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German Pages 482 [484] Year 1998
R O M A N INGARDEN Gesammelte Werke
ROMAN INGARDEN Gesammelte Werke
Herausgegeben von Rolf Fieguth und Guido Küng Band 5
Max Niemeyer Verlag Tübingen
ROMAN INGARDEN Gesammelte Werke
Schriften zur Phänomenolog Edmund Husserls Herausgegeben von VWodzimierz Galewicz
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1998
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Ingarden, Roman: Gesammelte Werke / Roman Ingarden. Hrsg. von Rolf Fieguth und Guido Küng. -Tübingen : Niemeyer. Bd. 5. Schriften zur Phänomenologie Edmund Husserls / hrsg. von Wtodzimierz Galewicz. - 1 9 9 8 ISBN 3-484-64105-3 ® Max Niemeyer Verlag GmbH ft Co. KG, Tübingen 1998 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Druck: Guide-Druck GmbH, Tübingen Einband: Heinr. Koch, Tübingen
Roman Ingarden, Schriften zur Phänomenologie Edmund Husserls
Vorwort des Herausgebers Der Brief an Husserl über die VI. Untersuchung und den Idealismus (Ende Juli 1918) Bemerkungen zum Problem "Idealismus-Realismus" (1929) Bemerkungen zu den Méditations Cartésiennes Edmund Husserls (1931) Beilage: Ausgelassene Bemerkungen Edmund Husserl, Formale und transzendentale Logik (1932)
VII
1 21
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Die Hauptphasen der Entwicklung der Philosophie Edmund Husserls (1939/63) I. [Einleitende Bemerkungen] Π. [Die Problematik der Werke Husserls] III. [Die Idee der Philosophie] IV. [Das "Idealismus-Realismus"-Problem]
134 134 138 149 177
Über den transzendentalen Idealismus bei E. Husserl (1956)
209
Über die gegenwärtigen Aufgaben der Phänomenologie (1957)
224
Das Konstitutionsproblem und der Sinn der konstitutiven Betrachtung bei Edmund Husserl (1957/63)
237
Edmund Husserl: Zum 100. Geburtstag (1959)
268
Über die Motive, die Husserl zum transzendentalen Idealismus gefuhrt haben (1963) I. Teil: Der Standpunkt Husserls Π. Teil: Kritische Bemerkungen
274 276 310
Husserls Betrachtungen zur Konstitution des physikalischen Dinges (1963)
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Meine Erinnerungen an Edmund Husserl (1968)
400
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Inhaltsverzeichnis
Was gibt es Neues in Husserls Krisisl (Januar 1969)
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Anhang 1. Sprachliche Veränderungen des Herausgebers 2. Literaturverzeichnis 3. Personenregister
461 470 472
Vorwort des Herausgebers Der hier vorgelegte Band trägt Roman Ingardens kleinere Schriften zur Phänomenologie Edmund Husserls zusammen. Von den im Inhaltsverzeichnis aufgelisteten dreizehn Texten sind sieben ("Der Brief an Husserl über die VI. Logische Untersuchung und den Idealismus", "Bemerkungen zum Problem 'Idealismus-Realismus'", "Über den transzendentalen Idealismus bei E. Husserl", "Über die gegenwärtigen Aufgaben der Phänomenologie", "Edmund Husserl: Zum 100. Geburtstag", "Husserls Betrachtungen zur Konstitution des physikalischen Dinges" und "Meine Erinnerungen an Husserl") bereits zu Ingardens Lebzeiten grundsätzlich in der gleichen Form veröffentlicht worden und werden hier nur mit einigen sprachlichen Korrekturen und zusätzlichen Anmerkungen des Herausgebers abgedruckt. Bei vier Texten (den "Bemerkungen zu den Méditations Cartésiennes Edmund Husserls", der Rezension von Husserls Werk Formale und transzendentale Logik, der Textfassung des Vortrage "Das Konstitutionsproblem und der Sinn der konstitutiven Betrachtung bei Edmund Husserl" und dem Aufsatz "Was gibt es Neues in Husserls Krisis?") handelt es sich um Nachlaßtexte, die zwar schon vom Autor selbst auf deutsch abgefaßt wurden, die aber in dieser deutschen Gestalt bisher entweder nur fragmentarisch (wie die beiden ersten) oder (wie die beiden letzten) noch gar nicht veröffentlicht worden sind; sie werden hier gemäß den im Ingarden-Archiv in Krakau aufbewahrten Manuskripten herausgegeben. Zwei umfangreiche Abhandlungen, die Ingarden selbst nur auf polnisch abgefaßt hat, nämlich "Die Hauptphasen der Entwicklung der Philosophie Edmund Husserls" (Glówne fazy rozwoju filozofii Husserla) und "Über die Motive, die Husserl zum transzendentalen Idealismus gefuhrt haben" (O motywach, które doprowadzily Husserla do transcendentalnego idealizmu), werden hier in einer Übersetzung des Herausgebers dem deutschsprachigen Publikum zugänglich gemacht. Die bibliographischen Daten der Erstveröffentlichung der genannten Texte (bzw. ihrer Originalversionen) sind jeweils zu Beginn des Textes in der ersten Fußnote vermerkt. Die hier aufgenommenen Schriften - von denen die erste (des Verfassers "Brief an Husserl") schon 1918 und die letzte (der Krisis-AufsaXz) über fünfzig Jahre später entstanden ist - dokumentieren insgesamt Ingardens jahrzehntelange Auseinandersetzung mit der Philosophie seines Lehrers und sind
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Vorwort des Herausgebers
dementsprechend chronologisch angeordnet worden. In den runden Klammern nach den Titeln wird meistens die von Ingarden selbst mitgeteilte Datierung angegeben. Wenn keine genauen Informationen zur Entstehungszeit vorliegen, geben wir das Jahr der Veröffentlichimg an. Bei einigen Texten, die zuerst auf deutsch, danach aber auch auf polnisch abgefaßt wurden, hat Ingarden in der polnischen Version - sei es im Haupttext oder in den Fußnoten - einige Zusätze hinzugefügt. Diese Hinzufügungen wurden in der Übersetzung des Herausgebers in geschweiften Klammern { } wiedergegeben. Bei den von Ingarden selbst auf deutsch abgefaßten Texten haben wir uns von der Maxime leiten lassen, ihre ursprüngliche Sprachform möglichst getreu wiederzugeben, auch wenn sie manchmal Unebenheiten oder Eigentümlichkeiten aufweist. Hier und da sah sich jedoch der Herausgeber gezwungen, entweder auf Anfregung der deutschsprachigen Personen, die den Text korrekturgelesen haben, oder aus seiner eigenen Initiative, jedenfalls aber auf seine eigene Verantwortung, in den Text des Originals einzugreifen. Diese Texteingriffe gliedern sich in zwei Gruppen. Zur ersten Gruppe gehören diejenigen, die ohne besonderen Vermerk auftreten. Es handelt sich dabei um die Berichtigung offensichtlicher Druck- oder Tippfehler, die bloße Umstellung von Wörtern und Wortgruppen (sofern sie den Sinn nicht modifiziert) sowie die Tilgung von inhaltlich unerheblichen Füllwörtern (wie dem oft vorkommenden überflüssigen "es"); stillschweigend sind auch offenkundige Verstöße gegen die Regeln der Rechtschreibung, der Interpunktion sowie der syntaktischen Konkordanz eingeführt worden. Bei allen übrigen Korrekturen wurde die korrigierte Formulierung in eckige Klammern [ ] gesetzt und mit einer Nummer versehen. Die entsprechende Originalstelle findet man dann unter derselben Nummer im Anhang. Treten eckige Klammern ohne Verweis auf den textkritischen Anhang auf, dann zeigen sie eine reine Hinzufügung des Herausgebers an. In der gleichen Weise wurden auch - wie in den vorausgegangenen Bänden der Gesammelten Werke - zusätzliche Anmerkungen des Herausgebers kenntlich gemacht. Zum Schluß möchte der Herausgeber wieder seine Dankbarkeit all denjenigen ausdrücken, die bei den Arbeiten am vorliegenden Band mitgeholfen haben. Besonderer Dank gebührt der Korrekturleserin Ursula Stohler und dem Korrekturleser Patrick Büchel, die sich bemüht haben, die Sprache der
Vorwort des Herausgebers
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hier vorgelegten Texte behutsam korrektem Deutsch anzunähern, und Dr. Arkadiusz Chrudzimski, der eine Reihe von bibliographischen Angaben zusammengetragen hat. Darüber hinaus haben bei der Herausgabe des vorliegenden Bandes auf die eine oder andere Weise dankenswerterweise ihren Anteil beigetragen: lie. phil. C. Blättler, Dr. D. Lukasiewicz, R.-M. Graf, Prof. G. Küng, lie. phil. M. Lanczkowski und R. Majkowska (vom Archiv der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Krakau). Wie die vorhergehenden Bände dieser Edition, verdankt auch dieser seine Entstehung einer großzügigen finanziellen Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung.
Der Brief an Husserl über die VI. Untersuchung und den Idealismus (Ende Juli 1918)1 Sehr geehrter Herr Professor! Vor allem bitte ich um Entschuldigung, daß ich so lange nichts von mir hören ließ. In Krakau war ich aber sehr beschäftigt, weil ich den fertigen Teil meiner Arbeit noch vor den Ferien abschicken wollte. Und es ist insofern gelungen, als das, was ich daran zu tun hatte, erledigt wurde. Wenn ich den Text trotzdem nicht abgeschickt habe, so lag es nur daran, daß ich in Krakau keinen Menschen finden konnte, der mir den Text ordentlich und für einen anständigen Preis abschreiben wollte. Ich habe freilich irgend jemandem die ersten SO Seiten zur Probe gegeben, [was][l] aber kein günstiges Resultat ergeben hat. So habe ich mich entschlossen, den Text nach Freiburg zu schicken und dort bei dem Fräulein, das mir schon einmal Hilfe geleistet hat, abschreiben zu lassen. Indessen war dazu nötig, daß ich zunächst die Änderungen, die ich gemacht habe, noch einmal abschreibe, weil sie in der vorhandenen Handschrift zu wenig lesbar sind. Ich habe es schon zum Teil getan. Da ich aber hier einige Stunden täglich mit meinen Schülern beschäftigt bin, außerdem positiv so viel ich kann arbeite, so konnte diese mechanische Arbeit noch nicht beendigt werden. Das alles machte [es] mir aber unmöglich, noch [fur][2] die ordentliche Erledigung der Korrespondenz Zeit zu finden. [Zuerst veröffentlicht als "Roman Ingarden's Letter to Edmund Husserl" in: Armalecta Husserliana, 2 (1972), S. 3S7-374; eine (anhand der einzig erhaltenen Maschinenabschrift von 1951) korrigierte Version in: Edmund Husserl. Briefwechsel (Husserliana. Dokumente, ΠΙ, in Verbindung mit Elisabeth Schuhmann hrsg. von Karl Schuhmann), Teil 3, S. 183-200; polnische Übersetzung des Verfassers, mit zusatzlichen Anmerkungen von 1961 (die hier in den geschweiften Klammern wiedergegeben wurden), in: Ingarden (1963), S. 453-472.] {Es handelt sich um meine Doktordissertation "Intuition und Intellekt bei Henri Bergson", die schon im Herbst 1917 abgegeben worden war und die ich nach der Promotion in Krakau zum Druck vorbereitete. Der "fertige Teil" - das ist gerade dasjenige, was später im Jahrbuch fiir Philosophie erschienen ist Ich arbeitete jedoch damals an noch einem anderen kritischen Kapitel, das letzten Endes nicht vollendet worden ist (1961)} [Vgl. dazu die "Einleitung des Herausgebers" in: Ingarden (1994), S. XU]
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Der Brief an Husserl
Über meine äußeren Angelegenheiten wissen Sie wahrscheinlich schon von Frl. Stein. Ich gehe im Herbst nach Lublin. Wie sich aber die Situation in letzter Zeit darstellt, bestehen Möglichkeiten einer Übersiedlung nach Warschau, wahrscheinlich aber nicht früher als im nächsten Jahre. Ich will die Zeit benutzen, um in Lublin in Stille eine Arbeit über die Methode und [den] Sinn der Erkenntnistheorie zu schreiben. Meine Tätigkeit in Krakau hat einen gewissen Erfolg gehabt. Frl. Stein hat mir vor einigen Wochen geschrieben4, daß Sie wiederum an dem Problem des "Idealismus" arbeiten. Da mich die Sache außerordentlich interessiert, habe ich mich sofort an die Arbeit gesetzt. Leider mußte daran meine Ausarbeitung des letzten Teiles der Bergson-Arbeit leiden, aber die Arbeitsstunden der letzten Wochen werden ihr im Grunde zugute kommen. Ich habe noch einmal die V. und VI. Untersuchung5 ganz gründlich studiert, außerdem alles wesentliche in dieser Hinsicht aus den Ideen durchdacht. Ich kann natürlich - leider - nicht sagen, daß ich zum Abschluß gekommen bin. Aber wenigstens weiß ich, was ich nicht für haltbar halten kann. Es wird Sie, Herr Professor, vielleicht interessieren, wenn ich einiges darüber schreibe. Zunächst über die VI. Untersuchung. Ich glaube, sie muß in derselben Gestalt, wie sie vorliegt6, neu herausgegeben werden. Man mußte sie nur mit einer Reihe von Bemerkungen versehen, in welchen nur auf die schwachen Stellen und auf die Gründe, weswegen sie schwach sind, hingewiesen würde, so daß man nur die an den entsprechenden Stellen sich eröffnenden tieferen Probleme [andeutete][3], die in eine neue Reihe von Betrachtungen münden und die im großen Teil in den Ideen schon durchgeführt sind. So würde das Als Gymnasiallehrer. {Ihr Brief tragt das Datum: 24.IV.1918.} {Es handelt sich um die Untersuchungen des E Bandes der Logischen Untersuchungen.) {In der 2. Ausgabe der Logischen Untersuchungen ist die VL Untersuchung nicht erschienen, weil Husserl schon wahrend des Druckes die verbesserte Redaktion zurückgenommen hat und sich vorgenommen hat, diese Untersuchung ganz neu zu schreiben, um sie dem Standpunkt anzupassen, den er in den Ideen eingenommen hatte. Diese neue Redaktion ist jedoch schließlich auch nicht vollendet worden. Infolgedessen hat Husserl die VL Untersuchung wiedelholt in der Redaktion der ersten Ausgabe mit geringfügigen Änderungen veröffentlichen lassen. Ich habe darüber mehrfach mit Edith Stein, Husserls damaliger Assistentin gesprochen. (1961)}
Der Brief an Husserl
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Fragliche mit einem Fragezeichen des Verfassers versehen, die neuen Probleme angedeutet, was eine wertvolle Anregung für den Leser sein würde und die Wege und Zusammenhänge mit dem Standpunkt der Ideen angezeigt. - Eine solche Ausführung der neuen Auflage hätte die Vorzüge, daß sie verhältnismäßig wenig Arbeit kosten würde, sachlich viel geben könnte und zugleich den Charakter des Werkes vollkommen unangetastet lassen würde. Auch terminologisch würde ich nichts oder fast nichts ändern. Rein theoretisch gesprochen kann mich die VI. Untersuchung in folgenden Punkten nicht befriedigen (um das positiv Wertvolle und wirklich Schöne hier nicht mehr hervorzuheben!): 1) Vor allem [wird] [4] das Problem der Erkenntnis in einem Moment angegriffen, wo die eigentliche Erkenntnis (das "Kennenlernen") schon vollzogen ist und es sich im Grunde bloß um ein Wiedererkennen handelt. Wir haben schon "eine Idee" von dem Gegenstande und es handelt sich darum, ob der anschaulich auftretende Gegenstand mit der "Idee" (der signitiven Intention) zusammenstimmt (die Intention erfüllt) bzw. ob die Intention mit dem Gegebenen streitet. Es scheint mir, so müßten die Analysen der VI. Untersuchimg durch eine Betrachtung der ursprünglichen Erkenntnis unterbaut werden, wo wir erst lernen, den Gegenstand "zu begreifen", wo wir noch keine Idee von ihm haben und erst die "Idee" bilden und eventuell weiterhin umbilden und an den Gegenstand "anpassen". Es müßte der Ursprung der signitiven Intention - oder besser - der Erfassung der Idee des (zunächst) individuellen Gegenstandes und in der Folge der signitiven Begriffe aufgezeigt werden. (Dies müßte auch hinsichtlich der Wahrnehmungsanalyse in den Ideen durchgeführt werden!) Und diese Betrachtung mündete erst in die Untersuchung der Beziehungen zwischen "Anschauung" und "Denken", die im Wesentlichen schon geleistet ist. Es müßte der noetische Unterschied der anschaulichen (intuitiven) und signitiven Intentionen genauer herausgestellt werden sowie eine rein noematisch (bzw. in gewissem Sinne "ontisch") gerichtete Betrachtung der "Bedeutung" durchgeführt werden. 2) Die VI. Untersuchung krankt - und das ist das wichtigste Manko - an einer Untersuchung des Wesens des "Gegenstandes" bzw. des Seins (enger: der Realität). Im Grunde [wird][5] das "Sein" dogmatisch behandelt. Hier liegt der große Fortschritt der Ideen, daß sie dieses Problem [in Angriff genommen]^] haben. (Über die dort vorliegende Lösung werde ich etwas spä-
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Der Brief an Husserl
ter bei dem Problem des Idealismus schreiben.) Im Zusammenhang damit konnte einerseits das Problem der Ausweisung und - wo dies möglich ist das der letzten Ausweisung nicht die erschöpfende Lösung finden. Eine derartige Lösung des Realitätsproblems, wie sie in den Ideen vorliegt, forderte natürlich auch eine andere Stellung des Erkenntnisproblems selbst. Wobei freilich das Problem der Erkenntnis der idealen Gegenständlichkeiten für sich gestellt und von dem vorigen ganz anders gefaßt werden müßte. 3) Die Auffassung der kategorialen Akte als fundierter (Akte) scheint mir nicht ausreichend zu sein. Es gibt ja viele fundierte Akte, die gar nicht "¡categoría? sind. 4) Ich müßte die Scheidung zwischen gegenständlichen und logischen Kategorien stärker betonen, außerdem das, was Sie "sinnliche Einheit" nennen, auch als kategorialen Bau betrachten und [letzteren] [7] näher ausarbeiten. In dieser Richtung würde Aristoteles sehr hilfreich sein. Dabei müßte auch das Humesche Problem der Ausweisung der Kategorien gelöst werden. 5) Mit der Ansicht, daß bei den kategorialen Akten (im Sinne der VI. Unters.) als intuitive Repräsentanten die Momente der Akte der kategorialen Funktionen dienen, kann ich mich nicht [anfreunden] [8]. Es scheint mir, daß hier manche Humesche Anklänge mitgewirkt haben. Speziell bei den prädikativen kategorialen Beziehungen würde diese Stellung eine echte Erfüllung ausschließen und letzten Endes skeptisch sein. Wie es sich in dieser Hinsicht mit den echten logischen Kategorien ("und", "oder" u. dgl. m.) sowie mit den kategorialen Formungen der Gegenständlichkeiten höherer Stufe verhält, weiß ich augenblicklich nicht. Jedenfalls kann mich die Lösung der VI. Untersuchung nicht befriedigen. Die kategoriale Anschauung - wie auch die Wesensanschauung im spezifischen Sinne - muß einer tiefer gehenden Analyse unterworfen werden. Um aber zu dem Problem des Idealismus zu kommen, über welches ich eigentlich schreiben wollte und das mich schon seit einigen Jahren quält: Es scheint mir, daß sich unter diesem Namen verschiedene und grundsätzlich verschiedene Probleme bergen. Gewöhnlich in der Literatur laufen diese Probleme ineinander und oft wird ein System "idealistisch" genannt, das im Grunde nicht so zu nennen wäre. Ich will hier nicht über die Äquivokationen bzw. über alle hier liegenden Probleme reden; aber es scheint mir, daß man in bezug auf Sachen, die uns interessieren, drei Problemgruppen [unterschei-
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den][9] muß. (1) die ontologischen, (2) die metaphysischen (in etwas anderem Sinne als Sie dieses Wort gebrauchen), (3) die erkenntnistheoretischen Probleme. Es bestehen natürlich zwischen allen Gruppen wesentliche Zusammenhänge. 1) Das ontologische Hauptproblem des "Idealismus" scheint mir das Problem der Wesensgemeinschaft (bzw. Identität) zwischen "Sein" (bzw. enger: Realität) und reinem Bewußtsein zu sein. Die Identifizierung der beiden η
Wesen nenne ich "Idealismus". In diesem Sinne ist die Stellung der Ideen zunächst entschieden nicht idealistisch. Niemand hat vielleicht die Wesensheterogenität so stark betont (wie Sie in den Ideen). Indessen - soweit ich Sie verstehe - ändert sich im Laufe der Untersuchung diese ursprüngliche Stellung, so daß im Grunde die Wesensverschiedenheit eigentlich geleugnet wird, oder in die Scheidung zwischen Noesis und Noema umgedeutet. Dies geschieht einerseits dadurch, daß einerseits die Realität (um das Problem enger zu fassen und vom idealen Sein abzusehen) nur als Vermeintes "und darüber hinaus ein Nichts" gefaßt wird, andererseits aber das Wesen des Bewußtseins auf das Noema ausgedehnt wird. Denn im Grunde ist - nach Ihrer Auffassung - ζ. B. das Ding als Korrelat einer unendlichen Wahrnehmungsmannigfaltigkeit nichts anderes als ein noematischer Sinn (und "darüber hinaus ist es ein Nichts"). Noch stärker tritt diese Auffassung hervor beim Eintritt in die konstitutive Betrachtung. Ding bedeutet da nichts anderes als ein System von Noemata-Schichten bzw., wenn es sich um das anschauliche Ding handelt, als eine Schicht in diesem System. Wir kommen am Ende zu der Gleichung: Ding = ein eigentümlich gebautes Noema-Bewußtsein. Sehr deutlich tritt dies noch [hervor] in dem Satz der Ideen, der einen etwas anderen Punkt berührt: "Die Realität... entbehrt wesensmäßig ... der Selbständigkeit. Sie ist nicht etwas in sich Absolutes und bindet sich nur sekundär an Anderes, sondern sie ist im absoluten Sinne gar nichts, es hat gar kein 'absolutes Wesen', es hat die Wesenheit von etwas, das prinzipiell nur Intentionales, nur Bewußtes ist" . Daß Sie zugleich sagen, die Realität sei etwas durch Abschattungen, Bekundungen Gegebenes, das Bewußtsein aber nicht,
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{Selbstverständlich in dem Sinne, daß die Wirklichkeit mit dem Bewußtsein gleichgesetzt wird. (1961)} {Vgl. Ideen, S. 91} {1. c., S. 94. Hier wird die Selbständigkeit berührt, auf die ich gleich zurückkomme.}
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kann bei der Festhaltung der anfänglichen These der Wesensheterogenität als ein innerer Widerspruch im System betrachtet werden. Bei Leugnung der Wesensheterogenität kann diese Behauptung festgehalten werden, denn sie besagt, idealistisch gesprochen, nichts anderes, als daß es im Gebiet des Bewußtseins verschiedenartig gebaute Noemata sowie verschieden geartete Sinnzusammenhänge zwischen Noemata bzw. zwischen verschiedenen Schichten von Noematen, sowie verschieden geartete Zusammenhänge zwischen Akt (Noesis) und Noema gibt. Von etwas dem Bewußtsein Wesensfremdem braucht dabei nicht gesprochen zu werden. Die Noemata selbst sind immanent gegeben und sind absolut Die noematischen Sinnzusammenhänge sind z. B. der Art, daß eine Mannigfaltigkeit von Ansichtsnoematen (die relativ mehr erfüllt sind als das sie durch einen Sinn umspannende Dingnoema) einem anderen Noema zugehört (entweder so, daß es die Mannigfaltigkeit sinngemäß umspannt, oder so, daß es sich als eine neue Sinnschicht (die eventuell zu beseitigen ist) auf dem Ansichtsnoema als ein das Ganze durchgreifender, in der Beziehung des Abgeschatteten zum Abschattenden (vage gesprochen) stehender oberer Sinn konstituiert, der die untere Schicht in bezug auf die Erfüllungszusammenhänge - transzendiert). Dies gebe ich natürlich nur als ein Beispiel aus einer großen Mannigfaltigkeit von solchen Sinnzusammenhängen. Die Konstitutionsprobleme bzw. ein wesentlicher Teil von ihnen (und zwar die noematische Konstitution) sind nichts anderes als das System von Fragen, die diese verschiedenartigen Sinnzusammenhänge in Abhängigkeiten von einander betreffen. Wäre der Idealismus in diesem Sinne haltbar, so wäre die Theorie der Konstitution mit der Metaphysik identisch, ein Teil von ihr mit der Metaphysik der Außenwelt bzw. mit der Naturwissenschaft identisch. Ich vermag mich diesem Idealismus nicht anzuschließen. Die Wesensheterogenität zwischen Bewußtsein und Realität (bzw. allgemeiner: Sein) kann ich nicht aufgeben. Verhältnismäßig klar sehe ich freilich den Wesensunterschied nur in der Gegenüberstellung: reale Außenwelt-Bewußtsein. Wie es sich dagegen mit der Gegenüberstellung: psychisches Subjekt - reines Bewußtsein verhält, sehe ich nicht ganz klar. Bei der Einengung des Problems auf die reale Außenwelt glaube ich den Satz behaupten zu können: "Alles Reale ist räumlich oder im Räumlichen fundiert". Das reine Bewußtsein dagegen ist wesensmäßig raumlos, was keine positive Bestimmtheit, sondern
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eine vollkommene Privation bedeutet. Würde es bloß reines Bewußtsein geben, so würde man überhaupt nicht auf den Gedanken kommen, dem Bewußtsein Raumlosigkeit zuzusprechen. Man würde es ausschließlich mit anderen positiven und dem Raum völlig heterogenen Bestimmtheiten charakterisieren. Das Wesensfaktum der Ausgedehntheit (Ausbreitung) der Empfindungsdaten bedeutet für mich keine Schwierigkeit, denn das ist eben die große Frage, ob Empfindungsdaten als "Bewußtsein" zu betrachten sind! Als eine Grundheterogenität zwischen der realen Außenwelt und dem Bewußtsein betrachte ich den Unterschied der Seinsweise, den Unterschied in der Gegebenheitsweise beachte ich natürlich auch, aber das gehört zu einer anderen Problemgruppe. Als Folge des ersten Satzes ergeben sich Behauptungen der Art wie: Alles außenweltlich Reale und Selbständige ist abstückbar und eventuell durch Trennung zerstörbar oder - insofern es sich um Selbständigkeiten handelt, die nur im Räumlichen fundiert sind, durch Abstückung des Fundierenden zerstörbar (alle Prozesse sind unselbständig). Der Unterschied der Seinsweise besteht darin, daß das außenweltlich Reale wesensmäßig ein "stummes" (dunkles, stilles, unbewußtes) Sein führt, während Bewußtsein eben im Selbst-bewußt-sein existiert (eine sich selbst durchglühende Glut, ein sich selbst (ohne Reflexion) durchlebendes Meinen ist. Sein des Bewußtseins liegt im Vollzug dieses intuitiven Meinens, das hinsichtlich seiner "Helligkeit" verschiedene Grade - wenn das Wort erlaubt ist - bis zum höchsten vollkommenen Bewußtsein (es handelt sich natürlich um lauter qualitativ heterogene Unterschiede) annehmen kann, aber nie völlig fehlen kann und bei jedem Erlebnis als Fundierungsschicht enthalten sein muß (vgl. Brentano und Log. Unters. V.). Diesen fundamentalen Unterschied in der Seinsweise vermag ich nicht zu beseitigen. Ich gestehe gern, daß diese Auffassung - übrigens ist sie gar nicht neu! - mit verschiedenen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Unter anderem ist zu fragen, was die verschiedenen Noemata sind, so weit sie anschauliche Fülle sind. Ich würde sie schwerlich dem "Bewußtsein" im echten Sinne zurechnen können. Andererseits sind sie keine "Dinge" der realen Außenwelt. Müssen sie aber notwendig entweder dies oder jenes sein? In dieser Hinsicht kann eine endgültige Antwort nur die noematische konstitutive Betrachtung geben. Diese aber kann den eben aufgestellten Satz nicht in Frage stellen.
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Und nun einige Diskussionsbemerkungen: Gewiß kann jedes reale Ding ein "intentionaler Gegenstand" sein. Aber dies erschöpft sein Wesen nicht. Außerdem gehört es überhaupt zu seinem Wesen nicht, daß es ein intentionaler Gegenstand ist. Ohne wahrgenommen oder sonstwie vermeint zu sein, kann es existieren. Ein Bewußtsein aber, das in schlichter Weise nicht ein Selbst-durchleben wäre, - fur sich irgendwie gegenwärtig eben im Vollzug der Intuition, was nur ein anderes Wort für das Bewußtsein ist - , ist ein Nonsens. So könnte es nicht sein. Hier liegt der Grund, weswegen wir von den "Durchlebnissen" überhaupt etwas "wissen" können (ohne auf sie reflektiert zu haben). Und das Wesensfaktum, daß das Erlebnis in der Reflexion immer auftritt als ein solches, das schonfrüherwar,10 ist vielmehr nur ein Ausdruck, eine Folgeerscheinung, die ohne die wesentliche Seinsweise des Bewußtseins nicht zustande kommen könnte. (Verzeihen Sie, lieber Herr Professor, alle diese Ketzereien. Aber die müssen heraus. Außerdem ist es eben diese innere Gärung, die mir meine Bergsonarbeit nicht zu beenden erlaubt. Sie muß durchgemacht werden. Es muß viel Falsches in allem, was ich schreibe, stecken, aber von Falschem kann man sich nur befreien, wenn man es sich zunächst als Wahrheit entgegenstellt.) Die Realität ist nur, soweit sie etwas "in sich" ist. Das, wofür sie vermeint werden kann, ist ihr eigentlich irrelevant. Sie ist das, was sie "in sich" ist, und als solche ist sie ein in sich jederzeit vollendetes, allseitig bestimmtes Sein. In der Welt gibt es keine Unbestimmtheit, es sei denn als Unbestimmtheit einer Potenz, die selbst voll bestimmt ist. Schon dadurch (deswegen) kann ich das Ding nicht als die unendliche, sich einstimmig ausweisende und motivierende Wahrnehmungsmannigfaltigkeit der Dingnoemata und auch nicht als den einheitlich diese Mannigfaltigkeit durchwaltenden Sinn (die Idee im Kantischen Sinn) betrachten. Die Ideen sagen an einigen Stellen identisch Dasselbe ("Transzendenz des Dinges")11 und doch - wenn sie das Ding darauf reduzieren, daß es ein Vermeintes und nur ein Vermeintes ist und "darüber hinaus ein Nichts", so leugnen sie freilich die Transzendenz ausdrücklich nicht, aber deuten sie dermaßen um, daß es eigentlich auf diese
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[Vgl.I.e.,§45.] [Vgl. I.e., §42.]
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Leugnung hinauskommt. Denn "Transzendenz" bedeutet dann nur entweder einen bestimmten Bau des Wahrnehmungsnoemas bzw. ein bestimmtes Verhältnis zwischen dem in der Wahrnehmung intendierten Sinn und manchen als Unterbau dienenden anschaulichen Komponenten des Noemas, oder es bedeutet eine bestimmte Beziehung zwischen noematischen Sinnen, die zu verschiedenen Schichten der Objektivation gehören. Ob das aber wirklich als Transzendenz betrachtet werden kann? Ich weiß, die Transzendenz hat, wie alles in der erkenntnistheoretischen Betrachtung, einen "Sinn", und dieser Sinn besteht eben in den angedeuteten Beziehungen bzw. weist sich in ihnen aus, aber ist die Transzendenz ein Sinnzusammenhang? Der Standpunkt der Ideen in den besprochenen Fragen führt zu einem Problem, das unlösbar ist, soweit man nicht ein dem reinen individuellen Bewußtsein fremdes, wirkliches Sein voraussetzt. Eigentlich, streng genommen, gibt es auf dem Standpunkt der Ideen nur ein einziges Bewußtsein, das absolut ist, das nicht einmal "mein" genannt werden darf. Deswegen dürfte man die nähere Bezeichnung "individuelles" ganz streichen. Ich sehe gar nicht ein, weswegen das Sein des anderen Bewußtseins als etwas mehr als nur "Vermeintes" zu betrachten wäre, um so mehr, als die "Einfühlung" in der äußeren Wahrnehmung fundiert ist. Wie die Ideen ganz richtig behaupten, gehört es zum Wesen des Bewußtseins nicht, daß sich in ihm eine Welt 12
konstituieren müßte. Es muß also noch nach einem Prinzip der faktisch vorgefundenen Welt gefragt werden. Vom Standpunkt der Ideen aus kann es natürlich nicht in der Welt selbst gesucht werden. So kommt man auf den Gedanken der Teleologie mit der Setzung der Gottheit, die durch andere "intuitive" Bekundungen gegeben sein würde. Dagegen ist zunächst nichts einzuwenden, obwohl es ohne Hinzunahme irgendeines ethischen Prinzips nur eine Verschiebung des Problems ist. (Dann müßten aber die ethischen Werte transzendent und absolut sein.) Aber ungeachtet dessen bestehen zwei Möglichkeiten: Entweder hat Descartes recht und Gott ist eine clara et distincta percepüo (idea), dann kann er in der Reduktion nicht ausgeschaltet werden, ist immanent und ist im Grunde nichts anderes als die "im Bewußtsein waltende Vernunft". Damit ist aber das Problem nicht gelöst, sondern nur in anderen Terminis gestellt (oder 12
[Vgl. 1. c., § 49.]
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es ist eine Scheinlösung). Oder Descartes hat nicht recht, Gott ist transzendent und kann ausgeschaltet werden. Dann aber sehe ich nicht ein, weswegen Gott ein absolutes Sein, ein "An-sich-Sein" und nicht bloß ein Vermeintes 13
sein soll. Ich begreife es wohl, daß es verschiedenartige Transzendenzen geben kann, aber ist die Gottes-Transzendenz eine Transzendenz (und man behält den Standpunkt der Ideen bei), so ist Gott ebenso ein bloß Vermeintes, und es besteht keine Notwendigkeit, daß Er ein "an sich", ein absolutes Sein sein müßte. Hier kann mich ein Einwand treffen. Sie würden vielleicht sagen: Es liegt nicht an der Transzendenz als solcher, sondern an der bestimmten Art der Welt-Transzendenz, daß die Welt bzw. "Reales" nicht ein "an sich" im absoluten Sinne sein kann. Ich würde darauf zunächst nichts antworten. Aber der Einwand ist mir sehr willkommen, weil er die Frage zum Bewußtsein bringt, weswegen eigentlich das "Reale" nicht ein "an sich" im absoluten Sinne (was nicht "immanent" bedeuten soll, denn das wäre ganz selbstverständlich) sein kann? Was bewirkt es? Dem Sinne der Erfahrung nach ist das (eventuell vermeintlich) Gegebene nur dann "Realität", wenn es nicht meine "Einbildung" ist. Wobei "Einbildung" bedeutet mehr als eine Vermeintheit, die ungenügend motiviert ist. Andererseits bedeutet "Realität" [eventuell eher][10] etwas anderes als "im bisherigen Erfahrungsverlauf genügend motivierte Vermeintheit". Genügende Motivierung einer Vermeintheit in der objektiven Vernunft besagt nicht nur, daß in den Erfahrungssynthesen kein Widerstreit vorhanden ist, sondern vor allem, daß in jedem Glied der Erfahrungssynthesen sich etwas kundgibt, was "an sich" (in sich) ist. Daß ich in den betreffenden Erfahrungsakten auf etwas stoße, das "Nicht-Ich" und nicht Bewußtsein, sondern etwas dem Bewußtsein Fremdes und fur sich Seiendes ist. "Objektiv gültig" meint einerseits "vernünftig motiviert", andererseits "dem Sein an sich entsprechend". Gewiß: die Wahrheit ist, erkenntnistheoretisch betrachtet, eine Adäquation zweier Sinne. Aber es gehört eben zum "Sinne" des Sinnes eines realen Gegenstandes, daß er Sinn dieses Gegenstandes ist, daß er "in" ihm inkarniert ist. Im Moment, wo es diesen Gegenstand nicht gibt, gibt es auch diesen Sinn
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[Vgl. 1. c., § 58]
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nicht. Das bedeutet aber: sowohl dem Sinne der Erfahrung wie dem der Wahrheit nach ist die Realität ein Sein, das vom Bewußtsein, von jedwedem noematischen Sinn verschieden und eine "in sich" seiende Entität ist. Dieses Verschiedensein vom Bewußtsein bzw. vom noematischen Sinn bestimmt eben eine Bedeutung von "Transzendenz". In diesem Sinne schließt die Transzendenz des realen Gegenstandes sein "an sich sein" nicht aus, sondern fordert es gerade, falls der Gegenstand überhaupt existieren soll. Rein ideal gesprochen besteht natürlich die leere Möglichkeit, daß alle Vermeintheiten eben nichts mehr als Vermeintheiten sind, die Möglichkeit irgendeines "transzendentalen Scheins" z. B. à la das Vaihingersche "Als-ob"14 (dessen Wirklichkeit übrigens ausgewiesen werden müßte). Dann aber ändert sich der von mir hier festgehaltene Sinn der Realität nicht, er ist da vielmehr vorausgesetzt - gerade deswegen heißt es "transzendentaler Schein". Andererseits sind diese "Als-ob-Sinne" selbst gar nicht transzendent, wenigstens in dem bisherigen Sinne. Sie sind es natürlich als ideale Gegenständlichkeiten, was ein Problem fur sich ist. Sollte es aber eine Realität geben, so müßte sie notwendig von diesem Als-ob-Sinne prinzipiell verschieden sein. Es gibt aber einen anderen Sinn von der "Transzendenz", die sich in zwei Unterbedeutungen spaltet. (1) In bezug auf eine einzelne Wahrnehmung: der die Wahrnehmung bzw. das Wahrgenommene als solches durchgreifende (in gewissem Sinne der oberste, das Ganze umfassende) Sinn geht (und auf verschiedene sozusagen mehrschichtige Weise) über das wahrhaft Erfüllte hinaus (nicht bloß faktisch, sondern wesensmäßig). (2) Daß der Sinn der Realität (des realen Gegenstandes) über den Erfiillungssinn jeder endlichen Mannigfaltigkeit von Wahmehmungssynthesen notwendig hinausgeht. Schließt vielleicht dieser Sinn von der "Transzendenz" das "An-sichSein" der Realität aus? Es scheint mir, daß er entweder für die uns interessierende Frage ohne Bedeutung ist oder eine Lösung des Problems in meinem Sinne fordert. I. Entweder nämlich betrifft diese Transzendenz nur eine Bestimmtheit des noematischen Baues, dann ist sie für unsere Frage irrelevant. Ebenso verhält es sich, wenn der "Sinn des realen Gegenstandes" im obigen Satze (2) als eine Bedeutung bzw. ein Begriff (oder ein Wesen) gefaßt wird. In diesem
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[Vgl. Hans Vaihinger, Die Philosophie des Als Ob, Berlin 1911.]
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Falle handelt es sich nämlich um eine Beziehung zwischen zwei verschiedenartigen Sinnen, und wie diese Beziehung auch aussehen mag, sie ist jedenfalls fur die Frage, ob die Realität ein "in sich Seiendes" ist, ohne Bedeutung.15 II. Oder bedeutet der (Ausdruck) "Sinn des realen Gegenstandes" den in dem realen Gegenstande irikarnierten Sinn. Dann aber fordert diese Transzendenz, daß der reale Gegenstand "an sich" sei, denn dann nur kann der "Sinn des realen Gegenstandes" existieren und in der Transzendenzbeziehung zu [den] Erfüllungsmannigfaltigkeiten stehen. Als prinzipiell andere Probleme betrachte ich die sich hier aufdrängenden Probleme der Ausweisung. Im konkreten Falle die Frage: was berechtigt uns, den inkarnierten Sinn der Realität bzw. die Realität selbst zu setzen. Diese Frage fuhrt zu einem neuen Sinn von Transzendenz und steht mit einer neuen Reihe von Problemen - Ausweisungsfragen, erkenntnistheoretischen Fragen - im Zusammenhang. Diese werden wir später besprechen. Hier sei nur bemerkt, daß man folgende zwei verschiedene Sachen nicht vermengen darf: Die eben berührte Transzendenz im neuen Sinne besteht darin, daß der Seinsmodus der Realität über den in endlicher Erfahrungsmannigfaltigkeit ausweisbaren (erreichbaren) Setzungswert hinausreicht Ohne uns mit diesem wesentlich erkenntnistheoretischen Satze hier zu beschäftigen, bemerke ich: man soll den Seinsmodus mit dem Setzungsweit nicht vennengen. Meidet man diese Vermengung, so ist der von mir angestrebte Sinn von der Realität gesichert. Vollzieht man aber diese Vermengung bzw. identifiziert man bewußt beides auf Grund der Voraussetzung Realität=noematischer Sinn=Bewußtsein, so muß man zugeben, daß dann eigentlich kein Grund zu der Aufstellung der Transzendenz m bestünde oder daß, wenn der betreffende Satz über die Transzendenz ΠΙ richtig wäre, man auf einen ganz unerhörten Widersinn innerhalb der Bewußtseinssinnzusammenhänge stoßen würde. Dieser Satz birgt aber gar keinen prinzipiellen Widersinn, falls man die (angedeutete) Vermengung meidet So sehe ich - wenigstens der bisherigen Betrachtung nach - den Grund nicht, der das "An-sich-Sein" (das mehr als intentionale Sein) der Realität
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Die letzte Bedeutung des Wortes kann nicht in Betracht kommen, da ein Wesen als Wesen zur Realität nicht in der oben angedeuteten Transzendenzbeziehung stehen kann.
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ausschließen würde. Es ist jetzt bloß die Frage, ob und was dieses Resultat erschüttern [könnte][ll]? Natürlich kann ich [mich] irren. Aber den Fall vorausgesetzt, daß die obigen Behauptungen eingesehen [worden] sind, ist zu fragen, ob es eine Möglichkeit gibt, die das Gesagte in Frage stellen könnte. Es war eine Sinn- bzw. eine Wesensuntersuchung des konstituierten Sinnes der Realität. Sie ist richtig, wenn es ein "Wesen"16 gibt, das den hier aufgestellten Behauptungen adäquat entspricht. Was verbürgt uns diese Existenz (vorausgesetzt die Gegebenheit)? Das Wesen selbst ist natürlich bewußtseinsfremd. In diesem Sinne ist es transzendent. Dem Satze über die apriorische Erkenntnis nach gibt es zu diesem Wesen einen Akt, in dem es adäquat erschaubar ist. Die Transzendenz Π und m besteht also nicht. (Gegebenheit durch Abschattungen gibt es hier natürlich nicht. Eine ganz genaue Analyse der diesbezüglichen Sachlagen wäre notwendig, sie ist bis jetzt nicht geleistet.) Nach dem Satz über das Apriori ist diese Erkenntnis unerschütterbar. Anders gesprochen: "es gibt" das zugehörige Wesen. Es ist also möglich, eine absolut zu setzende Erkenntnis von einem transzendenten (I) Gegenstand zu haben. Dann kommt der Gedanke: bleibt alles bestehen, wenn man eine konstitutive Betrachtung durchführt? Zunächst, was bedeutet eine "konstitutive Betrachtung"? Es scheint mir, daß es verschiedenartige Problemgruppen gibt, die unter diesem Namen zu führen wären. Vor allem: (I) Konstitution als statischer Aufbau des Aktes und des Noemas. Die Herausstellung verschiedener Momente des Noemas und des Aktes, die Erfassung der Funktion, die einzelne dieser Momente spielen, sowie der Sinnzusammenhänge und Abhängigkeiten, die zwischen den Momenten bestehen bzw. die zwischen Noema - Noesis (Akt) bestehen. Konkret: Wie ein vorgegebenes Akt-Noema gebaut ist. (Eidetisch). {Ich gebrauche hier das Wort "Wesen" gemäß Husserls damaliger Terminologie. Heute würde ich stattdessen entweder das Wort "Idee" oder "idealer Gegenstand" oder schließlich "Wesenheit" (jakoéé idealna) verwenden - je nach dem Zusammenhang und zugleich in Gegenüberstellung zum Ausdruck "das Wesen von etwas" (ζ. B. das Wesen von Adam Mickiewicz oder das Wesen des Hauses, in dem ich wohne). Diese Unterscheidung habe ich jedoch erst in meiner Habilitationsschrift "Essentiale Fragen" (1925) durchgeführt, die, 1924 in polnischer Sprache zum Habilitationskolloquium vorgelegt, bisher im Polnischen nicht erschienen ist (1961) [Die genannte Abhandlung ist in polnischer Version in Ingarden (1972) erschienen.]}
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2) Daran schließt sich eine tiefergehende Betrachtung mit dem leitenden Gedanken an: Wie muß ein Akt-Noema gebaut sein, falls der oberste Sinn des Noemas ein bestimmter sein soll (damit er es sein könnte)[?] Das heißt: was in den die unteren Schichten bildenden Momenten enthalten sein muß bzw. wie die Grenzen der Variabilität in den einzelnen Momenten [verlaufen][12] können, damit der oberste Sinn des Noemas als gegebener auftreten könnte (zugleich, was in den Aktmomenten enthalten sein muß). Bei (1) stehen wir auf dem Boden der absoluten Faktizität, obwohl es ei17
ne eidetische Betrachtung ist. Der oberste Sinn (der volle Satz) des Noemas wird als gültig vorausgesetzt (als rechtmäßig), ebenso die Existenz des Aktes, und die Frage geht nur nach dem wesensfaktischen Aufbau. Im zweiten Falle ist der volle Sinn des Noemas vorausgesetzt und es wird nach den in dem Aufbau des Noemas und des Aktes gründenden Bedingungen der Möglichkeit - den notwendigen und den hinreichenden - gefragt. Es wird eigentlich einem noematischen obersten vollen Sinn eine Sphäre von "möglichen" Noemata und Akten zugeordnet. Die Variabilitäten, die da auftreten, sind auch "statisch" zu fassen. Oder anders gesprochen: wir betrachten ein einzelnes - aus dem Bewußtseins- bzw. Noema-Strom herausgefaßtes Noema-Akt. Wir verfolgen hier nicht die kontinuierlichen Synthesen, die zwischen mehreren Akten-Noematen zustande kommen können, und die eventuellen Abhängigkeiten des Sinnes eines bestimmten Noemas von anderen Noematen (Akten) und den synthetischen Zusammenhängen. 3) [Es] folgt eine Betrachtung der kontinuierlichen Synthesen zwischen Noematen-Akten und weiterhin der hier obwaltenden Gesetzmäßigkeiten in betreff der Bedingungen der Möglichkeit der anschaulichen Gegebenheit der Sinne (der Noemata). 4) Konstitutive Rechtsbetrachtung. Hier liegt die Stätte der letzten erkenntnistheoretischen Entscheidungen. Der Gang der Betrachtung ist ein umgekehrter als in den vorigen Fällen. Nicht der Oberste, volle noematische Sinn (eines schlichten Aktes zunächst, dann der höher gebauten, fundierten 17 {Das ist ein von Husserl in den Ideen (vgl. § 133) eingeführter Terminus. Nur ein Spezialfall davon wäre das, was das Korrelat eines "Satzes" bildet, insbesondere also der vermeinte Sachverhalt Dies kann hier ohne detaillierte Bezugnahme auf Husserls Texte nicht genauer ausgeführt werden. Ich setzte hier natürlich aberall voraus, dafi diese Texte bekannt seien, denn es handelt sich ja um einen Brief an den Verfasser der Ideen. (1961)}
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usw. Akte) wird als "gültig" vorausgesetzt, sondern die letzten, ursprünglichen, in sich nicht mehr "konstituierten" ("untersten") Elemente des Noemas müssen als absolute Faktizitäten festgestellt und wesensmäßig ihrem Gehalt und ihrer Form nach untersucht werden. Und es muß weiterhin untersucht werden, ob der Gehalt (und die Form) dieser Elemente sowie der weitere Bau des ganzen Noemas sowie des zugehörigen Aktes der Art sind, daß ein zu setzender noematischer oberster Sinn bei dem Enthaltensein jener Elemente 18
im Noema notwendig gegeben sein muß. Als Richtschnur dient hier ein ursprünglicher Gegensatz zwischen "subjektiv" (bewußtseinsartig) und "objektiv" (dem Bewußtsein fremdes "An-sich-Sein"). Als Ausgang muß die absolute Erfassung des Wesens des Bewußtseins (des Aktes) dienen. Andererseits müssen, wie gesagt, die letzten (untersten) ursprünglichen Elemente des Noemas in ihrer absoluten Faktizität festgestellt und wesensmäßig untersucht werden, endlich muß der Gehalt der anzusetzenden (gegenständlichen) noematischen Sinne klar erfaßt sowie auch der Sinn der "Objektivität" zunächst vorkonstitutiv untersucht werden, um dann als das Anzusetzende und zu Setzende (falls es sich in der Konstitution als gültig ausweist) hingestellt zu werden. Der oberste Sinn des Noemas (Gegenstandsnoema) weist sich dann als "gültig" aus, wenn - wie gesagt - der Gehalt und die Form der letzten ursprünglichen Elemente (Momente) der Art sind, daß bei ihrem Enthaltensein im Noema jede der aufeinander gebauten Schichten bis zum Gegenstandsnoema des betreffenden Erkenntniserlebnisses (Akt plus Noema) notwendig vorhanden bzw. gegeben sein muß. Aber diese Notwendigkeit kann man noch verschieden verstehen. Man könnte meinen: der noematische Sinn ist (sei?) "notwendig", soweit ein entsprechender Akt (bzw. [eine] Aktkomponente) existiert. Indessen nicht um diese Notwendigkeit handelt es sich. Gewiß, es besteht eine notwendige Korrelation zwischen Noesis und Noema, so daß einer bestimmten Intention ein ganz bestimmtes Intendiertes (als solches) notwendig entspricht. Die Feststellung dieses Zusammenhanges aber würde uns bei unserem Ziele der Herausstellung der Geltung der betreffenden Erkenntnis sowie der Existenz des letztlich "Objektiven" nichts helfen. Vielmehr handelt es sich hier um eine Notwendigkeit, die nicht ausschließ18
{Genauer gesagt: in dessen letzter Grundlage und in den sich sukzessiv aufeinanderbauenden noematischen Konstitutionsschichten. (1961)}
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lieh in den Akten gründet Genauer gesagt: Jeder Akt führt ein Vermeintes mit sich, aber auch umgekehrt sind die Akte (bzw. manche von den Akten) wesensmäßig durch Elemente des Noemas motiviert Es handelt sich also um die Frage, ob die Akte, korrelativ die noematischen Sinne, die konstitutiv auszuweisen sind, eben durch die letzten ursprünglichen noematischen Elemente notwendig motiviert sind oder ob ihr Vorhandensein auf andere außernoematische Momente relativ ist, so daß auch der oberste noematische Sinn an dieser Relativität teilhat. Jeder Akt bedeutet Aktivität und diese Aktivität ist in vielen Fällen unentbehrlich zur Erfassimg des Gegenstandes. Im Bereiche dieser Aktivität muß man aber zwischen einer konstruktiven und "willkürlichen", eventuell durch andere als rein erkenntnismäßige Motive bedingten Aktivität und der Aktivität unterscheiden, die als passive, den noematischen letzten Elementen ihrem Sinne nach folgende Aktivität zu bezeichnen wäre. Jedem noematischen Element folgt eine "Auffassimg" (Akt) und korrelativ ein Aufgefaßtes als solches. Wenn dieses "folgen" ein derartiges ist, daß der "Akt" den noematischen Elementen passiv-aktiv folgt (wobei eine mehrfache Übereinanderbauung möglich ist: noematisches ursprüngliches Moment - Auffassung I, - Aufgefaßtes I - Auffassung Π, Aufgefaßtes Π - bis zum obersten noematischen Sinn) und ausschließlich durch letzte noematische Elemente (bzw. durch schon als "gültig" ausgewiesene noematische Sinne) motiviert ist, so ist der noematische oberste Sinn notwendig gegeben, der Gegenstand weist sich als existierend aus. Diese Notwendigkeit ist natürlich keine reine. Sie ist durch die absolute Faktizität der ursprünglichen noematischen Elemente verunreinigt, bedingt. Im entgegengesetzten Falle weist sich der Sinn konstitutiv nicht aus (obwohl er ein in der vorkonstitutiven Betrachtung vermeintlich gegebener ist), der Gegenstand existiert nicht "an sich", er ist in irgendeiner Weise "relativ". Die konstitutive Rechtsbetrachtung zerfällt in zwei Problemgruppen: (1) Die Ausweisung der materialen Sinne - materiale konstitutive Rechtsbetrach19
tung (Metaphysik bzw. ihr Grundstück ) und (2) die Ausweisung der Kategorien - formal konstitutive Rechtsbetrachtung (formale Rechtslehre der Kategorien). 19
{Heute würde ich die Metaphysik nie so auffassen. Vgl. meinen Streit tan die Existenz der Welt, Bd. 1(1961).}
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S) Konstitution als ideelle Genesis der Noemata. Im Hinblick darauf, daß in der Reihe der Noemata, die zu einem identischen Gegenstand gehören, manche Noemata derart die Sinne der anderen bedingen, daß sie "früher" erfaßt werden müssen (als dieselben), kann man die Zusammenhänge, die zwischen einzelnen (und in verschiedenen Objektivierungsschichten liegenden) bestehen, im Sinne einer Aufeinanderfolge auffassen, so daß dann die durch einen identischen Gegenstandssinn umspannte Mannigfaltigkeit der Noemata als eine Entwicklungsreihe (bzw. Continuum) des endgültig konstituierten noematischen Sinnes aufgefaßt werden kann. Die Herausstellung der diesbezüglichen Gesetzmäßigkeiten (die natürlich nicht nur die Sphäre der Noemata, sondern auch die der Akte umspannen würden) sowie der hier vorliegenden Möglichkeiten bildete eine ideelle Genesis der noematischen Sinne. Eine noetisch gerichtete, aber wesentlich auf die noematische Sphäre bezogene Untersuchung - mit Berücksichtigung individueller Unterschiede bzw. Typen - würde da eine ideelle Entwicklungstheorie möglicher Typen der Erkenntnissubjekte (Instinkt, Intellekt usw.) sein. Alles in der Sphäre der Immanenz. Hier wäre ein Teil der apriorisch-theoretischen Grundlagen der genetischen Psychologie zu suchen. Ein genauer Entwurf der Problematik der soeben angedeuteten Untersuchungssphären, sowie der Bedingungen der Möglichkeit einer jeden der Untersuchungen, ist eines der wichtigsten Aufgabenthemata, [das][13] sobald wie möglich zu erledigen wäre. Jetzt können wir zu unserem eigentlichen Thema zurückkehren. Die Frage war: kann etwas unser Resultat (unter der Voraussetzung des Ausschlußes eines "Fehlers" in der Betrachtung) über das Wesen der Realität in Frage stellen? Die Antwort liegt jetzt nahe. Um sie aber vollständig zu machen, ist noch folgendes zu bemerken. Es ist zwischen absolut reinen Wesen, denen prinzipiell keine Realisierungen entsprechen können, (z. B. die geometrischen Gegenständlichkeiten) und Wesen, die Realisierungen (Wesen in der Realisierung) zulassen, [zu unterscheiden]. Die ersten existieren, soweit sie in einem einheitlichen Anschauungssinn erfaßbar sind. Die Bedingung ihrer Existenz macht die Gesetzmäßigkeit der entsprechenden Anschauung aus. Die anderen dagegen sind durch das Wesen des konkreten Seins als solchen bedingt und existieren als Wesen nur, soweit sie die durch das Wesen des konkreten Seins vorgeschriebenen Bedingungen erfüllen. Anderer-
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seits gibt es Wesen, die existieren müssen, falls es andere ganz bestimmte Wesen gibt. Im ganz radikalen Sinne des Wortes gibt es überhaupt kein einziges solches Wesen, das notwendig existieren müßte. Irgendwo müssen wir notwendig auf ein Faktum der Existenz stoßen. Nun gibt es innerhalb dieser Fakta solche, deren Seinsthesis - im Moment, wo sie einmal da ist eine unaufhebbare (jeden Zweifel ausschließende) "absolute" ist, und andere, wo dies nicht statthat. Zugleich gibt es unter den Wesen, die Inkamierungen im konkreten Sein zulassen, solche, deren Inkamierungen eine absolute Seinsthesis aufweisen, unter den letzteren wiederum solche, die unabhängig [und] andere, die - wegen der früher besprochenen konstitutiven Rechtszusammenhänge - notwendig existieren müssen, falls die ersteren existieren. Durch die immanente bzw. absolute Erfassung der Inkamierungen der ersteren ist zugleich die Existenz der anderen absolut gesichert. Jetzt können wir sagen, was uns eine konstitutive Betrachtung nach der Erfassung des Sinnes der Realität geben kann. Eine Erfassung des Sinnes (bzw. des Wesens) ist als eine apriorische Erkenntnis unbezweifelbar, falls sie eben eine strenge Erfassung ist. Nicht alles aber, was "gegeben" ist, ist rechtmäßig, "wirklich" gegeben. Die konstitutiven Betrachtungen, I-IV, und vor allem die IV konstitutive Rechtsbetrachtung, können uns erstens sagen, ob die vermeintliche Erfassung eine wirkliche Erfassung ist. Zweitens aber kann uns die konstitutive Betrachtung sagen, ob der Sinn (das Wesen) der Realität notwendig existiert (seil, objektiv im oben angedeuteten Sinne), rechtmäßig ist oder nicht, falls die ursprünglichen Elemente des Noemas absolut festgestellt sind. Sollte dies wirklich der Fall sein, dann ist unser Resultat betreffs des Wesens der Realität gesichert. Im anderen Falle sind zwei Möglichkeiten vorhanden: 1) Die Erfassung war keine "wirkliche". Dann muß eben ausgewiesen werden, daß und weswegen es der Fall ist; zugleich muß - falls die Idee der Realität keine in sich absurde ist (was ebenso auszuweisen wäre, wenn ...) ein anderer, und zwar der "richtige" Sinn der Realität herausgestellt werden. 2) Die Erfassung war eine "wirkliche" Erfassung, der Sinn der Realität ist der von uns intendierte, aber er ist nicht "notwendig". Er ist auf irgend etwas relativ, er ist eine "Konstruktion" und erschöpft sich darin. Es wäre in diesem Falle rechtmäßig nicht zu "begründen", daß die Realität ein An-sich-Sein ist. Sie prätendierte freilich das zu sein, diesen Sinn zu haben, aber es wäre nur
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eine relative Vermeinung. Dann aber müßte zugleich gezeigt werden, wie es kommt, daß es zu dieser Prätention kommt (zu einem transzendentalen "Alsob"). So mündet das ontologische Ausgangsproblem in eine erkenntnistheoretische Betrachtung. Bevor wir aber dazu übergehen, wollen wir andere ontologische Probleme der "Idealismus-Frage" andeuten. Vorausgesetzt zunächst mal, daß der Sinn der Realität wirklich so zu fassen ist, wie ich es getan habe, und daß er auch in der konstitutiven Betrachtung erhalten bleibt, daß also alles Reale ein An-sich-Sein ist und die reale Außenwelt ein dem Bewußtsein Wesensfremdes ist, entsteht zunächst eine ontologische Frage: Ist das Wesen der Realität ein selbständiges Wesen und speziell ein dem Wesen des Bewußtseins gegenüber selbständiges Wesen als Wesen - oder nicht? Prinzipiell gesprochen liegen 4 Möglichkeiten vor: 1) Realität (als Wesen) unselbständig, das Wesen-Bewußtsein aber selbständig, d. h. daß es ohne das Wesen Realität existieren könnte. 2) Wesen der Realität und Wesen des Bewußtseins - selbständig. 3) Wesen der Realität selbständig, Bewußtsein unselbständig. 4) Beides unselbständig und aufeinander angewiesen. Soviel ich sehe, verhalten sich die Sachen folgendermaßen: {Hier bricht der Text des Broullions ab. Ich kann mich auch nicht mehr daran erinnern, wie der Brief endete. Es ist klar, daß die letzgenannte Unterscheidung zu vier möglichen Lösungen des "Realismus-Idealismus"-[Streites] führt, doch habe ich diese Lösungen aus jener Zeit in meinen alten Papieren nicht mehr gefunden. Wer aber meine späteren Arbeiten kennt, der sieht, daß dieser Brief, trotz seiner ganzen Skizzenhaftigkeit und vieler Unklarheiten, dennoch die Keime von meinen verschiedenen späteren Auffassungen enthält, von der Abhandlung "Über die Gefahr einer petitio principii in der Erkenntnistheorie", die ich im Herbst und im Winter 1918/19 geschrieben habe und von der ein Teil unter dem angeführten Titel veröffentlicht worden ist, bis hin zum Streit um die Existenz der Welt. Der Brief enthält auch eine Skizze von den Problemen, mit denen ich mich in einer Reihe meiner bisher nicht veröffentlichten Arbeiten auseinandergesetzt habe - wie in der Einleitung in die Erkenntnistheorie oder in den mehij ährigen Untersu-
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chungen über die äußere Wahrnehmung, die nur einige Male in meinen Universitätsvorlesungen in Lemberg (1926) und in Krakau (1948-50) bekanntgegeben wurden. Auch gegenüber den Ansichten Husserls bringt dieser Brief eine Reihe von kritischen Bemerkungen und theoretischen Gegenvorschlägen, die fur Husserls weitere Untersuchungen nicht ohne Bedeutung waren. Ungeachtet vieler Mängel dieser skizzenhaften und sehr unvollständigen Bemerkungen gibt es also gute Gründe, diesen Brief zu veröffentlichen, zumal die letzte, an Husserl im Sommer 1918 geschickte Redaktion verloren gegangen ist. Der Brief zeigt auch, wie früh meine Bedenken gegen den Idealismus Husserls aufgekommen sind. Neben meinen "Bemerkungen zu den Méditations Cartésiennes Edmund Husserls" ist er schließlich ein Beleg dafür, daß ich meinen kritischen Standpunkt zum Idealismus vor Husserl nicht verhehlt habe, sondern mit ihm darüber offen diskutiert habe. Und zwar sowohl in sehr vielen meiner Briefe aus den Jahren 1918/1938 als auch in den mündlichen Diskussionen, die ich mit ihm in Freiburg während meiner Besuche in den Jahren 1927, 1928, 1934 und 1936 geführt habe. Für Husserl habe ich übrigens angefangen, meinen Streit um die Existenz der Welt zu schreiben, und ihm habe ich auch in der zweiten Festschrift von 1929 meine erste Skizze der ganzen Problematik des Idealismus gewidmet, eine Skizze, die danach im Streit zum Teil wenigstens revidiert wurde. Der vorliegende Brief bildet das erste Glied dieses theoretischen Prozesses, der eigentlich mein ganzes wissenschaftliches Leben ausgefüllt hat.}
Bemerkungen zum Problem "Idealismus-Realismus" (1929)1 § 1. Einleitung Die in der Geschichte der neueren Philosophie so oft wiederkehrende Streitfrage zwischen dem sogenannten "Idealismus" und [dem] "Realismus" ist trotz bedeutender Versuche noch nicht entschieden: noch immer gibt es zwei sich bekämpfende und zum Teil sich gegenseitig bsnicht verstehende Parteien. Der Grund dafür liegt hauptsächlich darin, daß diese Streitfrage in Wirklichkeit eine Reihe von verschiedenen Problemgruppen in sich birgt, welche bis jetzt nicht reinlich geschieden und deren Beziehungen nicht näher geklärt wurden. Es scheint mir unumgänglich zu sein, vor allem diese Aufgabe zu lösen. Die folgenden Bemerkungen sollen die Grundlinien ihrer Lösung betreffen2. § 2. Die Voraussetzungen und die vorläufige Formulierung der Streitfrage Wie jede Streitfrage ergibt sich auch die unsrige aus einer Reihe von Voraussetzungen. Ich will mich auf diejenigen beschränken, welche der heutigen Problemsituation, wie sie sich aus den Untersuchungen E. Husserls ergibt, entsprechen. Es sind die folgenden: 1. Es sind zunächst mindestens zwei Seinssphären individueller Gegenständlichkeiten zu unterscheiden: a) die Sphäre des "reinen Bewußtseins" in dem von E. Husserl bestimmten Sinne
[Zueist erschienen in: Jahrbuch fior Philosophie und phänomenologische Forschung. Ergänzungsband, Festschrift, Edmund Husserl zum 70. Geburtstag gewidmet, Halle a.d.S. 1929, S. 159-190.] Neuerdings hat Max Scheler in seinem Aufsatz "Idealismus-Realismus" (vgl. Philosophischer Anzeiger Q, 3 [Bonn 1927]) den Versuch gemacht, die hier in Betracht kommenden Problemgruppen abzugrenzen. Wenn ich hier einen neuen Versuch in dieser Richtung mache, so tue ich es deswegen, weil die in dieser Hinsicht zum Teil sehr wertvollen Ausführungen Schelers doch nicht den Kem der Sache treffen und zugleich mit verschiedenen ungeklärten metaphysischen Voraussetzungen belastet sind Außerdem beabsichtigt Scheler, eine positive Lösung des Problems zu geben, während ich mich hier auf die Herausstellung der Problematik beschranken will.
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und b) diejenige der "realen Welt" . - 2. Die zu der realen Welt gehörenden realen Gegenständlichkeiten sind in Bewußtseinsakten der sogenannten "Erfahrung" - und zwar in der "natürlichen Einstellung" - als daseiende und so oder anders beschaffene originär selbstgegeben. - 3. Diese Gegenständlichkeiten, ebenso wie die ganze reale Welt, sind den Akten des reinen Bewußtseins gegenüber, in welchen sie gegeben sind, "transzendent". Das heißt: kein Element der realen Welt - sei es ein "Ding", sei es eine dingliche Beschaffenheit, sei es ein Prozeß - ist reeller Teil des Bewußtseinsaktes, in welchem es gegeben ist4. - 4. Aus bestimmten, hier nicht näher zu erörternden Gründen ist das Sein des reinen Bewußtseins unbezweifelbar und absolut. Dagegen ist das Sein der realen Welt bzw. ihrer Elemente, trotz ihrer originären Selbstgegebenheit in Erfahrungsakten, prinzipiell bezweifelbar. Auf den ersten Blick scheint die Streitfrage sehr einfach zu sein: sie bezieht sich auf die Existenz oder Nichtexistenz der realen Welt und ergibt sich aus der Differenz in der Bezweifelbarkeit des Seins der beiden Seinssphären bzw. aus der Transzendenz der realen Welt. Ließe sich zeigen, daß es keine reale Welt gibt, so bliebe bloß die eine Seinssphäre des reinen Bewußtseins übrig, und die sogenannten "Idealisten" hätten recht. Im entgegengesetzten Falle wäre der Standpunkt des "Realismus" der richtige. § 3. Das Postulat einer Differenzierung der Probleme und einer Abgrenzung der verschiedenen Problemgruppen Die Bezweifelbarkeit, von welcher im vorigen Paragraphen die Rede war, bezieht sich aber nicht nur auf das bloße Sein der realen Welt, sondern auch auf ihr gesamtes Sosein. Denn sie gründet u. a. in den Eigentümlichkeiten der
Jede andere Gegenüberstellung - ζ. B. der "Innenwelt" und der "Außenwelt" u. dgl. - führt zu unvermeidlichen Schwierigkeiten und erlaubt nicht, die eigentlichen Probleme rein herauszustellen. Zu dem Begriffe der "Transzendenz" gehört nach H. Conrad-Martius auch, daß der im Vollzug begriffene Bewußtseinsakt, insbesondere derjenige des gegenständlichen Vermeinens - in die Schicksale der realen Welt nicht einzugreifen vermag. [Vgl. H. ConradMartius, "Zur Ontologie und Erscheinungslehre der realen Außenwelt", Jahrbuch fiir Philosophie und phänomenologische Forschung 3 (1916), S. 390.] Indessen setzt diese Behauptung schon eine besondere Entscheidung über das materiale Wesen des Bewußtseins voraus, die bei der Stellung des Problems nicht gemacht werden darf.
Differenzierung der Probleme
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Erkenntnisweise (der sogenannten "Erfahrung") von der realen Welt5. Erstreckt sie sich aber so weit, so wird damit die zu den Voraussetzungen der Streitfrage gehörende Unterscheidung der realen Welt von dem reinen Bewußtsein sowie auch der auf Grund der Erfahrungserkenntnis gewonnene Begriff der realen Welt und ihrer Realität, also eines besonderen Seinsmodus, in Frage gestellt. Dadurch wird aber zugleich die richtige Fassung der Streitfrage in ihrer zunächst gegebenen Formulierung zum Problem, und es erwächst die Aufgabe, den Sinn der Frage aufs neue und dem Problem gemäß zu bestimmen, was nicht ohne eine Voruntersuchung geschehen kann. Dazu zwingen uns noch andere Gründe. Die zunächst scharfe und einfache Gegenüberstellung der beiden möglichen, sich gegenseitig ausschließenden Beantwortungen des Problems verliert ihre Einfachheit, sobald nach dem Seinsmodus der eventuell anzunehmenden "realen Welt" und nach den existentialen Beziehungen der letzteren zu dem reinen Bewußtsein gefragt wird. Daß die einfache und radikale Gegenüberstellung zwischen Sein und Nichtsein hier nicht ausreicht, sondern eine weitere Differenzierung der möglichen Fälle erforderlich ist, ersieht man schon aus der Tatsache, daß viele bedeutende Forscher, die sich zum "Idealismus" bekennen, mit aller Schärfe den Einwand zurückweisen, sie hätten die Existenz der realen Welt geleugnet. Gewöhnlich macht man dabei die Unterscheidung zwischen einer von dem reinen Bewußtsein abhängigen und einer von ihm unabhängigen Existenz der realen Welt. Nach Einführung dieser Unterscheidung ergäben sich nicht zwei, sondern mindestens drei mögliche Beantwortungen der Streitfrage. Indessen ist der Ausdruck "seins-abhängig" - wie auch Max Scheler mit Recht bemerkt - noch vieldeutig genug, um weitgehende Verwirrungen hervorzurufen. Eine genauere Untersuchung der Momente der möglichen Seinsmodi zeigt auch, daß die Zahl der von vornherein möglichen Lösungen des Problems noch viel größer ist. Aber im Zusammenhang damit muß auch die Streitfrage eine entsprechende Differenzierung erfahren. Unsere Streitfrage gründet, wie schon erwähnt, in der von beiden Parteien zunächst anerkannten Bezweifelbarkeit des Seins der realen Welt, welche ihrerseits auf bestimmte Besonderheiten der empirischen Erkenntnisweise
Vgl. die diesbezüglichen Untersuchungen E. Husserls in den Ideen zu einer reinen Phänomenologie, JahrbuchfiirPhilosophie, Bd. I.
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von der letzteren zurückgeführt wird. Es scheint demnach, daß ausschließlich Motive erkenntnistheoretischer Natur zu der im Grunde metaphysischen Streitfrage fuhren und daß auch die letztere nur auf erkenntnistheoretischem Wege gelöst werden kann. Indessen sind es nicht nur besondere Eigentümlichkeiten der Erkenntnisweise, sondern auch die ihrem Wesen nach ontologische Tatsache, daß die realen Gegenständlichkeiten den Bewußtseinsakten gegenüber wesensmäßig transzendent sind, die zu der prinzipiellen Bezweifelbarkeit des Seins der realen Welt und somit zu unserer Streitfrage führten. Infolgedessen kompliziert sich die Problemsituation: zwecks der Lösung einer metaphysischen Frage müssen neben den erkenntnistheoretischen auch rein ontologische Probleme in Erwägung gezogen werden. Im Zusammenhang damit entsteht aber die Vermutung, daß die Heterogenität der Motive und Probleme, welche zu der Streitfrage fuhren bzw. zu ihrer Lösung beitragen, eine Heterogenität in die Streitfrage selbst einfuhren und daß sich somit die eine Frage in viele verschiedene Fragen bzw. Fragengruppen differenzieren kann. Wäre es wirklich so, dann würde es einen methodischen und sachlichen Fehler bedeuten, die Streitfrage in undifferenziertem Zustande zu belassen. So erscheint auch aus diesem Grunde eine Voruntersuchung unentbehrlich. § 4. Die drei Hauptgruppen der Probleme Ich fange mit der Gegenüberstellung von drei verschiedenen Fragengruppen an, um nachher ihre Beziehungen und Verkoppelungen, wie auch ihre Rollen in dem gesamten Fragenkomplex, zu umschreiben. Man muß nämlich die in Betracht kommenden 1. ontologischen, 2. metaphysischen und 3. erkenntnistheoretischen Probleme einander gegenüberstellen. Dabei fasse ich hier der Einfachheit halber den Begriff der Ontologie etwas weiter als dies E. Husserl in seinen Ideen tut. Ich verstehe nämlich darunter jede apriorische Untersuchung der Gehalte von Ideen6, welche zu einem durch eine regionale Idee geeinten Gebiet gehören und Ideen von Sews-entitäten sind. Unter die Ontologie in diesem Sinne fallt also auch die
Ober "Idee" und "Gehalt der Idee" vgl. meine "Essentialen Fragen" (Halle 1925; auch im Jahrbuch fiir Philosophie, Bd. VE, S. 125 ff.). [Vgl. auch Ingarden (1964/65), §§ 6 und 49-51.]
Die existential-ontologischen Probleme
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Phänomenologie des reinen Bewußtseins, das für sich selbst - ungeachtet der weitgehenden Unterschiede, die es vor allen sonstigen Seinsregionen auszeichnen und die hier gar nicht geleugnet werden sollen - auch eine bestimmte Se/ws-region bildet. Den Ontologien stelle ich die Metaphysik gegenüber - ohne hier ihre Möglichkeit und ihre Grenzen zu erwägen - und verstehe darunter eine Untersuchung, die auf das Wesen der faktisch existierenden Seinsregionen (bzw. Elemente der letzteren), ihrer Beziehungen zueinander und ihres letzten Seinsgrundes gerichtet ist und über ihr wesensmäßiges faktisches Sosein und Dasein zu entscheiden hat Unter den erkenntnistheoretischen Problemen endlich befasse ich hier - wiederum der Einfachheit halber - sowohl die Probleme der reinen Erkenntnistheorie, wie auch der η verschiedenen angewandten Erkenntnislehren . § 5. Die drei Gruppen der ontologischen Probleme Die ontologischen Probleme, die hier in Betracht kommen, lassen sich wiederum in drei Gruppen einteilen: 1. in die exirtentíaZ-ontologischen, 2. die ybma/-ontologischen und 3. in die materürf-ontologischen Probleme. Die Grundlage für die ganze Betrachtung muß durch klare Herausstellung des fFesewunterschiedes - falls es einen solchen überhaupt gibt - zwischen dem reinen Bewußtsein und dem Realen als solchem geschaffen werden. Dieser Unterschied muß nach drei Richtungen hin erforscht werden: hinsichtlich des Existenzmodus, des formalen Aufbaus und des materialen Wesens. Die diesbezügliche Untersuchung muß rein ontologisch durchgeführt werden, d. h. insbesondere ganz unabhängig von der Frage, ob es ein reines Bewußtsein bzw. eine reale Welt tatsächlich gibt. § 6. Die existential-ontologischen Probleme Die existential-ontologischen Untersuchungen betreffen die verschiedenen möglichen Seinsmodi des Seienden überhaupt und dürfen sich nicht auf die Erfassung lediglich der beiden Existenzmodi des Realen und des reinen Bewußtseins beschränken, sondern müssen alle möglichen Seinsmodi und deren Momente in Betracht ziehen. Zu einer solchen Erweiterung der Untersuchung Vgl. dazu meine Schrift "Ober die Stellung der Erkenntnistheorie im System der Philosophie", Halle 1925. Dngarden (1925b); vgl. auch Ingarden (1994), S. 277-310.]
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Bemerkungen zum Problem "Idealismus-Realismus"
zwingt uns der Umstand, daß der konsequente Idealismus nicht bloß die reale Welt, sondern auch alle übrigen Seinsregionen auf das reine Bewußtsein zurückzufuhren geneigt ist. Femer sind erst auf diesem Wege die existentialen Beziehungen zwischen Gegenständlichkeiten von verschiedenem Seinsmodus herauszustellen. Insbesondere interessieren uns hier folgende Probleme: Da - nach der vorläufigen Formulierung des Problems - die Annahme einer von dem reinen Bewußtsein "seins-abhängigen" bzw. "-unabhängigen" realen Welt in Frage steht, so ist vor allem der Gehalt der Idee der Realität als eines besonderen Seinsmodus zu untersuchen. Es ist natürlich prinzipiell möglich, daß "Realität" etwas ganz Spezifisches und Eigenartiges ist, was sich auf nichts anderes zurückfuhren läßt und was man somit nur erschauen kann. Aber wenn das auch der Fall wäre, so würde dies nicht ausschließen, daß man in ihr ursprüngliche Momente abstraktiv herausfassen und sie auf diesem Wege, nach ihrer intuitiven Gesamterschauung, auf ihre Verwandtschaft mit anderen Seinsmodi befragen und insbesondere ihre Beziehung zu dem Seinsmodus des reinen Bewußtseins untersuchen kann. Dies ist auch aus dem Grunde notwendig, weil es sich nicht nur um die Bestimmung des Sinnes der Realität, sondern auch darum handelt, ob etwas, was seinem existentialen Modus nach "real" ist, eo ipso in irgendeinem noch zu bestimmenden Sinne "seinsunabhängig" oder "-abhängig" ist. Die übliche Gegenüberstellung von "Seinsabhängigkeit" und "Seins-unabhängigkeit" ist aber völlig unzureichend. In Wirklichkeit müssen einerseits die verschiedenen Seins-morfi - wie "Realität" ["Real-sein"], "Ideal-sein", "Möglich-sein", der Seinsmodus des reinen Bewußtseins usw. - voneinander reinlich geschieden und den in ihnen abstraktiv herauszuschauenden ursprünglichen existentialen Momenten gegenübergestellt werden. Andererseits müssen diese Momente ihrer Idee nach klar erschaut und bestimmt werden. Die entsprechenden Analysen zeigen, daß man es im Falle der sogenannten Seins-selbständigkeit nicht mit einem o Seinsmodus, sondern mit einem existentialen Moment zu tun hat , und daß femer an Stelle des einen ungeklärten Gegensatzes zwischen der Seins-unabhängigkeit und der Seinsabhängigkeit mindestens vier Gegensätze zu setzen
Es ist also nicht richtig, wenn H. Conrad-Maitius in ihrer Abhandlung "Zur Ontologie und Erscheinungslehre der realen Außenwelt" "Realität" und "Seinsautonomie" identifiziert
Die existential-ontologischen Probleme
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sind. Und zwar: 1. Seins-autonomie - Seins-heteronomie, 2. Seins-ursprünglichkeit - Seins-abgeleitetheit, 3. Seins-selbständigkeit - Seins-unselbständigkeit, 4. Seins-unabhängigkeit - Seins-abhängigkeit. Diesen Gegensätzen muß noch ein Gegensatz gegenübergestellt werden, der oft mit ihnen vermengt wird und der sich nicht auf das Sein, sondern auf das Sosein des Gegenstandes bezieht, der Gegensatz nämlich zwischen Soseins-unbedingheit und -bedingheit. Mit diesem werden wir uns erst später beschäftigen. o Zur Erläuterung: ad 1. Seins-autonom ist eine Gegenständlichkeit , wenn sie in sich selbst ihr Seinsfundament hat (wenn sie überhaupt in sich selbst etwas ist). Seins-heteronom ist sie dagegen, wenn sie ihr Seinsfundament nicht in sich selbst, sondern in einer anderen Gegenständlichkeit hat (wenn sie in sich selbst eigentlich nichts ist). Es ist sehr schwer, die Grundmomente des Seins in Worte zu fassen, insbesondere, wenn es aus äußeren Umständen nicht möglich ist, im Texte umfangreiche Analysen durchzuführen, um den Sinn der gegebenen Bestimmungen zu verdeutlichen und die möglichen Äquivokationen zu beseitigen. Deswegen möchte ich hier wenigstens mit einigen Bemerkungen die eben gegebenen Bestimmungen verdeutlichen. Wenn wir eine Wesenheit, ζ. B. "Röte", nehmen, so ist sie seinsautonom; sie hat ihr Seinsfundament in dem Sinne in sich selbst, daß sie in sich selbst das ist, was sie ist10, daß sie durch etwas, was ihr eigen ist, bestimmt ist und diese ihre Bestimmung in sich selbst enthält. Seinsautonom wäre ebenfalls ein Gegenstand, der in diesem Sinne "rot" wäre, daß er die Konkretisation der Wesenheit "Röte" in sich enthielte. Seine Rotbestimmtheit, ebenso, wie alles, was er überhaupt seinsautonom ist, müßte ihm selbst immanent sein. Und die Tatsache eben, daß einer Gegenständlichkeit irgendwelche Bestimmtheiten immanent sind, kann nur da bestehen, wo es sich um eine seinsautonome Gegenständlichkeit handelt. Ja diese Immanenz der eigenen Bestimmtheiten, des ganzen Soseins, ist es, die dem Gegenstande seinsautonom zu sein ermöglicht. Mit einer sews-heteroDas Wort "Gegenständlichkeit" verwende ich hier in einem möglichst weiten Sinne von irgend etwas überhaupt, also nicht in dem engen Sinne eines "Subjektes von Merkmalen" (bzw. Eigenschaften), einer "Substanz". Auch ist hier diejenige Bedeutung auszuschließen, die das Wort "Gegenstand" in der Gegenüberstellung "Subjectum-Objectum" hat Eine Schwierigkeit der sprachlichen Bestimmung liegt u. a. darin, als auch das Wörtchen "ist" eine dem betreffenden Seinsmoment entsprechende Bedeutung annehmen muß.
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Bemerkungen zum Problem "Idealismus-Realismus"
nomen Gegenständlichkeit dagegen haben wir im Falle einer rein intentionalen Gegenständlichkeit zu tun, mit einer Gegenständlichkeit also, die ihr ganzes Sein und Sosein aus dem Vollzug und dem Gehalte eines intentionalen Bewußtseinsaktes schöpft und ohne diesen Vollzug überhaupt nicht existiert. Sie ist von deijenigen streng zu unterscheiden, fur welche es - wie neuerdings Max Scheler treffend sagte - ganz gleichgültig ist, ob sie von der Intention eines Bewußtseinsaktes zufällig getroffen wird und dadurch sekundär auch zu einem intentionalen Gegenstande wird. Die rein intentionale Gegenständlichkeit ist in sich selbst eigentlich ein Nichts, sie hat kein Eigenwesen im strengen Sinne, wie E. Husserl mit vollem Rechte in seinen Ideen behauptet11. Alle ihre existentialen, formalen und materialen Bestimmtheiten 12
sind "bloß vermeint" , sie sind ihr nicht wahrhaft immanent. Die rein intentionale Gegenständlichkeit täuscht nur ihre Immanenz dank der intentionalen Verneinung vor: sie hat eben kein Seinsfundament in sich. ad 2. Seins-ursprünglich ist eine Gegenständlichkeit, wenn sie durch keine andere Gegenständlichkeit "geschaffen" oder "vernichtet" werden kann. Dagegen ist sie seinsabgeleitet, wenn sie es werden kann. Eine seinsursprüngliche Gegenständlichkeit muß evidentermaßen zugleich seinsautonom sein. Dagegen kann eine seinsabgeleitete Gegenständlichkeit entweder seinsautonom oder seins-heteronom sein. Im Zusammenhang damit ist aber zu bemerken, daß der Sinn des "Schaffens" bzw. "Vernichtens" in jedem dieser Fälle ein anderer ist. ad 3. Seins-selbständig ist eine Gegenständlichkeit, wenn sie zu ihrem Sein das Sein keiner anderen Gegenständlichkeit fordert, welche mit ihr die Einheit eines Ganzen ausmachen würde. Anders gesagt: wenn ihr Sein kein notwendiges Zusammensein mit einer anderen Gegenständlichkeit in der Einheit eines Ganzen ist. Seinsunselbständig dagegen ist eine Gegenständlichkeit, wenn sie zu ihrem Sein das Zusammensein in der Einheit eines GanVgl. E. Husserl, Ideen zu einer reinen Phänomenologie, S. 93. 12 Wenn ich hier "alle" sage, so ist das streng genommen nicht richtig, da das Gesagte nur in bezug auf alle Bestimmtheiten, die zu dem Gehalte einer rein intentionalen Gegenständlichkeit gehören, gilt Da ich aber hier nicht den Begriff des Gehaltes eines rein intentionalen Gegenstandes einführen kann, so muß ich mich mit dieser nicht ganz strengen Formulierung begnügen. Vgl. dazu meine bald erscheinende Schrift Das literarische Kunstwerk [Ingarden (1931)].
Die existential-ontologischen Probleme
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zen mit einer anderen (und eventuell mit einer ihrem materialen Wesen nach 13
ganz besonderen) Gegenständlichkeit fordert . So ist das Moment der Farbigkeit und das Rot-moment eines konkreten Ganzen seinsunselbständig14; sowohl das erste wie das zweite kann nicht anders sein als auf die Weise, daß sie beide in der Einheit eines Ganzen, das sie beide ausmachen bzw. zu welchem sie als Teile gehören, existieren. Und sie können es nicht, ganz unabhängig davon, ob dieses Ganze wiederum seinsunselbständig ist und als solches das Zusammensein mit einem anderen Gegenstande fordert oder nicht. (Dabei besteht noch dieser Unterschied zwischen diesen beiden Momenten, daß das Rot-moment gerade das Moment der Farbigkeit fordert, während das letztere nur irgendeine der verschiedenen Farbnuancen - "rot", "gelb" usw. zur Ergänzung braucht. Diese besonderen Unterschiede, die, obwohl bekannt, doch nicht genauer untersucht sind, können wir hier nicht weiter besprechen.) Die Seinsunselbständigkeit kann also, wie aus dem gegebenen Beispiel hervorgeht, verschiedener Stufe sein. - Auch jede Eigenschaft als solche ist ihrem Wesen nach seinsunselbständig. Dagegen der "Gegenstand", in dem engen und ganz bestimmten Sinne einer "Substanz" und mit allen seinen Bestimmtheiten zusammengenommen, mit welchen er ein allseitig abgegrenztes Individuum bildet, ist seins-selbständig. Es muß ferner zwischen einseitiger und gegenseitiger Seinsunselbständigkeit unterschieden werden15. Was aber die Gesetzmäßigkeiten betrifft, die zwischen einseitig bzw. gegenseitig seinsunselbständigen und den seinsselbständigen Gegenständlichkeiten herrschen, so stellen sie sich fur die seinsautonomen Gegenständlichkeiten anders dar, als für die seins-heteronomen. Für die ersteren gelten folgende Gesetze: Ist etwas einseitig auf etwas anderes seinsunselbständig, so muß dieses andere entweder selbst seinsselbständig sein, oder zu einer seinsselbständigen Gegenständlichkeit gehören. Auch 13 Die grundlegenden Untersuchungen über die Selbständigkeit und die Unselbständigkeit hat E. Husserl in der HL Untersuchung der Logischen Untersuchungen (Bd. Π, 1) gegeben. Ich gebe hier aber eine etwas anders lautende Bestimmung der Seins-selbständigkeit, bzw. -Unselbständigkeit, weil ich sie noch von der Seins-unabhängigkeit bzw. -abhängigkeit unterscheide. 14 Diese Momente müssen von den Wesenheiten "Farbe", bzw. "Röte" scharf unterschieden werden. 15
Vgl. dazu J. Hering, "Über das Wesen, die Wesenheit und die Idee", Jahrbuch fiir Philosophie, Bd. IV [1921], S. 495 ff.
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Bemerkungen zum Problem "Idealismus-Realismus"
wenn zwei aufeinander seinsunselbständige Gegenständlichkeiten existieren, so existiert immer irgendein seinsselbständiges Etwas, und zwar entweder das konkrete Ganze, das aus dem Zusammensein der beiden gegenseitig unselbständigen Gegenständlichkeiten erwächst, oder eine dritte Gegenständlichkeit, in bezug aufweiche die beiden ersteren einseitig seinsunselbständig sind. Für die seinsheteronomen Gegenständlichkeiten hingegen gelten diese Gesetze nicht, ebensowenig, wie viele andere apriorische materiale und formale Gesetzmäßigkeiten, welche im Gebiet der seinsautonomen Gegenständlichkeiten herrschen. (Ich werde das anderenorts ausfuhrlich zeigen.) Die Gegensätze 1. und 3. sind voneinander ganz unabhängig und kreuzen sich. ad 4. Seins-unabhängig endlich ist eine Gegenständlichkeit, welche nicht nur seinsselbständig ist, sondern außerdem zu ihrer Existenz - ihrem materialen Wesen nach - der Existenz keiner anderen seinsselbständigen Gegenständlichkeit bedarf. Dagegen seinsabhängig ist eine seinsselbständige Gegenständlichkeit, welche trotz ihrer Seinsselbständigkeit die Existenz einer anderen seinsselbständigen Gegenständlichkeit - und zwar einer ihrem materialen Wesen nach entsprechend bestimmten - wesensmäßig fordert. Die Seinsabhängigkeit kann ebenso wie die Seinsunselbständigkeit einseitig oder doppelseitig sein. Die Gegensätze 2. - 4. sind der Art, daß sie aus Grundunterschieden des materialen Wesens der Gegenständlichkeiten entspringen; von dem Gegensatz zwischen der Seinsautonomie und [der Seins-]heteronomie läßt sich das nicht allgemein behaupten. Ist eine Gegenständlichkeit zugleich seinsautonom, -ursprünglich, -selbständig und -unabhängig, dann sagen wir, daß sie eine absolut seiende ist. Dagegen ist sie seins-relativ, falls an Stelle mindestens eines dieser Prädikate sein Gegenteil tritt. Auf Grund der durchgeführten Unterscheidungen ergeben sich folgende für uns in Betracht kommende existential-ontologische Fragen: 1. Was gehört zur Idee der Realität (des Real-seins)? 2. Was gehört zur Idee des Seins des reinen Bewußtseins? 3. Gehört es zur Idee der realen Welt, daß sie seinsautonom oder daß sie seinsheteronom ist?
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4. Ist im letzteren Falle ihre Seins-Heteronomie auf das reine Bewußtsein oder auf etwas anderes relativ? 5. Gehört es zur Idee des reinen Bewußtseins, daß es seinsautonom oder daß es seinsheteronom ist? 6. Falls es seinsheteronom ist, so ist noch zu beantworten, worauf es seinsheteronom ist? 7.-8. Gehört es zur Idee der realen Welt, daß sie seinsursprünglich oder daß sie seinsabgeleitet sei? Und falls das letztere zutrifft, ist ihr Sein vom reinen Bewußtsein abgeleitet oder von etwas anderem? 9.-10. Dieselben beiden Fragen sind auch in bezug auf das reine Bewußtsein zu stellen. 11. Falls sowohl die reale Welt wie das reine Bewußtsein seinsabgeleitet sein sollten, so ist es klar, daß mindestens eines von ihnen - wenn nicht beide - von einer dritten Gegenständlichkeit seinsabgeleitet sein müßte. Dann entstünde die für unsere Streitfrage freilich irrelevante, aber prinzipiell zu beantwortende Frage, was dieses Dritte sei. 12. Gehört es zur Idee der realen Welt, daß sie seins-selbständig oder daß sie seins-unselbständig ist? 13. Dieselbe Frage ist auch auf das reine Bewußtsein anzuwenden. 14.-15. Falls die Antwort auf die Fragen 12 und 13 das Problem im Sinne des zweiten Gliedes des Gegensatzes entscheiden sollte, so entsteht die Frage, ob die Seinsunselbständigkeit der realen Welt und des reinen Bewußtseins eine für sie beide gegenseitige ist (so daß beide aufeinander angewiesen sein würden) oder ob sie auf irgendwelche andere Gegenständlichkeiten bzw. auf eine und dieselbe dritte relativ ist. Eine analoge Frage erhebt sich, wenn nur eine der beiden Seinssphären sich ihrer Idee nach als seinsunselbständig, die andere aber als seins-selbständig erweisen sollte. 16. Gehört es zur Idee der realen Welt, daß sie seins-unabhängig oder daß sie seins-abhängig ist? 17. Im letzteren Falle fragt es sich, ob es zu ihrer Idee wie auch zu der Idee des reinen Bewußtseins gehört, daß sie von dem letzteren seinsabhängig ist, oder ob ihre Seinsabhängigkeit auf eine andere Gegenständlichkeit relativ ist.
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Bemerkungen zum Problem "Idealismus-Realismus"
18. Dieselbe Frage bezieht sich auch auf das reine Bewußtsein, falls es sich herausstellen sollte, daß es seinsabhängig ist16. Es kann vielleicht jemanden wundern, daß sich unter den aufgezählten Fragen auch solche befinden, die sich auf das Sein des reinen Bewußtseins beziehen, während am Anfang unserer Betrachtung nur die Existenz der realen Welt zum Problem gemacht wurde. Sollen aber die existentialen Beziehungen zwischen den beiden Seinssphären herausgestellt werden, so muß auch der Seinsmodus des reinen Bewußtseins klar erfaßt und seine Verschiedenheit von dem Seinsmodus der realen Welt genau bestimmt werden. Die beiden ersten Fragen können nur durch intuitives Erschauen beantwortet werden, und diese Erschauung muß die Grundlage fur die Beantwortung aller übrigen Fragen bilden. Wenn auch einzelne von den Fragen von der Beantwortung mancher anderen abhängig sind, so steht man doch am Anfang der Untersuchung nicht vor einem einfachen Gegensatz von nur zwei möglichen Entscheidungen, sondern vor einer ganzen Reihe von möglichen Standpunkten. Die gewöhnliche Gegenüberstellung "Idealismus-Realismus" ist schon aus diesem Grunde vollkommen unzureichend. § 7. Die formal-ontologischen Probleme Die Formulierung der existential-ontologischen Fragen zeigt, daß sie mit den formal- und den material-ontologischen Problemen im Zusammenhang stehen. Denn die Seinsmodi (so wie ihre Momente) der beiden uns interessierenden Seinssphären lassen sich ontologisch nur auf Grund der Erfassung der ganzen Gehalte der Ideen der letzteren herausstellen. Oder anders gesagt: Die Seinsweise einer Gegenständlichkeit steht in notwendigem Zusammenhang mit ihrem formalen und materialen Aufbau. Nicht ein irgendwie formal Gebautes und material Beschaffenes kann auf beliebige Weise existieren, sondern es herrschen da apriorische, in den Ideen der betreffenden Gegenständlichkeiten gründende Gesetzmäßigkeiten. So eröffnen sich neue ProDie Zusammenstellung dieser 18 Fragen ist nicht etwa einer allzu großen Pedanterie entsprungen, um nur ja keine Möglichkeit unberücksichtigt zu lassen. Es könnte im Gegenteil auf Grund der historisch vorliegenden Systeme gezeigt werden, daß jede dieser Fragen (natürlich in verschiedener Auswahl) hinter den Entscheidungen der verschiedenen Lösungsversuche unserer Streitfrage steht, wenn man auch diese Fragen nie reinlich geschieden und bewußt aufgestellt hat
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blemgruppen in beiden Riebtungen, von denen ich hier nur die wichtigsten besprechen will. Die existentiale Entscheidung, die wir zu treffen haben, bezieht sich auf eine ganze Ssrns-sphäre und zwar auf eine solche von dem besonderen Typus einer Welt. Es ist somit zunächst der formale Aufbau (immer der Idee nach) einer möglichen Seins-sphäre und insbesondere einer Welt zu untersu17
chen . Das ist auch fur die genaue Bestimmung des Sinnes der Fragen, welche die verschiedenen Probleme betreffen, unentbehrlich. Es ist zugleich nicht ausgeschlossen, daß der Bereich von existentialen Möglichkeiten, welche sich fur eine einzelne Gegenständlichkeit (die also keine Seins-sphäre ist) eröffnen, sich ändert, sobald nach den möglichen Seins-modis einer ganzen Sphäre bzw. einer Welt gefragt wird. Und es ist insbesondere möglich, daß die eventuelle Ausschaltung mancher von ihnen gerade in dem formalen Aufbau der Sphäre bzw. der Welt gründet. Es ist z. B. fur eine seinsautonome einzelne Gegenständlichkeit möglich, seins-selbständig oder -unselbständig zu sein. Dagegen ist es unmöglich, daß eine seinsautonome Sphäre in sich lauter seinsunselbständige Gegenständlichkeiten enthält, bzw. daß sie selbst als ganze seinsunselbständig ist. Seinsautonomie und Seinsunselbständigkeit schließen sich bei einer Seinssphäre aus. Denn wenn eine Sphäre seinsunselbständig und zugleich seins-autonom wäre, so müßte sie aus lauter unselbständigen Gegenständlichkeiten bestehen, die seinsautonom wären. Enthielte sie nämlich ein seinsselbständiges Element in sich, so müßte sie einerseits als ganze - der Voraussetzung nach - seinsunselbständig sein, also das Zusammensein mit einer anderen Gegenständlichkeit in der Einheit eines Ganzen fordern, andererseits dürfte sie dies, mindestens in bezug auf jenes seinsselbständige Element, nicht tun. Nicht die ganze Sphäre könnte somit seinsunselbständig sein, sondern höchstens ein Teil von ihr. Soll sie also als ganze seinsunselbständig sein, so muß die oben ausgesprochene Behauptung gelten. Seinsautonome unselbständige Gegenständlichkeiten setzen aber, wie früher gesagt wurde, immer eine seinsselbständige Gegenständlichkeit voraus. Soll eine Sphäre seinsautonom sein, so muß sie in sich, neben den even17
Es ist E. Husserls großer Gedanke, die Idee einer möglichen Welt herauszuarbeiten. Leider sind mir seine näheren Ausführungen in dieser Richtung außer manchen Betrachtungen im (ungedruckten) Π. Teil der Ideen, die damit in Zusammenhang stehen, unbekannt [Vgl. Husserliana IV.]
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Bemerkungen zum Problem "Idealismus-Realismus"
tuell vorhandenen seinsunselbständigen, auch seinsselbständige Gegenständlichkeiten enthalten oder selbst dieses seinsselbständige Ganze sein. Also kann eine Seinssphäre nicht seinsunselbständig sein. - Man könnte aber einwenden, dies sei nicht notwendig, da es wohl möglich sei, daß diejenige seinsselbständige Gegenständlichkeit, auf welche die seinsunselbständigen Elemente einer Sphäre relativ sind, außerhalb der letzteren liege. Gerade darin - könnte man sagen - Hege die Seinsunselbständigkeit einer Sphäre, daß sie auf eine zu ihr nicht gehörende Gegenständlichkeit seinsunselbständig sei. - Was hieße das aber anderes, als daß dann diese Sphäre mit deijenigen Gegenständlichkeit, auf welche sie seins-unselbständig wäre, die Einheit eines Ganzen ausmachen würde? Dann aber müßte jene Gegenständlichkeit zu der betreffenden Sphäre selbst gehören und könnte nicht außerhalb der letzteren verbleiben. Infolgedessen würde aber diese Sphäre seinsselbständig 18
sein. Der Einwand geht also fehl . - Es ist klar, daß bei unserer Argumentation die Rücksicht auf ein Moment des formalen Aufbaus der Seins-sphäre entscheidend ist. Zur Idee einer Seins-sphäre gehört es nämlich, daß sie ein abgeschlossenes Ganzes ist. Dieses formale Moment der Abgeschlossenheit erlaubt ihr nicht, mit irgend etwas, was nicht zu ihr gehört, in der Einheit eines Ganzen zusammen zu sein. Zu der Idee einer seinsautonomen Sphäre gehört aber noch mehr: sie muß nämlich eine Mannigfaltigkeit von seinsselbständigen Gegenständlichkeiten in sich enthalten. Denn enthielte sie nur eine solche, auf welche alle übrigen zu ihr gehörenden Gegenständlichkeiten, die dann seinsunselbständig sein müßten, relativ wären, so19würde sie keine Sphäre, sondern einfach ein einzelner Gegenstand sein . Zu demselben Resultate führt die Annahme der früher berührten Möglichkeit, daß die seinsautonome Sphäre lauter solche unselbständigen Gegenständlichkeiten in sich enthielte, welche in ihrem Zusammensein ein selbständiges Ganzes - nämlich die Sphäre selbst - ergeben würden. Auch diese Eventualität schließt der formale Aufbau der Sphäre aus. Die Idee einer seinsautonomen Seinssphäre, 18 Sollte sich also zeigen, daß die reale Welt in bezug auf das reine Bewußtsein seinsunselbständig ist, so würde daraus folgen, daß sie entweder nicht seinsautonom ist oder dem reinen Bewußtsein gegenüber keine Seins-sphäre bildet 19 Im Zusammenhang damit entsteht das Problem, ob das reine (individuelle) Bewußtsein überhaupt eine Seinssphäre wäre, falls man nur ein einziges Bewußtsein anzunehmen gezwungen wäre.
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welche eine Welt sein soll, fordert aber noch mehr: In diesem Falle müssen die seinsselbständigen Gegenständlichkeiten, die zu ihr gehören, sich gegenseitig hinsichtlich eines Teils ihres Soseins bedingen. Denn zu der Form einer seinsautonomen Welt gehört es, daß ein in dem Wesen ihrer einzelnen seinsselbständigen Elemente gründender Zusammenhang zwischen ihren Teilen 20
besteht . So würde ζ. B. eine Mannigfaltigkeit von Bewußtseins-monaden, die - etwa im Sinne Leibnizens - sich weder verständigen noch sich gegenseitig in ihrem Sosein irgendwie bedingen könnten, wohl eine Seinssphäre, aber damit noch keine Welt ausmachen. Die Untersuchung der Form einer Seins-sphäre bzw. einer Welt fuhrt im Zusammenhang damit auf neue Probleme, die den formalen Aufbau eines seinsselbständigen Gegenstandes betreffen, welcher Glied einer seinsautonomen Sphäre oder insbesondere einer Welt soll sein können. So entsteht hier ζ. B. das Problem, wie ein seins-autonomer und -selbständiger Gegenstand formal aufgebaut sein muß, damit er in seinem Sosein durch andere Gegenstände derselben Welt bedingt werden und diese letztere bedingen könnte. Es ist klar, daß die Erfüllung dieser beiden Forderungen zu einer Differenzierung des gesamten Soseins des Gegenstandes führen muß: einerseits hätte man den gesamten Bestand derjenigen Momente des Soseins, die selbst durch das Sosein und Sein anderer Gegenstände derselben Welt nicht bedingt sind und das Eigenwesen des Gegenstandes ausmachen, zugleich aber die existentiale Teilbedingung der übrigen Bestimmtheiten seines Soseins und eines Teils des Soseins anderer Gegenstände bilden; andererseits aber die mindestens doppelt bedingten Soseinsmomente, welche sich aus dem Zugleichsein in einer Welt mehrerer in ihrem Eigenwesen bestimmter Gegenstände ergeben. Es müßte mit anderen Worten in dem Sosein des Gegenstandes dieses Typus zwei Schichten von Bestimmtheiten geben: diejenige der "absoluten" und diejenige der sogenannten "relativen" Soseinsbestimmt-
20 In dieser Richtung befinden sich interessante und sehr wertvolle Ausführungen in dem Π. (bis jetzt unveröffentlichten) Teile der Ideen zu einer reinen Phänomenologie E. Husserls. [Vgl. Husserliana IV.] Husserl behandelt zwar diese Probleme nicht als formale, fuhrt sie aber auf sehr treffende Weise im engsten Zusammenhang mit dem Problem der Realität aus.
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heiten . Diese Gegenüberstellung führt auf weitere formale Probleme der verschiedenen möglichen Typen der Inexistenz verschiedener Soseinsbestimmtheiten im Gegenstande, Probleme, die sich nur auf dem Grunde einer allgemeinen Analyse der ganzen formalen Struktur des Gegenstandes als einer "Substanz" lösen lassen. Auch von einer anderen Seite her kommt man auf diese Probleme. Unter den existential-ontologischen Fragen ist vielleicht diejenige eine der wichtigsten, welche auf die Entscheidung zwischen der Seinsautonomie und -heteronomie der realen Welt (ihrer Idee nach) hinzielt. Die Seinsautonomie eines seinsselbständigen Gegenstandes stellt an seinen formalen Aufbau andere Forderungen als die Seinsheteronomie, insbesondere wenn es sich dabei um Gegenstände handelt, die individuell sein können sollen. Die individuellen Gegenstände sind aber hier von besonderem Interesse, da es wohl außer jedem Zweifel ist, daß die eventuell anzunehmende Seinsregion der "realen Welt" nur eine solche individueller Gegenstände sein kann. Soll aber ein individueller Gegenstand seinsautonom sein, so ist es notwendig, daß er allseitig vollkommen eindeutig bestimmt ist (keine Unbestimmtheitsstelle aufweist), also dem ontologisch formulierten Satz vom ausgeschlossenen Dritten Genüge tut. Für einen seinsheteronomen Gegenstand ist dies gar nicht notwendig. Sollte sich also ζ. B. einerseits in der existential-ontologischen Betrachtung zeigen, daß zum Wesen der Realität die Seinsautonomie in unserem Sinne gehört, führten uns andererseits die in weiterer Folge zu besprechenden metaphysischen Untersuchungen zu dem Resultate, daß die eventuell faktisch existierende vermeintlich reale Welt so aufgebaut ist, daß die in ihr auftretenden individuellen Gegenstände wesensmäßig nicht allseitig eindeutig bestimmt sind, so müßte daraus folgen, daß diese Welt keine "reale" ist, sondern einen anderen Seinsmodus aufweist. Andererseits ist aber das allseitige eindeutige Bestimmtsein eines Gegenstandes noch keine hinreichende Bedingung seiner Realität. Das formale Moment des allseitigen ein-
21 Es ist klar, daß diese Relativität der Bestimmtheiten mit derjenigen, die sich aus der Seinsunselbstândigkeit ergibt, nichts zu tun hat Sowohl die "absoluten" wie die "relativen" Soseinsbestimmtheiten sind als Bestimmtheiten von etwas seinsunselbständig in dem früher bestimmten Sinne.
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deutigen Bestìmmt-seins bzw. sein Gegensatz, der in dem Vorhandensein von Unbestimmtheitsstellen im Rahmen des Soseins eines Gegenstandes besteht, setzen ihrerseits bestimmte andere formale Momente der gegenständlichen Struktur voraus und lassen sich erst auf dem Grunde einer Analyse der letzteren voll verständlich machen. Also ist es auch, von da aus gesehen, notwendig, eine allgemeine Theorie der Form eines individuellen, seinsselbständigen und seinsautonomen Gegenstandes in den Gesamtkomplex unserer Problematik einzubeziehen. Analoge formale Probleme, wie für eine seinsautonome Seinssphäre (bzw. fur einen einzelnen Gegenstand, der ihr angehören soll), ergeben sich fur die seinsheteronomen bzw. fur die seinsunabhängigen und -abhängigen Seinssphären und Welten und fuhren zu anderen Gesetzen und Bedingungen. Ich kann sie hier nicht ausfuhrlich besprechen, wie auch das oben Gesagte nur als ein Beispiel der mannigfaltigen Probleme gelten soll, welche im Zusammenhang mit den existential-ontologischen Problemen gelöst werden müssen. § 8. Der Zusammenhang zwischen den existential- und formal-ontologischen Problemen Die Grundfrage, welche die beiden Gruppen der ontologischen Probleme verbindet, lautet: welchen formalen Aufbau muß (bzw. darf) eine Seinssphäre bzw. eine Welt und deren Elemente haben, wenn sie in einem bestimmten Modus des Seins soll existieren können und insbesondere, wenn sie real sein soll? Und umgekehrt, welchen Seinsmodus läßt sie zu, wenn sie - ihrer Idee nach - einen bestimmten formalen Aufbau hat? Erst wenn diese Fragen beantwortet sind, und somit der Zusammenhang zwischen Seinsmodus und Form einer Seinssphäre in voller Allgemeinheit aufgedeckt ist, kann die Idee einer realen Welt in ihrer notwendigen Struktur begriffen werden. Und da nach der Infragestellung der anfanglich gemachten Scheidung zwischen der realen Welt und dem reinen Bewußtsein zunächst die Ideen von beiden herauszustellen sind, so beziehen sich diese Fragen auch auf den formalen Aufbau des reinen Bewußtseins. Ich kann aber an dieser Stelle die auf das letztere bezüglichen formalen Probleme nicht entwickeln. Es soll hier nur betont werden, daß, falls die anfänglich gemachte radikale Gegenüberstellung dieser beiden Seinssphären sich ontologisch als
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Bemerkungen zum Problem "Idealismus-Realismus"
gültig erweisen und falls insbesondere ein existentialer Unterschied zwischen ihnen bestehen sollte, dies unumgänglich mit weitgehenden Verschiedenheiten in dem formalen Aufbau der beiden Seinssphären zusammengehen müßte. § 9. Die material-ontologischen Probleme Die Besonderheiten der existentialen und formalen Struktur eines Gegenstandes (bzw. einer Seinssphäre) weisen wiederum ihrerseits auf bestimmte Möglichkeiten seiner materialen Bestimmtheit hin, bzw. sie sind von einem bestimmten materialen Aufbau der Sphäre und ihrer Elemente abhängig. So stehen die existential- und formal-ontologischen Probleme in engem Zusammenhang mit den material-ontologischen. Es ist ζ. B. von vornherein gar nicht evident, daß jede materiale Bestimmtheit der Art ist, daß sie als Bestimmung eines realen Gegenstandes auftreten kann. Es kann im Gegenteil nur einen bestimmten Umkreis von Wesenheiten geben, die sich dazu eignen, als "Realisierungen" reale Gegenstände zu bestimmen; andererseits kann ein anderer Umkreis von ihnen existieren, deren "Konkretisierungen" nur als Bestimmungen idealer Gegenständlichkeiten auftreten können. Der letzteren Art sind z. B. alle spezifisch logischen Wesenheiten, die derartige Gegenständlichkeiten wie "Satz", "Begriff" u. dgl. konstituieren. Um eine solche Abgrenzung durchzuführen, ist natürlich notwendig, die Idee der Realität als solcher zu erfassen und auf Grund ihrer Erschauung zuerst die Richtlinien dieser Abgrenzung zu finden. Man darf aber unsere Behauptung, daß manche materiale Wesenheiten sich besonders dazu "eignen", zu Realisierungen Bestimmtheiten realer Gegenstände zu haben, nicht in diesem Sinne verstehen, als ob sie von sich aus nur einen bestimmten Existenzmodus ihrer Konkretisierungen eindeutig bestimmten, also z. B. nur Realisierungen zuließen und jeden anderen Seinsmodus ausschlössen. Das ist durchaus nicht der Fall. Es kann nur behauptet werden, daß manche von ihnen - wahrscheinlich - einen bestimmten Seinsmodus als Möglichkeit ihrer Konkretisierung ausschließen, also z. B. keine Realisierungen haben, daß dagegen immer ein Spielraum möglicher Existenzmodi durch die Wesenheit zugelassen wird. Das faktische Auftreten der Konkretisierung einer Wesenheit in einem bestimmten, von der Wesenheit zugelassenen Seinsmodus hat also immer etwas Kontingentes an
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sich . Nur wenn es sich um den Gegensatz der Seinsselbständigkeit und -Unselbständigkeit handelt, kann gezeigt werden, daß es am Wesen materialer Soseinsbestimmtheiten, also letzten Endes an den Wesenheiten liegt, daß sie in der Konkretisierung beliebiger Art immer nur seinsunselbständig sein 23
können . Ebenso liegt es an den Wesenheiten, deren Konkretisierungen dieses oder jenes Typus seinsselbständige Gegenstände konstituieren, oder, anders gesagt, an dem materialen Wesen der Gegenstände, daß die letzteren seins-abhängig oder -unabhängig sind. Aber damit ist noch kein Stiasmodus dieser Gegenstände als der einzig mögliche eindeutig bestimmt, sondern es können dadurch nur manche von den Seinsmodi prinzipiell ausgeschlossen werden. Da aber nicht nur der Gehalt der Idee der realen Welt und des reinen Bewußtseins, sondern auch die Idee ihrer existentialen Beziehungen in Frage steht, so müssen ferner die materialen Bedingungen gefunden werden, welche das reine Bewußtsein seiner Idee nach erfüllen muß, wenn diese oder andere existentialen Beziehungen zwischen ihm und der realen Welt bestehen sollen. Soll insbesondere die reale Welt von dem reinen Bewußtsein seinsabgeleitet oder auf es relativ seinsheteronom sein, so muß es zu dem materialen Gehalte der Idee des reinen Bewußtseins gehören bzw. wenigstens durch diese Idee zugelassen werden, daß es eine reale Welt zu "schaffen" vermag und zwar zu "schaffen" entweder in dem Sinne, in welchem eine seinsautonome Gegenständlichkeit, oder in demjenigen, in welchem eine seinsheteronome Gegenständlichkeit "geschaffen" werden kann. Wäre dies nicht der Fall und zeigten andererseits die existential-ontologischen Betrachtungen, daß zur Idee der realen Welt ihre Seinsautonomie notwendig gehört (so daß sie nur in dem ersten Sinne "geschaffen" werden könnte), so wären alle metaphysischen Theorien, die eine vom reinen Bewußtsein geschaffene seinsautonome reale Welt annehmen, a limine abzuweisen.
22 Darin liegt letzten Endes der Grund, warum eine rein ontologische Betrachtung noch nicht ausreicht, irgend etwas aber faktisch Daseiendes (Reales) zu behaupten. Die ontologische Betrachtung schreibt nur die Grenzen der Möglichkeiten vor, innerhalb deren etwas faktisch existieren kann. Darin gründet auch die Möglichkeit und Unentbehrlichkeit einer em23 pirischen Wissenschaft einerseits und einer Metaphysik andererseits. Dabei gibt es noch verschiedene typische Abwandlungen dieser Unselbständigkeit
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Zu den material-ontologischen Fragen gehört weiter die wichtige Frage nach der materialen Wesens-Verwandtschaft (oder sogar Identität) oder -Heterogenität zwischen unseren beiden Seinssphären. Diese Frage kann in verschiedenen Problemlagen entstehen, die durch die verschiedenen Beantwortungen der existential- und material-ontologischen Probleme geschaffen werden können. Ihre Beantwortung muß mit den letzteren im Einklang stehen, sie muß aber zugleich für sich selbst beantwortet werden, denn sie zeigt eine gewisse Unabhängigkeit von den beiden ersten Problemgruppen. So wäre auch nach der Herausstellung eines radikalen existentialen Unterschiedes zwischen den beiden Seinssphären eine materiale Wesensverwandtschaft zwischen ihnen möglich. Diese Möglichkeit bestünde aber in noch höherem Maße, wenn es keinen radikalen existentialen Unterschied zwischen ihnen gäbe. Wenn es z. B. zu der Idee der realen Welt gehören sollte, daß sie seinsheteronom, zu deijenigen des reinen Bewußtseins dagegen, daß es seinsautonom wäre, so wäre es wohl möglich, daß die reale Welt ihrer materialen Bestimmung nach "bewußtseinsmäßig" wäre, falls nur die Idee des reinen Bewußtseins den Existenzmodus der Realität nicht ausschließt. Allerdings wäre dann noch zu erklären, warum das Bewußtseinsmäßige einmal in der seinsautonomen, das andere Mal in der seinsheteronomen Existenzweise auftritt. Ebenfalls wäre es möglich, daß bei der Seinsautonomie der beiden Seinssphären die reale Welt ihrem materialen Wesen nach mit dem reinen Bewußtsein identisch wäre. Wir hätten dann mit einer Entscheidung zu tun, bei welcher hinsichtlich der reinen Existenzfrage eine - wenn man so sagen darf- "realistische", hinsichtlich der materialen Wesensfrage eine "idealistische" (conscientialistische) Entscheidung recht hätte. Allerdings wäre Hann die Frage aufzuwerfen, ob die beiden Seinsbereiche in diesem Falle wirklich noch zwei verschiedene und nicht vielmehr eine einzige Seinssphäre bildeten24 . Im letzteren Falle könnte man die metaphysische Frage nach der Existenz der realen Welt, zu welcher dann auch das reine Bewußtsein gehören würde, nur aus rein erkenntnistheoretischen Gründen stellen. Soll aber die Gegenüberstellung der beiden Sphären zu Recht bestehen, so muß ihr letzter Es besteht nämlich das formal-ontologische Problem, ob die Foim einer Seins-sphäre mit sich führt, daß die Elemente der letzteren alle desselben materialen Grundwesens sein müssen, so daß alle materialen Unterschiede zwischen diesen Elementen nur aus Abwandlungen dieses Grundwesens hervorgehen.
Die material-ontologischen Probleme
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Grund in einer radikalen Heterogenität ihres beiderseitigen materialen Wesens liegen. Gibt es aber eine solche radikale Wesensheterogenität - der Idee nach - , so hängt es noch von ihrer Art ab, ob sie zu einem Unterschied hinsichtlich des Existenzmodus fuhrt. Von vornherein betrachtet ist es nicht ausgeschlossen, daß sie in solchen Grenzen liegt, daß aus ihr allein noch kein Unterschied in dem Existenzmodus entspringt. Wäre aber zugleich derselbe durch die existential-ontologische Untersuchung oder durch eine metaphysische Feststellung sichergestellt, so müßte man in dem materialen Wesen der Sphären diejenige Stelle finden, welche sozusagen dafür verantwortlich ist, daß verschiedene Existenzmodi durch sie zugelassen sind. Allerdings wäre dann in dem gesamten Aufbau der beiden Sphären eine Kontingenz vorhanden, die auf rein ontologischem Wege nicht zu beseitigen wäre. In diesem Falle müßte die Metaphysik die volle Verantwortung für ihre eventuelle Entscheidung übernehmen und zugleich den letzten Grund des faktischen Existenzmodus der Sphären aufzeigen. Die Erfassung des materialen Wesens des reinen Bewußtseins und der realen Welt (ihren Ideen nach) ist endlich aus dem Grunde wichtig, weil es möglich ist, daß trotz ihrer eventuellen radikalen Wesensheterogenität gerade in ihrem materialen Wesen ihre einseitige oder gegenseitige Seinsabhängigkeit gründet. - So müssen die Resultate der verschiedenen Gruppen ontologischer Betrachtung nicht nur zusammenstimmen, sondern sich auch gegenseitig ergänzea § 10. Die Rolle der ontologischen Untersuchung Die verschiedenen Gruppen der ontologischen Probleme sind trotz ihrer Verschiedenheit innig zusammengewachsen und erfordern eine gleichzeitige Behandlung. Ihre Lösung muß zu einem zusammenhängenden System von existential-, formal- und material-ontologischen Behauptungen führen oder mindestens die Grundlinien von zusammenhängenden ontologischen Möglichkeiten ergeben, falls mehrere Eventualitäten aus der ontologischen Untersuchung resultieren sollten, so daß eine eindeutige Entscheidung auf diesem Wege nicht möglich wäre. Erst wenn diese Aufgabe erfüllt wäre, hätte man die unentbehrliche Grundlage, die erlauben würde, mit einem System von geklärten Idee-begriffen und streng formulierten apriorischen Gesetzen an eine metaphysische Untersuchung unseres Hauptproblems heranzutreten.
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Bemerkungen zum Problem "Idealismus-Realismus"
Unter anderem muß die Lösung der ontologischen Probleme die Bestimmung des Sinnes der zu stellenden metaphysischen Fragen ergeben. §11. Die metaphysischen Probleme und ihre Bedeutung Hat die ontologische Untersuchung die Gehalte der in Frage kommenden Ideen klargelegt sowie die in ihnen gründenden reinen Möglichkeiten herausgestellt und uns den nötigen Begriösapparat in die Hand gegeben, so handelt es sich in der metaphysischen Betrachtung um eine wesens-faktische Entscheidung, wie es 1. mit dem Existenzmodus, 2. mit der Form, 3. mit dem materialen Wesen der uns in der Erfahrung faktisch gegebenen, vermeintlich realen Welt und des individuellen, faktisch daseienden reinen Bewußtseins und endlich 4. mit ihren existentialen Beziehungen zueinander steht. Es ist also eine ganze Reihe von metaphysischen Problemen zu lösen, deren Beantwortung uns eine einheitliche metaphysische Theorie der realen Welt liefern muß. Hier erst kommen wir zu den Hauptproblemen, um welche sich alle anderen Fragen gruppieren. Mit dem Abschluß der ontologischen Betrachtung wäre zwar die unentbehrliche Vorarbeit geleistet, aber damit würde das eigentliche Problem noch nicht einmal angegriffen. Denn dieses Problem, bzw. diese Problemgruppe, ist spezifisch metaphysischer Natur. Gibt es tatsächlich in diesem oder einem anderen Sinne eine reale Welt, so gelten zwar fur sie all die ontologischen Behauptungen, welche das Ergebnis der Analyse derjenigen Ideen bilden, unter welche die gegebenenfalls existierende Welt fallt. Aber all diese Behauptungen können uns der Lösung des Problems, ob es eine "reale", so oder anders existierende, auf diese oder jene Weise formal und material gebaute Welt tatsächlich gibt, nicht um einen Schritt näher bringen. Denn dieses Problem geht über jede rein ontologische Fragestellung hinaus, da die Analyse eines Ideengehaltes und der sich daraus ergebenden Möglichkeiten über kein Faktum etwas zu entscheiden vermag .
25 Es ist zwar nicht zu leugnen, daß auch in der Seinssphäre der Ideen und auch in desjenigen der Wesenheiten gewisse letzte Tatsachen metaphysisch festzustellen sind. Aber dabei handelt es sich um Ideen qua Ideen, nicht aber um eine Analyse ihrer Gehalte, die wir im Hinblick auf mögliche Vereinzelungen der Ideen durchführen. Es ist also eine Metaphysik der Ideen von ihrer Ontotogie scharf zu scheiden.
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Die metaphysischen Probleme
Indessen ist es gerade dieses Faktum, dessen Bestehen in Frage gestellt wird, sobald stichhaltige Gründe für die Bezweifelbarkeit der empirischen Erkenntnisweise der realen Welt vorliegen. Und diese Frage erfordert eine Beantwortung im Sinne eines "ja" oder "nein". Wenn es aber nicht möglich ist, mit einem solchen "ja" oder "nein" zu antworten, ohne sich an ontologischen Behauptungen zu orientieren, so geschieht es deswegen, weil der Sinn dieses Faktums, sowie die anderen "bekannten" Elemente der Frage ungeklärt sind und weder auf empirischem noch auf einem rein metaphysischen Wege aufgeklärt und festgelegt werden können. Daß hier der Weg der schlichten Empirie, den die positive Naturwissenschaft beschreitet, unmöglich ist, dürfte keine besondere Erwägung erfordern. Es könnte aber jemand fragen, warum es notwendig sei, sich der ontologischen Betrachtung zu bedienen und erst auf diesem Umwege zu der metaphysischen Untersuchung zu gelangen, wenn es wahr sei, daß die Metaphysik über das Wesensfaktwa einer Gegenständlichkeit zu entscheiden habe. Der Grund dafür liegt darin, daß eine metaphysische Betrachtung zwar das faktische Wesen einer Sache zu erfassen vermag, daß es ihr aber zugleich ohne eine ontologische Voruntersuchung nicht möglich ist, die Notwendigkeit der wesensfaktischen Sachlagen einzusehen. Sie kann insbesondere die ontologische Untersuchung nicht entbehren, wenn es sich nicht nur um die bloße Feststellung der Tatsache handelt, daß es eine reale Welt gibt oder auch nicht gibt, sondern auch darum, ob ihre in diesem oder anderem Sinne zu verstehende Existenz oder Nichtexistenz
sowie
ihre
existentialen
Beziehungen
zu
dem reinen
Bewußtsein gerade faktisch so sind und sein müssen, weil dies in ihrem Wesen und somit letzten Endes in ihrer Idee gründet. Somit ist beides, sowohl eine ontologische Analyse wie eine metaphysische Entscheidung, unentbehrlich. Es ist aber notwendig, sich die Verschiedenheit der metaphysischen und der ontologischen Probleme, sowie ihre gegenseitige Beziehung zueinander, klar zum Bewußtsein zu bringen. Gerade die ungenügende Gegenüberstellung dieser Probleme hat oft zu einer falschen oder mindestens voreiligen Entscheidung gefuhrt. So ist das ζ. B. mit dem berühmten Satz von der sogenannten "Immanenz des Bewußtseins" der Fall. Aus der bloßen faktisch notwendigen Tatsache, daß jedes existierende Etwas, von dem wir tatsächlich sprechen bzw. das wir erkennen, im Momente, wo wir es tun, eo ipso Gegen-
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Bemerkungen zum Problem "Idealismus-Realismus"
stand eines Bewußtseinsaktes ist, hat man, ohne die ontologische Sachlage zu untersuchen, geschlossen, daß jedes Seiende "undenkbar" sei (was man mit "unmöglich" gleichsetzte) außer als "Gegenstand eines Bewußtseinsaktes" und daß es somit entweder ein Element des reinen Bewußtseins oder mindestens von ihm seinsabhängig oder sogar in bezug auf es seinsunselbständig sei. Indessen kann hier die stichhaltige Entscheidung, ob dies notwendig ist, lediglich auf Grund der ontologischen Analyse gewonnen werden. § 12. Die erkenntnistheoretischen Probleme Der Umkreis der bisher besprochenen Probleme erschöpft unsere Streitfrage noch nicht. Denn sie ist mit erkenntnistheoretischen Problemen, und zwar auf dreifache Weise, wesentlich verflochten: einmal, weil der Impuls zu der Aufrollung des Streites seine Quelle in der erkenntnistheoretischen Untersuchung der empirischen Erkenntnisweise von der realen Welt hat; zweitens aber, weil jede sowohl positive wie negative Entscheidung der ontologischen und metaphysischen Probleme so lange mit einem Fragezeichen behaftet ist, als über den Wert der entsprechenden Erkenntnisweisen Unklarheit herrscht; endlich, weil uns zur Durchführung erkenntnistheoretischer Erwägungen eine eigentümliche Verkoppelung der Frage nach der Existenz der realen Welt mit der Frage nach der Ausweisbarkeit dieser Existenz zwingt. In allen drei Richtungen müssen also besondere Probleme gestellt sowie die Abhängigkeiten, welche zwischen ihrer Lösung und der Lösung der früher besprochenen Probleme bestehen, erwogen werden. Die erste Gruppe dieser Fragen betrifft die Struktur und den Erkenntniswert der empirischen Erkenntnisweise von der realen Welt. Darunter steht an erster Stelle das Problem des Aufbaus und der Objektivität der sogenannten äußeren und inneren Wahrnehmung, welche die Quelle der empirischen menschlichen Erkenntnis von der realen Welt bildet. Dann aber die Probleme, welche die verschiedenen Erkenntnisoperationen und Verfahrungsweisen betreffen, die zu der Auffindung naturwissenschaftlicher Gesetze fuhren. In allen diesen Angelegenheiten sind die rein deskriptiven, das Wesen der entsprechenden Bewußtseinsakte und Sachlagen herausschälenden Probleme von den Rechtsfragen zu scheiden. Erst wenn der Sinn und der Erkenntniswert der auf diesem Wege gewonnenen Resultate aufgeklärt ist, kann die Frage entschieden werden, in welchem Sinne und in welchen Grenzen die
Die metaphysischen Probleme
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empirische, naturwissenschaftliche Erkenntnis von der realen Welt bezweifelbar bzw. relativ ist, insbesondere aber die Frage, ob die Bezweifelbarkeit sich ausschließlich auf das faktische Sosein oder auch auf das Dasein der realen Welt bezieht. Zu beachten ist aber, daß nur die positive Feststellung, daß die empirisch-naturwissenschaftliche Erkenntnis objektiv ist (also die Existenz der Welt verbürgt), eine Bedeutung für die Lösung der metaphysischen Probleme haben kann, und zwar insofern, als sie ihre eventuelle positive Lösung auf anderem Wege bestätigt, aber nicht selbständig begründet. Dagegen kann eine Lösung, welche die Objektivität der untersuchten Erkenntnis in diesem oder jenem Sinne leugnet, in keinem Sinne die metaphysischen und die ontologischen Lösungen der früher angedeuteten Probleme beeinflussen. Insbesondere kann aus einer noch so weitgehenden Relativierung und positiv ausgewiesenen NichtObjektivität der empirischen naturwissenschaftlichen Erkenntnisweise von der realen Welt kein Argument für die Nichtexistenz der letzteren oder für ihre "Idealität" im Sinne einer Bewußtseinsimmanenz oder ihres "bloß intentionalen Seins" geschöpft werden. Denn die NichtObjektivität einer Erkenntnis bildet keinen Grund für die Nichtexistenz desjenigen Gegenstandes, der in ihr erkannt werden soll. Sicher wäre in diesem Falle nur, daß, falls die zu erkennende Welt existierte, sie in ihrem Sosein anders beschaffen sein müßte, als es aus den Resultaten der als nicht-objektiv herausgestellten Erkenntnisweise folgen würde. Sicher wäre weiter, daß, falls zugleich die empirisch-naturwissenschaftliche Erkenntnisweise die für uns einzig zugängliche wäre, das Problem der faktischen Existenz (in diesem oder einem anderen Sinne) und des Soseins der realen Welt für uns unlösbar wäre. Aus diesem Grunde ist es notwendig, das Problem aufzuwerfen, ob diese Erkenntnisweise wirklich die uns allein zugängliche ist, und im Zusammenhang damit ist die ganze Gruppe von Fragen zu stellen, die sich auf die Möglichkeit, den deskriptiven Aufbau und den Erkenntniswert einer metaphysischen Erkenntnis von der realen Welt beziehen. In diesen Zusammenhang gehört auch ein Gedankengang, welcher für die Philosophie des XIX. Jahrhunderts, aber auch noch für die jetzigen philosophischen Bestrebungen charakteristisch ist. Er beruht im wesentlichen auf der Überzeugung, daß die Metaphysik unmöglich sei und daß, falls es überhaupt möglich sei, über die Existenz der realen Welt zu entscheiden, dies nur auf erkenntnistheoretischem Wege durch die eventuell gelingende Auswei-
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Bemerkungen zum Problem "Idealismus-Realismus"
sung der Objektivität der empirisch-naturwissenschaftlichen Erkenntnisweise geschehen dürfe, indem nur aus einer solchen erkenntnistheoretischen Feststellung eine metaphysische Folgerung gezogen werden könne. Zu beachten ist ferner, daß all die hier angedeuteten Probleme nur dann einwandfrei gelöst werden können, wenn ihre Behandlung eine angemessene ist. Sie wird aber nur dann angemessen sein, wenn sie auf dem Grunde einer systematisch entworfenen allgemeinen Problematik der Erkenntnistheorie und mit Hilfe einer dieser Problematik angepaßten erkenntnistheoretischen Methode durchgeführt wird. Was das erste betrifft, so gehören die oben an26 gedeuteten Probleme zu den Problemen einer angewandten Erkenntnislehre von derjenigen Erkenntnis, die durch ein Erkenntnissubjekt eines besonderen 27
Typus (desjenigen des menschlichen Subjektes ) erreicht wird. Als solche setzen sie die Lösung der Probleme der allgemeinen reinen Erkenntnistheorie (und insbesondere die Sinnbestimmung und die allgemeinen Kriterien der Objektivität der Erkenntnis überhaupt) voraus, andererseits führen sie besondere Voraussetzungen mit sich, die den strukturellen Aufbau eines besonderen, des "menschlichen" Erkenntnissubjektes betreffen. Zugleich aber müssen sie schon als Probleme so formuliert werden, daß keine Voraussetzung über die Existenz und das Sosein der 28 realen Welt gemacht wird, da sonst eine Petitio Principii begangen würde . Dieser Umstand ist es eben, der die Forscher gezwungen hat, diese ganze Betrachtung auf den Boden des "transzendentalen reinen Bewußtseins" zu verschieben - eine Verschiebung, Vgl. meine Schrift: Über die Stellung der Erkenntnistheorie im System der Philosophie, Halle 1925. 27 Wenn ich hier vom "menschlichen" Erkenntnissubjekt rede, so habe ich hier lediglich die Idee eines besonderen Typus des Erkenntnissubjektes im Auge, das mit dem faktisch eventuell existierenden psycho-physischen Lebewesen "Mensch" im Sinne einer naturwissenschaftlichen Anthropologie nicht zu identifizieren ist Die Untersuchung dieser Idee setzt die faktische Existenz der realen Welt gar nicht voraus, sondern kann auf rein transzenden28 talem Boden durchgeführt werden. Aus diesem Grunde sind ζ. B. die Schelerschen Ausführungen über die Wahrnehmung in seiner Abhandlung "Erkenntnis und Arbeit" (in Die Wissensformen und die Gesellschaft, Leipzig 1926) zurückzuweisen, so interessant und wertvoll einzelne Betrachtungen sein mögen. Denn in allen entscheidenden Punkten setzen diese Ausführungen die Existenz der realen Welt voraus, ohne daß früher die Möglichkeit und die Objektivität einer nicht-empirischen und insbesondere nicht wahrnehmungsmäßigen Erkenntnis der realen Welt gezeigt wäre.
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die unzweifelhaft zu Recht besteht und einen entscheidenden Fortschritt in 29
der Erkenntnistheorie bedeutet . Indessen brachte dieser Fortschritt zugleich eine große Gefahr für unsere Streitfrage mit sich. Nachdem man nämlich einmal den transzendentalen Boden gewonnen hatte, glaubte man, daß alle philosophischen Probleme nur von ihm aus zu stellen und zu lösen seien, so daß die Eigenart der verschiedenen Problemsphären verwischt werden mußte. So glaubte man auch die mit unserer Streitfrage zusammenhängenden ontologischen und metaphysischen Probleme als transzendentale Probleme behandeln zu müssen, was sie oft bis zur Unkenntlichkeit verunstaltete. In der transzendentalen Betrachtung haben wir prinzipiell nur mit einem einzigen Seienden, das in ihr als Seiendes gesetzt werden darf, zu tun, d. h. mit dem gerade im Vollzug begriffenen reinen Bewußtsein selbst. Dagegen ist uns jedes andere, bei einer nicht transzendentalen Betrachtung eventuell zu setzende, Seiende in einer transzendentalen Untersuchung nicht als Seiendes zugänglich: was von ihm - wenn man so unpassend sagen darf - in diesem letzteren Fall noch zugänglich ist, das ist der sich in entsprechenden Bewußtseinsmannigfaltigkeiten konstituierende Sinn von ihm, und zwar sowohl von seinem materialen und formalen Sosein wie von seinem Seinsmodus. Daß nichts anderes und nichts mehr aus einer transzendentalen Betrachtung entspringen kann, als Behauptungen über den Gehalt dieses Sinnes und über die Rechtmäßigkeit seiner Konstitution, geht schon daraus hervor, daß man in ihr von vornherein, und zwar im Vollzug der Methode der phäno30 menologischen Reduktion , darauf verzichtet, über jedes Seiende, das kein 29 Eines der nicht hoch genug zu schätzenden Verdienste meines hochverehrten Lehrers Edmund Husserl liegt gerade darin, daß er als erster das reine transzendentale Bewußtsein wirklich rein herauszustellen wußte und alle psychologistischen Mißdeutungen so scharf wie möglich zurückwies. Er ist es auch, der uns erst die fast unübersehbare Fülle der Gestaltungen in der transzendentalen Sphäre nicht nur zu ahnen, sondern sie in voller Konkretion zu sehen und zu beschreiben lehrte und uns Jüngern deutlich zum Bewußtsein brachte, daß man hier nicht mit einigen nichtssagenden Phrasen auskommen kann, sondern vor ei30 ner Fülle von Problemen steht, an denen ganze Generationen zu arbeiten haben werden. Ich spreche hier von der phänomenologischen Reduktion bloß in dem Sinne, wie sie in ihrer ursprünglichen Form in dem I. Band der E. Husserlschen Ideen dargestellt wurde. Die späteren sehr wichtigen Untersuchungen E. Husserls über die verschiedenen phänomenologischen Reduktionen, die von ihm in seinen Universitätsvorlesungen dargestellt wurden,
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Bewußtseinselement ist, irgendein kategorisches Urteil zu fällen. Vergißt man aber, daß man dank der durchgeführten Reduktion lediglich mit Gegenstandssinnen und nicht mit dem transzendenten Seienden zu tun hat, oder will man aus Prinzip alle Fragen auf die transzendentalen reduzieren, so identifiziert man den intentionalen Gegenstandssinn und seine Konstitution mit dem seienden Gegenstande selbst und dessen eventueller Genese und durchbricht unwillkürlich die sich selbst auferlegten Schranken der transzendentalen Reduktion, indem man Metaphysik zu treiben beginnt und eine idealistische Theorie über die mit den Gegenstandssinnen identifizierten Gegenstände aufstellt. Der idealistische Standpunkt (in diesem oder einem anderen Sinne, der sich erst aus den ontologischen Problemen bestimmt) kann der richtige sein. Über sein Recht oder Unrecht ist in der jetzigen Problemsituation kein Wort zu sagen, da die Entscheidimg in dieser Richtung erst die stichhaltige Lösung all jener Probleme, die wir oben skizziert haben, bringen kann. Aber auch wenn er der richtige ist, so darf er jedenfalls nicht in einer verdeckten Metaphysik auf transzendentalem Boden gewonnen werden, sondern erfordert außer der ontologischen Vorbereitung und erkenntnistheoretischen Kritik eine rein metaphysische Untersuchung, die - abgesehen von der Frage nach ihrer Möglichkeit, die hier nicht entschieden werden soll! - jedenfalls nur unter Aufliebung der phänomenologischen Reduktion durchzufuhren wäre. Die beiden Betrachtungsweisen, die erkenntnistheoretische (bzw. transzendentale) und die metaphysische, schließen sich gegenseitig aus, so sehr eine "Metaphysik der Erkenntnis" einerseits und eine erkenntnistheoretisch umgedeutete Metaphysik andererseits von verschiedenen Seiten gefordert wird. Es gibt aber - was sofort gesagt werden muß - einen Punkt in der ganzen Betrachtung, in welchem die ontologischen, metaphysischen und erkenntnistheoretischen Probleme auf eine eigentümliche Weise sich zu verkoppeln scheinen und die Möglichkeit einer idealistischen Entscheidung, in einem noch zu bestimmenden Sinne, sehr nahe bringen. Es ist der Punkt jener bedeutsamen - von E. Husserl in seinen Vorlesungen vorgetragenen - Äquivalenz zwischen den beiden Urteilen: "A existiert" und "Es ist ein Weg zur
sind mir leider nur aus einigen mündlichen Andeutungen meines hochverehrten Lehrers bekannt, die er so freundlich war, mir im Herbste 1927 zu machen.
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Ausweisung der Existenz von A prinzipiell möglich". Diese Äquivalenz besagt letzten Endes, daß nur ein solches A sinnvoll als existierend anzunehmen ist, das prinzipiell erkennbar und letzten Endes erfahrbar - in dem weiten Sinne unmittelbarer Selbstgegebenheit - ist. Wenn aber dieses A ein zur realen Welt gehörender realer Gegenstand sein soll, so erfordert diese Äquivalenz bei gleichzeitiger Annahme einer Mehrheit von Bewußtseinsmonaden, daß es als identisch dasselbe für viele Erkenntnissubjekte erfahrbar sei (jetzt in dem engen Sinne der "Erfahrung", welcher sich aus den Husserlschen Analysen in den Ideen zu einer reinen Phänomenologie ergibt). Die Erfahrbarkeit setzt aber die Existenz des reinen Bewußtseins (bzw. der Bewußtseinsmonaden) voraus. Also - so folgert man daraus - setzt die Existenz der realen Welt die Existenz des reinen Bewußtseins voraus. Gäbe es kein reines Bewußtsein, so gäbe es auch keine reale Welt. So fuhrt eine zunächst erkenntnistheoretische Erwägung zuerst eine ontologische, dann aber eine metaphysische idealistische Entscheidung bestimmter Art herbei. Erkenntnistheoretisch ist aber jene Erwägung, da sie aus einer Besinnung über die Bedingungen der Möglichkeit einer rechtmäßigen Setzung (Existenzerfassung) eines Gegenstandes entspringt. Gäbe es prinzipiell keinen möglichen Weg zur Ausweisung der Existenz eines A, so würde es keinen rechtmäßigen Grund der Annahme der letzteren geben und so wäre auch jede Rede vom A widersinnig, da sie in dieser Situation der Annahme eines widersinnigen "Dinges an sich" gleichkäme, zu dessen 32 Wesen es gehörte, daß es unerfahrbar, also infolgedessen unerkennbar wäre . So scheint diese erkenntnistheoretische Erwägung die in dem ganzen Untersuchungskomplex entscheidende zu sein, und zwar in dem Sinne, daß sie ungeachtet aller möglichen Behauptungen, die auf ontologischem und metaphysischem Wege gewonnen werden mögen, den idealistischen Standpunkt in einem bestimmten Sinne erzwingt. ^
Mir ist sie aus einer Vorlesung des Herrn Geheimrats Husserl im Sommersemester 1914 in Göttingen bekannt, die er damals unter dem Titel "Natur und Geist" vorgetragen hat Leider sind mir die Notizen von dieser Vorlesung wahrend der Kriegszeit verloren gegangen, so daß ich den Gedankengang meines hochverehrten Lehrers hier nur aus dem Gedächtnis rekonstruieren kann. Infolgedessen sind etwaige Umdeutungen oder Unkorrektheiten in meiner Darstellung nicht ausgeschlossen.
32 Vgl. E. Husserl, Ideen zu einer reinen Phänomenologie, S. 85.
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Indessen ist es notwendig, sich klar zum Bewußtsein zu bringen, welcher Art Motive in dieser Argumentation mitspielen und im Zusammenhang damit welche Folgerungen aus ihr gezogen werden dürfen. Die Behauptung über das Bestehen der erwähnten Äquivalenz setzt eine erkenntnistheoretische Angelegenheit mit der Frage der Existenz von etwas in Zusammenhang und wird zur Begründung einer metaphysischen Entscheidung verwendet. Die Äquivalenz selbst kann aber entweder auf Grund einer ontologischen Sachlage oder eines erkenntnistheoretischen Postulats aufgestellt werden. Es ist somit zunächst das Ontologische vom Erkenntnistheoretischen genau zu scheiden, um die Bedeutung dieser verschiedenen Gründe erwägen zu können. Es ist vor allem der Begriff der "Erfahrbarkeit" von etwas zu untersuchen. Er bezieht sich auf etwas, was zu den relativen und zugleich potentiellen Eigenschaften einer Gegenständlichkeit gehört. Soll eine Gegenständlichkeit erfahrbar sein, so muß es mit anderen Worten außer ihr selbst noch eine andere Gegenständlichkeit geben, so daß aus dem Zugleichsein der beiden die "Erfahrbarkeit" entspringt. Als ein relatives Moment einer Gegenständlichkeit setzt die Erfahrbarkeit zugleich ein bestimmtes nicht-relatives Sosein jeder der beiden in Frage kommenden Gegenständlichkeiten, in welchen sie gründet, voraus. So gibt es zwei verschiedene Fundamente der Erfahrbarkeit, und wenn sie auch selbst einen ausgeprägten Bezug auf Erkenntnis unzweifelhaft hat und somit ihr Begriff erkenntnistheoretischer Natur ist, so sind ihre Fundamente ontischer bzw. ontologischer Natur. Insbesondere liegt das eine ihrer Fundamente in dem Sosein deijenigen Gegenständlichkeit, die erfahren werden soll, das andere in dem Sosein deijenigen, die von der ersteren Erfahrung haben soll. Sie sind grundsätzlich verschiedener Art. Die Rede vom Sosein der Gegenständlichkeit ist übrigens hier nicht ganz korrekt. Man muß nämlich in dem gesamten Sosein des Gegenstandes neben der Unterscheidung zwischen formalen und materialen Momenten noch eine andere Scheidung, und zwar im Rahmen der die Eigenschaften des Gegenstandes aufbauenden qualitativen Momente, durchführen. In einem solchen qualitativen Moment ist seine Grundqualität den sekundären Qualitäten, die eigene Bestimmtheiten der ersteren sind, gegenüberzustellen. Während die Grundqualität, wenn sie in der Form einer Eigenschaft von etwas steht, die unmittelbare Morphe dieser Eigenschaft, eine mittelbare aber des
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entsprechenden Gegenstandes ist, ist die sekundäre Qualität eine Bestimmtheit der unmittelbaren Morphe einer Eigenschaft33. Solche sekundäre Qualitäten können verschiedener Art sein. In unserem Falle ist das eine ontische Fundament der Erfahrbarkeit der Gegenstände, die erfahren werden sollen, diejenige sekundäre Qualität der materialen unmittelbaren Morphen gegenständlicher Eigenschaften34, welche macht, daß die letzteren "selbstpräsentierend" - oder wie H. Conrad-Martius bildlich sagt - "ansprechend" sind35. So ist ζ. B. Farbe (als Quale genommen) selbstpräsentierend. Es gibt aber auch solche Grundqualitäten, die sich in diesem Sinne nicht selbst präsentieren bzw. sich selbst zeigen können, zugleich aber der Art sind, daß sie - falls sie im Zusammensein mit den Grundqualitäten der ersteren Art auftreten durch dieselben präsentiert werden können (ζ. B. die Elastizität). Das andere ontische Fundament der Erfahrbarkeit liegt in deijenigen Gegenständlichkeit, welche von einer anderen (eventuell auch von sich selbst) Erfahrung hat. Es besteht in dem - um ein Wort M. Geigers zu benutzen - "Offen-sein" auf Eigentümlichkeiten eines anderen Gegenstandes, in dem auf die letzteren "Empfindlich-sein" und zwar in dem Sinne "Empfindlich-sein", daß der betreffenden Gegenständlichkeit dadurch ein "Wissen" von irgendeiner Gegenständlichkeit zugeht. Kann eine Gegenständlichkeit, die in diesem Sinne für andere Gegenstände "offen" ist, auch außerdem für ihre eigenen Bestimmtheiten "empfindlich" sein, so bildet sie denjenigen Typus von Gegenständlichkeit, den man "Bewußtsein" nennt. Die ontischen Fundamente der Erfahrbarkeit können insofern das Seiende überhaupt in zwei verschiedene Reiche differenzieren, als es möglich ist, daß eine Gegenständlichkeit lediglich selbstpräsentierende und präsentierte Bestimmtheiten hat, aber in keinem Sinne sowohl für eigenes, wie für fremdes
Ober die unmittelbare und mittelbare Morphe eines Gegenstandes vgl. J. Hering. "Bemerkungen über das Wesen, die Wesenheit und die Idee", Jahrbuch für Philosophie, Bd. IV, S. 495 ff. 34
Wie es mit den formalen Momenten steht, möchte ich vorläufig dahingestellt sein lassen.
35 Vgl.: "Zur Ontologie und Erscheinungslehre der realen Außenwelt", Jahrbuch für Philosophie, Bd. IQ, S. 465 ff. Freilich meint H. Conrad-Martius, damit nur eine Eigentümlichkeit der sinnlichen Qualitäten herausgestellt zu haben, während ich hier diesen Begriff in einem weiteren Sinne verwende.
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Bemerkungen zum Problem "Idealismus-Realismus"
Sosein "offen", "empfindlich" ist, andererseits aber auch Gegenständlichkeiten möglich sind, die die beiden Fundamente der Erfahrbarkeit in sich aufweisen. Gibt es tatsächlich beide möglichen Typen von Seiendem überhaupt, dann sind die Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrbarkeit realisiert, und jede der existierenden Gegenständlichkeiten, die die erste Bedingung erfüllt, kann erfahren werden, diejenigen dagegen, welche die zweite Bedingung erfüllen, können Erfahrungen haben. Das ganze Problem besteht darin, ob dies notwendig ist. Oder ausführlicher gesagt: Hinter der Frage der Gültigkeit der Äquivalenz der Sätze: "A existiert" und "Es ist ein Weg zur Ausweisung der Existenz von A prinzipiell möglich" bergen sich zunächst folgende ontologische Probleme, welche für sich gelöst werden müssen: 1. Gibt es solche Grundqualitäten, die auf keine, auch keine mittelbare Weise, präsentiert werden können, also - bildlich gesagt - ganz "stumm" sind, oder gehört es zur Idee der Grundqualität, daß dies ausgeschlossen ist? 2. Gibt es solche "stummen" Grundqualitäten, so ist weiter zu fragen, ob es zur Idee des Seienden als solchen gehört, daß es unter den Bestimmtheiten seines Soseins immer auch selbstpräsentierende Bestimmtheiten haben muß, oder ob es im Gegenteil ein Seiendes geben kann, welches lauter "stumme" bzw. sich selbst nicht präsentierende Bestimmtheiten enthält? 3. Ist es notwendig, daß ein Gegenstand, der selbstpräsentierende materiale Bestimmtheiten hat, zugleich für diese eigenen Bestimmtheiten und für die anderer Gegenständlichkeiten "offen" sein muß? 4. Falls die letzte Frage negativ zu beantworten wäre, so wäre noch zu untersuchen, ob es notwendig ist, daß, wenn ein Gegenstand des ersten der unterschiedenen Typen des Seienden soll existieren können, zugleich ein solcher des zweiten Typus existieren muß. Wäre sowohl die 3. und die 4. Frage negativ, die zweite dagegen positiv zu beantworten, dann bestünde keine Notwendigkeit, daß jeder existierende Gegenstand erfahrbar ist. Er könnte aber trotzdem erfahrbar sein, falls es faktisch ("zufälligerweise") einen für andere Gegenständlichkeiten "offenen" ("empfindlichen") Gegenstand gibt. Zur Geltung der untersuchten Äquivalenz würden in diesem Falle die ontologischen Gründe nicht ausreichen, sondern es müßte zu ihrer Begründimg die metaphysische Feststellung der
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faktischen Existenz des Bewußtseins herangezogen werden . Wäre es aber so, dann könnte man aus dem Bestehen dieser Äquivalenz keine metaphysisch idealistische Konsequenz ziehen. Ob man also diese Konsequenz ziehen darf, das hängt letzten Endes von der Entscheidung der aufgezählten 37
ontologischen Probleme ab . Oder genauer gesagt: diejenigen ontologischen Gründe, welche im Falle der positiven Lösung der 3. und 4. Frage bestehen und die dann zu der betrachteten Äquivalenz fuhren würden, erzwingen die ontologische idealistische Entscheidung unmittelbar von selbst, so daß dann diejenige Argumentation, welche sich auf die betrachtete Äquivalenz selbst beruft und daraus die idealistische Konsequenz zieht, entbehrlich wäre. Zu beachten ist ferner, daß die Lösimg der 2. - 4. Frage von der Lösung der 1. Frage unabhängig ist und daß allein die positive Lösung der 1. Frage der Annahme eines wesensmäßig unerkennbaren Dinges-an-sich gleichkäme, welche E. Husserl mit Recht verwirft. Von der Lösimg der aufgezählten Probleme und von der Beantwortung der Frage, ob es tatsächlich ein Bewußtsein gibt, ist weiter die Möglichkeit der Aufstellung einer Theorie vom Seienden abhängig. Aber damit entsteht ein grundsätzlich neues Problem, nämlich das der Bedingungen der Möglichkeit einer Theorie, dessen Lösung zwar die Annahme des reinen Bewußtseins fordert, aber so lange zu keiner metaphysischen Konsequenz führt, als es sich lediglich um die Möglichkeit einer Theorie handelt. Erst wenn man die Frage aufwirft, ob es notwendig sei, daß es eine Theorie vom Seienden und überhaupt eine Theorie gäbe - eine Frage, deren Bejahung gar nicht selbstverständlich ist! - , kann es zu einer Rückwirkung dieses erkenntnistheoretischen Problems auf die metaphysische Entscheidung der Frage nach der Existenz des reinen Bewußtseins kommen. Müßte es nämlich eine Theorie vom Seienden notwendig geben, dann müßten auch die Bedingungen ihrer Möglichkeit erfüllt werden, und insbesondere müßte dann mindestens die faktische Existenz des reinen Bewußtseins angenommen werden. Die Annahme der faktischen Existenz genügt, denn eine Theorie vom Seienden wäre schon dann möglich, wenn die Probleme 3. und 4. negativ beantwortet würden, zugleich aber die faktische Existenz des Bewußtseins festgestellt ^ 37
Freilich müßte in diesem Falle der zweite der betrachteten Sätze etwas anders formuliert werden. Diese Probleme gehören offenbar zu den material-ontologischen Problemen.
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würde. Mit anderen Worten: Auch bei der Annahme der Notwendigkeit der Existenz einer Theorie vom Seienden könnten die oben formulierten material-ontologischen Probleme noch in verschiedenem Sinne beantwortet wer38
den . Die Annahme dieser Notwendigkeit (deren Leugnimg zu der Gefahr einer skeptisch-relativistischen Petitio Principii fuhrt) kann somit von selbst weder die idealistische Entscheidung der Streitfrage noch die sogenannte realistische erzwingen. Diese Entscheidung kann nur durch die Lösung der ontologischen und metaphysischen Probleme, die wir früher gekennzeichnet haben, gewonnen werden. Der Kern der ganzen Streitfrage liegt somit in diesen beiden Gruppen von Fragen.
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Diese Annahme würde zugleich den prinzipiellen Grund bilden, um dessentwillen die oben erwogene Äquivalenz der beiden Sätze bestehen müßte.
Bemerkungen zu den Méditations Cartésiennes Edmund Husserls (1931)1 I. Méditation
[1]
'
1.
Seite 3, Zeile 14-7 v. u. [S. 45, Z. 31 bis S. 46, Z. 1] (...)
2.*
ad § 3. [S. 48, Ζ. 11 bis S. 50, Z. 3]
[Der vorliegende Text stützt sich auf ein im Ingarden-Archiv in Krakau aufbewahrtes Manuskript (Ms.) der vollständigen Version von Ingardens "Bemerkungen zu den Méditations Cartésiennes Edmund Husserls". Es handelt sich dabei um eine Maschinenschrift, die von Ingarden auf Husserls Anregung 1931 niedergeschrieben und nachträglich (auf einem der später eingelegten Blätter steht das Datum 26.1Π.1933) mit vielen handschriftlichen Zusätzen angereichert wurde. Diese ursprüngliche Version enthält 94 Bemerkungen, deren Numerierung hier beibehalten wird. Im vorliegenden Text werden aber nur 70 Bemerkungen vollständig wiedergegeben, die Ingarden selbst zum Druck bestimmt hat Sie werden hier mit hochgestellten Zahlen in eckigen Klammem numeriert Diese Numerierung entspricht auch deijenigen in der polnischen Obersetzung (in: Edmund Husserl, Medytacje kartezjanshe, übers, von Andrzej Wajs, PWN, Warszawa 1982, S. 237-291) und kann besonders dem polnischen Leser eine bessere Orientierung verschaffen. Nur manche der Bemerkungen, die Ingarden zur Veröffentlichung ausgewählt hat, sind in den Husserliana I (E. Husserl, Gesammelte Werke, Bd. I: Cartesianische Meditationen und Pariser Vorträge, Martinus Nijhoff, Den Haag 1950, S. 203-218) erschienen. Sie werden hier mit einem Asterisk * markiert Die von Ingarden weggelassenen Bemerkungen, die in manchen Fällen nicht uninteressant scheinen, werden unten als Beilage wiedergegeben. Im vorliegenden Haupttext bleiben allein die dazugehörigen Referenzen auf die entsprechenden Stellen bei Husserl (so kann der Leser, der speziell an einer bestimmten Stelle interessiert ist, die diesbezügliche Bemerkung Ingardens leicht finden). Ein Teil der ausgelassenen Bemerkungen wurden von Ingarden am Rand notiert, sie betreffen nur die französische Übersetzung (E. Husserl, Méditations Cartésiennes, trad, par Gabrielle Peiífer et Emanuel Lévinas, Paris 1931). Diese Bemerkungen wurden sowohl im Haupttext wie auch in der Beilage durch das Zeichen ^ kenntlich gemacht Ingardens Bemerkungen haben sich ursprünglich auf die französische Obersetzung bezogen. Darauf verweisen somit auch die hier übernommenen Seiten- und Zeilenangaben der Urversioa Die entsprechenden Stellen in den Husserliana I folgen in eckigen Klammern. Auch Ingardens Zitate beziehen sich ursprünglich auf die französische Obersetzung des Welkes Husserls. Die entsprechenden Formulierungen im deutschen Original werden in den Fußnoten wiedergegeben.]
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Bemerkungen zu den Méditations Cartésiennes
Das Wichtigste des § 3. und zugleich die Lösung der ganzen Schwierigkeit, die in diesem Paragraphen entwickelt wird, liegt, wie mir scheint, in den Worten "Nous accepterons cette idée comme une hypothèse provisoire" (meine Unterstreichimg, vgl. S.7, Ζ. 19-20 v.o.) . Es scheint mir infolgedessen, daß die Vorläufigkeit, das Provisorische der Annahme dieser Hypothese etwas schärfer betont werden muß, wobei auch die Gründe dieser Provisorität angegeben würden. Außerdem wäre es dann notwendig, am Schluß der ganzen Betrachtung zu diesem Punkte zurückzukehren und die Frage der provisorischen Entscheidimg noch einmal zu besprechen. Sonst scheint es mir nicht möglich zu sein, den schwierigen Punkt der vorgefaßten Annahmen zu überwinden. Diese vorgefaßten Annahmen sind aber in folgenden Punkten implicite enthalten: "de donner aux sciences un fondement absolu" (S. 7, Z. 6 v. o.)3, "nouspossédons cette idée" (S.7, Z. 17 v.o.)4. Was das letztere betrifft, so liegen bei diesem Satz zwei vorgefaßte, d. h. durch den meditierenden Philosophen nicht kontrollierte Annahmen: 1) die Annahme des Besitzes dieser Idee, wobei noch unklar ist, ob wir diese Idee im aufgeklärten oder im unaufgeklärten Zustande besitzen sollen, 2) die Annahme der Unzweifelhaftigkeit der Erkenntnis dessen, daß wir diese Idee besitzen. Ergänzend wäre zu dem § 3. noch zu bemerken: Wenn wir uns zu der Durchführung der ersten, die Resultate der Wissenschaften betreffenden "Reduktion" entscheiden, so muß diese Entscheidung selbst irgendwie motiviert, bzw. begründet werden. Und diese Motivation bzw. Begründung liegt in manchen Annahmen, deren Rechtmäßigkeit hier tatsächlich nicht untersucht wird. Und zwar wird da vorausgesetzt: 1. die Idee und der Wert der absoluten Begründung, 2. die Tatsache, daß bei der naiven bzw. bei der wissenschaftlichen Erkenntnis das Vorhandensein der absoluten Begründung mindestens noch nicht festgestellt wurde. Die erste Annahme, die hier wichtiger ist, ist entweder ganz naiv, unkritisch durchgeführt und in dem Sinne ein Dogma (das vielleicht die später entwickelten Bedingungen der apodiktischen Evidenz gar nicht erfüllt), oder sie wird nicht naiv durchgeführt, dann muß sie aber selbst transzendental-phänomenologisch gewonnen werden. Mit anderen Worten: man muß praktisch die transzendental-phänomenologische ["Wir nehmen das als eine vorläufige Presumption...", S. 49, Ζ. 34-5.] ["...das allgemeine Ziel absoluter Wissenschaftsbegründung...", S. 49, Z. 16.] ["In dieso- Form der vermeinten... Allgemeinheit haben wir sie...", S. 49, Z. 31-2.]
Bemerkungen zur I. Meditation
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Reduktion geübt haben, um die Möglichkeit und die Notwendigkeit dieser Reduktion einsehen zu können. In beiden Fällen haben wir den Fall der Machtlosigkeit der bewußten, wissenschaftlichen kritisch geleiteten Methode im Vergleich zu den ganz zufalligen "Einfällen", genialen Erschauungen. Gibt es da einen Ausweg? (Das ist das Problem des "Anfangs"). 3.W Seite 7, Zeile 14 v. o. [S. 49, Z. 26-7] (...) [2]
4.
Seite 7, Zeüe 9-2 v. u. [S. 50, Ζ. 8-15]
Es ist nicht ganz klar, warum zunächst die Identität zwischen den Wissenschaften, die "réellement données" sind, und den Wissenschaften "au sens vrai et strict"5 geleugnet wird, wenn es einige Zeilen später heißt: "C'est justement dans cette prétention qu'est 'impliquée' l'idée de science, l'idée de science véritable". Vielleicht ist das ein Fehler der Übersetzung und es sollte ursprünglich heißen: "C'est justement dans cette prétention justifié qu'est 'impliquée' l'idée de science ..."6 Außerdem würde es sich hier empfehlen genauer zu sagen, was für eine "prétention" es sein soll. Soviel ich verstehe, handelt es sich da um den Wahrheitsanspruch, aber nicht ein jeder Anspruch, "qui n'est pas justifiée par le fait même de leur existence en tant que phénomène de culture", ist ein Wahrheitsanspruch. 5.M Seite 8, Zeüe 1 ν. o. [S. 50, Ζ. 17] (...) [3]
6.
Seite 9, Zeüe 1 ν. o. [S. 51, Ζ. 17-18] η
Ich würde die Worte "le jugement, c'est-à-dire" streichen. Der Rest bildet dann einen vollverständlichen und eindeutigen Satz und [zwar] gerade [einen solchen][l], um welchen es sich da handelte, und durch die Streichung wird die ganz unhaltbare, aber durch den jetzigen Text nahegelegte Identifikation
["... auf Grund der tatsächlichen Wissenschaften ...", S. 50, Z. 8; "... Wissenschaften im wahren und echten Sinne...", S. SO, Z. 10.] ® ["Eben in dieser Prätention liegt die Wissenschaft als Idee - als Idee echter Wissenschaft", S. 50, Z. 13-15.] 7 ["... das Urteil (das, was geurteilt ist)...", S. 51, Z. 17-18.]
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Bemerkungen zu den Méditations Cartésiennes
vermieden, als ob das Urteil dasselbe wäre wie das im Urteil (oder durch das Urteil) gesetzte. Seite 9, Zeile 9-10 v. o. [S. 51, Z. 24] (...) 8.[f] Seite 9, Zeile 14-15 v. o. [S. 51, Z. 28-9] (...) 9.[f] Seite 9, Zeüe 3 f. v. o. [S. 52, Z. 4-5] (...) 10. Seite 11, Zeile 3 v. o. [S. 53, Z. 19-20] (...) [4]
11.* Seite 11,Zeile4ff. [S.53,Z.21 ff.]8
Daraus, daß manche elementare Ideen der Idee der Wissenschaft von uns in konkreter wissenschaftlicher Arbeit oder im kritischen Nachsinnen erlebt werden, folgt noch nichts Entscheidendes für den Gang der Meditationen. Denn nicht nur darum handelt es sich, daß die Idee der echten Wissenschaft von uns nicht völlig "aus der Luft gegriffen" wäre, sondern auch darum, ob falls es von dieser Idee ganz konkrete Erlebnisse, Erfahrungen gibt - das in diesen Erlebnissen Erfahrene, d. h. die Idee der echten Wissenschaft (bzw. die entsprechenden elementaren Ideen) rechtmäßig ist. Noch mehr: Gerade die Tatsache, die [in] Z. 9-10 festgestellt wird ("Idée qui... guide cet effort Q
de la pensée scientifique") [weist] [2] daraufhin, daß sogar der Versuch der ganzen Meditationen selbst durch Ideen-erlebnisse tatsächlich geleitet wird, durch Erlebnisse also, die Erlebnisse 1. von ungenügend geklärten (wenigstens für den Leser!) Ideen sind, 2. von Ideen (ζ. B. von der Idee der absoluten Begründung), deren Rechtmäßigkeit bis zu der jetzigen Phase der Meditationen nicht aufgeklärt und fraglich (bezweifelbar) ist. Somit entsteht der weiter selbst zu begründende oder zu beseitigende Zweifel, ob der Meditationsversuch selbst ein rechtmäßiger ist usw. Es sind hier also entsprechende Ergänzungen nötig. Dazu gehört unzweifelhaft der Satz [auf] S. 11, Z. 18-20
[Nach Husserliana I fälschlicherweise: S. 52, Z. 20. Im Ms. fügt Ingarden hinzu: "Husserl hat den Text unter dem Einfluß meiner Bemerkung geändert!".] ["... der es zunächst vage beherrschenden Zweckidee der echten Wissenschaft ...", S. S3, Z. 23 f. (in Husserliana I steht hier irrtümlicherweise "S. 52, Z. 18 f.")]
59
Bemerkungenzurl. Meditation
[S. 53, Ζ. 34-6]. Es wäre aber empfehlenswert, dies alles etwas ausfuhrlicher zu besprechen. [5]
12. Seite 11, Zeile 26fif.[S. 54, Z. 3 ff.]
Insbesondere ad "je tends vers le but présumé d'une science véritable"10. Gerade die Rechtmäßigkeit dieses Ziels und somit auch die Vemünftigkeit des Ganges "meiner" Meditationen ist eben noch nicht aufgeklärt und gesichert. [6]
13. Seite 11, im Satz Zeile 28 ff. [S. 54, Z. 6]
- ist nach den Worten "aucun jugement"11 in der Parenthese zu ergänzen "(dieses methodische Prinzip als ein Urteil nicht ausgenommen)". Eventuell kann hier auf den § 63 hingewiesen werden. 14. Seite 15, Zeile 6-8 v. o. [S. 57, Z. 25-6] (...) m
1 5 * Seite 16, Zeile 14-15 v. o. [S. 58, Z. 32-6] 12
Ad. "qu'en vertu de l'expérience sensible que j'ai de leurs corps" . Dies kann entweder im Sinne der Feststellung einer "bloßen Tatsache" verstanden werden, oder aber im Sinne einer Wesensfeststellung, so daß es überhaupt nicht möglich wäre, das psychische Leben anderer Menschen und Tiere ohne die Teilnahme der "sinnlichen Erfahrung" zu erkennen. Für den Gang der Meditationen kommt das zweite in Betracht. Eine schärfere Formulierung wäre also empfehlenswert. 13 Außerdem: Was heißt hier ganz genau dieses "en vertu de" ? Denn davon hängt es ab, ob durch die Reduktion der sinnlichen Erfahrung ipso facto die Reduktion der Erfassungsweise der fremden Subjekte bewirkt wird oder nicht. Dies würde nur dann der Fall sein, wenn die Geltung der Erfahrung der fremden Subjekte bzw. desfremdenpsychischen Lebens von der Geltung der 10 11
["... daß ich auf das presumptive Ziel echter Wissenschaft hinstrebe...", S. 54, Z. 3 ff.] ["... kein Urteil...", S. 54, Z. 6.]
12
13
["... Menschen und Tiere ... nur Erfahrungsgegebenheiten vermöge der sinnlichen Erfahrung ihrer körperlichen Leiber...", S. 58, Z. 33-5.] ["... vermöge...", S. 58, Z. 34.]
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Bemerkungen zu den Méditations Cartésiennes
sinnlichen Erfahrung abhängig wäre und zwar auf diese Weise abhängig, daß die erstere nur dann Geltung besäße, wenn sie die letztere hätte. Dies mag in der Wirklichkeit so sein, es wäre aber notwendig, hier darauf wenigstens hinzuweisen. Sonst können in dem Leser begründete Zweifel entstehen. [8]
16.* Seite 16, Zeüe 7 v. u. [S. 59, Z. 13-15]
Ad "cette abstention est ce qu'elle est, et elle est incluse dans tout le courant de la vie perceptive"14. Es ist nicht ganz klar,, in welchem Sinne hier vom Enthaltensein der "Abstinenz" (Epoché, Reduktion?) in "dem ganzen Strom des perzeptiven Lebens" gesprochen wird. Soll man das so verstehen, daß im Ganzen dieses Stroms sich sozusagen irgendwo auch die ganz besondere Enthaltsamkeit vom Urteil, von Setzung befindet, oder aber in dem ganz anderen Sinne, daß überall dort, wo sich im Strom eine Realitäts- oder allgemeiner eine Seins-setzung vollzieht, diese letztere "unterbunden" bzw. neutralisiert wird (außer natürlich der Setzung des reinen Bewußtseins selbst). Im zweiten Falle müßte wohl die Tatsache, aber auch die Möglichkeit einer solchen, so weit gehenden Modifikation all dieser Setzungen bezweifelt werden. Wahrscheinlich handelt es sich um die "Ausschaltung" dessen, was in den Ideen "Generalthesis" genannt wird. Es mag fur das Folgende ohne größere Bedeutung sein, aber der vorliegende Text bietet einen möglichen Angriffspunkt, bzw. einen Punkt der möglichen MißVerständnisse. 17.W Seite 17, Zeüe 7 v. o. [S. 59, Z. 26-7] (...) [9]
18.
Seite 17,Zeüe 10-11 v.o. [S.59,Z.28-9] 15
Streng genommen darf nicht gesagt werden: "je VL effectue plus l'acte de croyance existentielle de l'expérience naturelle"16, da ich diesen Akt insofern vollziehe bzw. vollziehen muß, 1) als ich nicht aufhöre zu leben und zwar in 14
^
16
["... so ist doch dieses Mit-Enthalten, was es ist, und es ist mitsamt dem ganzen Strom des erfahrenden Lebens.", S. 59, Z. 13-15.] [Im Ms. fügt Ingarden hinzu: "Der französische Text scheint von Husserl unter dem Einfluß mein« Bemerkung geändert worden sein; jedenfalls veranlafit die jetzige Formulierung nicht in dem Maße wie diefrüheredazu, daran Kritik zu üben".] ["... daß ich als philosophisch Reflektierender nicht mehr den natürlichen Seinsglauben der Erfahrung in Vollzug, in Geltung halte...", S. 59, Z. 28-9.]
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Bemerkungen zur I. Meditation
der Welt zu leben, 2) als eben dieser Akt selbst durch die Reduktion modifiziert wird, 3) als er als modifizierter erfahrbar ist. Man könnte also vielleicht sagen: "Ich vollziehe den Akt des Existenz-glaubens, der in der natürlichen Erfahrung enthalten ist, nicht mehr auf die für diese Erfahrung charakteristische, naive, schlicht kategorische Weise; dadurch daß ich diesen Glauben (im Vollzug der Epoché) nicht mehr für gültig halte, unterliegt er einer Modifikation, wenn er auch immer da ist...". 19. [10]
Seite 17, Zeile 18 ff. [S. 59, Z. 30 ff.]17 (...)
20. Seite 17, Zeile 10 v. u. [S. 60, Z. 6-10] 18
Ad. Satz "Mais tous ces phénomènes ..." Ich würde hier sagen: "Aber all diese Phänomene haben für mich, den Meditierenden, ihre Geltung verloren, obwohl sie noch immer für mich dastehen als solche, die bei der naiven Einstellung [eine] bestimmt geartete Geltung beanspruchen..." [11]
21.* Seite 18, Zeile 18 v. o. [S. 60, Z. 32-3] 19
Wäre es nicht besser, statt: "Tout son sens universel" usw. zu sagen: "Seinen ganzen universellen und partikulären Sinn, seine ganze Seinsgeltung, schöpfe ich lediglich aus solchen Cogitationen"? (Dasselbe betrifft S.22, Z. 2 ff. v. u.) [S. 65, Ζ. 11 ff.]. Im Rahmen der 20 Epoché darf ich ja nur von mir selbst und nicht von der Welt Urteile fällen. [12]
22.* Seite 18, Zeile 22 v. o. [S. 60, Z. 35-8]
17 [Im Ms. fügt Ingaiden hinzu: "Der jetzt veröffentlichte Text weicht deutlich vom französi18 schen Text ab. Eine deutliche Änderung unter dem Einfluß meiner Bemerkung."] ["Auch alles, was in dergleichen Erlebnissen als Gemeintes im Geltungsbewußtsein war ... bleibt ganz und gar enthalten - nur in der Geltungsmodifikation bloße Phänomene.", S. 60, Z. 6-10 ] 19 20 ["Ihren ganzen, ihren universalen... Sinn...", S. 60, Z. 33.] Der von mir hier bestnttene Satz kann natürlich (in etwas modifiziertem Sinne) als das mögliche Resultat der transzendental-konstitutiven Betrachtung genommen werden. Aber in diesem Sinne darf er da nicht verstanden werden, da hier doch erst der Weg zur Entwicklung des transzendentalen Problems gesucht wird, es dürfen hier also die Resultate der transzendentalen Betrachtung nicht vorausgesetzt werden.
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Bemerkungen zu den Méditations Cartésiennes 21
Analog: statt "je ne puis agir..." usw. würde ich vorschlagen: "Ich kann in keiner anderen Welt handeln und Werturteile (oder vielleicht: "Urteile, die Wert haben"?) fällen, denn in einer solchen, deren Sinn und Geltung (Sein?) ich im Vollzug meiner Cogitationes erfasse". [13]
23.* Seite 18,Zeile 13-9 v.u. [S.61,Z.6-10] 22
Ad "Par conséquent..." usw. Streng gesprochen darf auf Grund des bisher Gesagten nur Folgendes behauptet werden: "Infolgedessen setzt tatsächlich die von mir erfaßte natürliche Existenz der Welt - einer Welt, von der ich lediglich reden darf - die Existenz des reinen Ego und seiner Cogitationes als eine an sich 'frühere' Existenz voraus". Etwas umformend könnte man da auch sagen "Die Erfassung der natürlichen Existenz der Welt setzt" usw. Sollte aber das behauptet werden, was im Texte steht, so müßte zunächst ausdrücklich gezeigt werden, daß die beiden Begriffe: "die natürliche Existenz der Welt" und "die von mir erfaßte natürliche Existenz der Welt" streng äquivalent sind. Was gar nicht selbstverständlich ist. (Daß sie bedeutungsverschieden sind, unterliegt ja keinem Zweifel). Es würde auch sehr schwer sein, diese Äquivalenz an dieser Stelle der Meditationen aufzuweisen. [Bei der im Text hinzugefügten][3] Bemerkung "du monde dont je puis 23 parler" ist erstens nicht ganz klar, wie sie zu nehmen ist, zweitens ist aber noch nicht entschieden, von welcher Welt ich rechtmäßige Behauptungen aufstellen darf, drittens endlich reicht diese Bemerkung nicht aus. Denn auch bei der Welt, von der ich sprechen darf, [sind][4] die "Existenz" und die "von mir erfaßte Existenz" noch nicht identisch und es ist eine erst in ihrer Rechtmäßigkeit aufzuweisende Verallgemeinerung, wenn man von der "von mir erfaßten Existenz" zu der "Existenz" schlechthin übergeht. Und um es noch einmal zu betonen: Wenn sich aber auch die Rechtmäßigkeit der im Texte stehenden Behauptungen zeigen ließe, so kann das nicht (und darf es auch nicht) an dieser Stelle der Meditationen geschehen, wo erst die Wege zu einer transzendentalen Betrachtung gesucht und gebahnt werden, wo aber das mögliche Endresultat der transzendentalen Betrachtung 2J
22 23
["... ich kann in keine andere Welt hineinleben...", S. 60, Z. 35 f.] ["So geht...", S. 61, Z. 6.] ["... von der ich je rede und reden kann...", S. 61, Z. 7.]
Bemerkungen zur I. Meditation
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noch nicht vorweggenommen werden darf. Das wäre jedenfalls ein "nichtcartesianischer" Schritt, oder besser, ein Schritt, der freilich Descartes selbst passiert ist, den aber E. Husserl eben vermeiden will, da darin eine metaphysische Entscheidung enthalten ist, eine Entscheidung, die einer kategorischen Thesis über etwas, was selbst kein Element der transzendentalen Subjektivität ist, gleicht Wenn ich vorschlagen darf: Ich würde den letzten Absatz des § 8 einfach streichen. [14]
24. Seite 21, Zeile 8v.u. [S. 64, Z. 15] und ad Absatz I § 11 [S. 64, Z. 10 bis S. 65, Z. 5]
Der Satz "Ce moi et sa vie psychique ..."24 usw. scheint, an dieser Stelle und in solcher Form aufgestellt, zunächst nur eine "bloße Behauptung" zu sein, die weder begründet ist, noch dem gewöhnlichen Leser wahrscheinlich zu sein scheint. Es scheint mir auch, daß dieser Satz sich an dieser Stelle vermeiden läßt. Statt des ganzen I. Absatzes des § 11 wäre es vielleicht besser, ausßhrlich den Sinn des Ich als des Menschen zu zeichnen und dann zu zeigen, warum Ich-der-Mensch unter der Epoché fallen muß, wobei es zunächst irrelevant sein kann, daß die die Welt betreffende Epoché mich schon als einen Teil der Welt umfaßt. Und erst dann wäre (wiederum etwas ausführlicher) zu zeigen, daß [der] Ich-Mensch mit [der] Ich-transzendental gereinigten Monade nicht identisch ist und daß bloß die letztere in einer apodiktischen Evidenz gegeben sein kann. So viel ich sehe liegt da der [springende Punkt] [5] der I. Meditation, die Frage muß also etwas genauer bearbeitet werden. [1S1
25. Seite 22, Zeile 23-27 v. o. [S. 65, Z. 11-15] 25 Ad. "Le monde objectif..." usw. Wie schon früher angedeutet, scheint dieser Satz an dieser Stelle eine rein metaphysische Behauptung zu sein, die hier ganz unbegründet und wie eine Vorwegnahme erscheint. ν Außerdem scheint die Wendimg "le monde objectif qui existe pour moi" , wenn der Relativ24 25 26
["... Ich und sein Ich-Leben ...n S. 64, Z. 16.] ["Die objektive Welt...", S. 65, Z. 11.] ["Die objektive Welt, diefiirmich ist...", S. 65, Z. 11.]
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Bemerkungen zu den Méditations Cartésiennes
satz im modifizierenden Sinne verstanden werden soll, eine contradictio in adjecto zu sein. Dagegen dürfte hier mit voller Berechtigung stehen: "Der Sinn alles dessen, was ich von der Welt, von ihren Objekten und ihrer Existenz weiß, wird lediglich aus dem Gehalt meiner Cogitationen geschöpft". Und daraufkommt es ja hier doch eigentlich an. tl6]
26. Seite 22, Zeile 29-31 v. o. [S. 65, Z. 17-19]
Eben deswegen dürfen die soeben besprochenen Behauptungen über die Welt hier nicht stehen. [171
27. Seite 22, Zeüe 12 ν. u. [S. 65, Ζ. 20-21]
Den Satz "inversement, le monde et les objets du monde ne sont pas des par27
ties réelles de mon moi" würde ich folgendermaßen formulieren, um den Anschein einer metaphysischen Behauptung zu vermeiden (übrigens ganz im Sinne der Phänomenologie): "Umgekehrt [bilden] [6] die Welt und die Objekte der Welt, wenn sie genau das sind und genau so beschaffen sind, wie sie in meinen Erfahrungserlebnissen vermeint sind, keinen Teil meines transzendentalen Ichs". [18]
28* Seite22,Zeüe8v.u. [S.65,Z.24-5] 28
"Cette transcendance appartient au sens spécifique l'être du monde" . Dieser Satz scheint für jeden, der sich mit der Gegebenheitsweise der Gegenstände der "äußeren" Welt beschäftigt hat, zunächst ganz plausibel zu sein und scheint auch keine weiteren Entscheidungen mit sich zu fuhren. (Für den Anfanger in der Phänomenologie wird er wohl in seiner Richtigkeit schwer einzusehen sein). In Wirklichkeit birgt er in sich sehr schwerwiegende Entscheidungen, indem aus ihm geschlossen werden darf: "Alles, was durch diese Transzendenz nicht ausgezeichnet ist, ist nicht-weltlich", womit dann über die Nicht-weltlichkeit der reinen Subjektivität (des konstituierenden, nicht-transzendenten Bewußtseins) entschieden wird. Diese Behauptung liegt 27
["...so ist umgekehrt die Welt und jedes weltliche Objekt nicht Stück meines i c h S . 65, 28
Z. 20-21.]
["Zum eigenen Sinn alles Weltlichen gehört diese Transzendenz...", S. 65, Z. 24-5.]
Bemerkungen zur I. Meditation
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unzweifelhaft im Sinne E. Husserls. Ob sie aber wirklich in der apodiktischen Evidenz einsehbar ist? Zunächst haben wir die voll zu unterschreibende Scheidung zwischen all dem, was sich in Mannigfaltigkeiten von Erlebnissen konstituiert, und der reinen Subjektivität (allerdings nur in der Form des reinen konstituierenden Bewußtseins). Dann gilt es, daß vieles davon, was konstituiert ist, zu der "Welt" gehört. Ob sich dann aber sagen läßt, daß "zur Welt gehörig" nur das ist, was konstituiert ist? Aus einer Scheidung, die zunächst aus rein methodologischen Gründen - eben den echt Cartesianischen - vollzogen wird, da das Konstituierende in apodiktischer Evidenz als existierend gegeben ist, während sich dasselbe von dem Konstituierten nicht sagen läßt, erlangen wir hier eine metaphysische Behauptung, die mit der Statuierung eines existenzialen Unterschiedes zwischen dem Konstituierenden und der "Welt" zusammengeht. Das kann richtig sein, der Leser - auch der, der schon kein so großer Anfänger in der Phänomenologie [mehr] ist würde sich aber freuen, wenn er zwingende Gründe für eine solche Entscheidung bekäme. Diese können aber erst als ein ziemlich spätes Resultat der transzendentalen Betrachtung und nicht bei der Einßhrung in eine solche Betrachtung gewonnen werden. Außerdem darf die Möglichkeit einer transzendentalen Betrachtung sich nicht auf ein Resultat stützen, das diese Möglichkeit voraussetzt. Aus der schlichten sozusagen naiven Vertiefung in den Sinn des "Weltlichen" als solchen läßt sich eben die im Texte stehende Behauptung nicht einsehen. Da müssen Gründe erst aus der konstitutiven Betrachtung geschöpft werden. Dagegen ist der Rest des besprochenen Satzes (von den Worten "encore 29 que nous ne puissions ..." usw. bis zum Schluß des Satzes) unzweifelhaft vollkommen richtig. Es scheint mir auch, daß es fur die Zwecke der I. Meditation vollkommen ausreichen würde, bloß diesen Rest stehen zu lassen. Ich würde es nur etwas schärfer, mit größerem Nachdruck formulieren. Es sollte zum Prinzip der ganzen Methode gemacht werden: aus dem Gehalt der Erfahrungserlebnisse (allgemeiner: der Erlebnisse, soweit sie "vernünftig" sind) und nur aus diesem Gehalt kann und darf man jegliches Wissen und jegliche Behauptung schöpfen sowohl über die Erlebnisse selbst wie auch über alles, was zu sein vorgibt und selbst nicht Erlebnis ist, falls es überhaupt existiert. 29
["... obschon es...", S. 65, Z. 25.]
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Bemerkungen zu den Méditations Cartésiennes
Dann wäre es leicht - unter gleichzeitiger Scheidung zwischen Ich-Mensch und Ich-das-reine- Subj ekt - das transzendentale Ich als transzendentales einzuführen, ohne Behauptungen zu verwenden, die an dieser Stelle metaphysisch wirken müssen. 29.
Seite 23, Zeile 2 [S. 65, Ζ. 31]30 (...)
Π. Méditation 30.[f] Seite 24, Zeile 4 v. o. [S. 66, Z. 31 ] (...) [19]
31. Seite 23, Zeile 3 v. u. [S. 66, Z. 23-30]
Es ist unklar, warum man bei der Anspielung auf die Möglichkeit einer eidetischen, apriorischen Wissenschaft vom reinen Bewußtsein zunächst die 31 32 Bemerkung macht, daß es eine "fiction pure" , "une 'quasi-expériencé" gibt. Diese "Erfahrung als ob" ist ja doch nicht die apriorische Ideen-erkenntnis resp. auch nicht die unmittelbare Wesenserkenntnis. Jedenfalls ist es eine Überraschung, wenn man nach der Wendung über die "fiction pure" nachher erfahrt, daß es sich um eine apriorische Wissenschaft handeln soll. Diese Stelle kann in der Folgezeit einen Anlaß zu einer Mißdeutung der apriorischen Erkenntnis "im Husserlschen Sinne" geben.33 p0]
32. Seite 24, Zeüe 16 v. o. [S. 67, Z. 9]
Es ist unklar, was an manchen Gegebenheiten innerhalb der transzendentalen Sphäre (und aus welchen Gründen) nicht fur absolut sicher gehalten werden
30
31 32 33
[Im Ms. fügt Ingarden hinzu: "Der gegenwärtige Text erweckt keine Bedenken. Er scheint dem französischen Text gegenüber geändert worden zu sein. Unter dem Einfluß meiner Bemerkung?"] ["... reine Phantasie...", S. 66, Z. 25.] ["... eine Erfahrung als ob...", S. 66, Z. 26 f.] Nachträglich muß ich bemerken, daß die ganze Frage der eidetischen (apriorischen) Betrachtungsweise, sowie die Gründe, weswegen man eine solche Betrachtungsweise für Zwecke der Erkenntnistheorie - der transzendentalen Phänomenologie - postulieren muß, in einer eigenen Meditation ausführlicher behandelt werden müssen, wenn es sich um eine allseitige systematische Entwicklung der Methode handelt
Bemerkungen zur II. Meditation
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darf. Der nicht-phänomenologische Leser (und auch der Phänomenologe, der nicht sehr weit ist in eigenen Forschungen) wird sich hier kaum selbst helfen können, insbesondere wenn er liest, daß es sich auch um Objekte der "perception" (der immanenten Wahrnehmung) handeln soll. pl]
33. Seite 24, Zeile 28 v. o. [S. 67, Z. 25]
Handelt es sich da wirklich um eine Struktur "de l'expérience du moi"34, also um eine Struktur des Erfahrens vom Ich, oder um eine Struktur dessen, was in dieser Erfahrung vom reinen Ich und dessen Erlebnissen gegeben ist? [22]34 * S e i t e 2 f Z.29] 35
Zu
den ersten vier Absätzen des § 13 [S. 67, Z. 33 bis S. 68,
Die Verschiebung auf einen späteren Zeitpunkt der "zweiten Phase" der Untersuchimg, die die Kritik der transzendentalen Erfahrung durchführen soll, hat gewiß ihre methodologische Berechtigung: zunächst die Herausstellung des Sinnes der Gegebenheiten einer Erfahrungsregion und dann erst die Untersuchung der zugehörigen Erfahrungsoperationen selbst und damit auch die Kritik der Rechtmäßigkeit des Sinnes der zunächst "naiv" herausgestellten Gegebenheiten. Aber - und da kommt meiner Ansicht nach [eine] notwendige Korrektur des Gedankenganges des § 13 - wenn dieser Gang der Untersuchung notwendig ist, dann muß auch notwendig die "Vorläufigkeit" der im Vollzug der transzendentalen Erfahrung gewonnenen Resultate betont werden, d. h. daß über die letzte Auswertung der Rechtmäßigkeit des da herausgestellten Gegebenheitssinnes vorläufig nichts entschieden wird. Das müßte im Texte des § 13 irgendwie angedeutet werden. Zweitens ist es aber notwendig, daß diese letzte Auswertung in der Kritik der transzendentalen Erfahrung tatsächlich kommt, was aber im Rahmen der Méditations Cartésiennes tatsächlich nicht der Fall ist. Da liegt, scheint mir, eine notwendige Ergänzung der Meditationen. Drittens aber wäre es notwendig, die Abschließbarkeit einer solchen Kritik zu erwägen, daß da nämlich kein Regressus in infinitum vorliegt (wie ich es ζ. B. in meiner Schrift "Über die Gefahr
34
["... Erfahrungsstruktur des Ich...", S. 67, Ζ. 25.]
35
[In Husserliana I, S. 211 falsche Angabe: S. 67, Ζ. 1 bis S. 68, Z. 29.]
68
Bemerkungen zu den Méditations Cartésiennes
einer Petìtìo Principii"36 zu zeigen suchte). Endlich: Fiir den nicht-phänomenologischen Leser der Meditationen bedeutet die Verschiebung der "Kritik" eine unangenehme Überraschung. Denn was hat der Leser erwartet? Er hat erwartet, daß der Boden, den die Meditationen nach der ersten Reduktion gewinnen, durch eine apodiktische Evidenz ausgezeichnet ist. Und daß man sich auf diesem Boden nur dann aufhalten darf, wenn diese Bedingung erfüllt ist. Denn darin liegt eine der Haupttendenzen der richtig verstandenen und radikal zu Ende durchgeführten Cartesianischen Versuchen. Indessen jetzt, nach der Durchführung der ersten Reduktion und der Gewinnimg des Feldes des reinen Bewußtseins erfährt der Leser, daß 1) auch auf diesem Boden Zweifelsmöglichkeiten vorliegen (vgl. § 12), 2), daß diese Möglichkeiten aber jetzt und - wie es sich weiter zeigt - im Rahmen des Buches überhaupt nicht untersucht werden. Der Leser weiß also nicht, ob der Boden der transzendentalen Erfahrung - bzw. der Boden der transzendental gereinigten, aber konstituierten Bewußtseinserlebnisse - schon die Bedingungen erfüllt, die die erste Meditation als unentbehrlich für einen echt Cartesianischen oder besser für einen echt philosophischen Versuch aufstellt. [23]
35. Seite 25, Zeile 9 v. u. [S. 69, Z. 2-4] 37
Statt "dont l'objet est indépendant de ce que nous pouvons décider ..." würde ich sagen: "deren Behauptungen über ihren Gegenstand davon unabhängig sind, was wir über die Existenz oder Nicht-existenz der Welt entscheiden mögen." Denn auf diese Weise würde hier eine Beziehimg zwischen den Behauptungen (Urteilen) festgestellt und nicht eine zwischen dem Sein des Objektes einer Wissenschaft und der Behauptung über Objekte eines anderen Gegenstandsgebietes, wie das im Texte der Fall ist. [24]
36. Seite 27, Zeile 10 v. u. [S. 71, Z. 8-10] 38
Wäre es nicht besser, die Behauptung "encore que les éléments" usw. zu begrenzen und zu sagen "wenn auch manche Elemente" usw. Am liebsten 36
[Ingarden (1921a).]
37 ["... deren Gegenstand in seinem Sein von der Entscheidung über Nichtsein oder Sein der Welt unabhängig ist", S. 69, Z. 2-4.] 38 ["... obschon die beiderseits zu beschreibenden Gehalte...", S. 71, Z. 8-9.]
Bemerkungen zur II. Meditation
69
würde ich aber diese Bemerkung streichen, weil sie fur den Anfänger verwirrend wirkt. Wenn nicht, dann muß man vielleicht ganz anders und viel ausführlicher sagen, worum es sich da handelt. Ist das aber schon jetzt möglich, wo der Begriff des "cogitatimi" noch nicht eingeführt ist? 37.[q Seite 28, Zeile 14 v. u. ff. [S. 72, Z. 7-10] (...) 38.Œ Seite 29, Zeile 7 v. o. [S. 72, Z. 25 f.] (...) 39.ro Seite 29, Zeile 22 v. o. [S. 73, Z. 4] (...) [25]
40. Seite 31, Zeile 6 v. u. [S. 75, Z. 23-26] 39
Statt "et ce lui-même comprend toute objectivité qui 'existe' pour lui ..." würde ich sagen: "und dieses Ich (als die durch das Erlebnissubjekt geeinte Gesamtheit der reinen Erlebnisse) umfaßt den Sinn aller Objektivität, die ..." usw. Die Hinzufügung der Wendung in der Parenthese finde ich vorteilhaft zum Zwecke der größeren Eindeutigkeit des Textes. Dagegen schlage ich die Änderung "Sinn der Objektivität" statt einfach "Objektivität" vor, um eine größere Adäquation des Ausdrucks an die analysierte Sachlage zu erzielen. Auch für denjenigen nämlich, der auf dem Standpunkt der idealistischen Entscheidung steht, sind die in den Mannigfaltigkeiten von reinen Erlebnissen konstituierten Cogitata (um die es sich hier wohl handelt [bei] [7] dem Ausdruck "objectivité") nur als Sinne durch das Ich bzw. durch die Einheit des Bewußtseinsstromes "umfaßt", sind sie dagegen als Gegenständlichkeiten, Seinseinheiten eben dieses Sinnes dem Bewußtseinstrome, bzw. den entsprechenden Erlebnissen transzendent, also eben durch das "Ich" nicht umfaßt. Außerdem ist der Satz in der von mir vorgeschlagenen Formulierung fur den gewöhnlichen Leser, der die Ergebnisse der transzendentalen Betrachtung noch nicht kennt, viel verständlicher als in der jetzt vorhandenen Formulierung. Denn um den Satz voll und richtig verstehen zu können, muß man das Wort "comprend" bzw. "umfaßt" in einem übertragenen Sinne nehmen, der sehr schwer genau zu präzisieren ist und der überhaupt nur dann streng zu fassen ist, wenn man die ganze Problematik der konstitutiven Be39
["So kann das ... Ich ... unbeteiligter Zuschauer seiner selbst werden, und darin beschlossen aller Objektivität, die für es ist...", S. 75, Z. 23-26.]
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Bemerkungen zu den Méditations Cartésiennes
trachtung einmal durchdacht hat. Auch scheint mir meine Formulierung vom Standpunkt des transzendentalen Idealismus [her] durchaus annehmbar zu sein, wenn sie auch [dazu] [8] vorgeschlagen wird, um sich bei den Eingangsbetrachtungen durch die idealistische Entscheidung nicht zu binden. [26]
41.* Seite 31, Zeile 4 v. u. [S. 75, Z. 26-29]
"Moi, qui demeure" usw.40 In der vorliegenden Formulierung scheint mir dieser Satz, wenn ich ihn verstehe, nicht richtig zu sein. Wenn ich die Wendung "Moi, qui demeure dans l'attitude naturelle" in dem Sinne verstehe, daß es sich um das reine Ich handelt, das in der natürlichen Einstellung ist, so ist 41
der Satz nur dann richtig, wenn man das "aussi" streicht. Denn in Beziehung worauf soll dieses "aussi" gelten? Das Ich, das der Gegenstand der transzendentalen Betrachtung ist und sich gegebenenfalls in der natürlichen Einstellung befindet, wurde sofort als das transzendentale Ich eingeführt, das Ich dagegen, das das Subjekt der transzendentalen Betrachtung ist, wurde überhaupt noch nicht als transzendentales eingeführt und es liegt da das große Problem der Identität bzw. der Identifikation dieser beiden Ichs vor. Soll dieses "aussi" in bezug auf dieses Ich-Subjekt der transzendentalen Betrachtung gelten? Es scheint mir nicht, daß das die Intention dieses Satzes ist. Dann könnte man nur das reale Ich, das sich in Mannigfaltigkeiten von Erlebnissen konstituiert, in Betracht ziehen, um den zweiten Beziehungspunkt dieses "aussi" zu haben. Aber dann wäre dieser Satz eben falsch, denn das konstituierte, reale Ich ist nicht das transzendentale. Wenn man dagegen das Wort "aussi" streicht, dann ist der Satz wahr, aber sein Wert liegt nur in der Feststellung, daß das reine Ich sich ohne die Reduktion von seiner Reinheit bzw. von sich selbst nicht Rechenschaft gibt. - Wenn man dagegen die oben angeführte Wendimg in dem Sinne versteht, daß es sich um das reale, konstituierte Ich handelt, dann ist der Satz ebenfalls falsch, denn das konstituierte Ich ist wiederum nicht das reine, transzendentale. Und doch ist man geneigt, diesen Satz aufrechtzuerhalten, weil man geneigt ist, eine Identität zwischen [Mmir"][9] als dem reinen Ich und ["mir"][10] als dem realen Ich 40
41
["Ich als natürlich eingestelltes Ich bin auch und immer transzendentales Ich ...", S. 75, Z. 27 f.] ["... bin audi...", S. 75, Ζ. 27 f.]
Bemerkungen zur II. Meditation
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des psychologischen Individuums, das Teil der Welt ist, zu statuieren. Aber dann bleibt die große Schwierigkeit, auf die meines Wissens noch niemand hingewiesen hat, wie ein und dasselbe zugleich konstituierendes, reines Ich und konstituiertes reales Ich sein kann, wenn die ihnen zugesprochenen Eigenheiten sich gegenseitig ausschließen und somit nicht in der Einheit eines Gegenstandes zusammenbestehen können. Nur, wenn man das konstituierte Ich von vornherein für eine Illusion halten würde - ebenso wie die ganze konstituierte reale Welt - , ließe sich diese Schwierigkeit in dem Sinne lösen, daß einzig und allein das reine Ich existiert und das reale Ich nur eine dem reinen Ich transzendente, wenn auch durch den Ablauf seiner Erlebnisse vorgeschriebene Fiktion ist. Husserl würde aber scharf gegen eine solche Interpretation des Idealismus protestieren, bei welcher das Konstituierte einer Fiktion gleichgesetzt wäre. Der Ausweg, der darauf beruhte, daß man das Sein des reinen Ichs als das absolute Sein, das Sein des realen Ichs dagegen als das vollberechtigte, aber nicht seins-autonome Sein auffassen würde, fuhrt hier insofern zu keiner Lösung, als die beiden Ichs sozusagen im Rahmen ein und derselbem Gegenständlichkeit zusammenbestehen sollen, falls man darauf besteht, die Beziehung zwischen den beiden Ichs doch im Sinne einer Identität zu deuten, und als auch in diesem Falle sich ausschließende Bestimmtheiten im Rahmen dieser einen Gegenständlichkeit zusammenbestehen müßten. Oder soll man sagen, daß der ontologische Satz vom Widerspruch keine allgemeine Geltung besitzt, sondern nur für die Sphäre der konstituierten Gegenständlichkeiten gelte, oder daß er in einer Reihe von Sätzen interpretiert werden soll, von denen jeder nur für eine bestimmte Seinssphäre eines bestimmten Seinstypus gelten würde? Aber auch dann bliebe das Problem: wie ist die Einheit einer Gegenständlichkeit zu verstehen, deren Elemente (konstituierendes Bewußtsein - konstituierte Gegenständlichkeit) durch die Intentionalität des einen von ihnen zur Einheit ein und desselben Gegenstandes gebracht werden? [27]
42. Seite 36, Zeile 20 v. o. [S. 80, Z. 4]
Es wäre vorteilhaft, für das Wort "immanent" ein anderes zu setzen, denn dieses Wort hat schon seine festgelegte Bedeutung (in den Ideen), so daß seine Verwendimg in einer ganz anderen, der früheren entgegengesetzten Bedeutung leicht zu Verwirrungen führen kann.
72 [28]
Bemerkungen zu den Méditations Cartésiennes
43. Seite 33-35 ad § 17 [S. 77, Z. 22 bis S. 79, Z. 20]
Dieser ganze Paragraph scheint mir etwas zu schwierig zu sein, insbesondere zu schwierig fur Leser, die die Ideen und die verschiedenen phänomenologischen Schriften über die äußere Wahrnehmimg nicht kennen. Andererseits wäre es nicht ratsam, die in Frage kommenden Sachlagen ausfuhrlich zu behandeln. Vielleicht würde eine Anmerkung unter dem Texte, die auf die entsprechenden Stellen der Ideen und auf die anderen Arbeiten der Phänomenologen hinweisen würde, genügen, damit der Leser weiß, wo er ausführlichere Darstellungen zu suchen hat. Diese Methode wäre auch an manchen anderen Stellen anzuwenden, z.B. S.36 [S.79-80], wo über die passive Synthese des inneren Zeitbewußtseins gesprochen wird. Auf diese Weise würden unnötige Wiederholungen des Autors vermieden und dem Leser würde doch die Arbeit [sehr][l 1] erleichtert. Außerdem wäre es ein Zeichen dafür, wie viel von dem da entwickelten Programm schon geleistet worden ist. Die Schrift selbst würde aber nichts von ihrem Charakter verlieren. [29]
44. Seite 36, ZeUe 24 v. o. [S. 80, Z. 6-9] 42
Eine konkretere und präzisere Aufklärung dieses "idéalement"43 wäre sehr empfehlenswert. [Das] [12] ist einer der sehr wichtigen Punkte in der ganzen Phänomenologie, der bisher nicht genug geklärt worden ist. Schon in den Logischen Untersuchungen, wo - wenn ich mich nicht irre - der "intentionale Inhalt" dem "reellen Moment des Aktes" gegenübergestellt wurde44, war dieser Punkt nicht genügend geklärt und präzisiert worden. Die Ideen haben diese Sachlage im wesentlichen nicht weiter analysiert. Im Zusammenhang damit müßte auch eine genaue Herausstellung der Beziehungen der Begriffe "intentionaler Gegenstand", "objektiver Sinn", "noematischer Sinn" durchgeführt werden. In den Ideen gibt es dazu eine Reihe von Untersuchungen, die aber - wie es mir scheint - nicht zum endgültigen Resultat geführt haben, schon aus dem einfachen Grunde nicht, weil diese Untersuchungen in
42
43 44
[Im Ms. fügt Ingarden hinzu: "Die jetzige deutsche Formulierung ein bißchen anders und vorsichtiger als die französische. Vielleicht hat diese Bemerkung die Umformulierung des ursprünglichen Textes veranlaßt".] ["... IdeeU-darin-sein...", S. 80, Z. 8.] [Vgl. Husserliana XIX/1, S. 411 ff.]
Bemerkungen zur II. Meditation
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den Ideen sozusagen keinen Selbstzweck haben, sondern zur Aufklärung anderer Sachlagen und zur Durchführung mancher methodologischen Gedanken dienen. [30]
45. Seite 36, Zeile 1, 11, 30, 35 [S. 79, Z. 23 und 32; S. 80, Z. 13, 18 und 23 ff.]
Auch die Begriffe der verschiedenen "Synthesen", auf die hier hingewiesen wird, müßten einer genaueren Analyse unterzogen werden, [von der nur die letzten Resultate][13] im Texte angegeben werden sollten. Das scheint mir aus diesem Grunde empfehlenswert, weil das Wort "Synthese" seit Kants Zeiten immer wieder verwendet wird, in allen [möglichen] [14] Bedeutungen, so daß es heute eigentlich nichts mehr zu sagen vermag. Wer die S.36 [S. 79-80] erwähnten Sachlagen nicht aus den früheren Schriften E. Husserls, bzw. aus eigener Erfahrung und Analyse kennt, der ahnt nicht die Schwierigkeiten und Geheimnisse, die hinter dem hier einige Male verwendeten Wort "Synthese" liegen. Vielleicht würde es genügen, dem Leser wenigstens diese Schwierigkeiten spürbar zu machen. Vielleicht aber liegt es nur an mir, daß ich mit dem vorliegenden Text unzufrieden bin, weil ich die enormen Schwierigkeiten der Aufklärung der verschiedenen da angedeuteten Synthesen erfasse und sie nicht zu überwinden weiß. Es ist auch möglich, daß eine wenigstens andeutungsmäßige Aufklärung dieser Sachlagen sich nicht im Rahmen der Meditationen durchführen läßt. [31]
46. Seite 37, Zeile 10-23 [S. 80, Z. 35 bis S. 81, Z. 8]
Die ganze Stelle über das "cogito universel"45 ist für mich in dem Sinne unverständlich, daß ich die entsprechende konkrete Sachlage in eigener Erfahrung nicht zu erfassen vermag. Das ist natürlich meine Schuld. Vielleicht ließe sich aber diese Stelle etwas auszubauen und konkreter gestalten, um dem Leser die Suche nach der entsprechenden Sachlage zu erleichtern. Außerdem heißt es zunächst, daß das "cogitatimi universel"46 in den einzelnen cogitata der einzelnen Erlebnisse fundiert wird, und in dem nächsten Satz scheint die Sachlage eine gerade umgekehrte zu sein, da gesagt wird, daß die 45
["... ein universales... cogito...", S. 80, Ζ. 35-7.]
46 ["... ein universales... cogito mit seinem universalen cogitatum...", S. 80, Z. 35—7.]
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Bemerkungen zu den Méditations Cartésiennes
einzelnen Erlebnisse nur auf dem Grunde des "cogito universel" {"Abgehobenheiten" des "universellen Bewußtseins"} sind. Ist das in Ordnung? [32]
47. Seite 37, Zeüe 31-36 [S. 81, Z. 15-19]
Der zweite Teil des Satzes, insbesondere die Worte "une distinction entre l'état de conscience intra-temporel ..."47 bis zum Schluß des Satzes sind für mich wenigstens unverständlich, vielleicht deswegen, weil ich die Vorlesungen über das innere Zeitberwußtseirimomentan nicht recht im Gedächtnis behalte. Aber in dieser Lage wird wohl der größte Teil der Leser sein. Vielleicht ließe sich die in Frage kommende Sachlage etwas ausfuhrlicher darstellen? [33]
48. Seite 37 bis zum Schluß des § 18. [S. 80, Z. 31 bis S. 81, Z. 29]
Der ganze letzte Absatz des § 18 muß ausgebaut werden. Er ist für den gewöhnlichen Leser zu schwer. Die konkreten Sachlagen müssen wenigstens angedeutet werden, falls diese ganze Stelle ein unentbehrliches Glied in der ganzen Kette des Gedankenganges ist. Im anderen Falle würde ich vorschlagen, diese Stelle zu streichen als eine solche, deren kurze Erweiterung kaum möglich ist und die in ihrer jetzigen Gestalt für den Leser wenig Nutzen bringt. 49 M Seite 38, Zeile 5 v. o. [S. 81, Z. 30-32] (...) [34]
50.* Seite 44, Zeüe 7-9 [S. 87, Z. 34 bis S. 88, Z. 2]
Ich stimme der Unterscheidung der "Operationen", die zu realen Gegenständlichkeiten, und denjenigen, die zu den "kategorialen" Gegenständen fuhren, vollkommen za Läßt sich aber wirklich behaupten, daß die synthetischen Operationen, die zu den realen Gegenständen fuhren, rein passiver Natur sind? bzw. daß die entsprechende Synthese solcher Natur ist? Das scheint mir schon bei den Operationen, die zu den wahrnehmungsmäßig gegebenen anschaulichen Dingen führen, nicht zu stimmen. Und in viel höhe-
47 48
["Die Unterscheidung zwischen... innerzeitlichem E r l e b n i s S . 81, Z. 15-17.] [Vgl. dazu E. Husserl, Zur Phänomenologie des inneren Zeitbewußtseins 1893-1917 (Husserliana X, hrsg. von R. Boehm).]
Bemerkungen zur III. Meditation
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rem Grade bei zahlreichen Erkenntnisoperationen, welche in der wissenschaftlicher Arbeit zu der Konstruktion ζ. B. der physikalischen Gegenständlichkeiten fuhren, die doch "real" sein sollen. Hat überhaupt die Aktivität oder Passivität der Synthese hier große Bedeutung? Eher würde ich hier ein anderes Moment hervorheben, das vielleicht das Unterscheidungsmerkmal der beiderartigen Synthesen bzw. Operationen ergeben kann: daß nämlich die Synthesen, die zu realen Gegenständen fuhren, durch den Charakter der Gebundenheit der Unfreiheit, sowie durch eine instinktive Anpassungstendenz {(Tendenz der Hingabe an das Reale und damit auch eine gewisse Passivität!)} ausgezeichnet sind, während das bei manchen wenigstens der Synthesen, die zu unrealen, "kategorialen" Gegenständen fuhren, nicht der Fall ist. Daß aber die Letzteren auch eine fast wie beabsichtigte Aktivität auszeichnet, die Schritt fur Schritt die Bildung des Gegenstandes durchführt, ist unzweifelhaft ganz richtig. ΙΠ. Méditation [35]
51. Seite 47,Zeile 14 v.u. [S.91,Z.23-26]
{"... les notions très générales de 'raison' et d"irraison', considérées comme 49
corrélatives de P'être' et du 'non-être'" (Vernunft und Unvernunft als Korrelat-Titel für Sein und Nichtsein). 1) Es ist unklar, ob das eine erkenntnistheoretische oder eine metaphysische Behauptung ist. Soll man sie nämlich so verstehen, daß wo "vernünftige" Sinngebilde und Zusammenhänge rein transzendental festgestellt werden, wir eben damit Sein und im entgegengesetzten Falle Nichtsein anzunehmen berechtigt sind, oder - im metaphysischen Sinne - , daß Sein und Vernunft einander zugeordnet sind, während wo Unvernunft [herrscht] auch Nichtsein [gilt]. Oder noch anders: das "Sein" ist der Vernunft wesensverwandt insofern, als es für die Vernunft durchdringbar ist, daß es eine Struktur hat, die den Vernunftkategorien genau [entspricht][15]. 2) Die Korrelativität dieser beiden Ideenpaare scheint zweifelhaft zu sein, insofern als es unklar ist, in welchem Sinne hier von "Vernunft" die Rede ist. 49
["... unter den weitgefaßten Titeln Vernunft und Unvernunft als Korrelattiteln für Sein und Nicht-sein...", S. 91, Z. 23-26.]
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Bemerkungen zu den Méditations Cartésiennes
Wenn "vernünftig" so viel wie "rationell" bedeutet, so daß es dem "irrational" gegenübergestellt werden darf, dann scheint die Behauptung Husserls falsch oder mindestens zweifelhaft zu sein. Sie wäre fur die rationalistischen Tendenzen Husserls charakteristisch. Wie soll man aber die Idee der "Vernunft" weiter fassen, so daß sie auch das "Irrationale" umfaßt?} [36]
51a. Seite 47, Zeile 9 v. u. [S. 91, Z. 27 ff.]50
Streng genommen ist es nicht wahr, daß die Prädikate "sein" und "nicht-sein" sich auf intentionale Objekte als solche beziehen, wie es im Texte heißt. Sie beziehen sich auf transzendente Objekte gerade dieses "objektiven Sinnes", der in dem "Gehalte" des entsprechenden rein intentionalen Gegenstandes enthalten ist und unter welchem Sinne der betreffende transzendente Gegenstand zur Gegebenheit gelangt. Was die "intentionalen Gegenstände als solche" (die rein intentionalen Gegenstände in meiner Terminologie) betrifft, so "existieren" sie alle auf ganz dieselbe Weise, eben als seinsheteronome Korrelate der zugehörigen reinen Erlebnisse, aber um dieses ihr Sein handelt es sich bei der natürlichen Einstellung nie, dieses ihr Sein wird erst bei der transzendentalen Einstellung [ersichtlich][16] und fuhrt zu besonderen schwierigen Problemen der transzendentalen Phänomenologie. (Vgl. zu dieser meiner Bemerkung mein Buch Das literarische Kunstwerk § 20 und § 25). Ich muß hinzufugen, daß ich den Zusatz "ils se rapportent non à des 52
objets purs et simples mais au sens objectif - nicht recht verstehe. Vielleicht soll diese Wendung eben dasselbe sagen, was ich hier oben bemerkt habe, sie ist aber jedenfalls nicht klar genug, daß man bei der Lektüre sicher sein könnte, um was es sich da handelt. [371
52. Seite 48, Zeüe 4 f. v. o. [S. 92, Z. 6 ff.]
Die Wendimg "qui manifestent d'une manière évidente, - quant à leur sens
51
[Im Ms. fügt Ingarden hinzu: "Husserl hat offenbar die ursprüngliche Formulierung im französischen Text geändert Der gegenwärtige deutsche Text veranlaßt nicht zur Bemerkung 52a, ist aber auch nicht befriedigend. Meine Formulierung richtiger".] [Ingarden (1931).]
52 ["Auf letzteres - also nicht auf Gegenstande schlechthin, sondern auf gegenständlichen Ann-beziehen sich die Prädikate Sein und Nichtsein...", S. 91, Z. 27 ff.]
Bemerkungen zur III. Meditation
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final, - leur conformité au type de structure en question" ist mir unklar. Es liegt aber vielleicht an der Übersetzung. {Der deutsche Text lautet: "Zu den nach ihrer phänomenologischen Typik erforschbaren Mannigfaltigkeiten synthetisch zusammengehöriger Bewußtseinsweisen für jeden vermeinten Gegenstand irgendwelcher Kategorie gehören auch diejenigen Synthesen, die hinsichtlich der jeweiligen Ausgangsmeinung den typischen Stil bewährender, und insbesondere evident bewährender haben, oder auch im Gegenteil den aufhebender und evident aufhebender." [S. 92, Z. 6 ff.] Dies ist unzweifelhaft - wenigstens für mich - verständlicher, als im französischen Text Trotzdem hat es seine bedeutende Schwierigkeiten, wenn man beachtet, daß hierbei das Problem der Identität eine große Rolle spielt. Denn "bewährende" Synthesis bedeutet wohl diejenige, bei welcher sich der Ausgangssinn im Verlaufe einer Mannigfaltigkeit von Bewußtseinsweisen durchhält. Was soll sich aber "durchhalten"? Der Sinn der betreffenden gegenständlichen "Natur" (in meinem Sinne)? Oder der Gesamtsinn des betreffenden Gegenstandes? Und wenn sich der Gegenstand - so wie er gegeben ist - verändert? Was ist das Identische dabei? - Die bloße Tatsache der Bewährung ist nicht ausreichend - denn es gibt täuschende Bewährungen. Es bedarf also hier eines kritischen Faktors der tatsächlich vollzogenen Bewährungen. Wie ist aber diese Kritik zu vollziehen, wenn 1) es nicht erlaubt ist, den Ausgangssinn vorauszusetzen und 2) wenn die Identität des gegenständlichen Sinnes in ihrem Wesen nicht aufgeklärt ist?} [38]
53. Seite 48, Zeüe 6 v. u. [S. 92, Z. 34 bis S. 93, Z. 1]
Es sollte hier eigentlich ganz aufs neue präzisiert werden, was auf dem transzendentalen Boden dieses "en personne" dieses "la chose est présente elle53
même" bedeutet. [Dies] [17] sollte um so mehr geschehen, als die früher gegebenen Bestimmungen der Evidenz notwendig im naiven Sinne verstanden werden mußten, so daß, wenn der Leser an diesem seinen früheren Verständnis festhält, [er] sich jetzt mit einer gewissen Berechtigung fragen darf, wie man auch nach der Reduktion von der "Selbstgegebenheit" des Gegen53
["... des Selbsterscheinung, des Sich-selbst-darstellens, des Sich-selbst-gebens einer Sache ...", S. 92, Z. 34 bis S. 93, Z. 1]
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Bemerkungen zu den Méditations Cartésiennes
standes sprechen darf. Die genauere Herausstellung des Sinnes dieser "Selbst-gegebenheit" würde auch einen wahren Fortschritt nicht bloß des § 24 im Vergleich zu § 5, sondern auch der Phänomenologie selbst bilden. Läßt sich da wirklich nichts Konkreteres und Genaueres sagen, als was bis jetzt darüber gesagt worden ist? Und ist das, was man auf dieses Thema in den phänomenologischen Schriftenfindet,schon wirklich befriedigend? [39]
54. Seite 49, Zeüe 2 f. v. o. [S. 93, Z. 28 f.]
Darf man wirklich sagen, daß das Nicht-sein eine Modalität "de la certitude d'être" ist? {Im deutschen Text lautet es "Seinsgewißheit" [S.93, Z. 29.]. Es ist natürlich nicht das Nichtsein selbst eine "Modalität" der "Seinsgewißheit", sondern die Erfassung des Nichtseins eines Gegenstandes kann mit [einer] Gewißheit vollzogen werden, die dann einen besonderen Fall der Gewißheit bildet, die bei Seinserfassungen überhaupt auftreten kann.} [40]
54a. Seite 49, Zeile 14 v. u. [S. 93, Z. 35 f.]
{"Variations" - ... "qui ont leur source dans la sphère affective et volitive, telles que "être une valeur" et "être un bien"54 (Wert- und Gut-sein). So wie dies hier formuliert ist, bedeutet es, daß das "Wertsein" selbst einen Ursprung in der Gemüts- und Willenssphäre hat, was - bei der schöpferischen Kraftlosigkeit des (menschlichen) Bewußtseins - auf eine Seinsrelativität der Werte hinauskommen würde: sie wären auf die Erlebnisse seinsmetronom. Die Behauptung Husserls kann aber auch in einem viel [gemäßigteren])^ 8] Sinne genommen werden, und zwar: "der Sinn des Werteseins (bzw. des Wertes) hat seinen Ursprung in besonderen Bewußtseinsmannigfaltigkeiten, die zu der 'Gemüts- und Willens-sphäre' gehören". Das heißt: um einen Wert originär erfassen zu können, ist es notwendig, Erlebnisse aus der genannten Sphäre zu vollziehen. In dieser letzten Formulierung wird lediglich eine erkenntnistheoretische Behauptung ausgesprochen, die nichts Ontologisches oder Metaphysisches in sich enthält.}
["... aber auch mit den nicht in diese Raihe gehörigen Abwandlungen, die ihren Ursprung in der Gemüts- und Willensphäre haben, wie Wert- und Gut- sein.", S. 93, Z. 35 f.]
Bemerkungen zur III. Meditation [41]
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55. Seite 51, Zeüe 3 v.u. 5 v.o. [S.95, Z. 10-12]
Steht im deutschen Texte fur "la réalité vraie" auch "wahre Realität" oder vielleicht "echte Realität"55? - Gegen die Anwendung des Prädikats "wahr" auf die Realität - auch wenn es nur gelegentlich geschehen sollte - muß ich auftreten, da das eine spezifisch erkenntnistheoretische bzw. logische Kategorie ist. Es scheint mir auch, daß es auch keine "wahre" oder "unwahre" "echte" oder "unechte" Realität, sondern einfach nur "Realität" oder "Nichtrealität" gibt. {Die französische Übersetzung verbessert hier den deutschen Text, denn Husserl sagt bloß "daß Wahrheit bzw. wahre Wirklichkeit von Gegenständen nur aus der Evidenz zu schöpfen ist..." [S. 95, Ζ. 12-13]56. Es ist aber fraglich, ob diese Verbesserung wirklich im Sinne Husserls ist. Daß nicht bloß der Begriff von Wahrheit, sondern auch die Wahrheit selbst aus der Evidenz zu schöpfen ist, ist unzweifelhaft. Ist es bloß Zufall, daß Husserl hier ohne weiteres sog. "wahre Wirklichkeit" mit "Wahrheit" identifiziert?} [42]
46. ad § 26, [S. 94, Zeüe 27 bis S. 95, Z. 21]
Die Korrelativität der Begriffe (bzw. ihrer Gegenstände) der Realität und der Evidenz fuhrt es mit sich, daß die Realität von vornherein sub specie der Ausweisbarkeit gefaßt wird, was einen erkenntnis-theoretisch gefärbten Begriff der Realität ergibt. Dagegen werden die existenzial- und formal-ontologischen Momente der Realität vernachlässigt, sie gelangen nicht zu der ihnen gebührenden Beachtung, was nicht ohne Folgen fur das Weitere ist. Da andererseits die Evidenz als ein besonderer Modus des intentionalen Lebens zugleich ein Bestimmungsfaktor der Vernünftigkeit ist, oder wenn man es von einer anderen Seite fassen will, das ist, worin die Vernunft sich offenbart, so wird die Realität, als das Korrelat von bestimmt gearteten und geordneten Evidenzen, von vornherein als etwas vernünftig Geordnetes, als etwas, was bis zum letzten Wesenskern vernunftmäßig, rational faßbar ist [, aufgefaßt]. Dies scheint mir ein anderer äußerst wichtiger Niederschlag des erkenntnistheoretischen Zuganges zu dem Problem der Realität zu sein. Und es entsteht 55
["... die rechte oder wahre W i r k l i c h k e i t S . 95, Z. 10 f.] * ["...ne peut puiser la notion de la vérité ou de la vraie des objets ailleurs que dans l'evidence.", S. 51, Z. 4 f.]
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