Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich, Nachtrag zum Kommentar: Bekanntmachung über die Geschäftsaufsicht zur Abwendung des Konkurses vom 14. Dezember 1916 in der Fassung vom 8. Februar 1924 und 14. Juni 1924 [Reprint 2021 ed.] 9783112442548, 9783112442531


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German Pages 74 [80] Year 1925

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Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich, Nachtrag zum Kommentar: Bekanntmachung über die Geschäftsaufsicht zur Abwendung des Konkurses vom 14. Dezember 1916 in der Fassung vom 8. Februar 1924 und 14. Juni 1924 [Reprint 2021 ed.]
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Geschästsaufsicht und Zwangsvergleich Bekanntmachung über die Geschästsaufsicht zur Ab­

wendung des Konkurses vom

14. Dezember 1916

in der Fassung vom 8. Februar 1924 u. 14. Juni 1924

Nachtrag zum Kommentar: Cahn, Geschästsaufsicht und Zwangsvergleich Erläutert von Iustizrat Professor

Dl*.

Söfjn I

Rechtsanwalt in Nürnberg

1924 München, Berlin, Leipzig 3 Schweitzer Verlag (Arthur Sellier)

Druck von Dr. F. P. Datterer 6c Cie., Freising-München

Vorwort. An sich würde ich lieber ein zeitgemäßes neues Aufsichtsgesetz, oder wenigstens die AufsichtsVO., wie sie nun aussieht, in ihrer Gänze neukommentieren. Aber letzteres verbietet die zur Verfü­ gung stehende Zeitspanne. Es soll rasch zu den neuen Erlassen und Fristen Stellung genommen werden. Ich muß mir daher versagen, im Zusammenhang mit den durch die VO. vom 8. Fe­ bruar und 14. Juni 1924 unberührten Paragraphen, eine Ver­ arbeitung vorzunehmen. So habe ich im wesentlichen die ge­ änderten Paragraphen erläutert und nur da die ungeänderten ein­ gehender behandelt, wo seit 1917 maßgebende Entscheidungen oder belangreiche Besprechungen erfolgt sind. Die Bekanntmachung ist im vollen jetzt geltenden Wortlaut abgedruckt, die Änderungen sind durch Fettdruck hervorgehoben. Die zwei Verordnungen zur Änderung derjenigen vom 14. Dezember 1916 enthalten nicht all­ zuviel rechtlich Bedeutsames. Sie sind mehr verwaltungs­ technisch, geboren aus neuer Not der neuen Zeit. Aus diesem Grund empfahl es sich, die einschlägigen Erfahrungen und Ratschläge der Praxis den nunmehrigen Vorsichtsmaßregeln der diesjährigen Verordnungen anzureihen, m. a. W. gegenwärtige Kommentarergänzung sozusagen volkswirtschaftlicher aufzuzäumen. Nürnberg, Juni 1924.

Justizrat Professor Dr. Hugo Cahn I.

Inhaltsverzeichnis. Sette

Vorwort......................................................................................................... Einleitung: Werdegang und Neuerungen der Geschäftsaufsicht ...

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Bekanntmachung über die Geschäftsaufsicht zur Abwendung des Kon­ kurses vom 14. Dezember 1916 in der Fassung der VO. vom 8. Februar 1924 und des Gesetzes vom 12. Juni 1924 sowie der VO. vom 14. Juni 1924 ..................................................................... I. Voraussetzungen und Wirkungen der Geschäftsaufsicht §§ 1—13 II. Verfahren §§ 14—70..................................................................... 1. Allgemeine Vorschriften §§ 14—19..................................... 2. Eröffnung des Verfahrens §§ 20 — 21........................... 3. Aufsichtsperson und Gläubigerbeirat §§ 22—32 ... 4. Zwangsvergleich §§ 33—65 ................................................ 5. Beendigung des Verfahrens §§ 66—70 .......................... III. Schlußvorschriften 88 71-80.....................................................

16 16 30 30 35 38 47 60 65

Einleitung. (Werdegang und Neuerungen der Geschästsansficht.) Schon zu Beginn des Krieges wurde die Frage erwogen, ob und inwieweit eine Enthebung der Schuldner von ihren übernommenen Verpflichtungen gesetzlich zu verallgemeinern, m. a. W., ein Generale Moratorium zu beschließen sei. Solches ist der Reflex gegen plötzliche Erschütterung des Wirtschaftslebens durch unbekämpfbare höhere Ge­ walt Es vermag nicht mehr entschieden zu werden, ob eine uner­ schrockene Durchführung dieser Maßnahme den kleineren Palliativmitteln in ihrer Endwirkung nicht vorzuziehen gewesen wäre. Allemal erhofften wir damals einen kurzen Kriegsverlauf, einen glücklichen Kriegsausgang mit günstigen Folgen für den Staat und Einzelnen Solche Hoffnungs­ freudigkeit erfand eine neue, dem Spezialmoratorium gleichwertige, das Häßliche desselben verdeckende, Einrichtung. Die Zentralbehörde war sich bewußt, daß die Geschäftswelt durch die Einberufungen, die Ausschal­ tung des Auslandsverkehres, die Unsicherheit der allgemeinen Verhält­ nisse und die Unmöglichkeit eines Teiles der Schuldnerschaft, der Ge­ samtheit ihrer Verbindlichkeiten, wie im Frieden, gerecht zu werden, der­ maßen gerüttelt werden müsse, daß die einfachen Mittel der Bewilligung von Zahlungsfristen u. a. nicht ausreichen würden Statt dieser Ab­ hilfe kleineren Umfanges in Fällen des Unvermögens bei einzelnen Verbindlichkeiten, mußte eine Maßnahme Platz greifen, die den allge­ mein zahlungsunfähigen Schuldner unter gewissen Umständen während des Krieges schützen und vor dem Konkurs bewahren sollte An zwei Voraussetzungen sollte diese Maßnahme der Geschäftsaufsicht geknüpft sein: die Zahlungsunfähigkeit infolge des Krieges und die Aussicht ihrer Behebung nach Beendigung desselben. Wenn man auch mit Fug die Möglichkeit ausschloß, daß auf Antrag eines Gläubigers die Maßregel verhängt werde, so zielte gleichwohl die ratio legis aus eine gewisse Schonung der Gläubigerschaft ab, für die das Konkursverfahren meist die nämlichen Gefahren bringt, wie für den Gemeinschuldner Während der Dauer der Geschäftsaufsicht war demnach das Konkursverfahren über das schuldnerische Vermögen auszuschalten und die Einzelvollstreckung bloß in Einzelfällen zuzulassen Die Überwachung oblag einer Auf­ sichtsperson, deren Zuständigkeit aber recht allgemein gehalten, deren Einrichtung somit bald der Gegenstand zwiespältiger Beurteilung war. Die Geschäftsfähigkeit des Schuldners ferner war nur wenig eingeengt, nach außen beinahe überhaupt nicht. Bezüglich der Verwendung der vorhandenen Mittel bestanden Vorschriften, die dem Aufsichtsführer und sogar dem Schuldner ziemlich freie Hand ließen.

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Einleitung.

Nicht lange nach Erlaß der Bekanntmachung vom 8. August 1914 setzte infolgedessen eine allseitige Kritik der Gläubigerschutzverbände und anderer Praktiker ein. Die unmittelbar nach der Mobilmachung erlassene VO. wurde bald der Fülle der eigenartigen Zustände des Weltkrieges nicht mehr erschöpfend gerecht. Es bildeten sich im Laufe der Zeit wirt­ schaftliche und rechtliche Bedürfnisse heraus, welchen Theorie und Praxis, gestützt auf die Erfahrungen von zweieinhalb Jahren, Rechnung zu tragen beflissen waren. Die dann am 22. August 1916 unter Mitwirkung von Sachverstän­ digen aus dem Gelehrten-, Kaufmanns- und Praktikerstand durchberatene und mit VO. vom 14. Dez. 1916 umgemodelte Geschäftsaufsicht durfte während des Krieges sehr wohl als gesungene Lösung der ernsten Mora­ toriumsfrage angesehen werden. Sie verhütet die Entsittlichung der schuldnerischen Pflichtenbegriffe, die ein allgemeines Moratorium zur Folge hätte. Sie bewahrt den Schuldner, dessen Einnahmen -herabgedrückt, dessen Ausgaben gesteigert und dessen Kreditquellen versiegt sind, falls seine Zahlungsunfähigkeit durch den Krieg verursacht ist, vor den meisten Vollstreckungen und somit tunlichst vor dem Zusammenbruche. Die Auf­ sichtsperson schützt den Schuldner, den so die günstigen, nicht die üblen, Folgen des Konkurses treffen. Die VO. vom 14. Dez. 1916 umschrieb die Rechte und Pflichten der Aufsichtsperson etwas enger (freilich nicht eng genug). Nebenbei bemerkt, ist der Standpunkt in der Kommissionssitzung des Reichsjustizamts (z. B. von mir) vertreten worden, daß der Widers­ spruch der Aufsichtsperson die schuldnerischen und gläubigerischen Willens­ bekundungen auch nach außen wirksam gestalten müßte. Es er­ gaben sich vor (leider aber auch noch nach) der VO. vom 14. Dez. 1916 viel­ fach Mißlichkeiten, die durch tüchtige Aufsichtspersonen und -richter, wohl auch einsichtige Gläubiger und vor allem Schuldner, von Fall zu Fall gemindert werden konnten. Wo indes Wille und Fähigkeit dieser Be­ teiligten versagten, kam es zu Unstimmigkeiten, die m. E. längst hätten durch die Zentralbehörde abgestellt werden können. Zu begrüßen war, daß die VO. vom 14. Dez. 1916 die Überschuldung der Zahlungseinstel­ lung gleichstellt und so die hinsichtlich des Gesellschaftsrechts aufge­ worfenen Streitfragen ausscheidet. Es empfahl sich ferner (wohlgemerkt damals am 14. Dez. 1916), den Anregungen, einen Unterschied zu machen zwischen Schuldnern, die unzweifelhaft in der Lage sein würden, nach dem Kriege die Gläubigerbefriedigung vorzunehmen, und solchen, bei denen dies voraussichtlich nicht der Falt sein würde, nicht stattzugeben, und den Zeitpunkt des Kriegsendes nicht eng zu fassen. Dem kam die absichtlich allgemeine Fassung: „nach Wegfall der Kriegsverhältnisse" entgegen. Mit Rücksicht auf die vollständig neue Einführung des mit der Aufsicht verbindbaren konkurslosen Zwangsvergleichs ist ausgespro­ chen, daß dem Antrag auf Anordnung der Aufsicht auch stattzugeben ist, wenn Aussicht auf ein konkursabwendendes Übereinkommen, das übrigens ein rein privates sein kann, besteht. Der Aufsichtsperson ist schon in der VO. vom 14. Dez. 1916 freie Hand gelassen, ob sie

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die Geschäftsführung persönlich übernehmen will oder nicht. (Das wurde und wird viel zu wenig durchgeführt.) Die zum Teil üblen Erfahrungen mit allzu freischaltenden Schuldnern führte zu der wohlbegrün­ deten Norm, daß das Gericht auf Antrag der Aufsichtsperson besondere Ver­ pflichtungen zur Sicherung der Gläubiger verfügen kann. Da Willkür-. liche Begünstigungen von Gläübigergruppen beobachtet wurden, ist in der VO. vom 14. Dez. 1916 ausgesprochen, daß die Reihenfolge der Befriedigung von dem Aufsichtsführer nach den Grundsätzen der Kon­ kursordnung zu bestimmen und eine Abweichung von dieser ohne ge­ richtliche Zustimmung unzulässig ist. Die kontroverse Frage, ob und inwieweit die von dem Verfahren betroffenen Gläubiger auf Grund einer einstweiligen Verfügung Vormerkungen eintragen lassen dürfen, ist folgerichtig verneint. Auch dem in der Literatur erörterten Bedürfnis, die Hemmung der Verjährung des Anspruchs eines Gläubigers, der von dem Verfahren betroffen wird, für die Dauer der Geschäftsaufsicht aus­ zusprechen, ist die VO. vom 14. Dez. 1916 entgegen gekommen. Sie bringt die Klarstellung einer Zweifelsfrage, indem sie die Aufrechnung eines von dem Verfahren betroffenen Gläubigers während der Geschäftsaufsicht dem Schuldner gegenüber ausschließt, wenn er letzterem nach Anordnung der Geschäftsaufsicht etwas schuldig wurde oder vor der Anordnung, und nachher erst das Guthaben erwarb. Die VO. von 1916 ermöglicht Schuldner mit Ermächtigung des Gerichtes die Ablehnung der Erfüllung, wenn die Nichterfüllung im Interesse der Geschäftsaufsicht gelegen und für den Vertragsgegner kein unverhältnismäßiger Nachteil gegeben ist. Letzterem bleibt der Schadensersatzanspruch. Der Schuldner als Mieter kann zur gesetzlichen Frist kündigen, nicht aber der Vermieter, wie im Konkursrecht, was mehrfach de lege ferenda angeregt war. Der Schuld­ ner kann weiterhin mit gerichtlicher Genehmigung Dienstverhältnisse zur gesetzlichen Frist kündigen. Die im Rahmen der alten VO. vielfach bestrittene Frage, wer die Kosten einer Leistungsklage trägt, wenn der Schuldner den Anspruch anerkennt, ist zugunsten des letzteren in der Bestimmung von 1916 geregelt. Der Gläubiger, der die Aufsicht nicht kannte oder aus besonderem Grunde an der Erlangung des Urteils ein Interesse hat, soll jedoch nicht kostenpflichtig sein. Diese Klausel kann Rechtsstreite veranlassen. Die VO. von 1916 schaltet aus dem Ver­ fahren der Geschäftsaufsicht nun auch die Gläubiger aus, deren Ansprüche auf einem gegenseitigen Vertrage beruhen, welcher zur Zeit der Anord­ nung der Geschäftsaufsicht noch nicht erfüllt war, dann erfreulicherweise die Aufsichtspersonen wegen ihrer Ansprüche auf Erstattung von Aus­ lagen und Vergütung, endlich — unter Beibehaltung des fiskalischen Systems — die Staatskasse wegen der Gerichtskosten für das Verfahren. Zur Vermeidung unrichtiger Angaben des Schuldners, der durch eine gefärbte Vermögensübersicht die Anordnung der Geschäftsaufsicht erlan­ gen und erschleichen kann, dient die Ermittelung und Anhörung von Vernehmungspersonen. Für das Wirtschaftsleben kann nämlich die miß-

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Einleitung.

bräuchliche Ausnutzung der Einrichtung verhängnisvoll werden, weil unersetzliche Werte durch Entstellung der schuldnerischen Vermögensüber­ sichten beeinträchtigt werden können. Diese Vorschrift, die zudem eine Gläubigerversammlung nach Bedürfnis vorsieht, hing mit der vielbe­ klagten Wahrnehmung zusammen, daß in den ersten zweieinhalb Jahren reichsdeutscher Geschäftsaufsicht (August 1914 bis Dezember 1916) in den meisten Fällen keinerlei Befriedigung der Gläubiger erfolgte, die Be­ hebung der Zahlungsunfähigkeit nach dem Kriege nicht zu erwarten war und so ziemlich jede während des Krieges auftretende Zahlungs­ unfähigkeit voir den Gerichten als zur Geschäftsaufsicht berechtigend an­ gesehen wurde. Der von verschiedenen Seiten damals gebrachte Vor­ schlag, durch Publikation in die schuldnerischen Verhältnisse besser hinein­ zuleuchten, wurde von der Regierung — meines Erachtens damals mit Fug — nicht akzeptiert. Einen Kernpunkt des Aufsichtsratsverfahrens bildete nämlich der Satz, daß öffentliche Bekanntmachungen nicht staidfinden. Gegenteilige Anträge auf eine fakultative Veröffentlichung nach Antrag des Schuldners oder der Aufsichtsperson, wollten mit der Gefahr, daß Gläubiger übersehen werden können, begründet werden. Allein es blieb bei der Ausschaltung der Veröffentlichung zum absichtlichen Untevschied gegenüber dem Konkursverfahren. Die Kompromittierung des Schuldners gegenüber seinen Branchegenossen usw. sollte vermieden wer­ den. Das Vertrauen nach außen hin sollte nicht zerrüttet werden. Als Ausweg wurde den wirklich Interessierten die Akteneinsicht ge­ setzlich eingeräumt. Vor Verhängung der Aufsicht sollte ferner die Ver­ tretung des Handels oder Handwerks oder Gewerbes oder der Land­ wirtschaft gutachtlich zugezogen werden, wenn der Schuldner dieser Kate­ gorie angehört. Nach den Ministerialerlassen bzw. landesrechtlich m Aus­ führungsbestimmungen wurden die nämlichen Handels- usw. Vertretungen vor Bestellung der Aufsichtsführer um Namhaftmachung geeigneter Per­ sonen angegangen. Richtlinien gegen Entwertungen, Verlcbleuderungen, Schiebungen, Begünstigungen, kurz, unlautere Machenschaften, ferner für tunlichste Aufrechterhaltung des Geschäfts und gegen Vermögensschmäle,rung, wurden aufgestellt. Doch reichte meines Erachtens diese Normie­ rung nicht völlig. Denn die Nichtberechtigung, gewisse Ge­ schäfte vorzunehmen und Willenserklärungen abzuge­ ben, ferner die Vollstreckungsversagung, wenn die Auf­ sichtsperson ein Veto einlegt, wäre m. E. in eine Muß­ vorschrift zu kleiden gewesen. Ich hatte deshalb an zuständiger Stelle den Vorschlag gemacht, zur weiteren Erreichung dieser Zwecke die Anordnung der Geschäftsaufsicht in das Handelsregister und das Grundbuch bei den einschlägigen schuldnerischen Grundstücken einzutrcvgen, erstere Maßregel ohne Veröffentlichung. Die Einführung des Gtäubigerbeirats hat sich als rätlich herausgestellt, nachdem, insbesondere infolge der Möglichkeit eines Zwangsvergleichs, die Rechte -und Pflichten sowohl des Gerichtes als auch der Aufsichtsperson sich mehrten, eine gewisse Entlastung, Teilung der Verantwortung und gemeinsame Begut­ achtung daher angezeigt erscheint.

Einleitung.

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Die übrigen Paragraphen der VO. vom 14. Dez. 1916 beschäftigen sich mit dem Zwangsvergleich außerhalb des Konkurses. Die deutsche Gesetzgebung konnte in der Einführung des Präventivausgleiches hinter den Nachbarländern umso weniger zurückbleiben, als die Geschäftsaufsicht nur im Anschluß an ein gerichtliches Ausgleichsverfahren außerhalb des Konkurses allmählich ab gebaut werden kann. Würden die nicht glücken­ den Unternehmungen, die im Kriege unter Geschäftsaufsicht standen, im Frieden nur zwischen dem Privatvergleich und Konkurse zu wählen gehabt haben, so würde der überwiegende Prozentsatz derselben zusam­ mengefallen sein, wie ein Kartenhaus. Solcher allgemeiner -Verfall hätte jedoch die schlimmsten Rückschläge auf den allgemeinen Handel und Wan­ del zeitigen müssen. Einerseits würde im Arrangementsfall ein uner­ träglicher Markt mit unlauteren Sonderabkommen eingesetzt haben. (Zumal nach der RGE. 12. Mai 1919, Württ. RpflZ. 21, 65, Neumann, Jahrbuch 22 S. 29, die Bevorzugungen beim außer­ gewöhnlichen Vergleich nicht für schlechthin nichtig erklärt.) An­ dererseits würden im Konkursfall — der Ausverkäufe halber — die ohnedies geschwächten Vermögenswerte unverhältnismäßig gesunken sein, was keineswegs üloß den Schuldner, sondern erst recht auch die gesamte Branche, geschädigt hätte. „Der Konkurs ist Auflösung und Entwertung, Geschäftsaufsicht und Akkord ist Heilung und 'Wiederaufbau." Zwischen der Szylla des privaten Vergleiches und der Charybdis des Konkurses soll das konkurslose Zwangsvergleichsverfahren die Beteiligten hindurchführen. Die Mehrheit soll durch dieses vor den Akkordstörungen und Begünstigungen, die Minderheit vor Schiebungen in der Vermögens­ aufstellung und Abstimmung geschlitzt werden. Freilich vermag der unlösbare Zusammenhang zwischen Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich außerhalb des Konkurses nicht eingesehen zu werden. Um diesen nicht zu billigenden Grundsatz, daß ein Nichtbeaufsichtigter nicht des Zwangs­ vergleiches teilhaftig werden kann, einigermaßen zu mildern, wurde der Passus in die VO. von 1916 ausgenommen: „Dem Antrag auf Anord^nung einer Geschäftsaufsicht ist stattzugeben, wenn Aussicht besteht, daß der Konkurs durch ein Übereinkommen mit den Gläubigern abgewendet werden wird." Da nämlich im übrigen dem Geschäftsaufsichtsantrage nicht stattzugeben war, wenn die Behebung der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung nach dem Kriege nicht in Aussicht genommen werden konnte, so hätten die diese Zuversicht vermissenden Unternehmungen nach der neuen BO. einen Zwangsausgleich nicht erlangen können, sondern hätten dem Konkurs verfallen müssen. Nach meiner Auffassung sollte aber nicht schlechthin der Zwangsausgleichsvorschlag des Nichtbeaufsich­ tigten ausgeschaltet werden. So war die Situation während des Feldzuges. Wir glaubten im Jahre 1916, nach beendigtem Kriege werde ein Friedensgesetz erlassen werden. Nachdem der Krieg verloren und der Umsturz eingetreten war, hatten die Zentralbehörden wichtigere Arbeiten zu erledigen. Man operierte daher so gut und so schlecht wie möglich mit der alten VO. weiter. Freilich haben verschiedene, der ursprünglichen ratio legis get-

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treue, Geschäftsaufsichtsgerichte erklärt, daß die wirtschaftlichen Folgen der Jahre 1919, 1920 usw. nicht mehr zur Anwendung der VO. berech­ tigen, so daß, wer in Kenntnis dieser schwierigen Verhältnisse ein Risiko eingehe, dessen Folgen in Betracht zu ziehen habe. Doch ging es, wo der Amtsrichter und die ihn allenfalls beratende Berufskammer ein Auge zudrückte, in den dem Jahre 1918 folgenden Jahren noch einigermaßen nach dem alten Schema. Denn man konnte ausdehnend die Voraus­ setzungen der Geschäftsaufsicht auslegen, indem man erst direkt, später indirekt, die Zahlungsunfähigkeit, beziehungsweise Überschuldung, als Fol­ gen des Krieges kennzeichnete. Oft freilich lächelten damals bereits die Auguren unter sich, wenn mehr oder minder gefestigte Geschäftsleute, die auf dem Wege zum Neureichtum entgleisten, ein Geschäft nach dem Kriege angefangen und den Krieg sowie die Kriegsursachen nurmehr als Ausrede benutzt hatten. Dabei mag zugegeben werden, daß mehr oder weniger ja das ganze Wirtschaftsleben und mit ihm der einzelne Betrieb durch die Gesamtkrisis seit 1918 beeinflußt war, so daß ein gewisser Schutz gegen den ehreschwächenden Konkurs immer noch angezeigt erschien. Als aber die Kleidung des alten Gesehtextes doch zu eng wurde, hat man am 8. Febr. 1924 eine Modernisierung vorgenommen. Man hat nun förmlich — was ja praktisch und faktisch bereits zuvor An­ wendung fand — die aus dem Krieg erwachsenen wirtschafth­ lichen Verhältnisse als mögliche Ursache der Aufsichtsverhängung festgelegt. Ferner hat man sechs Jahre nach dem Kriege die längst bedeu­ tungslos gewordenen Worte: „nach Wegfall der Kriegsverhältnisse" ge­ strichen. Um den minderwertigen und illoyalen Schuldner schlechter zu stellen, hat man die Ablehnung seines Antrages für den Fall normiert, daß die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auf ein unredliches Verhalten desselben zurückzuführen oder nach seiner bisherigen Führung die Besorgnis begründet ist, daß er während der Geschäftsaufsicht deu Interessen der Gläubiger zuwiderhandeln werde. Schließlich hat man, um nicht ad calendas graecas die Geschäftsaufsicht fortbestehen und so die gläubigerischen Belange total versanden zu lassen, vorgeschrieben, daß die Geschäftsaufsicht aufzuheben ist, wenn ein Jahr seit der Anordnung verstrichen ist. Das Gericht kann aber, wenn Aussicht auf Behebung der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung oder auf eilt Arrangement mit den Gläubigern besteht, eine Nachfrist gewähren. Damit hier keine Einseitigkeit Platz greift, steht jedem vom Verfahren betroffenen Gläubiger die sofortige Beschwerde zu. Die VO. vom 8. Febr. 1924 findet auch auf die bei ihrem Inkrafttreten bestehenden Geschäfts­ aufsichten Anwendung. Die Aufhebung einer bestehenden Geschäftsaussicht wegen Verstreichens eines Jahres seit der Anordnung soll jedoch, um nicht als plötzliche Härte auf den Schuldner einzuwirken, nicht vor Ablauf von drei Monaten seit dem Jukrafttreten stattfinden. Das ist die eigentliche Rechtslage bis zum 12. resp. 14. Juni 1924. Es kann den Betrachtungen über das heutige Gesetzesbedürfnis allgemein vorausgeschickt werden, daß nach dem Kriege zunächst jahre­ lang von der Geschäftsaufsicht wenig Gebrauch gemacht wurde. Das

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hängt mit der Unmöglichkeit der Kreditgewährung zur Zeit des rapid steigenden Dollars und mit dem Talmiglanz der Inflation zusammen. Als aber die schweren Folgen der Rhein- und Ruhrbesetzung sich ein­ stellten, als die Parasiten der Wirtschaft durch das allgemeine Heilmittel der Rentenmark mehr und mehr erkennbar wurden, als zu beginn des jetzigen Jahres jeder merkte, wie arm er geworden war, m. a. W.: die Milliarden- und Billionenmanie nicht mehr weitertoben konnte, da holte man das Instrument der Geschäftsaufsicht wieder zum Gebrauch hervor. (So auch Weinberg, Vorw. 2. Aufl.) Zu den Komplikationen, welche durch die Haltung Frankreichs in der Verständigungs- und Reparationsfrage, zumal nach Rathenaus Tod, hinzugekommen waren, gesellte sich im letzten Frühjahr noch das Fixen auf den französischen Franken. Jetzt muß man daran gehen, den Weizen von der Spreu zu sondern. Die unsoliden Aktiengesellschaften verlieren ihre Existenzberechtigung. Auch die Folgen der 3. Steuer­ notverordnung, die gerade den solidesten Sparer arm gemacht haben, werden bemerkbar. Und dazu die katastrophale Geldnot, an der nach Ansicht namhafter Volkswirte die Maßregeln der Reichsbank nicht unschuldig waren. Zumal nach ultimo April 1924 regnete es Geschäfts­ aufsichtsanträge. Die Absage der Erweiterung des Kreditkontingents durch die Reichsbank für Anfang April war einer der ernstesten Mo­ mente des deutschen Wirtschaftslebens. Mit Eindämmung der Ausleihe­ tätigkeit des grundlegenden deutschen Noteninstituts und durch Einengung des Emissionsspielraumes sowie der Währungsrichtlinien, vor Annahme eines endgültigen Planes der internationalen Sachverständigen kommisision, schließlich durch den Druck auf die Warenpreise infolge der Geldlknappheit, mußte als ultimum remedium seitens des Händlers und Fabrikanten die Geschäftsaufsicht herangezogen werden, weil durch diese die Gläubiger zunächst ferngehalten und die Vorräte nicht verschleu­ dert wurden. Das unselige deutsche Kreditieren brach wieder los. Eine Unmenge von Wechseln und Schecks wurde fällig. Sie waren anläßlich der drückendsten Geldknappheit und Geschäftsstockung unterzeichnet worden. Raffiniert und höhnisch benützten gewissenlose Schuldner (die überdies durch ungeschickte Zivilprozeßneuerungen, z. B. das langweilige Wechsel-Zahlungsbefehl-Verfahren, protegiert sind) den bequemen modus. Vor dem Kriege drohte der Gläubiger mit dem Kon­ kurs, heute droht der Schuldner mit der Geschäftsaufsicht. In der Praxis bekannt gewordene Rundschreiben solcher Elemente atmen ge­ radezu eine gewisse Schadenfreude der Zahlungspflichtigen, nicht Zah­ lungsgewillten. Je hemmungsloser man nun der Gläubigerschaft, die doch ihre eigenen Gläubiger zu befriedigen hatte, die Türe vor der Nase zuschlug, desto zurückhaltender wurden mit Fug die Amtsgerichte gegen­ über den Aufsichtsanträgen. Desto energischer wurde der Appell der kaufmännischeu Verbände an die Regierung, nur gutfundierte, vorübergehend illiquide Personen und Firmen der Geschäftsaufsicht teilhaftig werden zu lassen, mindestens den böswilligen Schuldnern die Lage durch eine Verordnnngsverbesserung zu erschweren.

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Die VO. vom 14. Juni 1924, an Hand des Rahmengesetzes vom 12. Juni 1924, gibt der Hälfte der Gesamtsumme der beteiligten Gläu­ biger das Mehrheitsrecht der Aufhebung der Geschäftsanfsicht. Die näm­ liche Folge tritt ein, wenn der Schuldner nicht bis zum Ablauf der — verlängerbaren — Frist von einem Monat seit Anordnung einen Ver­ gleichsantrag einreicht. Die VO. kürzt ferner die normale Geschäftsaufsichtsdauer einschließlich der Zwangsve-rgleichsgelegenheit auf drei Mo­ nate. Ist während der drei Monate nach Anordnung (bzw. nach Verlän­ gerung der Frist im Einverständnis mit 3/i der Gläubiger) ein Zwangsver­ gleich nicht bestätigt, so wird die Aufsicht aufgehoben. Ist vorher ein Zwangsvergleich bestätigt, so endet die F rist nicht vor Rechtskraft der Ent­ scheidung über den Zwangsvergleich. Die gewöhnliche Konsequenz der Aufhe­ bung der Aufsicht ist der Konkurs. Denn das ist zweifellos, daß der Konkurs eine verlässigere Kontrolle Mietet, der Konkursverwalter größere Rechte hat und die Konkursordnung den Gläubigern in zivil- und strafrechtlicher Hinsicht eine bessere Gewähr bietet, wie die Aufsichtsverordnung. Man darf eben überhaupt nicht vergessen: eines schickt sich nicht für alle. Die Geschäftsaufsicht war ursprünglich gedacht und bestimmt für unsere Kameraden im Felde, welche plötzlich ihr Geschäft einer geschäftsunfähi­ gen Frau oder Familie zurücklassen mußten. Die Einrichtung war zudem bestimmt für Kaufleute, deren Debitoren in Rußland oder England saßen und vom Kriegsbeginn an nicht mehr zahlen konnten und durften. Damals war der einseitige Schuldnerschutz, welcher ohne verhältnismäßige Wahrung und Sicherung der Befugnisse der Gläubiger diesen ben Krieg über die Hand band, wohl angebracht. Daß aber heutzutage ein beauf­ sichtigter Schuldner schlechthin weiterarbeiten und überdies neue Ver­ bindlichkeiten mit unverminderten Rechtsfolgen eingehen darf, während die geschädigten Gläubiger ganz untätig zuseheu müssen, war nicht ge­ wollt und konnte nicht gewollt sein. Von diesem Gesichtspunkte aus soll künftighin eine begründete und absehbare Sanierungswahrschein­ lichkeit als Vorbedingung der Geschäftsaufsicht unerläßlich sein. Zudem muß der Gläubigerschaft als solcher eine praktischere Kompetenz einge­ räumt werden. Die Gläubigerversammlung soll durch ihre Mehrheit die Aufsichtswürdigkeit entscheiden. Der Gläubigerbeirat soll nicht, wie bisher, fakultativ, sondern, abgesehen von Geschäften geringeren Umfan­ ges, obligatorisch sein. Die Aufsichtsperson kann ihres Amtes entsetzt werden, Joenn in einer Gläubigerversammlung — die überhaupt durch die VO. vom 14. Juni 1924, rechtsähnlich dem Konkurs, zu größerer Bedeutung gelangt — die Forderungsmehrheit die Entlassnug bean­ tragt. Freilich gilt für alle diese Verhältnisse der alte Grundsatz des englischen Politikers: „Männer, nicht Maßnahmen". (Ähnlich: Schön­ wandt, D. GeschA. 1924 S. 8.) Versteht ein Aufsichtsführer nichts oder ist er zu bequem und energielos, so kann der Schuldner ihn über das Ohr hauen. Wirklich brauche- und gesetzeskundige Kontrolleure sind heute vonnöten. Vor allem aber ist heute — für die Kriegszeit war ich anders eingestellt — zuzugeben, daß die

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Heimlichkeit nicht mehr paßt. Als es sich um die tunlichste Schonung des Prestiges des einberufenen oder sonstwie durch die Kriegszustände unverschuldet bedrängten Schuldners drehte, lag die Sache ganz anders. So haben denn die am 27. Mai 1924 im Neichswirtschastsministerium versammelten Spitzenverbände der Regierung die Erklärung abgegeben, daß die GeschAVO. hinsichtlich der Publizität zu ändern sei. Dadurch werden auch die Gläubiger rasch bekannt; es wird ein Über­ blick über die Aussichten gewonnen. Umtriebe und Schleichwege des Schuldners oder einer Gläubigerklique werden sachdienlicher enthüllt. Diese Quintessenz der neuesten BO. ist in folgende Form gekleidet: Die Anordnung der Geschästsaufsicht und der Name der AP. sind den ihrem Wohnort nach bekannten Gläubigern mitzuteilen und irn Deut-schen Reichsanzeiger bekanntzumachen. Das Gericht kann weitere Be­ kanntmachungen anordnen. In diesem Betreff stehe ich auf dem Stand­ punkt, daß, wenn schon Öffentlichkeit eingeführt und nötig ist, die Gerichte gut daran tun, in den amtlichen Lokal- und Fachblättern zu publizieren, da den Neichsanzeiger die wenigsten Gewerbetreibenden lesen. In allen Fällen muß, wenn nicht durch die Anhörung eine die Gläubigerinteressen gefährdende Verzögerung eintritt, behufs sachkundiger Klarlegung des Status und der Aufsichtswürdigkeit die Handels- oder Gewerbe­ oder Landwirtschaftskammer gehört werden. Ihr ist auch die Auswahl der Anfsichtsorgane im Einklang mit dem Amtsgericht zu überlassen. Die Berufsvertretung muß sich zudem, sofern diese ausnahmsweise vor der Anordnung nicht gehört worden ist, innerhalb einer Woche äußern, ob die Voraussetzungen der Geschäftsaufsicht für vorliegeud erachtet werden. Übrigens sollte man die Möglichkeit, die Bestellung anderer öder weiterer Aufsichtspersonen innerhalb drei Wochen nach Bestellung der ersten auszusprechen, seitens der Gläubigerschaft häufiger benützen. Bedeutsam ist gegenüber der alten Fassung, woncvch der Geschäftsbetrieb des Schuldners tunlichst aufrechterhalten und sein Vermögen nicht ge­ schmälert werden soll, die neue Fassung, dwß die AP. zwar darauf Be­ dacht zu nehmen hat, daß das Geschäft des Schuldners, soweit angängig, weiter betrieben wird, daß dabei aber vorhandene Bestände verwertet mit) eiugegangene Verpflichtungen abgewickelt werden. Zur Verhütung schuldnerischen Mißbrauches der Einrichtung dient weiter die Vorschrift, daß jeder Bericht der AP. eine Äußerung darüber zu enthalten hat, ob die Voraussetzungen für eine Fortdauer der Geschäftsaufsicht noch vorliegen, sowie darüber, ob und inwieweit der Schuldner seine und seiner Familie Lebensführung eingeschränkt hat. Die, wie erwähnt, nach der VO. vom 14. ^Juni 1924 mehrfach kompetente Gläubigerver^sammlunL kann auf Anlegung der AP. oder des Gläubigerbeirates oder eines Fünftels der zwangsvergleichberechtigten Gläubigerschaft einbe­ rufen werden. Sie kann jederzeit eine anderweitige Zusammensetzung des Gläubigerbeirates beschließen. Für bereits gewährte Geschäftsaufsichten bestehen Überleitungs­ vorschriften. Es erfolgt eine nachträgliche Veröffentlichung der nach

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Einleitung.

dem 1. Mai 1924 angeordneten Auffichten. Für Mai 1924 wurden nach­ träglich 414 Fälle von Geschäftsauffichten veröffentlicht und für die Zeit vom Januar bis April 1924 [nach der fakultativen Vorschrift^ 43 Fälle. In weiteren 94 Fällen ging aus der Veröffentlichung nicht hervor, zu welchem Zeitpunkt die Geschäftsaufsicht ausgesprochen wurde. Der größte Teil der letzteren dürfte noch auf den Monat Mai 1924 entfallen. Im Mai 1924 sind über 300, im Juni 1924 bis jetzt zirka 600 Konkurse aus­ gebrochen, womit der Monatsdurchschnitt der Vorkriegszeit mit 700—800 Konkursen bald erreicht ist. Für bereits bestehende Geschäftsaufsichten erfolgt eine Abkürzung des Verfahrens auf höchstens zwei Monate nach Inkrafttreten der Auffichtsverordnung bzw. auf zwei Wochen, wenn innerhalb dieser Zeit kein Vergleichsvorschlag des Schuldners einge­ reicht ist. Mit den Neuerungen kann man im großen und ganzen sich einverstan­ den erklären. Es hat übrigens heute keinen Sinn mehr, dem mit seinem Vermögen für Handlungen und Unterlassun­ gen verantwortlichen Gläubigerbeirat, dessen Mitglieder ihre kostbare Zeit zu verlieren und oft die verwickeltsten Verhält­ nisse, Korrespondenzen, Vertragsangelegenheiten zu würdigen und aus­ zutragen haben, unentgeltliche Geschäftstätigkeit zuzumuten. Diese Zumutung paßte ffehr wohl zu den altruistischen Anforde­ rungen gegenüber dem in der Heimat Gebliebenen, der so ein Stück Kriegsdienst für den Kameraden im Felde tat. Wie immer in aufgereijtcn Zeiten, ist man auch, wegen des Unfuges der Geschäftsaufsich ts^veryüngung in einzelnen Fällen, Sturm gegen die Geschäftsaufsicht als solche gelaufen. Den übel betroffenen und bedrohten Gläubigern erschien die Einrichtung zum Teil unhaltbar. Das ist übertrieben. [23 gs. Levy, Sie­ ben Jahre Geschäftsaufsicht (Statistik, Rückblick und Ausblick- IW. 1923, S. 679).] Die Einrichtung mag infolge der mißbräuchlichen Ausnützung unpopulär geworden sein. Reformiert man sie aber, wie nun geschehen, so wird sie nicht nur Gutes wollen, sondern auch Gutes schaffen. [Ver­ wandte Fragen erörtert Haab, Die moderne Entwicklung des Nachlaß­ rechts. BernJVZ. 21, 345, 393.] Prüft man schließlich die Frage, ob und inwieweit Neuerungen der BO. vom 14. Juni 1924 ausreichen, so muß man vorsichtig entgegnen. Man müßte nämlich, wie ich glaube, die Kriegsverordnung noch in man­ chen anderen Punkten ummodeln, man müßte ein förmliches Friedensgesetz schaffen. Ich möchte beispielsweise nur daran erinnern, wie wenig homogen die Organe der Geschäftsanfsicht denjenigen einer beaufsichtigten Aktiengesellschaft und Genossenschaft sind. Es wäre hier die Frage der ni. E. notwendigen Subordinierung der Gesellschaftsorgane unter die Auf­ sichtsorgane anzuschneiden. Es wäre geltend zu machen, wie die schon oben be­ rührte, von der Aufsichtsperson und dem Beirat angeordnete schuldnerische Geschäftsführungseindämmung nach außen so gut wie wirkungslos ist. Wie die Anfechtungsfrage gegenüber Gläuberbenachteiligungen vor Auf-

Einleitung.

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sichtsverhängung, falls es nicht zum Konkurs kommt, logischer und dem Konkurs rechtsähnlicher zu ordnen wäre. Wie die alte Frage zu lösen wäre, ob die während des Aufsichtsverfahrens abgeschlossenen Geschäfte, die Ersüllungshandlungen des Aufsichtsschuldners und die Vollstrekkungen der Neugläubiger der Konkursanfechtung unterliegen. (So Tremblau IW. 1919, 373.) Wie Abschlagsverteilung und Rangord­ nung der Befriedigung nach manchen praktischen Erfahrungen der letzten zehn Jahre weit bestimmter geordnet werden könnte. Wie bei der Erfüllung gegenseitiger Verträge die Aufsichtsverordnung eigentlich nur halbe Arbeit tut. Wie die Aufsichtsverordnung z. B. bei der oben er­ wähnten Nichtbesserstellung des beaufsichtigten Schuldners als Vermieters unter Umständen die größte Ungerechtigkeit zeitigt. Doch dies sei eine cura posterior. Wir wollen bei der jetzigen Reinigungskrisis uns vorerst zufrieden geben, wenn die Reform vom 14. Juni 1924 der Wehrlosigkeit der Gläubigerschaft und der Skrupellosigkeit der Schuldnerschaft einen Damm setzt.

Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich. Bekanntmachung über die Geschästsaufficht zu Abwendung des Konkurses. Vom 14. Dezember 1916 (RGBl. S. 1363 ff.) a)

in der Fassung der BO. zur Änderung der GeschäftsauffichlsBO. vom 8. Februar 1924 (RGBl. I S. 51 ff.) b)

und des Gesetzes zur Änderung der Bekanntmachung vom 14. De­ zember 1916, vom 12. Juni 1924 sowie der BO. zur Änderung -er GeschäflsausfichtsBO. vom 14. Juni 1924 (RGBl. I Seite 641 ff.) e).

I. Voraussetzungen und Wirkungen der Geschästsaufficht.

§ 1. Wer infolge des Krieges oder der aus ihm erwachsenen wirtschaftlichen Verhältnisse zahlungsunfähig geworden a) Auf Grund des § 3 des Gesetzes über die Ermächtigung des Bun­ desrats zu wirtschaftlichen Maßnahmen usw. vom 4. Aug. 1914 (RGBl. S. 327). b) Auf Grund des Ermächtigungsgesetzes vom 8. Dez. 1923 (RGBl. I S. 1179) und § 2 des Gesetzes über die Verkündung von Recbt.sverordnungen vom 13. Okt. 1923 ^RGBl. I S. 959). c) Art. II der Verordnung vom 14. Juni 1924 hat folgenden Worte­ laut: Die Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft. Sie findet auf die bei ihrem Inkrafttreten bestehenden Geschäfts­ aufsichten Anwendung. Jedoch kann die Aufhebung einer besteheneden Geschäftsaufsicht aus dem im § 66 Abs. 3 Nr. 2 bestimmter: Grunde nicht vor Ablauf von zwei Wochen und aus dem im § 66 Abs. 3 Nr. 3 bestimmten Grunde nicht vor Ablauf von zwei Mo­ naten seit dem Inkrafttreten erfolgen, es sei denn, daß die Ge­ schäftsaufsicht nach der bisherigen Vorschrift des § 66 Abs. 3 zu einem früheren Zeitpunkt aufzuheben ist. Soweit dem Schuldner nach dem bisherigen Abs. 2 des § 67 bereits eine Nachfrist bestimmt war, bleiben die bisherigen Vorschriften maßgebend: jedoch kann eine weitere Verlängerung der Frist nur nach Maßgabe des § 66 Abs. 3 Nr. 3 erfolgen. Die Veröffentlichung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 ist bei einer bestehenden Geschäftsaufsicht alsbald nachzuholen: ist die Geschäfts­ aufsicht vor dem 1. Mai 1924 angeordnet worden, so kann das Gericht von der Veröffentlichung absehen.

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I. Voraussetzungen u. Wirkungen der Geschäftsaufsicht.

ist, kann bei dem für die Eröffnung des Konkursverfahrens zu­ ständigen Gerichte die Anordnung einer Geschäftsaufsicht zur Ab­ wendung des Konkurses beantragen. Soweit das Konkursver­ fahren im Falle der Überschuldung stattfindet, kann der Antrag auch gestellt werden, wenn infolge des Krieges oder der aus ihm erwachsenen wirtschaftlichen Verhältnisse eine Überschuldung eingetreten ist. Dem Antrag ist stattzugeben, wenn begründete Aussicht besteht, daß in absehbarer Zeit die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung behoben oder der Konkurs durch ein Überein­ kommen mit den Gläubigern abgewendet werden wird. Der Antrag ist abzulehnen, wenn die Zahlungs­ unfähigkeit oder Überschuldung auf ein unredliches oder leichtsinniges Verhalten des Schuldners zu­ rückzuführen ist, oder wenn das bisherige Verhalten des Schuldners die Besorgnis begründet, daß er während der Dauer der Geschäftsaufsicht denJnteressen der Gläubiger zuwiderhandeln werde. Der § 1 hat mehrfache Änderungen erfahren. Sie entsprachen dem jeweiligen Zeit- und Wirtschaftsbedürsnis. Das Antragsrecht blieb mit Fug Monopol des Schuldners, wenn auch bis in die neueste Zeit (vgl. beispielsw. IW. 1923 S. 679), die Gewährung desselben gegen­ über den Gläubigern erwogen wurde. Der Art. I der VO. v. 8. Febr. 1924 fügte im Abs. 1 beim Satze 1 und 2 hinter die Worte: „infolge des Krie­ ges" die Worte: „oder der aus ihm erwachsenen wirtschaft­ lichen Verhältnisse". Levy erklärt (IW. 1923 S. 679), es sei der Atavismus auszumerzen, der in dem Worte „Krieg" zum Ausdruck kommt. Fünfeinhalb Jahre nach Kriegsbeendigung ist der ursächliche Zusantmenhang einer nunmehr erst auftretenden Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung mit dem Kriege in den seltensten Fällen vorhanden oder nachweisbar. Wohl aber rührt eine Reihe von Ganten von den wirt­ schaftlichen Verhältnissen her, die unmittelbar oder mittelbar aus dem Krieg (nach außen: dem Versailler Vertrag, den Beziehungen zur Entente, den Reparationsforderungen, der Ruhrbesetzung, den Ansprüchen der Sachverständigenkommission; nach innen: dem Marksturz im Verhältnis zum Dollarstand, der Inflation und hernach der Stabilität) erwachsen sind. Dem soll und darf auch heute noch Rechnung getragen werden. Aber die Einrichtung der Geschäftsaufsicht darf nicht aus arten. Sie würde zum Unfug, zum Landschreck, wenn es so weiter ginge, wie dies zum Teil vor und vor allem nach dem 8. Febr. 1924 der Fall war. Abenteuerliche Existenzen, die nur darauf ausgingen, ihre Unreellität zur Zeit der Inflation zu verdecken, ihre gewagten Maßnahmen zu ver­ schleiern, ihre gewissenlose Wirtschaftsführung zu vertuschen, ihre Kon­ kursfälligkeit hintanzuhalten, bewarben sich um die Wohltat der Ge? schäftsaufsicht. Hier muß an das erinnert werden, was Seite 65, 85 und 292 meines Kommentars von 1917 über das Fundament der EinCahn, Geschäftsaufstcht, Nachtrag.

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Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich.

richtung gesagt worden ist und heute noch seine volle Bedeutung hat. (S. auch Levy, Erläut. 1924, .S. 6.) Es drehte sich ursprüng­ lich um die Vorteile einer Kriegsverordnung, die man dem durch unverschuldete Lage bedrängten Schuldner generell, falls er den Zusammenhang mit dem Kriege glaubhaft machte, gewährte. Heute ist es nicht mehr an der Zeit, Schuldner, die ihren üblen wirt­ schaftlichen Zustand verschuldet haben, zu Ungunsten der Gläubiger­ schaft, die mehrfach durch Aufsichtsverhängung lahm gelegt ist, mit über> triebener Milde zu behandeln. Nach diesen Richtlinien, vollends nach den Erfahrungen des zweiten Vierteljahres 1924, die zu einmütiger Be­ kämpfung der Auswüchse seitens der wirtschaftlichen Verbände führten, darf man grundsätzlich das Verlangen aussprechen, daß der Kausalnexus zwischen den aus dem Kriege selbst erwachsenen wirtschaftlichen Verhält­ nissen und der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung streng seitens der Geschäftsaufsichtsgerichte, im sofortigen und ständigen Einklang mit den Berufsvertretungen, ausgelegt und Unwürdigen nicht die Geschäftsaufsicht, sondern der wohlverdiente Konkurs, zuteil werde. Zahlungseinstellung liegt vor, wenn der Schuldner in nach außen erkennbarer Weise aufgehört hat, seine fälligen und angemahnten Verbindlichkeiten im allgemeinen zu erfüllen. RG. VII 9. Okt. 1917 148/17 (KG.). Zum Begriff der Zahlungseinstellung gehört nicht auch der Wille und die Absicht des Schuldners, nicht mehr zu zahlen. RG. 25. März 1919, IW. 19, 826, LZ. 19, 1080. Symptome der Zahlungs­ einstellung: Akkordierungs-, Stundungsgesuche, Schließung des Geschäfts, Flucht. RG. VII 13. Okt. 1922, 790/21, Warn. 23, 28. Die Worte: „nach Wegfall der Kriegs Verhältnisse" in der Fassung vom 14. Dez. 1916 waren schon im November 1918 resp, spätestens nach Friedensschluß antiquiert. Man hatte zwar bei Festlegung dieser Norm nicht an die komplizierten Waffenstillstands- und Friedenslverhandlungen der Monate, Jahre, nach dem Krieg denken können. Man hatte nicht ahnen können, daß wir mit einzelnen Staaten (beispielsweise den Vereinigten Staaten) erst Jahre nach der eigentlichen Kriegsbeendi­ gung zum Frieden kommen würden. Allein die Kriegsverhältnisse im engeren Sinne des Wortes waren ganz gewiß längst nicht mehr vor­ handen, als man endlich mit VO. vom 8. Febr. 1924 diese gegenstands­ los gewordene Klausel aufgehoben hat. Die Beifügung der Worte: „b e gründ ete" Mnd „in absehbarer Zeit" der VO. vom 14. Juni 1924 unterstreichen den Wunsch des von kaufmännischen Verbänden beratenen Gesetzgebers, nur wenn begründete (nicht unbestimmte, vage, zu optimistische) Aussicht einer Behebung der Gantmerkmale in absehbarer (nicht ferner, unbestimmter, unüberdachter) Zeit besteht, dem Anträge stattzugeben, m. a. W., unklare, verschwommene, unsubstantiierte, allzu optimistische, Grundlagen als unzureichend zu kenn­ zeichnen. (Levy, Erläut. 24. S. 6.) Nach der heutigen wirtschaftlichen Gesamtlage soll nicht, wie in den Kriegs- und Nachkriegsjahren, die Geschäftsaufsicht die Regel und der Konkurs die Ausnahme in Geschäfts­ fällen sein, sondern umgekehrt. Die ratio der VO. vom 14. Juni 1924 tut vor allem der neugestaltete § 66 dar, nur raschest sich aüwickelnde Ganten sind von jetzt ab der Geschäftsaufsicht fähig. Längere Experi­ mente (Prozesse, Strafverfahren, verwickelte Statusnachprüfungen) sind dem Konkurs, wie vor dem Kriege, überlassen.

I. Voraussetzungen u. Wirkungen der Geschäftsaussicht. §§ 1, 2.

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Was nun weiter das subjektive Verhalten des Schuldners anlangt, so darf das beneficium der Aufsicht, nach VO. vom 8. Febr. 1924 dem unredlichen und nach VO. vom 14. Juni 1924 selbst dem leicht­ sinnigen Schuldner nicht zuteil werden. Wenn seine Insolvenz oder Überschuldung auf das eine oder andere anormale Verhalten zurückzu^ führen ist, ist (man beachte die strenge Ist-Form) sein Antrag abzulehnen, Was unredlich und was leichtsinnig ist, ist Seite 272 meines Kommentars von 1917, im Zusammenhang mit § 55, entwickelt. In der VO. vom 14. Dez. 1916 ist bei der verwerflicheren schuldnerischen Handlungsweise, der Unehrlichkeit, die Jstvorschrift, bei der harmloseren, dem Leichtsinn, die Kanuvorschrist bei Verwerfung des Zwangsvergleichs, falls Line Divi­ dende über 20% geboten ist, gewählt. Bei dem neuen § 1 nach VO. vom 8. Febr. resp. 14. Junr 1924 ist keine Nüancierung vorgenommen. Folgerich­ tig hätte der Gesetzgeber von heute auch den § 55 neuzeitlich strenger, weil das Bedürfnis heute das Rigorosere gebietet, formulieren müssen. Damit nicht, wie dies bedauerlicherweise in der letzten Zeit öfters geschehen und der Gesamthandelsvertretung unangenehm ausgefallen ist, schematisch und ohne weiteres den Anregungen der Schuldner auf An­ ordnung der Aufsicht stattgegeben werde, ist nach VO. vom 8. Febr. 1924 der Antrag abzulehnen, wenn das bisherige Verhalten des Schuld ilers die Besorgnis begründet, daß er während der Dauer der Geschäftsaufsicht den Interessen der Gläubiger zuwiderhandeln werde. Auch diese Formel ist nichts Neues in unserer Materie. Ich ver­ weise auf § 54 der VO. und Seite 271 Abs. 5 meines Kommentars sowie § 66 und S. 293 b 1 dortselbst. Der Schuldner, der objektiv, erst recht subjektiv — den Gläubigern oder künftigen Aufsichtsorganen unrichtige mündliche oder schriftliche Information gegeben, Waren ver­ schleudert, übermäßigen Verbrauch gehabt, verdächtige Rechtsstreite ge­ führt, einen unreellen Wechsel- (Reitwechsel!) oder Scheckverkehr be­ trieben, nach Bericht von Prozeßrichtern, beteiligten Anwälten und Par­ teien anrüchige Rechtsgeschäfte und Verträge abgeschlossen, einzelne Gläu­ biger begünstigt hat, der Schuldner vor allem, der spekuliert hat, recht­ fertigt besagte Vorsicht. In diesem Betreff sind auch Aktien- und andere Gesellschaften mit deren Organen unter die Lupe zu nehmen. Bezüglich des Antragsrechtes sowie Zwangsvergleichsverfahrens der Gesellschaften und der Vorstände derselben s. S. 46 und 300 ff. meines Kommentars. Gerade das Treiben suspektiver Jnflationsgründungen hat besonderen Anlaß zu den strengeren Bestimmungen des § 1 Abs. 3 gegeben. Schließlich ist zu unterstreichen, daß das Gericht objektive Belege für die Merkmale der Aufsichtswürdigkeit ansprechen muß und mit schuld­ nerischen Behauptungen sich nicht begnügen darf. Die Entscheidung über den Antrag auf Aufsichtsanordnung ist (leider auch heute noch) unanfechtbar. Das war im Kriege gerechtfertigt, ist es aber heute nicht mehr. Den gehäuften Ist-Vorschriften würde das Rechtsmittel besseren Nachdruck verleihen. Auch Schönwandt (1924) S. 10 spricht sich für die Beschwerdemöglichkeit aus.

§ 2. Während der Dauer der Geschäftsaufsicht wird die Geschäfts­ führung des Schuldners durch eine oder mehrere Aufsichtspersonen

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Geschäftsaussicht und Zwangsvergleich.

unterstützt und überwacht. Die Aufsichtsperson kann zu diesem Zwecke die erforderlichen Maßnahmen treffen, insbesondere die Ge­ schäftsführung ganz oder teilweise selbst übernehmen oder einer anderen Person übertragen. Wo ein untüchtiger, ungewandter oder gar kriminell suspekter Schuldner (worunter auch Vorstand, Aufsichtsrat, Gesellschafterversamm­ lung zu verstehen sind) in Betracht kommt, kann die AufsP. gar nicht rasch genug nach Anordnung der Aufsicht die volle oder par­ tielle Geschäftsführung an sich ziehen und dies allen Beteiligten (auch dem Gericht, Gläubigerbeirat, Personal) 'kundtuen. Tenn die Verant­ wortung ist nicht gering (siehe Anm. zu §§ 24 und 27!), die Zeit drängt nach den neuen Richtlinien, zumal des § 66, und das Bedürfnis einer einheitlichen Regierung bei den heutigen kampfartigen wirtschaft­ lichen Zuständen geht daher allen persönlichen Rücksichten vor. Nicht scharf genug ist die Tatsache herausgearbeitet, daß auch bei Gesellschaften das neue Organ den alten vorgeht. Die AP. darf die Vorstandsmit­ glieder ihres Dienstes entheben, auch ordentlich und außerordentlich ihnen kündigen. Sie tut gut daran, in Beachtung der Gesellschaftssatzungen, nicht ohne Aufsichtsrat und dgl. solche einschneidende Maßregeln vorzumen, ganz gewiß nicht ohne den Gläubigerbeirat. Ist indes die AP. Geschäftsführer i. e. S. des § 2 zweiter Satz, so sind zweifellos die bis­ herigen Organe der Gesellschaft subordiniert. Die AP. in der Geschäftsaufsicht einer E. G. m. b.H. ist berechtigt, Schadensersatzansprüche gegen den Staat geltend zu machen, wenn infolge Versehens eines Richters die Erhöhung der Haftsumme nicht ordnungs­ mäßig eingetragen und dadurch der Anspruch auf Einziehung der Haft­ summe gegen die Genossen vereitelt ist. RG. 4. Juni 1920. DIZ. 20,849. Die Aufsichtsperson ist zur Anmeldung einer Konkursforderung ohne besondere Vollmacht berechtigt. KG. 13. ZS. 11. Nov. 1918 13. U 3624/18. KGBl. 1919, 19, IW. 1919 S. 739. Die AP. ist nicht von der Willkür des Geschäftsinhabers abhängig. Die AP. ist ausdrücklich ermächtigt, alle dem Zweck des Gesetzes dienenden Maßnahmen zu tref­ fen. (So auch Jaeger IW. 17, 134; Güthe-Schlegelberger Kriegsbuch VI 626).

§ 3. Der Schuldner ist verpflichtet, der Aufsichtsperson Einsicht in seine Geschäftsbücher und sonstigen Aufzeichnungen zu gewähren und Auskunft über den Stand seines Vermögens und über seine Geschäfte zu geben. Der Schuldner soll ohne Zustimmung der Aufsichtsperson weder unentgeltliche Verfügungen oder Verfügungen über Grund­ stücke und Rechte an Grundstücken vornehmen, noch Ansprüche befriedigen oder sicherstellen, noch andere als solche Verbindlich­ keiten eingehen, die zur Fortführung des Geschäfts oder zu einer bescheidenen Lebensführung des Schuldners und seiner Familie

erforderlich sind.

I. Voraussetzungen u. Wirkungen der Geschäftsaufsicht. § 3.

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Auf Antrag der Aufsichtsperson kann das Gericht dem Schuld­ ner besondere Verpflichtungen zur Sicherung der Gläubiger auf­ erlegen. Gegen Schönwandt S. 11 bin ich beim jetzigen Zeitbedürfnis der Ansicht, daß die AP. auch Vorlegung der Bücher und Schriften anspre­ chen kann. Sind, wie Schönwandt einräumt, Einsicht und Auskunft weit auszulegen, dann darf sich Schuldner auf den Formalismus der NurEinsicht nicht berufen. Ein Anspruch der AP. gegen den Rechtsanwalt des später beauf­ sichtigten Schuldners auf Auskunfterteilung und allgemein auf Heraus­ gabe der Handakten besteht nicht. KG. 26. Juli 1920. IW. 21, 636. KGBl. 21, 31. Nach den Vorgängen des Winters 1923/24 besteht aller Anlaß für AP. und Beirat, die geschäftlichen Geschehnisse vor der Gant genau zu untersuchen, spekulative Geschäfte nach allen Seiten zu nntrbigen, den Wechsel- und Scheckverkehr unter die Lupe zu nehmen und sich Klarheit über den Verbleib von Waren zu verschaffen. Ein von dem beaufsichtigten Schuldner einem anderen zu treuen Händen übereigneter Vermögensgegenstand gehört materiell und wirt­ schaftlich weiter zum Vermögen des Beaufsichtigten. Rechtsähnlich RG. V 10. Okt. 1917. RG. 91, 12. Recht 17 Nr. 2090. NG. 9. Dez. 1916 (Band 89 S. 229) führt aus: Der § 3 Abs. 2 (§ 7 der VO. vom 8. Aug. 1914) enthält, wie in der Rechtsprechung und Rechtslehre oft und zutreffend hervorgehoben worden ist, lediglich eine Bestimmung über das innere Verhältnis zwischen Schuldner und AP., ohne deren Zustimmung er eine Reihe von Rechtshandlungen nicht vor­ nehmen soll. Von einer Pflicht des Schuldners, eine Leistung zu ver­ weigern, enthält die VO. vom 14. Dez. 1916 nichts. Sie verpflichtet ihn nur, die Zustimmung der Aufsichtsperson einzuholen, und setzt ihn der Gefahr aus, der zu seinem Schutz angeordneten GA. verlustig zu gehen, wenn er sich eigenmächtig über diese Bestimmung hinwegsetzt. NG. VII 9. Jan. 1923 (Bd. 106 S. 165; Recht 23, Nr. 1372) führt aus: Der Schuldner ist, anders als im Konkurse, während verhängter GeschA. zu allen rechtlichen Verfügungen befugt. Eine Beschränkung feiner Ver­ fügungsgewalt besteht nur insofern, als es der Zustimmung der Ge­ schäftsaufsichtspersonen zu den in § 3 Abs. 2 VO. genannten Verfügun­ gen, insbesondere solcher über Grundstücke, bedarf. Dadurch, daß die Auf­ sichtspersonen einer solchen Verfügung des Schuldners ihre Zustimmung erteilen, wird aber grundsätzlich keineswegs die Anfechtung der Ver­ fügung wegen Gläubigerbenachteiligung ausgeschlossen, und zwar nicht nur dann, wenn die Zustimmung durch arglistige Täuschung der Auf­ sichtspersonen erlangt worden ist, oder die letzteren in kollusivem Ein­ verständnis mit dem Schuldner zu einer absichtlichen Gläubigerbenach­ teiligung behilflich gewesen sind. Denn möglicherweise können die Auf­ sichtspersonen irrtümlich angenommen haben, daß die Verfügung des Schuldners die beteiligten Gläubiger nicht schädige und daß der Schuld­ ner die Verfügung nicht in der Absicht der Gläubigerbenachteiligung vorgenommen habe. War das Geschäft trotz gegenteiliger Annahme der Aufsichtsperson in Wirklichkeit gläubigerbenachteiligend und liegen auch im übrigen die gesetzlichen Voraussetzungen der Anfechtbarkeit vor, so steht die Zustimmung der Aufsichtspersonen der Anfechtung rechtlich nicht

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Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich

im Wege (vgl. auch Jaeger a. a. O. S. 78). Für die Beweisfrage der objektiven und subjektiven Gläubigerbenachteiligung wird selbstverständlich die Tatsache, daß die Aufsichtspersonen dem Rechtsgeschäfte ihre Zustim­ mung erteilt hatten, von erheblichem Gewichte sein. Aber sie ist auch nicht mehr als ein Umstand, der im Zusammenhalt mit anderen Tatsachen und Beweismomenten vom Tatrichter pflichtgemäß zu würdigen ist. Sie reicht namentlich nicht aus, um einen Prima-facie-23etoei5 für die Unanfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts zu liefern, demgegenüber der An­ fechtende, entgegen der Vorschrift in § 31 Nr. 2 KO., den Beweis.zu führen hätte, daß alle Voraussetzungen der Anfechtbarkeit gegeben seien. Das Grundbuchamt darf den Beweis der Zustimmung der AP. nicht verlangen. (KGJ. 47, 141.) Jaeger hat zu § 3 Abs. 2 in der Sitzung vom 11. Mai 1918 in der Jur. Ges. in Berlin (IW. 1918 S. 414) erklärt: „Es wird zu er­ wägen sein, ob nicht etwa neben der Hemmung des Gläubigerzugriffs eine Beschränkung der Verfügungsbefugnis desSchuldners (statt der nur schuldrechtlich wirkenden Gebunden­ heit unserer Aufsichts-VO.) vorzusehen sei. Eine solche würde der Verkehr allerdings nur bei Öffentlichkeit des Verfahrens ertragen." Nachdem nun die Öffentlichkeit Her gestellt ist (siehe § 18 unten) bestünde aller Anlaß, auch die Beschränkung der Verfügungsbefugnis des Schuldners her zu stellen. Der §3 in der bisherigen Form ist nicht mehr zeitgemäß. — Vorerst kann die AP., der Gläubigerbeirat, sich nur dadurch helfen, daß er­ sterer — wo rätlich, unter ständiger Mitwirkung des letz­ te r e n, — energisch st die Geschäftsführung in die Hände nimmt, nach innen sowie außen tunlichst klar, oft und ein­ heitlich sich als omnipotent geriert. Dies gilt vor allem überall da, wo Schuldner (einschl. der Gesellschafts­ organe) bedenkliche Maßregeln vornahm bzw. vorzuneh­ men verdächtig ist. Das ist ein Gebot der Zeit und Wirtschaftslage. Das Amtsgericht kann, wo es nottut, die konkursrechtlichen Normen anwenden, den Schuldner zitieren, damit er die Mietverhältnisse auf­ richtig aufkläre und ihm drohen, falls er Ausflüchte gebraucht, die Akten der Staatsanwaltschaft hinüberzugeben. Das Amtsgericht kann Post­ sperre verhängen, so daß die AP. unmittelbar über die Einläufe verfügt, und so Konspirationen erschwert werden. Das Inkasso, der Wechsel- und Scheckverkehr, jegliche geschäftliche Korrespondenz, der Verkehr mit den Angestellten, Ein- und Verkauf, das Betreten der Bureauräume, das Benützen der Telephonapparate, die Verwendung geschäftlichen Brief­ papiers und firmierten Schreibwerks, kann auf gerichtliche Anordnung ausgeschaltet werden, wo die Übernahme der totalen Geschäftsführung nach § 2 gegenüber einem obstinaten oder einseitig beeinflußten Schuld­ ner nicht ausreichen sollte. Ein allgemeines Veräußerungsverbot und Vorführung des Schuldners ist unter Umständen ebenfalls zulässig. (Anders: Levy, Erläut. 24, S. 7.)

8 4. Von dem Verfahren werden vorbehaltlich der in § 13 be­ stimmten Ausnahmen alle persönlichen Gläubiger betroffen, die einen vermögensrechtlichen Anspruch gegen den Schuldner haben.

I Voraussetzungen u. Wirkungen der Geschäftsaufsicht. §§ 4, 5.

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RG. 28. Sept. 1920 (Bd. 100 S. 65) führt aus: Die Einleitung der Geschäftsaufsicht nimmt beii bestehenden Verbindlichkeiten des Schuld­ ners in ihrer Allgemeinheit — vgl. auch § 13 — gewisse Merkmale der Fälligkeit und gerade die entscheidenden. Nach § 12 muß der von dem Verfahren betroffene Gläubiger die Prozeßkosten tragen, wenn der Schuldner den Anspruch sofort anerkennt. Vollstrecken darf er sein Urteil überhaupt nicht (§ 6). Der Schuldner kann also zur Bezahlung der von der Geschäftsaufsicht betroffenen Forderungen nicht mehr gezwungen wer­ den. Es läuft das der Tatsache nach auf eine Stundung der Forderungen hinaus und das erkennt auch die VO. selbst an, indem sie die Verjährung des Anspruchs während der Dauer der Geschäftsaufsicht gehemmt sein läßt, wenn der Gläubiger von dem Verfahren betroffen wird (§ 7 VO.). Die Wirkungen der Geschäftsaufsicht gehen aber sogar über die einer bloßen Stundung oder über die Gewährung des Rechts, die Leistung vorübergehend zu verweigern, hinaus. Der Schuldner, der vor Ein­ leitung der Geschäftsaufsicht bloß nicht zahlen konnte, darf nachher über­ haupt nicht mehr zahlen. Nach § 5 Satz VO. wird die Reihenfolge, in welcher die von dem Verfahren betroffenen Gläubiger zu befriedigen sind, .von der AP. unter entsprechender Anwendung der Grundsätze der KO. bestimmt. KO. und GeschAVO. unterscheiden sich dadurch, daß es bei letzterer gleichgültig ist, ob der Anspruch des Gläubigers bereits zur Zeit der Anordnung der GeschA. begründet war oder erst hernach entstanden ist. Die Ausnahmen vom Wirkungskreise der GeschA. ergeben sich einzig und allein aus § 13. Die Kosten der Rechtsanwälte (Prozeßbevollmächtigten) des hernach beaufsichtigten Schuldners werden von dem Verfahren betroffen. Die Rechtsanwälte, die in der bisherigen Krise Mühewaltung und Zeitver­ lust prästierten, tuen gut daran, durch dem Schuldner Nahestehende selbstschuldnerische Verbürgung herbeizufuhren.

§ 5. Die vorhandenen Mittel sind, soweit sie nicht zur Fortführung des Geschäfts und zu einer bescheidenen Lebensführung des Schuld­ ners und seiner Familie erforderlich sind, zur Befriedigung der Gläubiger zu verwenden, auch soweit die Gläubiger von dem Verfahren nicht betroffen werden. Die Reihenfolge der Befrie­ digung wird von der Aufsichtsperson unter entsprechender An­ wendung der Grundsätze der Konkursordnung bestimmt; Ab­ weichungen von diesen Grundsätzen sind nur mit Zustimmung des Gerichts zulässig. Dadurch, daß nach dem neuen § 30 regelmäßig ein Beirat der AP. zur Seite steht und ihn mit Rat und Tat stützt, ist erst recht jede Will­ kürlichkeit bei der Verteilung hintangehalten. Infolge der heutigen Ver­ öffentlichung (s. § 18 und 22) ist die Ermittelung der Gläubiger und Gläubigerarten der AP. erleichtert. Auch ist die Verantwortung hinsicht­ lich der Reihenfolge der Abzahlungen und Befriedigungen dadurch gerin­ ger, daß die Aufsicht gemäß den Neuerungen des § 66 sich nicht mehr

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Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich.

so lange hinzieht. Die beste Grundlage gerechter und korrekter Befrie­ digung gern. § 5 ist und bleibt ein wohlgeordnetes Verzeichnis gem. 8'20. Levy (Erläut. 24, S. 9J definiert: Mittel sind die aus der ordnungs­ mäßigen Verwaltung des Vermögens gewonnenen Einkünfte. Klimmer S. 37 unterstreicht das Wort „Mittel" und macht einen Strich zwischen diesen und anderen Vermögensteilen des Schuldners, was, soweit An­ wendbarkeit möglich ist, zutrifft. Ob der Schuldner bescheiden lebt, wird nach dem neuen § 28 kon­ trolliert. Die AP. muß jeweils hierüber berichten. Eine freilich im Großstadtleben oft grotesk anmutende Zumutung für die AP., erst recht, wenn der Schuldner eine Gesellschaft ist, wobei zweifelhaft ist, ob die Vor^stände, Geschäftsführer (ohne besondere Norm) mit ihren hohen Gehältern und Tantiemen, mit ihren Auto-, Villen- und Reisegewohnheiten, über­ haupt unter die §§ 5 und 28 fallen. Schönwandt bejaht die Anwendbar­ keit der §§ 3 und 5 gegenüber den Gesellschaftsorganen S. 26 zu 28. Ich würde mich als AP. auch nicht besinnen, diesen gegenüber von den §§ 3, 5 und 28 Gebrauch zu machen.

§ zum Äon surfe führenden Zahlungs einstellung.

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Geschästsaufsicht und Zwangsvergleich.

(Tas Kammergericht hatte^zuvor — am 22. Sept. 1920, ROLG. 42, 71 — ausgesprochen: Rechtshandlungen während der GeschA., vom Schuldner der AP. oder den Gläubigern zulässig vorgenommen, sind nach der Konkurseröffnung nicht aus § 30 KO. anfechtbar.) Die vom Verfahren nicht betroffenen Kreditoren des § 13 dürfen mit Arresten und Zwangsvollstreckungen vorgehen. Sie können auch An­ trag auf Konkurseröffnung stellen. Aber auch ihnen steht § 6 Absatz 2 der VO. vom 14. Juni 1924 im Weg: die Entscheidung über den Antrag auf Konkurseröffnung ist während der GeschA. auszusetzen. Außer den im §13 angeführten Kategorien fallen auch die dinglichen Gläubiger und die mit nicht vermögensrechtlichen Forderungen nicht unter die vom Verfahren betroffenen. Das Vorrecht des § 61 Ziff. 1 KO. steht dem Provisionsreisenden nicht zu, da und sofern er nicht regelmäßig in einem Abhängigkeitsver­ hältnis zum Geschäftsherrn steht. München, 14. März 1919, Seufferts Arch. 74 Nr. 156.

II. Verfahren. 1. Allgemeine Vorschriften.

§14. Auf das Verfahren finden, soweit sich aus dieser Verordnung nichts anderes ergibt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechende Anwendung. Für die Frage, wann die rechtlichen Folgen der Geschäftsaufsicht einsetzen, finden nach § 14 die Bestimmungen der ZPO. Anwendung und damit § 329 ZPO. Die Wirksamkeit im Falle mündlicher Verhandlung erfolgt mit der Verkündung des die Anordnung aussprechenden Be­ schlusses, die Wirksamkeit im Falle einer nicht mündlichen Verhandlung erfolgt mit der Zustellung des Anordnungsbeschlusses. LG. Plauen 28. Dez. 1921 2 B F 5/21, IW. 1922, 724; Sörgel, Nechtspr. 23. Jahrg. S. 316 Nr. 21; nach Zweigert § 21 Anm. 3, gegen Jäger, IW. 1917, 71 ff.; Klien, § 21 Anm. 2; Cahn, Komm. S. 162, Absatz 2. Mit Plauen stimmt Kleinfeller, IW. 1922 S. 724 überein. S. auch RG. 62, 28. Die KO. findet auf das Verfahren der GeschA. nur Anwendung, soweit es ausdrücklich vorgeschrieben ist (§§ 36, 72, 73). KG. 2. Jan. 1924. 8 W. 4443. 23.

§15. Die Entscheidungen erfolgen.

können ohne

mündliche

Verhandlung

Die Modernisierung prozessualer Schritte, die mit der AufsBO. vom 14. Dez. 1916 anhub, ist durch die Novelle zur ZPO. in der vom 1. Juni 1924 ab geltenden Fassung (RGBl. I 17. Mai 1924, S. 437) fortgesetzt worden. Das Bureaukratische ist tunlichst nusgemerzt, so daß (insbesondere im 3. Abschnitt 1. Titel ZPO. über mündliche Ver­ handlung) .überlebte Weitläufigkeiten wegfielen. Bei diesem Zug der

II. Verfahren.

§§ 14—16.

31

Zeit muß all das S. 161 meines Komm. Ausgeführte heute erst recht prompt, praktisch und parat vom Geschäftsaufsichtsgericht getätigt werden. Nach § 66 n. F. handelt es sich oft um wenige Tage. Mit kurzen Memoranda, Anrufen, beiläufiger Besprechung mit beteiligten Anwälten auf dem Gerichtsgang, kann daher der elastische Richter das meiste Sach­ dienliche durchführen. So ist es beispielsweise mit den Recherchen gemäß § 16 n. F., mit den Informationen, die gemäß § 21 Absatz 2 n. F. resp, gemäß § 22 Absatz 3 n. F., dann gemäß § 28 Absatz 4 n. F. bei den Berufsgremien oder aber Aufsichtsorganen einzuziehen sind. Für gerichtliche Beschlüsse im Aufsichtsverfahren ist die Beifügung von Gründen nicht vorgeschrieben. Braunschweig 20. Febr. 1917, OLG. 35, 170.

§16. Das Gericht hat zur Aufklärung aller das Ver­ fahren betreffenden Verhältnisse die erforderlichen Ermittelungen anzu st eilen. Es kann die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen anordnen sowie zur Erörterung der Verhältnisse eine Gläubiger­ versammlung berufen. Die Berufung muß erfolgen, wenn sie von der Aufsichtsperson, de-m Gläubiger­ beirat oder von Gläubigern beantragt wird, die im Sinne der Vorschriften über den Zwangsvergleich beteiligt sind, sofern deren Forderungen nach der Schätzung des Gerichts zusammen den fünften Teil der Forderungen der beteiligten Gläubiger erreichen. Durch die Verordnung vom 14. Juni 1924 ist die Kann- in eine Hat-Form verwandelt. Es ist nicht mehr dem Ermessen des Aufsichts­ gerichts anheimgestellt. Das Gericht ist nun angehalten, ohne weiteres ausklärende Ermittelungen zu pflegen, freilich im allgemeinen wohl nur bann, wenn es verlangt, beantragt, angeregt wird, sei es von dem oder jenem Beteiligten. Es kann der Anregende der Schuldner, ein Gläubiger, ein Gläubigerorgan, eine Versammlung eines Teiles oder aller Gläubiger, die Aufsichtsperson, der Gläubigerbeirat, sein. Insofern nicht §393 ZPO. im Wege steht, sind prinzipiell die Auskuuftspersonen zu beeidigen. Doch wird bei der Geneigtheit der am 1. Juni 1924 in Kraft getretenen ZPO. vom 13. Mai 1924, unnötige Eide zu vermeiden, meist uneidliche Vernehmung ausreichen, wie Ja heute auch gauz formlose (meist etwa fernmündliche und durch Kartenanfragen erfolgende) Ermittelungen und schriftliche Beantwortungen der Beweisfragen, unter eidesstattlicher Versicherung ihrer Nichtigkeit, gemäß §377 neue ZPO. möglich sind. Die Berufung der Gläubigerversammlung behufs Erörterung der Verhältnisse, die im allgemeinen in Form einer Kannvorschrift dem Ge­ richt auheimgestellt ist, wird zur Mußnorm, wenn die AP., der Beirat oder ein Fünftel der zwangsvergleichsbeteiligten Gläubiger diesbezüg­ lichen Antrag stellt. Diese neue Vorschrift bedeutet eine der erhöhten

32

Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich.

Befugnisse der Gläubigerschaft. Die im Konkursrecht einflußreichere Gläubigerverfammlung war durch die zweite BO. vorn 8. August 1914 und 14. Dezember 1916 einigermaßen in beu Hintergrund gedrängt. Begreiflicherweise, weil man damals überhaupt den kriegsbelasteten Schuldner freier schalten und walten lassen wollte. Was damals recht war, ist heute nicht mehr billig. Die Schuldnerschaft verdient nicht «lehr in dein Maß der Kriegsjahre das Mitleid und die Grulst der Gläubigerschaft. Die Majorität der letzteren soll sich rühren und in die dunklen Machenschaften durch das Plenum hineinleuchten, das Kliquenwesen einzelner Kreditoren ausschalten, das Hinausziehen einet- Aufsnhtsverwaltung hindern, unberechtigten Aufsichtszuständeu ein Ende machen, zivil- oder strafrechtliche Verfolgung in die Wege leiten dürfen. Zweigert S. 53 hat zu § 16 a. F. erklärt, daß die Gläubigerversammlung der damaligen Kompetenz selbständig Entscheidungen zu tref­ fen nicht befugt sein. Diese Einschränkung kann nach der jetzi­ gen ratio legis nicht mehr zutreffen. Freilich spricht die BO. vom 14. Juni 1924 ausdrücklich nur von den Kompetenzen der Gläubigerversammlung in den neuen §§ 25 Abs. 2, 30 Satz 3 und 66 Abs. 3Z. 1. Auch hat die Gläubigerversammlung (beispielsweise rmH25 Ab­ satz 2 n. F.) für gewöhnlich ihre Begrenzung durch das richterliche Ermessen. Mir erscheinen indes die §§ 25, 30 und 66 n. F. nur als Beispiele der Befugnisse der G l ä u b i g e r v e r s a m m l u n g , so daß ich Schönwandt, 1924, S. 18, zu § 16, Absatz 2 hierirr uicht bei­ pflichte. Der § 16 n. F. spricht, was die -zur Berufung berechtigte Mehrheit anlangt, nur von den zwangsvergleichsbeteiligten Gläubigern. Allein damit ist keineswegs gesagt, daß an der Gläubigerversammlung ledig­ lich diese teilnehmen dürfen. Eine gemeinsame Besprechung aller Kre­ ditoren kann unter Umständen zur besseren Aufklärung führen. Dies hat (gegen Jäger, IW. 17, S. 136) Klimmer S. 86 bereits im Rahmen der a. F. bejaht. Die Gläubiger können zum Zwecke der Tätigkeit des § 16 n. F. im Offizialbetrieb durch das Gericht im Sinne des § 497 ZPO. und §§ 14 sowie 17 BO., wohl aber auch durch, die AP. und den Gläubigerbeirat oder einzelne Gläubiger oder den Schuldner zusammengebracht werden. Tunlichste Vermeidung des Formalismus ist, was die Mobilmachung solcher Versammlungen anlangt, den Beteiligten zur Pflicht zu machen. Ob diese Gläubigerversammlungen, die früher gemäß §, 170 GBG. geschlossen waren, jetzt öffentlich sind oder nicht, ist nirgends ausge­ sprochen. In konsequenter Durchführung des Wegfalls des § 18 Abs. 1 (s. b.) jst ein Anlaß zur Heimlichkeit der Gläubigerversammlung nicht recht einzusehen. Besteht in einzelnen Fällen ein Bedürfnis hierzu, so besteht kein Hindernis, durch Wahl des Ortes oder der Tageszeit beu Zugang Dritter, die vielleicht dem Zustandekommen eines Vertrags schädlich sein könnten, zu hindern.

817. Bei Zustellung bedarf es keiner Beglaubigung des zuzustellen­ den Schriftstückes.

II. Verfahren. §§ 17, 18.

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Die Zustellungen an Personen, die sich im Ausland befinden, erfolgen durch Aufgabe zur Post; die Postsendungen sind mit der Bezeichnung „Einschreiben" zu versehen. Zustellungen an Gläubiger, deren Aufenthalt unbekannt ist, finden nicht statt. Die Vorschriften des Abs. 2 finden keine Anwendung, wenn die Person, der znzustellen ist, einen im Inland wohnhaften, zur Empfangnahme von Zustellungen befugten Vertreter hat, der dem Gerichte bekannt ist. Das vereinfachte Zustellungs- und Ladungswesen, bezügl. dessen ich in meinem Komm. S. 166 und meinen dort angeführten Monographien dea Wunsch aussprach, es möge auch im Rahmen der ZPO. befolgt wer­ den, ist etwas auch auf den 2. und 3. Titel der ZPO. vom 13. Mai 1924 (RGBl. I 1924, S. 437 ff.) übergegangen. Den an der Aufsicht be­ teiligten Organen ist zu empfehlen, daß sie sich im Interesse der Prompt­ heit, Billigkeit und Einfachheit tunlichst von allen bureaukratischen Fes­ seln freimachen und bedenken, daß wir im Zeitalter des Telephons leben.

8 18. Das Gericht kann den Gläubigern die Einsicht der Gerichts­ akten gestatten und ihnen Abschriften daraus erteilen lassen. Die Einsicht in die Berichte der Aufsichtsperson darf keinem Gläubiger verweigert werden. Der 1. Satz des §, 18 hieß (im Gegensatz zu § 4 österr. AO.) in der VO. vom 14. Dezember 1916: Öffentliche Bekanntmachungen finden nicht statt. Dieser Satz (den gesetzestechnisch Kleinfellner, IW. 1922 S. 724 überflüssig fand) wurde kurzwegs von der VO. vom 14. Juni l924 gestrichen. Damit fiel die Heimlichkeit, die Attraktion der Geschäfts­ aufsichten, das, was sie leidlicher, begehrenswerter, machte, wie das leidige Konkursverfahren, das den Schuldner an den Pranger stellte. Ich iimuite S. 168 meines Kommentars die Ordnung der Angelegenheiten der Ge­ schäftsbeaufsichtigten intra muros die Quintessenz der ganzen Einrich­ tung mit) verwies auf die amtliche Erläuterung, die festlegte, daß es sich hier um die grundsätzlichste Frage drehte. (In der alten Denkschrift S. 17 hieß es, es sollten Kreditschädigungen vermieden werden.) Ich verwies darauf, daß eine Veröffentlichung den schuldnerischen Geschäfts­ betrieb lahmlegen würde und bekämpfte die Verfechter der Veröffent­ lichung. Allein: andere Zeiten, andere Sitten. Heute liegt die Sache ganz anders. Mit Recht hat die Zentralbehörde sich gedreht. Heute ist der Schuldner gewöhnlich nicht mehr das bemitleidenswerte Kriegsopfer. Behielt und behält man das Svstem der Geschäftsaufsichten auch längst nach dem Kriege bei, dann muß jedes Sentiment in den Hintergrund treten. Das Wirtschaftliche hat wieder den Vorrang. Wir müssen die Belange gutgläubiger Dritter respektieren, die Quertreibereien der Schuldner (die im Dunkeln munkeln) hintanhalten, die traurigen Er­ fahrungen der letzten Jahre und zumal Monate verwerten. So ging Cahn, Geschästsaufstchl, Nachtrag. 3

34

Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich.

es nicht mehr weiter. Die Geschäftsaufsicht war eine Kriegserscheinung mit der guten und üblen Eigenart einer solchen. Will man sie heute noch anwenden, so darf dies nur mit allen Kautelen geschehen. In der Strei­ chung der Heimlichkeitsklausel des § 18 Abs. 1 lag keine Inkonsequenz. Hier ist einzuschalten, daß die Annoncierung im Neichsanzeiger und etwa noch im heimischen Amtsblatt, auch in den diesbezüglichen Fach­ blättern, noch lange kein Allheilmittel ist, sondern sehr wohl Gläubiger in der Ferne beide Blätter nicht zu Gesicht bekommen können, so daß es immer noch Vorkommen kann, daß der auswärtige Gläubiger mit einem beaufsichtigten Schuldner kontrahiert, ohne die Tatsache der Auf­ sicht zu kennen. Wo. es sich um weitverzweigte Beziehungen (etwa eines großen Warenhauses) dreht, ist daher den A m t s gerichten tunlich st e Publikation und weitreichende Kund­ gebung ohne schematische Beschränkung auf den Wort­ laut der BO. zur Pflichtzumachen. Schließt übrigens ein beauf­ sichtigter Schuldner in der eben gekennzeichneten Weise ab, so stehen dem Gläubiger die Behelfe der Anfechtung wegen Irrtums und Täuschung zur Seite. Nach der a. BO. wurde der Antrag auf Geschäftsaufsicht in das Konkursregister eingetragen (Ziff. IV, 1 Bekanntmachung vom 16. Aug. 1914, Bayer. JMBl. S. 157). Die Eintragung in öffentliche Bücher lind Register unterblieb. Daß nach der jetzigen BO. die Geschäftsaufsicht in öffentliche Bücher und Register einzutragen sei, ist nicht ausdrücklich bestimmt. Mangels der ursprünglichen Heimlichkeitsklausel besteht indes keiu rechtliches Hindernis mehr. Nunmehr wird auch eine Liste der unter Geschäftsaufsicht Stehenden anzulegen sein. Es ist dies die natür­ liche Auswirkung des § 22 Abs. 1 (siehe unten). Übrigens bestand auch bisher kein Verbot der Mitteilung der Geschäftsaufsicht mi Interessenten auf Fragen. Nach Zweigert, Geschäftsaufsicht zu § 18, Fußnote, und Klimmer ebenda, 1 c sind die Gerichtsschreibereien beispielsweise durch bayer. JMBl. 15 S. 39, preuß. JMBl. 15 S. 41, angewiesen wor­ den, auf Anfragen darüber Auskunft zu erteilen, ob gegen eine bestimmte Person die Geschäftsaufsicht angeordnet sei und den Namen der AP. mitzuteilen. Levy, S. 13, wollte diese Befugnis nur interessierten Gläu­ bigern oder Behörden zuweisen, was Zweigert im Hinblick auf die In­ teressen der Gläubigerschutz- oder Kreditreformverbände, sodann der Per­ sonen, die mit dem beaufsichtigten Schuldner kontrahieren wollten, zurückwies. Nunmehr ist zweifellos nach allen Richtuuge n Auskunftsrecht und, soweit die Belange des Aufragers glaubhaft gemacht werden, Auskunfts pflicht vorhanden. Gemäß bayer. JMBl. 14 S. 141 war bereits nach BO. Dom 14. Dez. 1916 die Anordnung der Geschäftsaufsicht den Richtern des beteiligten Gerichts und der Gerichtsvollzieherei mitzuteilen. Infolge des Abstriches des § 18 Satz 1 a. VO. hätten, vorausgesetzt, daß die Vorschriften des § 60 Abs. 1 Satz 2 und § 64 Abs. 1 Ziffer 2 a. VO. auf die Heimlichkeitsklausel zurückzuführen sind, letztere (minde­ stens redaktionell) modifiziert werden müssen, was de lege ferenda, zu empfehlen ist. S. hierüber Jaeger, Sonderabdruck S. 113, Klimmer § 18, 1 der a. VO., Werner, LZ. 17 S. 241 und meine Anm. zu § 60 unten.

II. Verfahren.

§§ 19, 20.

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Weinberg 1924 S. 54 empfiehlt der AP. mit Recht tunlichste Ver­ vielfältigung der Berichte. Ich empfehle auch solche der Bilanzen mit Unterlagen für die Gläubigerschaft.

§19. Die Entscheidungen des Gerichts sind, soweit diese Verord­ nung nichts anderes bestimmt, unanfechtbar. Eine weitere Beschwerde findet in keinem Falle statt. Wenn auch nach § 19 gewisse Beschlüsse des Amtsgerichts, z. V. der Beschluß, der die Ermächtigung der Kündigung eines Mitgliedschafts­ rats, gemäß § 9 ausspricht, unanfechtbar sind, so kann dennoch nicht die Entscheidung, ob überhaupt ein Fall des § 9 vorliegt, dem Prozeß ent­ zogen werden. RG- IV 518/19 vom 29. April 1920, DIZ. 1920 S. 719. Die Anordnung der GeschA. kann auch dann nicht angefochten wer­ den, wenn die Bedrängnis des Schuldners angeblich keine Kriegsfotge ist. KG. 22. Mai 1922. KGBl. 22, 109. Es gab auch bisher keine weitere Beschwerde, wie ich dies zu § 19, S. 173 meines Kommentars dargelegt habe. Die VO. vorn 14. Dez. 1916 wollte die Promptheit aufrechterhalten wissen. Der umständliche Drei­ instanzenapparat sollte vermieden sein. Allein einzelne Schriftsteller (neuerdings Kleinfeller, IW. 1922, S. 511) waren anderer Meinung. S. S. 174 meines Kommentars oben. Mittlerweile hatten verschiedene Gerichte (beispielsweise OLG. Bamberg IW. 1918, 144, OLG. Cöln 12. Nov. 1917, NOLG. 37, 154, IW. 1918 S. 187; OLG. Cöln 14. Okt. 1921, 4 W. 84/21, IW. 1922 S. 505; Düsseldorf 14. Nov. 1921, 4 W. 72, 21, IW. 1922 S. 511, Recht 22 Nr. 870, Naumburg 1. Dez. 1921; LZ. 22, 137; in den Fällen des § 59 VO.; s. unten) gegen KG. 22. Mai 1922. KGBl. 22, 109, die Unzulässigkeit der weiteren Beschwerde ausge­ sprochen. Die neue VO. vom 14. Juni 1922 hat nun kategorisch ihren (bereits in der amtlichen Denkschrift zur VO. vom 14. Dez. 1916 ent­ wickelten) Standpunkt festgelegt, indem sie ausspricht, daß eine weitere Beschwerde in keinem Falle stattsindet.

2. Eröffnung des Verfahrens.

§20. Mit dem Antrag auf Anordnung der Geschäftsaufsicht hat der Schuldner ein Verzeichnis der Gläubiger unter Angabe ihrer Adressen, eine Übersicht des Vermögensstandes in Form einer Gegenüberstellung der einzelnen aufzuführenden Aktiven und Passiven und, sofern er Kaufmann ist, auch die 'letzte Bilanz einzureichen. Das Verzeichnis der Gläubiger soll die sämtlichen Gläubiger des Schuldners enthalten, auch die, welche von dem Verfahren nicht betroffen werden, und die, deren Ansprüche der Schuldner 3*

36

Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich.

bestreitet. Die Gläubiger, die von dem Verfahren nicht betroffen werden, sollen getrennt von den übrigen Gläubigern aufgeführt werden. Bei Forderungen, für die im Falle des Konkurses ab­ gesonderte Befriedigung beansprucht werden kann, soll die Höhe des mutmaßlichen Ausfalles angegeben werden. In der Vermögensaufstellung sollen sämtliche Vermögens­ gegenstände des Schuldners unter Angabe des Wertes aufgeführt werden. Bei Forderungen sollen die Schuldner nach Namen und Wohnort, der Forderungsbetrag und der Schuldgrund an­ gegeben, auch die vorhandenen Beweismittel, insbesondere Wechsel nnd sonstige Urkunden, sowie Nebenrechte, insbesondere Hypotheken, Pfandrechte und Bürgschaften bezeichnet werden. Zulässig im Prinzip ist die Aufsichtsverhängung auch dann, trienu dem Schuldner nur ein einziger Gläubiger gegenübersteht. Königsberg 4. Dez. 1917. LZ. 18, 660. Im Hinblick auf die Mehrheiten der §§ 16; 25 Abs. 2; 30, Satz 3; 66, Abs. 3 Nr. 1, 2 und 3 und Artikel II der VO. vom 14. Juni 1924 muß ganz besonders auf tunlichst baldige und vollkommene Angabe der Namen, Anschriften, Forderungsbeträge und Forderungsgründe im Inter­ esse aller Beteiligten gesehen werden:. Denn infolge der knappen jetzigen Fristen ist Bereitsein von größter Wichtigkeit. Kennt sich Schuldner, und demnnet) AP., Beirat und Gericht in diesen Dingen nicht genügend aus, so wird das Zustandekommen und die Glaubhaftmachung der Mehrheiten gefährdet. Die Antragsberechtigung der Gesellschaftsorgane ist im § 72 ge­ regelt. Die Vorlage der Papiermark-Bilanz hat wirtschaftlich keinen rechten Sinn, kann aber vom Amtsgericht verlangt werden. Weinberg 1924 S. 57. Im übrigen siehe VO. zur Durchführung der VO. über Gold­ bilanzen. Vom 5. Febr. 1924 RGBl. Teil I Nr. 8 S. 49. 2. .VO. Voln 28. März 1924. RGBl. Teil I Nr. 28 S. 385. Reichsanzeiger 28. März 1924 Nr. 75.

§ 21. Das Gericht entscheidet über den Antrag nach freiem Ermessen. Vor der Entscheidung hat es, wenn der Schuldner Handel- oder Gewerbetreibender oder Landwirt ist, die zuständige amtliche Vertretung des Handels, Handwerkes e to e r6e§) oder der Landwirtschaft oder einen Sachverständigen zu hören, es sei denn, daß diese Anhörung nicht ohne eine die Gesamt­ interessen der Gläubiger gefährdende Verzögerung erfolgen kann. Die Vertretung hat sich über den Antrag unverzüglich, jedenfalls vor Ablauf einer Woche, zu äußern.

II. Verfahren. § 21.

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Vor der Entscheidung über den Antrag kann das Gericht von Amts wegen dem Schuldner besondere Verpflichtungen zur Sicherung der Gläubiger auferlegen. Arreste und Zwangsvollstreckungen, die zugunsten der nach Anordnung der Geschäftsaufficht von dem Verfahren betroffenen Gläubiger in der Zeit nach Eingang des Antrages, aber vor der Entscheidung über ihn eingeleitet werden, sind für das Verfahren der Geschäftsaufsicht ohne rechtliche Wirksamkeit. Die Sollform der a. VO. vom 14. Dez. 1916 ist in die Haiform umgewandelt. Vor Verbescheidung des Antrages auf Aufsichtsgewährung ist ohne weiteres die bett. Berufs- und Branchevertretung zuzuziehen. Nicht nur „in geeigneten Fällen", wie es vordem hieß, sondern immer. Das ist jetzt conditio sine qua non. Dabei darf bemerkt werden, daß in Bayern, zumal in den Verkehrszentren, längst dies quasi obligatorisch gehandhabt wurde. Man hat schon tut August 1914 in Müffchen einen vollständigen Apparat mit drei nach dem schuldnerischen Beruf gesonder­ ten Untergruppen der Beschäftigungsart behufs prompten Funktionierens der gesonderten Eingänge von Aufsichtsanträgeu geschaffen (Klimmet S. 100, Manasfe, 1924, Einleitung, Bayer. JMBl. 14, S. 175) und die Amts­ gerichte tu München, Nürnberg, Augsburg, Würzburg, haben, von bagatellmäßigen Fällen abgesehen, nie ohne Einvernahme und Anhörung der Handels- bzw. Gewerbekammern geamtet. Die Amtsgerichte haben mit guten: Grunde schon deshalb eine Zuziehung der Berufsvertretungen nicht unterlassen, weil ihnen diese die beste Rückendeckung in Grenzfällen schuf. So ist es erst recht jetzt in der krisenhaften Zeit. Ist Gefahr im Verzug, so kann das Amtsgericht, dem dann die Obliegenheit gemäß § 22 n. F. Abs. 2 auferlegt ist (s. d.!), davon absehen, damit nicht eine Aufsichtsanorduffng zum Schaden der Gesamtglüubigerschaft hiuausgezogen wird. Allein die Erfahrung lehrt, daß man beinahe stets z. B. die Handels­ kammer brevi manu, etwa telephonisch, unterrichten und unverzüglichen Bescheid einholen kann. Die betreffende amtliche Vertretung darf selbst­ redend die Beantwortung nicht bureaukratisch oder gar dilatorisch behan­ deln. Sie hat prompt spätestens innerhalb einer Woche sich zu erklären. Damit ferner nicht die Gläubigerschaft durch Außerachtlassung praktischer Maßnahmen gefährdet wird, kann das Amtsgericht ex officio schleunige Anordnungen treffen, etwa sich gewisse Schlüssel, Bücher, Urkunden, Wechsel, Schecks und Effekten ausliefern oder einem Treuhäuder über­ geben lassen, provisorisch einen Kontrollettr, etwa die im Auge gehabte AP., aufstellen und ihm gewisse Weisungen zum Schutze der Glünbiger erteilen, konkrete Handlungen, die zum Schaden der letzterei: zu be­ fürchten sind, bei Meidung von Strafen verbieten. — Der letzte Passus des § 21 bringt ein novum. Arreste und Zwangs­ vollstreckungen (die gemäß § 6 Abs. 2 zugunsten der vom Verfahren betroffenen Gläubiger während der Geschäftsaufsicht nicht stattfinden), sind, wenn sie zwischen Ein lauf des Antrages und der Entscheidung über diesen eingeleitet werden, für das Verfahren der

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Geschäftsalifsicht und Zwangsvergleich.

GeschA. unwirksam. Damit sotten der Schuldner und die übrige Gläubiger­ schaft nicht dadurch geschädigt werden, daß durch irgendwelche noch so ge­ ringe zeitliche Verzögerung der Verbescheidung des Aufsichtsantrages Arreste oder Vollstreckungen sich einschieben und, weil noch keine GeschA. besteht, wirksam werden können. Darum muß dem aufsichtswürdigen Schuld­ ner heute geraten werden, seinen Antrag nicht liegen zu lassen. Ist sein An­ trag einmal eingegangen bei Gericht, ist er nunmehr durch § 21 Abs. 2 letzter Passus geschützt. — Die VO. vom 14. Juni 1924 ist bezüglich § 21 Abs. 2 auf halbem Wege stehen geblieben, als sie lediglich die Arreste imb Zwangsvoll­ streckungen in der Zeit nach Eingang des Antrages inhibierte. Jaeger führte (IW. 1918 S. 415) in der Jurist. Gesellsch. zu Ber­ lin am 11. Mai 1918 mit Recht aus: „Der folgenschwerste Fehler der Aufsichtsverordnung liegt darin, daß sie dem Zwangszugriffe der letzten Wochen vor Anordnung des Verfahrens die Wirksamkeit beläßt. Damit wird das Präventionsprinzip unserer Vollstreckung, das sich bei Zuläng­ lichkeit des Schuldnervermögens rechtfertigen mag, zu einer den Erfolg aller Sanierungsversuche in Frage stellenden Gefahr, das Aufsichts­ verfahren zur Freistatt des anfechtbaren Erwerb s." Die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung (etwa Versteigerung der Pfandstücke) ist nicht schlechthin unwirksam, sondern nur, wenn ein Fall des § 21 letzter Absatz vorliegt. So auch AG. Regensburg in einer neuerlichen Entsch. vom Juni 1924, gegen AG- Ingolstadt vom Juni 1924. Weinberg 1924 S. 58 ist nicht meiner Meinung.

3. Aufsichtsperson und Gläubigerbeirat.

K 22. Wird die Geschäftsaufsicht angeordnet, so bestellt das Gericht eine oder mehrere Aufsichtspersonen. Die Anordnung der Geschäftsaufsicht und derName der Aufsichtsperson sind den ihrem Wohnort nach bekannten Gläubigern mitzuteilen und im Deutschen Reichsanzeiger bekanntzumachen; das Gericht kann weitere Bekanntmachungen anordnen. Ist der Schuld­ ner Handel- oder Gewerbetreibender oder Landwirt, so ist die Anordnung der Geschäftsaussicht auch der zuständigen amtlichen Vertretung des Handels, Handwerkes (Gewerbes) oder der Land­ wirtschaft mitzuteilen. Die Mitteilungen können ohne besondere Form erfolgen. Mit der Mitteilung an die amtliche Vertretung (Absatz 1 Satz 3) ist, sofern diese vor der Anordnung des Verfahrens nicht gehört worden ist, dieAufforderung zu verbinden, sich unverzüglich, jedenfalls vor Ablauf einer Woche, darüber zu äußern, ob die Voraussetzungen der Geschäfts aufsicht für vorlieg end erachtet werden.

II. Verfahren. § 22.

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Der Schuldner und jeder Gläubiger, der von dem Verfahren betroffen wird, können innerhalb drei Wochen nach Bestellung der Aufsichtsperson unter Darlegung der Gründe die Bestellung anderer oder weiterer Aufsichtspersonen beantragen. Während der Kriegs- und Nachkriegszeit wurde vielfach hinsichtlich der AP. eingespart. Der Billigste war oft der beim Gericht Beliebteste. Ganz abgesehen davon, daß es einen übertriebenen Altruismus gegen die Aufjichtsbeteiligten bedeutet, kleinlich den verantwortlichen Mann an der Spitze schlecht zu honorieren, tut man damit den Gläubigern einen schlechten Gefallen. Nur wirklich gesetzeskundige, gewandte, schnell und sorgfältig arbeitende Kräfte gehören heute an den Posten. Die Gerichte haben zu allgemeinem Mißvergnügen bisher oft eine einseitige Anzahl der Aufsichtspersonen vorgenommen. Mit Recht wurde u. a. gerügt, daß noch lange nicht jeder traditionelle Konkursverwalter zur AP. ge­ eignet sei, da eine Konkursmasse leichter pro stylo versilbert, wie ein kaufmännisches Geschäft, ohne Einbuße für die Gläubigerschaft, weiter­ betrieben sei. Handels-, Wechsel-, Scheck-, Börsen-, Devisen-, Depotrecht sind häufig vonnöten. Dazu kommen die kurzen Fristendes neuen Z 66, sodaß pedantisches, altmodisches und bureaukratisches Arbeiten nichts nützt. Unbegreiflich, wie an den kleinen Amtsgerichten immer noch die Rechts­ anwälte, welche einen oder mehrere Gläubiger gegen den Schuldner vertraten oder noch vertreten, als AP. aufgestellt werden. Hier liegt glatt eine Jnteressenkollision vor. — Die Konsequenz der Streichung des alten Heimlichkeitsabsatzes, § 18, ist, daß a) ex officio die Gläubiger, deren Wohnort dem Gericht bekannt ist, (auch die vom Verfahren gern. § 13 nicht betroffenen) von der Aufsichtsverhüngung und dem Namen der AP. in Kenntnis gesetzt wer­ den, b) diese Tatsachen im Reichsanzeiger veröffentlicht werden. Die Auf­ sichtsrichter brauchen sich damit nicht zu begnügen. Sie können in dem amtlichen Publikationsorgan, in mehreren Blättern am Ort oder auswärts, etwa in bekannten Handels- oder Fachzeitungen oder sonst­ wie, ein Ausschreiben vornehmen, und zwar dann, wenn solche erweiterte Bekanntgabe im Interesse der Sache, zumal der Gläubigerschaft, liegt, zur Verhütung von Vertuschungen, Machenschaften, Schiebungen, zur bal­ digsten Aufklärung der Gantursachen und -anlässe, zur Ermöglichung recht raschen Betriebes. Wenn nun die Öffentlichkeit nicht mehr ausge­ schlossen ist, wie bisher, dann erscheint es empfehlenswert, jede Geschäfts­ aufsicht und die AP. in mindestens einem Lokalblatt zu notifizieren, da der Deutsche Reichsanzeiger wenige Leser unter der Gewerbewelt zählt und außerdem zu unübersichtlich ist. In Berlin scheint es — nach Weinberg 1924 S. 61 — üblich zu sein, daß die Tagespresse die Bekannt­ machungen des Reichsanzeiger wiedergibt; bei uns nicht. Anders in mancher Fachpresse, die wohlweislich zum Schutze gegen illoyale Schuld­ ner der Beaufsichtigten veröffentlicht. (Schwarze Listen.) — Der neue § 21 Abs. 2 läßt ausnahmsweise eine Nichtbenachrichti­ gung der Berufsvertretung vor Anordnung der Geschäftsaufsicht, wenn Gefahr im Verzüge besteht, zu. Liegt ein solcher Fall vor, so ist tmt der Benachrichtigung nach Aufsichtsverhängung die Aufforderung zu verbinden, ohne Verzug — spätestens innerhalb einer Woche — fachmäßig

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Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich.

sich zu äußern, ob Person und Geschäft aufsichtswürdig erscheinen, ob bei der Geschäftsaufsicht voraussichtlich etwas herauskommt, ob letztere nicht völlig aussichtslos erscheint, ob Unwürdigkeiten und Konspirationen nicht bekannt, kurz, ob die Merkmale und Unterlagen der Aufsicht für existent zu erachten sind. — § 22 bedeutet in seiner Neufassung, mit den neuformu­ lierten §§ 1, 16, 21, 28 und 66 zusammen, eine Vorsichtsmaßregel, damit aus dem infolge der Frühjahrskrise 1924 bedauerlicherweise gewordenen Aufsichtsusus kein wirtschaftlich unheilvoller abusus werde. — Nach KG. 2. Jan. 1924 8 W 4443, 23, wird der Beschluß der Anordnung erst mit der Zustellung oder Verkündung an den Schuldner wirksam, auch wenn in dem Beschluß ein früherer Zeitpunkt ange­ geben ist. Auch Sammelbekanntmachung (zusammen mit gleichartigen Fällen) ist zulässig. (S. Weinberg, 1924 S. 60.)

§ 23. Der Aufsichtsperson ist über ihre Ernennung eine urkundliche Bescheinigung zu erteilen. Die Bescheinigung ist bei der Be­ endigung des Amtes dem Gericht zurückzureichen. Es kann zweckmäßig seht, daß bei Gesellschaften größeren Umfangs die AP. sich von den Gejellschaftsorganen, unter Umständen vom Amtsgericht, bescheinigen läßt, daß sie gemäß § 2 die Geschäftsführung an sich gezogen hat. Das Attest gemäß § 23 und die soeben erwähnte Be­ scheinigung verhüten dann Einmischungen der Gesellschaftsorgane in die Zuständigkeit der AP.

§ 24. Die Aufsichtsperson ist für die Erfüllung der ihr obliegenden Pflichten allen Personen verantwortlich, deren Interessen sie kraft ihres Amtes zu berücksichtigen hat. Die Stellungnahme der AP. war, wie von mir unter § 2 m. Komm, ausgeführt, bisher eigentlich ziemlich verschwommen. Das hing schon mit den geringen Rechten nach außen zusammen. Das ist auch jetzt nicht viel besser geworden, weil der § 3 (s. oben) bis jetzt leider nicht eine Ände­ rung hinsichtlich des externen Vetorechts erfuhr. Immerhin muß unter­ schieden werden: wo ein Schuldner zu schwach, unzuverlässig, nnunterrichtet und wo eine beaufsichtigte Gesellschaft zu schlecht, untüchtig oder gar verbrecherisch geleitet ist, als daß die bisherige Geschäftsführungsart Hoffnung auf Segen verspricht, muß ein Halbwegs geeigneter Aufsichts­ führer sofort dem bisherigen moäus einen Riegel vorschieben, indem er allen Beteiligten, auch dem Gericht, gegenüber erklärt, daß er die Geschäftsführung (ganz oder auf dem und jenem Gebiet) übernimmt, daß kein Schriftstück ohne seine Zeichnung oder Gegenzeichnung hinausgehen darf. Es geht ja gar nicht gut anders, wenn er in der kurzen Zeit desZ66n. F. zu Rand kommen will, wenn er die ungünstigen Einflüsse des Schuldners, des Vorstands, Aufsichtsrats, der Gesellschafterversammlung, ausschalten will, wenn er nicht am Präsidium sitzen will, wie ein Greis, der sich nicht zu

II. Verfahren. §§ 23.-25.

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helfen weiß. Er hat die große materielle Verantwortung des § 24 (freilich mit Rückendeckung durch den auch fast immer obligatorischen Gläubigerbeirat). Deshalb muß er aber auch die Führung stramm in der Hand haben. Dies gilt zumal gegenüber beit Organen einer beaufsich­ tigten Gesellschaft. Um Abschlagszahlungen machen zu können, hat die AP. die Bei­ treibung der Debitorenposten zu beschleunigen. Unter der a. BO. nahm man stark auf die gute Beziehung des Schuldners als Geschäftsinhabers zu seinen Debitoren Rücksicht. Im Hinblick auf die heutigen strafferen Richtlinien ist (zumal, wenn das Geschäft üicht fortgeführt wird,) die Einziehung der Forderungen ohne zu viele Sentiments zu beschleunigen. Gerade jetzt, wo der starke Geldmangel herrscht, dürfen sich die Gläubiger gemäß § 24 auf ein energischeres Regiment der AP. in diesem Betreff verlassen.

§ 25. Die Aufsichtsperson steht unter der Aufsicht des Gerichts. Das Gericht kaun gegen die Aufsichtsperson Ordnungsstrafen bis zu zweihundert Marka) festsetzen und sie aus wichtigen Gründen ihres Amtes entlassen. Als ein wichtiger Grund ist es namentlich anzusehen, wenn iw einer Gläubigerver­ sammlung die nach den Forderungsbeträgen zu be­ rechnende Mehrheit die Entlassung beantragt; bei Gleichheit der Summen entscheidet die Zahl der Gläu­ big er. Vor der Entscheidung ist die Aufsichtsperson zu hören. Die Entlassung der Aufsichtsperson war bisher unr Befnguis des Amtsgerichts. Selbstredend war sie nur bei wichtigen Gründen möglich. Jetzt soll aber ohne weiteres und namentlich es als wichtiger Grnnd «allge­ sehenwerden, wenn die Gläubigermehrheit in einer Versammlung die Ent­ lassung beschließt. Darin scheint mir eine Ungerechtigkeit und eine nicht ge­ schickte Formulierung zu liegen. EineUngerechtigkeit, weil eine Gläubiger­ mehrheit, eine vielleicht animose Gruppe, einen an sich tadellosen (erst recht einen im Sinn meiner Anm. zu § 24 zielbewußten und tatkräftigen) Aufsichtsführer stürzen kann. Die AP. soll sachlichst, objektivest, uuparteilichst, ihr Amt führen. Das wird ihr vielleicht von einer Gläubigerklique verdacht und verübelt. Es sollte nicht Mne so subjektiv zusammengesetzte Majorität ihren Ärger hierüber in das Recht, die AP. zu dimittieren, umsetzen dürfen. Dazu kommt, daß die neue Fassung

a) Nunmehr Art. II Abs. 1 des Geldstrafengesetzes vom 27. April 1923 (RGBl. I S. 254) in der Fassung des Gesetzes vom 13. Okt. 1923 (RGBl. I S. 943) und der VO. auf Grund des Gesetzes über Vermögens­ strafen und Bußen vom 23. Nov. 1923 (RGBl. I S. 1117 f.). Abs. 1 des Art. II des Geldstrafengesetzes hat folgenden Wortlaut: Bei Geldstrafen, die nicht bei Verbrechen, Vergehen oder übertretnugeu angedroht sind oder werden, insbesondere bei Zwaugsstrafen und Ordnungsstrafen, beträgt, soweit nicht höhere Beträge oder Geldstrafe in unbeschränkter Höhe angedroht sind oder werden, der Mindestbetrag eine Goldmark und der Höchstbetrag 1000 Goldmark.

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Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich.

des § 25 2. Absatz 2. Satz nicht den Nagel auf den Kopf trifft. Sie müßte lauten: „Das Gericht kann gegen die AP. Ordnungsstrafen bis zu x-Mark festsetzen und sie aus wichtigen Gründen ihres Amtes entlassen. Dies hat auch zu geschehen, wenn in einer Gläubigerversammlung die; nach den Forderungsbeträgen zu berechnende Mehrheit die Entlassung beantragt; bei Gleichheit der Summen entscheidet die Zahl der Gläu­ biger." Denn die Mehrheitsentschließung ist, logisch betrachtet, an sich kein wichtiger Grund. De lege ferenda ist formell und materiell hier eine Besserung der Bestimmung zu erhoffen.

§ 26. Das Gericht hat die Aufsichtsperson auf ihren Antrag bei der Erfüllung ihrer Aufgaben in angemessener Weise zu unterstützen. Wenn beispielsweise der Aufsichtsrat einer AG. nicht hinsichtlich der Kündigung gegenüber Vorständen oder Beamten der A.G. die AP. unterstützt, oder gar die Beschlüsse der AP. und des Gläubigerbeirates zu vereiteln und sabotieren sucht, wenn ein Mieter oder Vermieter des Schuldners Auskünfte wesentlicher Art trotz mehrfacher Aufforderung der AP. unterläßt, ist ein Eingreifen des Amtsgerichts am Platz, das'sich die Kontravenienten kommen läßt, ev. unter Strafen nimmt oder für Hinüberleitung von Akten an andere (auch Straf-) Behörden Sorge trägt.

K 27. Die Aufsichtsperson hat gegen den Schuldner Anspruch auf Erstattung angemessener barer Auslagen und auf Vergütung. Die Festsetzung erfolgt durch das Gericht. Gegen den Be­ schluß findet sofortige Beschwerde statt. Wer viele Tagesstunden, vielleicht sogar Tag und Nacht, opfern muß, wer die Verantwortung mit seinem Gewissen und Vermögen hat, ist wirklich sachgemäß zu entschädigen. Heute ist — im Gegensatze zur Kriegszeit — ein übertriebener Altruismus nicht mehr angebracht. Es war anders, als der Schuldner eine vaterländische Pflicht erfüllte, da er von seinem Geschäft fernblieb, und meist unschuldig an seiner schlechten Situation war. Wer heute unter Geschäftsaufsicht kommt, ist meist nicht unschuldig an seinen üblen Verhältnissen. Er und die Gläubigerschaft müssen sonach den Helfer in der Not, die AP., würdig honorieren. Be­ zeichnend war für die Kriegszeit, daß zunächst nur die baren Auslagen betont waren. Heute steht selbstredend eine den entsprechenden Tarifen oder Honoraren vollkommen konforme Vergütung im Vordergründe. Ist die AP. ein Rechtsanwalt, so sind die Mühewaltungen gegen­ über den Gerichten — vom Honorare als AP. abgesehen — nach den Gebührenordnungen zu vergüten (Anträge auf einstweilige Verfügungen, Arreste, Beschlagnahme-, Einstellungsgesuche, Widerspruchs-, Forderungs-, Lieferungs-, Feststellungsktagen).

§ 28. Die Aufsichtsperson hat daraufBedachtzu nehmen, daß das Geschäft des Schuldners, soweit angängig.

II. Verfahren. §§ 26—28.

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weiter betrieben wird, daß dabei aber vorhandene Bestände verwertet und eingegangene Verpflicht rin­ gen a b g e w i ck e l t w e r d e n. Sie hat die Ursachen der Zahlungs­ unfähigkeit oder der Überschuldung zu ermitteln, die geschäftlichen Verhältnisse des Schuldners zu prüfen und dem Gericht unver­ züglich zu berichten, sobald sie die erforderliche Übersicht er­ langt hat. Das Gericht bestimmt, in welcher Weise und in welchen Zeit­ räumen die Aufsichtsperson weitere Berichte zu erstatten hat. Jeder Bericht hat eine Äußerung darüber zu enthalten, ob die Voraussetzungen für eine Fort­ dauer der Geschäftsaufsicht noch vorliegen, sowie darüber, ob und inwieweit der Schuldner seine und seiner Familie Lebensführung gemäß derVorschrift des § 5 eingeschränkt hat. Der alte § 28 hat vielfache Mißbilligung erfahren. Er lautete in seinem ersten Satz: „Die AP. hat darauf Bedacht zu nehmen, daß der Geschäftsbetrieb des Schuldners tunlichst aufrechterhalten und sein Ver­ mögen nicht geschmälert wird." Diese Bestimmung war so recht zuge­ stutzt auf die anormale Kriegszeit, den von der Heimat fernen Schuldner, der nicht, wie gewohnt, disponieren kann, das Abgeschnittensein von deut­ schen oder ausländischen, zumal auslandsfeindlichen, Debitoren. „Alles tunlichst liegen und stehen lassen, nichts anrühren." Das war etwa das Motto. Die Existenz des Schuldners sollte erhalten werden. An die Gläubigerschaft dachte man immer erst in zweiter Linie. „Wenn freilich Unfähigkeit oder Böswilligkeit des Schuldners, etwa hartnäckige Wider­ spenstigkeit oder planmäßige Schädigung der Gläubiger klar zutage lag, dann durfte (z. B. nach Bovensiepen, Anm 1 zu § 28 a. F.) der Be­ trieb des Schuldners eingeschränkt oder geschlossen werden." Eine gänz­ liche Schließung war in der Regel weder dem Schuldner noch der AP. eingeräumt. Es blieb nur Hie Aufhebung der Geschäftsaufsicht auf An­ trag der AP. Breit (IW. 15 S. 165) ging sogar soweit, auszuspre­ chen, ob das Unternehmen mit Erfolg arbeite oder nicht, sei ausschließ­ lich Sache des Schuldners, Aufgabe der AP. sei es nicht, darüber zu befinden, ob das Geschäft fortgeführt werden solle oder nicht. Damit wäre die AP. rein zum Automat gestempelt worden. Solche nichtssagende Funktion wurde daher auch im allgemeinen (z. B. von Jaeger, IW. 17 S. 135- Klimmer S. 110, Note 2) der AP. nicht zugemutet. Während die frühere Formulierung Anlaß zu Zweifeln bot, und nur ein Zurückgehen auf die wahre ratio legis — vgl. m. Komm. S. 194 und 195 — die AP. das richtige Mittelmaß finden ließ, hat die neue VO. expressis verbis ausgesprochen, daß vorhandene Bestände verwertet und eingegangene Verpflichtungen abgewickelt werden müssen. Damit ist ein sinnloses Aufstapeln von Warenbeständen, ohne daß den alten Gläu­ bigern Abzahlungen gemacht wurden, vermieden. Dauernde Stagnation kann eine Aufsichts-VO. heutiger Prägung nicht dulden. Es muß sich

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Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich.

etwas rühren im Betrieb. Wenn einerseits Vollstreckuugeu untersagt sind, darf andererseits, falls Mittel und Wege zur teilweisen oder vollen Befriedigung der Gläubiger greifbar vorhanden sind, nicht aus Lässig­ keit oder Bequemlichkeit oder Unvernunft oder gar Schikane eine Flüssig­ machung der Warenbestände hintangehalten werden. Das geht jetzt schon deshalb nicht mehr, weil infolge des total veränderten § 66 und seiner ganz kurzen Fristen so rasch wie nur möglich eine etwa mögliche Versilberung zu betreiben ist. Der § 28 a. O. band, wenn selbst nur in gewissem Umfange, der AP. die Hände. Heute hat sie durch den § 28 n. £). freie Hand. Sie wird auch jetzt das Vermögen per Saldo nicht unklug schmälern. Aber sie wird nach und nach erfolgende Befriedigung der vom Verfahren betroffenen Gläubiger als Endzweck der modernen Ge­ schäftsaufsicht ansehen. Was nicht zur Deckung von Gläubigerraten und zur Abwickelung eingegangener Verpflichtungen dient, ist nach wie vor aufzuspeichern, etwa bei einem Bankhause zu hinterlegen, damit bei Durchführung des Zwangsvergleichsverfahrens Mittel parat sind. Die Hat form statt der Sollform beim regelmäßigen Bericht der AP. ist neu. In der Praxis macht diese Änderung nichts aus. Bisher haben die Gerichte bereits diese Äußerung verlangt. Gibt sie die AP. gewissenhaft und nacf) sorgfältigem Nachdenken und Nach­ forschen, so ist der Zweck gewahrt. Gibt sie die AP. pro stylo, so kann ich keinen großen Unterschied in der Hatform erblicken.

Der Ansatz „sowie darüber, ob und inwieweit der Schuldner seine und seiner Familie Lebensführung gemäß der Vorschrift des § 5 einge­ schränkt hat", enthält m. Erachtens auch nichts Epochemachendes. Solche Berichte werden in diesem Betreff ganz gewiß meist mechanisch erstattet. Die. AP. kann dem Schuldner einen guten Rat geben, kann ihn in Form ernster Mahnung verschärfen, kann ihn zu einer Drohung mit Aufhebung der Geschäftsaufsicht verdichten. Aber wie in aller Welt kann z. B. in einer großen Stadt die AP. stets verlässig kontrollieren, ob dies oder jenes Familienmitglied und der Schuldner selbst bescheiden ihr Leben führen? Das „üppige Leben", von dem Levy 1924 S. 19, spricht, kann der Schuldner auch im Verborgenen führen. (Was unter be­ scheidener Lebensführung zu verstehen ist, ist §n § 3 B h meines Kommentars erörtert.) sGegen Schönwandt S. 26 bin ich freilich, falls eine Gesellschaft unter Aufsicht ist, der Meinung, daß auch die großen Salaire der Direktoren und Geschäftsführer, die Lebens­ führung in der Art ber heutigen großstädtischen Bourgeoisie, von der AP. zugunsten der Gläubigerschaft überwacht, zum Gegenstand des Be­ richts gemacht, gewaltig eingeschränkt, und, wo letzteres nicht geschieht, zum Anlaß der Aufhebung der GeschA. genommen werden Tonnen.] Im großen und ganzen halte ich den ganzen neuesten Schlußpassus des § 28 für einen Beschwichtigungsversuch gegenüber den mit dem Institut der GeschA. unzufriedenen gewerblichen Verbänden und Schriftstellern. Heraus kommt wirtschaftlich durch diese Kautel des Berichtes so gut wie nichts, wenn die AP. es noch so ernst meint.

II. Verfahren. §§ 29, 30.

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§ 2S. In Streitfällen über die Verwendung der vorhandenen Mittel und in Streitfällen, die sich aus Anordnungen der Aufsichts­ person zwischen ihr und dem Schuldner ergeben, sowie bei Meinungsverschiedenheiten mehrerer Aufsichtspersonen entscheidet das Gericht. Das Gericht wird gut daran tuen, stets die Autorität der AP. zu stützen. Die heutige Neigung der Parteien zu Disziplinlosigkeit ist be­ kannt. Umso mehr muß alles geschehen, was der Respektlosigkeit der Schuldner vorbeugt und entgegenarbeitet. Ein guter Richter wird übri­ gens sein Prestige nur in Notfällen einsetzen und für gewöhnlich sich in Halbwegs korrekte Anordnungen der AP. nicht einmischen. Subordi­ nation der schuldnerischen Organe gegenüber den Aufsichtsführern (AP. oder Beirat^ nützt der Einrichtung.

§ 30. Das Gericht hat aus der Zahl der Gläubiger oder ihrer Ver­ treter einen Gläubigerbeirat zu bestellen, es sei denn, daß der geringe Umfang der Geschäfte es entbehrlich er­ scheinen läßt. Es kann die Bestellung zum Mitglied des Bei­ rats widerrufen. Die Gläubigerversammlung kann jeder­ zeit eine anderweitige Zusammensetzung des Gläu­ bigerbeirats beschließen; die Mehrheit berechnetsich nach § 25 Abs. 2 Satz 2. Auf die Mitglieder des Beirats sind die Vorschriften des § 24 entsprechend anzuwenden. Hat- statt bisher Kauuvorschrift. Der bisherige Konditional­ satz „wenn der Umfang der Geschäfte es erfordert" ist weggefallen. Dagegen kam der einschränkende Satz: „es sei denn, daß der geringe Umfang der Geschäfte es -entbehrlich erscheinen läßt". Der Gläubiger­ beirat ist obligatorisch, wenn nicht wegen des geringen Umfanges der Ge­ schäfte entbehrlich. M.a. W.: eine weitere Zuziehung der Gläubiger­ schaft unter fast allen Umständen. In de:i Kaufmanns- und Gewerbekreisen faßt man, wie die prak­ tische Beobachtung zeigt, den Zweck, die Pflicht, die Zusammensetzullg des Gläubigerbeirates oft recht verkehrt auf. Einzelne Glänbigergruppen, etwa ein einzelnes, bei einem falliten Bankunternehmen besonders be­ teiligtes Handwerk, meint, besondere Rechte, Anspruch auf eine bestimmte Zahl der Beiratsmitglieder, zu haben, denselben sozusagen ein Jmperativmandat erteilen zu dürfen und können. Diese Auffassung ist ver­ kehrt und verordnungswidrig. Der Gläubigerbeirat handelt in seinem Komplex für die Gläubigerschaft, nicht für einen oder einzelne Gläubiger. Deshalb ernennt ja auch das Gericht den Gläubigerbeirat. Er wird nicht gewählt von den Gläubigern (wenn auch das Gericht sachgeinäße Vorschläge berücksichtigen kann und wird und wenn auch nunmehr mittels

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Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich.

des Satzes 3 des § 30 die Gläubigerversammlung die Zusammensetzung des Gläubigerbeirats vollkommen beeinflußt). Näheres S. 200 und 201 meines Kommentars. — Die AP., welche wohl gewöhnlich bei den Sitzungen des Gläubiger­ beirats anwesend ist, (es pub Ausnahmen denkbar, wenn die Gläubigevbeiratsmitglieder etwa Ungehörigkeiten oder Ungeschicklichkeiten oder Einseitigkeiten der AP. unbeeinflußt zu beraten haben) und wohl ge­ wöhnlich den Vorsitz im Gläubigerbeirat führt, darf die Teilnahme des von einem Mitgliede des Gläubigerbeirats zu dessen Sitzungen zugezo­ genen Rechtsanwalts nicht untersagen. Analog AG. Berlin-Mitte KGBl. 21, 72. Allein es besteht keine Berechtigung des Gläubigers oder der Gläubiger, deren Anwalt oder Vertreter im Beirat sitzt, ohne Erlaubnis der AP. und der Beiratsmitglieder zu erscheinen und sich an den Debat­ ten (oder gar Abstimmungen) des Gläubigerbeirates zu beteiligen. Soweit es sich um kollidierende Interessen insofern handelt, als ein Kontrahieren zwischen dem Schuldner und einem einzelnen Gläubiger in Betracht kommt, scheidet der letztere oder sein Anwalt oder Bevollmäch­ tigter bei der Beratung und Abstimmung im Gläubigerbeirat aus. Besonders zu unterstreichen ist heute, wo nicht mehr sozusagen ein Hilfsdienst für die kriegsteilnehmenden Schuldner oder Gläubiger dem Gläubigerbeirat zugemutet werden kann, die völlige Grundlosigkeit und Ungerechtigkeit der Unentgeltlichkeit der Beiratsarbeit, hinsichtlich deren ich — trotz der amtlichen Begründung — primär pen S. 201 meines Kommentars dargelegte.n Standpunkt aufrecht halte, hilfsweise de lege ferenda unverzügliche gesetzliche Abhilfe für nötig halte. Ich kenne den Fall (eines falliten Bankinstituts), in welchem monatelang allwöchentlich der Gläubigerbeirat im ganzen durchschnittlich sechsstündige Sitzungstütigkeit, überdies beratende Mühewaltung, der tatsächlich und rechtlich verwickeltsten Art zu leisten hatte, ohne hiefür irgendwie entschädigt zu wer­ den. Das kann auf die Dauer vom Gesetzgeber nicht verlangt werden, zumal man niemand zu diesem Amt zwingen kann, somit mit der Zeit wertvolle Berater ihre Mitwirkung versagen werden. — Der neue Satz 3 des § 30, der der Generalversammlung jederzeit in ihrer Mehrheit das Recht anderer Besetzung des Gläubigerbeirats gibt, scheint mir keine glückliche Normierung zu bedeuten. Er hindert die Kontinuität, ermöglicht eine gewisse Willkür und nützt den gemeinsameil Arbeiten der AP. und des Gläubigerbeirats im Effekt wenig. Man hätte geschickter nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes und nur, wenn das Gericht solchen anerkennt, die anderweitige Zusannnensetzüng des Gläubigerbeirats ermöglichen sollen.

§ 31. Die Mitglieder des Beirats haben die Aufsichtsperson in ihren Obliegenheiten zu unterstützen und zu beraten. Sie können sich von dem Gange der Geschäfte unterrichten, die Bücher und Schriften der Aufsichtsperson und des Schuldners einsehen und den Bestand der Kasse untersuchen. Der Beirat ist berechtigt, von der Aufsichtsperson Auskunft über die Lage der Sache und die Geschäftsführung zu verlangen.

II. Verfahren. §§ 31—33.

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Die Rückendeckung kann der AP. nur angenehm sein. Bei einer größeren GeschA. wird der AP. nicht wenig zugemutet. Bei rechtlichen und tatsächlich verwickelteren und verantwortungsvolleren Betreffen zieht daher die AP. klugerweise den Gläubigerberrat zu. Freilich obliegt eigent­ lich der AP. die Hauptarbeit, dem Beirat nur die unterstützende, beratende Sekundantentätigkeit. Die AP. kann auch nicht immer förmliche Sitzun­ gen einberufen, sie kann und darf gelegentlich, mit Rundschreiben, Zet­ teln, Anrufen, der Mitwirkung, Auffassung und Genehmigung des Gläu­ bigerbeirates sich vergewissern.

§ 32. Em Beschluß des Beirats ist gültig, wenn die Mehrheit der Mitglieder an der Beschlußfassung teilgenommen hat und der Beschluß mit absoluter Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefaßt ist. Da die Menschen, die nichts verstehen, und die mißvergnügten Gläu­ biger, die kritisieren, nicht aussterbeu, kann der Beirat bei bedeutsamen Abstimmungen nichts Vernünftigeres tuen, als zu Protokoll die Mehr­ heiten und Minderheiten, vielleicht sogar namentlich, feststellen zu lassen. Hier ist einzuschalten, daß der Verantwortlichkeit und hinterherigen Kontrolle halber sorgfältige Niederschrift der Entschließungen zu emp­ fehlen ist. Das Protokoll kann die AP. oder ein Gläubigerbeirats­ mitglied führen.

4. Zwangsvergleich.

§ 33. Auf Antrag eines Schuldners, der unter Geschäftsaufsicht steht, kann zwischen ihm und seinen Gläubigern ein Zwangs­ vergleich zur Abwendung des Konkurses geschlossen werden. An dem Vergleichsverfahren sind nicht beteiligt Gläubiger, die nach § 13 von dem Verfahren nicht betroffen werden, sowie Gläubiger, deren Ansprüche zum Gegenstände haben: 1. Geldstrafen; 2. die int § 3 Abs. 2 der Konkursordnung bezeichneten Unter­ haltsleistungen, soweit sie für die Zukunft geltend gemacht werden, es sei denn, daß der Schuldner als Erbe des Ver­ pflichteten hastet; 3. Leistungen aus einer Freigebigkeit des Schuldners; 4. die seit der Eröffnung des Vergleichsverfahrens laufenden Zinsen; 5. die Kosten, die durch die Teilnahme an dem Vergleichs­ verfahren erwachsen. Den antragsberechtigten Schuldner vertreten die Gesellschaftsorgane, falls eine Gesellschaft unter Aufsicht ist. Die gemäß § 4 von der Aufsicht Betroffenen nehmen am Vergleich teil.

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Geschäftsaussicht und Zwangsvergleich.

§ 34. Der Vergleich muß allen beteiligten Gläubigern gleiche Rechte gewähren. Eine ungleiche Bestimmung der Rechte ist nur mit ausdrücklicher Einwilligung der zurückgesetzten Gläubiger zulässig. Das Gericht kann jedoch eine ungleiche Bestimmung der Rechte zulassen, wenn die Mehrzahl der zurückgesetzten Gläubiger zu­ stimmt und die Gesamtsumme der Forderungen der zustimmenden Gläubiger wenigstens drei Vierteile der Gesamtsumme der For­ derungen der zurückgesetzten Gläubiger beträgt. Jedes andere Abkommen des Schuldners oder anderer Per­ sonen mit einzelnen Gläubigern, durch das diese bevorzugt werden sollen, ist nichtig. Neuerliche Definitionen des Zwangsvergleiches enthalten: Grabuer, BuchsZ. 48, 198 ff.; Jäger, Der Treuhandszwangsvergleich — IW. 18, 287 f. — (Heute, da nach § 66 eine Aufsicht nur lkürz befristet funktioniert, ist der auch vom RG. 89, 131 als zulässig bestätigte Treu­ handszwangsvergleich ganz g'ewiß eine praktische Einrichtung, um den Gläubigern, nach formeller A ufh e b un g der G e s ch ü f t s a u f s i ch t, die später b e i t r e i b b a r e n Mittel z u z u führen). Weitere Definitoneu und Erläuterungen des Zwangsvergleichs: München 30. Dez. 1918. Seuff. Arch. 74, 205; RG. 77, 404, LZ. ill, 556; Dittrich, DIZ. 19, 171; Levis LZ. 19, 86, 136, 182. — Die Abhebung des Teiles einer Forderung an einem vom Ver­ fahren betroffenen Gläubiger enthält auch dann eine Bevorzugung, wenn die Forderung bereits einmal vor Aufsichtsverhängung abgetreten, daun aber an den beaufsichtigten Schuldner zurückübertragen war. Analog: Marienwerder 10. April 1919 LZ. 19, 1924.

§ 35. Der Vergleich kann auf Erlaß oder Stundung oder beides gerichtet sein. Im übrigen darf er nur Bestimmungen enthalten, die der Sicherung seiner Durchführung dienen. Ist der Schuldner eine eingetragene Genossenschaft, so darf der Vergleich uur auf Stundung, allein oder in Verbindung mit einem Erlasse von Zinsen für die Dauer der Stundung gerichtet sein. Eine Bestimmung zur Durchführung der Sicherung des außerkoukurslichen Vergleichs kann — wenn etwa ein Treuhänder die endgültige Realisierung durchführt — auch die sein, daß trotz Bestätigung des Ver­ gleiches der bisher beaufsichtigte Schuldner beaufsichtigt bleibt, damit nicht die Beitreibung von ihm gefährdet wird. S. m. Anm. zu § 34!

§ 36. Die Vorschriften der §§ 64 bis 66, 68 bis 70 der Konkurs­ ordnung sind entsprechend anzuwenden.

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II. Verfahren. §§ 34—40.

Ein Absonderungsanspruch kann auch an solchen Gegenständen be­ stehen, die dem Schuldner nur als Treugut überlassen sind. Ebenso kann ein vom beaufsichtigten Schuldner einem anderen übergebenes Treugut wirtschaftlich zum Vermögen des beaufsichtigten Schuldners gehören und als Bestandteil der Masse anzusehen sein, so daß § 64 KO. anzuwenden ist. — RG. 10. Okt. 1917, 91, 15. DIZ. 18, 189. § 68 KO. ist mindestens entsprechend anzuwenden auf diejenigen Fälle, in denen die Forderung durch ein von dritter Seite bestelltes Pfand gesichert ist.

§ 37. Zum Abschluß des. Vergleichs ist erforderlich, daß 1. die Mehrzahl der beteiligten Gläubiger dem Vergleiche zustimmt, 2. die Gesamtsumme der Forderungen der zustimmenden Gläu­ biger wenigstens drei Vierteile der Gesamtsumme der For­ derungen der beteiligten Gläubiger beträgt. Diese qualifizierten Mehrheiten haben die §§ 16, 25, 30 für die dort vorgesehene Mitwirkung der Gläubigerschaft n. F. ausgemerzt.

§ 38. Soll der Vergleich nur auf Stundung bis zur Dauer von längstens einem Jahr nach der Bestätigung allein oder in Ver­ bindung mit einem Erlasse von Zinsen für die Dauer der Stun­ dung gehen, so genügt es, wenn die nach § 37 Nr. 2 erforderliche Gesamtsumme wenigstens die Hälfte der Gesamtsumme der For­ derungen der beteiligten Gläubiger beträgt. Diese einfache Mehrheit, die freilich, wie Schönwandt S. 33 be­ tont, in krisenhaften Zeiten nicht ungefährlich ist, erweist sich angesichts der engen Fristen des § 66 n. F. als unter Umständen sehr wohltätig.

§ 39. Bei der Berechnung der Mehrheiten bleiben die Gläubiger, deren Rechte durch den Vergleich nicht beeinträchtigt werden, außer Betracht. Wer keinen Abbruch stimmung.

erleidet, hat auch keinen Zutritt zur Ab­

§ 40. Bei der Berechnung der Mehrheiten bleibt der Ehegatte des Schuldners außer Betracht, wenn er dem Vergleiche zugestimmt hat. Das gleiche gilt von demjenigen, dem der Ehegatte des Schuldners während der Dauer der Geschäftsaufsicht oder in dem letzten Jahre vorher eine Forderung gegen den Schuldner abgetreten hat, soweit das Stimmrecht auf der abgetretenen Forderung Cahn, Geschäftsaufsicht, Nachtrag.

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Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich.

beruht. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn der Ehe­ gatte zu der Abtretung durch das Gesetz oder durch einen Ver­ trag verpflichtet war, der früher als ein Jahr vor der Anord­ nung der Geschäftsaufsicht geschlossen wurde. Diese Ausschaltung des Gatten und Zessionars ist auch beim § 66 n. F. anwendbar.

§ 41. Mit dem Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens hat der Schuldner vorzulegen: 1. einen bestimmten Vergleichsvorschlag (§§ 34, 35) mit der Angabe, in welcher Weise die Befriedigung der Gläubiger erfolgen sowie und ob in welcher Art ihnen Sicherheit geleistet werden soll, 2. die schriftlichen Erklärungen der zum Abschluß des Ver­ gleichs nach Zahl und Forderungssumme erforderlichen Mehrheit von Gläubigern (§§ 37 bis 40), daß sie der Eröffnung des Vergleichsverfahrens auf der Grundlage des Vorschlags des Schuldners zustimmen, 3. eine den Vorschriften des § 20 entsprechende Aufstellung über die Vermögenslage zur Zeit des Antrags (Vermögens­ verzeichnis) ; das Vermögensverzeichnis soll nach Möglichkeit glaubhaft gemacht werden. Zur Nachholung fehlender Erfordernisse kann das Gericht dem Schuldner vor der Entscheidung über den Antrag eine Frist bewilligen. Es kann zulassen, daß an Stelle eines neuen Ver­ mögensverzeichnisses ein Nachtrag zu der mit dem Antrag auf Anordnung der Geschäftsaufsicht eingereichten Aufstellung vor­ gelegt wird. Die Belege sind nunmehr prompt und komplett vorzulegen, bei Meidung der Gefahren des § 66 n. F.

§ 42. Vor der Entscheidung über den Antrag soll die Aufsichts­ person und, wenn ein Gläubigerbeirat bestellt ist, auch dieser gehört werden. Der Antrag ist zurückzuweisen: 1. wenn Tatsachen vorliegen, welche die Vertrauenswürdigkeit des Schuldners in Frage stellen; 2. wenn den Erfordernissen des § 41 nicht genügt ist.

II. Verfahren. §§ 41—45.

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Gegen den Beschluß, durch den der Antrag zurückgewiesen wird, steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. Keine weitere Beschwerde nach § 19 n, F.

§ 43. Bei der Entscheidung der Frage, ob die nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 zur Eröffnung des Vergleichsverfahrens erforderlichen Zustimmungserklärungen vorliegen, sind die Gläubiger bestrittener Forderungen, soweit nicht das Bestreiten offenbar unbegründet ist, und die Gläubiger aufschiebend bedingter Forderungen nicht mitzuzählen; Gläubiger, die abgesonderte Befriedigung beanspruchen können, sind zu dem Betrage mitzuzählen, zu dem sie nach der Angabe im Vermögensverzeichnisse mutmaßlich ausfallen werden. Diese Fragen muß die AP., der Beirat und das Gericht scharf unter die Lupe nehmen. Denn durch Umtriebe kann der oder jener Gläubiger, die oder jene Mehrheit, des Zustimmungsrechts teilhaftig oder verlustig werden. Hier gilt es, durch Geschäftsbücher, Schreib­ werk, Briefwechsel, Auskunftspersouen raschest Klarheit schaffen. Denn infolge der jetzigen engen Fristen des § 66 eilt die Entscheidung.

§ 44. Gibt das Gericht dem Antrag statt, so bestimmt es einen nicht über einen Monat hinauszusetzenden Vergleichstermin. Der Beschluß ist dem Schuldner, der Aufsichtsperson und allen Gläubigern, auch den im § 33 Abs. 2 bezeichneten, zuzu­ stellen. Den beteiligten Gläubigern ist mit dem Beschlusse der Vergleichsvorschlag des Schuldners mitzuteilen. Logischerweise hätte nach der neuen Fassung Veröffentlichung vor­ geschrieben werden müssen. Sie ist nicht obligatorisch, aber fakultativ zu­ lässig, oft sogar sehr rätlich. Nach den neuen Vorschriften des § 66 ist tunlichst baldige Termin­ anberaumung anzuraten.

§ 45. Die Aufsichtsperson soll vor dem Vergleichstermine, soweit es erforderlich erscheint, mit den Gläubigern verhandeln, insbe­ sondere mit den beteiligten Gläubigern, die der Eröffnung des Vergleichsverfahrens noch nicht zugestimmt haben oder deren Forderungen bestritten sind. Naturgemäß wird der Gläubigerbeirat die AP. bei dieser ver­ gleichsfördernden Mühewaltung unterstützen.

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Geschästsaufsicht und Zwangsvergleich.

§ 46. In dem Vergleichstermine wird das Stimmrecht der Forde­ rungen, soweit es bestritten wird, festgestellt und über den Ver­ gleichsvorschlag verhandelt und abgestimmt. Der Vergleichstermin ist normalerweise längst vorbereitet und das Stimmenverhältnis längst erörtert, so daß im Termin selbst eigentlich mehr einer Form genügt wird. Das Gericht kann den Termin nicht im Wege der Rechtshilfe (Requisition) durch ein anderes Gericht abhalten lassen. München 4. Mai 1920. Bayer. Rpfl. Z. 20, 213. ROLG. 42, 76. Recht 22 Nr. 1449.

K 47. Die Forderungen der beteiligten Gläubiger werden an der Hand des Verzeichnisses erörtert, der Schuldner hat sich darüber zu erklären. Soweit gegen eine Forderung weder von dem Schuldner noch von einem beteiligten Gläubiger noch von einer Aufsichts­ person Widerspruch erhoben wird, gilt sie als stimmberechtigt. Soweit widersprochen wird, ist zu erörtern, ob und zu welchem Betrag ein Stimmrecht gewährt wird. In Ermangelung einer Einigung nimmt der Gläubiger, dessen Stimmrecht streitig ist, zunächst an der Abstimmung teil. Stellt sich heraus, daß es für das Ergebnis der Abstimmung auf die bestrittene Stimme an­ kommt, so entscheidet das Gericht; die Wirkung der Entscheidung beschränkt sich auf die Frage des Stimmrechts. In gleicher Weise entscheidet das Gericht, ob und zu welchem Betrage Forderungen, für die abgesonderte Befriedigung bean­ sprucht wird, in Ansehung des mutmaßlichen Ausfalles, sowie Forderungen unter aufschiebender Bedingung zum Stimmen be­ rechtigen. Der Gerichtsschreiber hat nach der Erörterung einer jeden Forderung das Ergebnis in das Verzeichnis der Gläubiger einzu­ tragen. Soweit gegen eine Forderung weder von dem Schuldner noch von einem beteiligten Gläubiger noch von einer Aufsichts­ person Widerspruch erhoben wird, ist zu vermerken, daß die For­ derung anerkannt ist. Die Anerkennung einer Forderung zum Verzeichnis wirkt auch über die Geschäftsaufsicht hinaus gegen den Gläubiger und gegen den beaufsichtigten Schuldner. Analog: RG. 21. Juni 1918: 93, 209 ff. Die Eintragung der Anerkennung in das Verzeichnis ist rechtswirk­ sam, auch wenn bei der Anerkennung und den Vorarbeiten übersehen wurde, daß die Forderung nicht vor Gericht geltend gemacht werden darf. Stuttgart 22. Febr. 1918. R. 18. Nr. 321.

II. Verfahren. §§ 46—50.

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Dadurch, daß etwa der Schuldner oder die AP. oder der Beirat oder die Gläubigerschaft als solche in dem Termine bei Anerkennung einer Forderung sich geirrt haben, kann die Rechtskraftordnung des Ver­ zeichnisses nicht in Frage gestellt werden. Analog: RG. 5. Februar 1918. LZ. 18, 859. Für die Auslegung der Eintragung in das Verzeichnis ist der In­ halt der Anmeldung maßgebend* Rechtsähnlich: KG. 25. Nov. 1921. ROLG. 42, 76. Auch für spätere Rechtsstreitigkeiten nach Beendigung des Aufsichtsverfahrens gilt die Rechtskraft -er Anerkennung. RG. VI. 4. April 1921, 512/20, IW. 21, 1363.

§ 48. Soweit das Vermögen des Schuldners nicht zu der den Gläubigern angebotenen Befriedigung oder Sicherung ausreicht, hat der Schuldner glaubhaft zu machen, daß die Erfüllung des vorgeschlagenen Vergleiches hinreichend gesichert ist. Auch der Anteil für aufschiebend bedingte Forderungen ist sicherzustellen, es sei denn, daß die Möglichkeit des Eintritts der Bedingung so entfernt ist, daß die Forderung einen gegenwärtigen Vermögenswert nicht hat. Ob der Anteil für bestrittene For­ derungen sicherzustellen ist, bestimmt das Gericht. Bei der Prüfung der Frage, ob das Vermögen ausreicht, sind die An­ sprüche der nicht beteiligten Gläubiger mit Ausnahme der im § 33 Abs. 2 Nr. 5 bezeichneten mit zu berücksichtigen. Gar so verantwortungsvoll wie früher sind die Normen des § 48 nicht mehr, weil in der nunmehrigen Publikation eine gewisse Sicher­ heit dafür liegt, daß das Gericht, die AP. und die Gläubigerschast nicht hinürherige Überraschungen erfährt. Der Schuldner hat aber immerhin glaubhaft zu machen, daß ihm Hilfe von anderer Seite kommt. Die bestrittene Forderung wird nicht sichergestellt, wohl aber bei der Kalkulation der Quote berücksichtigt.

§ 49. Die Aufsichtsperson hat in dem Termin über die Sachlage zu berichten und sich darüber zu äußern, ob sie den Vergleich und die für die Erfüllung angebotenen Sicherheiten für ange­ messen erachtet. Im Hinblick auf die 3 Monats-Vorschr. des neuen § 66 Absatz 3 Satz 3 bedeutsam.

§ 50. Das Gericht kann von dem Schuldner die Leistung eines Eides dahin verlangen,

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Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich.

daß er nach bestem Wissen sein Vermögen und seine Gläubiger so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei. Soweit erforderlich, hat der Schuldner die Vermögens­ aufstellung und das Gläubigerverzeichnis zu ergänzen. Die Vor­ schriften der .§§ 899 bis 915 der Zivilprozeßordnung finden auf den Eid keine Anwendung. Von der Abnahme des Eides ist abzusehen, wenn anzunehmen ist, daß es auch im Falle der Eidesleistung zur Einstellung des Vergleichsverfahrens oder zur Verwerfung des Vergleiches kommen wird. Nach der ratio der n. V. vorn 14. Juni 1924 ist der Eid', wenn irgend welche Zweifel bestehen, kaum mehr zu entbehren. Der Eid deckt die AP., den Beirat und das Aufsichtsgericht.

8 51. Die Zustimmung zu dem Vergleichsvorschlage kann auch durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Gericht erfolgen. Die schriftliche Erklärung eines Gläubigers, daß er der Eröffnung des Vergleichsverfahrens auf der Grundlage des Ver­ gleichsvorschlages zustimmt, gilt als Zustimmung zu dem Ver­ gleichsvorschlage, wenn der Gläubiger in dem Termine nicht er­ schienen ist und die Erklärung bis zu dem Termine nicht wider­ rufen hat. Da nach der neuen VO. vom 14. Juni 1924 und den Grundregeln der ZPO. RGBl. Teil I Nr. 36, 1924 alles Bureaukratische und Ver­ zögernde auszumerzen ist, kann, zumal, wenn es sich um beschäftigte oder auswärtige Geschäftsleute dreht, jedes formlose, schriftliche Blatt mit Zustimmung die mündliche Zustimmung ersetzen. Weinberg sagt (1924 S. 80) mit Recht, die Vorschrift des § 51 gehöre heutzutage de lege ferenda auch in die Vorschriften über den konkurslichen Zwangsvergleich.

§ 52. Hält das Gericht oder die Mehrheit der erschienenen stimm­ berechtigten Gläubiger eine Vertagung zum Zwecke weiterer Ver­ handlungen oder Ermittelungen oder behufs Stellungnahme zu einer Änderung des Vergleichsvorschlages für erforderlich, so ist ein neuer, nicht über einen Monat hinausgehender Termin zur Fortsetzung der Verhandlung anzuberaumen. Im übrigen ist eine Vertagung nur zulässig, wenn sie aus besonderen Gründen geboten erscheint. Für gewöhnlich ist nach der Sachlage des jetzigen § 66 ein Monat Bertagungszeit viel zu lang und inopportun.

II. Verfahren. §§ 51-55.

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§ 53. Der angenommene Zwangsvergleich bedarf der Bestätigung des Gerichts. Das Gericht entscheidet, nachdem es die Gläubiger, den Schuldner, die Aufsichtsperson und den Gläubigerbeirat in den Vergleichstermin oder einem zu verkündenden Termine gehört hat. Der Vergleichsvorschlag ist zunächst gemäß § 37 anzunehmen. Hier­ auf sind Gläubigerschaft, Schuldner, AP. und Beirat zu hören. Erst dann ist über Bestätigung oder Verwerfung zu entscheiden.

§ 54. 1.

2.

3.

4.

5.

Der Vergleich ist zu verwerfen: wenn die für das Verfahren und den Abschluß des Ver­ gleiches gegebenen Vorschriften in einem wesentlichen Punkte nicht beobachtet sind und das Fehlende nicht ergänzt werden kann; wenn der Schuldner in dem Verfahren in erheblichem Maße seine Pflichten verletzt oder den Interessen der Gläubiger zuwidergehandelt hat; wenn die Vermögenslage des Schuldners so verworren ist, daß sie ein Urteil über den Vergleich ohne zeitraubende Ermittelungen nicht ermöglicht; wenn der Vergleich durch Begünstigung eines Gläubigers oder sonst in unlauterer Weise zustande gebracht ist; wenn der Vergleich dem gemeinsamen Interesse der betei­ ligten Gläubiger widerspricht.

Da nach nunmehrigem Recht schon der § 1 die Ablehnung des Aufsichtsantrages ermöglicht, wenn das bisherige Verhalten des Schuld­ ners die Besorgnis begründet, daß er während der Dauer der GeschA. den Interessen der Gläubiger zuwiderhandeln werde (vgl. den nämlichen Wortlaut, wie § 54, Satz 2), so ist eine gewisse Läuterung durch die anfängliche Ablehnungsmöglichkeit dem Gericht schon vor der Prüfung der Vergleichsbestätigung gegeben.

§ 55. Der Vergleich ist zu verwerfen, wenn er den Gläubigern nicht mindestens den fünften Teil ihrer Forderungen gewährt und dieses Ergebnis auf ein unredliches Verhalten des Schuld­ ners zurückzuführen ist. Der Vergleich kann verworfen werden, wenn das gleiche Ergebnis auf ein leichtsinniges Verhalten des Schuldners zurückzuführen ist. Die vielfach verbreitete Ansicht, es müßten mindestens 21«/o einfür alle Male geboten werden, ist falsch. Nur wenn Illoyalität oder

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Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich.

Leichtfertigkeit vorliegt, existieren a) die Ist-, b) die Kann-Vorschrift. Streng logisch hätte infolge der Veränderung des § 2, Satz 2, 2. Abs., weil jetzt Leichtsinn mit der Unredlichkeit koordiniert ist, die KannVorschrift des § 55 letzter Satz in eine Ist-Vorschrift verwandelt wer­ den müssen.

§ 56. Nimmt der Schuldner den Vergleichsvorschlag zurück, so hat das Gericht das Vergleichsverfahren einzustellen. DieZurücknahme ist nur bis zur Annahme des Vergleiches zulässig. Dann tritt der Zustand vor dem Vergleich ein, mit allen Rechts­ folgen.

§ 57. Das Gericht kann bis zur Annahme des Vergleiches das Vergleichsverfahren einstellen, wenn ihm der Verdacht begründet erscheint, daß der Schuldner in erheblichem Maße seine Pflichten verletzt oder den Interessen der Gläubiger zuwiderhandelt, oder wenn mit Bestimmtheit anzunehmen ist, daß es zu einem Vergleichsabschlusse nicht kommen wird. Das Vergleichsverfahren ist einzustellen, wenn die zur An­ nahme des Vergleiches erforderlichen Mehrheiten ihm in dem Vergleichstermine nicht zugestimmt haben oder der Schuldner die Leistung des ihm nach § 50 auferlegten Eides verweigert hat. Von der Kann-Vorschrift des § 57 wird heute weniger leicht das Gericht Gebrauch machen. §§ 1, 16, 18, 22, 28 der Fassung vom 14. Juni 1924 sorgen ja schon vorher dafür, daiß ein gewisser Reinigungsprozeß vor Vergleichseinreichung erfolgt.

§ 58. In dem Beschlusse, durch den Vergleich verworfen oder das Vergleichsverfahren eingestellt wird, hat das Gericht von Amts wegen zugleich über die Aufhebung oder Fortdauer der Geschäfts­ aufsicht zu beschließen. Heute besonders vonnöten, da die ratio legis, ausgedrückt im neuen § 66, unnötige, zwecklos sich hinziehende, Aufsichten ausgeschaltet haben will.

§ 59. Der Beschluß, durch den der Vergleich bestätigt oder ver­ worfen wird, ist zu verkünden; der Beschluß, durch den das Vergleichsverfahren eingestellt wird, ist dem Schuldner, der Auf­ sichtsperson und allen Gläubigern zuzustellen.

II. Verfahren.

§§ 56— 60.

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Gegen den Beschluß, durch den der Vergleich bestätigt oder verworfen wird, steht dem Schuldner und jedem beteiligten Gläubi­ ger, der stimmberechtigt war oder seine Forderungen glaubhaft macht, die sofortige Beschwerde zu; die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung des Beschlusses. Gegen den Beschluß, durch den das Vergleichsverfahren eingestellt wird, steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. Die Beschlüsse werden erst mit der Rechtskraft wirksam. Nach § 19 VO. 14. Juni 1924 findet eine weitere Beschwerde in kein ein Fall statt. S. hiezu oben § 19. So bereits OLG. Bamberg IW. 1918, 144; OLG. Cöln 1. ZS. Beschlnst 12. Nov. 1917, 1 W 108/17, IW. 1918 S. 187; OLG. Cöln 14. Okt. 1921, 4 W 84/21, IW. 1922, S. 505; Düsseldorf 14. Nov. 1921, 4 W 72, 21, IW. 1922, S. 511; Recht 22 Nr. 870; Naumburg 1. Dez. 1921, LZ. 22, 137; Zweigert S. 55; Klimmer S. 91; Bovensiepen S. 75; Kallir, Gruchot 61, 357, IW. 1918 S. 187; Levy a. F. S. 26; Cahn Komm. S. 173 u. IW. 1918, 144; gegen Jaeger, Son­ derabdruck S. 74 und IW. 1917, 919, auch Klien S. 63 und zum Teil KG. 22. Mai 1922 KGBl. 22, 109.

§ 60. Der rechtskräftig bestätigte Vergleich ist wirksam für und gegen alle beteiligten Gläubiger, auch wenn sie in dem Verfahren Erklärungen nicht abgegeben oder gegen den Vergleich gestimmt haben. Unberührt bleiben die Ansprüche der Gläubiger, die in den von dem Schuldner vorgelegten Verzeichnissen nicht auf­ geführt sind. Die Rechte der Gläubiger gegen Mitschuldner und Bürgen des Schuldners sowie die Rechte aus einem für die Forderung bestehenden Pfandrecht, aus einer für sie bestehenden Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder aus einer zu ihrer Sicherung eingetragenen Vormerkung werden durch den Vergleich nicht berührt. Zwischen rechtskräftiger Bestätigung des Zwangsvergleiches und der Aufhebung der GeschA. kann der bisher beaufsichtigte Schuldner nicht Verbindlichkeiten für die Aufsichtsmasse begründen, wenn die AP. gem. §2 sich selbst als Geschäftsführer bestellt und die Verbindlichkeiten nicht gebilligt hat. Wohl aber kann der Schuldner beding! eine Verbindlich­ keit begründen, für den Fall der Wiedererlangung der uneingeschränkten Verfügungsfreiheit. Dresden 12. April 1919. Sächs. OLG. 40, 143. Jaeger sagt (S. 113 des Sonderabdrucks): „Solche Gläubiger, die von Rechts wegen zu den Vergleichsgläubigern zählen, aber in den von dem Schuldner vorgelegten Verzeichnissen nicht aufgeführt sind, Meißen vom Vergleiche, von seinen Nachteilen und seinen Vorteilen unberührt (§ 60 Abs. 1 Satz 2). Diese eigenartige Ausnahme hat ihren

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Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich.

Grund im Mangel eines öffentlichen Gläubige ra ufru f s. . Ter Verzicht auf die Öffentlichkeit des Verfahrens erlveist sich als ein Fehlgriff. S. LZ. 1917, 582 f." — Wenn ich unterstelle, — die amtliche Begründung zu § 60 schweigt hierüber — daß die Annahme Jae­ gers (auch Weinbergs, 1924, S. 86 und Levys, 1924, S. 32), daß die Bestimmung des § 60 Absatz 1 Satz 2 durch die Heimlichkeitsklauset deS bisherigen § 18 Abs. 1 veranlaßt war, zutrifft, hätte durch die diese Klausel beseitigende VO. vom 14. Juni 1924 au n der § 60 Abs. 1 Satz 2 beseitigt, mindestens umredigiert werden müssen. — Trotz des Teilerlasses der Hauptschuld haften die Bürgen den Gläu­ bigern in vollem Umfange weiter. Diese Bestimmung, die an und für si dh mit den. Bürgschaftsgründen der §§ 765 ff. BGB. im Wider­ spruch steht, ist eine Sondervorschrift des Zwangsvergleichsverfahrens, nicht ausdehnbar auf freiwillige Vergleiche (Arrangements) öder Teil­ erlasse. RG. 90, 415, IW. 13, 597; IW. 16, 398; RG. 30. April 1919, Bay. Rechtspsl. 19, 281, LZ. 19, 1234, Warn. E. 19, 257.

§ 61. Aus dem rechtskräftig bestätigten Zwangsvergleich in Ver­ bindung mit einem Auszug aus dem Gläubigerverzeichnis oder seinen Nachträgen findet wegen der darin als anerkannt vermerkten Forderungen beteiligter Gläubiger gegen den Schuldner und die Personen, die in dem Vergleiche für dessen Erfüllung neben dem Schuldner ohne Vorbehalt der Einrede der Vorausklage Ver­ pflichtungen übernommen haben, die Zwangsvollstreckung unter entsprechender Anwendung der §§ 721 bis 793 der Zivilprozeß­ ordnung und des § 164 Abs. 3 der Konkursordnung statt. Die Gläubiger der bestrittenen Guthaben sind auf den gerichtlichen Klageweg verwiesen. — Erlangt der vom Verfahren betroffene, am Zwangsvergleich be­ teiligte Gläubiger vor der endgültigen Verteilung der Dividende Teil­ befriedigung aus fremdem Pfande, so bleibt seine Zwangsvergleichsforde­ rung in der vollen früheren Höhe dividendenberechtigt. Maßgebend ist der Bestand und die Höhe der Forderung zur Zeit der Aufsichtsverhängung. Rechtsähnlich: Kassel 16. Mai 1919, R. 20 Nr. 3235, Seuff Arch. 75, 248, vgl. RG. 59, 372 gegen Jäger KO. I 881, 564. — Allein durch den Beweis, daß der Wert eines Pfandgegenstandes eine gewisse Höhe nicht überschreitet, was durch eine darauf gegründete Vermutung, daß bet Veräußerung des Pfandes ein Ausfall zu einem gewissen Betrage eintreten werde, kann das Erfordernis des Nachweises eines wirklichen Ausfalles nicht ersetzt werden. RG. 9. Februar 1918, RG. 92, 181. Recht 18, Nr. 601.

§ 62. Gegen die Gläubiger der im § 33 Abs. 2 Nr. 3 bezeichneten Ansprüche ist der durch den Vergleich begründende Erlaß oder

II. Verfahren. §§ 61—65.

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die durch ihn gewährte Stundung wirksam. Die im § 33 Abs. 2 Nr. 5 bezeichneten Ansprüche gelten im Falle rechtskräftiger Be­ stätigung des Vergleiches als erlassen. Sehr wohl kann aber die Gläubigerschaft sich ausbedingen, daß die Ansprüche gemäß § 33 Abs. 2 Nr. 5 nicht als erlassen gelten sollen.

§ 63. Eine Klage auf Aufhebung des Vergleiches wegen Nicht­ erfüllung findet nicht statt. Da vertraglich eine kassatorische Klausel vereinbart werden kann, ist bei der heutigen Krise, wenn Skrupel wegen der Vergleichserfüllung bestehen, solche sehr zu empfehlen.

§ 64. Unbeschadet der durch den Vergleich gewährten Rechte kann jeder beteiligte Gläubiger den vergleichsmäßigen Erlaß oder die vergleichsmäßige Stundung seiner Forderung anfechten, 1. wenn der Vergleich durch Betrug zustande gebracht ist, 2. wenn durch die Geltendmachung des Anspruchs eines nach § 60 Abs. 1 Satz 2 durch den Vergleich nicht betroffenen Gläubigers die Rechte der durch den Vergleich betroffenen Gläubiger gefährdet werden. Im Falle der Nr. 1 ist die Anfechtung nur zulässig, wenn der Gläubiger ohne Verschulden außerstande war, den An­ fechtungsgrund in dem Verfahren über den Zwangsvergleich geltend zu machen. Jeder beteiligte Gläubiger kann den Erlaß oder die Stundung anfechten, wenn durch die Geltendmachung des Anspruchs eines nach § 60 Abs. 1 Satz 2 durch den Vergleich nicht betroffenen, d. h. eines in den schuldnerischen Verzeichnissen nicht aufgeführten, Gläubigers (dessen Rechte folglich unberührt bleiben) die Rechte der durch einen Vergleich betrof­ fenen Gläubiger gefährdet werden. Über den Zusammenhang zwischen der (null durch die VO- vom 14. Juni 1924 gestrichenen) Heimlichkeitsklausel des § 18 Abs. 1 mit § 60 Abs. 1 Satz 2 und § 64, 2. Abs., Nr. 2 f. meine Anm. zu § 18 und vor allem zu § 60 oben.

§ 65. Die rechtskräftige Verurteilung des Schuldners wegen betrüglichen Bankerotts oder wegen vorsätzlicher Verletzung der Eides­ pflicht bei Leistung des ihm nach § 15 auferlegten Eides hebt für alle Gläubiger den durch den Vergleich begründeten Erlaß und die durch ihn gewährte Stundung auf, unbeschadet der ihnen durch den Vergleich gewährten Rechte.

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Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich

Wenn schon in der Schonungszeit (während des Krieges) der Schuldner der Zwangsvergleichsprivilegien verlustig ging, falls er eines der zwei Reate des § 65 sich schuldig machte, wieviel mehr heute, wo die Belege der Gläubiger prinzipiell vorangehen. Da die Gesellschaft „auch das Verschulden gesetzlicher oder gewillkürter Vertreter (§14 AufsVO. mit 232 Abf.2ZPO.) büßt", wie sich Jäger S. 119 des Sonderdrucks zu § 64 ausdrückt, (während Jaeger zu § 65 diese Frage S. 120 nicht ausdrücklich erörtert), so verbleibt es bei dem, was ich S. 291 m. Komm, zu § 65 ausgeführt habe: „Wird der einzelne Erbe oder Mit­ erbe bei der GeschA. über einen Nachlaß verurteilt (§ 73), so tritt die Wirkung des § 65 ein. Das Nämliche gilt von dem Gewalthaber, Vormund, Geschäftsführer, Vorstand, Liquidator." Das wirkt, wie heute die Dinge liegen, unter Umständen hart -für die übrigen Gesellschafts­ organe, für die nicht geschäftsführenden Gesellschafter, unschuldigen Vor­ standsmitglieder, Aktionäre. Allein hier heißt es: fiat iustitia. Wo krumme Sachen höherer Art (qualifizierter Bankerott Und Vergleichs­ meineid) vorliegen, kann man auch nicht den unverantwortlichen Organen zuliebe eine Ausnahme machen. Mögen eben die verantwortlichen Organe richtig und rechtzeitig überwacht werden!

5. Beendigung des Verfahrens.

§ 66. Die Geschäftsaufsicht ist aufzuheben, wenn der Schuldner es beantragt oder wenn ein wichtiger Grund für die Aufhebung vorliegt. Als ein wichtiger Grund ist es namentlich anzusehen, 1. wenn der Schuldner in erheblichem Maße seine Pflichten verletzt oder den Interessen der Gläubiger zuwiderhandelt; 2. wenn sich ergibt, daß die Voraussetzungen für die Anordnung der Geschäftsaufsicht nicht vor­ handen waren oder wenn die Voraussetzungen für die Anordnung der Geschäftsaufsicht nachträglich wegg es allen sind. Die Geschäftsaufsicht ist ferner aufzuheben, 1. wenn sich in einer Gläubigerversammlung die Mehrzahl der im Sinne der Vorschriften über den ZwangsvergleichbeteiligtenGläubiger gegen dieFortdauer des Verfahrens erklärt; die For­ derungen der Mehrzahl müssen bei entsprechen­ der Anwendung der §§ 40, 46 unb be§ ß 47 Abs. I bis 3 wenigstens die Hälfte der Gesamtsumme der Forderungen der beteiligten Gläubiger betragen;

2. wenn der Schuldner nicht bis zum Ablauf der Frist von einem Monat seit der Anordnung einen den Erfordernissen des § 41 Abs. 1 genügenden Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens einreicht. Die Frist kann auf Antrag des Schuld­ ners verlängert werden, wenn er nachweist, daß die Mehrzahl der im Sinne der Vorschriften über den Zwangsvergleich beteiligtenGläubiger der Verlängerung zustimmt; die Forderungen der zustimmenden Gläubiger müssen nach der unter entsprechender Anwendung der §§ 40, 43 erfolgenden Schätzung des Gerichts wenigstens die Hälfte der Gesamtsumme der Forderungen der beteiligten Gläubiger betragen; 3. wenn drei Monate seit der Anordnung verstrichen sind; ist vorher ein Zwangsvergleich bestätigt worden, so endet die Frist nicht vor Rechtskraft der Entscheidung über den Zwangsvergleich. Die Frist kann auf Antrag des Schuldners verlängert werden, wenn er nachweist, daß drei Vierteile der im Sinne der Vorschriften über denZwangsvergleich beteiligten Gläubiger der Verlänge­ rung zustimmen; die Forderungen der zustimmen­ den Gläubiger müssen nach der unter entsprechen­ der Anwendung der §§ 40, 43 erfolgenden Schätzung des Gerichts wenigstens drei Vierteile der Gesamtsumme der Forderungen der beteilig­ ten Gläubiger betragen. Im neuen § 66 sind die wichtigsten .Schntzmaßregeln gegen den Mißbrauch der Geschäftsaufsicht verankert. Noch am 28. Sept. 1920 hatte der VII. Zivilsenat des NG. (Bd. 100 S. 68) "geschrieben: „Bei der österr. AusgleichsO. handelt es sich um ein kurzes Verfahren van regel­ mäßig höchstens neunzigtägiger Dauer. Bei uns dagegen kann das Ver­ fahren viele Jahre dauern, es hat wesentlich auch den Zweck, die Mittel zu erwerben, um alle alten Verbindlichkeiten voll abzustoßen. Bei uns wird also ein umfangreicher Geschäftsbetrieb während des Verfahrens die Regel, in Österreich wird er die seltene Ausnahme bilden." Dieser für den Krieg und die nächste Zeit nach ihm tragbare Zustand soll nun gründliche und grundlegende Änderung erfahren. Bei komplizier­ ten und langwierigen Ganten soll die Regel der Kon­ kurs, die Ausnahme die Geschäftsaufsi chL, sein. Nur in aller Bälde regelbare Ganten sollen noch die Bequem­ lichkeit der Geschäftsaufsicht genießen.

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Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich.

Es bleibt zunächst beim § 66 Abs. 2 Nr. 1: als ein wichtiger Grund für die Aufhebung ist es namentlich anzusehen, wenn der Schuldner in erheblichem Maße seine Pflichten verletzt oder den Interessen der Gläu­ biger zuwiderhandelt. Ich verweise auf Seite 293 ff. meines Komm. Die neue Nr. 2 des 2. Abs. bedeutet eigentlich nur eine redak­ tionelle Verdeutlichung. Bisher hieß es: als ein wichtiger Grund für die Aufhebung ist es namentlich anzusehen, wenn die Voraussetzungen für die Anordung der Geschäftsaufsicht nachträglich weggefallen sind. Jetzt heißt es überdies: wenn sich ergibt, daß die Voraussetzungen für die Anordnung der Geschäftsaufsicht nicht vorhanden waren. Man hat schon bisher, extensiv interpretierend,, die zwei Fälle als Grund der Aufhebung der Geschäftsaufsicht bezeichnet: a) die günstige Prognose trifft nicht mehr zu, b) die frühere Prognose war irrig (s. m. Komm. S. 294, Jaeger, IW. 1917, 263). Nun ist noch ausdrücklich diese Zweiteilung sanktiouiert. Der Abs. 3 bringt schwereres Geschütz; er birgt das, was sich im Xiaiife der Zeit als Bedürfnis herausgestellt hat: üb erra g end e it Eiuflu ß der gesamten Gläubig er schäft und knap peste Fristen. Das Gläubigerplenum hat in seiner Mehrheit bareiit zu redeu, ob die Aufsicht aufgehobelt werde (Abs. 3 Nr. 1). Abgezweckt ist letztere auf die Mehrheitsberechnungen beim Zwangsvergleich: Clus­ scheiden des Ehegatten und Zessionars, beides mit Einschränkungen (§40), Teilnahme der bestritteneil Stimmen, solange es sich nicht herausgestellt hat, daß es auf diese ankommt (§ 47) usw. Daß die Gläubigerversamm­ lung (von der unter Nr. 1, nicht unter Nr. 2 und 3 die Rede ist) gemäß § 16 förmlich vom Gerichte einberufen sein muß, ist nicht gesagt. sAnders Schönwandt S. 49.] Ferner ist gemäß Abs. 3 Nr. 2 aufzuheben, wenn der Schuldner nicht bis zum Ablauf der Frist von einem Monat seit der Aufsichtsanordmiiiß entert dem § 41 konformen Antrag auf Eröffnung des konkursmäßigelt Zwangsvergleiches eingereicht hat. Verlängerung ist aber mög­ lich, lvenit der Schuldner sie beantragt und nachweist, daß er die Mehrzahl (Stimmen- und Kopf-Mehrheit) der zwangsvergleichsbeteiligten Gläubiger hinter sich hat. Es soll eben nicht das Verfahren ad libitum des Schuldners ver­ schleppt werden können. Die Frist ist nun freilich äußerst knapp, m. E. bei einem großen Teile der Aufsichten zu knapp, um auch nur annähernd für die Tatsache und Grundlage eines geordneten Vergleiches Sorge zu tragen. Da heißt es prompt den Verlängerungsantrag vorbereiten und zwar durch Bereit st e llung der Erklärun­ gen der der Verlängerung zu stimmend en Gläubiger, an die sich eben der Schuldner (oder die AP. oder auf deren Anträge das Gericht) rechtzeitig wenden muß. Die Verlängerung wird immer baun vom Gericht zu genehmigen sein, wenn faktisch die Einhaltung der Einmonatsfrist undurchführbar war und für die Verlängerungsepoche Sachdienliches zu- erwarten ist. Bei größeren, verwickelteren, verzlveigtereit Geschäftsaufsichten ist es ein Ding der Unmöglichkeit, inner­ halb vier Wochen seit Aussichtsanordnung zu einer Vergleichseinreichnng zu kommen. Man denke bloß an die vielen Vorarbeiten, ehe man über-

II. Verfahren. § 66.

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hanpt nur einen branchbaren Statns erstellen kann. Beispielsweise, iveiin Deviseit- und Valutengeschäfte in Mitte liegen, ist vor dem Zeitpmtkte der vereinbarten nnd börseitmäßigen Abwickelung gar nicht von Klarheit des Soll nut) Haben die Rede. Mir dünkt, daß man gesetzgeberisch voll einem Extrem znm anderen übergegangen und auf zum Teil unmögliche Kurzfristen gekommen ist. Es gehört daher, wenn es sich nicht um übel­ wollende Schuldner dreht, ein gut Stück Nachsicht aller Beteiligten dazu, um uicht ungerechte und zwecklose Konkurse heraufzubeschwören. Da (im Gegensatz zu Nr. 1) in Nr. 2 und 3 nirgends davon die Rede ist, daß die Gläubigermehrheit durch Abstimmung einer Gläubigerversammlung herbeizuführen ist, genügen (schriftliche oder gerichtlich oder im Akt der Aufsichtsperson protokollierte) Erklürungell der Gläubiger, unter Angabe der jeweiligen Forderung derselben, bezüglich deren jeweils anzuführen ist, daß sie zur etwa­ igen Zwangsvergleichsbeteiligung sich eignet. Wo' Zweifel bestehen, möge eidesstattlich, mindestens durch Anfügung der Worte: „nach bestem Wissen und Gewissen" der Gläubiger zur Deckung für den Richter die Exi­ stenz und Geeignetheit seines Guthabens erklären. Anzuraten ist ferner, lieber mehr und lieber zuviel, wie zu wenig, Gläubigerabstimmungen raschest beizubringen. Diese Reverse sind dem Gericht rechtzeitig vorzu­ legen. Eilt es, so ist zunächst vielleicht der Antrag ohne Belege oder aber mit tunlichst vielen Belegen und hernach erst die noch fehlende Zahl der Belege einzureichen. Gemäß VO. vom 14. Juni 1924 § 66 Abs. 3 Nr. 3 ist die Aus­ sicht aufzuheben, wenn drei Monate seit der Zuordnung verstrichen sind. Vliiy dem einen Jahr, das an der nämlichen Stelle (§ 66 Abs. 3) die VO. vom 8. Febrnar 1924 verfügte, wurde innerhalb der letzten vier Monate ein Viertel dieser Frist: drei Monate. Drei Monate erscheinen also als normales Maximnm. Ansnahme: wenn zuvor ein Zwangsvergleich ge­ mäß §53 bestattgt ist. In diesem Ausnahmsfall endigt die Frist nicht vor Rechtskraft der Entscheidung über den Zwangsvergleich. Verlänge­ rn ngsmöglichkeit, wenn 3/i Teile der zwangsvergleichsbeteiligten Glänbiger zustimmen. (Mehrheit nach Beträgen und Köpfen.) Es gilt hier das oben Gesagte: war man 10 Jahre zu nachsichtig, zumal hinsichtlich der möglichen zeitlichen Länge einer bestehenden Anfsicht, so verfährt man jetzt zu schroff. Es ist schwer einzuseheu, wie für gewöhnlich der ganze Apparat der Geschäftsaufsicht einerseits und des durchaus nicht unkomplizierten Zwangsvergleichs andererseits sich innerbalb drei Monaten abspielen soll. Es ist keine einfache Ausgabe für den Schuldner, die stark qualifizierte Gläubigermehrheit zugunsten einer Ver­ längerung zu erlangen. In Bezug auf die einfache (schriftliche) Form und die Art der Bestätigung verweise ich auf meine obigen Ausführungen zu § 66 Abs. 3 Nr. 2. Nach Art. II der V O. vom 14. Juni 1924 (RGBl. I S. 643) findet die BO. auf die bei ihrem Inkrafttreten bereits bestehenden Geschäftsaufsichten Anwendung. Jedoch kann die Aufhebung einer bestehen­ den Geschäftsaufsicht aus dem im § 66, Abs. 3 Nr. 2 bestimmten Grunde (Nichteinreichung eines Antrages auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens) nicht vor Ablauf von zwei Wochen und aus dem im § 66, Abs. 3 Nr. 3 bestimmten Grunde (Verstreichen von drei Monaten seit Auord-

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Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich.

nung) nicht vor Ablauf von zwei Monaten seit dem Inkrafttreten erfolgen, wenn nicht die GeschäftsaufsichL nach der bisherigen Vorschrift des § 66 Abs. 3 (Verstreichen eines Jahres seit Anordnung) zu einem früheren Zeitpunkt aufzuheben ist. (Die negative Form: „nicht vor zwei Wochen, nicht vor zwei Monaten" gibt dem Gericht einen etwas weiteren Spielraum, von dem er, wo keine böse Absicht der Hinausziehung zu­ grunde liegt, tunlichst Gebrauch machen wird.) Immerhin kann der Art. II dazu führen, daß eine Reihe von Geschäftsaufsichten vom 28. Juni 1924 an erlischt und dem Konkurs Platz macht. Ob dieses große Reinemachen ohne Schaden für die allge­ meine Wirtschaft verlaufen wird, wird sich im Laufe des Jahres heraus­ stellen. Dann wird sich vielleicht rächen, was durch zu große Konivenz nach dem Kriege und zumal seit etwa einem halben Jahre gesündigt worden ist. Die Aufhebung wird mit der Zustellung wirksam. RG. VII9. Jan. 1923, 106, 136. Das Ableben des Schuldners beendigt die GeschA. nicht. RG. ebenda. Vgl. § 75.

§ 67. Von dem Eingang eines Antrages des Schuld­ ners auf Aufhebung der Geschäftsaufsicht ist der Aufsichtsperson und den Mitgliedern des Gläu bigerbeirates unverzüglich Kenntnis zu geben. Vor der Aufhebung der Geschäftsaufsicht ist in den Fällen des §66 Abs. 1, 2 der Schuldner zu hören. Der § 67 n. F. enthält in seinem Absatz 1 eine harmlose Ord­ nungsvorschrift: Geht ein schuldnerischer Antrag auf Aufhebung der GeschäftsA. ein, so sind unverzüglich die AP. und der Gläubigerbeirat zu verständigen. Das versteht sich eigentlich von selbst. Man wundert sich, daß dies nicht bereits bisher normiert war. Man würde sich noch mehr wundern, wenn ein Gericht die unverzügliche Mitteilung des schuld­ nerischen Aufhebungsantrages unterließe. Auch die Gläubiger können, wenn der Konkurs für sie das größere Übel bedeutet, an der Fortdauer der Aufrechterhaltung der GeschA. interessiert sein. Deshalb muß ihnen Gelegenheit gegeben sein, zum schuldnerischen Aufhebungsantrag Stellung zu nehmen. Der vom 8. Febr. 1924 herrührende und auf dessen Ein-Jahresfrist sich beziehende Abs. 2 des § 67, der eine Nachfrist möglich gemacht hatte, ist durch die VO. vom 14. Juni 1924 gestrichen worden. Gestrichen wurde vollständig durch VO. vom 14. Juni 1924 der

§ 68 in seinem ersten Teil, der vom 14. Dezember 1916, sowie in seinem zweiten Teil, der vom 8. Febr. 1924 herrührte, und sofortige Beschwerde, in seinem ersten Teil gegen den Beschluß der Aufhebung der Geschäfts­ aufsicht, in seinem zweiten Teil gegen Setzung und Verlängerung der Nachfrist des 8. Februar 1924, zuließ.

III. Schlußvorschriften. §§ 67—72.

65

§ 69. Die Geschäftsaufsicht endigt mit der Rechtskraft des Be­ schlusses, durch den der Zwangsvergleich bestätigt wird. Zwischen rechtskräftiger Bestätigung des Zwangsvergleichs und der Aufhebung der GeschA. kann der beaufsichtigte Schuldner nicht Ver­ bindlichkeiten für die Masse begründen; er kann nur bedingt, nämlich für den Fall der Wiedererlangung der Verfügungsfreiheit und für die freigewordene Masse, eine Schuld eingehen. Dresden, 12. April 1919. Sächs. OLG. 40, 143.

§ 70. Die rechtskräftige Beendigung der Geschäftsaufsicht ist allen Gläubigern und den Stellen mitzuteilen, denen die Anordnung der Geschäftsaufsicht mitgeteilt worden ist, sowie in der vom Gericht zu bestimmenden Art unter Angabe des Grundes der Beendigung öffentlich bekanntzuma ­ chen. Die Mitteilungen können ohne besondere Form erfolgen. Der Zusatz des § 70 gemäß VO. vom 14. Juni 1924 entspricht der Streichung des 1. Satzes des § 18, d. h. dem Wegfall der Heimlichkeit. Folgerichtig ist die rechtskräftige Beendigung der Geschäftsaufsicht nicht nur den Gläubigern und den Stellen, denen die Anordnung notifiziert war, sondern auch öffentlich bekannt zu machen. Dabei ist der Grund der Beendigung anzuführen. Bekanntmachung zusamlnen mit andereil derartigen Fällen (Sam­ melbekanntmachung) ist zulässig. (So auch Weinberg, 1924, S. 94.)

III. Schlußvorschristen.

§ 71. Wird im Anschluß an eine Geschäftsaufsicht das Konkurs­ verfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet, so sind im Konkurse die gerichtlichen Kosten der Geschäftsaufsicht und des Vergleichsverfahrens sowie die Gebühren und Auslagen der Aufsichtsperson als Massekosten (§ 58 der Konkursordnung) zu behandeln. Da jetzt nach dem neuen § 78 erheblichere Gerichtskosten in Be­ tracht kommen und Honorare der AP. infolge Wegfalls des rein altrui­ stischen Charakters der aufsichtsführenden Tätigkeit, zeitgemäßer, sach­ gemäßer, verhältnismäßiger liquidiert werden, ist es nicht unwichtig, daß diese Beträge als Masse im Anschlußkonkurs behandelt werden. Es dreht sich bei den Gebühren der AP. um die vom Gericht förm­ lich festgesetzten, nicht um die mit dem Schuldner privat ausgemachten.

§ 72. Die Vorschriften der §§ 207 bis 211, 213 der Konkurs­ ordnung des § 63 des Gesetzes, betreffend die Gesellschaften mit Cahn, Geschäftsaufstcht. Nachtrag. 5

66

Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich.

beschränkter Haftung (Reichs-Gesetzbl. 1898 S. 846), des § 98, § 100 Abs. 1, 2 des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Reichs-Gesetzbl. 1898 S. 810), sind auf die Geschäftsaufsicht und das Vergleichsverfahren entsprechend anzuwenden. Ein Antragsrecht der Gläubiger wird hierdurch nicht begründet. In dem Vergleichsverfahren über das Privatvermögen eines persönlich haftenden Gesellschafters einer offenen Handelsgesell­ schaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien sind die Gesellschaftsgläubiger, wenn über das Gesellschastsvermögen das Vergleichsverfahren oder das Konkurs­ verfahren eröffnet ist, nur in Höhe desjenigen Betrages beteiligt, für den sie in diesem Verfahren keine Befriedigung erhalten. Was den Absatz 1 anlangt, so fällt lediglich das Gesellschaftsvermögen unter das Geschäftsaufsichtsverfahren. Im Regreßwege fön neu freilich die Privatvermögen der Gesellschafter herangezogen werden. In der GeschA. über eine offene Handelsges. bildet das Gesellschaftsvermögen eine selbständige Vermögensmasse, zu der die Vermögensgegenstände des Privatvermögens der Gesellschafter auch bmiu nicht gehören, wenn sie für Forderungen gegen die Gesellschaft ver­ pfändet sind, und die das Vermögen der Gesellschafter nur insoweit er­ greift, als es zum Gesellschaftszweck vereinigt und für Zwecke der Ge­ sellschaft gebunden ist. Analog: RG. 10. Okt. 1917; RG. 91, 12. Recht 17, Nr. 2093—95. Die Kommanditeinlage und das Auseinandersetzungsguthaben kön­ nen nicht in der GeschA. der Kommanditgesellschaft angemeldet werden. KG. 25. Nov. 1921. ROLG. 42, 76. Recht' 22 Nr. 1297. Treffen beide Ganten zusammen, so nehmen die Gesellschaitsgläubiger an der Privatgant bloß mit ihrem Ausfall teil. Aus der Masse der Privatgant darf nicht mehr ausgezahlt werden, wie die Quote aus dem Ausfall bei der Gesellschaftsgant.

§ 73. Auf die Geschäftsaufsicht zur Abwendung des Konkurses über einen Nachlaß sind die Vorschriften der §§ 217, 218, 221, 225 der Konkursordnung entsprechend anzuwenden. Ein Antrags­ recht der Gläubiger wird hierdurch nicht begründet. In Ansehung der Haftung des Erben für die Nachlaß­ verbindlichkeiten wirkt die Geschäftsaufsicht wie der Nachlaßkonkurs. Von dem Verfahren werden außer den im § 13 dieser Ver­ ordnung bezeichneten Gläubigern auch die Gläubiger der im § 224 der Konkursordnung bezeichneten Ansprüche nicht betroffen. Ein Zwangsvergleich kann nur auf den Vorschlag aller Erben geschlossen werden. Die Eröffnung des Vergleichsverfahrens kann

III. Schlußvorschriften. §§ 73—75.

67

erst beantragt werden, wenn das Aufgebot der Nachlaßgläubiger erfolgt ist. An dem Vergleichsverfahren sind alle Nachlaßgläubiger mit Ausnahme der im § 226 Abs. 2 und 4 der Konkursordnung bezeichneten beteiligt. Der Zwangsvergleich begrenzt, soweit er nicht ein anderes festsetzt, zugleich den Umfang der persönlichen Haftung des Erben. Die vorstehenden Bestimmungen finden im Falle der fort­ gesetzten Gütergemeinschaft auf die Geschäftsaufsicht zur Abwen­ dung des Konkurses über das Gesamtgut entsprechende Anwen­ dung. An dem Vergleichsverfahren sind nur die Gesamtgläubiger beteiligt, deren Forderungen schon zur Zeit des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft bestanden. Die Stellung der Nachlaßaufsichtsperson ist, wie die des Nachlaß­ verwalters. Aus § 164 Absatz 2 KO., 728 Absatz. 2 ZPO. ist zu schließen, daß sie, wenn sie die Geschäftsführung im Sinn des § 2 an sich zog, in: Prozeß nicht den Erben, sondern den mit der Masse nicht identischen Nachlaß vertritt. Der Erbe ist demnach von der Prozeßführung aus­ geschlossen und hat weder Aktiv- uoch Passivlegitimation. Rechtsähnlich: Jahrbuch Neumann, 16. Jahrg. S. 873. Ob heute der § 73 noch aktuell genannt werden kann, ist zweifel­ haft, da er auf die Nachlässe der Feldzugsteilnehmer abgezweckt war.

§ 74. Die Vorschriften dieser Verordnung finden auf Versicherungs­ unternehmungen, die der Beaufsichtigung nach Maßgabe des Ge­ setzes über die privaten Versicherungsunternehmungen vom 12. Mai 1901 (RGBl. S. 139) unterliegen, keine Anwendung. Die Zirkel des Privatversicherungsaufsichtsamts, das von Anfang an die Anwendbarkeit der AufsichtsVO. auf seine Ressorts verneint hatte, — ehe die VO. vom 14. Dez. 1916 den § 74 schuf — sollen nicht ge­ stört werden. Das Amt allein soll befinden, ob Konkurs eröffnet wer­ den soll.

§ 75. Soweit nach den Vorschriften der Könkursordnung oder des Gesetzes, betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens (RGBl. 1898 S. 709), die Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen davon abhängt, daß sie innerhalb bestimmter Fristen vor der Eröffnung des Kon­ kurses, vor dem Eröffnungsantrag, vor der Zahlungseinstellung oder vor der Anfechtung vorgenommen sind, wird bei der Be­ rechnung der Fristen die Zeit nicht mitgerechnet, während deren die Geschäftsaufsicht besteht.

68

Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich.

Die Vorschrift des Abs. 1 findet keine Anwendung, wenn die Rechtshandlung auf Grund des Gesetzes, betreffend die An­ fechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens, von einem Gläubiger angefochten wird, der von dem Verfahren nicht betroffen war. RG. VII vom 9. Jan. 1923 (Bd. 106 S. 163) führt aus: Nach § 75 wird bei Berechnung der Aussichtsfristen die Zeit nicht mitgerechnel, während deren die Geschäftsanfsicht besteht. Es kommt also darauf an, wann die über das Vermögen des Schuldners verhängte Ge­ schäftsaufsicht als beendet anzusehen ist. Durch den Tod des Schuldners wird sie nicht etwa schon kraft Gesetzes beendet, sondern setzt sich ununter­ brochen gegen die Erben fort. (Jaeger 1917, S. 75.)

§ 76. Hat ein Genosse seinen • Austritt aus einer eingetragenen Genossenschaft erklärt oder der Gläubiger eines Genossen dessen Kündigungsrecht ausgeübt, so scheidet der Genosse nicht vor dem Schlüsse des Geschäftsjahres aus, in welchem die Geschäftsaufsicht über die Genossenschaft endigt, oder wenn in einem Zwangs­ vergleich eine Stundung bewilligt wird, nicht vor dem Schlüsse des Geschäftsjahres, in welchem die Stundung abläuft. Die Einreichung der Erklärung des Genossen oder des Gläubigers zur Liste der Genossen ist spätestens sechs Wochen vor dem Ende des Geschäftsjahres, zu dessen Schlüsse der Genosse ausscheidet, oder wenn die Geschäftsaufsicht innerhalb der letzten sechs Wochen dieses Jahres endigt, unverzüglich zu bewirken. Die Eintragung des Jahresschlusses, zu dem der Genosse ausscheidet, in die Liste der Genossen erfolgt erst nach Beendigung der Geschäftsaufsicht; ist sie bereits geschehen, so ist nachträglich zu vermerken, daß die Geschäftsaufsicht angeordnet ist. Landgericht Leipzig 4 Dg 207/17 (IW. 1918 S. 62) sagt: Der § 76 vom 14. Dez. 1916 hat keine rückwirkende Kraft auf solche Genossen eingetragener Genossenschaften, die ihren Austritt aus der Geuossenschaft vor Anordnuug der Geschäftsaussicht erklärt haben und bei dem Inkraft­ treten der BO. vom 14. Dez. 1916 bereits ausgeschiedeu waren. (Ge­ billigt von Winig und von Waldecker, Glossen zu obiger Entscheidung.)

§ 77. Ein Gläubiger, der sich von dem Schuldner oder andern Personen besondere Vorteile dafür hat gewähren oder versprechen lassen, daß er bei der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag in einem gewissen Sinne stimme, wird mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark oder mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft.

m. Schlußvorschriften.

§§ 76—78.

69

Bei der heutigen krisenhaften Epoche ist das Vergehen des Stimmenkanfs im Hinblick auf die Zwangsvergleichsabstimmung naheliegender wie früher. Der Gefahr, daß der rechtswidrig handelnde Gläubiger durch seine Abstimmung auf die Rechte der übrigen Gläubiger bestimmend und zwingend einwirkt — zivilrechtlich kommt nach §54 Nr. 4 nur der Fall der Kausalität zwischen der Beeinflussung und der Perfektion des Ver­ gleiches in Betracht —, ist energisch entgegenzuarbeiten. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 77 ist die Anordnung der GeschA. und ein Zwangsvergleich im Rahmen derselben. Ändere Abstimmungen (wie etwa die im § 243 KO. generell im Auge gehabten) sieht der § 77 nicht vor.

8 78. Für das Verfahren der Geschäftsaufsicht und das Vergleichsverfahren wird je eine volle Gebühr (§ 8 des Gerichtskostengesetzes fRGBl. 1923 I S. 12, 813, 1186]) erhoben. Die Gebühr ermäßigt sich auf die Hälfte, wenn der Antrag auf Anordnung der Geschäftsaufsicht oder auf Eröffnung des Vergleichs­ verfahrens zurückgenommen oder zurückgewiesen wird. § 43 des Gerichtskostengesetzes gilt ent­ sprechend. Für das Verfahren in der Beschwerdeinstanz wird, soweit die Beschwerde als unzulässig verworfen oder zurückgewiesen, die halbe Gebühr erhoben. In den Fällen'des § 42 Abs. 3, § 59 Abs. 2 dieser Ver­ ordnung gelten die Vorschriften des§ 43 des Gerichts­ kostengesetzes entsprechend. Im übrigen finden die Vorschriften des fünften und sechsten Abschnittes des Gerichtskostengesetzes entsprechende Anwendung mit derMaßgabe, daß für die allgemeinen Benachrichtigungen der Gläubiger Schreib- und Postgebühren in vollem Umfange er­ hoben werden. Mit der Bestimmung, daß das amtsgerichtliche Geschäftsaufsichts­ verfahren gebührenfrei sei, wurde in der BO. vom 14. Dez. 1916 ein fiskalisches Opfer gebracht. In der VO. vom 14. Juni 1924 hat man eine Wandelung vorgenommen (schon um bett Appetit der Aufsichts­ hungrigen nicht zu reizen) Und erhebt nun — außer den Schreib-, Post- und Telegraphengebühren, die bereits in der a. BO. als Auslagen berechnet wurden — eine ^/^-Gebühr gemäß § 8 des GKG.; wenn jedoch der Anordnungsantrag oder Vergleichsverfahrensantrag zurückge­ nommen resp, zurückgewiesen wird, nur 5/io- Auch in der Beschwerde­ instanz werden 5A0 erhoben. Exompla trahunt. Folgerichtig kann man auch von den Gläubiqerbeiratsmitgliedern (mindestens de lege ferenda) heute keine unentgeltliche Tätigkeit mehr vergangen. S. m. Änm. S. 46 zu § 3a! . 5**

70

Geschäftsaufsicht und Zwangsvergleich.

Die in § 8 Gerichtskostenges, festgelegten Gebührensätze bestimmen sich jetzt nach VO. vom 13. Dez. 1923. Nach § 43 des Gerichtskostenges, werden die Gebühren nach dein Betrage der A k t i v m a s s e erhoben.

§ 79. Für die Tätigkeit im Vergleichsverfahren erhält der Rechts­ anwalt sechzehn Zehnteile der Gebühr des § 9 der Gebühren­ ordnung für Rechtsanwälte. Für die Vertretung in der Beschwerde­ instanz erhält er die im § 41 der Gebührenordnung für Rechts­ anwälte bestimmten Gebühren besonders. Auf die Wertberechnung finden die Vorschriften des § 59 der Gebührenordnung für Rechtsanwälte entsprechende Anwendung. Eine Festsetzung von Anwaltsgebühren für das GeschäftsaufsVerf. i. e. S. ist nicht erfolgt. Die Begründung zur VO. vorn 14. Dez. 1916 verwies auf § 89 GO. Wird ein Rechtsanwalt AP., so ist sein Honorar nebst Ausladen und Spesen vom Verfahren nicht betroffen (§ 13 Abs. 1, Nr. 6, § 33 Absatz 2). Dieser Anspruch rangiert unter die Massekosten des Anschluß­ konkurses (§ 71). Erfolgte freiwillige oder zwangsweise Zahlung des AP.-Honorars nebst Auslagen vor dem Konkurs, so entfällt die Anfecht­ barkeit gemäß § 30 KO. Wird der Anwalt, der als AP. aufgestellt ist, zugleich anwaltschaftlich i. e. S. tätig, indem er Prozesse führt, Verträge fertigt, Verfügun­ gen, Arreste, Beschlagnahmen, Einstellungen, beantragt usw., so bilden die Gebühren eine Masseschuld.

§ 80. Diese Verordnung tritt am 25. Dezember 1916, und zwar hinsichtlich des § 75 mit Wirkung vom 10. August 1914 ab in Kraft; sie tritt an die Stelle der Verordnung, betreffend die Anordnung einer Geschäftsaufsicht zur Abwendung des Konkurs­ verfahrens, vom 8. August 1914 (RGBl. S. 363). Eine vor dem Inkrafttreten abgegebene schriftliche Erklärung, in der ein Gläubiger einem Vergleichsvorschlage des Schuldners zugestimmt hat, gilt als Zustimmungserklärung im Sinne des § 41 Abs. 1 Nr. 2 dieser Verordnung. Der Bundesrat bestimmt, wann und in welchem Umfang die Verordnung außer Kraft tritt. Vorgänge unter der Herrschaft einer neuen Geschäftsaufsichtsver­ ordnung sind nach dieser zu entscheiden, auch wenn das Verfahren unter der älteren VO. seinen Anfang genommen hat. RG. VII 28. Sept. 1920, 93/20, RG. 100, 62, Recht 21 Nr. 287. Durch das Reichsgesetz vom 12. Juni 1924 und die VO. vom 14. Juni 1924 hat praktisch der § 80 seine Bedeutung eingebüßt. Nach dem Reichsgesetz vom 12. Juni 1924 ist es der Reichsregie­ rung und der Zustimmung des Reichsrats anheimgestellt, wann und inwieweit die GeschAVO. außer Kraft tritt.

Nachtrag 8« 8 22 «O. Wird die Geschäftsaufsicht über einen Schuldner ungeordnet, der int Bezirt eines anderen Gerichts eine Zweigniederlassung errich­ tet hat, so hat der Gerichtsschreiber, wie der „Amtliche Preußische Presse­ dienst" einer allgemeinen Verfügung des Justizministers entnimmt, von der Anordnung auch dem für den Sitz der Zweigniederlassung zuständigen Negistergericht Anzeige zu erstatten. Das Gericht der Zweigniederlassung hat der für seinen Bezirk zuständigen amtlichen Ver­ tretung des Handels usw. die in der Bekanntmachung über die Geschäflsaufsicht für Abwendung des Konkurses' in der Fassung der Ver­ ordnung vom 14. Juni 1924 vorgeschriebene Mitteilung zu machen. Dies gilt auch für bereits angeordnete Geschäftsaufsichten.

Zu §§ 72, 76 BO. Das bayerische Justizmiltisterium weist die Gerichte darauf hin, daß bei Entscheidung der Frage der Geschäftsaufsicht über eine Genosschaft zweckmäßigerweise als Sachverständiger der Revisionsverband, dem die Genossenschaft angehört, anzurufen ist.

Konkurse und Geschäftsausfichten im Juli. Mit der Verschärfung der wirtschaftlichen Krise und der strafferen Handhabung von Geschäftsaufsichten ist im Juli eine Verdoppelung der Kon kurszifferu vom Juni zu verzeichnen. Die Zahl von 1173 Kon­ kursen ist weitaus die höchste, die in Deutschland bisher in einem Monat zu verzeichnen gewesen ist, denn selbst in Jahren mit rückgängiger Kon­ junktur der Vorkriegszeit wurde diese Ziffer nie erreicht und der Monatsdurchschuitt ging damals nie über 1000 Konkurse hinaus. Die Konkurs­ ziffer wäre zweifellos noch größer, wenn nicht die Einrichtung der Geschäftsaufsicht bestehen würde. Soweit die Bekanntmachungen bisher vorliegen, sind im Juli 501 Firmen unter Geschäftsaufsicht ge­ stellt worden gegen 833 Geschäftsaufsichten im Juni und 623 im Mai, während 412 Geschäftsaufsichten wieder aufgehoben worden sind. Ein Teil der Firmen, für welche die Geschäftsaufsicht aufgehoben wurde, dürfte in Konkurs geraten sein.

Konkurse........................................................ GeschäftSaufftchten.................................... Aufgehob. Gesch.-Aufs..................................

I. Quartal

April

Mai

Juni

Juli

140 ? —

133 ? —

322 623 —

579 833 —

1173 501 412

Alphabetisches Schlagwortverzeichnis, (s. auch alphabetisches Sachregister des Kommentars.) (Die Zahlen bedeuten die Seiten.)

A. Ablehnung des Antrags bei Unred­ lichkeit oder Leichtsinn 17. Absehbare Zeit der Behebung 17. Absehen von Veröffentlichung 16. Absolute Mehrheit 47. Abwickelung 43. Amtliches Publikationsorgan 39. Amtliche Vertretungen 36, 38, 65. Am Zwangsvergl. beteiligte Gläubiger 31, 60 ff. Anderweitige Zusammensetzung des Gläubigerbeirats 45. Anerkennung einer Forderung zum Verzeichnis 52 ff. Anfechtung der Handlungen des Be­ aufsichtigten 21. Antrag auf Eröffnung des Konkurses 24. — auf Gesch. a. abzulehnen 17. — des Schuldners auf Aufhebung des Gesch. a. 64. Anwendung der VO. v. 14. Juni 1924 auf die bei ihrem Inkrafttreten be­ stehenden GA. 16. Arreste nach Eingang des Antrags 37. Artikel II VO. v. 14. Juni 1924 Seite 16. Aufhebung der Gesch. a. 16, 60, 61, 64. Ausartung der Einrichtung der Gesch. a. 17. Ans dem Krieg erwachsene Wirtschafts­ Verhältnisse 16, 17. Äußerung der amtl. Vertretung 36.

Aussetzung des Konkursantrags 24. Autorität der AP. 45.

B. Bedenkliche Maßregeln der Gesell­ schaftsorgane 22. Beendigung der Gesch. a. 65. Beginn der Wirkung der Gesch. a. 30. Begründete Aussicht auf Behebung der Zahlungsunfähigkeit 17. Bekanntmachung der Anordnung der Gesch. a. u. der A ß. 38. Bericht der AP. über Voraussetzungen der Gesch. a. 43. Berufung einer Gläubigerversamm­ lung durch das Gericht 31. Beschwerde 35, 57. Besorgnisbegründendes bisheriges Verhalten des Schuldners 17. Bestände, VelWertung der vorhan­ denen 43. Bestätigung des Zwangsvergleichs 61. Bestellung des Gläubigerbeirats 45. Bilanz (Gold- u. Papiermark) 36 Bürokratische Fesseln 33.

C. Cessionar des Ehegatten 49, 60, 61. Civilprozeßordnung 31, 33.

D. Debitorcneinziehung durch AP. 41. Drei Monate seit Anordnung der Gesch. a. 61.

73

Die Zahlen bedeuten die Seiten.

Drei Vierteil der beteiligten Gläubiger 48, 49, 61.

E. Eingegangene Verpflichtung, Abwicke­ lung 43. Ein Monat seit Anordnung der Gesch. a. 61. Einziger Gläubiger 36. Entbehrlichkeit des Gläubigerbeirats 45. Entlassung der AP., wichtiger Grund 41. Entscheidung über Anträge auf Er­ öffnung des Konkursverfahrens 24. Ermächtigungsgesetz vom — 4. August 1914 Seite 16. — 8. Dez. 1923 Seite 16. Ermittelungen zur Aufklärung der Verhältnisse 31.

Gesellschaftsorgane 20. Gesetz über Verkündung von Rechts­ verordnungen v. 15. Okt. 1923 Seite 16. Gewerbe, amtliche Vertretung 36, 38, 65. Gläubigerbeirat 45. Gläubigerversammlung 31. Goldmarkbilanz 36.

H. Hälfte der beteiligten Gläubiger 41, 45, 60 ff. Handel, amtl. Vertretung 36, 38, 65. Handeltreibender Schuldner 36. Handwerk, amtl. Vertretung 36,38,65. Heimlichkeitsklausel weggefallen 33. Höchstbetrag der Ordnungsstrafe 41. Honorierung des AP. 42.

I.

N. Fachblatt 39. Fachkammern 36, 38, 65. Fiduciarische Verträge 49. Flüssigmachung der Warenbestände 44. Freies Ermessen des Gerichts 36. Frist 16, 61. Fünfter Teil der Gläubiger-For­ derungen 31.

G. Gebühren 69. Gegenseitige Verträge 25ff. Geldstrafengesetz 41. Gerichtliche Anordnung über Ver­ nehmungen 31. Geringer Umfang der Geschäfte 45. Gesamtinteressen der Gläubiger 36. Gesamtsumme Hälfte 49. Geschäftsaufsicht Aufhebung 16, 60, 61, 64. -------- wichtige Gründe 60 ff. — beim Inkrafttreten der VO. v. 14. Juni 1924 Seite 16. — Gebühren 69. — Voraussetzungen 38, 43, 61. — Wirkungen 23. Geschäftsführung der AP. 22.

Inflation 17. Infolge des Krieges 17. Interesse, berechtigtes an Erlangung des Urteils 27. Jrrtunl bei Anerkennung 53.

K. Kassatorische Klausel, vertragliche 59. Konkurs 24. Kopf- und Stimmenmehrheit 61. Kündigung der Mitgliedschaft eines Vereins 26.

L. Ladung 33. Landwirtschaft, amtl. Vertretung 36, 38, 65. Lebensführung des Schuldners 24,43. Leichtsinn 17. Lokalblatt 39.

M. Mehrheit 61. — absolute 47. — bei Umbildung des Gläubigerbei­ rats 45. — der Gläubiger, die Entlassung der AP. beantragt 41.

74

Die Zahlen bedeuten die Seiten.

Mehrzahl der Gläubiger gegen Fort­ dauer der Gesch. a 60. ------------- für Verlängerung 61. Minderheit beantragt Gläubigerver­ sammlung 31. Mitteilung an die Aufsichtsorgane vom schuldn. Aufhebungsantrag 64. Mittel, vorhandene 24.

Untergruppen der Berufsberatung 37. Unterordnung der Gesellschaftsorgane 20. Urteil 27.

V.

Qu.

Berem 26. Vereinfachtes Zustellungs- und La­ dungswesen 33. Verhältnisse, wirtschaftliche erwachsen aus Krieg 16. Verlängerung der Frist 16, 61. Veröffentlichung 16, 33, 38, 65. Verwertung vorhandener Bestände 43. Verzeichnis 52 ff. Vom Verfahren nicht betroffene Gläu­ biger 30. Voraussetzungen der Gesch.a. 38, 43, 61. -------- nicht vorhanden gewesen oder nachträglich weggefallen 60. Vorlegung der Bücher 21. Vorstände, Billigung durch 42.

Qualifizierte Mehrheiten 48, 49, 50, 61.

W.

N. Nachfrist der Aufhebung 16, 61.

O. Öffentlichkeit 33, 38, 65, — Folgen der 34. Ordnungsstrafe 41.

P. Papiermarkbilanz 36. Pfandstücke, Versteigerung der, 38.

R. Rechtshilfe 52. Rechtskraft — Zwangsvergleich 61. Reichsanzeiger 38.

S. Sachverständige 36. Schätzung der Mehrheit durch das Gericht 61. Schuldner Geschäft 36, 42, 43. — im Innen- u. Außenverhältnis 21. — Landwirt 36, 38. — Lebensführung 24, 43. Sicherung der Gläubiger 37.

T. Telephon 37. Treugut 49. Treuhand — Zwangsvergleich 48.

U. Umbildung des Gläubigerbeirats 45. Unredlichkeit 17.

Warenhaus 34. Wechsel 36. Weiterbetrieb des Schuldner-Ge­ schäfts 42, 43. Weitere Bekanntmachungen 38 ff. — Beschwerde keine 35, 57. Wirtschaftliche Verhältnisse, aus dem Krieg erwachsen 17.

Z. Zahlungseinstellung 18. Zahlungsunfähigkeit b. Unredlichkeit oder Leichtsinn 17. Zustellung 33. Zuwiderhandlung gegen GläubigerInteresse 17. Zwangsvergleich Bestätigung 61. — Beteiligte Gläubiger 31. — Rechtskraft der Entscheidung 61. Zwangsvollstreckungen seit Eingang des Antrags 37. Zwei Monate seit Inkrafttreten 16. — Wochen seit Inkrafttreten 16.

Von Justizrat Prof. vi-. Hugo Lahn I, Rechtsanwalt in Nürnberg, sind ferner erschienen:

Urheberrechtlicher Schutz der Fabrikkataloge. Nürnberg 1904.

Verlag von I. L. Schräg.

37 S.

Techniker als Richter. Nürnberg 1908.

Carl Kochs Verlagsbuchhandlung. 37 S.

Empfehlen sich Sondergerichtshöfe in Streitigkeiten aus dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes? Gutachten zum 30. Deutschen Juristentage (Danzig). Berlin 1910. I. Guttentag Verlagsbuchhandlung, G. m. b. H.

Die Ansprüche des angestellten Erfinders im vor­ läufigen Entwürfe eines Patentgesetzes. Müllchen, Berlin u. Leipzig 1913.-

I. Schweitzer Verlag (Arthur Sellier). 60 S.

Gerichtliches Ausgleichsverfahren außerhalb des Konkurses. Gutachten zum 32. Deutschen Juristentage (Düsseldorf). Berlin 1914. I. Guttentag Verlagsbuchhandlung G. m. b. H.

Gerichtsentlastung und Güteverfahren im Krieg und im Frieden. Berlin 1916. I. Guttentag Verlagsbuchhandlung G. m. b. H.

75 S.

Der zukünftige deutsche Rechtsstreit. Berlin 1917.

Carl Heymanns Verlag.

Geschästsaufsicht und Zwangsvergleich. München, Berlin u. Leipzig 1917.

I. Schweitzer Verlag (Arthur Sellier). 357 S.

Leitfäden des Kriegsrechts. VIII. Geschästsaufsicht und Zwangsvergleich. München, Berlin u. Leipzig 1919. I. Schweitzer Verlag (Arthur Sellier). 40 S.

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Die „blaue ZPO." zeichnet sich durch absolute Reinheit des Textes und' durch Vollständigkeit aus, so daß ihr späteres Erscheinen wohl in Kauf ge­ nommen werden kann. In der ZivilprozeßO. sind die Änderungen durch Fettdruck hervorgehoben, sonst sind sie überall durch Noten bezeichnet. Sachregister ist mit besonderer Sorgfalt verfaßt.

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Äonkursordnung mit den Nebengesetzen und der Bekanntmachung über die Geschäftsanfsicht. 2 Ausl, herausgegeben von Oberlandesgerichtsrat 3« Schiedermair in München.

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München, Berlin, Leipzig.

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erschienen:

von Dr. von Schwarze, Weil. Geh. Rat, Generalstaatsanwalt u. Kammergerichtsrat Dr. tz. AppeliUs. 5. Ausl, bearb. von Amtsgerichtsrat Dr. Erich Wulfsen. (281 S.) 1914. geb. GM. 5.—

Rtichspretzgesetz

Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz

vom 22. vn. 13 unter bes. Berücksichtigung der bayer. Verhältnisse. Erläutert von Jakob Woeber, Bezirksamtmann in München. 3. Aufl. bearbeitet von Regierungsrat K. A. Fischer, München. (170 S.) 1922. geb. GM. 4.—

Neichsversorgvngs-Versahrensgesetz. Mit Ausf.-Besttmmungen. Erl. v. Dr. Th. v. Olshauseu, Präs. d. Dir. d. RVAnst. f. Angestellte unter Mitw. von Reg.-Rat Dr. Th. Schulte-Holthausen im R.-Arb.-Min. (199 S.) 1922. kart. GM. 3 —

Strashrvzeßb^dnung. Mit Gerichtsverf.-Gesetz. Erl. von Dr. I. B. Koch, München. 2. Aufl. in Vorbereitung.

Minist.-Rat

Umsatzstmergesetz.

In der Fassung v. 8. April 1922. Mit den Ergeb­ nissen d. Rechtspr. d. Reichsfinanzhofs. Erl. v. Senatspräs. Dr. R. Klotz, München. (96 S.) 1922. kart. GM. 2.-

Weiugesetz

v. 7. IV. 1909 mit den Ausf.-Best., den Kriegsverordnungen u. dem Ges. vom 30. Dez. 1920, erl. v. Otto Zoeller, Oberlandesger.Rat, München. 2. neub. Aufl. (194 S.) 1921. geb. GM. 3.— v. 7. VI. 09. 2. Aufl. Von Dr. I. Kah«, Justizrat Syndikus der Handels!. in München und Dr. Chr. Weih, Rechtsrat. (420 S.) 1909. geb. GM. 6.—

Wettbewerbsgesetz

Reichsgerichts - Entscheidungen in kurze« Auszüge«. Bisher sind erschienen: Zivilsachen

Band Band Band Band Band Band Band Band Band

76—79 GM. je 0.75. 80—96 GM. je 0.80. 97/101 GM. je 0-85. 102—104 GM. je 0.90. 105 GM. 1.—. 106 GM. 1.20. 76—105 zus. GM. 16.30. 80—105 zus. GM. 14.40. 91—105 zus. GM. 12.50.

Strafsachen Band 45-53 je GM. 0.75. Band 54 GM. 0.80. Band 55/56 je GM. 1.20.

Band 45-56 zus. GM. 7.70.

Zu jedem Baude der amtliche« Sammlung erscheint ein BLndchen dieser Reihe.

I. Schweitzer Verlag

(Arthur Sellier)

München, Berlin, Leipzig.

In

„Schweitzers braunen Handausgaben"

erschienen:

Urbettsnachweisgesetz.

Mit den Ausführungsbestimmungen. Erläutert v. Oberregierungsrat Dr. G. Ziegler u. Regierungsrat M. Schlederer, München. (223 S.) 1923. geb. GM. 3.80 — 1. Nachtrag enthaltend A. Ergänzungen zu den Erläuterungen, B. Die von Mitte Januar bis Ende Juni 1924 erlassenen AusfBest. des Reichs und der Länder. VI, 65 S. kart. GM. 2.—

Aufenthalts- und Freizügigteitsgesetz. Oberregierungsrat Dr. Ziegler, München.

Mit Bollz.-Vorschr. Von 2. Aufl. (157 S.) 1921. geb. GM. 3.80

Bürgerliches Gesetzbuch

(Kleiner Staudinger) auf Grund von I. von Staudingers Kommentar bearb. von F. Keidel, München. 2. Aufl. (1229 S.). 1920. Ergänzt bis 1924. geb. GM. 9.—

Erbschastssteuergesetz

für das Deutsche Reich vom 3. VI. 1906 nebst den Ausführungsbestimmungen. Erl. von Dr. F. W. R. Zimmermann, Finanzpräs, in Braunschweig. 3. Aufl. (893 S.) 1921. geb. GM. 7.—. 4. Auflage im Druck.

Geschästsausficht und Zwangsvergleich. Nürnberg.

(376 S.) 1917.

Bon Justizrat Dr. H.Cah«, geb. GM. 7.—

Grundstücksmiete.

Von Bezirksamtmann Dr. Kiefersauer in Hilpoltstein. Bd. I: Mieterschutz und Wohnungsmangel. VII, 258 S. 1924. kart. GM. 5.60 geb. GM. 7.— Bd. II: Mietzinsbildung «nd Mietzinssteuer. Mit den Ausführungs­ vorschriften. VIII, 304 S. 1924. geb. GM. 7.50

Haudelsgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 10. Mai 1897. Von Justiz­ rat Dr. H. Frankeuburger. München. 5. Aufl. (711 S.) 1921. geb. GM. 8.—

Kankursordnung,

mit den einschlägigen Gesetzen. Erl. von Staatsrat im bayer. Justiz-Mn. Dr. Karl Meyer. 2. Aufl. bearb. von Mini­ sterialrat I. Bleyer im bayer. Just^-Min. (611 S.) 1921. geb. GM. 5.—

Mtlchögerichlskvstengesttz^ vom 21. Dezember 1922. Erläutert von Rat, Mnanzamtmann K. Wochinger und Oberinspektor F. Schwalb, Nürnberg.

3. neub. Aufl. 233 S.

I. Schweitzer Verlag

Mit 2. Nachtrag. 8 S. 1923. GM. 4.10.

(Arthur Sellier)

München, Berlin, Leipzig.