignet.

keinen neuen Fond- schaffen,

sondern nur einen schon Vorhand nen Dazu der Einfluß der Almosen

au- einem aus pro»

letarische Volk-vermehrung, größern Leichtsinn, allgemeinere Unmündigkeit, Alle- man nur hindern könnte,

hause machte.

kommen.

Hier

„daß wir durch unsere Almosen

wird in halb dialogischer Form nachgewiesen,

Kanäle in den andern leiten" (71).

ist

da- einzige Mittel zur Verban­

wa-

wenn man den Staat zu einem großen Zucht­

Sonst würden schließlich Alle

Al- Heilmittel empfiehtt K.,

auf Rumfordsuppe und Kartoffeln

daß nur Solche heirathen dürfen,

fich mit einer Dittwenpension von 30 Thlr. einkaufen;

die

ähnlich sollen für jede»

Kind die Aufziehung-kosten versichert werden rc. — Welch ein Gegensatz zu der Karrikatur de- Kant'schen Sicherheit-principe- ,

womtt Gerstäcker (Einzig zweck-

') Vgl. Krug Ueb. den Nationalreichthum de- preuß. Staate- II, 471 ff.

515: wo selbst eine Hinneigung zu Vauban» Zehnten austritt.

Sonst ist diese»

Buch merkwürdig al- einer der ersten Versuche einer umfaffeuden Wirthschaft-statistik. Kescher, Geschichte der ÄettoeabOtteeeett te Deutschland.

32

XXL

496

Die 9ty)ftotaitie in Dentft^ldiib.

müßige Methode, da- Bettelwesen -re. zu verbannen, Leip-. 1805) die öffentliche

Armenpflege darauf -urückführt, daß die Armen innere Feinde des Staate- seien,

welche nur hi^mrch besiegt werden können! Der Tübinger Profeffor Friedrich Karl Fulda (1774—1847) steht in

seine» „Systematischen Abriß der Kameralwiffenschaften" (1802) noch ganz auf

der alte« Schablone von Oekonomie, Polizei, Finanz.

Den Physiokraten erkennt

mau bloß darin, daß hier die Urproduktion schlechtweg Production, ihre Polizei

Oekorumnepolizei heißt.

F'S. spätere Schriften

gehen

harmonistisch zu Werke:

so schon die „Ueber da- Rattonaleinkommen" (1805),

worin er nicht bloß den

höchlich bewunderten Ad. Smith, sondern auch die mereantilen Ueberschätzer der

Geldmenge und Volk-zahl mit den Physiokraten zu versöhnen bemühet ist.

überwiegt bei

ihm

der Anhänger der Physiokratte,

viele Grundwahrheiten jedoch bisher

Punkten mit Smith übereinsttmme, ganz allein aufgestellt habe.

Doch

welche in den wichttgsten

In den „Grundsätzen

der

noch

ökonomisch.polittschen

oder Kameralwiffenschaften" (1816) heißt eS: „ackerbauende Nattonen vermehren den materiellen Reichthum

materiellen Güter;

durch vermehrte Schöpfung

handeltreibende durch Gewinnste,

Nationen an sich ziehen.

Sparsamkeit

au-

der Urquelle

aller

die sie von auswärtigen

und zweckmäßige Verwendung

schöpften und gewechselten Güter unterstützt beide" (149).

der ge­

AnderSwo nennt er

„an sich fteilich jede Arbeit producttv, welche der menschlichen Gesellschaft nützlich

nachdem er vorher die Smith'sche

ist",

und die physiokrattsche Productivitäts»

lehre „in bloßer Beziehung auf materiellen Reichthum unanstößig" gefunden hat (154).

Roch 1820 erscheinen im Programm der neu gegründeten staatSwirth-

schastlichen Facultät

zu Tübingen

Staat-- und Privatdiener

die immateriellen Leistungen

zwar nicht

al- unftuchtbar,

der nützlichen

aber doch

nicht gebilligt (Grunds., 269), oder nur im bloßen Ackerbaustaate;

Eanard zugiebt,

„über jede

UebrigenS hat F. das impdt unique entweder gar

Berechnung erhaben" (58).

wie er auch

daß die Grundsteuer insoferne von Allen getragen werde,

als

sie Alle zur Einschränkung ihre- GenuffeS zwingt. (Rat.-Eink., 62 fg.)

Der „letzte Physiokrat", TheodorSchmalz'), legt in seinem Urtheile über Ad. Smith eine Verbiffenheit an den Tag, wie sie bei enthusiastischen Anhängern

einer veralteten Secte nur zu häufig gefunden wird. gleicht er mit dem Ptolemäischen Weltsysteme, nikanischen.

Ad.

Smith

sei

Den ColberttSmus ver­

die Physiokratie mit dem Coper-

gewiffermaßen der Tycho de Brahe

dazwischen,

„welcher die Gewalt der Wahrheit bei EopernikuS nicht verkennen mochte,

doch

aber theils fie nicht ganz durchschaute, theils von Borurtheil sich nicht ganz loS-

reißen konnte, theils endlich den Ruhm der Selbsterfindung und der Bereinigung

aller Parteien suchte".

Gewiß war er, wie Tycho, „ein Mann hochzuverehren­

den Geistes, seinen Anhängern aber vornehmlich deshalb lieb, weil er ihnen die

l) Geboren zu Hannover 1760, wurde Schmalz 1787 Profeffor zu Rinteln, 1789 zu Königsberg, 1802 zu Halle,

1810 erster Rector der Berliner Univer

sität und Ordinarius der Juristensacultät daselbst.

Er starb zu Berlin 1X31.

113. Fulda, Schmalz.

499

die innersten Tiefen des Schachte-

Mühe spart,

chven QueSnay'S Soldkörner

hat-

gegeben

zu befahren,

au- welchen er

System QueSnay'S

Da-

triumphiren" (StaatswirthschaftSlehre in Briefen, 1818, I, S. 244 fg.)

wohl

„ist

Ad. Smüh

die

Werth in Töpfen,

(II, 106).

Mode"

zu werden;

als baar bezahlt

da

Gleich»

Opposition gegen

Au-

es würde ihm lieber sein,

meint Schmal-,

Mercanttlisten

hält

und ist überzeugt, e- werde bald überall

Schmalz „schlechthin für einzig wahr,

die

mit 100000 Thlr.

er da- bqare Geld

erst

mühsam zu 5 Proe. unterbringen müßte, mit den Töpfen aber gleich im Topf­

handel wohl lOProc. verdienen könne (I, 257). Mit willkürlichen Zahlen wirst

er in echt physiokratischer Weise um sich. soll nur einer daS 16. Jahr erleben

Genaue Volkszählungen

Schmal- weder für möglich, noch für nöthig (Encykl., 330).

des Nationaleinkommens

was nach Abzug

Maximum der Zinsen für die Staatsschuld (E., §. 804). Berechnungen sind bezeichnend für einen Gelehrten,

bilden;

übrig bleibt,

40 Proc.

von diesen

hält

So sollen 40 Proe.

das unüberschreitbare Maximum der Steuern

der Regierungskosten

z. B.

500 Unehelichgebornen

Bon

(II, 51).

als

Derlei unpraktische

der wissenschaftlich unpro­

ductiv, doch aber gescheidt war und rührig sein wollte.

So geschickt er in seiner von Rau

nischen Theil durch Männer, so hartnäckig

Welch ein Rückschritt,

pital heißen! (Stw. I, 224.)

den tech­

überarbeiten ließ,

alle neueren Fortschritte

verschloß er sich gegen

Nationalökonomik.

hochgeschätzten Encyklopädie

wie Thaer, Hartig, Hermbstädt,

der

eigentlichen

daß nur die verliehenen Sachen Ka­

Gegen die Einbeziehung der immateriellen Güter

in die Wiffenschast hält er ein, daß man ja die Güter z. B. des Gemüthes un-

möglich besteuern könne (I, 12). Hungersnoth,

„Wahr und wahrhaftig:

welche je in der Welt gewesen,

sondern allein durch der Regierung

Wucherer,

entstanden" (II, 62).

alle Theuerung und

ist nie durch Bosheit angeblicher angeblich väterliches Borsorgen

Dabei ist S. so unwiffend, daß er einen Grad von Korn»

ausfuhr, welcher den Preis merklich vertheuern könnte, für unmöglich hält (11,63). Eine sehr eigenthümliche Färbung erhielt die Physiokratie bei Schmalz durch seine Theilnahme an der Reaction gegen die Befreiungskriege, welche ihm be»

kanntlich einen so üblen Namen als Angeber zugezogen hat.

Es ist doch gewiß

zum Theil außer Zusammenhang mit den Grundsätzen des Systems, zum Theil geradezu gegen dieselben, wenn er lehrt, der Staat solle das Legen der Bauer­

höfe, sofern es rechtlich erlaubt ist, ja nicht hindern, (II, 90 fg.),

dererseits

die Fortdauer

der Lehn-

und

Stammgüter

eifrig

während an­

vertheidigt wird.

Die Verkäuflichkeit reize doch wahrlich nicht zu Meliorationen, und der schuldenftei antretende,

an Miterben nicht herauszahlende Majoratsherr sei gerade be­

sonders zu Meliorationen geeignet.

im Munde

(II, 83 ff.)

eines Staatsrechtslehrers,

Ebenso

beftemdlich

klingt es

wenn „die Domänen in Europa überall

wahre Privatgüter der Fürsten heißen", mögen sie mit oder durch die Landes­ hoheit, oder unabhängig von ihr erworben sein"

(II, 179).

Freilich heißt eS

daneben wieder, alle Domänen sollen zur Schuldülgung verkauft werden, den Forsten

und den zum Unterhalte des fürstlichen Hauses

außer

nöthigen Gütern

32e

XXII.

600

(182).

werkes,

Die gesch. conserv. Reaction gegen bat 18. Jahrh.

Eben dahin gehört auch

die Form seine- volkswirthschaftlichen Haupt­

welche- vom Briefstil und Prinzenlehrertone doch »eitet nicht» an sich

hat, al» solche Flo-keln, wie:

»Euere Durchlaucht erlauben gnädigst, daß ich

unterthänigst au-einandersepe ic."

Ein

»allerletzter"

Rachklang

der Physiokratie

durchzieht die Werke

von

Karl Arnd, obschon dieser selbst nicht daran denkt, intphysiokratischen Systeme befangen zu sein, (Die neuere Güterlehre, 1821, S. 123 fg.

Die materiellen Grund-

lagen und sittlichen Forderungen der europäischen Kultur, 1835, 6. 195),

und

Ad. Smith geradezu den »Großmeister unserer Wissenschaft" nennt. (Brundl-, 54.) Vgl. später noch:

Steuer, 1852.

Die naturgemäße Volk»wirthschast, 1851.

Die naturgemäße

Da» System W. Roscher'» gegenüber den unwandelbaren Natur­

gesetzen der Bolkswirthschast, 1862.

Zweiund zwanzigstes Kapitel. Die geschichtlich-konservative Kenktio« gegen die Ldeen-e» 18. Jahrhundert«. 114.

So gewiß jeder plötzlichen und weitgehenden Action die entsprecheilde Reaction zu folgen pflegt, so war doch in Deutschland die Ausführung der großen Ideen, welche die zweite Hälfte deS 18. Jahr­ hunderts bewegen, Freiheit, Gleichheit, Weltbürgerlichkeit, Aufklärung rc., viel zu sehr von den Staatsgewalten selbst in die Hand genommen, und eben darum viel zu rechtzeitig und maßvoll, zum Theil sogar verspätet und ängstlich in's Werk gesetzt, als daß eine Reaction da­ gegen im Volke großen Anklailg hätte finden können. Zu Aus­ schweifungen hatte es die Action der neuen Zeit eigentlich nur auf dem Papier gebracht, in den Köpfen der Denker: eben darum be­ schränkt stch auch die Reaction fast nur auf einzelne hervorragende Schriftsteller. Die hohe Bedeutung, die Justus Möser (1720—1794) in der Entwicklungsgeschichte deutscher Historiographie') besitzt, wird zu keiner *)

Ich nenne Möser,

historischen Recht-schule.

neben seinen sonstigen Verdiensten, den Vater der

Wären I. G. Schlöffet und Hugo persönlich größer,

als er, so möchte die Sache zweifelhaft sein; nun aber treffen zeitliche Priorität

und geistige Superioritit in Möser » Person zusammen. in der Tübinger Zeitschrift, 186.>, 546 ff.

Bgl. meine Abhandlung

Zeit verkannt gewesen sein. Ebenso wenig seine klassische Würde als deutscher VolkSschriststeller, seitdem ihn Goethe im dreizehnten Buche von Wahrheit und Dichtung gefeiert hat: den „herrlichen, unvergleich­ lichen Mann, . . . von gründlichster Einsicht in die besondersten Um­ stände, ... den vollkommenen Geschästsntann, . . . dessen bewun­ dernswürdige Behandlung, . . . immer erhaben über den Gegenstand, . . . Alles erörtert, was in der bürgerlichen und sittlichen Welt vor­ geht," und der durch „Geist, Verstand, Leichtigkeit, Gewandtheit, Ge­ schmack und Charakter Goethe unendlich impontrt, sowie den größten Einfluß auf seine Jugend gehabt hat." Selbst Möser's Fragmente find von Goethe nachmals für „Goldkörner und Goldstaub" erklärt worden, „von demselben Werthe, wie reine Goldbarren, und von hö­ herem, als daS ausgemünzte Gold ist"'). Möser ist aber zugleich der größte deutsche National­ ökonom deS 18. Jahrhunderts, und von dieser bis jetzt noch wenig beachteten Seite um so mehr eines ernstlichen Studiums würdig, als seine Eigenthümlichkeit auf dem Gebiete der Volkswirthschaftslehre grißtentheils mit allgemeinen Charakterzügen der deutschen Nation zusammenfällt, die von uns nie, ohne Verlust unserer natio­ nalen Größe, ja Existenz, völlig können aufgegeben werden. Ein Sy­ stem freilich der Nationalikonomik hat Möser nicht verfaßt. Er ge­ hört zu den vielen bedeutenden Fragmentisten seiner Zeit'). Wir müssen seine Lehre zusammenstellen theilweise auS seiner Osnabrücki­ schen Geschichte (1765), ganz besonders aber aus jener herrlichen Sammlung kleiner Aufsätze, die seit 1774 unter dem Titel: „Patriotische Phantasten" erschien, von Goethe mit Recht als „ein wahrhaftes Ganzes" bezeichnet'"). Möser's Bedeutung als Natioualökonom beruhet vornehmlich auf folgenden drei Eigenthümlichkeiten. ’) Kunst und Alterthum IV, 2, S. 130 vom Jahr 1823.

*) Sturz, Lichtenberg, Hamann, Merck, Jacobi, Lessing, Herder u. A.I

’) Ursprünglich versaßt ist der früheste dieser Sufsäh« im Jahr 1746, späteste 1791;

an,

die große Mehrzahl aber

wo sie in dem von Möser 1767 bi» 1782

tckligenzblatte zuerst erschienen.

der

gehört der Zeit von 1766 bis 1780

geleiteten Oönabrückischen In»

MIT. Die gesch. confet». Reaction gegen bei 18. Jahrh

502

Er gehört zu denWenigen, die gleichmäßig für daSHohe,

so zu sagen Vornehme und für das Alltägliche, Ordinäre deS Volkslebens Interesse und Verständniß besitzen. Man sieht dieß,

wenn er bald in ebenbürtigster Weise mit Denkern wie Kant und Rousseau über Grundsätze ihrer Wissenschaft streitet, oder Heldenge­

stalten wie Karl d. Gr. schildert, bald wieder auf's Eingehendste zeigt,

wie viel der Historiker aus einer alten Weinrechnung zu lernen ver­

möge ‘). Es macht Epoche, wie Möser von Edelleuten und Beamten, von Bauern und Handwerkern, von Leibeigenen und Heuerlingen bis ins kleinste Detail ihrer Wirthschaft hinein redet, von Plaggenhieb

und Schweinehut, von Dreschtenne und Spinnstube, von Kaffeetrinken,

Putz und Tanz, von Ehe und Kinderzucht, von Proceßführung und Schulden, von Steckbriefen und Zntelligenzblättern, kurz von all' den

tausend „Kleinigkeiten," die zusammen den Begriff des häuslichen und bürgerlichen Lebens füllen; aber stets mit geistvollem Durchblicke auf

das Volksleben im Ganzen. Um das Verdienst der Neuerung zu wür­ digen, die Möser damit in der Wissenschaft einführte, (in der Poesie

durch Haller's Alpen vorbereitet: 1729), darf man nicht vergeffen, wie fast ausschließlich die deutschen Historiker zunächst vor ihm mit

Haupt- und Staatsactionen, Kriegen, Hofgeschichten, Reichstagsver­ handlungen, allenfalls noch literarisch hervorragenden Erscheinungen

beschäftigt waren.

Auch die Nationalökonomen hatten sich fast nur

um Dinge bekümmert,

welche vornehm den Staat im Ganzen,

die

Regierung angingen: um Finanzen, Aus- und Einfuhr, Münzwesen rc.;

während dasjenige, was nur tief in das Wohl und Wehe der Ein­ zelnen

einzugreifen schien, vernachläffigt wurde.

Es liegt auf der

Hand, wie oberflächlich jede solche Nationalökonomik sein mußte!

Mit dem Vorigen hängt es zusammen, daß Möser ein warmer Freund und tiefer Kenner des Dolksthümlichen war: das Wort

Volk doppelsinnig verstanden,

sowohl im Sinne bloß der niederen

Klaffen, als auch im Sinne der ganzen Nation.

Wie er früh schon

den von Gottsched feierlich abgeschafften Harlekin vertheidigt, ja selbst sich poetisch ans diesem Felde versucht hatte'), so empfiehlt er noch in ') P. Ph. I, 8. - ') Werke, Bd. IX.

606

114. VWsrr.

der Zeit seiner vollsten praktischen Reife (1771) für den Verkehr der

Kaufleute und Bauern den uralt populären Kerbstock'). zutage sind daran gewöhnt, namentlich seit I. Grimm,

Wir heut­

in den un­

scheinbarsten Dorfgewohnheiten, den einfachsten Kindermärchen, ja in den Zügen deS VolksaberglaubenS

schastlicher Forschung zu erblicken.

werthvolle Materialien wiffeu-

Zu Möser's Zeit war das eine

große Neuerung, welche dem klastisch, juristisch und politisch so hoch­

gebildeten Manne gewiß von manchem steif gelehrten Akademiker, man­ chem höfisch raffinirten Salonmenschen gründlichst verdacht wurde. Ist

doch z. B. Herder's Entdeckung, wie viel Gold echter Poeste Volksliedern verborgen liegt,

in sog.

erst in den Jahren 1773 („Don deut­

scher Art und Kunst") und 1778 („Stimmen der Völker in Liedern") vor das große Publicum getreten. Auch Möser kann nur allmälich zu dieser Einsicht gekommen sein, da sich in seinen ersten Schriften der französische und Gottschedische Einfluß deutlich genug zeigen. — Zu­

gleich aber sind alle Hauptschriften Möser's mit ihrem ganz deutschnationalen Inhalte ein thatsächlicher Protest gegen die vorherrschende

Ausländerei jener Zeit, und verdienen insofern einen Platz dicht neben Lesting's Werken. In derselben Richtung hat ihn sein« würdige Ver­

theidigung der deutschen Literatur gegen Friedrich d. Gr. mit Recht zum Liebling der verschiedensten literarischen Parteien gemacht, eines

Nicolai wie eines Goethe. Durch beiderlei Arten der Volksthümlichkeit aber wußte Möser

als Nationalökonom zwei Klippe» zu vermeiden, woran so viele An­

dere gescheitert sind:

einmal jenen abstractrn Kosmopolitismus, der

von den einzelnen Völkern, und eben damit von der lebendigen Wirk­

lichkeit überhaupt absteht; dann aber auch jenen Mammonismus, der über den Sachgütern das Menschenglück vergißt, und deshalb in der Regel die wenigen Reichen auf Kosten der vielen Aermeren begün­

stigt. Beides Unarten, wozu das 18. Jahrhundert besonders hinneigte, die frühere Hälfte desselben mehr zum Mammonismus,

die spätere

mehr zum Kosmopolitismus.

Endlich ist Möser einer der größten Meister historischer Me-

•) P. Ph. H, 28.

504

XXII. Die gesch. confer». Reaction gegen da» 18. Jahrh,

thode.

Apodiktische Urtheile zu fällen, hat er nie geliebt; wie er

denn selber gesteht, daß er sehr ungern als Richter, sehr gern dage­

gen als Advocat gearbeitet habe **). worin er seine Ansichten erörtert,

Aufsätze, um in

Eine der beliebtesten Formen, ist die Gegenüberstellung

dem Einen das Pro, im Andern

desselben Gegenstandes zu entwickeln.

zweier

das Contra

Es erinnert dieß einigermaßen

an die Reden und Gegenreden des Thukydides,

wobei man es frei­

lich mitunter nicht ganz leicht findet, Möser's eigene Ansicht zu for-

muliren. Don der Philosophie hat er niemals viel gehalten. Er stellt ihr die „Praxis" entgegen, „welche so gern die kürzesten Wege wählt,

den schlichten Menschenverstand," den er für sich in Anspruch nimmt. Aber echt historisch setzt er hinzu:

„Wenn ich auf eine alte Sitte

oder Gewohnheit stoße, die sich mit den Schlüssen der Neueren durch­

aus nicht reimen will, so gehe ich mit dem Gedanken, die Alten sind doch auch

keine Narren gewesen,

so lange darum her,

bis ich eine

vernünftige Ursache davon finde; und gebe dann (jedoch nicht immer)

den Neueren allen Spott zurück, womit sie das Alterthum und die­ jenigen, welche an dessen Vorurtheilen kleben, oft ohne alle Kenntniß zu demüthigen gesucht haben"').

Der echte Historiker, der nicht bloß in der Gegenwart, sondern

zugleich in der Vergangenheit lebt, wird gegen die Einseitigkeiten sei­

nes Zeitalters immer in einer gewissen Opposition stehen.

Er wird

namentlich herrschenden Dorurtheilen, die sich aus bloßer Unkenntniß anderer Verhältnisse und Meinungen für selbstverständliche Wahrheit

ausgeben, zu widersprechen lieben. Dieß hat sich bei Möser zu einem

förmlichen Widerspruchsgeiste gegen daS 18. Jahrhundert entwickelt, der fast bei allen Neuerungen seiner Zeit viel mehr die Schattenseite hervorhebt, als die Lichtseite oder auch nur die Unvermeidlichkeit deS

Neuen. Manche seiner paradoxen Behauptungen sind nicht im Ernste

gemeint, rühren vielmehr von seiner Schalkhaftigkeit •), wohl gar von

einer bestimmten praktischen Absicht her,

um gewisse Dinge eben in

*) vgl. da» Leben Mdser'» von Fr. Nicolai, S. 2b der Abekrn'sche» Au», gäbe der Werke, nach der ich immer citire. *) P. PH. V, 38. — *) So z. B. Patr. Phant. II, 67 oder gar 70.

506

114. Möser.

dieser Form leichter durchzusetzen'). Aber es bleibt immer noch genug

wirkliche Opposition gegen den Zeitgeist übrig, waS sich zum Theil aus dem besonders doctrinären

und geschichtswidrigen

Sinne eben des 18. Jahrhunderts erklärt, zum Theil aber auch eine

rein persönliche Sonderbarkeit ist. Der Hauptgefahr jeder historischen Methode, Altes, besten relative, seinerzeitige Berechtigung man be­ greift und vertheidigt, nun auch für ganz andere Zeiten und Um­

stände festzuhalten, ist auch Möser vielfach erlegen., — Aber was ihn

hoch emporhebt über die Schaar der gewöhnlichen Conservativen oder gar Reactionäre, das ist der geniale Blick, womit er aus den er­

klärten und zur Wiederherstellung empfohlenen Instituten des Mittel­ alters gewöhnlich die Punkte herausnimmt und besonders accentuirt, die in der That auferstehungsfähig waren und die Zukunft für sich

hatten. So viele bedeutsame Reformen der letzten hundert Jahre, auf

politischem wie auf wirthschaftlichem Gebiete, bestehen wesentlich in einer zeitgemäß verjüngenden Wiederherstellung uralter Dinge, welche

theils in der Ritterzrit, theils auch noch später in der Zeit des mon­ archischen Absolutismus abgeschafft worden waren.

oft geradezu prophetisch.

Hier ist Möser

Daher macht sein Widerwille gegen das

Meiste, was die Zeitgenosten als Fortschritt ansahen,

auch durchaus

nicht den Eindruck grämlichen Alters. In der Regel bekämpft er die Gleichheitsideen im Interesse der Freiheit und dient somit der Ent­

wicklung, indem er ste zwingt, sich allseitig zu vollziehen und in ihren

Wurzeln zu vertiefen.

Eine schöne Vereinigung des echt Historischen

mit dem echt Praktischen, des echt Conservativen mit dem echt Pro­

gressiven ! 115.

Auf politischem Gebiete

ist Möser der entschiedenste Feind

des zu seiner Zeit so unendlich beliedtenGeneralisirens und Cen­ tralis irr ns.

Wie er bei der Armen-, speciell Findlingspflege den

Grundsatz einschärft: Jeder zahle seine Zeche (II, 38); so verlangt er

überhaupt, daß jedes Städtchen seine besondere Verfaffung haben soll. ') Worüber sich die Borerinnerung zum III. Band« der P. Ph. deutlich ausspricht.

XXn. Sie gesch. conserv. Reaction gegen da» 18. Jahrh.

606

(HI, 20.) „Die herrschende Mode der allgemeinen Gesetzbücher" kann ihn

nur mit gerechtem Mißtrauen erfüllen." (11,1.) „Wir entfernen uns dadurch von dem wahren Plane der Natur, die ihren Reichthum in-der

Mannichfaltigkeit zeigt, und bahnen den Weg zum Despotismus, der Alles nach wenig Regeln zwingen will" (II, 2).

Die Theorie der

allgemeinen Menschenrechte, „welche mit einem falschen philosophischen

Auge an jedem Menschen

gleiche Würde und gleiche Rechte

und den Menschen vor dem Angesichte Gottes,

vor dem

erblickt

wir Alle

gleich sind, mit dem Menschen außer diesem Verhältniß verwechselt,

beraubt jeden Landeseingesessenen von aller seiner Würde, die er aus

dem ursprünglichen Verein hatte, und erhebt allein den Regenten so­ viel höher" (H, 1).

So glaubt Möser auch, daß die neuere rationa-

lisirende Rechtswissenschaft, die statt der Anführung von Gewährs-

männern bloß mit Vernunftgründen

argumentirt, „gewiß zur Skla­

verei führe." (I, 22.) *) Ebenso wenig theilt er die Abneigung seiner

gebildeten Zeitge­

nossen gegen Vorurtheile, die man im 18. Jahrhundert viel zu unbesehends mit falschen Urtheilen verwechselte.

z. B. sollen

In der Erziehung

nicht bloß die Vernunftgründe für die Jugend

benutzt

werden, sondern auch-die Ehrliebe, überhaupt die Empfindungen und Leidenschaften der Menschen. (II, 69.) Möser ist gegen das spielende

Unterrichten der Kinder, wobei nur süßes Gewäsch, leichte Phanta­ sien unb leerer Dunst herauskommen.

soweit es ohne Nachtheil

Die Knaben

ihrer Leibes-

sollen vielmehr,

und Seelenkräfte geschehen

kann, zu eisernem Fleiße erzogen werden. (III, 33.)2). Dagegen weiß er einer Menge von mittelalterlichen Verhältnissen, welche der moderne Zeitgeist verabscheut,

zugewinnen. worin

Die Zeiten des

historisch eine Lichtseite ab­

Faust rechts nennt er „diejenigen,

unsere Nation das größte Gefühl der Ehre, die mehrste kör­

perliche Tugend und eine eigene Nationalgröße gezeigt hat: ein Kunst­ werk des höchsten Stils."

Die einzelnen Räubereien, welche damals,

*) Die angeführten Aufsätze rühren bereit» au» den Jahren 1772 und 1773 her. *) Dieser Aufsatz datirt au» dem Jahre 1776, während Basedow'» Ele­ mentarwerk 1774 erschienen war.

115. Itos«. wo jeder Mensch daS Recht

607

des Krieges hatte, zufällig mit unter­

liefen, find Nichts im Vergleich der Verwüstungen, die unsere heuti­ gen Kriege anrichten (I, 54).

— Ebenso warm fühlt Möser für die

Standesunterschiede, wobei er stchübrigens sehr bestimmt gegen

einen zahlreichen armen Adel ausspricht, des englischen Adelsrechtes empfiehlt. 1777 und 80.)

und deshalb Nachahmung

(IV, 52. 55: aus den Jahren

Wie er den alten Adel höher schätzt, als den neuen,

zumal im Vergleiche mit Geldprotzen,

die ihr Vermögen bloß ererbt

haben (IV, 57); wie er einen fundamentalen Unterschied macht zwi­ schen Grundeigenthümern,

als

„Besitzern

der Staatsactien,"

und

Menschen ohne Actie, die ursprüglich unfrei waren (III, 63): so will er auch innerhalb des Bürger- und Bauernstandes eine Menge fester Abstufungen beibehalten. (I, 24.)

Selbst die Advocaten möchte er zu

einer besondern Corporation vereinigen. (I, 50.) die Standesgerichte,

Dabei empfiehlt er

daß folglich bei Streitigkeiten nicht „ein Ge­

lehrter, der den Parteien so wenig ebenbürtig als Genoß ist,

sage,

den Fall verordnet haben, sondern ein

eben­

was dir Gesetze aus

bürtiger und grnosser Mann nach seinem Gutdünken sage, wie es sein soll." (I, 51.)

Offenbar eine Vorahnung unserer heutigen Handels­

gerichte, Gewerbegerichte tu Das Beam tenwesen seiner Zeit gefällt Möser gar nicht.

Oft kommen Klagen vor, wie sehr neuerdings der Dienst, zumal Fürsteudienst, über die selbständige Freiheit gehr.

(I, 24.)')

Von

der ausgebildeten Amtshierarchie und künstlichen Controle der Be­ amten, worauf man damals so großen Werth legte, erwartet Möser

kein Heil. „Ein Fürst, der Alles selbst sehen und missen will,

ist in

meinen Augen ein Mann, der, um einen Fuchs zu fangen, mit zehn­

tausend Unterthanen ein Treibjagen anslellt.

Ich dächte,

man ließe

dem Fuchse ein Huhn, und stellte das Treibjagen ein." (11,68.) Da­ gegen klingt es wieder sehr auffällig,

wenn er schwere Bedenken er­

hebt gegen die Beförderung nach bloßem Verdienste. Wo durchschnitt') Freilich war auch in der Uebergang»periode von der Gemeinfreiheit zmn Ritterthum etwa- Aehnliche- vorgekommen. Indessen gilt bei Möser durchweg nur da- frühere Mittelalt«, etwa bi» auf Karl d. Br., al» die eigentlich gol­ dene Zeit.

606

XXII. Die gesch. confer». Reaction gegen da- 18. Jahrh,

ltchr Menschen regieren und dienen ‘), da seien immer Geburt, Alter

und Dienstalter noch die sicherste und am wenigsten beleidigende Regel zu Beförderungen. (II, 40.)

Ebenso findet er bei den grausamen

Criminalstrafen der Vorzeit, wo der Staat nicht lediglich aus „Aktio­

nären" besteht, principiell nichts zu erinnern. Die Folge unserer gri durch

Suspension der Branntweinbrennerei zu wehren, ist nur einer Kreis­ vereinigung möglich (I, 64. II, 30).

Man sollte aber in vielen Din­

gen noch höher hinauf gehen, bi« an'S Reich. „Es ist jetzt kein Reich

524

XXII. Die gesch. conserv. Reaction gegen da»-18. Jahrh,

in der Wett, das nicht ein gewisses System hat, nach welchem Ein­ und Ausfuhr nach den inneren Bedürfnissen des Staates entweder gehindert oder gehoben wird. Deutschland allein ist ein offenes Reich, das von allen seinen Nachbarn durch die Handlung geplündert wird, und in welchem das Jntereffe aller Seehäfen mit dem Interesse des innern Landes auf das offenbarste streitet. Kein einzelner Staat kann hierin für sich eine große Aenderung machen, ohne den Handel, der bisher den Weg durch seine Straßen genommen, seinen lauernden Nach­ baren zuzuwenden." (II, 74. DI, 50.) Auch das Institut der Frrimeisterei, das gegen die Mißbräuche der Zunftprivilegien so wirksam ist, kann nur von Reichswegen, so wie in Frankreich, ordentlich ent­ wickelt werden. (I, 32.) Selbst an eine deutsche Kriegsflotte denkt Möser, wie denn überhaupt die zeitgemäße Wiederherstellung der alten Hansa wenigstens dazu dienen soll, die Seemächte von der Erwerbung zahlloser Monopolien auf unsere Kosten abzuhalten. (I, 43.) Uebrigens ist es charakteristisch, daß Möser die etwanige Abneigung der Territorialgewalten gegen eine solche Centralisation damit zu be­ schwichtigen sucht, jeder Reichsstand sei nunmehr wirklich völliger Herr in seinem Lande; keiner also habe zu besorgen, wenn er durch freiwillige Vereinbarung mit seinen Kreisgenossen seiner Machtvollkommenheit einige Schranken setzt, daß ihm solches als eine neue Unterwürfigkeit gegen Kaiser und Reich werde angerechnet werden. (I, 64.) 119. Zm Handel ist Möser natürlich ein warmer Freund der han­ seatischen Grundsätze. Ueberaus großartig stellt er die deutsche Ge­ schichte als einen Kampf dar zwischen den Territorialgewalten und der Handlung, welcher nicht, wie in England, durch ein Reichsparlnment geschlichtet worden, vielmehr mit dem Siege der Landesherren geendigt habe. (I, 43 > Daher der gerechte Borwurf, die deutsche Di­ plomatie habe für den deutschen Handel so gut wie gar Nichts ge­ than. Als einigen Ersatz hierfür empfiehlt schon Möser ein Pionieren der Privatkaufleute, wie es neuerdings mit glänzendem Erfolge z. B. die Bremer getrieben haben. (I, 2.) Die »Trostgründe beim zunehmenden Mangel deS Geldes," mit

119.

Möser.

525

der Unterschrift: Johann Jacob . . . versehen, enthalten eine geist­

reiche Zusammenstellung aller Schattenseiten deS Geldes. Erst nach

dessen Erfindung sei jede übermäßige Centralistrung, Schätzesammeln, hohe Steuern,

stehend« Heere möglich geworden;

ebenso Geiz

und

Verschwendung, lange Processe und Kriege, tief gehende Standesverschiedenheiten ohne entsprechendell persönlichen Grund, Verschuldun­

gen rc.

„Wie mäßig, wie ruhig, wie sicher werden wir leben, wenn

wir ohne Geld Alles wieder mit Korn bezahlen können!*

(I, 28.)

Freilich erhellt der ironische Charakter dieser ganzen Erörterung aus der später beigefügten Nachschrift: „Ich hoffe, meine Leser werden dem

Sophisten zu Gefallen,

wenn sie auch

dessen Gründe nicht beant­

worten können, keinen Kreuzer wegwerfen.

Ich wünsche aber auch,

daß sie die Declamationen der Freigeister unserer Zeit gegen die Grundwahrheiten der Religion und Moral mit einer gleichen Wir­ kung lesen mögen."

Auch ist Möser bei aller

sonstigen Abneigung

wider das Generalisiren der Ansicht, daß sich „vielleicht wesentliche

Theile der Polizei, als Münzen und Maße, zu einer Gleichförmigkeit bringen ließen, so groß und mannichfaltig auch die Schwierigkeiten sind, welche hier dem Auge des theoretischen Projektenmachers entwischen* (11,2).

Möser's Vorliebe für Standesunterschiede zeigt sich auf dem Gebiete des Handels in der scharfen Gränze, die er zwischen Kaufmann und Krämer zieht. Während der Krämer nach den Hand­

werkern rangiren und von qllen höheren Ehrenstellen ausgeschlossen sein soll, dürfen die Ehre deS Kaufmanns nur Solche genießen, die

für eine bestimmte Summe einheimische Produkte jährlich außer Lan­

des absetzen, oder einheimische Fabrikanten mit Rohstoff versehen, oder auch

sonst einen großen Handel von Außen nach

(II, 37.)

Außen treiben.

Die Gebundenheit des ältern Handels an Corporatio-

neu ist Möser gleichfalls theuer. Vortrefflich erklärt er die Einrich­ tung der mittelalterlichen Handelscompagnien, mit ihren Convoys,

ihren Stapelplätzen, überhaupt ihren Privilegien, aus dem Bedürfniffe

der Sicherheit. (III, 50,)

Aber auch seinerzeit möchte er z. B. die

Beziehung guten Kleesamens oder auswärtigen Getreides am liebsten Actiengesellschaften nach Art der englischen oder holländischen Ost-

indien-Compagnie anvertrauen. (I, 6. 52.)

Selbst das Jus al bi-

XXII. Die gesch. conserv. Reaction gegen da» 18. Jahrh,

626

nagii findet er unter mittelalterlichen Verhältnissen „in der höchsten

Billigkeit beruhend." (EU, 67.)

Die unbedingte Aufhebung desselben

in Frankreich 1790, selbst gegen Länder, welche nicht Reciprocität ge­ währen, scheint ihm eine große Thorheit. (V, 48.)

Außerordentlich

schön und tief in die Zustände halb entwickelter Volkswirthschaften ein­

dringend ist die Klage wider die Packenträger, die Schutzrede für sie und das Endurtheil darüber (I, 36 ff ),

welches dahin geht, daß

Ausländer bloß auf den Jahrmärkten ganz frei, sonst aber nur mit

den

in ihrer Heimath

dürfen *)•

sollten haustreu

selbst verfertigten Waaren

Ebenso wichtig ist das Pro und Contra der Wochen Märkte

(II, 57), wobei aus der Klage, daß solche Märkte die Selbständigkeit der Haushaltungen untergraben, der allgemeine Widerwille Möser's gegen

die höheren Formen des Verkehrs und der Arbeitstheilung hervorblickt.

Etwas zweideutig ist der Eindruck, welchen Möser's Anempfeh­ lung des nur extensiven Straßenbaues macht. (II,65.) Er warnt

davor,

wenn in kleinen und verkehrsarmen Ländern gar zu viele

Dorfwege für Heerstraßen erklärt und diese alsdann gar zu gut, d. h. zu kostspielig eingerichtet werden.

Hier sollte man nur im Frühjahr

und Herbst die nöthige Flickung vornehmen, dagegen im Sommer auf

die Trockenheit, im Winter auf den Frost rechnen. gar nicht unräthlich, in Gegenden, wo

Striche zu den Wegen

Hier sei es auch

nichts als Haide ist, breite

ungebaut liegen zu lassen,

damit man die

Spur desto öfter versetzen und sich von der Unterhaltung eines eige­

nen Weges befreien könne.

„Freilich ist ein Palast besser, als eine

Strohhütte; aber doch, wenn er auf einem Ballerhofe steht, und von demselben in Dach und Fach erhalten werden muß, mag er auch leicht

für ein ewiges Denkmal der Unbesonnenheit gelten." — Erwägt man,

daß noch A. Pouug 1787/9 von Frankreich sagen konnte, wo ich präch­ tige Brücken und Straße» finde und dabei Städte, deren schlechte Gasthöfe die Geringfügigkeit des Verkehrs bezeugen, da beklage ich

immer die Verkehrtheit und Despotie der Regierung;

so wird man

die Zweckmäßigkeit solcher Warnung für gewisse Fälle nicht bestresten.

Ob indeß zu einer Zeit, wo Maria Theresia das österreichische Eom-

*) Also nach Analogie der englischen Ravigation-acte.

Möser, Strube.

119. 120.

527

municationssystem zum ersten Deutschlands erhob, das so dicht be­ völkerte Osnabrück in dieser Hinstcht mehr des Zügels bedurft habe, als des Spornes, mag billig dahin gestellt bleiben. Finanzielle Fragen hat Möser im Detail sehr wenig erörtert. Dieß mag

damit Zusammenhängen, daß

wenigsten- in

Deutschland,

im Finanzwesen Theorie und Praxis keine

erheblichen Neuerungen

seiner Zeit,

versuchten und eben

deshalb für Möser'- historischen Widerspruchsgeist nicht viel Anziehungskraft besaßen.

den Kaffeehandel zum Regal

Sein Vorschlag,

zu machen,

sowohl aus

finanziellen, wie auS wirthschaftSpolizeilichen Gründen (III, 46), bildet ein prak­ tische- Seitenstück

zu der spätern Politik Friedrich'- d. Gr.

Im Ganzen wird

man übrigen- schon erwarten können, daß Möser dem Regalsysteme rade seiner Zeit so viele wurden^, vollständig an.

der

vorhandenen Spielsucht der Menschen

einmal

nicht

allzu

So erkennt er z. B. die Schädlichkeit der Lotterien, deren ge-

günstig gewesen.

Bestiedigung-mittel zu Bordelle erinnert.

verhüten,

Er gestattet sie aber, um bei wenigsten- noch

er ausdrücklich

wobei

schlimmere

an die Analogie der

Den Grttag der Lotterien nröchte er für wohlthättge Zwecke,

für die eS noch keine regelmäßigen Deckung-mittel giebt, verwandt wiffen (I, 27),

wie dieß

im Anfänge de-

Lotteriewesens,

namentlich im

Jahrhundert,

16.

regelmäßig der Fall war.

120. ist nicht- lehr­

Um die Charakteristik eine- großen Manne- zu ergänzen,

reicher, al- wenn man dieselben Richtungen, denen er gefolgt, nun auch bei an­

deren, schwächeren Zettgenoffen aufweiset. In diesem Sinne mögen zum Schluffe einige Geistesverwandte Möser'- für ihn selbst

unsere- Kapitel-

gleichsam die

Folie bilden. David Georg Strube (1694—1775) ist da- Haupt jener gelehrt-prakti-

schen Juristengruppe, welche Hannover hundert zum

in

bietet

klastischen

seinen

(1742 — 1765)

zwei

Boden

(statt ftüher KursachsenS) im 18. Jahr­

deutschen

ParttcularrechtS

großen Sammlungen

und Rechtliche Bedenken

kleiner

(1761—1777)

gemacht

Aufsätze:

hat.

mehr als einen

gleichspunkt dar mit den patriottschen Phantasien Möser'S.

Gr

Nebenstunden

Ver­

Ohne viel historische

Gelehrsamkeit, trifft Strube doch in seiner Ansicht von älteren Dingen meist daS

Richtige: so z B. vom Ursprünge der Zehnten, der Braugerechttgkeiten rc. Dabei hat er eine ähnliche Neigung, wie Möser,

Bestehenden, zu

seiner Zett Jagd,

Sehr entschieden bekämpft er die

beliebte absoluttstische Ausdehnung deS

in der Steinkohlengewinnung re.

Annahme,

zur Erhaltung deS guten Kerne- im

mäßigen Reformen u. f. w.

daS

Schäfereirecht

sei aus

Regalbegriffes:

(R. B. II, Nr. 77.)

landesherrlicher

so in der

Er verwirft die

Verleihung

entstanden

(R. B. IV, 117), oder alle- unbebaute Land dem Staate Vorbehalten. (R. B. ') Eine Wochenschrift: »Lottologie oder krttische Beittäge zur Lotterielehre-

(1770 und 1771) hat im I. Baude sogar zwei Auflagen erlebt!

XXIL Die gesch. conserv. Reaction gegen da- 18. Jahrh.

528

IV, 109.) Sein Eifer -u Gunsten der Vauerhöfe gegenüber Linde-portionen rc. erinnert oft an Möser. (R. B. II, 92.) lungen nicht der Name,

Sehr gut wird gezeigt, daß bei Zah­

sondern der Metallwerth

Empfänger deshalb nicht nöthig hat, sich unmäßig

der Münze entscheidet, der viel Scheidemünze

zu laffen. (R. B. II, 21.) Aber Alle- nur rein juristisch! Möser durch den Mangel

der Formschönheit, überhaupt Mangel de- Genie-

unterscheidet, so fehlt ihm auch ganz,

wirthschastliche Ton.

gefallen

Wie Strube sich von

wa- bei Möser so wichtig ist,

der Volk-«

Seine Nationalökonomik beschränkt sich auf einige dürftige,

platt merkantilistische Ansichten vom Gelde. (N. St. III, Abh. 19, S. 308. 321.) Bon geistig feinerem St-ffe war Io hann G e org Schl o ss er (1739—1799),

der häufig al- Gründer der historischen Recht-schule genannte Schwager Goethe'-. Auch er erinnert vielfach an Möser;

nur ist

bei Weitem

sein Conservatismus

grämlicher, minder speciell und aus beiderlei Gründen viel weniger praktisch. Für unsern Zweck besonder- lehrreich sind die Aufsätze,

die er in der Zeitschrift de-

Physiokraten Jselin: Ephemeriden der Menschheit, veröffentlicht hat.

Da wendet er z. B. gegen Basedow ein:

wer nicht ebenso gut, weise und

rein ist, überhaupt nicht dieselben Tugenden besitzt, wie Sokrate-, der wage nie, sich der sokratischen Methode zu bedienen. (1776, XII, Geboren zu Freiburg im BreiSgau 1775, wurde er schon 1798 daselbst

Professor der Geschichte, 1818 Professor de» Lernunftrecht» und der Staat»wifsenschaften. Seine Thättgkeit auf dem badischen Landtage begann 1819, nnd wurde am bedeutendsten seit 1831. Er starb 1840. •) Lehrbuch IV, 28.

XXXI. Ser oppositionell« Liberali»mu» «ach dar Befreiungskriegen

826

wird, sondern ganz allgemein: da man, abgesehen von der Wirthschaft des Staates, nur von Einzelwirthschaften reden könne. (IV, 21 ff.)

Ein Irrthum,

organische

der nicht bloß Unfähigkeit bezeugt, das

Ganze der Dolkswirthschaft zu begreifen,

sondern auch in der Regel

mit dem Mangel des tiefern wissenschaftlichen Interesses

für diesen

Gegenstand zusammenhängt. *) Um so mehr steht im Vordergründe bei Rotteck die rechtliche Seite

wobei er jedoch nicht an das historische Recht denkt,

der Wirthschaft,

das in seinem Ursprünge meist geradezu rechtswidrig sei, durch Rechts­

geschaffen, durch Gewalt

blinden Zufall

unkunde, RrchtSverachtung,

sondern an ein ewiges, für alle Zeiten und

geltend gemacht (I, 62),

Völker gleiches (I, 64) Dernunf trecht, dessen oberstem Grundsätze,

Freiheit und Gleichheit, niemals derogirt werden könne.

Der Kamps

zwischen diesem Drrnunftrechte und dem historischen Rechte, bester Un­ rechte, bildet das Hauptintrreffe der ganzen Weltgeschichte.

Darum legt Rotteck im Verkehr der Völker unter einander großes

Gewicht auf das System „kosmopolitischer Pflichten", welches z. B. unbedingt fordert,

daß unsere natürlichen Wafferstraßen von

Fremden, zumal Einwohnern des übrigen Gebietes derselben Wafferstraße, ebenso frei benutzt werden können,

wie von uns selbst. (IV,

201. 270. 359.) Ungleich bedeutender ist die Rotteckstche Steuertheorie.

Auch

hier wird der nationalökonomisch wichtigste und schwierigste Punkt,

die Lehre von der Steuerabwälzung, mit sehr geringem Jntereffe be­

handelt (IV, 343);

steuerung gefragt.

desto mehr aber nach dem Rechtsgrunde der Be­

Unser Verfaster,

dem alle« Organische so fremd

ist, daß er z. B. das Aelternrecht nur aus einer Art von Eigenthum

•)

Eine sehr schärft,

doch in negativer Hinsicht nicht ungerechte Kritik der

Rotteck'schenEtaatSwirthschaftSlehre hat Hermann in den Münchener 0. L. I, b? ff. geliefert.

Hier wird Rotteck vorgeworfen,

daß er kein seit 1830 erschie­

nenes Fachbuch kenne, ganz unklare Begriffe vom Einkommen habe,

mit den bezogenen Geldsummen

identisch glaubt;

daß er überall

welche» er

in de» Auf.

ftffimgen de» gemeinen Leben» stecken geblieben sei und oberflüchlich genug deuke,

um bei der Berechnung de» Bolttrinkommen» die

wechselseitigen Forderungen

und Schuldigkeiten der Bürger gar nicht mitzubuchen.

an den Kindern zu erklären weiß (I, 304), verwirft entschieden den Grundsatz, jeder Staatsangehörige steuert nach Maßgabe seines Ver­ mögens oder Einkommens. Zahlungsfähigkeit ist durchaus nicht gleich­ bedeutend mit Zahlungspslichtigkrit, abgesehen von Nothfällen, die in freier Sittlichkeit bekämpft werden. Jener Grundsatz würde bei conseqrenter Durchführung alles Eigenthumsrecht aufheben. Denn wer 100000 Thlr. Einkommen hat und davon die Hälfte als Steuer ge­ zahlt hätte, würde immer noch zu weiteren Beiträgen fähiger sein, als ein Anderer, der steuerfrei 1000 Thlr. Einkommen besitzt. Viel­ mehr soll jeder Staatsangehörige nach dem Maß seiner Theilnahme an den Wohlthaten des Staatsvereins steuern. Nicht bloß unser Ver­ mögen, sondern auch unsere Person wird uns vom Staate gleichsam assecurirt; und insoferne hat der Familienvater wirklich mehr vom Staate, als der Unverheirathete oder Kinderlose. Auch das Vermögen erfordert bei gleicher Größe den Schutz des Staates viel nöthiger, wenn es z. B. aus Grundstücken oder Hypothekforderungen besteht, als wenn es dem Staate dargeliehen ist und nur auf dessen Rechtlich­ keit als Schuldner rechnet. (IV, 286 ff.)*) So darf man das einma­ lige Einkommen einer Erbschaft oder eines Lotteriegewinnes nicht ebenso hoch belasten, wie das regelmäßig fortfließende (IV, 293). An­ dererseits verwirft Rotteck die Steuerfreiheit solcher Vermögenstheile, die kein selbständiges Einkommen gewähren, wie Luxusgärten, Bilder­ sammlungen re.: da wende man Sachen eine Schonung zu, die nur bei Personen überhaupt Sinn hätte. (IV, 291 fg.) Selbst die Frei­ lassung der zum Leben unentbehrlichen Competenz findet er nicht ge­ rechtfertigt: lieber solle man, wenn der Pflichttge durch die Steuerzah­ lung seinen Lebensbedarf verkümmert steht, ihm als Dürftigen von Staatswegen ein Almosen gewähren (IV, 295). Deshalb ist Rotteck durchaus nicht unbedingt gegen Kopfsteuern, vorausgesetzt, daß eine gut angelegte Vermögenssteuer daneben steht (IV, 339). Eine Ansicht, die ihren Stachel großentheils dadurch verliert, daß er auch den Kriegsdienst wesentlich als Steuer behandelt wissen will. (IV, 431 ff.) *) In seiner praktisch eifrigen Befürwortung der Kapitaliensteuer ist Rotteck

diesem Grundsätze freilich nicht treu geblieben: vgl. IV, 323 fg.

828

XXXI. Der oppositionelle Liberalismus nach den Befreiungskriegen

Gegen indirekte Steuern ist er sehr entschieden, selbst gegen Brannt­ wein- und Biersteuern:

well sie die „abenteuerliche Anmaßung der

Staatsgewalt aussprechen,

gewiffe,

wenn es belieben sollte,

auch

alle und jede, durchaus rechtmäßigen Handlungen, ja selbst nothwen­

digen Lrbensverrichtungen zu verbieten, d. h. Bedingungen dafür zu

fetzen, deren Schwere für die Aermeren oft einem wirklichen Verbote

gleichkommt, für alle aber eine durchaus unbefugte Erforschung, Stö­ rung, Verkümmerung von Handlungen oder Genüffen ist,

naturgemäß der unantastbaren persönlichen Freiheit angehiren.

welche Sie

bleiben also, ohne Unterschied, ob von einem Autokraten dietirt, oder von einer Ständeversammlung bewilligt,

bloß ein von oer Gewalt

eingeforderter Tribut, nicht aber eine im Rechtsstaat zuläffige Steuer."

(IV, 350 ff.)

Dasselbe gilt von allen Regalien, die faktisch auf eine

indirekte Besteuerung hinauslaufen, während sie ihrer vernünftigen ursprünglichen Absicht nach oft bloße Rechte und Pflichten der Polizei sein sollten. (IV, 270 ff.) ‘)

Auch in der Lehre vom Staatsschuldenwesen hat deffen

volkswirthschaftliche Bedeutung für Rotteck viel weniger Interesse, als die Frage, wie weit der Staat berechtigt ist, Steuerpflichtigen zu verpfänden.

seinen Gläubigern die

Die Menschen sind nicht in den

Staat eingetreten, um all ihr Eigenthum und all ihre Erwerbsfähig­

keit ihm zur Disposition zu übergeben, sondern sie haben nur einen Theil derselben zur Sicherung des Uebrigen einzuwerfen versprochen.

Dieser Theil kann nie so weit ausgedehnt werden, daß er den Be­ griff des Eigenthums und des für den Erwerber selbst nützlichen Er­

werbsthätigkeit aufhöbe. Allenfalls darf man die zur Zeit der Anleihe

vorhandenen Grundstücke und Sachen als dem Gläubiger verpfändet ansehen;

aber die Persönlichkeit der nachfolgenden Geschlechter muß

frei bleiben (IV, 377. 406).

Uedrigens verwendet Rotteck diese An-

sicht namentlich dazu, jeder Generation die Tilgung der von ihr ge­ machten Schulden auf's Dringendste anzuempfehlen. Der Begriff einer

ewigen Schuld widerstreite jedem vernünftigen Staatsrecht. (IV, 408).

*)

Sehr charakteristisch

regal: IV, 277.

ist der eifrige Protest Rotteck'» gegen da» Jagd­

173. ftottat*

829

Dem heutigen Socialismus würde der Vertreter des ältern süddeutschen Liberalismus wenig zusagen. Seine Bevölkerungs­ theorie ist im Wesentlichen die von Malthus, die „wohl in Ansehung der aufgestellten Maße einiger Uebertreibung beschuldigt werden kann, aber in der Hauptsache wahr ist" (IV, 227). Der Gesellschaft spricht er daS Recht zu, die Ehen, welche sie mit Nachtheil bedrohen, zu ver­ bieten, und die ohne ihre Erlaubniß eingegangenen Ehen als für sich rechtlich wirkungslos zu betrachten (III, 376). Demgemäß sind auch seine Ansichten von Armenpflege volkswirthschastlich strenge. Wohl hat der Staat die Pflicht der Armenversorgung, um für die eingrführten Eigenthums- und Erbrechte zu entschädigen, wodurch die Ar­ men von dem ursprünglich gemeinsamen Besitzthum der freien Natur­ gaben ausgeschloflen sind. Allein „da ohne den Staat und ohne ge­ sichertes Eigenthumsrecht Alle arm wären, so wird nur ein sehr We­ niges erforderlich sein zur vollsten Leistung jenes Ersatzes." (111,381 ff.) Zugleich aber ist Rotteck, obschon wissenschaftlich besonders influirt durch I. B.Say, durchaus kein absoluter Freihandels­ mann. Von der unbeschränkten Gewerbefreiheit erwartet er „noth­ wendig oder natürlich einen Krieg Aller gegen Alle, einen Kampf des unersättlichen Speculationsgeistes, der Marktschreierei und des listigen Betruges gegen die stille, bescheidene Emsigkeit des schlichten Gewerbsmannes" (IV, 178). Darum ist er für Zünfte nicht bloß unter den geschichtlichen Verhältniffen, wie sie zur Zeit ihres Ur­ sprunges vorherrschten (IV, 171 ff.), sondern es sollen noch immer die „kleinen oder gemeinen Gewerbe" nicht fabrikmäßig betrieben wer­ den dürfen; die Gesellen und Meister derselben ordnungsmäßig ge­ lernt und eine Prüfung bestanden haben; die Zünfte selbst, nur un­ geschloffen und ohne Bann, fortdauern. (IV, 175 ff.) Die geldoligar­ chische Bedeutung des Maschinenwesens verkennt Rotteck nicht (IV, 186). Sein großer Widerwille gegen die mittelalterlichen Lasten des Bauernstandes (IV, 136 ff.), der facrisch so wesentlich beigetragen hat, die Ablösung in Baden für die Berechtigten nachtheilig zu gestalten *), ') Solltet beantragte 1831, die Staat-zehnten ganz unentgeltlich aufzu­ heben, Privatzehntherren mit dem Zehnfachen,

nur im Fall eint» nachweislich

830

XXXI. Der oppositionell» Liberalismus nach den Befreiungskriegen,

beruhet viel weniger auf nationalökonomischer Ansicht,

als auf dem

vernunftrechtlichen Grundsätze, daß alles Obereigenthum zu verwerfen

sei (I, 177). Was die Vertheilung des BodenS angeht, so ist Rotteck

gegen daS Erstgeburtsrecht rc. an großen Gütern, nur etwa die Wal­

zugleich

dungen ausgenommen (in, 446);

aber will er durch «ine

verhältnißmäßige Anzahl untheilbarer Bauergüter der allzu weit ge­

henden Zerstückelung vorbeugen, würd«. (IV, 222 ff.)

welche den Bauernstand verderben

Das französische Erbrecht mit seiner Beschrän­

welches die Aeltern aus Wohlthätern ihrer

kung der Testirfreiheit,

Kinder zu deren Schuldnern macht, bekämpft er auf das Entschiedenste

wegen seines schlimmen Einflusses auf daS Familienleben. Namentlich

ist ihm der militärdespotische Hintergrund dieser Zwangsgleichheit zum Zwecke der Conscription klar. (III, 494 ff.)

Wie Rotteck überall in

echt moderner Weise die privatrechtlichen Beschränkungen der Eigen­ thumsfreiheit viel mehr widerstreben,

181),

als die

staatspolizeilichen (IV,

so scheint ihm namentlich bei großer Korntheuerung das bloße

Gehenlaffen von Seiten des Staates

ein doktrinärer Irrthum. (HI,

436 ff.) In allen Fragen deS internationalen Verkehrs soll man scharf

unterscheiden

zwischen

dem

Gesammtinteresse

Privatintereffe einzelner Bürger.

des Volkes und

dem

Wenn die unbedingten Freihändler

den Verkehr zwischen Völkern so gerne vergleichen mit dem Verkehr zwischen Familien deffelben Volkes: so ist es ja auch bei dem letzter«

recht wohl möglich, daß die Käufe und Verkäufe, welche den nächst­ liegenden Privatzwecken der einzelnen Familienglieder zu dienen be­

stimmt sind, dem nothwendigen oder vernünftigen Gesammtzwecke der Familie widersprechen.

(IV, 196 fg.)

milde Urtheil zusammen,

Mit dieser Ansicht hängt das

das Rotteck über die sog. Mercantilisten

fällt (IV, 88 fg.), sowie seine entschiedene Betonung,

daß Geld reell

mehr werth sei, als irgend eine bestimmte Sache von gleichem Nomi­

nalwerthe (IV, 42). Wie durchaus fern diese Dorurtheilslosigkeit den nationalen Ideen privatrechtlichen Titels mit dem Fünfzehnfachen der Reinertrages abzufinden, wozu aber der Pflichtige nur da» Fünffache, alle» Uebrige der Staat beizutragen hättel Lgl. v. Aretin und v. Rotteck StaatSrecht der constitutionellen Monarchie II, 272 ff.

831

178. ItottaL von List und NebeniuS lag,

zeigt fich am deutlichsten in dem hart»

näckigen Widerstände, welche^ Rotteck dem Eintritte Badens in den Zollverein entgegensetzte. Auch sein geschichtliches Studium wird viel

weniger darauf eingewirkt haben,

als man von dem Verfasser eurer

neunbändigen, in mehr als 100000 Exemplaren verbreiteten Universal­

geschichte wohl voraussetzen möchte. Zwar ein Hauptergebniß der ge­

schichtlichen Erfahrung ist Rotteck nicht fremd geblieben:

daß eS bei

jedem Volke »einen Kulminationspunkt giebt, nach dessen Erreichung

fast nothwendig ein unerfreulicher Stillstand und dann leicht ein trau­ Dieß hindert ihn jedoch nicht,

riger Rückschritt eintritt" (IV, 170). über alle früheren Geschichtsperioden, nicht entsprochen haben,

zu brechen.

welche seinem Bernunftrechte

in gröblichst unhistorischer Weise den Stab

So ist ihm z. B. unser ganzes Mittelalter „eine Herr­

schaftsperiode brutaler Gewalt (IV, 452),

über die man in der Ge­

schichte der Polizei, wie überhaupt in jener der Kultur und Wissen«

schast ohne Aufenthalt weggehen sollte" (M, 302). — Das Meiste erklärt sich aus seinem tiefinnigen Zusammenhänge mit dem konsti­

tutionellen Liberalismus, Zeit verstanden. *)

wie ihn die Süddeutschen seiner

Rotteck idealisirt diese Richtung so sehr,

daß er

ganz allgemein auSruft: „eine constitutionelle, d. h. die Volk-vertre­ tung zum wesentlichen Element habende Regierung macht nur Schul­ den, wo es wirklich Roth thut oder wahren Vortheil bringt, und

beobachtet die eingegangenen Verpflichtungen gewisirnhaft, während eine absolutistische Regierung, selbst rotnit sie zeitlich eine gute Bahn verfolgt, keine Sicherheit für die Zukunft gewährt" (IV, 388).

Die

Constitution aber ist ihm eine Wahrheit nur dann, wenn die Volks­ vertretung das Recht hat, einem antinationalen, die Verfassung und

die Volksrechte anfeindenden Ministerium selbst die nothwendigen Aus­

gaben und Einnahmen zu verweigern (IV, 460).

Bei dieser Lehre

denkt er nicht einmal daran, zwischen factisch und rechtlich nothwen­ digen Ausgaben zu unterscheiden: solche Au-gaben zu verweigern,

*)

In Folge dieser Richtung

obwohl ein Recht des Landtage-,

deren Leistung z. B. an Gläubiger

wurde Rotteck'8 Lehrbuch schon vor

Vollendung in Preußen verböte»! (IV, 479.)

seiner

von, ganzen Staate rechtmäßig und bedingungslos versprochen wor­ den ist, eben nur ein Recht sein würde, Unrecht zu thun, wie eS keinem Menschen zustehen kann. Auf das Sonderbarste contrastirt hier­ gegen die Ausdrücklichkeit, mit welcher Rotteck die anständig« Versor­ gung der invalid gewordenen Staatsdiener und ihrer Relicten für eine natürlich vorauszusetzende Schuldigkeit des Staates erklärt, we­ nigstens in allen den Fällen, wo der Staatsdienst eine bleibende und ausschließliche Widmung von Seiten des Dieners in Anspruch nimmt. (HI, 386.) Als Wehrverfassung schwärmt Rotteck für das Milizsystem, d. h. die allgemeine Volksbewaffnung, wobei die Offiziere, mit Aus­ nahme der höchsten, durch Volkswahl ernannt werden. Daneben wird im Interesse der Schlagfertigkeit ein kleines stehendes Heer aus ge­ worbenen Freiwilligen gebildet. Auch hier argumentirt er fast nur aus vernunftrechtlichen und politischen Gründen, ohne die Frage nach der militärischen Brauchbarkeit ernstlich zu erörtern. Was er Conscription nennt, d. h. also die Einstellung gewiffer Altersklaffen in das stehende Heer, sei es mit Loosung re. oder vollständig, mit oder ohne darauf folgende Landwehrzeit, ist für ihn „die Vollendung des soldatischen Unheils." Obwohl er die preußische Wehrverfassung nicht ausdrücklich neben der Napoleonischen erwähnt, so läßt sich doch nicht bezweifeln, daß er auch von jener die schließliche „Durchdringung der ganzen Nation von den Gesinnungen eines Krieg^knechtes und Verwandlung des Staates selbst in ein Kriegslager oder militärisches Erziehungshaus" fürchtet. *) 174. Es giebt Schriftsteller, die man überschätzen würde, wenn man ihren ganzen Menschen bloß nach ihren Schriften würdigte. Das Umgekehrte gilt von Friedrich Gottlob Schulze, der unstreitig bedeutender war, als seine literarischen Leistungen. Sein Hauptbuch: „Nationalökonomie oder Volkswirthschaftslehre, *)

Ueber stehende Heere und Nationalmiliz

(1816).

Sammlung Neiner Schriften, Bd. II ausgenommen.

Roch 1829

in

dir

174. Schutze.

833

vornehmlich für Land-, Forst- und Staatswirthe- (1856) leidet nicht

bloß daran, daß es zwanzig Jahre zu spät erschienen ist **),

nachdem

der Verfasser, durch anderweitige Arbeiten voll beschLftigt, mit der in­ nicht hatte Schritt halten

zwischen mächtig gewachsenen Wissenschaft können;

sondern es steht auch der Form nach

einer wenig vor-

in

theilhaften Mitte zwischen Collegienhest und Monographie,

und ist

im Einzelnen so breit, so reich an Wiederholungen rc., daß schon hier­ aus die Geringfügigkeit seines äußern Erfolges erklärbar wird.

seine übrigen Werke sind mehr populär als exact, von wistenschaftlicher Bildung

Bereicherungen oder

von

als

Gelehrsamkeit.

eigentlicher

Berichtigungen der Nationalökonomik

zelnen hat Schulze wenig bewirkt:

Auch

und zeugen mehr

im Ein­

wie $. B. die schöne Bemerkung,

daß man beim llrtheil über den Nutzen der Kapitalien nicht die Vor­

theile beachten dürfe, die sie als specifische Güter, sondern die sie als Kapitalien gewähren.»)

Daneben fehlt es auch nicht an entschiedenen

Mißgriffen: wie z. B. die Verwechselung von Tauschwerth und Preis

(234)

späterhin sogar zur gänzlichen Verwerfung

und fruchtbaren Tauschwerthbegriffes

geführt

des so wichtigen den Schulze die

hat,

für Mißverständniffe gefährliche Brücke zwischen den Begriffen Werth

und Preis nennt (510).

Alle ackerbauenden Völker sollen (327) „eine

feste Dertheilung des Grundeigenthums" haben.

„Das Pacht- oder

Kaufgeld der Grundstücke wirkt auf die Grundrente ein-.

(542.)

U. dgl. m.

Wie wenig sich aber die Würdigung Schulze'- hiermit begnügen darf,

müßte man schon aus der Thatsache

große Menge wackerer,

seinen

landwitthschaftlichrn

Lehranstalten

1839—1860) und Eldena (1834—1839) ganzes Leben

vermuthen,

daß eine so

zum Theil ausgezeichneter Männer, zu Jena

gebildet sind,

eine jüngerhafte Verehrung

ihm für ihr

bewahtt haben.

muß ein vorzüglicher Anstaltsdireetor gewesen sein,

die auf

(1826 —1834,

Schulze

der seine eigene

Individualität den Schülern stark aufprägte, nicht ohne thatsächlicher

*) Schon 1834 hatte Schuhe mit dessen Ausarbeitung anjufaugen gewünscht

und wurde nur durch seine Uebersiedluug nach Eldeua darau gehindert. (H. Schutze:

Fr. Goltl. Schuht, ein Leben-bild, 1867, S. 79.

*) R.-Oek., S. 469. »e|*ex, »«Ichtcht« Rotieeal-DthaMrtl i» Dciüf*I«ab.

53

834

Der oppositionell« EöreatUnnil nach bett Befreiungskriege».

TTTT

Beschränkung der akademischen Lehrfreiheit,

der aber für eine große

Schaar von Studierenden wie ein Bater sorgte, und auch nach deren

Abgänge

etwas einer Familienverbindung Aehnliches

suchte und verstand.

zu erhalten

Nur ein bedeutender Mensch kann so wirken,

nur ein edler Mensch wirkt mit Segen so. Zum

des

Reformator

landwirthschaftlichen

diums war Schulze in vieler Hinsicht glücklich vorgebildet. *)

Stu­ Eine

Reihe von „Zufällen" hat ihn aus Kindheitseindrücken durch huma­ nistische Vorbildung, naturwissenschaftliche Studien, Einübung des Hand­ werksmäßigen, Theorie seines Faches,

zur Ausübung desselben erst

unter guter Oberleitung, dann selbständig, in einer Aufeinanderfolge geführt, wie sie zweckmäßiger nicht gedacht werden könnte.

Die Krone

seines Lernens bildete nach Schulze'S eigener Ueberzeugung sein Stu­

dium der FrieS'schen Philosophie; die Kroue seiner Lehrthätigkeit die Theilnahme an der Gründung des großen Wandervereins

deutscher

Landwirthe (1837), sowie (seit 1842) deS kleinern thüringischen Vereins. Eine Haupteigenthümlichkeit Schulze'S liegt darin, daß er neben der naturwissenschaftlichen Seite der Landwirthschast auch die national­

ökonomische gleichmäßig betonte.

Die älteren Eameralisten

hatten fast ausschließlich die letztere hervorgehoben;

Thaer, Burger,

*) Geboren 1796 zu Ober-Sävernitz in Sachsen, all Sohn eine! für da­ malige Zeit rationell wirthschaftenden mittlern Gutsbesitzers,

pforta einen tüchtigen Grund,

legte er in Schul»

sowohl durch Humaniora all Mathematik,

von

früh an vereinigten sich bei ihm tiefe, gemüthliche Neigung zur Landwirthschast und Begeisterung für wissenschaftliche Ideale.

Plan verfolgte,

Daß sein Vater

lange Zeit den

ihn zum Eintritte in den Staatsdienst zu nbchigen,

bloß insofeme günstigen Einfluß,

hatte nicht

al» Schulze dadurch zu einer vielseitigen Un­

terlage seiner Bildung veranlaßt wurde, (Leipziger lluiverfitüt: Weihnachten 1818 Bi» Ostern 1816),

sondern fast mehr noch insofern,

al» er,

vielleicht um von

seiner Landwirthschaftälust obgeschreckt zu werden, bevor man ihn zu Jena unter

Sturm Landwirthschast studieren ließ, auf dem väterlichen Gute eine sehr strenge, bi» in die gemeinsten Handgriffe versuch»wirthschasten,

hatt«,

hinabreichende

Hierntchst wurde er (1817)

mußte.

die Karl August von Weimar zu Tieffurth ic. angelegt

1819 Privatpatent zu Jena,

stitut eröffnete.

gekommen.

praktische Lehrzeit durchmachen

Oberverwalter der Muster-, Lehr- und wo er 1826 sein landwirthschaftliche» In­

Zur selbständigen Verwaltung großer Landgüter ist er seit 1884

174. Schutze.

Sturm ebenso einseitig

die erstere.

885

So definirt z. B- Burger die

LandwirthschastSlehre als „die Wissenschaft, welche Pflanzen und Thiere

Sturm sagt geradezu: ‘)

zu erziehen und nützlich zu verwenden lehrt".

„die Landwirthschaftslehre gehört zu den Naturwissenschaften, und ist

in der That die angewandte Naturlehre im weitesten Sinne".

Nach

Schulze dagegen ist jedes Gewerbe ein Kampf des Menschen mit der äußern Natur, wodurch diese gezwungen werden soll, jenem gewisse,

für das menschliche Leben brauchbare Naturkörper zu liefern.

Gewerbtreibende muß nun,

Der

sowohl seine

d. h. die menschlichen, als die Kräfte des Gegners

eigenen Kräfte,

genau kennen.

wie ein kluger Feldherr,

Daher ein naturwissenschaftlicher und ein anthropo­

logischer Theil jeder Gewerbswissenschaft. •)

Daß der Landwirth auf

die höchsten Zwecke des menschlichen Lebens sein Augenmerk richten müsse, führt Schulze namentlich in der Abhandlung aus: Ueber die

höhere Bildung des deutschen Landwirthes.')

Wie er vor dem An­

tritte seiner Eldena-Greifswalder Professur dem preußischen Minister

von Altenstein erklärte, so war sein Streben „nicht bloß auf Förderung der rationellen Landwirthschaft im gewöhnlichen Sinne, sondern auch auf sittliche Veredlung

des wirthschaftlichen Volkslebens« gerichtet.

Dieß der Hauptgrund, weshalb er das landwirthschaftliche Studium

an die Universitäten ziehen wollte, was z. B. noch Thaer principiell

verworfen hatte. Landwirthe,

ES sollte aber gerade der Stand der gebildeten

in welchem Schulze das Hauptelement gesunder Volks­

entwicklung sah, mit den großen Mittelpunkten nationaler Hochbildung verknüpft werden. ‘)

Bezeichnend

ist eS,

I. Wanderversammlung deutscher Landwirthe

wie

Schulze

auf

der

gegen Thaer auftrat,

welcher den höchsten nachhaltigen Reinertrag als obersten Wirthschafts­

zweck hingestellt hatte.

Er seinerseits gab dieß als nächsten Zweck zu,

verlangte aber als Schlußstein dahinter „die Anwendung für höhere Bildung zum Wahren, Schönen und Guten" (65).

Die naturwissenschaftliche Seite der Landwirthschaft

hält Schulze für eine besondere Naturwissenschaft, deren Beobachtungen *) Lehrbuch, §.7. — *) Ueber Wesen und Studium der Wirthschaft-, oder Cameralwiffenschafteu (1826), 7 fg. — •) Deutsche Blätter, 1843, Sb. I, Hst. 1. - 4) Lebensbild, 62 ff. 77.

836

XXXL Der oppositionelle Liberalismus nach den Befreiungskriegen,

den übrigen Naturwissenschaften

können.

ebenso wohl geben, wie entlehnen

Dieß begründet namentlich seine Polemik gegen Liebig, in»

dem er häufig betont, daß sich die Landwirthschaft nicht bloß durch sondern großentheils

Bücher, Vorlesungen rc.,

lernen lafie.

nur durch Praxis

Das Buch: „Thaer oder Liebig" (1846) sucht auf philo­

sophischem Wege, mit zahlreichen Excerpten aus Kant, Bacon, Hum­

boldt, mehr noch Fries, die Methode Liebig's zu bekämpfen, die er mit Recht für wichtiger ansieht, als ihre einzelne Resultate. Irriger

Weise hält er aber die Chemie und Physiologie für rationelle Wis­

senschaften, und stellt sie darum der naturwissenschaftlichen Seite der Landwirthschaft entgegen:

obwohl doch nur zuzugeben ist, daß die

letzte viel complicirtere Erfahrungen hat, als wenigstens die Chemie.

Gegen die Voreiligkeit,

die Physiologie bloß chemisch zu behandeln,

werden sehr passende Worte Davy's angeführt.

(53 ff.)

Manche

Fehler der Liebig'schen Agrikulturschriften, Selbstwidersprüche, Ueber­ treibungen, Ungenauigkeiten, Uebersehung praktischer Schwierigkeiten

bei der Anwendung im Großen, sind von Schulze, uiib zwar in wür­

digem Tone, aufgedeckt.

Ueberhaupt ist seine Polemik, wenn gleich

breit und ziemliche Anfänger in der Methodologie voraussetzend, meist

wohl begründet.

Dagegen leistet er sehr wenig in scharfer Abgrän-

zung dessen, was Liebig mit Recht und was er mit Unrecht behauptet. Daß ungedüngte Wiesen schließlich erschöpft werden (98), streitet doch

gewiß nicht gegen Liebig!

Aschenbestandtheile,

Noch bedenklicher ist die Berechnung der

welche die Aecker aus dem Staube und Waffer

zum Ersatz der Ernte empfangen sollen. (104 fg.)

So zeugt es auch

von wenig Vertrauen zur Stärke der eigenen Sache, wenn Schulze seinen Schülern die Liebig'sche Lehre wegen ihrer „Gefährlichkeit" zu

verheimlichen suchte. *) Die Nationalökonomie ■) Birnbaum: ein Rachrus,

F. G. Schulze als

(1860) 129.

ist nach Schulze die Vermittlung Reformator der LandwirthschastSlehre,

Jedenfalls war Schulze persönllch in dem natur-

wissenschaftlichen Theile der Landvirthschast viel weniger stark,

tionalökonomischen,

der

von chm

landwirthschastlichen Betriebslehre.

sog.

al» in dem na-

allgemeinen LandwirthschastSlehre

S. da» posthume,

von Emminghau»

Gras z. Lippe herausgegebene Lehrbuch der allg. Landwirthschaft, 1863.

oder

und

zwischen Philosophie und praktischer Gewerbewissenschaft, gerade wie die Agrikulturchemir zwischen Chemie und Agrikultur. *) So groß er von Ad. Smith, »dem Gründer unserer Wissenschaft", so billig er selbst von MalthuS denkt (353), so macht er dem Erster» doch na­ mentlich folgende Vorwürfe. Er habe sich zu wenig um die Methodik seines Faches gekümmert, die grundlegende Nationalökonomie nicht scharf genug von der angewandten Staatsökonomie gesondert, viele Grundbegriffe nicht gründlich und klar genug erörtert, viele Regeln zu absolut hingestellt. Ganz besonders aber sei er von einem gewissen Materialismus nicht frei zu sprechen, insoferne er die Bestrebungen der Nationalökonomie auf die niederen Zwecke, Reichthum und Geldgewinn, beschränke und die höheren, in der Volksbildung liegenden, unbeachtet lasse, auch die Wirksamkeit der sittlichen Kräfte in der Oekonomie übersehe und zu großen Werth auf die Wirksamkeit des Eigennutzes lege. (185 ff. 491. 764 ff.) Dagegen möchte Schulze die „historisch-philosophische Methode in nationaler Bearbeitung" durch­ führen (211). Sein Ideal ist: „die im Wesen des Menschen liegenden Grundbedingungen des Volkswohlstandes so zu entwickeln, daß wir mit Hilfe der Nationalökonomie die bereits begonnene nationale Re­ form des wirthschaftlichen Volks- und Staatslebens in Deutschland mit Sicherheit des Erfolges fortsetzen können. Vorzüglich soll die Wissenschaft dahin arbeiten, daß die Menge der Irrthümer, welche durch Ausländerei und Selbstsucht in dieses Leben gekommen sind, ausgerottet und dasselbe wieder mit dem höhern Leben vereinigt werde, und zwar besonders durch Weckung, Aufklärung und Stärkung eines nationalen Gemeingeistes der Gerechtigkeit und Gleichheit, sowie durch Verbreitung von Wohlstand in allen Kreisen der Bevölkerung, na­ mentlich unter den Arbeitern." (199 sg.) Wie dieß gemeint ist, sieht man am deutlichsten aus folgenden Aeußerungen. Die Gütererzeugung gehört in das Gebiet der geistigen Erscheinungen: wie man überhaupt bei nationalökonomischen Fragen immer zuerst die Wirksamkeit des menschlichenGeisteS in's Auge fassen muß (113). Als wesentlichen Fortschritt gegen Smith betrachtet

838

YYTT Der oppositionelle Liberalismus nach den Befreiungskriegen,

es Schulze, daß er alle Production schließlich nicht auf Arbeit, sondern

auf Volksbildung zurückführt (259).

Der Handel ist nicht nur als

eine Folge der Arbeitstheilung und des Eigenthums, sondern auch als

ein Mittel zur Verwirklichung der Ideale von Gerechtigkeit, Billig­

keit, Gleichheit darzustellen (333). Die Naturkrafte wirken auf den Preis der Waaren bloß mittelbar, indem sie menschliche Entschlüsse, zu geben

oder zu nehmen, beeinflussen (513).

Angemessene Preise werden von

der Concurrenz nur negativ bewirkt, positiv durch die Einsicht und

Billigkeit der Contrahenten (525). Der Staats- wie der Privatcredit beruhen im letzten Grunde auf der Bildung,

auf der sittlichen Bildung (570).

und zwar besonders

Jede Konsumtion ist ein Theil des

menschlichen Lebens (831), und hat Werth nur infoferne, als sie der

Volksbildung dient (772). Nur der Mensch consumirt, daher Schulze gegen den Ausdruck: „Konsumtion durch die Natur" eifert (768). Es entspricht dem sehr schön, wenn Schulze, in dieser Hinsicht demLeno-

phon ähnlich, selbst von den Arbeitsthieren sagt: „wer sie erfolgreich benutzen will, muß ihr Seelenleben verstehen und die genügende Bil­

dung, auch des Gemüthes, haben, achten". *)

um dasselbe zu achten und zu be­

Um so mehr wird man es begreiflich finden, wenn^r sehr

ausführlich erörtert, wie die wiffenschaftliche Aufklärung, die Gemüths­

und Geschmacksbildung, die sittliche Bildung, endlich die religiöse, zumal christliche Bildung Grundbedingungen des Volkswohlstandes finb. ’) So richtig diese Gesichtspunkte sind und so nothwendig ihre Ein­

schärfung gegenüber zahlreichen Unarten materialistischer und egoisti­ scher Volkswirthe:

so kann man doch nicht sagen, daß Schulze über

ihre abstract allgemeine Betonung weit hinausgekommen wäre. Auch

die Mängel, die er speciell der bisherigen deutschen Nationalökonomik

vorwirft: Mangel an nationaler, philosophischer und historischer Be­ gründung, an systematischer Einheit, an Begeisterung rc. (204 ff.), haben auf seiner Seite nicht sowohl fruchtbare Specialversuche hervor­

gerufen, die erkannten Lücken auszufüllen, als vielmehr, abgesehen von einzelnen kritischen Winken,

einen allgemeinen Schwung in der

gedachten Richtung. Wie man Fries den Philosophen der BefreiungS-

*) Allg. Land»., 79. — •) N..Oek., 256 ff.

174.

Schuh«.

839

kriege genannt hat, so möchte ich Schulze als den Nationaliko­ nomen

1833,

der

deutschen

Burschenschaft bezeichnen.

zur Zeit der schlimmsten Demagogenriecherei,

Als er

im preußischen

Unterrichts-Ministerium verpflichtet werden sollte, machte er als gewissen­ hafter Mann ausdrücklich darauf aufmerksam, daß er die von chm zu gründende Anstalt nicht bloß als eine preußische, sondern vor Allem als eine deutsche ansehe.

Und wie ihm, entsprechend einer k. Cabinets-

ordre, die Erklärung abgefordert wurde, in keiner Burschenschaft ge­ wesen zu sein, bekannte er freimüthig: „nut zufällig nicht;

erkläre hiermit,

aber ich

daß ich die Grundsätze der Burschenschaft, Wissen­

Schulze's

schaftlichkeit, Sittlichkeit und Vaterlandsliebe, theile."')

Grundgedanke für das öffentliche Leben ging dahin,

die Reformen

unserer Zeit müffen hauptsächlich in Zurückführung auf die älteste Zeit vor dem Eindringen der Ausländerei bestehen (147). Wegen der

Langsamkeit dieser Reformen darf Niemand verzagen,

wenn man be-

dentt, wie lange die zu beseitigenden „Irrthümer" geherrscht haben, nämlich von 814 bis 1813 (152).

Wie übrigens die echte Burschenschaft in ihrer frischesten, edelsten Zeit bei vielen Licht- und einigen Schattenseiten jugendlichen Wesens

praktisch durchaus

keinem Extrem

huldigte, so ist auch Schulze in

seiner Wirthschaftspolitik immer einer gemäßigten Mitte zuge­

than gewesen. Dem Lehnssysteme mit seiner Ländersucht, dem Mercantilismus mit seiner Geldsucht, Ueberschätzung der Menschenzähl,

dem Bevölkerungssystem mit seiner

dem phystokratischen Systeme mit

seiner unbeschränkten Grwerbefreiheit, dem Communismus mit seiner Raubsucht:') all diesen Phasen einer erst halb entwickelten Wiffenschaft soll das Mannesalter der Nattonalökonomie entwachsen sein. (89 ff.)

So preiset Schulze das Weimarische Gewerbegesetz von 1821 als gol­ dene Mittelstraße zwischen unbeschränkter Gewerbefreiheit und mono­ polistischen Gewerbezwange. (157 ff.) In Bankfragen steht er auf dem

Grundsätze der Currency-Schule, doch ohne viel Schärfe.

Er wünscht

dämm eine deutsche Centralbank, die alle übrigen Banken als Filiale

') Lebensbild, 84.



*) Wobei Schulze den sog. ediern dommuniimul,

z. 8. von Cadet, gerade für den gefährlichsten hält (R.-Ock., 139).

XXXI. Der oppositionelle Liberalismus nach den Befreiungskriegen,

840

beherrschte (908. 912). Zugleich aber soll der Staat sein Papiergeld nicht als finanzielles, sondern nur als gewerbepolitisches Unternehmen betrachten, dasselbe nur ausgeben, wenn er völligsten Credit genießt, und niemals in kleinen Apoints (642). Hiermit würde freilich die Hauptgefahr jener Bankpolitik gehoben sein. 175. Sehr bezeichnend für die volkSwirthschaftliche Seite de- Liberalismus,

wie

er in diesem Kapitel geschlldert wird, ist da- Finanzsystem, welches der hart ver­

folgte x) bayerische Opposition-mann Wilhelm Joseph Behr (1775—1851) in seiner „Lehre von der Wirthschaft deS Staates" (1822) entwickelt hat.

Berfaffer denkt in

gewiffer Hinsicht gar nicht extrem.

So z. B. rechnet

Der

er die

Kosten für „da- würdevolle Dasein des Staatsoberhaupte- in erster Stelle zum absoluten Staat-bedarf, welcher unter allen Verhältnissen vom Volke gedeckt wer­ den muß" (31).

Aber sein Buch ist durchweg

voll doktrinärer Anmaßung,

welche, „ganz absehend vom Gebiete der Erfahrung,

vor Allem den reinen Be­

griff de-zu behandelnden Gegenstände- scharf feststellen will," u. s. w. (Borr., VI.)

Behr „glaubt behaupten zu dürfen", daß seine Theorie „mit einer die Ueberzeu­ gung abnöthigenden Eonsequenz den einzig zulässigen Maßstab der Steuerumlage

feststellt" (XU).

Folgt die Praxi- ihm nicht, dann „trüge sie allein die unver­

antwortliche Sünde, wenn die Menschen, de- unerträglichen Druckes müde, gegen

diesen zur Selbstwehr schritten" (XV). Die bisherigen Staatsmänner sollten „dem Himmel danken, daß die Menschen bisher die Schaf-geduld hatten, sich so gränzen­ los mißhandeln zu lassen" (213).

Der Staat-zweck Die

Bürger

ausschließlich

besteht

haben sich

im

GewerbS» und ErwerbSfteihett:

Staate

in

der Garantie

vereinigt

bloß zum

weshalb auch alle

deS Staate- verwerflich sind (75).

deS RechtSchutze

(10).

rechtlicher

eigentlichen Handelsgeschäfte

Ueberhaupt ist die vollständige Verkehrs-

f reih eit nicht bloß natürlich, sondern auch „die anerkannt erste Bedingung de-

Gedeihen-" (144). Alle indirekte Besteuerung wird auf'- Entschiedenste verworfen (137 ff.), und wir müssen z. B. unsere Gränzzölle selbst dann ausheben, unsere Rachbaren die chrigeu noch fortsetzen wollen.

fern

gesunden Füße nicht frei bedienen dürfen,

Beinschellen zu tragen belieben

bloß da- finanzielle Gebiet,

(150.)

wenn

„Oder sollten wir uns un­ weil unsere Racbbaren

noch

Ueberhaupt soll der Staat-wirthschaft

aber kein Einfluß auf die Privatwirthschaften ver­

bleiben. Da alle Steuerpflicht nur auf dem Genusse de- StaatSschutzeS beruhet (88),

l) Behr war 1799—1821 Professor deS Staat-recht- in Würzburg, nach­ her Bürgermeister daselbst, wurde aber wegen seiner landständischen Wirksamkeit rc. nicht bloß abgesetzt, sondern auch von 1833—1848 theil- in Hast, theil- wenig­

sten- unter polizeilicher Aufsicht gehalten.

175. Vehr, Pölitz. so will der Verfasser,

841

über den Schutz der persönlichen Güter inkonsequent hiu-

wegschlüpfend (93 fg.),

die Besteuerung

lediglich

nach

dem

reinen

Aber auch die werthvolleren Gebrauchs­

BermögenSertrage anlegen (96).

kapitalien, wie überdurchschnittliche Edelsteine, Mobilien, Kunst- und Büchersamm­

lungen, Baarvorräthe rc., sollen nach Maßgabe deS landesüblichen Zinsfußes mit­

und damit die Pflichttgen wahrheitgemäß decla-

werden (104. 120);

versteuert

riren, haben Polizei und Justiz nur solche BermögenSobjecte auf Anttag irgend­ wie

zu beschützen,

die im

BermögenSregister

der Loealbehörden

eingettagen

sind (115).

Staatsanleihen sollen bloß dann erlaubt sein, wenn daS außerordent­ liche Bedürfniß einen gesetzlich bestimmten Maximalgrad von Steigerung der Ein-

kommensteuer überschreitet (178).

An Papiergeld aber ist nur im alleräußersten

Nothfalle zu denken, nachdem sämmtliche näher liegenden Mittel, Domänenverkauf,

ja Zwang-anleihen und Veräußerung der Domänen an

Anleihen im AuSlande,

Ausländer, gescheitert sind. (183 ff) In sehr charakteristtscher Weise faßt Behr auch die Militärpflicht Steuer auf.

al-

Der Personenbedarf de- Heere- muß alljährlich vom Landtage be­

willigt werden. (193 fg.) An der bisher üblichen RecrutirungSweise tadelt Behr

nicht nur die rohe Zufälligkeit des LooseS,

sondern schon die Rechtswidrigkeit,

daß man die jungen Männer au-hebt, bevor sie in'S volle Bürgerrecht eiagetreten

sind, welche- doch

allein zum Staatsdienste verpflichten würde. (196 ff.)

die Militärlast soll nach dem Einkommen vertheilt sein.

Auch

Der Pflichtige mag sich

etwa durch seine Söhne (oder andere Geworbene) vertteten lasten, die daun aber

nicht als Staatsbürger,

was

sie

ja

noch nicht sind,

vielmehr als Faunlien­

glieder dienen! (206 ff.) Ein gerade durch seine breite Mittelmäßigkeit und geringe Eigenthümlichkeit

sehr charakteristtscher und ziemlich einflußreicher Vertreter deS Liberalismus vul­ garis

jener Zeit

Schriften,

ist Karl

Heinrich

Ludwig

Pölitz.*)

Bon

den 184

welche der Katalog seiner Bibliothek in Leipzig ihm zuschreibt,

find

nur etwa 17 staat-wissenschaftliche; die große Mehrzahl betrifft deutsche Sprache, populäre Philosophie und Theologie (ein großer Bewunderer Reinhard-!), sowie

Geschichte, die auch meist populär behandelt wurde. Sein Hauptwerk, dieStaat-wiffenscbasten im Lichte unserer Zeit (V, 1823 ff.), theilt den Gegenstand in nicht weniger al- 12 Fächer ein,

der

Staat-praxis ohne

Freilich da- letzte,

von welchen Pölitz diejenigen der Diplomatte

Vorgänger wiffenschaftlich geschaffen zu haben

und

glaubt.

diesen Schlußstein aller StaatSwiffenschaften; nur auf sieben­

zehn Seiten behandelt!

Weit eher würde sein Verdienst um daS posittve Staats­

recht (St. W., Band IV.) anzuerkennen sein, in welchem er wenigsten- da- Ber-

*)

Geboren 1772 im Schönburgischen, war er von 1795—1803 Professor

an der Ritterakademie zu Dresden,

1815 in Wittenberg, Leipzig.

1803 an der Universität Leipzig,

zuletzt wieder von

1815

1801—

bis zu seinem Tode (1838)

in

HH

842

Der oppositionelle Liberalismus nach den Befreiungskriege«,

fassung-recht oU einer der Ersten nicht dogmatisch, sondern „geschichtlich" -usam-

mevstellte,

und voran sich dann später da- Sammelwerk der europäischen Ber-

faffnng-urkunden anknüpste.

In der Borrede deS I. Bande- der Staat-wiffenschaften betont P. al- sein wiffenschafttiche-

Haupwerdienst

seine

im

Neutralität

„feste

Kämpft der

philosophischen Systeme und polittschen Parteien," wobei er hauptsächlich gegen die

mystischen und uaturphttosophischen Rückschritt-männer eifert. Die Wahrheit liege

fast immer in der Mitte -wischen den Extremen. den Grundsatz

der Reform

al-

Reaction. (So schon I, 531 ff.)

Bi- -um Ueberdruß feiert er

die richtige Mitte -wischen Revoluttou und

Alle- in dem naiven Glauben,

daß der Libe­

ralismus jener Zeit gar keine Parteirichtung, sondern etwa- Selbstverständliche-, die Freiheit selber sei.

seiner Geschichte de-

In

unterscheidet Pölitz -wei Perioden:

europäischen

Staatensystem-

Durchführung der religiösen Freiheit (1492

—1789), der polittschen Freihett (seit 1789).

Uebrigen- läßt sich nicht leugnen,

daß in seinem Werke- ein für die Zett der Karlsbader Beschlüffe re. sehr achtbarer

Freimuth über Landstände, Preffe, Revoluttonen re. spricht.

Pölitz' Nationalökonomik, fast ohne

unmittelbare-

Studium ausländischer

Literatur, stützt sich größtentheU- auf Lotz (II, 187); wa- die Ausnahmen von

der verkehr-fteihett betrifft, auch auf Sartorius (H, 120). An Jakob und Sodeu wird die Aussonderung der Nation.alökonomik au- der StaatSwirthscha ftSlehre gerühmt (9).

Uebrigen- soll die BolkSwirthschastSlehre

10 bi- 20 Jahren entstanden fein (I, 20).

wie da- Naturrecht -um Staat-rechte,

-ur StaatSwirthfchastSlehre,

wendig früher ein Bolk vorhanden fein muß, bevor ein Staat

(II, 5 ff.)

erst vor

Sie verhütt sich nämlich nach Pölitz „wett noth­

entstehen kann."

Sonderbarer Weise wird aber doch von Steuern bereit- in der vor­

staatlichen „Recht-gesellschaft" geredet (7b);

ebenso

von

gesetzlichem Mün-suße

(83): obschon die Banklehre re. zur StaatSwirthfchastSlehre gehört, weil Banken den Staat voraussetzen (81).

So kurz seine Darstellung ist, — 101 S. für die ganze Bolk-witthschastSlehre,

die Widerlegung der Einwürfe

gegen da-

Maschinenwesen

(64)

nur

25 Zetten lang! — so wenig präcis kann sie doch genannt werden. Statt „fein"

wird oft ohne allen Grund „sich al-

etwa- ankündigen" gefetzt;

statt „sowohl

— al- auch", sehr oft „thettS — theil-"; Arbeitslohn, Kapitalgewinn und Grund­

rente heißen „Bedingungen, worauf die Bettheilung und Vermehrung des BolkS-

vermögenS beruhet" (89).

Obwohl die „möglichst

höchste Verkehr-fteihett der

höchste Grundsatz der StaatSwitthschaft ist" (181), so muß der Staat doch „den

Eigennutz deS Individuum- in allen den Fällen beschränken,

wo derselbe feinen

Vortheil auf Kosten der Wohlfahtt anderer Staatsbürger befttedigen will." Hier­

her rechnet Pölitz aber auch den Fall, wo

der Kapitalist 6—7 Proc. fordett;

derselbe soll nur insoferne frei sein, al- er sein Kapttal beliebig an Grundbesitzer oder Kaufleute re. au-leihen darf (116).

„Einer

der

wenigen Punkte,

wottn

Pölitz von Lotz abweicht''- besteht dattn, daß keine volle Gewerbefteiheit -wischen

Land und Stadt gelten soll,

wttl die Städter meist keine

ländlichen Gewerbe

175. treiben können,

Pölitz.

wohl aber umgekehrt (148).

843 Die so oft vorkommende liberale

Intoleranz äußert sich darin, daß „alle Winkelschulen mit unerbittlicher Strenge

aufgehoben, die Privaterziehung in Familien so viel alö möglich beschränkt, kein Privatlehrer von einer Familie gewählt werden soll, behörde geprüft hat" rc. (349). ') Aeußerung,

den nicht die Provinzial­

Wie unhistorisch dieser Mann war, zeigt die

daß gegen Abschaffung der Brache,

gegen Stallfütterung re.

nur

„Borurtheile" sein können, welche der Staat ,,mit Umsicht und Kraft" bekämpfen muß (143). Wie unprakttsch, (ttotz seiner Nichttheorie!) der Rath, in Armenhäusern re.

höchsten- zwei Personen beisammen schlafen zu laffen (320).

Mit der naiven

Zuversicht, welche die Schwierigkeiten großentheil- gar nicht ahnt, da- Papiergeld

dürfe höchsten- halb so viel betrogen,

lehrt Pölitz,

wie die Staat-einkünfte

(189), die Steuern höchsten- 20 Proc. vom Reineinkommen der Pfiichttgen (211);

wo 7e der Bodenfläche mit Wald bestanden sei, könne kein Holzmangel eintreten u. dgl. m. (235);

ein Staat-bankerott vernichte den Credit der Regierung auf

immer (263). Und wie lange hat dieser Manu für die gebildete Mittelklaffe Deutschlands eine große Auctorität besessen!

Zweiunddreißigstes Kapitel.

Höchste Ausbildung der Lmtth'schen Lehre in Deutschland.

176. Während der zwei Jahrzehnte von 1820—1840

die Schule Ad. Smith'- noch immer vorherrschen. gar zu,

sehen wir

in England

Ihre Popularität nimmt so­

wie ja fast überall die größte Extensität einer Kunst oder Wiffenschast,

ihre größte Ausbreitung und Beliebtheit beim Publicum zutreten pflegt *)

nach

der

Zeit ihrer

also nach der Schöpfung ihrer klassischen Meisterwerke ein»

größten Intensität,

Aber der Primat der englischen Nationalökonomik im Ganzen

hat bereite aufgehört.

Die tonangebenden Schriftsteller verfassen elegante Lehr­

bücher, wie I. Mill, Whately, Senior, in denen sie die Forschungen ihrer großen

Borgänger, zumal Ricardo'-, systemisiren, mitunter auch in sehr glücklichen Aus­

drücken präciflren, legen.

da sie durchweg

auf die Terminologie

ein

große- Gewicht

Oder aber sie wenden die, al- endgültig anerkannte, Schuldoetrin

in größerer Ausführlichkeit auf die neu entstehenden TageSintereffen an:

viele hervorragende Abhandlungen

bloß

wie so

Oder

endlich e-

•j Man denke an unsere deutschen Liederkränze, Mustkfeste rc.

lange nach

de- Edinburgh Review.

l) Pölitz war zeitlebens unverheirathet!

Mozart'- und Beethoven'- Tode!

844

XXXII. Höchste Ausbildung der Smith'schen Lehre in Deutschland,

die bisherige Wissenschaft -u popularistreu, wie von

werden Versuche gemacht,

H. Martineau;

wobei daun freilich manche Toncession an den immer demokra­

hereiuschlüpst,

tischer werdenden Zeitgeist

Strengste würden zurückgewiesen haben:

die

welche

großen

die nicht auf „Verdienst",

schaftlichen Rangunterschiede,

auch wider alle großen Landgüter, Erstgeburt-rechte rc.;

Zukunft,

Klassiker

auf-

so z. B. Abneigung wider alle gesell­

d. h. Wahl beruhen, Herbeiwünschung einer

welche die Frauen den Männern gleichstellen, die Strafjustiz und dis-

grace of indigence

abschaffen

soll

rc.

Zu

bedeutenden neuen Forschungen,

welche mit denen der großen Vorgänger einigermaßen vergleichbar sind, hat sich in dieser Periode nur Tooke erhoben,

deffen preisgeschichtliche Arbeiten

auch

die Lehre vom Bankwesen so mächtig förderten. Dagegen ist z. v. Jone-, mit fttf seiner mehr breiten als tiefen Gelehrsamkeit, zu wenig in da- Verständniß

der Ricardo'schen Rentenlehre

eingedrungen,

um sie mit wahrem

wiffenschast-

lichen Erfolge zu bekämpfen.

Da- ep^igonische Wesen der Zeit äußert sich in der selbstzufriedenen Un­ fähigkeit, da- wachsende Beobachtungsfeld anzubauen, wie denn z. v. jede Be­ nutzung der gleichzeitigen deutschen Literatur

Geographie,

blindlings

verschmähet wird;

womit ein Mann wie Macculloch dicke Bücher schreibt

der Aeußerlichkeit,

Statistik,

Handelskunde,

Finanzen,

in

über

volkswirthschaftliche Literatur­

geschichte, ohne deren Inhalt irgendwie zur Bereicherung seiner Nationalökonomik

zu verwerthen:

eine Beschränktheit der Auffaffung,

die Whately sogar zu dem

Vorschläge führt, den Namen der politischen Oekonomie gegen den der Katallaktik zu vertauschen!

thun,

Man

übertreibt,

die Fehler der letzteren.

triebener MalthuS.

Punkte getadelt,

werden können.

wie eS die Schüler

großer Meister

so oft

So ist LhalmerS -um großen Theil ein über-

So hat Macculloch

an Ad. Smith

großentheils eben die

welche gegen Ricardo'S Fehler als Heilmittel hätten gebraucht

Ricardo'-Preislehre wird bei ihm, unter gänzlicher Verkennung

von deffen Methode, zu dem Satze übertrieben, eS sei ganz falsch, Angebot und

Nachfrage als Bestimmung-gründe deS Preise- zu betrachten.

könnte der Socialismus von der Spitzfindigkeit ziehen,

Welchen Vortheil

womit bei Macculloch

selbst der preissteigernde Einfluß de- längern Ausstandes der Kapitalien aus Ar­

beit zurückgeführt wird?

Jene mammonistischen Irrthümer, welche oft sehr un­

gerechter Weise Ad. Smith und Ricardo zugeschrieben werden,

lich auf.

treten hier wirk­

So Macculloch'- Ansicht von der völligen Unschädlichkeit de- Absen-

teiSmuS; sein Nachweis, daß Maschinen immer nützen, dem Arbeiter sogar noch

mehr, al- dem Kapitalisten.

Oder gar seine bis -um Ueberdruffe durchgeführte

Bei Ure,

dem Hauptbewunderer

ist da- Entzücken darüber,

daß eS jetzt gar nicht

Gleichstellung der Menschen mit Maschinen.

deS neuern FabrikenthumS,

mehr auf die Geschicklichkeit des Arbeiter- ankomme, alle Arbeiter, selbst Kinder,

einander gleich seien rc, doch wirklich sogar vom Standpunkte des MammoniSmuS ein sehr kurzstchttgeS;

sowie auch I. Mill mit seinem Vorschläge, alle künfttgen

Erhöhungen der Grundrente bis zur LonfiScatton zu besteuern, für die Gefahren

deS Socialismus völlig blind gewesen sein muß.

845

176. Englische Epigone», Ganilh, SiSmondi, Socialisten. Auch

im gleichzeitigen Frankreich ist

Say'S, wie DeStutt de Tracy, Droz, Blanqui,

worden.

die

durch

strengeren

Nachfolger

die Wiffenschast kaum befördert

Andererseits war hier die Reaction gegen das Smith'sche System viel

eher bedeutend und viel erfolgreicher, als in England.

Unter den wiffenschast-

lichen Gegnern der unbeschränkten Handel-steiheit, wie der algebraische Lazaux,

dcr dialogische Suzanne rc. nimmt Ganilh eine ähnliche Stellung ein, der Kolonien

wie in

Er hat in seiner Theorie deS Geldes, der Schutzzölle re.,

Deutschland später List.

die Einseitigkeit der Emithianer oft sehr glücklich corrigirt, wenn

auch zum Theil aus zu weit reichenden Gründen und mit sehr unvollkommenen

Ebenso in seiner, an MalthuS angelehnten, Betonung de-

statistischen Belegen.

worin ihm, mit den merkwürdigsten Uebertreibungen,

ConsumS:

Biel bedeutender noch ist SiSmondi,

zur Seite steht.

Verschmelzung italienischen,

und

stanzösischen

St. EhamanS

den seine persönliche

schweizerischen Wesen-

und sein

umfaffendeS Geschichtsstudium schon früh auS der zuerst eingeschlagenen Smith'schen Richtung wieder herau-führten.

In seinen späteren Schriften (seit 1819)

hat er in bahnbrechender Weise gegenüber den Sachgütern da- persönliche Wohl«

befinden der wirthschaftenden Menschen

haltigkeit der Production

eben darum gegenüber

hervorgehoben;

die ja auch

der bloßen Production die Verkeilung der Güter,

von der größten Bedeutung

ist;

für die Nach­

und gegenüber der

freien Eoncurrenz die Aufsicht de- Staate- zum Schutze der Schwächeren, wobei

dann steilich

ein

großer Theil der

wieder aufhören müßte.

tiftir

neuern Gewerbe -

SiSmondi'- Abneigung

und Ansiedlung-freiheit

gegen alle

und deren abStracteS und kosmopolitische- Wesen

bloße „Ehrema-

steigerte sich schließlich

zwar nicht zu eigentlichen Vorschlägen reaetionärer oder socialistischer Art, wohl

aber

zu einer höchst bittern Verurtheilung

fast der ganzen neuern Hochkultur,

die am Ende nur auf ein Overtrading und Undereelling hinau-laufe und des­

halb wenigstens nicht durch positive StaatSmaßregeln zu befördern fei.

Wie SiSmondi von den neueren Socialismus Frankreich

am nächsten steht,

wiffenschaftlichen Nationalökonomen

dem

so hat dieser letztere um dieselbe Zeit in

seine höchste wiffenschastliche Blüthe

getrieben.

Zwar die frühesten

Schriften St. Simon'- und Fourier'- datiren bereit- von 1802 und 1808; doch

gehören die Hauptwerke beider Männer und

mehr noch die eigentliche Verbrei­

tung ihrer Lehren durch Männer wie Bazard,

der Zeit nach 1820 an.

an prakttschem Einfluß

Enfantin, dornte,

Cousiderant,

Und e- läßt sich nicht leugnen, wie diese Schriftsteller auf ihre Zeit

mit den heutigen Socialisteuführern gar

nicht verglichen werden können, ebenso sehr überragen sie die letzteren an wissenschastlicher Bedeutung.

E- kommen in der neuesten socialistischen Literatur sehr

wenige erhebliche Gedanken vor,

sprochen wären,

die nicht bereit- von jenen Franzosen ausge­

noch dazu meist in einer viel würdigern,

Und wie überhaupt

geistreichern Form.

die bedeutenderen socialistischen Systeme durch ihren Tadel

bestehender Berhältniffe dem wiffenschaftlichen Nationalökonomen viele sehr nütz­

liche Fingerzeige der Kritik geben,

so kann der Leser,

der Spreu von Korn zu

sondern versteht, au- den Schriften namentlich St. Simon'- und seiner Schüler

UM Höchste Au-büdung der Smith'fchen Lehre in Deutschland,

846

Den

auch positiv ganz vortreffliche geschichtsphilosophische Anregungen schöpfen.

besten Beleg hierfür

die voll-wirthschaftlichen Arbeiten

geben

M. Chevalier*-,

nachdem derselbe seine saint-stmonistischen Jugendhörner abgelaufen hatte.

In Deutschland, speciell dessen Mittelstaaten, ist um die nämliche Zeit auf dem Boden der Smith'schen Lehre durch Rau eine encyklo­ pädisch-praktische Zusammenstellung alles früher Geleisteten versucht worden, wie sie bis dahin kein anderes Volk besaß; Nebenius hat in großem Stil einzelne wichtige Theile des Systems monographisch ausgebaut, Hermann die Grundlagen des Ganzen mit fruchtbarstem Scharfsinne revidirt, endlich v. Thünen durch neue Entdeckungen nicht bloß einzelne bedeutsame Lehren zugefügt, sondern zugleich die Me­ thode der Wissenschaft im Allgemeinen verbessert. welche die Smith'sche Lehre

Um das Verdienst der Männer zu würdigen, in Deutschland

zu ihrer höchsten nöthig,

zuvor dieselbe Lehre

geführt haben,

erreichten Stufe

in einem ihrer gleichzeitigen,

scheint

Ich wähle zu solchem Zwecke

stehen gebliebenen Bertteter zu schildern.

eS

aber unproductiven, den

Kasseler Karl Murhard (1781 — 1863).

Während

der

Rheinbund-zeit war dieser Mann

mundung-Wünschen noch stark erfüllt gewesen.

Gegenstände der N.-Oek." (1808) räth er, Grundeigenthums durch



die

polizeilichen Bevor­

allzu große Zersplitterung

eine höhere Besteuerung

ungen zu hemmen! (300.)

von

In seinen „Ideen über wichtige

de-

der gar zu kleinen Besitz,

Einen Staatsschatz empfiehlt er namentlich, —

da-

mit der Staat an Privatunternehmer Vorschüsse machen könne! (168 fg.)

Seine späteren Schriften stehen ganz auf dem Standpunkte der neuen Wis.

senschast, die einer Menge der widersinnigsten Behauptungen gefolgt sei, und in der wir eS nun,

bracht.

Dank Ad. Smith und dessen Nachfolgern,

Die Wissenschaft ist jetzt ziemlich fertig ;

und angewandt

werden.

Dazu will der Verfasser durch

Gelde- und der Münze" (1817),

beitragen.

punkt, wo die Schule von ihrer Theorie gerade satt ist,

„Theorie de-

wie er denn

der Bodenmobilisirung ausführlich erörtert.

z. B.

(1831),

Es ist der Stand-

ohne bereits Neue- zu

UebrigenS darf man, ttotz jener speciellen Titel,

keinen Specialisten halten:

seine

„Theorie und Politik des Handels"

„Theorie und Politik der Besteuerung" (1834)

verlangen.

so herrlich wett ge.

sie muß nur weiter verbreitet

Murhard doch für

Handel II, 91

die Frage von

Auch besteht ein großer Theil seiner

Bücher nur aus Excerpten anderer, aber fast nur deutscher Schriftsteller,

von

denen er namentlich So^en höchlich verehrt. (Geld, 310 ff.) Wie doctrinär Murhard ist,

zeigt sich Besteuerung, 255,

Schwierigkeiten und Ungleichheiten der Erbsteuer

sie betont wird,

berifch, werden,

daß sie „auf da- Kapital falle".

weil sie keine Schranke in sich selbst haben,

wie eS möglich ist,

wo neben den

doch al- Haupteinwurf

gegen

Durchfuhrzölle heißen räuvielmehr so hoch angesetzt

ohne die Straße zu veröden (17).

ES klingt in

847

176. 177. Murhard, Rau.

hohem Grade bornirt fteihändlerisch,

daß die Freihäfen

gänzlich verschwinden

und alle Punkte dem freien Verkehr aller Völker offen stehen sollen, „tocnn der

Handel allgemein

I, 381).

nach den Grundsätzen der N.-Oek.

betrieben wird"

Ebenso unhistorisch, wenn Tolbert'- System

(Handel

„bit schrecklichste Geißel

Wie gering Murhard'- Rational­

de- 18. Jahrhundert-" heißt. (II, 13 fg.)

gefühl war, -eigen die bitteren Worte über den Zollverein, der auf der Chimäre de- geschloffenen Handel-staate- beruhe (Best., 599).

ganze Richtung seiner Schriften ist der Satz, nächst bloß für fich sorgt;

Sehr bezeichnend für die

daß heutzutage jeder Bürger zu­

die Sorge für'- Vaterland hat die Regierung über­

nommen : dafür zahlt da- Volk Steuern rc. (527.)

che- der Staat schützt, darf besteuert werden;

Rur da- Einkommen, wel­

da- vom Ausland bezogene nicht

Allmälich sollte man auf eine Einkommensteuer al- einzige directe Ab­

(465).

gabe hinwirken (570): aufgehoben wird,

eine Ansicht,

deren scheinbare Exaktheit freilich dadurch

daß man den stande-mäßigen Faunlienbedarf

abziehen

soll

Die Grundsteuer sieht Murhard al- eine dem Staat gehörige Reallast

(451).

an, die mithin abgelöst werden kann, der sie später gar nicht mehr fühlt,

295).

So schon in der Zeitschrift:

neben welcher indeffen dem Eigenthümer,

eine Einkommensteuer aufzulegen ist (365.

„Westphalen und Hieronymus Napoleon",

1812, Bd. I.

Wie e- bei* unproductiven Schülern großer Meister oft vorkommt,

so ist

Murhard bemühet, seine Selbständigkeit wenigsten- durch terminologische Neue­ rungen zu beweisen, womit er fteilich wenig Glück hat.

Ich gedenke der Aus­

„Geld-Jdeal-Real-Münze* für Silberscheidemünze und „Waaren Ideal«

drücke:

Real-Müu-e" für Kupferscheidemünze 1 (Geld, 165.)

177. Da die Stärke von Karl Heinrich SRau1)

vornehmlich

auf

seiner encyklopädischen und praktischen Zusammenfassung aller bisher in Deutschland vorhandenen volkswirthschaftlichen Einsicht beruhet, so

ist eS von Wichtigkeit, über seine unmittelbarstenVorgänger

sein

eigenes

Urtheil zu hören.

lehrer (1808—1812), Harl und Lips,

Seine Erlanger Universitäts­

nennt

er „ungenügend, jenen

einen stumpfen, diesen einen abenteuerlichen, flüchtigen Kopf";

Soden,

welcher als Freund des älterlichen Hauses „Vieles

besprochen, voll Geist und sehr vielseitig,

Graf

mit ihm

aber an Logik und Syste­

matik mangelhaft." Hufeland und Lotz „schienen ihm über Werth und

Preis den besten Weg eingeschlagen zu haben, den die Engländer und

*) Geboren zu Erlangen 1792, wurde er Professor daselbst 1818, in Heidel­ berg 1822 und starb am letztem Orte 1870.

848

um

Höchste Huebtlbung der Smith'schen Lehre tu Deutschland.

Franzosen wegen

der Zweideutigkeit von value, valeor nicht finden

konnten." In Ad. Smith, den er natürlich „stets sehr hoch hielt, ver­

mißte er die Bekanntschaft mit anderen Ländern, ferner staatswissenschaftliche Anhaltpunkte

außer Frankreich,

und durchgeführte Syste­

matik". ')

Gleich in seiner frühesten akademischen Vorlesung (1812) „legte er die Scheidung der reinen Dolkswirthschaftslehre von der sog. Wirthschaftspolizei zu Grunde,

welche letztere,

wie

die Politik überhaupt, besonderen Verhältnissen der Länder und Völker

angepaßt werden muß, während jene den exacten Wissenschaften näher zu stehen scheint, und vielfältig nach mathematischer Methode behandelt

werden kann."

Dieser Scheidung ist Rau bis zum Ende treu geblie­

ben, indem sowohl die älteste (1826 ff.), wie noch die neueste Auflage seines großen Lehrbuches

(1868 fg.) in drei Theile zerfällt:

Volks­

wirthschaftslehre, Dolkswirthschaftspolitik, Finanzwissenschaft. Es liegt

hierin eine halbe Rückkehr zu der Eintheilung der Wissenschaft, wie

die älteren Cameralisten sie liebten,

in Oekonomie, Polizei, Finanz:

was sich zum Theil daraus erklärt, daß Rau überhaupt eine schöne, damals seltene Kenntniß

der ältern deutschen Fachliteratur besaß.')

Gewiß find dadurch manche Weitläufigkeiten und Wiederholungen ver­ anlaßt worden;

aber ebenso

gewiß

auch

den Praktikern, wie

Staatsbeamten, Lanötagsmitgliedrrn rc., der Weg zur Anwendung der

Theorie erleichtert.

Rau liebt es namentlich, wenn er eine einzelne

praktische Frage behandelt, wie z. B. die von den GewerbeauSstellungen'), in Narer Uebersicht die Punkte zusammenzustellen, die rin in solchen

Dingen noch ganz unerfahrener Beamter nach einander zu erledigen *) Au» einem, durch würdigste Objectivst ät au-gezeichneten Briefe vom 28. Lpril 1869, den Rau dem verf. auf dessen Bitte zur Selbstcharakteristik

feine« wisseuschckstlichen Entwicklung-gange» schrieb. Für feine spätere ßeit ist e» bezeichnend, wie er in seinem Lehrbuche der politischen Oekonomie (8. Ausl. I, §. 46) in der „Lu-wahl" nenerer Fachschriften nur drei Werke, von Lotz, Hermann und dem Bers., mit dem Zusatze „vorzüglich" hervorhebt. •) Bgl z. B seine Primae lineae hietoriae politicee (1816), Grund­ riß der Kameralwissenschast (1823) und Ueber die Lameralwissenschaft, Ent­ wicklung ihre» Wesen» und ihrer Theile (182ö). •) Lehrbuch II, §. 226.

hat. Er belehrt in dieser Hinsicht nicht wie eine Landkarte, deren Ganzes der Leser sich einprägen muß, um sich dann selbst orientiren zu könne», sondern mehr wie ein Wegweiser, den man in jedem Ein­ zelfalle befragt. Vornehmlich ausgebildet sehen wir diese Stärke und Schwäche in seinem letzten größer» Werke, der Finanzwissenschaft. (I. Ausl. 1832.) In den „Ansichten der Dolkswirthschaft* (1821) erklärt Rau eine Reform der Nationalökonomik besonders in zwei Richtungen für noth­ wendig. Einmal die Wohlstandssorge mehr an allgemeine staatswissen­ schaftliche Grundsätze anzuknüpfen, den Zusammenhang der verschie­ denen Zweige und Formen der Gewerbe mit der ganzen Volkswohl­ fahrt zu studieren, was freilich nicht wäg- und meßbar, sehr complicirt und dadurch schwer ist, auch den Staat leicht zum Zuvielthun verführt. Sodann das Allgemeine in jedem einzelnen Falle mit den besonderen gegebenen Verhältnissen zu verbinden (39). Die örtliche Natur und Geschichte darf der Volkswirth nie übersehen (30). Sehr hübsch nennt Rau die Volkswirthschaft einen freien Organismus (22), der sich von Naturbildungen dadurch unterscheidet, daß bei ihm das Nothwendige durch ein Mittelglied, das menschliche Denken, hindurch­ geht (27). — Aus diesem Grunde sind die meisten Arbeiten Rau's mit zahlreichen geographischen und st a t i st i s ch e u Bemerkungen durch­ flochten. Wie schon die HI. Abhandlung der Ansichten den Einfluß der Oertlichkeit auf die Gestaltung der Volkswirthschaft in fast naturwissenschaftlicher Weise schildert; wie die letzte Abhandlung der­ selben Schrift einen guten Anfang bildet zu einer geistvollen Wirth­ schaftsstatistik von Deutschland: so enthält die akademische Rede De vi naturae in rempublicam (1831) in gar nicht üblem Latein gute Studien nach Ritter über den volkswirthschaftliche» Einfluß der Hochund Tiefebenen, Gebirge, Stromgebiete, des Klimas, der Küsten, der Städtelage und ähnlicher geographischen Momente. Ueberaus reich ist namentlich das Lehrbuch an Verweisungen auf die neuere, zu­ mal deutsche Volkswirthschaftsgesetzgebung. Die Sonderung zwischen Text und Noten für jeden einzelnen §., welche diesem Lehr­ buch eigenthümlich ist, motivirt deffen Vorrede damit, daß „eine Ver­ webung der Zugaben in den Text zwar die Darstellung gefälliger »Oscher, Geschichte Nr NNtO«Ol-Oer,«O»tr te ve«tschla»d. 54

860 XXXII. Höchste «urbildung der Smith'scheu Lehre in Deutschland, gemacht, aber eine Menge Verbindungssätze eingeschaltet und den Um­ fang des Werkes sehr vergrößert hätte. Auch wäre dann der Vortheil verloren gegangen, daß man die §§. ohne die Noten lesen kann, wenn man den Gedankengang rasch überblicken will- (I, S. VI). So wenig dieß Verfahren die meisten Ausländer anspricht, so gut scheint es auf den Geschmack der Deutschen berechnet zu sein, wie der Erfolg nicht allein Rau's, sondern auch vieler anderen Lehrbücher anzeigt. Auf mathematische, bald algebraische, bald geometrische Dar­ stellung volkswirthschastlicher Sätze legte Rau, der schon als Gym­ nasiast, also vor seinem 16. Jahre, Universttätsvorlesungen über Ma­ thematik und Physik gehört hatte, methodologisch großes Gewicht: ob­ gleich er zugiebt, daß sie nichts Neues enthüllen, sondern bloß ver­ deutlichen und abkürzen kann. *). Erheblichen Gewinn für die Wissen­ schaft hat er allerdings nicht daraus gezogen. In der That ist gerade Schärfe des Gedankens und der Sprache nicht die starke Seite Rau's, obschon es ihm nicht selten gelingt, über­ kommenen hasbschiefen Ausdrücken der Wiffenschast einen bessern zu substituiren. So z. B. Verkehrswrrth für Tauschwerth, Verwand­ lungsstoffe für Rohstoffe, Verschreibungen für Effectes, Zinsrrntensteuer für Kapitalsteuer, Maßzülle für Gewichtszölle, Aufstchtsrath eines Actienunternehmens für Verwaltungsrath u. dgl. m. Eben dahin gehört seine Verwerfung der seit Ricardo üblichen Definition des Kapitals — aufgesammelter Arbeit: was Rau sehr richtig nicht fsir eine wiffenschaftliche Wahrheit, sondern für eine bildliche Redeweise erklärt.-) Im Ganzen aber fehlt es ihm an philosophischer Eleganz. Gewöhnlich erörtert er statt scharfer Deduktion aus einem allgemeinen Satze nur so, daß er in sehr ungefährer Ordnung «nach­ stehende einzelne Sätze zu Grunde legt." •) Sogar exacten Lehren bricht er gern die Spitze ab: wie z. B. I, §. 189 dem Thünen'schen Gesetze von der größtmöglichen Höhe des Arbeitslohnes. In Bezug auf die Grundrente scheint sich Rau über die fundamentale Frage, ob sie Ursache oder Folge einer gewiffen Höhe des Kornpreises ist, wenig *) «ns., 96. 157. Lehrb. I, §. 116. 269 und Anhang. — *) Lthrb. I, §. 61. - •) So',, v. Lehrb. I, §. 277a.

klar zu sein (I, §. 215 a. 374). Ebenso theilt er, obschon Nachfolger Ricardo's, noch die verwirrte Meinung Ad. Smith's, daß verschiedene Bodenproducte als solche verschiedene Rente gewähren. *) Auch in der Preislehre ist er nicht über die Schiefe des Smith'schen Standpunktes hinausgekommen, wonach der Gewinn des Producenten als ein Be­ standtheil der Productionskosten betrachtet wird.') Nicht schärfer ist die Lehre von der Steuerabwälzung behandelt, wo Rau zugiebt, daß z. B. die Besteuerung der Zinsrenten einen kleinen Theil der Leih­ kapitalien zur Auswanderung treiben kann, dabei jedoch übersteht, wie schon diese kleine Verminderung des gewohnten Kapitalangebotes unter sonst gleichen Umständen eine Steigerung des landesüblichen Zinsfußes herbeizuführen vermag. Da er sich nun aber doch wenig­ stens des Gefühles hiervon nicht ganz entschlagen kann, so appellirt er mit mehr wohlwollender Billigkeit, als wissenschaftlicher Schärfe an die Kapitalisten, daß sie „einer kleinen Verkürzung um so eher sich unterwerfen werden," als ja ein durch Zunahme des Wohlstandes bewirktes Sinken des Zinsfußes ihnen von selbst größere Verluste zufügt (in, §. 380). Wenn Rau bei drückend niedrigen Kornpreisen zur Abhülfe u. A. Meliorationen empfiehlt, welche den Ertrag stei­ gern (H, §. 131); wenn er die Frage der Kornschutzzölle ohne die mindeste Rücksicht auf Malthus tiefsinnige Irrthümer behandelt (II, 131 a): so erkennt man recht, wie seine Richtung der scharfen Abstraction der Ricardo'schen Schule in gewissem Sinne diametrisch gegenüber steht. Ob man darum berechtigt ist, Rau zur historischen Schule zu zählen? Er hat dieser in seinen früheren Jahren ohne Zweifel nahe gestanden. Wie schön sagt er in seiner Preisschrift: Ueber das Zunft­ wesen und dir Folgen seine Aufhebung, (1816), daß die Wahrheit nicht gerade in der Mitte zwischen den Extremen liegt, sondern etwas höher, an der Ouelle, von wo jene Extreme gleichsam als Arme aus­ gehen (136). Ebenso wrrthooll ist die Auseinandersetzung, wie der Jndividualnutzrn keineswegs immer zusammenfällt mit dem gemeinen *) I, §. 218. Zusätze zur Uebersetzung von Storch'» Handbuch III, 346 fg. - *) Lrhrb. I, §. 170.

852

XM1I. Höchste Lu-bildung der Cmith'schrn Lehre in Deutschland.

Nutzen (137); sowie er auch in den Ansichten (34 ff.) das Chimärische auf­

deckt, welches darin liegt, die gesammte Welt als ein großes Arbeits­

ganzes aufzufaffen, eine Auffassung, die auS politisch-nationalen Grün­ den zu mißbilligen sei, obschon sich die Käufer dabei gut stehen möchten.

In der IU. Abhandlung der Ansichten finden wir Keime,

dir bei

voller Ausbildung zu einer wahren Theorie der relativen Nützlichkeit

der verschiedenen Ackerbausysteme hätten führen können. Leider hat sie Rau nachher so gut wie gar nicht entwickelt,

wie schon die von ihm

beliebte Verdeutschung der Worte: „extensive und intensive" Landwirth­ schaft durch: „schwache und schwunghafte" vermuthen läßt.

Die IV. Ab­

handlung der Ansichten enthält sehr gute, leider auch nachmals wenig fortentwickelte') Beobachtungen

der Gewerbe,

über die natürliche Aufeinanderfolge

sowie über die, jeder

besondern Kulturstufe entspre­

chende, Art der Staatswirthschaft. Daß überhaupt unter verschiedenen Umständen verschiedene Maßregeln der Wirthschaftspolitik nöthig sind,

war ihm damals von größter Wichtigkeit. So werden z. B. in Bezug

auf Theuerungspolitik

fünf Hauptstufen

der

volkswirthschaftlichrn

Entwicklung unterschieden: 1) rohe oder kultivirte Jsolirung, 2) Korn­ handel nach Außen, 3) Ausfuhr anderer Rohstoffe, 4) Ausfuhr von

Gewerbeproducten, 5) Vorherrschen des auswärtigen Handels. sieht,

Man

der geschichtlichen Aufeinanderfolge entspricht diese Abstufung

nicht genau.

Aber gut historisch ist der Grundsatz, wo

der Zweck

nicht leidet, immer das mindest zwingende Mittel anzuwenden. Reine

Handelsländer und reine Ackerbauländer sind

von aller Besorgniß

frei. Dagegen lasten sich Maxima, Requisitionen rc. nur im äußersten Falle rechtfertigen,

um Menschen vor dem Hungertod« zu schützen.

Zwischen diesen Extremen in der Mitte mag dann je nach Umständen unter folgenden sechs Mitteln gewählt werden:

Kornrinfuhr, Hem­

mung der Kornausfuhr, Sammlung von Vorräthen, Ersparniß an

der Konsumtion, zumal durch Surrogate, Befreiung und lebhaftere Eoncurrenz der Producenten,

Staatsverkauf

zu mäßigem Preise. *)

*) Noch in der neuesten Auflage der Lehrbuche- (1869) findet sich die gewähnliche Irrlehre, daß die feinen und Luxu-gewerbe später auffämen, als die für da- ordinäre Bedürfniß arbeitenden. (I, §. 405 fg.) ') «ns-, 130 ff.

Gleichwohl ist Rau kein eigentlich histo rischer Kopf. Man sieht dieß klar an der Gleichgültigkeit, Beiläufigkeit, womit er z. B. daS Tucker'sche Gesetz behandelt, welches die geschichtliche Ent­ wicklung der Waarenpreise mit der Entwicklung des ganzen Volks­ lebens parallelistrt.') Es ist bezeichnend, wie gern er sagt: „zu den allgemeinen Betrachtungen über dieß oder jenes liefern geschichtliche und statistische Untersuchungen über denselben Gegenstand eine nütz­ liche Erläuterung". (I, §. 277 a.) I» seiner letzten Zeit hat er über die geschichtliche Methode, bei allem Wohlwollen gegen die Person ihrer Vertreter, das Mißverständniß geäußert, als wenn nach ihr „die Wissenschaft nur in die Vergangenheit blicken dürfte, ohne sich mit den Mitteln zu einer Verbesserung des gegenwärtigen Zustande» zu beschäftigen" (II, §. 9). Wirklich trat bei ihm selbst das historische Interesse früh schon zurück hinter dem rein praktischen im obigen Sinne des Wottes. Zwar ist ihm doetrinäres Absprechen immer fremd geblieben; er hat immer gestrebt, auch den Gegner mit dessen besten Gründen zu Wort kommen zu lassen. Doch ist dieß wett mehr eine Wirkung seiner hohen Gewissenhaftigkeit, Bescheidenheit, Billigkeit im Allgemeinen'), als der specifisch historischen Voraussetzung, daß jedes besondere Volk und Zeitalter auch einer besondern Wirthschaft und Wirthschaftspolitik bedürfe. Zwischen den beiden Hauptarten der Fragestellung in politischen Dingen: Was ist? und: Was soll sein? wonach sich die historische, physiologische,' wenn man will Ari­ stotelische Methode von der idealistischen, unmittelbar praktischen unterscheiden läßt, ist Rau zeitlebens in einer ziemlich inconsequenten Mitte geblieben; nur daß seine früheren Schriften mehr nach jener, seine späteren mehr nach dieser Seite hinneigen. Er fühlte sehr wohl, daß viele Staatsmaßregeln für gewisse Zustände uftt so weniger paffen, je paffender sie für andere Zustände sind. Da er aber gleichwohl die verschiedenen Entwicklungsstufen der Völker nicht scharf unterscheidet, und deren natürliche Aufeinanderfolge wenig beachtet: so verfällt er *) Lthrb. I, §. 185. *) Eigenschaften, die ihn auch zur Redaction de» Archiv» für politische Oekonomie und Polizeiwissenschast sehr geeignet machten: 1834 bi» 1863, seit 1840 in Vemeinschast mit Hanffen.

854 XXXII. Höchste Ausbildung der Smith'schen Lehre in Deutschland,

mitunter in eine Unbestimmtheit, aus der man fast ebenso gut Nein, wie Ja herauslesen könnte. So zeigt sich z. B. (II, §. 339) in der Antwort auf die Frage, ob der Arme ein Recht auf Unterstützung habe, anfänglich eine recht unbestimmte, entscheidung-lose idealistische Auffaffung der Sache, welche dann thatsächlich doch auf eine ebenso wenig scharfe physiologische Behandlung hinausläuft. Wo Rau von dem Erfordernisse eines gewissen Vermögens zur obrigkeitlichen Heirathsconceffion redet (II, §. 15 a), da giebt er zu, daß ein kleines Vermögen keine Sicherheit gegen das Verarmen einer Familie bietet. „Inzwischen gewährt eine geringe Summe immer eine gute Stütze zum Anfänge eines Erwerbsgeschäftes und eine Aushülfe in Unglücks­ fällen. Solches Vermögen kann leicht durch Ersparnis der ledigen Arbeiter, durch Erbschaft oder Verheirathung erlangt werden re." Ein sonderbares Justemilieu zwischen dem Feuerversicherungszwange der Hauseigenthümer und der Freiheit davon sehen wir II, §.25a, wo die Hypothekengläubiger damit getröstet werden, daß sie ja „die Versicherung zur Bedingung ihres Darlehens machen können und dieß ohne Zweifel thun werden, wenn sie nur auf das Wegfallen des allgemeinen Zwan­ ges aufmerksam gemacht sind." Auffällig ist es, wie Rau in seiner Besprechung der Armen-Ackerbaukolonien (II, §. 349) selbst durch die ihm wohlbekannten Mißerfolge derselben in Belgien und Holland nicht zu der Einsicht gelangt, daß seine „Vorsichtsmaßregeln" auf hö­ herer Kulturstufe durch innern Widerspruch unmöglich sind: schon weil hier die, auch nach ihm, allein zur Armenkolonisation geeigneten Personen schwerlich arm sein können. Wo übrigens Rau durch die Unentschiedenheit seiner Methode nicht gehindert wird, da zeigt sich die hohe, auf persönlichem Charakter beruhende Solidität seiner Arbeiten u. A. in feinen Citaten. Wenn er Thatsachen aus zweiter Hand weiß, so citirt er, jeden falschen Prmck verschmähend, immer diese letztere: auch z. B. den Aristoteles, den er gewiß int Original hätte benutzen können, stellenweise in la­ teinischer Uebersetzung (II, §. 76).

178. Zm Allgemeinen läßt sich seine geschichtliche Stellung am kürzesten so bezeichnen, daß er der Dolkswirthschaftslehrer der gut regierten deutschen Mittelstaaten von 1815 bis 1848 gewesen. Wie er auf dem talentvollsten Landtage dieser Staatengruppe (1837 ff.) ein nicht einflußloses Mitglied der badischen I. Kammer war, wie seine Schriften hauptsächlich in dem liberalen und aufgeklärten Beamtenstande Wurzel gefaßt haben: so läßt sich im Großen und Kleinen die Geistesverwandtschaft seiner Lehre mit der praktischen Richtung jener Staaten nachweisen. Zm Großen: wenn z. B. seine Abhandlung über die Krisis des Zollvereins im Sommer 1852 *) den österreichischen Sprengungsversuchen kräftig entgegentrat. Im Kleinen: wenn er z. B. von den Domänenpächtern sagt, der Staat dürfe und solle sie schonender behandeln, als ein Privatmann zu thun schuldig ist'); oder wenn er aus finanziell gewiß nicht durchschlagenden Grün­ den die Regalität des Tabaks verwarf (in, §. 204 a). Auch darin läuft die theoretische Entwicklung Rau's der prakti­ schen im heutigen Deutschland parallel, daß beide stch mehr und mehr den Idealen der Gewerbe- und Handelsfreiheit genähert haben. Während das Lehrbuch die Regierung statt des befehlShaberischen Eingreifens am liebsten zur bloßen »Ermunterung" auffordert, hofft noch die Borrede zu den Ansichten der B. W., »man werde nicht gleich als Bekenner des Zwangs- und Derfinsterungssystemes gelten, wenn man nicht annehme, daß der Volkswohlstand stch am besten von selbst mache und die Regierung, wenn sie Hindernisse ge­ hoben, sonst am besten nichts thue." In derselben Schrift (216 ff.) empfiehlt er, für Zertheilung der Bauergüter ein nach den Oertlichkeiten verschiedenes Unterhalts­ minimum als untheilbar festzustellen, das nur mit obrigkeitlicher Ge­ nehmigung unterschritten werden darf, außer beim Gartenbau, Wein­ bau re. Nachmals hat Rau zu den bedeutendsten Wirthschaftslehrern gehört, welche der Reaction gegen den Grundsatz der freien Bo de nmobilisirung, die namentlich seit 1849 so viele Staatsgewalten *) Archiv, R. Folge, »b. X. - ») Lthrb. m, z. 117.

856

XXXII. Höchste Ausbildung bet Smithlchnl Lehre in Deutschland,

ergriff, eigentlich gar kein ZugestSndniß machten. Gegenüber manchen

Befürchtungen hebt er mit Recht hervor,

daß die Zerstückelung im

Erbwege doch auf die Länge nicht rascher wachsen könne,

als die

Menschenzahl.') Auch die Latifundienbildung als schließliche Folge des

freien Grundstückorrlehrs fürchtet er in den heutigen Zuständen der Volkswirthschaft nicht (II, §. 80). Sonderbarer Weise meint er zugleich,

die Erfahrung zeige, daß Familienfideicommiffe zur Erhaltung adeliger Häuser nichts helfen (II, §. 83). Für die bäuerlichen Ablösungen hat stch das Lehrbuch immer sehr intereffirt;

und zwar in dem Sinne,

gegenüber der Hermann'schen Warnung vor dem «Aberglauben der

völligen Lastenfreiheit,"

daß schon der bloße Wunsch des Bauern,

seinen Hof «gänzlich frei" zu besitzen, als ein kräftiger Sporn wohl berücksichtigt werden muffe (II, §. 53).

Ueber die Fortdauer eines, von manchen Auswüchsen gereinigten, Zunftwesens dachte Rau in seiner Preisschrift von 1816 sehr günstig, auch abgesehen von deffen ursprünglicher freiheitlichen Bedeutung (42).

Die in Zunftrechten rc. bestehenden Kapitalien vergrößern zwar das Volks vermögen nicht unmittelbar, aber doch insofern, als sie Creditunterlagen sind (8). Dorfhandwerker würden das städtische Gewerbe ruiniren (60).

Ueber allgemeine Wohlfeilheit, die eine Folge der Gewerbefreiheit und wohl dem Einzelnen, aber nicht dem Staate wünschenswerth sei, werden

ziemlich confuse Vorstellungen ausgesprochen (69). Die Abhaltung der

Laien vom Gewerbsbetriebe liegt im Interesse der Kunden (90). Bei der Gewerbefreiheit werden die Industriellen verarmen; nur die Ober­ flächlichen,

die rasch von einem Zweige zum andern überspringen,

halten stch (100).

Daher eine große Vermehrung der Armenlast zu

erwarten ist (104). Jeder Handwerker wird durch Verheimlichung seines besten Wissens gerade in der Gewerbefreiheit eine Art von Kasten­ erblichkeit wiederherstellen (115). Auch wird es bald gar keine größeren

Gewerbeanstalten mehr geben, da sich Alles zersplittert (119). Jeden­

falls sollte ein Gesell, der heirathen will, zuvor seine Fähigkeit, eine

Familie zu ernähren, Nachweisen (150).

In dieser ganzen Beziehung

hat Rau später «manche seiner Ansichten in Folge neuerer Erfahrun-

') Lehrb. n, §. 79.

gen geändert".') Ohne Zweifel gilt dieß auch von dem Wunsche (1821), daß es doch möglich sein möchte, den Eintritt der Großfabri­ kation ganz zu vermeiden. *) Ueber die internationale Handelsbilanz ist Rau von den Uebertreibungen, welche seit Hume gegen die altnlercantilistische An­ sicht herrschend waren, immer frei geblieben. Schon in den Zusätzen zu Storch (1820) wird die besonders reizende, belebende Kraft aner­ kannt, wodurch sich das Geld von anderen Waaren unterscheidet (397). In der VI Abhandlung der Ansichten lassen sich viele der später von TorrenS entwickelten Keime nachweisen, minder mathematisch scharf, aber mehr naturwahr, als bei diesem. Sehr gut wird unter­ schieden, ob ein Land mit Gelde bereits gesättigt ist, oder nicht (157); ebenso ob die Waareneinfuhr Luxusartikel oder Erwerbsstamm in's Land bringt (163). Hinsichtlich der Schutzzölle hebt Rau das wider­ streitende Jntereffe der Kaufleute und Fabrikanten hervor, woneben die Bauern und Handwerker meist schweigen (144). In der anziehen­ den Schrift: Malthus und Say über die Ursachen der jetzigen Handels­ stockung (1821), welche das Wesen dieser beiden ausgezeichneten Volks­ wirthe sehr treffend charakteristrt, werden die Zölle geradezu gerühmt, weil sie eine schlimme, auf Fremdenüberschätzung beruhende, Handels­ bilanz verhindern (281). Dagegen ist es eine gewaltige Uebertreibung, die an List's Rodomontaden erinnern könnte, wenn in England »Nie­ mand an der Bortheilhastigkeit hoher Gewerbeschutzzille zweifeln­ soll '); ebenso die Schilderung, wie Deutschland bei großer Einfuhr fast nichts ausführe. (177 fg.) Späterhin ist Rau zwar kein ganz unbedingter Freihändler geworden *); aber eS bleibt doch charakteristisch, daß er zur künstlichen Hebung deS Gewerbfleißes immer noch eher (die politisch so höchst gefährlichen!) Staatsprämien zugiebt, als Schutzzölle, weil sich bei jenen die Größe deS übernommenen Opfers genauer voraus berechnen läßt (st, §. 214). Wie Rau in seiner frühern Zeit dem Staate mehr Einfluß auf die Volkswkrthschaft einräumen wollte, so hat er sich damals über­ haupt für Staatliches, zumal an der Hand von Bodinus und ') 8. II. 8- 178. - ') «., 121. - ’)

173. — «) 8. H, fi. 206 ff.

Muratori, wissenschaftlich mehr intereffirt, als später. Eipe so geistunb liebevolle Schilderung, wie der Corporationsstaat durch den Po­ lizeistaat hindurch zum Verfaffungsstaate übergeht«), wird man in seinen späteren Schriften kaum aatreffen. Das Buch über MalthuS und Say berührt aufs Angenehmste durch seinen warmen Eifer für politische Freiheit, Verbesserungen von Bundeswegen rc. Den vor­ trefflichen, so überaus fruchtbaren Gedanken, daß die Steuerzahlung ein vom Staate erzwungener Ankauf persönlicher Güter mit sachlichen sei, der Freiwilligkeit um so näher stehend, je vollkommener der Staat, und je einsichtiger die Unterthanen sind, hat das Lehrbuch (in, §. 267) nur ganz beiläufig angedeutet. Seine Polemik gegen die Auffassung der sog. arbeitenden Klassen als eines eigenen vierten Standes (I, §. 187) scheint von einer beträchtlichen Unterschätzung der politischen Tragweite dieses Begriffes zu zeigen. Auch die Sprache ist in den früheren Schriften viel lebhafter und anziehender, als in den späteren. Aus dem Strebeu, jeden Augenblick praktisch und klar zu sein, hat das Lehrbuch doch mitunter wirklich etwas triviale, selbstverständliche Sätze ausgenommen: so z. B. daß „zur Entwerfung des Planes bei Zusam­ menlegungen, zur Berathung und Ausführung desselben der Beistand eines sachkundigen und geübten Geschäftsmannes von großem Nutzen ist" (H, §. 100); oder daß es „dürftigen Familien besonders wohl­ thätig ist, wenn ihnen aus den von der Regierung angeschafften Kornvorräthen Brot zu einem niedrigen Preise verschafft wird" (H, 8. 140). Bon einzelnen Bereicherungen und Verbesserungen, welche die Wiffenschaft Rau verdankt, find namentlich folgende hervorzuheben. Die gleichmäßige Berücksichtigung von Gebrauchs- und Tauschwerth der Güter (I, §. 66 ff ), während so viele Irrthümer anderer Volkswirthe aus Einseitigkeit in dieser Hinsicht hervorgegan­ gen sind. Der Unterschied des abStracten und concreten Gebrauchs­ werthes. (I, §. 61 ff.) Die auf richtiger Beachtung des DolkSganzen bemhende Ansicht, daß die Verwohlfeilerung einer Waare nur dann schlechthin gemeinnützig ist, wenn sie durch Ersparniß an einer Ver*) Zunft»., 134.

178. Ra«.

859

zehrung entstanden ist, die keinem Menschen nützte. *) Die konsequente

Berechnung des reinen Volkseinkommens aus den Reinerträgen aller nationalen Produktionszweige'): ein Verfahren, das freilich auf die

nicht in den Verkehr gelangenden Güter höchst unstcher anzuwenden ist und über die Vertheilung des Volkseinkommens gar keinen Auf­

schluß gewährt,

das aber mit der später von Hermann empfohlenen

Berechnungsart,

das Einkommen aller Einzelwirthschaften zu sum­

miern, sich wechselseitig auf'- Glücklichste ergänzt.

Die Weiterbeför­

derung der Ricardo'schen Grundrentenlehre durch Nachweis des Ein-

flufseS, welchen die Lage deS Grundstückes übt (I, §. 213);

schon in

der I. Auflage des Lehrbuches, also gleichzeitig mit dem Thünen'schen

Jsolirten Staate. Die Bekämpfung der Ansicht, als wenn die Nach­ frage nach Arbeit von der Größe des nationalen Kapitals, oder auch

nur des umlaufenden Kapitals bestimmt würde (I, §. 195).

In der

Streitfrage über den Vorzug der großen oder kleinen Gutswirthschaft •)

mangelt es Rau zwar ganz an derjenigen Schärfe, die alle sonstigen Umstände gleichsetzt, um das, was geprüft werden soll, nämlich der

Einfluß der Wirthschaftsgröße, rein auszuscheiden.*4)

Dagegen ist in

der Abhandlung über das Minimum eines Bauerngutes') ein schöner

Anfang gemacht, zwei wesentlich verschiedene Begriffe, die zur Be­ schäftigung und die zur Ernährung einer Familie hinreichende Mini­

malfläche, zu sondern.

Sehr gut ist die Klaffificirung der landwirth-

schaftlichen Ertragsanschläge je nach der Verschiedenheit ihres Zweckes. *)

Ebenso die, später von ihm nicht weiter entwickelte, Eintheilung der Gewerbe nach der Localistrung oder Ausdehnbarkeit ihres Absatzes?) und die schöne Vergleichung der Werkzeuge mit einzelnen menschlichen

Gliedmaßen. •) Andererseits darf es als Rückfall auf eine schon überschrittene

Stufe der Wissenschaft bezeichnet werden, wenn Rau die persönlichen Dienste für unproductiv hält, oder doch höchstens, Handel, für mittelbar productiv. (I, §. 105 ff.)

ebenso wie den

Einer Inkonsequenz

') Zusätze Storch, 336. - *) L. I, g. 247. - •) Rr. HL — 4) So noch L. I, §. 368 ff. II, §. 78. - •) Archiv, R. F-, vd. H. fortgesetzt Tübinger Ztschr. 1856. — «) L. Ill, §. 122. — *) Zmlftw., 168 ff. •) ß. I, §. 125.

860

XXXII. Höchste Ausbildung der Smith'schen Lehre in Deutschland,

freilich hat er sich hierbei nicht schuldig gemacht, da er den Begriff der persönlichen Güter bestreitet (I, §. 46 a), die Güterqualität der nützlichen BerhLltnisie nicht gelten läßt (I, §. 49) und seinen Productionsbegriff durchweg festhält: so z. B. in der Definition des volkswirthschaftlichen Kapitals (I, §. 63), in der Berechnung des Volkseinkommens (I, §. 248. II, §. 305. III, §. 343) u. s. w. Wie sehr er sich aber damit von seinem Jugendideale, die ganze Volks­ wirthschaft als Einen großen Organismus aufzufassen, entfernt hatte, mochte er selbst wohl fühlen, als er „die Unterscheidung der pro­ ductiven und unproductiven Arbeiten zwar den Begriffen nach voll­ kommen begründet, aber schwer so durchzuführen" nannte, „daß eine bestimmte Gränzlinie beider Gattungen durch die Gesammtheit mensch­ licher Beschäftigungen gezogen werden könnte" (I, §. 109).

179. Auch Friedrich Benedict Wilhelm Hermann') gehört nicht zu den Eitelen, welche ihrer eigenen Originalität durch Ver­ schweigung oder gar Verkleinerung ihrer Vorgänger eine bloß für Nichtkenner wirksame Folie zu geben suchen. Wie er in der I. Auf­ lage seines Hauptwerkes (in der II. leider nicht mehr!) jede Lehre mit einer kurzen, nur aus das Nächste beschränkten, hier aber sehr

') Geboren zu Dinkelsbühl 1796, hat er früh al» Gehülfe in einem Rech« nungSamt« begonnen, dann aber Gymnasium und Universität nachgeholt. Nach­ dem er längere Zeit Mathematiklehrer gewesen war, kam er 1828 al» außer­ ordentlicher Professor der StaatSwiffenschast an die Universität München. Hier wurde er 1833 ordentlicher Professor, 1836 Akademiker, 1836 Inspektor der technischen Unterrichtsanstalten, 1837 Mitglied de» obersten Kirchen- und Schulrath», 1839 Borstand de» statistischen Bureau'», 1815 M.nisterialrath im Mi­ nisterium de» Innern, 1855 Staat-rath im ordentlichen Dienste. Einen größern politischen Schauplatz hatte er in den Jahren 1848/49 betreten durch seine Theilnahme an der deutschen Nationalversammlung zu Frauffutt. Hermann war hier ein hervorragende» Mitglied der sog. großdeutschen Partei, wie er sich denn namenttich im März 1849 mit Heckscher und Somaruga an der Deputation»reise nach Men betheiligte. Uebrigeu» darf nicht verschwiegen werden, mit welcher Entschiedenheit er sich später (StaatSwitthschastliche Untersuchungen, II. Ausl., 465) für die preußische Militärverfaffung ausgesprochen hat. Er starb 1868. — Bgl. meine Abhandlung in SB. Hoffmann'» periodischer Schrift: „Deutschland", 1872, S. 19 ff.

gründlichm Dogmengeschichte einleitet, so hat er überhaupt nie ver­ hehlt, welche große Förderung er der französischen, mehr noch der englischen voltswirthschaftlichen Literatur von Sir I. Steuart an dis auf die neuesten Reviews und parlamentarischen Reports herunter verdankt. Unumwunden erklärt er: „wer irgend etwa- von Staats­ wirthschaft versteht, muß sich in den Hauptlehrsähen dieser Wissen­ schaft als Schüler Ad. Sm ith's ansehen."') Uebrigens beruhet das große selbstständigeVerdienst, wel­ ches Hermann unstreitig unter die ausgezeichnetsten Nationalökono­ men des 19. Jahrhunderts erhebt, nicht sowohl auf einzelnen bahn­ brechenden Entdeckungen, weder faktischer noch methodologischer Art, sondern vielmehr auf der allgemeinen Gründlichkeit , Schärfe und Klarheit, womit er eine Menge der wichtigsten Grundbegriffe revidirt und analystrt hat. Er hat in dieser Hinsicht manche Aehnlichkeit mit Hufeland und Lotz: nur daß er einer wesentlich höhern Ent­ wicklungsstufe der deutschen Wissenschaft überhaupt angehört, und auch persönlich wohl mit größerem Talent, jedenfalls auf Grund einer viel reichern praktischen Erfahrung arbeitet. Es möchte wenig Gelehrte geben, welche dem Fachgenossen, durch das Zusammentreffen seines eigenthümlichen Weges mit dem ihrigen bei demselben Ergeb­ nisse, so große Beruhigung gewähren, wie eben Hermann: weil man bei ihm stets die Gewißheit hat, daß Alles, was er sagt, eine Frucht gründlichsten Nachdenkens ist. Persönlich ausgegangen von technologischen und mathematischen Studien *), hat es Hermann doch nicht versucht, die Staatswirthschafts­ lehre, wie er bis zu seinem Tode die Nationalökonomik nannte, einer eigentlich mathematischen Methode zu unterwerfen. Vielmehr ist seine Abstraction, womit er die wirthschaftlichen Vorgänge bis auf ihre, in der Seele der betheiligten Individuen liegenden Beweggründe zer­ gliedert und diese Beweggründe alsdann in ihrem Spiel für und ge­ gen einander bis zu derjenigen Fülle der Combinationen, wie sie die *)

Münchener Belehrte Anzeigen II, 418.

der Arithmetik und Algebra"



(1826; II. Ausl. 1845)

*) Hermann'- „Lehrbuch

und

die beiden Hefte:

„Ueber technische Unterricht-anpatten" (1826, 1828) gehören zu seinen frühesten

arbeiten.

Wirklichkeit barbittet, zurück verfolgt: diese scharfe Abstraction ist nur in seltenen Fällen bis zur mathematischen Formulirung durchgeh ran­ gen - der Emith'scheu Lehre in Deutschland.

882

Wirklich hat seine Abstraction große Aehnlichkrit mit den Experimenten der Naturforscher.

Zm Leben pflegt jede wirthschaft-

liche Thatsache durch das Zusammenwirken vieler und verschiedener Factoren zu Stande zu kommen.

jeweilig den Factor,

Da isolirt nun Thünen im Geiste

deffen eigenthümliche Natur erforscht werden

soll. Er setzt alle übrigen Factoren einstweilen als ruhend oder unver­

änderlich, und fragt sodann, wie eine Veränderung, sei es Vergröße­ rung oder Verringerung, deb einen zu prüfenden Factors wirken werde.

Eben dieß Verfahren hält er für den Kern seiner Schriften

(I, Dorr ). Die Ergebnisse desselben mögen unvollständig sein, aber nie sind sie falsch (H, 1,35). Man kann sie auch vollständig machen, indem

man nach und nach alle übrigen Factoren demselben Verfahren unter­

wirft.

24):

Freilich eine unabsehbare Menge von Untersuchungen (II, 1, ähnlich, wie sich mit jeder Anwendung eines stärkern Fern­

rohres zwar bisherige Nebelflecken in Sterngruppen aufläsen, aber auch neue Nebelflecken sichtbar werden (II, 1, 63)!

Eine solche Abstraction bietet natürlich bei Thütien, wie bei dem

sehr ähnlich arbeitenden Ricardo, leicht Gelegenheit zu Mißverständnisirn, wenn der Leser vergißt, daß die Behauptungen des Verfaffers nur unter gewiffen Voraussetzungen unmittelbar gültig sein wollen. Diele Kritiker der beiden großen Männer haben dieß vergeffen, und darum Einwürfe erhoben, die sich bei genauer Ansicht des Bestritte­

nen oft schon von selbst erledigen.

Aber freilich,

aus demselben

Grunde ist es beinahe unmöglich, Thünen oder Ricardo auf eklekti­ schem Wege durch Herauspflückung einzelner Stellen zu benutzen.

Ein Leser, der nicht im Stande ist, sie im Ganzen zu verstehen und dann selbstthätig ihre Lehre anzuwrnden, wird von ihnen ost geradezu irre geführt werden. Ich erinnere z. B. an Thünen's Lehre, daß die

Tabaksproduction hinter derjenigen des Getreides, im Viehzuchtskreise

des isolirten Staates, erfolgen müsse; die FlachSproduction aber erst in noch größerer Entfernung vom Mittelpunkte (I, 309. 311).

Hiermit

steht noch eine andere Eigenthümlichkeit sowohl Thünen's wie Ricardo's in Zusammenhang: daß beide nämsich, fast allein bedacht auf die Anleitung des Lesers zu eigenem Nachdenken, bei ihrer Rechnung

oft von Thatsachen ausgehrn, die nichts weniger als allgemein gültig

181. e. Hünen.

883

sind, ohne daß jedoch ihre beschränkte Gültigkeit

würde.

Wie Manches

wäre z. B., und

ausdrücklich bemerkt

zwar nicht bloß von der

Carey'schrn Schule, gegen den Satz einzuwenden (II, 1,96), daß „der

Kapital erzeugende Arbeiter, sein eigenes Interesse verfolgend, seine

Arbeit zuerst auf die Berfertigung solcher Maschinen und Werkzeuge richten werde, die seine Kraft am meisten beflügeln; dann aber, wenn

diese in genügender Menge vorhanden sind, zur Production solcher übergehen, welche die Arbeit minder fördern, als die zuerst hervorge-

brachten."

Dergleichen Sätze können dem oberflächlichen Leser höchst

gefährlich werden, dem oberflächlichen Kritiker zur wohlfeilsten Selbst­

überhebung Anlaß geben!

Am liebsten bekanntlich arbeitet v. Thünen mit der AbStraction des isolirten Staates').

Also ein Staat, der von der übrigen

Welt durch eine kulturfähige') Wildniß getrennt ist.

Er besteht aus

einer fruchtbaren Ebene von überall gleicher Bodengüte, enthält keine schiffbaren Gewässer (auch keine Eisenbahnen) und nur eine einzige,

aber große Stadt, die genau im Mittelpunkte liegt, und in welcher alle nicht landwirthschaftlichen Gewerbe vereinigt sind'). — Wie muß sich in einem solchen Staate die Landwirthschaft gestalten?

Offenbar

ist hier die Fragestellung allein dahin gerichtet, welchen Einfluß die

Entfernung des Landwirthes vom Markte auf seine Wirthschaft üben muß. Jede Concurrenz anderer Märkte, in- oder ausländischer, jeder Einfluß der verschiedenen Bodengüte und Höhenlage, der quasificirten Transportmittel rc. wird aus dem Spiele gelaffen. Die Bevölkerung

wird als unveränderlich vorausgesetzt, zwar von sehr verschiedener

•) Der Name rührt von Thünen'» Halbbruder, v. Buttel, her;

er selbst

hatte früher da» Wort: „idealer Staat" gebraucht (Leben, 71. 78).

•) E» war Thünen'» Absicht, einen zweiten isolirten Staat

zu bearbeiten,

der statt deffen von einer Sandwüste umgeben wäre (I. St. U, 1, 22). *) Die erste Idee zum isolirten Staate ist bei Thünen schon 1803 aufge­

taucht, in einer Beschreibung der Flottbecker Landwirthschast. nähme,

hätte, und

daß diese» Land

seine Productr nur nach dieser Stadt

daß die Landwirthschaft auf dem höchsten Grade

würden

„Wenn man an­

daß ein Land von 40 M. Durchmesser eine große Stadt in der Mitte

sich die Wirthschastöshsteme

u. s. w. (Leben, 15 ff.)

um

diese Stadt

absetzen könnte,

der Kultur

stände:

so

in vier Klaffen theilen",

884

XXXII. Höchste Ausbildung bet Lmith'schen Lehr« üt Deutschland-

Dichtigkeit in den verschiedenen Theilen des Staates, überall jedoch

von gleicher Bildung, zumal auch gleicher VerKhrsgewöhnung'); die sämmtlichen Landgüter

als gleich

groß, ihre Bewirthschastung

als

völlig konsequent, d.h. durch weiter nichts geleitet, als durch Rücksicht

auf dm richtig erkannten Ruhen des Wirthes (I, 334).

Die Ueber«

gangsschwierigkeiten von einem Wirthschaftssysteme zum andem wer­ den als nicht vorhanden betrachtet (I, 226). Nachdem auf solche Weise

der Einfluß der Entfernung an sich auf die Landwirthschast unter­

sucht worden ist, mögen in weiteren Untersuchungen die übrigen, bis­ her als eonstant angenommenen Factoren

als veränderlich

gedacht

und darauf hin geprüft werden (II, 1, 8 ff. 15).— Zm ersten Theile seines Buches, wo die Grundrente studiert wird, hatte Thünen vor­ ausgesetzt, daß Zinsfuß und Lohnsatz durch den ganzen isolirten Staat

auf gleicher Höhe stehen.

Im zweiten Theile, welcher das naturge­

mäße Verhältniß zwischen Kapitalzins

wird die Grundrente als nicht

und Arbeitslohn

vorhanden

untersucht,

angenommen.

Thünen

verlegt nämlich den Schauplatz, wo sich Kapital und Arbeit über die Theilung des gemeinsamen Produktes auseinandersetzen, in den, einst­ weilen noch grundrentelosrn,

Hier werden nun,

äußersten Rand des isolirten Staates.

außer den sonstigen Eigenthümlichkeiten des iso­

lirten Staates, also namentlich Unwandelbarkeit der städtischen Markt­

preise, der Production«- und Frachtgeschicklichkeiten re., noch Arbeiter vorausgesetzt, die selbst regelmäßig Kapital ersparen und wirklich freie

Wahl haben,

ob sie auf eigene Rechnung in der Wildniß urbaren

wollen, oder aber in ftemden Lohndienst gehen und ihre Erspamiffe

zinsbar ausleihe». Daß diese Arbeiter sonst einander völlig gleich sein

müffen, versteht sich von selbst. Was nun v. Thünen aus dem Wege solcher Abstraktion erforscht hat, das scheint ihm dann erst fertig, wenn er es durch algebraische Formeln auszudrücken vermag. „Rach meiner eigenthümlichen Natur

’) So bleibt «8 z. ®. ganz außer Acht, daß «8 Bauern geben kann, die oh«. Absatz nach Außen alle ihre Bedürfnistr selbst eräugen, alle ihre Erzeug­ nisse selbst verbrauchen; die also, wenn ihr «erkehr mit der Stadt unmöglich geworden ist, doch aus den »ußersten Ringen des isolirten Staates nicht auszu»ander« brauchen («gl. I, 323). Wohin sollten sie auch wandern?

181. v. Thüneu.

886

kann ich nur fortbauen, wenn ich eine mathematisch sichere Grundlage

habe.-')

Wohl fürchtet er, durch

solche Ausdrucksweise die Geduld

vieler Leser zu ermüden; allein »die Anwendung der Mathematik muß doch da erlaubt werden,

Wo

werden taut.* *)

wo die Wahrheit ohne sie nicht gefunden

die Natur des untersuchten Gegenstandes ge­

stattet, daß man Buchstaben statt der Zahlen setzt, und wo dann die mit Buchstaben durchgrführte Rechnung giebt, den die Zahlenrechnung gab:

meines Gesetz

und

keine

von

der

noch

denselben

Ausspruch

»da ist dieser Ausspruch allge­

Oertlichkeit abhängende Regel-

(I, 40).

Die eben geschilderte Abstractionsmethode kann auf dem Gebiete

der Volkswirthschaftslehre, überhaupt der menschlichen Geisteswissen­ schaften, nie so großen Erfolg haben, wie auf dem naturwissenschaft­

lichen Gebiete:

aus demselben Grunde,

weshalb die Bedeutung der

Experimente dort so viel beschränkter ist. Gleichwohl hat sich die An­ schauungsform des isolirten Staates in hohem Grade fruchtbar ge­ zeigt. Man kann wirklich in sehr vielen und sehr wichtigen Beziehungen den volkswirthschaftlichen Gegensatz der reichen, dicht bevölkerten, hoch-

kultivirten Gegenden und der armen, dünn bevölkerten,

niedrigkulti-

virten nicht klarer und wesentlicher charakteristren, als wenn man ihn mit dem Gegensatze der inneren und äußeren Ringe des Thünen'schen

Staates vergleicht.

Namentlich gilt dieß in allen den Beziehungen,

wo die Transportkosten' eine große Rolle spielen;

wo dieß nicht der

Fall ist, weniger. So hat z. B. der Versuch Thünen's auch den natur­ gemäßen Standort der vorzugsweise so genannten technischen Gewerbe nach dem Bilde des isolirten Staates zu bestimmen (I, 320 ff ), fast

gar

keinen Erfolg gehabt.

Noch unfruchtbarer scheint der Gedanke,

die Folgen der Handelsfreiheit und Handelssperre dadurch zu versinn­

lichen,

daß die äußeren Ringe des Thünen'schen Staates zu einem

selbständigen Staate abgesondert werden. (1,321 ff.) Man denke nur: zwei coneentrische Staaten, die sich von einander absperren

welchen bloß der innere eine Stadt besitzt!

') Leben, 289. — ■) 3- 6t H, 1, 174.

und von

896

XXXn. Höchst« Aulbildung der Snnth'schen Lehre in Deutschland.

WaS ferner die algebraische Form seiner Lehren betrifft, so ge­ hört v. Thünen unstreitig zu den Köpfen, »denen die Mathematik daS Organ ist, durch welches fie ihre innere Welt aufbauen und die äußere damit beherrschen" (Goethe). Zch zweifle jedoch sehr, ob für anders organistrte Köpfe die Ergebnisse seiner Forschung durch diese Form eben klarer oder auch nur sicherer geworden find. Aller­ dings, wo Größen und Größenverhältniffe vorkommen, da muß die Rechnung möglich sein. Aber der Bortheil der mathematischen Aus­ drucksweise verschwindet immer mehr, je complieirter die Thatsachen werden, auf die man sie anwendet. So meint schon Lotze, es würde immerhin möglich sein, die Physiognomie jedes Menschen vermittelst einer sehr zusammengesetzten mathematischen Formel zu beschreiben; und doch werde die gewöhnliche Art des Portraitirens Jedermann vorzüglicher dünken. Die einfachen Bewegungen der Himmelskörper dagegen werden ganz mathematisch behandelt. In volkswirthschastlichen Fragen müßten die algebraischen Formeln, sobald man praktisch ver­ fahren will, bald so verwickelt werden, daß sie das Weiterarbeiten unmöglich machten. Auch Thünen selbst, wie es mir scheint, ist nicht eigentlich durch seine Algebra und Differenzialrechnung zu seinen Entdeckungen gelangt. Vielmehr war ihm der schöpferische Gedanke schon vorher gekommen, und die Mathematik hat ihm alsdann nur dazu gedient, seinen gesammten Erfahrungskreis, wohl gesichtet und geordnet, jenem Gedanken zu unterwerfen. Hieraus erklärt es sich, weshalb dieselbe Methode, die im ersten Theile deS isolirten Staates so Großartiges zu Tage gefördert hat, im zweiten Theile fast erfolglos geblieben ist. Es waren eben die Kinder selbst, welchen die Methode gleichsam als Hebamme und Pflegemutter diente, in diesen beiden Fällen von sehr verschiedener Naturanlage! Die Literaturgeschichte ist voll warnender Beispiele, wie leicht die Anwendung der experimentalen und algebraischen Methode auf die Wiffenschasten vom menschlichen Geiste zu unpraktischer, inhaltsleerer Scholastik verleitet. Dieser Gefahr ist v. Thünen schon durch seine streng empirische und überaus gründliche Einzelforschung ent­ gangen: was unstreitig damit zusammenhängt, daß er auch in der Praxis kein Freund von Speculationen war, vielmehr die Zukunft

mit einer oft übertriebenen Sorglichkeit zu behandeln pflegte. *) Bereits 1803 spricht er sich in einem Briefe an seinen Bruder über den Nutzen des eigenen Handanlegens in der gewöhnlichen Praxis aus, wie man dadurch vor überfliegenden Ideen bewahrt bleibe. Zugleich hebt er daneben die Nothwendigkeit genauer Tagebücher, vergleichender Ver­ suche, steter Gespräche mit anderen Praktikern hervor, um das Ziel, die harmonische Ausbildung aller Kräfte, zu erreichen. (12 fg.) Ueber seine eigene Wirthschaft hat er alsdann mit der strengsten Gewissen« Hastigkeit Buch geführt, ArbeitS», Korn«, Geldrechnungen rc. mit gleicher Genauigkeit, fast alles eigenhändig, unter Aufopferung seiner ganzen Wintermuße. In welchem Geiste dieß geschah, zeigt am besten der jubelnde Brief, den er in der Sylvesternacht von 1820 an seinen Bruder schrieb, um den Schluß der zehnjährigen') ununterbrochenen Arbeit zu melden. Er hatte während dieser Zeit die eigentliche Ent­ wicklung seiner Ideen geflissentlich zurückgehalten. (41 ff.) So war ihm seine eigene Wirthschaft in einem seltenen Grade ziffermäßig klar geworden. Und diese Wirthschaft dient ihm hernach als Einheit für alle anderen Rechnungen. Alle Güter des isolirten Staates denkt er fich an Größe, Bodenbeschaffenheit, Transportmitteln, überhaupt in allen bezüglichen Verhältnissen, genau wie sein Tellow. Er hat offen­ bar immer gefragt: Wie würden fich die Ergebniffe meiner eigenen Wirthschaft ändern, wenn Tellow dem Markte näher oder ferner läge u. bergt m.? Aus demselben Grunde nimmt er seine Beispiele immer aus der Landwirthschast, obwohl ihm u. A. die städtische Industrie fast ebenso gut eine grundrentenlose Wirthschaft bargeboten hätte, wie der Ackerbau an der Gränze des isolirten Staates. Wie sehr diese empirisch feste Bodengründung Thünen vor lustiger Willkür seiner Annahmen geschützt hat, zeigt fich u. A-, wo er ganz allgemein das Productionsverhältniß zwischen Koppel- und Fruchtwechselwirthschaft berechnet, und dabei, der Wirklichkeit jener Zeit sehr nahe kommend, für Belgien die specifische Bevölkerung von 6900 pro Quadratmeile gewinnt') *) Leben, 30. 48. — •) Rach I. 6t I, 231 liegt den Berechnungen dieses Theil» die Zeit von 1810 bis 1816 -u Grunde. — ’) I. 6t I, 181 ff.

888

XXXIL Höchste Auöbillnmg der Eaüth'sche» Lehre in Deutschland.

182. Die naturwissenschaftliche Seite

der Landwirthschaft

hat

v. Thünen mit viel geringerem Erfolge behandelt, als die national-

ökonomische.

Er nimmt in der Aufeinanderfolge der Pflanzenuah-

rungstheorien von Thaer bis auf Liebig ungefähr die Mitte ein. Hatte

Thaer schlechthin von nahrungsfähigen Materien im Boden gespro­

chen, deren Menge den Ernteertrag bedingen sollte,

so unterschied

v. Wülsten neben diesem Reichthum des BodenS noch deffen Kraft,

welche einen größern oder geringern Theil deS latenten Reichthums in active Fruchtbarkeit verwandle. Hiermit ist Thünen noch nicht zu­

frieden: er will auch die Qualität des Bodens, (wohl zu unterschei­

den von deffen Thätigkeit), berücksichtigt wissen, ebenso einen beson­

um z. B. den Einfluß der Vorfrucht auf

dern Factor der Kultur,

den Ertrag zur Geltung zu bringen. Das von Sprengel und Liebig

eingeführte Verfahren,

die Pflanzen auf ihre chemische Zusammen­

setzung zu prüfen und dann zu fragen,

welche ihrer nothwendigen

Bestandtheile sie aus der Luft, welche anderen aus dem Boden ent­

lehnt haben,

ob dieser letztere sich also durch fortgesetzte Ernten er­

schöpfen werde: rin Verfahren, das uns heute selbstverständlich scheint,

Er meint, die Statik der Landwirth-

lag Thünen noch ganz ferne.

schast sei von der Agrikulturchemie durchaus unabhängig (1,77); was um so auffallender ist, als er selbst z. B. im Dünger »irgend einen

Stoff annimmt, gleichviel, welcher es sei und wie er genannt werde, der von den Halmfrüchten nicht ergriffen wird, vorzüglich zusagt- (I, 133).

dagegen dem Klee

Ueber die Frage, ob die Pflanzen auch

mineralischer Nahrungsmittel bedürfen, ist er in hohem Grade unklar (I, 71). Ausdrücklich sagt er:

Reichthum deS BodenS ist nicht Ma­

terie, sondern Productionsfähtgkrit (1,56). Dabei glaubt er an einen Beharrungszustand, den Felder und Wiesen durch fortwährend ersatz­ loses Abernten erreichen,

unter welchen sie aber keinesfalls dadurch

herabgedrückt werden können. ‘) der Boden schlechthin bereichert

Durch Weide oder Dreeschliegen soll werden.') — Doch stnd auch bei

') 9t. Annalen der mecklenburgischen L.-W. 1821, I, 166 ff. 66. Leb«», 178 ff. - *) g. St. I, 52. 146.

I. 6t I,

889

182. v. Thüum.

Thünen, wie bei den meisten „Statikern" seiner Zeit, namentlich Klee­

mann, die eigentlichen Beobachtungen viel schärfer,

alS man nach

dem Mysticismus ihrer Erklärungen vermuthen sollte.

Was er vom

Humus sagt, könnte oft mit geringen Wortveränderungen in's Liebig'sche übersetzt werden (IT, 2, 239).

Auch sind die Experimental­

wirthschaften, die er empfiehlt (II, 2,194), um reinere Beobachtungen

zu erhalten, als die auf Gelderwerb zielende praktische Landwirthschast sie bieten kann,

ein trefflicher Borklang unserer heutigen Versuch­

stationen. Unter den

einzelnen Entdeckungen Thünen's ist die wichtigste

und wohl auch älteste seine Lehre von der relativen Nützlich­

keit der verschiedenen Landbausysteme.

(I. St., Bd- L)

Zwar hat es nicht ganz an Vorläufern gefehlt. Schon Boisguillebert

wußte, daß der Kornpreis bestimmt, wie weit man die Kultur aus­

dehnen könne;

vermittelst der Düngung sei fast beliebig viel auszu­

richten, wenn nur der Preis des Produktes die Kosten decke. Aehnlich

Quesnay in den Artikeln der Encyklopädie:

und Ad. Smith (I, Ch. 11).

Formiere und Grains,

Von Thaer s. oben §. 153. Aber die große

Mehrzahl selbst der Gelehrten hielt noch immer fest an dem alten »Phantome, als gäbe es ein für alle Entwicklungsstufen der mensch­ lichen Gesellschaft gültiges Ideal der Landwirthschaft; als sei jede ex-

tenstoe, Arbeit sparende Wirthschaft ein Beweis von der Unwissenheit des praktischen Landwirthes."

Wenn eine nordamerikanische Zeitung

sagt, daß am wenigsten die studierten Oekonomen dort ihr Glück ma­ chen, weil es in Amerika nicht darauf aukommt, dem Boden einige Procent Früchte mehr abzugewinnen, sondern an der kostbaren Arbeit

zu sparen:

so meint Thünen mit Recht,

das Studium der wahren

Wissenschaft müßte eben zur richtigen Würdigung aller Verhältniffe in Stand setzen (II, 1,181). „Die Aufgabe der rationellen Landwirth­ schaft besteht darin, für jeden einzelnen Zweig in den beiden aufstei­

genden Reihen:

vermehrte Arbeit und erhöhtes Erzeugniß, die cor»

respondirenden Glieder zu finden, um den Punkt zu bestimmen, sich Werth und Kosten der Arbeit das Gleichgewicht halten.

hier erreicht der Reinertrag sein Maximum" (180).

wo

Denn

Daher müssen

selbst auf dem nämlichen Grundstücke, wenn eS groß ist, die entlege-

um. Höchste «nrbildung bet Smith'schen Lkhte in Deutschland,

890

neren Theile extensiver bewirthschaftet werden, als die hofnahen (1,136).

Selbst in naturwissenschaftlicher Hinsicht treten unsere Lehrbücher meist viel zu absolut auf,

indem ihre Sitze nur für ein ganz bestimmte-

Klima paffen (II, 2, 107).

Ueberall warnt Thünen aufs Eifrigste

vor der blinden Nachahmung fremder Wirthschaftssysteme (I,144).**) Da jede intensive Wirthschaft nur möglich ist unter Voraussetzung eines h-hern Preises der Bodenproducte, Thatsache,

so benutzt v. Thünen die

daß in seinem isolirten Staate der Preis des Kornes re.

am Productionsorte immer mehr abnimmt,

je weiter man sich von

der centralen Stadt entfernt, zur Entwerfung einer Anzahl eoncen­ trischer Ringe, in deren jedem ein verschiedenes Wirthschaftssystem

herrscht.

Zunächst um die Stadt ein Ring mit Gartenbau und Pro­

duction frischer Milch; hierauf ein paar Kornbauringe, der erste mit

sehr intensiver, etwa belgischer Wirthschaft,

die folgenden mit immer

abnehmender Intensität, 6t& endlich die Ringe kommen, die gar kein Getreide mehr zu Markt führen können, wohl aber andere Producte, deren Transportkosten im Vergleich mit ihrem städtischen Marktpreise

geringer sind: also ein Ring, der hauptsächlich mageres Vieh producirt, ein weiterer, der nur

einzelne, specifisch werthvolle Theilt des

DieheS absetzt rc. So wird schließlich eine Marktferne erreicht, wo fich

nur noch einzelne Jäger mit Gewinnung kostbarer Felle re. beschäfti­ gen können. Thünen hat unter Voraussetzung ein« gewissen Markt­ preises, gewisser Productions- und Transportkosten,

sowie einer ge-

wiffen Bodenbeschaffenheit genau die Gränze berechnet, wo die Koppel­ wirthschaft

anfangen, das Dreifeldersystem aufhören müsse u. s. w.

Aber auch der ökonomisch natürliche Standort jedes einzelnen Land­

wirthschaftszweiges,

welchen das Klima verträgt, wird auf dieselbe

Art gefunden. ’)

*)

Hin und wieder hat er sich aber doch selbst ein vergessen seiner Stete«

tivitättregeln zu Schulden kommen kaffen: so z. v. I, 160, wo er die reichliche

Biehnähruug schlechthin einträglicher nennt, al» die kärgliche. •) Unter Boraursetzung einer Eisenbahnnetzes könnte der isolirte Staat einen

Dnrchmeffer,

wie von Lalabrien nach Jütland,

erreichen,

wo dann klimatische

Rücksichten merkwürdig auf die Landwirthschast einwirken müßten.

2, 106 ff.)

(I. St. II,

So ist das Bild des isolirten Staates ein Schlüssel für die ganze Statistik der Landwirthschaft. Man kann es aber auch, wie der Verfasser dieser Geschichte versucht hat, als Schlüssel für die Landwirthschaftsgeschichte benutzen. Mit bloßer Oceupation, womit dir Wirthschaft des isolirten Staates endigt, fängt die Wirth­ schaft des Volkes im Allgemeinen an. Sie geht zur Viehzucht über, zum Ackerbau, zu immer intensiveren Systemen. Städtischer Gewerbfleiß und Handel bilden hier den Gipfel der Entwicklung, sowie dort den Mittelpunkt des Kreises (I, 262). Wir haben hier endlich auch einen Schlüssel für die ganze LandwirthschaftSpolitik, deren vornehmste Schritte nur dann heilsam, ja ausführbar sind, wenn sie auf den jeweiligen JntensttätSgrad der Landwirthschaft genau berechnet worden. Also gewiß ein Jdeenkeim von größter Entwicklungsfähig­ keit für Theorie wie für Praxis, eine Entdeckung vom allerersten Range! Schon Thünen selbst hat sie dahin erweitert, daß er zeigt, wie auf fruchtbarem Boden unter übrigens gleichen Umständen die intensivere Bewirthschastung früher möglich wird, als auf unfrucht­ barem; woraus er dann auch die bisher unverständliche Thatsache erklärt, daß so oft inmitten der höchsten Kultur unfruchtbare,Strecken Landes, welche aber noch recht gut benutzt werden könnten, völlig wüst gelassen wurden. Auch um die allgemeine Lehre von der Grundrente hat stch Thünen großes Verdienst erworben. Schon das ist wichtig, daß er, von ganz anderen Punkten her als Ricardo, ja Anfangs ohne von Ricardo zu wissen, im Wesentlichen zu derselben Rentenlehre kommt, wie dieser. Aber während Ricardo zur ersten Erklärung der Grund­ rente nur an die verschiedene Fruchtbarkeit der Grundstücke denkt, ist bei Thünen ihre verschiedene Lage, sowohl dem Markte als dem Wirthschaftscentrum gegenüber, die Hauptsache. Und den Einfluß der verschiedenen Landdausysteme auf die Rente hat er zuerst eingehend erörtett, während Ricardo nur in höchster Abstraction von der An­ wendung mehrern Kapitals auf dieselben Grundstücke gesprochen hatte. Don der größten Bedeutung für alle weiteren Arbeiten Thünen'S ist seine Emtheilung der Kornproductionsarbeiten in solche, die stch nach der Größe des Feldes, und solche, die sich nach der Größe

der Ernte richten. (I, 23 fg.) Ebenso der Kornproduetionskosten in solche, die mit dem Preise des Korns in Verhältniß stehen, und solche, die von diesem ganz unabhängig sind. (I, 29 fg.) Sehr fein unter­ scheidet er bei der Grundsteuer die drei Bestandtheile des Einkommens von Grundstücken, die er freilich ungenau«) alle zusammen als Land­ rente bezeichnet. Der Theil, der aus der bloßen Steigerung des Korn­ preises herrührt, könnte ohne Schaden selbst ganz confiscirt werden; der aus dem intensivern Anbau herrührende verträgt, wie jede In­ dustrie, eine Besteuerung; der aus Meliorationen herrührende ver­ diente eher eine Prämie, als eine Abgabe. (II, 2, 75 fg.) Daher eine Grundsteuer, die mit der Höhe des Pachtschillings steigt und fällt, so ganz besonders schädlich sein muß (I, 354). Was die beiden anderen Zweig« des Volkseinkommens betrifft, so lehrt v. Thüuen, der Kapital zins im Ganzen beim Ausleihen werde bestimmt durch die Nutzung des zuletzt angelegten Kapitaltheilchens (II, 1, 100), und der Arbeitslohn sei gleich dem Mehr­ erzeugnisse, welches durch den in einem großen Betriebe zuletzt angestellten Arbeiter hervorgebracht wird (II, 1, 174 ff.) Genauer hätte das letzte so formulirt werden muffen, daß der Arbeitslohn höchstens so viel betragen könne, wie jenes Mehrerzeugniß: da sich nicht ohne Weiteres voraussetzen läßt, daß die Unternehmer neue Arbeiter an­ stellen, mit Kapital versehen, beaufsichtigen werden, obwohl sie selbst nicht den geringsten Vortheil davon haben-

183. Uebrigens konnte diese gleichsam naturwissenschaftliche und dabei völlig abstrakte Bestimmung weder dem Herzen, noch dem Kopfe Thünen's genügen. Sei» viel besprochener „Socialismus* mag sich zum Theil aus der hoffnungslosen Abhängigkeit des mecklenbur­ gischen Landproletariats erklären, die Thünrn desto mehr betrübte, je minder ihm von seiner oldenburgischen Heimath her solche Zustände gewohnt waren. Es uiag sein, daß er alsdann zu sehr verallgemet*) Wohl daraus zu erklären,

drS Berfasser» gedruckt worden ist.

daß diese Untersuchung

erst nach dem Lode

182. 183. v. Lhünen. nert hat,

893

was ihm als mecklenburgischem Rittergutsbesitzer möglich

und pflichtmißig schien.') Doch hätte Helferich seinen Dorwurf, Thünen habe Gemeinschaft und Socialismus verwechselt'),

ausgesprochen,

wäre die 2. Abtheilung

gewiß nicht

von Band II. des isolirten

Staates schon damals gedruckt gewesen. — Der Socialismus, im Gegensatze der Nationalökonomik, lehrt eine Gemeinschaft,

die über

den Gemeinstnn hinaus geht, die eben darum, weil sie die Triebfedern

zu Fleiß und

Sparsamkeit schwächt,

für

das

Dolksvermögen im

Ganzen immer ein Raubbau ist, folglich außer Stand«, oft gar nicht einmal Willens, den durch ihren Zwang verletzten Personen volle Ent­

schädigung zu gewähren.

Auch die nichtsocialistische, echt national­

ökonomische WirthschaftSpolitik setzt manche Reformen zwangsweise durch,

aber nur solche, wodurch sich die Triebfedern des Fleißes und der Spar­ samkeit verstärken, wodurch also ein Urbtrschuß gegen das bisherige Volks­

einkommen entsteht, auS welchem die Verletzten voll entschädigt, und doch

immer noch die Uebrigen

gehoben werden können.

In diesem

Sinne sind Thünen's Pläne, den Arbeitslohn durch Erniedrigung des Zinsfußes zu erhöhen (II, 1, 67),

durchaus kein Socialismus: ob­

schon er nur „Grund hat zu glauben," daß eine gewisie ArbeitSmenge

nicht da am wohlfeilsten kommt, wo der Lohn am niedrigsten ist, son­ dern wo die Arbeiter gut gelohnt und genährt sind.')

Jedenfalls gehört v.Thüuen zu den frühesten, welche den Arbeits­

lohn nicht bloß als Preis der Waare „Arbeit", sondern auch als Lebens­ unterlage einer zahlreichen Klaffe von Menschen gefaßt haben.

Schon

1826 schrieb er einen „Traum ernsten Inhalts" nieder, worin er die, im Vergleich mit den Kapitalisten unverhältnißmäßig geringe Bezah­ lung der Handarbeiter schwer beklagte. AIS Grund deS Uebels erkennt

er einen circulna vitioaua: daß die Arbeiter keinen höher« Lohn durch') Die Einrichtung, welch« Thüne» 1848 auf seinem eigenen Eule traf, s. im Anhänge zum I. St. II, 1, 277 ff. Sie besteht wesentlich darin, daß alle festen But-arbeiter von demjenigen, waS die Gut-wirthschaft über ein bestimmte- Minimm» hinaus an Reinertrag liefert, eine Quote erhalten, die ihnen jedoch in der Regel bi- zum 60. Lebensjahre kapitalisirt wird. vgl. II, 1, 210 und Leben, 274 ff. *) In der höchst werthvollen Abhandlung der Tübinger Zeitschr. f. Staats«iffenschast, 1862, 406. — **) Leben, 261.

894

MM.

Höchste Alltbildmig der Smühsschen Lehre in Deutschland.

setzen können, weil sie zu ungebildet find, um ihre Vermehrung ent*

sprechend im Zaume zu halten;

und andererseits ihre Kinder nicht

ordentlich ausbilden können, weil ihr Lohn zu tief steht.

Nur «in

Sprung kann aus diesem Kreise herausführen, indem man auf Staats­ kosten Unterrichtsanstalten beschafft, welche das nachwachsende Arbeiter­

geschlecht geistig heben.

Dann wird eine wirklich freie Concurrenz

zwischen Hoch und Niedrig den Kapitalzins dermaßen herabdrücken,

daß nur wenige sehr Reiche ohne Arbeit leben können.

arbeit wird sehr hoch bezahlt werden,

Die Hand­

und zwischen der Belohnung

des Handarbeiters, Jndustrieunternehmers und Staatsdieners ein weit geringerer Unterschied, als jetzt, stattfinden. ')

Durch die politische

Bewegung von 1830, welche bei Thüne» düstere Vorahnungen eines

zerstörenden Klassenkampfes zwischen

Mittelstand

und

Proletariat

wachrief, wurde er noch mehr angespornt, diesen Zdeengang in seiner Weise wissenschaftlich zu verfolgen.»)

Wenn die bisherige Theorie

den Arbeitslohn aus dem Verhältniß von Arbeitsangebot und Nach­ frage erklärte; wenn sie meistens den Nothbedarf des Handarbeiter-

für seinen naturgemäßen Lohn hielt, und Alles, was darüber hinaus producirt wird, dem geistigen Director der Production und den Ka­ pitalisten zuwies: so sprach sie nur aus, was in der Wirklichkeit ge­

schieht,

ohne diese Wirklichkeit aber durch ein auf Vernunftgründen

beruhendes Gesetz zu rechtfertigen. Es genügt dann auch keineswegs,

wenn die Folgen eines principiellen Unrechts durch persönliches Wohl­ thun gemildert werden.')

mische Ansicht,

Offenbar eine echt

nationalökono­

die man sogar als Malthusianismus im edelsten

Sinne des Wortes bezeichnen darf I Sehr geistig hebt Thünen hervor,

wie selbst in den ordinärsten Arbeiten die Erziehung eine Hauptsache bildet.

des Arbeiters

Ze niedriger der Zinsfuß, um so lohnender

wrrd die Anlage eines bedeutenden Erziehungskapitals,

wie ja auch

die Vermehrung der Unterhaltskosten der Arbeit an sich ein größeres

Erziehungskapital räthlich macht. wenn Thünen meint,

Nach alle dem ist es unbedenklich,

gerade der Menschenfreund solle die Menschen

*) 3. St. II, 1, 41 ff. - ') Leben, 99 ff. 119 ff. 216. — 1 I. St. II,

1, 87 ff.

183. 6. Thünen. als Kapitalien betrachten;

895

die Meisten dächten jetzt von den Arbei­

tern niedriger, als von den Kapitalien. (II, 2, 140 fg. 146 ff.) Ans

demselben Grstchtspunkte unterscheidet er im Arbeitslöhne zwei Be­

standtheile: was der Arbeiter zu seinem Unterhalte verwenden muß, uut arbeitsfähig zu bleiben, und was er für seine Anstrengung selbst

erhält. (II, 1, 92 fg )

Wenn Thünen zu einseitig, was die neueren

Engländer Standard of life nennen, als Erziehungskosten

bezeichnet,

und dabei den Unterschied zwischen höherer und niederer Arbeit vernachläfligt (II, 2, 7 ff.), so ist das nur eine Folge seiner Abstrahir-

methode, welche sich jeweilig auf das nächst zu untersuchende Verhält­

niß, auf dieses aber ganz allein beschränkt.

Naturgemäß

nennt v. Thünen denjenigen Arbeitslohn,

welcher

bei Vertheilung des von der Arbeit mit Hülfe des Kapitals hervor­ gebrachten Productes die Lohnarbeit ebenso gut bezahlt, wie die Ka­

pitalerzeugende Arbeit.

Freilich ist bei dieser Fassung des Problems,

welche Kapital und Arbeit völlig unter Einen Nenner bringt,

über­

sehen (II, 1, 90 ff. 197), daß zur Bildung selbst deS ersten Kapitals doch noch etwas anderes gehört, als bloße Arbeit: nämlich eine Ent­

haltung vom eigenen Genußverbrauche des Productes, d. h. also eine

Fähigkeit, Wirthschaftspläne für die Zukunft zu entwerfen, und eine Willigkeit, für diese Pläne in der Gegenwart Opfer zu bringen, wel­

ches beides mit der bloßen Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit noch keineswegs identisch ist. Ein Kapital kann viel mehr, aber auch viel

weniger werth sein, als die Summe der Löhne derjenigen Arbeiter,

die es hervorgebracht haben. — Jenen Betrag sucht nun von Thü­ nen auszumitteln

in der Landwirthschaft

am Rande des

isolirten

Staates, wo also die oben erwähnten höchst eigenthümlichen Verhält­ nisse der vollsten wirthschaftlichen Freiheit zusammentreffen. Bezeichnet

man nun das gemeinsame Product von Kapital und Arbeit mit P, den Nothbedarf der Arbeiter mit A,

so berechnet v. Thünen den

naturgemäßen Lohn = V"v (*);

denn bei dieser Lohnhöhe

bezieht der Arbeiter das höchste Einkommen von der Verzinsung seiner Ersparniffe, indem jede stärkere Kapitalisirung, die bei höherem Lohne

•) In Worten an»gedrückt: II, 1, 154.

896

XXXn. Höchste LnebMmng der Smtth'schen Lehre in Deutschland,

möglich wird, ein Sinken des Zinsfußes herbeiführt. Wo dieser natur­

gemäße Lohn besteht, am

sind Kapital und Arbeit gemeinsam interessirt

Steigen der Production,

und somit der hauptsächliche sociale

Thünen

Kampf versöhnt (II, 1, 203 ff.)

war für diese Formel so

begeistert, daß er sie auf seinen Grabstein hat setzen lassen.')

Wir unsererseits können freilich ihren Werth so hoch nicht schätzen, da sie nur für solche Fälle paßt, wo an ernstlichen Kampf zwischen

Kapital und Arbeit ohnedieß nicht zu denken ist.

In ganz jungen

Ackerbaukolonien, wo fruchtbares Land noch im Ueberflusse vorhanden ist, wo jeder Arbeiter sparen kann, wo es noch gar keine Kapitalisten im engern Sinne giebt, alle Arbeiter ziemlich gleich sind und wenig,

vielleicht gar keine, Gewerbe existiren, die besonders viel Kapital oder

qualificirte Arbeit erfordern: hier mag rin Arbeitslohn - VT7 „na­ türlich sein"

sein, d- h. den mit einem durchschnittlichen Kapital be­ Denn auch hier haben diejenigen

reicherten Arbeiter zufrieden stellen.

Arbeiter, die erst anfangen zu sparen, ein Interesse daran, den Lohn

möglichst nahe an P zu bringen;

während diejenigen, di« schon viel

gespart haben, ein Herabsinken des Lohnes bis auf A wünschen müssen, um

auf ihre» Kapitaleinschuß

mehr zu gewinnen.

Nun aber denke

man sich Produkte, welche aus dem Zusammenwirken von Arbeit und Kapital in ganz verschiedenen Quotverhältnissen hervorgegangen sind. Soll man einem Künstler, der aus werthlosem Thone mit Hülfe we­

nigen Brennstoffes, einfachster Werkzeuge rc- kostbare Vasen

herstellt,

und einem Mädchen, das mit 4 von ihm geleiteten Nadlermaschinen in

5*/* Tagen 3 Millionen Nadeln producirt2), oder auch einem Küfer, der sehr edlen Wein zu werthsteigernder Lagerung im Keller beför­ dert: soll man diesen Arbeitern gleiche Quoten des unter ihren Hän­

den gebildeten WrrthzuwachseS P geben? wegen seiner höhern Bildung einen

Wollte man dem ersten

höher» Nothbedarf zuschreiben,

so würde A ganz vage. Ueberhaupt läßt uns die Thünen'schr Formel,

wenn eS sich um die Bemessung des Lohnes verschiedener Arbeit han­

delt, völlig im Stich«. So bleibt denn nur die freilich noch sehr un­ bestimmte Wahrheit übrig,

daß der normale Arbeitslohn irgendwo

*) Leben, 99 ff. 299. — •) vgl. Qnarterly Review, April 1866. p. 383.

188. 6. Lhidu».

897

zwischen P und A liegen muß: über P, auch nur bis auf P kann er

nachhaltig ebenso wenig steigen,

wie unter A finken.

Das konnte

man aber auch ohne dir schwierigen Abstraetionrn und Rechnungen

v. Thünen's misten!')

Wie v. Thünen bei seiner großartigen Originalität selbst die be­ kanntesten Dinge zu neuer Fruchtbarkeit anzufasten weiß,

sieht man

z. B. da, wo er das Swift'sche Steuer-Einmaleins durch eine,

beim

Wohlfeilerwerden von Genußartikeln gesteigerte, Thätigkeit des Volkes erklärt (II, 2, 102). Im Ganzen freilich hat er gerade die Lehre von den Steuern nicht sehr gefördert, ohne Vergleich weniger, als Ri­

cardo.

Es ist eben für diesen Gegenstand mit der Methode des iso»

lirten Staates nicht viel auszurichten l

So kommt die Behauptung

vor, daß keine, sei es direct oder indirekt, auf den Landbau gelegte

Steuer den Kornpreis erhöhen könne! (I, 1, 343.)

Auf anderen wichtigen Gebieten ist o. Thünen,

obschon immer

geistreich und eigenthümlich, doch leider nicht zum Abschluß gekommen.

Daher die Widersprüche z. B. in seinen Ansichten vom Straßen­ bau.

In dem schönen Gutachten (von 1837) über die Verbrsterung

der Nebenwege wird,

ganz analog dem Unterschiede von extensiver

und intensiver Landwirthschaft, jeder Bau kostspieligerer und an sich technisch befferer Straßen nur dann gebilligt, wenn eine entsprechend stärkere Befahrung damit verbunden ist. Kapitalien zum Chauffeebau

zu verwenden, die hier weniger Zins geben,

als im Durchschnitt die

anderen Gewerbe, hieße nicht das Land bereichern,

machen.

sondern ärmer

Unter mecklenburgischen Derhältniffen wäre es daher gewiß

am besten, wenn die Bau- und Erhaltungskosten der Landstraßen von

den sie benutzenden Grundeigenthümern rc. nach Maßgabe ihrer Be­

nutzung getragen würden.

Ein Bau von Staatswegen möchte nur

*) Thünen selbst schrieb 1845

an

seinen Halbbruder:

an- der Kenntniß, daß der Arbeitslohn —

y H ist,

„Zwar sind schon

für mich die wichtigsten

Resultate hervorgegangen; aber soll ich mit wahrer Freudigkeit sortarbeiten, muß

ich die Verbindung zwischen Q (dem zur Production verwandten Kapitale) und P (dem Produkte) kennen.

beschäftigt;

Die Erforschung diese-Gesetze» hat mich seit 20 Jahren

aber, da die Wirklichkeit gar keine Data dazu liefert, leider immer

vergeben»." (Leben, 239.) N,)ch«,, w«lch>cht« d«k

Er fühlte also da» oben Gesagte dunkel selbst! i» VnUschl«,».

57

allzu leicht eine Besteuerung der ärmeren (?) zu Gunsten der reiche» reit (?) Landestheile bedeuten. (II, 2, 244 ff.) — Wie später die Eisenbahnen sich verbreiteten, war Thünen durchaus für den Staats bau derselben, damit durch gemeinnützigen Verzicht auf eigentlichen Gewinn die Frachtpreise der Güter bedeutend erniedrigt werden könn­ ten. ‘) Dieß ist nicht inkonsequent, da Thünen an die Möglichkeit eines Verlustes bei Eisenbahnunternehmungen nicht glaubte. Es sollte aber der von Thünen so meisterhaft gewürdigte Einfluß der Trans­ portkosten auf die Production möglichst ungetrübt zur Geltung kom­ men. Um so inconsequenter dann freilich, wenn beiläufig der Wunsch ausgesprochen wird, auch auf die Zinsen der Anlagekosten Verzicht zu leisten. (H, 2, 81 ff.) Ein großartiges Ganzes bildet Thünen's Ansicht über Schutz­ zölle, nahe verwandt mit dem gleichzeitigen Systeme List's, obschon auf völlig selbständigem Wege gewonnen. Zollfanatiker freilich war er so wenig, daß er den Schmugglern offen nachrühmt, sie machten zum Wohle der Menschheit schlechte Zollgesetze erträglicher, allerdings eben dadurch auch dauerhafter. (II, 2 86 fg.) Auch läßt es sich sehr verallgemeinern, wenn Thünen ernstlich davor warnt, bei einem durch Uebrrproduction drückend niedrig gewordenen Kornpreise den Land­ mann durch Kornzölle rc. über das einzige wahre Heilmittel, Vermin­ derung des Anbaues, zu täuschen (II, 2, 237). Aber Thünen giebt -u, «daß Fabriken rc., welche dem Lande naturgemäß sind und in der Folg« ohne Schutz bestehen können, durch einen Eingangszoll auf fremde Fabrikate Schutz und Entschädigung für die Schwierigkeiten der ersten Einrichtung finden müssen." * *) Hierbei ist es einer der wichtigsten Vorzüge eben der Beschützung durch Gränzzölle, daß sie der Staatsgewalt die Macht geben, einer gemeinschädlichen Consumtion Schranken zu setzen und einem durch augenblickliche Eonjuncturen bedrücktem Gewerbszweige Hülfe zu gewähren (256). Insbesondere zeigt er für ein Land, wie Mecklenburg, „roo man das Interesse der Gutsbesitzer für das einzige, für das Staatsintereffe selbst nimmt" •), *) Hohe Personentaxen betrachtete er als eine Art von LuxuSsteucr.

•) Leben, 366. - ») I. Et. II, 2, 98.

183. v. Thünen.

899

daß auch die Gutsherren vom Aufblühen einer benachbarten Gewerbe­

stadt mehr Nutzen haben Wunen, als es ihnen schadet, wenn sie ihren Fabrikatenbedarf hier etwas theuerer einkaufen, als im Auslande. Hat ein Gut bisher die Klafter Brennholz mit 1 Thlr. Transport­

kosten zu 4 Thlr. in die Stadt geliefert, und verwerthet nunmehr in

einer nahe angelegten Glashütte die Klafter zu 3‘/2 Thlr.,

so steigt

der Gutsertrag um V* Thlr. pro Klafter. Muß dann aber die Stadt ihren Holzbedarf aus größerer Ferne beziehen, was den städtischen

Preis auf 5 Thlr. steigert,

so liegt es doch nicht im Interesse des

Gutsherrn, feine Glashütte wieder aufzugeben und das Holz um V* Thlr. theuerer nach der Stadt abzusetzen. Denn sowie di« Glashütte

wegfällt, muß auch der höhere städtische Holzpreis wieder aufhören. (II, 2, 81. 92 ff.)

Wenn das Aufblühen der Industrie zugleich den

Arbeitslohn, den Kapitalzins und die Grundrente erhöhet, so werden Lohnsatz und Zinsfuß durch Zunahme der Bevölkerung und Kapital­ menge bald wieder sinken, während die Rente wegen Unoermehrbar­

keit der Grundstücke hoch bleibt (II, 2, 98). Ueberhaupt aber muß in solche»Fragen der nationale Stand­

punkt vom privaten gesondert werden.

Giebt man zwischen bis­

her „isolirten Staaten" von sehr verschiedener Fruchtbarkeit den Korn­ handel frei, so werden die abgelegenen Ringe des minder fruchtbaren ihren Kornbau nicht lange mehr fortsetzen können, und deren Bevöl­

kerung in den fruchtbarern übersiedeln.

Als Privatpersonen mögen

sich Alle hierbei verbessern; aber der eine Staat verliert an Menschen,

Kapitalien und Grundrente, während der andere gewinnt, (II, 2,83 ff.) Dieß würde gefahrlos nur dann sein, wenn kein Staat von der grö-

ßern Macht des andern etwas zu fürchten hätte; d. h. wenn die Strei­

tigkeiten der Fürsten und Völker nicht mehr durch's Schwert, sondern durch einen europäischen Gerichtshof entschieden würden (II, 2, 89). Auch von der gewöhnlichen AnSwänderung gilt dasselbe. Der Staat,

welcher die Auswanderer hergiebt, verliert dadurch an productiver Menschenkraft, sowie an Kapital, namentlich Erziehungskapital. Wird

eine solche Auswanderung regelmäßig und dauernd, so kann er trotz aller seiner nützlichen Anstalten und Einrichtungen möglicher Wesse

nur für einen andern Staat arbeiten, dessen wachsendes Uebergewicht 67*

900

XXXH. Höchste «u-blldlm« der «mtth'sch« Leh« in Deutschland,

ihm selbst vielleicht schließlich zum Verderben gereicht. Und doch wird Niemand im Stande sein, die AuSwandernng zu hemmen! So liegt auch hier die Versöhnung des Widerspruches nur darin, daß alle Staaten, ihrem Egoismus entsagend, sich zur Menschheit endlich so verhalten lernen, wie die zur Freiheit gelangten Individuen flch zum Staate verhalten. (II, 1, 115 ff.) Es ist übrigens keine Inkonsequenz, wenn Thünen die engli­ schen Korngesetze auch vom national-englischen Standpunkte tadelt. Den» an Bodenfruchtbarkeit steht England den ostseeischen Kornländern gewiß nicht nach, und ist ihnen zugleich an bisheriger Entwick­ lung, den meisten sogar auch an weiterer Entwicklungsfähigkeit ebenso gewiß überlegen. Ganz besonders aber weiset Thünen darauf hin, daß jede Aus- und Einfuhr von Korn eine Aus- und Einfuhr jenes Hu­ mus bedeutet, welcher das vornehmste Werthelement der meisten Grund­ stücke bilde. Um das wahre Verhältniß des Reinertrages von Korn­ feld und Viehweide erkennen zu lassen, muß die Humusverminderung dort, die Humusvermehrung hier nach ihrem vollen Werthe in Rech­ nung kommen. Der Humuswerth ist aber um so größer, je höher der Kornpreis, d. h. also in England besonders hoch. Und selbst für die Sicherheit der englischen Volksernährung im Fall einer neuen Continentalsperre ist es viel besser, das Humuskapital, als die ange­ baute Fläche zu vergrößern. (II, 2, 239 ff.) Thünen's Politik ist von den mecklenburgischen Junkern gewiß oft genug revolutionär genannt worden.') Wie wenig sie aber diese Bezeichnung verdiente, zeigt schon sein Widerwille gegen die Ablö­ sungsungerechtigkeiten von 1848 (289); ferner sein billiges Verlan­ gen, daß die Pfandbriefe nicht bloß für die Gläubiger, sondern auch für die Schuldner unkündbar fein sollten. (162. 287 sg.) Ihm selbst würde Anarchie auch noch unerträglicher gewesen sein, als Despotis­ mus (136). Dagegen war er zeitlebens ein Mann der Reform, und zwar mit großartigem Durchblick vom jeweilig Einzelnen aufs Ganze: wie er z. B. die Abrundung der Landgüter durch Austausch „in un­ serm altgewordene»" Europa damit einschärft, daß wir sonst „in

183. e. Xtytacn.

901

Ackerbau und Volksreichthum gegen die frisch aufblühenden Staaten Gegen die Auf­

der neuen Welt gar bald zurückstehen würden." *)

ruhrprediger von 1831 fg. wiesen;

hätte er gern die äußerste Strenge be­

aber die Bundesbeschlüfse von 1832 erfüllen ihn mit tiefem

Schmerz: weil sie widerrechtlich seien und die Hauptstütze der Regie­ rungen, den gebildeten Mittelstand, der seine Rechte, aber auch seine

Pflichten gegen den Staat kennt, verletzen müssen.

Er hofft darauf,

daß alle deutschen Landtage diese Beschlüffe für null und nichtig er­ klären sollen.

Ganz besonders klagt er über den Schaden,

welcher

Deutschlands Kraft nach Außen durch solche Bundesmaßregeln treffe.»)

Wie Thünen schon zu Napoleon'- Zelt glühender Feind der Frap-

zosenherrschaft war, (damals sehr für Rußland: 28),

so hat er zeit­

lebens das ganze Deutschland Im treuen Herzen getragen. Bon Preu­

ßens Stellung im Jahre 1846 meint er,

sie sei unendlich

wegen des Zwiespaltes zwischen Regierung und Volk:

schwierig

insofern dem

kleinen Staate die Großmacht wohl nur durch Unumfchränktheit der Krone erhalten werden kann, das Volk aber Garantien und Mit­

wirkung bei zeitgemäßen Reformen verlangt.

scheinbaren Gegensatzes wäre

vielleicht

Eine Versöhnung des

dadurch möglich,

daß

sich

Preußen zum Mittelpunkte der Intelligenz, zum Quellpunkte und Borbilde alles vernünftigen Fortfchreitens erhöbe und dadurch ganz

Deutschland sich gristeSunterthan machte (245).

In dem führerlosen

Sturme von 1848 erblickt er »den einzigen Licht- und Haltpunkt in

dem gewalttgen Streben der Deutschen nach Nationalität und Ein­ heit" (272).

Späterhin wünscht er, wenn Oesterreich dem deutschen

Bundesstaate wirklich beitritt, die exeeutive Centralgewalt eines FürstrnratheS, worin die größeren Staaten mehr Stimmen haben, die kleinen, dessen Mitglieder aber, ihre Gesandten,

als

seien eS die Fürsten selbst oder

nicht an Instruction gebunden sind.

Daneben eine

Gesetzgebung.

Kommt aber,

Nationalversammlung als Factor der

wie es Thünen sehr wahrscheinlich ist,

mit Oesterreich nur eine

Allianz zu Stande, so steht er keine Rettung für Deutschlands Ein­ heit und Selbständigkeit, als im preußischen Erbkaiserthume.

*) g. St. I, 107. - •) Sehen, 136 fg.

„Die

902

XXXII.

Höchste Ausbildung der Emith'schen Lehre in Deutschland.

Verschmelzung mit Preußen wird auch den übrigen Deutschen ein

Nationalgefühl geben;

und 33 Millionen Deutsche mit preußischer

Militärverfassung sind genügend, um jedem andern Volke zu wider­ stehen.- (282 fg.)

Hierbei ist es merkwürdig, daß Thünen, mit aller Schärfe seiner

-Kritik über das mecklenburgische Steüerwesen, „das allen Principien der Wissenschaft Hohn spricht, verderblich für den Wohlstand und die Moralität des Volkes ist, aber doch fortbesteht, weil Regierung, Rit­

terschaft und Städte nur ihr eigenes Interesse verfolgen, ohne im

Wohle des Ganzen einen Einigungspunkt zu finden- (260 fg.): doch

1846 gegen den sofortigen Beitritt Mecklenburg's zum deutschen Zoll­ vereine war. Seine Hauptgründe bestehen darin, daß Mecklenburg's Arbeiter die

preußische Salzsteuer nicht ertragen könnten, die hohen

Eisenzölle ein staatswirthschaftlicher Fehler seien, die mecklenburgische Branntweinbrennerei noch eines Schutzes gegen die vorgeschrittene

preußische bedürfe, die Zucker- und Wein'zölle, trachtet, zu hoch stünden,

selbst finanziell be­

und der Zolltarif überhaupt durch viele

kleine Posten dem Handel mehr schade, als dem Fiscus nütze (257).

Fassen wir alles Vorstehende zusammen, so wird es gerechtfertigt sein, wenn wir Thünen als einen der Männer bezeichnen, welche nicht bloß vorübergehende Wellen

im Strome des wissenschaftlichen Fort­

schrittes, sondern bleibende Wendepunkte sind.

Gewöhnliche Schrift­

steller nützen nur durch die Wahrheiteil, die sie lehren; Schriftstellern sind auch die Irrthümer,

bei großen

melche sie nicht vermieden

haben, in hohem Grade lehrreich, sobald man dieselben reiflich durch­

denkt. Sollte unsere Wissenschaft jemals finken, so gehören die Werke v. Thünen's zu denjenigen, an welchen sie die Möglichkeit hat, sich

wieder aufzurichten.

184. Wer FriedrichBülau') einfach als die Fortsetzung von Pölitz betrachtet, der verkennt ihn doch sehr.

Bülau'S erste größere Schriften

StaatSwissenschasten, 1832.

Der Staat und der Landbau, 1834.

(Encyklopädie der Der Staat

’) Geboren zu Freiberg 1805, gestorben 1859 als Professor der praktischen Philosophie und Politik zu Leipzig,

wo er studiert und seit 1829 bockt hatte.

908

183. 184. v. Thünen, Bülau. Handbuch der StaatSwirthschaftSlehre, 1835.

und die Industrie, 1834.

Behörden in Staat und Gemeinde, al- Pölitz je besefien hat. blieben.

1836)

zeugen

Leider ist der Verfasser

Er hat eS weder

von

Die

sehr viel mehr Geist,

dann vorzeitig stehen ge­

bei vielseitigen Kenntnissen

zu eigeutlich gelehrter

Forschung, noch bei unleugbarem praktischen Tacte zu eigentlich staatsmännischer

Wirksamkeit gebracht,

und ist darum

bei aller literarischen Rührigkeit

in eine

geistig indolente Biclschreiberei gerathen, worin sein großes Talent verkümmerte. Bon Hermann'- scharfsinniger Analyse

schöpferischer Phantasie.

steht Bülau ebenso fern,

wie von

oder gar von Thünen'S exacter Beobachtung und

Rau'S gelehrter Gründlichkeit

Seine Lehrbücher selbst haben den Ton von Essay'-

oder guten Leitartikeln, wie er ja auch meisten- nur die Erörterung praktischer TageSfragen liebt,

zugehen.

ohne auf die bleibenden Grundsätze der Theorie weiter eiu-

Statistische Durchschnittszahlen schätzt er sehr gering (Stw., 36), hält

überhaupt die statistische Methode für bloßen Prunk: nicht Zahlen, sondern Gründe

entscheiden (366). ste^ nähert sich

Auch von der Geschichte will er nicht viel wiffen.

der historischen Methode

die er von Jugend auf einigermaßen praktisch kannte. (Stw., 276 ff.)

wie er in einigen Schriften

Fr. v. Raumer erinnernde Art, Gegengründe

ist

wohl ein

Sie wird aber leblo- durch den beständigen

und mußte daher, so viel Gute- sie enthält, am

Gebrauch der oratio obliqua,

Ende langwellen.

Die an

die Gründe und

jeder besprochenen Maßregel neben einander stellt,

Anlauf zur geschichtlichen Methode.

Am mei­

seine Auffaffung der vergbaupolitik,

Auch hat Bülau wenig Fortschritte auf diesem Wege gemacht.

„8on den Einrichtungen Sparta'-, dieser kriegerischen Trappistenrepublll, die sich von den Heloten ernähren ließ,

nichts lernen" iStw., 4). anfangs

können wir staat-wiffenschastlich und finanziell

Bei den Neueren ahnt er wohl, daß die Tristrechte re.

unschädlich gewesen

(246. St. und L , 184 ff.)

Desto unhistorischer

ist die Ansicht, die Gütergeschloffenheit habe eine durch nicht- gehinderte Tendenz

zur Eoncenttirung de- Grundbesitze- (Stw., 242); und die Gemeinweidenutzung sei ursprünglich nicht bloß für Alle gleich gewesen, sondern e- hätten gerade die in der Mark am meisten Betheiligten

die Erwerbung von Privatäckern re. des­

halb vernachlässigt (St. und L, 101). An da- Dogma der unbeschränkten Ber kehr-freiheit glaubt Bülau fest. Ihm scheint die Staat-wirthschast-lehre „eine sich selbst vernichtende Wissenschaft",

deren Jnhatt sich auf wenige einfache Grundsätze beschränken wird, wenn e- ihr gelungen ist,

die vielen nachtheiligen Institute au- der Güterwelt zu entfernen

(Stw., Vorrede).

Da- System der Erwerb-fteiheit, im Gegensatze von Erwerbs­

gemeinschaft und Erwerb-bevormundung,

bar

(18).

ist überall und zu jeder Zeit anwend­

In dieser Hinsicht wird ein sonderbarer Unterschied zwischen Staat

und Volt-wirthschaft behauptet.

Zwar der reine Bernunststaat ist ein Unding,

aber ein wirthschaftlicher Normalstand de- Staate- gar wohl möglich (St.

und I., 158).

In der „Gütcrwelt" sollte e- ganz „naturgesetzlich" zugehen (71).

Diese natürliche Entwicklung ist nur durch eine verkehrte Politik der Borzeit ge­ stört worden (Stw., 285).

„Wo Freiheit ist,

da übernehmen die Gesetze der

XXXII. Höchste Ausbildung der Smith'scheu Lehre in Deutschland.

904

Güterwelt die Herrschaft.

In einzelnen Fällen kann au-gezeichnete Einsicht oder

große Thorheit da- Verhältniß ändern;

aber diese einzelnen Fälle verschwinden

in der Masse oder gleichen sich in ihr au- (St. und L., 21).

Der Staat muß

in allen Beziehungen der Güterwelt den allgemeinen Vortheil nur au- der Ein­

sicht der Einzelnen von ihrem »eigenen Vortheil hervorgehen lasten"

ift .Grundlehre der StaatSwirthfchast,

der Einsicht der Individuen unbedingt vertrauen,

ihnen niemals den einzufchla-

genden Weg vorzeichnen, vielmehr sich begnügen soll, schenswerthen Hills-mittel zu bieten, schaffen".

E-

(93).

daß der Staat im Reiche der Güterwelt

der Production die wünsich zu

die sie selbst außer Stande ist,

Dieß soll namentlich auch im Jutereffe derAermeren gelten. (St. und Zwar giebt vülau -u, daß die neueren Fortschritte der Wiffenschast

I., 73 fg.)

großentheil- in Restricttonen gegen die unbedingte Freiheit-regel bestehen,

sondern genaueren Bestimmungen der Regel.

eigentlich Au-nahmen,

nicht

Aber die

Vermuthung, daß Jeder seinen eigenen Vortheil am besten verstehen muß, cesfirt doch nur,

wenn er thatsächlich den Gegenbeweis führt,

oder Hülf-bedürstigkeit (Stw., 19 fg So eifrig Bülau

d. h. durch verbrechen

284).

die Livillisten vertheidigt (St. und I., 60)»),

so ent­

schieden fordert er Abschaffung der Domänen (Sttv., 259), ebenso der Familien­ fideikommisse (264).

Die Empfehlung der Gütergebundenheit um aristokratischer

Zwecke willen leuchtet ihm desto weniger ein, je mehr die Aristokratte

die ver­

derblichste und nächst der Priesterherrschast am entschiedensten von der Zeit zurück­ gewiesene Staat-form

ist.

Die Sicherheit de- Fürsten beruhet nicht auf der

Selbstsucht der Großen (St. und L., 45).

viel zu einseitig wird gelehrt, daß

die kleinen Güter, bi- zu einem gewissen Minimum, sowohl größern Reinertrag, wie größern Rohertrag gewähren. (Stw., 243 fg.)

Daher jede Güterzerschlagung

eine Mehrverwendung von Kapital und Arbeit auf den Boden herbeiführe (St.

Wogegen e- eine sehr treffende Bemerkung ist,

und L., 34).

kleinen Gütern die dürftige Bevölkerung sieht,

daß man bei zu

bei zu großen die fehlende nicht

sieht (49). — Für künstliche Hebung der Industrie schwärmt Bülau um so we­ niger, 288 fg.)

al- er

eine Vermehrung

der Fabrikarbeiter gar nicht wünscht.

Gegen Schutzzölle spreche der Umstand,

(Sttv.,

„M in Güterverhältniffeu

-wischen In- und Ausland kein Unterschied besteht" (819).

Wie Vülau über­

haupt da- verschwinden der mittelalterlichen groupee intermldiaires al- reinen

Fortschritt ansteht (St. und I , 166 sg),

so kann e- dem Staate ganz gleich-

gülttg sein, wenn die Städte, die ja keine lebenden Wesen sind,

alle eingingen,

fall- nur ihre bisherige Bevölkerung sich dadurch verbeffert (Stw., 317).

Richt

bloß der Sttaßenbau (297), sondern auch die Münzprägung soll Privaten über­ wiesen werden (298).

Selbst die von Ad. Smith anerkannte mllitärische AuS-

') Wenn die deutschen Landesherren nur eine Art Lord- geworden wären, so hätten sie

au- ihren Privatdomänen

die sie dann aber al- Private wenden würden.

wahrscheinlich

ohne Rücksicht

ebenso große Einkünfte,

auf den öffentlichen Nutzen

ver­

184.

905

Bülau.

Die englische Navigation-acte habe den Best- einer

nähme wird angefochten.

großen Seemacht durch große Opfer nur etwa- verfrühet (339). habe e- den Polen

Andererseits

trotz der Sperre nicht an Waffen gefehlt.

1831

(St. und

3, 220 fg.) Mit besserem Erfolge ist Bülau da über Smith hinau-gegangeu, wo er die und geistigen Kapitalien

immateriellen Güter

der Staat-sorge Raum zu,

mit in

(Stw., 380)

für die geistige und

ungefähr ebenso viel

fittliche Volk-kraft

Und

wie der für Landbau, Gewerbsleiß und Handel zusammen.

zwar ist gerade dieser Abschnitt besonder- reich au guten Gedanken, auf alle Seiten

und weiser Rückflcht

gung

die

Da- Handbuch der CtaatSwirthschast-lehre wendet

Volk-wirthschaft hereinzieht.

voll Mäßi­

der jeweiligen Frage.

Epidemien

sollen mehr durch Verminderung der Volk-empfänglichkeit, al- durch Absperrung

Bülau verwirft den zu frühen Schulzwang (44),

bekämpft werden (51).

zu sein braucht (45).

ist

da- jedoch in ländlichen Volksschulen bloß facultativ

aber für da- Schulturnen,

Die Kirchenlehre der schon Lonfirmirten soll man wieder

beleben und etwa- Aehnliche- auf alle nothwendigen Unterrichtsfächer au-dehnen. (106.)

Alle Forst-, Berg-,

schule zusammengezogen

werden:

so hat man

Krieg-akademieen

sollen zu einer technischen Hoch­

durch Applicatton-schulen de- Fache-

und

für ein System allgemeiner Gewerb-bildung

hinderniß beseitigt und reiche Mittel nachgewiesen

unterstützt

ein Haupt­

Von der Seminar»

(128).

e- komme nicht so sehr darauf an, daß der Lehrer viel mehr

bildung meint er,

wiffe, al- der Schüler, wie darauf, daß er einen gebildeter«, reifern Geist habe,

in dem, wa- er wiffen muß,

fest sei

und die Gabe besitze,

e- seinen Schülern

allmälich bi- zu demselben Grade von Festigkeit einzuprägen (162. 165).

Sehr

schön äußert er stch über die theologische Stande-farbe mit ihren Schwächen und Einseittgkeiten, die aber doch vorzug-weise befähigt, den Jdeali-mu- de- Christen«

thum- gegen den Reali-mu- de- Leben- zu vertheidigen und da-Leben für die Verwirklichung jener Ideen zu bilden (154).

Reinheit und Kraft, Christen nennt,

Wenn da- Christenthum in voller

auch nur in den Herzen derer lebte,

so würde e- hinreichen,

die man jetzt gute

alle Bedrängnisse der Zeit

zu lösen

(205. 154): ein höchst bedeutender, aber wenig entwickelter Gedanke!

Solche ttefere organische Einsicht,

die gegen die oben erwähnten doktrinär

atomistischen Plattheiten merkwürdig absticht, hat Bülau zu einzelnen fast pro* phetischen Aussprüchen befähigt.

fürchteten,

Er leugnet bestimmt,

waS damals

so Biele

daß die Gewerbefteiheit zur Ueberfüllung des Meisterstandes

führen

werde (Lt. und I., 174). Dagegen werde „die zunehmende TranSportverbefferung

und das Aneinanderrücken aller Lände-theile eine gänzliche Umgestaltung unserer

socialen Verhältnisse" bewirken (268). „die Gränzen nicht mehr trennen, gebung,

Der Zollverein hat daS Gute, daß nun

sondern abtheilen"

(252).

auch wenn sie der Form nach eine neue werden sollte,

sentlich fortfahren,

Unsere Gesetz« wird doch we­

auf den Füßen deS römischen Recht- zu stehen,

„so lange

nicht sociale Reformen oder Revolutionen erfolgen" (Stw., 151).

An

diese- verhängnißvolle Fragezeichen bei allen polittschen und volkSwirthschastlichen

Untersuchungen hat Bülau früher gedacht,

al- die meisten seiner Zeitgenoffen.

XXXII.

906

Höchste Ausbildung der Smith'schen Lehre in Deutschland.

^WaS der Jurist Recht nennt,

(150.)

da- ist

die Politik jedes Jahrhundert-."

nur

Alle Verbesserung der Gesellschaft eine Rückkehr zu ihren Anfängen, die

mit Bewußtsein ergreift und leitet,

waS damals nur bewußtlose- Product der

Echt human ist die Ansicht:

Natur war (222).

den e- nicht eine Stelle nützlichen Wirken- gäbe,

„Keiner lebt auf Erden,

für

wenn nur Jemand die Mühe

nicht scheut, ihn zu erkennen und auf dem richtigen Punkte zu verwenden. Schattenseite

daß so Viele ihre Stelle

unser- socialen Zustande-,

Die

nicht finden,

fällt nicht der Natur der Dinge, sondern den Menschen zur Last" (168). da- mag wahr sein,

Gesetze mild sein de- Volke-

und mit Nachsicht au-geübt werden können,

dafür bürgt,

daß die Verbrechen selten,

glücklich, al- schlecht sind (198).

Diebe leichter schützen kann,

härter bestraft,

die Verbrecher mehr un­

al- gegen böse Schuldner:

und doch werden jene

weil die höheren Klaffen die Gesetze machen;

da- sind Sätze,

die Weissagung:

und sie wird wiederkehren

die ein Socialist furchtbar mißbrauchen könnte.

polizeiliche Ehenerschwerung

für Arme

wird in Ausdrücken bekämpft,

offenbar zwischen dieser Strömung

und

thume keinen ganz festen Standpuntt gebildet.

Die

die sehr

an socialistische Declamationen unserer Tage erinnern (St. und I., 26). hat sich

die

weil die Tugend

Aber die Verwunderung, daß man sich gegen

e- ist eine Zett gewesen, wo e- keine Strafen gab, (201):

Auch

daß bei einem moralischen, nicht bloß legalen Volke

Bülau

seinem absoluten Freihändler,

So schließt er sich

ganz einer

Allegorie Bulwer'S an, die ungefähr besagt, daß die Bettiebsamkeit ein tausend­ fach gefesselter Riese ist,

der eben darum den Menschen, die ihn gefesselt haben

und durch Opium (Armengesetze re.) beruhigen, kaum ein Zehntel der sonst mög­ lichen Früchte schütteln kann,

und wo stet- zu fürchten ist,

nicht für Alle zureichenden Früchte willen

daß es um dieser,

zu schrecklichen Bürgerkriegen kommt.

(304 ff.) Wenn daneben in charakteristischer Häufigkeit vor gesetzgeberischen Sprüngen gewanit und auf Gleichzeitigkeit der Emancipation in allen Zweigen der Volk-.

Wirthschaft gedrungen wird (229 , so genügt da- zu voller Beruhigung doch schwerlich.

185. Die meisten volkswirthschastlichen Bücher, die zwischen 1820 und 1810 er­

schienen oder doch verfaßt sind, gehören der Richtung dieses Kapitels an.

Wir

heben unter den Heineren Vertretern derselben nur folgende hervor.

Schon der Titel,

welchen die volkSwirthschaftliche Hauptschrift deS Techno­

logen Johann Karl LerrchS*) führt:

„Gewerbe- und Handelsfreiheit,

oder

über die Mittel, da- Glück der Völker, den Reichthum und die Macht der Staa­

ten zu begründen" (1827),

weiset darauf hin,

daß auch in Nürnberg damals

das unbedingte Laissez faire seine Lobredner hatte. faffer,

Wirklich meint der Ver-

der nicht ohne Talent fast die ganze Bolkswirthschaft durchmustert

und

mit Begeisterung in eine Zukunft von Weltfrieden, Welthandel, Weltfteihcit und

’)

Außerdem nennt ihn E. L. Jäger

vom Buchhalten.

eine große Auctoritüt in der Lehre

907

185. Leuch», Eiselen, Kudler. daß bei völlig freiem Verkehr

Civilisation blickt (Borr.),

geführt werden,

von denen nicht im Jnlande

niemals Waaren auS-

-u viel vorhanden ist

(56. 78).

Die Furcht, ein Land könne durch Handel verarmen, ist eine ganz unbegründete (302).

Selbst mancherlei Fälschungen der Fabrikzeichen,

dem Au-lande,

besonder- gegenüber

werden im Interesse der Verkehr-freiheit geduldet (179).

Bezug auf die Handelsbilanz

In

recht wohl verstanden

Ad. Smith rc.

hat Leuch-

(278); während er z.B. im Fall einer Staatsanleihe die Produktivität der Ka­ pitalien auf dieselbe Weise verkennt, wie viele Altmercantilisten (382).

Die wichtigsten Bücher des Hallischen ProfefforS I. F. S. Eiselen

sind

seine „Grundzüge der Staat-wirthschaft oder der freien Volk-wirthschaft und der sich

darauf

beziehenden

Volk-wirthschaft"

Buche- seinen Mund

(1818)

Regierung-kunst" Er nimmt in

(1843).

und seine

der Vorrede

„Lehre von der

namentlich

de- letzten

Die wahre Aufgabe der Wiffenschaft soll

ziemlich voll.

bisher noch gar nicht vollkommen erkannt sein: nämlich die Darstellung de- Le­

ben- der Völker selbst, soferne sie durch wirthschaftliche Zwecke zu einer bürger­

Jndeffen findet fich bei ihm kaum ein be­

lichen Gesellschaft verbunden werden.

deutendere- Problem, versucht wäre.

deffen Lösung nicht bereit-

von der Smith'schen Schule

Gleichwohl hat Eiselen Recht, seine Arbeit da- Ergebniß eine­

unabhängigen Nachdenken-

Auch da- längst Bekannte

zu nennen.

zu assimiliren und im Einzelnen nachzubeffern gewußt.

er hätte an vielen Stellen, wo er doch nicht- Neue- zu sagen wußte, bisher übliche Form

beibehalten.

auch die

Am meisten hat Eiselen die Lehre von der

Korntheuerung gefördert: • doch muß sie

Werke- zusammengesucht werden.

hat er fich

Nur wäre zu wünschen,

au- sehr verschiedenen Stellen

seine-

DankenSwerth ist auch sein Streben, im -wei­

ten Theile, der besondern VolkSwirthschastSlehre, da-Zusammenwirken der früher einzeln erörterten Wirthschaft-elemente

im wirklichen Leben

unterscheidet er Ackerbau-. Gewerbe- und Handel-völker,

darzustellen.

Hier

leider mit einer AbS-

tractheit der Schilderung, welche den Hauptnutzen solchen Vorgehen- beinah auf» hebt, nämlich die lebendigeErfaflung de- Begriffe-: Kulturstufe, der ja in Ver­

bindung mit dem andern Begriffe:

Nationalcharakter fast allen volk-wirthschast-

Diese Ab-traction äußert

lichen und politischen Erklärungen zu Grunde liegt.

sich namentlich auch darin, daß eine Menge wichtiger Lehren von Eiselen so be­ handelt werden, al- ob eS gar keinen Staat gäbe!

Der Oesterreicher Joseph Kudler zeigt stch in seinen Volk-wirthschaft" (II, 1846)

„Grundlehren der

al- ein recht verständiger Mann,

nicht ungeschickt, obwohl von geringem Talente für Systematik

schriftstellerisch Seiner wiffen-

schaftlichen Ansicht nach steht er Rau am nächsten, weicht aber in der Form sehr

von diesem ab, da er weder Literaturnachweisungen, noch praktische Anwendungen seiner Regeln liebt: beide- wohl nicht allein au- Mangel an Gelehrsamkeit, son­

dern zum Theil gewiß auch,

um nirgends anzustoßen.

Der Wiener Profeflor

und Lehrer de- präsumtiven Thronfolger- mußte vorsichtig schreiben

(II, 177).

Ukbrigen- ist die Empfehlung, die Kudler unter gewissen Umständen den Schutz­

zollsystemen zu Theil werden läßt, viel zu umsichtig und gemäßigt, al- daß sie

von bloßer Rücksicht auf die österreichische Praxi-

eingegeben

sein könnte.

(II,

908

XXXIL

Höchste Ausbildung der Smith'schen Lehre in Deutschland.

136 ff.) Sehr geschickt hat er die Productivität der Handel-arbeiten darauf zurück­

geführt, daß sie die für den Gebrauch nothwendige .Zugänglichkeit" der Waaren (II, 156).

hervorbringen

Nicht ohne Sinn ist er für die relative Nützlichkeit

die nur für gewiffe Kulturstufen paffen:

mancher Institute,

wie er überhaupt

offenbar auch von List gelernt hat.

Der preußische Archivar

und Profeffor zu Berlin

So z. B.

Originalgedanken.

hat in

A. F. Riedel

(III, 1838 ff.)

seiner „Nationalökonomie oder Volk-wirthschaft"

manche

gute

über die Verschiedenheit der juristischen und na­

tionalökonomischen Vehandlung-weise deffelben Gegenstände-, die er am Darlehn erörtert (I, 178 ff.); über die Productivität der vertheilung-arbeiten, wobei er selbst die Armenpflege nicht au-schliegt (I, 162 ff. 183 fg.),

den geistigen Produktionen bloß

sequmter Weise

obschon er incon-

eine mittelbare Productivttät

-uerkennt (I, 65); über den scheinbaren Widerspruch zwischen Volk-- und Privat­ wirthschaft hinsichtlich de- Hochwaldbetriebe-,

edleren Holzarten

immer noch

Lauderdale'- Lehre,

daß die

den er darau- erklärt,

(II, 48 fg.)

verhältnißmäßig zu wohlfeil sind.

wie die Production-kosten

vom Standpunkte de-

ganzen

Volke- ander- zu berechnen sind, al- vom privatwirthschaftlichen, ist durch Riedel nicht unwesentlich weiter entwickelt (I, 88). sicht,

Auch merkt man vielfach die Ein­

daß verschiedene Kulturstufen verschiedener Grade und Arten der Staat--

leitung bedürfen:

-. B. in der Lehre von den Schutzzöllen

obwohl sich Riedel

um die Anerkennung solcher Relattvität sonderbar genug herumwindet (II, 163), eigentlich nur al- einen großen Fehlgriff

und deshalb da- sog. Mercantilsystem

ansieht (III, 147).

Ueberhaupt ist e- merkwürdig,

wie wenig Riedel seine ge­

schichtlichen und volk-wirthschaftlichen Studien zu verbinden gewußt.

Man ahnt

kaum, daß e- derselbe Mann ist, welcher die Nattonalökonomie und zugleich die Schilderung der Mark Brandenburg im 1.1250 versagt hat! *)

Wirklich trägt

da- erstere Werk einen Stempel von so unlebendiger AbSttaetion und ermüden­

der Breite,

ohne darum doch eben scharf und klar zu sein,

daß sein geringer

Einfluß auf Literatur und Praxi- schon daraus erklärt werden kann. Nach seiner Naturanlage müßte der wiffenschaftliche Standpunkt von E. W.

CH. Schüz dicht neben Rau liegen; er ist dann aber durch bedeutende Einflüffe von Ricardo und List modificirt worden.

Einseitigkeiten

Gegner.

und

da-

Extremen,

Mit Rau

theitt er die Scheu

aufrichtige Zuwortkommenlaffen

Man sieht da- schon in der Schrift:

Ueber den Einfluß der Verthei-

lung de- Grundeigenthum- auf da- Volks- und Staat-leben charakteristisch der Gedanke,

daß e- am erwünschtesten sei,

Privatgrundftücke au- untheilbaren Gütern bestehe.

gesetzten Principien versöhnt,

vor

auch der

(1836).

Hier ist

wenn die Hälfte der

So würden die entgegen­

von welchen da- eine die freieste Entwicklung de-

JndividuumS und Zeitgeistes fordert, da- andere die Herrschaft der Allgemeinheit und Tonttnuität. (151. 165 ff.)

Den einseitigen AbStracttonen Ricardo'-, wel-

l) Aehnlich wie bei JameS Mill,

in deffen Elemente man auch den ver-

faffer der Hietory of British India kaum ahnt.

909

185. Riedel, Schü-, Baumstark.

eher vou jeder wirthschaftüchen Thatsache meist wohl den Haupterkläruug-gruud, aber den auch gau- allein hervorhebt, stellt Schüz nicht selten die nöthigen Zu­

sätze und Au-nahmen de- Arbeitslohnes

gegenüber:

so

B. der Lehre,

daß eine Veränderung

unverändert

die gegenseitigen Prei-verhältniffe der Produkte

laste, daß die Grundrente keinen Einfluß auf de» Preis der Produkte ausübe re. *) In seinem Hauptwerke

ist er auch

der erste gelehrte Ratioualökonom,

die vielfach wilden Gewäster der List'schen Forschungen regelmäßigen Lompendienackers -u nutzen versucht hat.

Vorkommen.

eine­

So z. B. für die Lehre

vom Hof- und Dorfsystem, ganz besonder- aber von den Schutzzöllen. hängen die mancherlei historischen Anklänge zusammen,

welcher

-vr Befruchtung

Hiermit

die in Schüz' Arbeite»

Wie er dem Begriffe der Rationalität (5 ff ), dem politischen Eha-

rakter des Landbaues, GewerbfleißeS re.

(125 ff.) gerecht zu werde» sucht,

so

erkennt er namentlich auch von den verschiedenen Landbausystemen, daß man fie

nicht absolut empfehlen oder widerrathen darf, sondern daß in der Regel jeder andern Kulturstufe

auch ein andere- Landbausystem Roch chut,

und

daß mit

dem Landbausysteme zugleich die meisten Institute der Agrargesetzgebung bewahrt

oder verändert werden müssen.

(141 ff.)

Dabei zeigt stch überall ein warme-

Jvtereffe für da- sittliche Element der Volk-wirthschaft,

wovon eine eigene Ab­

handlung de- Berfaffer- in der Tübinger Zeitschrift (1844),

da- übrigen- na­

mentlich in Bezug auf Armenpflege durchaus nicht mit sentimentalem Aberglauben

verbunden wird (1861, 383).

Bon

den beiden volk-wirchschaftlichen Hauptwerken

Edw. Baumstark'-

lehnt stch da- ältere: „Staat-wissenschaftliche Versuche über Staat-kredit, Staats­

schulden und Staat-papiere" (1888) wesentlich an Rebeuiu- an.

E- finden stch

darin aber auch ganz selbständige Untersuchungen: dogmeugeschichtliche über Ad.

Smith (87. 609),

eine Bekämpfung der recht-gefährlichen Zachariä'schen Lehre

von den Staatsschulden (398 ff.),

ein immerfort wachsende-,

sowie de- St. Sinwnistischen Plane-, durch

nie tilgende- System von Staat-anlechen

schließlich

alle- Kapital au- dem Befitze der Müßiggänger in die Hand der Arbeiter oder

de- Staate- zu bringen. (442 ff.) — Ungleich bedeutender ist da- spätere Werk:

„David Ricardo'- Grundgesetze der Volk-wirchschaft und Besteuerung, und erläutert."

(II, 1837 fg.)

cardo'- mächtigen Geist

übersetzt

Baumstark hat hier da- große Verdienst,

eigentlich

zuerst

in

der

Ri­

deutschen Rationalökonomik

eingebürgert zu haben: und zwar nicht bloß durch eine vortreffliche Uebersetzuug,

sondern auch durch die 11 erläuternden Abhandlungen im II. Bande.

cardo so schwer zu verstehen, so leicht mißzuverstehen ist,

Daß Ri-

rührt zum Thell vou

der gedankenreichen Kürze seiner Sprache her, am meisten jedoch vou dem strengen Festhalten seiner ab-trahirenden Voraussetzungen,

die er noch dazu selten aus­

drücklich augiebt, ost nur -wischen den Zeilen errathen läßt. immer Kapitalisten Vorau-,

So -. B. setzt er

welche bloß von chrem richtig berechneten Vortheile

bestimmt werden und auch gau- freie Hand haben,

ihr Kapital au- einem Aa-

l) Grundsätze der Nationalökonomie (1843), 291 ff. 312 ff.

XXXn. Höchste Ausbildung der Smith'schen Lehre in Deutschland.

910

weudungS-weige in einen andern über-usiedeln.

Daß in der Wirklichkeit solche

Kapitalisten selten Vorkommen, war einem so tiefen Menschenkenner und praktischen

Geschäftsmanne, wie Ricardo,

sehr wohl bekannt.

Er fordert aber von seinen

Lesern wenigsten- so viel eigenes Nachdenken, um das unter jener Voraussetzung

ermittelte Resultat auf verwickeltere Umstände richtig -u überttagen.

Und doch

beruhet die große Mehrzahl der gegen ihn erhobenen Einwürfe darauf, daß man

Unser Baumstark hat den Ricardo meist richtig aüfgefaßt.

dieß nicht verstand!

Er hat die Formulirung seiner Lehren hier und dort Verbeffert.

Grundrente Preis:

sogar

unwesentlich

nicht

Eo z. v. hinsichtlich deS EinfluffeS der Bodenmeliorationen Sehr gut

(II, 546).

wonach

B.

der erstere den üblichen Unternehmergewinn

die Grundrente hingegen

auf die

ist der Unterschied zwischen PreiSsatz und

beim Gettcide

nur

mitumfaßt,

einen Bestandtheil des letzter«

bildet (375.578). Indessen fehlt eS auch nicht an Mißverständnissen.

daß auch der Kornpreis von den niedrigsten Produktionskosten

So z. B.,

bestimmt

werde

(550. 554); daß Ricardo'- Annahme, der landwirthschaftliche Erttag auf rente­ losem Boden

ein physiokratischer Irrthum

regulire die Höhe de- Gewinnsätze-,

sei (639. 664);

daß zur Hervorbringung deS Getreides

in derselben Zeit

in nicht sehr weit von einander entfernten Ländern immer

Arbeit gehöre (403).

und

ungefähr gleich viel

Auch wo er von einem Tauschwerthe an sich redet (322)

und ein allgemeine- Sinken der Tauschwerthe al- möglich anzunehmeu scheint (326. 329), muß ein Mißverständnis vorliegen. UebrigenS steht Baumstark

ganz auf dem Standpunkte, (264);

daß „Gewerbefreiheit

Verkehr-nothwendigkeit-

sei

weshalb er auch, ttotz seiner langen, mit Liebe gearbeiteten historischen

Einleitung (I, 263),

z. B. da- Mercantilsystem

für „den Weg der Unnatur"

(273) erklärt.

Ricardo'- großer Zeitgenoffe und Rival,

MalthuS,

keinen so bedeutenden Eommentator gefunden.

hat in Deutschland

Der Uebersetzer deS „Versuchs

über die Bedingungen und Folgen der Volk-vermehrung" (1807), F. H. Hege* wisch, kann mit Baumstark nicht verglichen werden.

liche Gesammtbedeutung seine- Autor-

Statt'die tief Wissenschaft*

zu ergründen

oder gar

zu berichttgen,

hält er sich mit Enthusiasmus an da- eine praktische Ergebniß desselben, welches zwar auch bei MalthuS selbst ungebührlich

nur

im Vordergründe

unter ganz bestimmten Voraussetzungen wahr

vor rascher Volk-vermehrung.

ist:

steht,

nämlich

aber doch

die Warnung

„Strömt euch da- Horn Amalthea'4,

ihr darbt,

wenn ihr MalthuS nicht höret! . . .

Hört, und e- beut maltesischer Fel- euch

üppige Mahle!"

Uebersetzung kennzeichnet

Diese- Motto

der

Ebenso der Titel de- Buche-, welche- Hegewisch Fr. valttsch herau-gab: catur dieser Richtung

„Eigenthum und Vielkinderei."

bilden die Schriften

Uedervölkerung in Mitteleuropa

(1827);

ihre

Tendenz.

1846 unter dem Pseudonyme —

Eine wahre Lari-

von £. A. Weinhold:

von der

Ueber die Population und Industrie,

oder krittscher Beweis, daß die Bevölkerung in hochkulttvirten Ländern den Geverbfleiß stet- übereile (1828); Ueber da- menschliche Elend, welche- durch den

Mißbrauch der Zeugung herbeigeführt wird (1828); Da- Gleichgewicht der Be»

911

186. Nachfolger von Mcardo und MalthuS.

völkernng al- Grundlage der Wohlfahrt der Gesellschaft und der Familien (1829). Hiernach sollen alle zeugungsfähigen Männer so lange iufibulirt werden, bis sie

nachgewiesen haben,

polizeilich

BolkSwirthschast erwägt,

wenn man den fast stationären Zustand der

der in England wie in Deutschland vor 1830 so viele

Besorgnisse vor Uebervölterung erregen mochte.

Gelehrten,

Man wird

daß fie Kinder ernähren können!

solche Ansichten begreiflicher finden,



welche MalthuS schon damals würdigen,

Zu den vorurtheilSfreiesten aber doch auch wenigsten­

oberflächlich kritisiren, gehört Fr. Schmidt, ein Mann, dessen schriftstellerischer Charakter sehr an den seines Land-mannes Bülau

„Der Mensch und die Güterwelt"

völkerung,

Arbeitslohn

(1834).

und Pauperi-mu-

Seine

Bgl. da- Buch:

erinnert.

„Untersuchungen über Be­

in ihrem gegenseitigen Zusammen­

hänge" (1836) geben die Formel von MalthuS auf,

daß sich die Bevölkerung

in geometrischer, die Menge der Unterhalt-mittel nur in artthmettscher Progression -u vergrößern tendire; aber sachlich treten sie MalthuS bei, nur mit sonderbarer

Ueberschätzung deS confusen Sadler,

die Bevölkerung wachse

dessen Grundsatz,

in umgekehrtem Verhältniß ihrer Dichttgkeit, durchaus zu Ehren kommen soll.

MalthuS hat bekanntlich außer seinen großen Verdiensten um die Bevölke­ rung-- und Grundrentenlehre noch ein drittes Gebiet der Wissenschaft mit epoche­

machenden Entdeckungen bereichert,

die Lehre von der (Konsumtion,

vom nothwendigen Gleichgewichte zwischen Productton

besonder-

und (Konsumtion:

auch

hier, wie eS zu gehen pflegt, nicht ohne daS von seinen Vorgängern völlig Ueber»

sehene oder doch Unterschätzte einigermaßen zu überschätzen.

von der Möglichkeit einer allgemeinen Ueberproduetion,

einer -lasse unproductiver Zehrer.

So spricht er z. v.

von der Nothwendigkeit

Eine earicatürliche Ausführung solcher An­

sichten (wie in Frankreich bei St. ChamanS) finden wir bei dem alten Gründer

deS Illuminatenordens Ad. Wei-Haupt (1748—1830), dessen Schrift: Ueber die Staatsausgaben und Auflagen (1817), gestützt auf Pinto und Herrenschwand, die Größe von England au- der Größe seiner Ausgaben, Steuern und Schulden

erklärt.

„Was ein Staat

angesehen werden,

indem

in seinem Innern au-giebt,

kann nie als Ausgabe

solcher scheinbare Verlust einen großen Theil seiner

Unterthanen in Nahrung und in den Stand setzt, die Staat-abgaben zu entrichten. . . . Selbst ein unwürdiger, Abel gewählter Consument ist besser, al-gar keiner."

Al- Pendant hiezu ForstdirectorS

gedenke ich der Thatsache,

I. G. v. Seutter

N.-Oekonomie (III, 1823),

daß in de- Württembergischen

Staat-wirthschaft auf der

Grundlage

einem schwerfällig philosophischen Buche,

der

dessen un­

klare Denkweise schon daraus erhellt,

wie fast ein Drittel jeder Seite durch ge­

sperrten Druck hervorgehoben wird,

die selbständig neuen Ideen

hauptsächlich

nur auf eine Empfehlung der aliquoten Grundabgaben, selbst bei Erbpächtern rc.,

hinausliefen

(II, 202. 237. 261).

Ein merkwürdige- Anzeichen der zu jener

Zeit herrschenden vieljährigen Krise niedriger Kornpreise, aus deren genaue Fest­ stellung der Verfasser durchweg daS größte Gewicht legt.

XXXin. Die unmittelbare Vorbereitung der geschichtlichen N.-Oek.

912

Kapitel.

Dreiunddreißigstes

Die unmittelbare Porbereituug der geschichtlichen Nationalöbonomik. 186. Der erste große Historiker im neuern Deutschland, Winkelmaun, eigentlich gar keinen Anknüpfung-punkt,

bietet un­

waS um so mehr zu bedauern ist, je

mehr gerade für alle plastische Kunst die wirthschastliche Entwicklung

de- städti­

schen GewerbfleißeS die eigentliche Unterlage bildet.

Aber schon der Göttinger Ehr. G. Heyne nahm in Zusammenfassung de-

seine encyklopädische

ganzen Alterthum- neben dessen übrigen Realseiten

die wirthschastliche mit auf;

wobei ihm

auch

die Neigung zu Hülfe kam, in seinen

Programme» re. solche Verhältnisse der alten Welt zu erörtern,

welche den zur

Zeit gerade obschwebenden TageSfragen besonder- verwandt schienen. Man erin­

nere sich an die Schriften

über die römischen Familienmünzen (1777/78),

den römischen BundeSgenoffenkrieg,

schen Kolonien (1783),

über

über

Alexander'- d. Gr.

verglichen

die Geschichte

Welthandel-politik

mit

de- taurischen Lhersonne- (1787),

(1805),

aber auch

Origines panificii frugumque inventarum initia. (1768 fg.) —

Richtung überhaupt in Göttingen einen guten Boden fand,

schon

an die

Wie sehr diese

-um Theil

deS Zusammenhanges mit England, das -eigen nicht bloß Männer wall, Schlözer, Spittler, Sartorius,

über

dem Abfallkriege der engli­

wegen

wie Achen-

sondern auch der große Orientalist I. D.

Michaelis, dessen Hauptwerk: Mosaisches Recht (1770 ff.) so tief in die volkS-

wirthschastlichen Interessen eingeht; der von Schlözer gepriesene „Schöpfer zweier

neuer Wissenschaften,

der gelehrten Oekonomie und Technologie,"

dessen Beittäge zur Geschichte

mann,

seltene Verbindung reicher

literarischer

J oh. Beck-

der Erfindungen (1786 ff.) durch eine

Gelehrsamkeit mit technischem

Sachver-

pändniß noch immer brauchbar ftnb l); ja selbst Ehr. Meiner-, unter dessen zahlreichen Schriften keine für sich allein bedeutend ist,

deren Gesammtheit aber

doch einen nicht unbedeutenden Anfang dessen bildet,

waS man jetzt Kulturge­

schichte nennt. der Sitten

Hierher

gehören namentlich die Geschichte

und Rom (1781),

Griechenland

der Wissenschaften in

deS Luxus der Athener (1782),

in Rom (1782. 1791),

weiblichen Geschlechts (1788—1300),

die Geschichte der Menschheit

deS Verfalls (1785),

deS

die Geschichte der Ungleichheit der Stände

(1792), die Vergleichung der Sitten re. deS Mittelalters mit denen unser- JahrhundettS (1793), das Buch über die Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit der vornehm­ sten Länder AstenS (1796), Vergleichung deS ältern und neuern Rußlands (1798)

')

Beckmann'- Grundsätze der deutschen Landwirthschaft (1769) -eigen ihre

Gelehrsamkeit doch eigentlich nur in zahlreichen Literaturnachweisen. Naturwiffenschastlichkeit strebt dieß Buch noch gar nicht, die der Vers, als „allgemeinen Theil" bezeichnet,

lächerlich kurz.

Nach exacter

und die Gewerbelehre,

aber doch zuletzt vorträgt,

ist

Sie enthält weder von Kapitalien etwa- , noch von der Höhe

deS Pachtschillings rc., nicht einmal von der Länge der Pachtzeit I

186. Göttinger, Recht-Historiker, Historiker. und die Geschichte der hohen Schulen. (1802 ff.)

Wie von Heyne'- Schwieger­

zu den wichtigsten Aubahnern einer wiffen-

söhnen der eine, I. G. Forster, schastliche«

913

allgemeinen Länder- und Völkerkunde gehört,

so hat

der andere,

nicht bloß in seinem Hauptwerke, „Ideen über die Polittt,

L. H. L. Heeren,

den Verkehr und den Handel der vornehmsten Völker der alten Welt" (seit 1793), sondern auch in

der alten Geschichte (1799)

seinen Handbüchern

schichte de- europäischen Staatensystems (1809)

neben den

und der Ge­

großen Persönlich-

leiten und Haupt- und Staat-actionen so viel Gewicht auf die

wirthschastlichen

Dinge, namentlich Handel und Kolonien gelegt, daß seine, zwar nicht große oder

wohl aber anmuthige Weise die Ausbreitung

tiefe,

de- geschichtlich»Volk-wirth-

schastlichen Interesse- sehr fördern mußte. Von einer andern Seite her wirkte die

geschichtliche RechtSwiffenschast

auf daffelbe Ziel hin: so namentlich durch K. F.

Eichhorn'- deutsche Staat--

und Recht-geschichte (seit 1808).

regte ihr Meister, G. Hugo,

überdieß

In Göttingen

mit den geistreichen Paradoxien seine-

RaturrechtS (seit 1798) zur Prüfung mancher Dogmen an, welche da- 18. Jahr­ hundert al- volkswirthschastliche Axiome, -um Theil der fundamentalsten Art, be-

trachtet hatte: der

so -. B.

gut-herrlichen Rechte

durch seine Vertheidigung der Sklaverei

(227 ff.),

der Majorate (258 ff.)

(g. 139 ff.),

und de-

Staats­

bankerotte- (338), sowie seine Bekämpfung de- PrivateigenthumS. (208 ff.) Ob­ hier immer -wischen Ernst und Ironie de- VerfafferS klar

gleich eS schwer ist,

zu unterscheiden,

so war solche Skepsis,

da nach der Ratur de- Falle- kein

praktischer Mißbrauch durch Unmündige zu befürchten stand, für die Wissenschaft« liche Befreiung und Vertiefung doch sehr förderlich. Ueberhaupt aber fingen die Historiker seit Jselin und Möser mehr und

mehr an, finden.

auch die wirthschastliche Entwicklung

Ich erinnere

der, Völker beachten-werth zu

an I. — vaterländische 648. Religionskriege 211. Religionsunterricht 956. Rentekauf 10. 20. 28. 64. 72. 513. 517. Renten 76. 738. Renteniere 960. Rentenprincip 1042. Repräsentativstaat 934. Reproduktive Tonsumtion 869. Republik 198. 287. 641. 934. Retorstv-ölle 653. ReunionSkammern 290. Revolution 69. 77. 80. 93. 122. 418. 492. 607. 640. 778. 823. 901. 921. reward kor abstinence 1023. Rheinbund 650. Rhein-Donau-Kanal 272. Rheinland 743. 1026. Rheinsperre 633. Richter 780. Ritter 47. 402. Rittergüter 403. 478. 531. 698. 742. Ritterpferde 133. RobottabolitionSpatente 631. Römermonate 98. Römische Kirche 45. 265. 1028, A. Römische- Recht 12. 17. 55. 83. 114. 123. 140. 342. 357. 772. 905. Rohstoffe 850. Rohstoffabsatz 192. Rohstoffausfuhr 407. le roi c’eet le prämier semteur de l’Mat 860. 381.

Schulsysteme.

1079

Rom Seite 358. Romantik 751. Rübenzuckeriudustrie 743. 966 (s. auch Zuckerindustrie). Ruhe, erste Bürgerpflicht 719. Ruffisch-deutsche Schule d. N.»Oek. 1041. Rußland 695. 791. 801. 988. Sachgüter 845. Sachsen 29. 100 fg. 129. 248, «. 340. 443. Sachwerth 866. Salomonsperiode 596. Salzfabrikation 704. Salzmonopol 612. Salzpreise 748. Salzsteuer 902. Sanssagone 389. Satire 269, A. 413. Satzung 10. Schäfereiregal 164, L. Schafzucht 399. 406. Schauanstalten 149. 354. 416. 546. 553. 817. Scheidemünze 171. 847. Scheldeöffnung 633. Schiebkarre 220. Schiffahrt 135. 986. Schilderung-statistik 1010. Schlagschatz 105. 112. 136. 660. 682. 692. 783. Schlesische Literaturblüthe 188. Schle-wig.Holstein 122, A. Schmerz 880. Schmuggel 452. 545. 898. Scholastische Wirthschaft-lehre 232. Schöngeisterei 473. Schreibmaterialien 140. Schuldenbegriff 463. Schuldentilgung 959. Schuldgesetze 924. Schuldhast 937. Schulen 220. Schulsysteme 687.

1080

Schulzwang

Schulzwang Seite 366. 905. 956. Schutzsystem 573. 722. 986. 981. Schutzzoll 229. 522. 599. 664. 769. 857. 874. 898. 904. 907. 909. 981; 941. 944. 961. 991. 994. Schwarzburg-Sonder-Hausen 997. Schweden 468. Bcutagium 158. Secteu 92. Seculartstrung 37. 46. 67. 261. 385 755. 819. Seebäder 985. Seehandlnng, Preuß. 411. Seeherrschast 574. Seemächte 263. Seemacht 417. 524. Seideniudustrie 167. 284. Seidenzucht 192. 214. 272. 334, «. Seisachchie 313. Selbstbeobachtung 1036, «. Selbstrefidenz 788. Selbstüberwindung 647. eelf-Acting-prinoiple 673. Selfgovernment 706. 729. 787. SeUeuheÜ-prämie 661. 867. Seminarien 905. Sicherheit 936. Silber 209. 876. 915. Silberau-fuhr 983. ©inten, wirtschaftliches 127. Sinkingfund 761. Sklaverei 54. 146. 206. 224. 274. 298. 418. 518. 868. 913. Slaven 790. Sociale Frage 1028. 1045. Socialismus 5. 28. 32. 80. 688. 641. 646. 788. 775. 790. 794. 816. 829. 844. 845. 867. 892. 906. 947. 1012. 1020. 1040. 1042. 1047. Socialreform 905. Societäten, Monom. 878. Soldatenvermiethuug 377 463. Souveränetät 141. 413.

Staat-kunde. Sparen s. Lrsparyiß. Sparkasse^ Seite 748. Spanien 237. 257. 258. 944. Sparta 509, 644, «. XnaQvqv voimp' xodfiei 416. Specialmärkte 280. Speculation 2. 20. Spinnerei 966. Spionage 364. 417. Sporteln 783. Sprachausbildung 237. Sprachgebrauch 1006. Sprachlehre, vergleichende 752. 938. Sprüchwörter 273. Staat 32. 106. 241. 476. 636. 676. 688. 709. 720. 765. 920. 927. 939. 1008. 1018. StaatSabschätzung 147. Staat-ämter 734. 736. Staat-allmacht 945. StaatSaffeeuranz 340. StaatSauSgaben 249. 390. 464. Staatsbank 284. 935. Staat-bankerott 581. 686. 913. 919. 933. StaatScredit 217. 766. 1009. 1044 (f. auch Staatsschulden). Staatsdienst 767. Staat-einmischung 224. Staatseinnahmen 143 154. 249. 678. Staat-frohnden 684. Staatsgeheimnisse 443. Staat-gewerbe 161. 193. 418. 458. 546. 706. Staat-gläubiger 317, A. Staat-Handel 155. 161. 206. 284. Staatshaushalt 8. 292. 386. 427. 461. 679. 699. 899. Staat-Hülfe 693. 956. Staat-ideal 197. 617, «. Staat-kabinet 200. StaatSkafsenwesen 729. Staat-kirche 755. Staat-kunde 256.

Staatsmacht

1081

Strandrecht.

Statik landwirthschaftl. Sette 888. Staatsmacht Seite 336. 467. Stationäre Bolk-virthschaft 138. Staatsmaschine 381. Statistik 141. 156. 199. 235. 254 Staatsoberhaupt 252. 256. 384. 466, «. 497, A. 587. StaatSpapierkurse 933. 590. 621. 633. 651. 738. 747. StaatSprovianthauS 284. 801. 849. 878. 944. 958. 1009. Staat-recht, deutsche- 254. 1045. Staatsschatz 3. 135. 156. 188. 297. 212. 218. 291. 356. 366. 392. Stattstische Bureaux 704. 1009. — Nattonalökonomik 1035. 418. 465. 551. 568. 580. 685. -61. 770. 775 798. 817. etatus 1011. Staatsschulden 194. 205. 217. 366. Status in statu 163. 393. 465 551. 568. 581. 637. stellionatus 177. 652. 673 686. 748. 749. 761. Steinkohlengewinnung 1006. 784. 819. 828. 841. 909. 918. Steinkdhlentheer 271, A. 932. 935. 957 (s. a. Staat-credit). Sternkammer 161. Stetigkeit-princip 980. Staat-schutz 736. Steuern 143. 152. 194. 211. 212. Staat-thätigkeit 231. Staat-theorien 785. 216. 218. 226. 251. 261. 817. Staat-ursprung 534. 780. 319. 365. 426. 428. 463. 479. Staat-verfassung 278. 321. 931. 978. 495. 549. 594. 618. 662. 684. Staat-verwaltung 450. 729. 743. 746. 759. 768. 783. 826. 877. 897. Staat-wirthschaft 615. Staat-wirthschast-lehre 610. 668. Steuerabwälzung 663. 668. 741. 748. Staat-wissenschaft 465. 536. 582, A. 851. 955. 1031. Steuerbewilligung 204. 211. 218. 241. 930. 944. 261. 372. 731. 929. Staat-zweck 66d. 733. 840. Steuer-Tinmalein- 317. 897. Städte 37. 273. 818. Steuererhöhung 154. 761. — große 166. 373. 457. 546. Stände 231. 247. 711 (f. a. Dritter Steuerfreiheiten 153, A. 204. 206. Stand, vierter St., höhere, niedere 216. 245. 258. 262. 550. 742. 827. Stände). Ständische Tontrole 204. Steuer indirekte 204. 251. 551. 664. 759. 783. 828. 840. 955. Stallfütterung 486. Standard of life 895. Steuerkataster 216. Etande-ehre 520. 693. 719. Steuerfast 449. Stande-literatur 1007. Steuerrückstände 270. 550. Steuerverpachtung 226. 464. 549. 685. Stande-prinetp 693. Stande-privilegien 628. 639. Steunverweigerung 784. Stande-uuterschiede 119. 121. 244. Steuerzahlung 858. 281. 306. 346. 418 507. 525. Stiftungen 637. 844. 912. 919. 925. Stimmrecht, allgem. 1022. Standort eine- Gewerbzweige- 427. Strafandrohungen 362. 546. 573. 886. 1007. Strafarbetten 204. Stapelrecht 136. 280. 316. 339. 573. Strandrecht 159. 582. 574. Roscher, Geschichte der ÄattoeefaDtleiieeif ie VestschloNd.

69

Straßburg

1082



Uuiversalaecise.

Straßburg Seite 37. 161. 165.

Thüringische Staaten Seite 996.

Straßenbau 526. 548. 897. 904.

Thürme 91.

Strike- 873.

Todesstrafe 117. 650.

Studieren im Au-laude 314, A.

Todt beten 148.

Subsidien 465.

Todte Hand 213. 618. 765.

Succumbenzgeld 153.

Toleranz 92. 627.

Suttani-mu- 164.

Todke - Schule 111.

Bummae 22.

Torfnutzung 134.

System, Fehlstellen eine- solchen 11.

Tone- 336.

Systeme der Volk-wirthschaft 4.

Tortur 412, A.

185.

286.

535.

trades-unionß 873. 1024. 1044.

Systematik 481. 562. 764.

Transportkosten 890. 898. Transportmittel 220.

Systemisirung 678.

Transportverbesserung 905.

162. 315. 388. 855.

Labak-monopol

Tabak-produttion 882.

Trauerordnung 368. Treibhauspflanzen 982. 998.

Tabellarstattstik 746. 1010.

Triasidee 969.

Tabellenform 383.

Tagelöhnerarbeit 61.

tributa 204. Trucksystem 134.

TantiSmelohu 478.

Tucker'scheS Gesetz 694. 858. Tübingen 21. 471. 498.

Tauschverkehr 26. 61. 932.

796.

Tauschwerth 310. 858.

838.

850.

Tauschwerthmaß 690.

Taxen

19.

Türkentribut 211, A.

Turnen 509.

862, A.

tutela fructuaria 158.

24. 31.

99.

120.

132.

Tyrannei 477. 921. Tyrol 78. 922.

140.

162.

172.

215.

281.

838.

346.

354.

409.

458. 497.

542.

678.

672.

929.

UebergangSperiodeu 446.

Technik 863.

Ueberproductton 869. 911. 940.

Technischer Unterricht 521. 905.

956.

Uebersparen 869.

Technologie 866.

Uebertreibungen 692.

Telegraphenverkehr 1005. 1039.

Übervölkerung 289.

Teleologie 475 Territoriali-mu- 130.

931. 940. Unabsetzbarkeit 700. Uneheliche Geburt 203. §20.

Tilgung-fond 466.

Unehrlichkeit 520.

Titelverkauf 160. 531.

Unentbehrliche LebenSbedürfniffe 98.

Theilbarkeit f. Mobilistrung.

Uhren 210, «.

Tellow 879, A.

887.

Umlauf 391. 580.

Theologie 423. 676. 905.

Theologisicende Zeit Theuerung 19. 31.

126.

426. 464.

240.

36. 46. 47.

764. 94.

Umlauf-fähigkeit 7. Umlauf-mittel 518. 964.

Theuerung-politik 131. 215. 579. 667. 852*

Ungarn 729. 987.

Thünen'scheS Gesetz 804. 850.

Universalaecise 324. 728.

Union (kirchliche) 268. 486.

707.

Universalgelehrsamkeit

Universalgelehrsamkeit Seite 254. 938.

Universalreich 450. 647, L. 768 (s. a. Weltherrschaft).

Universitäten 328.

443.

580.

626.



volkSthum.

1063

Vermögen-coustScation Seite 160. 166.

194. 856. Vermögenssteuer 323. 729. 841. vermögeuSnngleichheit 638. Vermmftrecht s. Raturrecht.

628. 747.

UniversitätSquästoren 319.

Verpachtung 250.

Universität-zwang 352. Unternehmergewinn

660.

Verschreibungen 860. 691.

869.

Verschwender 120. 166.

1042. Uaternehmerkapital 868.

Verschwendung 218. 891.

Unterhalt-mittel 739.

Versuche, laudwirthschaftl.

451. 671.

Versicherung 154. 840. 554.

Unterhaus, engl. 47.

187.

489.

618. 889.

Unterricht-budget 755.

verwaltung-rath 860.

Urbarung 399. 456.

Berwaltung-instructioueu

s.

Instruo-

tionen. Verwüstung 220.

Valor intrineeoua 181.

Verzehrung 694.

Vaterland 411. 476.

viehau-fuhr 982.

▼ectigalia 204.

Viehzucht 8. 696. 750.

Venedig 139. 257.

Vielregiererei 787.

Verarbeitung-gewerbe 231.

Vielweiberei 91. 92. 879.

Verarmung 786.

vierter Stand

Verbrecher 284.

946.

Verdeutschungen 672. 560.

868.

Völkerbund 992. Völkerkunde 619.

Verein-wesen 478.

Verfassungen

776, «.

718.

1046.

639.

787.

920.

Völkermischung 263

Völkerwanderung 395. 511.

934. 935.

Verfassungen, Badische 934.

Volk 869.



Englische 413. 447. 560.

Volksbetrachtung wirthschaft!. 282.



614. 753. Römische 938.

Volk-dichtigkeit (s. Bevölkerung).

Volk-charaktere 197. 1034.

Verfassung-bruch 448. verfaffüng-staat 858.

Volk-einkommen 540. 566. 660. 691.

Verfassung-urkunde Friedrich Wilhelm-1.

Volk-glauben 1019.

802. 810. 859

Volk-leben 602. 932. 935. 939.

361. 364.

Volk-lehrer 685.

Verkehr 2.

Verkehr-freiheit

954. 1018.

17. 617. 679.

840. 903. 941. 1014.

746.

Volk-lied 603. Volk-reichthum

Verkehr-geschäfte 72.

589.

Verkehr-überschätzung 275.

750.

Verkehr-werth 860.

107.

611. 649.

295, L.

651. 654.

volk-schullehrer 870.

Verkokung 271, A.

Bolk-souveränetät 640.

Verlag 610.

Volk-stärke 358.

vermögen 862, L.

volkSthum 822.

367. 705.

Volk-unterricht

1084

Wehrpflicht,

Volk-unterricht Seite 381, A. Volk-vermehrung 57. 95. 107.

243.

366.

419.

474.

510.

629. 693.

Wucher.

141.

425. 438. 465.

Seite 247. 366.

allgem.

743. 1039. Wehrsystem 780.

841.

832.

860, «.

(s. a. Heerwesen).

910.

Weibergemeinschast s. Vielweiberei.

Volk-wirthe 380. 292. 615. 662. 765

Volk-wirthschaft

825. 849. 939 (s. auch Wirthschaft),

volk-wirthschaft-lehre

256. 378. 473.

848. 1007 (s. a. Nationalökouomik). Volk-wirthschaft-politik 443. 542. 616.»

Weichselmündung 405.

Weiderecht 23. 618.

Weltbürgerthum s. -o-mopoliti-mus. Welthandel 227. 912.

Weltherrschaft 221. 267. 934

(s. auch

Universalreich).

849. 870.

Welthistorische Auffaffung 475.

Volk-wohl 287.

Volkszählungen

455, A.

707.

229. 273. 394.

622.

199.

Weltregierung, göttl. 437.

Werbesystem 418.

748. Volk-zahl 36.

758 (f. a. Bevölkerung).

Werke, gute 113.

Werkzeuge 859. 883.

volonU de tone, v. gWrale 766. Borderasien 988.

Werth

641

690.

802,

A.

925

1039.

Vorrechte 163.

Werthgrößen, unwandelbare 564.

Borschußvereine 1016.

Werthmaßstab 61. 660.

Vorsehung 437. 880. 958.

Westphalen 410, A.

707.

Whig- 336.

WaarenauSfuhr* u. Einfuhr 228.

Wiedertäufer 88. 90. Wildschaden 23. 117.

Waarenkunde 379. Waarenpreise

615.

662.

107.

110.

561.

Wippen 26.

669. 804.

853.

858.

Wirthschaft 863 (s. a. Volk-wirthschaft).

104.

Waarenverbot 818.

Wirthschaft-elemente 147.

Wachtelruf 173.

Wirthschaft-ideale 889.

Wälscher RegaliSmuS 150.

Wirthschaft-politik 269. 314.

Wahlen 142.

Wirthschaft-polizei 248. 848. Wirthschaft-statistik 849. Wirtschaftliche Blüthe 139.

Wahlbestechung 933. Waldkultur 36. 355.

Wittenberger Juristenfaeultät 181.

Waldroden 220. Waldservituten 942.

Wittwenpensionen 395.

Wallfahrten 40. 59. Wandercongreß d. Landwirthe 834.

Wochenmärkte 526.



d. Volk-wirthe 1015.

Wanderschaft 647. 721.

wardship 158.

Wasserstraßen 764.

Wohnung-miethe 409. Wohnung-noth 868.

Wollau-fuhr 247, «. 370. 406. 612. 653. 722.

Wollhandel 135. 1006.

Wechselkurs 30. 296. 420.

Wollindustrie 272. 427.

Wechsel, trockene 10.

Wucher

20. 21. 28. 29. 64. 63. 72.

Weßfrohnden 725.

74. 136. 140. 205. 224. 339. 680

Wegemesser 131.

(f. auch ZinSnehmen).

Vvchergefttze



Wuchergesetze Sette 8. 87. 460. 543. 707. 937. Württemberg 164. 248, «. 944. 995.

Zahleuftatistik 958. Zehnten 9. 70. 75. 94. 710. 786. Zeitgeist 505. 936. Zeitschriften 430. 572 586. Zeitungen 371. Zettelbankregal 162. giffernbeifpiele 490. Ztu-fnb 3. 28. 452. 540. 868. Zin-kauf 65. Ziu-nehmen 8. 27. 42. 64. 56. 65. 78. 186. 148 188. 201. 388. 357 (f. auch Wucher). Zölle 40. 143. 204. 229. 458. 464. 542. 545. 630. 682. Zollanfchluß 1001, Zollbefreiung 135. Zollertrag 993. Zollregister 296. Zollsystem deS Reiches 98.

ZwischenhaudL

1086

Zollverein Sette 659. 723. 742. 760. 831. 847. 876. 902 905. 946. 948. 960. Zollverpachtuug 964. Zollverwaltung 963 Zopf u. Schwert 360. Auckerau-fuhr 915. Auckermdustrie 578 (f. Rübenzuckertndustrie) Zunftwesen 16. 186 208. 246. 279. 298. 803. 315. 458. 546. 578. 612. 648. 650. 681. 695. 720. 734. 790. 795. 829. 866. 873. 918. 966. 979. 1021. 1 044. Zufall 797. ZulagSceutimen 730. Zwang 881. AwangSanleihe» 172. 217. 898. Zwettammerfyste« 927 Zwergwirthfchast 978 (stehe Bodenvertheiluug). Zwischenhandel 569. 672.