Gemeindenachbarklagen im öffentlichen Baurecht: Interkommunaler Rechtsschutz im Bauleitplanungs- und Baugenehmigungsrecht nach den »Zweibrücken«- und »Mülheim-Kärlich«-Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und den BauGB-Novellen 2004 und 2007 [1 ed.] 9783428527557, 9783428127559

Baurechtliche Entscheidungen für das Gebiet einer Gemeinde beeinflussen häufig Nachbarkommunen. Da die materiellrechtlic

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Gemeindenachbarklagen im öffentlichen Baurecht: Interkommunaler Rechtsschutz im Bauleitplanungs- und Baugenehmigungsrecht nach den »Zweibrücken«- und »Mülheim-Kärlich«-Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und den BauGB-Novellen 2004 und 2007 [1 ed.]
 9783428527557, 9783428127559

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1114

Gemeindenachbarklagen im öffentlichen Baurecht Von

Christian Hug

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

CHRISTIAN HUG

Gemeindenachbarklagen im öffentlichen Baurecht

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1114

Gemeindenachbarklagen im öffentlichen Baurecht Interkommunaler Rechtsschutz im Bauleitplanungsund Baugenehmigungsrecht nach den „Zweibrücken‘‘- und „Mülheim-Kärlich‘‘-Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und den BauGB-Novellen 2004 und 2007

Von

Christian Hug

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Fakultät für Rechtswissenschaften und Volkswirtschaftslehre der Universität Mannheim hat diese Arbeit im Jahre 2007 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-12755-9 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Herbstsemester 2007 von der Fakultät für Rechtswissenschaften und Volkswirtschaftslehre der Universität Mannheim als Dissertation angenommen. Sie wurde bis Juli 2007 erstellt und berücksichtigt bis dahin veröffentlichte Literatur und Rechtsprechung. Ganz besonders herzlicher Dank gebührt meinem Doktorvater und akademischen Lehrer, Herrn Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Schenke. Ohne seine hervorragende Betreuung und umfassende Unterstützung, die ich im Rahmen der außerordentlich angenehmen Atmosphäre an seinem Lehrstuhl für Öffentliches Recht erfahren durfte, wäre das Zustandekommen dieser Arbeit nicht denkbar gewesen. Bei Herrn Prof. Dr. Eibe Riedel, LL.B. (London), A.K.C., möchte ich mich für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens bestens bedanken. Herrn Prof. Dr. Peter Baumeister bin ich für vielfachen Rat und Zuspruch während des Entstehens meiner Arbeit sehr verbunden. Für die großzügige Förderung meiner Promotion durch die Landesgraduiertenförderung danke ich ferner der Universität Mannheim und dem Land Baden-Württemberg. Großen Dank schulde ich schließlich meinen Eltern, Brigitte und Georg Hug, die meine Ausbildung stets in vielfältiger Weise unterstützt, mit großem Vertrauen begleitet und dadurch den Grundstein für diese Arbeit gelegt haben. Ihnen sei die folgende Untersuchung gewidmet. Mannheim, im September 2008

Christian Hug

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

Erstes Kapitel Subjektive Rechte der Nachbargemeinde in Bezug auf die Bauleitplanung der Standortgemeinde

33

§ 1 Die Primärrechte der Nachbargemeinde aus §§ 2 Abs. 2, 4 BauGB . . . . . . . . 33 A. Recht auf interkommunale Abstimmung i. e. S. (§ 2 Abs. 2 S. 1 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 B. Recht auf interkommunalen Funktionsschutz (§ 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 C. „Recht auf interkommunalen Versorgungsbereichsschutz“? (§ 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 D. Recht auf verfahrensmäßige Beteiligung (§ 4 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . 130 § 2 Die Abwehrrechte der Nachbargemeinde bei Primärrechtsverletzungen . . . . . 131 A. Beseitigungsansprüche bei Primärrechtsverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 B. Unterlassungsansprüche bei Primärrechtsverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . 163 § 3 Beschränkung der Sekundärrechte der Nachbargemeinde durch §§ 214 f. BauGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Verletzung von § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Verletzung von § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verletzung von § 4 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Fazit zum Umfang der Beschränkung der Sekundärrechte . . . . . . . . . . . . .

172 173 179 180 180

Zweites Kapitel Rechtsschutz der Nachbargemeinde gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde

182

§ 4 Repressiver Rechtsschutz gegen Bebauungspläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 A. Zulässigkeit des Normenkontrollantrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 B. Begründetheit des Normenkontrollantrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 § 5 Präventiver Rechtsschutz gegen Bebauungspläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 A. Vorbeugender Normenkontrollantrag? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

8

Inhaltsübersicht B. Vorbeugende Unterlassungsklage? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 C. (Vorbeugende) Feststellungsklagen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

§ 6 Rechtsschutz gegen Maßnahmen aus dem Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 A. Rechtsschutz gegen den Planaufstellungsbeschluss? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 B. Rechtsschutz gegen etwaige Plangenehmigungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 § 7 Rechtsschutz zur unmittelbaren Durchsetzung der Primäransprüche . . . . . . . . A. Durchsetzung des Abstimmungsanspruchs aus § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Durchsetzung des Abstimmungsanspruchs aus § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Durchsetzung des Beteiligungsanspruchs aus § 4 BauGB? . . . . . . . . . . . .

220 220 225 226

Drittes Kapitel Rechtsschutz der Nachbargemeinde gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde § 8 Die Rechtsnatur von Flächennutzungsplänen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die traditionelle These der h. M. vom nicht-normativen „Rechtsinstitut sui generis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Darstellungen zum Außenbereich mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Darstellungen zum Außenbereich ohne die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Darstellungen zum unbeplanten Innenbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Darstellungen zu Planbereichen eines qualifizierten Bebauungsplans . . . F. Darstellungen zu Planbereichen eines einfachen Bebauungsplans . . . . . . G. Fazit – Die Notwendigkeit differenzierter Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . .

227 227 228 239 274 294 299 300 301

§ 9 Rechtsschutz gegen normative Flächennutzungsplandarstellungen . . . . . . . . . 302 A. Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 B. Die Rechtsschutzmöglichkeiten der Nachbargemeinde im Übrigen . . . . . 312 § 10 Repressiver Rechtsschutz gegen nicht-normative Flächennutzungsplandarstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Allgemeine Leistungsklage auf Darstellungsbeseitigung . . . . . . . . . . . . . . . B. Feststellungsklagen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Normenkontrolle des aus dem Flächennutzungsplan entwickelten Bebauungsplans? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

313 313 320 333

§ 11 Präventiver Rechtsschutz gegen nicht-normative Flächennutzungsplandarstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347

Inhaltsübersicht

9

Viertes Kapitel Der Rechtsschutz der Nachbargemeinde gegen Baugenehmigungen § 12 Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Stand der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Vorschläge der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 13 Zur Zulässigkeit der Ableitung von Abwehrrechten gegen Baugenehmigungen aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Baugenehmigungen als Eingriffe in die Planungshoheit . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Rechtfertigung von baugenehmigungsbedingten Eingriffen in die Planungshoheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Einwände gegen den normexternen Rückgriff auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 14 Die Abwehrrechte der Nachbargemeinde gegen Baugenehmigungen im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Baugenehmigungen im unbeplanten diffusen Innenbereich (§ 34 Abs. 1 u. 3 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Baugenehmigungen im unbeplanten baugebietsgleichen Innenbereich (§ 34 Abs. 2 u. 3 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Baugenehmigungen für nicht-privilegierte Vorhaben im Außenbereich (§ 35 Abs. 2 u. 3 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Baugenehmigungen für privilegierte Vorhaben im Außenbereich (§ 35 Abs. 1 u. 3 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Baugenehmigungen im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans (§ 30 Abs. 1 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Baugenehmigungen im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans (§ 30 Abs. 3 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Baugenehmigungen bei planreifen Bebauungsplanentwürfen (§ 33 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

349 349 350 368 375 388 390 424 465 475 476 476 532 542 555 557 576 576

Zusammenfassende Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 617

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

Erstes Kapitel Subjektive Rechte der Nachbargemeinde in Bezug auf die Bauleitplanung der Standortgemeinde § 1 Die Primärrechte der Nachbargemeinde aus §§ 2 Abs. 2, 4 BauGB . . . . . . . . A. Recht auf interkommunale Abstimmung i. e. S. (§ 2 Abs. 2 S. 1 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB in Rechtsprechung und h. L. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Bedeutung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB beim Rechtsschutz gegen Bauleitpläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Krabbenkamp-Entscheidung des BVerwG aus dem Jahre 1972 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Bemühungen um eine Präzisierung der KrabbenkampRechtsprechung von 1972 bis 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Funktion der Krabbenkamp-Formel – Begründung des Abstimmungsbedarfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Schutzgegenstand der Krabbenkamp-Formel – Städtebauliche Belange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Ermittlung des Schutzbedarfs – „Unmittelbar“ und „gewichtig“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die „Klarstellung“ der Krabbenkamp-Rechtsprechung im Jahre 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Bedeutung des § 2 Abs. 2 BauGB außerhalb des Rechtsschutzes gegen Bauleitpläne: von „Zweibrücken“ nach „Mülheim-Kärlich“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Zweibrücken-Entscheidung aus dem Jahre 2002 – § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB in der Vorhabenzulassung . . . . . . . . . . . . . b) Die Mülheim-Kärlich-Entscheidung aus dem Jahre 2003 – § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB bei der Begründung von Planungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fazit – Klärungsbedarf zur Bedeutung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB für den Rechtsschutz gegen Bauleitpläne . . . . . . . . . . . . . .

33 33 33 34 34 34 38 38 40 41 47

49 49

50 51

12

Inhaltsverzeichnis II. Kritik zum Schutzbedarf – Die Eröffnung des Anwendungsbereichs des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Problemstellung – „Krabbenkamp-Formel“ oder „Bagatellgrenze“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52 52

a) Die grammatische Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54 54

b) Die systematische Interpretation im Lichte der BauGB-Novellen 2004 und 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

c) Einwände aus der „Entstehungsgeschichte“ der Krabbenkamp-Formel? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

d) Einwände aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Einwände aus einer Folgenbetrachtung zur Heranziehung der Geringfügigkeitsschwelle? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis – Eröffnung des Anwendungsbereichs schon bei „nicht unwesentlichen“ (geringfügigen) Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . III. Kritik zur Schutzweise – Die These von § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB als „Ausprägung“ des allgemeinen Abwägungsgebots nach dem EAG Bau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Problemstellung – „Richtung und Gehalt“ aus dem allgemeinen Abwägungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die grammatische Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65 67 71

72 73 79 79

b) Die systematische Auslegung im Lichte der BauGB-Novellen 2004 und 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

aa) Eigenständiger Regelungsgehalt in der ersten Phase (Ermitteln von Belangen)? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

bb) Eigenständiger Regelungsgehalt in der zweiten Phase (Einstellen von Belangen)? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

cc) Eigenständiger Regelungsgehalt in der dritten Phase (Gewichtung von Belangen)? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

dd) Eigenständiger Regelungsgehalt in der vierten Phase (Planungsentscheidung)? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

ee) Eigenständiger Regelungsgehalt in subjektivrechtlicher Hinsicht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Fazit zur systematischen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87 88

c) Die historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Einwände aus der bisherigen Rechtsprechung? . . . . . . . . . . . . .

90 90

e) Einwände aus einer Folgenbetrachtung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis – Emanzipierung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB von der Schutzweise des durch das EAG Bau modifizierten § 1 Abs. 7 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

93

IV. Fazit – Der materielle Abstimmungsanspruch der Nachbargemeinde

93

Inhaltsverzeichnis B. Recht auf interkommunalen Funktionsschutz (§ 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Rolle der Gemeinden im zentralörtlichen System . . . . . . . . . . . . . II. Der Schutzbedarf bei § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Problemstellung – Störungsabhängiger oder -unabhängiger Anspruch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB . . . . . . . . . . . . . a) Die systematische, teleologische und historische Interpretation b) Einwände aus der historischen Interpretation? . . . . . . . . . . . . . . c) Einwände aus einem Vergleich mit der „Schicksalsgemeinschaft“ der Bebauungsplanunterworfenen? . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die erforderliche Beeinträchtigungsintensität . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis – Gleichlauf im Schutzbedarf bei § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB und § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Schutzweise bei § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Problemstellung – Berücksichtigungs- oder Beachtenspflicht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB . . . . . . . . . . . . . a) Die systematische, teleologische und historische Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einwände aus der grammatischen Interpretation? . . . . . . . . . . . c) Einwände aus der systematischen Interpretation? . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis – Beachtens-, nicht lediglich Berücksichtigungspflicht IV. Fazit – Dogmatisch eigenständiges Recht auf interkommunalen Funktionsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. „Recht auf interkommunalen Versorgungsbereichsschutz“? (§ 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Schutz zentraler Versorgungsbereiche in der Gesetzgebung . . . . II. Der Schutzgegenstand bei § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB . . . . . . . . . . 1. Bestehende Versorgungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. In der Entwicklung begriffene Versorgungsbereiche? . . . . . . . . . . III. Die Schutzweise bei § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . IV. Der Schutzbedarf bei § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB . . . . . . . . . . . . . . 1. Tatsächlicher oder vermuteter Schutzbedarf? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ergebnis – Erforderlichkeit tatsächlich feststehender Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Fazit – Unterfall des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB mit klarstellendem Charakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Recht auf verfahrensmäßige Beteiligung (§ 4 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . .

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94 95 100 100 101 102 106 107 108 109 110 110 111 111 116 116 117 118 118 118 121 121 123 126 127 127 129 129 130

§ 2 Die Abwehrrechte der Nachbargemeinde bei Primärrechtsverletzungen . . . . . 131 A. Beseitigungsansprüche bei Primärrechtsverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

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Inhaltsverzeichnis I.

Verletzung von § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . 1. Absolute Rechte und ihr sekundärrechtlicher Schutz . . . . . . . . . . . 2. Die Planungshoheit als Grundlage von Abwehrrechten . . . . . . . . . a) Die „institutionelle Garantie“ der kommunalen Selbstverwaltung (h. M.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Würdigung – Die Planungshoheit als absolutes Recht . . . . . . . c) Einwände aus der Rechtsnatur des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG? . . aa) Gefährdung der Grundrechtsträger? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Fehlen „rechtsstruktureller“ Voraussetzungen für ein subjektives Recht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beseitigungsansprüche gegen normative Akte der Standortgemeinde? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit – Beseitigungsansprüche aus § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB i.V. m. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verletzung von § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verletzung von § 4 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Unterlassungsansprüche bei Primärrechtsverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Planungshoheit als Grundlage von Unterlassungsansprüchen . . . II. Unterlassungsansprüche gegen normative Akte der Standortgemeinde? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fazit zu etwaigen Unterlassungsansprüchen gegen Bauleitpläne . . . . § 3 Beschränkung der Sekundärrechte der Nachbargemeinde durch §§ 214 f. BauGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Verletzung von § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unbeachtlichkeit nach § 214 Abs. 1 BauGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unbeachtlichkeit nach § 214 Abs. 3 BauGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Unbeachtlichkeit nach § 215 Abs. 1 Nr. 3 BauGB? . . . . . . . . . . . . . . IV. Fazit zu § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Verletzung von § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verletzung von § 4 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Fazit zum Umfang der Beschränkung der Sekundärrechte . . . . . . . . . . . . .

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Zweites Kapitel Rechtsschutz der Nachbargemeinde gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde

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§ 4 Repressiver Rechtsschutz gegen Bebauungspläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 A. Zulässigkeit des Normenkontrollantrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 B. Begründetheit des Normenkontrollantrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

Inhaltsverzeichnis § 5 Präventiver Rechtsschutz gegen Bebauungspläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Vorbeugender Normenkontrollantrag? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Vorbeugende Unterlassungsklage? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Krabbenkamp-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zulässigkeit der Unterlassungsklage vor den Verwaltungsgerichten . . 1. Verwaltungsrechtsweg? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Statthaftigkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Junktim zwischen der präventiven und repressiven Verfahrensart? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Umgehung der besonderen Voraussetzungen des § 47 VwGO? c) Umgehung der (restriktiven) Wertung des § 47 VwGO? . . . . . d) Vorrang der Feststellungsklage aus der „Systematik der VwGO“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vorrang der Feststellungsklage zur „Schonung“ des Normgebers? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Fazit – Keine durchschlagenden Bedenken gegen die Statthaftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Klagebefugnis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsschutzbedürfnis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fazit – Unzulässigkeit der vorbeugenden Unterlassungsklage . . . . . . C. (Vorbeugende) Feststellungsklagen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Feststellung der Nichtberechtigung zur Fortführung der Ortsplanung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Feststellung eines etwaigen Unterlassungsanspruchs in Bezug auf nicht abgestimmte Festsetzungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 6 Rechtsschutz gegen Maßnahmen aus dem Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Rechtsschutz gegen den Planaufstellungsbeschluss? . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anfechtungs- oder Leistungsklage gegen den Aufstellungsbeschluss? II. Feststellung der Nichtigkeit des Aufstellungsbeschlusses? . . . . . . . . . B. Rechtsschutz gegen etwaige Plangenehmigungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anfechtungsklage gegen die Plangenehmigung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Statthaftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Klagebefugnis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Unzulässigkeit isolierter Rechtsbehelfe (§ 44a VwGO)? . . . . . . . 5. Rechtsschutzbedürfnis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ergebnis – Unzulässigkeit der isolierten Anfechtung der Plangenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Feststellung der Nichtigkeit der Plangenehmigung? . . . . . . . . . . . . . . .

15 185 185 189 189 191 191 194 195 195 197 198 198 200 200 200 206 206 206 208 208 209 209 210 211 211 211 213 214 214 218 219 219

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Inhaltsverzeichnis

§ 7 Rechtsschutz zur unmittelbaren Durchsetzung der Primäransprüche . . . . . . . . A. Durchsetzung des Abstimmungsanspruchs aus § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unzulässigkeit isolierter Rechtsbehelfe i. S. d. § 44a S. 1 VwGO . . . II. Rechtsschutzbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Durchsetzung des Abstimmungsanspruchs aus § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Durchsetzung des Beteiligungsanspruchs aus § 4 BauGB? . . . . . . . . . . . .

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Drittes Kapitel Rechtsschutz der Nachbargemeinde gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde § 8 Die Rechtsnatur von Flächennutzungsplänen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die traditionelle These der h. M. vom nicht-normativen „Rechtsinstitut sui generis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Keine Statthaftigkeit der Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Keine Statthaftigkeit der Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Begriff der „Rechtsvorschrift“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Argumente gegen eine Rechtsvorschrift im formellen Sinne . . . . 3. Argumente gegen eine Rechtsvorschrift im materiellen Sinne . . . a) Darstellungsargument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verhältnisargumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Mittelbarkeitsargument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Abhängigkeitsargument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Argumente aus der historischen Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Behandlung etwaiger Einwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Darstellungen zum Außenbereich mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. „Konzentrationszonen mit Ausschlusswirkung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Meinungsspektrum zur Behandlung von Darstellungen nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Entwicklung in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die These von der Anwendbarkeit des § 47 Abs. 1 VwGO . . . . . 3. Die Verfechter der traditionellen Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Stellungnahme zum intrakommunalen Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Außenwirksamkeitsanspruch von Konzentrationszonendarstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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a) Die Problemstellung – Entscheidende Bedeutung des „inder-Regel“-Vorbehalts in § 35 Abs. 3 S. 3 Alt. 1 BauGB . . . . 252 b) Die teleologische Interpretation des „in-der-Regel“-Vorbehalts in § 35 Abs. 3 S. 3 Alt. 1 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 c) Die systematische Interpretation des § 35 Abs. 3 S. 3 Alt. 1 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 d) Fazit – Die Außenwirksamkeit von Konzentrationszonendarstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 2. Abstrakt-genereller Charakter von Konzentrationszonendarstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 3. Zu etwaigen Einwänden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 a) Einwände aus dem Darstellungsargument? . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 b) Einwände aus den Verhältnisargumenten? . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 c) Einwände aus dem Mittelbarkeitsargument? . . . . . . . . . . . . . . . 267 d) Einwände aus dem Abhängigkeitsargument? . . . . . . . . . . . . . . . 268 e) Einwände aus dem Anpassungsargument? . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 f) Einwände aus dem Verkündungsargument? . . . . . . . . . . . . . . . . 271 g) Einwände aus dem Rechtszersplitterungsargument? . . . . . . . . . 271 4. Fazit zum intrakommunalen Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 IV. Bedeutung im interkommunalen Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 C. Darstellungen zum Außenbereich ohne die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 I. Die Rechtsfigur der „nachvollziehenden Abwägung“ . . . . . . . . . . . . . 274 1. Die „nachvollziehende Abwägung“ bei Weyreuther . . . . . . . . . . . . 275 2. Die „nachvollziehende Abwägung“ in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 3. Analyse – Zwei Vorgänge unter einem Namen . . . . . . . . . . . . . . . . 279 II. Die Rechtswirkung des Flächennutzungsplans gegenüber nicht privilegierten Vorhaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 III. Die Rechtswirkung des Flächennutzungsplans gegenüber privilegierten Vorhaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 IV. Einwände aus § 15 Abs. 3 BauGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 V. Fazit zur Rechtsnatur von Außenbereichsdarstellungen . . . . . . . . . . . . 294 D. Darstellungen zum unbeplanten Innenbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 I. Betrachtung des intrakommunalen Verhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 II. Betrachtung des interkommunalen Verhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 III. Fazit zum unbeplanten Innenbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 E. Darstellungen zu Planbereichen eines qualifizierten Bebauungsplans . . . 299 F. Darstellungen zu Planbereichen eines einfachen Bebauungsplans . . . . . . . 300 G. Fazit – Die Notwendigkeit differenzierter Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . 301

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§ 9 Rechtsschutz gegen normative Flächennutzungsplandarstellungen . . . . . . . . . A. Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Statthaftigkeit des Normenkontrollverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Antragsbefugnis der Nachbargemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Präklusion nach § 47 Abs. 2a VwGO 2007? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fazit zum Normenkontrollverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Rechtsschutzmöglichkeiten der Nachbargemeinde im Übrigen . . . . . § 10 Repressiver Rechtsschutz gegen nicht-normative Flächennutzungsplandarstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Allgemeine Leistungsklage auf Darstellungsbeseitigung . . . . . . . . . . . . . . . I. Verwaltungsrechtsweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Statthaftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Klagebefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtsschutzbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Feststellungsklagen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Feststellung der Nichtigkeit der Darstellungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Feststellung des Beseitigungsanspruchs? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Feststellung des Nichtbestehens der Beachtenspflicht? . . . . . . . . . . . . IV. Feststellung der Nichtberechtigung zur Planaufstellung? . . . . . . . . . . V. („Atypische“) Feststellung der „normbedingten Rechtsverletzung“? VI. Fazit zum Rechtsschutz im Wege der Feststellungsklage . . . . . . . . . . C. Normenkontrolle des aus dem Flächennutzungsplan entwickelten Bebauungsplans? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zulässigkeit des Normenkontrollantrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Begründetheit des Normenkontrollantrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unbeachtlichkeit nach § 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB? . . . . . . . . . . . . 2. Unbeachtlichkeit nach § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB? . . . . . . . . . . . . 3. Unbeachtlichkeit nach § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB? . . . . . . . . . . . . 4. Heilung durch erneute Abstimmung im Bebauungsplan? . . . . . . . 5. Unbeachtlichkeit nach § 215 Abs. 2 Nr. 2 BauGB . . . . . . . . . . . . III. Fazit zur Relevanz der bebauungsplanbezogenen Inzidentkontrolle . .

302 303 303 303 305 309 311 312 312 313 313 314 314 316 317 319 320 320 321 323 326 327 333 333 333 334 335 340 343 344 345 346

§ 11 Präventiver Rechtsschutz gegen nicht-normative Flächennutzungsplandarstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347

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Viertes Kapitel Der Rechtsschutz der Nachbargemeinde gegen Baugenehmigungen

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§ 12 Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Stand der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundlegende Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Schlachthof-Urteil des BVerwG aus dem Jahre 1989 . . . . . . 2. Das Baumarkt-Urteil des BVerwG aus dem Jahre 1993 . . . . . . . . 3. Der Multiplex-Kino-Beschluss des VGH München aus dem Jahre 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Zweibrücken-Urteil des BVerwG aus dem Jahre 2002 . . . . . 5. Die Aufnahme der Zweibrücken-Entscheidung in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Nahversorgungsmarkt-Beschluss des OVG Lüneburg aus dem Jahre 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Stuhr-Beschluss des OVG Lüneburg aus dem Jahre 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Der Werk-III-Beschluss des OVG Weimar aus dem Jahre 2004 . . II. Fazit – „Die Weichenstellerthese“: Abwehrrechte bei „vorwerfbarem“ Tun und „missbräuchlichem“ pflichtwidrigem Unterlassen . . . B. Vorschläge der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unmittelbare oder analoge Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB . . . . II. Ansätze zur (ergänzenden) Heranziehung des Art. 28 Abs. 2 GG . . C. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zur These von der unmittelbaren oder analogen Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zum Ansatz der Rechtsprechung (Analogie bei „Weichenstellungen“ und u. U. bei „vorwerfbarem“ Unterlassen) . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 13 Zur Zulässigkeit der Ableitung von Abwehrrechten gegen Baugenehmigungen aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Baugenehmigungen als Eingriffe in die Planungshoheit . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Meinungsspektrum im Grundrechtsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Rechtsprechung von BVerwG und BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Haltung des BVerwG zu Art. 14 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . b) Die Haltung des BVerfG zu Art. 2 Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . 2. Die restriktive Eingriffsthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die erweiterte Eingriffsthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die restriktive Schutzpflichtthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die erweiterte Schutzpflichtthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Die Ausgestaltungsthesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis 7. Fazit für den interkommunalen Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Einordnung einer Baugenehmigung als Eingriff in die Planungshoheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausgestaltung durch Konstituierung und Konturierung . . . . . . . . . 2. Die §§ 29 ff. BauGB als Konstituierung des Eigentumsgrundrechts und Konturierung der Selbstverwaltungsgarantie . . . . . . . . 3. Konturierung als „Zurechnungsgrund“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Konturierung als Mittel der Eingriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die §§ 29 ff. BauGB als Konstituierung der Planungshoheit? . . . 2. Der konturierende Einfluss des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Konturierung als rechtfertigungsbedürftige Gesetzgebung . . . b) Konturierungsgesetzgebung als auslegungsbedürftiger Eingriffsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fazit – Auslegungsabhängige Eingriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Rechtfertigung von baugenehmigungsbedingten Eingriffen in die Planungshoheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Konzeption des Gesetzesvorbehalts im interkommunalen Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Rechtfertigung von gesetzmäßigen Baugenehmigungen . . . . . . . III. Die Rechtfertigung von gesetzeswidrigen Baugenehmigungen . . . . . 1. Die „Elfes“-Rechtsprechung des BVerfG und ihre prozessualen Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Haltung des Bundesverfassungsgerichts zur Übertragung von „Elfes“ auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Haltung der Verwaltungsgerichtsbarkeit zur Übertragung von „Elfes“ auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Rechtsprechung zum Bauplanungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Rechtsprechung zum Fachplanungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Meinungsspektrum in der Literatur zur Übertragung von „Elfes“ auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Befürwortende Stimmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ablehnende Stimmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Übertragbarkeit der „Elfes“-Formel auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG b) Einschränkungen der „Elfes“-Formel im interkommunalen Konflikt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unanwendbarkeit der „Elfes“-Formel bei faktischen Eingriffen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erfordernis eines Rechtswidrigkeitszusammenhangs? . . . . 6. Fazit zur Rechtfertigung gesetzwidriger Baugenehmigungen . . . .

406 406 407 409 410 413 414 416 416 419 423 424 424 425 426 427 433 439 439 440 447 447 447 451 453 454 461 461 463 464

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C. Einwände gegen den normexternen Rückgriff auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG I. Überspielung der „Rahmenhaftigkeit“ des Verfassungsrechts? . . . . . . II. „Versteinerung“ der Rechtsordnung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Missachtung des funktionellrechtlichen Verhältnisses der Fachgerichte zum Bundesverfassungsgericht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verstoß gegen den grundrechtlichen Gesetzesvorbehalt? . . . . . . . . . . D. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 14 Die Abwehrrechte der Nachbargemeinde gegen Baugenehmigungen im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Baugenehmigungen im unbeplanten diffusen Innenbereich (§ 34 Abs. 1 u. 3 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Abwehrrecht aus dem einfachen Gesetzesrecht (§ 34 Abs. 3 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schutzgegenstand – „Zentrale Versorgungsbereiche der Nachbargemeinde“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Nahversorgungszentren als „zentrale Versorgungsbereiche“? . . b) „Künftige zentrale Versorgungsbereiche“? . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schutzbedarf – „Schädliche Auswirkungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) „Schädliche“ Auswirkungen als „vermutete“ Auswirkungen? b) „Schädliche“ Auswirkungen als „nicht geringfügige“ Auswirkungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) „Schädliche“ Auswirkungen als „unzumutbare“ Auswirkungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) „Schädliche“ Auswirkungen als „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fazit – Der Umfang des einfachgesetzlichen Abwehrrechts im Innenbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Abwehrrecht analog § 2 Abs. 2 BauGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abwehrrecht aus Verfassungsrecht (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) . . . . . . 1. Objektiv gesetzeswidrige Baugenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesetzesgemäße Baugenehmigung für Vorhaben mit unzumutbaren Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Erstplanungspflicht der Standortgemeinde . . . . . . . . . . . . . b) Aussetzungs- oder Fristausnutzungsanspruch der Nachbargemeinde? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erstplanungsanspruch der Nachbargemeinde? . . . . . . . . . . . . . . aa) Meinungsspektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Objektive Schutzpflicht der Standortgemeinde . . . . . . (2) Subjektiver Anspruch der Nachbargemeinde auf normative Schutzgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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22

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B.

C.

D. E.

cc) Die Bedeutung des Erstplanungsanspruchs in der Vorhabenzulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Fazit – Rechtsschutz der Nachbargemeinde bei unzumutbaren Vorhaben im Innenbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Baugenehmigungen im unbeplanten baugebietsgleichen Innenbereich (§ 34 Abs. 2 u. 3 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Abwehrrecht aus dem einfachen Gesetzesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abwehrrecht aus § 34 Abs. 3 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abwehrrecht aus § 11 Abs. 3 BauNVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Schutzgegenstand – Die „Interessen“ der Nachbargemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die begünstigten Personen – Die Interessen der „Nachbar“Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Schutzzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Fazit – Der Umfang des einfachgesetzlichen Abwehrrechts aus § 11 Abs. 3 BauNVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Abwehrrecht aus Verfassungsrecht (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) . . . . . . Baugenehmigungen für nicht-privilegierte Vorhaben im Außenbereich (§ 35 Abs. 2 u. 3 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das „Planungsbedürfnis“ als „öffentlicher Belang“ . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Subjektivierung eines „öffentlichen Belangs“? . . . . . . . . . . . . . . . III. „Unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ bei Vorhaben i. S. d. § 11 Abs. 3 BauNVO? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Abwehrrechte nur bei zuvor erfolgter Weichenstellung? . . . . . . . . . . . V. Befriedigung des Planungsbedürfnisses durch abgestimmte, aber dennoch unwirksame Bebauungspläne? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Fazit – Die Abwehrrechte der Nachbargemeinde gegen nicht-privilegierte Vorhaben im Außenbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Baugenehmigungen für privilegierte Vorhaben im Außenbereich (§ 35 Abs. 1 u. 3 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Baugenehmigungen im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans (§ 30 Abs. 1 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Baugenehmigung im Bereich eines wirksamen Bebauungsplans . . . . 1. Abwehrrechte aus § 11 Abs. 3 BauNVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abwehrrechte aus den Festsetzungen des Bebauungsplans? . . . . . 3. Abwehrrechte nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO? . . 4. Rechtsschutz aus bzw. analog § 31 Abs. 2 BauGB? . . . . . . . . . . . a) Genehmigung mit Befreiung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Abwehrrecht über die „nachbarlichen Interessen“? . . . . . . bb) Rechtsschutz über die „öffentlichen Belange“? . . . . . . . . . b) Genehmigung ohne Befreiung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

530 531 532 532 532 532 533 536 537 541 541 542 543 544 547 551 552 554 555 557 557 558 559 560 562 562 562 563 565 567

Inhaltsverzeichnis II. Baugenehmigung im Bereich eines unwirksamen erstmaligen Bebauungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nicht abgestimmter Bebauungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abgestimmter, aber aus anderen Gründen unwirksamer Bebauungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Baugenehmigung im Bereich eines unwirksam geänderten Bebauungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nicht abgestimmte Planänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abgestimmte, aber aus anderen Gründen unwirksame Planänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Baugenehmigungen im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans (§ 30 Abs. 3 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Baugenehmigungen bei planreifen Bebauungsplanentwürfen (§ 33 BauGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Fehlende materielle Planreife mangels interkommunaler Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Fehlen von sonstigen Voraussetzungen des § 33 BauGB . . . . . . . . . .

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Zusammenfassende Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 617

„[Das lateinische Wort ,communis‘] bedeutet ,gemeinsam‘. Gegenüber anderen Gemeinden vergessen manche Kommunen jedoch gelegentlich die letzte Silbe.“ Ulrich Kuschnerus, Richter am OVG Münster

Einleitung Baurechtliche Entscheidungen für das Gebiet einer Gemeinde entfalten in der Rechtswirklichkeit nicht nur für die unmittelbar betroffene Kommunalkörperschaft Auswirkungen, sondern können auch die künftige Entwicklung einer benachbarten Gemeinde erheblich beeinflussen. Wenn eine Kommune etwa einen Flächennutzungsplan aufstellt, der die Ansiedlung von Windenergieanlagen an die Grenze zur Nachbargemeinde drängt, wenn sie einen Bebauungsplan beschließt, der den Straßenverkehr in fremde Wohngebiete umlenkt, oder wenn sie eine Baugenehmigung für einen großen Lebensmittelmarkt erteilt, dessen Einzugsbereich über die Gemeindegrenzen reicht, dann können all diese Entscheidungen auch die Interessen von Nachbargemeinden empfindlich beeinträchtigen. Die Behandlung daraus folgender interkommunaler Konflikte bildet den Gegenstand der folgenden Untersuchung. Klärungsbedarf im interkommunalen Verhältnis Den Gemeinden kommt bei der Steuerung der städtebaulichen Entwicklung in Deutschland eine zentrale Rolle zu. Denn Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gewährleistet diesen Körperschaften die Befugnis, das eigene Gemeindegebiet in Ansehung der baulichen Nutzung eigenverantwortlich zu ordnen und zu gestalten1, 1 S. nur BVerfG, Beschl. v. 07.10.1980 – 2 BvR 584, 598, 599, 604/76, BVerfGE 56, 298 (312 f.); dass., Beschl. v. 23.06.1987 – 2 BvR 826/83, BVerfGE 76, 107 (118 f.); dass., Beschl. v. 07.01.1999 – 2 BvR 929/97, NVwZ 1999, 520 (521); BVerfG, Beschl. v. 17.07.1996 – 2 BvF 2/93, BVerfGE 95, 1 (26 f.); BVerwG, Urt. v. 11.04.1986 – 4 C 51/83, BVerwGE 74, 124 (125, 127, 132); dass., Urt. v. 15.12.1989 – 4 C 36/86, BVerwGE 84, 209 (214 f.); dass., Beschl. v. 03.09.1997 – 11 VR 20/96, DÖV 1998, 79; dass., Urt. v. 14.12.2000 – 4 C 13/99, BVerwGE 112, 274 (286, 291); dass., Urt. v. 14.12.2000 – 4 C 13/99, BVerwGE 112, 274 (291 f.); Bender, in: Driehaus/Birk (Hrsg.), Weyreuther-FS, S. 125; Hoppe, in: v. Mutius (Hrsg.), v. Unruh-FG, S. 555 (564); Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 14 Rn. 134, 137; Jarass, in: Leßmann u. a. (Hrsg.), Lukes-FS, S. 57 (70); Just, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 2 Rn. 26 ff.; Lerche, in: Maunz (Hrsg.), BayVGH-FS, S. 223 (224); Moench, DVBl. 2005, 676 f.; v. Mutius, Jura 1982, 28 (32 f.); Oebbecke, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Hoppe-FS, S. 239 (241); Schenke, Bergbau, S. 70, 98; Scherer, Außenbereich, S. 192, 210 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Badura/Dreier (Hrsg.), BVerfG-FS, Bd. 2, S. 803 (822); Schoch, Jura 2001, 121 (133); Stern, in: Dolzer u. a. (Hrsg.), BK-GG (Zweitb.), Art. 28 Rn. 100; Tettinger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 181; Widera, Planungshoheit, S. 85 ff.

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und der Gesetzgeber hat den Gemeinden in den §§ 1, 2 Abs. 1 S. 1 BauGB das wichtigste Instrument zur Ausübung dieser sog. Planungshoheit – die Bauleitplanung nämlich – an die Hand gegeben. Da die Gemeinden aber ungeachtet ihrer Selbstverwaltung zugleich in ein föderales Gesamtsystem eingebunden sind, stehen sie sich bei der Ausübung ihrer Befugnisse – wie Otto Mayer schon 1924 formulieren konnte2 – „nicht wie selbstsüchtige Einzelmenschen gegenüber, sondern jeder ist auch das Gedeihen ihrer Nachbarin in gewissem Maße eigene Angelegenheit“3. Mit der grundsätzlichen – und insoweit auch noch unbestrittenen – Einsicht allein, dass eine Kommune bei der Wahrnehmung ihrer Planungshoheit nicht in völliger „einzelgemeindlicher Isoliertheit“4 agieren kann, sondern dabei auch die Auswirkungen ihres Verhaltens auf benachbarte Gemeinden zu bedenken hat, ist aus Sicht einer solchen Nachbargemeinde freilich noch nicht viel gewonnen. Ist sie nämlich der Ansicht, dass jenseits ihrer Grenzen eine der von Ulrich Kuschnerus konstatierten „Gemeinheiten“5 vorbereitet wird oder gar schon begangen wurde, ist für sie allein von Interesse, unter welchen Voraussetzungen sie dem vorbeugen oder sich dagegen wehren kann. Die damit angesprochenen Fragen nach den subjektiven Rechten der Nachbargemeinde gegenüber anderen Kommunen und nach dementsprechenden prozessualen Durchsetzungsmöglichkeiten im Einzelnen zu beantworten, bereitet heute aber Schwierigkeiten. Denn Entscheidungen sowohl des Gesetzgebers als auch der Rechtsprechung insbesondere aus den vergangenen fünf Jahren haben dazu geführt, dass die – ohnehin nie unumstrittenen – Maßstäbe für die materiellrechtliche und verwaltungsprozessuale Beurteilung zwischengemeindlicher Auseinandersetzungen erheblich an Konturenschärfe verloren haben. Das zeigt sich zunächst auf der ersten Ebene des Städtebaurechts, derjenigen der Bauleitplanung also. Um hier ein Mindestmaß an zwischengemeindlicher Rücksichtnahme zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber in § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB angeordnet, dass die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden abzustimmen sind. Nun bestand zwar seit jeher Einigkeit darüber, dass diese Vorschrift nicht nur Pflichten für diejenige Gemeinde begründet, die einen Bauleitplan aufzustellen beabsichtigt, sondern diesen Pflichten auch Rechte der Nachbarge-

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O. Mayer, Verwaltungsrecht, Bd. 2, S. 385. Dass für die Gemeinden in dem vom Grundgesetz errichteten Bundesstaat insoweit nichts anderes gelten kann, ist seit jeher anerkannt; s. Halstenberg, Städtetag 1960, 625 (627); Pappermann, JuS 1973, 689 (692); Fingerhut, Gemeindenachbarklage, S. 8, 34; Brosche, DVBl. 1980, 213 (217); Rauch, BayVBl. 1980, 612 (614); Kilian/Müllers, VerwArch. 89 [1998], 25 (33 f.; 35, 68); Söfker, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 96, 98. 4 Schmidt-Aßmann, in: ARL, Raumplanung – Entwicklungsplanung, S. 101 (144). 5 S. Kuschnerus, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 1 (2), der dort auch den eingangs zitierten Satz prägte. 3

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meinden an die Seite stellt6. Durch die Entwicklung der vergangenen Jahre wurde aber zweifelhaft, wie und wann genau diese interkommunale Abstimmung stattzufinden hat. Im Hinblick auf die erste Frage vertrat das BVerwG zwar seit 1972 die Auffassung, dass die Abstimmung „Richtung und Gehalt“ aus dem allgemeinen planerischen Abwägungsgebot erhalte, das inzwischen in § 1 Abs. 7 BauGB verankert ist7. Ob diese Grundaussage aber auch heute noch uneingeschränkt gilt, musste zumindest fragwürdig erscheinen, nachdem der Gesetzgeber mit dem am 20.07.2004 in Kraft getretenen Europarechtsanpassungsgesetz Bau (EAG Bau8) auf die Struktur des allgemeinen Abwägungsgebots Einfluss genommen hatte, ohne sich aber dazu zu äußern, inwieweit diese Neuerungen auch auf das interkommunale Abstimmungsgebot durchschlagen sollen9. In Bezug auf die zweite, die Eröffnung des Anwendungsbereichs des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB betreffende Frage vertrat das BVerwG zwar ebenfalls 30 Jahre lang eine gefestigte Auffassung, verursachte dann aber durch zwei Urteile aus den Jahren 2002 und 2003 eine Kontroverse darüber, ob und inwieweit diese st. Rspr. zu modifizieren sei. Das Gericht hatte nämlich zunächst über mehrere Jahrzehnte hinweg formuliert, dass es einer interkommunalen Abstimmung dann bedürfe, wenn der aufzustellende Bauleitplan „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf die Belange der Nachbargemeinde entfalte10. In seinen Zweibrücken- und Mülheim-Kärlich-Entscheidungen stellte das Gericht jedoch heraus, dass die Nachbargemeinde in der Abwägung der planaufstellenden Gemeinde nicht schlechter stehen dürfe als sonstige Drittbetroffene, deren Belange nicht erst bei einer „unmittelbar gewichtigen“, sondern bereits bei einer „mehr als geringfügigen“ Betroffenheit in die Abwägung einzustellen seien11. Die – einen im Vergleich dazu höheren Beeinträchtigungsgrad indizierende – Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ gab das BVerwG aber nach dieser „Klarstellung“ nicht auf. Es verwendete sie vielmehr 6 S. hier nur Bickel, in: v. Mutius (Hrsg.), v. Unruh-FG, S. 1035 (1041 f.); näher dazu m.w. N. unter § 1 A. I. 1. a). 7 Grundlegend BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (331). 8 Gesetz zur Anpassung des Baugesetzbuchs an EU-Richtlinien v. 24.06.2004 (BGBl. I 1359). Die damit eingeführten Neuregelungen stellen Battis/Krautzberger/ Löhr, NJW 2004, 2553 ff.; Finkelnburg, NVwZ 2004, 897 ff.; Krautzberger/Stüer, DVBl. 2004, 781 ff.; Schliepkorte/Tünnemann, ZfBR 2004, 645 ff.; und Schrödter, NST-N 2004, 197 ff.; überblicksartig vor. Die Novelle geht auf Vorschläge einer vom Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen 2001 einberufenen Expertenkommission zurück (s. BMVBW [Hrsg.], Kommissionsbericht, Rn. 1), die etwa Stüer/ Upmeier, ZfBR 2003, 114 ff., zusammenfassend darstellen. 9 S. dazu näher unter § 1 A. III. 1. 10 Wegweisend auch insoweit BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (329 f.). 11 Vgl. BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (33); dass., Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (223).

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in anderen Rechtsgebieten weiter, in denen es § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB zwar nicht direkt, aber doch mittelbar als Lieferant eines Rechtsgedankens heranziehen konnte: bei der in § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB verorteten Frage nach etwaigen Pflichten der Standortgemeinde zur erstmaligen Aufstellung eines Bauleitplans nämlich12 und bei der Auslegung des § 35 Abs. 3 S. 1 auf der zweiten Ebene des Städtebaurechts, die die Zulassung von Bauvorhaben betrifft13. Nach dieser „Metamorphose“14 der Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ herrscht nun in Rechtsprechung und Literatur Uneinigkeit darüber, ab welcher Beeinträchtigungsintensität der Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB in seinem unmittelbaren Einsatzfeld – dem der Bauleitplanung – eröffnet ist15. Sind also bereits die grundlegendsten Fragen zum Wann und Wie der Ausgangsnorm des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB derzeit nicht eindeutig zu beantworten, kann es kaum verwundern, dass die Bedeutung des ebenfalls durch das EAG Bau eingeführten S. 2 des § 2 Abs. 2 BauGB nicht weniger umstritten ist, denn dieser nimmt durch seinen Wortlaut und seine Stellung im Gesetz auf das allgemeine Abstimmungsgebot Bezug. Nach dieser Neuregelung nämlich können sich die Nachbargemeinden „dabei“ – also bei der in S. 1 geregelten Abstimmung – „auch“ auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen. Mit der Einführung dieser neuen Bestimmung verfolgte der Gesetzgeber ausdrücklich das Ziel, die „Klagebefugnis“ der Nachbargemeinden zu stärken16. Diesem Ziel sind Unsicherheiten bei der Auslegung der neuen Vorschrift kaum zuträglich. Insbesondere die Raumordnungsklausel des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB hat aber bald nach dem Inkrafttreten der BauGB-Novelle von 2004 zu zahlreichen Zweifeln geführt, die ebenfalls das Wann und Wie des durch diese Vorschrift bezweckten Schutzes betreffen. Da sich § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB in dem Schnittpunkt befindet, in dem sich das Raumordnungs- und das Bauplanungsrecht treffen, wird nicht nur kontrovers diskutiert, ob jene Vorschrift der Nachbargemeinde – wie § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB – erst beim Vorliegen von faktischen Beeinträchtigungen einer bestimmten Intensität Schutz vermittelt, oder ob dieser Gemeinde hier ein gleichsam „störungsunabhängiger“ Anspruch auf die Beachtung von raumordnungsrechtlich begründeten Vorgaben eingeräumt werden sollte. Umstritten ist vielmehr auch, ob ein einmal ausgelöster Schutz in den Bahnen des allgemeinen Abstimmungsgebots oder nach raumordnungsrechtlichen Maßstäben zu bewerkstelligen ist, die nicht lediglich auf eine 12

S. dazu näher unter § 1 A. I 2. b). u. § 14 A. III. 2. S. dazu näher unter § 1 A. I 2. a). u. § 14 C. 14 Halama, DVBl. 2004, 79 u. 83. 15 S. dazu näher unter § 1 A II. 16 Vgl. bereits BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 216, 221; s. ferner die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 41. 13

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abwägungsrechtliche „Berücksichtigung“ von nachbarlichen Belangen, sondern auf deren strikte Beachtlichkeit zielen17. Uneindeutig ist die interkommunale Rechtslage auf der Ebene des Bauplanungsrechts aber nicht nur in materiellrechtlicher, sondern auch in verwaltungsprozessualer Hinsicht. Diese Ebene des Städtebaurechts kann weiter in die Stufe der Flächennutzungsplanung und die der Bebauungsplanung unterteilt werden. Für die erste dieser Stufen entsprach es bisher st. Rspr. und nahezu einhelliger Meinung in der Literatur, dass es einer Gemeinde versagt sei, einen Flächennutzungsplan ihrer kommunalen Nachbarin im Wege des Normenkontrollverfahrens nach § 47 VwGO anzugreifen, weil dieser Plan insbesondere nicht die für die Statthaftigkeit eines solchen Verfahrens erforderliche Qualität einer „Rechtsvorschrift“ aufweise18. Ob diese Ansicht indes noch uneingeschränkt Gültigkeit beanspruchen kann, wurde fragwürdig, nachdem einige Stimmen in der jüngeren Literatur zumindest solche Darstellungen eines Flächennutzungsplans als „Rechtsvorschrift“ zu behandeln vorschlugen, mit denen sog. privilegierte Vorhaben auf bestimmten Flächen im Außenbereich einer Gemeinde konzentriert und die Verwirklichung solcher Vorhaben zugleich an anderen Stellen dieses Bereichs ausgeschlossen werden sollen (vgl. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB)19. Der Gesetzgeber verstärkte die Unsicherheiten um die prozessuale Behandlung der Flächennutzungspläne. Denn einerseits nährte er die Zweifel an der traditionellen Einordnung des Flächennutzungsplans 2004 weiter, indem er die Bedeutung von Konzentrationszonendarstellungen im EAG Bau gestärkt und sie im Hinblick auf die Sicherung der Bauleitplanung in die Nähe des normenkontrollfähigen Bebauungsplans gerückt hat (s. §§ 5 Abs. 2b, 15 Abs. 3 BauGB). Andererseits aber änderte er im Zuge der jüngsten, zum 01.01.2007 in Kraft getretenen BauGB-Novelle20 auch § 47 VwGO ohne dabei auf die aktuelle Debatte zum Flächennutzungsplan in irgendeiner Weise einzugehen. Es verwundert daher kaum, dass in der Rechtsprechung der Obergerichte inzwischen gegensätzliche Meinungen zur prozessualen Behandlung des Flächennutzungsplans vertreten 17

S. dazu näher unter § 14 B. II. u. III. Vgl. exemplarisch BVerwG, Beschl. v. 20.07.1990 – 4 N 3/88, NVwZ 1991, 262 f., und dazu m.w. N. unter § 8 A. 19 Einen entscheidenden Anstoß zu dieser Diskussion hat insbesondere Kment gegeben (vgl. dens., NVwZ 2003, 1047 [1054 f.]; dens., NVwZ 2004, 314 f.); näher dazu m.w. N. unter § 8 B. II. 20 Die Novellierung erfolgte durch das Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben im Innenbereich v. 21.12.2006 (BGBl. I 3316). Einen Überblick über seine Regelungen geben Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 2007, 121 ff.; Blechschmidt, ZfBR 2007, 120 ff.; Gronemeyer, BauR 2007, 815 ff.; Krautzberger, UPR 2007, 53 ff.; ders./ Stüer, DVBl. 2007, 160 ff.; Starke, JA 2007, 488 ff.; Uechtritz, BauR 2007, 476 ff.; s. ferner zum „Kernstück“ (Scheidler, BauR 2007, 650) der Novelle (§ 13a BauGB n. F.) Krautzberger, UPR 2007, 170 (172 ff.); Mitschang, ZfBR 2007, 433 ff.; zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung s. Krautzberger, UPR 2006, 405 ff.; Scheidler, ZfBR 2006, 752 ff.; Schröer, NZBau 2006, 703 ff., 773 f. 18

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werden21. Da diese Zweifel zur prozessualen Behandlung des Flächennutzungsplans zu einer Reihe von ohnehin schon – für beide Bauleitplantypen – umstrittenen Fragen hinzutraten, von denen hier einführend nur auf die Möglichkeit vorbeugenden Rechtsschutzes, auf die Frage nach der unmittelbaren Durchsetzbarkeit von etwaigen Abstimmungsansprüchen oder auf die isolierte Anfechtbarkeit von Entscheidungen aus einem Planaufstellungsverfahren hingewiesen werden soll22, muss das genaue Ausmaß des Rechtsschutzes der Nachbargemeinden gegen fremde Bauleitpläne derzeit auch in prozessualer Hinsicht als vielfach ungeklärt erscheinen. Gleiches gilt schließlich für die letzte Stufe des Städtebaurechts, diejenige des Baugenehmigungsverfahrens. Da das Gesetz dort – anders als zum Bauplanungsrecht – keine Grundnorm wie § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB vorsieht, ist seit jeher umstritten, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen sich Nachbargemeinden gegen Baugenehmigungen für Vorhaben wehren können, die zwar auf dem Gebiet einer anderen Gemeinde liegen, deren Verwirklichung aber mit erheblichen Auswirkungen auch auf die eigene städtebauliche Entwicklung verbunden ist. Soweit diese Frage nicht ohnehin restriktiv beschieden wird, werden dazu Lösungsvorschläge erörtert, die von einer Subjektivierung der §§ 29 ff. BauGB über eine – durchgehende oder auf Missbrauchsfälle beschränkte – analoge Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB bis hin zu einer ergänzenden Heranziehung des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG reichen, und zu sehr unterschiedlichen Einzelfalllösungen gelangen23. Die Diskussion wurde durch die schon erwähnte Entscheidung des BVerwG aus dem Jahr 2002 erneut angestoßen, nachdem das Gericht darin einer Nachbargemeinde ein Abwehrrecht gegen ein Fabrikverkaufszentrum zugestanden hatte, das im Außenbereich einer anderen Kommune errichtet werden sollte24. Da aber selbst gegenwärtige und vormalige Mitglieder des zuständigen Senats in der Folgezeit sogleich „außergerichtlich“ davor warnten, die Bedeutung dieses Urteils für andere Fallkonstellationen zu überschätzen25, und die Rechtsprechung des eigenen Gerichts als „nicht eindeutig“ bezeichneten26, konnte in die Debatte um die nachbargemeindlichen Rechtsschutz21 Vgl. an dieser Stelle nur OVG Lüneburg, Beschl. v. 08.03.2007 – 12 MN 13/07, BeckRS 2007 22144, sub II.1. der Gründe, einerseits, OVG Koblenz, Urt. v. 08.12. 2005 – 1 C 10065/05.OVG, ZNER 2005, 336 f., andererseits; näher dazu m.w. N. unter § 8 B. II. 1. 22 S. dazu näher unter §§ 5–7, § 9 B., § 11. 23 S. dazu näher unter § 12 A. u. B. 24 Vgl. BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 ff.; näher dazu unter § 12 A. I. 4. 25 S. Rojahn, Diskussionsbeitrag bei Böttcher, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 31. 26 S. Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 34 Rn. 32; ähnliche Einschätzungen finden sich in der Literatur, s. etwa Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1026): „Die Rechtsprechung des BVerwG ist unklar“; Büchner, in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Einzelhandel und Windkraftanlagen, S. 55 (68): „Der Entscheidung vom 01.08.2002

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möglichkeiten gegen Baugenehmigungen keine Beruhigung eintreten. Der Bedarf nach einer Klärung der Rechtsschutzmöglichkeiten in den verschiedenen Plangebieten der §§ 29 ff. BauGB stieg vielmehr weiter an, nachdem der Gesetzgeber die Koordinaten auch dieses Problemfeldes mit der 2004 erfolgten Einführung einer neuen gemeindenachbarschützenden Vorschrift in § 34 Abs. 3 BauGB geändert hatte, deren Auslegung aber bald nach dem Inkrafttreten des EAG Bau in Rechtsprechung und Literatur zu einer „erhebliche Bandbreite“ an Meinungen führte27. Die hier einleitend skizzierten, auf allen Ebenen des Städtebaurechts bestehenden Unklarheiten über das genaue Ausmaß der Rechtsschutzmöglichkeiten der Gemeinden im interkommunalen Verhältnis konterkarieren die Zielsetzung des Gesetzgebers aus dem Jahre 2004, den Rechtsschutz der Gemeinden zu stärken. Die folgende Untersuchung setzt sich daher zum Ziel, unter Berücksichtigung der jüngeren Entwicklung in Rechtsprechung und Literatur zu klären, unter welchen materiellrechtlichen und prozessualen Voraussetzungen eine Gemeinde nach den BauGB-Novellen von 2004 und 2007 Rechtsbehelfe auf den Ebenen des Bauleitplanungs- und Baugenehmigungsverfahrens mit Aussicht auf Erfolg einlegen kann. Zur Terminologie Wenn sich im interkommunalen Konflikt zwei Gemeinden gegenüberstehen, hängt es zunächst vom Standpunkt des Betrachters ab, welche dieser Kommunen die „benachbarte“ Gemeinde ist. Um in der folgenden Darstellung eine unzweideutige Bezugnahme zu ermöglichen, soll diejenige Gemeinde, die einen Bauleitplan aufstellt oder aufzustellen beabsichtigt oder für deren Gemeindegebiet eine Baugenehmigung erteilt wird, durchgehend als „die Standortgemeinde“ bezeichnet werden. Die Kommune hingegen, die Rechtsschutz im Zusammenhang mit einem fremden Bauleitplan oder in Bezug auf eine „extraterritoriale“ Baugenehmigung sucht, soll als „die Nachbargemeinde“ tituliert werden. An einem interkommunalen Konflikt können freilich je nach Konstellation noch weitere Rechtssubjekte beteiligt sein. Auf beiden Ebenen des Städtebaurechts kann das jeweilige Bundesland als „Träger der Rechtsaufsichtsbehörde“ insbesondere über die Standortgemeinde ein Rolle spielen. Bei baugenehmigungsrechtlichen Konflikten wendet sich die Nachbargemeinde weiterhin gegen den „Träger der Baugenehmigungsbehörde“, bei dem es sich – nach Maßgabe ist noch kein schlüssiges System der Klagebefugnis zu entnehmen“; ebenso ders., ZfBR 2003, 538 (544). 27 So die treffende Einschätzung bei Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (808), dort zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals der „Schädlichkeit“ in § 34 Abs. 3 BauGB n. F.; ähnl. nach wie vor ders., NVwZ 2007, 660 (662); s. dazu insgesamt näher unter § 14 A. I.

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des Landesrechts und abhängig von den Umständen des Einzelfalls – um die Standortgemeinde selbst, aber auch um eine andere Kommunalkörperschaft oder das Bundesland handeln kann. Nicht nur, aber insbesondere bei Auseinandersetzungen auf dieser zweiten städtebaulichen Ebene sind schließlich auch die von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtspositionen desjenigen „Grundstückseigentümers“ zu beachten, auf dessen Grund und Boden ein von der Nachbargemeinde beanstandetes Vorhaben errichtet werden soll. Für diese weiteren, nichtgemeindlichen Akteure sollen im Folgenden die soeben in Anführungszeichen gesetzten Begriffe Verwendung finden. Der Gang der Darstellung Die Erörterung der Rechtsschutzmöglichkeiten der Nachbargemeinde im interkommunalen Verhältnis orientiert sich an den beiden Ebenen des Städtebaurechts. Das erste Kapitel ist daher der Frage nach dem Bestehen, dem Inhalt und dem sekundärrechtlichen Schutz von subjektiven Rechten der Nachbargemeinde in Bezug auf die Bauleitplanung der Standortgemeinde gewidmet (§§ 1–3). Auf der Grundlage der dazu gefundenen Ergebnisse soll im zweiten Kapitel untersucht werden, welche prozessualen Möglichkeiten der Nachbargemeinde zur Verfügung stehen, wenn sie sich nachträglich oder vorbeugend gegen einen Bebauungsplan der Standortgemeinde oder einzelne Akte aus dieser Planung wehren will, und ob sie neben etwaigen auf Abwehr zielenden Rechtsbehelfen auch in der Lage ist, eine unmittelbare Beteiligung oder Berücksichtigung an der Planaufstellung zu erreichen (§§ 4–7). Im dritten Kapitel soll zunächst näher betrachtet werden, welche Rechtsnatur die verschiedenen Darstellungen eines Flächennutzungsplans aufweisen, um – davon abhängig – die zuvor zum Bebauungsplan gestellten Fragen für den Flächennutzungsplan erörtern zu können (§§ 8–11). Mit dem vierten Kapitel soll die Ebene des Bauplanungsrechts verlassen werden, um die Rechtsschutzmöglichkeiten der Nachbargemeinde in Bezug auf Baugenehmigungen zu untersuchen, die für ein Vorhaben auf dem Gebiet der Standortgemeinde erteilt werden (§§ 12–14). Die jeweils gefundenen Ergebnisse sollen schließlich in Thesen zusammengefasst werden.

Erstes Kapitel

Subjektive Rechte der Nachbargemeinde in Bezug auf die Bauleitplanung der Standortgemeinde Die Rechtsschutzmöglichkeiten der Nachbargemeinde in Bezug auf die Bauleitpläne der Standortgemeinde hängen davon ab, inwieweit jener Kommune subjektive Rechte bei der Bauleitplanung dieser Gemeinde zustehen. Im Folgenden soll daher zunächst erörtert werden, ob und inwieweit der Gesetzgeber die Nachbargemeinden mit diesbezüglichen Rechten ausgestattet hat (§ 1), um daran anschließend prüfen zu können, ob eine Verletzung etwaiger Rechte auch einen sekundärrechtlichen Schutz nach sich zieht (§ 2). Abschließend wird ggf. zu untersuchen sein, inwieweit ein solcher Schutz durch die Planerhaltungsvorschriften der §§ 214 f. BauGB wieder eingeschränkt wurde (§ 3).

§ 1 Die Primärrechte der Nachbargemeinde aus §§ 2 Abs. 2, 4 BauGB Als Grundlage subjektiver Rechte der Nachbargemeinde kommen neben S. 1 des § 2 Abs. 2 BauGB (A.) auch dessen S. 2 Hs. 1 (B.), sein S. 2 Hs. 2 (C.) sowie § 4 BauGB (D.) in Betracht.

A. Recht auf interkommunale Abstimmung i. e. S. (§ 2 Abs. 2 S. 1 BauGB) Nach § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB sind die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen. Da dieses sog. interkommunale Abstimmungsgebot im Mittelpunkt nahezu jeder planungsrechtlichen Gemeindenachbarklage steht, soll im Folgenden näher betrachtet werden, welche subjektivrechtliche Relevanz dieser Vorschrift im Einzelnen zukommt. Dazu soll zunächst vorgestellt werden, welchen Regelungsgehalt die Rechtsprechung und die ihr folgende h. L. jener Vorschrift entnehmen (I.). Anschließend wird zu hinterfragen sein, ob dieser Auslegung im Hinblick auf die Eröffnung des Anwendungsbereichs (II.) und die Schutzweise des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB (III.) zumindest unter dem BauGB 2004/2007 noch uneingeschränkt gefolgt werden kann.

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

I. Die Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB in Rechtsprechung und h. L. Da der Gesetzgeber mit dem knappen Wortlaut des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB nicht näher ausgeführt hat, was genau er unter einer „Abstimmung“ von Bauleitplänen verstanden wissen will und unter welchen Voraussetzungen diese im Einzelnen einsetzen soll, sah sich die Rechtsprechung frühzeitig mit der Aufgabe konfrontiert, Maßstäbe zu entwickeln, die es erlauben würden, das interkommunale Abstimmungsgebot im Bereich der Bauleitplanung praktisch handhabbar zu machen (1.). Über diesen Bereich hinaus ist namentlich das BVerwG in den Jahren 2002 und 2003 dazu übergegangen, § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB auch in Gebieten eine Bedeutung beizumessen, die der Aufstellung von Bauleitplänen gleichsam nach- bzw. vorgelagert sind, und in denen diese Vorschrift nicht unmittelbar zur Anwendung kommt. Da die damit angesprochene Heranziehung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB bei der Entscheidung über die Genehmigung von Bauvorhaben bzw. bei der Frage nach etwaigen Pflichten der Standortgemeinde zur Aufstellung von Bauleitplänen nicht ohne Einfluss auf die Auslegung dieser Vorschrift in ihrem eigentlichen Anwendungsbereich – dem der Aufstellung von Bauleitplänen – bleibt, soll auch die diesbezügliche jüngere Rechtsprechung bereits an dieser Stelle kurz skizziert werden (2.). 1. Die Bedeutung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB beim Rechtsschutz gegen Bauleitpläne Der durch Wortlaut und Stellung der Vorschrift nahegelegte Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB betrifft die Aufstellung von Bauleitplänen durch die Standortgemeinde und die Folgefrage, ob der Nachbargemeinde auf dieser ersten Stufe des Städtebaurechts ggf. subjektive Rechte gegen jene Kommune zustehen. Die grundlegenden Ausführungen des BVerwG in seinem „fast schon legendären“1 Urteil vom 08.09.19722 zur Auslegung jener Regelung betreffen denn auch diesen Kernbereich. a) Die Krabbenkamp-Entscheidung des BVerwG aus dem Jahre 1972 Um eine erste Eingrenzung zu ermöglichen, stellte das Gericht die Regelungen gegenüber, die heute in § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB und § 4 BauGB verankert sind3. Vor dem Hintergrund der von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gewährleisteten

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Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 16 Rn. 27. BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 ff. Damals § 2 Abs. 4 BBauG einerseits und § 2 Abs. 5 BBauG andererseits.

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gemeindlichen Planungshoheit ging das Gericht davon aus, dass die „Notwendigkeit einer Abstimmung von Bauleitplänen benachbarter Gemeinden eine formelle (verfahrensmäßige) und eine materielle Seite“ habe: „Dem Abgestimmtsein als Tätigkeit – dem Beteiligen, Anhören usw. – steht das Abgestimmtsein als Zustand gegenüber“4. Während es den formellen dieser beiden Aspekte in § 4 BauGB normiert sah, wertete es § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB als „erschöpfende Regelung“ der materiellen Abstimmungspflicht5. Mit diesem ersten Schritt war freilich nur entschieden, dass „Abstimmung“ i. S. v. materiellem „Abgestimmtsein“ zu verstehen sein sollte, noch nicht dagegen, auf welchem Wege dieser Zustand von der planenden Standortgemeinde erreicht werden konnte. Da § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB auch insoweit schweigt, rückte das BVerwG die Regelung zum Abstimmungsgebot in einen systematischem Zusammenhang zum bauplanungsrechtlichen Abwägungsgebot, um Maßstäbe für die Anwendung jener Vorschrift zu gewinnen: „Richtung und Gehalt des Abstimmungsgebots ergeben sich [. . .] aus den Maßstäben des § 1 Abs. 4 und 5 BBauG“6, jenen Vorschriften also, die ihre heutige Entsprechung in § 1 Abs. 6 und 7 BauGB finden. Diese Grundentscheidung zum Gehalt der Abstimmungspflicht der Standortgemeinde erlaubte es zwar, die Wirkungsweise des Abstimmungsgebots klarer zu fassen, als es der Wortlaut allein ermöglichte, konnte aber dennoch nicht als Aufforderung verstanden werden, die zum allgemeinen Abwägungsgebot entwickelten Grundsätze nun unbesehen und uneingeschränkt auf die interkommunale Abstimmung zu übertragen. Zum Zeitpunkt der Krabbenkamp-Entscheidung ging das BVerwG nämlich noch nicht davon 4 Vgl. BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (328), zu § 2 Abs. 4 u. 5 BBauG. 5 Vgl. BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (328, 329 ff.); best. von dems., Urt. v. 15.12.1989 – 4 C 36/86, BVerwGE 84, 209 (216); ebenso VGH München, Urt. v. 14.01.1991 – 2 B 89.785, GewArch. 1991, 314 (315); OVG Greifswald, Urt. v. 04.05.2004 – 3 K 35/99, n. v., juris-Tz. 36; Battis, Baurecht, S. 57 f.; Gaentzsch, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), BerlK-BauGB, § 2 Rn. 14; Fingerhut, Gemeindenachbarklage, S. 9; Grauvogel, in: Brügelmann, BauGB, 1987, § 2 Rn. 37; Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 2 BauGB Rn. 4; Jahn, BayVBl. 2000, 267 (268); ders., GewArch. 2002, 412 (413); Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 631; ders., LKV 1994, 93; Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 125 f.; Runkel, UPR 1998, 241 (245); Schmitz/Federwisch, Einzelhandel, Rn. 348; Schneider, Zulässigkeit von FOC, S. 159; W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 41; Stühler, VBlBW 1999, 206 (208); Uechtritz, BauR 1999, 572 (573); ders., in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 59 (60); Portz/Runkel, Baurecht, Rn. 152; Ziegler, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 6, § 11 BauNVO Rn. 70; unklar insoweit Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2, der einerseits im Anschluss an das BVerwG ausführt, die formelle Seite der Abstimmungspflicht sei in § 4 BauGB geregelt (a. a. O. Rn. 108 f.), andererseits aber formuliert, bei § 2 Abs. 2 BauGB handle es sich „verfahrensrechtlich um einen Unterfall der Beteiligung der Behörden“ (a. a. O. Rn. 114). 6 BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (331); best. von dems., Urt. v. 15.12.1989 – 4 C 36/86, BVerwGE 84, 209 (216).

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

aus, dass die Vorschrift zur planungsrechtlichen Abwägung für die von ihr Betroffenen auch subjektive Rechte begründete. Dass hingegen „dem objektivrechtlichen Abstimmungsgebot“ nach § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB „subjektivrechtlich ein Anspruch entspricht“ unterlag für das Gericht von Anfang an keinem Zweifel7, weil diese Vorschrift „vor dem Hintergrund der Planungshoheit der Gemeinden“ gesehen werden müsse, welche „gegenüber allen sie berührenden fremden Planungen sozusagen wehrfähig“ sei8. Dieser verfassungsrechtliche Hintergrund veranlasste das BVerwG schließlich dazu, auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen genau die Abstimmungspflicht der Standortgemeinde einsetzen sollte, in einem Sinn zu beantworten, der vom Wortlaut des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB aus nicht unbedingt nahe gelegen hatte. Denn obwohl diese Vorschrift nur davon spricht, dass die „Bauleitpläne“ benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen sind, ging das Gericht davon aus, dass „die (materielle) Abstimmungspflicht nicht auf solche Fälle beschränkt werden kann, in denen bei der Nachbargemeinde Bauleitpläne bereits vorhanden sind. Die Schutzwürdigkeit der gemeindlichen Planungshoheit steigert sich zwar, wenn sie durch den Erlaß von Bauleitplänen ausgeübt wurde; ihre Schutzwürdigkeit überhaupt hängt davon aber nicht ab [. . .].“ Deshalb müsse § 2 Abs. 4 BBauG (der § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB 2004/2007 entspricht) „erweiternd dahin ausgelegt werden, daß es einer (materiellen) Abstimmung unabhängig davon, ob bei der Nachbargemeinde bereits Bauleitpläne oder doch bestimmte planerische Vorstellungen bestehen, immer dann bedarf, wenn ,unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art‘ in Betracht kommen“9. Mit dieser 7 Vgl. BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (330); OVG Münster, Urt. v. 25.08.2005 – 7 D 2/05 NE, NVwZ-RR 2006, 450; Bickel, in: v. Mutius (Hrsg.), v. Unruh-FG, S. 1035 (1041 f.); OVG Lüneburg, Beschl. v. 07.03. 2002 – 1 MN 3976/01, BRS 65 Nr. 39, S. 187 (190); Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub II.1.a.; Schneider, Zulässigkeit von FOC, S. 160; Uechtritz, NVwZ 2003, 176. 8 BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (329 f.): „Keine Gemeinde braucht hinzunehmen, daß ihre Planung durch fremde Planungen rechtswidrig verletzt wird.“ 9 BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (330 f.), zu § 2 Abs. 4 BBauG; ebenso dass., Beschl. v. 09.05.1994 – 4 NB 18/94, BRS 56 Nr. 36 S. 104 (105); dass., Beschl. v. 09.01.1995 – 4 NB 42/94, Buchh. 406.11 § 2 BauGB Nr. 37, S. 1 (3); dass., Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (32 f.); OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.09.2005 – 1 MN 113/05, NVwZ-RR 2006, 246 (247); OVG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 08.05.1998 – 3 B 84/97, LKV 1998, 359 (360); OVG Magdeburg, Beschl. v. 05.07.2004 – 2 M 867/03, n. v., juris-Tz. 13; VGH München, Urt. v. 14.01.1991 – 2 B 89.785, GewArch. 1991, 314 (315); ders., Urt. v. 03.05.1999 – 1 N 98/1039, UPR 1999, 393; ders., Urt. v. 03.05.1999 – 1 N 98/1021, BayVBl. 2000, 273 (274); OVG Koblenz, Urt. v. 25.04.2001 – 8 A 11441/00, BauR 2002, 577 (580); zust. Finkelnburg/Ortloff, Baurecht, Bd. I, S. 40 f.; Gaentzsch, in: Schlichter/ Stich (Hrsg.), BerlK-BauGB, § 2 Rn. 15; Heilshorn/Seith, VBlBW 2004, 409 (411); Otting, DVBl. 1999, 595 (597); Uechtritz, BauR 1999, 572 (574); Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 137 f.; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 100; Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub II.1.a.; Schmitz, LKV 1997, 345 (348);

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Grundentscheidung schlug das BVerwG im Bauplanungsrecht einen anderen Weg ein als in der Fachplanung überörtlicher Planungsträger. Auch bei überörtlichen Planungen – bspw. im Bereich der Regionalplanung – haben die zuständigen Stellen eine Abwägung durchzuführen und dabei die Belange der Gemeinde zu berücksichtigen. Die betroffene Gemeinde hat dabei aber insoweit eine schwächere Stellung, als der abwägende Planungsträger – zum Zeitpunkt der Krabbenkamp-Entscheidung ausnahmslos10, heute freilich auch in diesem Bereich nur noch grundsätzlich11 – nur solche Planungsvorstellungen der Gemeinde in seine Abwägung einstellen muss, die bereits hinreichend konkret und verfestigt sind, also im besten Falle12 in einem Bebauungsplan oder einem Flächennutzungsplan ihren Niederschlag gefunden haben13. Dass die Stellung der Standortgemeinde im Bauleitplanungsrecht im Vergleich dazu eine stärkere sein

Stühler, VBlBW 1999, 206 (208); Kuschnerus, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 1 (8, 14); Halama, in: Berkemann/Halama, Seminarunterlagen (n. v.), S. 242; Bönker, BauR 1999, 328 (336); Büchner, NVwZ 1999, 345 (348); Rojahn, in: Spannowsky/ Krämer (Hrsg.), Einzelhandel und Windkraftanlagen, S. 147 (150); Jäde, in: dems./ Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 2 BauGB Rn. 6; Wagner, ZfBR 2000, 21 f.; Grauvogel, in: Brügelmann, BauGB, 1987, § 2 Rn. 39, 43; Hoppe, in: Wolff-FS, S. 307 (308 f.), sah darin „[d]as Entscheidende“ des Krabbenkamp-Urteils. 10 Vgl. zu der damals noch restriktiveren Sichtweise der Rechtsprechung zum Fachplanungsrecht und ihrem Einfluss auf die Auslegung der Bestimmung zum interkommunalen Abstimmungsgebot in der Krabbenkamp-Entscheidung die Analyse von Halama, DVBl. 2004, 79 (80). 11 Eine Ausnahme kommt auch im Bereich der Fachplanung in Betracht, wenn ein großräumiges Vorhaben der Fachplanung wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren Planung entzöge; vgl. BVerwG, Urt. v. 11.04.1986 – 4 C 51/83, BVerwGE 74, 124 (132 f.); Gaentzsch, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), BerlK-BauGB, § 2 Rn. 5; Halama, DVBl. 2004, 79 (80 f.); Kirchberg/Boll/Schütz, NVwZ 2002, 550 (553); Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 97, 100; Vallendar, UPR 2003, 41 (43). Gleiches gilt, wenn kommunale Einrichtungen durch das Vorhaben erheblich beeinträchtigt werden; vgl. Koch/Hendler, Baurecht, § 12, Rn. 29. 12 Eine „hinreichend bestimmte“ Planung kann freilich auch dann vorliegen, wenn sie noch nicht verbindlich ist; vgl. dazu Schenke, Bergbau, S. 75; Söfker in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 97; Stühler, JuS 1999, 234 (235); Kirchberg/Boll/Schütz, NVwZ 2002, 550 (553); ähnlich Vallendar, UPR 2003, 41 (43). 13 Vgl. BVerwG, Urt. v. 21.05.1976 – IV C 38/74, BVerwGE 51, 6 (14 f.); dass., Urt. v. 30.05.1984 – 4 C 58/81, NVwZ 1984, 718 (719); dass., Urt. v. 11.04.1986 – 4 C 51/83, BVerwGE 74, 124 (132); dass., Urt. v. 16.12.1988 – 4 C 40/86, BVerwGE 81, 95 (106); dass., Urt. v. 15.12.1989 – 4 C 36/86, BVerwGE 84, 209 (215); dass., Beschl. v. 26.11.1991 – 7 C 16/89, NVwZ 1992, 787 f.; dass., Urt. v. 21.03.1996 – 4 C 26/94, BVerwGE 100, 388 (393 f.); dass., Beschl. v. 03.09.1997 – 11 VR 20/96, DÖV 1998, 79; dass., Urt. v. 20.05.1998 – 11 C 3/97, NVwZ 1999, 67 (68); dass., Urt. v. 26.02.1999 – 4 A 47/96, NVwZ 2000, 560 (561 f.); dass., Urt. v. 11.01.2001 – 4 A 12/99, DÖV 2001, 692 (693); VGH Kassel, Urt. v. 23.11.1988 – 5 UE 1040/84, NVwZ 1989, 484; VGH Mannheim, Urt. v 26.10.1989 – 10 S 2177/88, NVwZ 1990, 487 f.; s. auch Dürr, in: Knack, VwVfG, § 74 Rn. 69, 110; Kirchberg/Boll/Schütz, NVwZ 2002, 550 (552 f.); Konrad, JA 2001, 975 f.; Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 464 f.; Stühler, JuS 1999, 234 (235); Vallendar, UPR 2003, 41 (42 f.); Wahl, NVwZ 1990, 923 (927); differenzierend Schenke, Bergbau, S. 74 ff.

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

müsse, stützte das Gericht in zahlreichen späteren Entscheidung auf den Umstand, dass sich die Gemeinden mit ihrer Planungshoheit hier anders als dort „im Verhältnis der Gleichordnung“ gegenüberstehen14. b) Die Bemühungen um eine Präzisierung der Krabbenkamp-Rechtsprechung von 1972 bis 2002 Nachdem das BVerwG sein Grundverständnis zum Schutzzweck und zur Wirkungsweise des interkommunalen Abstimmungsgebots bereits 1972 darlegen konnte, bemühten sich die Rechtsprechung und die ihr überwiegende folgende Literatur in den folgenden Jahren, die Bedeutung der damals geprägten und später sog. „Krabbenkamp-Formel“15 von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ weiter zu präzisieren. Das betraf nicht nur Klarstellungen zur grundlegenden Funktion dieser Formel (aa), sondern auch zu der Frage, worauf sich solche Auswirkungen zu beziehen hatten (bb) und wann sie als „unmittelbar“ und „gewichtig“ anzusehen seien sollten (cc). aa) Die Funktion der Krabbenkamp-Formel – Begründung des Abstimmungsbedarfs Einigkeit bestand seit jeher darin, welche Funktion der Krabbenkamp-Formel im Rahmen des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB zukommen sollte, und welche Bedeutung sie nicht hatte. Die Wendung von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ diente von Anfang an dazu, denjenigen Beeinträchtigungsgrad zu bezeichnen, ab dessen Erreichen der Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB im Verhältnis zweier Gemeinden eröffnet war, ab dem m. a. W. ein interkommunaler Abstimmungsbedarf entstehen sollte. Entfalteten die Planungen der Standortgemeinde derart „gewichtige“ Auswirkungen auf eine „andere“ Gemeinde, so sollte diese zur „benachbarten“ Gemeinde i. S. d. § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB werden16. Da das interkommunale Abstimmungsgebot nach Ansicht des BVerwG 14 Vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.1989 – 4 C 36/86, BVerwGE 84, 209 (215); dass., Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (32); BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (223); OVG Greifswald, Urt. v. 04.05.2004 – 3 K 35/99, n. v., juris-Tz. 37; zust. Battis, in: dems./Krautzberger/Löhr, BauGB, § 2 Rn. 22; Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 9; Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 637; Schlichter/Stich, BauGB 1998, § 2 Rn. 4; Schneider, Zulässigkeit von FOC, S. 160 f.; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 97; Stüer, Handbuch, Rn. 207; Uechtritz, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 59 (64); Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 137 f. 15 Halama, DVBl. 2004, 79. 16 S. dazu, dass als „benachbarte“ Gemeinden i. S. d. § 2 Abs. 2 BauGB nicht nur angrenzende Kommunen angesehen werden, sondern all diejenigen, die durch hinreichend intensive Auswirkungen einer Planung (tatsächlich) betroffen werden, BVerwG,

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„Richtung und Gehalt“ aus dem allgemeinen Abwägungsgebot erhielt, bedeutete das, dass die Standortgemeinde dann verpflichtet war, die Auswirkungen ihrer Planung auf die Belange der Nachbargemeinde in ihrer eigenen planerischen Abwägung einzustellen und dort nach Maßgabe der zu § 1 Abs. 7 BauGB entwickelten Grundsätze der bekannten Abwägungs(fehler)lehre17 ordnungsgemäß zu berücksichtigen. Die Krabbenkamp-Formel sollte dagegen nicht diejenige Grenze bezeichnen, bei deren Überschreitung das interkommunale Abstimmungsgebot bereits unweigerlich verletzt ist. Da das interkommunale Abstimmungsgebot nach nahezu einhelliger Ansicht auch insoweit „Richtung und Gehalt“ aus dem allgemeinen Abwägungsgebot erhalten sollte, war die Frage nach der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit einer Planung auch bei Bauleitplänen mit „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ anhand einer planerischen Abwägung zu beurteilen, in die die Belange der Nachbargemeinde mit dem ihnen konkret zukommenden Gewicht einzustellen waren, innerhalb derer sie aber auch einmal „wegabgewogen“, also hinter andere, in einem konkreten Fall gewichtigere Belange zurückgestellt werden konnten. Eine Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebots sollte deshalb nur und erst dann vorliegen, wenn die betreffende Planung der Standortgemeinde zu Lasten der Nachbargemeinde am Verbot der Abwägungsdisproportionalität18 gemessen die Zumutbarkeitsschwelle überschritt19. Beschl. v. 09.01.1995 – 4 NB 42/94, Buchh. 406.11 § 2 BauGB Nr. 37, S. 1 (4); VGH München, Urt. v. 03.05.1999 – 1 N 98/1039, UPR 1999, 393; dens., Urt. v. 03.05.1999 – 1 N 98/1021, BayVBl. 2000, 273 (274); Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 3 Rn. 142; dens., BauR 1999, 328 (335); Uechtritz, ZfIR 2005, 878 (879); Runkel, UPR 1998, 241 (245); Schneider, Zulässigkeit von FOC, S. 159 f.; König/Roeser/Stock, BauNVO, § 11 Rn. 90, Wagner, BWGZ 1999, 62 f.; ders., ZfBR 2000, 21; ders., IBR 1999, 392 (393), auch dazu, dass etwa im Hinblick auf die Auswirkungen eines „Factory Outlet Centers“ auch 200 km entfernte Gemeinden noch „benachbart“ sein können; Jahn, BayVBl. 2000, 267 (268), zu Gemeinden in anderen Bundesländern oder Nachbarstaaten (s. § 4a Abs. 5 BauGB 2004); ders., GewArch. 2002, 412 (413); Kuschnerus, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 1 (8); Uechtritz, in: Jarass (Hrsg.), a. a. O., S. 59 (63 f.); Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 2 BauGB Rn. 5; Mitschang, Bauleitplanung, S. 210 f.; Fingerhut, Gemeindenachbarklage, S. 17. 17 Grundlegend BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 – IV C 105/66, BVerwGE 34, 301 (309); s. ferner dass., Urt. v. 22.06.1979 – 4 C 8/76, BVerwGE 58, 154 (156); Dürr, Baurecht BW, Rn. 38 ff.; Hoppe, NVwZ 2004, 903 (906 f.); dens., DVBl. 1994, 1033 (1034 f.); dens., in: dems./Bönker/Grotefels, Baurecht, § 5, Rn. 36 ff.; Koppitz/ Schwarting, Flächennutzungsplan, Rn. 248 ff.; Peine, Baurecht, Rn. 362 ff.; Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 605 ff.; Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 1 Rn. 186 ff.; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel, Rn. 345 f.; Schulze-Fielietz, Jura 1992, 201 (202, 205); Wickel/Bieback, DV 39 [2006], 571 f.; Mitschang, Bauleitplanung, S. 204 ff. Dazu auch noch näher unter § 1 A. III. 1. u. 2. 18 Vgl. BVerwG, Urt. v. 05.07.1974 – IV C 50.72, BVerwGE 45, 309 (314 f.). 19 S. Uechtritz, BauR 1999, 572 (574 f.); dens., in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 59 (67 f., 74 f.); dens., NVwZ 2004, 1025 (1031, dort mit Fn. 59); dens., ZfIR 2005, 878 (879); Halama, in: Berkemann/Halama, Seminarunterlagen (n. v.), S. 242;

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

bb) Der Schutzgegenstand der Krabbenkamp-Formel – Städtebauliche Belange Worauf sich die „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ zu beziehen hatten, um den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB zu eröffnen, konnte implizit bereits der Krabbenkamp-Entscheidung des BVerwG entnommen werden, wurde aber in der Folgezeit noch vielfach klargestellt. § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB schützt die Planungshoheit der (Nachbar-)Gemeinden, also deren Befugnis, über die bauliche und sonstige Nutzung des Grund und Bodens ohne durchgängige und strikte Bindung an staatliche Vorgaben aufgrund eigenen politisch-administrativen Entscheidungsspielraums zu entscheiden20. Wenn das BVerwG für die Eröffnung des Anwendungsbereichs des § 2 Abs. 2 BauGB gefordert hatte, dass die Planungen der Standortgemeinde „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf die Belange der Nachbargemeinde entfalten müssten, so waren damit angesichts dieses Schutzzwecks stets Auswirkungen mit städtebaulichem Bezug gemeint, „deren Wahrnehmung [. . .] Gegenstand der gemeindlichen Planungshoheit ist“21, wie etwa solche auf die (verbrauchernahe) Versorgung der Bevölkerung, den Verkehr, oder auf Sanierungsbemühungen in Bezug auf das Ortszentrum der Nachbargemeinde22. Die Rechtsprechung hatte zahlreiche Gelegenheiten klarzustellen, dass nicht jedes – namentlich wirtschaftliche – Interesse einen solchen städtebaulichen Bezug aufweist. Der Schutz von Arbeitsplätzen etwa oder der von auf dem eigenen Gemeindegebiet angesiedelten Betrieben und den damit verbundenen Berkemann, in: dems./Halama, a. a. O., S. 244; Janning, BauR 2005, 1723 (1730 f.); Krausnick, VerwArch. 96 [2005], 191 (200); Wagner, ZfBR 2000, 21 (22); Martin, BWGZ 2001, 95; Otting, DVBl. 1999, 595 (597); anders formuliert zwar Jahn, GewArch. 2002, 412 (414), dass das Erfordernis „gewichtiger Art“ bedeute, dass die Auswirkungen für die Planungen der Nachbargemeinde „schlechthin unverträglich bzw. unzumutbar“ seien müssten; dabei dürfte es sich aber nicht um einen inhaltlich von der insoweit ganz h. M. abweichenden Standpunkt, sondern nur um eine unglückliche Formulierung handeln, da er die Unterscheidung zwischen den die Abstimmungspflicht auslösenden „gewichtigen“ und den die Grenze der Abwägungsresistenz markierenden „unzumutbaren“ Auswirkungen an anderer Stelle anerkannt hat (vgl. dens., BayVBl. 2000, 267 [268 f.]); ähnlich ungenau insoweit VG München, Urt. v. 25.09. 2006 – M 8 K 06.983, n. v., juris-Tz. 67. 20 Vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 – IV C 105/66, BVerwGE 34, 301 (304); Kim, Planungshoheit, S. 64; Widera, Planungshoheit, S. 80; Scherer, Außenbereich, S. 208 f.; Stüer, Handbuch, Rn. 206 f. 21 OVG Greifswald, Urt. v. 15.04.1999 – 3 K 36/97, UPR 2000, 382 (383). 22 Allg. M., s. nur OVG Greifswald, Urt. v. 04.05.2004 – 3 K 35/99, n. v., juris-Tz. 38; OVG Münster, Urt. v. 25.08.2005 – 7 D 2/05 NE, NVwZ-RR 2006, 450 (451); Krautzberger, UPR 2004, 41 (46); Uechtritz, BauR 1999, 572 (574, 579); dens., NVwZ 2003, 176; dens., in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 59 (62); dens., NVwZ 2004, 1025 (1030); Fingerhut, Gemeindenachbarklage, S. 17 ff.; Martin, BWGZ 2001, 95; Jahn, GewArch. 2002, 412 (414); Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 139; Krausnick, VerwArch. 96 [2005], 191 (199 f.).

§ 1 Die Primärrechte der Nachbargemeinde

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Gewerbesteuereinkommen mag durch Planungen der Standortgemeinde nachteilig beeinflusst werden. Auswirkungen auf solche Interessen sind jedoch für sich genommen im Rahmen des § 2 Abs. 2 BauGB ohne Belang, weil der Grundsatz, dass das öffentliche Baurecht „wettbewerbsneutral“ ist, auch für das interkommunale Abstimmungsgebot nicht modifiziert wird23. Eine Abstimmungspflicht kann sich für die planende Gemeinde also überhaupt nur und erst dann ergeben, wenn die durch ihre Planungen hervorgerufenen Auswirkungen von vornherein städtebauliche Belange der Nachbargemeinde betreffen oder – bei zunächst rein wirtschaftlichen Beeinträchtigungen – doch in solche „umschlagen“, etwa „wenn aufgrund der Planungen der Standortgemeinde Verkehrsströme völlig umgelenkt würden oder die ganze örtliche Wirtschaft von Kaufkraftabflüssen bedroht würde mit der Folge einer Verödung der Innenstadt und Unterversorgung der dort ansässigen Bevölkerung“24. cc) Die Ermittlung des Schutzbedarfs – „Unmittelbar“ und „gewichtig“ Können der Rechtsprechung somit noch recht klare Vorgaben im Hinblick auf die Frage entnommen werden, worauf sich die Auswirkungen beziehen müssen, gestaltet sich dagegen die Antwort, wann diese „unmittelbar“ und von „gewichtiger Art“ sein sollen, schwieriger. Eine gewisse Tendenz zur Heranziehung numerischer Grenzen hat sich hierbei in den Jahren nach der Krabbenkamp-Entscheidung im Bereich der Steuerung des großflächigen Einzelhandels entwickelt. Seit den 60er Jahren des vergangen Jahrhunderts konnte beobachtet werden, dass Verbrauchermärkte und Einkaufszentren wie bspw. sog. Lebensmitteldiscounter, Möbelhäuser, Gartenund Heimwerkermärkte zunehmend Standorte suchten, die außerhalb der gewachsenen Ortskerne der Gemeinden lagen. Diese Entwicklung beobachtete der Gesetzgeber von Anfang an mit einer gewissen Skepsis, weil er davon ausging, dass dabei städtebauliche Belange nachteilig beeinflusst werden können, wenn infolge der Ansiedlung eines großen Einzelhandelsbetriebes aus den bisherigen Innenstädten der Standort- oder Nachbargemeinde Kaufkraft abgezogen wird. Ein solcher Kaufkraftabzug nämlich kann, so die Befürchtung, die dort zuvor vorhandenen Betriebe zur Geschäftsaufgabe zwingen und dadurch schließlich die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung gefährden. Handelt es sich

23 Uechtritz, BauR 1999, 572 (574, 579); ders., in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 59 (62 f.); Jahn, BayVBl. 2000, 267 (270); Stüer, Handbuch, Rn. 207; OVG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 08.05.1998 – 3 B 84/97, LKV 1998, 359 (361). 24 So die Erläuterung des OVG Greifswald, Urt. v. 04.05.2004 – 3 K 35/99, n. v., juris-Tz. 38; ähnliche Ausführungen bei OVG Koblenz, Urt. v. 25.04.2001 – 8 A 11441/00, BauR 2002, 577 (580); OVG Weimar, Beschl. v. 23.04.1997 – 1 EO 241/ 97, DÖV 1997, 791 (793); Uechtritz, BauR 1999, 572 (579 f.); dems., in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 59 (69 f.); Martin, BWGZ 2001, 95.

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

bei den ersten Gliedern dieser „Kausalkette“25 (Kaufkraftverschiebung, Existenzvernichtung) zunächst noch um rein wirtschaftliche Gesichtspunkte, können sie doch auf der letzten Stufe die Frage betreffen, ob weniger mobile Bevölkerungsteile wie etwa einkommensschwache oder ältere Menschen in den betroffenen Gemeinden künftig noch Zugang zu einer angemessenen Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen haben, und erlangen dadurch (raumordnerische und) städtebauliche Relevanz. Diese Bedeutung war dem Gesetzgeber nicht nur seit 40 Jahren Anlass zu regelmäßigen Neuregelungen26, sie war auch seit jeher Ansatzpunkt für planungsrechtliche Gemeindenachbarklagen. Denn wenn eine Standortgemeinde einen Bauleitplan aufstellte, um damit die Ansiedlung eines solchen Einzelhandelsvorhabens auf dem eigenen Gemeindegebiet zu steuern, konnte die Nachbargemeinde erwägen, ob bei der Aufstellung dieses Plans nicht die ihr zuzuordnenden städtebaulichen Belange des Schutzes der verbrauchernahen Versorgung oder – damit verbunden – der Sicherung ihrer zentralen Versorgungsbereiche nicht hinreichend berücksichtigt worden waren. Da sie diesen Einwand vor den Verwaltungsgerichten in die Behauptung gießen musste, die Standortgemeinde habe ihr Recht aus § 2 Abs. 2 BauGB verletzt, war es nach dem oben Gesagten indes notwendig, zugleich geltend zu machen, dass der fragliche Bauleitplan nicht nur irgendwelche Nachteile, sondern gerade „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf die genannten Belange entfalten würde. In diesem speziellen – in der Praxis aber gleichwohl häufigen – Fall der Gemeindenachbarklagen gingen die Obergerichte nun zunehmend dazu über, den Begriff der „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ über einen Rückgriff auf das erste Glied der oben genannten „Kausalkette“ schärfere Konturen zu verleihen, indem diese Schwelle als erreicht angesehen wurde, wenn der Kaufkraftabzug einen an dem bisherigen Umsatz gemessenen prozentualen Anteil erreicht hatte oder zu erreichen drohte. Dabei war freilich im Einzelnen noch vieles ungeklärt. So wurden nicht nur verschiedene „Schwellenprozent-

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Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. V, § 11 BauNVO Rn. 57, 75. So hat er solche Betriebe in dem 1968 geschaffenen und seitdem kontinuierlich verschärften § 11 Abs. 3 BauNVO einem besonderen Zulassungsregime unterworfen, den Schutz der verbrauchernahen Versorgung in § 1 Abs. 6 Nr. 8 lit. a BauGB in den Katalog der abwägungsrelevanten Belange aufgenommen, und den Schutz zentralen Versorgungsbereiche, der seinerseits vornehmlich demselben Ziel dient, durch Neuregelungen im Zuge des EAG Bau (s. §§ 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2, 34 Abs. 3 BauGB) und der BauGB-Novelle 2007 (s. §§ 1 Abs. 6 Nr. 4, 9 Abs. 2a BauGB) gestärkt. S. ferner dazu, dass der Schutz der verbrauchernahen Versorgung ein wesentliches Anliegen des § 11 Abs. 3 BauNVO war und ist, OVG Greifswald, Beschl. v. 30.06.1999 – 3 M 144/98, DÖV 2001, 134 (136); Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. V, § 11 BauNVO Rn. 57, 75; König/Roeser/Stock, BauNVO, § 11 Rn. 32; Müller/Neuffer/Weiss, BauNVO, § 11, S. 140 f.; Leder, BauNVO/PlanZV, Erl. § 11 BauNVO, Rn. 4; Finkelnburg/Ortloff, Baurecht, Bd. I, S. 117 f. 26

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sätze“ genannt, die von „mindestens 10%“27 bis hin zur Angabe von „10 bis 30%“28 reichten29. Weitere Unsicherheiten mussten vielmehr auch dadurch entstehen, dass nicht immer mit der wünschenswerten Deutlichkeit ausgesprochen wurde, ob diejenige Schwelle, ab der rein wirtschaftliche Auswirkungen in solche mit städtebaulicher Bezug „umschlagen“, zugleich als diejenige angesehen wurde, ab der die Grenze zu der „unmittelbaren Gewichtigkeit“ erreicht sein sollte30, oder aber, ob jene Schwelle noch unter dieser Grenze anzusiedeln sei31. Vor diesem Hintergrund war nicht immer klar, ob die jeweils für maßgeblich erachteten Prozentwerte nun die Schwelle zum „Umschlag“ markieren sollten32, die Grenze zum Erreichen der Krabbenkamp-Formel bezeichneten33, oder aber, ob – weil gleichbedeutend – beide Linien als überschritten erachtet wurden. Der Versuch, die Handhabung der Krabbenkamp-Formel in der Praxis durch ein Abstellen auf bestimmte zahlenmäßig bezeichnete Kaufkraftverlagerungen zu erleichtern, wurde schließlich dadurch weiter erschwert, dass unter27 So wohl die inzwischen meisten der diesbezüglichen Stellungnahmen; s. etwa OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (172); OVG Koblenz, Beschl. v. 08.01.1999 – 8 B 12650/98, NVwZ 1999, 435 (438); dass., Urt. v. 25.04.2001 – 8 A 11441/00, BauR 2002, 577 (580, 584); OVG Weimar, Urt. v. 20.12.2004 – 1 N 1096/03, ThürVBl. 2005, 162 (163); VG Stuttgart, Beschl. v. 26.07. 2002 – 13 K 1257/02, GewArch. 2002, 436 (437); Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (803); Gatawis, NVwZ 2006, 272 (275); Heilshorn/Seith, VBlBW 2004, 409 (412); Wagner, IBR 1999, 392 (393 f.). 28 VG Sigmaringen, Beschl. v. 09.11.2006 – 9 K 876/06, n. v., juris-Tz. 20. 29 Zusammenfassungen zu der diesbezüglich vertretenen Bandbreite an Zahlenwerten finden sich mit jeweils w. N. bei OVG Münster, Urt. v. 06.06.2005 – 10 D 148/ 04.NE, ZfBR 2005, 685 (689); OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (172); Jahn, GewArch. 2002, 412 (415 mit Fn. 18); Stühler, VBlBW 1999, 206 (208). 30 Gleichgesetzt werden diese Schwellen etwa bei OVG Münster, Urt. v. 06.06. 2005 – 10 D 148/04.NE, ZfBR 2005, 685 (689); Heilshorn/Seith, VBlBW 2004, 409 (412); Uechtritz, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 59 (70); OVG Koblenz, Urt. v. 25.01.2001 – 8 A 11441/00, BauR 2002, 577 (580). 31 So geht wohl das OVG Greifswald, Urt. v. 04.05.2004 – 3 K 35/99, n. v., juris-Tz. 39 ff., davon aus, dass nicht jeder „Umschlag“ auch das für § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB erforderliche Gewicht erreicht; ebenso wohl VG Sigmaringen, Beschl. v. 09.11.2006 – 9 K 876/06, n. v., juris-Tz. 20. 32 Unklar insoweit Halama, in: Berkemann/Halama, Seminarunterlagen (n. v.), S. 247, der in Fn. 683 erläutert, der Schwellenwert von 10% betreffe allein die Frage, ob „das Verfahren der interkommunalen Abstimmung überhaupt ausgelöst wird“, und diese Feststellung mit der Anmerkung ergänzt, „[d]er Schwellenwert soll die Grenze der Geringfügigkeit angeben“ (Hervorhebung durch den Verf.). 33 So bei OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (172); OVG Koblenz, Urt. v. 25.04.2001 – 8 A 11441/00, BauR 2002, 577 (581); und wohl auch bei dems., Beschl. v. 08.01.1999 – 8 B 12650/98, NVwZ 1999, 435 (437 f.); so verstehen die Rspr. auch Uechtritz, BauR 1999, 572 (579); ders., ZfIR 2005, 878 (879); ders., DVBl. 2006, 799 (809); Wagner, IBR 1999, 392 (393 f.); ders., ZfBR 2000, 21 (22); Jahn, JuS 2000, 590 (595); ders., GewArch. 2002, 412 (415); Martin, BWGZ 2001, 95 f.

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

schiedliche Ansätze zu der Frage vertreten wurden, auf welche Umsatzverschiebungen dabei im Einzelnen abzustellen sei: ob also etwa als Bezugsgröße für einen Kaufkraftabfluss der Einzelhandel der Nachbargemeinde insgesamt oder nur der „innerstädtische“ Einzelhandel – oder der in sonstigen Stadtteilen – dienen sollte34, ob und unter welchen Voraussetzungen die prognostizierte Entwicklung nicht nur nach innenstadtrelevantem und nicht-innenstadtrelevantem Handel, sondern noch weitergehend nach einzelnen Sortimenten getrennt zu betrachten war35, und ob es bei der Betrachtung der ermittelten Zahlenwerte bspw. relevant sein sollte, ob die Schutz begehrende Gemeinde ihrerseits „wirtschaftlich gesund“ sei oder nicht36. In der Literatur ist das Bemühen der (obergerichtlichen) Rechtsprechung, die Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ über das Anknüpfen an konkrete Prozentzahlen zu „operationalisieren“37, denn auch vielfach auf Kritik gestoßen, die sich nicht nur dagegen richtete, dass die Bezugspunkte dieser Zahlen in verschiedener Hinsicht unsicher waren. Es wurde vielmehr grundsätzlich infrage gestellt, ob solchen Werten eine maßgebliche Bedeutung zukommen könne. Weil „viel zu grob“38, sei es nämlich „auf jeden Fall zweifelhaft“39, dem Erreichen oder Nicht-Erreichen bestimmter Schwellenwerte eine „letztentscheidende Bedeutung“40 für die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB beizumessen und das Bauplanungsrecht zu „mathematisieren“41. Das BVerwG hat bislang ausdrücklich darauf verzichtet, sich zu den „in 34 So legte etwa das OVG Bautzen, Urt. v. 08.12.1993 – 1 S 81/93, LKV 1995, 84 (86), nicht die Kaufkraft in der Nachbargemeinde insgesamt, sondern nur die in einem (äußeren) Stadtteil zugrunde, während das OVG Koblenz, Beschl. v. 08.01.1999 – 8 B 12650/98, NVwZ 1999, 435 (438), den gesamten innenstadtrelevanten Einzelhandel als Bezugsgröße heranzog; Schmitz, BauR 1999, 1100 (1107), sprach sich dagegen für eine Betrachtung des „innerstädtischen Einzelhandels“ aus, was (je nach Sortiment der durch den Plan zugelassenen Vorhaben) sogar dazu führen könne, dass als Bezugsgrößen lediglich „innerstädtische Toplagen“ zu betrachten seien; Uechtritz, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 59 (71 f.), u. Kopf, Rechtsfragen, S. 217 f., plädieren für differenzierende Lösungen, bei denen sie grds. dem OVG Koblenz folgen, bei „sehr großen Städten“ aber ähnlich wie das OVG Bautzen differenzieren wollen (ähnl. Schneider, Zulässigkeit von FOC, S. 167 f., und wohl auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 [172]). 35 Näher dazu Paul, NVwZ 2004, 1033 (1037); Vietmeier, BauR 2005, 480 (485); Jahn, GewArch. 2002, 412 (413 f.); Uechtritz, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 59 (72 ff.); ders., BauR 1999, 572 (580), dort freilich für die Folgefrage, ob sich Auswirkungen „unzumutbar“ auswirken; s. auch Schneider, Zulässigkeit von FOC, S. 168. 36 Dafür OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (172); Uechtritz, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 59 (79). 37 Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (809). 38 Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1131); ähnlich für die Heranziehung solcher Zahlen bei der Prüfung von „Auswirkungen“ i. S. d. § 11 Abs. 3 S. 2 BauNVO Fickert/Fieseler, BauNVO, § 11 Rn. 23.3 („viel zu grob“; „nur als Orientierungshilfe“). 39 Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 647. 40 Schneider, Zulässigkeit von FOC, S. 162.

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Rechtsprechung und Schrifttum aufgestellten Erfahrenswerten und Richtlinien“ zu äußern, und lediglich formuliert, das Kriterium des Kaufkraftabzugs „möge“ als „Anhaltspunkt“ zur Beurteilung der städtebaulichen Verträglichkeit von Einzelhandelsgroßprojekten „geeignet“ sein42. Wohl unter dem Eindruck dieser Kritik und der zurückhaltenden Äußerung des BVerwG wird in jüngeren Entscheidungen denn auch vermehrt herausgestellt, dass die genannten Werte keineswegs „rechtssatzmäßig“ angewendet werden, sondern nur als „faustformelartiger“ Ausgangspunkt für eine Gesamtbetrachtung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls dienen sollten43. Ganz im Sinne der Forderung, die „,Kaufkraftfixiertheit‘ zu überwinden“44, gehen andere Gerichte dagegen inzwischen sogar dazu über, dem Kriterium prozentual gemessener Kaufkraftabflüsse jegliche Bedeutung abzusprechen45. Auf anderen Gebieten als dem der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe fehlte es für solche Versuche numerischer Präzisierungen ohnehin von vornherein an geeigneten Ansatzpunkten. Die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben war zwar seit etwa 15 Jahren in der Praxis Anlass für die überwiegende Zahl der planungsrechtlichen Gemeindenachbarklagen46, Rechtsstreitigkeiten 41 Davor warnt Uechtritz, ZfIR 2005, 878 (879); krit. etwa auch Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 37, 40; ders., in: dems./Halama, Seminarunterlagen (n. v.), S. 244; Bunzel, zit. bei Bönsel, UPR 2007, S. 261; Schmitz, BauR 1999, 1100 (1111 ff.); ders./Federwisch, Einzelhandel, Rn. 359 ff., bes. 364. 42 S. BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (223). 43 S. VG Arnsberg, Urt. v. 25.01.2005 – 4 K 572/04, ÖffBauR 2005, 116 (juris-Tz. 47): „Eine an Prozentmargen der Umsatzverteilung orientierte rechtssatzmäßige Beurteilungen der Auswirkungen findet [. . .] weder in dem [. . .] Urteil des OVG für das Land Nordrhein-Westfalen [scil. v. 05.09.1997 – 7 A 2902/93, BRS 59 Nr. 70, S. 239 (244 ff.)] noch sonst in der Rechtsprechungspraxis eine Grundlage“; OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (172): „Faustformel für den ,begründeten Anfangsverdacht‘, das in Rede stehende Vorhaben werde unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB zur Folge haben“. 44 Schmitz, BauR 1999, 1100 (1113). 45 Abl. etwa VG Gera, Beschl. v. 22.06.2004 – 4 E 536/04 GE, n. v., juris-Tz. 25: „Soweit die Antragstellerin hiergegen auf einen befürchteten Kaufkraftabfluss in Höhe von 14–16% im Lebensmittelbereich hinweist, ist zu beachten, dass der Kaufkraftabfluss kein taugliches Kriterium für die Frage ist, ob von einer bestimmten Planung bzw. einem bestimmten Vorhaben Auswirkungen gewichtiger Art für die Nachbargemeinde ausgehen [. . .]“; ebenso dass., Urt. v. 07.10.2004 – 4 K 1559/03 GE, n. v., juris-Tz. 25; zurückhaltend bereits OVG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 16.12.1998 – 3 B 116/98, NVwZ 1999, 434 (435); in jüngster Zeit hat sich insb. das OVG Münster, Urt. v. 22.03. 2006 – 21 A 1849/04, n. v., u. dass., Urt. v. 11.12.2006 – 7 A 964/05, NVwZ 2007, 727 (732 ff.), im Rahmen des § 34 Abs. 3 BauGB dafür ausgesprochen, statt auf Umsatzverlagerungen im Rahmen einer Gesamtwürdigung auf Verkaufsflächenvergleiche abzustellen (dazu noch näher im Kapitel über den Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen unter § 14 A. I. 3.). 46 S. Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 647; W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 45.

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

dieser Art kamen aber seit jeher auch auf gänzlich anderen Feldern in Betracht, da über § 2 Abs. 2 BauGB jegliche städtebauliche Belange der Nachbargemeinde geschützt werden, wie sie in § 1 Abs. 6 BauGB zahlreich – und auch dort nicht abschließend – genannt sind. So kann die Planung der Standortgemeinde etwa städtebauliche Belange der Nachbargemeinde berühren, wenn diese zu Immissions- oder Gesundheitsbeeinträchtigung der Bevölkerung dieser Kommune führen47; wenn die Standortgemeinde in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem von der Nachbargemeinde schon festgesetzten Wohngebiet Gewerbegebiete ausweist48; wenn sie Industrie- oder Gewerbegebiete in einem Ausmaß festsetzt, dass die damit verbundenen Wohnbedürfnisse in der Nachbargemeinde befriedigt werden49; wenn sie sonst Vorhaben vorbereitet, die zu Belastungen bei der Infrastruktur der Nachbargemeinde führen werden, indem diese etwa den entstehenden Zu- und Abfahrtsverkehr wird aufnehmen müssen (Folgelastenproblematik)50, wenn sie einen Windpark an der Grenze zur Nachbargemeinde plant51 oder wenn sie bspw. die Landschaft in einer Weise beeinträchtigt, die auch Auswirkungen auf Flächen der Nachbargemeinde hat, die sie für Erholungs-, Sport- oder etwa Fremdenverkehrsflächen vorgesehen hat52. Ab wann Beeinträchtigungen der nachbargemeindlichen Belange in solchen, in der Regel unmittelbar angrenzende Kommunen betreffenden53 Konstellationen zu „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ werden, konnte naturgemäß noch nie anhand konkreter, gar auf Kaufkraftbewegungen bezogenen Pro-

47 S. dazu etwa VGH München, Urt. v. 04.09.1984 – 1 B 82 A 439, BayVBl. 1985, 83 (86 f.). 48 S. dazu W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 43. 49 S. dazu Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 111. 50 S. etwa VGH München, Beschl. v. 05.10.2005 – 1 NE 05.1666, n. v., juris-Tz. 2 ff., 24 f.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 07.03.2002 – 1 MN 3976/01, BRS 65 Nr. 39, S. 187 (198); VG Augsburg, Beschl. v. 21.05.2004 – Au 8 S 04.403, n. v., juris-Tz. 53. 51 „Unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ liegen nach Ansicht des OVG Lüneburg, Urt. v. 14.09.2000 – 1 K 5414/98, NVwZ 2001, 452, „auf der Hand“, wenn die Standortgemeinde einen Windpark von 22 Windkraftanlagen mit 67 m Nabenhöhe festsetzt, der bis 400 m an die Grenze zur Nachbargemeinde heranreicht; anders soll der Fall dagegen nach Ansicht dess., Beschl. v. 26.09.2005 – 1 MN 113/05, NVwZRR 2006, 246 (247), liegen, wenn die Nachbargemeinde durch einen eigenen Windpark bereits eine „planerische Vorbelastung“ geschaffen hat; zu einer interkommunal (angeblich) „tourismusschädlichen Wirkung“ von Windkraftanlagen s. OVG Koblenz, Urt. v. 06.03.2002 – 8 C 11131, DÖV 2002, 622 f.; allg. dazu Porger, in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Einzelhandel und Windkraftanlagen, S. 103 (112). 52 S. dazu und zu zahlreichen weiteren Beispielen etwa Söfker, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 111; Wagner, BWGZ 1999, 62 (63); Uechtritz, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 59 (68 f.). 53 Bei der Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben geht es dagegen häufig auch um Gemeinden, deren Gebiet nicht aneinander grenzen, sondern die teils erheblich voneinander entfernt liegen; s. Uechtritz, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 59 (69).

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zentwerte ermittelt werden, sondern hat schon immer eine Betrachtung aller Umstände des konkreten Einzelfalls unumgänglich gemacht. c) Die „Klarstellung“ der Krabbenkamp-Rechtsprechung im Jahre 2002 Bis zum Jahre 2002 lag das Hauptaugenmerk der Praxis also auf der Frage, wann der für § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB für erforderlich erachtete, mit der Krabbenkamp-Formel umschriebene Abstimmungsbedarf entsteht. Im Laufe der Zeit musste die Rechtsprechung des BVerwG aber die weitergehende Frage provozieren, wie sich diese Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ mit der vom BVerwG in der Schlachthof-Entscheidung vom 15.12.1989 noch einmal bestätigten54, von den übrigen Verwaltungsgerichten55 geteilten und auch in der baurechtlichen Literatur56 fast ausnahmslos zustimmend aufgegriffenen These vereinbaren ließ, dass das inter54 Vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.1989 – 4 C 36/86, BVerwGE 84, 209 (214 ff., 218): „Kern der interkommunalen Abstimmungspflicht ist eine gerechte Abwägung der gegenläufigen Interessen der Nachbargemeinden“; vgl. auch die zuvor verwendete Wendung, wonach bei der interkommunalen Abstimmung „insbesondere“ das „Gebot der sachgerechten Abwägung widerstreitender nachbarlicher Belange zu beachten“ sei (a. a. O. S. 216). 55 Vgl. VGH München, Urt. v. 14.01.1991 – 2 B 89.785, GewArch. 1991, 314 (315); dens., Urt. v. 03.05.1999 – 1 N 98/1021, BayVBl. 2000, 273 (275); dens., Beschl. v. 05.10.2005 – 1 NE 05.1666, n. v., juris-Tz. 21; OVG Lüneburg, Beschl. v. 07.03.2002 – 1 MN 3976/01, BRS 65 Nr. 39, S. 187 (191, 200 f.); dass., Urt. v. 14.09.2000 – 1 K 5414/98, NVwZ 2001, 452 (453); dass., Beschl. v. 26.09.2005 – 1 MN 113/05, NVwZ-RR 2006, 246 (247); OVG Koblenz, Beschl. v. 08.01.1999 – 8 B 12650/98, NVwZ 1999, 435 (436), und dass., Urt. v. 25.04.2001 – 8 A 11441/00, BauR 2002, 577 (580); OVG Münster, Urt. v. 06.06.2005 – 10 D 148/04.NE, ZfBR 2005, 685 (686 f.); OVG Greifswald, Urt. v. 04.05.2004 – 3 K 35/99, n. v., juris-Tz. 37; VG Gera, Beschl. v. 22.06.2004 – 4 E 536/04 GE, n. v., juris-Tz. 25; dass., Urt. v. 07.10.2004 – 4 K 1559/03 GE, n. v., juris-Tz. 25. 56 Vgl. Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1126): „Ausprägung“; Reidt, in: Gelzer/ Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 631 („Unterfall“); Söfker, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 99; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel, Rn. 348, 357; Krautzberger/Stüer, DVBl. 2004, 781 (782); W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 42 („Rechtsgrundlage der materiellen Abstimmungspflicht ist letztlich die Pflicht zur ordnungsgemäßen Abwägung nach § 1 Abs. 7, die das Gebot interkommunaler Rücksichtnahme einschließt“); Reidt, LKV 1994, 93 (94 f.); Jochum, BauR 2002, 1480; Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 136 f. („Unterfall“); Uechtritz, BauR 1999, 572 (574); Vietmeier, BauR 2005, 480 (482): „spezieller Fall der Abwägung“; Wagner, BWGZ 1999, 62 (63); insoweit auch Halama, DVBl. 2004, 79 (80): „Sonderfall“; Stühler, VBlBW 1999, 206 (208); Kuschnerus, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 1 (5 ff.); Rojahn, in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Einzelhandel und Windkraftanlagen, S. 147 (150); Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 2 BauGB Rn. 4 („Unterfall“); Jahn, BayVBl. 2000, 267 (268); ders., GewArch. 2002, 412 (413): „Unterfall“; ders., JuS 2000, 590 (594): „Richtung und Gehalt“; Wurzel/Probst, DVBl. 2003, 197 (198): „besondere Ausprägung“; Schlichter/Stich, BauGB 1998, § 2 Rn. 4; Fingerhut, Gemeindenachbarklage, S. 25 f., 37 ff.; Moench/Sander, NVwZ 1999, 337 (342): „Verortung innerhalb des Abwägungsgebots“.

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kommunale Abstimmungsgebot eine „besondere Ausprägung“ des allgemeinen Abwägungsgebotes aus § 1 Abs. 7 BauGB sei und von diesem „Richtung und Gehalt“ beziehe. Denn in diese allgemeine Abwägung sind die von einer Bauleitplanung betroffenen Belange nach der grundlegenden Entscheidung des BVerwG vom 09.11.1979 schon dann einzustellen, wenn sie „mehr als geringfügig“ sind57. Da die in der Krabbenkamp-Entscheidung und seither ständig verwendete Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ im Vergleich dazu einen höheren Grad an Betroffenheit indizierte58, musste sich die Frage stellen, ob das BVerwG die Standortgemeinde davon freistellen wollte, Belange der Nachbargemeinde, die zwar „mehr als geringfügig“ aber noch nicht von „gewichtiger Art“ sind, in ihren bauleitplanerischen Abwägungen zu berücksichtigen59. In seiner Zweibrücken-Entscheidung vom 01.08.2002 stellte das BVerwG indes klar, dass (auch) die Belange der Nachbargemeinde in die nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotene Abwägung nicht erst dann einzustellen sind, wenn sie von „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ betroffen sind, sondern bereits dann, wenn die genannte Geringfügigkeitsschwelle überschritten wird60. Diese vom Gericht nicht weiter erläuterte Auffassung wurde in der Literatur begrüßt, da die von der Planung betroffene Nachbargemeinde angesichts ihrer besonderen verfassungsrechtlichen Position mit ihren öffentlichen Belangen jdfs. nicht schlechter stehen dürfe als die Träger privater Belange61. Das BVerwG unterscheidet deshalb seither zwischen einem „einfachen Abstimmungsbedarf“, bei dem es um die Berücksichtigung von „Belangen der Gemeinde geht, die keine Auswirkungen gewichtiger Art darstellen, sondern lediglich im Rahmen des ,einfachen‘ Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 6 BauGB [scil.: heute § 1 Abs. 7 57

BVerwG, Beschl. v. 09.11.1979 – 4 N 1/78 u. a., BVerwGE 59, 87 (103 f.). Vgl. Halama, DVBl. 2004, 79 (80): „Es bedürfte wahrer Begriffsakrobatik, um den Nachweis zu führen, dass es auf ein und dasselbe hinausläuft und keinen Unterschied macht, ob ein Interesse ,mehr als geringfügig‘ oder ,in gewichtiger Weise‘ betroffen wird.“ Davon, dass beide Formeln in der Tat nicht dieselbe Schwelle bezeichnen, sondern eine unterschiedliche Gewichtung ansprechen, geht ersichtlich auch BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (33), aus. 59 So konnten etwa noch die Ausführungen bei Uechtritz, NVwZ 2003, 176, verstanden werden; ausdrücklich i. S. d. sogleich zu referierenden „Klarstellung“ des BVerwG dann aber ders., ZfIR 2005, 878 (879). 60 BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (33): „Nachbargemeinden genießen in dieser Hinsicht keinen geringeren Schutz als private Betroffene.“; best. von dems., Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (223). 61 S. etwa die dem BVerwG insoweit zustimmenden Stellungnahmen von Halama, DVBl. 2004, 79 (80, 81); Kment, UPR 2005, 95; Reidt in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 633, 641; Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 97, 99; Stüer, NVwZ 2004, 814 (818); Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1030); dems., ZfIR 2005, 878 (879); i. S. dieser Entscheidung bereits früher Fickert/Fieseler, BauNVO, § 11 Rn. 18.14; und VGH München, Urt. v. 03.05.1999 – 1 N 98.1024, BauR 1999, 1140 (1142). 58

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BauGB] zu beachten sind“62, und einem „qualifizierten Abstimmungsbedarf“63, der bei Auswirkungen i. S. d. Krabbenkamp-Formel entstehe. 2. Die Bedeutung des § 2 Abs. 2 BauGB außerhalb des Rechtsschutzes gegen Bauleitpläne: von „Zweibrücken“ nach „Mülheim-Kärlich“ Die zuvor skizzierte Rechtsprechung namentlich des BVerwG betrifft die in diesem Kapitel primär interessierende Frage, welche Rechte eine Gemeinde aus § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB ableiten kann, wenn sie sich gegen einen Bauleitplan der Standortgemeinde wenden will. Das BVerwG hat derselben Bestimmung freilich in jüngerer Zeit eine gleichsam mittelbare Bedeutung auch für zwei andere Konstellationen entnommen. So hat es sich in dem schon erwähnten Zweibrücken-Urteil vom 01.08.200264 dazu geäußert, welche Rolle das interkommunale Abstimmungsgebot spielen kann, wenn sich eine Nachbargemeinde gegen eine Baugenehmigung wendet, die für ein Vorhaben auf dem Gebiet der Standortgemeinde erteilt wird. In der darauf Bezug nehmenden Mülheim-Kärlich-Entscheidung vom 17.09.200365 hat es sich mit der Frage befasst, ob diesem Gebot auch eine Bedeutung beizumessen ist, wenn die Standortgemeinde gerade keinen Bauleitplan aufzustellen gedenkt. Nun betreffen diese Konstellationen ersichtlich nicht den in diesem Kapitel zu untersuchenden Fall, dass sich die Nachbargemeinde gegen einen Bauleitplan wendet. Die Entscheidungen sollen dennoch bereits an dieser Stelle kurz66 vorgestellt werden, weil sie dem BVerwG Gelegenheit gaben, sich präzisierend zu seiner Sicht des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB zu äußern, und daher bereits für die Auslegung dieser Bestimmung für die bauplanungsrechtliche Gemeindenachbarklage mit abwehrrechtlichem Charakter von Interesse sind. a) Die Zweibrücken-Entscheidung aus dem Jahre 2002 – § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB in der Vorhabenzulassung In seiner Zweibrücken-Entscheidung hatte sich das BVerwG u. a. mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein Bauvorhaben, das „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf die Nachbargemeinde entfaltete, auf der Grundlage des § 35 Abs. 2 u. 3 BauGB im Außenbereich zugelassen werden konnte67. 62 63 64 65 66 67

BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (33). BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (32). BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 ff. BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 ff. Näher dazu unter § 12 A. I. 4 bzw. § 14 III. 2. Vgl. BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (26 ff.).

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

An seine Unterscheidung von „einfachem“ und „qualifiziertem“ Abstimmungsbedarf anknüpfend kam das Gericht dabei zu der Auffassung, dass „[d]ie Bedeutung des § 2 Abs. 2 BauGB im Rahmen des allgemeinen Abwägungsgebots [. . .] darin“ liege, dass „eine Gemeinde, die ihre eigenen Vorstellungen selbst um den Preis von gewichtigen Auswirkungen für die Nachbargemeinde durchsetzen möchte, einem erhöhten Rechtfertigungszwang in Gestalt der Pflicht zur (formellen und materiellen) Abstimmung im Rahmen einer förmlichen Planung unterliegt“68. Ein solcherart begründetes „Planungserfordernis“ sei als unbenannter öffentlicher Belang i. S. d. § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB anzusehen, der von dem Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB beeinträchtigt werden und dessen Missachtung auch die Nachbargemeinde geltend machen könne, weil dabei „zugleich [der] durch § 2 Abs. 2 BauGB erfasste Rechtskreis [berührt] und [. . .] dadurch die Nachbargemeinde in eigenen Rechten [verletzt]“ werde69. Hier zeigt sich, dass die in der Krabbenkamp-Entscheidung entwickelte und fortan in st. Rspr. verwendete Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ eine – wie es Halama70 anschaulich formuliert hat – „Metamorphose“ durchlaufen hat. Ursprünglich diente sie auf der Stufe der Bauleitplanung dazu, die Schwelle zu markieren, ab der die Standortgemeinde die städtebaulichen Belange der Nachbargemeinde zu beachten hatte. Diese Funktion hat sie mit der „Klarstellung“ des BVerwG, dass die Nachbargemeinde in der Bauleitplanung nicht schlechter stehen dürfen, als andere Betroffene, deren Belange bereits bei „mehr als geringfügiger Beeinträchtigung zu berücksichtigen sind“, weitgehend verloren. Denn das interkommunalen Abstimmungsgebot wirkt auf dieser Stufe der Bauleitplanung wie das allgemeine Abwägungsgebot und dieses setzt dort schon auf einer niedrigeren Beeinträchtigungsschwelle ein. Eine neue Bedeutung hat die Formel dagegen auf der zweiten Stufe des Städtebaurechts gewonnen, indem sie auf der Ebene der Vorhabenzulassung die Grenze markieren kann, ab der zumindest im Außenbereich ein Zulassungshindernis entsteht. b) Die Mülheim-Kärlich-Entscheidung aus dem Jahre 2003 – § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB bei der Begründung von Planungspflichten Eine ähnlich „mittelbare“ Funktion hat das BVerwG der bei § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB verorteten Krabbenkamp-Formel in seiner Mülheim-Kärlich-Entscheidung vom 17.09.2003 zugesprochen. Darin hatte das Gericht einen Rechtsstreit zu entscheiden, bei dem sich jdfs. unmittelbar nicht zwei Gemeinden gegen68 BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (33); zust. OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.09.2005 – 1 MN 113/05, NVwZ-RR 2006, 246 (247). 69 Vgl. BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (31 f., 33); und dass., Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (223). 70 Vgl. Halama, DVBl. 2004, 79 u. 83.

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überstanden, sondern die Standortgemeinde und deren Kommunalaufsichtsbehörde. Da die Behörde der Gemeinde aufgegeben hatte, einen Bebauungsplan aufzustellen, hatte sich das Gericht mit der Frage zu befassen, ob eine Standortgemeinde dazu verpflichtet sein kann, in ihrem bislang unbeplanten Innenbereich erstmals eine Bauleitplan aufzustellen. Das Gericht vertrat dazu die Ansicht, dass sich eine solche Pflicht unter bestimmten Umständen durchaus aus § 1 Abs. 3 BauGB ergeben könne, und maß dabei dem interkommunalen Abstimmungsgebot eine gleichsam indirekte Bedeutung bei. Der „Rechtsgedanke der wechselseitigen kommunalen Rücksichtnahme, der in § 2 [Abs. 2 S. 1] BauGB gesetzlichen Niederschlag gefunden“ habe, könne nämlich „auch zur normativen Ableitung einer (objektiv-rechtlichen) Planungspflicht der [Standort-] Gemeinde aus § 1 [Abs. 3] BauGB herangezogen werden“71. Hier wie dort stellt das Gericht also zur Lösung des Falles direkt auf andere Vorschriften ab (§ 35 Abs. 3 S. 1 BauGB bzw. § 1 Abs. 3 BauGB), zieht für deren Auslegung aber mittelbar den „Rechtsgedanken“72 des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB heran. Die „Metamorphose“ der Krabbenkamp-Formel setzt sich hier fort, indem dem „qualifizierten Abstimmungsbedarf“ erneut eine Bedeutung beigemessen wird, die nicht die – im eigentlichen Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB beheimatete – Frage betrifft, wie die Standortgemeinde zu verfahren hat, wenn sie einen Bauleitplan aufstellen will, sondern die gleichsam vorgelagerte Entscheidung darüber steuert, ob die Gemeinde einen solchen Plan aufstellen muss. 3. Fazit – Klärungsbedarf zur Bedeutung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB für den Rechtsschutz gegen Bauleitpläne Der Überblick über die Rechtsprechung zur Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB hat gezeigt, dass die Krabbenkamp-Formel eine Bedeutung in Bereichen erlangt hat, die der Bauleitplanung bildlich gesprochen vor- bzw. nachgelagert sind. Diese Wandlung ist dogmatisch interessant, sollte aber nicht den Blick darauf verstellen, dass sich diese Vorschrift nach ihrem Wortlaut und ihrer systematischen Stellung nach wie vor in erster Linie auf die Situation bezieht, in der die Standortgemeinde einen Bauleitplan aufzustellen gedenkt. Von den drei Grundaussagen, die das BVerwG 1972 in dieser Hinsicht getroffen hat, kann allein diejenige zum Schutzgegenstand dieser Vorschrift nach wie vor unproblematisch Geltung beanspruchen – sie schützt die Planungshoheit der Nachbargemeinden. Zu hinterfragen sind aber, wie sogleich zu zeigen sein wird, die Kernaussagen des Gerichts zum Schutzbedarf (II.) und zur Schutzweise des interkommunalen Abstimmungsbedarfs (III.).

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BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (223). So BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (32), bzw. dass., Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (223). 72

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

II. Kritik zum Schutzbedarf – Die Eröffnung des Anwendungsbereichs des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB Anlass zu Zweifelsfragen in Bezug auf den Schutzbedarf hat das BVerwG mit seinen Ausführungen zum Verhältnis von § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB und § 1 Abs. 7 BauGB in den Zweibrücken- und Mülheim-Kärlich-Entscheidungen selbst gegeben. 1. Die Problemstellung – „Krabbenkamp-Formel“ oder „Bagatellgrenze“? Das BVerwG hat, wie gezeigt, der Schwelle von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ für solche Fälle eine maßgebliche Bedeutung beigemessen, die nach (Vorhabenzulassung) oder vor (Planungspflichten) der Aufstellung von Bauleitplänen angesiedelt sind, zugleich aber die Ansicht vertreten, dass die Standortgemeinde die Belange der Nachbargemeinde in der Bauleitplanung bereits dann in die Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB einzustellen habe, wenn diese von der Planung in „mehr als geringfügiger Weise“ betroffen seien. Das musste zu der Frage führen, ob § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB nun in diesem zuletzt genannten Bereich – in dem die Norm anders als in den anderen beiden unmittelbar zur Anwendung kommen kann – nach wie vor erst dann einschlägig sein sollte, wenn die Schwelle der Krabbenkamp-Formel erreicht ist, oder ob dies künftig bereits beim Überschreiten der Geringfügigkeitsschwelle der Fall sein sollte. Diese Frage musste sich umso mehr aufdrängen, als das BVerwG zwar in der Zweibrücken-Entscheidung aus dem Jahre 2002 noch einigermaßen klar zwischen dem „einfachen Abwägungsgebot“ und der damit verbundenen Geringfügigkeitsgrenze einerseits und dem „interkommunalen Abstimmungsgebot“ und seiner Krabbenkamp-Formel andererseits zu unterscheiden schien73, in dem bereits ein Jahr später ergangenen Mülheim-Kärlich-Urteil aber Formulierungen wählte, die den Eindruck entstehen lassen konnten, dass das Gericht die „Wirkung“ des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB „in der Planung“74 bereits bei „mehr als geringfügigen“ Auswirkungen zur Geltung bringen wolle: „Eine verfahrensmäßig-formelle und eine materiell-inhaltliche Abstimmung [sic!] ist nach den zum Abwägungsgebot entwickelten Grundsätzen geboten, wenn nachbarliche Belange in mehr als geringfügiger Weise nachteilig betroffen sind. Sie ist erst recht erforderlich, wenn auf Grund ,unmittelbarer Auswirkungen gewichtiger Art‘ auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Nachbargemeinde [. . .] ein qualifizierter Abstimmungsbedarf besteht“75.

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Vgl. BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (32 f.). S. BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (222 f.), Hervorhebung im Original. 74

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Ab wann nun der Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB in seinem eigentlichen Einsatzfeld – bei der Aufstellung von Bauleitplänen also – eröffnet ist, wird vor dem Hintergrund dieser insoweit uneindeutigen Entscheidungen in der übrigen Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt – dies meist geradezu selbstverständlich im einen oder anderen Sinne, ohne auf die Möglichkeit der jeweils anderen Deutung auch nur einzugehen. So nehmen manche – wie etwa das OVG Lüneburg – an, dass § 2 Abs. 2 BauGB nach wie vor auch in der Bauleitplanung nur und erst dann zur Anwendung kommen könne, wenn der aufzustellende Bauleitplan „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf die Nachbargemeinde entfalte76. Andere – wie etwa der VGH München – folgern aus der jüngsten Rechtsprechung des BVerwG dagegen gerade umgekehrt, dass in der Bauleitplanung künftig auch für § 2 Abs. 2 BauGB die „Bagatellschwelle“ von den „mehr als geringfügigen Auswirkungen“ maßgeblich sei77. Soweit vereinzelt angesprochen wird, dass die Rechtsprechung des 75 BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (223), Hervorhebung durch den Verf. 76 So etwa OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.09.2005 – 1 MN 113/05, NVwZ-RR 2006, 246 (247): „Nach diesen Vorgaben [scil.: des Zweibrücken-Urteils] vermittelt das interkommunale Abstimmungsgebot einer benachbarten Gemeinde nicht gleichsam automatisch die Befugnis, alle Bebauungspläne einer Nachbargemeinde zum Gegenstand einer Normenkontrolle machen zu können, die einen räumlichen Bezug zum eigenen Gemeindegebiet haben [. . .]. Die Antragsbefugnis setzt vielmehr unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art voraus.“; so wohl auch OVG Münster, Urt. v. 06.06.2005 – 10 D 148/04.NE, ZfBR 2005, 685 f.; ebenso VG Augsburg, Beschl. v. 21.05.2004 – Au 8 S 04.403, n. v., juris-Tz. 44, 48; Moench, DVBl. 2005, 676 (682), der sich freilich zwar mit der Entscheidung des BVerwG v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (223), auseinandersetzt, die darin gebrauchte, gerade anders formulierte Wendung aber nicht erwähnt. 77 Vgl. VGH München, Beschl. v. 05.10.2005 – 1 NE 05.1666, n. v., juris-Tz. 22: „Nach § 2 Abs. 2 BauGB [. . .] sind alle städtebaulichen Belange der Nachbargemeinden, welche die für Belange allgemein geltende Irrelevanz- und Bagatellschwelle überschreiten, abwägungserheblich. Da sich bei der zwischengemeindlichen Abstimmung zwei Planungsträger gegenüberstehen, ist die Schwelle für die Abwägungserheblichkeit niedriger als bei der Abwägung in der gegenüber der Bauleitplanung privilegierten Fachplanung. Die in früheren Entscheidung des [BVerwG] verwendeten Formulierungen, dass eine zwischengemeindliche Abstimmung dann erforderlich sei, wenn eine Bauleitplanung gewichtige negative Auswirkungen auf die Nachbargemeinde hat [. . .] bzw. dass es um die Vermeidung ,unmittelbarer Auswirkungen gewichtiger Art‘ gehe [. . .], markieren nach der neueren Rechtsprechung die Grenze, ab der ein qualifizierter Abstimmungsbedarf besteht [. . .].“ In diese Richtung wohl auch die Urheber von Formulierungen, die dahin gehen, dass die „interkommunale Abstimmung“ (und nicht nur die allgemeine Abwägung) bereits bei mehr als „geringfügigen“ Auswirkungen eröffnet sei, vgl. dazu etwa Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 9; Kment, UPR 2005, 95; Stüer, NVwZ 2004, 814 (818); und wohl auch Uechtritz, ZfIR 2005, 878 (879); sowie Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 100, der freilich nicht ganz widerspruchsfrei formuliert: „Ausreichend ist im Übrigen, dass die Gemeinde aufgrund der Bauleitplanung im Nachbargebiet durch ,unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art‘ betroffen wird [. . .]. Insofern können die allgemeinen Grundsätze zur Abwägungsbeachtlichkeit von Belangen herangezogen werden

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BVerwG insoweit durchaus verschiedene Deutungen zulässt, wird die Frage – so vom OVG Greifswald78 – offen gelassen. Wie nun das BVerwG tatsächlich verstanden werden will, kann angesichts der insoweit knappen Ausführungen des Gerichts derzeit wohl nicht eindeutig im einen oder anderen Sinne beantwortet werden. Entscheidend für die Frage, ob der Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB in der Bauleitplanung bereits dann eröffnet ist, wenn der Bauleitplan der Standortgemeinde die Belange der Nachbargemeinde „mehr als geringfügig“ betrifft, oder aber ob dies erst dann der Fall ist, wenn er darauf „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ entfaltet, kann aber letztlich ohnehin nicht die Auslegung der insoweit einschlägigen Judikatur, sondern nur die des Gesetzes sein. 2. Die Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB Diese Auslegung aber streitet unter dem Eindruck der Wertungen des Gesetzgebers, die er durch das EAG Bau 2004 zum Ausdruck gebracht und durch die BauGB-Novelle 2007 bestätigt hat, für die in grammatischer Hinsicht ohnehin indizierte (a) extensivere der beiden genannten Auslegungsmöglichkeiten (b). Eine nähere Betrachtung der „Entstehungsgeschichte“ der Krabbenkamp-Formel zeigt, dass sich auch aus der bisherigen Rechtsprechung keine Gründe ergeben, die dazu zwängen, den Anwendungsbereich § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB (zumindest) in der Bauleitplanung erst bei „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ als eröffnet zu erachten (c). Für denkbare Einwände, die auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG (d) oder eine Folgenbetrachtung der hier befürworteten Auslegung zu stützen versucht werden könnten (e), gilt insoweit Gleiches. a) Die grammatische Interpretation In Erinnerung zu rufen ist zunächst, dass die Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ im Gesetz nicht erwähnt ist und sich insbesondere nicht aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB ableiten lässt. Diese (vgl. Erl. zum Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 7).“ (Hervorhebung durch den Verf.); so wohl bereits (ohne Begründung oder Auseinandersetzung mit der KrabbenkampFormel) Reidt, LKV 1994, 93 (95); und unter Bezug auf das Zweibrücken-Urteil ders., UPR 2005, 241 (242): „Ihre [scil.: der Nachbargemeinde] Belange sind im Rahmen der planerischen Abwägung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB zu berücksichtigen. Sind sie mehr als nur geringfügig betroffen, besteht auf Grund des Gebotes der interkommunalen Abstimmung [. . .] ein erhöhter Rechtfertigungszwang der planenden Gemeinde“ (uneindeutig allerdings insoweit, als ders. auf S. 243 wieder unkommentiert die in der Rspr. gebräuchliche Krabbenkamp-Formel referiert); ebenso wohl bereits Hendler, JZ 1987, 495 (499). 78 S. OVG Greifswald, Urt. v. 04.05.2004 – 3 K 35/99, n. v., juris-Tz. 39 f., dieses freilich mit restriktiver Tendenz.

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Vorschrift ordnet an, dass „Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen“ sind, verhält sich aber nicht dazu, ab welchem Grad zu erwartender Beeinträchtigungen diese Abstimmung einzusetzen hat. Wenn man dem Wortlaut also einen Hinweis zur Frage der für § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB erforderlichen Beeinträchtigungsintensität entnehmen will, kann dieser nur auf ein insoweit niedriges Mindestmaß hindeuten, da die Formulierung die Abstimmungspflicht für jedes Aufstellungsplanverfahren anordnet, ohne dazu überhaupt irgendwelche Beschränkungen zu erwähnen. b) Die systematische Interpretation im Lichte der BauGB-Novellen 2004 und 2007 Die jüngsten Novellierungen des Baugesetzbuches belegen, dass auch der Gesetzgeber diese Auffassung teilt. Im Zuge des EAG Bau wurde die Vorschrift zum interkommunalen Abstimmungsgebot in § 2 Abs. 2 BauGB a. F. um einen zweiten Satz ergänzt, der in seinem zweiten Halbsatz bestimmt, dass sich die Gemeinden „dabei“ auch auf „Auswirkungen“ auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen können. Welchen Gehalt diese Vorschrift im Einzelnen aufweist, wird später noch im Einzelnen zu erörtern sein79, für die hier interessierende Frage, „ab wann“ der Anwendungsbereich des ersten Satzes des § 2 Abs. 2 BauGB – des „herkömmlichen“ interkommunalen Abstimmungsgebots also – eröffnet ist, bietet sie aber bereits an dieser Stelle interessante Anhaltspunkte. Die Neuregelung geht auf einen Vorschlag der Unabhängigen Expertenkommission zurück, die der Ansicht war, dass die zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinden eine wichtige städtebauliche Funktion insbesondere für die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung erfüllten. Um den Schutz dieser Versorgungsbereiche zu stärken, schlug die Kommission deshalb vor, „durch eine Ergänzung der die interkommunale Abstimmungspflicht regelnden Vorschrift des § 2 Abs. 2 BauGB zum Ausdruck zu bringen, dass bei der Abstimmung auch [. . .] die Auswirkungen einer Bauleitplanung auf die Erhaltung und Entwicklung ihrer zentralen Versorgungsbereiche zu berücksichtigen sind“80. Diese Zielsetzung spricht für die Annahme, dass mit der Neuregelung zum Schutz der Versorgungsbereiche in Hs. 2 des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB Einfluss auf die Frage genommen werden sollte, was abzustimmen ist, das sich aber die Frage, wie dies zu geschehen hat, nach der solcherart „ergänzten“ Vorschrift des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB richten sollte. Die zur normativen Umsetzung dieses Kommissionsvorschlags gewählte Regelungstechnik bestätigt diese Annahme, weil der Gesetzgeber nicht nur mit den Worten „dabei“ und „auch“ in § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 79 80

Unter § 1 C. BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 220 (Hervorhebung durch den Verf.).

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2 BauGB81, sondern auch mit der systematischen Stellung der Neuregelung zum Ausdruck gebracht hat, dass diese sich auf die „Abstimmung“ bezieht, wie sie in § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB geregelt ist. Dann aber ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit den in dem neu eingefügten Halbsatz genannten „Auswirkungen“ zugleich diejenigen „Auswirkungen“ ansprechen wollte, die auch für S. 1 des § 2 Abs. 2 BauGB maßgeblich sein sollen. Dass der Normgeber von einem insoweit einheitlichen Auswirkungsbegriff ausgehen wollte, scheint implizit auch in den meisten der bisher zu der Neuregelung ergangenen Stellungnahmen in Literatur und Rechtsprechung geteilt zu werden, die durchweg die Auffassung vertreten, dass zumindest § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB gegenüber § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB einen nur klarstellenden Charakter habe82. Wenn der Gesetzgeber also annahm, in S. 2 Hs. 2 des § 2 Abs. 2 BauGB diejenigen „Auswirkungen“ zu erwähnen, die auch für S. 1 gelten, stellt sich die Frage, ob er dabei von Auswirkungen ausging, die eine Geringfügigkeitsschwelle überschreiten, wie sie für § 1 Abs. 7 BauGB gilt, oder ob er dabei nur an solche Beeinträchtigungen dachte, die eine – wie auch immer zu bestimmende – „höher“ liegende Grenze überwunden haben. Gegen die zuletzt genannte und für die erste Möglichkeit spricht bereits der Wortlaut der Neuregelung in § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB, der – obwohl der Expertenkommission und den gesetzgebenden Organen die langjährige Rechtsprechung des BVerwG bekannt sein musste – eben nicht die Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ aufgriff, sondern den nicht weiter eingeschränkten Begriff der „Auswirkungen“ vorzog83. Es kann auch nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber diesen Ausdruck gleichsam als „Kurzfassung“ der Krabbenkamp-Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ verwenden wollte. Denn wo er dies will, verwendet er – wie in § 4a Abs. 5 S. 1 BauGB 2004 geschehen – den Ausdruck der „erhebliche[n] Auswirkungen“, der 81 Worauf zutr. Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1127), hinweisen, die die „Funktion von § 2 Abs. 2 Satz 2“ in einer „Erweiterung der Abwägungsbelange und des gemeindenachbarlichen Schutzbereichs, nicht als Änderung der Abwägungsgrundlagen“ ansehen. Soweit diese daraus freilich Folgerungen nicht nur – wie hier – für Hs. 2, sondern auch für den – weil keine „Auswirkungen“ nennend, hier nicht interessierenden – Hs. 1 des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB ableiten, wird dies an anderer Stelle kritisch zu hinterfragen sein (s. § 1 B. II u. III). 82 Vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 115 („[. . .] im Wesentlichen [. . .] eine Konkretisierung der sich aus [. . .] § 2 Abs. 2 Satz 1 ergebenden Verpflichtungen“), ähnlich Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 30; Heilshorn/Seith, VBlBW 2004, 409 (412); Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub II.1.a., W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 53; Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1026); ders., ZfIR 2005, 878; ders., DVBl. 2006, 799 (802); Vietmeier, BauR 2005, 480 (481); ebenso VG Sigmaringen, Beschl. v. 09.11.2006 – 9 K 876/06, n. v., jurisTz. 11 („lediglich näher konkretisiert“). 83 Vgl. auch Battis, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 19 (21), der „festhalten“ will, dass „nur von Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche die Rede [ist], nicht etwa von besonders intensiven oder unerträglichen Auswirkungen“.

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ganz überwiegend als Hinweis auf die Erforderlichkeit einer gesteigerten Betroffenheit i. S. der Krabbenkamp-Formel verstanden wird84. Wenn er demgegenüber auf das Attribut „erheblich“ in § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB verzichtet hat, spricht das für die Annahme, dass dort eine derart gesteigerte Betroffenheit gerade nicht notwendig sein soll. Dass diese Auslegung das Verständnis des Gesetzgebers zutreffend wiedergibt, bestätigt ein Blick auf den weiteren Hintergrund der Neuregelung. Der Regierungsentwurf zum EAG Bau erläutert, dass es sich bei den „Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche“ in § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB n. F. um das „bereits in § 11 Abs. 3 [BauNVO] maßgebliche Kriterium“ handeln solle85. Diese Vorschrift wiederum bestimmt, dass (u. a.) großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang (u. a.) auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung „nicht nur unwesentlich auswirken können“, nur in Kerngebieten oder eigens festgesetzten Sondergebieten zulässig sind, wobei als „nicht nur unwesentliche Auswirkungen“ (u. a.) „Auswirkungen auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der [scil.: Standort-]Gemeinde oder in anderen [scil.: Nachbar-]Gemeinden“ in Betracht kommen. Wenn der Gesetzgeber nun bei der Erläuterung der Novellierung des § 2 Abs. 2 BauGB auf das in § 11 Abs. 3 BauNVO „maßgebliche Kriterium“ verwiesen hat, legt das die Annahme nahe, dass er mit den in § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB genannten „Auswirkungen“ die „nicht nur unwesentlichen Auswirkungen“ i. S. d. § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauGB aufgreifen wollte86. Als „nicht nur unwesentlich“ werden Auswirkungen auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung (u. a.) der Nachbargemeinde aber im Rahmen des § 11 Abs. 3 BauNVO (schon) dann angesehen, „wenn infolge der Ansiedlung des Betriebs ein Belang in einer Weise betroffen wird, die bei der Ansiedlung auf Grund einer Planung abwägungserheblich im Rahmen des § 1 Abs. 7 BauGB [sic!] wäre“87. Daran zeigt sich, dass 84 S. etwa Battis, in: dems./Krautzberger/Löhr, BauGB, § 4a Rn. 9; W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 4a Rn. 3; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 4a Rn. 9. 85 Vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 41 f.; vgl. zu diesem Bezug bereits BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 207 i.V. m. 220 f. 86 Das dürfte Söfker; in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 134, veranlasst haben, für die Frage der Auswirkungen „auf die gleiche Rechtslage wie nach § 11 Abs. 3 BauNVO“ zu verweisen. Auch Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1131), verstehen die – von ihnen freilich kritisierte – Gesetzesbegründung so. 87 So Ziegler, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 6, § 11 BauNVO Rn. 94 (Hervorhebung durch den Verf.); ähnlich Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 35. Andere stellen bei der Definition der „Auswirkungen“ bei § 11 Abs. 3 BauNVO zwar auf § 1 Abs. 3 BauGB ab und formulieren etwa, dass „die Auswirkungen eine städtebaulich nicht zu vernachlässigende Relevanz haben [müssen], d.h. insbesondere Belange berührt sein können, die ein planerisches Tätigwerden der Gemeinde rechtfertigen würden (§ 1 Abs. 3 bis 6 BauGB)“ (so Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. V, § 11 BauNVO Rn. 58 [Hervorhebung durch den Verf.]; in diese Richtung auch König/Roeser/Stock, BauNVO, § 11 Rn. 60; ähnlich bereits Förster,

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„Auswirkungen“ auf städtebauliche Belange für § 11 Abs. 3 BauGB bereits dann relevant sind, wenn sie die auch in § 1 Abs. 7 BauGB maßgebliche Geringfügigkeitsgrenze überschritten haben88. Wenn nun der Gesetzgeber in der Begründung zu § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB n. F. hierauf Bezug genommen hat, ist anzunehmen, dass er auch für diese Neuregelung keine höhere Schwelle für erforderlich hält, um den Anwendungsbereich der Norm zu eröffnen, sondern die Geringfügigkeitsschwelle im Gegenteil auch für diese Vorschrift für maßgeblich erachtet89.

BauNVO, § 11 Anm. 4.c., und Knaup/Stange, BauNVO, § 11 Anm. 3.d.cc. zur BauNVO 1977). In der Sache ist mit diesem Bezug auf § 1 Abs. 3 BauGB aber kein Unterschied im Hinblick auf die maßgebliche Beeinträchtigungsschwelle verbunden, weil mit den auf § 1 Abs. 3 BauGB abhebenden Formulierungen nicht auf eine über diese Vorschrift begründete Planungspflicht der Standortgemeinde abgestellt werden soll, die in der Tat erst bei einer „unzumutbaren“ Beeinträchtigung städtebaulicher Belange in Betracht kommen kann (näher dazu BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/ 01, NVwZ 2004, 220 [222 f.]; Ziekow, VerwArch. 97 [2006], 115 [117]; und unten § 14 A. III. 2.), sondern auf ihre daraus ableitbare Planungsbefugnis (vgl. König/Roeser/Stock ebd. und Knaup/Stange ebd., und insoweit auch Fickert/Fieseler, BauNVO, § 11 Rn. 21.2, die darauf hinweisen, dass auch „ohne erkennbares Planungserfordernis [. . .] wesentliche Auswirkungen gegeben sein“ können). Diese Planungsbefugnis wiederum besteht nicht erst, wenn für eine Planung ein „dringendes Bedürfnis“ besteht oder diese gar aus „zwingenden Gründen“ geboten ist, sondern bereits dann, wenn die Standortgemeinde Veranlassung sehen durfte, einen Bebauungsplan aufzustellen, wenn also ein „städtebaulich begründetes Interesse für die Planung besteht“, wofür wiederum auf die zu § 1 Abs. 6, 7 BauGB entwickelten Maßstäbe zurückgegriffen werden kann (vgl. Ziekow, a. a. O. 118 f.; Dirnberger, in: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB/ BauNVO, § 1 BauGB Rn. 26; Fackler, Individualanspruch, S. 21; Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 1 Rn. 32; Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 49 f.). S. ferner Uechtritz, NVwZ 2003, 176 [178], der herausstellt, dass nicht jedes unter § 11 Abs. 3 BauNVO subsumierbare Vorhaben „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ entfalten muss. – Davon, dass mit den in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten „nicht nur unwesentlichen Auswirkungen“ nicht die Schwelle der „unmittelbaren Auswirkung gewichtiger Art“ gemeint ist, gehen auch Krausnick, VerwArch. 96 [2005], 191 (202) u. Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.bb. (Fn. 105), aus; ebenso bereits OVG Münster, Urt. v. 05.09.1997 – 7 A 2902/93, BRS 59 Nr. 70, S. 239 (244), das das Erreichen der o. g. 10-%-Schwelle als hinreichende aber nicht notwendige Bedingung für die Annahme von „nicht unwesentlichen Auswirkungen“ ansah. 88 Vor diesem Hintergrund mag sich das BVerwG fragen lassen müssen, ob es konsequent war, in der – freilich nicht auf die Bauleitplanung, sondern auf die Vorhabenzulassung bezogenen – Zweibrücken-Entscheidung einerseits zu betonen, dass „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ intensivere sind als „nur geringfügige“ Beeinträchtigungen, andererseits aber aus dem Umstand, dass ein Vorhaben die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 BauGB erfüllt, zu folgern, dass dieses geeignet sei, eine Nachbargemeinde i. S. d. Krabbenkamp-Formel zu beeinträchtigen (vgl. dass., Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 [33, 35]). Dazu noch näher unter § 14 C. III. 89 So im Ergebnis auch Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 35, zu den Auswirkungen im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB: „Belange der Gemeinde müssen in mehr als nur geringfügiger Weise nachteilig betroffen sein“ (Hervorhebung im Original); ebenso ders., in: dems./Halama, Seminarunterlagen (n. v.), S. 244; offen

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Dass der Bundesgesetzgeber von dieser Auslegung ausgeht, wurde schließlich durch die BauGB-Novelle 2007 bestätigt. Denn darin hat sich der Gesetzgeber bewusst dafür entschieden, den Schutz der zentralen Versorgungsbereiche in den Katalog der nach § 1 Abs. 7 BauGB abzuwägenden Belange aufzunehmen (s. § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB n. F.)90. Da ihm bewusst gewesen sein musste, dass die Nachbargemeinde damit bereits über § 1 Abs. 7 BauGB verlangen kann, dass dieser Belang schon bei einer „mehr als geringfügigen“ Beeinträchtigung in die Abwägung der Standortgemeinde eingestellt wird91, und er gleichzeitig davon auszugehen schien, dass dieser Belang hier keinen anderen Schutz genießen soll, als er über § 11 Abs. 3 BauNVO und § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB gewährt wird92, spricht auch das dafür, die Beachtlichkeitsschwelle in allen drei Vorschriften auch auf derselben Beeinträchtigungsstufe – nämlich beim Überschreiten der „Geringfügigkeit“ oder „Nichtunwesentlichkeit“ – gleich hoch anzusetzen. Wenn nun aber der Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren zum EAG Bau, wie eingangs gezeigt, in S. 2 Hs. 1 des § 2 Abs. 2 BauGB dieselbe Beeinträchtigungsschwelle ansprechen wollte, die er auch für S. 1 als maßgeblich erachtet, so erlaubt das die Schlussfolgerung, dass er damit auch den Anwendungsbereich des allgemeinen Abstimmungsgebots nach § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB bereits dann als eröffnet ansehen will, wenn die Planungen der Standortgemeinde die Belange der Nachbargemeinde in „nicht unwesentlicher“ (vgl. § 11 Abs. 3 BauNVO) oder „mehr als geringfügiger Weise“ (vgl. § 1 Abs. 7 BauGB) betreffen. c) Einwände aus der „Entstehungsgeschichte“ der Krabbenkamp-Formel? Aus der Rechtsprechung ergeben sich keine Gründe, § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB zumindest in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich – wenn die Standortgemeinde also Bauleitpläne aufstellt – heute nicht schon dann für einschlägig zu halten, wenn die Nachbargemeinde in mehr als geringfügiger Weise betroffen gelassen, aber erkennbare Sympathie für diese Auffassung auch bei OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (175). 90 S. die Beschlussempfehlung und den Bericht des 15. BT-Ausschusses, BT-Drs. 16/3308, S. 16. 91 Zum „Recht auf fehlerfreie Abwägung“ aus § 1 Abs. 6 BauGB s. oben § 1 A I. 1. c). 92 Vgl. die Beschlussempfehlung und den Bericht des 15. BT-Ausschusses, BT-Drs. 16/3308, S. 16 zu § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB n. F.: „Mit der Änderung soll [. . .] die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche ausdrücklich als Belang der Bauleitplanung benannt werden. [. . .] Der Belang wird im Baugesetzbuch und in der Baunutzungsverordnung an verschiedenen Stellen genannt (§ 2 Abs. 2 Satz 2 und § 34 Abs. 3 BauGB; § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO); er fehlt jedoch bisher als ausdrücklich benannter allgemein für die Bauleitplanung zu berücksichtigender Belang und vervollständigt damit das mit der Neuregelung in § 9 Abs. 2a BauGB (Artikel 1 Nr. 4) verfolgte Anliegen auch für andere Fallgestaltungen in der Bauleitplanung.“

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ist. Ein Blick auf die „Entstehungsgeschichte“ der Krabbenkamp-Formel zeigt nämlich, dass es bei näherer Betrachtung noch nie zwingende Gründe waren, die die Rechtsprechung dazu bewogen hatten, in der Bauleitplanung zwischen „mehr als geringfügigen“ Auswirkungen und solchen einer höheren Intensität zu unterscheiden. Wenn die Rechtsprechung inzwischen meint, auf diese Formel außerhalb dieses Bereichs – nämlich bei der Frage nach Erstplanungspflichten der Standortgemeinde und in der Vorhabenzulassung – nicht verzichten zu können, ist das jdfs. kein Grund, sie im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB weiter künstlich aufrechtzuerhalten. Dazu im Einzelnen. Wenn man die Entwicklung der Rechtsprechung zu § 2 Abs. 2 BauGB und dessen Verhältnis zu § 1 Abs. 7 BauGB näher betrachtet, zeigt sich, dass es das BVerwG ursprünglich jdfs. überhaupt nicht im Sinn hatte, mit der Krabbenkamp-Formel eine eigene „mittlere Beeinträchtigungsschwelle“ zu entwickeln, die irgendwo zwischen der Bagatellgrenze der Geringfügigkeit und der Grenze der Unzumutbarkeit lag. Sinn und Zweck dieser Formel war vielmehr ein anderer. Wie gezeigt, vertrat das BVerwG in seinem Krabbenkamp-Urteil von 1972 erstmals die Auffassung, dass die Planungshoheit der Nachbargemeinde unabhängig davon Schutz verlangte, ob diese bereits in einem Bauleitplan konkretisiert worden war oder nicht, und erweiterte deshalb den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB insoweit über den Wortlaut der Vorschrift hinaus, als es die Abstimmungspflicht auch dann für gegeben hielt, wenn derartige Pläne noch nicht vorlagen93. In diesem Zusammenhang führte das Gericht die Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ ein, um klarzustellen, dass es für die Eröffnung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift nicht entscheidend auf den Aspekt ankam, ob die Nachbargemeinde bereits über Bauleitpläne verfügte, sondern auf die materielle Frage, ob sie die Planungen der Standortgemeinde städtebaulich „zu spüren bekommen“ würde. Das eigentliche Anliegen des Gerichts dürfte daher nicht in der Einführung einer besonderen Beeinträchtigungsschwelle gelegen haben, sondern darin, den Verzicht auf die Notwendigkeit von Bauleitplänen klar auszusprechen94. Für dieses Verständnis sprechen denn auch die vom BVerwG im unmittelbaren Anschluss an seine Ausführungen angeführten Verweise95, weil die wesentliche Aussage des „dazu auch“ zu „vgl.“ Urteils vom 13.02.1970 ebenfalls darin bestand, gegenüber der insoweit a. A. der Vorinstanz zu verdeutlichen, dass die Planungshoheit einer Gemeinde nicht nur Schutz genießen kann, wenn sie durch Bauleitpläne 93

Dazu näher oben unter § 1 A. I. 1. a). Vgl. insoweit auch Halama, DVBl. 2004, 79 (80 f.), der die entscheidende Aussage des Krabbenkamp-Urteils ebenfalls darin zu sehen scheint, dass die Rechtsstellung der Nachbargemeinden im zwischengemeindlichen Verhältnis im Vergleich zur Fachplanung gestärkt wurde. 95 S. BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (331). 94

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„verdichtet“ wurde96. Ebenso verhält es sich mit dem einzigen im Krabbenkamp-Urteil eingefügten Verweis auf die Literatur. Die dazu ebenfalls als zu „vgl.“ genannte Fundstelle aus dem Werk von Meyer, Stich und Tittel zum Bundesbaurecht aus dem Jahre 1966 befasste sich nämlich in keiner Weise mit der Frage der notwendigen „Beeinträchtigungsschwere“, enthielt aber durchaus Ausführungen zum Schutz der noch nicht durch Bauleitpläne „konkretisierten“ Planungshoheit97. Nun ist sicher anzunehmen, dass das BVerwG verhindern wollte, dass mit seinem Verzicht auf Bauleitpläne der Nachbargemeinde gleichsam das Kind mit dem Bade ausgeschüttet würde, indem nun jede noch so geringfügige, durch einen Plan der Standortgemeinde hervorgerufene Belästigung von der Nachbargemeinde geltend gemacht werden könnte98. Die Krabbenkamp-Entscheidung wird aber überinterpretiert, wenn man ihr die Aussage entnehmen wollte, das Gericht habe mit der Aufnahme der ergänzenden Attribute „unmittelbar“ und „gewichtig“ mehr als diese Grenzziehung bezweckt, gar damit die Berücksichtigung von bestimmten Belangen ausschließen wollen, die zwar den Bereich bloßer Belästigungen überschritten aber eine irgendwo zwischen dieser und der Unzumutbarkeitsschwelle liegende Grenze aber noch nicht erreichten. Dass das Gericht zumindest ursprünglich nicht daran gedacht hatte, eine solche „Mittelschwelle“ einzuziehen, legt nicht nur der Umstand nahe, dass es im Krabbenkamp-Urteil kein Wort zu der sich dann aufdrängenden Folgefrage verloren hat, wie viel „höher“ eine solche Zwischengrenze liegen soll99. Das zeigt sich viel96 Vgl. BVerwG, Urt. v. 13.02.1970 – IV C 104/08, DÖV 1970, 387 (388), dort im Hinblick auf eine Planfeststellung nach dem FStrG. 97 S. Meyer, in: dems./Stich/Tittel, Bundesbaurecht, § 2 Rn. 7: „Bei der Abstimmung der Pläne hat die diejenige Gemeinde einen gewissen Vorsprung, die ihrer Planungsaufgabe eher gerecht wird. Solange nämlich die Nachbargemeinde keine Planungskonzeption entwickelt hat, kann sich die Abstimmung regelmäßig nur auf die tatsächlichen Gegebenheiten an ihrer Grenze stützen“. 98 Vgl. etwa die Erwägungen von Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 139, zur Auslegung des § 2 Abs. 2 BauGB: „Angesichts der unzähligen unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen geringfügiger Art, die jede Planung auf benachbarte Flächen haben kann, muss die Abstimmungspflicht begrenzt werden, um die planende Gemeinde von der Ermittlung jeder noch so geringen Auswirkung zu entlasten“; zumindest missverständlich formuliert ist daher die Ansicht von Rauch, BayVBl. 1980, 612 (614), wonach „jede Beeinträchtigung der Planungshoheit“ die Abstimmungspflicht auslösen soll. 99 Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das BVerwG die „Höhe“ der erforderlichen Beeinträchtigungsintensität durch den im Krabbenkamp-Urteil (s. dass., Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 [331]) getroffenen Verweis auf seinen Beschl. v. 05.05.1970 – IV B 158/69, BRS 23 Nr. 157, S. 237 (238), näher bezeichnen wollte. In diesem Beschluss wird die Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ zwar auch – u. z. i. S. v. „schwerwiegend belastende[n], unzumutbare[n] Opfern“ – verwendet. Allerdings ging es dort um die Frage, ob sich ein Grundstückseigentümer gegen eine Baugenehmigung wehren kann, die einem Nachbarn auf der Grundlage eines Bebauungsplans erteilt wurde, der für das Grund-

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mehr auch daran, dass das BVerwG damals noch gar keinen Anlass hatte, sich von der – heute – bei § 1 Abs. 7 BauGB anerkannten Geringfügigkeitsschwelle abzusetzen. 1972, zum Zeitpunkt der Krabbenkamp-Entscheidung also, hatte das Gericht zwar bereits erste Grundlagen zur Abwägungsdogmatik gelegt100. Wie Halama zutreffend herausgestellt hat, hat das BVerwG aber erst sieben Jahre später, nämlich 1979 den Grundsatz aufgestellt, dass ein Planer bei der planerischen Abwägung nicht „alles“ berücksichtigen müsse, sondern (u. a.) solche Interessen außer Acht lassen könne, die sich als objektiv geringwertig erwiesen. Wenn das Gericht also 1972 mit der Formel von den „unmittelbaren stück jenes Eigentümers nicht maßgeblich ist. In dieser Frage kam das BVerwG zu dem Schluss, dass dies nur dann der Fall sei, wenn der Eigentümer durch die Baugenehmigung „unzumutbar“ beeinträchtigt werden würde. Dass es diese „Unzumutbarkeitsschwelle“ im Krabbenkamp-Urteil mit seinem Bezug auf diesen Beschluss nicht einführen wollte, legt schon der Umstand nahe, dass er dort anders als hier nicht um den Rechtsschutz gegen eine Baugenehmigung, sondern um den gegen einen Bauleitplan geht. Die Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ erfüllt aber in diesen Bereichen eine unterschiedliche Funktion. Beim Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen beantwortet sie im Rahmen eines Konditionalprogramms (s. §§ 29 ff. BauGB) die Frage, wann ein Vorhaben (nach Ansicht des BVerwG) unzulässig ist. Beim Rechtsschutz gegen Bauleitpläne beantwortet sie dagegen im Rahmen eines Finalprogramms lediglich die vorgelagerte Frage, ob ein Belang der Nachbargemeinde zu berücksichtigen ist, eine Frage also, die auch bejahendenfalls nicht automatisch zur Unzulässigkeit des Bauleitplans führt – auch noch so gewichtige Belange können bei entsprechend höherrangigen entgegenstehenden Belangen im Ergebnis zurückgestellt werden –, sondern nur zur Verpflichtung, diesen Belang in der Abwägung fehlerfrei „abzuarbeiten“. Wenn aber in eine Abwägung nur Belange einzustellen wären, bei denen schon feststeht, dass sie „unzumutbar“ betroffen sind, bedürfte es keiner planerischen Abwägung mehr, weil eine solche Planung ohnehin unzulässig wäre. Die Schwelle zur „Berücksichtigungsfähigkeit“, muss also niedriger liegen, als die „Unzumutbarkeitsschwelle“, die man für die endgültige Entscheidung über die Nichtzulassung eines Vorhabens für angemessen halten mag (vgl. insoweit die entsprechenden Erwägungen bei Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 34, der es für „systemgerecht“ erklärt, dass das Gesetz in zwei Vorschriften zum Schutz der zentralen Versorgungsbereich der Nachbargemeinden einmal [in § 2 Abs. 2 Hs. 2 BauGB] nur von „Auswirkungen“ spricht, ein anderes mal aber „schädliche Auswirkungen“ verlangt [in § 34 Abs. 3 BauGB], weil es mit jener Vorschrift „nur“ eine Abstimmung eröffnen will, ohne dass Ergebnis vorwegzunehmen, während es bei dieser bereits um die endgültige – negative – Entscheidung über ein Vorhaben geht). Auch wenn das BVerwG also im Krabbenkamp-Urteil eine terminologische Anleihe bei dem Beschluss vom 05.05.1970 genommen hat, konnte damit keine Übertragung der dort erwähnten „Unzumutbarkeits“-Grenze gemeint sein. Das wird auch in der Literatur – soweit ersichtlich – von niemandem vertreten. Dass schließlich auch das Gericht das nicht anders gesehen hat, zeigt sich daran, dass es im Text seines Urteils unmittelbar nach der Einführung der Krabbenkamp-Formel (und dem Verweis auf den Beschluss vom 05.05.1970) festgestellt hat, dass sich „Richtung und Gehalt des Abstimmungsvorgangs“ bei (heute) § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB aus den Maßstäben des (heute) § 1 Abs. 6 u. 7 BauGB ergeben. Dieser Verweis auf das allgemeine Abwägungsgebot wäre, wie gezeigt, sinnlos, wenn das Gericht nur Belange für berücksichtigungsfähig hätte erklären wollen, die durch eine Planung der Standortgemeinde „unzumutbar“ betroffen sein würden. 100 Vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 – IV C 105/66, BVerwGE 34, 301 (309).

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Auswirkungen gewichtiger Art“ operierte, kann das nicht dahingehend interpretiert werden, dass es damit den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB bewusst erst ab einem Beeinträchtigungsgrad eröffnen wollte, der irgendwo über dem der Geringfügigkeit liege. Im Gegenteil. Da das Gericht in jenem Urteil in keiner Weise angedeutet hat, dass es der Auffassung sei, dass der Gesetzgeber in jener – dazu, wie gesagt, schweigenden – Vorschrift eine besondere Regelung zum Ausmaß der faktischen Beeinträchtigungen treffen wollte, spricht alles dafür, dass das BVerwG mit der Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ nur klarstellen wollte, dass der entgegen dem Wortlaut befürwortete Verzicht auf Bauleitpläne auf Seiten der Nachbargemeinde andererseits nicht bedeuten sollte, dass diese sich nun auf jede noch so geringfügigen Effekt soll berufen können. Die Annahme, dass mit den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ intensivere Beeinträchtigungen gemeint sein müssen, als sie für § 1 Abs. 7 BauGB verlangt werden, konnte daher erst nach 1979 entstehen, weil das BVerwG bis dahin die Geringfügigkeitsgrenze für diese Vorschrift entwickelt hatte, die Krabbenkamp-Formel aber dennoch für § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB weiterführte. Man kann daher erwägen, ob das Gericht nicht zumindest nach 1979 zu der Ansicht gelangt ist, diese Vorschrift sei zwingend so auszulegen, dass eine interkommunale Abstimmung erst bei Beeinträchtigungen einsetzen sollte, die in ihrer Intensität eine „Mittelgrenze“ überschreiten, die irgendwo im Feld zwischen „geringfügigen“ und „unzumutbaren“ Auswirkungen liegen. Dem BVerwG eine solche Rechtsauffassung zu unterstellen, nur weil es nach der Entscheidung von 1979 an der Krabbenkamp-Formel festgehalten hat, wäre aber kaum überzeugend, weil das Gericht für eine solche Differenzierung nie einen Grund benannt hat. Man dürfte dem Gericht wohl nicht zu nahe treten, wenn man die Ursache dafür, dass es im Bereich des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB auch nach 1979 an seiner Formulierung aus dem Krabbenkamp-Urteil festgehalten hat, in dem Bemühen sucht, eine einmal gefestigte Rechtsprechung nicht mehr zu ändern, wenn dafür keine dringende Notwendigkeit besteht. Und eine derart zwingende Notwendigkeit bestand in der Tat nicht. Denn die Lücke, die sich nach 1979 – in, wie gezeigt, ursprünglich nie beabsichtigter Weise – für Beeinträchtigungen aufgetan hatte, die zwischen der Schwelle der „Geringfügigkeit“ und derjenigen der – erst später – als höher aufgefassten Grenze der Krabbenkamp-Formel lagen, konnte das Gericht ausgleichen, indem der Standortgemeinde für diesen Bereich zwar keine Abstimmungspflicht nach § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB, aber doch – wie später klargestellt101 – eine Abwägungspflicht nach § 1 Abs. 7 BauGB auferlegte, die in vergleichbarer Weise wirkte. Ob es sinnvoll war und dogmatisch überzeugte, den „hausgemachten“ Unterschied bei der Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB einerseits und der des § 1 Abs. 7 BauGB 101

S. oben unter § 1 A. I. 1. c).

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andererseits nach 1979 nicht sogleich zu bereinigen, mag zweifelhaft erscheinen, weil dieses Unterlassen dazu führte, dass aus Formulierung der Rechtsprechung – nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes! – materiellrechtliche Folgen abgeleitet wurden, die nie beabsichtigt gewesen sein dürften. Jedenfalls aber beruhte der Verzicht auf diese Bereinigung nicht auf der Annahme, es bestünden sachliche Gründe, die dazu zwingen müssten, den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB erst auf einer „höheren“ Intensitätsstufe zu eröffnen als jenen des allgemeinen Abwägungsgebots aus (heute) § 1 Abs. 7 BauGB. Nun könnte man freilich einwenden, die Rechtsprechung habe aber zumindest seit 2002/2003 zwingende Gründe dafür, bei § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB an der Krabbenkamp-Formel festzuhalten, weil sie an die Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ inzwischen in anderen Bereichen als dem Verfahren zur Aufstellung von Bauleitplänen – nämlich, wie gezeigt102, im Rahmen der Vorhabenzulassung und zur Begründung gemeindlicher (Erst-)Planungspflichten – durchaus erhebliche Rechtsfolgen knüpft. Eröffne man – so wäre fortzufahren – den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB nun bereits bei „mehr als geringfügigen“ Auswirkungen, entziehe man dieser Rechtsprechung den normativen Boden. In diese Richtung zielende Bedenken zwingen indes nicht zur Revision des hier befürworteten Ergebnisses. Denn zum einen kann es nicht überzeugen, aus dem Umstand, dass die Krabbenkamp-Formel in Bereichen, in denen § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB nur mittelbar, als „Indiziengeber“ herangezogen wird, eine Bedeutung erlangt hat, zu folgern, nun müsse diese Formel auch in dem „eigentlichen“ Anwendungsbereich diese Vorschrift, bei der Bauleitplanung also, Anwendung finden, obwohl sie dort weder vom Gesetzeswortlaut noch von ihrer Entstehungsgeschichte her geboten ist, der Auffassung des Gesetzgebers nicht entspricht und – wie der „ergänzende“ Rückgriff auf § 1 Abs. 7 BauGB zeigt – in der Sache auch von der Rechtsprechung selbst für überflüssig gehalten wird. Es geht nicht an, dass die Rechtsprechung eine „Formel“ entwickelt, diese in ihrem eigentlichen Anwendungsfeld für der Sache nach überflüssig erklärt, sie dann durch eine „Metamorphose“ auf andere Gebiete überträgt, um schließlich aus dem Umstand, dass sie dort konkrete Rechtsfolgen zeitigt, zu folgern, dass sie in jenem Gebiet – obwohl sinnlos – aufrechtzuerhalten sei. Würde man hier anders argumentieren, liefe das darauf hinaus, zur Interpretation des Gesetzes nicht dessen Wortlaut, Systematik und Ratio für maßgeblich zu erklären, sondern die in Judikaten verwendeten Formulierungen. Sollte es sich erweisen, dass – was erst an anderer Stelle näher zu untersuchen sein wird103 – die Unterscheidung von „mehr als geringfügigen“ und im Vergleich dazu „gewichtigeren“ Auswirkungen auf dem Gebiet der Vorhabenzulassung (§§ 29 ff. BauGB) und/oder dem der Planungspflicht (§ 1 102 103

S. oben § 1 A. I. 2. Näher dazu unter § 14 A. III. 2., C. I. u. II.

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Abs. 3 BauGB) geboten ist, wird zu erörtern sein, ob für diese Gebiete eine solche Differenzierung innerhalb der Vorschrift des § 2 Abs. 2 BauGB getroffen werden muss, oder ob zur Erzielung der entsprechenden Ergebnisse nicht ohnehin auf den Rückgriff auf diese Vorschrift verzichtet werden kann. Eine Rechtfertigung dafür, die Krabbenkamp-Schwelle auch in dem unmittelbaren Anwendungsgebiet der Aufstellung von Bauleitplänen aufrechtzuerhalten, obwohl dies aus den o. g. Gründen nicht überzeugt, böte ein solches Differenzierungserfordernis jdfs. nicht. Aus der bisherigen Rechtsprechung zur Krabbenkamp-Formel ergeben sich mithin keine zwingenden Gründe, diese Formel im Bereich der Bauleitplanung weiterhin als für die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB maßgeblich zu erachten. d) Einwände aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG? Gegen die hier stattdessen befürwortete These, § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB verpflichte die Standortgemeinde bereits dann zur interkommunalen Abstimmung, wenn ihr Bauleitplan sich in mehr als geringfügiger Weise auf die Nachbargemeinde auswirken wird, bestehen auch keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere kann nicht argumentiert werden, die hier vertretene Auslegung verkenne, dass § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB die Planungshoheit der Nachbargemeinde vor faktischen Beeinträchtigungen schütze und es zu weit gehe anzunehmen, dass das somit „eigentlich“ geschützte Recht aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG jedes faktische Betroffensein als Eingriff werte, wenn es „nur“ eine Bagatellgrenze überschreite. Im Grundrechtsbereich wird zwar nach wie vor äußerst kontrovers diskutiert, ab welcher Beeinträchtigungsintensität faktische Auswirkungen als Eingriff in ein Freiheitsrecht zu werten sind. Dabei besteht aber doch weitgehend Einigkeit darüber, dass es in erster Linie Sache des Gesetzgebers ist, über diese Frage im Wege der Ausgestaltung des einfachen Rechts zu bestimmen104. Erst in den Fällen, in denen es solche einfachgesetzliche Bestimmungen nicht gibt oder in denen trotz des Bestehens solcher Regelungen unmittelbar auf Verfassungsrecht abgestellt werden soll, stellt sich die – dann streitige – Frage, ob die isoliert betrachteten Grundrechte nur gegen „unzumutbare“, „schwer und unerträgliche“ Folgen schützen oder ihrem Träger bereits unterhalb dieser Schwelle zu Abwehrmöglichkeiten verhelfen können105. Wie zuvor gezeigt, hat der Gesetzgeber in dem hier allein interessierenden Fall des § 2 104 Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 122, 145; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 498; und näher dazu m.w. N. unter § 13. 105 Näher zu dieser Frage bei der Erörterung des Rechtsschutzes der Nachbargemeinden gegen Baugenehmigungen; § 13 A. I.

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Abs. 2 S. 1 BauGB aber gerade – und spätestens – im Zuge der BauGB-Novellierungen von 2004 und 2007 bekundet, ab welchem Grade einer faktischen Beeinträchtigung die Belange der Nachbargemeinde geschützt werden sollen. Diese gesetzgeberische Wertung kann nicht mit dem Hinweis darauf überspielt werden, dass Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ohne gesetzliche Regelungen nur – was ohnehin näher zu prüfen wäre – vor Auswirkungen schütze, die sich irgendwo im Mittelfeld zwischen nicht mehr geringfügigen und unzumutbaren Beeinträchtigungen – oder gar nur vor diesen – bewegten. Dem daher allenfalls aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ableitbaren Einwand, ohne explizite gesetzliche Regelung könne jdfs. nicht unterstellt werden, jedes irgendwie geartete faktische Betroffensein einer Gemeinde solle als Eingriff in die Planungshoheit gewertet werden106, trägt die hier befürwortete Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB dagegen Rechnung. Denn dass der Anwendungsbereich dieser Vorschrift nicht schon bei jeder noch so geringfügigen Beeinträchtigung eröffnet ist, sondern ein Überschreiten der Bagatellgrenze erfordert, wird auch hier nicht bestritten107. Gegen das Plädoyer, den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB bereits dann für eröffnet zu erachten, wenn die Nachbargemeinde in mehr als geringfügiger Weise von einem Bauleitplan der Standortgemeinde betroffen ist, kann schließlich auch nicht vorgebracht werden, damit werde zum Schutz der Planungshoheit der Nachbargemeinde diejenige der Standortgemeinde über Gebühr eingeschränkt108. Zwar stellt die Auferlegung einer Abstimmungspflicht in der Tat einen gesetzgeberischen Eingriff in die Planungshoheit der Standortgemeinde dar. Dieser Eingriff reicht jedoch nicht weiter als derjenige, der mit der Auferlegung der allgemeinen und ebenfalls bereits ab der Geringfügigkeitsschwelle einsetzenden Abwägungspflicht aus § 1 Abs. 7 BauGB einhergeht, dessen Verfassungsmäßigkeit aber, soweit ersichtlich, auch von niemanden bestritten wird109. Dies zu tun wäre auch nicht überzeugend. Denn berücksichtigt man, dass Kommunalkörperschaften – anders als Grundrechtsträger – ungeachtet ihrer Selbstverwaltung nach wie vor ein „Stück ,Staat‘“110 sind und sich 106 Vgl. insoweit zum Grundrechtsbereich Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 122, 145; Schenke, NuR 1983, 81 (87 f.); dens., Verwaltungsprozessrecht, Rn. 498; ähnlich mit implizitem Bezug zur Planungshoheit Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 139. 107 S. § 1 A. II. 2. c). 108 Möglicherweise könnte ein solcher Einwand auf der Grundlage der Formulierung von Uechtritz, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 59 (62), drohen, der den Sinn der Krabbenkamp-Formel dort im Schutz der Planungshoheit der Standortgemeinde vor „unvertretbaren“ Einschränkungen sieht. S. dazu, dass Uechtritz selbst einen solchen Einwand nicht erheben dürfte, aber auch sogleich Fn. 112. 109 Die Verfassungsmäßigkeit der Regelung stellt im Gegenteil Peine, Baurecht, Rn. 318 f., heraus; s. dazu auch Just, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 2 Rn. 33; Finkelnburg/Ortloff, Baurecht, Bd. I, S. 26 f., 31 f. 110 BVerfG, Urt. v. 04.11.1986 – 1 BvF 1/84, BVerfGE 73, 118 (191); Jarass/Pieroth, GG, Art. 28 Rn. 10.

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„nicht wie selbstsüchtige Einzelmenschen“ gegenüberstehen, sondern jeder auch „das Gedeihen ihrer Nachbarin in gewissem Maße eigene Angelegenheit“ ist111, dass das Grundgesetz ihnen also die Planungshoheit nicht zu reinem Selbstzweck, sondern auch als Teil eines föderalen Gesamtsystems zugewiesen hat, so kann es kaum als unverhältnismäßig angesehen werden, die Ausübung der damit verbundenen Befugnisse daran zu binden, dass die Berechtigten dabei die Auswirkungen ihres Tuns auf Dritte angemessen berücksichtigen, wenn diese so erheblich sind, dass sie nicht mehr als bloße Belästigung bezeichnet werden können112. e) Einwände aus einer Folgenbetrachtung zur Heranziehung der Geringfügigkeitsschwelle? Gegen die hier vertretene Ansicht kann auch nicht eingewandt werden, sie führe bei konsequenter Anwendung zu nicht überzeugenden Folgen. Wie sogleich zu zeigen sein wird, ist vielmehr das Gegenteil der Fall. Nicht überzeugend wäre insbesondere der Einwand, die Herabsetzung der für die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB maßgeblichen Beeinträchtigungsschwelle führe zu einer nicht „wünschenswerten“ Flut von Rechtsstreitigkeiten113. Abgesehen davon, dass ein solches Argument ein rechtspolitisches und daher ohnehin nicht geeignet wäre, ein de lege lata gefundenes Auslegungsergebnis infrage zustellen, muss die hier vertretene Ansicht durchaus nicht automatisch zu mehr planungsrechtlichen Gemeindenachbarklagen führen. Denn die hier befürwortete Absenkung der Beeinträchtigungsgrenze führt nur dazu, dass der Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB – und damit der der interkommunalen Abstimmung – früher eröffnet ist, ohne dass damit das Ergebnis dieser Abstimmung bereits vorweggenommen werden würde. Kann die Nachbargemeinde „nur“ eine vergleichsweise „schwache“ Beeinträchtigung

111 S. erneut O. Mayer, Verwaltungsrecht, Bd. 2, S. 385, und dazu oben in der Einleitung. 112 Das sieht offenbar auch Uechtritz, ZfIR 2005, 878 (879), selbst nicht anders, weil er zwei Jahre nach seiner o. g. Formulierung (s. Fn. 108), unter dem Eindruck des Zweibrücken-Urteils – ohne dabei verfassungsrechtliche Bedenken zu artikulieren – ausführt: „Die ,klassische Formel‘, das interkommunale Abstimmungsgebot setze unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art voraus, darf also nicht dahin gehend missverstanden werden, dass negative Auswirkungen, die die Geringfügigkeitsschwelle überschreiten, nicht abwägungsrelevant sind“. 113 Ein solcher Einwand könnte insbesondere von denjenigen drohen, die sich mit ähnlichen Argumenten schon gegen die durch das EAG Bau eingeführten Neuregelungen zur Stärkung der „Klagebefugnis“ der Nachbargemeinden (s. §§ 2 Abs. 2 S. 2, 34 Abs. 3 BauGB n. F.) gewandt haben; kritisch in diesem Sinne etwa Bönker, in: Hoppe/ Bönker/Grotefels, Baurecht, § 3 Rn. 143; Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1132); eher zurückhaltend W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 51.

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ihrer Belange geltend machen, wird sie bedenken, dass der so tangierte Belang in der Abstimmung der Standortgemeinde auch vergleichsweise „einfach“ zurückgestellt werden kann, und die Erfolgssaussichten einer Klage bzw. eines Antrags daher sorgfältig prüfen. Hinzu kommt, dass die Nachbargemeinde in solchen Fällen auch auf dem Boden der Auffassung der Rechtsprechung bereits Klage erheben bzw. einen Normenkontrollantrag stellen kann, um geltend zu machen, dass die Standortgemeinde Belange, in denen sie – die Nachbargemeinde – „mehr als geringfügig“ betroffen sei, nicht abwägungsfehlerfrei berücksichtigt habe. Dazu kann sie sich zwar nach der Rechtsprechung nicht auf ihr Recht aus § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB berufen, wohl aber auf dasjenige aus § 1 Abs. 7 BauGB114. Und selbst wenn die hier befürwortete Herabsetzung der Beeinträchtigungsschwelle zu einer gewissen Zunahme interkommunaler Streitigkeiten führen sollte, wäre dies kaum zu beanstanden, weil diese Konsequenz ganz auf der Linie der mit dem EAG Bau verfolgten Zielsetzung des Gesetzgebers läge, die „Klagebefugnis“ der Nachbargemeinden im zwischengemeindlichen Verhältnis zu stärken115. Aus den zuvor genannten Gründen ginge auch der denkbare Einwand fehl, die hier befürwortete Herabsetzung der für § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB maßgeblichen Beeinträchtigungsschwelle führe dazu, die Konturen des Begriffs der „benachbarten Gemeinde“ aufzulösen116, für die die Rechtsprechung ebenfalls auf die Krabbenkamp-Formel zurückgreife117. Denn auch insoweit gilt, dass eine 114 S. dazu, dass auch das BVerwG annimmt, dass Belange der Nachbargemeinde (zumindest) über § 1 Abs. 7 BauGB nach den dafür allgemein geltenden Grundsätzen zu berücksichtigen sind, d.h. also wenn sie „mehr als geringfügig“ betroffen sind, oben unter § 1 A. I. 1. c). S. ferner dazu, dass das BVerwG § 1 Abs. 7 BauGB heute nicht mehr nur als objektivrechtliche Vorschrift, sondern auch als Grundlage eines subjektiven Rechts der Planbetroffenen auf fehlerfreie „Abarbeitung“ der eigenen Belange sieht, BVerwG, Urt. v. 24.08.1998 – 4 CN 2/98, BVerwGE 107, 215 (220), und dazu noch näher unten § 1 A. III. 2. b) ee). 115 Vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 33: „Dies [scil.: die Neuregelung in § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB] soll auch die Klagebefugnis der Nachbargemeinden stärken.“; in dieselbe Richtung die ebd. in Bezug genommenen Ausführungen bei BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 220 f. 116 S. dazu, dass der Begriff der „benachbarten Gemeinde“ aus § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB nicht anhand von Angrenzungen oder Entfernungen, sondern danach bestimmt wird, ob eine Kommune von der Planungen einer anderen tatsächlich beeinträchtigt wird, oben unter § 1 A. 1. b) aa). 117 Ein solcher Einwand könnte von denjenigen drohen, die davon ausgehen, dass das Merkmal der „Gewichtigkeit“ aus der Krabbenkamp-Formel dem „qualifizierten Betroffensein“ aus der Rspr. zum bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebot korrespondiere (s. Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 2 BauGB Rn. 13; wohl auch VGH München, Urt. v. 03.05.1999 – 1 N 98/1039, UPR 1999, 393; ders., Urt. v. 03.05.1999 – 1 N 98/1021, BayVBl. 2000, 273 [275]). – Dass das BVerwG aber insoweit eine dogmatische Parallele ziehen wollte, kann trotz des auch bei § 2 Abs. 2 BauGB z. T. verwendeten Terminus der „Rücksichtnahme“ nicht unterstellt werden. Dagegen spricht nicht nur, dass dieser Ausdruck bereits im Krabbenkamp-Urteil von 1972 Verwendung gefunden hat, das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme

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Gemeinde schon auf dem Boden der Rechtsprechung eine Klage bzw. einen Antrag auf § 1 Abs. 7 BauGB stützen kann, wenn sie geltend machen kann, durch die Planungen der Standortgemeinde in mehr als geringfügiger Weise betroffen zu sein. Ist diese Voraussetzung erfüllt, kann der Nachbargemeinde die Entfernung zur Standortgemeinde nicht mehr entgegen gehalten werden. So betrachtet geht also mit der hier vertretenen Auffassung allenfalls eine Übertragung des für § 1 Abs. 7 BauGB maßgeblichen „Nachbarbegriffs“118 auf § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB einher – ein Vorgang, der sich nach dem oben zur Entstehung der Krabbenkamp-Formel und zu den jüngsten Wertungen des Gesetzgebers Gesagten als konsequent erweist. Eine Folgenbetrachtung kann das hier befürwortete Auslegungsergebnis daher nicht infrage stellen. Sie spricht im Gegenteil für seine Richtigkeit, weil nur auf seiner Grundlage sichergestellt wird, dass die vom BVerwG in der Zweibrücken-Entscheidung vorgenommene „Klarstellung“ zum Umfang der interkommunalen Pflicht zur Berücksichtigung nachbargemeindlicher Belange in der Praxis auch tatsächlich – was bisher nicht immer der Fall ist – umgesetzt wird. Wie gezeigt, hatte das Gericht 2002 erläutert, dass seine bei § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB verortete Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ nicht bedeute, dass Standortgemeinden die Belange der Nachbargemeinden bei ihren planerischen Abwägungen nicht zu berücksichtigen hätten, wenn sie weniger gewichtig seien, sondern dass insoweit die für § 1 Abs. 7 BauGB allgemein aber erst 1977 maßgeblich ausgeprägt wurde (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 [331] einerseits, dass., Urt. v. 25.02.1977 – IV C 22/75, BVerwGE 52, 122 (125 ff.), andererseits; wie hier auch Gronemeyer, ZfIR 2001, 767, der unter Bezug auf BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 ff., dass., Urt. v. 15.12.1989 – 4 C 36/86, BVerwGE 84, 209 ff., dass., Beschl. v. 09.01.1995 – 4 NB 42/94, Buchh. 406.11 § 2 BauGB Nr. 37, S. 1 ff., zu der Auffassung gelangt: „Aus den zitierten Entscheidungen des [BVerwG] ergibt sich diese [scil.: von Jäde vorgenommene] Gleichsetzung jedoch in dieser Eindeutigkeit nicht.“). Entscheidend ist darüber hinaus, dass die Krabbenkamp-Formel in der final programmierten Bauleitplanung eine andere Funktion erfüllt als das Gebot der Rücksichtnahme in der konditional strukturierten Vorhabenzulassung: Bei jener geht es (nur) um die Eröffnung einer Abstimmung ohne damit bereits eine Vorentscheidung über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Planung zu treffen, bei dieser dagegen bereits um die endgültige Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens (s. näher dazu § 1 A. 1. b) aa) u. § 14 A. I. 2 d), C.). Dieser Unterschied in der Rechtsfolge verbietet es anzunehmen, das BVerwG wolle die jeweils Berechtigten dennoch nach denselben Maßstäben auswählen. Den insoweit strengeren Maßstab der „qualifizierten Betroffenheit“ in die Bauleitplanung zu transformieren, wäre ohnehin wenig sinnvoll, weil die Nachbargemeinde „jdfs.“ über § 1 Abs. 7 BauGB verlangen kann, dass ihre Belange abwägungsfehlerfrei berücksichtigt werden, wenn sie von der Planung mehr als geringfügig betroffen sind (s. erneut BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 [32 f.]). 118 Der ebenfalls danach bemessen wird, ob eine außenstehende Person durch die Planung der Standortgemeinde in ihren Belangen abwägungserheblich berührt wird (s. Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 2 BauGB Rn. 5; Dürr, Baurecht BW, Rn. 289; beide m.w. N.).

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geltende Geringfügigkeitsschwelle gelte119. Wenn sich nun eine Nachbargemeinde gegen einen Bauleitplan der Standortgemeinde wendet, müsste dies dazu führen, dass das zuständige Gericht zunächst prüft, ob die Nachbargemeinde von „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ betroffen und in ihrem Recht aus § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB verletzt ist. Wo das nicht der Fall ist, müsste das Gericht aber bei konsequenter Umsetzung der Klarstellung des BVerwG aus dem Zweibrücken-Urteil weiter prüfen, ob die Nachbargemeinde zumindest in „mehr als geringfügiger Weise“ in ihren städtebaulichen Belangen betroffen und bejahendenfalls in ihrem Recht aus § 1 Abs. 7 BauGB verletzt ist. Gerade dieser zweite Schritt wird aber in der Praxis bislang nicht immer konsequent durchgeführt120, was darauf zurückzuführen sein dürfte, dass bei der Beurteilung interkommunaler planungsrechtlicher Streitigkeiten traditionell § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB und dort die Frage im Mittelpunkt stand, ob die Nachbargemeinde von „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ betroffen ist. Folgt man der hier vertretenen Auslegung wird dagegen sichergestellt, dass das 2002 im Zweibrücken-Urteil formulierte Anliegen des BVerwG, dass Belange der Nachbargemeinden bereits ab dem Überschreiten der Geringfügigkeitsschwelle fehlerfrei in der Abwägung der Standortgemeinde berücksichtigt werden, auch tatsächlich in der Praxis umgesetzt wird. Ein weiterer Vorteil tritt hinzu. Denn selbst dann, wenn die Gerichte die Klarstellung des BVerwG umsetzen wollen, stellt sie die traditionelle Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB vor – unnötige – Schwierigkeiten, die mit der hier vertretenen Lösung vermieden werden können. Erkennt man nämlich mit dem BVerwG an, dass die Nachbargemeinde auch ein Recht darauf hat, dass ihre Belange schon dann in der Abwägung der Standortgemeinde berücksichtigt werden, wenn diese Belange mehr als geringfügig betroffen sind, verortet man dieses Recht aber nicht – wie hier befürwortet – bei § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB, sondern bei § 1 Abs. 7 BauGB, führt das dazu, dass die Gerichte zunächst prüfen, ob gegen den wohl als „spezieller“ oder „sachnäher“ angesehenen § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB verstoßen wurde121, um – verneinendenfalls – anschließend zu erörtern, ob das aus § 1 Abs. 7 BauGB abgeleitete Recht der Nachbargemeinde verletzt wurde. Diese Vorgehensweise führt dazu, dass sich die Gerichte 119

S. unter § 1 A. I. 1. c). Vgl. etwa OVG Münster, Urt. v. 06.06.2005 – 10 D 148/04.NE, ZfBR 2005, 685 (686 ff., 689 ff.), das zunächst im Hinblick auf die Nachbargemeinde eine Verletzung des traditionell ausgelegten § 2 Abs. 2 BauGB („gewichtige Auswirkungen“) prüft und verneint, auf § 1 Abs. 7 BauGB aber anschließend nur noch im Hinblick auf die Auswirkungen auf das eigene Stadtgebiet der Standortgemeinde eingeht; ähnlich OVG Greifswald, Urt. v. 04.05.2004 – 3 K 35/99, n. v., juris-Tz. 36 ff., 50, das zunächst § 2 Abs. 2 BauGB unter Zugrundelegung der Krabbenkamp-Formel prüft, § 1 Abs. 7 BauGB aber nur in Bezug auf raumordnerische Belange mit Bezug zur Nachbargemeinde anspricht. 121 Vgl. oben Fn. 55 und dort im Text. 120

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bei jeder bauplanungsrechtlichen Gemeindenachbarklage mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob die beanstandete Planung „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ entfaltet, obwohl sie die Berücksichtigung der Belange der Nachbargemeinde im Ergebnis auch dann zu prüfen haben, wenn die Nachbargemeinde weniger „gewichtig“ (aber mehr als unerheblich) betroffen ist. Diese folglich im Bereich des Rechtsschutzes gegen Bauleitpläne im Ergebnis unerhebliche Prüfung der Krabbenkamp-Formel mit all den mit ihr verbundenen Zweifelsfragen122 kann unterbleiben, wenn man mit der hier für richtig erachteten Auslegung davon ausgeht, dass der Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB eröffnet ist, wenn die Nachbargemeinde in einer die Bagatellgrenze überschreitenden Weise betroffen ist. Die schwierige und umstrittene Frage, wie sich die Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ näher konkretisieren lässt123, kann auf diese Weise zumindest für den Rechtsschutz der Nachbargemeinden gegen Bauleitpläne, beiseite gelassen werden. Die in der jüngeren Rechtsprechung zu beobachtende Tendenz, von der Maßgeblichkeit wie auch immer zu ermittelnder Prozentsätze weg- und wieder hin zu einer Gesamtbetrachtung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu kommen124, wird dadurch gestützt. 3. Ergebnis – Eröffnung des Anwendungsbereichs schon bei „nicht unwesentlichen“ (geringfügigen) Auswirkungen Versteht man die Wendung von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ mit der Rechtsprechung als Kurzformel zur Bezeichnung eines Beeinträchtigungsgrades, der (irgendwo) zwischen der Geringfügigkeitsschwelle des § 1 Abs. 7 BauGB und der absoluten Grenze der Unzumutbarkeit gilt, ab der ein betroffener Belang nicht mehr fehlerfrei „wegabgewogen“ werden kann, so ist die Anwendung dieser Formel im Rahmen des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB zwar historisch erklärbar. Es hat sich aber gezeigt, dass die Heranziehung der so verstandenen Formel für die Aufstellung von Bauleitplänen von den Richtern des Krabbenkamp-Urteils nicht beabsichtigt gewesen sein dürfte, nach 1979 nicht mehr sinnvoll und von einer Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB her schon 122 Vgl. die oben skizzierten Bemühungen zur Präzisierung der Krabbenkamp-Formel (§ 1 A. I. 1. b). 123 Dass dies Probleme in der Praxis bereitet, zeigt sich etwa an der wohl nicht zuletzt an den Richter am BVerwG Rojahn gerichteten Frage des Richters am OVG Lüneburg Claus, wie sich denn die vom BVerwG geforderten „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ konkretisieren ließen (s. dens., Diskussionsbeitrag bei Böttcher, in: Jarass [Hrsg.], a. a. O., S. 31 [35]). 124 S. oben § 1 A. I. 1. b). Vgl. ferner dazu, dass es für das Erreichen der Geringfügigkeitsschwelle nicht entscheidend darauf ankommt, ob etwa die zur KrabbenkampFormel vielfach genannte 10-%-Grenze zum Kaufkraftabzug erreicht wird, Vietmeier, BauR 2005, 480 (487), dort zu § 11 Abs. 3 BauNVO und m.w. N.

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gar nicht geboten war. Konnte die Rechtsprechung bislang auf eine Korrektur ihrer Ansicht verzichten, weil sie die selbst verursachte „Lücke“ durch einen ergänzenden Rückgriff auf § 1 Abs. 7 BauGB schließen konnte, sprechen die durch das EAG-Bau eingeführten Novellierungen dafür, auf diese Hilfskonstruktion zu verzichten und die dogmatisch ohnehin seit jeher überzeugendere Kurskorrektur vorzunehmen. Da durchgreifende Einwände gegen die hier befürwortete Lösung nicht bestehen und allein das „würdige Alter von Institutionen [. . .] nachmittelalterlich kein Geltungsgrund mehr“125 ist, sollte die Krabbenkamp-Formel deshalb für § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB nach alledem zumindest im Bereich der Bauleitplanung aufgegeben und durch die Geringfügigkeitsschwelle ersetzt werden, wie sie aus § 1 Abs. 7 BauGB bekannt ist126. Ob es bei dieser Sachlage überzeugt, aus der gesetzlich nicht verankerten und ursprünglich anders gemeinten Formel Rechtsfolgen für andere Gebiete abzuleiten, bei denen § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB gleichsam „mittelbar“ als Indiziengeber fruchtbar gemacht wird, kann an dieser auf den Rechtsschutz gegen Bauleitpläne bezogenen Stelle dagegen noch dahingestellt bleiben127. III. Kritik zur Schutzweise – Die These von § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB als „Ausprägung“ des allgemeinen Abwägungsgebots nach dem EAG Bau Kritisch zu hinterfragen ist schließlich, ob die nahezu einhellig vertretene Auffassung, bei dem interkommunalen Abstimmungsgebot aus § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB handle es sich auch im Hinblick auf die Schutzweise dieser Vorschrift um eine „besondere Ausprägung“ des allgemeinen Abwägungsgebots aus § 1 Abs. 7 BauGB, nach dem Inkrafttreten des EAG Bau noch in jeder Hinsicht uneingeschränkt überzeugt. 125 So in anderem Zusammenhang die prägnante Formulierung bei Waechter, DV 29 [1996], 47 (59), der dafür plädiert, die Lehre von den Einrichtungsgarantien bei Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG aufzugeben; ähnlich beklagt Ipsen, ZG 1994, 194 (194), die „Zählebigkeit dogmatischer Figuren aus vergangenen Verfassungsepochen“. 126 Im Ergebnis wie hier VGH München, Beschl. v. 05.10.2005 – 1 NE 05.1666, n. v., juris-Tz. 22, wie oben in Fn. 77, näher zitiert; s. ferner die weiteren dort genannten Nachweise und aus der älteren Literatur Rauch, BayVBl. 1980, 612 (614), der dafür plädierte, die materielle Abstimmungspflicht nicht erst bei „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“, sondern bei „jeder Beeinträchtigung der Planungshoheit“ einsetzen zu lassen, und dazu auf Hoppe, in: Menger (Hrsg.), Wolff-FS, S. 307 (313 ff.), verwies, der es bereits als nicht einsichtig bezeichnete, warum nur eine „grobe Nichtbeachtung“ der Abstimmungspflicht beachtlich sein solle, oder die Unterlassung der Abstimmung „wirklich folgenschwer“ sein müsse (a. a. O. S. 314); von einem diesbezüglichen Gleichlauf von interkommunalen Abstimmung und allgemeiner Abwägung ging wohl auch Fingerhut, Gemeindenachbarklage, S. 25 ff., aus. 127 Diese Fragen werden freilich an anderer Stelle näher zu untersuchen sein, vgl. § 14 A. III., C.

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1. Die Problemstellung – „Richtung und Gehalt“ aus dem allgemeinen Abwägungsgebot Wie eingangs gezeigt, ist das BVerwG im Einklang mit den übrigen Verwaltungsgerichten und der ganz h. L. der Ansicht, dass das interkommunale Abstimmungsgebot eine „besondere Ausprägung“ des allgemeinen Abwägungsgebotes aus § 1 Abs. 7 BauGB sei und von diesem „Richtung und Gehalt“ beziehe128. Im Hinblick auf die Schutzweise des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB bedeutete das zumindest bis zum Jahre 2004, dass sich die der Standortgemeinde durch diese Vorschrift auferlegte Abstimmungspflicht inhaltlich in den Bahnen der vom BVerwG entwickelten und in der Literatur – insbesondere von Hoppe – weiter präzisierten und systematisierten traditionellen Abwägungsdogmatik bewegte. Ob das auch nach dem EAG Bau noch der Fall ist, erscheint fragwürdig. Um den Nährboden dieser Zweifel aufzeigen zu können, scheint es hilfreich, zuvor die Grundzüge der traditionellen Abwägungsdogmatik noch einmal kurz zu skizzieren129. Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Die solcherart normierte planungsrechtliche Abwägung fungiert einerseits Mittel zur Gewährleistung der Gestaltungsfreiheit der Standortgemeinde130, dient zugleich aber auch dem rechtsstaatlichen Bedürfnis nach rechtlicher Bindung von autonomen Planungen131. Um diese beiden jeweils verfassungsrechtlich verankerten Positionen sinnvoll auszugleichen, hat das BVerwG132 die bekannte Abwägungsfehlerlehre entwickelt. Danach muss die 128

S. dazu oben § 1 A. I. 1. a) u. c). Näher zur im Folgenden skizzierten Abwägungsstruktur Dürr, Baurecht BW, Rn. 38 ff.; Hoppe, NVwZ 2004, 903 (906 f.); ders., DVBl. 1994, 1033 (1034 f.); ders., in: dems./Bönker/Grotefels, Baurecht, § 5 Rn. 36 ff.; Koppitz/Schwarting, Flächennutzungsplan, Rn. 248 ff.; Peine, Baurecht, Rn. 362 ff.; Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 605 ff.; Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 1 Rn. 186 ff.; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel, Rn. 345 f.; Schulze-Fielietz, Jura 1992, 201 (202, 205); Wickel/Bieback, DV 39 [2006], 571 f.; Mitschang, Bauleitplanung, S. 204 ff. 130 So besteht denn auch Einigkeit in der Einschätzung, dass „Planung ohne gestalterische Gestaltungsfreiheit ein Widerspruch in sich“ wäre, vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 – IV C 105/66, BVerwGE 34, 301 (304); Gassner, DVBl. 1981, 4 (5); ähnlich Halama, DVBl. 2004, 79 (80), der das Planungsrecht als „par excellence das Terrain des Denkens in Alternativen“ charakterisiert; Dürr, Baurecht BW, Rn. 39; Jochum, BauR 2002, 1480 (1481, 1485); ferner Battis in: dems./Krautzberger/Löhr, BauGB, § 2 Rn. 21. 131 Näher zum Gebot gerechter Abwägung BVerwG, Urt. v. 20.10.1972 – IV C 14/ 71, BVerwGE 41, 67 (68 ff.); dass., Urt. v. 07.07.1978 – 4 C 79/76, BVerwGE 56, 110 (122 f.); Dürr, Baurecht BW, Rn. 38; Gaentzsch, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), BerlK-BauGB, § 2 Rn. 5; ausf. Weyreuther, BauR 1977, 293 ff. 132 Erstmals in BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 – IV C 105/66, BVerwGE 34, 301 (309); wegweisend auch das Flachglas-Urteil BVerwG, Urt. v. 05.07.1974 – IV C 129

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Standortgemeinde zunächst überhaupt zur Abwägung bereit und darf nicht von Anfang an auf eine bestimmte Planungsvariante festgelegt sein (Verbot des Abwägungsausfalls133). Sie hat weiter alle abwägungsrelevanten Belange zu ermitteln, die „nach Lage der Dinge“134 betroffen sind, die sich also insbesondere nicht von vornherein als „objektiv geringwertig“135 erweisen (Verbot des Abwägungsdefizits), und sie mit dem ihnen gebührenden Gewicht als Abwägungsposten zu berücksichtigen (Verbot des Abwägungsfehleinschätzung). Schließlich hat die planenden Gemeinde mit einer Entscheidung über das Vorziehen und Zurückstellen von konkurrierenden Belangen ein sachgerechtes Verhältnis zwischen den objektiven Gewichten der gegenläufigen Belange herzustellen (Verbot der Abwägungsdisproportionalität)136. Anhand dieser Maßstäbe prüft das BVerwG jdfs. bisher grundsätzlich137 sowohl den Vorgang als auch das Ergebnis einer konkreten Abwägung138. Zumindest bis zur BauGB-Novelle 2004 war es eine „wohl unumstrittene Kernaussage“139, dass das so strukturierte Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7

50.72, BVerwGE 45, 309 (314 f.); dem folgend die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, s. etwa OVG Münster, Urt. v. 15.03.2006 – 8 A 2672/03, ZfBR 2006, 474 (475); und die Bewertung bei Hoppe, NVwZ 2004, 903 (904): „eine der großen Leistungen des Richterrechts“. 133 Die in der Literatur weit verbreitete Aufteilung der Rechtsprechungsformel zum Abwägungsgebot geht auf Hoppe, BauR 1970, 15 (17), zurück; vgl. Schulze-Fielietz, Jura 1992, 201 (205). 134 BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 – IV C 105/66, BVerwGE 34, 301 (309); dass., Urt. v. 22.06.1979 – 4 C 8/76, BVerwGE 58, 154 (156); dass., Beschl. v. 09.11.1979 – 4 N 1/78 u. a., BVerwGE 59, 87 (101); s. dazu auch Halama, DVBl. 2004, 79 (80). 135 BVerwG, Beschl. v. 09.11.1979 – 4 N 1/78, 4 N 2–4/79, BVerwGE 59, 87 (102, 104); s. dazu Halama, DVBl. 2004, 79 (80); und zu den drei weiteren Einschränkungen (Erkennbarkeit, keine Unwahrscheinlichkeit, keine Schutzunwürdigkeit) SchulzeFielietz, Jura 1992, 201 (203); Koppitz/Schwarting, Flächennutzungsplan, Rn. 249; Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 68; Jäde, in: dems./Dirnberger/ Weiß, BauGB/BauNVO, § 2 BauGB Rn. 25 ff. 136 Das Abstimmungsgebot verbietet es mithin nicht grundsätzlich, dass auch gewichtige Belange im Ergebnis „wegabgewogen“ werden. Dies muss aber abwägungsfehlerfrei geschehen, also insbesondere zur Durchsetzung eines entsprechend bedeutsamen Belangs auf Seite der Standortgemeinde, weil der einmal gefundene Ausgleich nach dem zuvor Gesagten nicht außer Verhältnis zur tatsächlichen Gewichtigkeit der zu berücksichtigenden Belange erfolgen darf (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.07.1974 – IV C 50.72, BVerwGE 45, 309 [314 f.]). 137 Anders beim sog. Abwägungsausfall, weil dieser nur beim Abwägungsvorgang bedeutsam werden könne; s. BVerwG, Urt. v. 05.07.1974 – IV C 50.72, BVerwGE 45, 309 (315). 138 S. BVerwG, Urt. v. 05.07.1974 – IV C 50.72, BVerwGE 45, 309 (312 f., 315); dass., Urt. v. 21.08.1981 – 4 C 57/80, BVerwGE 64, 33 (36 ff.); zust. Hoppe, in: dems./Bönker/Grotefels, Baurecht, § 5 Rn. 36 ff.; 136; Peine, Baurecht, Rn. 370; Wickel/Bieback, DV 39 [2006], 571 f.; Schulze-Fielietz, Jura 1992, 201 (205 f.), die zuletzt Genannten auch m.w. N. zur Kritik an dieser Unterscheidung. 139 So die Einschätzung bei Wickel/Bieback, DV 39 [2006], 571 (572).

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BauGB als materiellrechtliche Anforderung an eine rechtmäßige Planung anzusehen sei140. Diese Auffassung wurde zwar im Grundsatz auch vom Gesetzgeber geteilt141, dennoch kam es insoweit im Zuge des EAG Bau zu einer Modifizierung des traditionellen Abwägungsgebotes. So wurde in § 2 Abs. 3 BauGB n. F. eine Regelung aufgenommen, derzufolge bei „der Aufstellung der Bauleitpläne“ die „Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten“ sind. Diese Anforderung wollte der Gesetzgeber ausdrücklich als „Verfahrensgrundnorm“142 verstanden wissen und ordnete sie in § 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB n. F. den „Verfahrens- und Formvorschriften“ zu. Auf diesem Wege wurde zumindest ein Teilbereich dessen, was bislang als Element der materiellrechtlichen Abwägung des § 1 Abs. 7 BauGB aufgefasst wurde143, nun vom Normgeber dem verfahrensrechtlichen Bereich 140 Vgl. Schneider, Zulässigkeit von FOC, S. 152 („Das zentrale materiellrechtliche Instrument der Bauleitplanung ist das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 6 BauGB“); Stelkens, UPR 2005, 81; Wickel/Bieback, DV 39 [2006], 571 (572). 141 Der Gesetzgeber verfolgte das Ziel, in den §§ 1, 1a BauGB alle materiellrechtlichen Voraussetzungen zu bündeln (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, BTDrs. 15/2250, S. 29 f., 36 f., 42). – Kritisch zur Erreichung dieses Ziels, Stelkens, UPR 2005, 81 (86 f.). 142 So die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 42; krit. dazu Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 64. 143 Unklarheit besteht freilich nach wie vor darüber, welche Teilbereich mit den Begriffen des „Ermittelns und Bewertens“, die offenbar unbesehen aus der Plan-UVPRichtlinie (vgl. Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.06.2001, ABl. L 197, S. 30 [33]) übernommenen wurden, dort freilich auf die auf Umweltbelange reduzierte Umweltverträglichkeitsprüfung zugeschnittenen sind (krit. deshalb Hoppe, NVwZ 2004, 903 [904 f.]), im Einzelnen aus der materiellrechtlichen Abwägung „herausgeschnitten“ wurden. Einigkeit besteht wohl (nicht eindeutig allerdings Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 65 einerseits, Rn. 76, 78 andererseits, der in Rn. 80 zum Schluss kommt, es bleibe „unklar was eigentlich gemeint sein soll“) darin, dass zumindest die Prüfung, ob bestimmte Mängel abwägungsbeachtlich sind oder nicht (Abwägungsdefizit), unter § 2 Abs. 3 BauGB fallen, zweifelhaft ist dagegen, ob auch die Gewichtung der für beachtlich befundenen Belange (Abwägungsfehleinschätzung) hierunter zu fassen ist (in diese Richtung wohl die Begründung des Regierungsentwurfs in BT-Drs. 15/2250, S. 63; Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 214 BauGB Rn. 32; Uechtritz, ZfBR 2005, 11 [14]; ders., in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Änderungen des BauGB, S. 27 (35); abl. dagegen Stelkens, UPR 2005, 81 [83 f.]; Kraft, UPR 2004, 331 [333]), oder gar „der Abwägungsvorgang gänzlich abgedeckt“ wird (so Erbguth, Jura 2006, 9 [15]; ders., DVBl. 2004, 802 [804, 806], und wohl auch die Intention des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren, s. dazu BT-Drs. 25/2250, S. 87 f.). – Für die zuletzt genannte Auslegung spricht, dass § 214 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 BauGB n. F., der § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB a. F. entspricht, im Gesetzgebungsverfahren erst gestrichen werden sollte und auf Empfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (nur) als „Angstklausel vor der Dritten Gewalt“ oder „Sicherheitsreserve“ (Kraft, UPR 2004, 331 [333]) aufgenommen wurde, um zu verhindern, dass einzelne Fehler im Abwägungsvorgang entgegen der alten Rechtslage nun gänzlich aus der Fehlerfolgenregelung fallen würden, falls die Praxis die Begriffe des „Ermittelns und Bewertens“ in einem engeren Sinne auslegen würden (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 87 f., 96, sowie die Beschlussempfeh-

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der Rechtmäßigkeitsanforderungen an die Bauleitpläne zugeschrieben144. Die Bedeutung dieser dogmatischen Neubestimmung der Rechtsnatur hat erhebliche Folgen für die Wirksamkeit eines Bauleitplans, weil die nun als formell anzusehenden Vorgänge unter § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB fallen, sodass sie unbeachtlich sind, wenn sie die dort genannten Voraussetzungen erfüllen, und es nach § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB selbst dann noch werden können, wenn das nicht der Fall ist145. Diese „Umrubelung“146 der Struktur des allgemeinen Abwägungsgebots ist in der Literatur auf breite Kritik gestoßen, bei der der Vorwurf mangelnder Praktikabilität noch der zurückhaltendste sein dürfte147. Denn es wird nicht nur grundsätzlich in Zweifel gezogen, ob der Gesetzgeber überhaupt in der Lage sei, einen Vorgang, welcher der Sache nach inhaltliche Anforderungen aufstelle, einfach durch eine Zuordnung zu verfahrensbezogenen Vorschriften zu einem formellen zu machen148. Vielmehr wird auch darauf hingewiesen, dass dieser lung des 14. Ausschusses, BT-Drs. 15/2996, S. 71; kritisch zu dieser auf Befürchtungen gegenüber der Praxis aufbauenden Gesetzgebungstechnik Wickel/Bieback, DV 39 [2006], 571 [580]). Daran zeigt sich, dass der Gesetzgeber § 214 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 BauGB nicht aufgenommen hat, um eine Differenzierung innerhalb des Abwägungsvorgangs anzuordnen, sondern um „Schlimmeres“ zu verhindern, falls sie entgegen seiner Intention von der Rechtsprechung nicht durchgeführt wird. Dann aber wird man davon auszugehen haben, dass der Gesetzgeber vorrangig eine weite Auslegung dieser Begriffe erreichen wollte. 144 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 63; unter Verweis auf BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 138, wo es heißt, dass „Abwägungsvorgang und das auf die Ermittlung, Zusammenstellung und Bewertung der Belange bezogene Verfahren [. . .] zwei Seiten ein und derselben Medaille“ seien. 145 Etwaige nicht von §§ 2 Abs. 3, 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfasste Elemente des (bisher einheitlich charakterisierten) Abwägungsvorgangs sind zwar weiterhin als materielle Planvorgaben aufzufassen, können aber nach §§ 214 Abs. 3 S. 2 Hs. 2, 215 Abs. 1 Nr. 3 BauGB unbeachtlich sein bzw. werden. – Nach, soweit ersichtlich, einhelliger Auffassung werden Fehler im Abwägungsergebnis dagegen generell nicht von § 214 Abs. 1 u. 3 BauGB erfasst (vgl. Erbguth, DVBl. 2004, 802 [808]; Stelkens, UPR 2005, 81 [83, 84]; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. IV, § 214 Rn. 6; Uechtritz, ZfBR 2005, 11 [14]; Upmeier/Brandenburg, Baugesetzbuch 2004, S. 188). Das entspricht in der Tat der Absicht des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 15/2550, S. 63, 65). 146 S. Erbguth, DVBl. 2004, 802 (807). 147 Vgl. Stelkens, UPR 2005, 81 (87 f.): „Die Prüfung der Beachtlichkeit von Abwägungsfehlern wird [. . .] zu einer Denksportaufgabe, die durch ihre Teilanknüpfung an bisher unbekannte Unterscheidungen zwischen materiellrechtlichen Gewichtungsfehlern (§ 1 Abs. 7 BauGB) und verfahrensrechtlichen ,Bewertungsfehlern‘ (§ 2 Abs. 3 BauGB) zwar an intellektuellem Reiz gewinnt, nicht jedoch an Praktikabilität“. 148 Abl. daher Erbguth, Jura 2006, 9 (14): „Vorzuhalten ist dem Gesetzgeber, dass er unzulässigerweise die Sachgesetzlichkeiten seines Regelungsgegenstandes ignoriert hat, nämlich den unverrückbar inhaltlichen Charakter der Ermittlung und Bewertung als Gegenstand des Abwägungsvorgangs. [. . .] Ob damit die inhaltliche Seite des Abwägungsvorgangs, die hierauf gerichtete gerichtliche Überprüfung und die diesbezüglichen materiellen Fehlerfolgen gänzlich verfahrensrechtlich usurpiert worden sind, er-

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„sachlich nicht zutreffend[e] und systemwidrig[e]“149 Vorgang der „Umetikettierung“150 i.V. m. dem durch die BauGB-Novelle 2007 erneut verschärften151 § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu dem an Art. 14 Abs. 1, 20 Abs. 3 GG gemessen zumindest bedenklichen Ergebnis führe, dass nun erstmals Fehler im Abwägungsvorgang entweder von Anfang an unbeachtlich seien152 oder nach bereits einem Jahr unbeachtlich würden153. Das alles sei umso bedenklicher, als der Gesetzgeber nie erläutert habe, worin überhaupt der Sinn dieses Eingriffs in die traditionelle Abwägungsdogmatik liegen solle154. scheint [. . .] mehr als fraglich“; noch pointierter ders., DVBl. 2004, 802 (807), der darauf hinweist, dass der Gesetzgeber auch „die Anforderungen der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns [nicht] in alleiniges Verfahrensrecht ,umrubeln‘“ dürfe; ähnlich Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 215 Rn. 34; skeptisch auch Uechtritz, ZfBR 2005, 11 (14 f., 20); abl. ferner Quaas/Kukk, BauR 2004, 1541 (1550): „nicht zutreffend und systemwidrig“; ähnl. dies. in: Schrödter, BauGB, § 214 Rn. 46; insoweit auch Happ, NVwZ 2007, 304 (307): „indisponible materielle Abwägungsstandards“; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 214 Rn. 72; Kraft, UPR 2004, 331 (333), ist dagegen der Ansicht, dass der Gesetzgeber „über hergebrachten dogmatischen Klassifizierungen steht“; Wickel/Bieback, DV 39 [2006], 571 (582 ff.), gehen davon aus, dass dies zumindest für die ersten drei Stufen des traditionellen Abwägungsmodells gelte. 149 Quaas/Kukk, BauR 2004, 1541 (1550). 150 Uechtritz, ZfBR 2005, 11 (14 f., 20). 151 Näher zur Verkürzung der vormals zwei- auf eine nun einjährige Frist durch die BauGB-Novelle 2007 Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 2007, 121 (128); Blechschmidt, ZfBR 2007, 120 (124); und krit. Starke, JA 2007, 488 (489); Uechtritz, BauR 2007, 476 (485). 152 Quaas/Kukk, BauR 2004, 1541 (1545 f.), argumentieren, dass sich das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Gebot der gerechten Abwägung auch auf den Abwägungsvorgang erstrecke, weshalb es „zweifelhaft“ sei, „ob der Gesetzgeber diesen lediglich als formalen Verfahrensschritt einstufen und bestimmte Verfahrensfehler für unbeachtlich erklären kann“. 153 Kritisch bereits zur Neuregelung durch das EAG Bau, bei dem in § 215 Abs. 1 BauGB noch die zweijährige Frist vorgesehen war, Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 215 Rn. 19; Erbguth, DVBl. 2004, 802 (809); und noch skeptischer Uechtritz, ZfBR 2005, 11 (17 ff.); ders., in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Änderungen des BauGB, S. 27 (44 f.); sowie zur Neuregelung ders., BauR 2007, 476 (485), der nun erst recht Zweifel daran äußert, „ob mit der neuen – kurzen – Jahresfrist des § 215 BauGB ein (noch) angemessener und vertretbarer Ausgleich der widerstreitenden Interessen gefunden worden ist“; die Vermutung von Möstl, DV 39 [2006], 302, dass sich durch die Neuregelung zu §§ 8 Abs. 3, 214 Abs. 1 Nr. 1, 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB „im Ergebnis wenig änder[n mag]“, dürfte schon vor diesem Hintergrund aus zu zurückhaltend sein. 154 Vgl. Stelkens, UPR 2005, 81: „Leider bleiben [. . .] Änderungsziel, Änderungsrichtung und letztlich auch Änderungszweck diffus. Die [. . .] Entstehungsgeschichte des EAG Bau ist insoweit wenig aussagekräftig – vielmehr belegt sie, dass sich die Beteiligten offenbar selbst nicht ganz sicher waren, welche Folgen sich aus der Reform der Planerhaltungsvorschriften ergeben würden. [. . .] Ein komplizierter Rechtszustand wird durch eine unklare Regelung in eine unklare Richtung geändert“; ähnlich Schmidt-Eichstaedt, ZfBR 2005, 751 (761): „Die Neuregelungen sind selbst für geübte Juristen kaum zu durchschauen. Der Gesetzgeber hätte gut daran getan, wenn er klar

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Wenn nun das BVerwG seit jeher die Auffassung vertrat, das interkommunale Abstimmungsgebot aus § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB beziehe „Richtung und Gehalt“ aus dem allgemeinen Abwägungsgebot, dann wurde das zumindest bis 2004 im Hinblick auf die Schutzweise dieser Vorschrift durchweg als Verweis auf die traditionelle Abwägungsstruktur verstanden, wie sie eingangs skizziert und bis 2004 wohl einhellig zu § 1 Abs. 7 BauGB vertreten wurde155. Angesichts des durch das EAG Bau bewirkten, erheblichen Eingriffs des Gesetzgebers in diese klassische Struktur muss sich die Frage stellen, ob die „Richtung-und-Gehalt“These des BVerwG nun gleichsam als „dynamischer Verweis“ auf das neu ausgerichtete Abwägungsgebot zu verstehen ist, oder ob es für § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB – anders als für § 1 Abs. 7 BauGB – bei der bis 2004 allgemein akzeptierten Abwägungsstruktur bleibt. In der seit 2004 zu § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB ergangenen Rechtsprechung scheint es an einem diesbezüglichen Problembewusstsein zu fehlen156. Soweit die Literatur nicht ohnehin Wege sucht, die Bedeutung der Neuregelungen der §§ 2 Abs. 3, 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB n. F. so weit als möglich zu relativieren157, wird zwar vielfach für eine restriktive Handhabung der Neuregelunherausgestellt hätte, welche Ziele er mit seinen Regelungen verfolgt“; Sinnfragen werden auch von Hoppe, NVwZ 2004, 903 (905), und Wickel/Bieback, DV 39 [2006], 571 (579), aufgeworfen. – Sollte der Sinn der Neuregelung in der erklärten Absicht des Gesetzgebers zu sehen sein, den Verfahrensrechte der Beteiligten unter dem Eindruck der europarechtlichen Rechtsverständnisses einen höheren Stellenwert einzuräumen (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 27 f., 31 f., 63; BMVBW [Hrsg.], Kommissionsbericht, Rn. 4, 10, 12 f., 136, 138), ist dieses Ziel jdfs. nicht dadurch zu erreichen, dass ein bisher materiellrechtlich verstandener Vorgang einfach als verfahrensrechtlich „umetikettiert“ wird, dies umso weniger, wenn er sogleich einem im Vergleich zur früheren Rechtslage teils strengeren Unbeachtlichkeitsregime unterworfen wird (s. dazu Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 215 Rn. 26; Uechtritz, ZfBR 2005, 11 [20]; dens., in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Änderungen des BauGB, S. 27 (49); und Erbguth, DVBl. 2004, 802 f., der darauf hinweist, dass es ohnehin unrichtig wäre, dem Gemeinschaftsrecht eine „Verabsolutierung des Verfahrensrichtigkeit“ unter „Ausblendung der inhaltlichen Kontrolle“ zu unterstellen; diesbezügliche Skepsis auch bei Berkemann, a. a. O. Rn. 24 [„mehr als fraglich“]; Quaas/Kukk, BauR 2004, 1541 [1545, 1551]; Happ, NVwZ 2007, 304 [305]). 155 S. statt aller VGH München, Urt. v. 03.05.1999 – 1 N 98/1021, BayVBl. 2000, 273 (275); Wurzel/Probst, DVBl. 2003, 197 (198); vgl. ferner die weiteren Nachweise oben in den Fn. 55 u. 56. 156 Vgl. OVG Weimar, Urt. v. 20.12.2004 – 1 N 1096/03, ThürVBl. 2005, 162 (163; juris-Tz. 69, 77), das ohne weitere Problematisierung dieser Frage davon auszugehen scheint, dass die Neuregelung auch § 2 Abs. 2 BauGB erfassen. 157 S. etwa Uechtritz, ZfBR 2005, 11 (15); u. dens., in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Änderungen des BauGB, S. 27 (37), der künftig von einem „Doppelcharakter des Abwägungsvorgangs“ ausgehen will, „der eine formelle und materielle Seite einschließt“ – er akzeptiert aber doch, dass der Abwägungsvorgang für Zwecke der gerichtlichen Kontrolle [. . .] gewissermaßen im Wege einer Fiktion“ nur als Verfahrensvorgang zu beachten sein soll; ähnlich Erbguth, Jura 2006, 9 (13 f.), der sich weigert, die „materiellrechtliche Ausrichtung“ des Abwägungsvorgangs neu zu bestimmen, der Neureglung aber eine Bedeutung für die „gerichtliche Kontrollperspektive“ beimisst;

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gen plädiert158. Auch diese Plädoyers beziehen sich aber durchweg nur auf die Behandlung des allgemeinen Abwägungsgebots selbst, nicht aber auf sein Verhältnis zum interkommunalen Abstimmungsgebot aus § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB. 2. Die Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB Ob sich § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB auf die traditionell verstandene Abwägungsdogmatik bezieht oder aber den Wandel in der Struktur des § 1 Abs. 7 BauGB im Gleichschritt mitvollzogen hat, ist daher im Wege der Auslegung jener Vorschrift und der Neuregelungen zu ermitteln. a) Die grammatische Interpretation Eine Betrachtung des Wortlauts der einschlägigen Vorschriften spricht eher gegen die Annahme, das interkommunale Abstimmungsgebot sei von der Modifizierung des § 1 Abs. 7 BauGB erfasst. So verwendet § 1 Abs. 7 BauGB die Verbform des Begriffs der „Abwägung“ und § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB den Ausdruck der „Abstimmung“. Wenn nun der Grundstein der Neuregelung mit § 2 Abs. 3 BauGB n. F. nach diesen beiden Vorschriften eingeordnet wurde, eine dogmatische Aufspaltung der Vorgänge aber dennoch nur für die „Abwägung“ erzwingt, legt das zumindest bei unbefangener Betrachtung die Annahme nahe, diese Vorschrift beziehe sich nur auf § 1 Abs. 7 BauGB. b) Die systematische Auslegung im Lichte der BauGB-Novellen 2004 und 2007 Eine Gegenüberstellung von § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB und § 1 Abs. 7 BauGB bestätigt diese restriktive Tendenz aus systematischer Hinsicht. So ist es einem Normgeber zwar nicht generell verwehrt, auch Vorschriften mit nur klarstellendem Charakter zu schaffen. Aus rechtsmethodischer Sicht ähnlich bereits ders., DVBl. 2004, 802 (807): „janusköpfiger Charakter“; und wohl auch Kirchmeier, in: Ferner/Kröninger, BauGB, 2005, § 215 Rn. 40, sowie Quaas/ Kukk, in: Schrödter, BauGB, § 214 Rn. 46; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 214 Rn. 71 f. Hoppe, NVwZ 2004, 903 (905, 910), sprach sich gar dafür aus, es „grundsätzlich bei der [. . .] Abwägungsdogmatik und ihren Abwägungsphasen und der sich spezifisch sich darauf stützenden Abwägungsfehlerlehre zu belassen“, und § 2 Abs. 3 des novellierten BauGB zu streichen. Nach dem Inkrafttreten geht Happ, NVwZ 2007, 304 (307), davon aus, dass der Gesetzgeber im Ergebnis „nichts Neues zur Abwägung“ beigetragen habe, weil es „wegen des verfassungsrechtlichen Kerns des Abwägungsgebots nichts umzuadressieren gab“. 158 In diese Richtung Uechtritz, ZfBR 2005, 11 (19); ders., in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Änderungen des BauGB, S. 27 (46); Hoppe, NVwZ 2004, 903 (905); Quaas/ Kukk, BauR 2004, 1541 (1545 f.).

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streitet aber doch eine Vermutung dafür, dass der Gesetzgeber keine überflüssigen Regelungen schafft159. Es fragt sich aber, ob sich § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB nicht als eine solcherart überflüssige Regelung erweist, wenn man nicht bereit ist anzunehmen, dass die 2004 bewirkte Modifizierung des § 1 Abs. 7 BauGB nicht auf die im Rahmen des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB erforderliche Abwägung durchschlägt. Wenn man diese Annahme nämlich teilt, unterscheidet sich § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB wenigstens im Hinblick auf seine Schutzweise von § 1 Abs. 7 BauGB und behält dadurch eine eigenständige Bedeutung. Teilt man diese Annahme dagegen nicht, hat jene Vorschrift – jdfs. heute – bei näherer Betrachtung einen allenfalls noch klarstellenden Charakter gegenüber § 1 Abs. 7 BauGB und wäre damit (zumindest in dem einzigen Bereich, in dem sie unmittelbar anwendbar ist160) an sich überflüssig. Das soll im Folgenden entlang der Phasen und Wirkungsweisen belegt werden, die herkömmlich mit der Abwägungslehre verbunden werden. aa) Eigenständiger Regelungsgehalt in der ersten Phase (Ermitteln von Belangen)? Keinen eigenständigen Regelungsgehalt bietet § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB in Bezug auf die erste Phase der allgemeinen Abwägungsdogmatik, in der von der planenden Standortgemeinde verlangt wird, im Wege einer Grobselektion herauszufiltern, welche Belange Dritter abstrakt abwägungsrelevant sind161. In dieser Phase muss sich die Standortgemeinde zwar vergegenwärtigen, dass – wie das BVerwG bereits im Krabbenkamp-Urteil bei der Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB herausgestellt hat162 – eine interkommunale Abstimmung nicht nur bereits bestehende Bauleitpläne der Nachbargemeinde zu berücksichtigen hat, sondern auch ohne solche Pläne einsetzt, wenn die Nachbargemeinde in ihren städtebaulichen Belangen nur hinreichend gewichtig beeinträchtigt ist. Diese Aussage könnte auch in der Tat nicht aus § 1 Abs. 7 BauGB abgeleitet werden. Dennoch ist zu beachten, dass die Auffassung des BVerwG – so zutreffend sie im Ergebnis ist – genau betrachtet ebenso wenig in § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB wurzelt. Der Wortlaut dieser Vorschrift legt, wie oben angedeutet163, an 159 Vgl. dazu Schenke, AöR 131 [2006], 117 (119); Wank, Auslegung, S. 99: „[Der Interpret wird die Norm] nicht so eng auslegen, dass für sie im Verhältnis zu anderen Normen kein Anwendungsbereich verbleibt.“ 160 S. dazu, dass es auch in den Bereichen, in denen das BVerwG gleichsam „mittelbar“ auf den „Rechtsgedanken“ des § 2 Abs. 2 BauGB zurückgreifen will, nicht zwingend eines Abstellens auf diese Vorschrift bedarf, um die vom BVerwG gewünschten Ergebnisse zu erzielen, unter § 14 A. III, C. 161 S. statt aller Hoppe, in: dems./Bönker/Grotefels, Baurecht, § 5 Rn. 47. 162 S. erneut BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (330 f.), und dazu oben § 1 A. I. 1. a). 163 S. § 1 A. I. 1. a).

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sich nämlich gerade das gegenteilige Ergebnis nahe, da er eben nur von einer Abstimmung von „Bauleitplänen“ spricht. Deshalb hat das BVerwG seine extensivere Ansicht eben nicht aus § 2 Abs. 2 BauGB selbst abgeleitet, sondern sich dazu auf die in Art. 28 Abs. 2 GG wurzelnde Erwägung gestützt, dass die Nachbargemeinde der Standortgemeinde in einem Verhältnis der Gleichordnung gegenüberstehe, das ein im Vergleich zu „übergeordneten“ Fachplanungsträgern höheres Maß an Rücksichtnahme gebiete164. Schon im Krabbenkamp-Urteil stellte es denn auch klar, dass es zu diesem Auslegungsergebnis nur „vor dem Hintergrund der Planungshoheit“165 gelangt, der es insofern gebiete, § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB „erweiternd“166 [sic!] auszulegen. In der ersten Phase der Ermittlung von Belangen bedarf es der Regelung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB daher nicht. Mit ihrem (zu) eng gefassten Wortlaut verursacht diese Vorschrift dort vielmehr im Gegenteil einen Begründungsaufwand, der ohne sie nicht erforderlich wäre. bb) Eigenständiger Regelungsgehalt in der zweiten Phase (Einstellen von Belangen)? Dass sich aus § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB in der von der Rechtsprechung befürworteten und der Literatur weitgehend übernommenen Auslegung keine anderen Vorgaben und Maßstäbe zu entnehmen sind, als sie sich ohnehin schon aus § 1 Abs. 7 BauGB ergäben, gilt auch für die zweite Abwägungsphase und der damit verbundenen Frage der (konkreten) Abwägungsrelevanz von Belangen Dritter. Wenn man der hier vertretenen Auffassung folgt, dass der Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB wie der des § 1 Abs. 7 BauGB dann eröffnet ist, wenn die Belange der Nachbargemeinde in mehr als geringfügiger Weise betroffen sind, liegt es ohnehin auf der Hand, dass sich beide Vorschriften insoweit nicht unterscheiden. Aber auch wenn man die bisher überwiegend vertretenen Ansicht zugrundelegen wollte, dass § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB erst bei „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ zum Tragen kommen könne, kommt dieser Vorschrift gegenüber jener zumindest auf dem Gebiet, in dem sie unmittelbar anwendbar ist – bei der Aufstellung von Bauleitplänen also – eine nur noch klarstellende Funktion zu. Das hat der Sache nach auch das BVerwG in seinem Mülheim-Kärlich164 Vgl. BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (330 f.); s. dazu auch BVerwG, Urt. v. 09.02.2005 – 9 A 62/03, UPR 2005, 272 (274), zu dem gleichsam umgekehrten Fall, in dem sich eine Nachbargemeinde einer Standortgemeinde gegenüber nicht auf § 2 Abs. 2 BauGB berufen kann, wenn diese nicht im Rahmen der Bauleitplanung, sondern der der Fachplanung handle. 165 BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (328). 166 BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (331) – Hervorhebung durch den Verf.

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Urteil anerkannt, wenn es dort formulierte: „Eine verfahrensmäßig-formelle und eine materiell-inhaltliche Abstimmung ist nach den zum Abwägungsgebot entwickelten Grundsätzen geboten, wenn nachbarliche Belange in mehr als geringfügiger Weise nachteilig betroffen sind. Sie ist erst recht erforderlich, wenn auf Grund ,unmittelbarer Auswirkungen gewichtiger Art‘ auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Nachbargemeinde [. . .] ein qualifizierter Abstimmungsbedarf besteht“167. Nachdem das BVerwG in der Zweibrücken-Entscheidung unter Beifall der insoweit ganz h. L. anerkannt hat, dass die Nachbargemeinden in der planungsrechtlichen Abwägung im Hinblick auf den erforderlichen Beeinträchtigungsgrad nicht schlechter stehen dürfen, als sonstige Dritte168, kommt es auf die Prüfung der Krabbenkamp-Formel für die Frage nach dem „Ob“ des interkommunalen Schutzes im Ergebnis nicht mehr an. Auch wenn man also die Krabbenkamp-Formel im Bereich der Bauleitplanung auch heute noch bei § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB verorten will, hat sie dort eine allenfalls klarstellende Bedeutung169. cc) Eigenständiger Regelungsgehalt in der dritten Phase (Gewichtung von Belangen)? Gleiches gilt auch für die dritte Phase und dem dort verankerten Gebot, die abwägungserheblichen Belange mit dem ihnen objektiv zukommenden Gewicht in die Abwägung einzustellen. § 1 Abs. 7 BauGB selbst enthält keine Aussage darüber, mit welchem Gewicht die jeweils betroffenen Belange in der Abwägung zu berücksichtigen sind170. Man könnte daher zwar erwägen, ob sich § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB nicht zumindest in der Weise von jener Vorschrift unterscheidet, dass er – anders als jene – den „besonderen“ Belangen der Nachbargemeinde selbst ein „hohes Gewicht“ zuschreibt. In diese Richtung scheint die Formulierung des BVerwG zu deuten, wonach „[d]iese Bestimmung“, also § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB, „dem Interesse der Nachbargemeinde, vor Nachteilen bewahrt zu werden, besonderes 167 BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (223), Hervorhebung durch den Verf. 168 S. erneut BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (32 f.), und oben unter § 1 A. I. 1. c). 169 Ebenso Halama, DVBl. 2004, 79 (80 ff.), der insofern resümiert: „Nach der Konzeption, die [scil.: der Zweibrücken-Entscheidung] zugrunde lag, dient die ,Krabbenkamp‘-Formel mithin nicht mehr als Hilfsmittel, um die Abwägungsrelevanz im Rahmen des § 1 Abs. 6 BauGB [scil.: § 1 Abs. 7 BauGB 2004] zu verdeutlichen [. . .].“. 170 Es ist vielmehr Sache der Standortgemeinde jedem Belang das ihm nach den einschlägigen rechtlichen Vorgaben und den tatsächlichen Gegebenheiten jeweils im Hinblick auf seine abstrakte Wichtigkeit und das konkrete Ausmaß der Beeinträchtigung zukommende „objektive Gewicht“ beizumessen. Dazu näher Dürr, Baurecht BW, Rn. 38; Hoppe, in: dems./Bönker/Grotefels, Baurecht, § 5 Rn. 39, 71.

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Gewicht“ verleihe171. Doch auch wenn man die Vorschrift so auslegen wollte172, käme ihr eine allenfalls klarstellende Funktion zu, weil sich bereits aus den im Lichte des Art. 28 Abs. 2 GG ausgelegten §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 S. 1 BauGB ergibt, dass der öffentliche Belang „Planungshoheit“ der Nachbargemeinde im Gleichordnungsverhältnis zur Standortgemeinde ein „besonderes“ Gewicht einnehmen muss173. Nichts anderes gilt insoweit für die Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“. Das BVerwG entnimmt zwar § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB die Rechtsfolge, dass der Belang der betroffenen Gemeinde im Falle „gewichtiger Auswirkungen“ auch mit einem dieser Beeinträchtigungsintensität entsprechenden Gewicht in der Abwägung der planenden Gemeinde zu Buche zu schlagen hat und nur zugunsten eines vergleichsweise höher gewichtigeren Belangs zurückgesetzt werden kann174. Auch diese Zuordnung mag in der Sache nicht zu beanstanden sein, enthält aber gegenüber § 1 Abs. 7 BauGB keine „Besonderheit“. Denn auch nach dieser „allgemeinen“ Vorschrift sind Belange, die aufgrund des Grades der konkreten Auswirkungen ein besonders Gewicht erlangen, mit eben dieser gewichtigen Bedeutung in die Abwägung einzustellen und zu berücksichtigen175. dd) Eigenständiger Regelungsgehalt in der vierten Phase (Planungsentscheidung)? Auch auf der „letzten“ Ebene des zum allgemeinen Abwägungsgebot entwickelten Modells – auf der Stufe der „Abwägungs(dis)proportionalität“ also – 171 S. erneut BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (32): „Benachbarte Gemeinden, die sich in einer Konkurrenzsituation befinden, dürfen von ihrer Planungshoheit nicht rücksichtslos zum Nachteil der anderen Gebrauch machen; das Interesse der Nachbargemeinde, vor Nachteilen bewahrt zu werden, hat besonderes Gewicht“ (Hervorhebungen im Text und hier durch den Verf.); ebenso OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.09.2005 – 1 MN 113/05, NVwZ-RR 2006, 246 (247); s. auch Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub II.1.a.; Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 99, 110; Janning, BauR 2005, 1723 (1730). 172 Was angesichts ihres Wortlauts durchaus nicht zwingend ist; vgl. etwa Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, 2005, § 2 Rn. 39, der der Ansicht ist, dass zumindest S. 2 des § 2 Abs. 2 BauGB für seinen Anwendungsbereich keine Aussage darüber enthalte, „mit welcher Intensität die Auswirkungen bei der interkommunalen Abwägung zu berücksichtigen sind“. 173 So leitet etwa Kuschnerus, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 1 (6 f.), zitiert auch in Unland, NuR 2004, 159, das „besondere Gewicht“ der Planungshoheit der Nachbargemeinden aus der Verfassung selbst ab; im Ergebnis ähnlich geht auch Halama, DVBl. 2004, 79 (81, 83 a. E.), davon aus, dass die sich Bedeutung der Krabbenkamp-Formel für die Stufe des Planungsrechts „in engen Grenzen“ bewegt und heute nicht mehr als Hilfsmittel dazu dient, „die Abwägungsrelevanz im Rahmen des § 1 Abs. 6 BauGB“ [scil. a. F.] zu verdeutlichen“; ihm folgend Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (809). 174 S. Halama, DVBl. 2004, 79 (81). 175 Vgl. statt aller Reidt in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 634, 641.

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weist § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB keinen „besonderen“ Gehalt gegenüber dem allgemeinen Abwägungsgebot auf. Wie bereits angedeutet, wird in dieser letzten Phase von der planenden Gemeinde gefordert, einen Ausgleich von konkurrierenden Belangen zu treffen, indem sie bei der Entscheidung über das Vorziehen und Zurückstellen dieser Belange ein sachgerechtes Verhältnis zwischen deren objektivem Gewicht herstellt: „Der Abgleich darf nicht außer Verhältnis zur objektiven Gewichtigkeit der einzelnen auszugleichenden Belange erfolgen, er muss proportional sein“176. Dieser Teil der Abwägung wird also – wie das Abwägungsgebot insgesamt – als Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes verstanden177. Nun hat namentlich Brohm schon seit geraumer Zeit die Auffassung vertreten, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz für die Lösung interkommunaler Konflikte nicht recht passe, weil es „evident“ sei, dass im Verhältnis von zwei hierarchisch gleichrangigen Kompetenzträgern prinzipiell keinem davon ein Vorrang gebühre, sodass sich die Frage, „auf wessen Seite [. . .] das Übermaßverbot zur Kompetenzabgrenzung Anwendung finden soll“, dort anders als in einem (etwa intrakommunalen) Subordinationsverhältnis nicht beantworten lasse. Er hat daher als Alternative vorgeschlagen, den interkommunalen Konflikt über das „Gebot der kompetenziellen Rücksichtnahme“ zu lösen, das sich seinerseits an dem „Optimalprinzip“ der praktischen Konkordanz ausrichte178. In einer Weise, die jdfs. auf den ersten Blick an die Terminologie Brohms erinnert, hat nun auch der Gesetzgeber im Zuge des EAG Bau formuliert, dass das interkommunalen Abstimmungsgebot ein „Ausdruck der Gebots gegenseitiger Rücksichtnahme“179 sei und sich damit in verschiedene Äußerungen aus Rechtsprechung und Literatur eingereiht, wonach das interkommunale Abstimmungsgebot bezwecke, Ergebnisse zu vermeiden, die sich für die Nachbargemeinde als „rücksichtslos“180 oder „unzumutbar“181 darstellten. Daher wäre allenfalls zu erwägen, ob § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB sich insoweit gegenüber dem allgemei176

Hoppe, NVwZ 2004, 903 (907); vgl. bereits dens., BauR 1970, 15 (17). S. etwa Hoppe, in: dems./Bönker/Grotefels, Baurecht, § 5 Rn. 83; Peine, Baurecht, Rn. 381. 178 Vgl. Brohm, Baurecht, § 6 Rn. 15; dens., DÖV 1989, 429 (437 f.); s. auch Kim, Planungshoheit, S. 82 f.; Oebbecke, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Hoppe-FS, S. 239 (251 f.); Sympathie auch bei Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1128): „bemerkenswerte Auffassung“. 179 Vgl. erneut die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 41. 180 Vgl. BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (32); OVG Greifswald, Urt. v. 04.05.2004 – 3 K 35/99, n. v., juris-Tz. 36; OVG Lüneburg, Beschl. v. 07.03.2002 – 1 MN 3976/01, BRS 65 Nr. 39, S. 187 (190); Berkemann, in: dems./ Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 4 f.; Gaentzsch, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), BerlKBauGB, § 2 Rn. 14; Krautzberger/Stüer, DVBl. 2004, 781 (781); Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 110; W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 42; Schlichter/Stich, BauGB 1998, § 2 Rn. 4; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel, Rn. 348. 177

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nen Abwägungsgebot als „besonders“ erweist, als dort anders als hier keine Prüfung anhand des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, sondern anhand eines am Prinzip praktischer Konkordanz ausgerichteten „Rücksichtnahmegebots“ zu erfolgen hat182. Auch davon ist aber bei näherer Betrachtung nicht auszugehen. Abgesehen davon, dass die These Brohms, das Übermaßverbot könne in Gleichordnungsverhältnissen von vornherein strukturell nicht angewendet werden, ohnehin nicht überzeugt183, ist entscheidend, dass die Formulierung aus dem Regie181 Vgl. Gaentzsch, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), BerlK-BauGB, § 2 Rn. 14; Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 632; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 110: „Allgemeiner Maßstab für die gegenseitigen Verpflichtungen im Rahmen der gemeindenachbarlichen Abstimmungspflicht sind vor allem die Zumutbarkeit bzw. Tragbarkeit von Auswirkungen und Folgen eines Bauleitplans [. . .] auf benachbarte Gemeinden“; W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 43; Schlichter/Stich, BauGB 1998, § 2 Rn. 4. 182 So wohl Schneider, Zulässigkeit von FOC, 2003, S. 167 (s. Fn. 430); von einem „Gebot kompetenzieller Rücksichtnahme“ spricht auch Uechtritz, BauR 1999, 572 (575). 183 Die Annahme, im Konfliktfall gleichrangiger Gemeinden gebühre „prinzipiell“ keiner Kompetenz der Vorrang, verkennt, dass das GG für die Ausübung der gemeindlichen Kompetenzen mit dem Merkmal der „Örtlichkeit“ selbst eine Grenze gezogen hat: Die Planungshoheit jeder Gemeinde endet an deren Gemeindegrenze. Wenn diese Grenze durch faktische Auswirkungen überschritten wird, ist das zwar nicht von vornherein unzulässig, in diesem Fall ist aber durchaus ersichtlich, welcher der konfligierenden Kompetenzen hier der „prinzipielle“ Vorrang gebührt: der der beeinträchtigten Gemeinde nämlich. In einem solchen Fall stehen sich also zwei Kompetenzen gegenüber, die zwar staatsrechtlich-abstrakt „gleichgeordnet“ sind, sich aber im konkreten Fall keineswegs uneingeschränkt auf einen „gleichen Rang“ berufen können. Damit kann auch beantwortet werden, „auf wessen Seite“ das Übermaßverbot Anwendung finden soll: auf der der rechtfertigungsbedürftigen Seite der Standortgemeinde, die ihre örtlich radizierte Grenze entgegen der Grundkonzeption des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG überschreitet. Dass nur diese konkrete Betrachtungsweise zutrifft, zeigt sich auch daran, dass das Übermaßverbot auch in anderen Zusammenhängen in „Gleichordnungsverhältnissen“ zur Anwendung kommt, ohne dass gefordert würde, dass einer der Beteiligten ein aus einer hierarchischen „Überordnung“ fließendes Zielvorgaberecht innehaben müsse (vgl. § 227 BGB, § 15 Abs. 1 u. 2 OWiG, § 32 StGB). – Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, die Situation im interkommunalen Konflikt sei nicht der des eingreifenden Staates, sondern vielmehr der zweier Grundrechtsträger vergleichbar, deren jeweils grundrechtlich geschütztes Verhalten kollidiere, eine Konstellation also, für deren Lösung vielfach auf die Rechtsfigur der von Hesse (vgl. dens., Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 72, 317 f.) geprägten sog. praktischen Konkordanz zurückgegriffen wird. Denn der interkommunale Konfliktfall unterscheidet sich von dem grundrechtlichen in zweierlei Hinsicht. Zum einen stehen sich hier nicht nur Rechtsträger gegenüber, sondern auch – und anders als bei Grundrechtsträgern – zwei Hoheitsträger. Übt die Standortgemeinde ihre Planungshoheit aus, so übt sie damit zugleich in zweckgebundener und rechfertigungsbedürftiger Weise öffentliche Gewalt aus, die einen Eingriff in die Rechtssphäre anderer Personen darstellen kann. Zum zweiten ist zu beachten, dass Hesse das Prinzip der praktischen Konkordanz als Auslegungsmittel konzipiert hat, mit dem zum Schutz der Einheit der Verfassung eine Grenzziehung von zwei kollidierenden Verfassungsrechtsgütern namentlich dann ermöglicht werden soll, wenn das GG selbst keine ausdrücklichen Grenzen vorgegeben

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rungsentwurf – ebenso wie vergleichbare Formulierungen aus Literatur und Rechtsprechung – bei Lichte betrachtet nicht i. S. einer Abkehr von der herkömmlichen Abwägungsdogmatik verstanden werden kann. Wenn vielfach zur Umschreibung des Abstimmungsgebots auf den Terminus der „Rücksichtnahme“ zurückgegriffen wird, dann hat das seine historischen Wurzeln in dem Umstand, dass bereits das BVerwG in der Krabbenkamp-Entscheidung die Aussage, das interkommunale Abstimmungsgebot erhalte „Richtung und Gehalt“ aus dem allgemeinen Abwägungsgebot, mit dem Satz ergänzt hat: „Gefordert ist – in dieser Richtung und in diesem Umfang – Rücksichtnahme auf die benachbarten Gemeinden“184. Der eingeschobene Teilsatz zeigt, dass das Gericht mit dem Begriff der „Rücksichtnahme“ 1972 nicht von der in ihren Grundzügen bereits 1969185 entwickelten Abwägungsdogmatik abweichen wollte. Diese These wird von den Ausführungen im Schlachthof-Urteil bestätigt, in denen das Gericht die „Rücksichtnahme“ nur als Umschreibung der 1989 in ihren dogmatischen Grundlagen weiter gefestigten „Abwägung“ verwendet hat186. Dem entspricht es, dass auch die Literatur, so sie denn die verwendete Begrifflichkeit überhaupt näher erläutert, Formulierungen von der Vermeidung „rücksichtsloser“ oder „unzumutbarer“ Ergebnisse durchweg als Verweis auf das Verbot verwendet, abzuwägende Belange in einen außerverhältnismäßigen Ausgleich zu bringen187. hat, wie es bei der Kollision zweier Grundrechte sein kann (vgl. dens. ebd.; Maurer, Staatsrecht I, § 1, Rn. 62.). Das GG hat aber, wie gezeigt, der Ausübung der aus Art. 28 Abs. 2 GG fließenden Befugnisse – wiederum anders als der von grundrechtlichen Freiheiten – ausdrücklich eine örtliche Grenze gezogen und damit bereits einen eigenen grundlegenden Maßstab für etwaige Konfliktfälle vorgegeben. Insoweit ist es nicht notwendig, auf ungeschriebene Auslegungsgrundsätze zurückzugreifen, um Widersprüche zwischen einzelnen Verfassungsrechtsgütern zu vermeiden. Wenn man also Vergleichbarkeitserwägungen für erhellend halten will, so wäre die Parallele ungeachtet der abstrakt-hierarchischen Gleichordnung weniger zum Konflikt zweier Grundrechtsträger zu ziehen, sondern vielmehr zu der Situation des in ein Grundrecht eingreifenden Staates. 184 So BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (331). 185 Vgl. erneut BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 – IV C 105/66, BVerwGE 34, 301 (307 ff., 309). 186 Vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.1989 – 4 C 36/86, BVerwGE 84, 209 (216): „Richtung und Gehalt des Abstimmungsvorgangs ergeben sich aus den Maßstäben des § 1 Abs. 4 und 5 BBauG 1960 [scil.: jetzt § 1 Abs. 6 u. 7 BauGB]. Insbesondere ist bei der Abstimmung das Gebot der sachgerechten Abwägung widerstreitender nachbarlicher Belange zu beachten; auf schutzwürdige Interessen der benachbarten Gemeinde ist Rücksicht zu nehmen“; ähnlich dass., im Zweibrücken-Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/ 01, BVerwGE 117, 25 (32). 187 Eine ausdrückliche Gleichsetzung von „Unzumutbarkeit“ und „Unverhältnismäßigkeit“ erfolgt im Hinblick auf das interkommunale Abstimmungsgebot bei Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 632 („Gefordert ist eine sachgerechte Abwägung der unterschiedlichen Belange, bei der die Belange von Nachbargemeinden nicht unverhältnismäßig und damit unzumutbar zurückgedrängt werden“; Hervorhebung durch den Verf.; ausf. in diesem Sinne auch Rn. 640 f.); ebenso bei Martin,

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Auch auf der „vierten Ebene“ des traditionell zum allgemeinen Abwägungsgebot herangezogenen Modells gestaltet sich die interkommunale Abstimmung also in keiner Weise, die es rechtfertigen könnte, § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB einen „besonderen“, eigenständigen Gehalt im Vergleich zu § 1 Abs. 7 BauGB zuzusprechen188. ee) Eigenständiger Regelungsgehalt in subjektivrechtlicher Hinsicht? Ein eigenständiger Regelungsgehalt könnte dieser Vorschrift nach alledem allenfalls noch im Hinblick auf die Subjektivierung der fraglichen Pflichten der Standortgemeinde zukommen. Auch das ist aber nicht der Fall. Wie gezeigt, ging das BVerwG seit jeher davon aus, dass der interkommunalen Abstimmungspflicht der Standortgemeinde auch ein Abstimmungsanspruch der Standortgemeinde entsprach189. Dieses subjektive Recht konnte das Gericht jdfs. ursprünglich in der Tat nicht aus § 1 Abs. 7 BauGB ableiten, weil es der in dieser Vorschrift normierten Abwägungspflicht keine Ansprüche der von der Abwägung Betroffenen an die Seite stellte190. Ob § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB in Bezug auf die Subjektivierung der interkommunalen Abstimmung tatsächlich einen eigenen normativen Gehalt enthielt, mochte man freilich bereits zur Zeit des Krabbenkamp-Urteils bestreiten, da sich dasselbe Ergebnis auch über eine im Lichte des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG befürwortete Teilsubjektivierung des § 1 Abs. 7 BauGB hätte erzielen lassen. Heute jdfs. kann § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB auch insoweit keine Rechtsfolge mehr normieren, die sich nicht ohnehin aus § 1 Abs. 7 BauGB ergäbe. Denn das BVerwG spricht dem Abwägungsgebot aus § 1 Abs. 7 BauGB im Hinblick auf abwägungserhebliche private Belange seit geraumer Zeit Schutznormcharakter zu, sodass der Einzelne – sei er PlanunterworBWGZ 2001, 95 (96), und Schmitz/Federwisch, Einzelhandel, S. 179; deutlich wird dieser Zusammenhang auch bei Gaentzsch, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), BerlK-BauGB, § 2 Rn. 14: „Rechtswidrig ist eine die Belange der Nachbargemeinde vernachlässigende Planung, wenn diese Belange nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung (§ 1 Abs. 5 und 6 [scil.: BauGB 1987] einbezogen worden sind. Eine [scil.: planende Standort-]Gemeinde braucht also nicht schlechthin ihre eigenen Belange zurückstellen, um Interessen der Nachbargemeinde in jeder Weise zu schützen; es geht um wechselseitige Rücksichtnahme und Fragen der Zumutbarkeit.“ Ähnlich Schneider, Zulässigkeit von FOC, S. 166; vgl. weiter Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 40; Halama, DVBl. 2004, 79 (80). 188 S. dazu, dass die Verwendung des Begriffs „Rücksichtnahme“ im Zusammenhang von § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB – also im Bereich der Bauleitplanung – auch nicht als unbesehener Verweis auf das zum Bereich der Vorhabenzulassung (§§ 29 ff. BauGB) entwickelte „Gebot der Rücksichtnahme“ verstanden werden kann, im vorgehenden Abschnitt. 189 Vgl. erneut BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (328), und dazu A. I. 1. a). 190 Vgl. früher BVerwG, Urt. v. 29.07.1977 – IV C 51/75, BVerwGE 54, 211 (217 f.), zu § 1 BBauG 1960.

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fener oder ein außerhalb des Plangebiets Betroffener191 – verlangen kann, dass der betroffene eigene Belang nach den oben skizzierten Maßstäben „in der Abwägung seinem Gewicht entsprechend ,abgearbeitet‘ wird“192. Gewährt aber diese Vorschrift zumindest heute ein subjektives Recht auf abwägungsfehlerfreie Behandlung der eigenen Belange, enthält § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB selbst im Hinblick auf seine Subjektivierung der Abstimmungspflicht keine „Besonderheit“ mehr gegenüber § 1 Abs. 7 BauGB. ff) Fazit zur systematischen Auslegung Nach alledem zeigt sich, dass die Rechtsfolgen, welche die Rechtsprechung der Regelung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB für den Rechtsschutz der Nachbargemeinde gegen Bauleitpläne der Standortgemeinde entnimmt, zumindest heute auch ohne diese Vorschrift ohne weiteres aus dem verfassungskonform ausgelegten § 1 Abs. 7 BauGB abgeleitet werden können193. Nun mag man freilich dagegen einwenden wollen, dass § 2 Abs. 2 BauGB in der Auslegung der Rechtsprechung doch zumindest insoweit eine eigenständige 191 Ein subjektives Recht auf fehlerfreie Abwägung können nicht nur Eigentümer (Pächter, Mieter) von Grundstücken im Plangebiet aus § 1 Abs. 7 BauGB ableiten, sondern auch außerhalb des fraglichen Gebiets wohnende Personen, soweit sie nur durch den Bebauungsplan in abwägungsrelevanten Belangen betroffen werden (Dürr, Baurecht BW, Rn. 289; s. etwa BVerwG, Beschl. v. 19.02.1992 – 4 NB 11/91, NJW 1992, 2844 f.). 192 So BVerwG, Urt. v. 24.08.1998 – 4 CN 2/98, BVerwGE 107, 215 (220), im Hinblick auf private Belange eines von einem Bebauungsplan betroffenen Grundstückseigentümers; s. ferner dass., Urt. v. 14.02.1975 – IV C 21/74, BVerwGE 48, 56 (66); VGH Kassel, Urt. v. 23.11.1988 – 5 UE 1040/84, NVwZ 1989, 484 (486); VGH Mannheim, Urt. v. 13.05.1997 – 8 S 2814/96, VBlBW 1997, 426 f.; dazu und entsprechend zum interkommunalen Abstimmungsgebot auch OVG Münster, Urt. v. 06.06. 2005 – 10 D 148/04.NE, ZfBR 2005, 685; OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.09.2005 – 1 MN 113/05, NVwZ-RR 2006, 246 (247); zust. zum „subjektives Recht auf abwägungsfehlerfreie Behandlung ihrer Belange“ Dürr, JuS 2007, 521 (522); Peine, Baurecht, Rn. 379; Schlette, Jura 2004, 90 (97); Battis, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 19 (25); ders./Krautzberger/Löhr, NVwZ 2007, 121 (128); dazu auch Gassner, DVBl. 1981, 4 (8 ff.), der dem zustimmt, aber zugleich kritisiert, dass die Beschränkung auf die „Abarbeitung“ nur der eigenen Belange unzureichend sei; für eine Subjektivierung des § 1 Abs. 7 BauGB (nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots) bereits BGH, Urt. V. 28.06.1984 – III ZR 35/83, NJW 1984, 2516 (2519). 193 Deutlich in diese Richtung auch die – freilich nicht weiter problematisierten – Ausführungen bei W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 42: „Rechtsgrundlage der materiellen Abstimmungspflicht ist letztlich die Pflicht zur ordnungsgemäßen Abwägung nach § 1 Abs. 7, die das Gebot interkommunaler Rücksichtnahme einschließt“ (Hervorhebung durch den Verf.); vgl. auch Battis, in: dems./Krautzberger/Löhr, BauGB, § 2 Rn. 22: „Wird Abs. 2 missachtet, so wird zugleich das interkommunale Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB verletzt“ (Hervorhebung durch den Verf.); s. ferner Halama, DVBl. 2004, 79 (81, 83), der betont, dass die Krabbenkamp-Formel nach der Zweibrücken-Entscheidung eine eigenständige Bedeutung in der Vorhabenzulassung habe, sich ihre Bedeutung im Planungsrecht aber „in engen Grenzen“ halte.

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Bedeutung erlange, als sie diese Vorschrift zum Anknüpfungspunkt nimmt, um andere Vorschriften außerhalb des Bereichs der Aufstellung von Bauleitplänen gleichsam „interkommunal aufzuladen“194. Dieser Befund vermag indes nichts an dem hier gefundenen Zwischenergebnis zu ändern. Es wird an anderer Stelle ohnehin noch näher zu untersuchen sein195, ob es in den Konstellationen, die den Zweibrücken- (Vorhabenzulassung gem. §§ 29 ff. BauGB) und MülheimKärlich-Entscheidungen (Erstplanungspflicht nach § 1 Abs. 3 BauGB) zugrunde lagen, tatsächlich ausgerechnet des § 2 Abs. 2 BauGB bedurfte hatte, um die dort gefundenen Ergebnisse zu begründen. Selbst wenn diese Vorschrift aber in jenen Konstellationen eine eigenständige „indirekte“ Bedeutung haben sollte, änderte dies nichts daran, dass ihr in dem einzigen Bereich, in dem sie nicht nur als mittelbarer „Indiziengeber“196 fungiert, sondern unmittelbar angewendet werden kann – dann also, wenn die Standortgemeinde einen Bauleitplan aufstellt und dabei die Belange der Nachbargemeinde nicht (fehlerfrei) berücksichtigt –, keine eigenständige Bedeutung mehr zukommt, wenn man es bei der Auslegung der Rechtsprechung belässt und annimmt, dass § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB auch im Hinblick auf seine Schutzweise uneingeschränkt „Richtung und Gehalt“ aus § 1 Abs. 7 BauGB beziehe. Angesichts der zahlreichen BauGB-Novellen der vergangenen Jahre mutet die These, dass der Gesetzgeber eine – zumindest für ihren unmittelbaren Anwendungsbereich – bestenfalls klarstellende, an sich aber überflüssige Regelung im BauGB belassen wollte, einigermaßen befremdlich an. Dieses aus rechtsmethodischer Sicht wenig überzeugende Ergebnis lässt sich nur vermeiden, wenn man davon ausgeht, dass die oben skizzierte, durch das EAG Bau bewirkte Modifizierung des § 1 Abs. 7 BauGB die von § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB geforderte Abwägung – wie vom Wortlaut des für diese Modifizierung grundlegenden § 2 Abs. 3 BauGB her ohnehin nahegelegt – nicht erfasst. Denn dann unterscheiden sich § 1 Abs. 7 BauGB und § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB zumindest in Bezug auf die Modalitäten ihrer Schutzweise und behält § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB auch in seinem eigentlichen Anwendungsfeld eine eigenständige Bedeutung.

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S. § 1 A. I. 2. S. § 14 A. III., C. 196 So sieht das BVerwG die Funktion des auf § 2 Abs. 2 BauGB gestützten „qualifizierten Abstimmungsbedarfs“ in seinem Zweibrücken-Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/ 01, BVerwGE 117, 25 (32), als Grundlage einer „Indizwirkung“ dafür, dass ein Einzelvorhaben nicht auf der Grundlage des § 35 BauGB und also ohne förmliche Planung zugelassen werden kann; ähnlich formulierte es im Mülheim-Kärlich-Urt. v. 17.09. 2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (222), dass das interkommunale Abstimmungsgebot einen „Handlungsbedarf der Gemeinde im Rahmen des § 1 III BauGB zu begründen vermag“. 195

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c) Die historische Auslegung Gegen diese Auslegung könnte möglicherweise vorgebracht werden, damit werde die erklärte Absicht des Gesetzgebers, vom bislang materiell verstandenen Abwägungsvorgang hin zu einer verfahrensrechtlichen Betrachtung zu wechseln, für einen großen Teilbereich der „Abwägung“ der Sache nach konterkariert und könne daher nicht überzeugen. Ein solcher Einwand verfinge aber nicht. Eine Durchsicht der Materialien zur Entstehungsgeschichte der Neuregelungen sowohl zu §§ 2 Abs. 3, 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB als auch zu § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB zeigen, dass der Gesetzgeber bei der skizzierten (teilweisen) Umwidmung des Abwägungsgebotes allein die Vorschrift des § 1 Abs. 7 BauGB und das dort verortete allgemeine Abwägungsgebot im Blick hatte197. Das interkommunale Abstimmungsgebot wurde in diesem Zusammenhang an keiner Stelle auch noch beiläufig erwähnt198. Wenn man der historischen Auslegung also eine Bedeutung bei der Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB beimessen will, spricht dieser exklusive Bezug auf § 1 Abs. 7 BauGB vielmehr im Gegenteil für die hier befürwortete These, dass die Modifizierung des allgemeinen Abwägungsgebots nicht zugleich zu einer Änderung der bislang für die interkommunale Abstimmung geltenden Grundsätze führen sollte199. d) Einwände aus der bisherigen Rechtsprechung? Auch aus der Rechtsprechung ergeben sich keine Gründe, die dazu nötigten anzunehmen, die vom Gesetzgeber erzwungene Modifizierung der Schutzweise des § 1 Abs. 7 BauGB müsse auch § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB erfassen.

197 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 29 ff.; 41 f., 63, 64 f.; ferner den dort (S. 31, 32) in Bezug genommenen und vom BMVBW hrsgg. Kommissionsbericht, Rn. 122 ff., 136 ff., der sich gleichfalls nur auf „§ 1 Abs. 5 und 6 BauGB“ (Rn. 139), also § 1 Abs. 6 u. 7 BauGB 2004 bezieht. 198 So auch Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 50: „Das EAG Bau hatte insoweit schlicht kein Problembewusstsein“. 199 So wohl auch Stelkens, UPR 2005, 81 (86), der ausführt, dass aus der ursprünglich vom Gesetzgeber verfolgten Absicht, eine systematisch klarere Trennung von materiellen und Verfahrensvorgaben zu erreichen, indem die §§ 1, 1a BauGB als Sammelort für materiellrechtliche Vorgaben an die Bauleitplanung ausgestaltet und verfahrensrechtliche Vorgaben den Folgeparagrafen vorbehalten werden sollten, nicht konsequent umgesetzt worden sei, weil sich den Materialien zum EAG BauGB nicht entnehmen lasse, dass § 2 Abs. 2 BauGB von einer materiellrechtlichen zu einer verfahrensrechtlichen Norm umgewandelt werden sollte, und nicht davon auszugehen sei, dass der Gesetzgeber einen derartigen Wandel gleichsam stillschweigend vorzunehmen beabsichtigt habe. Die anvisierte Trennlinie zwischen materiell- und formellrechtlichen Bestimmungen sei im Ergebnis nicht zwischen § 1a BauGB und § 2 BauGB, sondern zwischen dem zweiten und dem dritten Absatz des § 2 BauGB gezogen worden.

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Die hier befürwortete Auslegung führt freilich dazu, dass die interkommunale Abstimmung eine gewisse Emanzipation von der allgemeinen Abwägung erfährt, die es als zweifelhaft erscheinen lassen mag, ob es noch angemessen ist, jene – wie es die Rechtsprechung bisher vielfach getan hat – schlicht als „besondere Ausprägung“ von dieser zu beschreiben. Dass eine solche partielle Ablösung der ursprünglichen Ausprägungsthese widersprechen würde, ist aber nicht anzunehmen. Im Gegenteil. Es darf nämlich nicht verkannt werden, dass sich diese Charakterisierung ebenso wie der seit 1972 verwendete Satz, das interkommunale Abstimmungsgebot beziehe „Richtung und Gehalt“ aus dem allgemeinen Abwägungsgebot, zumindest 32 Jahre lang nur auf die bis 2004 allgemein anerkannte Abwägungsdogmatik beziehen konnte und auch tatsächlich bezogen hatte. Wenn die Rechtsprechung aber bei der Entwicklung der These von der „besonderen Ausprägung“ davon ausging, dass gerade das traditionelle Abwägungsmodell das geeignete Instrument zur Behandlung interkommunaler Konflikte darstellt, besteht kein Grund für die Annahme, der Satz von der „besonderen Ausprägung“ sei gleichsam als ein dynamischer Verweis auf jedwede wie auch immer geartete „Neufassung“ des Abwägungsmodells zu verstehen, dessen Strukturen – und damit dessen Eignung zur Beurteilung nachbargemeindlicher Auseinandersetzungen – die Rechtsprechung gar nicht hätte absehen können. Dass die Rechtsprechung sich nicht rundweg weigern dürfte, das interkommunale Abstimmungsgebots vom allgemeinen Abwägungsgebot bei begründetem Anlass behutsam zu emanzipieren, scheint auch in Formulierungen der jüngeren Rechtsprechung angedeutet zu werden. Denn sowohl das BVerwG200 als auch verschiedene Obergerichte201 sind dazu übergangen, die herkömmliche Formel von der „besonderen Ausprägung“ – freilich ohne diese terminologische Entwicklung bisher zu vertiefen – mit der neuen Erläuterung zu ergänzen, dass das interkommunale Abstimmungsgebot „in einem engen sachlichen Zusammenhang“ mit dem allgemeinen Abwägungsgebot stehe. Diese Wendung von einem „Zusammenhang“ klingt nicht danach, als werde es § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB gerecht, ihn als reinen „Unterfall“ des § 1 Abs. 7 BauGB zu behandeln und scheint das Verhältnis beider Vorschriften im Vergleich zu dem bisher allein verwendeten Begriff der „Ausprägung“ eher zu lockern als weiter aneinander zu binden202. 200

So BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (32). So OVG Münster, Urt. v. 06.06.2005 – 10 D 148/04.NE, ZfBR 2005, 685; OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.09.2005 – 1 MN 113/05, NVwZ-RR 2006, 246 (247). 202 Auch Stelkens, UPR 2005, 81 (87), geht angesichts solcher Änderungen in der Terminologie davon aus, dass die „neuere Rechtsprechung des BVerwG eher dahin zu tendieren [scheint], das Gebot der interkommunalen Abstimmung vom allgemeinen Abwägungsgebot zu lösen“; im Anschluss an Stelkens bezeichnet es auch Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 50 u. § 215 Rn. 10, „im Hinblick auf die jüngste Rechtsprechung des BVerwG“ als „zumindest erörterungsbedürftig“, ob die 201

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e) Einwände aus einer Folgenbetrachtung? Gegen die hier vertretene Auslegung kann auch nicht argumentiert werden, sie führe – systemwidrig – dazu, dass damit im Ergebnis die Nachbargemeinden als Körperschaften des öffentlichen Rechts eine „bessere“ Rechtsstellung in der Bauleitplanung der Standortgemeinde genössen als von ihr betroffene natürliche Personen. Es mag zwar sein, dass – was freilich ohnehin erst noch näher zu prüfen wäre203 – der Umstand, dass § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB nicht an der Modifizierung des § 1 Abs. 7 BauGB durch die §§ 2 Abs. 3, 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB 2004 teilhat, dazu führt, dass ein Bauleitplan im Hinblick auf die abwägungsfehlerfreie Berücksichtigung der Belange der Nachbargemeinde fehleranfälliger ist als im Hinblick auf die Berücksichtigung privater Belange. Denn die Planerhaltungsvorschriften der §§ 214 f. BauGB können angesichts des hier befürworteten dogmatischen Unterschieds in unterschiedlicher Weise zur Geltung kommen. Eine etwaige, damit einhergehende höhere Beachtlichkeit von „interkommunalen Fehlern“ könnte jedoch schon deshalb nicht als systemwidrig bezeichnet werden, weil mit den (städtebaulichen) Belangen der Nachbargemeinde nicht „nur“ partikuläre Interessen eines Einzelnen verteidigt werden, sondern zugleich auch solche der Allgemeinheit. Vor diesem Hintergrund kann es als geradezu konsequent bezeichnet werden, solchen Fehlern eine größere Beachtlichkeit einzuräumen. Sollte es sich erweisen, dass dies tatsächlich der Fall ist, könnten etwaige diesbezügliche Differenzen damit jdfs. nicht als systemwidrige Folge gegen die hier vertretene Auslegung angeführt werden.

„interkommunale Abstimmung nach § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB, soweit sie materiell zu verstehen ist, rechtstechnisch noch als ,Abwägung‘ im Sinne des § 1 Abs. 7 BauGB zu verstehen ist“; s. ferner Schenke, NVwZ 2007, 134 (139), der es a. a. O. als „zweifelhaft“ bezeichnet, ob eine Verletzung des § 2 Abs. 2 BauGB „tatbestandlich durch § 214 III 2 BauGB erfasst wird“, was ebenfalls eine dogmatische Unterscheidung von Abwägung und Abstimmung nahelegt; vgl. auch Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (801), der der Ansicht ist, „dass das unreflektierte Verständnis des interkommunalen Abstimmungsgebots als Unterfall bzw. spezieller Anwendungsfall des allgemeinen Abwägungsgebotes Fragen aufwirft“, dazu allerdings vornehmlich auf den – hier, wie gezeigt, anders bewerteten (vgl. § 1 A. II.) – Umstand verweist, dass die Rechtsprechung einerseits nach wie vor an der Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ festhalte, andererseits aber klargestellt habe, dass die Standortgemeinde die Belang der Nachbargemeinde bereits dann zu berücksichtigen habe, wenn diese mehr als „geringfügig“ seien. 203 Dazu näher unter § 3.

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3. Ergebnis – Emanzipierung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB von der Schutzweise des durch das EAG Bau modifizierten § 1 Abs. 7 BauGB Nach alledem kann zusammengefasst werden: Das Recht der Nachbargemeinde auf interkommunale Abstimmung aus § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB gewinnt „Richtung und Gehalt“ in der Tat noch insoweit aus dem allgemeinen Abwägungsgebot, als die jenem Recht zugrunde liegenden Pflichten der Standortgemeinde aus der traditionell verstandenen Abwägungs(fehler)lehre abzuleiten sind. Der Satz des BVerwG, dass „Kern der interkommunalen Abstimmungspflicht [. . .] eine gerechte Abwägung der gegenläufigen Interessen der Nachbargemeinden“ sei204, hat also nach wie vor – sowohl in Bezug auf den Abwägungsvorgang205 als auch auf das Abwägungsergebnis – Geltung. Von dem allgemeinen Abwägungsgebot, das künftig jdfs. in Teilen verfahrensrechtlich zu verstehen ist, unterscheidet sich die interkommunale Abstimmung andererseits in ihrer unverändert – und nun von diesem abweichenden – materiellrechtlichen Natur. Der mit der Neureglung im Bereich der allgemeinen Abwägung eingeführte „Sprengstoff“206 und die mit ihm verbundenen Unsicherheiten werden damit jdfs. nicht auch in den Bereich der interkommunalen Abstimmung hereingetragen207. IV. Fazit – Der materielle Abstimmungsanspruch der Nachbargemeinde § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB begründet für die Standortgemeinde die Pflicht, die städtebaulichen Belange der Nachbargemeinde bei der Aufstellung eines Bauleitplans i. S. der traditionellen Abwägungslehre fehlerfrei zu berücksichtigen. Die durch das EAG Bau für § 1 Abs. 7 BauGB eingeführten Modifizierungen 204 So BVerwG, Urt. v. 15.12.1989 – 4 C 36/86, BVerwGE 84, 209 (218); vgl. auch die zuvor verwendete Wendung, wonach bei der interkommunalen Abstimmung „insbesondere“ das „Gebot der sachgerechten Abwägung widerstreitender nachbarlicher Belange zu beachten“ sei (a. a. O. S. 216). 205 Für eine Unterscheidung von Abwägungsvorgang und -ergebnis (auch) im Rahmen des § 2 Abs. 2 BauGB auch Schneider, Zulässigkeit von FOC, S. 165; Schmitz/ Federwisch, Einzelhandel, Rn. 358, die freilich nicht auf die durch § 2 Abs. 3 BauGB erfolgte Neuausrichtung eingehen (im ersten Falle: konnten); Uechtritz, BauR 1999, 572 (574); OVG Koblenz, Urt. v. 25.04.2001 – 8 A 11441/00, BauR 2002, 577 (580). 206 Erbguth, DVBl. 2004, 802 (804). 207 Angesichts dieses grundlegenden Unterschieds in der Rechtsnatur von § 1 Abs. 7 BauGB einerseits und § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB andererseits – und den eventuell damit verbundenen Unterschieden im Fehlerfolgenrecht der §§ 214 f. BauGB – zeigt sich zugleich, dass die oben (§ 1 A. II.) erörterte Frage, ob der Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB in der Bauleitplanung bereits bei mehr als geringfügigen Auswirkungen eröffnet ist oder aber erst bei „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ zum Tragen kommt, keine rein akademische ist, sondern mit erheblichen praktischen Konsequenzen verbunden sein kann.

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

der Abwägungsdogmatik wirken sich auf den Inhalt jener Pflicht nicht aus. Diese Pflicht aus § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB wird nicht erst dann ausgelöst, wenn die Belange der Nachbargemeinde von „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ betroffen sind, sondern bereits dann, wenn sie mehr als geringfügig beeinträchtigt werden. Nicht nur der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 7 BauGB, sondern auch und gerade der des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB ist damit (zumindest) für die Bauleitplanung bereits beim Überschreiten dieser auf die Aussonderung von bloßen Belästigungen gerichteten Bagatellgrenze eröffnet. Der so verstandenen Abstimmungspflicht der Standortgemeinde entspricht ein materieller Abstimmungsanspruch der Nachbargemeinde.

B. Recht auf interkommunalen Funktionsschutz (§ 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB) Bestimmt S. 1 des § 2 Abs. 2 BauGB, dass Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen sind, ordnet S. 2 derselben Vorschrift an, dass sich Gemeinden dabei auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen (Alt. 1) sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen können (Alt. 2). Diese Vorschrift wurde zwar fallunabhängig formuliert208, sie ist aber doch durch die Absicht des Gesetzgebers motiviert, eine bestimmte, als problematisch eingeordnete Konstellation zu regeln. Ein Ziel der durch das EAG Bau erfolgten Novellierung des BauGB war es nämlich, die städtebaulichen Möglichkeiten zur Steuerung des (insbesondere großflächigen) Einzelhandels zu verbessern. Der Gesetzgeber teilte insoweit die schon von der Unabhängigen Expertenkommission vertretene Einschätzung, dass die Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben209, nicht nur den Standort-, sondern auch umliegenden Gemeinden „in der städtebaulichen Praxis“ erhebliche „Schwierigkeiten“ bereite210. Insbesondere die Nachbargemeinden verfügten nämlich über keine ausreichenden Instrumente zur Abwehr solcher Vorhaben, weshalb die „Klagebefugnis“ dieser Gemeinden sowohl auf der Ebene der Bauleitplanung als auch auf der der Vorhabenzulassung „gestärkt“ werden sollte211. Wie mit der Wortwahl „berufen“ angedeutet, sollte diese 208 Und ist deshalb auch auf andere als die vom Gesetzgeber zum Anlass genommene Konstellationen anwendbar; vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 130; W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 42a. 209 Wie sie in den vergangenen Jahren – wie von Janning, BauR 2005, 1723, aufgezählt – etwa durch die Märkte der Aldi-, Lidl-, Plus-, Penny- oder Netto-Gruppe erfolgten. 210 Vgl. BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 207, 212 ff.; Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 33; s. insoweit auch die Begründung des LEP 2002 BW, S. B 36 f.; ferner den Einzelhandelserlass des Wirtschaftsministeriums BW v. 21.02.2001 – 6-2500.4/7, S. 1 f.

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„Stärkung“ auf der ersten dieser Ebenen vermittels § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB n. F. bewirkt werden212, der deshalb seit seinem Inkrafttreten einhellig als eine die Nachbargemeinden (dritt-)schützende Vorschrift aufgefasst wird213. Die Expertenkommission und der ihr folgende Gesetzgeber haben zwei unterschiedliche Bereiche identifiziert, in denen ein Abwehrdefizit auf Seiten der Nachbargemeinde ausgemacht wurde. Der in der ersten Alternative des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB angesprochene Bereich liegt im Schnittpunkt von Raumordnungs- und Bauplanungsrecht und soll Gegenstand dieses Abschnittes (B.) sein214. Im Folgenden soll zunächst skizziert werden, welche der dort genannten „durch die Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen“ der Gesetzgeber bei der Neuregelung vornehmlich im Blick hatte (I.), um darauf aufbauend prüfen zu können, welchen Inhalt das der Nachbargemeinde damit vermittelte Recht im Einzelnen aufweist (II.–IV.). I. Die Rolle der Gemeinden im zentralörtlichen System Aufgabe der Raumordnung ist es nach § 1 Abs. 1 S. 1 ROG, den Gesamtraum der Bundesrepublik und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. Zur Erfüllung dieser Aufgabe haben die Länder vom ROG näher bezeichnete „Grundsätze der Raumordnung“ durch Festlegungen in Raumordnungsplänen zu konkretisieren (vgl. §§ 6 f. ROG). Diese Festlegungen können wiederum die Form von „Zielen der Raumordnung“ annehmen, die sich gegenüber den Grundsätzen der Raumordnung dadurch auszeichnen, dass sie als vom Planungsträger abschließend abgewogene und verbindliche Vorgaben von anderen öffentlichen Stellen bei deren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu „beachten“ sind (vgl. §§ 3 Nr. 2, 4 Abs. 1 S. 1 ROG, 4 Abs. 1 S. 1 LplG BW). Diese „Beachtenspflicht“ zeichnet sich dadurch aus, dass eine Zielfestlegung von einem hierarchisch nachfolgenden Planungsträger, nicht – wie ein Raum211 Vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 33; BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 215, 221. 212 Vgl. bereits BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 216 („Erweiterung der gemeindlichen Klagebefugnisse“), Rn. 221 („Die vorgeschlagene Änderung des § 2 Abs. 2 BauGB soll erreichen, dass die der Gemeinde durch die Raumordnung zugewiesene Position Bestandteil der Planungshoheit und damit klagebewehrt wird“); Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 41 („verteidigungsfähig“). 213 S. nur Battis/Krautzberger/Löhr, NJW 2004, 2553 (1556); Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 41; Finkelnburg, NVwZ 2004, 897 (900); Heilshorn/Seith, VBlBW 2004, 409 (412); Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1027); Kobor, JuS 2005, 1071 (1072); Upmeier/Brandenburg, Baugesetzbuch 2004, S. 32. 214 Zur zweiten Alternative des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB n. F. s. den folgenden Abschnitt (§ 1 C).

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ordnungsgrundsatz (vgl. § 4 Abs. 2 ROG) – einfach als Belang zu „berücksichtigen“ ist, der bei eigenen planerischen Abwägungen „abzuarbeiten“ ist, bei entsprechend höhergewichtigen entgegenstehenden Belangen aber auch einmal „wegabgewogen“ werden kann, sondern unmittelbar bindende Vorgaben aufstellt, die nicht Gegenstand einer Abwägung sind215. Handelt es sich bei der planenden Stelle um eine Gemeinde, kann diese ein Raumordnungsziel deshalb bei der Aufstellung eines Bauleitplans nicht in ihre Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB einstellen, sondern hat ihren künftigen Bauleitplan uneingeschränkt an die Ziele der Raumordnung „anzupassen“ (§ 1 Abs. 4 BauGB). An diese Nahtstelle von Raumordnung- und Bauplanungsrecht knüpft nun die Neuregelung § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB an. Einen der durch die Länder zu konkretisierenden Raumordnungsgrundsatz umschreibt das ROG in seinem § 2 Abs. 2 Nr. 2 nämlich wie folgt: „Die dezentrale Siedlungsstruktur des Gesamtraums mit ihrer Vielzahl leistungsfähiger Zentren und Stadtregionen ist zu erhalten. Die Siedlungstätigkeit ist räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten. [. . .].“ Zur Konkretisierung des darin angesprochenen „Zentrale-Orte-Systems“ weisen die Länder in ihren Raumordnungsplänen einzelnen Gemeinden zunächst verschiedene sog. zentralörtliche Funktionen – als Ober-, Mittel-, Unter- und Kleinzentren – zu, an denen für ihren jeweiligen sog. Verflechtungsbereich Einrichtungen zur überörtlichen Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen sowie Arbeitsplätze konzentriert und gebündelt sowie mit einer entsprechenden Verkehrsinfrastruktur verbunden werden sollen (vgl. für Baden-Württemberg §§ 7 Abs. 2 Nr. 2, 11 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 LplG BW i.V. m. den Plansätzen 2.5.2, 2.5.8–11 des LEP 2002 BW216, dem Anhang zu Plansatz 2.5 des LEP 2002 BW sowie bspw.217 Plansatz 2.2 des Raumordnungsplans Rhein-Neckar 2000). Da der Gesetzgeber davon ausgeht, dass insbesondere „Einzelhandelsgroßprojekte [. . .] bei falscher Standortwahl und Größenordnung das zentralörtliche Versorgungssystem, die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung und die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne nachteilig beeinflussen“218 können, werden großflächige Einzelhandelsbetriebe219 in den Raumordnungsplänen da215

Battis, Baurecht, S. 41; Stühler, VBlBW 1999, 206. Die genannten Plansätze zu den Zentralen Orten und ihren Verflechtungsbereichen sind ihrerseits näher erläutert in der Begründung des LEP 2002 BW, S. B 19 ff. 217 S. allgemein zur Gliederung von Regionalplänen in Baden-Württemberg und die Einstellung von Festlegungen zu den Zentralen Orten Anlage 1 zur VwV Regionalpläne des Wirtschaftsministeriums BW v. 14.09.2005 – 5R-2420/27; s. dazu Schön, in: ARL (Hrsg.), Landesplanungsgesetz, 2006, S. 21 (29 f.). 218 So die Begründung des LEP 2002 BW, S. B 36; vgl. ferner den dort in Bezug genommenen Einzelhandelserlass des Wirtschaftsministeriums BW v. 21.02.2001 – 62500.4/7, S. 1: „Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe, die sich durch Größe und Standort von Einzelhandelsgeschäften herkömmlicher Art unterscheiden, sind geeignet, die raumordnerische und 216

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rüber hinaus mit einer bestimmten Zentralitätsstufe ihrer (potentiellen) Standorte verbunden. Diese Art der Konkretisierung wird zwar bundesweit durchaus unterschiedlich geregelt220, in der Regel wird dazu aber festgelegt, dass bestimmte Vorhaben nur an einem zentralen Ort errichtet werden dürfen oder sollen (sog. Zentralitätsgebot221), dass der Standort eines solchen Vorhabens in der Gemeinde städtebaulich in die vorhandene Siedlungsstruktur integriert sein muss oder soll (sog. Integrationsgebot222), dass der Einzugsbereich eines solchen Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde nicht wesentlich überschreiten darf oder soll (sog. Kongruenzgebot223), und dass schließlich Orte ohne bzw. mit niedrigerer Zentralität durch ihre Planungen Gemeinden mit einer höheren Zentralitätsstufe in der Erfüllung ihrer landesplanerisch zugewiesenen Aufgaben nicht beeinträchtigen dürfen oder sollen (sog. Beeinträchtigungsverbot224)225. Weist das Landesrecht der Nachbargemeinde nun eine bestimmte Funktion im zentralörtlichen System zu, bedeutet das zunächst, dass sie ihre Bauleitpläne städtebauliche Struktur nachhaltig und bei falscher Standortwahl nachteilig zu beeinflussen“ (Hervorhebung durch den Verf.). 219 Gemeint sind regelmäßig Vorhaben i. S. d. § 11 Abs. 3 BauNVO, vgl. Begründung des LEP 2002 BW, S. B 36, i.V. m. dem Einzelhandelserlass des Wirtschaftsministeriums BW v. 21.02.2001 – 6-2500.4/7, S. 2 ff. 220 Eine Übersicht über die Regelungen in den einzelnen Bundesländern findet sich bei Schmitz/Federwisch, Einzelhandel, Rn. 40 ff.; eine Darstellung zum nordrheinwestfälischen Landesrecht bietet Vietmeier, BauR 2005, 480 (483 ff.). 221 Vgl. etwa Plansatz 3.3.7 des LEP BW 2002: „Z[iel] – Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) sollen sich in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen; sie dürfen in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. [. . .]“. 222 Vgl. etwa Plansatz 3.3.7.2 LEP BW 2002: „Z – Einzelhandelsgroßprojekte dürfen weder durch ihre Lage und Größe noch durch ihre Folgewirkungen die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde wesentlich beeinträchtigen. Einzelhandelsgroßprojekte sollen vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Für nicht zentrenrelevante Warensortimente kommen auch städtebauliche Randlagen in Frage.“ 223 Vgl. etwa Plansatz 3.3.7.1 S. 1 LEP BW 2002 2002: „Die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte soll so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet.“ Vgl. dazu die Begründung des LEP 2002 BW, S. B 36 f., und den Einzelhandelserlass des Wirtschaftsministeriums BW v. 21.02.2001 – 6-2500.4/7, S. 12 f. 224 Vgl. etwa Plansatz 3.3.7.1 S. 2 LEP BW: „Die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte dürfen nicht wesentlich beeinträchtigt werden.“ Vgl. dazu die Begründung des LEP 2002 BW, S. B 36 f., und den Einzelhandelserlass des Wirtschaftsministeriums BW v. 21.02.2001 – 6-2500.4/7, S. 14. 225 Näher zur raumordnerisch gesteuerten „polyzentralen Siedlungsstruktur“ etwa Schmitz, ZfBR 2001, 85 (86 ff.); Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 23 ff.; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. V, § 11 BauNVO Rn. 65 ff.; Spannowsky, UPR 2003, 248 (250 ff.).

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

nach § 1 Abs. 4 BauGB an die Ziele der Raumordnung – u. a. also auch solche zur Konkretisierung des Zentrale-Orte-Systems – anzupassen hat. Gleichzeitig folgt daraus aber auch, dass eine Standortgemeinde mit niedrigerer Zentralitätsstufe insbesondere keinen Bauleitplan aufstellen darf, mit dem die Ansiedlung eines großflächigen Einzelhandelsunternehmens vorbereitet werden soll, wenn dabei die Funktionsfähigkeit der höherrangigen Nachbargemeinde beeinträchtigt werden würde. Stellte die Standortgemeinde einen solchen Plan dennoch auf, konnte nach alter Rechtslage zwar die Rechtsaufsichtsbehörde gegen diesen Verstoß gegen §§ 4 Abs. 1 ROG, 1 Abs. 4 BauGB im Wege der Kommunalaufsicht vorgehen – die Nachbargemeinde hatte aber nach h. M. keine Möglichkeit, sich selbst gegen die Beeinträchtigung der ihr landesplanerisch zugewiesenen Funktion zu wehren226. Denn mit dem dazu vorrangig diskutierten Abwehrrecht aus § 2 Abs. 2 BauGB a. F. konnte die Nachbargemeinde nur rügen, dass die Standortgemeinde bei der Aufstellung von Bauleitplänen Belange nicht hinreichend berücksichtigt habe, die zur Planungshoheit der Nachbargemeinde zu rechnen waren. Da die einer Nachbargemeinde durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen aber überwiegend nicht als Teil der Planungshoheit der Gemeinden aufgefasst wurden, weil es sich bei der Raumordnung und Landesplanung „schon begrifflich und von der gesamten Zweckbestimmung her um eine überörtliche Planung handelt, die nicht zu den Aufgaben der gemeindlichen Selbstverwaltung gehört“227, wurde das interkommunale Abstimmungsgebot nicht als taugliches Mittel angesehen, um die Missachtung von rein raumordnerischen Belangen geltend zu machen228. 226 Nach früher überwiegender Ansicht kam auch den den Status einer Gemeinde bestimmenden Raumordnungszielen selbst kein Schutznormcharakter zugunsten einer Gemeinde mit zentralörtlichen Funktion zu (vgl. Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 15, m.w. N.; Schneider, Zulässigkeit von FOC, S. 172; OVG Magdeburg, Beschl. v. 13.01.1994 – 1 M 23/93, n. v., juris-Tz. 17; a. A. schon zur alten Rechtslage W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 48, unter Verweis auf die § 2 Abs. 2 BauGB a. F. betreffende Vorauflage; tendenziell auch Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 117; Bönker, BauR 1999, 328 (340 f.); Dolde, NVwZ 2001, 12 (13 f.); näher m.w. N. zum Stand des durch die Neuregelung überholten Streitstandes Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 2 Rn. 24; Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 1 Rn. 99). 227 So die Formulierung bei OVG Koblenz, Urt. v. 19.10.1988 – 10 C 27/87, NVwZ 1989, 983 (984); ebenso BVerwG, Urt. v. 11.02.1993 – 4 C 15/92, Buchh. 406.11 § 34 BauGB Nr. 156, S. 86 (96); VGH München, Beschl. v. 25.10.1999 – 26 CS 99.2222, BayVBl. 2000, 152; s. auch OVG Greifswald, Urt. v. 04.05.2004 – 3 K 35/99, n. v., juris-Tz. 26 ff., 50, zur (verneinten) Frage, ob die Nachbargemeinde einen Verstoß gegen Raumordnungsziele über § 1 Abs. 4 BauGB oder § 1 Abs. 7 BauGB geltend machen könne; ebenso VG Gera, Beschl. v. 22.06.2004 – 4 E 536/04 GE, n. v., juris-Tz. 24; dass., Urt. v. 07.10.2004 – 4 K 1559/03 GE, n. v., juris-Tz. 24. 228 Vgl. BVerwG, Urt. v. 11.02.1993 – 4 C 15/92, Buchh. 406.11 § 34 BauGB Nr. 156, S. 86 (95 f.); s. zur alten Rechtslage (und der auch danach akzeptierten Ausnahme für den Fall, dass die Gemeinde aufgrund der Zielfestlegungen bereits städtebauliche Strukturen geschaffen hatte) die Begründung des Regierungsentwurfs, BTDrs. 15/2250, S. 41; Battis, in: dems./Krautzberger/Löhr, BauGB, § 2 Rn. 24; Berke-

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Diese Rechtslage, bei der die Nachbargemeinde durch Ziele der Raumordnung nur „verpflichtet“, aber nicht „berechtigt“ wurde, beurteilte die Unabhängige Expertenkommission als „nicht überzeugend“229. Ihrem Vorschlag, der Nachbargemeinde deshalb eine Möglichkeit einzuräumen, ihre „an dem zentralörtlichen Ziel der Raumordnung ausgerichtete und auszurichtende Bauleitplanung“ auch „gegen eine die zentralörtliche Funktion störende raumordungswidrige Planung einer anderen Gemeinde zu verteidigen“230, folgte der Gesetzgeber und setze ihn in § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB n. F. um231. Auch wenn die Regelungsabsicht des Gesetzgebers also zumindest in Bezug auf den Schutzgegenstand der Neuregelung im Vergleich zu anderen im Zuge des EAG Bau erfolgten Novellierungen recht klar ist232, hat diese Novellierung nach ihrem Inkrafttreten233 schnell verschiedene Streitfragen aufgeworfen, die sowohl den für sie maßgeblichen Schutzbedarf (II.) als auch die von ihr gewährleistete Schutzweise betreffen (III.). mann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 13; Fickert/Fieseler, BauNVO, § 11 Rn. 18.14; Heilshorn/Seith, VBlBW 2004, 409 (412); Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1126); Jahn, BayVBl. 2000, 267 (270); ders., JuS 2000, 590 (594); Kment, UPR 2005, 95 f.; Otting, DVBl. 1999, 595 (596); Reidt, LKV 1994, 93 (94); Uechtritz, BauR 1999, 572 (578); Schmitz, LKV 1997, 345 (348); Söfker, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 109, 111, 116, und Bd. V, § 11 BauNVO Rn. 125; Stühler, VBlBW 1999, 206 (209); Vietmeier, BauR 2005, 480 (482). – Mit der Erwägung, dass die den Gemeinden zugewiesenen planerischen Aufgaben wesentlich (auch) durch die ihnen raumordnerisch zugewiesenen Funktionen bestimmt seien, war freilich bereits zur alten Rechtslage eine andere, der Gesetzesnovellierung entsprechende Ansicht vertretbar; s. dazu Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub II.1.a.; OVG Bautzen, Urt. v. 26.05.1993 – 1 S 68/93, LKV 1994, 116 (118); OVG Koblenz, Urt. v. 19.10.1988 – 10 C 27/87, NVwZ 1989, 983 (984); Runkel, UPR 1998, 241 (245). 229 BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 215. 230 BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 215. 231 Vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 33, 41; s. dazu auch Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 13; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 115. 232 Vgl. zu den Unsicherheiten um den Sinn der Neuregelung in §§ 2 Abs. 3, 214 Abs. 1 BauGB 2004 o. § 1 A. III. 1. 233 Bereits während des Gesetzgebungsverfahrens hat Hoppe, NVwZ 2004, 282 ff., grundlegende Kritik an dem Entwurf zu § 2 Abs. 2 S. 2 Alt. 1 BauGB geübt und dabei insb. die Ansicht vertreten, das zentralörtliche Gliederungskonzept biete „[k]eine Basis für Gemeindenachbarklagen“, weil es in der Wirtschaftsgeografie, in der es als deskriptives System entwickelt worden sei, als überholt angesehen werde und deshalb erst recht kein geeigneter Anknüpfungspunkt für normative Maßgaben im Raumordnungsrecht sei. Es ist aber nicht anzunehmen, dass Hoppe aus seinen de lege ferenda geäußerten rechtspolitischen Bedenken – etwa unter dem Aspekt „funktionsloser“ Normen (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.04.1977 – IV C 39/75, BVerwGE 54, 4 [8]) – nun die Unwirksamkeit des ungeachtet seiner Kritik in Kraft getretenen § 2 Abs. 2 S. 2 Alt. 1 BauGB ableiten wollte. Denn in einem nach Inkrafttreten der Neuregelung erschienene Beitrag von Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 ff., bemühen sich die Autoren zwar um eine restriktive Auslegung der Neuregelung, stellen ihre Geltung als solche aber nicht in Frage.

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II. Der Schutzbedarf bei § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB Der interkommunale Abstimmungsbedarf i. S. d. ersten Satzes des § 2 Abs. 2 BauGB wird, wie gezeigt, ausgelöst, wenn ein künftiger Bauleitplan der Standortgemeinde die von der Planungshoheit der Nachbargemeinde umfassten (städtebaulichen) Belange in mehr als geringfügiger Weise zu beeinträchtigen droht234. Wenn sich die Neuregelung des § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB darauf beschränkt, nur den Schutzgegenstand der interkommunalen Abstimmung auf an sich nicht von der Planungshoheit erfasste raumordnungsrechtliche Belange zu erweitern235, müsste das bedeuten, dass der Anspruch der Nachbargemeinde auch insoweit dann entsteht, wenn der von der Standortgemeinde intendierte Bauleitplan nicht unerhebliche Auswirkungen – nun auf die raumordnungsrechtlich begründeten – Belange der Nachbargemeinde zu entfalten droht. Gerade im Hinblick auf die Raumordnungsziele, die im Zusammenhang mit dem ZentraleOrte-Konzept stehen, wird aber weder einheitlich beantwortet, ob die Nachbargemeinde überhaupt irgendwelche Auswirkungen darlegen muss, noch, falls man das annehmen will, welche Intensitätsstufe diese Auswirkungen erreichen müssen. 1. Die Problemstellung – Störungsabhängiger oder -unabhängiger Anspruch? Fraglich ist bereits, ob sich S. 2 Alt. 1 des § 2 Abs. 2 BauGB nicht schon insoweit von S. 1 dieser Vorschrift unterscheidet, als es dort – anders als hier – überhaupt nicht darauf ankommt, ob die Nachbargemeinde irgendwelche tatsächlichen Beeinträchtigungen geltend machen kann. Auf dem Boden der Annahme, der Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB sei erst bei „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ eröffnet, tritt namentlich Hoppe dafür ein, einen Anspruch der Nachbargemeinde aus § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB erst dann entstehen zu lassen, wenn diese darlegen könne, dass eine Planung der Standortgemeinde solcherart „unmittelbare“ und „gewichtige“ Auswirkungen auf ihre raumordnerischen Belange entfalte236. Da 234

§ 1 A. II. In diesem Sinne Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1127), die die Funktion des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB als „Erweiterung der Abwägungsbelange und des gemeindenachbarlichen Schutzbereichs, nicht als Änderung der Abwägungsgrundlagen“ umschreiben und deshalb § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB nach wie vor als „Grundlage und sedes materiae der interkommunalen Abstimmung“ ansehen (Hervorhebung im Original). 236 Dafür Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1129 f.); tendenziell auch Möstl, DV 39 [2006], 302 (303): „viel spricht dafür“ (ohne nähere Begründung); nicht eindeutig aber wohl auch in diese Richtung Battis, Baurecht, S. 58, der der Nachbargemeinde zugesteht, eine „Verletzung“ der ihr zugewiesenen Funktionen geltend machen zu können. 235

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sich die Nachbargemeinde auf die zugewiesenen Funktionen nur „dabei“, also bei einer Abstimmung i. S. d. § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB berufen könne, reiche es zur Begründung eines interkommunalen subjektiven Rechts nicht aus, dass die Standortgemeinde bei der Aufstellung eines Bauleitplans objektiv gegen ein Ziel der Raumordnung verstoße, es müsse vielmehr dazu kommen, dass die Nachbargemeinde durch diesen Verstoß in der ihr zugewiesenen Funktion i. S. d. Krabbenkamp-Formel „qualifiziert“ betroffen werde237. In der wohl überwiegenden Anzahl der zur Novellierung des § 2 Abs. 2 BauGB bislang erfolgten Stellungnahmen wird dagegen mit Bezug auf die besondere Ausgestaltung des Zentrale-Orte-Systems die gegenteilige Auffassung vertreten, dass es überhaupt keines Nachweises irgendwelcher – schon gar nicht „qualifizierter“ – Auswirkungen bedürfe, um einen Anspruch der Nachbargemeinde zu begründen: „Den Gemeinden zentralörtliche Funktionen zuweisenden Zielen der Raumordnung wird damit [scil. mit der Neuregelung des § 2 Abs. 2 S. 2 Alt. 1 BauGB] eine unmittelbar drittschützende Wirkung verliehen, auf die sich die von der Bauleitplanung betroffene Nachbargemeinde unabhängig davon berufen kann, wie gewichtig die Auswirkungen auf ihre zentralörtlichen Funktionen tatsächlich sind“238. 2. Die Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB Welchen Schutzbedarf § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB voraussetzt, um Pflichten und ihnen korrespondierende Ansprüche zu begründen, kann nur im Wege der Auslegung dieser Vorschrift beantwortet werden.

237 S. Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1130): „§ 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB verschafft der Nachbargemeinde keinen Gesetzesvollziehungsanspruch im Hinblick auf die Vorschrift des § 1 Abs. 4 BauGB“; tendenziell in diese Richtung noch Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1028, 1032), der sich aber später wieder weniger festlegen zu wollen scheint (vgl. dens., DVBl. 2006, 799 (805 einerseits, 806 andererseits); ebenfalls in jene Richtung Krausnick, VerwArch. 96 [2005], 191 (203 mit Fn. 86). 238 So Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 2 BauGB Rn. 11; ähnlich Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 129 („Nicht erforderlich ist bei einer Geltendmachung nach Satz 2 wie in den Fällen des Satzes 1 die Darlegung einer konkreten Betroffenheit“); wohl auch Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 28 („Die begünstigende Festlegung von Zielen der Raumordnung entlastet die Standortgemeinde von dem konkreten Nachweis ihrer Betroffenheit [etwa Kaufkraftabzug oder ,Abwerbung‘ von Gewerbebetrieben]. Streitentscheidend ist alsdann nur, ob das Verhalten der Standortgemeinde mit den festgelegten Zielen der Raumordnung vereinbar ist.“); so wohl implizit auch Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 636; u. Vietmeier, BauR 2005, 480 (483 ff.); offen gelassen bei Uechtritz, DVBl. 2006, 799 ff., der einmal (S. 805) dieser, ein anderes mal der a. A. zuzuneigen scheint (S. 806); ohne abschließende Entscheidung auch VG Hannover, Beschl. v. 18.08.2005 – 4 B 4371/05, NVwZ-RR 2006, 16 (19).

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a) Die systematische, teleologische und historische Interpretation Die letzte der soeben genannten Auffassungen dürfte vornehmlich das Zentrale-Orte-System im Blick haben239. Denn bei der normativen Umsetzung dieses Systems wird, wie gezeigt, regelmäßig ein sog. Kongruenzgebot als Raumordnungsziel festgelegt, aufgrund dessen der Einzugsbereich bestimmter großflächiger Einzelhandelsvorhaben den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde (grundsätzlich) nicht wesentlich überschreiten darf. Das führt im Ergebnis dazu, dass bestimmte Einzelhandelsprojekte Orten einer bestimmten Zentralitätsstufe vorbehalten sind und in Gemeinden niedrigerer Stufe oder gar solchen ohne Zentralität nicht verwirklicht werden dürfen240 – dies grundsätzlich unabhängig davon, ob und inwieweit eine solche Ansiedlung im Einzelfall tatsächliche Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der höherstufigen Gemeinde nach sich ziehen würde241. Die Standortgemeinde verstößt in diesem Zusammenhang also in der Tat unabhängig vom Nachweis konkreter Beeinträchtigungen gegen die Raumordungsziele zum Zentrale-Orte-System, wenn sie einen Bauleitplan aufstellt, mit dem die Ansiedlung eines Einzelhandelsvorhabens vorbereitet wird, dessen Einzugsbereich ihren Verflechtungsbereich überschreiten wird, oder das gar mangels Zentralität generell nicht verwirklicht werden dürfte. Wenn nun zum Teil die Ansicht vertreten wird, dass dementsprechend auch die Nachbargemeinde nicht nachweisen müsse, ob ein Verstoß der Standortgemeinden gegen die Raumordnungsziele bei ihr konkrete Beeinträchtigungen bewirken werde, zielt das offenbar auf die in der Entstehungsgeschichte des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB mehrfach geäußerte Absicht, der „verpflichtenden“ Wirkung des § 1 Abs. 4 BauGB z.N. der Nachbargemeinde auch eine entsprechend „berechtigende“ Wirkung zu ihrem Vorteil an die Seite zu stellen242. Diese Auslegung läuft auf die Annahme hinaus, der Gesetzgeber habe der Nachbargemeinde einen gleichsam störungsunabhängigen Anspruch auf die Befolgung bestimmter Raumordungsziele einräumen wollen. Ob diese Auslegung aber dem Novellierungswillen des Gesetzgebers gerecht wird, muss bereits zweifelhaft erscheinen, wenn man den Vorschlag der Unabhängigen Experten-

239 Vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 129; insoweit auch Möstl, DV 39 [2006], 302 (303). 240 S. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. V, § 11 BauNVO Rn. 66. 241 Was nicht immer der Fall sein muss; s. Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1130): „Nicht jede raumordungsrechtswidrige Ansiedlung führt zu Funktionsstörungen bei der Nachbargemeinde“. 242 Vgl. erneut BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 215: „[D]ie Ziele der Raumordnung [haben] belastende und begünstigende Wirkung [. . .], zum einen für die einzelne Gemeinde, zum anderen aber auch im Verhältnis der Gemeinden untereinander. Das legt es nahe, dass das Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB nicht nur eine verpflichtende, sondern auch eine berechtigende Seite hat“; dem folgend die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 33, 41.

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kommission zur „Ergänzung“ der verpflichtenden Wirkung des § 1 Abs. 4 BauGB näher betrachtet, der später der Gesetzesbegründung zugrunde lag. Denn dort heißt es: „Ist die Gemeinde gebunden, ihre Bauleitplanung an dem zentralörtlichen Ziel der Raumordnung auszurichten, dann ist es nur folgerichtig, dass sie berechtigt ist, ihre so auszurichtende und ausgerichtete Planung gegen eine die zentralörtliche Funktion störende raumordnungswidrige Planung einer anderen Gemeinde zu verteidigen“243. Bereits die Unabhängige Expertenkommission scheint also davon ausgegangen zu sein, dass der Nachbargemeinde erst dann eine „Verteidigungsmöglichkeit“ zukommen solle, wenn ihre eigene (künftige oder bestehende) Planung durch diejenige der Standortgemeinde tatsächlich beeinträchtigt wird244. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber hierzu eine andere Auffassung vertrat, da der von der Kommission verwendete Begriff im Regierungsentwurf ausdrücklich aufgriffen wurde245 und der zuständige Ausschuss die Frage in seiner Beschlussempfehlung nicht weiter problematisierte246. Auch die sonstigen Formulierungen aus dem Regierungsentwurf sprechen gegen die Annahme, der Gesetzgeber habe den Nachbargemeinden über § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB n. F. zu störungsunabhängigen Klagemöglichkeiten verhelfen wollen. Wenn nämlich die Neuregelung ausweislich der Gesetzesmaterialien darauf zielte, die Nachbargemeinden zu „berechtigen“247 und ihre „Klagebefugnis“ zu stärken248, dann legt diese Wortwahl die Annahme nahe, dass der Nachbargemeinde ein subjektives Recht eingeräumt werden sollte249. Da aber von einem subjektiven öffentlichen Recht auf dem Boden der dazu herrschenden Kombinationstheorie nur gesprochen werden kann, wenn eine pflichtbegründende Norm das Interesse eines Rechtssubjekts schützen soll250, müsste es widersprüchlich anmuten, davon auszugehen, der Gesetzgeber habe den Nachbar-

243

BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 215 (Hervorhebung durch den Verf.). Darauf stellen Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1130), ab; der Hinweis wird auch bei Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1028), anerkannt. 245 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 41. 246 Vgl. die Beschlussempfehlung des 14. BT-Ausschusses, BT-Drs. 15/2996, S. 62 f. 247 S. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 41; dieselbe Wortwahl findet sich bei BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 215. 248 So die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 33; ebenso bereits BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 216: „Erweiterung der gemeindenachbarlichen Klagebefugnisse“. 249 S. dazu, dass der Begriff der „Klagebefugnis“ grds. auf die Möglichkeit einer Verletzung subjektiver Rechte zielt, wie sie in § 42 Abs. 2 VwGO angesprochen ist, statt aller Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 151 f. 250 Vgl. hier nur Bühler, Die subjektiven öffentlichen Rechte, S. 9 ff., 224; Bachof, in: dems. u. a. (Hrsg.), Jellinek-GS, S. 287 (294 ff.); Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 496; und noch noch näher dazu m.w. N. unter § 2 A. I. 2. b). 244

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gemeinden auch dann den Weg zu den Gerichten ebnen wollen, wenn diese in ihren eigenen Interessen in keiner Weise betroffen sind. Selbst wenn man den Verweis auf die Entstehungsgeschichte (allein) für insoweit nicht überzeugend halten wollte, spricht eine genaue Betrachtung der Wirkungsweise der Ziele der Raumordnung gerade im Zentrale-Orte-System gegen die Annahme, der Gesetzgeber habe für S. 2 Hs. 1 des § 2 Abs. 2 BauGB abweichend von S. 1 derselben Vorschrift ein Recht auf auswirkungsunabhängige Zielbefolgung einräumen wollen. Wollte man ein solches Recht anerkennen, liefe das nach dem oben Gesagten nämlich darauf hinaus, dass die Nachbargemeinde die Einhaltung derjenigen Ziele verlangen könnte, mit denen das Kongruenz- und ggf. das Zentralitätsgebot festgelegt wird – in Baden-Württemberg also bspw. die Ziele aus den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 S. 1 des LEP 2002 BW251. Diese Ziele sind es aber nicht, mit denen der Nachbargemeinde eine zentralörtliche „Funktion zugewiesen“ wird. Diese Funktionszuweisung erfolgt vielmehr in denjenigen Raumordnungszielen, die verbindlich festlegen, welche Funktionen einen Zentralen Ort einer bestimmten Zentralitätsstufe auszeichnen und welche Orte dies konkret sind – in Baden-Württemberg also bspw. die Plansätze 2.5.8252 bzw. 2.5.9253 des LEP 2002 BW i.V. m. mit dem Anhang zu Plansatz 2.5254 für Ober- bzw. Mittelzentren. Wenn der Gemeinde also ein Recht auf „störungsunabhängige Zielbefolgung“ eingeräumt wird, läuft das darauf hinaus, ihr einen Anspruch die Befolgung von raumordnerischen Festlegungen zu ermöglichen, die zwar im Zusammenhang mit ihrer Funktionszuweisung stehen, die diese Zuweisung aber nicht selbst vornehmen. Das ist mit dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB nicht vereinbar, der es der Gemeinde gerade nicht ermöglicht, sich nun auf jedes Raumordungsziel im Zusammenhang mit dem Zentralen-Orte-Konzept „berufen“ zu können, sondern allein auf die ihr255 durch Ziele dieser Art zugewiesene Funktion256. 251

S. die Wiedergabe dieser Plansätze oben in den Fn. zu § 1 B. I. Der Plansatz lautet: „Z[iel] – Oberzentren sollen als Standorte großstädtische Prägung die Versorgung eines Verflechtungsbereichs von mehreren hunderttausend Einwohnern (in der Regel die Region) mit hochqualifizierten und spezialisierten Einrichtungen und Arbeitsplätzen gewährleisten. Oberzentren sind die Landeshauptstadt Stuttgart sowie die Städte Heilbronn, Karlsruhe, Heidelberg, Mannheim(/Ludwigshafen am Rhein), [. . .]“. 253 Der Plansatz lautet: „Z[iel] – Mittelzentren sollen als Standorte eines vielfältigen Angebots an höherwertigen Einrichtungen und Arbeitsplätzen so entwickelt werden, dass sie den gehobenen, spezialisierten Bedarf decken können. Mittelbereiche sollen im ländlichen Bereich mindestens 35.000 Einwohner umfassen. [. . .]“. 254 Der Anhang weist für die verschiedenen Regionen einzelne Gemeinden als Mittelzentren aus und ordnet weitere Gemeinden zu deren Mittelbereich zu (a. a. O. S. 86 ff.). 255 Dass § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB nur auf Raumordnungsziele Bezug nimmt, die der Nachbargemeinde eine Funktion zuweisen, stellen auch Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1130); Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 125, und Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (803), heraus. 252

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Für die hier bevorzugte Auslegung spricht auch eine Folgenbetrachtung zum Begriff der „benachbarten“ Gemeinde. Im Rahmen des interkommunalen Abstimmungsgebots nach § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB wird die Frage, ob eine Gemeinde noch als Nachbarin der Standortgemeinde angesehen werden kann, wie gezeigt danach beantwortet, ob die Bauleitplanung dieser Kommune (nach hier vertretener Ansicht „nicht unwesentliche“, nach h. M. „gewichtige“) Auswirkungen auf die städtebaulichen Belange jener Gemeinde haben werden257. Ist das der Fall, ist sie noch eine „benachbarte“ Gemeinde, trifft das dagegen nicht zu, ist sie es nicht. Würde man es für das Recht auf „interkommunalen Funktionsschutz“ nach § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB für unerheblich erklären, ob die gegen Raumordungsziele verstoßende Bauleitplanung der Standortgemeinde überhaupt irgendwelche nachteiligen Auswirkungen faktischer Art auf die (nun raumordnerischen) Belange der Standortgemeinde haben, fiele der Maßstab für eine Abgrenzung der „benachbarten“ von den nicht mehr benachbarten Gemeinden weg. Das könnte zu dem kaum überzeugenden Ergebnis führen, dass eine Gemeinde im Norden eines Flächenlandes geltend machen könnte, eine im Süden gelegene andere Kommune habe gegen das Zentralitäts- oder Kongruenzverbot verstoßen, ohne dass es darauf ankäme, ob jene überhaupt in irgendeiner Weise durch diese Maßnahme beeinträchtigt würde258. Zwar wird teilweise versucht, für § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB ein anderes Abgrenzungskriterium zu entwickeln, indem als „benachbart“ nur solche Gemeinden anzusehen sein sollen, die in ein und demselben Verflechtungsbereich liegen259. Das überzeugt aber aus zwei Gründen nicht. Zum einen müsste man dann auch konsequenterweise zwei in verschiedenen Verflechtungsbereichen liegenden Gemeinden die „Nachbarschaft“ selbst dann absprechen, wenn diese räumlich aneinander angrenzen. Und zum anderen ist das auf die „Verflechtungsbereiche“ abstellende Kriterium ersichtlich auf das Zentrale-Orte-System zugeschnitten und muss versagen, sobald es um eine „Funktionszuweisung“ geht, die – wie etwa der Freiraumschutz260 – nicht im Zusammenhang mit diesem System steht und keine derartigen „Bereiche“ kennt. Auch die Notwendig256 Darauf, dass insoweit zwischen „Ziel“ und „Funktion“ zu unterscheiden ist, weisen zurecht Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1130); Moench, DVBl. 2005, 676 (684), hin. 257 S. oben § 1 A. I. 1. b) aa). 258 Auf dieses „erstaunliche Ergebnis“ weist Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (806), für die (auch aus anderen Gründen problematische, s. § 12 C.) Konstellation hin, in der eine Nachbargemeinde eine Baugenehmigung unter Verweis auf § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB angreift, ohne sich deshalb endgültig für oder gegen die im Text vertretene Ansicht zu entscheiden; mit ähnlichen Erwägungen noch klarer der hier befürworteten Ansicht zuneigend ders., NVwZ 2004, 1025 (1028). 259 Vgl. Vietmeier, BauR 2005, 480 (483). 260 Vgl. Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 27; Kment, UPR 2005, 95 (97).

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keit, zur Vermeidung von „kommunalen Popularklagen“ ein Kriterium zur Verfügung zu haben, mit dem „benachbarte“ von nicht benachbarten Gemeinden abgegrenzt werden können, spricht mithin dafür, von der Gemeinde auch im Rahmen des § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB die Darlegung (der Möglichkeit) einer konkreten Beeinträchtigung zu verlangen. b) Einwände aus der historischen Interpretation? Gegen diese Auslegung kann auch nicht vorgetragen werden, damit werde der vom Gesetzgeber gewünschte Gleichlauf von „Berechtigung“ und „Verpflichtung“ im Rahmen des § 1 Abs. 4 BauGB konterkariert. Im Gegenteil. Denn auch insoweit dürfen die Bindungswirkungen der unterschiedlichen Raumordnungsziele im interkommunalen Konflikt, in dem sich die zentralörtliche Nachbargemeinde gegen den Bauleitplan einen Standortgemeinde niedrigerer oder gar fehlender Zentralität wendet, nicht vermischt werden. In diesem Konflikt ist auf der einen Seite die Nachbargemeinde Adressatin261 derjenigen Raumordnungsziele, die ihre Zentralität begründen und ihr eine bestimmte Funktion im zentralörtlichen System zuweisen. Die Standortgemeinde ist auf der anderen Seite Adressatin nicht dieser, sondern derjenigen Ziele, die sie u. a. an das Zentralitäts- und Kongruenzgebot binden. Wenn nun der Gesetzgeber der die Nachbargemeinde „verpflichtenden“ Wirkung des § 1 Abs. 4 BauGB eine „berechtigende“ Wirkung an die Seite stellen wollte, dann kann es dabei auch nur um diejenigen Pflichten gegangen sein, die eben diese Nachbargemeinde treffen, und nicht um diejenigen, welche sich an die Standortgemeinde richten. Eine „Berechtigung“ kann die Nachbargemeinde also nur im Hinblick auf ihre Pflicht zur Ausrichtung der eigenen Entwicklung hin zu der ihr zugewiesenen Funktion zukommen, nicht aber in Bezug auf die Pflicht der Standortgemeinde, bestimmte Ansiedlungen zu unterlassen262. Nur so kann denn auch die Überle261 S. dazu, dass aus dem Tatbestandsmerkmal der „zugewiesenen Funktionen“ folgt, dass nur solche Raumordnungsziele in Betracht kommen, die sich an die Nachbargemeinde richten, Kment, UPR 2005, 95 (97 f.); Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 27, 29 („In der Zuweisung der Funktion muß [absichtsvoll] eine Begünstigung der Gemeinde liegen“); Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (804): „Nur bei Zielen die diesen Aufgaben-übertragenden Charakter [scil.: wie eine „Adressierung“ durch Zuweisung einer Zentralitätsstufe] aufweisen, kommt eine Funktionszuweisung [. . .] in Betracht.“; Schrödter, NST-N 2004, 197 (209); ders., in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 50 („Voraussetzung für diese Aufwertung der Ziele der Raumordnung zugunsten der Nachbargemeinde ist aber, dass Ziele der Raumordnung betroffen sein können, die zumindest auch dem Schutz der Nachbargemeinde dienen“; Hervorhebung im Original). 262 Nicht überzeugend daher Vietmeier, BauR 2005, 480 (482): „Damit wollte der Gesetzgeber ein subjektives Recht der Nachbargemeinde begründen, daß die objektivrechtliche Verpflichtung der planenden [scil.: Standort-]Gemeinde zur Anpassung der Planung an die Ziele der Raumordnung umgesetzt wird“ (Hervorhebung durch den Verf.).

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gung der Unabhängigen Expertenkommission zur „Ergänzung“ der nachteiligen Wirkung des § 1 Abs. 4 BauGB verstanden werden, wenn es dort heißt, es sei folgerichtig, wenn die Nachbargemeinde berechtigt sei, „ihre so auszurichtende und ausgerichtete Planung gegen eine die zentralörtliche Funktion störende Planung einer anderen Gemeinde zu verteidigen“263. c) Einwände aus einem Vergleich mit der „Schicksalsgemeinschaft“ der Bebauungsplanunterworfenen? Gegen die hier vertretene Auslegung kann auch kein Vergleich der Situation der einem Landesentwicklungsplan unterworfenen Gemeinden mit derjenigen Lage von Grundstückseigentümern angeführt werden, deren Eigentum sich im Geltungsbereich eines Bebauungsplans befindet. Zwar hat das BVerwG unter weitgehendem Beifall der Literatur anerkannt, dass ein Bebauungsplan die von ihm betroffenen Grundstückseigentümer zu einer „Schicksalsgemeinschaft“ zusammenschweiße, in der sich die Vor- und Nachteile um der Interessen der Beteiligten willen nach Art eines „Austauschverhältnisses“ die Waage hielten, sodass sich jeder an einem solchen Planungsverbund Beteiligte – dies gerade unabhängig davon, ob er von dem Vorhaben konkret gestört werde oder nicht – gegen Vorhaben wehren könne, die der im Bebauungsplan festgesetzten Nutzungsart widersprächen264. Damit kann aber die Situation der einem Landesentwicklungsplan unterworfenen Gemeinden nicht verglichen werden. Ein solcher Vergleich müsste schon deshalb fragwürdig anmuten, weil das Interessengeflecht benachbarter Grundstückseigentümer wesentlich enger ist als dasjenige von Nachbargemeinden265, sodass das Bild einer „Schicksalsgemeinschaft“ auf in einem Bundesland gelegene öffentlich-rechtliche Körperschaften kaum übertragen werden kann. Der angedachte Vergleich muss darüber hinaus jdfs. daran scheitern, dass die zentralörtlichen Gliederungen in den Landesraumordnungsprogrammen gerade keinen Planungsverbund im o. g. Sinne zu errichten bezwecken. Denn diese Programme zielen nicht – wie ein Bebauungsplan – darauf, die (städtebaulichen) Konflikte der Planunterworfenen zu lösen, sondern beabsichtigen primär, durch eine optimale Verteilung raumbeanspruchender und raumwirksamer Maßnahmen gesamtstaatliche Interessen zu verwirklichen. Vor diesem Hintergrund könnte es nicht überzeugen zu behaupten, mit solchen Gliederungen werde das Ziel ver-

263

BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 215 (Hervorhebung durch den Verf.). S. dazu BVerwG, Urt. v. 16.09.1993 – 4 C 28/91, BVerwGE 94, 151 (155 ff.); dass., Urt. v. 24.02.2000 – 4 C 23/98, ZfBR 2000, 423; Bönker, in: Hoppe/Bönker/ Grotefels, Baurecht, § 18, Rn. 43 f. 265 So die Einschätzung bei Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1028). 264

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folgt, die Interessen der von ihr betroffenen Gemeinden in ein bestimmtes Austauschverhältnis zu bringen266. d) Die erforderliche Beeinträchtigungsintensität Nach alledem zeigt sich, dass ein „Berufenkönnen“ i. S. d. § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB nur dann in Betracht kommt, wenn sich der Bauleitplan der Standortgemeinde auf die Fähigkeit der Nachbargemeinde, die ihr raumordnerisch zugewiesene Funktion wahrzunehmen, im konkreten Einzelfall auch tatsächlich nachteilig auswirken wird. Damit ist freilich noch nicht gesagt, welchen Intensitätsgrad diese Auswirkungen erreichen müssen. Dazu kommen drei Auslegungsvarianten in Betracht. Zum einen kann angenommen werden, dass der Gesetzgeber durch seine Wortwahl („dabei“, „auch“) und den systematischen Standort auf die ihm sicher bekannte Formel der Rechtsprechung von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ verweisen wollte267. Denkbar ist es aber auch, dass er mit seinem erkennbaren Bezug zum Raumordnungsrecht auf die Schwelle verweisen wollte, ab der das sog. Beeinträchtigungsverbot aus dem Zentrale-Orte-Gliederung als verletzt angesehen wird. Als dritte Möglichkeit könnte man schließlich darauf verweisen, dass der Wortlaut insoweit gar keine Einschränkungen enthält, sodass es genügen müsse, dass die Nachbargemeinde Beeinträchtigungen geltend machen kann, die die Geringfügigkeitsschwelle überschreiten268. Gegen die erste und für die dritte dieser Varianten spricht der oben näher dargelegte Umstand, dass der Gesetzgeber bei der Novellierung offenbar davon ausging, dass die Betroffenheitsschwelle, die für die Neuregelung in Hs. 2 des S. 2 des § 2 Abs. 2 BauGB gelten solle, dieselbe sei, die bereits in § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB gelte, und dass diese schon überschritten sei, wenn ein der Nachbargemeinde zugewiesener Belang in mehr als geringfügiger Weise betroffen sei269. Wenn nun die Neuregelung in Hs. 1 des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB auf den so verstandenen S. 1 Bezug nimmt, spricht das für die Annahme, dass der Gesetzgeber auch für diese Neuregelung von keiner anderen Schwelle ausging270. 266 Ebenso OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (174); im Ergebnis auch OVG Münster, Beschl. v. 09.02.1998 – 11 B 2505/87, NVwZ-RR 1988, 11; dass., Urt. v. 06.06.2005 – 10 D 145/04.NE, BauR 2005, 1577. 267 Dafür, wie eingangs gezeigt, Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1129 f.). 268 Offen gelassen, aber mit erkennbarer Sympathie für diese Lösung OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (175). 269 Vgl. oben § 1 A. II. 2. b). 270 Vgl. dazu den Vorschlag der Expertenkommission, mit dem ausdrücklich angeregt wurde, die Neuregelung als „Ergänzung der die interkommunale Abstimmungspflicht regelnden Vorschrift des § 2 Abs. 2 BauGB“ auszugestalten (BMVBW [Hrsg.], Kommissionsbericht, Rn. 220; Hervorhebung durch den Verf.).

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Würde man dem nicht folgen, ergäbe sich darüber hinaus das systematisch wenig überzeugende Ergebnis, dass die Regelung des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB von zwei unterschiedlichen Beeinträchtigungsschwellen ausginge, ohne dies im Wortlaut deutlich zu machen, der mit seinem gleichsam vor die Klammer gezogenen Bezugswort „dabei“ und seinem nach die Klammer gestellten Verb „berufen“ vielmehr im Gegenteil einen Gleichlauf der beiden Alternativen nahe legt. Zu der zweiten der o. g. Auslegungsmöglichkeiten, mit der die für § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB erforderliche Beeinträchtigungsintensität aus dem – in Baden-Württemberg bspw. in Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 BW als Ziel festgelegten271 – Beeinträchtigungsgebot abgeleitet würde, besteht damit im Ergebnis kein Unterschied. Denn „[z]ur Beurteilung dieses städtebaulichen Kriteriums ist § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO entsprechend anzuwenden“272, sodass nach hier vertretener Ansicht auch auf diesem Wege wieder die Geringfügigkeitsschwelle zur Anwendung käme273. Zur Begründung dieses Ergebnisses ist es dennoch überzeugender, nicht an das raumordnerische Beeinträchtigungsverbot anzuknüpfen, sondern über das Bezugswort „dabei“ in § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB auf die für § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB geltende Grenze zurückzugreifen. Denn zum einen könnte auch insoweit andernfalls wieder der Einwand drohen, dass sich der Sache nach die Nachbargemeinde auf ein Raumordnungsziel (das Beeinträchtigungsverbot nämlich) „berufen“ würde, welches sich im konkreten interkommunalen Konflikt an die Standortgemeinde richtet, und nicht auf ihre – der Nachbargemeinde – „Funktion“, die ihr nur durch ein an sie gerichtetes Ziel – also bspw. die Plansätze 2.5.8 bzw. 2.5.9 des LEP 2002 BW – zugewiesen worden sein kann. Davon abgesehen könnte das Abstellen auf das Beeinträchtigungsverbot ohnehin nur für die im Rahmen der Zentrale-Orte-Gliederung zugewiesenen Funktionen Maßstäbe liefern und müsste daher in anderen Konstellationen versagen. 3. Ergebnis – Gleichlauf im Schutzbedarf bei § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB und § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB Nach alledem kann zusammengefasst werden, dass ein „Schutzbedarf“ nach § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB (nur) unter den Voraussetzungen entsteht, die in entsprechender Weise auch für die Auslösung eines Abstimmungsbedarfs i. S. d. § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB gelten.

271

Vgl. oben Fn. 224. Einzelhandelserlass des Wirtschaftsministeriums BW v. 21.02.2001 – 6-2500.4/ 7, S. 13. 273 Vgl. oben § 1 A. II. 2. b). 272

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III. Die Schutzweise bei § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB Ob ein solcher Zusammenhang zwischen beiden Vorschriften auch in Bezug auf die jeweilige Schutzweise besteht, wird gleichfalls unterschiedlich beurteilt. 1. Die Problemstellung – Berücksichtigungs- oder Beachtenspflicht? Auch in Bezug auf diese Frage legt der Wortlaut des § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB („dabei“, „auch“) zunächst einmal die Annahme nahe, die Neuregelung beschränke sich darauf, der Nachbargemeinde neue (raumordnungsrechtliche) Belange zum Schutz anzuvertrauen, greife aber im Hinblick auf die Art und Weise dieses Schutzes auf die „Grundregel und zentrale sedes materiae“274 des interkommunalen Abstimmungsgebots nach § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB zurück. Das würde bedeuten, dass die Standortgemeinde die raumordnungsrechtlich begründeten Belange der Nachbargemeinde im Rahmen einer Abwägung zu berücksichtigen hat – mit der Folge, dass diese Belange im Einzelfall im Hinblick auf höhergewichtigere entgegenstehende Belange auch einmal „wegabgewogen“ werden können275. Eine solche „Berücksichtigungslösung“ wird indes vielfach abgelehnt276. Wer hier einfach die Abwägungsgrundsätze aus dem allgemeinen Abstimmungsgebot aus S. 1 des § 2 Abs. 2 BauGB auf den in S. 2 Hs. 1 BauGB angeordneten Funktionenschutz übertrage, missachte, so wird argumentiert, die strikte Bindungswirkung der Ziele der Raumordnung, „die in § 3 Nr. 2 ROG per gesetzlicher Legaldefinition vorgeschrieben ist. Die bloße Berücksichtigung der Ziele der Raumordnung würde somit der Natur der Ziele als verbindliche Vorgaben entgegenstehen“277. Darüber hinaus spreche gegen diese Übertragung von Abwägungsgrundsätzen ein „ein systematischer Widerspruch zu § 1 Abs. 4 BauGB“. Da die Gemeinde die Ziele der Raumordnung nämlich nach dieser Vorschrift „ohnehin verbindlich zu beachten“ hätten, könne § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB „nicht die Funktion haben, die gesetzliche Verpflichtung der Gemeinde, bei der Planung Zielvorgaben zu beachten, herabzusetzen. § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB möchte die Rechte der Nachbargemeinde stärken und nicht das Wirkungsgefüge zwischen Raumordnung und Bauleitplanung in Frage stellen“278.

274

Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1127), Hervorhebung im Original. Vgl. oben § 1 A. I. 1 b) aa). 276 Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 43 f.; Kment, UPR 2005, 95 (97); Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (805); Vietmeier, BauR 2005, 480 (482 f.); nicht eindeutig Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 124, 126. 277 Kment, UPR 2005, 95 (97); in diese Richtung auch Söfker, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 126. 278 Kment, UPR 2005, 95 (97), Hervorhebung durch den Verf.; zust. Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (805). 275

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Andere lehnen diese „Verbindlichkeitslösung“ dagegen ab und plädieren dafür, auch die in § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB angesprochenen raumordnerischen Belange dem zum interkommunalen Abstimmungsgebot i. e. S. geltenden Abwägungsregime – mit der genannten möglichen Folge des „Wegabwägens“ – zu unterstellen279. Zur Begründung dieser Auffassung wird nicht nur auf das eingangs angedeutete Wortlautargument abgestellt280. Vielmehr wird darüber hinaus angemahnt, auch an dieser Stelle wieder streng zwischen „Funktion“ und „Ziel“ zu unterscheiden: „Ein Ziel der Raumordnung unterliegt der Anpassungspflicht nach § 1 Abs. 4 BauGB [. . .], eine durch ein Ziel der Raumordnung zugewiesene Funktion jedoch lediglich der formellen und materiellen Abstimmungspflicht nach § 2 Abs. 2 BauGB. § 1 Abs. 4 BauGB kann nicht in § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB Nachbarklagen auslösend hineingelesen und zur Erweiterung der Klagebefugnis herangezogen werden“281. Hätte der Gesetzgeber etwas anderes gewollt, so wird dazu vorgetragen, hätte er die neuen Abwehrrechte im systematischen Zusammenhang mit § 1 Abs. 4 BauGB geschaffen. Das dies nicht der Fall gewesen sei, zeige auch ein Blick in die Gesetzgebungsgeschichte. Sowohl der Unabhängigen Expertenkommission als auch den Verfassern des Regierungsentwurfs sei es nämlich nur um eine „Anreicherung der Planungshoheit“ gegangen, nicht dagegen um eine Modifizierung der auch sonst geltenden Voraussetzungen unter denen sich „eine Berührung dieser erweiterten Planungshoheit zu einer klagebewehrten Rechtsposition der Nachbargemeinde entwickelt“282. 2. Die Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB Auch die Frage, welche Schutzweise § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB bei einem einmal ausgelösten Schutzbedarf vorsieht, kann durch Auslegung dieser Vorschrift beantwortet werden. a) Die systematische, teleologische und historische Interpretation Die für die „Verbindlichkeitslösung“ vorgetragenen und oben referierten Argumente allein jdfs. erscheinen nicht dazu geeignet, die durch den Wortlaut und die Stellung des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB nahe gelegte Anlehnung an die Wirkungsweise des interkommunalen Abstimmungsgebots infrage zu stellen.

279 Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1127); davon ging wohl auch noch Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1028), aus, der sich zwischenzeitlich freilich i. S. d. a. A. geäußert hat (vgl. dens., DVBl. 2006, 799 [805]). 280 Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1127). 281 Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1128). 282 Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1127).

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

Das gilt zunächst für das Argument, eine bloße „Berücksichtigung“ der Raumordnungsziele würde ihrer Natur als verbindliche Vorgaben entgegenstehen. Dieser Vortrag muss sich in der Tat zumindest den Einwand gefallen lassen, ungenau zu argumentieren, weil es nach der Konzeption der Neuregelung nie darum gehen kann, ob „das Ziel“ in die Abwägung einzustellen ist, sondern allenfalls darum, ob das für die zielmäßig zugewiesene Funktion der Fall ist. Nun könnte man dem freilich entgegnen, dieser Einwand treffe zwar zu, sei aber zu formal, um die Rechtswirkungen des § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB zu erfassen. Denn wenn man eine durch ein Raumordnungsziel zugewiesenen Funktion in eine Abwägung einstelle, laufe das – so wäre fortzufahren – im Ergebnis darauf hinaus, auch das dieser Funktion zugrunde liegende Ziel einer Abwägung zuzuführen und damit das Ziel entgegen der gesetzlichen Unterscheidung wie einen Raumordnungsgrundsatz zu behandeln. Die These von einer gleichsam „faktischen“ Abwägung (auch) des Raumordnungsziels müsste aber daran scheitern, dass die objektive Anpassungspflicht der Standortgemeinde nicht hinreichend von einem dieser Pflicht entsprechenden subjektiven Recht der Nachbargemeinde unterschieden würde. Wenn man die Ansicht vertritt, dass die Nachbargemeinde nur ein Recht darauf hat, dass die ihr zugewiesenen raumordnerischen Belange abwägungsfehlerfrei „abgearbeitet“ werden, lässt das die Pflicht der Standortgemeinde, das diesen Belangen zugrundeliegende Ziel nicht nur abzuarbeiten, sondern uneingeschränkt zu beachten, unberührt. Das Ergebnis wäre lediglich, dass das Recht der Nachbargemeinde, das auf eine Beachtung bestimmter Raumordnungsziele durch die Standortgemeinde gerichtet ist, inhaltlich weniger weit reicht, als die dieser Beachtung zugrundeliegende Pflicht, weil man einen Anspruch auf (bloße) „Berücksichtigung“ als inhaltliches minus zu einer Pflicht auf strenge „Beachtung“ auffassen kann. Ein solches Ergebnis wäre rechtslogisch nicht zu beanstanden, weil nur von einem Recht auf eine Pflicht (mindestens) gleichen Umfangs geschlossen werden kann, nicht aber umgekehrt von einer Pflicht auf ein Recht (vollumfänglich) gleichen Inhalts283, und ist strukturell gerade im Öffentlichen Recht nicht ungewöhnlich. Deshalb überzeugt auch das Argument der „Verbindlichkeitsthese“ nicht, § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB könne „nicht die Funktion haben, die gesetzliche Verpflichtung der Gemeinde, bei der Planung Zielvorgaben zu beachten, herabzusetzen“, weil § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB [. . .] die Rechte der Nachbargemeinde stärken und nicht das Wirkungsgefüge zwischen Raumordnung und Bauleitplanung in Frage stellen“ wolle284. Denn der Streit zwischen „Verbindlichkeits“283 Vgl. dazu nur Bachof, in: dems. u. a. (Hrsg.), Jellinek-GS, S. 287 (289); Maurer, Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 6; Peine, Verwaltungsrecht, Rn. 248, 252 f.; Schenke, Rechtsschutz, S. 235; dens., Verwaltungsprozessrecht, Rn. 495 a. E.; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, § 43 Rn. 9, 50; Fingerhut, Gemeindenachbarklage, S. 7. 284 Vgl. erneut Kment, UPR 2005, 95 (97), Hervorhebung durch den Verf.

§ 1 Die Primärrechte der Nachbargemeinde

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und „Berücksichtungsthese“ kann sich von vornherein nur um die Frage drehen, inwieweit der Pflicht der Standortgemeinde ein Recht der Nachbargemeinde entspricht. Wenn dieses Recht nicht auf strikte Beachtung, sondern nur auf abwägungsrechtliche Berücksichtigung zielte, würde damit die Pflicht der Standortgemeinde aus den oben genanten Gründen in keiner Weise „herabgesetzt“ und das diesbezügliche Wirkungsgefüge zwischen Raumordnung und Bauleitplanung nicht angetastet. Auch wenn also die gegen die „Berücksichtigungslösung“ vorgebrachten Argumente allein jdfs. nicht dazu zwingen könnten, diese vom Wortlaut her näher liegende Lösung abzulehnen, bietet eine dogmatische Merkwürdigkeit doch Anlass, die Entscheidung zwischen beiden Ansichten nicht vorschnell zu treffen. Wollte man der Berücksichtigungsthese folgen, änderte das, wie gezeigt, nichts an der Pflicht der Standortgemeinde, das Ziel, mit dem der Nachbargemeinde eine bestimmte Funktion zugewiesen wurde, strikt zu beachten. In der Praxis bedeutete das aber, dass dieses Ziel von vornherein nicht in den planerischen Abwägungsvorgang eingestellt werden und die Abwägungsstufen durchlaufen würde. Wenn nun die Nachbargemeinde im Verwaltungsprozess geltend machen würde, ihr auf eine abwägungsrechtlich zu verstehende Berücksichtigung gerichtetes Recht aus § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB sei bei der Aufstellung eines bestimmten Bauleitplans verletzt worden, so folgte daraus, dass das zur Entscheidung berufene Gericht bei Lichte betrachtet nicht prüfen kann, ob die der Nachbargemeinde zugewiesene Funktion tatsächlich zutreffend ab- und ggf. „wegabgewogen“ wurde, sondern nur, ob sie zutreffend hätte „wegabgewogen“ werden können. Das Gericht wäre also im Ergebnis auf eine hypothetische Prüfung verwiesen. Es ist nun keineswegs ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber eine solche gleichsam theoretische Prüfung anordnen wollte, es hätte dann aber doch zumindest nahegelegen, dies im Wortlaut der Vorschrift durch eine entsprechend im Konjunktiv gefasste Formulierung zum Ausdruck zu bringen. Dieses dogmatisch eigenartige Ergebnis allein müsste freilich nicht zwingend zur Ablehnung der Berücksichtigungsthese führen, weil man es als durch die gesetzlich vorgegebene Unterscheidung von Beachtungs- und Berücksichtigungsdogmatik als im Gesetz angelegt ansehen und durch den Wortlaut „berufen“ abgedeckt ansehen könnte. Die Entstehungsgeschichte zu § 2 Abs. 2 Hs. 1 BauGB zeigt indes, dass der Gesetzgeber an eine auf hypothetische Erwägungen abzielende Formulierung nicht gedacht hat, weil er in der Tat festschreiben wollte, dass die Nachbargemeinde nicht nur eine „Berücksichtigung“, sondern eine „Beachtung“ der ihr zugewiesenen Funktion von der Standortgemeinde verlangen können soll. Zur Begründung dieser Ansicht ist es hilfreich, sich die Pflichtenkonstellation im Raumordnungsrecht zu vergegenwärtigen, die im interkommunalen Verhältnis als Dreieck gedacht werden kann und sich nach der alten Rechtslage wie folgt darstellt. Auf der einen Seite steht die Standortgemeinde, die eine Pflicht

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

gegenüber dem Bundesland trifft, die Ziele der Raumordnung zu beachten. Auf der anderen Seite befindet sich die Nachbargemeinde, die eine Pflicht gleichen Inhalts gegenüber dem Land zu erfüllen hat. Zu diesen bildlich gesprochen vertikalen Dreiecksschenkeln tritt schließlich ein horizontaler hinzu, der die Pflicht der Standortgemeinde gegenüber der Nachbargemeinde auf interkommunale Abstimmung symbolisiert, die bislang jdfs. auf abwägungsrechtliche „Abarbeitung“ der städtebaulichen Belange dieser Gemeinde gerichtet war. Einigkeit besteht nun, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB der Nachbargemeinde in dem zuletzt bezeichneten, gleichsam „horizontalen“ Verhältnis eine subjektivrechtliche Berechtigung verschaffen wollte. Da rechtslogisch zwar eine Pflicht ohne korrespondierendes Recht, nicht aber ein Recht ohne korrespondierende Pflicht gedacht werden kann, kann der Gesetzgeber sein Ziel nur erreichen, wenn zwischen Standort- und Nachbargemeinde eine Pflicht besteht, die dem gewünschten Recht entspricht. Die Vertreter der „Berücksichtigungsthese“ gehen nun der Sache nach davon aus, dass der Gesetzgeber auf die bereits nach alter Rechtslage bestehende Pflicht der Standortgemeinde zur interkommunalen Abstimmung zurückgreifen wollte. Die Verfechter der „Verbindlichkeitsthese“ müssen dagegen unterstellen, dass der Gesetzgeber eine neue, soz. zweite horizontale Pflicht im horizontalen Verhältnis geschaffen hat, weil ein Anspruch auf Beachtung der eigenen Funktion gegenüber einem – über § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB konstruktiv allein möglichen – Anspruch auf Berücksichtigung ein objektivrechtliches „Mehr“ für die Standortgemeinde bedeutete. Betrachtet man vor diesem Hintergrund erneut die Erwägung der Unabhängigen Expertenkommission, die schließlich in den insoweit nicht mehr veränderten Regierungsentwurf285 Eingang gefunden hat, erweist sich die zweite der soeben als denkbar referierten Annahmen als zutreffend. So heißt es im Kommissionsbericht: „Ist die [scil.: Nachbar-]Gemeinde gebunden, ihre Bauleitplanung an dem zentralörtlichen Ziel der Raumordnung auszurichten, dann ist es nur folgerichtig, dass sie berechtigt ist, ihre so auszurichtende und ausgerichtete Planung gegen eine die zentralörtliche Funktion störende raumordnungswidrige Planung einer anderen [scil.: Standort-]Gemeinde zu verteidigen“286. In dieser Hinsicht sahen es Kommission und Regierungsentwurf als nahe liegend an, „dass das Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB nicht nur eine verpflichtende, sondern auch eine berechtigende Seite hat“287 bzw. dass „neben den verpflichtenden § 1 Abs. 4 [. . .] auch eine berechtigende Vorschrift zu stellen“288 285

Vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 41. BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 215 (Hervorhebung durch den Verf.). 287 BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 215. 288 Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 41: „Die Ziele der Raumordnung haben belastende und begünstigende Wirkungen, zum einen für die einzelne Gemeinde, zum anderen aber auch im Verhältnis der Gemeinden untereinander. 286

§ 1 Die Primärrechte der Nachbargemeinde

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sei. Das zeigt, dass es an dieser Stelle nicht darum gehen sollte, der „vertikalen“ Pflicht der Standortgemeinde zur Beachtung des funktionszuweisenden Ziels eine Berechtigung der Nachbargemeinde an die Seite zu stellen, sondern darum, die „vertikale“ Pflicht der Nachbargemeinde zur („gebundenen“) Anpassung ihrer Pläne mit einer horizontal wirkenden Berechtigung zu ergänzen. Wäre es hier um die Pflichten der Standortgemeinde gegangen, erschiene es durchaus diskutabel, der Nachbargemeinde nur eine Pflicht zur „Berücksichtigung“ einzuräumen, weil die Standortgemeinde dann die Einhaltung fremder Pflichten aus einem Rechtsverhältnis, an dem sie – die Nachbargemeinde – selbst nicht beteiligt ist (Standortgemeinde-Land), hätte verlangen können. Mit der Neuregelung sollte aber bewirkt werden, dass die Nachbargemeinde das Ergebnis der Erfüllung der sie selbst treffenden Pflichten gegenüber Dritten würde verteidigen können. Wenn diese vertikale Pflicht im Verhältnis Nachbargemeinde-Land aber eine strenge Bindungswirkung entfaltet und wegen der damit verbundenen „Nachteile“ für die Nachbargemeinde soz. in das horizontale Verhältnis der benachbarten Kommunen projiziert werden sollte, spricht das gegen die Annahme, dass der Gesetzgeber nur die schon nach alter Rechtslage bestehende Pflicht um einen Abwägungsbelang ergänzen wollte. Denn wenn die Nachbargemeinde selbst zur strikten Beachtung verpflichtet ist und dafür einen Ausgleich erhalten sollte, ist nicht einzusehen, warum sie dann nicht auch Gleiches von der Standortgemeinde soll verlangen können. Das wäre, wie schon angedeutet, möglicherweise anders zu beurteilen, wenn es dem Gesetzgeber primär darum gegangen wäre, der Nachbargemeinde ein Recht auf Einhaltung der die Standortgemeinde treffenden Pflichten einzuräumen, weil mit einer solchen Regelung der Nachbargemeinde nur ein Vorteil verschafft worden wäre, ohne damit einen Nachteil auszugleichen. Da es mit der Neuregelung aber gerade um letzteres ging, kann nicht angenommen werden, dass dem „Nachteil“ nur ein „Vorteil“ gegenübergestellt werden sollte, der jenen nicht vollständig, sondern nur teilweise ausgleicht. Andernfalls ist nicht erklärlich, warum es im Regierungsentwurf – insoweit noch deutlicher als im Bericht der Expertenkommission – heißt, dass „neben den verpflichtenden § 1 Abs. 4 BauGB“ eine berechtigende Vorschrift an die Seite gestellt werden solle289. Im Ergebnis ist also der Verbindlichkeitsthese zu folgen. Dieses Ergebnis beruht allerdings nicht auf den dazu bislang vorgebrachten – und bei Lichte betrachtet unbegründeten – Befürchtungen, die „Berücksichtigungsthese“ weiche Dies legt es nahe, neben den verpflichtenden § 1 Abs. 4, nach dem die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen sind, auch eine berechtigende Vorschrift zu stellen. Aus der Bindung der Bauleitplanung an ein zentralörtliches Ziel der Raumordnung folgt auf diese Weise auch, dass die Gemeinde berechtigt ist, ihre so ausgerichtete Planung gegen eine die zentralörtliche Funktion störende raumordnungswidrige Planung einer anderen Gemeinde zu verteidigen“ (Hervorhebung hier und im Text durch den Verf.). 289 S. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 41.

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

die Beachtenspflicht im vertikalen Pflichtenverhältnis zwischen Standortgemeinde und Bundesland auf. Es ist vielmehr auf die Annahme gestützt, dass der Gesetzgeber die Art und Weise der im vertikalen Verhältnis von Nachbargemeinde und Land bestehenden Verpflichtung auf die interkommunale Relation übertragen wollte und dazu nicht auf die dort nach alter Rechtslage allein bestehenden Verpflichtungen zurückgreifen konnte. b) Einwände aus der grammatischen Interpretation? Gegen das hier vertretene Ergebnis ist von Seiten der „Berücksichtigungsthese“ freilich der Einwand zu erwarten, dieser gesetzgeberische Wille habe aber im Wortlaut der Vorschrift keinen Niederschlag gefunden, der mit den Begriffen „dabei“ und „auch“ vielmehr in die entgegengesetzte Richtung deute290. Dieser Einwand würde aber nicht zu einer Revision des soeben befürworteten Ergebnisses zwingen. Denn auch nach hier vertretener Ansicht weist das „Recht auf interkommunalen Funktionsschutz“ einen inhaltlichen Bezug zum Recht auf interkommunale Abstimmung aus § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB auf – dies, wie gezeigt, insoweit, als hier wie dort erst eine bestimmte Beeinträchtigungsintensität die Schutzwirkung auslöst291 und hier wie dort ein vergleichbarer Nachbarbegriff heranzuziehen ist292. Der durch die genannten Ausdrücke angedeutet Verweis geht also nicht ins Leere, erweist sich aber als „Teilverweis“. c) Einwände aus der systematischen Interpretation? Ein weiterer Einwand dürfte nach dem oben Referierten aus der Stellung der Neuregelung drohen. So könnte man vortragen, der Gesetzgeber hätte die neue „Berechtigung“ bei § 1 Abs. 4 BauGB verorten können, wenn es ihm nicht um eine „Berücksichtigungs“-, sondern um eine „Verbindlichkeitslösung“ gegangen wäre. Auch dieser Einwand muss aber zum einen daran scheitern, dass die Verortung der Neuregelung bei § 2 Abs. 2 BauGB aus den zuvor genannten Gründen durchaus sinnvoll war. Es kommt hinzu, dass es aus Sicht des Gesetzgebers umgekehrt gefährlich gewesen wäre, das Recht auf interkommunalen Funktionsschutz bei § 1 Abs. 4 BauGB zu verankern. Denn diese Vorschrift bezieht sich auf alle Ziele der Raumordnung, mit der Neuregelung sollten dagegen nur Funktionen „wehrfähig“ gemacht werden, die durch bestimmte, gerade im interkommunalen Verhältnis maßgebliche Ziele zugewiesen werden. Dieser thematische Zusammenhang konnte nur durch die gewählte systematische Einordnung in das bestehende Regelwerk zweifelsfrei klargestellt werden293. 290 291 292

Vgl. erneut Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1127). Vgl. § 1 A. II. ggü. B. II. Vgl. § 1 A. I. 1. b) aa) ggü. B. II. 2. a).

§ 1 Die Primärrechte der Nachbargemeinde

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Gegen die hier vertretene Ansicht kann schließlich auch nicht eingewandt werden, es sei inkonsequent, auf der einen Seite – wie es hier in der Tat vertreten wird294 – für die Frage der Auslösung des „Schutzbedarfs“ auf § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB Bezug zu nehmen, andererseits aber bei der Frage der „Schutzwirkung“ zu argumentieren, der Gesetzgeber habe sich nicht auf die schon nach alter Rechtslage bestehende Pflicht zur interkommunalen Abstimmung stützen wollen. Denn zum einen handelt es sich bei beiden Fragen um dogmatisch eigenständige Problemkreise, die einer unterschiedlichen Antwort zugänglich sind. Und zum anderen ist diese Unterscheidung in der Wirkungsweise der Neuregelung angelegt. Mit der Novellierung hat der Gesetzgeber, wie gezeigt, einer Pflicht, die bislang nur im vertikalen Verhältnis von Nachbargemeinde und Land von Belang war, in der horizontalen Relation von Standort- und Nachbargemeinde eine Bedeutung verliehen. Bei dieser Projektion konnte der Gesetzgeber in einer Hinsicht bereits auf Vorgegebenes zurückgreifen – nämlich auf die Art der Bindungswirkung. Diese war für die Nachbargemeinde durch § 1 Abs. 4 BauGB und die entsprechenden Bestimmungen des Raumordnungsrechts bereits in der vertikalen Beziehung zum Land definiert, sodass insoweit für die Transponierung dieser Regelung keine Anleihe im Bauplanungsrecht vonnöten war. Anders verhielt es sich mit der Frage, ab welcher Beeinträchtigungsintensität die Nachbargemeinde ihr an den Raumordnungszielen ausgerichtete Planung verteidigen können solle. Denn diese Frage kann erst in einer abwehrrechtlichen Konstellation auftauchen, die sich in der vertikalen Beziehung Land-Nachbargemeinde naturgemäß nicht stellt, weil das Land kein Adressat der von ihm selbst aufgestellten Raumordnungsziele gerade zum Zentrale-Orte-Konzept ist. Im Hinblick auf diese Frage konnte der Gesetzgeber also nicht auf Lösungen zurückgreifen, die im Land-Gemeinde-Verhältnis schon angelegt waren, sondern musste eine eigenständige Lösung entwickeln. Wenn hier vertreten wird, dass für diese Lösung in der Tat auf bauplanungsrechtliche Grundsätze (nämlich aus § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB) zurückgegriffen wurde, für die Frage der Schutzwirkungsweise dagegen raumordnungsrechtliche Prinzipien transponiert wurden, ist das mithin nicht inkonsequent, sondern der Natur der Neuregelung geschuldet. 3. Ergebnis – Beachtens-, nicht lediglich Berücksichtigungspflicht Nach alledem zeigt sich, dass die Nachbargemeinde aus § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB von der Standortgemeinde verlangen kann, bei der Aufstellung von 293 Ähnlich Vietmeier, BauR 2005, 480 (482), der vermutet, dass der Gesetzgeber die Neuregelung in § 2 Abs. 2 BauGB und nicht bei § 1 Abs. 4 BauGB verortet hat, weil die meisten Ziele der Raumordnung nicht „die Nachbarschaft von Gemeinden“ beträfen, sodass sich § 2 Abs. 2 BauGB als Standort „angeboten“ habe. Davon, dass der Gesetzgeber es den Gemeinden nicht gestatten wollte, sich nun auf alle Ziele der Raumordnung berufen zu können, geht auch Kment, UPR 2005, 95 (97), aus. 294 S. § 1 B. II. 3.

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

Bauleitplänen die ihr – der Nachbargemeinde – durch Raumordnungsziele zugewiesenen Funktionen zu beachten und die damit verbundenen Belange nicht etwa nur im Rahmen einer (hypothetischen) Abwägung abzuarbeiten. IV. Fazit – Dogmatisch eigenständiges Recht auf interkommunalen Funktionsschutz In der Gesamtschau des Regelungsgehalts des § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB ergibt sich somit, dass die Nachbargemeinde danach von der Standortgemeinde verlangen kann, bei der Aufstellung von Bauleitplänen die ihr – der Nachbargemeinde – durch Raumordnungsziele zugewiesenen Funktionen zu beachten, soweit jene Pläne auf diese Funktionen nicht lediglich geringfügige Auswirkungen entfalten. Da mit dieser Beachtenspflicht eine Bindungswirkung im interkommunalen Verhältnis etabliert wurde, die sich im Hinblick auf den Schutzgegenstand und die Schutzweise nicht in den dogmatischen Bahnen der abwägenden Abstimmung nach S. 1 des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB bewegt, würde es jener Vorschrift nicht gerecht, sie lediglich als Unter- oder Spezialfall der zuletzt genannten zu charakterisieren. § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB stellt vielmehr die Grundlage eines eigenständigen „Rechts auf interkommunalen Funktionsschutz“ dar.

C. „Recht auf interkommunalen Versorgungsbereichsschutz“? (§ 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB) Dem oben geschilderten Ziel der BauGB-Novelle von 2004, die städtebauliche Möglichkeiten zur Steuerung des großflächigen Einzelhandels zu verbessern295, dient auch der zweite Halbsatz des durch das EAG Bau eingefügten § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB, wonach sich die Gemeinden „dabei“ auch auf „Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen“ können. Im Folgenden soll daher kurz der normative Zusammenhang zum „Versorgungsbereichsschutz“ betrachtet werden, in den der Gesetzgeber diese Vorschrift gestellt hat (I.), um darauf aufbauend ihren Schutzgegenstand (II.), ihre Schutzweise (III.), und den für sie maßgeblichen Schutzbedarf (IV.) näher betrachten und schließlich ihr Verhältnis zu § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB zusammenfassend bewerten zu können (V.). I. Der Schutz zentraler Versorgungsbereiche in der Gesetzgebung Der Gesetzgeber geht der Sache nach seit etwa 40 Jahren davon aus, dass die Erhaltung und die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in den Städten 295

S. oben unter § 1 B.

§ 1 Die Primärrechte der Nachbargemeinde

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und Gemeinden von hoher städtebaulicher Bedeutung ist, „und zwar zur Stärkung der Innenentwicklung und der Urbanität der Städte sowie besonders auch zur Sicherstellung einer wohnortnahen Versorgung, die angesichts der demografischen Entwicklung besonderen Schutzes bedarf, namentlich auch wegen der geringeren Mobilität älterer Menschen“296. Das Anliegen des Gesetzgebers, solche Versorgungsbereiche zu schützen, fand seinen ersten ausdrücklichen297 Niederschlag daher bereits in der BauNVO-Novelle 1977, im Zuge derer erstmals Auswirkungen auf solche Bereiche in § 11 Abs. 3 BauNVO erwähnt wurden298. Die Einführung der sog. „Mittelstandsklausel“299 in (heute) § 1 Abs. 6 Nr. 8 lit. a BauGB in den Katalog der in der Abwägung zu berücksichtigenden Belange diente demselben Zweck, wie sich daran zeigt, dass der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dort nicht als Selbstzweck300, sondern „im Interesse der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung“ verankert wurde301. Auf diese Tradition nahm – insbesondere über § 11 Abs. 3 BauNVO – denn auch sowohl die Expertenkommission als auch der ihr folgende Regierungsentwurf zum EAG Bau Bezug, als sich beide dafür aussprachen, den Schutz dieser „Versorgungsbereiche“ durch zwei Gesetzesänderungen zu verbessern302. Auf der Ebene der Vorhabenzulassung ging der Gesetzgeber davon aus, dass § 34 BauGB keine ausreichende Grundlage für eine sachgerechte Steuerung des Einzelhandels bot, weil über dessen auf die „nähere Umgebung“ abstellenden Abs. 1 nie berücksichtigt werden konnte, ob Einzelhandelsgroßprojekte auch „Fernwirkungen“ auf außerhalb dieser Umgebung liegende Versorgungsbereiche 296 Vgl. die insoweit wortgleichen Erwägungen in der Begründung des Regierungsentwurfs zur BauGB-Novelle 2007, BT-Drs. 16/2496, S. 10, und der Beschlussempfehlung und dem Bericht des 15. BT-Ausschusses, BT-Drs. 16/3308, S. 16. 297 Bereits die 1. ÄnderungsV 1968 hatte eine Regelung eingeführt, die für Einkaufszentren und Verbrauchermärkte unter bestimmten Voraussetzungen die Darstellung von Sondergebieten forderte. Diese Regelung erwähnte zwar den Schutz der „zentralen Versorgungsbereiche“ noch nicht ausdrücklich, spiegelte aber die Einschätzung des Gesetzgebers wieder, dass sich die Zulassung von Großmärkten nicht nur für die Versorgung der Bevölkerung auf dem flachen Land, sondern auch auf die innerstädtischen Bereiche und deren Ausstattung mit Läden und Kleingewerbe negativ auswirkten; näher dazu Müller/Neuffer/Weiss, BauNVO, § 11, S. 140 f.; Leder, BauNVO/ PlanZV, Erl. § 11 BauNVO, Rn. 4 ff.; Knaup/Stange, BauNVO, § 11 Anm. 3. 298 Näher zur Entstehungsgeschichte Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. V, § 11 BauNVO Rn. 3 ff. (10). 299 Schneider, Zulässigkeit von FOC, S. 153. 300 Was wegen der Wettbewerbsneutralität des Städtebaurechts (s. § 1 A. I. 1. b) cc)) auch nicht systemgerecht hätte geschehen können. 301 S. die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, BT-Drs. 10/6166, S. 141 f.; Fickert/Fieseler, BauNVO, § 11 Rn. 14.1. 302 Vgl. BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 221; Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 41.

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entfalteten. Deshalb sollte in dieser Vorschrift – wie in Abs. 3 der nun geltenden Fassung geschehen303 – zum Ausdruck gebracht werden, dass „die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche ein öffentlicher Belang ist, der der Zulässigkeit eines Vorhabens innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils entgegensteht“304. Ergänzend wurde dazu auf der vorgelagerten Ebene der Bauleitplanung die Regelung zum interkommunalen Abstimmungsgebot um eine Vorschrift ergänzt, die zum Ausdruck bringen sollte, dass „bei der Abstimmung“ auch „die Auswirkungen einer Bauleitplanung auf die Erhaltung und Entwicklung ihrer [scil.: der planenden Standort- und der Nachbargemeinde] zentralen Versorgungsbereiche zu berücksichtigen sind“305. Den solcherart umgesetzten Versorgungsbereichsschutz betrieb der Gesetzgeber nur kurze Zeit später weiter, indem er in der BauGB-Novelle 2007 in § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB n. F. „die Erhaltung und Entwicklung“ solcher Bereiche in den Katalog der für die Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB maßgeblichen städtebaulichen Belange aufgenommen und in § 9 Abs. 2a BauGB n. F. festgelegt hat, dass in einem Bebauungsplan zur „Erhaltung und Entwicklung“ eben dieser Bereiche für im Zusammenhang bebaute Ortsteile bestimmt werden kann, dass bestimmte bauliche Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind306. Dienen diese vier jüngsten Neuregelungen also demselben Ziel, ist an dieser Stelle vornehmlich Hs. 2 des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB näher zu betrachten, weil der Gesetzgeber damit gerade die „Klagebefugnis“ der Nachbargemeinden gegen die Bauleitpläne von Standortgemeinden stärken wollte307. Da er jenen Gemeinden mit Hs. 1 derselben Vorschrift, wie gezeigt, ein im Vergleich zum Abstimmungsrecht aus § 2 Abs. 2 BauGB a. F. dogmatisch eigenständiges Recht eingeräumt hat, stellt sich die Frage, ob und ggf. inwiefern der zweite Halbsatz ebenfalls einen im Vergleich zur alten Rechtslage neuen Regelungsgehalt bietet. Zur Beantwortung derselben bietet sich auch an dieser Stelle wieder eine Betrachtung von Schutzgegenstand (II.), -weise (III.) und -bedarf (IV.) dieser Vorschrift an.

303

Näher dazu § 14 A. I. BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 220; vgl. ferner Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 54. 305 S. BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 220, und zum Einschub Rn. 221; Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 41 f. 306 Näher zu diesen Neuregelungen und ihrem Anknüpfen an die Novellierung durch das EAG Bau die Begründung des Regierungsentwurfs zum BauGB 2007, BTDrs. 16/2496, S. 10; Beschlussempfehlung und Bericht des 15. BT-Ausschusses, BTDrs. 16/3308, S. 10; Krautzberger, UPR 2007, 53 (55 mit Fn. 13); dens., UPR 2006, 405 (408 f.); Uechtritz, BauR 2007, 476 (487 f., 489, 491); Schröer, NZBau 2006, 773 f. 307 Vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 33, 41 f., und – dort in Bezug genommen – BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 220 f. 304

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II. Der Schutzgegenstand bei § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB Die Vermutung eines einheitlichen Sprachgebrauchs legt die Annahme nahe, dass der Begriff der „zentralen Versorgungsbereiche“ in den Vorschriften, in denen er nun nach den jüngsten BauGB-Novellen Verwendung findet – in §§ 1 Abs. 6 Nr. 4, 2 Abs. 2 S. 2, 9 Abs. 2a, 34 Abs. 3 BauGB und § 11 Abs. 3 BauNVO also – einen einheitlichen Bedeutungsgehalt aufweist. Der Gesetzgeber hat im Verfahren zur BauGB-Novelle 2007 signalisiert, dass er nicht nur in der Tat von einem solcherart einheitlichen308, sondern auch von einem weiten Begriffsverständnis ausgeht: „Der Begriff ,Zentraler Versorgungsbereich‘ umfasst Versorgungsbereiche unterschiedlicher Stufen, also insbesondere Innenstadtzentren vor allem in Städten mit größerem Einzugsbereich, Nebenzentren in Stadtteilen sowie Grund- und Nahversorgungszentren in Stadt- und Ortsteilen und nicht-städtischen Gemeinden“309. 1. Bestehende Versorgungsbereiche Mit dieser Erläuterung des Gesetzgebers allein ist freilich noch nicht abschließend geklärt, was genau unter einem als „zentral“ einzuordnenden „Versorgungszentrum“ zu verstehen ist. Da mit der Neuregelung aber ausdrücklich auf § 11 Abs. 3 BauNVO Bezug genommen worden ist, kann insoweit auf die im Rahmen dieser Vorschrift entwickelten Begriffsbestimmungen zurückgegriffen werden310. Dementsprechend werden unter einem „zentralen Versorgungsbereich“ denn auch bei § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB alle Einrichtungen verstanden, die räumlich zusammengefasst sind und nach Lage, Art und Zweckbestimmung für einen bestimmten Einzugsbereich der Versorgung der Bevölkerung mit wirtschaftlichen, verwaltungsmäßigen, kulturellen, sozialen, gesundheitlichen oder sportlichen Waren und Dienstleistungen dienen311. In den nach dem Inkrafttreten der BauGB-Novelle 2004 ergangenen Stellungnahmen zu der in § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB getroffenen Neuregelung zeichnete sich allerdings ab, dass die Frage, welcher „Einzugsbereich“ damit genau 308 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des 15. BT-Ausschusses, BT-Drs. 16/ 3308, S. 16. 309 Vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zur BauGB-Novelle 2007, BT-Drs. 16/2496, S. 11 (zu § 9 Abs. 2a BauGB n. F.); für eine entsprechend weite Auslegung bereits die Begründung des Regierungsentwurfs zum EAG Bau, BT-Drs. 15/2250, S. 41 f.; BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 221. 310 Vgl. BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 221; Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 41. 311 Vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 132; dens., a. a. O., Bd. II, § 34 Rn. 85; knapper Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 31; Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (802); s. ferner VG München, Urt. v. 25.09.2006 – M 8 K 06.983, n. v., juris-Tz. 63, zu § 34 Abs. 3 BauGB.

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gemeint sein sollte, unterschiedlich beurteilt zu werden drohte. So wurde teils betont, dass „ein Stadtkern [. . .] nur dann ein zentraler Versorgungsbereich [sei], wenn eine Nachfrage (Versorgung) im Wesentlichen von Verbrauchern ausgelöst wird, die nicht im Stadtzentrum wohnen [. . .], sondern das Stadtzentrum gerade auch zum Zwecke der Versorgung erst aufsuchen“, weil andernfalls „,nur‘ eine verbrauchernahe Versorgung“ gegeben wäre312. Andere gingen dagegen davon aus, dass „zentral“ nicht nur solche Versorgungsbereiche seien, die „nach Lage, Art und Zweckbestimmung der gemeindeweiten bzw. übergemeindlichen Versorgung dienen“, sodass darunter auch durchaus (reine) Grund- und Nahversorgungszentren fallen könnten313. Dieser nach 2004 aufkeimende Meinungsstreit dürfte zumindest für § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB durch den Gesetzgeber bereits im Zuge der BauGB-Novelle 2007 zugunsten der extensiveren dieser Auslegungsmöglichkeiten entschieden worden sein. Denn dort hat er Gesetzgeber zu dem neu eingeführten § 9 Abs. 2a BauGB klargestellt: „Die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche soll dabei auch im Interesse der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden erfolgen“314. Das spricht für die Annahme, dass zumindest auf der Ebene der Bauleitplanung, auf die sich § 9 Abs. 2a BauGB bezieht, auch solche Bereiche als „zentrale Versorgungsbereiche“ angesehen werden sollen, die vornehmlich der Nahversorgung dienen. Warum für den ebenfalls die Stufe der Bauleitplanung betreffenden § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB insoweit etwas anderes gelten sollte, ist nicht ersichtlich. Eine entscheidende Bedeutung kommt diesem Streit auf dieser ersten der beiden städtebaulichen Stufen im Ergebnis freilich ohnehin nicht zu. Denn selbst wenn man insoweit eine restriktivere Auffassung vertreten wollte, könnte sich die Nachbargemeinde jdfs. über den ersten Satz des § 2 Abs. 2 BauGB darauf berufen315, dass ein Bauleitplan der Standortgemeinde die verbrauchernahe Versorgung in ihrem – der Nachbargemeinde – Gebiet beeinträchtige. Denn dieser Aspekt wird einhellig als städtebaulicher und damit von der Planungshoheit der Nachbargemeinde umfasster Belang angesehen316. Es verwundert daher nicht, dass der sich hier abzeichnende Streit, ob (reine) Nahversorgungszentren als „zentrale Versorgungsbereiche“ angesehen werden können, wesentlich inten312 So Berkemann, in: dems./Halama, Seminarunterlagen (n. v.), S. 240; in diese restriktivere Richtung auch ders., in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 31; Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (802). 313 Vgl. OVG Münster, Urt. v. 11.12.2006 – 7 A 964/05, NVwZ 2007, 727 (730 f.), zu § 34 Abs. 3 BauGB; in diese extensivere Richtung auch Söfker, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 132; dens., a. a. O., Bd. II, § 34 Rn. 85. 314 So die Begründung des Regierungsentwurfs zur BauGB-Novelle 2007, BT-Drs. 16/2496, S. 11. 315 S. § 1 A. 316 S. nur Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 112; Uechtritz, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 59 (62).

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siver bei dem ebenfalls 2004 neu eingefügten und insoweit wortgleichen § 34 Abs. 3 BauGB geführt wird, der nicht die Ebene der Bauleitplanung, sondern die der Vorhabenzulassung betrifft. Da es dort an einer dem § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB vergleichbaren „Auffangvorschrift“ fehlt, wird auf diese Frage im Zusammenhang mit § 34 Abs. 3 BauGB noch einmal näher einzugehen sein317. 2. In der Entwicklung begriffene Versorgungsbereiche? In der BauGB-Novelle 2007 hat der Gesetzgeber in § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB eine zweite Alternative eingefügt, derzufolge die Standortgemeinde bei der Aufstellung von Bauleitplänen auch „die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche zu berücksichtigen hat“. Dass damit nicht nur die Versorgungsbereiche der Standortgemeinde, sondern auch die der Nachbargemeinde angesprochen sind, ergibt sich schon daraus, dass der Gesetzgeber diese Neuregelung als Ergänzung zu § 11 Abs. 3 BauNVO sieht318, der ebenfalls die „Entwicklung“ zentraler Versorgungsbereiche in „anderen“ als der Standortgemeinde für maßgeblich erklärt. Dass sich die Nachbargemeinde dementsprechend auch in der interkommunalen Abstimmung auf den Schutz von zentralen Versorgungsbereichen berufen kann, die noch nicht (vollumfänglich) bestehen, sondern erst noch in der Entwicklung begriffen sind, folgt nicht nur aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in der BauGB-Novelle 2007 offenbar davon ausging, dass zumindest die auf die Bauleitplanung319 bezogenen Vorschriften der §§ 1 Abs. 6 Nr. 4, 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2, 9 Abs. 2a BauGB denselben Schutzumfang aufweisen sollen320. Diese „Wehrfähigkeit“ von noch zu entwickelnden Versorgungsbereichen wurde vielmehr bereits im EAG Bau vorausgesetzt, da der Gesetzgeber bei der Neuregelung des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB dort auf „dieses bereits in § 11 Abs. 3 [BauNVO] maßgebliche Kriterium“ zurückgreifen wollte321, wo der Aspekt der Entwicklung wie gezeigt explizit angesprochen wird322.

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S. § 14 A. I. 1. a). Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des 15. BT-Ausschusses, BT-Drs. 16/ 3308, S. 16. 319 Ob bei dem insoweit wortgleichen § 34 Abs. 3 BauGB, der nicht die Ebene der Bauleitplanung, sondern die der Vorhabenzulassung betrifft, Gleiches gilt, wird zu erörtern bleiben (s. § 14 A. I. 1. b)), da „[d]ie Interessenlage der beteiligten Gemeinden [. . .] in § 34 Abs. 3 BauGB und in § 2 Abs. 2 BauGB insoweit grundlegend anders“ ist, wie Berkemann, in: dems./Halama, Seminarunterlagen (n. v.), S. 238, anmerkt. 320 Vgl. die Herausstellung der „Fallgestaltungen in der Bauleitplanung“ in der Beschlussempfehlung und dem Bericht des 15. BT-Ausschusses, BT-Drs. 16/3308, S. 16. 321 S. Beschlussempfehlung des 14. BT-Ausschusses, BT-Drs. 15/2996, S. 41 f. 322 Vgl. insoweit auch den das EAG Bau vorbereitenden und vom BMVBW hrsgg. Kommissionsbericht, Rn. 220, wo ausdrücklich von „Auswirkungen einer Bauleitplanung auf die Erhaltung und Entwicklung“ der zentralen Versorgungsbereiche gespro318

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Das muss freilich die Frage provozieren, welche Voraussetzungen im Einzelnen erfüllt sein müssen, damit ein Teil des Gebiets der Nachbargemeinde als „in der Entwicklung befindlicher“ Versorgungsbereich angesehen werden kann. Das wird auf der einen Seite sicher dann angenommen werden können, wenn die Nachbargemeinde diesbezügliche Festsetzungen in einem Bebauungsplan aufgenommen und damit in förmlicher und außenwirksamer Weise ihre städtebaulichen Absichten dokumentiert hat323. Vor dem Hintergrund der Krabbenkamp-Entscheidung, in der das BVerwG, wie gezeigt, klargestellt hat, dass die Schutzwürdigkeit der nachbargemeindlichen Planungshoheit nicht davon abhängt, ob sie bereits in einen Bauleitplan gegossen wurde oder nicht324, kann das Vorliegen eines solchen Plans indes nur als hinreichende, nicht aber als notwendige Bedingung angesehen werden. Auf der anderen Seite kann aber auch nicht jede, noch so unpräzisierte Vorstellung in der Nachbargemeinde über die künftige Gemeindeentwicklung ausreichen, um ihr im Rahmen des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB die Behauptung zu erlauben, der Bauleitplan der Standortgemeinde beeinträchtige sie in einem „in der Entwicklung begriffenen“ Versorgungsbereich. Denn „bloße Erwartungen oder gar Hoffnungen“, ein bloß „abstraktes Schutzinteresse“ der Nachbargemeinde kann der Bauleitplanung der Standortgemeinde auch auf dem Boden der Krabbenkamp-Rechtsprechung nicht entgegengehalten werden325. Zu der Frage, ab wann die „Erwartung“ der Nachbargemeinde, auf ihrem Gemeindegebiet werde ein „zentraler Versorgungsbereich“ entstehen, nun konkret als interkommunal wehrfähige „Entwicklung“ eines solchen Bereichs anzusehen ist, hat der Gesetzgeber in der Begründung des EAG Bau mittelbar Stellung bezogen. In der Begründung des Regierungsentwurfs heißt es nämlich zu dem insoweit wortgleichen § 34 Abs. 3 BauGB: „Zentrale Versorgungsbereiche“ könnten sich „auch aus sonstigen planungsrechtlich nicht verbindlichen raumordnerischen und städtebaulichen Konzeptionen ergeben, nicht zuletzt auch aus nachvollziehbar eindeutigen tatsächlichen Verhältnissen“326. Insbesondere dann, wenn es zu einer solchen „eindeutigen tatsächlichen Entwicklung“ noch nicht gekommen ist, könne – so wird nun mit Bezug auf die Erwähnung „nicht verchen wird; es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber diese Frage anders beurteilte (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 41 f.). 323 S. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 54: „Zentrale Versorgungsbereiche ergeben sich insbesondere aus planerischen Festlegungen, namentlich aus Darstellungen und Festsetzungen in den Bauleitplänen [. . .]“. 324 S. erneut BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (330 f.), und dazu oben § 1 A. I. 1. a). 325 S. dazu Schneider, Zulässigkeit von FOC, S. 161; W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 43; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 100; vgl. auch Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125 (1129). 326 Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 54 (Hervorhebung durch den Verf.).

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bindlicher Konzeptionen“ teilweise vertreten – die Nachbargemeinde ihre noch zu entwickelnden „zentralen Versorgungsbereiche“ auch durch „informelle Planungen“ bestimmen, weil eine „formelle Planung“ nach Auffassung des Gesetzgebers offensichtlich – obwohl nach wie vor empfehlenswert – nicht (mehr) notwendig sei327. Diese Einschätzung wird von andere Seite kritisiert. Auch mit § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB sollten „keine nur virtuellen Zustände, also etwa Absichten ,im politischen Raum‘“ geschützt werden, sodass nicht „jedes informelle Planungskonzept“ ausreichen könne, sondern zumindest ein von der jeweiligen Nachbargemeinde „beschlossenes städtebauliches Entwicklungskonzept“ gegeben sein müsse328. Sollte die These von den „informellen Planungen“ tatsächlich so zu verstehen sein, dass sich die Nachbargemeinde im Rahmen des § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB im Hinblick auf erst noch zu entwickelnde zentrale Versorgungsbereiche auch auf Vorstellungen solle berufen können, die keinen Ausdruck in einem förmlichen Gemeinderatsbeschluss gefunden haben329, so wäre dem nicht zu folgen. Denn wenn die Gesetzesmaterialien „nicht verbindliche“ Planungen und Konzepte erwähnen, kann nicht angenommen werden, dass damit etwa konzeptionelle Vorstellungen „verteidigungsfähig“ gemacht werden sollten, die bisher nur in der Gemeindeverwaltung kursieren. In einem solchen Fall wäre nämlich nicht nur offen, ab welcher Hierarchieebene und ab welchem Entwurfsstadium derartige Vorstellungen überhaupt Beachtlichkeit erlangen können sollen. Solange solche Vorstellungen nicht Eingang in einen Beschluss des Gemeinderats gefunden haben, käme vielmehr auch hinzu, dass weder hinreichend sicher feststellbar wäre, ob sie überhaupt jemals umgesetzt werden, wann damit ggf. zu 327 So Schrödter, NST-N 2004, 197 (209); ders., in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 52; wohl auch Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 133, der neben Bauleitplänen und städtebaulichen Sanierungskonzepten auch „andere städtebauliche Planungen und Konzepte“ nennt. 328 Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 33 (Hervorhebung durch den Verf.); nicht ganz eindeutig insoweit Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (808), zu § 34 Abs. 3 BauGB, der sich zwar auch gegen die Berücksichtigung „bloße[r] Behauptungen oder Absichtserklärungen“ wendet, aber einen „manifestierten Planungswillen“ ausreichen lässt und die Ansicht Berkemanns als im Vergleich dazu „tendenziell strenger“ einordnet (a. a. O. Fn. 58); gänzlich ablehnend Bracher, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2068, der bei § 34 Abs. 3 BauGB nur den Schutz bestehender Versorgungsbereiche akzeptiert, weil dieser – anders als § 11 Abs. 3 BauNVO – die „Entwicklung“ dieser Bereiche nicht nennt; für § 2 Abs. 2 BauGB, der im Wortlaut jener und nicht dieser Vorschrift näher ist, dürfte dann Gleiches gelten. 329 Was nicht sicher ist, weil namentlich Schrödter einerseits gerade „Einzelhandelskonzepte“ als Beispiel für die von ihm erwähnten „informellen Planungen“ nennt, andererseits aber weder ausführt, ob diese Konzepte s. E. die Form eines Ratsbeschlusses annehmen müssen, noch, welche anderen „informellen Planungen“ in Betracht kommen sollen. Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (803), lässt zwar informelle Planungen genügen, will eine Grenze aber dort ziehen, wo ein so „geplantes“ Versorgungszentrum die ihm zugedachten Funktionen nach den tatsächlichen Verhältnisse nicht wahrnehmen kann.

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rechnen sein wird, und welche endgültige Gestalt diese Vorstellungen schließlich annehmen sollen. Das aber liefe darauf hinaus, die Standortgemeinde doch dazu zu zwingen, bloße „Hoffnungen oder Erwartungen“ der Nachbargemeinde zu berücksichtigen – ein Ergebnis, das nicht überzeugen kann, wenn man berücksichtigt, dass § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB nicht nur die Planungshoheit der Nachbargemeinde schützt, sondern dabei auch die Verhältnismäßigkeit des damit verbundenen Eingriffs in diejenige der Standortgemeinde wahren will. Dieses Ergebnis bedeutet auch nicht, dass die Äußerungen des Gesetzgebers zum EAG Bau deshalb als unbeachtlich oder gar verfehlt abgetan werden müssten. Denn mit den „nicht verbindlichen Konzeptionen“ müssen nicht zwangsläufig „nicht förmlich beschlossene“ Konzepte gemeint sein. Die Wortwahl aus dem Regierungsentwurf kann vielmehr auch darauf hindeuten, dass die Verfasser dieses Entwurfs Beschlüsse des Gemeinderats ansprechen wollten, die Dritten gegenüber keine unmittelbare Bindungs- oder Außenwirkung entfalten. Genau diese Einordnung trifft etwa auf durch Ratsbeschluss verabschiedete städtebauliche Entwicklungskonzepte zu, wie sie in §§ 1 Abs. 6 Nr. 11, 171b Abs. 2 BauGB erwähnt sind, und denen auch „nur“ mittelbare Bedeutungen – etwa bei der Beurteilung der „Erforderlichkeit“ einer Bauleitplanung nach § 1 Abs. 3 BauGB – beigemessen wird330. III. Die Schutzweise bei § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB Im Hinblick auf die Schutzweise unterscheidet sich § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB nicht von § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB. Denn da auch der zweite Halbsatz jener Vorschrift durch den Wortlaut („dabei/auch“) und seine systematische Stellung auf das Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB Bezug nimmt und hier – anders als bei dem auf Raumordungsziele abstellenden Hs. 1 jener Vorschrift331 – weder der Schutzgegenstand noch die Gesetzesmaterialien einen Anlass bieten, die Möglichkeit einer abweichenden Sonderdogmatik zu erwägen, besteht Einigkeit darüber, dass die Nachbargemeinde zumindest im Hinblick auf die „Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche“ nur eine „Berücksichtigung“ nach den für § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB geltenden Abwä330 S. Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 33; näher zu gemeindlichen Einzelhandelskonzepten Paul, NVwZ 2004, 1033 (1034), der die im Text angesprochenen Wirkungen ebenfalls nur für „durch Ratsbeschluss abgesicherte“ Einzelhandelskonzepte erörtert; ähnlich Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 34 Rn. 85, der a. a. O. nur von „beschlossenen Entwicklungskonzept[en]“ oder „beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planungen“ spricht (Hervorhebung durch den Verf.); vgl. ferner Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1030), der zur Erläuterung von „rechtlich unverbindlichen Konzepten“ auf den Flächennutzungsplan verweist, dem traditionell ebenfalls die Außenwirkung abgesprochen wird. 331 S. § 1 B II., III.

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gungsgrundsätzen verlangen kann, nicht aber eine strenge „Beachtung“ i. S. d. Zielverbindlichkeit im Raumordnungsrecht332. IV. Der Schutzbedarf bei § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB Damit ist freilich noch nicht gesagt, welchen Intensitätsgrad diese Auswirkungen erreichen müssen, um den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB eröffnen zu können. Dazu konnte aber bereits bei der Betrachtung zu § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB gezeigt werden333, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung des § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB an die „Maßstäbe“ des § 11 Abs. 3 BauNVO anknüpfen wollte, und es danach ausreicht, wenn die Nachbargemeinde geltend machen kann, durch die Planungen der Standortgemeinde im Hinblick auf ihre zentralen Versorgungsbereiche in „nicht nur unwesentlicher“ (s. § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauNVO), also „mehr als geringfügiger Weise“ (s. § 1 Abs. 7 BauGB) betroffen zu sein334. Der für § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB erforderliche Beeinträchtigungsgrad steht daher bereits fest. Zweifelhaft kann danach allenfalls noch sein, ob dieser Schutzbedarf tatsächlich feststehen muss oder auch u. U. vermutet werden darf. 1. Tatsächlicher oder vermuteter Schutzbedarf? Angesichts des in den Gesetzesmaterialien angesprochenen Bezugs zu § 11 Abs. 3 BauNVO wird im Rahmen des 2004 gleichzeitig eingeführten und ebenfalls auf „Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche“ abstellenden § 34 Abs. 3 BauGB nämlich kontrovers diskutiert, ob diese Auswirkungen in jedem Fall tatsächlich feststehen müssen, oder ob dazu nicht auch auf die diesbezüglichen Vermutungsregeln aus § 11 Abs. 3 BauNVO zurückgegriffen werden kann335. Das legt die Frage nahe, ob ein solcher Rückgriff nicht auch für § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB zu befürworten ist, wenn auch diese Vorschrift ausdrücklich auf die „zentralen Versorgungsbereiche“ abstellt und vor dem Hintergrund des § 11 Abs. 3 BauNVO geschaffen wurde. Diese Frage ist indes zu verneinen. Ob es gerechtfertigt ist, die aus dem Bereich der Vorhabenzulassung stammenden Vermutungsregeln des § 11 Abs. 3 332 Vgl. nur Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 44; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 135; Jäde, in: dems./Dirnberger/ Weiß, BauGB/BauNVO, § 2 BauGB Rn. 12. 333 S. § 1 A. II. 2. b). 334 So im Ergebnis auch Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 35, zu den Auswirkungen im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB: „Belange der Gemeinde müssen in mehr als nur geringfügiger Weise nachteilig betroffen sein“ (Hervorhebung im Original); mit deutlicher Tendenz für die Lösung auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (175 f.). 335 Näher dazu unter § 14 A II. 2.

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BauNVO auf eine andere Vorschrift zur Vorhabenzulassung – § 34 Abs. 3 BauGB – zu übertragen, wird an anderer Stelle zu prüfen sein336. Auf die die vorgelagerte Ebene der Bauleitplanung betreffende Vorschrift des § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB, die über die Eröffnung einer final strukturierten Abstimmungspflicht entscheidet und damit ein ganz andere Funktion als jene konditional programmierten Regelung erfüllt, ist sie jdfs. nicht anwendbar. Ganz abgesehen davon, dass § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB gerade anders als § 11 Abs. 3 BauNVO keine Vermutungsregeln aufführt, ist nämlich zu beachten, dass es bei der interkommunalen Abstimmung, wie gezeigt, darum geht, verschiedene Belange gegeneinander gerecht abzuwägen und in einen nicht außerverhältnismäßigen Ausgleich zu bringen. Ein solcher konkreter Gewichtsvergleich ist aber nicht möglich, wenn das tatsächliche Gewicht der einzelnen konfligierenden Belange zuvor nicht zutreffend ermittelt wurde337, sondern lediglich das Vorliegen eines gewissen – nämlich (nur) für die Abwägungserheblichkeit maßgeblichen – Mindestgewichts vermutet wird. Es kommt hinzu, dass der Nachweis tatsächlicher Auswirkungen im Bauplanungsrecht ohnehin unerlässlich ist, um zu bestimmen, welche „dritten“ Gemeinden als „benachbarte Gemeinden“ der Standortgemeinde anzusehen sind338. Würde man für den Bereich der zentralen Versorgungsbereiche insoweit auf Vermutungen abstellen, wäre dieser Abgrenzung der Boden entzogen und jede „andere“ Gemeinde könnte sich zur „Nachbargemeinde“ erklären. Dass das nicht überzeugen kann, zeigt sich, wenn man die weiteren Folgen beachtet, die bei einer „Vermutung“ von Auswirkungen im Bauplanungsrecht eintreten könnten. Denn dann wäre eine – nach dem zuvor Gesagten letztlich: jede – Nachbargemeinde im Hinblick auf einen Bebauungsplan der Standortgemeinde, mit dem ein Sondergebiet für ein Einkaufszentrum i. S. d. § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauNVO festgesetzt wird, selbst dann klagebefugt, wenn feststünde (!), dass dieses Vorhaben mit keinerlei nachteiligen Folgen für auf die Nachbargemeinde verbunden wäre. Denn bei § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauNVO wird das Vorliegen dieser Auswirkungen nach h. M. gerade unwiderleglich vermutet339. Ein solches Resultat schösse aber weit über das vom Gesetzgeber 2004 verfolgte Ziel hi336

S. § 14 A II. 2. a). S. § 1 A. III. 2. b) cc). 338 S. § 1 A. I 1. a) aa). 339 Vgl. BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (35 f.): „Der Normgeber geht davon aus, dass sich die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO bezeichneten Auswirkungen bei Einkaufszentren generell nicht ausschließen lassen. Eine Einzelprüfung erübrigt sich“; ebenso Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (808); Ziegler, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 6, § 11 BauNVO Rn. 88h; Schenke, WiVerw. 1990, 226 (234), betont dagegen, dass von einem Einkaufszentrum i. S. d. § 11 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 12, 14 GG) nur dann ausgegangen werden könne, „soweit durch eine Agglomeration von Einzelhandelsbetrieben nachteilige Auswirkungen der in § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauNVO beschriebenen Art hervorgerufen werden“. 337

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naus, das die Abwehrmöglichkeiten der Nachbargemeinden nicht zum Selbstzweck, sondern (nur) im Sinne einer standortgerechten Steuerung des Einzelhandels stärken wollte340. 2. Ergebnis – Erforderlichkeit tatsächlich feststehender Auswirkungen Nach alledem ist davon auszugehen, dass auch die in § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB angesprochenen Auswirkungen – ungeachtet des entstehungsgeschichtlichen Bezugs dieser Vorschrift zu § 11 Abs. 3 BauNVO – tatsächlich feststehen müssen und nicht lediglich vermutet werden können, will sich die Nachbargemeinde auf jene Vorschrift berufen341. V. Fazit – Unterfall des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB mit klarstellendem Charakter Die Gesamtschau der Regelung des Hs. 1 des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB hat gezeigt, dass diese Vorschrift angesichts der Unterschiede in Bezug auf den Schutzgegenstand (raumordnerische statt städtebaulicher Belange) und die Schutzweise (Beachtens- statt Berücksichtigungspflicht) nicht lediglich als Unter- oder Spezialfall des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB charakterisiert werden kann, sondern als Grundlage eines eigenständigen „Rechts auf interkommunalen Funktionsschutz“ anzusehen ist342. Eine zusammenfassende Betrachtung der 2004 eingeführten Neuregelung aus Hs. 2 des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB rechtfertigt ein solches Urteil dagegen nicht. Im Hinblick auf den Schutzgegenstand stellt diese Vorschrift nur einen Ausschnitt aus § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB dar, weil der Schutz der eigenen Versorgungsbereiche der Nachbargemeinde seit jeher von Rechtsprechung343 und Literatur344 nicht (nur) als raumordnungsrechtlicher, sondern (zumindest auch) als städtebaulicher Belang aufgefasst wurde, 340 Vgl. erneut BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 207 ff.; Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 41 f. 341 Im Ergebnis wie hier OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (176): „Das [scil.: der Hinweis in der Gesetzesbegründung auf § 11 Abs. 3 BauNVO] bedeutet aber nicht, der Gesetzgeber habe im Hinblick auf die Pflicht zur interkommunalen Abstimmung die Position der Nachbargemeinden derart ,aufladen‘ wollen, dass ihr sämtliche Wohltaten der Vorschrift einschließlich der Vermutenstatbestände des § 11 Abs. 3 S. 3 BauNVO zugute kommen sollen“. 342 S. § 1 B. IV. 343 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 09.01.1995 – 4 NB 42/94, Buchh. 406.11 § 2 BauGB Nr. 37, wo der Nachbargemeinde auch über § 2 Abs. 2 BauGB a. F. ein Schutz vor einer „Verödungsgefahr“ zugebilligt wurde. 344 Vgl. W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 53; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 131, 135; Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1026); Vietmeier, BauR 2005, 480 (481); Fickert/Fieseler, BauNVO, § 11 Rn. 18.14.

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der von der Planungshoheit der Nachbargemeinden umfasst war345. Eine im Vergleich zur bisherigen Rechtslage zeitliche Erweiterung auf den Schutz nur „erwarteter“ Versorgungsbereiche ist mit der Neuregelung, wie gezeigt, ebenfalls nicht vorgenommen worden. Die weitere Betrachtung hat darüber hinaus ergeben, dass sich jene Vorschrift auch im Hinblick auf ihre Schutzweise und den für sie maßgeblichen Schutzbedarf an das in § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB verankerte interkommunale Abstimmungsgebot anlehnt. Dem in Hs. 2 des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB angesprochenen „Recht auf interkommunalen Funktionsschutz“ kann daher nur eine klarstellende Bedeutung zugemessen werden346.

D. Recht auf verfahrensmäßige Beteiligung (§ 4 BauGB) Das BVerwG hat seit jeher anerkannt, dass der Nachbargemeinde nicht nur ein Recht auf materielle Abstimmung zusteht, wenn die Standortgemeinde einen Bauleitplan aufstellt, sondern, dass diese „Abstimmung“ auch eine „formelle (verfahrensmäßige) [. . .] Seite“ hat347. Die dementsprechende formelle Abstimmungspflicht der Standortgemeinde hat es dabei in der Vorgängerregelung zum heutigen § 4 BauGB verankert, der die durch Unterrichtung und Gelegenheit zur Stellungnahme durchzuführende „Beteiligung der Behörden“ und sonstigen Träger öffentlicher Belange bei der Aufstellung von Bauleitplänen regelt. Dass der Nachbargemeinde ein dieser Pflicht korrespondierender Anspruch auf formelle Beteiligung zusteht, findet heute348 in Rechtsprechung349 und Literatur350 einhellige Zustimmung351. 345 Eine Nachbargemeinde konnte daher schon über § 2 Abs. 2 BauGB 1998 [§ 2 Abs. 2 S. 1 BauGB 2004/2007] bspw. geltend machen, dass eine Planung zur Vorbereitung einer Einzelhandelsansiedlung zum „Ausbluten“ ihrer Innenstadt führen werde; s. nur Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1026), m.w. N. 346 Im Ergebnis ebenso Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 30; Heilshorn/Seith, VBlBW 2004, 409 (412); Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub II.1.a.; W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 53; Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1026); ders., ZfIR 2005, 878; ders., DVBl. 2006, 799 (802); Vietmeier, BauR 2005, 480 (481); ähnlich Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 115 („[. . .] im Wesentlichen [. . .] eine Konkretisierung der sich aus [. . .] § 2 Abs. 2 Satz 1 ergebenden Verpflichtungen“) u. Rn. 131, 135 („an sich ohnehin nach § 2 Abs. 2 Satz 1 relevante[r] Belang“); VG Sigmaringen, Beschl. v. 09.11.2006 – 9 K 876/06, n. v., juris-Tz. 11 („lediglich näher konkretisiert“). 347 S. BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (328) zu § 2 Abs. 5 BBauG; dass., Urt. v. 15.12.1989 – 4 C 36/86, BVerwGE 84, 209 (216); und näher dazu oben unter § 1 A. I. 1 a). 348 Früher wurde zwar vielfach die Ansicht vertreten, § 2 Abs. 5 BBauG, also die Vorgängerregelung zu § 4 BauGB 2004/2007, sei eine bloße „Ordnungsvorschrift“, deren Verletzung nicht zur „Ungültigkeit“ des Planes führe, wenn sich die Nichtbeteiligung der Nachbargemeinde nicht auch auf den materiellen Gehalt ausgewirkt habe (so noch Rauch, BayVBl. 1980, 612 [615] m.w. N.; a. A. bereits Fingerhut, Gemeindenachbarklage, S. 102 ff.). Dass diese Auffassung zumindest für § 4 BauGB heute

§ 2 Die Abwehrrechte der Nachbargemeinde

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§ 2 Die Abwehrrechte der Nachbargemeinde bei Primärrechtsverletzungen Alle Varianten des § 2 Abs. 2 BauGB und § 4 BauGB legen der Standortgemeinde Pflichten auf, die sie bei der Aufstellung eines Bauleitplanes treffen. Unmittelbar können aus diesen Vorschriften daher auch nur Ansprüche der Nachbargemeinde auf Einhaltung eben dieser Pflichten – also auf Durchführung einer materiellen und formellen Abstimmung nach näherer Maßgabe der einzelnen Regelungen – abgeleitet werden. Noch nicht gesagt ist damit, ob der Nachbargemeinde darüber hinaus auch subjektive Rechte auf Beseitigung eines unter Verstoß gegen § 2 Abs. 2 BauGB bzw. § 4 BauGB zustande gekommenen Bauleitplans (A.) und/oder Unterlassungsansprüche gegen die drohende Inkraftsetzung eines solchen Plans (B.) zustehen.

A. Beseitigungsansprüche bei Primärrechtsverletzungen Beseitigungsansprüche der Nachbargemeinde in Bezug auf Bauleitpläne der Standortgemeinde kommen bei einer Verletzung des Rechts auf interkommunale Abstimmung aus § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB (I.) ebenso in Betracht wie bei einer Missachtung des Rechts auf interkommunalen Funktionsschutz aus § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB (II.) oder einem Verstoß gegen das Recht auf formelle Abstimmung (Beteiligung) aus § 4 BauGB (III.).

nicht mehr haltbar ist, folgt nicht nur aus § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB, sondern auch aus dem mit der BauGB-Novelle 2007 verfolgten Ziel des Gesetzgebers, den Verfahrensrechten der Beteiligten unter dem Eindruck des europarechtlichen Rechtsverständnisses einen höheren Stellenwert einzuräumen (s. dazu die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 27 f., 31 f., 63; BMVBW [Hrsg.], Kommissionsbericht, Rn. 4, 10, 12 f., 136, 138). 349 Vgl. VG Aachen, Urt. v. 10.05.2005 – 5 K 3037/04 (n. v.), juris-Tz. 36; offen gelassen wird bei OVG Münster, Urt. v. 06.06.2005 – 10 D 148/04.NE, ZfBR 2005, 685 (686), lediglich, ob das formelle Beteiligungsrecht allein in § 1 Abs. 4 BauGB oder auch in § 2 Abs. 2 BauGB verankert sein soll. 350 Vgl. Battis in: dems./Krautzberger/Löhr, BauGB, § 2 Rn. 22; Gaentzsch, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), BerlK-BauGB, § 2 Rn. 14; Heilshorn/Seith, VBlBW 2004, 409 (411 Fn. 33); Jahn, GewArch. 2002, 412 (413); Reidt in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 631; W. Schrödter in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 41a; Stühler, VBlBW 1999, 206 (208); bei Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 97, 114, einerseits, Rn. 108 andererseits, bleibt unklar, ob das formelle Beteiligungsrecht allein in § 1 Abs. 4 BauGB oder auch in § 2 Abs. 2 BauGB verankert sein soll. 351 Zur Frage, ob es sich dabei um ein relatives oder um ein absolutes Verfahrensrecht handelt, s. § 2 A. III.

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

I. Verletzung von § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB Werden einfachgesetzlich normierte (relative) Rechte natürlicher Personen verletzt, wird zur Begründung von darauf bezogenen Beseitigungsansprüchen überwiegend auf damit verbundene Eingriffe in absolute Rechte dieser Personen abgestellt (1.). Auf dieser Grundlage muss konsequenterweise auch die Verletzung der (primären) Ansprüche der Nachbargemeinde aus § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB im Hinblick auf die ihr in Art. 28 Abs. 2 S. 1 BauGB gewährleistete Planungshoheit zu einem (sekundären) Beseitigungsanspruch führen (2.–3.). 1. Absolute Rechte und ihr sekundärrechtlicher Schutz Subjektive öffentliche Rechte werden üblicherweise in Ansprüche, Gestaltungsrechte und die gegenüber jedermann wirkenden sog. absoluten oder Beherrschungsrechte unterteilt352, welche Bachof als die „Rechtsmacht, auf ein bestimmtes Objekt (Sache, Person, Geistesprodukt, Recht, Vermögen) unmittelbar einzuwirken oder fremde Einwirkung auszuschließen“ definiert hat353. Nachdem sich nun in der Zivilrechtsdogmatik die Ansicht durchgesetzt hatte, dass ein absolutes Recht zwar selbst nicht mit einem Beseitigungsanspruch gleichgesetzt werden kann, im Falle einer nicht zu duldenden (rechtswidrigen) Beeinträchtigung aber zur Entstehung von sekundären Ansprüchen gegen den Störer führt, die (zumindest) auf eine Beseitigung der Rechtsbeeinträchtigung gerichtet sind354, wird absoluten Rechten des öffentlichen Rechts heute – im Ergebnis weitgehend einhellig – dieselbe Wirkung beigemessen355. Da insbesondere die Freiheitsrechte als absolute Rechte anzusehen sind356, ist auf dieser Grundlage anerkannt, dass ein Grundrechtsträger die Beseitigung rechtswidrigen Verwal352 Vgl. Bachof, in: dems. u. a. (Hrsg.), Jellinek-GS, S. 287 (293 f.); Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 384 f., 497a; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, § 43, Rn. 5 ff.; Westbomke, Anspruch, S. 23; zumindest missverständlich Maurer, Verwaltungsrecht, § 8, Rn. 1, der die Begriffe „subjektive Rechte“ und „Ansprüche“ gleichsetzt; dagegen schon Bühler, Die subjektiven öffentlichen Rechte, S. 226 f. 353 Bachof, in: dems. u. a. (Hrsg.), Jellinek-GS, S. 287 (293); ähnlich Laubinger, VerwArch. 80 [1989], 261 (288), der ein Recht als „absolutes“ einordnet, wenn es einen Berechtigten ein bestimmtes Gut im Verhältnis zu allen anderen zuordnet, sodass jeder andere dazu verpflichtet ist, ihm dieses Gut zu belassen und nicht zu beeinträchtigen. 354 Vgl. etwa Esser/Weyers, Schuldrecht, Bd. II, § 62 I; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II/2, § 86 I. 355 Vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 27.10.1983 – 10 S 1102/83, DVBl. 1984, 881 f.; Bachof, in: dems. u. a. (Hrsg.), Jellinek-GS, S. 287 (294); Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 21 ff.; Lapp, Rechtsschutz, S. 121 ff.; s. ferner Ehlers, Jura 2006, 351 (356). 356 S. Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 21; ebenso bereits Bachof, in: dems. u. a. (Hrsg.), Jellinek-GS, S. 287 (293).

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tungshandelns jdfs. dann verlangen kann, wenn durch dieses Handeln in seinen grundrechtlich geschützten Bereich eingegriffen wurde357. Diese grundlegende Annahme zur Bedeutung absoluter Rechte soll auch für diese Arbeit als zutreffend zugrundegelegt werden358. 2. Die Planungshoheit als Grundlage von Abwehrrechten Nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG muss den Gemeinden „das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln“. Bei dem solcherart gewährleisteten Selbstverwaltungsrecht und der von ihr umfassten Planungshoheit359 handelt es sich zwar nicht – wie noch in Art. XI § 184 der Paulskirchenverfassung vom 28. März 1849360 konzipiert – um ein Grundrecht361. Dennoch leiten die h. L. 357 Vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 27.10.1983 – 10 S 1102/83, DVBl. 1984, 881 f.; Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 22 ff.; Ehlers, Jura 2006, 351 (357); vgl. zu anderen, teils alternativ, teils kumulativ bemühten Begründungsansätzen zum Beseitigungsanspruch (Analogie zu § 1004 BGB, Rechtstaatsprinzip) Laubinger, VerwArch. 80 [1989], 261 ff. 358 Im Einzelnen ist hier – was im Rahmen dieser baurechtlichen Arbeit nicht vertieft werden kann – freilich noch immer einiges streitig, so etwa, ob solcherart abgeleitete Ansprüche mit dem absoluten Recht gleichzusetzen oder von diesem verschieden sind (so zutreffend Lapp, Rechtsschutz, S. 123 f., m.w. N. auch zur a. A.), oder ob sie einfachgesetzlichen oder verfassungsrechtlichen Rang haben (so richtigerweise Lapp, a. a. O. S. 153 ff.; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 505; ders., Polizeiund Ordnungsrecht, Rn. 235; a. A. unter Hinweis auf eine angeblich notwendige „Umschaltnorm“ im einfachen Recht, wie sie § 1004 BGB im Privatrecht und ein „allgemeiner Rechtsgrundsatz“ im öffentlichen Recht biete, Laubinger, VerwArch. 80 [1989], 261 [290 ff.]; dagegen mit dem überzeugenden Hinweis, dass das absolute Recht kaum als „Recht“ eingeordnet werden könnte, wenn es zu seiner Verteidigung auf die Existenz einer einfachgesetzlichen „Umschaltnorm“ angewiesen wäre, Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 26; und ähnlich Lapp, a. a. O., S. 155 f.). 359 S. die Nachweise in Fn. 1. 360 Die Vorschrift lautete: „Jede Gemeinde hat als Grundrechte ihrer Verfassung: a) die Wahl ihrer Vorsteher und Vertreter; b) die selbstständige Verwaltung ihrer Gemeindeangelegenheiten mit Einschluß der Ortspolizei, unter gesetzlich geordneter Oberaufsicht des Staates; c) die Veröffentlichung ihres Gemeindehaushaltes; d) Oeffentlichkeit der Verhandlungen als Regel“. Die Paulskirchenverfassung ist freilich nie in Kraft getreten. 361 Das kann zwar m. E. nicht allein aus der Stellung des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG im zweiten Abschnitt des GG abgeleitet werden (so aber wohl Ipsen, ZG 1994, 194 [199]; Widera, Planungshoheit, S. 25), ergibt sich aber doch daraus, dass die Idee von vorstaatlich-ursprünglichen Gemeindereservaten, wie sie im 19. Jahrhundert entwickelt wurde, um die im Absolutismus zurückgedrängte Bedeutung der Städte wieder zu stärken („pouvoir municipal“, s. dazu Kühne, Reichsverfassung, S. 434 ff.; Brauweiler, in: Nipperdey, Reichsverfassung, S. 194 f.; G. Jellinek, System, S. 277 f.; Hatschek, Staatsrecht, I. Teil, S. 140 ff.), in dem juristischen Moment ihre Berechtigung verloren hatte, in dem die Staatsgewalt nicht mehr von einem Monarchen, sondern vom Staatsvolk selbst ausging (Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG und insoweit bereits Art. 1 Abs. 2 WRV; näher dazu Kenntner, DÖV 1998, 701 [702]; Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht,

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

und das BVerfG aus dieser Vorschrift Abwehrrechte im Hinblick auf nicht gerechtfertigte Eingriffe Dritter ab (a). Das ist im Ergebnis überzeugend, weil Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG die Voraussetzungen für die Annahme eines absoluten Rechts erfüllt (b), ohne dass dem die Rechtsnatur der Gewährleistung aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG entgegengehalten werden könnte (c). a) Die „institutionelle Garantie“ der kommunalen Selbstverwaltung (h. M.) Der Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich362 ordnete die Selbstverwaltungsgarantie des Art. 127 WRV363 im Anschluss an Carl Schmitt364 im Jahre 1929 als „institutionelle Garantie“ ein. Auf diese Weise wurde vermieden, dass die Vorschrift das Schicksal anderer Bestimmungen aus dem Grundrechtsteil der WRV teilte, die als „bloßes Programm ohne rechtlichen Gehalt“ angesehen wurden365. Art. 127 WRV schützte bei dieser Auslegung vielmehr die Einrichtung der Gemeinden als Rechtsinstitution im Staatsaufbau und unterwarf den Gesetzgeber bestimmten Bindungen zum Schutz vor einer „Aushöhlung“366 dieRn. 511), und ist heute im Ergebnis unstreitig; vgl. nur ThürVerfGH, Urt. v. 12.10. 2004 – VerfGH 16/02, DVBl. 2005, 443 (449); BGH, Urt. v. 31.10.1974 – III ZR 45/ 72, BGHZ 63, 196 (200); Dreier, in: dems. (Hrsg.), GG, Bd. II, Art. 28 Rn. 87, 103; Magen, JuS 2006, 404 (405); Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. III, Art. 19 Abs. 3 Rn. 48; Jarass/Pieroth, GG, Art. 28 Rn. 11; Tettinger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 127; Schmidt-Aßmann, in: Badura/Dreier (Hrsg.), BVerfG-FS, Bd. 2, S. 803 (806 f.); Schenke, Bergbau, S. 95. 362 Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich, Entscheidung v. 10./11.12.1929, RGZ 126, Anh. Nr. 3, S. 14 (22 f.). 363 Art. 127 der Weimarer Verfassung des Deutschen Reichs v. 11.08.1919 (RGBl. I, 1383) befand sich im Zweiten Abschnitt („Das Gemeinschaftsleben“) des Zweiten Hauptteils über die „Grundrechte und Grundpflichten der Deutschen“ und hatte folgenden Wortlaut: „Gemeinden und Gemeindeverbände haben das Recht der Selbstverwaltung innerhalb der Schranken der Gesetze“. 364 Grdl. Schmitt, Verfassungslehre, S. 170 ff.; ders., in: dems., Verfassungsrechtliche Aufsätze, S. 140 (143 ff.). 365 Vgl. Schmitt, in: dems., Verfassungsrechtliche Aufsätze, S. 140 f.; der dieses „Dilemma“ dahingehend zusammenfasste, dass die „Grundrechtsaufstellungen der Verfassung [. . .] entweder ,bloßes Programm‘ und eben deshalb positivrechtlich bedeutungslos, gutgemeinte Proklamationen, politische Aphorismen, fromme Wünsche, Monologe des Verfassungsgesetzgebers“ seien oder, soweit sie unter einem Gesetzesvorbehalt standen, „durch einfache Gesetze positiviert“ würden, dann „nur Umschreibungen des allgemeinen Grundrechts auf Gesetzmäßigkeit der Verwaltung“ seien und „infolgedessen, weil es nur auf diese positiven Gesetze ankommt, [. . .] ,leerlaufen‘ “; ähnlich Stier-Somlo, Verfassung des Deutschen Reichs, S. 78; s. dazu ferner Kenntner, DÖV 1998, 701 (702); Mager, Einrichtungsgarantien, S. 21; Schmidt-Jortzig, Einrichtungsgarantien, S. 14 ff. 366 Der Staatsgerichtshof formulierte dazu: „Art. 127 RV. bedeutet kein bloßes Programm ohne rechtlichen Gehalt. Er setzt vielmehr bindend fest, dass den Gemeinden und Gemeindeverbänden das Recht der Selbstverwaltung zusteht. Die Landesgesetzgebung darf daher dieses Recht nicht aufheben und die Verwaltung der Gemeindeange-

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ser Einrichtung367. Bei diesem auf die Rechtsinstitution bezogenen Regelungsgehalt sollte es dann aber andererseits auch sein Bewenden haben. Wie Schmitt aus einer Gegenüberstellung von Art. 127 WRV mit § 184 der Paulskirchenverfassung schloss, sollte jene Bestimmung den einzelnen Gemeinden ausdrücklich keine subjektiven Rechte – etwa im Falle einer gegen ihren Willen vollzogenen Eingemeindung – vermitteln368. In Anlehnung an die spätere Staatsrechtslehre der Weimarer Republik ordnet die heute h. L. auch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG als „institutionelle“ oder – so der Oberbegriff369 – „Einrichtungsgarantie“ ein. Im Ansatz jener Lehre ähnlich geht auch sie davon aus, dass die kommunale Selbstverwaltung einerseits der „gesetzlichen Ausgestaltung und Formung“ bedürfe, andererseits aber auch leer zu laufen drohte, wenn sie nicht vor einer Aushöhlung durch den Gesetzgeber geschützt werde. Zur Sicherstellung des erstrebten effektiven Schutzes werden der Selbstverwaltungsgarantie dann aber im Anschluss an Klaus Stern370 drei Verfassungsgarantien entnommen, die nicht mehr in jeder Hinsicht der „reinen legenheiten nicht den Staatsbehörden übertragen. Sie darf die Selbstverwaltung auch nicht derart einschränken, dass sie innerlich ausgehöhlt wird, die Gelegenheit zu kraftvoller Selbstbetätigung verliert und nur noch ein Schattendasein führen kann“ (ders., Entscheidung v. 10./11.12.1929, RGZ 126, Anh. Nr. 3, S. 14 [22], Hervorhebung durch den Verf.). Diese Formulierung wurde in frühen Entscheidungen des BVerfG teilweise wörtlich übernommen, vgl. etwa (noch als Zitat) BVerfG, Urt. v. 20.03.1952 – 1 BvR 267/51, BVerfGE 1, 167 (175); (als eigene Formulierung) dass., Urt. v. 18.07.1967 – 2 BvF 3-8/62 u. a., BVerfGE 22, 180 (204 f.); dass., Beschl. v. 23.11. 1988 – 2 BvR 1619, 1628/83, BVerfGE 79, 127 (155). Besonders das Bild von der „Aushöhlung“ hat seinen Weg auch in die zu Art. 28 Abs. 2 GG vorherrschende Lehre gefunden; vgl. nur Hoppe, in: v. Mutius (Hrsg.), v. Unruh-FG, S. 555 (562). 367 Schmitt umschrieb die Bindung so, dass „[d]ieser Satz [scil. des Art. 127 WRV] [. . .] eine verfassungsrechtliche Garantie [enthält]: Das Institut der Selbstverwaltung wird durch ein Reichsverfassungsgesetz gewährleistet, so daß die Einrichtung der kommunalen Selbstverwaltung als solche nicht beseitigt werden darf.“ – Hervorhebung durch den Verf.); s. dens., Verfassungslehre, S. 171; dens., in: dems., Verfassungsrechtliche Aufsätze, S. 140 (146). 368 Vgl. Schmitt, Verfassungslehre, S. 173; s. ferner Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich, Entscheidung v. 10./11.12.1929, RGZ 126, Anh. Nr. 3, S. 14 (22 f.); Forsthoff, Körperschaft, S. 101 ff.; Kühne, Reichsverfassung, S. 441; Becker, in: Bettermann/Nipperdey/Scheuner (Hrsg.), Die Grundrechte, Bd. IV/2, S. 685. 369 Terminologisch unterteilte Schmitt die „Einrichtungsgarantien“ in die privatrechtlich strukturierten „Institutsgarantien“ einerseits (bspw. Erbrecht, Eigentum), die den subjektiven Grundrechtsschutz in bestimmten Bereichen objektiv ergänzen sollten, und die „institutionellen Garantien“ andererseits, welche (wie z. B. die beamtenrechtlichen Bestimmung der WRV) die Sicherung von öffentlich-rechtlich geprägten Einrichtungen bezweckten; vgl. dazu Schmitt, in: dems., Verfassungsrechtliche Aufsätze, S. 140 (143, 149, 160). Diese Unterscheidung wurde auch für das GG vielfach übernommen; s. Bethge, in: v. Mutius (Hrsg.), v. Unruh-FG, S. 149 (162); Mager, Einrichtungsgarantien, S. 93; Schmidt-Jortzig, Einrichtungsgarantien, S. 9, 32 f.; dens., Kommunale Organisationshoheit, S. 83; Waechter, DV 29 [1996], 47 (48). 370 Vgl. Stern, in: Dolzer u. a. (Hrsg.), BK-GG (Zweitb.), Art. 28 Rn. 62 ff., zusammenfassend in Rn. 66, und bei dems., Staatsrecht, Bd. I, S. 408 f.

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

Lehre“ Schmitts entsprechen371. Nach dieser Einteilung enthält Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG zunächst – und insoweit noch ganz im Sinne der traditionell verstandenen Einrichtungsgarantie – die Garantie des Rechtssubjekts der Gemeinde, mit welcher nicht die Existenz einzelner Gemeinden, sondern lediglich die Existenz historisch überkommener Rechtssubjekte „als solcher“ gewährleistet wird (sog. institutionelle, nicht aber: individuelle Rechtssubjektsgarantie). Weiter wird Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG eine Garantie der Institution, des Verwaltungstypus der kommunalen Selbstverwaltung normiert, über welche die Ausstattung der Kommunalkörperschaften mit einem bestimmten Aufgabenkreis unter Zuerkennung eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung gewährleistet wird (sog. objektive Rechtsinstitutionsgarantie). Und drittens schließlich wird – über das Weimarer Vorbild hinausgehend und für den hier interessierenden Zusammenhang entscheidend – Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG eine subjektive Rechtsposition der Gemeinden entnommen, durch die sie in die Lage versetzt werden sollen, Eingriffe in die übrigen Garantiebereiche abzuwehren (sog. subjektive Rechtsstellungsgarantie)372. Auch das BVerfG sieht Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG nach wie vor als eine „institutionelle Garantie“ an373. Seine dazu ursprünglich geäußerte Auffassung, das Grundgesetz habe die zur WRV geltende Rechtslage sogar unverändert übernommen374, hat es freilich im Laufe der folgenden Jahre der Sache nach aufge371 Dass die Gewährleistung dieses Schutzes sich nicht in jeder Hinsicht in den dogmatischen Bahnen der Weimarer Staatsrechtslehre bewegt, wird nicht immer klar ausgesprochen. Stern, AfK 3 [1964], 81 (86 ff., 92), hat dagegen schon früh ausdrücklich klargestellt, dass nicht anzunehmen sei, dass das GG die Weimarer Verfassungslage insoweit habe „perpetuieren“ wollen, sondern ein „Konstruktionsmodell [. . .] von substantiell anderem Gewicht“ gewählt habe. 372 Vgl. nur Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein u. a. (Hrsg.), BVerfGG, Bd. 2, § 91 Rn. 14 f.; dens., DV 15 [1982], 205 (210); Dreier, in: dems. (Hrsg.), GG, Bd. II, Art. 28 Rn. 104 f.; Gern, Kommunalrecht BW, Rn. 26; Jarass/Pieroth, GG, Art. 19 Rn. 11; Just, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 2, Rn. 18; Kim, Planungshoheit, S. 38; v. Mutius, Jura 1982, 28 (35); Pappermann, DVBl. 1976, 766; Schoch, Jura 2001, 121 (124 f.); Stern, in: Dolzer u. a. (Hrsg.), BK-GG (Zweitb.), Art. 28 Rn. 65, 67, 174 ff.; Tettinger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 157; Welti, JA 2006, 871 (872); Widera, Planungshoheit, S. 25 f.; speziell zum Vergleich mit Art. 127 WRV Maurer, DVBl. 1995, 1037 (1039); eine nähere dogmatische Herleitung des subjektivrechtlichen Gehalts (auch) dieser Einrichtungsgarantie hat in jüngerer Zeit Mager, Einrichtungsgarantien, S. 345 ff., angeboten, die jenen Gehalt als „notwendiges Korrelat der Funktion der Einrichtung“ (S. 446) ansieht und ihn damit aus dem „Rechtsgedanken der Effektuierung von Autonomiegewährleistungen“ (S. 447, 449) ableitet. 373 Vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 19.11.2002 – 2 BvR 329/97, BVerfGE 107, 1 (11); ferner BVerfG, Beschl. v. 23.11.1988 – 2 BvR 1619, 1628/83, BVerfGE 79, 127 (143): „Garantie der Einrichtung gemeindliche Selbstverwaltung“. 374 So vertrat das BVerfG, Urt. v. 20.03.1952 – 1 BvR 267/51, BVerfGE 1, 167 (175), die Einschätzung, der Verfassungsgeber des Grundgesetzes habe „hinter der Auslegung, die Art. 127 [W]RV gegen Ende der Weimarer Republik gefunden hatte, [weder] zurückbleiben [noch] darüber hinausgehen“ wollen.

§ 2 Die Abwehrrechte der Nachbargemeinde

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geben und vertritt nun in inzwischen st. Rspr. und insoweit in Übereinstimmung mit der h. L., dass Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG die Gemeinden „innerhalb des Staatsaufbaus“ auch mit verfassungsunmittelbaren, „eigenen Rechten“375 ausstatte. Dazu unterscheidet das BVerfG zwar hinsichtlich der Pflichten der Normadressaten des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG zwischen von ihm sog. „allgemeinen“376 (abstrakt-generellen) Maßnahmen zur näheren „Ausgestaltung“ der Selbstverwaltungsgarantie insgesamt und „konkreten“ Maßnahmen („Eingriffen“377), die sich nur auf einzelne Gemeinden beziehen. Wenn solche „Einwirkungen“378 aber den „Schutzbereich“379 des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG in einer Weise betreffen, die den unterschiedlichen Vorgaben nicht entsprechen, die das Gericht dazu fallgruppenabhängig (und vornehmlich im Hinblick auf legislatorische Einwirkungen380) entwickelt hat, so können die Gemeinden aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG – insoweit wieder einheitlich – entsprechende Abwehrrechte herleiten, für die Rechtsschutz über die aus Sicht des BVerfG naturgemäß im Mittelpunkt stehende sog. Kommunalverfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG gewährt wird381.

375 So ausdrücklich BVerfG, Beschl. v. 19.11.2002 – 2 BvR 329/97, BVerfGE 107, 1 (11); vgl. in demselben Sinne in st. Rspr. nur dass., Beschl. v. 07.01.1999 – 2 BvR 929/97, NVwZ 1999, 520, dass., Beschl. v. 26.10.1994 – 2 BvR 445/91, BVerfGE 91, 228 (236); sowie dass., Beschl. v. 07.05.2001 – 2 BvK 1/00, BVerfGE 103, 332 (358) zum insoweit inhaltsgleichen Art. 46 Abs. 1 LV Schleswig-Holstein; s. dazu auch Knemeyer/Wehr, VerwArch. 92 [2001], 317 (332), die zutreffend herausstellen, dass sich angesichts dieser „Verfassungsunmittelbarkeit“ der inhaltlichen Bestimmungen des Selbstverwaltungsrechts Parallelen zur Strukturierung des ebenfalls „auszugestaltenden“ Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 GG nur bedingt ziehen lassen. 376 So etwa in BVerfG, Beschl. v. 07.10.1980 – 2 BvR 584, 598, 599, 604/76, BVerfGE 56, 298 (313); dass., Beschl. v. 07.01.1999 – 2 BvR 929/97, NVwZ 1999, 520 (521). 377 So die Terminologie bei BVerfG, Beschl. v. 27.11.1978 – 2 BvR 165/75, BVerfGE 50, 50 (51, 54 f.); vgl. weiter dass., Beschl. v. 17.01.1979 – 2 BvL 6/76, BVerfGE 50, 195 (202 f.); ferner dass., Beschl. v. 12.05.1992 – 2 BvR 470, 650, 707/ 90, BVerfGE 86, 90 (107 ff., 109 ff.). 378 Das BVerfG selbst verwendet diesen Ausdruck, der gegenüber dem aus der Diskussion um die Rechtsnatur des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG vorbelasteten Begriffspaar „Eingriff“ und „Ausgestaltung“ neutraler anmutet; vgl. dass., Beschl. v. 21.05.1968 – 2 BvL 2/61, BVerfGE 23, 359 (365). 379 BVerfG, Beschl. v. 07.01.1999 – 2 BvR 929/97, NVwZ 1999, 520. 380 Dieser Bezug gerade zu gesetzgeberischen Maßnahmen überrascht kaum, wenn man berücksichtigt, dass die den Gemeinden nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG eingeräumte sog. Kommunalverfassungsbeschwerde auf mögliche Rechtsverletzungen „durch ein Gesetz“ beschränkt sind. 381 Weiterführende Überblicke zur Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG bieten Magen, JuS 2006, 404 ff.; Welti, JA 2006, 871 ff.; s. dazu ferner Schoch, Jura 2001, 121 ff.; v. Mutius, Jura 1982, 28 ff.

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

b) Würdigung – Die Planungshoheit als absolutes Recht Ob eine Norm ein subjektives Recht zugunsten einer bestimmten Person begründet, beurteilt die herrschende Lehre382, und die mit ihr der Sache nach folgende Rechtsprechung383 nach der sog. Kombinationstheorie, derzufolge ein solches Recht vorliegt, wenn die fragliche pflichtbegründende Norm das Interesse eines Rechtssubjekts schützen soll und diesem zur Durchsetzung dieses Interesses eine Rechts- oder Willensmacht einräumt. Wie eingangs gezeigt, ist ein solches Recht als „absolutes“ einzuordnen, wenn es dem Berechtigten ein bestimmtes Gut im Verhältnis zu allen anderen zuordnet, sodass jeder andere dazu verpflichtet ist, ihm dieses Gut zu belassen und nicht zu beeinträchtigen384. An diesen Anforderungen gemessen ist die Planungshoheit der Gemeinden in der Tat als absolutes Recht anzusehen. Denn indem Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG vermittels seiner Tatbestandsmerkmale den Gemeinden (u. a.) die Ordnung und Gestaltung des eigenen Gemeindegebiets namentlich in Ansehung der baulichen Nutzung als eigene Angelegenheit und zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung zuordnet385, benennt und schützt er mit dieser „bodenbezogenen Dispositionsbefugnis“ (Planungshoheit) ein Interesse von der Art, wie es für ein absolutes Recht kennzeichnend ist. Bezweifeln könnte man insoweit allenfalls, 382 Wegweisend Bühler, Die subjektiven öffentlichen Rechte, S. 9 ff., 224; fortgeführt von dems., in: Bachof u. a. (Hrsg.), Jellinek-GS, S. 269 (272, 274 ff.), und von Bachof, in: dems. u. a. (Hrsg.), Jellinek-GS, S. 287 (294 ff.). – S. dazu nur Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 496; dens., in: Dolzer u. a. (Hrsg.), BK-GG (Zweitb.), Art. 19 Abs. 4 Rn. 288; Dietlein, JuS 1996, 593 (594 f.); Peine, Verwaltungsrecht, Rn. 246; Ramsauer, AöR 111 [1986], 501 (503 ff., 509); Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 42 Rn. 102; Sachs, NVwZ 1988, 127 mit Fn. 5 und S. 128 f.; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. III, Art. 19 Abs. 4 Rn. 118, 127 ff. 383 Grundlegend zum Fürsorgerecht BVerwG, Urt. v. 24.06.1954 – V C 78/54, BVerwGE 1, 159 (161 f.); vgl. ferner etwa dass., Urt. v. 17.06.1993 – 3 C 3/89, BVerwGE 92, 313 (317), wonach eine „Norm des öffentlichen Rechts [. . .] nach der allgemein verbreiteten Schutznormtheorie [. . .] dann drittschützenden Charakter [hat], wenn sie nicht nur öffentlichen Interessen, sondern – zumindest auch – Individualinteressen derart zu dienen bestimmt ist, daß die Träger der Individualinteressen die Einhaltung des Rechtssatzes sollen verlangen können“. 384 S. Laubinger, VerwArch. 80 [1989], 261 (288), und dazu oben § 2 A. I. 1. 385 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.10.1980 – 2 BvR 584, 598, 599, 604/76, BVerfGE 56, 298 (312 f.); dass., Beschl. v. 23.06.1987 – 2 BvR 826/83, BVerfGE 76, 107 (118 f.); dass., Beschl. v. 07.01.1999 – 2 BvR 929/97, NVwZ 1999, 520 (521); BVerfG, Beschl. v. 17.07.1996 – 2 BvF 2/93, BVerfGE 95, 1 (26 f.); aus der nicht verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung BVerwG, Urt. v. 11.04.1986 – 4 C 51/83, BVerwGE 74, 124 (125, 127, 132); dass., Urt. v. 15.12.1989 – 4 C 36/86, BVerwGE 84, 209 (214 f.); dass., Beschl. v. 03.09.1997 – 11 VR 20/96, DÖV 1998, 79; dass., Urt. v. 14.12.2000 – 4 C 13/99, BVerwGE 112, 274 (286, 291); dass., Urt. v. 14.12. 2000 – 4 C 13/99, BVerwGE 112, 274 (291 f.); sowie VGH München, Urt. v. 21.01.2004 – 26 B 02.873, BayVBl. 2005, 115 (116); VGH Mannheim, Urt. v 26.10. 1989 – 10 S 2177/88, NVwZ 1990, 487.

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ob Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG auch gerade den Schutz einzelner Gemeinden bezweckt. So wurde der h. M. teils vorgeworfen, es sei widersprüchlich, Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG einerseits als Einrichtungsgarantie aufzufassen, einer solchen Garantie, die traditionell den Schutz einer Institution als solcher und nicht den einzelner Mitglieder bezwecke und damit „objektivrechtlich geprägt“ sei, aber andererseits verfassungsunmittelbare (absolute) subjektive Rechte zu entnehmen386. So streng formuliert ist dieser Vorwurf aber nicht überzeugend. Denn bereits Carl Schmitt ging davon aus, dass eine „institutionelle Garantie“ durchaus mit subjektiven Rechten der einzelnen unter die Einrichtung fallenden Mitglieder einhergehen könne387. Er hat dies zwar für Art. 127 WRV im Ergebnis abgelehnt, dafür aber nicht auf die Eigenart der – für diese Frage s. E. unergiebigen – Rechtsfigur der Einrichtungsgarantie selbst, sondern auf die Auslegung der WRV abgestellt388. Der h. M. kann daher vielleicht der Vorwurf gemacht werden, dass sie nicht hinreichend klargestellt habe, dass die „subjektive Rechtstellungsgarantie“ der Gemeinden nicht aus der Rechtsfigur der Einrichtungsgarantie als solcher, sondern aus dem Wortlaut des Art. 28 Abs. 2 GG abgeleitet und dieser an die Seite gestellt wurde389. Es ist aber dogmatisch nicht angreifbar, in Art. 28 Abs. 2 GG eine Einrichtungsgarantie zu sehen, nur weil man zugleich zu dem Auslegungsergebnis gelangt, das Grundgesetz habe – eben anders als die Verfassung von 1919 – diese Einrichtungsgarantie um eine subjektive Rechtsstellung der Gemeinden angereichert390. Daran zeigt sich, dass es für die hier interessierende Frage, ob Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG den Nachbargemeinden ein absolutes Recht vermittelt, letztlich ohne Belang ist, ob man Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG mit der h. M. als Grundlage einer „Einrichtungsgarantie“ auffassen will oder nicht, weil man etwa der Auffassung ist, unter

386 S. Maurer, DVBl. 1995, 1037 (1041), dieser freilich nicht mit dem Ziel, den Gemeinden subjektive Rechte abzusprechen, sondern umgekehrt mit dem Plädoyer, bei Art. 28 Abs. 2 GG auf die Rechtsfigur der Einrichtungsgarantie zu verzichten. Insoweit ähnlich Ehlers, DVBl. 2000, 1301 (1304); Ipsen, ZG 1994, 194; Kenntner, DÖV 1998, 701 (702 f.). 387 Schmitt ging dementsprechend bei der „Garantie der wohlerworbenen Rechte der Beamten“ der Weimarer Reichsverfassung (vgl. Art. 129 Abs. 1 S. 3) davon aus, dass diese auch ein subjektives Recht der Beamten begründe, während er Art. 127 WRV ausdrücklich als „nur [. . .] institutionelle Garantie ohne subjektive Rechte“ verstand; vgl. dens., Verfassungslehre, S. 172 bzw. 173; dens., in: dems., Verfassungsrechtliche Aufsätze, S. 140 (149). 388 S. § 2 A. I. 2. a). 389 Vgl. Ipsen, ZG 1994, 194 (196, 208), und Kenntner, DÖV 1998, 701 (705), die die Annahme subjektiver Rechtspositionen mit einer „institutionellen Einrichtungsgarantie“ zwar für vereinbar, nicht aber aus ihr ableitbar halten. Den so formulierten Einwand scheinen auch die auf dem Boden der h. M. argumentierenden Maunz/Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. IV, Art. 28 Rn. 46, und Schmidt-Jortzig, Kommunale Organisationshoheit, S. 89 f., gelten zu lassen. 390 Ebenso Mager, Einrichtungsgarantien, S. 348.

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dem Grundgesetz bedürfe es keines solchen „dogmatischen Fossils“391. Entscheidend ist insoweit vielmehr allein die Auslegung des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG selbst. Dabei spricht aber nicht nur dessen Wortlaut392 für die Annahme, dass er auch den Schutz einzelner Gemeinden bezweckt. Denn das GG verwendet dort den Begriff „Recht“ und ein solches „Recht“ kann immer nur einer einzelnen und konkreten Rechtsperson zustehen, nicht aber einer „Einrichtung“ ohne Rechtspersönlichkeit. Der sich so ergebende individualschützende Charakter dieses Artikels wird vielmehr auch durch seinen systematischen Zusammenhang zu Art. 93 Nr. 4b GG bestätigt, der gerade einzelnen Gemeinden die Möglichkeit einräumt, die sog. Kommunalverfassungsbeschwerde zu erheben. Wenn man für die Einordnung eines normativ geschützten Interesses als subjektives Recht darüber hinaus auch noch die Prüfung des sog. Rechtsmachtelementes für erforderlich hält393, ist auch insoweit zunächst der Wortlaut der Norm auszulegen394. Dieser Wortlaut spricht aber im Falle des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, wie gezeigt, genauso wie in dem des auf ihn bezogenen Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG von einem „Recht“. Angesichts dieser Formulierung der Verfassung könnte es aber nicht überzeugen anzunehmen, Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG habe den Gemeinden nicht auch eine Rechtsmacht zur Durchsetzung ihres Interesses eingeräumt. Denn, wie es Bühler bereits 1914 formulieren konnte, dort „[w]o das

391 So Waechter, DV 29 [1996], 47 (63 ff.), der für ein kompetenzrechtliches Verständnis plädiert. Gegen die Heranziehung der Rechtsfigur der Einrichtungsgarantie wenden sich auch diejenigen, die Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG schlicht ein „Recht auf Selbstverwaltung“ entnehmen wollen; vgl. Ehlers, DVBl. 2000, 1301 (1304); Ipsen, ZG 1994, 194; Kenntner, DÖV 1998, 701 (702 f.); Maurer, DVBl. 1995, 1037 (1041). 392 S. allg. dazu, dass dem Wortlaut einer Norm bei der Frage nach ihrem individualschützenden Charakter eine maßgebliche Bedeutung zukommt, Maurer, Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 9 („Einfach liegt es, wenn die individualschützende Zweckrichtung im Wortlaut des Gesetzes zum Ausdruck kommt [. . .].“); Schmidt-Aßmann, in: Maunz/ Dürig, GG, Bd. III, Art. 19 Abs. 4 Rn. 137 („Entscheidend ist zunächst der Wortlaut. Enthält er eine klare individualisiert berechtigende Formulierung, so liegt ein subjektives Recht vor.“ – Hervorhebung im Original); Ramsauer, AöR 111 [1986], 501 (511), nach dem „Zweck der Regelung“ eine wesentliche Rolle spielt, „wenn Wortlaut und Systematik des Gesetzes keine Anhaltspunkte bieten“. 393 Krit. insoweit Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, § 43, Rn. 41a); als jdfs. grds. überflüssig angesehen bei Kopp/Ramsauer, VwVfG, Einf. Rn. 71; Schenke, in: Dolzer u. a. (Hrsg.), BK-GG (Zweitb.), Art. 19 Abs. 4 Rn. 289; dems., DÖV 1986, 305 (308); wohl auch Maurer, Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 8; Ramsauer, AöR 111 [1986], 501 (505); und mit Einschränkungen bereits Bachof, in: dems. u. a. (Hrsg.), Jellinek-GS, S. 287 (299 ff.); für ein Festhalten an diesem Kriterium dagegen Dietlein, JuS 1996, 593 (595); Sachs, NVwZ 1988, 127 (129); s. dazu ferner Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, § 40 Rn. 134. 394 Vgl. etwa Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. III, Art. 19 Abs. 4 Rn. 137 („Entscheidend ist zunächst der Wortlaut. Enthält er eine klare individualisiert berechtigende Formulierung, so liegt ein subjektives Recht vor.“ – Hervorhebung im Original).

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Gesetz ausdrücklich von einem Recht oder Anspruch spricht, da ist leicht zu entscheiden, was die Absicht des Gesetzgebers ist“395. Zu einem „absoluten“ wird das so abgeleitete Recht allerdings nur, wenn es sich gegen „jedermann“ richtet. Ausdrücklich äußert sich Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG zwar nicht dazu, wer zur Achtung der dort gewährleisteten Planungshoheit verpflichtet sein soll. Auch eine verfassungsrechtliche Vorschrift, welche die Adressaten der Bindungswirkung für die Selbstverwaltungsgarantie in einer Weise ausdrücklich aufführt, wie es Art. 1 Abs. 3 GG für die Grundrechte leistet, findet sich nicht. Dennoch besteht heute Einigkeit darin, dass Art. 28 Abs. 2 GG nicht nur die Ländern (arg. Art. 28 Abs. 3 GG)396 und den Bund397, sondern auch die übrigen Gemeinden398 adressiert. Bereits dieser Befund rechtfertigt die Aussage, die Planungshoheit der Gemeinden sei in der Art eines absolu395 So Bühler, Die subjektiven öffentlichen Rechte, S. 48 f. (Hervorhebung durch den Verf.), zur Frage, woraus zu entnehmen sei, „ob der Untertan auf Grund einer zwingenden, auch zum Schutz seiner Individualinteressen erlassenen Vorschrift der Verwaltung mit einem bestimmten Verlangen gegenübertreten kann oder nicht“. 396 Vgl. v. Mutius, in: ders. (Hrsg.), v. Unruh-FG, S. 227 (253 f.); dens., Jura 1982, 28 (35); im Ergebnis ebenso BVerfG, Beschl. v. 07.10.1980 – 2 BvR 584, 598, 599, 604/76, BVerfGE 56, 298 (313 f.). 397 Das folgt daraus, dass auch der Bund selbst an die in Art. 28 Abs. 3 GG genannten „Bestimmungen“ gebunden sein muss, da ihn das Grundgesetz schwerlich zur Gewährleistung einer Garantie durch Dritte verpflichten wird, die zu achten er selbst nicht gehalten ist. Vgl. Ehlers, DVBl. 2000, 1301; Maurer, DVBl. 1995, 1037 (1040); v. Mutius, in: ders. (Hrsg.), v. Unruh-FG, S. 227 (254); dens., Jura 1982, 28 (35); ebenso bereits Tettinger, Ingerenzprobleme, S. 40; im Ergebnis – freilich ohne Begründung – auch BVerfG, Beschl. v. 07.10.1980 – 2 BvR 584, 598, 599, 604/76, BVerfGE 56, 298 (313 f.). 398 Das GG bindet alle staatlichen Gewalten an die vom ihm errichtete Ordnung (vgl. Art. 20 Abs. 3 GG). Geht man davon aus, dass das GG mit Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG (auch) jeder einzelnen Gemeinde einen Rechtsraum zugewiesen hat, gebietet der Vorrang der Verfassung die Annahme, dass staatliche Stellen in diesen Rechtsraum jdfs. nicht völlig schrankenlos eingreifen können. Denn würde man diesen zweiten Schritt nicht gehen, müsste man implizit unterstellen, das Grundgesetz stelle sich selbst zur Disposition jener staatlichen Stellen, die es in der Hand hätten, diesen Rechtsraum durch selbst verursachte Beeinträchtigungen rechtlicher oder faktischer Art auszuhöhlen. Im Ergebnis ebenfalls für eine interkommunale Bindungswirkung des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG Dreier, in: dems. (Hrsg.), GG, Bd. II, Art. 28 Rn. 106; Ehlers, DVBl. 2000, 1301 (1305); Maurer, DVBl. 1995, 1037 (1041); Schenke, Bergbau, S. 99; Schoch, Jura 2001, 121 (125); Tettinger, Ingerenzprobleme, S. 40; BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (330); VGH München, Urt. v. 04.09.1984 – 1 B 82 A.439, BayVBl. 1985, 83 (85); wohl auch BVerfG, Beschl. v. 23.11.1988 – 2 BvR 1619, 1628/83, BVerfGE 79, 127 (150, 152); s. dazu Clemens, NVwZ 1990, 834 [841]); a. A. früher Pappermann, DVBl. 1976, 766 f. (ähnlich bereits ders., DÖV 1975, 181 [187]), mit der nicht überzeugenden Begründung, Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG entfalte ebenso wenig wie die Grundrechte eine „Drittwirkung“. Die Ablehnung grundrechtlicher Drittwirkungen wurzelt in der klassischen Unterscheidung zwischen „staatlicher“ und „vorstaatlicher“ Sphäre, die von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG angesprochenen Gemeinden sind aber – anders als natürliche Grundrechtsträger – der ersten und nicht der zweiten Sphäre zuzuordnen.

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ten Rechts gegenüber „jedermann“ geschützt. Denn der Umstand, dass Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG natürliche Personen und juristische Personen des Privatrechts nach überwiegender und zutreffender Ansicht nicht unmittelbar bindet399, ist insoweit unerheblich, weil es für die Einordnung als „absolutes“ öffentliches Recht allein entscheidend ist, ob die fragliche Norm von allen Stellen staatlicher Gewalt Beachtung einfordert400. Die Voraussetzungen, die nach allgemeinen Grundsätzen an die Annahme eines absoluten Rechts zu stellen sind, sind mithin für die von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG geschützte Planungshoheit (auch) der (Nachbar-)Gemeinden erfüllt. c) Einwände aus der Rechtsnatur des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG? Seit geraumer Zeit wird freilich wieder verschiedentlich vertreten, Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG normiere eine Einrichtungsgarantie, die gerade nicht mit subjektiven Rechten der Gemeinden einhergehe. Diese sich im Ergebnis wieder stärker an die ursprüngliche Konzeption Carl Schmitts annähernde Interpretation wird mit Argumenten begründet, die teils den Schutz der Grundrechte, teils die Wahrung der Struktur des subjektiven Rechts zu bezwecken scheinen. Im Sinne des ersten Begründungsansatzes wird vorgetragen, dass bei der Zuerkennung einer über die Einrichtungsgarantie hergeleiteten „subjektiven Rechtsstellung“ zugunsten eines „Stückes Staat“ der grundlegende Unterschied zwischen der Wahrnehmung von staatlicher Kompetenz auf der einen Seite und der Ausübung von grundrechtlich geschützter Freiheit auf der anderen Seite verwischt werde401. Zwar wolle Art. 28 Abs. 2 GG anders als Art. 127 WRV 399 Vgl. Dreier, in: dems. (Hrsg.), GG, Bd. II, Art. 28 Rn. 107; a. A. Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. 523, mit dem Argument, die Selbstverwaltungsgarantie gelte als „verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts“, und sei deshalb gegen „jeden Akteur“ anzuwenden, von welchem sie tatsächlich beeinträchtigt werden könne; ähnlich wie dieser bereits Macher, Grundsatz des gemeindefreundlichen Verhaltens, 1971, S. 159 ff. 400 Vgl. Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 21 f. (dort Fn. 2); Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 386. 401 Vgl. Löwer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 39; diesem folgend Magen, JuS 2006, 404 (405); insoweit auch Burmeister, JA 1980, 17 (21), der streng zwischen Kompetenz und subjektivem Recht trennt und davon ausgeht, dass den Gemeinden ungeachtet ihrer Fähigkeit, Kompetenzen „einzuklagen“ in „keiner Weise subjektive Rechte“ verliehen worden seien, der allerdings ohnehin eine eigene Selbstverwaltungskonzeption entwickelt hat, die hier nicht mehr näher erörtert werden soll; Frenz, DV 28 [1995], 33 (39 ff.), und Schmidt-Aßmann, in: Badura/Dreier (Hrsg.), BVerfG-FS, Bd. 2, S. 803 (808 f.), betonen ebenfalls die Abgrenzung von Freiheit und Kompetenz, wollen daraus aber nur Beschränkungen für die Übertragung von Schutzmechanismen aus der Grundrechtsdogmatik auf Art. 28 Abs. 2 GG herleiten, ohne die Möglichkeit subjektiver öffentlicher Rechte der Gemeinden zu bestreiten. Der zuletzt Genannte lehnt es allerdings in: Maunz/Dürig, GG, Bd. III, Art. 19 Abs. 4 Rn. 148, immerhin ab, „Rechtspositionen“ von Verwaltungsträgern wie namentlich Gemeinden

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den Gemeinden durchaus gewisse „Schutzwirkungen“402 bieten. Zur Umsetzung derselben müsse aber nicht auf eine Auslegung zurückgegriffen werden, die nur drohe, die Selbstverwaltungsgarantie wieder in der Nähe eines doch allseits abgelehnten Grundrechts zu rücken. Diese „Wirkungen“ könne man vielmehr auch über staatsorganisatorische Prinzipien herleiten, indem man die den Gemeinden durch Art. 28 Abs. 2 GG eingeräumten Kompetenzen als verfassungsrechtlich geschützt und „wehrfähig“ ansehe403. Unangebracht sei es aber demgegenüber, diese Rechtsposition der Gemeinden darüber hinaus noch als etwas anderes als eben bloße „Kompetenzen“ zu begreifen und sie mit dem „Signum der [menschlichen] Freiheit“404, einem subjektiven Recht nämlich, zu umschreiben405. Eine solche Überhöhung sei auch ungenau, weil sie die Struktur der Rechtsfigur des „subjektiven Rechts“ nicht hinreichend beachte. Von einem solchen Recht könne nämlich nur gesprochen werden, wenn sein Inhaber die fragliche Rechtsposition „nach eigener Willkür ausüben“406 und gänzlich auf sie verzichten könne407. Beides aber treffe auf die Befugnisse der Gemeinden nicht zu, weil es sich eben nur um Kompetenzen handle, die ihre Inhaberin nicht nach als subjektive Rechte „im Sinne des Art. 19 IV“ einzuordnen, weil dieser eine „Bastion des Bürgerschutzes“ sei und der von ihm zugrundegelegte Begriff des subjektiven Rechts daher ein „spezifisch personales Element“ enthalte. 402 Vgl. Magen, JuS 2006, 404 (405); insoweit ähnlich Waechter, DV 29 [1996], 47 (63, 65 ff.), der von „(Schutz-)Leistungen“ spricht. 403 Vgl. Löwer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 39; Magen, JuS 2006, 404 (405); insoweit auch Schmidt-Aßmann, in: Badura/Dreier (Hrsg.), BVerfG-FS, Bd. 2, S. 803 (808); und auch noch Waechter, DV 29 [1996], 47 (63 ff.); ebenfalls kritisch, aber in der dogmatisch für richtig erachteten Auffassung nicht eindeutig Faber, in: Denninger u. a. (Hrsg.), AK-GG, Art. 28 Abs. 1 II, Abs. 2, Rn. 49 („systematisch verunglücktes, formal subjektiv-rechtlich ausgestaltetes Prozeßinitiativrecht“); vgl. insoweit auch Burmeister, JA 1980, 17 (21), der von der „Fähigkeit, Schranken einzuklagen“ spricht. 404 So die Formulierung bei Löwer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 39. 405 Vgl. Löwer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 39; Magen, JuS 2006, 404 (405), der es ablehnt, von einem „subjektiven Recht im traditionellen Sinn“ zu sprechen; ähnlich ders., in: Umbach/Clemens (Hrsg.), BVerfGG, § 91 Rn. 13, der die Einordnung als „subjektives Recht im ,Vollsinn‘“ in Zweifel zieht und nur von einem solchen „im Minimalsinn“ zu sprechen bereit ist; insoweit auch ähnlich Sachs, BayVBl. 1982, 37 (40), der zwar eine „subjektivierte Rechtsstellung“ anerkennt, aber die Qualifizierung derselben als „echtes subjektives Recht“ für zweifelhaft erachtet. 406 So Magen, JuS 2006, 404 (405); in diesem Sinne bereits Krüger, Staatslehre, S. 110; insoweit ähnlich auch Bleckmann, DVBl. 1986, 666, der bei subjektiven Rechten wohl von einer Ausübbarkeit „nach freiem Belieben“ ausgeht. 407 So Löwer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 39; Magen, JuS 2006, 404 (405); ders., in: Umbach/Clemens (Hrsg.), BVerfGG, § 91 Rn. 13 (Fn. 43), der sich dort freilich noch nicht abschließend dazu geäußert hatte, ob er diesem Argument zu folgen bereit sei, und zu bedenken gab, dass es bei diesem Verständnis „per definitionem“ keine subjektiven Rechte des Staates geben könne; Krüger, Staatslehre, S. 111, betonte ebenfalls die Unzulässigkeit des Verzichts auf Zuständigkeiten, ließ es aber letztlich offen, ob die Unverzichtbarkeit dem subjektiven öffentlichen Recht wesenseigen sei.

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eigenem Gutdünken aufgeben oder auch nur ausüben könne408. Um zu belegen, dass Körperschaften wie eine Gemeinde schon aus „strukturellen“ Gründen nicht Trägerin eines subjektiven Rechts sein könne, wird weiter vorgetragen, dass sich die subjektiven öffentlichen Rechte genau wie die Grundrechte „gegen den Staat und nicht umgekehrt gegen den Bürger“ richteten. Sei jener also Verpflichteter solcher Rechte, könne er nicht zugleich auch als ihr Inhaber angesehen werden (sog. Konfusionsargument)409. Dabei soll freilich nicht übersehen werden, dass die Vertreter einer rein kompetenzbezogenen Auslegung des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ungeachtet ihrer Ablehnung, aus der „institutionellen Garantie“ subjektive Rechte zugunsten der Gemeinden abzuleiten, durchaus zugestehen, dass den Kommunen über Art. 28 Abs. 2 GG Kompetenzen nicht nur zugeordnet werden, sondern dass diesen auch „Wehrfähigkeit gegen Übergriffe Dritter eignet“410. Diese Einschränkung könnte dazu Anlass geben, auf eine weitere Auseinandersetzung mit dieser Spielart der Einrichtungsgarantiethese zu verzichten. Wenn jene Ansicht die durch Art. 28 Abs. 2 GG vermittelten Kompetenzen für „wehrfähig“ erachtet, so bestehen wohl, so könnte man argumentieren, jdfs. im praktischen Ergebnis keine Unterschiede zu der hier vertretenen Auslegung. Bei näherer Betrachtung erscheint es indes fragwürdig, ob es tatsächlich gerechtfertigt ist, eine diesbezügliche Entscheidung dahinstehen zu lassen. Denn welche Bedeutung im Einzelnen mit dem „Grob-Begriff“411 der „Wehrfähigkeit“, der weder legaldefiniert noch als fest umrissener Bestandteil der Verwaltungsrechtslehre anzusehen ist, verbunden sein soll, bleibt offen. Ob mit diesem von anderer Seite als „unpräzise Vorstellung“412 abgelehnten Begriff etwa nur die „Wehrfähigkeit“ im Rahmen des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG angesprochen werden soll, ob damit auch ein – kumulativer oder alternativer? – Schutz nach den Regelungen der Verwaltungsgerichtsordnung gemeint ist, und – insbesondere – ob eine „wehrfähige Kompetenz“ dieselbe Bedeutung wie ein absolutes Recht im Hinblick auf die Begründung sekundärer Abwehrrechte haben soll, bleibt letztlich unklar413. Gerade wenn die Rechtspositionen der Gemeinden ausdrücklich kein subjektives 408 Vgl. Löwer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 39; Magen, JuS 2006, 404 (405). 409 Vgl. Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 14, Rn. 3. 410 So die Formulierung bei Löwer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 39, der weiter formuliert, die Kompetenzen der Gemeinden dürften insoweit „wie subjektive Rechte gedacht werden“ (Hervorhebung im Original); ähnlich Magen, JuS 2006, 404 (405); ebenso wohl Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 14, Rn. 3; und Waechter, DV 29 [1996], 47 (70), der aus Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG die „Wehrfähigkeit der zugewiesenen Kompetenzen“ ableitet; insoweit wohl auch Bleckmann, DVBl. 1986, 666 (unter 2.). 411 Vgl. Lerche, in: Maunz (Hrsg.), BayVGH-FS, S. 223, der sich gegen Begriff im Zusammenhang mit der Rechtsprechung des BVerwG und der sie begleitenden Literatur wendet. 412 Vgl. erneut Lerche, in: Maunz (Hrsg.), BayVGH-FS, S. 223.

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Recht darstellen sollen, wäre aber klarzustellen, welchen Umfang die „Wehrfähigkeit“ dieser Positionen im Verwaltungsprozess einnehmen soll, denn „die gerichtlich geschützte Rechtsstellung staatlicher Organisationseinheiten [kann] ganz anders strukturiert sein [. . .], als subjektive Rechte Privater“, weshalb es „den Blick auf die Besonderheiten dieser ,Rechte‘ im Hinblick auf ihre Entstehung, ihren Inhalt und ihre Verletzung verstellen“414 würde, ließe man die Frage nach ihrer Rechtsnatur offen. Die Tragfähigkeit der Argumente gegen das oben vertretene Ergebnis, Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gewähre den (hier: Nachbar-) Gemeinden ein absolutes Recht, soll deshalb geprüft werden. aa) Gefährdung der Grundrechtsträger? Nicht überzeugend sind zumindest die oben skizzierten Argumente, die auf einen Schutz der Grundrechte zielen. An dieser Stelle soll durchaus nicht bestritten werden, dass zwischen der Wahrnehmung prinzipiell unbegrenzter menschlicher Freiheit und der Ausübung begrenzter staatlicher Kompetenzen ein grundlegender Unterschied besteht. Dieser Unterschied legt es denn auch bspw. nahe, die Selbstverwaltung nicht als Grundrecht einzuordnen415. Er mag auch dazu dienen, die Frage, ob Gemeinden Trägerinnen von materiellen Grundrechten aus dem Katalog der Art. 1 bis 17 GG sein können, ablehnend zu beantworten416. Eine davon zu scheidende Frage ist es aber, ob dieser Unter413 Löwer bspw. ist in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 41, 77, der Ansicht, dass sich Gemeinden im Bereich der Planungshoheit „gegen konkrete Konfliktentscheidungen im einzelnen Fall“ (es bleibt unklar, ob damit „jeder einzelne Fall“ oder „einzelne“ i. S. v. „bestimmten“ Fällen gemeint sind) „vor den Verwaltungsgerichten zur Wehr setzen können“ (bei dieser Formulierung bliebe klarzustellen, ob damit nur die Fälle, in denen eine Behörde als solche antragsbefugt ist, angesprochen sind, oder auch diejenigen, welche die Möglichkeit einer „Rechtsverletzung“ erfordern); Magen, JuS 2006, 404 (405), spricht von einem „gerichtsfähigen subjektiven Recht“, obwohl er auf derselben Seite bestreitet, dass Art. 28 Abs. 2 GG ein „subjektives Recht im traditionellen Sinn“ vermitteln könne, und wirft mit solchen Formulierungen ebenfalls Zweifel auf, wie „gerichtsfähig“ dieses „atypische Recht“ nun im Einzelnen ist, wenn die VwGO doch überwiegend an die Möglichkeit der Verletzung eines subjektiven öffentlichen Rechts anknüpft; ähnlich uneindeutig ders., in: Umbach/Clemens (Hrsg.), BVerfGG, § 91 Rn. 13, der dort zwar anerkennt, dass den Gemeinden „die Befugnis zusteht, die sie selbst betreffenden Verletzungen der Selbstverwaltungsgarantie aus eigenem Recht abzuwehren“, und dass die Vorschriften über die Kommunalverfassungsbeschwerde „mehr“ nicht „voraussetzen“, der sich dabei aber nicht zu der Frage verhält, welche Schlüsse seine Einordnung als subjektives Recht allenfalls „im Minimalsinn“ nun für den Verwaltungsprozess zulässt. 414 So die Einschätzung bei Krebs, in: Erichsen u. a. (Hrsg.), Menger-FS, S. 191 (208). 415 Vgl. dazu oben unter § 2 A. I 2. 416 Vgl. die Rechtsprechung und die insoweit h. L., die im Anschluss an Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. III, Art. 19 Abs. 3 Rn. 1, die „Sinnmitte“ der Grundrechte im Schutz (allein) der Freiheit der natürlichen Person sehen und deshalb der Ansicht sind, dass die materiellen Grundrechte i. S. d. Art. 19 Abs. 3 GG „ihrem Wesen nach“ nicht

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schied auch der Zuerkennung anderer subjektiver öffentlicher Rechte als der der Grundrechte entgegensteht. Dagegen sprechen mehrere Gründe. Die vorgeschlagene Gleichstellung von Grundrechten und sonstigen subjektiven öffentlichen Rechten könnte dann gerechtfertigt erscheinen, wenn die „Sinnmitte“ nicht nur der Grundrechte417, sondern auch aller anderen subjektiven Rechte allein im Schutz der menschlichen Freiheit zu sehen wäre. Auf dieser Einschätzung beruht offenbar in der Tat die hier erörterte Auslegung, wenn deren Vertreter die Rechtsfigur des „subjektiven Rechts“ als ein „Signum der menschlichen Freiheit“418 charakterisieren. Angesichts solcher Formulierungen liegt die Vermutung nahe, dass die Vertreter dieser Richtung sich in die Reihen der früher einmal herrschenden419, heute freilich nur noch selten420 vertretenen Meinung einordnen wollen, welche die Vorstellung, dass „der Staat“ subjektive Rechte innehaben könne, grundsätzlich ablehnte. Noch in der Weimarer Verwaltungsrechtslehre wurde diese Ablehnung mit dem Argument begründet, der Staat habe das „eine große ,Urrecht‘“ auf „Beherrschung und Gehorsam“ gegenüber seinen „Untertanen“ und die darin zum Ausdruck kommende „rechtliche Allmacht des Staates“ könne mit der Rechtsfigur des subjektiven Rechts nicht gut umschrieben werden, weil dieses „immer etwas Begrenztes“ sei421. auf juristische Personen des öffentlichen Rechts wie namentlich Gemeinden anwendbar sind; dazu BVerfG, Beschl. v. 02.05.1967 – 1 BvR 578/63, BVerfGE 21, 362 (369); dass., Beschl. v. 08.07.1982 – 2 BvR 1187/80, BVerfGE 61, 82 (101); dass., Beschl. v. 16.05.1989 – 1 BvR 705/88, NJW 1990, 1783; BGH, Urt. v. 31.10.1974 – III ZR 45/72, BGHZ 63, 196 (198); Leibholz/Rinck, GG, Art. 19 Rn. 118; Krüger/ Sachs, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 19 Rn. 89 f.; Badura, BayVBl. 1989, 1 (2). 417 Vgl. die Anmerkungen in der vorhergehenden Fn. 418 Vgl. erneut Löwer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 39; vgl. insoweit auch Erichsen, in: dems. (Hrsg.), Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1998, § 11 Rn. 30; Krebs, in: Erichsen u. a. (Hrsg.), Menger-FS, S. 191 (208 f.); und Maurer, Verwaltungsrecht, § 8, Rn. 4, die losgelöst von dem kommunalen Zusammenhang die Bedeutung des subjektiven Rechts gerade für die Würde und Persönlichkeit des Menschen betonen. 419 Vgl. Fleiner, Institutionen, S. 164; Forsthoff, Verwaltungsrecht, Bd. I, S. 449 f.; O. Mayer, Verwaltungsrecht, Bd. 1, S. 104 ff. 420 So aber wieder Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 14, Rn. 3; Bleckmann, DVBl. 1986, 666 f., hält die Annahme subjektiver Rechte des Staates in einem „weiten Bereich“ für nicht erforderlich oder gar für einen Schutz der Individualinteressen schädlich, lehnt sie allerdings nicht gänzlich ab; ähnlich Krebs, in: Erichsen u. a. (Hrsg.), Menger-FS, S. 191 (208 f.); Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. III, Art. 19 Abs. 4 Rn. 148, lehnt es zwar ab, „Rechtspositionen“ von Verwaltungsträgern wie namentlich Gemeinden als subjektive Rechte „im Sinne des Art. 19 IV“ einzuordnen, weil dieser eine „Bastion des Bürgerschutzes“ sei und der von ihm zugrundegelegte Begriff des subjektiven Rechts daher ein „spezifisch personales Element“ enthalte; er spricht aber außerhalb des Zusammenhangs von Art. 19 Abs. 4 GG durchaus davon, dass Gemeinden „mit eigenen Rechten ausgestattet“ seien (vgl. dens., in: Badura/Dreier (Hrsg.), BVerfG-FS, Bd. 2, S. 803 [808]). 421 Vgl. O. Mayer, Verwaltungsrecht, Bd. 1, S. 104 f., 106; ähnlich Fleiner, Institutionen, S. 164, nach dem „[d]ie einzelnen von der Behörde gegen den Bürger erhobe-

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Wurde früher also die Annahme subjektiver Rechte des Staates wegen dessen angenommener „Allmacht“ abgelehnt, weisen die heute zur Begründung desselben Ergebnisses vorgetragenen Argumente eher in die entgegengesetzte Richtung, wenn dabei die Befürchtung geäußert wird, die Annahme subjektiver Rechte des Staates spreche diesem wieder eine Machtfülle zu, die er nicht (mehr) habe422. Weder der ältere noch der neuere Begründungsansatz zur Ablehnung subjektiver Rechte können freilich vollauf überzeugen. Die Annahme von der „Allmacht“ des Staates, der sich jederzeit selbst von ihm auferlegten Pflichten entbinden könne, entspricht spätestens423 seit dem Ende der Monarchie nicht mehr der geltenden Rechtslage. So wurde bereits in der Weimarer Verwaltungsrechtslehre darauf hingewiesen, dass „der verwaltende Staat“ unter einer gewaltenteilenden Verfassung dem Verwaltungsrecht unterworfen ist und deshalb durchaus als Träger „begrenzter“ Rechte gedacht werden kann424. Unter der Herrschaft des Grundgesetzes, das die Vorstellung vom „Untertanen“ ohnehin zugunsten des mit Würde und Freiheit ausgestatteten „Bürgers“ aufgegeben hat, muss diese auf einem „allmächtigen“ Staat aufbauende Argumentation daher noch befremdlicher anmuten425. Aber auch die heute vertretenen, in die gegenteilige Richtung einer Warnung vor der Allmacht des Staates zielenden Argumente erscheinen wenig überzeugend. Wird die Beziehung des Bürgers zum Staat in den Bahnen subjektiver Rechte gefasst, kann dies kaum zu der Gefahr führen, dass diesem Staat wieder nen Ansprüche“ sich nicht auf subjektive Rechte gründeten, sondern „Ausflüsse der staatlichen Kompetenz“, der in der „Ungleichheit“ von Staat und „Untertan“ zum Ausdruck kommenden „Herrschergewalt“ sind; Bühler, Die subjektiven öffentlichen Rechte, S. 144 f. (dort Fn. 239), stimmte zwar O. Mayers schon in dessen Vorauflagen vertretener Annahme zu, wonach die Position des Staates nicht mit der des zum Gehorsam verpflichteten „Untertanen“ gleichgesetzt werden könne, sah aber dennoch keinen Grund, „Anforderungen, die der Staat im Einzelfall gegen den Untertanen erhebt“, mit der Bezeichnung „Recht“ zu belegen. Dagegen warf ihm bereits G. Jellinek, System, S. 195 (Fn. 1), vor, verkannt zu haben, dass „[i]m Begriffe des Rechts [. . .] bereits der der Beschränkung enthalten“ und der Staat nicht nur Macht-, sondern auch Rechtssubjekt sei; insoweit ähnlich Bayer, Bundestreue, S. 61. 422 S. Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 14, Rn. 3, die in der Bejahung subjektiver Rechte von staatlichen Instanzen gegen andere staatliche Instanzen einen abzulehnenden „Rückfall in die vorstaatliche Epoche der landesherrlichen Hoheitsrechte“ sehen. 423 Bereits zur Rechtslage unter der Reichsverfassung vom 16. April 1871 vertrat G. Jellinek, System, S. 85, die Auffassung, dass der Staat „[v]on Natur aus alles könnend, was seiner Macht zugänglich ist, [. . .] von Rechts wegen nur das [kann], wozu ihn die Rechtsordnung ermächtigt, [. . .] nur das [darf], was sein gesetzlich gebundener Wille ihm gestattet“ (a. a. O. S. 194 f.). 424 Vgl. W. Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 203 f. 425 Vgl. dazu Bauer, DVBl. 1986, 208 (211); dens., DVBl. 1986, 667; Scherzberg, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 27; Schenke, Rechtsschutz, S. 233 f., 237 f.; dens., Verwaltungsprozessrecht, Rn. 387.

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ein unbegrenztes „Urrecht“ zugestanden würde, weil eine solche These unter der Geltung des Grundgesetzes von vornherein zum Scheitern verurteilt wäre. Die Entscheidung des Grundgesetzes, den Menschen als mit Würde und Freiheit ausgestatte Rechtsperson zu betrachten und alle Gewalten, die dieser Person gegenübertreten, an die Grundrechte, die übrigen Verfassungsbestimmungen bzw. an „Recht und Gesetz“ zu binden (Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 2 GG), verbietet es, Beziehungen zwischen „dem Staat“ und einem Bürger als nackte „Machtoder Gewaltverhältnisse“ zu konstruieren. Wo diese Personen – „Staat“ und „Bürger“ – aufeinandertreffen, ist es vielmehr gerade zum Ausschluss solcher „Gehorsamsvorstellungen“ nützlich und geboten, statt in Verhältnissen der „Gewalt“ in solchen des „Rechts“ zu denken426. Eine solche Vorgehensweise bietet aus Sicht des Bürgers also im Gegenteil den Vorteil, dass der ihm gegenübertretende Staat strukturell vergleichbare Wege gehen muss wie jener selbst427. Zugleich wird durch diese „Verrechtlichung“ des staatlichen Verhaltens sichergestellt, dass dessen Maßnahmen auch gerichtlich überprüfbar sind. Die Annahme subjektiver Rechte des Staates ist unter den Aspekten der Rechtssicherheit und des Rechtsschutzes also nicht gefährlich, sondern sinnvoll428. Nach alledem ist es heute also weder wegen noch zum Schutz gegen eine (drohende) Allmacht des Staates gerechtfertigt, die Rechtsfigur des „subjektiven Rechts“ dem Schutz menschlicher Freiheiten vorzubehalten429.

426 Vgl. insoweit Bauer, DVBl. 1986, 208 (216); s. auch bereits G. Jellinek, System, S. 194, der in Abgrenzung zu den Verhältnissen des Staates „zu seinen Organen“ ausführte, dass sich „alle Verhältnisse [. . .], in welchen der Staat direkt oder indirekt erlaubend, befehlend, gewährend und versagend in die Rechtssphäre der ihm Subjizierten eingreift, [. . .] als Rechtsverhältnisse“ darstellten. 427 Ähnlich Schapp, Das subjektive Recht, S. 156 f. („Wer [die] Funktion [scil. des Rechts] in der Konfliktsentscheidung und Abgrenzung [scil. zwischen dem Einzelnen und dem Staat] sieht, wird auch dem Staat materielle Rechte als Folge dieser Abgrenzung zubilligen müssen, da anders eine Einflechtung des Staates in das Gesamtsystem gar nicht denkbar ist. Die Frage des Wertes [scil., dass das Recht den Einzelnen schützt und nicht den Staat,] wird nicht hier entschieden, sondern im Hinblick auf das Gesamtsystem. Wenn Recht als Abgrenzung verstanden wird, ist die Zubilligung eines subjektiven Rechts an einen Konfliktspartner zugleich die Art, in der dem anderen Schutz gewährt wird“; Hervorhebung durch den Verf.). 428 Vgl. näher dazu Schenke, Rechtsschutz, S. 236, 238; dens., Verwaltungsprozessrecht, Rn. 387; s. insoweit auch Bauer, DVBl. 1986, 208 (216); dens., DVBl. 1986, 667. 429 Schenke, Rechtsschutz, S. 233, spricht von einer „dogmatisch nicht zu rechtfertigenden Verengung des Begriffs des subjektiven Rechts“; ähnlich Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 14, Rn. 126, und Bauer, DVBl. 1986, 208 ff., der die „Beschränkung dieses Rechtsinstituts auf Rechtspositionen des Bürgers“ als historisch verfehlt anprangert; im Ergebnis ebenso Schapp, Das subjektive Recht, S. 155 ff., 171 ff.; Scherzberg, Jura 2006, 839 (847).

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bb) Fehlen „rechtsstruktureller“ Voraussetzungen für ein subjektives Recht? Damit bleibt freilich der Einwand zu prüfen, die Gemeinden könnten jdfs. deshalb keine subjektiven Rechte innehaben, weil die Strukturen dieser Rechtsfigur bei den aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG fließenden Befugnissen nicht recht passten. Dieser „rechtsstrukturelle“ Einwand überrascht zunächst, weil die oben skizzierte Konstruktion zur „Wehrfähigkeit“ der Kompetenzen des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ihrerseits Zweifel an der dogmatischen Überzeugungskraft der rein kompetenzrechtlichen These aufwirft. Denn wenn diese Auslegung einerseits zugesteht, dass die Verfassung den Gemeinden Kompetenzen zuordnet und diese zugleich als „wehrfähig“ ausgestaltet, andererseits aber bestreitet, dass darin ein subjektives Recht oder doch eines „im traditionellen Sinne“430 zu sehen sein soll, muss sie sich fragen lassen, inwieweit dies konsequent ist. Denn in einer „Tradition“, deren Anfänge man spätestens in das Kaiserreich Wilhelms II. legen kann, sieht die herrschende Lehre und die ihr der Sache nach folgende Rechtsprechung die Voraussetzungen eines subjektiven Rechts, wie gezeigt431, dann als gegeben an, wenn eine pflichtbegründende Norm des objektiven Rechts das Interesse eines Rechtssubjekts schützen soll und diesem zur Durchsetzung dieses Interesses eine Rechts- oder Willensmacht einräumt. Da auch der kompetenzbetonende Ansatz davon auszugehen scheint, dass die in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG angeordnete Gewährleistung bestimmter Befugnisse dazu bestimmt ist, die Interessen der davon begünstigten Gemeinden zu schützen432, zugleich aber der Ansicht ist, dass diesen Befugnissen nach der Intention des Verfassungsgebers „Wehrfähigkeit gegenüber Dritten eignen“ soll, fragt sich, warum Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG insoweit keine Rechtspositionen soll begründen können, die ein subjektives Recht „im traditionellen Sinne“ darstellt. 430 So die ablehnende Formulierung bei Magen, JuS 2006, 404 (405); ähnlich Löwer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 39; Waechter, DV 29 [1996], 47 ff. spricht immerhin von einer „Versubjektivierung“ (a. a. O. S. 54, 71) und hält wohl eine Qualifizierung als „quasi subjektives Recht“ (a. a. O. S. 54) für vertretbar, vermeidet diesen Ausdruck aber im Übrigen für seine eigenen Ausführungen zugunsten der Figur der „wehrfähigen Kompetenzen“ (a. a. O. S. 70). 431 Vgl. oben § 2 A. I. 2. b), sowie zu den bereits „vor Bühler“ vertretenen „Kombinationstheorien“ etwa G. Jellinek, System, S. 44 („Das subjektive Recht ist [. . .] die von der Rechtsordnung anerkannte und geschützte auf ein Gut oder Interesse gerichtete menschliche Willensmacht“), sowie die zusammenfassende Darstellung bei Somló, Juristische Grundlehre, 1917, S. 478 ff. Aus der Weimarer Verwaltungsrechtslehre etwa W. Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 201 f. 432 Vgl. Löwer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 41, der dort – angesichts seiner übrigen Ausführungen m. E. wenig konsequent – sogar von einem „Anspruch“ der Gemeinden spricht, „staatsorganisatorisch im Rahmen einer von unten nach oben aufgebauten Demokratie [. . .] existent zu sein“; s. insoweit auch Waechter, DV 29 [1996], 47 (54 f.); und Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 14 Rn. 3.

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

Nicht überzeugend ist es jdfs., dazu vorzutragen, subjektive Rechte „des Staates“ allgemein und „der Gemeinden“ im Besonderen seien abzulehnen, weil „der Staat“, zu dem auch die Gemeinden zählten, nicht zugleich Verpflichteter und Berechtigter sein könne433. Dieses Argument ist offenbar dem Streit um die Frage nach der (materiellen) Grundrechtsfähigkeit von juristischen Personen des öffentlichen Rechts entlehnt434. Es ist hier wie dort aber rechtslogisch nicht überzeugend, weil es keineswegs ausgeschlossen ist, dass ein Rechtsträger in unterschiedlichen Rechtsbeziehungen auch unterschiedlich gebunden bzw. berechtigt ist435. Fragwürdig erscheint auch das Argument, von einem subjektiven Recht könne nur gesprochen werden, wenn sein Inhaber die fragliche Rechtsposition „nach eigener Willkür ausüben“436 könne. Hier soll durchaus nicht bestritten werden, dass eine Gemeinde die ihr durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG eingeräumten rechtlichen Möglichkeiten in der Tat nicht „willkürlich“ handhaben kann – dem stünde, von anderen gesetzlichen Bindungen (arg. Art. 20 Abs. 3 Hs. 2 GG) ganz abgesehen, angesichts der Gemeinwohlbindung allen staatlichen Handelns437 schon das auch die Kommunalkörperschaften bindende rechtsstaatliche Willkürverbot entgegen438. Zweifelhaft scheint aber der Ausgangspunkt dieses 433

Vgl. erneut Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 14 Rn. 3. Dieses „Konfusionsargument“ wird im grundrechtlichen Zusammenhang etwa angeführt vom BVerfG, Beschl. v. 16.01.1963 – 1 BvR 316/60, BVerfGE 15, 256 (262); dems., Beschl. v. 02.05.1967 – 1 BvR 578/63, BVerfGE 21, 362 (369 f.); ebenso BGH, Urt. v. 31.10.1974 – III ZR 45/72, BGHZ 63, 196 (198); Leibholz/ Rinck, GG, Art. 19 Rn. 119; Krüger/Sachs, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 19 Rn. 90; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, § 34, Rn. 13; Ibler, in: Friauf/Höfling (Hrsg.), Berliner Kommentar, GG, Bd. 1, Art. 19 IV Rn. 10; Manssen, Staatsrecht II, Rn. 77; Seeger/Wunsch, Kommunalrecht BW, S. 43; bereits für die Rechtslage unter der WRV Forsthoff, Körperschaft, S. 107 f. 435 Vgl. die dementsprechende Kritik in der grundrechtlichen Diskussion bspw. bei Krebs in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, Art. 19 Rn. 41; Bleckmann, Staatsrecht II, § 9 Rn. 35; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 160; Stern, Staatsrecht, Bd. III/1, S. 1113; auch Bettermann, NJW 1969, 1321 (1323); v. Mutius, in: Dolzer u. a. (Hrsg.), BK-GG (Zweitb.), Art. 19 Abs. 3 Rn. 93; Mögele, NJW 1983, 805; Kröger, JuS 1981, 26 (27 f.). 436 Vgl. erneut Magen, JuS 2006, 404 (405); auch Bleckmann, DVBl. 1986, 666, lehnt die Annahme subjektiver Rechte des Staates in weitem Umfang ab, weil er die Gefahr zu erkennen meint, dass der Staat seine Eingriffsbefugnisse „nach freiem Belieben und nicht mehr wie die Kompetenzen nur zur Durchsetzung öffentlicher Interessen“ ausüben könnte, wenn man seine Befugnisse als subjektive Rechte auffasse. 437 Vgl. etwa G. Jellinek, System, S. 200, der davon ausging, dass der Staat als „höchste Pflicht“ das Willkür ausschließende Gebot zu befolgen habe: „Richte jeden Deiner Akte so ein, wie es dem Gemeininteresse am besten entspricht“; s. zur Gemeinwohlbindung des Staates ferner Bleckmann, JuS 1994, 177 (181); Blümel, in: v. Mutius (Hrsg.), v. Unruh-FG, 1983, S. 265 (285 ff., 288). 438 Da es überwiegend im Rechtsstaatsprinzip verankert wird, wird das Willkürverbot als umfassende Regel allen staatlichen Handelns angesehen, die selbst zugunsten der Gemeinden wirkt; vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 21.05.1968 – 2 BvL 2/61, 434

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strukturellen Arguments, wonach von einem subjektiven Recht nur die Rede sein könne, wenn sein Inhaber dieses schrankenlos ausnützen dürfe. Diese Sichtweise scheint von Regelungen des Zivilrechts geprägt zu sein, die einem Rechtsinhaber die Befugnis zugestehen, von diesem „nach Belieben“ Gebrauch zu machen, wie dies etwa § 903 S. 1 BGB für das Eigentumsrecht formuliert. Daraus aber zu schließen, dass ein subjektives Recht nur dann vorliege, wenn ein „Gebrauchmachen nach Belieben“ gewährleistet ist, ist schon zivilrechtlich nicht überzeugend. Denn auch § 903 S. 1 BGB gestattet diese Verfahrensweise nur, „wenn nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen“, und darüber hinaus steht jede Rechtsausübung im Zivilrecht bspw. unter dem Verbot schikanöser Handhabung (vgl. § 226 BGB). Davon abgesehen können zivilrechtliche Maßstäbe für die Beurteilung des subjektiven öffentlichen Rechts – ungeachtet dessen zivilistischer „Wurzeln“439 – nicht ohne weiteres übertragen werden440, weil sich dieses eben nicht mehr auf den Schutz von Interessen beschränkt, die dem privatrechtlichen Bereich zuzuordnen sind441. Wenn sich deshalb im öffentlich-rechtlichen Bereich bestimmte Bindungen für Ausübung einer Rechtsposition ergeben mögen, lässt dies keinen ablehnenden Schluss auf die rechtliche Qualifizierung dieser Position als subjektives öffentliches Recht zu442. Nicht zu überzeugen vermag weiter das Argument, wonach die Annahme subjektiver Rechte des Staates im Allgemeinen und der Gemeinden im Besonderen jdfs. daran scheitern müsse, dass diese nicht auf ihre Kompetenzen „verzichten“ könnten443. Weder der Ausgangspunkt der „notwendigen Unverzichtbarkeit“ noch die Behauptung, „der Staat“ könne nie auf seine Rechtspositionen BVerfGE 23, 359 (372 f.); dass., Beschl. v. 24.06.1969 – 2 BvR 446/64, BVerfG 26, 228 (244); dass., Beschl. v. 14.04.1987 – 1 BvR 775/84, BVerfGE 75, 192 (200 f.); dass., Beschl. v. 26.10.1994 – 2 BvR 445/91, DVBl. 1995, 290 (293); weiter Bleckmann, Staatsrecht II, § 9 Rn. 43; Krebs in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, Art. 19 Rn. 30. 439 So hatte etwa Bühler, Die subjektiven öffentlichen Rechte, S. 9 ff., die Betrachtung des „subjektiven Privatrechts“ als Ausgangspunkt für seine Ausführungen gewählt; s. dazu auch Schenke, Rechtsschutz, S. 233 f. 440 Vgl. Erichsen, Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 46, und Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 387. 441 Soweit freilich teils gerade aus dem Umstand, dass „der Staat“ keine Individual-, sondern Allgemeininteressen wahrnehme, gefolgert wird, er könne kein subjektives Recht innehaben, weil dieses seiner Definition nach nur für die erste Fallgruppe zugeschnitten sei (in diese Richtung etwa Krebs, in: Erichsen u. a. [Hrsg.], Menger-FS, S. 191 [209]), ist das nicht überzeugend, weil bei einer Norm, welche (ausschließlich) öffentliche Interessen schützt, zwar in der Tat die Annahme eines subjektiven Rechts des Bürgers nicht begründet werden könnte, damit aber noch nichts über die Rechtsposition des Staates gesagt ist; vgl. dazu näher Schenke, Rechtsschutz, S. 234; s. insoweit auch Bleckmann, DVBl. 1986, 666 (667), der aus diesem Grund dafür plädiert, dass im Rahmen der Schutznormtheorie „nicht mehr nur nach dem Schutz der Individualinteressen, sondern generell nach dem Interessenschutz gefragt“ werde; ähnlich Bauer, DVBl. 1986, 208 (213, 217). 442 Vgl. Schenke, Rechtsschutz, S. 234.

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verzichten, sind überzeugend. Letztere Behauptung ist angreifbar, weil dabei übersehen wird, dass es durchaus nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass „der Staat“ auf bestimmte Positionen, die sich als subjektives Recht einordnen lassen, verzichtet444. Gerade aus dem Bereich des öffentlichen Baurechts könnte man dazu auf die Möglichkeit der Gemeinden verweisen, ihre Planungshoheit nach Maßgabe des § 205 Abs. 1 BauGB ganz oder teilweise auf einen freiwilligen Planungsverband zu übertragen445, einen Vorgang also, der sich zumindest als zeitweiser Kompetenzverzicht (und wegen der Funktionsnachfolge nicht nur als Kompetenzausübungsverzicht) einordnen ließe. Letztlich entscheidend ist aber auch hier, dass schon der Ausgangspunkt dieses Arguments, wonach in der „Verzichtbarkeit“ einer Rechtsposition eine notwendige Bedingung für ihre Einordnung als subjektives Rechts liegen soll, nicht zutrifft. Denn zum einen scheint auch diese Einschätzung von einer Sichtweise des Zivilrechts geprägt zu sein, das in der Tat naturgemäß vom Schutz „privater“ und daher regelmäßig auch verzichtbarer Interessen geprägt ist, dem aber, wie gezeigt, nicht unbesehen Maßstäbe für das öffentliche Recht entnommen werden können. Zum anderen ist diese Einschätzung in ihrer Allgemeinheit selbst im Bürgerlichen Recht nicht gerechtfertigt, weil es auch dort Rechte gibt, die nicht „verzichtbar“ sind446. Im Bereich des Schuldrechts mit seinen relativen Rechten ist etwa „das“ subjektive Privatrecht, die schuldrechtlichen Forderung nämlich, zumindest nicht einseitig verzichtbar447. Bei den zahlreichen zwingenden Vorschriften des Schuldrechts, dem ius cogens also, die zum Schutz einer bestimmten Person ergangen sind, scheidet darüber hinaus gerade wegen des jeweiligen Schutzzwecks auch ein vertraglicher Verzicht aus, so 443 Vgl. Löwer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 39; Magen, JuS 2006, 404 (405). 444 Dazu näher W. Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 215, der neben anderen das Beispiel anführt, dass die Begnadigung als Verzicht auf den Strafanspruch des Staates begriffen werden kann; von der Möglichkeit des Verzichts auf staatliche Befugnisse ging auch G. Jellinek, System, S. 200, aus. Im Bezug auf die – hier nicht in Rede stehenden – subjektiven öffentlichen Rechte des Bürgers meinte dagegen Fleiner, Institutionen, S. 178 f., dass dieser auf jene grundsätzlich nicht verzichten könne, weil der Gesetzgeber diese immer auch im Gemeininteresse gewähre (subjektive öffentliche Rechte des Staates erkannte Fleiner dagegen, wie gezeigt, nicht an, vgl. dazu erneut dens. a. a. O. S. 164). 445 Vgl. Grauvogel, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 1, § 205 (Bearb. Nov. 1990), Rn. 16 („Verlagerung“ der Planungshoheit); Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. IV, § 205 (Bearb. Sept. 2001), Rn. 3 („Übergang“); W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 205 Rn. 1 („Übertragung“). 446 Dazu Schenke, Rechtsschutz, S. 234 f.; ders., Verwaltungsprozessrecht, Rn. 387. 447 Möglich ist nur die Aufhebung einer solchen Forderung im Wege eines Vertrages; das ist rechtspolitisch nicht unumstritten, de lege lata aber wegen § 397 BGB nach ganz h. M. nicht zu umgehen; vgl. nur Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 397 Rn. 1; Schulze, in: dems., BGB, § 397 Rn. 2; Stürner, in: Jauernig (Hrsg.), BGB, § 397 Rn. 1; Wagner, in: Erman, BGB, Bd. I, § 397 Rn. 1.

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bspw. nach richtiger Ansicht bei den Widerrufsrechten des Verbraucherschutzrechtes448. Blickt man in das Familien- oder Deliktsrecht, finden sich auch bei den absoluten Rechten zahlreiche Beispiele für eine Unverzichtbarkeit, so bei dem elterlichen Sorgerecht449 oder bei dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht, wenn man dieses – wie vom BGH ungeachtet seiner Herleitung aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG vertreten450 und etwa im österreichischen Recht (vgl. § 16 S. 1 ABGB451) ausdrücklich normiert – auch als subjektives Privatrecht versteht. Nach alldem kann es insgesamt nicht überzeugen, die Frage nach der Verzichtbarkeit einer Rechtsposition zur Tatbestandsvoraussetzung für die Annahme eines subjektiven Rechts zu erheben. Die Auseinandersetzung mit den insoweit heute noch vertretenen Argumenten452 spricht nach alledem dafür, die Herleitung subjektiver Rechte aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG zugunsten von (Nachbar-)Gemeinden nicht deshalb abzulehnen, weil es sich bei diesen öffentlich-rechtlichen Körperschaften um ein „Stück Staat“ handelt453. Somit kann an dem oben gefundenen Ergebnis festgehalten werden: Die in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gewährleistete Planungshoheit stellt ein absolutes Recht dar, das in den oben skizzierten Bahnen zur Grundage von Beseitigungsansprüchen der Nachbargemeinde gegen Adressaten des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG werden kann.

448 Vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 355 Rn. 2; Saenger, in: Erman, BGB, Bd. I, § 355 Rn. 1; Schulze, in: ders., BGB, § 355 Rn. 2; Stadtler, in: Jauernig (Hrsg.), BGB, § 355 Rn. 2. 449 S. das Beispiel bei Schenke, Rechtsschutz, S. 235; zur Unverzichtbarkeit des Sorgerechts vgl. nur Diederichsen, in: Palandt, BGB, § 1626 Rn. 3; Michalski, in: Erman, BGB, Bd. II, § 1626 Rn. 2. 450 Nach Ansicht des BGH ist „die durch das Grundgesetz Art. 1, 2 geschützte Unantastbarkeit der Menschenwürde und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch als bürgerlichrechtliches, von jedem im Privatrechtsverkehr zu achtendes Recht anzuerkennen“; vgl. dens., Urt. v. 14.02.1959 – I ZR 151/56, BGHZ 26, 349 (354) (Hervorhebung durch den Verf.); ferner dens., Urt. v. 25.05.1954 – I ZR 211/53, BGHZ 13, 334 (338); dens., 19.09.1961 – VI ZR 259/60, BGHZ 35, 363 (367); die Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen „zivilrechtlichem und verfassungsrechtlichem Allgemeinem Persönlichkeitsrecht“ betonen auch Sprau, in: Palandt, BGB, § 823 Rn. 84; H. P. Westermann, in: Erman, BGB, Bd. I, Anh. § 12 Rn. 1. 451 Die Vorschrift steht unter der Überschrift „Aus dem Charakter der Persönlichkeit. Angeborne Rechte“ und lautet: „Jeder Mensch hat angeborne, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte, und ist daher als eine Person zu betrachten“. 452 Zu weiteren, früher gegen die Annahme „subjektiver Rechte des Staates“ ins Feld geführten Begründungsansätzen s. näher Schenke, Rechtsschutz, S. 233 ff. 453 Im Ergebnis für die Möglichkeit subjektiver Rechte „des Staates“ denn auch Bachof, in: dems. u. a. (Hrsg.), Jellinek-GS, S. 287 (306 f.); Bauer, DVBl. 1986, 208 (213 ff.); Erichsen, Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 46; W. Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 203 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Einf. Rn. 78; Peine, Verwaltungsrecht, Rn. 247.

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3. Beseitigungsansprüche gegen normative Akte der Standortgemeinde? Zu erörtern bleibt allerdings, ob auf diese Weise ein Beseitigungsanspruch der Nachbargemeinde auch gerade für den Fall abgeleitet werden kann, dass die Standortgemeinde durch die unter Verletzung des § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB erfolgte Aufstellung eines Bauleitplans in das absolute Recht jener Kommune eingreift. Einwände gegen die Ableitung eines diesbezüglichen Abwehrrechts sind dann zu erwarten, wenn es sich bei dem angegriffenen Bauleitplan – wie dies zumindest bei einem Bebauungsplan stets der Fall ist (arg. § 10 Abs. 1 BauGB)454 – um eine untergesetzliche Rechtsnorm handelt. Berücksichtigt man nämlich, dass der Abwehranspruch der Nachbargemeinde auch in diesem Fall auf die Beseitigung des fraglichen Plans selbst zielen würde, weil eine Verletzung ihres Rechts aus § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB anders nicht beseitigt werden kann455, muss sich die Frage stellen, ob es überhaupt einen auf eine Rechtsnorm bezogenen Beseitigungsanspruch geben kann. Vom sog. Nichtigkeitsdogma456 ausgehend wird diese Frage teilweise verneint: Weil „eine rechtswidrige Rechtsnorm nichtig ist und deshalb nicht beseitigt werden kann“, fehle es einem normbezogenen Beseitigungsanspruch nämlich von vornherein „am materiellen Substrat“457. Dieser Einwand könnte frei454 Die Rechtsnatur des Flächennutzungsplans dagegen ist umstritten; s. dazu näher unter § 8. 455 Bei einer durch eine Rechtsnorm herbeigeführten Rechtsverletzung verlangt der Beseitigungsanspruch des Verletzten zwar grundsätzlich nicht die generelle Beseitigung der Rechtsnorm, sondern nur diejenige der aus der Norm resultierenden rechtswidrigen Beeinträchtigung. In bestimmten Ausnahmefällen lassen sich diese Beeinträchtigungen aber nur durch eine Beseitigung der Norm insgesamt abwehren. Davon ist (u. a.) dann auszugehen, wenn die individuelle Beeinträchtigung in einem unlösbaren sozialen Zusammenhang mit anderen sich aus der Norm ergebenden Impulsen steht, wie dies insbesondere im Planungsrecht der Fall ist (näher dazu Schenke, Rechtsschutz, S. 147 ff., 152 ff.; ders., in: Dolzer u. a. (Hrsg.), BK-GG (Zweitb.), Art. 19 Abs. 4 Rn. 302 f.; s. auch Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 8). Wurde das Recht der Nachbargemeinde aus § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB durch Aufstellung eines nicht abgestimmten Plans verletzt, kann auch diese Rechtsverletzung nur durch die Beseitigung eben dieses Plans beseitigt werden. 456 S. dazu, dass eine rechtswidrige Norm zumindest nach deutscher Rechtstradition grundsätzlich nichtig ist, nur Bickenbach, NVwZ 2006, 178 (179); Bier, UPR 2004, 335 (337); Erbguth, Jura 2006, 9 (14); Möstl, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 18 Rn. 35, m.w. N.; Renck, DÖV 1964, 651 (653). 457 So die Formulierung bei Maurer, in: Univ. Tübingen (Hrsg.), Kern-FS, S. 275 (296 f.); ebenso Renck, DÖV 1964, 651 (655); in diese Richtung auch Pietzner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 42 Abs. 1 Rn. 153 (Fn. 543: „Die [. . .] Anwendung der allgemeinen Leistungsklage für Zwecke der prinzipalen Normenkontrolle scheidet schon deshalb aus, weil rechtswidrige Normen nichtig sind und deshalb kein Tun, Dulden oder Unterlassen begehrt wird“); und wohl auch BVerwG, Urt. v. 28.06.2000 – 11 C 13/99, BVerwGE 111, 276 (279): „Dennoch ist der Kläger auf einen Feststellungsantrag beschränkt. Das ergibt sich [. . .] daraus,

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lich nur dann gegen den hier erwogenen Beseitigungsanspruch durchgreifen, wenn es zuträfe, dass so, wie „ein Toter [nicht mehr] getötet werden kann“, und „da, wo kein Baum steht, keiner gefällt werden kann“458, auch bei einer nichtigen Norm „nichts mehr beseitigt“ werden kann. Vielfach wird aber bestritten, dass eine solche „körperweltliche Auffassung von Rechten und Rechtswirkungen“459, wie sie schon von Kipp aus zivilrechtlichem Anlass kritisierte wurde460, im Recht angebracht sei und gar als Grundlage für Schlussfolgerungen dienen könne, die sich auf das Bestehen von Beseitigungsansprüche bezögen. Dabei werde nämlich ignoriert, dass auch eine nichtige Norm nicht einfach eine „Nicht-Norm“ sei, sondern durchaus noch faktische Wirkungen entfalten könne461. Dass der zuletzt genannten Auffassung zuzustimmen ist, zeigt sich schon daran, dass auch Verfechter der ersten Ansicht ihre eigene Prämisse nicht konsequent durchhalten können. So vertritt namentlich das BVerwG auf der einen Seite den Standpunkt, dass eine nichtige Norm „nicht existent“ sei und deshalb nicht (durch ein auf eine Leistungsklage hin ergehendes Urteil) aufgehoben dass ein auf Aufhebung einer nichtigen und mithin nicht aufhebbaren, sondern rechtlich nicht existenten Norm gerichteter Antrag ins Leere liefe“ (Hervorhebung durch den Verf.); zust. Sydow/Fiedler, DVBl. 2006, 1420 (1423); ebenso OVG Bremen, Urt. v. 28.03.2000 – 1 A 314/99, NVwZ-RR 2001, 378, in Bezug auf die Satzung einer Handwerksinnung, dort allerdings ausdrücklich nur als Argument gegen das Rechtschutzbedürfnis der Klägerin für eine entsprechende Leistungsklage). Für Bebauungspläne wohl auch Hoppe, in: Wolff-FS, S. 307 (323); für diese lehnt auch Fingerhut, Gemeindenachbarklage, S. 114, Beseitigungsansprüche ab, leitet allerdings aus Rechtsscheinsgesichtspunkten einen „Anspruch [. . .] auf eine Klarstellung dahingehend, daß sich aus der Anwendung des § 2 Abs. 4 BBauG auf die konkrete Planungssituation keine Berechtigung zum Beschluß der Bauleitplanung ergab und daß deshalb bei eigener Planung eine Berücksichtigungsverpflichtung der Nachbargemeinde im Sinne des § 2 Abs. 4 BBauG bezüglich der rechtswidrigen Bauleitplanung nicht besteht“. 458 So die plakativen Beispiele bei Kipp, in: Berliner Juristische Fakultät (Hrsg.), v. Martitz-FS, S. 211 (220, 224). 459 S. Kipp, in: Berliner Juristische Fakultät (Hrsg.), v. Martitz-FS, S. 211 (212). 460 Näher Kipp, in: Berliner Juristische Fakultät (Hrsg.), v. Martitz-FS, S. 211 ff., dort insbesondere zu der (von ihm bejahten) Frage, ob ein nichtiges Rechtsgeschäft noch angefochten werden könne; in Bezug genommen bei Schenke, Rechtsschutz, S. 79. 461 Näher Schenke, Rechtsschutz, S. 76 f., 79 f. („Eine nichtige Norm ist keine Nichtnorm [. . .]. [Unser Recht vermag] die faktischen Wirkungen, die von einer nichtigen Norm ausgehen, nicht einfach zu negieren, wenn es sich nicht einer seiner Ordnungsaufgabe verfehlenden Wirklichkeitsfremdheit zeihen lassen will.“); ders., in: Dolzer u. a. (Hrsg.), BK-GG (Zweitb.), Art. 19 Abs. 4 Rn. 302 („soziale Wirkungskraft, die selbst rechtswidrigen Normen [solange die Rechtswidrigkeit durch Gerichte nicht festgestellt ist] zukommt“); im Ergebnis ebenso Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 361 Fn. 302; Rupp, DÖV 1974, 193 (195): „Solche [. . .] Einwände verkennen, daß sich eine Rechtsordnung ohne menschliches Zutun niemals von selbst heilt und daß dies anzunehmen der Begriffsjurisprudenz vorbehalten war.“; Pielow, DV 1999, 445 (469), der die Aufhebung einer nichtigen Norm „selbst unter Hinnahme eines logischen Bruchs“ zulassen will; wohl auch Jäde, BayVBl. 2003, 449 (450).

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werden könne462. Gleichzeitig aber betont das Gericht, dass eine (Standort-) Gemeinde dazu verpflichtet sei, einen Bauleitplan, den sie für nichtig erachte, nach den für die Aufstellung dieses Plans geltenden Vorschriften in einem förmlichen Verfahren aufzuheben, weil auch ein nichtiger Plan einen „Rechtsschein“ erzeuge, den es zu „beseitigen“ [sic!] gelte463. Wenn es aber – wie es das Gericht der Sache nach überzeugend herausstellt – zutrifft, dass der Geltungsanspruch, den eine Norm nach ihrem Erlass erhebt, durch das Nichtigkeitsdogma zwar rechtlich negiert wird, in der Rechtswirklichkeit aber faktisch nicht allein deshalb aus der Welt geschaffen ist, ist nicht einzusehen, warum es in Bezug auf eine solche Norm nichts „zu beseitigen“ geben soll. Dann kann aber nicht überzeugend behauptet werden, dass es einem normbezogenen Beseitigungsanspruch am „materiellen Substrat“ fehle464. Dass auch der (Verfassungs-)Gesetzgeber diese Betrachtungsweise zum materiellen Recht angestellt hat, kommt sowohl im Verfassungs- als auch im Verwaltungsprozessrecht zum Ausdruck. Denn träfe es zu, dass eine nichtige Norm in keiner Weise „existent“ wäre, wäre es auch nicht denkbar, dass ein solches „rechtliches Nullum“ einen Bürger oder eine Gemeinde in seinen bzw. ihren Rechten zu verletzen imstande wäre. Von eben dieser Möglichkeit einer normativen Rechtsverletzung geht aber auch das (durch den Verfassungsgesetzgeber 462 Vgl. erneut BVerwG, Urt. v. 28.06.2000 – 11 C 13/99, BVerwGE 111, 276 (279), und dazu das Zitat in Fn. 457. 463 Vgl. BVerwG, Urt. v. 21.11.1986 – 4 C 22/83, BVerwGE 75, 142 (144 f.): „[Mit] dem Erlaß und der Verkündung eines Bebauungsplans tut der Satzungsgeber kund, daß die von ihm beschlossene Satzung Geltung beansprucht. Leidet die Satzung an einem Fehler, so ist dies im allgemeinen nicht für jedermann erkennbar, an den sich die Satzung richtet. Der durch den Normgeber gesetzte Rechtsschein [sic!] ist deshalb durch einen Gegenakt der Normgebung, d.h. bei einem fehlerhaften Bebauungsplan durch dessen förmliche Aufhebung zu beseitigen, wenn der Fehler nicht ,geheilt‘ oder ,heilbar‘ ist“ (Zitat S. 144). Ebenso Bier, UPR 2004, 335 (338); Maurer, Verwaltungsrecht, § 4 Rn. 47. 464 Wenn man insoweit „körperweltliche“ Umschreibungen insoweit überhaupt für erhellend halten will, wäre deshalb – um in dem eingangs aufgezeigten Bild zu bleiben – für eine nichtige Norm nicht der Vergleich zu einem gefällten Baum zu ziehen, sondern eher an einen abgestorbenen aber nicht umgestürzten Baum zu denken. – Deshalb ist es auch nicht überzeugend, gegen die Annahme von normbezogenen Beseitigungsansprüchen vorzutragen, auch im Zivilrecht sei „noch niemand auf den Gedanken gekommen, ein rechtswidriges und daher unwirksames Rechtsgeschäft mit einer Beseitigungsklage anzugreifen“ (so aber Renck, DÖV 1964, 651 [655]); denn ein unwirksames Rechtsgeschäft, das von vornherein nur den Anspruch erhebt, die Parteien dieses Geschäfts zu binden, die eben dieses Geschäft privatautom zustande gebracht haben, kann im Hinblick auf die Autorität und den Geltungsanspruch nicht mit einer Rechtsnorm verglichen werden, die von einer Stelle mit Hoheitsbefugnissen zustande gebracht wurde und sich an eine Vielzahl von Beteiligten richtet, die an ihrer Entstehung gerade nicht (oder nur im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung) beteiligt waren (im Ergebnis ebenso Schenke, Rechtsschutz, S. 80, der weiter darauf hinweist, dass ein Rechtsgeschäft – eben anders als eine nichtige Norm – nicht stets eine Rechtsverletzung impliziert).

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entsprechend ergänzte) Grundgesetz in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a, 4b GG aus465. Dieser Wertung entspricht es, wenn der einfache Gesetzgeber in S. 2 des § 43 Abs. 2 VwGO angeordnet hat, dass die in S. 1 festgeschriebene Subsidiarität der Feststellungs- gegenüber der Leistungsklage dann nicht gelten soll, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes begehrt wird. Dieser Konkurrenzregel hätte es nämlich nicht bedurft, wenn der Gesetzgeber davon ausgegangen wäre, dass es in Bezug auf nichtige Verwaltungsakte schon denkgesetzlich keine Beseitigungsansprüche geben könne, weil dann auch eine diesbezügliche Leistungsklage von vornherein nie in Betracht kommen und zu einer Feststellungsklage in Konkurrenz treten könnte466. Warum diese Wertung für untergesetzliche Rechtsnormen anders ausfallen sollte, ist nicht ersichtlich. Sie muss dort vielmehr in gleicher Weise getroffen werden, wenn man berücksichtigt, dass bauplanungsrechtliche Rechtsnormen von einem Ortsgesetzgeber aufgestellt werden, in einem regelmäßig noch aufwändigeren Verfahren als Verwaltungsakte zustande kommen, sogar ortsüblich bekannt gemacht werden und dadurch in noch größerem Ausmaß als ein Verwaltungsakt in der Lage sind, einen entsprechenden Rechtsschein zu erzeugen467. Dagegen kann auch nicht argumentiert werden, bei dieser Betrachtungsweise werde der durch eine nichtige Norm erzeugte Rechtsschein „in unzulässiger Weise aufgewertet und [würde] in gefährliche Nähe zur ,Rechtsbeständigkeit‘ geraten“468. Dass dieser Einwand schon deshalb nicht gegen die Anerkennung eines auf nichtige Normen bezogenen Beseitigungsanspruches spricht, weil die Nichtigkeit der Norm von dem Betroffenen immer inzidenter geltend gemacht werden kann, hat bereits Schenke dargelegt469. Es kommt hinzu, dass das Argument von der angeblich drohenden „Rechtsbeständigkeit“ nichtiger Normen das Anliegen der These vom Beseitigungsanspruch überspielt und geradezu in sein Gegenteil verkehrt. Denn diese bereitet gerade den materiellrechtlichen Boden dafür, einer nichtigen Norm jede „Beständigkeit“ zu nehmen, die ihr trotz des Nichtigkeitsdogmas in der Rechtswirklichkeit noch zukommen kann. Einen diesbezüglichen Beseitigungsanspruchs abzulehnen, birgt vielmehr erst die Gefahr, dass eine Norm in der sozialen Realität trotz ihrer Nichtigkeit noch Wirkungen zeitigt.

465 Vgl. Lapp, Rechtsschutz, S. 127; s. auch Schenke, Rechtsschutz, S. 79; ferner Rupp, DÖV 1974, 193 (195), der allerdings bezweifelte, ob dieses Argument für die Ableitung von Beseitigungsansprüchen allein hinreichend sei. 466 Vgl. Selb, Feststellungsklage, S. 176; zur Existenz von auf Verwaltungsakte bezogenen Beseitigungsansprüchen s. auch Schenke, Rechtsschutz, S. 79. 467 Im Ergebnis ebenso Schenke, NVwZ 2007, 134 (138); ders., VerwArch. 98 [2007], sub II.2.a.dd./S. 9 f.; ders., in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (564). 468 So aber Maurer, in: Univ. Tübingen (Hrsg.), Kern-FS, S. 275 (297). 469 S. Schenke, Rechtsschutz, 1979, S. 79 f.

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Der Ableitung des hier erörterten Beseitigungsanspruchs der Nachbargemeinde gegen Bauleitpläne der Standortgemeinde, die unter Verstoß gegen § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB zustande gekommen sind, steht es mithin nicht entgegen, dass der fragliche Plan im Einzelfall als untergesetzliche Rechtsnorm einzuordnen sein mag. 4. Fazit – Beseitigungsansprüche aus § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB i.V. m. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG Nach alledem kann zusammengefasst werden: Die in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gewährleistete Planungshoheit stellt ein absolutes Recht dar. Dann aber sind der Nachbargemeinde konsequenterweise auch Abwehransprüche zuzugestehen, wenn die Standortgemeinde durch die Aufstellung eines (normativen oder nicht-normativen) Bauleitplans in dieses Recht unter Verletzung des § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB eingreift: „Sie [scil.: die Nachbargemeinde] kann aus der Verletzung der durch [§ 2 Abs. 2 S. 1 BauGB] für den Bereich der Bauleitplanung näher umrissenen Rechtsposition aus Art. 28 Abs. 2 GG (Planungshoheit) Reaktionsrechte [. . .] ableiten“470, die jdfs. auf die „Beseitigung dieses [scil.: unter Verletzung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB herbeigeführten] Zustandes“471 gerichtet sind472. II. Verletzung von § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB Daraus kann allerdings nicht ohne weiteres gefolgert werden, dass damit Gleiches auch im Falle einer Verletzung des Rechts auf interkommunalen Funktionsschutz aus § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB gilt. Denn bis zur BauGB-Novelle 2004 gingen die Rechtsprechung und die ihr überwiegend folgende Literatur, wie gezeigt, davon aus, dass durch Ziele der Raumordnung zugewiesene zentralörtliche Funktionen gerade nicht von der Planungshoheit der Gemeinden umfasst 470 VGH München, Urt. v. 04.09.1984 – 1 B 82 A.439, BayVBl. 1985, 83 (84), dort zu Unterlassungsansprüchen; Hervorhebung durch den Verf. 471 VGH München, Urt. v. 04.09.1984 – 1 B 82 A.439, BayVBl. 1985, 83 (85). 472 Im Ergebnis ebenso Schenke, NVwZ 2007, 134 (138), der weiter darauf hinweist, dass es andernfalls auch nicht zu erklären wäre, warum die, soweit ersichtlich, einhellige Meinung einer Gemeinde ein Vorgehen im Wege der Anfechtungsklage bspw. gegen einen gesetzeswidrige Verwaltungsakt der Rechtsaufsicht im Bereich des eigenen Wirkungskreises zugesteht; s. ferner dens., VerwArch. 98 [2007], sub II.2.a.dd.; Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 80 f.; davon ging wohl auch das BVerwG schon im Krabbenkamp-Urteil aus, wenn es formulierte: „[D]as in § 2 Abs. 4 BBauG [scil.: jetzt § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB] enthaltene Abstimmungsgebot begründet im Verhältnis zwischen den jeweils beteiligten Gemeinden Pflichten und Ansprüche. Sollte die Beklagte dem Abstimmungsgebot nicht hinreichend nachgekommen sein, würden den Klägerinnen entsprechende Ansprüche zustehen [. . .].“ (BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 [326]; Hervorhebung durch den Verf.).

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seien, weil es sich bei der Raumordnung und Landesplanung „schon begrifflich und von der gesamten Zweckbestimmung her um eine überörtliche Planung handelt, die nicht zu den Aufgaben der gemeindlichen Selbstverwaltung gehört“473. Zumindest bis 2004 stand daher hinter solchen „Funktionen“ nach h. M. kein absolutes Recht der Nachbargemeinden, das Grundlage etwaiger Beseitigungsansprüche hätte sein können. Ob sich an dieser verfassungsrechtlichen Situation etwa durch das EAG Bau geändert hat, ist fraglich. Zwar wird in der Literatur im Hinblick auf die Gesetzesmaterialien vielfach formuliert, der Gesetzgeber habe mit der Einführung des § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB die Planungshoheit der Gemeinden „angereichert“, sodass diese Funktionen zum „Bestandteil“ jener Hoheit geworden, dieser gleichsam „zugerechnet“ worden seien474. Man könnte allerdings durchaus bezweifeln, ob die 2004 eingefügte Neuregelung tatsächlich über die Begründung eines einfachgesetzlichen Rechts hinaus auch den Schutzbereich des verfassungsrechtlich verankerten Rechts aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG verändert hat. Geht man davon aus, dass das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden der Ausgestaltung durch das einfache Gesetzesrecht zugänglich und bedürftig ist475, steht es dem Gesetzgeber zwar selbstverständlich frei, im Zuge einer solchen Ausgestaltung auch auf den Umfang der Rechte der Nachbargemeinden Einfluss zu nehmen. Man könnte aber doch einwenden, dass dies nur im Rahmen des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG geschehen könne und dieser eben nur Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft nennt, zu denen überörtliche Planungen nun einmal nicht zu rechnen seien. In diese Richtung zielen möglicherweise diejenigen Stellungnahmen, welche die durch § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB bewirkte „Zuordnung“ raumordnerischer Belange weniger i. S. einer echten Anreicherung der Planungshoheit, sondern vielmehr als dahingehende Fiktion zu verstehen scheinen476. Wenn man dem Gesetzgeber auf diesem Wege die Möglichkeit ab473 S. erneut OVG Koblenz, Urt. v. 19.10.1988 – 10 C 27/87, NVwZ 1989, 983 (984); und näher dazu § 1 B. 474 Vgl. bereits BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 215 („Anreicherung“), Rn. 221 („Bestandteil der Planungshoheit“); Begründung des Regierungsentwurfs, BTDrs. 15/2250, S. 41 („Zurechnung“); Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 636 („Zurechnung“); Stüer, ZfBR 2006, 747 („Zurechnung“); dens., Handbuch, Rn. 209 („Bestandteil“); Schmitz/Federwisch, Einzelhandel, Rn. 367, „Anreicherung“ zumindest dann, wenn die Gemeinde die ihr zugewiesene Funktion bauplanerisch umsetze; nach Schmidt-Eichstaedt, ZfBR 2005, 751 (752), ist die betreffende Funktion „in den Status einer wehrfähigen Position der kommunalen Selbstverwaltung überführt worden“. 475 S. § 2 A. I. 2. a) u. dazu für die Frage nach dem Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen noch näher unter § 13 A. II. 476 Vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 121 („Die raumordnerisch zugewiesene Funktion gilt nach Satz 2 als B e s t a n d t e i l d e r P l a n u n g s h o h e i t d e r G e m e i n d e “; Hervorhebung durch Kursivdruck durch den Verf., diejenige durch Sperrung im Original); OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11. 2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (174): „Aufladung“.

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

sprechen wollte, die Planungshoheit der Gemeinden „wirklich“ um raumordnerische Belange zu erweitern, würde es im Hinblick auf § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB nach wie vor an einem dahinter stehenden absoluten Recht fehlen, das als Grundlage von etwaigen Beseitigungsansprüchen dienen könnte. Im Ergebnis rechtfertigen diese Erwägungen es aber nicht, den Nachbargemeinden im Falle einer Verletzung des § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB Beseitigungsansprüche abzusprechen. Selbst wenn man in diesem Sonderfall den Begründungsweg über absolute Rechte zur Ableitung von Abwehrrechten der Nachbargemeinden für nicht gangbar halten wollte, müsste man solche Rechte nämlich aus dem einfachen Gesetzesrecht ableiten. Denn dem Gesetzgeber ging es bei der Einführung des § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB nicht nur darum, eine auf die raumordnerische Funktionen bezogene Abstimmungspflicht der Standortgemeinde und einen dementsprechenden unmittelbaren Abstimmungsanspruch der Nachbargemeinde zu konstituieren. Diese Funktionen sollten vielmehr gerade auch „verteidigungsfähig“ werden477. Eine solche Wortwahl spricht aber dafür, dass der Gesetzgeber die Nachbargemeinden mit der Neuregelung auch in der Lage versetzen wollte, sich gegen einen insoweit abstimmungswidrig zustande gekommenen Bauleitplan zur Wehr setzen zu können. Das aber ist nur möglich, wenn der Nachbargemeinde auch ein entsprechender Abwehranspruch zugesprochen wurde. III. Verletzung von § 4 BauGB Im Hinblick auf das Recht der Nachbargemeinden auf formelle (verfahrensmäßige) Abstimmung stellt sich dieses Problem jdfs. nicht, weil das BVerfG anerkannt hat, dass der materiellrechtliche Gehalt des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG in verfahrensrechtlicher Hinsicht durch einen unmittelbar aus dieser Vorschrift hergeleiteten „verfassungskräftigen Anspruch auf Anhörung und Berücksichtigung ihrer Interessen“ ergänzt wird, der den Gemeinden (zumindest) bei „konkreten“ Eingriffen in ihre Planungshoheit zusteht478. Da auch die Lehre (wohl einhellig) der Ansicht ist, dass Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG den Gemeinden im Weg einer „Erstreckungsgarantie“ auch Ansprüche auf eine verfahrensmäßige Beteiligung gegen sie in ihrer „Rechtsstellung“ tangierende Maßnahmen fremder Hoheitsträger gewährleistet479, kann angenommen werden, dass auch hinter dem 477 So ausdrücklich Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 41 (Hervorhebung durch den Verf.); ähnlich bereits BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 221, wo es heißt, die der Gemeinde durch die Raumordnung zugewiesene Funktion solle „klagebewehrt“ werden. 478 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.01.1999 – 2 BvR 929/97, NVwZ 1999, 520 (521), unter Berufung namentlich auf dass., Beschl. v. 07.10.1980 – 2 BvR 584, 598, 599, 604/76, BVerfGE 56, 298 (320 ff.), und dass., Beschl. v. 17.07.1996 – 2 BvF 2/93, BVerfGE 95, 1 (26 f.); zum Unterschied von „konkreten“ Eingriffen und „allgemeinen“ Maßnahmen der Ausgestaltung s. ferner oben unter § 2 A. I. 2. a).

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Recht der Nachbargemeinden aus § 4 BauGB ein absolutes Recht steht, das im Verletzungsfall die Ableitung von Beseitigungsansprüchen erlaubt. Zumindest der Klarstellung bedarf allerdings die Frage, was daraus konkret für die Rechtsschutzmöglichkeiten der Nachbargemeinde im interkommunalen Konflikt folgt. Denn die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung480 und die ihr folgende h. L.481 gehen mit Billigung des BVerfG482 davon aus, dass es zur Geltendmachung der Möglichkeit einer Rechtsverletzung im Verwaltungsprozess grundsätzlich nicht ausreicht, einen Verfahrensfehler darzulegen, sondern dass diese nur bei einer zugleich drohenden Verletzung einer materiellen Rechtsposition vorliege. Das gibt Anlass zu der Frage, ob die Verletzung des § 4 BauGB alleine zur Begründung eines Aufhebungsanspruchs der Nachbargemeinde führen könnte. Dabei darf aber nicht verkannt werden, dass sowohl die Rechtsprechung483 als auch die h. L.484 anerkennen, dass eine Verfahrensvorschrift dem von ihr Begünstigten ausnahmsweise auch eine vom materiellen Recht unabhängige, selbstständig durchsetzbare Verfahrensposition einräumen kann. Als ein solcherart „absolutes“ Verfahrensrecht wird etwa das Recht der Gemeinden auf Beteiligung an luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren485 und Planfest479 Vgl. nur Dreier, in: dems. (Hrsg.), GG, Bd. II, Art. 28 Rn. 104 f.; Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 170; dens., Kommunalrecht BW, Rn. 27; Jarass/Pieroth, GG, Art. 28 Rn. 19; Scherzberg, Jura 2006, 839 (846 f. mit Fn. 104). 480 BVerwG, Urt. v. 22.12.1980 – 7 C 84/78, BVerwGE 61, 256 (275); dass., Urt. v. 17.12.1986 – 7 C 29/85, BVerwGE 75, 285 (291); dass., Urt. v. 07.06.1991 – 7 C 43/ 90, BVerwGE 88, 286 (288); s. auch BVerfG, Beschl. v. 22.03.2000 – 1 BvR 1370/93, NVwZ-RR 2000, 487 f. 481 Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 95; Scherzberg, Jura 2006, 839 (846); Schlichter, NVwZ 1983, 641 (648); Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 42 Abs. 2 Rn. 72, 74 ff.; Wolff, in: dems./Decker, VwGO/ VwVfG, § 42 VwGO Rn. 106; krit. dagegen Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 14, Rn. 119. 482 S. BVerfG, Beschl. v. 22.03.2000 – 1 BvR 1370/93, NVwZ-RR 2000, 487 (488), dort ausdrücklich zur Frage nach etwaigen „Aufhebungsansprüchen“. 483 Vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.1988 – 4 C 40/86, BVerwGE 81, 95 (106); dass., Urt. v. 17.04.2002 – 9 A 24/01, BVerwGE 116, 175 (185 f.); Schulte, BauR 2006, 893, betont freilich, dass die Judikate zu sog. absoluten Verfahrensrechten „äußerst selten“ geblieben seien. 484 S. Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 92, 95; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 502; Scherzberg, Jura 2006, 839 (846 f.); Schlichter, NVwZ 1983, 641 (648); Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 42 Abs. 2 Rn. 73; Wolff, in: dems./Decker, VwGO/VwVfG, § 42 VwGO Rn. 107; krit. zu dieser Differenzierung Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 14, Rn. 119. 485 S. BVerwG, Urt. v. 14.02.1969 – IV C 82/66, DÖV 1969, 428 f.; dass., Urt. v. 07.07.1978 – 4 C 79/76, BVerwGE 56, 110 (137); dass., Urt. v. 22.06.1979 – 4 C 40/ 75, NJW 1980, 718 (719); dass., Urt. v. 20.11.1987 – 4 C 39/84, NVwZ 1988, 731 f.; dass., Urt. v. 16.12.1988 – 4 C 40/86, BVerwGE 81, 95 (106); Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 95; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 502; Scherzberg, Jura 2006, 839 (847); Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 42 Abs. 2 Rn. 73.

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

stellungsverfahren anderer Planungsträger486 sowie ihr in § 36 BauGB487 verankerter Anspruch auf Mitwirkung im Baugenehmigungsverfahren angesehen. Berücksichtigt man, dass das BVerwG diese „absoluten“ Beteiligungsrechte der Gemeinde etwa im Luftverkehrsrecht unmittelbar aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG abgeleitet hat488, spricht das dafür, dem interkommunalen Beteiligungsrecht aus § 4 BauGB dieselbe Rechtsnatur zuzusprechen, da auch die „formelle (verfahrensmäßige) [. . .] Seite“ der Abstimmung von Bauleitplänen – wie eben gezeigt und auch vom BVerwG von Anfang an angenommen489 – in der verfassungsrechtlich gewährleisteten Planungshoheit der Gemeinden wurzelt490. Letztlich wird sich diese Frage in der Praxis ohnehin kaum einmal stellen. Denn sollte es die Standortgemeinde tatsächlich einmal unterlassen, die Nachbargemeinde bei der Aufstellung eines Bauleitplans (ordnungsgemäß) zu beteiligen, wird es ihr kaum gelingen können, deren Belange fehlerfrei in die Abwägung einzustellen und fehlerfrei zu berücksichtigen, sodass ein solcher verfahrensrechtlicher Fehler i. a. R. zugleich eine Verletzung des unstreitig materiellen subjektiven Rechts der Nachbargemeinde aus § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB mit sich bringen wird491.

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Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 42 Rn. 104a. S. BVerwG, Urt. v. 07.02.1986 – 4 C 43/83, NVwZ 1986, 556 f.; VGH Mannheim, Beschl. v. 10.12.2001 – 5 S 2274/01, NVwZ-RR 2002, 818 (819 f.); Redeker/ v. Oertzen, VwGO, § 42 Rn. 104a; Scherzberg, Jura 2006, 839 (846); Sodan, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 42 Rn. 429. 488 Vgl. BVerwG, Urt. v. 14.02.1969 – IV C 82/66, DÖV 1969, 428 f.; dass., Urt. v. 22.06.1979 – 4 C 40/75, NJW 1980, 718 (719): „Planungshoheit“; dass., Urt. v. 20.11. 1987 – 4 C 39/84, NVwZ 1988, 731 f. 489 Vgl. BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (328 ff.); Grauvogel, in: Brügelmann, BauGB, 1987, § 2 Rn. 37. 490 Wie hier wohl Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 4 Rn. 56 i.V. m. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a. a. O., § 2 Rn. 108 u. 107; Battis, in: dems./Krautzberger/Löhr, BauGB, § 4 Rn. 9 i.V. m. § 2 Rn. 24. Offen gelassen bei OVG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 08.05.1998 – 3 B 84/97, LKV 1998, 359 (360). – Insoweit a. A. OVG Brandenburg, Beschl. v. 28.01.2000 – 3 B 67/99, LKV 2001, 466 (469), unter Hinweis auf die Einschränkung der objektivrechtlichen Bedeutung dieser Vorschrift durch § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB; dieser Einwand überzeugt nicht, weil aus dem Umstand, dass eine Bestimmung unter die Planerhaltungsvorschriften der §§ 214 f. BauGB fällt, nicht auf ihren subjektivrechtlichen Gehalt geschlossen werden kann, wie nicht zuletzt ein Vergleich von § 214 Abs. 3 BauGB und § 1 Abs. 7 BauGB zeigt. 491 Entsprechende Einschätzungen bei Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 114 („Unterlassung der Beteiligung und Verletzung des Abwägungsgebots gehen häufig ,Hand in Hand‘“); sowie Uechtritz, in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Änderungen des BauGB, S. 27 (32); vgl. auch Battis, in: dems./Krautzberger/ Löhr, BauGB, § 214 Rn. 5; Dolde, BauR 1990, 1 (3); und die dementsprechenden Erwägungen des OVG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 08.05.1998 – 3 B 84/97, LKV 1998, 359 (360). 487

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B. Unterlassungsansprüche bei Primärrechtsverletzungen Dass die Verletzung der einfachgesetzlich begründeten und o. g. Rechte der Nachbargemeinden nicht nur zu Beseitigungs-, sondern auch zu Unterlassungsansprüchen führen kann, begegnet zwar nach dem zuvor Gesagten keinen prinzipiellen Bedenken (I.), ist aber im Hinblick auf die möglichen Angriffsgegenstände der bauplanungsrechtlichen Gemeindenachbarklage – Bauleitpläne also – auf den Prüfstand zu stellen (II.–III.). I. Die Planungshoheit als Grundlage von Unterlassungsansprüchen Im Zivilrecht entspricht es ganz h. M., dass einem absoluten Recht nicht nur im Falle seiner Verletzung ein Hilfsrecht im Form eines Beseitigungsanspruchs492, sondern schon bei seiner konkreten Bedrohung ein Anspruch auf Unterlassung künftiger (wiederholter aber auch erstmaliger) nicht zu duldender (rechtswidriger) Beeinträchtigungen entspringt493. Dieses Verständnis der absoluten Rechte wird zumindest heute auch im öffentlichen Recht weitestgehend geteilt und dient überwiegend als Herleitung für den im Ergebnis wohl einhellig anerkannten Unterlassungsanspruch des Grundrechtsträgers gegenüber einem konkret drohenden rechtswidrigen Verwaltungshandeln, das in seinen grundrechtlich geschützten Bereich eingreifen würde494. Dass für die (Nachbar-)Gemeinde ungeachtet ihrer Einordnung als öffentlich-rechtliche Körperschaft im Hinblick auf ihr absolutes Recht aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG495 nichts anderes gelten kann, ergibt sich aus dem oben zum Beseitigungsanspruch Gesagten ent492

S. § 2 A. I. 1. Die §§ 12, 862, 1004 BGB werden insoweit nur als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens aufgefasst, der sich schon aus der Rechtsnatur der absoluten Rechte ergibt, was sich nicht zuletzt daran zeigt, dass § 1004 BGB auf andere absolute Rechte analog angewandt wird; vgl. Köckerbauer/Büllesbach, JuS 1991, 373 (374). 494 Vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 01.04.1982 – 3 S 108/82, VBlBW 1983, 25 („Der vom Kläger geltend gemachte öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch ist ein Reaktionsanspruch. Er ist die Reaktion auf die konkret drohende Verletzung eines grundrechtlich geschützten Freiheitsbereiches [. . .] und entsteht, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt in deren Ausübung jemanden in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten [. . .] beeinträchtigt. Zu diesen subjektiv-öffentlichen Rechten gehören alle ausschließlichen (absoluten) Rechte, [. . .].“); dens., Beschl. v. 02.07.1985 – 14 S 942/85, NJW 1986, 340 f.; OVG Münster, Beschl. v. 13.11.1984 – 4 B 1863/84, NVwZ 1985, 123; OVG Koblenz, Urt. v. 26.09.1985 – 1 A 89/84, NJW 1986, 953 f.; Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 22 ff.; Lapp, Rechtsschutz, S. 145 ff.; Lorenz, Verwaltungsprozeßrecht, § 23 Rn. 24; Schenke, AöR 95 [1970], 223 (230 f.); im Ergebnis auch Laubinger, VerwArch. 80 [1989], 261 (287 ff.); Köckerbauer/Büllesbach, JuS 1991, 373 (374): „allgemein anerkanntes, eigenständiges Institut des öffentlichen Rechts“. 495 Näher dazu unter § 2 A. I. 2. b). 493

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sprechend496. Die Nachbargemeinde kann deshalb im Falle einer bevorstehenden Verletzung ihrer Rechte jdfs. grundsätzlich „aus Art. 28 Abs. 2 GG (Planungshoheit) Reaktionsrechte, d.h. mittels Klage durchsetzbare Unterlassungsansprüche ableiten“497. II. Unterlassungsansprüche gegen normative Akte der Standortgemeinde? Fraglich ist aber, ob der Nachbargemeinde Unterlassungsansprüche gerade auch im Hinblick auf Bauleitpläne zustehen können. Weitgehend unumstritten ist der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch nämlich zwar für den Fall, dass die drohende Rechtsverletzung durch schlicht-hoheitliches Handeln bewirkt zu werden droht498, nicht aber, wenn dies durch eine Rechtsnorm geschehen kann. Zumindest der Bebauungsplan aber wurde vom Gesetzgeber, wie schon erwähnt499, in § 10 Abs. 1 BauGB als Satzung und damit als untergesetzliche Rechtsnorm eingeordnet500. Mit Bedenken, die im Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG) wurzeln, wendet sich ein T. d.L. dagegen, Unterlassungsansprüche gegen Rechtsnormen anzuerkennen. Die Bejahung eines Unterlassungsanspruchs gegen den drohenden Erlass einer rechtswidrigen Norm führe nämlich zu einer problematischen Gewaltenverschiebung zwischen Legislative und Judikative, weil die Gerichte infolgedessen in die Lage versetzt würden, in den Entscheidungsfindungsprozess des Gesetzgebers einzugreifen und diesen gar abzubrechen, bevor das Parlament sich eine abschließende Meinung gebildet habe. Entsprechende Bedenken ergäben sich im Verhältnis von Rechtsprechung und Verwaltung, soweit untergesetzliche Normen in Rede stünden501. Ein Rechtsan496

S. § 2 A. 2. VGH München, Urt. v. 04.09.1984 – 1 B 82 A.439, BayVBl. 1985, 83 (85). Ebenfalls für die grundsätzliche Ableitbarkeit von Unterlassungsansprüchen aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 81; und Schenke, NVwZ 2007, 134 (137), der dies freilich in Bezug auf normativ wirkende Bauleitplanvorgaben ablehnt (s. dazu dens., a. a. O., S. 143 f.; dens., in: Volkmann [Hrsg.], Frotscher-FS [noch n. v.], S. 549 [551 f.]; dens., VerwArch. 98 [2007], sub II.1.c.bb.). 498 Wie etwa Emissionen von öffentlichen Einrichtungen oder Äußerungen von Amtsträgern; vgl. dazu die umfassende Rechtsprechungsanalyse von Laubinger, VerwArch. 80 [1989], 261 (268 ff.); ferner Köckerbauer/Büllesbach, JuS 1991, 373 f.; Schmitt Glaeser/Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 378 ff. 499 S. zu der – zu bejahenden – Frage nach der Möglichkeiten von Beseitigungsansprüchen gegen Rechtsnormen in diesem Abschnitt (§ 2) oben unter A. I. 3. 500 Die Rechtsnatur des Flächennutzungsplans dagegen ist umstritten; s. dazu näher unter § 8. 501 Vgl. zu förmlichen Gesetzen Schenke, Rechtsschutz, S. 128 f., 136 f.; dens., Verwaltungsprozessrecht, Rn. 1087; dens., in: Dolzer u. a. (Hrsg.), BK-GG (Zweitb.), Art. 19 Abs. 4 Rn. 402; Lapp, Rechtsschutz, S. 146 f., 156 f.; zu untergesetzlichen 497

§ 2 Die Abwehrrechte der Nachbargemeinde

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spruch auf das Unterlassen einer rechtswidrigen Norm sei deshalb grundsätzlich abzulehnen502. Hiergegen könne auch nicht argumentiert werden, mit der Ablehnung von Unterlassungsansprüchen gegen künftige Gesetze werde das Wesen der absoluten Rechte verkannt. Absolute Rechte schützten zwar durchaus auch gegen die Gesetzgebung503. Daraus könne aber nicht zwingend gefolgert werden, dass dem jeweiligen Träger ein Unterlassungsanspruch gerade auch gegen künftige rechtswidrige Normen zustehe. Denn es sei verfehlt, das absolute Recht mit seinen Hilfsansprüchen gleichzusetzen; das Beherrschungsrecht und die aus ihm bei Gefährdung oder Verletzung entspringenden Schutzansprüche seien vielmehr scharf voneinander zu trennen504. Und die Annahme, dass bei der drohenden Verletzung eines absoluten Rechts diesem nicht in jedem Falle ein Unterlassungsanspruch entspringe, sei auch durchaus nicht unvereinbar mit dem Charakter eines absoluten Rechts. Das zeige sich nämlich schon daran, dass sowohl im Zivil- wie auch im Öffentlichen Recht die Rechtsfigur der absoluten Rechte lange anerkannt gewesen sei, bevor die Existenz von materiellrechtlichen Unterlassungsansprüchen diskutiert worden sei505. Insbesondere die Rechtsprechung geht dagegen seit dem Krabbenkamp-Urteil davon aus, dass einer Nachbargemeinde zumindest im Hinblick auf Bebauungspläne der Standorgemeinde auch Unterlassungansprüche zustehen können, die sich gegen die drohenden Inkraftsetzung eines solchen Plans richten. Ohne Rechtsnormen Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 1089; dens., VerwArch. 82 [1991], 308 (349 f.); Birk, JuS 1979, 412 (413); Schmitt Glaeser/Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 376 (Fn. 11); Hüttenbrink, in: Kuhla/Hüttenbrink/Endler, Der Verwaltungsprozess, Kap. D, Rn. 220; skeptisch auch Wolff, in: dems./Decker, VwGO/ VwVfG, § 47 VwGO Rn. 16, nach dem vor Erlass einer unter § 47 Abs. 1 VwGO fallenden Rechtsvorschrift „in besonders gelagerten Fällen höchstens“ eine vorbeugende Unterlassungs- (oder Feststellungsklage) „in Frage“ kommen könne, der allerdings nicht ausführt, worin seine Bedenken begründet liegen; ähnlich Pietzner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 42 Abs. 1 Rn. 169, der im Hinblick auf die Gestaltungsfreiheit der Verwaltung eine vorbeugende Unterlassungsklage „in aller Regel“ ausschließen will, bei dem allerdings offen bleibt, ob er bereits den Unterlassungsanspruch verneint oder seine restriktive Haltung im Prozessrecht verankert. 502 Schenke, Rechtsschutz, S. 127 ff.; in Bezug auf Bebauungspläne ders., VerwArch. 98 [2007], sub II.1.c.bb.: „höchst zweifelhaft“; ders., in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (551 f.): „schwerwiegende Bedenken“; in Bezug auf als normativ wirkend eingeordnete Flächennutzungsplandarstellungen ders., NVwZ 2007, 134 (143 f.); s. ferner Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 16; Lapp, Rechtsschutz, S. 146 f., 315 f.; Birk, JuS 1979, 412 (413); ders., BayVBl. 1976, 744 (749); skeptisch wohl auch Maurer, in: Univ. Tübingen (Hrsg.), Kern-FS, S. 275 (296). 503 Vgl. Schenke, Rechtsschutz, S. 61 ff. 504 Vgl. Schenke, Rechtsschutz, S. 67 ff., 127 f.; Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 16. 505 Vgl. Schenke, Rechtsschutz, S. 127 f.; s. auch Lapp, Rechtsschutz, S. 122 f.; 146 f.

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

seine diesbezügliche Auffassung näher zu erläutern, hatte das BVerwG in diesem Urteil nämlich ausgeführt, dass der Nachbargemeinde bei einer Verletzung des Abstimmungsgebots „entsprechende Ansprüche“ zustünden, die u. a. durch eine Unterlassungklage verfolgt werden könnten506. Die Verwaltungsgerichte und ein großer T. d. L. haben diese Ansicht nicht infrage gestellt507 und sie im Hinblick auf die aus Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG abgeleiteten Bedenken teils mit dem Argument unterfüttert, dass es in interkommunalen Steitfällen nicht um (etwaiges) drohendes normatives Unrecht des parlamentarischen Gesetzgebers gehe, sondern um untergesetzliche Rechtsvorschriften der Exekutive. Zumindest bei drohenden Rechtsnormen der Verwaltung bestünden aber insoweit keine „durchschlagenden“ Bedenken, weil es dort „nicht um einen Eingriff in die Rechte der Legislative oder das ,freie Mandat‘“508 gehen könne. Es ist indes fragwürdig, ob diese Rechtsprechung konsequent ist und überzeugen kann, denn das BVerwG vertritt in anderen Konstellationen – aus, wie sogleich zu zeigen sein wird, guten Gründen – eine restriktivere Haltung. Das zeigt sich – entgegen der soeben skizzierten Auffassung eines T. d.L. – gerade bei einer Betrachtung des Bereichs von untergesetzlichen Normen der Exekutive. Wenn nämlich der Gesetzgeber eine Person zur Rechtssetzung befugt, räumt er dieser damit i. a. R. zugleich bewusst – etwa zum Zwecke einer optimalen Allokation und Strukturierung der öffentlichen Aufgabenwahrnehmung – eine Gestaltungsfreiheit bestimmten Ausmaßes ein509. Wenn man nun bereit ist, Dritten Unterlassungsansprüche gegen Akte einer solchen Rechtssetzung zuzugestehen, können diese in der Tat die Grundlage dafür bilden, dass die Gerichte „in noch offene Entscheidungsprozesse der anderen Gewalten hineinregieren“510. Das wiederum läuft notwendigerweise auf die Annahme hinaus, der Gesetzgeber habe die erste seiner Entscheidungen – die bewusste Einräumung einer Gestaltungsfreiheit also – sogleich wieder selbst relativiert. Nun ist es 506

S. BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (326 f.). Vgl. hier nur VGH München, Urt. v. 04.09.1984 – 1 B 82 A.439, BayVBl. 1985, 83 f.; Dürr, Baurecht BW, Rn. 287; Brohm, Baurecht, § 6 Rn. 16; Krebs, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsrecht, 4. Kap., Rn. 229; Oldiges, in: Steiner (Hrsg.), Verwaltungsrecht, Kap. IV, Rn. 108; noch näher dazu m.w. N. unter § 5 B. I. 508 Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 16, Rn. 14; ähnlich Karpen, NJW 1986, 881 (884), unter Hinweis darauf, dass ein Bebauungsplan „im Grenzbereich zwischen Norm und Verwaltungsakt“ angesiedelt und die Bebauungsplanung „funktional [. . .] eher Verwaltung“ sei; diese Lage „im Grenzbereich“ wird auch von Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 1090, u. dems., in: Dolzer u. a. (Hrsg.), BK-GG (Zweitb.), Art. 19 Abs. 4 Rn. 403, eingeräumt; Bedenken bei der Anerkennung von Unterlassungsansprüchen bestehen auch nach Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 26 f., „nur im Verhältnis zur Legislative“. 509 S. allg. dazu Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. III, Art. 19 Abs. 4 Rn. 217; skeptisch insoweit auch Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 1, Art. 19 Abs. 4 Rn. 460. 510 So die Formulierung bei Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. III, Art. 19 Abs. 4 Rn. 278. 507

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durchaus nicht von vornherein und für jeden Fall ausgeschlossen, dass sich der Gesetzgeber wegen der Eigenarten der zu regelnden Materie gezielt für eine solche Einschränkung entschließt und Unterlassungansprüche gegen untergesetzliche Normen durch einfachgesetzliche Bestimmungen einräumt511. Zu weit ginge es aber, nun gleichsam pauschal und ohne besonderen Grund zu unterstellen, der Gesetzgeber wolle solche Unterlassungsansprüche immer und ohne weiteres bereit halten, wenn er eine Ermächtigung zum Erlass untergesetzlicher Normen geschaffen habe. Denn es kann schwerlich überzeugen anzunehmen, der Gesetzgeber schränke seine eigenen Zielsetzungen – wie hier die zur Ausübung einer Gestaltungsfreiheit – grundlos ein. Das sieht der Sache nach auch das BVerwG nicht anders. Denn nur wenige Jahre nach seinem KrabbenkampUrteil hat das Gericht ausdrücklich festgehalten, dass das „materielle Recht nur in seltenen Fällen“ Unterlassungsansprüche gegen drohende „Maßnahmen der Rechtssetzung“ gewähre512. Obwohl das Gericht in der betreffenden Entscheidung aus dem Jahre 1977 auch das Krabbenkamp-Urteil erwähnte, hat es indes dennoch nicht erläutert, warum es im Bereich des Bauleitplanungsrechts eine solche „Ausnahme“ als gegeben erachtet hatte. Für die Beantwortung der Frage nach etwaigen Unterlassungsansprüchen gegen normative Bauleitpläne ist es daher entscheidend, ob der bauplanungsrechtliche interkommunale Konflikt von besonderen Umständen geprägt ist, welche die Annahme erlauben, der Gesetzgeber habe seine Entscheidung, den Standortgemeinden eine Gestaltungsfreiheit bei der Aufstellung von normativen Bauleitplänen einzuräumen, im zuvor genannten Sinne wieder einschränken wollen. Deshalb kann es jdfs. nicht überzeugen, diese Frage schlicht mit dem Hinweis darauf (positiv) zu beantworten, in Bezug auf solche Normen der Exekutive finde kein Eingriff in das die Legislative prägende „freie Mandat“ statt. Denn der Gewaltenteilungsgrundsatz gilt selbstverständlich nicht nur im Verhältnis von Judikative und Legislative, sondern auch zwischen jener und der Exekutive. Man mag zwar aus den verschiedenen, im Grundgesetz vorgesehenen Richtervorbehalten (vgl. Art. 13 Abs. 2, 104 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GG) ableiten, dass die Judikative in bestimmten Fällen durchaus dazu berufen sein kann, ein künftiges Handeln der Exekutive zu kontrollieren, um andernfalls drohenden Rechtsverletzungen vorzubeugen513. Daraus folgt aber noch nicht, dass dies nun 511 Davon, dass „der einfache Gesetzgeber in Sonderfällen Unterlassungsansprüche gegenüber drohenden untergesetzlichen Normen“ einräumen kann, geht auch Schenke, in: Dolzer u. a. (Hrsg.), BK-GG (Zweitb.), Art. 19 Abs. 4 Rn. 403, aus (Hervorhebung durch den Verf.). 512 S. BVerwG, Urt. v. 29.07.1977 – IV C 51/75, BVerwGE 54, 211 (215); ebenso Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 16; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 1087, 1089; ders., in: Dolzer u. a. (Hrsg.), BK-GG (Zweitb.), Art. 19 Abs. 4 Rn. 402; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. III, Art. 19 Abs. 4 Rn. 279 (s. insb. Fn. 2 auf S. 194); ähnl. auch Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 712. 513 Vgl. insoweit auch Schenke, Rechtsschutz, S. 135 f.

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(uneingeschränkt) für jede Art des exekutivischen Handelns gelten müsse. Gerade der Bereich des Bauleitplanungsrechts weist insoweit Besonderheiten auf, die ihn von den meisten anderen Fällen des Verwaltungshandelns unterscheiden. Hier kommt der Exekutive nämlich eben eine planerische Gestaltungsfreiheit zu, die zwar nicht mit der des parlamentarischen Gesetzgebers gleichgesetzt werden kann, die aber doch erheblich größer ist als in anderen Bereichen der gesetzesvollziehenden Verwaltung514. Die oben angestellten Überlegungen zum Verhältnis von materiellrechtlicher Einräumung und Einschränkung einer Gestaltungsfreiheit kommen also gerade hier zum Tragen. Wollte man die Annahme von Unterlassungsansprüchen gegen Bauleitpläne allein mit dem Hinweis darauf begründen, dass diese Pläne als exekutivische Maßnahmen anzusehen sind, liefe das doch wieder darauf hinaus zu unterstellen, der Gesetzgeber schränke seine Entscheidung zur Einräumung einer Gestaltungsfreiheit stets und selbst grundlos ein, was nach dem oben Gesagten nicht überzeugen kann. Für die Frage, ob den Nachbargemeinden Unterlassungsansprüchen gegen normative Bauleitpläne der Standortgemeinden zustehen, ist deshalb vielmehr zu prüfen, ob das einfache Gesetzesrecht einen Anhaltspunkt für die Annahme enthält, der Gesetzgeber habe seine Entscheidung, den Standortgemeinden eine Gestaltungsfreiheit bei der Aufstellung von normativen Bauleitplänen einzuräumen, durch die Zuerkennung von Unterlassungsansprüchen wieder einschränken wollen. Anhaltspunkte für eine solche Annahme könnten zum Einen in der einfachgesetzlichen Ausgestaltung des Planaufstellungsverfahrens und zum Anderen in § 2 Abs. 2 BauGB selbst zu finden sein. Bei näherer Betrachtung erscheint es aber zweifelhaft, ob diese Gesichtspunkten tatsächlich den Schluss erlauben, der Gesetzgeber habe Unterlassungsansprüche der Nachbargemeinden gegen Baupleitpläne der Standortgemeinden begründen wollen. Dazu im Einzelnen. Der Hinweis darauf, dass es bei Bebauungsplänen um die Kontrolle von Verwaltungshandeln geht, könnte insoweit einen Ansatzpunkt für die Rechtfertigung von Unterlassungsansprüchen bieten, als im Hinblick auf die Art und Weise, wie ein Entscheidungsfindungsprozess im Parlament und bei einer planenden Gemeinde abläuft, durchaus Unterschiede bestehen können. So lassen 514 Insoweit ähnlich Lapp, Rechtsschutz, S. 39: „Man mag sicher der Normsetzung der Gemeinden nicht die Bedeutung beimessen wie der Gesetzgebung in Bund und Ländern. Aber die Normsetzung der Gemeinde ist wesentlicher Teil der kommunalen Selbstverwaltung. [. . .] Die Planungshoheit der Gemeinde lässt sich damit nicht ohne weiteres als gegenüber der Gesetzgebung vernachlässigbares Minus werten“; tendenziell auch Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 712: „Auch steht der Handlungsspielraum des Verordnungs- oder Satzungsgebers regelmäßig subjektiv-öffentlichen Ansprüchen auf Normunterlassung entgegen“; ähnlich wie dieser Pietzner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 42 Abs. 1 Rn. 169; in dieselbe Richtung Birk, JuS 1979, 412 (413): „Auch wenn die exekutivische Rechtssetzung in ihrer Qualität Ausübung vollziehender Gewalt ist, so ist sie doch in ihrem funktionellen Gehalt Gesetzgebung“.

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sich in der parlamentarischen Praxis sicher zahlreiche Beispiele dafür finden, in denen ein Gesetzentwurf auch in späten Verfahrensabschnitten und erst kurz vor der eigentlichen Beschlussfassung des Parlaments noch geändert wurde515. Diese Möglichkeit, dass der „Dialog der Gesetzgebungsorgane“516, dass das Stadium des „Wertens, Überlegens, Diskutierens“517 hier noch bis zur buchstäblich letzten Minute andauern und zu Änderungen führen kann, muss im Verfahren der Bauleitplanung nicht immer in gleicher Weise gegeben sein. Im Bauleitplanungsverfahren hat die planende Gemeinde grundsätzlich einen Entwurf des Bebauungsplans auszulegen, dazu fristgerecht vorgebrachten Einwendungen zu erörtern und nach Abschluss des Aufstellungsverfahrens endgültig über die Bauleitplanung zu beschließen (vgl. §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 2, 10 BauGB). In diesem Verfahren kann es nun in der Praxis durchaus häufiger und früher als im parlamentarischen Verfahren zu „de-facto-Festlegungen“518 kommen, die u. U. die Annahme nahe legen mögen, dass der dem Gemeinderat schließlich zur Aufstellung vorgelegte Planentwurf – insgesamt oder doch in Bezug auf einzelne Fragen wie etwa der Behandlung der nachbargemeindlichen Belange – keine wesentliche Änderungen mehr „in letzter Minute“ erfahren wird. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn über die betreffenden Fragen in einer früheren Gemeinderatssitzung entschieden worden ist als in der des formalen Satzungsbeschlusses519. Eine solche faktische Vorfestlegung kann aber auch – je nach Verwaltungspraxis und konkretem Einzelfall – zu einem noch früheren Zeitpunkt erfolgen, wenn der Gemeinderatsbeschluss durch gemeindeinterne Ausschüsse oder die Gemeindeverwaltung vorbereitet wird520. 515 Als Paradebeispiel hierfür mag das parlamentarische Vorgehen in der 16. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages vor der Verabschiedung der sog. Gesundheitsreform dienen, bei der den Abgeordneten nur wenige Stunden vor der entscheidenden Ausschusssitzung über 80 Änderungsanträge vorgelegt worden waren; vgl. dazu die kritische Stellungnahme des Präsidenten des Deutschen Bundestages Lammert gegenüber der Online-Ausgabe des Magazins „Spiegel“ vom 03.02.2007 (http://www. spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,464082,00.html). 516 Vgl. Schenke, Rechtsschutz, S. 128. 517 Birk, JuS 1979, 412 (413). 518 Dürr, Baurecht BW, Rn. 54. 519 Über die Frage, ob die Standortgemeinde eine Stellungnahme überhaupt berücksichtigt, muss sie ohnehin vor dem abschließenden Beschluss entscheiden. Und auch die Abwägung der öffentlichen und privaten Belange wird zwar i. a. R. von der abschließenden Beschlussfassung mit umfasst, kann in der Praxis aber auch einmal in einem davon getrennten Beschluss erfolgen (s. zu beiden Aspekten Koppitz/Schwarting, Flächennutzungsplan, Rn. 256; Stüer, Bebauungsplan, 1. Aufl., Rn. 353; zu dem zuerst genannten auch Portz/Runkel, Baurecht, Rn. 174). Die Vorgehensweise bei der Beschlussfassung unterliegt bundesrechtlich (auch insoweit) keinen besonderen Vorgaben, vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.04.1988 – 4 N 4/87, BVerwGE 79, 200 (203 ff.); s. auch dass., Urt. v. 10.8.2000 – 4 CN 2/99, BVerwG, BauR 2001, 71 (73 ff.); Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 3 Rn. 233; Stüer ebd. 520 Vgl. bereits (mit Beispielen aus der Praxis) Löhr, Flächennutzungsplanung, S. 48 f.: ,Hat die Verwaltung den Vorentwurf fertiggestellt, so wird er den Ausschüs-

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In dieser bauplanungsrechtlichen „Besonderheit“ faktischer „Vorfestlegungen“ dürften zumindest einige Gerichte und Autoren den Grund für die Annahme des Bestehens von Unterlassungsansprüchen gegen standortgemeindliche Rechtsnormen erblicken. Denn auf Bebauungspläne bezogen folgert etwa der VGH München aus dem Erfordernis einer „konkret drohenden“ Rechtsverletzung521, dass der Nachbargemeinde (erst) dann ein Anspruch auf Unterlassung eines solchen Plans gegen die Standortgemeinde zustehe, wenn eine „konkret ausgearbeitete Bauleitplanung“ vorliege, bei der „eine Abänderung der Planung, die die Bedenken der [Nachbargemeinde] berücksichtigt“, als ausgeschlossen erscheine522. Habe nun aber die Planung der Standortgemeinde ein solch fortgeschrittenes Stadium der Willensbildung erreicht, sei – so könnte man argumentieren – die Gefahr, dass ein innerer Dialog des Normgebers vorzeitig abgebrochen werde, in der Praxis nicht mehr gegeben. Aus der Möglichkeit eventueller „faktischer Vorfestlegungen“ zu schließen, der Gesetzgeber habe ausnahmsweise normbezogene Unterlassungsansprüche sen des Rates und schließlich der Stadtverordnetenversammlung vorgestellt. [. . .] Von hier ab folgt das Verfahren den Vorschriften des Bundesbaugesetzes. Alle wesentlichen Entscheidungen sind aber bereits getroffen. Wenn der Vorentwurf dem Bauausschuß, dann evtl. auch anderen Fachausschüssen wie Sport-, Jugend-, Sozial- und Grünanlagenausschuß, vorgestellt wird, bleibt die tragende Konzeption des Entwurfs undiskutiert; lediglich kleine und nur punktuell bedeutsame Einzelheiten werden kritisiert. [. . .] Es sind nur mehr Korrekturen an einem im Prinzip fertigen Plan“. Zur Zulässigkeit solcher vorbereitenden Maßnahmen s. ferner Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 3 Rn. 233. 521 Es darf als unbestritten gelten, dass Unterlassungsansprüche nur dann überhaupt in Betracht kommen, wenn eine Rechtsverletzung „konkret“ droht. Vgl. dazu Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 503; dens., Rechtsschutz, S. 68 f., 142; dens., AöR 95 [1970], 223 (231); Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 25; Laubinger, VerwArch. 80 [1989], 261 (293); Köckerbauer/Büllesbach, JuS 1991, 373 (379); VG Oldenburg, Beschl. v. 02.02.2000 – 1 B 82/00, NVwZ 2001, 349 (350). 522 So die Formulierungen bei VGH München, Urt. v. 04.09.1984 – 1 B 82 A.439, BayVBl. 1985, 83 (84); ähnl. bereits Fingerhut, Gemeindenachbarklage, S. 111 f, der einen Anspruch auf Unterlassung eines gemeindlichen Beschlusses bejahte, „[s]obald die gemeindlichen Planungsvorbereitungen in ein Stadium gelangt sind, welches eine spätestens bei Beschlußfassung erfolgte Verletzung materieller Abstimmungspflichten in ihrem Umfang sicher vorhersehen läßt und angesichts des fortgeschrittenen Zustandes der Planungsarbeiten nurmehr geringe Aussicht auf Änderungen bietet“; eine vorbeugende prinzipale Kontrolle eines Bebauungsplans zumindest „bereits vor der Genehmigung durch die höhere Verwaltungsbehörde und der Bekanntmachung“ hält auch Karpen, NJW 1986, 881 (885), für zulässig, wenn „die Willensbildung des Plangebers“ abgeschlossen ist; so wohl auch Birk, JuS 1979, 412 (413 f.). Ähnlich lag wohl auch der Fall bei BVerwG, Urt. v. 29.07.1977 – IV C 51/75, BVerwGE 54, 211 (212), weil dort aufgrund des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans bereits ein gewerbliches Bauvorhaben genehmigt wurde. Vgl. auch den dem Krabbenkamp-Urteil zugrundeliegenden Sachverhalt, bei dem zwar das Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans noch nicht abgeschlossen war, das Gericht aber bereits feststellen konnte, dass der Plan „die Errichtung von 244 ein- bis zweigeschossigen Wohnhäusern in offener Bauweise“ festsetzen werde (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/ 71, BVerwGE 40, 323 [325]).

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einräumen wollen, überzeugt aber im Ergebnis nicht. Zum einen ist schon nicht einsichtig, warum diesem Aspekt ausgerechnet im Bauleitplanungsrecht maßgebliche Bedeutung zukommen soll, obwohl er in anderen Zusammenhängen, in denen die Rechtsprechung Unterlassungsansprüche gegen Normen geprüft hat, nicht einmal Erwähnung fand523. Davon abgesehen spricht gegen eine solche faktische Betrachtungsweise, dass die Feststellung einer „tatsächlichen Vorfestlegung“ immer auf zumindest zwei Unterstellungen angewiesen bleibt: einmal nämlich (gleichsam positiv) darauf, dass sich ein Gemeinderat in einem Einzelfall nicht doch noch zu einer Abänderung der Plankonzeption entschließen werde, und zum anderen (gewissermaßen negativ), dass selbst in den Fällen, in denen sich keine Mehrheit im Gemeinderat für eine erneute Planentwurfsänderung finden wird, überhaupt die Mehrheit für den bislang als feststehend angenommenen und als „drohend“ empfundenen Planinhalt sicher erreicht werden wird. Solange aber der Gemeinderat den Plan nicht endgültig beschlossen hat, müssen solche Annahmen letztlich immer spekulativ bleiben. Anzunehmen, das materielle Recht habe nun seine Grundentscheidung, dem kommunalen Normgeber einen Gestaltungsspielraum einzuräumen, dadurch wieder relativiert, dass es den Boden für Eingriffe in den Entscheidungsprozess dieses Normgebers bereitet habe, die letztlich auf Spekulationen über die tatsächlichvorzeitige Beendigung dieses Prozesses gründen müssen, überzeugt aber nicht. Denn das Gesetz sieht diesen Entscheidungsvorgang erst mit dem Beschluss des Gemeinderats als beendet an (vgl. zumindest für den Bebauungsplan § 10 Abs. 1 BauGB) und knüpft die Bestimmung des Abschlusses dieses Vorgangs damit an fömliche und gerade nicht an tatsächliche und auf Vermutungen angewiesene Kriterien. Eine solcherart ausgestaltete Gesetzeslage zum Aufstellungsverfahren bietet keine Grundlage für die Annahme, der Gesetzgeber habe der Nachbargemeinde Unterlassungsansprüche in Bezug auf noch nicht beschlossene, normativ wirkende Bauleitpläne einzuräumen beabsichtigt524. Bezeichnenderweise stellt denn auch das BVerwG nicht auf die Vorschriften des BauGB zur Ausgestaltung des Planaufstellungsverfahrens ab, um den von ihm bejahten und auf Bebauungspläne bezogenen Unterlassungsanspruch abzuleiten, sondern verweist dazu (ausschließlich) auf das einfache Gesetzesrecht 523 Vgl. auch insoweit BVerwG, Urt. v. 29.07.1977 – IV C 51/75, BVerwGE 54, 211 ff. 524 Will man die Wertungen des Gesetzes nicht außer Acht lassen, verbietet es sich auch, den Grund für die Anerkennung von Unterlassungsansprüchen zumindest gegen Bebauungspläne in deren (angeblicher) „Nähe“ zum Verwaltungsakt zu sehen (vgl. zu solchen Überlegungen erneut Karpen, NJW 1986, 881 [884]). Denn der Gesetzgeber wollte den Bebauungsplan nun einmal bewusst und ausdrücklich als Satzung behandelt wissen (arg. § 10 Abs. 1 BauGB). Davon abgesehen verlässt dieser Plan den „Grenzbereich“ zum Verwaltungsakt ohnehin in dem – nach dem im Text Gesagten: entscheidenden – Bereich der Entscheidungsfindung der Verwaltung. Denn diese ist dort anders als bei den üblichen, auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichteten Entscheidungsprozessen gerade durch eine planerische Gestaltungsfreiheit geprägt.

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des § 2 Abs. 2 BauGB525. Warum aber diese Vorschrift allein betrachtet eine Rechtfertigung für die Bejahung von Unterlassungsansprüchen gegen normative Akte der Standortgemeinde enthalten sollte, ist nicht einzusehen. Der Wortlaut der Norm enthält keinen Hinweis für eine solche Auslegung. Da er nur eine Abstimmungspflicht der Standortgemeinde festschreibt und sich damit ausschließlich zur primären Ebene der Pflichten (und ggf. Rechte) benachbarter Gemeinden verhält, spricht das vielmehr dagegen, ihm ohne weiteren Nachweis Aussagen zum hier allein interessierenden Sekundärrechtsschutz zu entnehmen. Wertungen aus der jüngsten Gesetzgebungsgeschichte, die die Ableitung von bestimmten Beseitigungsansprüchen aus dem einfachen Gesetzesrecht rechtfertigen mögen526, sind für Unterlassungsansprüche nicht zu belegen. Im Zuge des EAG Bau wurden im Zusammenhang mit dem interkommunalen Abstimmungsgebot vielmehr im Gegenteil allein Möglichkeiten des repressiven – nicht aber des vorbeugenden – Rechtsschutzes angesprochen527. III. Fazit zu etwaigen Unterlassungsansprüchen gegen Bauleitpläne Nach alledem besteht kein Grund für die Annahme, der Gesetzgeber habe seine Entscheidung, den (Standort-)Gemeinden eine planerische Gestaltungsfreiheit bei der Aufstellung von normativen Bauleitplänen einzuräumen, durch die gleichzeitige Zuerkennung von darauf bezogenen Unterlassungsansprüchen wieder relativiert und dadurch den Boden für im Lichte der Gewaltenteilung zumindest rechtfertigungsbedürftige Handlungsmöglichkeiten der Verwaltungsgerichte bereitet.

§ 3 Beschränkung der Sekundärrechte der Nachbargemeinde durch §§ 214 f. BauGB? Ist ein Bauleitplan unter Verstoß gegen eine Vorschrift des BauGB zustande gekommen, die zugunsten Dritter ein subjektives Recht begründet, sind die Vorschriften über die Planerhaltung aus §§ 214 f. BauGB zwar nicht dazu in 525 S. BVerwG, Urt. v. 29.07.1977 – IV C 51/75, BVerwGE 54, 211 (215): „Der erkennende Senat hat in seinem [Krabbenkamp-Urteil] dem § 2 Abs. 4 Bundesbaugesetz [. . .] einen sich u. U. auf die Unterlassung rechtssetzender Maßnahmen beziehenden Anspruch entnommen.“ (Hervorhebung durch den Verf.); das wurde von dems., Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (325 f.), noch nicht in dieser Deutlichkeit ausgesprochen; insoweit anders stellt der VGH München, Urt. v. 04.09. 1984 – 1 B 82 A.439, BayVBl. 1985, 83 f., auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ab. 526 Vgl. dazu in diesem Abschnitt (§ 2) oben unter A. II. 527 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 41, die nur die Möglichkeit einer „übergangenen“ Nachbargemeinde anspricht, sich „gerichtlich mit einem Normenkontrollantrag zu wehren“ (s. dazu, dass es keinen „vorbeugenden Normenkontrollantrag“ gibt, noch näher unter § 5 A.).

§ 3 Beschränkung der Sekundärrechte der Nachbargemeinde

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der Lage, die einmal eingetretene Rechtsverletzung ungeschehen zu machen, wohl aber können sie zu einem Ausschluss der aus einer solchen Verletzung resultierenden Abwehransprüche führen528. Um die Rechtsstellung der Nachbargemeinde im bauplanungsrechtlichen Konflikt abschließend beurteilen zu können, bleibt daher zu prüfen, inwieweit die Fehlerfolgenregelung der §§ 214 f. BauGB den auf eine Verletzung der Primärrechte der Nachbargemeinde an sich folgenden sekundärrechtlichen Schutz zu beschränken vermögen. Dazu bietet sich eine Betrachtung an, die zunächst von einer Verletzung des Rechts auf interkommunale Abstimmung aus § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB (A.), sodann von einer Missachtung des Rechts auf interkommunalen Funktionsschutzes aus § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB (B.) und schließlich von einem Verstoß gegen das Recht auf formelle Abstimmung (Beteiligung) aus § 4 BauGB ausgeht (C.).

A. Verletzung von § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB Soll eine Verletzung des Abstimmungsgebots aus § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB als unbeachtlich behandelt werden, kommen der erste (I.) oder dritte Absatz des § 214 Abs. 1 BauGB (II.) sowie § 215 Abs. 1 Nr. 3 BauGB als Rechtfertigung in Betracht (III.). I. Unbeachtlichkeit nach § 214 Abs. 1 BauGB? Aus § 214 Abs. 1 S. 1 BauGB ergibt sich, dass die Verletzung von „Verfahrens- und Formvorschriften“ des BauGB für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne grundsätzlich unbeachtlich ist, wenn nicht einer der in den Ziffern dieser Vorschrift näher bezeichneten Ausnahmetatbestände erfüllt ist. Über diese Vorschrift kann ein Bauleitplan der Standortgemeinde, der unter Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebots i. S. d. § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB zustande gekommen ist, jdfs. nicht „erhalten“ werden, weil diese Regelungen – wie oben näher dargelegt529 – richtigerweise nicht als „Verfahrensvorschriften“ aufzufassen sind, sondern als normative Grundlagen einer allein materiellrechtlichen Vorgabe für die Planaufstellung530. Insbesondere auf die näheren Voraussetzungen des § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB kommt es daher nicht an, weil die in § 2 Abs. 3 BauGB für die Aufstellung der Bauleitpläne angeordnete „Bewertung und Ermittlung“ des Abwägungsmaterials nach hier vertretener An528 Vgl. zur Wirkungsweise der §§ 214 f. BauGB Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub II.2.a.dd. 529 § 1 A. III. 530 „Ob das Gebot, Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen (§ 2 II BauGB), als Verfahrensvorschrift im Sinne dieser Vorschrift [scil.: § 214 Abs. 1 BauGB 1998] anzusehen ist“, wird offen gelassen bei BVerwG, Beschl. v. 28.12.2005 – 4 BN 40/05, NVwZ 2006, 458.

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sicht nur auf die allgemeine Abwägung des § 1 Abs. 7 BauGB anzuwenden ist, nicht dagegen auf die in ihrer Rechtsnatur anders gestaltete interkommunale Abstimmung531. II. Unbeachtlichkeit nach § 214 Abs. 3 BauGB? Eine „Unbeachtlichkeit“ von Verstößen gegen § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB kann sich aber möglicherweise über den dritten Absatz des § 214 BauGB ergeben, der sich mit „Mängeln“ im Zusammenhang mit der Abwägung befasst. So können nach dem ersten Halbsatz des § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB „Mängel, die Gegenstand der Regelung in Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 sind, [. . .] nicht als Mängel der Abwägung geltend gemacht werden“. Diese Vorschrift dient jdfs. im Hinblick auf das allgemeine Abwägungsgebot dazu, dass die im ersten Absatz angeordnete Unbeachtlichkeit von „Bewertungs- und Ermittlungsfehlern“ nicht umgangen wird, indem diese Mängel nun als Verstoß gegen § 1 Abs. 7 BauGB gerügt werden, und damit zugleich der Bestätigung des durch das EAG Bau vollzogenen Wandels in der Abwägungsdogmatik532. Nicht ausschließen kann § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB dann aber, dass ein Verstoß gegen das interkommunale Abstimmungsgebot gem. § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB geltend gemacht wird. Denn ein solcher „Mangel“, ist, wie soeben gezeigt, gerade nicht „Gegenstand der Regelung“ des § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB. Etwas anderes könnte indes aus dem zweiten Halbsatz § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB folgen, der vorgibt, dass „im Übrigen [. . .] Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich [sind], wenn sie offensichtlich und auf das Ergebnis von Einfluss gewesen sind“. Auf den ersten Blick könnte man zu der Ansicht gelangen, diese Vorschrift erfasse (auch) den Fall eines Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB, wenn man – wie hier – der Ansicht sei, dass die interkommunale Abstimmung nach den Maßgaben durchzuführen sei, die sich aus der traditionellen Abwägungs(fehler)lehre ergeben. Diese Auslegung liefe da531 Für möglich gehalten wird dies hingegen – freilich ohne sich mit der Neuregelung oder auch nur der schon zur alten Rechtslage vertretenen Auffassung, § 2 Abs. 2 BauGB 1998 falle nicht unter § 214 BauGB (s. dazu sogleich im Text), zu befassen – vom OVG Weimar, Urt. v. 20.12.2004 – 1 N 1096/03, ThürVBl. 2005, 162 (163; jurisTz. 69, 77). Das Gericht ließ es offen, ob der in dem zugrundeliegenden Verfahren festgestellte Rechtsverstoß (Abwägungsdefizit bzw. -fehleinschätzung) als Fehler im Verfahren oder als Mangel im Abwägungsvorgang aufzufassen sei, und gelangte – mangels Einflusses auf das Abwägungsergebnis – zu einer gleichsam „wahldeutigen“ Unbeachtlichkeit nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB oder § 214 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 BauGB. 532 S. Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 214 Rn. 127, 129, 130 („innersystematische Absicherung“); Kirchmeier, in: Ferner/Kröninger, BauGB, § 215 Rn. 39; Quaas/Kukk, BauR 2004, 1541 (1544 f.).

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rauf hinaus, den Begriff der „Abwägung“ in § 214 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 BauGB entsprechend der vor dem EAG Bau vielfach533 – bereits dort freilich nicht einhellig534 – vertretenen Auffassung als Oberbegriff für die allgemeine Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB und die interkommunale Abstimmung aufzufassen535. Gegen ein solches Verständnis zu § 214 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 BauGB spricht aber bereits der Wortlaut des Gesetzes. Denn, wenn das BauGB ansonsten terminologisch klar zwischen der allgemeinen „Abwägung“ und der interkommunalen „Abstimmung“ unterscheidet (vgl. §§ 1 Abs. 7, 2 Abs. 3 BauGB einerseits, § 2 Abs. 2 BauGB andererseits), spricht die Formulierung in § 214 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 BauGB, die eben nur jenen aber nicht diesen Ausdruck aufgreift, gegen die Annahme, der Gesetzgeber habe mit dieser Regelung auch die Unbeachtlichkeit von Fehlern im Abstimmungsvorgang bezeichnen wollen. Diese Bedenken können auch nicht mit dem Hinweis darauf überspielt werden, es handle sich bei der Abstimmung ja um einen Unterfall der Abwägung, sodass es deren eigenständiger Erwähnung in § 214 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 BauGB neben dem „Oberbegriff“ der Abwägung nicht bedurft habe536. Denn, wenn man – wie hier – davon ausgeht, dass der Gesetzgeber gerade im Zuge des EAG Bau endgültig dafür gesorgt hat, dass die interkommunale Abstimmung nicht mehr als „besondere Ausprägung“, gar als Spezialfall der Abwägung eingeordnet werden kann, sondern als eigenständiges Rechtsinstitut anzusehen ist537, wäre es umso 533 So im Ergebnis VGH München, Urt. v. 03.05.1999 – 1 N 98/1039, UPR 1999, 393 (394), u. ders., Urt. v. 03.05.1999 – 1 N 98/1021, BayVBl. 2000, 273 (276), jeweils mit dem schlichten Hinweis, dass Verstöße gegen § 2 Abs. 2 BauGB „Abwägungsfehler sind“; ebenso OVG Lüneburg, Beschl. v. 07.03.2002 – 1 MN 3976/01, BRS 65 Nr. 39, S. 187 (202); dass., Urt. v. 14.09.2000 – 1 K 5414/98, NVwZ 2001, 452 (453); Kuschnerus, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 1 (11 Fn. 19); Wagner, ZfBR 2000, 21 (22). 534 Abl. etwa Lapp, Rechtsschutz gegen Normen, S. 39: „Auch § 214 Abs. III BauGB greift [scil.: bei einem Verstoß gegen das interkommunale Abstimmungsgebot] nicht ein, da die dort für unbeachtlich erklärten Abwägungsmängel allein auf die Abwägung in §§ 1 Abs. VI, 214 Abs. I, Abs. II BauGB Bezug nehmen.“; gleicher Ansicht dürfte Brohm (seit jeher gewesen) sein, da er das interkommunale Abstimmungsgebot entgegen der h. M. ohnehin noch nie als dogmatischen Unterfall der Abwägung, sondern als Ausprägung des Gebotes zur praktischen Konkordanz aufgefasst hatte (vgl. dens., Baurecht, § 9 Rn. 15 ff., § 12 Rn. 19 ff., und dazu oben § 1 A. III. 2. b) dd)). 535 So im Ergebnis OVG Weimar, Urt. v. 20.12.2004 – 1 N 1096/03, ThürVBl. 2005, 162 (163; juris-Tz. 69, 77). 536 S. dazu, dass die Annahme, der Gesetzgeber verstehe den Begriff der „Abwägung“ als Oberbegriff über für die „allgemeine Abwägung“ aus § 1 Abs. 7 BauGB und die „interkommunale Abstimmung“ aus § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB, zumindest nach dem EAG Bau nicht mehr überzeugt, bereits oben § 1 A. III. 537 S. oben § 1 A. III. S. ferner zur Annahme, dass bereits die Rechtsprechung vor dem EAG Bau dahin zu tendieren schien, das Gebot der interkommunalen Abstimmung vom allgemeinen Abwägungsgebot zu lösen, Stelkens, UPR 2005, 81 (87); Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 50 u. § 215 Rn. 10; Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (801).

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

mehr erforderlich gewesen, die „Abstimmung“ in § 214 Abs. 3 BauGB eigens zu erwähnen, wenn sie von dieser Vorschrift hätte erfasst werden sollen. Dies muss umso mehr gelten als der Gesetzgeber angesichts der verfassungsrechtlichen Bedeutung dieser Regelung538 ohnehin von einer restriktiven Auslegung ausgehen musste539. Die systematische Auslegung bestätigt diese Erwägung. Denn wie schon zur alten Rechtslage besteht auch nach dem EAG Bau Einigkeit, dass der erste Satz des § 214 Abs. 3 BauGB, der den für die „Abwägung“ maßgeblichen Zeitpunkt näher bestimmt, systematisch an sich als S. 2 zu § 1 Abs. 7 BauGB zu lesen ist540. Wenn der Gesetzgeber aber mit S. 1 des § 214 Abs. 3 BauGB erkennbar auf das Abwägungsgebot aus § 1 Abs. 7 BauGB Bezug genommen hat, spricht das dafür, dass auch der denselben Begriff verwendende und im unmittelbaren Anschluss angefügte S. 2 auf dieselbe Vorschrift abstellt. Dieses Ergebnis kann auch nicht durch einen Verweis auf die Entstehungsgeschichte zur Neufassung des § 214 Abs. 3 BauGB infrage gestellt werden. Man könnte zwar einwenden wollen, wenn der Abwägungsvorgang beim allgemeinen Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 7 BauGB infolge der durch das EAG Bau eingeführten Neukonzeption des Gesetzes als Verfahrensvorgang aufzufassen sei und deshalb unter den ersten Absatz des § 214 BauGB falle, könnten Mängel dieses „Vorgangs“ in § 214 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 BauGB nicht mehr gemeint sein, sodass mit den „übrigen“ Mängeln im Abwägungsvorgang nur noch Fehler im Abstimmungsvorgang nach § 2 Abs. 2 BauGB angesprochen sein könnten. Diese Einwand verfinge aber nicht, weil er die Gesetzgebungsgeschichte zu § 214 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 BauGB n. F. nicht zutreffend widerspiegelte. Diese Vorschrift, die § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB a. F. entspricht, sollte im Gesetzgebungsverfahren nämlich zuerst gänzlich gestrichen werden, weil der Gesetzgeber davon ausging, dass Fehler im Abwägungsvorgang künftig allein verfah538 S. zur verfassungsrechtlichen und -politischen Kritik an den Fehlerfolgenregelungen mit jew. w. N. Battis, in: dems./Krautzberger/Löhr, BauGB, Vorb §§ 214–216 Rn. 12 f.; Quaas/Kukk, in: Schrödter, BauGB, § 214 Rn. 4; und mit Gegenargumenten Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 214 Rn. 15 ff. 539 So hat das BVerwG etwa die abwägungsbezogene Unbeachtlichkeitsklausel des § 155b Abs. 2 S. 2 BBauG (s. § 214 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 BauGB) von Anfang an verfassungskonform restriktiv ausgelegt (s. BVerwG, Urt. v. 21.08.1981 – 4 C 57/80, BVerwGE 64, 33 [36 ff.]; Gerhardt/Bier, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner [Hrsg.], VwGO, Bd. 1, Vorb § 47 Rn. 13). 540 Battis, in: dems./Krautzberger/Löhr, BauGB, § 214 Rn. 19: „§ 214 Abs. 3 S. 1 BauGB legt zur Präzisierung des Abwägungsgebots (§ 1 Abs. 7) den maßgebenden Zeitpunkt der Abwägung fest. [. . .] Systematisch gehört die Vorschrift als S. 2 in den § 1 Abs. 7.“ Ebenso Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 214 Rn. 68; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. IV, § 214 Rn. 130. – Vgl. aus den Stellungnahmen vor dem EAG Bau Battis, in: dems./Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl., § 214 Rn. 14; Gaentzsch, BauGB, § 214 Rn. 15; ders., in: Schlichter/Stich (Hrsg.), BerlK-BauGB, § 214 Rn. 29.

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rensrechtlich zu beurteilen seien und § 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB unterfallen würden541. Der Halbsatz wurde dann nur auf Empfehlung des zuständigen Bundestagsausschusses als „Angstklausel vor der Dritten Gewalt“ oder „Sicherheitsreserve“542 (wieder) aufgenommen um zu verhindern, dass einzelne Fehler im Abwägungsvorgang entgegen der alten Rechtslage nun gänzlich aus der Fehlerfolgenregelung fallen würden, falls die Praxis die Begriffe des „Ermittelns und Bewertens“ in einem engeren Sinne auslegen würden, der nicht den gesamten Bereich erfassen würde, der herkömmlich als „Vorgang“ der allgemeinen Abwägung begriffen wurde543. Der Gesetzgeber hatte § 214 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 BauGB also nicht (wieder) aufgenommen, um Fehler in der interkommunalen Abstimmung zu erfassen. Das in § 2 Abs. 2 BauGB normierte Gebot wurde im Gegenteil bei den Erörterungen zu der Neufassung der Fehlerfolgenregelung an keiner Stelle auch nur erwähnt544. Die „Beibehaltung“ des § 214 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 BauGB diente vielmehr allein dazu, „Schlimmeres“ zu verhindern, falls die Praxis die vom Gesetzgeber vorangetrieben Umstrukturierung des allgemeinen Abwägungsgebotes aus § 1 Abs. 7 BauGB nicht vollumfänglich mitgehen würde. Ein weiterer Einwand gegen die hier vertretene Auffassung könnte sich auf eine Folgenbetrachtung zu stützen suchen. So könnte argumentiert werden, es sei wertungswidersprüchlich, Verstöße gegen § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB nicht unter § 214 Abs. 3 BauGB zu subsumieren, weil dann im Ergebnis die Gemeinden als juristische Personen des öffentlichen Rechts besser gestellt würden als natürliche Grundrechtsträger. Ein solcher Wertungswiderspruch besteht aber bei Lichte betrachtet nicht. Zum einen darf nicht verkannt werden, dass sich die §§ 214 f. BauGB im Verwaltungsprozess in aller Regel erst auf der Ebene der Begründetheit auswirken545, sodass die hier vertretene Ansicht 541

S. oben Fn. 143, und Quaas/Kukk, BauR 2004, 1541 (1544). Kraft, UPR 2004, 331 (333). 543 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 87 f., 96, sowie die Beschlussempfehlung des 14. Ausschusses, BT-Drs. 15/2996, S. 71; kritisch zu dieser auf Befürchtungen gegenüber der Praxis aufbauenden Gesetzgebungstechnik Wickel/Bieback, DV 39 [2006], 571 (580); s. ferner Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 17, Rn. 43 a. E., der § 214 Abs. 3 BauGB daher nach Einführung des § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB nur noch „klarstellenden Charakter“ beimisst; Battis, Baurecht, S. 103 („nur noch ergänzende Bedeutung“ zu § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB); ebenso ders., in: dems./Krautzberger/Löhr, BauGB, § 214 Rn. 16. 544 Vgl. BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 120 ff., insb. 138 f.; Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 95 f.; Beschlussempfehlung des 14. Ausschusses, BT-Drs. 15/2996, S. 70 f. s. auch Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, 2005, § 215 Rn. 10: „Das EAG Bau hatte insoweit [scil. bezüglich der Frage, ob „das Regelungssystem der §§ 2 Abs. 3, 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB auf die interkommunale Abstimmung anwendbar ist“] ersichtlich kein Problembewusstsein“. 545 S. BVerwG, Urt. v. 24.08.1998 – 4 CN 2/98, BVerwGE 107, 215 (218 f.), zu den Anforderungen an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Rahmen der 542

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die Situation der Gemeinde insbesondere für die Zulässigkeit (Antragsbefugnis bei § 47 VwGO) nicht „besser“ stellt als die einer natürlichen Person. Im Rahmen der Begründetheit eines Normenkontrollantrags aber „profitiert“ eine natürliche Person von der Herausnahme der § 2 Abs. 2 BauGB aus § 214 Abs. 3 BauGB in gleicher Weise wie eine antragstellende Gemeinde, weil das Verfahren nach § 47 VwGO als objektives Kontrollverfahren ausgestaltet ist546, sodass ein Verstoß gegen § 2 Abs. 2 BauGB dort auch geprüft wird, wenn der Antragsteller aus dieser Vorschrift selbst keine subjektiven Rechte herleiten kann. Hinzu kommt, dass es durchaus sachgerecht erscheint, die Beachtlichkeit von Verstößen gegen § 2 Abs. 2 BauGB weniger einzuschränken als diejenige von Verletzungen des § 1 Abs. 7 BauGB. Denn eine natürlich Person oder eine juristische Person des Privatrechts, die sich auf ihr Recht auf fehlerfreie Abwägung aus § 1 Abs. 7 BauGB beruft, verfolgt damit „nur“ ihre Einzelinteressen, während es bei § 2 Abs. 2 BauGB um den Schutz von Belangen geht, die zwar der Gemeinde individuell zugewiesen sind, die aber über ihren städtebaulichen Bezug zugleich auch stets Interessen der Allgemeinheit betreffen. Zum dritten schließlich darf nicht außer Acht gelassen werden, dass eine gewisse „Besserstellung“ der (Nachbar-)Gemeinden ohnehin kaum zu beanstanden sein dürfte, weil der Gesetzgeber, wie gezeigt547, mit dem EAG Bau bewusst eine Stärkung der interkommunalen Abwehrmöglichkeiten zu erreichen gesucht hat. Die dogmatische Emanzipation, die das interkommunale Abstimmungsgebot vom allgemeinen Abwägungsgebot (spätestens) durch das EAG Bau erfahren hat548, ist nach alledem auf der Ebene der Fehlerfolgenregelung konsequenterweise durchzuhalten. Verstöße gegen § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB können nicht nach § 214 Abs. 3 BauGB unbeachtlich sein549. Klage- bzw. Antragsbefugnis: „Der Antragsteller wäre aber wohl regelmäßig überfordert, wenn er zusätzlich im einzelnen darlegen müßte, daß der behauptete Abwägungsfehler auch beachtlich ist im Sinne von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB. Diese Frage kann in der Regel nur in Kenntnis des gesamten Planungsgefüges beantwortet werden und gehört ihrer Struktur nach zur Begründetheit der Normenkontrolle.“; ebenso VGH München, Beschl. v. 05.10.2005 – 1 NE 05.1666, n. v., juris-Tz. 21; schon gar nicht mehr eigens erwähnt, aber dem entsprechenden Prüfungsgang zugrundegelegt bei OVG Weimar, Beschl. v. 20.12.2004 – 1 EO 1077/04, NJOZ 2005, 3895 (3901 ff., 3904 ff.). 546 S. zu diesem objektivrechtlichen Charakter des Normenkontrollverfahrens nur Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 356; VGH München, Beschl. v. 09.08.1985 – 1 N 85 A.774 u. a., BayVBl. 1986, 497 (498 f.); Blechschmidt, ZfBR 2007, 120 (126). 547 S. oben unter § 1 B. 548 S. oben § 1 A. III. 549 So im Ergebnis auch (ohne weitere Begründung) Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. IV, § 214 Rn. 7; wohl auch Kirchmeier, in: Ferner/Kröninger, BauGB, § 214 Rn. 1 i.V. m. § 215 Rn. 3, implizit wohl auch Söfker, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 114, der aus der „Verletzung des Abwägungsgebots“ die „Folge der Rechtswidrigkeit der Planung“ ableitet; tendenziell in die hier vertretene Richtung wohl auch Schenke, NVwZ 2007, 134 (139), der es a. a. O. als

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III. Unbeachtlichkeit nach § 215 Abs. 1 Nr. 3 BauGB? Dass solche Verstöße schließlich auch nicht nach § 215 Abs. 1 Nr. 3 BauGB durch Zeitablauf unbeachtlich werden können, ergibt sich aus dem soeben Gesagten. Denn diese Vorschrift nimmt ausschließlich Mängel in Bezug, die tatbestandlich unter § 214 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 BauGB fallen, aber nicht von der dort vorgesehenen Unbeachtlichkeitsrechtsfolge erfasst werden, weil sie „offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen“ sind. Die hier interessierenden Mängel sind aber, wie gezeigt, schon keine „Mängel im Abwägungsvorgang“, die unter den Tatbestand des § 214 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 BauGB zu subsumieren wären550. IV. Fazit zu § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB Eine Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebots fällt nicht unter die Unbeachtlichkeitsregelungen der §§ 214 Abs. 1 u. 3, 215 BauGB. Insoweit kommt allenfalls eine rückwirkende Inkraftsetzung solcherart fehlerhafter Bauleitpläne durch ein ergänzendes Verfahrens i. S. d. § 214 Abs. 4 BauGB in Betracht.

B. Verletzung von § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB Damit bleibt zu erwägen, ob ein Verstoß gegen das Recht der Nachbargemeinde auf „interkommunalen Funktionsschutz“ aus § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB in größerem Umfang unbeachtlich sein kann. Aus § 214 Abs. 1 BauGB kann dergleichen jdfs. nicht gefolgert werden, weil auch jene Regelung keine „Verfahrensvorschrift“ darstellt, sondern eine materielle Anforderung bei der Bauleitplanung. Aber auch die §§ 214 Abs. 3, 215 Abs. 1 Nr. 3 BauGB erfassen das Recht der Nachbargemeinde aus § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB – am „zweifelhaft“ bezeichnet, ob eine Verletzung des § 2 Abs. 2 BauGB „tatbestandlich durch § 214 III 2 BauGB erfasst wird“ (ebenso ders., VerwArch. 98 [2007], sub II.1.b.; ders., in: Volkmann [Hrsg.], Frotscher-FS [noch n. v.], S. 549 [554]); Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 215 Rn. 10, hält die Frage nach dem Verhältnis der interkommunalen Abstimmung zur allgemeinen Abwägung für zumindest „erörterungsbedürftig“ und wirft deshalb die (freilich offen gelassene) Folgefrage auf, ob „das Regelungssystem der §§ 2 Abs. 3, 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB auf die interkommunale Abstimmung anwendbar ist“; wohl ebenfalls mit Tendenz für die hier vertretene Ansicht offen gelassen bei Stelkens, UPR 2005, 81 (87). 550 A. A. Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 2 BauGB Rn. 4, mit dem – oben als nach dem EAG Bau zu ungenau abgelehnten (§ 1 A. III.) – Hinweis darauf, bei § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB handle es sich um einen „Unterfall“ des § 1 Abs. 7 BauGB; im Ergebnis ebenso zu § 215 BauGB 1998 VG Sigmaringen, Beschl. v. 09.11.2006 – 9 K 876/06, n. v., juris-Tz. 9; VGH München, Urt. v. 03.05.1999 – 1 N 98/1021, BayVBl. 2000, 273 (276).

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1. Kap.: Subjektive Rechte der Nachbargemeinde

zuvor Gesagten gemessen „erst recht“ – nicht, wenn man mit der hier vertretenen Ansicht davon ausgeht, dass diese Vorschrift die Standortgemeinde nicht zu einer – wie bei § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB – planerischen Berücksichtigung der nachbarlichen Funktion i. S. der traditionellen Abwägungslehre verpflichtet, sondern zu deren strikter Beachtung551. Somit fehlt dogmatisch jeglicher Ansatzpunkt, der es erlauben würde, einen Verstoß gegen § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB als einen „Mangel im Abwägungsvorgang“ zu bezeichnen. Auch insoweit kann mithin allenfalls § 214 Abs. 4 BauGB zum Zuge kommen.

C. Verletzung von § 4 BauGB Anders verhält es sich dagegen mit einer Missachtung des Rechts der Nachbargemeinde auf formelle Beteiligung aus § 4 BauGB. Hierbei handelt es sich in der Tat um eine „Verfahrensvorschrift“ i. S. d. § 214 Abs. 1 BauGB, sodass Mängel bei der Durchführung des sog. Scopings i. S. d. § 4 Abs. 1 BauGB generell unbeachtlich552 (arg. e con. § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Hs. 1 BauGB) und Verstöße gegen § 4 Abs. 2 BauGB nur nach Maßgabe des § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Hs. 1 BauGB beachtlich sind. Eine Verletzung des Beteiligungsgebots führt deshalb schon wegen dieser Vorschrift für sich genommen regelmäßig nicht zur Nichtigkeit (Unwirksamkeit) eines entsprechend fehlerhaft zustande gekommenen Bauleitplans553. Selbst wo das der Fall ist, kann noch eine Heilung durch nachträgliches ergänzendes Verfahren (s. § 214 Abs. 4 BauGB) oder – nach der BauGB-Novelle 2007 nunmehr schon nach einem Jahr seit Planbekanntmachung – rügelosen Zeitablauf gem. § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB eintreten.

D. Fazit zum Umfang der Beschränkung der Sekundärrechte Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass eine Verletzung der materiellen Rechte der Nachbargemeinde auf interkommunale Abstimmung i. S. des § 2 Abs. 2 S. 1, 2 Hs. 2 BauGB und auf interkommunalen Funktions551

S. insoweit oben unter § 1 B. III. Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 4 Rn. 56. 553 So die Einschätzung bei Uechtritz, BauR 1999, 572 (573); ähnlich Reidt, LKV 1994, 93; exemplarisch insoweit etwa der Prüfungsgangs bei OVG Lüneburg, Urt. v. 14.09.2000 – 1 K 5414/98, NVwZ 2001, 452; a. A. offenbar Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 214, der (auch) bei einer Verletzung des formellen interkommunalen Abstimmungsgebots ohne weiteres auf die Nichtigkeit des Bauleitplans schließen will, was dadurch zu erklären sein mag, dass er entgegen der insoweit h. M. auch die verfahrensmäßige Seite des Abstimmungsgebots (selbst insoweit freilich nicht ganz eindeutig, s. o. Fn. 5), bei § 2 Abs. 2 BauGB verortet. 552

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schutz aus § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB zu Abwehrrechten dieser Gemeinde führt, die durch die Planerhaltungsvorschriften der §§ 214 f. BauGB nicht eingeschränkt werden. Bei einer Verletzung des formellen Beteiligungsrechts aus § 4 BauGB kann es dagegen nach Maßgabe des § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB zu diesbezüglichen Einschränkungen kommen554.

554 Was ebenfalls zu dem schon oben angesprochenen Phänomen beitragen mag, dass dem Recht der Nachbargemeinden aus § 4 BauGB in der Praxis eine geringere Bedeutung als denen aus § 2 Abs. 2 BauGB zukommt, s. § 2 A. III.

Zweites Kapitel

Rechtsschutz der Nachbargemeinde gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde War das vorhergehende Kapitel den Rechten der Nachbargemeinde im Bauleitplanverfahren der Standortgemeinde gewidmet, soll im Folgenden erörtert werden, welche prozessualen Möglichkeiten der Nachbargemeinde zur Verfügung stehen, jene Rechte durchzusetzen. Bevor dazu der Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne näher betrachtet wird (dazu im Dritten Kapitel), soll in diesem Kapitel – in gleichsam umgekehrt chronologischer Reihenfolge der denkbaren Angriffszeitpunkte – ausgeleuchtet werden, auf welche Weise sich die Nachbargemeinde gegen einen bereits in Kraft gesetzten Bebauungsplan der Standortgemeinde wehren kann (§ 4), ob und inwieweit ihr solche Möglichkeiten auch in Bezug auf den erst drohenden Erlass eines solchen Plans zustehen (§ 5), ob sie sich gegen einzelne Maßnahmen aus dem Aufstellungsverfahren verteidigen kann (§ 6), und ob sie schließlich in der Lage ist, ihre Primäransprüche auf Abstimmung, Funktionsschutz und Beteiligung auch unmittelbar im Planaufstellungsverfahren durchzusetzen (§ 7).

§ 4 Repressiver Rechtsschutz gegen Bebauungspläne Anders als beim Flächennutzungsplan1 hat sich der Gesetzgeber im Hinblick auf den Rechtsschutz gegen Bebauungspläne in zweierlei Hinsicht ausdrücklich geäußert. Er hat nämlich nicht nur in Bezug auf die Rechtsnatur dieses Plans in § 10 Abs. 1 BauGB vorgegeben, dass er als Satzung beschlossen werde, er hat vielmehr zugleich auch in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO angeordnet, dass gegen ihn der Normenkontrollantrag statthaft sei.

A. Zulässigkeit des Normenkontrollantrags Die Zulässigkeit eines solchen Antrags der Nachbargemeinde ist deshalb in rechtlicher Hinsicht regelmäßig unproblematisch. Da die Nachbargemeinde ihre Antragsberechtigung nicht aus der zweiten, sondern nur aus der ersten Alterna-

1

Dazu näher unter § 8.

§ 4 Repressiver Rechtsschutz gegen Bebauungspläne

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tive des § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO herleiten kann2, setzt die Zulässigkeit ihres Antrags voraus, dass sie „geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder ihre Anwendung in [ihren] Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden“. Die Anforderungen, die dabei an die „Geltendmachung“ einer Rechtsverletzung gestellt werden, sind keine höheren, als sie bei § 42 Abs. 2 VwGO gestellt werden, sodass es ausreicht, wenn sie Tatsachen vorträgt, die es als zumindest möglich erscheinen lassen, dass sie durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in ihren subjektiven Rechten verletzt wird3. Dass der Nachbargemeinde überhaupt Rechte zustehen, die durch einen Bebauungsplan der Standortgemeinde verletzt werden können, ist nach dem oben (im Ersten Kapitel) Gesagten nicht mehr zweifelhaft. Problematisch kann daher im konkreten Einzelfall allenfalls die tatsächliche Frage sein, ob darüber hinaus die „Möglichkeit“ einer Verletzung dieser Rechte besteht. Ihre Beantwortung hängt von den Umständen des jeweiligen Sachverhalts ab und ist nach den dazu oben entwickelten Maßstäben zu beantworten4. Erwägen könnte man daher allenfalls noch, ob die Zulässigkeit eines Normenkontrollantrags der Nachbargemeinde gegen einen Bebauungsplan am möglicherweise fehlenden Rechtsschutz- bzw. Beanstandungsinteresse5 dieser Körperschaft scheitern kann6. Diese Frage wird im intrakommunalen Konflikt ins2 Eine Antragsbefugnis als „Behörde“ i. S. d. § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 VwGO scheidet bei der Nachbargemeinde von vornherein aus, weil sie das insoweit zur Vermeidung von „Behördenpopularklagen“ erforderliche qualifizierte Verhältnis zu der fraglichen Norm (vgl. Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 353 a. E.; Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 14, Rn. 20) als „bloß“ Drittbetroffene nicht aufweist; vgl. zu den Festsetzungen eines Bebauungsplans statt aller BVerwG, Beschl. v. 15.03.1989 – 4 NB 10/88, BVerwGE 81, 307 (310); VGH Mannheim, Urt. v. 27.02.1987 – 5 S 2472/86, NVwZ 1987, 1088; OVG Koblenz, Urt. v. 06.03.2002 – 8 C 11131/01, DÖV 2002, 622; Battis in: dems./Krautzberger/Löhr, BauGB, § 2 Rn. 24. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Nachbargemeinde zugleich Baurechtsbehörde und als solche etwa für die Entscheidung über die Zulässigkeit von Bauvorhaben zuständig wäre, die im Geltungsbereich des beanstandeten Bebauungsplans der Standortgemeinde errichtet werden sollen; ein solcher Fall aber kann etwa in Baden-Württemberg nicht eintreten (vgl. §§ 46, 48 LBO, 13 ff. LVG, 3 LVwVfG). 3 Vgl. BVerwG, Urt. v. 10.03.1998 – 4 CN 6/97, NVwZ 1998, 732 f.; Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 14, Rn. 21; Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 349; W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 54. 4 Näher dazu o. § 1. 5 Vgl. zur Verwandtschaft von dem Rechtsschutzinteresse, wie es bei dem Schutz subjektiver Rechte dienenden Klageverfahren erforderlich ist, und dem objektiven Kontroll- oder Beanstandungsinteresse, wie es für die Initiierung objektiver Kontrollverfahren notwendig ist, Kopp/Schenke, VwGO, Vorb § 40 Rn. 31. 6 S. dazu BVerwG, Urt. v. 23.04.2002 – 4 CN 3/01, NVwZ 2002, 1126 (1127), wonach mit „dem Erfordernis des Vorliegens eines allgemeinen Rechtschutzinteresses neben der Antragsbefugnis [. . .] nur vermieden werden [soll], dass die Gerichte in eine Normprüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Ast. wertlos ist. Zu fragen ist, ob der Ast. durch die von ihm angestrebte Nichtigkeitserklärung des Bebauungsplans seine Rechtsstellung verbessern kann“ (m.w. N.); ähnlich OVG Weimar, Urt. v. 20.12.

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2. Kap.: Rechtsschutz gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde

besondere für die Situation diskutiert, in der sich ein Grundstückseigentümer gegen einen Bebauungsplan wendet, auf dessen Grundlage einem Nachbarn eine Baugenehmigung erteilt wurde. Hier wird unter bestimmten Voraussetzungen angenommen, dass die Möglichkeit der Erteilung einer Baugenehmigung Einfluss auf die Frage haben kann, ob sich der Grundstückseigentümer (auch) gegen den Bebauungsplan wenden kann7. Im Hinblick auf den interkommunalen Konflikt wäre es jdfs. nicht überzeugend, schon vor dem Erlass einer Baugenehmigung zu argumentieren, der Nachbargemeinde fehle das Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan, weil sie abwarten könne, ob für das fragliche Plangebiet überhaupt eine Baugenehmigungen erteilt werde, da erst von der Verwirklichung eines Vorhabens die die Nachbargemeinde „eigentlich“ beeinträchtigende Belastung ausgehe. Ganz abgesehen davon, dass es im Gebiet eines abstimmungswidrigen Bebauungsplans keineswegs in jedem Fall zur Erteilung von Baugenehmigungen kommen muss, widerspräche eine solche Argumentation schon der Wertung des § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO, der gerade davon ausgeht, dass die Normenkontrolle nicht nur gegen die „Anwendung“ einer Rechtsvorschrift, sondern auch gegen diese selbst zulässig sein kann8. Darüber hinaus würde dabei verkannt, dass die Verletzung der im interkommunalen Konflikt im Mittelpunkt stehenden subjektiven Rechte – namentlich desjenigen auf zwischengemeindliche Abstimmung – schon durch einen nicht abgestimmten Plan selbst bewirkt wird, weshalb die „eigentliche“ Beeinträchtigung der Nachbargemeinde durchaus nicht „erst“ durch die Verwirklichung eines Vorhabens im Plangebiet bewirkt wird. Da diese Beeinträchtigung aber nie durch die bloße Beseitigung einer auf der Grundlage des abstimmungswidrigen Plans zusätzlich erteilten Baugenehmigung beseitigt werden kann, wäre es nicht überzeugend, der Nachbargemeinde das Rechtsschutz- bzw. Beanstandungsinteresse im Hinblick auf etwaige Möglichkeiten des inzidenten Rechtsschutzes abzusprechen9.

2004 – 1 N 1096/03, ThürVBl. 2005, 162 (163; juris-Tz. 57); Ziekow, BauR 2007, 1169 (1175). 7 Vgl. etwa Dürr, Baurecht BW, Rn. 292 m.w. N. 8 Eine derart weite Einschränkung der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags wird denn auch im intrakommunalen Verhältnis nicht vertreten, vgl. Dürr, Baurecht BW, Rn. 292; Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 91. 9 Restriktiv insoweit auch Schenke, in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (553), der etwas anderes „lediglich dann“ für „vertretbar“ erachtet, „wenn sich die aus dem Bebauungsplan ergebenden rechtlichen Beeinträchtigungen für die Nachbargemeinde im Erlass einer durch diese anfechtbare Baugenehmigung erschöpfen und weitere die Nachbargemeinde belastende Baugenehmigungen auf der Basis des Bebauungsplans nicht mehr in Betracht kommen.“; ebenso ders., VerwArch. 98 [2007], sub II.1.b.; jeweils unter Verweis auf Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 92.

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B. Begründetheit des Normenkontrollantrags Kann die Nachbargemeinde die Hürde der Zulässigkeit überwinden, prüft das OVG bzw. der VGH den angegriffenen Bebauungsplan grundsätzlich in jeder Hinsicht auf seine Rechtswirksamkeit, da das Normenkontrollverfahren als objektives Beanstandungsverfahren ausgestaltet ist10. Konnte die Nachbargemeinde geltend machen, dass in dem Verfahren zur Aufstellung des angegriffenen Bebauungsplans gegen ihre Rechte aus §§ 2 Abs. 2, 4 BauGB verstoßen wurde11, wird das Gericht (auch) die Einhaltung dieser Vorschriften prüfen. Stellt es dabei einen Verstoß gegen § 2 Abs. 2 BauGB fest, hat es den Plan gem. § 47 Abs. 5 S. 2 VwGO – mangels Einschlägigkeit der §§ 214 f. BauGB12 – ohne weiteres, im Falle eines Verstoßes gegen § 4 BauGB nach Maßgabe der §§ 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB13 für unwirksam zu erklären.

§ 5 Präventiver Rechtsschutz gegen Bebauungspläne Schwieriger als die Möglichkeiten des repressiven Rechtschutzes gegen Bebauungspläne ist dagegen die Frage zu beantworten, ob der Nachbargemeinde insoweit auch präventive Rechtsschutzwege zur Verfügung stehen. Insoweit kommt neben einer vorbeugenden Normenkontrolle (A.) die Erhebung einer (vorbeugenden) Unterlassungs- (B.) oder Feststellungsklage (C.) in Betracht.

A. Vorbeugender Normenkontrollantrag? Da Bebauungspläne, wie gezeigt, nachträglich nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zu kontrollieren sind, könnte man zunächst daran denken, ob ein vorbeugender Rechtsschutz hiergegen nicht ebenfalls im Normenkontrollverfahren vor dem OVG bzw. VGH zu gewährleisten ist. Dagegen spricht indes, dass der Wortlaut 10 S. zu diesem objektivrechtlichen Charakter des Normenkontrollverfahrens nur Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 356; VGH München, Beschl. v. 09.08.1985 – 1 N 85 A.774 u. a., BayVBl. 1986, 497 (498 f.); Blechschmidt, ZfBR 2007, 120 (126); Beckmann, BauR 2007, 773; Ehlers, Jura 2007, 179 (180); Ziekow, BauR 2007, 1169; vgl. auch Maurer, in: Univ. Tübingen (Hrsg.), Kern-FS, S. 275 (288 ff.). 11 Zu der Frage, ob die Gemeinde in einem unmittelbar gegen den Bebauungsplan gerichteten Normenkontrollverfahren auch erreichen kann, dass inzident geprüft wird, ob gegen die §§ 2 Abs. 2, 4 BauGB im Verfahren zur Aufstellung des dem Bebauungsplans zugrundliegenden (s. § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB) Flächennutzungsplans verstoßen wurde, s. näher unten im Kapitel über den Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne (§ 10 C.). 12 S. § 3 A. u. B. 13 S. § 3 C.

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des § 47 VwGO in Abs. 1 Nr. 1 einen „Bebauungsplan“ und keinen „Bebauungsplanentwurf“ fordert und in Abs. 5 S. 2 Hs. 1 von seiner „Gültigkeit“ ausgeht. Daraus folgert die ganz h. M., dass Rechtsvorschriften – nicht zuletzt zum Schutz der OVGe vor letztlich unnötigen Verfahren – frühestens ab dem Zeitpunkt zum Gegenstand einer Normenkontrolle gemacht werden können, ab dem sie verkündet sind14. Allerdings wird teilweise eine Ausnahme von der restriktiven Handhabung des § 47 Abs. 1 VwGO für den Fall befürwortet, dass ein Bebauungsplanentwurf die sog. materielle Planreife i. S. d. § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB erlangt hat15. Zur Begründung dieser Ansicht wird darauf verwiesen, dass auch die h. M. für die Anwendung des § 47 Abs. 1 VwGO nicht verlange, dass eine Rechtsvorschrift schon in Kraft getreten sein müsse, sondern deren Verkündung ausreichen lasse. Diese zutreffende Einschränkung finde ihre Rechtfertigung darin, dass es für die Kontrollfähigkeit einer Norm ausreiche, dass diese im Rechtssetzungsverfahren einen materiellen Stand erreicht habe, in dem sie „gewissermaßen in ihrem Inhalt sicher festgestellt ist, also sich dem Normenkontrollverfahren ein hinreichend konkreter, nicht mehr variabler Gegenstand“16 biete. Wenn ein Bebauungsplan aber die materielle Planreife erlangt habe, bedeute das nichts anderes als die Erwartung, dass die entstehende Norm mit der schließlich entstandenen inhaltlich identisch sein werde. Die Interessenlage sei dann aber keine andere als bei einem nach § 10 Abs. 3 S. 1 BauGB bekannt gemachten Plan17, sodass kein Grund bestehe, ihn von der Normenkontrolle auszunehmen18. Das müsse umso mehr gelten, als sich die Auswirkungen eines 14 Vgl. VGH München, Beschl. v. 09.08.1985 – 1 N 85 A.774 u. a., BayVBl. 1986, 497 (498); VGH Kassel, Beschl. v. 12.11.1981 – IV N 5/81, BRS 38 Nr. 42, S. 101 (102); Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 15; Wolff, in: dems./Decker, VwGO/VwVfG, § 47 VwGO Rn. 16; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 47 Rn. 65; Redeker/ v. Oertzen, VwGO, § 47 Rn. 10b.; Lapp, Rechtsschutz, S. 43 f., 302 f.; noch strenger stellt Reidt, LKV 1994, 93 (95), auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens ab. 15 Vgl. Jäde, BayVBl. 1985, 225 ff.; dens., BayVBl. 1986, 499; dens., BayVBl. 2003, 449 ff.; dens., in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 30 BauGB Rn. 57; Uechtritz, BauR 1999, 572 (587); zumindest einstweiligen Rechtsschutz nach § 47 Abs. 6 VwGO will in solchen Fällen auch das OVG Schleswig, Beschl. v. 29.03.1994 – 1 M 14/94, NVwZ 1994, 916 (917), gewähren, wenn „ansonsten tatsächlich eine nicht wiedergutzumachende Rechtsschutzlücke entstehen würde“, was der Gericht in casu zwar verneinte, in anderen Fällen aber für möglich erachtete; grds. für die Zulässigkeit einer „präventiven prinzipalen Normenkontrolle nach § 47 [VwGO]“ auch Karpen, NJW 1986, 881 (884). 16 Jäde, BayVBl. 1985, 225 (226). 17 Bekannt gemacht wird genau genommen nicht der Bebauungsplan selbst, sondern die Erteilung der Plangenehmigung (s. § 10 Abs. 3 S. 1 BauGB); diese tritt i.V. m. der Auslegung an die sonst bei Normen üblichen Verkündung (vgl. VGH München, Beschl. v. 09.08.1985 – 1 N 85 A.774 u. a., BayVBl. 1986, 497 [498]). – Hier soll es aber bei der in diesem Sinne zu verstehenden Formulierung von der „Bekanntmachung des Bebauungsplans“ sein Bewenden haben. 18 S. Jäde, BayVBl. 1985, 225, zu § 12 Satz 3 BBauG.

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solchen Planentwurfs gerade aus Sicht des von einer Baugenehmigung betroffenen Nachbarn in keiner Weise von denen eines geltenden Bebauungsplans unterschieden19. Die – vom BVerwG noch nicht abschließend beantwortete20 – Frage, ob auch materiell planreife Bebauungspläne zum Gegenstand einer Normenkontrolle nach § 47 VwGO gemacht werden könne, ist indes zu verneinen, weil der Vergleich eines bekannt gemachten mit einem (nur) materiell planreifen Bebauungsplanentwurf nicht weit genug trägt. Sicher trifft es zu, dass ein solcher Entwurf erst dann als „planreif“ behandelt und zur Grundlage von vorgreiflich erteilten Baugenehmigungen gemacht wird, wenn er eine große inhaltliche Festigung erreicht hat. Entscheidend ist aber, dass die Standortgemeinde dessen ungeachtet dadurch in ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit noch in keiner Weise gebunden ist. An dem Umstand, dass der Bauherr „diese“, also die „künftigen Festsetzungen“ für sich als verbindlich anerkennt (arg. e § 33 Abs. Nr. 3 i.V. m. Nr. 2 BauGB), zeigt sich, dass nur er – der Bauantragsteller – dazu verpflichtet sein kann, sein Vorhaben an Festsetzungen anzupassen, wenn diese sich anders gestalten als es bei der Genehmigung absehbar war, nicht aber, dass die Gemeinde nun verpflichtet wäre, ihre Festsetzungen an die einmal nach § 33 BauGB erteilte Baugenehmigung „angepasst“ zu belassen21. Ein Bebauungsplan mag also in der Tat „gewissermaßen in [seinem] Inhalt sicher festgestellt“ sein, wenn er zwar noch nicht in Kraft getreten, aber doch verkündet ist. Nur weil er die materielle Planreife erlangt hat, ist das aber noch nicht der Fall22. Dann aber liegt lediglich ein „Bebauungsplanentwurf“ und kein „gültiger Bebauungsplan“ vor, wie ihn der Wortlaut des § 47 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 S. 2 VwGO aus den genannten Gründen nun einmal fordert.

19 Vgl. Jäde, BayVBl. 1985, 225; dens., BayVBl. 2003, 449 (451); Uechtritz, BauR 1999, 572 (587, Fn. 106). 20 Das BVerwG bekundete in seinem Beschl. v. 15.10.2001 – 4 BN 48/01, ZfBR 2002, 172 f., zwar deutliche Sympathien für eine ebenfalls ablehnende Haltung, ließ es aber offen, ob eine „erweiternde Auslegung“ in „Betracht zu ziehen“ wäre, wenn andernfalls hinreichender Rechtsschutz nicht gewährt werden könnte. Das Gericht ging a. a. O. (S. 173) freilich davon aus, dass dieser jdfs. i. a. R. über eine Nachbarklage gegen die nach § 33 BauGB erteilten Baugenehmigungen gewährleistet sei. 21 So schon VGH Mannheim, Beschl. v. 29.06.1962 – I 384/62, ESVGH 12 Nr. 35, S. 152 (154); in diesem Sinne auch VGH München, Beschl. v. 09.08.1985 – 1 N 85 A.774 u. a., BayVBl. 1986, 497 (498). 22 A. A. Jäde, BayVBl. 1986, 499, der dem planreifen Bebauungsplan eine „Bindungswirkung“ auch zulasten der planenden Gemeinde zusprechen will, weil diese eine Baugenehmigung nicht mehr über § 36 BauGB verhindern dürfe, wenn die Voraussetzungen des § 33 BauGB vorlägen. – Dieser Hinweis trifft zwar als solcher zu, vermag aber das im Text genannte Argument nicht zu entkräften, weil er zwei verschiedene „Bindungswirkungen“ vermengt: die (zu bejahende) der Gemeinde im Hinblick auf die Baugenehmigung und diejenige – für § 47 VwGO allein interessante und zu verneinende – im Hinblick auf den künftigen Bebauungsplan.

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Auch Art. 19 Abs. 4 GG zwingt nicht zu einer Revision dieses Ergebnisses23. Die Nachbargemeinde kann sich zwar durchaus auf die dort verankerte Garantie des effektiven Rechtsschutzes berufen24. Eine von einer nach § 33 BauGB erteilten Baugenehmigung nachteilig betroffene Nachbarkommune kann gegen diese aber grundsätzlich im Wege der Anfechtungsklage – ggf. i.V. m. einem Antrag nach §§ 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 2, 80a Abs. 3 VwGO – vorgehen25; und selbst wenn dies im Einzelfall nicht zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes ausreichen sollte, ist nicht einzusehen, warum ausgerechnet das prinzipale Normen23 A. A. wohl OVG Schleswig, Beschl. v. 29.03.1994 – 1 M 14/94, NVwZ 1994, 916 (917), unter Hinweis darauf, dass die Erteilung von Baugenehmigungen u. U. zur Schaffung vollendeter Tatsachen führen könne, die der Nachbar durch einen Angriff auf den später in Kraft getretenen Bebauungsplan nicht mehr beseitigen könne. 24 Das BVerfG hat zwar bislang darauf verzichtet, die Frage, ob juristischen Personen des öffentlichen Rechts die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG zugute kommt, grundsätzlich zu klären (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.07.1982 – 2 BvR 1187/ 80, BVerfGE 61, 82 (109); dass., Urt. v. 12.03.2003 – 1 BvR 330/96, 384/99, BVerfGE 107, 299 (311)). Dass aber jdfs. die Gemeinden ein Recht auf effektiven Rechtsschutz genießen, ist zumindest unter denjenigen, die jene Körperschaften – wie hier (s. § 2 A. I. 2. c) – als taugliche Träger von subjektiven Rechten erachten, unstreitig. Differenzen bestehen lediglich in der Begründung dieses Ergebnisses: Teils wird argumentiert, zwar sei das formale Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG auf die Gemeinden nicht anwendbar, weil diese als juristische Personen des öffentlichen Rechts generell nicht grundrechtsfähig seien (vgl. insoweit Krüger/Sachs, in: Sachs [Hrsg.], GG, Art. 19 Rn. 108, 114; wohl auch Leibholz/Rinck, GG, Art. 19 Rn. 131 i.V. m. Rn. 246), doch könne ein Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG selbst abgeleitet werden (vgl. Bethge, DV 15 [1982], 205 [217]; dens., in: v. Mutius [Hrsg.], v. Unruh-FG, S. 149 [168]; Löwer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 41); andere dagegen halten Art. 19 Abs. 4 GG durchaus für anwendbar, entweder indem sie diesen als ein den Art. 101 Abs. 1 S. 2, 103 Abs. 1 GG vergleichbares „Prozessgrundrecht“ einordnen, auf die sich im Rechtsstaat auch andere als Grundrechtsträger berufen können (vgl. Gern, Kommunalrecht BW, Rn. 452; Lerche, in: Maunz [Hrsg.], BayVGH-FS, S. 223 [225 Fn. 7]; ebenso die Auffassung der beschwerdeführenden Allgemeinen Ortskrankenkassen [AOK] in BVerfG, Beschl. v. 09.04.1975 – 2 BvR 879/73, BVerfGE 39, 302 [307], und die der beschwerdeführenden Gemeinde Sasbach in BVerfG, Beschl. v. 08.07.1982 – 2 BvR 1187/80, BVerfGE 61, 82 [94]; in diese Richtung tendieren offenbar auch Jarass/Pieroth, GG, Art. 19 Rn. 48), oder indem sie es für die Anwendbarkeit des Art. 19 Abs. 4 GG genügen lassen, dass der Rechtsschutzsuchende ein anderes verfassungsunmittelbares subjektives Recht als ein Grundrecht innehat (vgl. Schenke, in: Dolzer u. a. [Hrsg.], BK-GG [Zweitb.], Art. 19 Abs. 4 Rn. 38; dens., Bergbau, S. 106; dens., UTR 12 [1990], 69 [75]; Krüger/Sachs, in: Sachs [Hrsg.], GG, Art. 19 Rn. 108, die neben Grundrechten auch „sonstige verfassungsrechtlich garantierte subjektive Rechte“ für ausreichend halten, ohne sich allerdings ausdrücklich zu Art. 28 Abs. 2 GG zu äußern; Lorenz, Rechtsschutz des Bürgers, S. 122 f.; im Ergebnis auch Bettermann, in: Bettermann/ Nipperdey/Scheuner [Hrsg.], Die Grundrechte, Bd. III/2, S. 787; ebenso Schnapp, Städtetag 1969, 534 [536 f.], der freilich Gemeinden für auch materiell grundrechtsfähig hält; auch Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. III, Art. 19 Abs. 4 Rn. 43, räumt ein, dass zumindest dieser Umstand für eine Einbeziehung der Gemeinden in den Schutzbereich des Art. 19 Abs. 4 GG spricht, auch wenn er dies im Ergebnis ablehnt). 25 Näher dazu unter § 14 G.

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kontrollverfahren nach § 47 VwGO, zu dessen Einführung der Gesetzgeber verfassungsrechtlich ohnehin nicht verpflichtet war26, Abhilfe bieten soll27. Zumindest im Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO kann daher nach alledem eine präventive Prinzipalkontrolle eines künftigen Bebauungsplans nicht erreicht werden.

B. Vorbeugende Unterlassungsklage? Möglicherweise kann die Nachbargemeinde aber präventiven Prinzipalrechtsschutz gegen die drohende Inkraftsetzung eines abstimmungswidrigen Bebauungsplans dadurch erreichen, dass sie Klage auf „Unterlassung der Fortführung der Bauleitplanung“ erhebt. In Rechtsprechung und Literatur wird die Zulässigkeit solcher vorbeugenden Klagen vielfach befürwortet (I.). Diese Ansicht wird kritisch zu hinterfragen sein (II.–III.). I. Die Krabbenkamp-Entscheidung In dem für den interkommunalen Rechtsschutz grundlegenden und schon vielfach angesprochenen Krabbenkamp-Urteil des BVerwG vom 08.09.197228 hatte die beklagte Standortgemeinde für eine bis dahin unbeplante und landwirtschaftlich genutzte Fläche auf ihrem Gemeindegebiet, dem sog. Krabbenkamp, einen Flächennutzungsplan aufgestellt, der zwei reine Wohngebiete vorsah, und begonnen, aus diesem Plan einen Bebauungsplan zu entwickeln. Noch bevor das Bebauungsplanverfahren abgeschlossen war, erhoben Nachbargemeinden Klagen mit dem Antrag festzustellen, dass „die beklagte Gemeinde nicht berechtigt ist, auf der Grundlage ihrer Beschlüsse die Ortsplanung im Bereich des [Krabbenkamp] weiter zu betreiben“29. Obwohl in dem konkreten Verfahren also eine Feststellungsklage zu prüfen war, konstatierte das Gericht doch, dass „sich das von den Klägerinnen verfolgte Ziel [. . .] ebenfalls durch Unterlassungsklage verfolgen ließe“30. Diese Möglichkeit einer gegen den drohenden Bebauungsplan gerichteten Unterlassungsklage, mit der geltend gemacht wird, dass die Standortgemeinde nicht berechtigt sei, „ihre Bauleitplanung [. . .] auf 26 Vgl. VGH München, Beschl. v. 09.08.1985 – 1 N 85 A.774 u. a., BayVBl. 1986, 497 (499). 27 Im Ergebnis wie hier OVG Greifswald, Beschl. v. 16.11.2004 – 4 M 286/04, n. v., juris-Tz. 15; VGH München, Beschl. v. 09.08.1985 – 1 N 85 A.774 u. a., BayVBl. 1986, 497 (498 f.); ders., Beschl. v. 12.04.1978 – 268 IX 78, BayVBl. 1978, 438 f.; VGH Mannheim, Beschl. v. 29.06.1962 – I 384/62, ESVGH 12 Nr. 35, S. 152 ff.; VGH Kassel, Beschl. v. 12.11.1981 – IV N 5/81, BRS 38 Nr. 42, S. 101 ff., Birk, BayVBl. 1976, 744 (748); ders., JuS 1979, 412 (413); Lapp, Rechtsschutz, S. 43 f.; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 33 Rn. 101. 28 Vgl. erneut BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 ff. 29 BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (325). 30 BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (327).

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2. Kap.: Rechtsschutz gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde

der Grundlage des Flächennutzungsplans fortzuführen“31, wird auch in der Literatur vielfach zustimmend aufgegriffen32. Da sich die Klägerinnen in der Krabbenkamp-Entscheidung um einen vorbeugenden Rechtsschutz bemühten33, musste sich das BVerwG mit der von der Vorinstanz zwar offen gelassenen, aber skeptisch beurteilten34 Frage befassen, ob sie das für diese Rechtsschutzform ganz überwiegend geforderte „qualifizierte Rechtsschutzinteresse“ geltend machen konnten. Denn da die VwGO den nachträglichen Rechtsschutz als grundsätzlich ausreichend und angemessen erachtet, besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass nur derjenige zulässigerweise vorbeugenden Rechtsschutz suchen kann, dem es – ausnahmsweise – unzumutbar ist, die drohende Rechtsverletzung abzuwarten35. Einen solchen Ausnahmefall sah das Gericht aber für die zu beurteilende Konstellation als gegeben an. So sei es den Klägerinnen unzumutbar, nicht schon vor Erlass der Bebauungsplans Rechtsschutz in Anspruch nehmen zu dürfen, weil andernfalls 31

Dürr, Baurecht BW, Rn. 287. Vgl. Dürr, Baurecht BW, Rn. 287; Brohm, Baurecht, § 6 Rn. 16; Krebs, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsrecht, 4. Kap., Rn. 229; Oldiges, in: Steiner (Hrsg.), Verwaltungsrecht, Kap. IV, Rn. 108; Hoppe, in: v. Mutius (Hrsg.), v. UnruhFG, S. 555 (578); Erbguth in: Achterberg/Püttner/Würtenberger (Hrsg.), Verwaltungsrecht, Bd. I, Kap. 3, Rn. 262; Rabe/Heintz, Bau- und Planungsrecht, Abschn. C Rn. 185; Erbguth/Wagner, Grundzüge, § 15 Rn. 15; Gaentzsch, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), BerlK-BauGB, § 2 Rn. 14; Pappermann, JuS 1973, 689 (694); Fingerhut, Gemeindenachbarklage, S. 115 i.V. m. 148; Grauvogel, in: Brügelmann, BauGB, 1987, § 2 Rn. 45; Hoppe, in: Wolff-FS, S. 307 (322 f.); Leder, Rechtsfragen, S. 134; für „Ausnahmefälle“ auch Battis, in: dems./Krautzberger/Löhr, BauGB, § 2 Rn. 25. 33 Anders noch die Vorinstanz mit dem Hinweis, die Klage richte sich „im Kern“ gegen den schon in Kraft befindlichen Flächennutzungsplan selbst (OVG Lüneburg, Urt. v. 17.11.1970 – I OVG A 97/69, DVBl. 1971, 322 [323]). Das BVerwG hat demgegenüber herausgestellt, dass der „vorbeugende Rechtsschutz nicht durch seinen Anlaß, sondern durch sein Ziel gekennzeichnet“ werde, das in casu in der Verhinderung – eben noch nicht wirksamer – Festsetzungen des Bebauungsplans bestand (s. dass., Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 [326]; Hervorhebung durch den Verf.). 34 Vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 17.11.1970 – I OVG A 97/69, DVBl. 1971, 322 (323, dort a. E. der r. Sp.). 35 Vgl. nur BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (326 f.); dass., Urt. v. 29.07.1977 – IV C 51/75, BVerwGE 54, 211 (215 f.); VG Oldenburg, Beschl. v. 02.02.2000 – 1 B 82/00, NVwZ 2001, 349; Baumeister, Beseitigungsanspruch, 2006, S. 26 f.; Birk, BayVBl. 1976, 744 (747); dens., JuS 1979, 412; Ehlers, Jura 2006, 351 (356 f.); Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 16, Rn. 25 f.; Lorenz, Verwaltungsprozeßrecht, § 24 Rn. 2, 7; Lapp, Rechtsschutz, S. 36; Pietzner, in: Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 42 Abs. 1 Rn. 162, 166; Pietzner/ Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 10 Rn. 3, u. § 18, Rn. 8; Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 165; Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 712; krit. gegenüber dem „qualifizierten Rechtsschutzbedürfnis“ Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 355; ders., Rechtsschutz, S. 205 f., der die Statthaftigkeit der vorbeugenden Unterlassungsklage über die Annahme ungeschriebener Verfahrenskonkurrenzregeln einschränkt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Vorb § 40 Rn. 33). 32

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die Gefahr eines faktischen Planvollzuges drohe. Das müsse umso mehr gelten, als – so das Gericht 1972 – nicht gesichert sei, ob den Gemeinden überhaupt eine angemessene Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes zur Verfügung stehe. Denn die in Betracht kommende Normenkontrolle gegen den Bebauungsplan bleibe hinter der vorbeugenden Unterlassungsklage in ihrer „verfahrensmäßigen Ausgestaltung“ hinter den sonstigen Rechtsschutzformen zurück, was sich „u. a.“ daran zeige, dass dort der Revisionsrechtszug nicht eröffnet sei36. II. Zulässigkeit der Unterlassungsklage vor den Verwaltungsgerichten Ob eine Unterlassungsklage der Nachbargemeinde, die sich gegen die „Fortführung der Bauleitplanung“ und damit gegen die drohende Inkraftsetzung eines Bebauungsplans richtet, zumindest heute (noch) als zulässig angesehen werden kann, ist aber fraglich. Bedenken, die insoweit bereits in Bezug auf die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges (1.) oder die Statthaftigkeit (2.) vorgetragen werden, stünden der Zulässigkeit einer solchen Klage zwar nicht zwingend entgegen. Zweifelhaft erscheint aber, ob die Nachbargemeinde insoweit klagebefugt ist (3.) und das dafür erforderliche Rechtsschutzbedürfnis aufzeigen kann (4.). 1. Verwaltungsrechtsweg? Das BVerwG hat seine Ausführungen aus dem Krabbenkamp-Urteil zu der seitdem ständig vertretenen Auffassung verallgemeinert, dass „einem gegen Maßnahmen der Rechtssetzung gerichteten vorbeugenden Rechtsschutz keine schlechthin durchgreifenden prozessualen Hindernisse entgegenstehen. [. . .] Wenn es gleichwohl einen über das Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO hinausgehenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz gegen Maßnahmen der Rechtssetzung in aller Regel ,nicht gibt‘, dann hat das andere Gründe. Es liegt daran, daß das materielle Recht nur in seltenen Ausnahmefällen einen entsprechenden (Unterlassungs-)Anspruch gewährt [. . .]“37. Diese Formulierungen lassen darauf schließen, dass die Rechtsprechung jdfs. nicht daran zweifelt, dass für eine vorbeugende Unterlassungsklage gegen Bebauungspläne der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 VwGO eröffnet ist. Nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg nur gegen öffentlich-rechtliche Streitigkeiten „nichtverfassungsrechtlicher Art“ gegeben. 36

Vgl. BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (326 f.). BVerwG, Urt. v. 29.07.1977 – IV C 51/75, BVerwGE 54, 211 (215); ebenso VGH München, Beschl. v. 12.04.1978 – 268 IX 78, BayVBl. 1978, 438 (439); ders., Urt. v. 04.09.1984 – 1 B 82 A.439, BayVBl. 1985, 83 (84); OVG Greifswald, Beschl. v. 16.11.2004 – 4 M 286/04, n. v., juris-Tz. 15; ähnliche Formulierungen auch bei Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 16 Rn. 14. 37

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Legt man die von der Rechtsprechung und der insoweit h. L. vertretene Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals zugrunde, stellen sich in Bezug auf § 40 VwGO auch in der Tat keine Bedenken ein. Denn fordert man insoweit eine „doppelte Verfassungsunmittelbarkeit“38, stellt die hier erörterte vorbeugende Leistungsklage der Nachbargemeinde keine „verfassungsrechtliche“ Streitigkeit dar, weil sie weder zwischen unmittelbar am Verfassungsleben Beteiligten ausgetragen wird, noch sich auf Rechte und Pflichten bezieht, die unmittelbar in der Verfassung geregelt sind39. Versteht man „verfassungsrechtliche Streitigkeiten“ dagegen in einem weiteren Sinne als Streitigkeiten, die den Verfassungsgerichten vorbehalten sein sollen, sich also als materielle Verfassungsgerichtsbarkeit darstellen40, kann es durchaus fragwürdig erscheinen, ob der Verwaltungsrechtsweg für die hier angedachte Unterlassungsklage eröffnet ist. So vertritt namentlich Schenke die Auffassung, die prinzipale Normenkontrolle, bei der die Gültigkeit einer Norm bzw. ihre Vereinbarkeit mit höherem Recht den Gegenstand des fraglichen Verfahrens bildet, gehöre zu den traditionellen Aufgaben der Verfassungsgerichtsbarkeit. Diese Wertung lasse sich in Bezug auf förmliche Parlamentsgesetze aus Art. 100 GG sowie in Bezug auf untergesetzliche Rechtsvorschriften aus Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG sowie den jeweils entsprechenden Vorschriften des Landesverfassungsrechts entnehmen und sei auch vom Gesetzgeber41 bei der Schaffung des § 47 VwGO zugrunde gelegt worden42. Prinzipale Normenkontrollen könn38 Vgl. v. Albedyll, in: Bader u. a., VwGO, § 40 Rn. 86; Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 110; Robbers, JuS 1988, 949 (950); Westbomke, Anspruch, S. 127; BVerwG, Urt. v. 11.07.1985 – 7 C 64/83, NJW 1985, 2344 f., das die großzügige Handhabung des § 40 VwGO a. a. O. mit der Erwägung stützt, das es zu verhindern gelte, das BVerfG „mit Spezialfragen zu belasten, denen die Fachgerichte näher stehen“; wenn auch kritisch gegenüber der „Kurzformel“ der „doppelten Verfassungsunmittelbarkeit“ in der Sache ebenfalls Bethge, Jura 1998, 529 (532). 39 Auch die in jüngerer Zeit neben diese h. M. tretenden materiellen Ansätze dürften hier zu keinem anderen Ergebnis kommen, so etwa wenn man als verfassungsrechtlich nur solche Streitigkeiten einordnen will, die „entscheidend vom Verfassungsrecht geprägt sind“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.10.1998 – 6 A 1/97, BVerwGE 107, 275 [278]; dass., Beschl. v. 13.08.1999 – 2 VR 1/99, BVerwGE 109, 258 [261]), oder danach fragen möchte, ob der „Rechtsschutzgegner ein Verfassungsrechtssubjekt ist, das als solches verpflichtet werden soll“ (so Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 40 Rn. 149, 154, 156); krit. zu diesen Abgrenzungstheorien sowie zur heute wohl nicht mehr vertretenen sog. formellen Theorie mit jeweils w. N. Schenke, AöR 131 [2006], 117 (128 f., 129 f. bzw. 119 f.). 40 Vgl. Schenke, AöR 131 [2006], 117 (130 ff.); dens., Verwaltungsprozessrecht, Rn. 129 ff.; dens., VerwArch. 82 [1991], 308 (338 f.); Kopp/Schenke, VwGO, § 40 Rn. 32a ff. (dort insb. Rn. 32d); abl. Pielow, DV 1999, 445 (468). 41 Vgl. insoweit BT-Drs. 3/55, S. 33, wo es in der Tat heißt, dass die abstrakte Normenkontrolle „ihrem Wesen nach an sich zur Verfassungsgerichtsbarkeit“ gehöre. 42 Vgl. Schenke, AöR 131 [2006], 117 (132 ff.); dens., Verwaltungsprozessrecht, Rn. 131, 1089; dens., VerwArch. 82 [1991], 308 (340, 343, 346 f.); dens, Rechtsschutz, S. 264 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, § 40 Rn. 32f ff., 33.

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ten daher nur dann in der Verwaltungsgerichtsbarkeit durchgeführt werden, wenn der Gesetzgeber dies ausdrücklich angeordnet habe; dies sei in § 47 VwGO geschehen, der sich somit im Verhältnis zu § 40 VwGO als Rechtswegerweiterung darstelle43. Auf dem Boden dieses Verständnisses zum Tatbestandsmerkmal der „Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art“ muss es zweifelhaft erscheinen, ob vor den Verwaltungsgerichten eine vorbeugende Unterlassungsklage gegen einen drohenden Bebauungsplan angestrengt werden kann, denn diese Unterart der Leistungsklage führt dann zur vorbeugenden prinzipalen Kontrolle eines Rechtssatzes, die in § 47 VwGO, wie gezeigt44, gerade nicht vorgesehen ist45. An dieser Stelle soll nicht entschieden werden, welcher der zum Tatbestandsmerkmal der „nichtverfassungsrechtlichen“ Streitigkeit vertretenen Grundauffassungen zu folgen ist. Auch ist hier nicht der Ort zu erörtern, ob vorbeugender Rechtsschutz gegen (untergesetzliche) Rechtsvorschriften vor den Verwaltungsgerichten möglich sein kann, wenn die in Rede stehenden Vorschriften nicht von § 47 Abs. 1 VwGO erfasst sind. Für die Fälle indes, in denen diese Vorschrift gegen die dort genannten Vorschriften einen repressiven Rechtsschutz zulässt, ist der Rechtsweg auch für einen damit korrespondierenden vorbeugenden Rechtsschutz als eröffnet anzusehen. Sollte es sich erweisen, dass die übrigen für einen solchen präventiven Rechtsschutz erforderlichen (und sogleich zu erörternden) Voraussetzungen gegeben sind, würde es der in § 47 VwGO enthaltenen Wertung, in bestimmten Fällen eine prinzipale Normkontrolle der Verwaltungsgerichtsbarkeit zuzuweisen46, widersprechen, wenn diese Zuweisung durch die Herausnahme des vorbeugenden Rechtsschutzes wieder eingeschränkt würde. Wäre man hier a. A., drohte darüber hinaus auch die Gefahr, dass solche Vorschriften nach ihrem Inkrafttreten von den OVGen bzw. VGHen, vor diesem Zeitpunkt aber – so man denn bereit ist, darauf bezogene Unterlassungsansprüche anzuerkennen – u. U. von der Verfassungsgerichtsbarkeit prinzipaliter kon43 Vgl. Schenke, AöR 131 [2006], 117 (133, 141); dens., UTR 12 [1990], 69 (88, 96); dens., Verwaltungsprozessrecht, Rn. 131; dens., VerwArch. 82 [1991], 308 (342 f.); Kopp/Schenke, VwGO, § 40 Rn. 32f, 32h. 44 Vgl. § 5. A. 45 Bedenken unter diesem Gesichtspunkt denn auch bei Schenke, in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (552); dems., VerwArch. 98 [2007], sub II.1.c.bb.; ähnlich ders., NVwZ 2007, 134 (144), in Bezug auf als normativ wirkend eingeordnete Flächennutzungsplandarstellungen; s. ferner Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 16; Birk, JuS 1979, 412 (413). – Schenke hielt allerdings wohl zumindest ursprünglich auch auf der Grundlage seines Verständnisses von der „nichtverfassungsrechtlichen“ Streitigkeit eine insoweit a. A. für vertretbar, wenn er an anderer Stelle darauf hingewiesen hat, dass sich der Bebauungsplan „im Grenzbereich von Rechtsnorm und Verwaltungsakt“ bewege (vgl. dens., Verwaltungsprozessrecht, Rn. 1090; eingeschränkt nun freilich von dems., in: Volkmann [Hrsg.], a. a. O., S. 549 [551 Fn. 8]); das „Grenzbereichsargument“ führt auch Karpen, NJW 1986, 881 (884), an. 46 Vgl. BT-Drs. 3/55, S. 33.

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2. Kap.: Rechtsschutz gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde

trolliert werden müssten. Eine derartige Rechtswegspaltung erschiene an dem Rechtsgedanken der Art. 93, 95 GG, sachlich zusammenhängende Streitigkeiten möglichst in einer Gerichtsbarkeit zu konzentrieren47, gemessen wenig glücklich und dürfte weder dem Ziel des Gesetzgebers, mit § 40 VwGO eine klare Abgrenzung von Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit zu erreichen48, noch der mit § 47 VwGO angestrebten Entlastungsfunktion im Verhältnis zur Verfassungsbeschwerde49 entsprechen50. Selbst wenn man diese Gefahr nicht sehen wollte, weil man Unterlassungsansprüche gegen untergesetzliche Rechtsnormen ablehnt, müsste dennoch eine Aufspaltung von sachlich zusammengehörenden Rechtsstreitigkeiten konstatiert werden. Denn der Rechtsschutz gegen Darstellungen eines Flächennutzungsplans ist jdfs. in dem Umfang, in dem man solchen Darstellungen eine normative Wirkung abspricht51, vor den Verwaltungsgerichten zu suchen, weshalb es nicht überzeugen würde, die Nachbargemeinde für den Rechtsschutz in Bezug auf Bebauungspläne, die aus solchen Darstellungen entwickelt wurden (s. § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB), auf einen anderen Rechtsweg zu verweisen. Die Frage, ob ein vorbeugender Rechtsschutz gegen Bebauungspläne i. Ü. zulässig ist, soll hier weder im positiven noch im negativen Sinne vorweg beantwortet werden. An der Eröffnung der Verwaltungsrechtswegs scheitert eine solche Rechtsschutzmöglichkeit aber nicht. 2. Statthaftigkeit? Zweifel an der Zulässigkeit einer diesbezüglichen Klage werden – aus unterschiedlichen Gründen – aber auch auf der Ebene der Statthaftigkeit geäußert. 47 Vgl. insoweit auch Schenke, VerwArch. 82 [1991], 308 (339 f.); dens., in: Dolzer u. a. (Hrsg.), BK-GG (Zweitb.), Art. 19 Abs. 4 Rn. 64, wonach Art. 93, 95 GG „so zu interpretieren sein [dürften], daß solche Streitigkeiten, die in einem engen sachlichen Zusammenhang miteinander stehen, mangels einer abweichenden gesetzlichen Regelung zur Wahrung der Einheitlichkeit und Kontinuität der Rechtsprechung möglichst bei einer Gerichtsbarkeit zu konzentrieren sind.“ 48 Vgl. zu diesem Telos BT-Drs. 3/55, S. 33; Schenke, AöR 131 [2006], 117; dens., Verwaltungsprozessrecht, Rn. 124; s. auch Lapp, Rechtsschutz, S. 304. 49 Vgl. insoweit Karpen, NJW 1986, 881 (884). 50 Im Ergebnis ebenso Pielow, DV 1999, 445 (465 f.), der noch weitergehend der Ansicht ist, dass untergesetzliche Rechtsvorschriften generell „vor dem Bundesverfassungsgericht nicht zu suchen“ hätten, weil „die Kontrolle der Exekutive“ Sache der Verwaltungsgerichte sei, die allein Rechtsschutz- und Tatsacheninstanzen zur Verfügung stelle (Hervorhebung im Original); zwischen der prinzipalen Kontrolle von förmlichen Gesetzen („Verfassungsstreitigkeit“) und untergesetzlichen Rechtsvorschriften (keine „Verfassungsstreitigkeit“) differenziert auch Bethge, Jura 1998, 529 (533); für den im Text erörterten Bereich wie hier auch Ehlers, Jura 2006, 351 (354); Seiler, DVBl. 2007, 538 (539). 51 Was nach h. M. für den Flächennutzungsplan insgesamt, nach hier vertretener Ansicht immerhin für einige seiner Darstellungen zutrifft; näher dazu unter § 8.

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a) Junktim zwischen der präventiven und repressiven Verfahrensart? Vereinzelt wird die Statthaftigkeit einer gegen einen Bebauungsplan gerichteten Unterlassungsklage mit dem Argument abgelehnt, dass „das Rechtsmittel, das es vorzuziehen gilt, als nachträglicher Rechtsbehelf statthaft sein“ müsse. Gegen einen einmal erlassenen Bebauungsplan sei aber allein der Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO statthaft und gerade nicht die Leistungsklage52. Zumindest so allgemein formuliert überzeugt dieser Einwand freilich nicht, weil es keineswegs so ist, dass die vorbeugende Unterlassungsklage als Unterfall der Leistungsklage stets nur in solchen Fällen statthaft wäre, in denen nachträglicher Rechtsschutz im Wege der allgemeinen Leistungsklage zu gewähren ist. Denn jene Klage ist nicht auf die schlicht-hoheitliche Betätigung der Verwaltung beschränkt, sondern kann zumindest nach h. M. ausnahmsweise auch gegen einen drohenden Verwaltungsakt zulässig sein53, der nach seinem Erlass gleichfalls nicht im Wege der Leistungs-, sondern in dem der Anfechtungsklage als „besonderer Gestaltungsklage“ anzufechten wäre. Ein allgemeiner Grundsatz des Inhalts, die Statthaftigkeit eines Rechtsmittels im vorbeugenden Rechtsschutz sei stets nur dann gegeben, wenn der nachträgliche Rechtsschutz in derselben Verfahrensart zu gewährleisten ist, besteht also nicht. b) Umgehung der besonderen Voraussetzungen des § 47 VwGO? Allerdings könnte in dem Hinweis auf die im nachträglichen Rechtsschutz statthafte Verfahrensart insofern ein überzeugenderes Argument gegen die Statthaftigkeit der vorbeugenden Leistungsklage liegen, als bei Bejahung dieser Klage eine Umgehung der besonderen Voraussetzung des § 47 VwGO drohen könnte54. Aus dem Umstand, dass ein Normenkontrollverfahren, wie gezeigt, grundsätzlich nur zulässig ist, wenn der Antragsteller antragsbefugt ist (vgl. § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 VwGO), kann für die Stützung der Umgehungsthese

52

In diesem Sinne Kriener, BayVBl. 1984, 97 (102). Vgl. zur Zulässigkeit einer vorbeugenden Leistungsklage gegen drohende Verwaltungsakte VG Würzburg, Urt. v. 14.04.1999 – W 10 K 98.509, n. v., juris-Tz. 23; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 16, Rn. 12; Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 10 Rn. 3; Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 141; Kopp/Schenke, VwGO, Vorb § 40 Rn. 34; Lorenz, Verwaltungsprozeßrecht, § 24 Rn. 3, 13 f.; Birk, BayVBl. 1976, 744 (749); Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 42 Rn. 162; Pietzner, in: Schoch/SchmidtAßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 42 Abs. 1 Rn. 166; Hüttenbrink, in: Kuhla/Hüttenbrink/Endler, Der Verwaltungsprozess, Kap. D, Rn. 217; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 356 ff.; dens., AöR 95 [1970], 223 (250 ff.); a. A. Schmitt Glaeser/Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 313. 54 Die Zulässigkeit einer vorbeugenden Leistungsklage gegen einen Bebauungsplan läuft nach Ansicht von Schenke, in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (552), auf eine Umgehung des § 47 VwGO hinaus; so tendenziell auch ders., NVwZ 2007, 134 (139). 53

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allerdings zumindest dann wenig Honig gesaugt werden, wenn man mit der insoweit h. M.55 § 42 Abs. 2 VwGO auf die Leistungsklage analog anwendet und auch dort eine Klagebefugnis verlangt. Denn die Anforderungen, die an die Antragsbefugnis bei § 47 VwGO gestellt werden, sind keine prinzipiell anderen als bei der Klagebefugnis i. S. d. § 42 Abs. 2 VwGO56. Auch die in § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO vorgesehene – und zum 01.01.2007 erneut verschärfte57 – Antragsfrist wird bei Zulassung einer vorbeugenden Leistungsklage nicht umgangen. Zwar sieht die VwGO für die Leistungsklage keine besonderen Fristen vor. Jedoch wird gerade die vorbeugende Unterlassungsklage naturgemäß noch vor Bekanntmachung des Bebauungsplans und damit zu einem Zeitpunkt erhoben, zu dem jene Frist noch gar nicht zu laufen begonnen hat. Etwas anderes könnte sich aber im Hinblick auf die durch die BauGB-Novelle 2007 eingeführte Vorschrift des § 47 Abs. 2a VwGO zur prozessualen Präklusion ergeben. Nach dieser Bestimmung ist der Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan nur im Hinblick auf die Einwendungen zulässig, die der Antragsteller bereits im Rahmen der förmlichen Beteiligung nach §§ 3 Abs. 2, 13 und 13a BauGB geltend gemacht hat58. Ließe man nun gegen einen bereits beschlossenen aber noch nicht bekannt gemachten Bebauungsplan die vorläufige Unterlassungsklage zu, könnte sich, so könnte man argumentieren, selbst derjenige noch gegen den Bebauungsplan wenden, der seiner Mitwirkungslast im Rahmen der förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligung nicht nachgekommen sei. Betrachtet man zunächst die Neuregelung allein, droht zwar an dieser Stelle in der Tat eine Umgehung der besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 47 VwGO. Dennoch ist es fraglich, ob diese Gefahr zwingend dazu führen muss, eine vorbeugende Unterlassungsklage gegen einen drohenden Bebauungsplan als (bereits) unstatthaft zu behandeln. Denn wenn die h. M. bereit ist, § 42 Abs. 2 VwGO auf die Leistungsklage im Wege der Analogie zu übertragen, liegt es nicht fern, auch § 47 Abs. 2a VwGO auf eine vorbeugende Unterlassungsklage, die sich gegen eine unter § 47 Abs. 1 VwGO fallende Rechtsvorschrift wendet, entsprechend anzuwenden und der Umgehungsgefahr auf diese Weise zu begegnen. Zumindest wenn man diesen Schritt – der sich 55 Ausf. dazu Ehlers, Jura 2006, 351 (355); s. ferner VGH München, Beschl. v. 26.03.2003 – 8 ZB 02.2918, BayVBl. 2004, 50; v. Albedyll, in: Bader u. a., VwGO, § 42 Rn. 111; Birk, JuS 1979, 412 (413); Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 16 Rn. 15; Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 159; Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 10, Rn. 5; a. A. Laubinger, VerwArch. 80 [1989], 261 (264). 56 Vgl. erneut BVerwG, Urt. v. 10.03.1998 – 4 CN 6/97, NVwZ 1998, 732 f.; Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 14 Rn. 21; Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 349. 57 Krit. Gronemeyer, BauR 2007, 815 (823 f.); insoweit keine Bedenken dagegen bei Beckmann, BauR 2007, 773. 58 Näher dazu Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 2007, 121 (127); Beckmann, BauR 2007, 773; Blechschmidt, ZfBR 2007, 120 (125 f.); Krautzberger, UPR 2007, 53 (55, 57); ders./Stüer, DVBl. 2007, 160 (168); Schröer, NZBau 2006, 773 (774); krit. Gronemeyer, BauR 2007, 815 (824 f.); Starke, JA 2007, 488 (491 f.).

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auf dem Boden der h. M. als konsequent erweist – mitzugehen bereit ist, ist durch eine Zulassung der vorbeugenden Unterlassungsklage gegen drohende Bebauungspläne keine Umgehung der besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Normenkontrolle zu befürchten. c) Umgehung der (restriktiven) Wertung des § 47 VwGO? Eine Umgehung des § 47 VwGO könnte sich aber in anderer Hinsicht ergeben. So wird gegen die Statthaftigkeit einer vorbeugenden Unterlassungsklage gegen untergesetzliche Rechtsvorschriften teilweise auf die nur sehr beschränkte Zulässigkeit eines nachträglichen prinzipalen Rechtsschutzes gegen Rechtsnormen hingewiesen. Die VwGO sehe einen solchen Rechtsschutz nämlich nur gegen untergesetzliche landesrechtliche Normen verwaltungsrechtlichen Inhalts vor, und zwar nur vor den OVGen bzw. VGHen, und selbst dies nur mit den sich aus § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ergebenden Einschränkungen. Deshalb könne schwerlich angenommen werden, die VwGO lasse „generell eine Klage auf Unterlassung einer Rechtsnorm vor den einfachen Verwaltungsgerichten zu“59. Nun ist hier nicht darüber zu entscheiden, ob die VwGO einen solchen Rechtsschutz tatsächlich „generell“, also gegen untergesetzliche Rechtsvorschriften insgesamt gestattet. Auch insoweit ist aber § 47 VwGO die Wertung zu entnehmen, dass diese Rechtsschutzform zumindest in Bezug auf diejenigen Rechtsvorschriften jdfs. nicht schon als unstatthaft abgetan werden kann, die in den Anwendungsbereich des § 47 Abs. 1 VwGO fallen60. Das führt zwar in der Tat zu dem auf den ersten Blick merkwürdigen Ergebnis, dass der nachträgliche prinzipale Rechtsschutz gegen solche Vorschriften von den OVGen bzw. VGHen gewährt wird, der vorbeugende – sollten die übrigen Voraussetzungen hierfür gegeben sein – dagegen vor den Verwaltungsgerichten (vgl. § 45 VwGO). Dieser Unterschied allein reicht aber nicht dazu aus, eine vorbeugende Unterlassungsklage bereits als unstatthaft zu behandeln. Denn zum einen mutete die andernfalls zumindest in manchen Fällen drohende Divergenz, dass der nachträgliche Rechtsschutz gegen solche Normen vor den OVGen bzw. VGHen, der vorbeugende dagegen vor den Verfassungsgerichten durchzuführen wäre61, mindestens ebenso merkwürdig an. Und zum anderen ist es – die Zulässigkeit einer vorbeugenden Unterlassungsklage i. Ü. unterstellt – wenigstens grundsätzlich möglich, dass die über eine Leistungsklage erreichte präventive prinzipale Normenkontrolle noch durch das OVG bzw. den VGH kontrolliert und damit auf die „Ebene“ der nachträglichen Kontrolle gehoben wird (vgl. §§ 46 Nr. 1, 124 VwGO). 59 60 61

Vgl. Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 1089. Vgl. § 5 B. II. 1. Vgl. § 5 B. II. 1.

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2. Kap.: Rechtsschutz gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde

d) Vorrang der Feststellungsklage aus der „Systematik der VwGO“? Kann der vorbeugende Rechtsschutz gegen Bebauungspläne somit nicht als prinzipiell unstatthaft behandelt werden, bleibt doch zu erwägen, ob insoweit nicht zumindest die Unterlassungs- als Unterfall der Leistungsklage als unstatthaft ansehen ist. Denn zumindest für den Rechtsschutz gegen untergesetzliche Rechtsverordnungen, die nicht unter § 47 Abs. 1 VwGO fallen, hat das BVerwG dieser Regelung die Wertung entnommen, dass verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz gegen solche Normen nur im Wege der Feststellungs- und nicht im Wege der Leistungsklage zu gewähren sei, weil „selbst die verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle nach § 47 VwGO [. . .] lediglich als Feststellungsverfahren ausgestaltet“ sei62. Der Ansatz des BVerwG, auf diesem Wege einen generellen Vorrang der Feststellungs- vor der Leistungsklage zu konstruieren, überzeugt aber in methodischer Hinsicht nicht. Denn wenn dabei aus einer Spezialregelung (§ 47 VwGO) eine „Systematik der VwGO“63 abgeleitet wird, die für den Verwaltungsprozess insgesamt gelten soll, wird verkannt, dass ein spezielleres Gesetz immer nur für seinen Anwendungsbereich Geltungsvorrang beanspruchen kann64. Aus ihm dessen ungeachtet eine „Systematik“ für den ganzen Bereich der gerade nicht unter die lex specialis, sondern unter die legi generali fallenden Konstellationen abzuleiten, obwohl diese eine ausdrückliche Regelung enthalten, die gerade umgekehrt den Vorrang der Leistungs- vor der Feststellungsklage festschreibt (§ 43 Abs. 2 VwGO)65, verkennt die nur begrenzte Bedeutung des speziellen gegenüber dem allgemeinen Gesetz. Bezeichnenderweise geht das BVerwG denn auch seit der Krabbenkamp-Entscheidung aus dem Jahre 1972 zumindest in den speziellen bauplanungsrechtlichen Fällen davon aus, dass vorbeugende Feststellungs- und Unterlassungsklagen in Bezug auf Bebauungspläne gleichwertig nebeneinander stehen66. e) Vorrang der Feststellungsklage zur „Schonung“ des Normgebers? Ein angeblicher Vorrang der Feststellungs- vor einer Leistungsklage kann schließlich auch nicht über Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG begründet werden67. So 62 Vgl. BVerwG, Urt. v. 28.06.2000 – 11 C 13/99, BVerwGE 111, 276 (279); in diesem Sinne auch Sydow/Fiedler, DVBl. 2006, 1420 (1423). 63 BVerwG, Urt. v. 28.06.2000 – 11 C 13/99, BVerwGE 111, 276 (279). 64 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 267 f.; Zippelius, Methodenlehre, S. 39. 65 Zum Subsidiaritätsgrundsatz s. auch noch näher unter § 10 B. II. 66 Vgl. BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (327). 67 In diesem Sinne aber wohl Birk, JuS 1979, 412 (413), der jdfs. eine auf den ganzen Plan bezogene Klage nur als Feststellungsklage zulassen will, weil es der Gemeinde nur auf diesem Weg unbelassen bleibe, „die Planung im allgemeinen und auch

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scheint die Rechtsprechung zwar aufgrund des „im Gewaltenteilungsgrundsatz begründeten Gedankens, daß auf die Entscheidungsfreiheit der rechtssetzenden Organe gerichtlich nur in dem für den Rechtsschutz des Bürgers unumgänglichen Umfang einzuwirken ist“68, bei gegen die normsetzende Verwaltung gerichteten Klagen teilweise eine Feststellungsklage zu präferieren. Diese Erwägung mag es aber allenfalls dann rechtfertigen, die Feststellungs- der Leistungsklage vorzuziehen, wenn der Verwaltung bei der Entscheidung über die begehrte Leistung noch ein irgendwie gearteter Spielraum zustehen sollte69. Das mag es – was umstritten ist – erlauben, bei einer auf den Erlass einer Norm gerichteten und i. Ü. zulässigen Klage dem Feststellungsantrag den Vorrang einzuräumen70. Soweit ein solcher Spielraum aber bei der Aufhebung einer Norm überhaupt einmal in Betracht kommen sollte71, ist das jdfs. bei den Festsetzungen eines Bebauungsplans, die unter Verstoß gegen das Gebot zur interkommunalen Abstimmung zustande gekommen sind, nicht vorstellbar72. Gleiches gilt im Hinblick auf die Frage, ob die Standortgemeinde einen solchen Plan unter Verstoß gegen § 2 Abs. 2 BauGB überhaupt erst in Kraft setzen darf. Deshalb besteht hier kein Anlass, die angeblich für den Normgeber „schonendere“ Feststellungsklage als der Leistungsklage gegenüber vorrangig zu erachten73.

im besonderen unter Ausräumung der Planungsfehler fortzuführen“; ähnlich bereits ders., BayVBl. 1976, 744 (749). 68 Vgl. BVerwG, Urt. v. 07.09.1989 – 7 C 4/89, DVBl. 1990, 155 (156). 69 In diesem Sinne wohl Birk, JuS 1979, 412 (413); unter Betonung des „allenfalls“ ebenso Pielow, DV 1999, 445 (469 f.), der a. a. O. in Fn. 123 die Ansicht vertritt, dass der Hinweis auf die Gewaltenteilung „streng genommen“ ohnehin fehl gehe, „da die Durchsetzung eines von Rechts wegen bestehenden Normaufhebungs- oder -ergänzungsanspruchs niemals gewaltenteilungswidrig sein kann“. 70 Vgl. zum diesbezüglichen Streitstand Pietzner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 42 Abs. 1 Rn. 153, 160. 71 Generell ablehnend wohl BVerwG, Urt. v. 28.06.2000 – 11 C 13/99, BVerwGE 111, 276 (279): „Eine in der Beschränkung auf ein Feststellungsbegehren zum Ausdruck kommende Rücksichtnahme auf die Entscheidungsfreiheit eines rechtsetzenden Organs ist im Falle einer auf Normerlass gerichteten Klage angebracht [. . .]; ihrer bedarf es dagegen nicht, wenn – wie hier – die Verletzung subjektiver Rechte durch eine schon erlassene Rechtsverordnung geltend gemacht wird, mit der der Verordnungsgeber seinen Entscheidungsspielraum bereits wahrgenommen hat.“ 72 Pielow, DV 1999, 445 (469 f.); im Ergebnis ebenso Lorenz, Verwaltungsprozeßrecht, § 24 Rn. 10. 73 Das scheint denn auch Birk, JuS 1979, 412 (413), erkannt zu haben, wenn er a. a. O. andeutete, dass er eine Unterlassungsklage zu akzeptieren bereit sei, wenn sie sich auf einzelne Festsetzungen beziehe. – Die Differenzierung zwischen Klagen, die sich gegen „die ganze Planung“ richten, und solchen, die sich nur auf einzelne Festsetzungen beziehen, ist allerdings wenig überzeugend, weil auch im ersten Fall eine inhaltliche Prüfung der einzelnen Festsetzungen und nicht einfach „des Plans“ erfolgt.

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2. Kap.: Rechtsschutz gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde

f) Fazit – Keine durchschlagenden Bedenken gegen die Statthaftigkeit Die hier angedachte vorbeugende Unterlassungsklage der Nachbargemeinde gegen drohende Bebauungspläne der Standortgemeinde scheitert daher nach alledem zumindest nicht an der Statthaftigkeit dieser Klage. 3. Klagebefugnis? Zulässig ist die hier angedachte Klage aber nur, soweit die Nachbargemeinde auch klagebefugt ist74. Bereits an dieser Sachentscheidungsvoraussetzung scheitert aber die hier angedachte Klage. Der Annahme, dass einer Gemeinde bei einer (drohenden) Verletzung ihrer Rechte aus §§ 2 Abs. 2, 4 BauGB auch Abwehrrechte in Form von Unterlassungsansprüchen zukommen, können zwar, wie oben gezeigt, keine prinzipielle Einwände entgegen gehalten werden, die sich aus der Rechtspersönlichkeit der Gemeinde ableiten ließen75. Solche Einwände ergeben sich aber aus der Rechtsnatur des hier in Rede stehenden Angriffsgegenstandes. Denn der Gesetzgeber will Bebauungspläne als Rechtsvorschriften behandelt wissen (arg. § 10 Abs. 1 BauGB) und es hat sich oben gezeigt, dass Unterlassungsansprüche gegen solche Angriffsgegenstände ausgeschlossen sind76. 4. Rechtsschutzbedürfnis? Selbst dann, wenn man zur Frage der Unterlassungsansprüche gegen Rechtsnormen der Exekutive eine im Vergleich zur hier zugrunde gelegten weniger restriktive Auffassung vertreten wollte, und die Nachbargemeinde das Vorliegen eines solchen Anspruchs auch im konkreten Fall geltend machen könnte77, wäre mit einem etwaigen positiven Zwischenbefund zur Klagebefugnis der Nachbargemeinde freilich noch nicht abschließend über die Zulässigkeit einer vorbeugenden Unterlassungsklage gegen einen Bebauungsplan entschieden. Dazu müsste vielmehr zusätzlich feststehen, dass es der Nachbargemeinde nicht zu74 S. zur nach h. M. auch für die allg. Leistungsklage erforderlichen Klagebefugnis o. Fn. 55. 75 S. oben § 2 A. II. 2. 76 Näher dazu oben unter § 2 B. II. 77 Es darf als unbestritten gelten, dass Unterlassungsansprüche nur dann überhaupt in Betracht kommen, wenn eine Rechtsverletzung „konkret“ droht. Vgl. dazu Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 503; dens., Rechtsschutz, S. 68 f., 142; dens., AöR 95 [1970], 223 (231); Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 25; Laubinger, VerwArch. 80 [1989], 261 (293); Köckerbauer/Büllesbach, JuS 1991, 373 (379); VG Oldenburg, Beschl. v. 02.02.2000 – 1 B 82/00, NVwZ 2001, 349 (350). Dass diese Voraussetzung erfüllt ist, fordert, wie gezeigt, auch die Rechtsprechung für die Annahme von Unterlassungsansprüchen gegen Bauleitpläne; s. dazu m.w. N. oben unter § 2 B. II.

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mutbar ist, das Inkrafttreten des Bebauungsplans abzuwarten und die ihr dann zur Verfügung stehenden Mittel des repressiven Rechtsschutzes zu ergreifen78. Für eine solche Annahme besteht aber zumindest heute kein Grund. Wenn das BVerwG 1972 argumentierte, der Nachbargemeinde sei ein Verweis auf den durch die Normenkontrolle zu gewährleistenden nachträglichen Rechtsschutz schon deshalb nicht zumutbar, weil dieser in seiner „verfahrensmäßigen Ausgestaltung“ hinter dem eines Klageverfahrens zurück bleibe, kann das jdfs. heute nicht mehr überzeugen. Der Hinweis, dass der Kläger im Klageverfahren drei Instanzen, der Antragsteller im Antragsverfahren nach § 47 VwGO dagegen nur eine Instanz zur Verfügung habe, ist heute schon der Sache nach nicht mehr zutreffend, weil die Revision inzwischen auch gegen Normenkontrollentscheidungen der OVGe bzw. VGHe möglich ist (vgl. § 132 Abs. 1 VwGO)79. Insofern bleibt es zwar dabei, dass dem Antragsteller im Vergleich zu einem Kläger nach wie vor zumindest noch eine Instanz „weniger“ zur Verfügung steht. Doch kann dieser Unterschied nicht als Beleg dafür dienen, dass der Verweis auf die nachträgliche Normenkontrolle unzumutbar wäre. Denn weder das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Rechtsstaatsprinzip noch die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG gebieten einen über mehrere Instanzen erstreckten Rechtsschutz80. Dann aber ist nicht einzusehen, warum es der Nachbargemeinde nicht zuzumuten sein sollte, den mit zwei Instanzen schon „überobligationsmäßig“ ausgestatteten Verfahrensweg zu beschreiten. Da das BVerwG die „verfahrensmäßige Ausgestaltung“ des Normenkontrollantrags, wie gezeigt, nur „u. a.“81 aus dem soeben erörterten Grunde als unzureichend ansah, schwebten dem Gericht offenbar noch andere Nachteile des Verfahrens nach § 47 VwGO vor. Die Formulierung, es sei „nicht einmal gesichert, ob ihnen [scil.: den klagenden Nachbargemeinden] überhaupt eine angemessene Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes“82 offen stehe, kann ein Hinweis auf den Umstand gewesen sein, dass es § 47 VwGO in seiner 1972 geltenden Fassung den Ländern überließ, ob sie die Normenkontrolle gegen Bebauungspläne zulassen wollten oder nicht. Diese Einflussmöglichkeit der Länder wurde aber vier Jahre später zum 01.01.1977 mit der Einführung der heute in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO enthaltenen Regelung abgeschafft, welche die Statthaftigkeit eines solchen Antrags bundeseinheitlich festgeschrieben hat83. Es 78

Zum repressiven Rechtsschutz s. oben unter § 4. Darauf weist auch Uechtritz, BauR 1999, 572 (586), hin. 80 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.06.1960 – 2 BvR 37/60, 232 (233); Kriener, BayVBl. 1984, 97 (101). 81 BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (327). 82 Vgl. BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (327); Hervorhebung durch den Verf. 83 S. Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung verwaltungsprozessualer Vorschriften v. 24.08.1976 (BGBl. I 2437), und vgl. dazu Kriener, BayVBl. 1984, 97 (101). 79

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ist deshalb zumindest heute durchaus nicht mehr „ungesichert“, ob eine Nachbargemeinde „überhaupt“ nachträglichen Rechtsschutz gegen Bebauungspläne erlangen kann. Als letzter Unterschied, den das BVerwG bei der Krabbenkamp-Entscheidung im Sinn gehabt haben mag, kann die Möglichkeit vorläufigen Rechtsschutzes in Betracht kommen. Auch dazu enthielt § 47 VwGO ursprünglich keine Regelung84, sodass das Gericht das Normenkontrollverfahren als gegenüber den Klageverfahren im Hinblick auf die dort einschlägigen §§ 80, 123 VwGO nachteilig und gar „unzumutbar“ eingeordnet haben mag. Auch diese Unterscheidung vermag indes heute das mit ihr begründete Ergebnis nicht mehr zu tragen, weil die vier Jahre85 nach dieser Entscheidung eingeführte Regelung des § 47 Abs. 6 VwGO bestimmt, dass das OVG bzw. der VGH „auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen“ kann, „wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen geboten“ ist86. Vor dem Hintergrund dieser Regelung zum einstweiligen Rechtschutz bricht aber auch das letzte Argument des BVerwG weg, mit dem es das „besondere Rechtsschutzbedürfnis“ der Nachbargemeinden für eine vorbeugende Unterlassungsklage zu begründen versuchte. Denn die „Gefahr eines faktischen Planvollzugs“ besteht auch ohne Zulassung der vorbeugenden Leistungsklage gegen den Bebauungsplan jdfs. heute nicht mehr, da es die Nachbargemeinde in der Hand hat, den Vollzug des drohenden Bebauungsplans über einen Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO sofort nach seinem Wirksamwerden aussetzen zu lassen87. Es ist deshalb auch unter dem Gesichts84 Da die einstweilige Anordnung auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen war, wurde freilich schon zu § 47 VwGO a. F. die – umstrittene – Ansicht vertreten, im Rahmen dieser Verfahrensart sei ein vorläufiger Rechtsschutz zulässig; vgl. Birk, BayVBl. 1976, 744 (747); dens., JuS 1979, 412. 85 Eingeführt als Abs. 7 des § 47 VwGO, s. Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung verwaltungsprozessualer Vorschriften v. 24.08.1976 (BGBl. I 2437). 86 Ebenso Ehlers, Jura 2006, 351 (357); Kriener, BayVBl. 1984, 97 (102); Schenke, NVwZ 2007, 134 (144); ders., VerwArch. 98 [2007], sub II.1.c.b., dort zum Bebauungsplan; tendenziell auch Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 16, Rn. 27 („sehr fraglich“). 87 Vgl. Kriener, BayVBl. 1984, 97 (102); W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 56; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. III, Art. 19 Abs. 4 Rn. 279 (S. 194, Fn. 2); zur Eignung dieses Antrags s. auch Karpen, NJW 1986, 881 (883 f.): „Der Antrag wird im allgemeinen auf die Außervollzugsetzung des Bebauungsplans lauten, evtl. das Begehren insoweit konkretisieren, als die Erteilung bestimmter Baugenehmigungen verhindert werden soll“; s. ferner dazu, dass die Möglichkeit eines vorläufigen Rechtsschutzes nach der Durchführung eines künftigen Verwaltungshandelns das Rechtsschutzbedürfnis für einen vorbeugenden Rechtsschutz gegen dieses Handeln auszuschließen vermag, auch VG Oldenburg, Beschl. v. 02.02.2000 – 1 B 82/00, NVwZ 2001, 349 f., dort zur Meldung eines Grundstücks für einen Gebietsvorschlag zur Umsetzung der FFH-Richtlinie; Wagner, BWGZ 1999, 62 (64); Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 712; sowie insoweit auch Schmitt Glaeser/Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 313, der freilich dazu neigt, vorbeugenden Rechtsschutz gänzlich abzulehnen.

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punkt der „Schaffung vollendeter Tatsachen“ nicht nachvollziehbar, warum der Gemeinde ein Abwarten bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans nicht zugemutet werden kann. Dagegen hat freilich der VGH München argumentiert, auch über § 47 Abs. 6 VwGO könne die Gefahr einer Vereitelung der Rechte der Nachbargemeinde nicht hinreichend verhindert werden, da die einstweilige Anordnung im Normenkontrollverfahren erst nach Inkrafttreten des Bebauungsplans beantragt werden, dieser aber schon vor seinem Inkrafttreten über § 33 BauGB als Grundlage für die Erteilung von Baugenehmigungen dienen könne88. Dieser Hinweis auf § 33 BauGB trifft zwar so allgemein formuliert zu, rechtfertigt aber auch an dieser Stelle nicht die These, es sei der Nachbargemeinde unzumutbar, sich auf nachträglichen Rechtsschutz zu beschränken. Denn nach § 33 BauGB wird ein Vorhaben nur dann genehmigt, wenn das Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans bereits so weit fortgeschritten ist, dass mit der Realisierung der Planung konkret zu rechnen ist (arg. e § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB)89. Diese sog. „materielle Planreife“ besteht aber nicht, wenn der Planentwurf noch inhaltliche Mängel insbesondere im Hinblick auf das Abwägungsgebot aus § 1 Abs. 6 u. 7 BauGB aufweist90, oder dies zumindest angesichts der ablehnenden Haltung der Genehmigungsbehörde91 oder aufgrund von beachtlichen Bürgereinwendungen92 zweifelhaft ist. Da die Nachbargemeinde über § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB im Vergleich zum „normalen“ Abwägungsgebot aus § 1 Abs. 6 u. 7 BauGB zumindest über keine schwächere Stellung verfügt als der künftig planunterworfene Bür88 Vgl. VGH München, Urt. v. 04.09.1984 – 1 B 82 A.439, BayVBl. 1985, 83 (84); auf § 33 BauGB stellen auch Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 138, und Brohm, Öffentliches Baurecht, § 6 Rn. 16, ab. 89 Vgl. BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (37); VGH Mannheim, Beschl. v. 01.10.1996 – 3 S 1904/96, NVwZ-RR 1998, 96 f.; VGH München, Urt. v. 26.06.1978 – 47 XIV 75, BRS 33 Nr. 35, S. 79 f.; Dürr, Baurecht BW, Rn. 144; dens., in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 33 Rn. 7; Krautzberger, in: Battis/ Krautzberger/Löhr, BauGB, § 33 Rn. 8; Scheidler, UPR 2006, 337 (339); dens., BauR 2006, 310 (313 f.); Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 33 Rn. 39. 90 Vgl. BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (37); Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 33 Rn. 8; Scheidler, UPR 2006, 337 (339); dens., BauR 2006, 310 (314); Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 33 Rn. 41. 91 Vgl. Dürr, Baurecht BW, Rn. 144; dens., in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 33 Rn. 7; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 33 Rn. 46. 92 Vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 01.10.1996 – 3 S 1904/96, NVwZ-RR 1998, 96 (97): „Dies [scil.: die materielle Planreife] ist der Fall, wenn allseits Übereinstimmung über die Planungskonzeption besteht und insbesondere keine Bedenken von Bürgern mehr im Raum stehen“; und dens. a. a. O. S. 96: „Diese [materielle Planreife] ist nicht gegeben, wenn gegen einen Bebauungsplan zahlreiche Einsprüche und Änderungswünsche vorliegen, so daß nicht mit hinreichender Sicherheit erwartet werden kann, daß der Bebauungsplan in dieser Form in Kraft tritt“; Dürr, Baurecht BW; dens., in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 33 Rn. 7; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 33 Rn. 8.

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2. Kap.: Rechtsschutz gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde

ger93, muss ein Planentwurf deshalb erst recht als „nicht materiell planreif“ behandelt werden, wenn die Nachbargemeinde erhebliche Einwendungen in Bezug auf das Gebot zur interkommunalen Abstimmung erhebt94. Dafür spricht auch, dass § 33 BVerwG nach der neueren Rechtsprechung des BVerwG ohnehin restriktiv auszulegen ist, da andernfalls die Gefahr besteht, dass auf der Grundlage dieser Vorschrift Vorhaben in rechtsmissbräuchlicher Weise genehmigt werden, die andernfalls an den Zulässigkeitsvoraussetzungen der §§ 29 ff. BauGB scheitern müssten95. Auch wenn der VGH München also zutreffend darauf hinweist, dass § 33 BauGB einen positiven Zulässigkeitstatbestand im Vorgriff auf einen Bebauungsplan schafft, ändert diese allgemeine Feststellung nichts daran, dass in einem konkreten interkommunalen Konflikt nicht damit zu rechnen ist, dass die Genehmigungsbehörde auf der Grundlage dieser Vorschrift eine „Vielzahl von Einzelbaugenehmigungen“96 erteilen wird. Auch bei dieser Rechtslage mag es zwar nicht gänzlich ausgeschlossen sein, dass eine Baugenehmigungsbehörde ausnahmsweise – etwa weil sie unzutreffenderweise von einer „materiellen Planreife“ in Bezug auf einzelne Festsetzungsentwürfe ausgeht – doch einmal von § 33 BauGB Gebrauch machen wird. Dabei kann es sich aber nach dem zuvor Gesagten nur um Einzelfälle handeln, sodass es der Nachbargemeinde durchaus zumutbar ist, gegen die dann konkret erteilte Baugenehmigung mit Widerspruch, Antrag nach §§ 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1, 80a Abs. 3 VwGO97 und Anfechtungsklage vorzugehen, um einen „faktischen Planvollzug“ zu verhindern. Hiergegen kann auch nicht vorgebracht werden, die Nachbargemeinde könne aber mangels umfassender subjektiver Rechte nicht immer gegen Baugenehmigungen vorgehen98. Letzteres mag zwar in die93 Vgl. erneut BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (32 f.), und oben unter § 1 A. I. 1. c). 94 Vgl. Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 33 Rn. 8: „Insbesondere dürfen die künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans, die das Vorhaben betreffen, im Hinblick auf Bedenken von Trägern öffentlicher Belange oder von Bürgern nicht streitig sein“ (Hervorhebung durch den Verf.); s. auch OVG Koblenz, Urt. v. 25.04.2001 – 8 A 11441/00, BauR 2002, 577 (579 f.), das eine Planreife wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 BauGB 1998 verneinte; s. auch Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 33 Rn. 41. 95 Vgl. BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (39); dass., Beschl. v. 15.10.2001 – 4 BN 48/01, ZfBR 2002, 172; dass., Beschl. v. 25.11.1991 – 4 B 212/91, Buchh. 406.11 § 33 BBauG/BauGB Nr. 7, S. 1 (2). 96 So die Befürchtung des VGH München, Urt. v. 04.09.1984 – 1 B 82 A.439, BayVBl. 1985, 83 (84); darauf stellt auch Lapp, Rechtsschutz, S. 38, ab. 97 Der Widerspruch der Nachbargemeinde gegen eine Baugenehmigung entfaltet wegen § 212a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung, sodass deren Anordnung durch die Behörde zu beantragen ist. 98 Der VGH München, Urt. v. 04.09.1984 – 1 B 82 A.439, BayVBl. 1985, 83 (84), hält es für „überdies zweifelhaft“, ob eine Nachbargemeinde „mit der Anfechtungsklage gegenüber einer einzelnen Baugenehmigung geltend machen könnte, in eigenen Rechten (Planungshoheit) verletzt zu sein“.

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ser Allgemeinheit zutreffen. In dem besonderen und hier allein interessierenden Fall aber, in dem eine Baugenehmigung auf der Grundlage des § 33 BauGB erteilt wurde, obwohl der fragliche Entwurf im Hinblick auf § 2 Abs. 2 BauGB nicht planreif war, steht der Nachbargemeinde – soviel sei hier im Vorgriff auf die späteren Ausführungen zum Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen bereits angedeutet99 – ein Abwehrrecht zu, wenn sich die Baugenehmigung auch auf der Grundlage der ohne diesen Entwurf maßgeblichen Vorschriften (§§ 34, 35 BauGB) als rechtswidrig erweist und das rechtswidrig zugelassene Vorhaben die für die Annahme eines Eingriffs in die Planungshoheit erforderliche Beeinträchtigungsschwelle überschreitet. Die vom VGH München angedeutete Befürchtung, die Baugenehmigungsbehörde könnte einen „faktischen Planvollzug“ durch eine rechtswidrige Genehmigungspraxis erreichen, den repressiv abzuwehren die Nachbargemeinde nicht in der Lage wäre, ist deshalb im Ergebnis unbegründet. Wollte man die Zulässigkeit der hier erörterten Klage dennoch erzwingen, könnte man allenfalls noch erwägen zu argumentieren, die hier erörterte Klage sei bei Lichte betrachtet zumindest dann gar keine „vorbeugende“, wenn man, wie teils von der Rechtsprechung praktiziert100, diese ohnehin nur zulasse, wenn die gegen § 2 Abs. 2 BauGB verstoßende Abwägung (zumindest faktisch) bereits vollzogen worden sei. Denn, so könnte man vortragen wollen, die Rechtsverletzung der Nachbargemeinde sei auf dieser Grundlage bei Lichte betrachtet bereits eine vergangene, auch wenn das Wirksamwerden der Rechtsverletzung in der Zukunft liege. Diese Erwägung wäre freilich schon deshalb nicht überzeugend, weil ein Rechtsschutzersuchen dann als ein „vorbeugendes“ einzuordnen ist, wenn damit die Verhinderung einer künftigen – sei es auch wiederholten – Rechtsverletzung bezweckt wird. So liegt der Fall auch hier, denn ungeachtet der Tatsache, dass man die gegen § 2 Abs. 2 BauGB verstoßende Abwägung schon als abgeschlossene Rechtsverletzung ansehen kann, ist die Nachbargemeinde mit der hier erörterten Klage doch bemüht, zu verhindern, dass sich der Fehler durch das Wirksamwerden des Bebauungsplans „verfestigt“101. Nach alledem hat es bei der der VwGO zugrundeliegenden Wertung zu bleiben: Bei der geltenden Rechtslage verfügt die Nachbargemeinde nicht über das für die angedachte Unterlassungsklage erforderliche Rechtsschutzbedürfnis102.

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Vgl. § 14 G. S. dazu mit Nachweisen oben unter § 2 B. II. 101 Vgl. BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (326). 102 So tendenziell schon die Vorinstanz im Krabbenkamp-Fall, vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 17.11.1970 – I OVG A 97/69, DVBl. 1971, 322 (323). 100

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2. Kap.: Rechtsschutz gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde

III. Fazit – Unzulässigkeit der vorbeugenden Unterlassungsklage Eine vorbeugende Leistungsklage der Nachbargemeinde gegen einen drohenden Bebauungsplan der Standortgemeinde ist unzulässig. Jener Nachbargemeinde fehlt es insoweit nicht nur an der Klagebefugnis, sondern auch am Rechtsschutzbedürfnis.

C. (Vorbeugende) Feststellungsklagen? Damit bleibt zu erwägen, ob die Nachbargemeinde vorbeugenden inzidenten Rechtsschutz gegen einen drohenden Bebauungsplan durch die Erhebung einer Feststellungsklage erreichen kann. Zu denken ist hier an Klagen mit dem Antrag festzustellen, dass die Standortgemeinde nicht berechtigt sei, auf der Grundlage des Flächennutzungsplans ihre Ortsplanung weiterzubetreiben (I.), oder dass der Nachbargemeinde ein Unterlassungsanspruch zustehe (II.). I. Feststellung der Nichtberechtigung zur Fortführung der Ortsplanung? In Anlehnung an das Krabbenkamp-Urteil des BVerwG103 stellt sich die h. M. auf den Standpunkt, dass die Nachbargemeinde eine Klage mit dem Antrag erheben könne festzustellen, dass die Standortgemeinde nicht berechtigt sei, aus dem Flächennutzungsplan einen Bebauungsplan zu entwickeln104, oder – allgemeiner – „die Ortsplanung [. . .] weiterzubetreiben“105. Das überzeugt nicht. Eine solche Feststellungsklage scheiterte zwar auch an dieser Stelle nicht an § 40 VwGO oder einer auf § 47 VwGO bezogenen Umgehungsgefahr106. Sie ist aber jdfs. grundsätzlich bereits unstatthaft, weil sie nicht auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines „Rechtsverhältnisses“ gerichtet ist. Unter diesem Tatbestandsmerkmal des § 43 VwGO wird gemeinhin die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer (öffentlich-rechtlichen) Rechtsnorm ergebende Beziehung von natürlichen oder ju103

Vgl. erneut BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 ff. OVG Lüneburg, Urt. v. 17.11.1970 – I OVG A 97/69, DVBl. 1971, 322 (323), zu §§ 5 f. BBauG; zust. Pappermann, JuS 1973, 689 (694); Dürr, Baurecht BW, Rn. 287; Oldiges in: Steiner (Hrsg.), Verwaltungsrecht, Kap. IV, Rn. 108; Brohm, Baurecht, § 6 Rn. 16. Ebenso für den Sonderfall eines nach §§ 203–205 BauGB heteronom aufgestellten Flächennutzungsplans ders., a. a. O. Rn. 17. 105 So der Klageantrag zu den für zulässig erachteten Feststellungsklagen, die BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (325), zugrunde lagen: „Sollte die Beklagte dem Abstimmungsgebot nicht hinreichend nachgekommen sein, würde den Klägerinnen entsprechende Ansprüche zustehen und mit diesen Ansprüchen ein Rechtsverhältnis gegeben sein.“ 106 Vgl. oben § 5 B. II. 1., 2. 104

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ristischen Personen untereinander oder von einer Person zu einer Sache verstanden, kraft derer eine der beteiligten Personen etwa Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht107. Bei anderen Rechtsvorschriften als Bebauungsplänen wird die Befugnis des Normgebers, bestimmte Normen zu erlassen, aber heute durchweg nicht als Beziehung dieser Art angesehen, weil eine staatsinterne Gesetzgebungskompetenz als organisatorische Regelung eine Ermächtigung, aber kein subjektives (Gestaltungs-)Recht gegenüber dem Bürger begründet108. Eine Klage, mit der die Feststellung begehrt wird, dass die Gemeinde nicht berechtigt sei, ihre „Ortsplanung“ unter bestimmten Voraussetzungen „weiterzubetreiben“, läuft aber darauf hinaus festzustellen, dass ihr in Bezug auf den Bebauungsplan kein Normsetzungsrecht zustehe. Warum diese „Nichtberechtigung“ entgegen der sonst vertretenen Ansicht ausgerechnet bei der planungsrechtlichen Nachbarklage ein Rechtsverhältnis begründen soll, ist nicht ersichtlich109. Hierzu kann auch nicht auf die „Sonderregelung“ des § 2 Abs. 2 BauGB verwiesen werden. Aus dieser Vorschrift mögen sich zwar – insoweit anders als bei anderen Verwaltungsverfahren – Ansprüche der Nachbargemeinde ableiten lassen, die ihrerseits als ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis einzuordnen sein mögen110. Das bietet aber keinen dogmatischen überzeugenden Grund dafür, darüber hinaus auch die Normerlassbefugnis der Standortgemeinde als Rechtsverhältnis anzusehen. Denn diese Befugnis ergibt sich nicht aus § 2 Abs. 2 BauGB, der die Standortgemeinde im Verhältnis zur Nachbargemeinde in Bezug auf ihre – der Standortgemeinde – Bauleitpläne nur verpflichtet und gerade nicht berechtigt, sondern aus § 2 Abs. 1 S. 1 BauGB als einfachgesetzlicher Ausprägung des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG. Selbst wenn man dem nicht folgen und die Statthaftigkeit der hier erörterten Feststellungsklage noch bejahen wollte, weil man der Normerlassbefugnis der Standortgemeinde im Hinblick auf etwaige – hier freilich abgelehnte111 – Norm107

S. v. Albedyll, in: Bader u. a., VwGO, § 43 Rn. 7; so oder ähnlich auch Kopp/ Schenke, VwGO, § 43 Rn. 11; in der Sache ebenso Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 18 Rn. 7; Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 43 Rn. 3; Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 146; Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 11 Rn. 3; Sodan/Kluckert, VerwArch. 94 [2003], 3 (4); abw. Ehlers, Jura 2007, 179 (180): „die sich aus einer rechtlichen Regelung ergebenden rechtlichen Beziehungen“. 108 Vgl. näher dazu und zur früher vereinzelt vertretenen Gegenauffassung Schenke, Rechtsschutz, S. 242 ff.; Selb, Feststellungsklage, S. 78 ff.; ebenso Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 9; s. dazu auch Schenke, VerwArch. 82 [1991], 308 (349); a. A. Renck, DÖV 1964, 651 (655), der darauf abstellt, dass der „eingreifende Staat der normativen Deckung“ bedürfe; dass daraus aber kein Rechtsverhältnis i. S. d. § 43 VwGO abgeleitet werden kann, hat zurecht Maurer, in: Univ. Tübingen (Hrsg.), KernFS, S. 275 (298), herausgestellt: „Damit wird das allgemeine Gewaltverhältnis zum konkreten Rechtsverhältnis gemacht.“ (s. dazu auch Schenke ebd.). 109 Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 16. 110 Dazu sogleich in diesem Abschnitt (§ 5 C.) unter II. 111 Näher dazu oben unter § 2 B.

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2. Kap.: Rechtsschutz gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde

unterlassungsansprüche der Nachbargemeinde (auch) eine gestaltungsrechtliche Relevanz beimessen wollte, müsste sie an den übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen scheitern. Denn auch an dieser Stelle gilt, dass der Nachbargemeinde für einen gerade vorbeugenden Rechtsschutz gegen den Bebauungsplan das – auch im Rahmen der Feststellungsklage erforderliche112 – (qualifizierte) Rechtsschutzbedürfnis fehlt113. II. Feststellung eines etwaigen Unterlassungsanspruchs in Bezug auf nicht abgestimmte Festsetzungen? Gleichfalls unzulässig ist eine Klage der Nachbargemeinde, mit der das Bestehen eines auf einen Bebauungsplan bezogenen Unterlassungsanspruchs gegen die Standortgemeinde festzustellen beantragt wird114. Ein solcher interkommunaler Anspruch mag zwar, soweit man ihn denn für materiellrechtlich möglich erachtet115, ein Rechtsverhältnis i. S. d. § 43 Abs. 1 VwGO begründen. Der klagenden Kommune fehlt aber ein berechtigtes Interesse an einer solchen Feststellung, weil auch damit der Sache nach vorbeugender Rechtschutz gegen den Bebauungsplan durchzusetzen versucht würde. Fehlt dieser Gemeinde schon für die unmittelbare Geltendmachung dieses Anspruchs das Rechtsschutzinteresse116, kann für eine auf seine Feststellung gerichtete Klage nach § 43 Abs. 1 Alt. 1 VwGO nichts anderes gelten117.

§ 6 Rechtsschutz gegen Maßnahmen aus dem Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans? Stand bisher die Frage im Mittelpunkt, ob und inwieweit sich die Nachbargemeinde gegen einen Bebauungsplan der Standortgemeinde selbst zur Wehr setzen kann, soll im Weiteren geprüft werden, ob ihr Abwehrmöglichkeiten auch 112 Vgl. BVerwG, Urt. v. 30.09.1999 – 3 C 39/98, DVBl. 2000, 636 (637); Ehlers, Jura 2007, 179 (188); Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 18 Rn. 12; Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 170 a. E.; und insoweit auch in der Krabbenkamp-Entscheidung das BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (326 f.); anders in der Begründung – aber nicht im Ergebnis – insoweit Kopp/Schenke, VwGO, § 43 Rn. 24, wo aus § 42 Abs. 2 S. 1 VwGO generell (bereits) auf die Unstatthaftigkeit einer vorbeugenden Feststellungsklage geschlossen wird, wenn eine entsprechende Leistungsklage wegen ausreichender Möglichkeiten des nachträglichen Rechtsschutzes ausscheidet. 113 Zum insoweit fehlenden Rechtsschutzbedürfnis näher oben unter § 5 B. II. 4. 114 Nicht eindeutig, aber für eine solche Klage wohl Koppitz/Schwarting, Flächennutzungsplan, Rn. 350. 115 Was nach hier vertretener Auffassung freilich nicht in Betracht kommt, vgl. o. unter § 2 B. 116 S. § 5 B. II. 4. 117 Im Ergebnis ebenso Schenke, in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (552 f.).

§ 6 Rechtsschutz gegen Maßnahmen aus dem Verfahren

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in Bezug auf einzelne Maßnahmen aus dem Verfahren zur Aufstellung dieses Plans zur Verfügung stehen. Als Angriffsgegenstände kommen insoweit der Aufstellungsbeschluss der Standortgemeinde (A.) und eine etwaige Genehmigung des Bebauungsplans durch die höhere Verwaltungsbehörde in Betracht (B.).

A. Rechtsschutz gegen den Planaufstellungsbeschluss? Das BauGB geht davon aus, dass die Standortgemeinde das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans durch einen entsprechenden Beschluss einleitet (s. § 2 Abs. 1 S. 2 BauGB). Zumindest dieser Beschluss kann durch die Nachbargemeinde weder im Wege der Anfechtungs- oder Leistungs- (I.) noch mittels einer Feststellungsklage angegriffen werden (II.). I. Anfechtungs- oder Leistungsklage gegen den Aufstellungsbeschluss? Unstatthaft ist jdfs. eine Anfechtungsklage der Nachbargemeinde gegen den Aufstellungsbeschluss der Standortgemeinde, da dieser Beschluss angesichts seiner Funktion als verfahrenseinleitende Maßnahme118 nach seinem objektiven Gehalt schon nicht auf die Erzielung einer Außenwirkung „gerichtet“ ist (vgl. § 35 S. 1 BVwVfG119). Darüber hinaus würde der Nachbargemeinde die für eine solche Klage erforderliche Klagebefugnis fehlen, weil die Entscheidung nach § 2 Abs. 1 S. 1 BauGB getroffen wird, bevor der Prozess der planerischen Abwägung einsetzt, und damit nach dem oben zum Inhalt der Rechte der Nachbargemeinde Gesagten120 noch nicht in deren subjektive Rechte eingreifen kann. Eine alternativ dazu denkbare, auf Beseitigung gerichtete Leistungsklage der Nachbargemeinde müsste aus demselben Grund scheitern, da auch deren Zulässigkeit voraussetzt, dass der Kläger klagebefugt ist121. Des erst auf der Ebene des Rechtsschutzbedürfnisses eingreifenden Hinweises des OVG Lüneburg, ein Aufstellungsbeschluss sei aus Sicht Dritter ein lediglich unselbständiger Teil des Planaufstellungsverfahrens122, oder ebenfalls auf das Rechtsschutzbedürfnis abzielender Erwägungen, dass die Anfechtung eines Aufstellungsbeschlusses zumindest in manchen Konstellationen auf einen vorbeugenden 118

Vgl. insoweit nur Dürr, Baurecht BW, Rn. 52. Zur Anlehnung an den Verwaltungsaktsbegriff des VwVfG des Bundes s. Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 185, m.w. N. auch zur a. A.; Sodan, in: Sodan/ Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 42 Rn. 17, 99. 120 S. § 1. 121 S. oben Fn. 55. 122 OVG Lüneburg, Urt. v. 17.11.1970 – I OVG A 97/69, DVBl. 1971, 322 (323), zu §§ 5 f. BBauG. 119

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2. Kap.: Rechtsschutz gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde

Rechtsschutz gegen den Bebauungsplan hinauslaufen könne, bedarf es daher nicht mehr, um diesbezügliche Rechtsschutzmöglichkeiten als unzulässig ablehnen zu können. II. Feststellung der Nichtigkeit des Aufstellungsbeschlusses? Gleichfalls unzulässig wäre eine auf die Feststellung der Nichtigkeit dieses Beschlusses zielende Klage der Nachbargemeinde nach § 43 VwGO. Eine Nichtigkeitsfeststellungsklage nach Alt. 2 des § 43 Abs. 1 VwGO scheidet nach dem soeben Gesagten von vornherein aus, weil ein Aufstellungsbeschluss keinen Verwaltungsakt darstellt. Aber auch eine Klage nach Alt. 1 des § 43 Abs. 1 VwGO ist unstatthaft, weil mit dem Antrag, die Nichtigkeit oder Ungültigkeit eines solchen Beschusses festzustellen, kein „Rechtsverhältnis“ i. S. d. Vorschrift bezeichnet würde123. Die Frage nach der „Wirksamkeit“ oder „Rechtmäßigkeit“ einer Maßnahme zielt nämlich nicht auf die dafür erforderliche konkrete Beziehung zwischen zwei Subjekten oder zwischen einem Subjekt und einem Objekt, sondern auf die Klärung eines Zustandes, und ist damit als abstrakte Rechtsfrage keiner Feststellung nach § 43 Abs. 1 Alt. 1 VwGO zugänglich124. Diese Wertung liegt auch der Alt. 2 des § 43 Abs. 1 VwGO zugrunde, der überhaupt nur deshalb geschaffen wurde, weil auch der Gesetzgeber davon ausging, dass die Frage nach der Nichtigkeit des Verwaltungsakts keine nach einem Rechtsverhältnis ist125. Gleiches ist im Hinblick auf Rechtsnormen allgemein anerkannt126 und kann auch für sonstige Maßnahmen der Verwaltung nicht anders zu beurteilen sein127.

123

Zum Begriff des „Rechtsverhältnisses“ s. o. Fn. 107. Allg. dazu, dass abstrakte Rechtsfragen nicht im Wege der Feststellungsklage geklärt werden können, Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 146; Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 43 Rn. 6. 125 Vgl. insoweit Ehlers, Jura 2007, 179 (181); Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 43 Rn. 16; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 411; Sodan, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 43 Rn. 61. 126 S. dazu, dass es etwa bei der „Feststellung der Nichtigkeit eines Bebauungsplans“ an einem Rechtsverhältnis fehlt Karpen, NJW 1986, 881 (885); allgemein für die „Nichtigkeit einer Rechtsnorm“ Kopp/Schenke, VwGO, § 43 Rn. 8; v. Albedyll, in: Bader u. a., VwGO, § 43 Rn. 13.1; Ehlers, Jura 2007, 179 (181); Fellenberg/Karpenstein, NVwZ 2006, 1133 (1134); Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 18 Rn. 44; Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 11, Rn. 7; Weidemann, NVwZ 2006, 1259 (1260), dort auch m.w. N. zu dem überwiegend als Ausnahme anerkannten, gleichsam umgekehrten und deshalb hier nicht interessierenden Fall, dass der Kläger einen Anspruch auf Normerlass feststellen lassen will. 127 Vgl. allg. dazu Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 43 Rn. 6: „Auch eine prinzipale Kontrolle von allgemeinen Regelungen der Verwaltung ohne Normcharakter kann mit der Feststellungsklage nicht erreicht werden“ (ebenso dies. a. a. O. § 47 Rn. 3). 124

§ 6 Rechtsschutz gegen Maßnahmen aus dem Verfahren

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B. Rechtsschutz gegen etwaige Plangenehmigungen? Nach § 10 Abs. 2 S. 1 BauGB bedürfen zwar nicht alle, aber doch selbständige (§ 8 Abs. 2 S. 2 BauGB), im Parallelverfahren vor dem Flächennutzungsplan bekannt gemachte (§ 8 Abs. 3 S. 2 BauGB) und vorzeitige Bebauungspläne (§ 8 Abs. 4 BauGB) zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. Ob der Nachbargemeinde gegen eine solche Plangenehmigung prozessuale Abwehrmöglichkeiten zustehen, ist im Hinblick auf eine Anfechtungs- (I.) oder Feststellungsklage zu erörtern (II.). I. Anfechtungsklage gegen die Plangenehmigung? Es ist unstreitig, dass die Genehmigung eines Bauleitplans durch die höhere Verwaltungsbehörde zumindest der planenden Standortgemeinde gegenüber einen Verwaltungsakt darstellt, sodass diese im Falle der Versagung eine Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO erheben kann128. Ob aber die Nachbargemeinde eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO erheben kann, wenn eine solche Genehmigung erteilt wurde, ist umstritten. 1. Meinungsstand Überwiegend wird diese Frage verneint. Innerhalb dieser Meinungsgruppe wird dazu vielfach bereits auf der Ebene der Statthaftigkeit argumentiert, die Plangenehmigung sei zwar Verwaltungsakt im Verhältnis zu der die Genehmigung begehrenden Gemeinde, weil deren Planungshoheit durch die Entscheidung über die (Nicht-)Erteilung beeinträchtigt sein könne. Im Verhältnis zu dritten Personen – wie dem zum planunterworfenen Bürger aber auch dem zur benachbarten Gemeinde – scheitere die Annahme eines Verwaltungsaktes dagegen an der fehlenden Außenwirkung, weil diese aus Sicht „dritter Seite“ nur integrierender Bestandteil des einheitlichen Planaufstellungsverfahrens sei129. Andere bemühen zur Begründung desselben ablehnenden Ergebnisses nicht die Rechtsfigur vom „teilbaren“ Verwaltungsakt, sondern sprechen der Nachbarge128

Vgl. statt aller Dürr, Baurecht BW, Rn. 59 a. E. OVG Lüneburg, Urt. v. 17.11.1970 – I OVG A 97/69, DVBl. 1971, 322 (dort LS 1; ausf. S. 323), zu §§ 5 f. BBauG; VGH München, Urt. v. 04.09.1984 – 1 B 82 A.439, BayVBl. 1985, 83 (84); Gaentzsch, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), BerlK-BauGB, § 2 Rn. 15; Brohm, Baurecht, § 6 Rn. 16; Rauch, BayVBl. 1980, 612 (617); Uechtritz, BauR 1999, 572 (586); im Ergebnis auch Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 138, der sich allerdings nicht eindeutig festlegt, ob er die Anfechtungsklage mangels Verwaltungsaktsqualität und/oder Klagebefugnis der Nachbargemeinde scheitern lassen will; ebenso im Ergebnis und in der Uneindeutigkeit der Begründung Gaentzsch, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), BerlK-BauGB, § 2 Rn. 15; W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 58 („keine Notwendigkeit“). 129

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2. Kap.: Rechtsschutz gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde

meinde die für eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis ab130. Dritte schließlich argumentieren, dass eine Anfechtungsklage gegen die Plangenehmigung der Sache nach auf einen vorbeugenden Rechtsschutz gegen den Bebauungsplan hinauslaufe, für dessen Zulässigkeit es der Gemeinde aber am qualifizierten Rechtsschutzinteresse mangele, weil sie über ausreichende Möglichkeiten des nachträglichen Rechtsschutzes verfüge131. Nach a. A. kann eine Nachbargemeinde dagegen im Wege der Anfechtungsklage gegen eine Plangenehmigung vorgehen132. Bei der Genehmigung handle es sich nicht um einen Verwaltungsakt „nur gegenüber der Standortgemeinde“, sondern um einen solchen mit Doppelwirkung. Die Genehmigung nach § 6 Abs. 1 BauGB enthalte nämlich die verbindliche Feststellung, dass der geprüfte Plan die Planungshoheit von Nachbargemeinden nicht beeinträchtige, und greife mit dieser Regelung unmittelbar in deren Rechtsstellung ein133. Der Hinweis, die Genehmigung sei nur Teil eines Planaufstellungsverfahrens, berücksichtige nicht, dass diese Genehmigung gerade keine „Teilhabe an der körperschaftlichen Planungsgewalt“, sondern nur die Wahrnehmung eines staatlichen Vetorechts darstelle, und nötige deshalb nicht zur Ablehnung des Rechtsschutzes gegen die Plangenehmigung134.

130 Battis, in: dems./Krautzberger/Löhr, BauGB, § 2 Rn. 24; Schenke, NVwZ 2007, 134 (137): „Bezüglich der Erteilung der Genehmigung, die ein Instrument der präventiven Rechtsaufsicht darstellt, bestehen keine die Klagebefugnis begründenden Rechte der Gemeinde.“; ebenso ders., VerwArch. 98 [2007], sub II.2.a.aa.; W. Schrödter, in: H. Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 58; so wohl auch Oldiges in: Steiner (Hrsg.), Verwaltungsrecht, Kap. IV, Rn. 107 („Eine solche Genehmigung stellt zwar einen Verwaltungsakt dar, doch entfaltet sie Rechtswirkungen nur gegenüber der Gemeinde als Adressaten“); ähnlich Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 2 BauGB Rn. 15; auch Kriener, BayVBl. 1984, 97 (101), der die These von der „Teilbarkeit“ der Rechtsnatur eines Verwaltungsakts wie hier ablehnt, ist der Auffassung, dass die „Genehmigung [. . .] nicht in die Rechte Dritter ein[greift]“, lehnt die Anfechtung der Plangenehmigung aber dann nicht über § 42 Abs. 2 VwGO, sondern über das s. E. fehlende Rechtsschutzbedürfnis ab; auf die mangelnde Klagebefugnis stellt Fingerhut, Gemeindenachbarklage, 1976, S. 128, zwar im Verhältnis von planender Standortgemeinde und Bürger ab, lehnt dies aber im Verhältnis von Standort- und Nachbargemeinde ausdrücklich ab. 131 So Kriener, BayVBl. 1984, 97 (101 ff.). 132 Fingerhut, Gemeindenachbarklage, S. 126 ff.; Rauch, BayVBl. 1980, 612 (617), für die Zulässigkeit vorbeugender Feststellungs- oder Unterlassungsklagen gegen die Genehmigungsbehörde; ohne nähere Begründung auch Erbguth, in: Achterberg/Püttner/Würtenberger (Hrsg.), Verwaltungsrecht, Bd. I, Kap. 3, Rn. 263; Reidt, LKV 1994, 93 (95); sowie bereits Meyer, in: dems./Stich/Tittel, Bundesbaurecht, § 2 Rn. 7; wohl auch Brosche, DVBl. 1980, 213 (217), der sich allerdings ausdrücklich nur zur s. E. gegebenen Statthaftigkeit einer vorbeugenden Feststellungsklage der Nachbargemeinde gegen die Genehmigungsbehörde äußert. 133 Fingerhut, Gemeindenachbarklage, S. 127. 134 Fingerhut, Gemeindenachbarklage, S. 127 f. (Hervorhebung durch den Verf.).

§ 6 Rechtsschutz gegen Maßnahmen aus dem Verfahren

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2. Statthaftigkeit Der ablehnenden Auffassung ist im Ergebnis zu folgen. Nicht überzeugend ist es freilich, wenn dazu argumentiert wird, eine Maßnahmen nach § 6 Abs. 1 BauGB sei nur der Standortgemeinde gegenüber ein Verwaltungsakt. Denn diese These wäre nur haltbar, wenn man zugleich unterstellt, dass die Rechtsnatur einer Maßnahme teilbar sei. Eine solche Vorstellung aber wäre dogmatisch nicht überzeugend135. Es ist nämlich zum einen schon nicht einzusehen, warum die Qualifizierung der Rechtsnatur einer hoheitlichen Maßnahme davon abhängen soll, wer ihr Adressat ist, obwohl die Identität des Adressaten gerade nicht zu den Merkmalen des Verwaltungsaktsbegriffs gehört (vgl. § 35 S. 1 BVwVfG)136. Darüber hinaus führt die These von der „Doppelnatur“ zu rechtslogisch nicht überzeugenden und praktisch nicht handhabbaren Ergebnissen. Ginge man etwa davon aus, dass sich eine konkret-individuelle Maßnahme einer Person gegenüber als Verwaltungsakt, einer anderen gegenüber dagegen als Verwaltungsinternum darstellen würde, bedeutete dies, Verwaltungsakte mit Doppelwirkung ohne einsichtigen Grund verwaltungsprozessual unterschiedlich behandeln zu müssen137. Dass eine solche Aufspaltung der Rechtsnatur einer Maßnahme auch zu nicht überwindbaren Schwierigkeiten insbesondere im Fehlerfolgenbereich führen würde, zeigt sich etwa an dem Vorschlag138, bestimmte Organisationsregelungen einer Personen gegenüber als Verwaltungsakt, einer anderen gegenüber als Rechtsnorm einzuordnen. Zu Ende gedacht, könnte ein solcher Vorschlag wegen der unterschiedlichen Fehlerfolgenregelung bei Verwaltungsakten (vgl. §§ 43 ff. der VwVfGe) und Rechtsvorschriften (Nichtigkeitsdogma139) dazu führen, dass ein und dieselbe Regelung in verschiedenen Rechtsverhältnissen einmal als rechtswirksam und ein anderes mal als ungültig zu behandeln wäre140. Der Plangenehmigung kann daher auch aus Sicht der Nachbargemeinde nicht der Charakter als Verwaltungsakt abgesprochen werden.

135 Ebenso Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 124; Kopp/Schenke, VwGO, Anh § 42 Rn. 8 ff., 63; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 182, 208, 502d; Kriener, BayVBl. 1984, 97 (101); Erichsen, in: dems./Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, 12. Aufl., § 12 Rn. 42; Laubinger, VerwArch. 77 [1986], 421 (431 ff.); Maurer, Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 69; Geiger, BayVBl. 1987, 106 (107 f.); Budroweit, Mitwirkung, S. 127 f. 136 Darauf weist Kriener, BayVBl. 1984, 97 (101), überzeugend hin. 137 Vgl. insoweit Kopp/Schenke, VwGO, Anh § 42 Rn. 8, wo es als „höchst unbefriedigend“ bezeichnet wird, „wenn die verschiedenen Adressaten einer Maßnahme mit Doppelnatur ihren Rechtschutz in beträchtlich divergierenden Verfahren zu verwirklichen hätten“. S. auch Geiger, BayVBl. 1987, 106 (108). 138 S. dazu mit freilich abl. Stellungnahme Maurer, Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 69. 139 S. dazu, dass eine rechtswidrige Norm zumindest nach deutscher Rechtstradition grundsätzlich nichtig ist, bereits die Nachweise oben in Fn. 456. 140 Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Anh § 42 Rn. 63; Laubinger, VerwArch. 77 [1986], 421 (432); Budroweit, Mitwirkung, S. 127.

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2. Kap.: Rechtsschutz gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde

3. Klagebefugnis? Eines solchen nicht überzeugenden Schritts bedarf es aber auch nicht, weil die insoweit im Ergebnis durchaus erforderliche Differenzierung auf der Ebene der Klagebefugnis durchgeführt werden kann141, da die Plangenehmigung zwar gegenüber der planenden Standort-, nicht aber in Bezug auf die Nachbargemeinde auf Außenwirkung gerichtet ist. Die gegenteilige Behauptung, mit der Genehmigung treffe die höhere Verwaltungsbehörde die „verbindliche Feststellung“ gegenüber der Nachbargemeinde, dass ihre Planungshoheit nicht beeinträchtigt werde, überzeugt vor dem Hintergrund des Zwecks der planbezogenen Genehmigungsvorschriften des BauGB nicht. Die §§ 6, 10 Abs. 2 BauGB dienen nämlich ausschließlich dazu, eine Rechtsaufsicht über diejenige Gemeinde zu ermöglichen, die ihre Selbstverwaltungsrechte ausübt142. Da der Träger der Rechtsaufsichtsbehörde aber nichts anderes und nicht mehr zu beurteilen hat, als die Rechtmäßigkeit des Verhaltens der von ihm zu beaufsichtigenden Person, liefe es auf eine Fiktion hinaus zu unterstellen, eine in diesem Verhältnis von beaufsichtigter Gemeinde und beaufsichtigender Stelle ergangenen Maßnahmen sei darauf gerichtet (!), eine feststellende Aussage in Bezug auf Dritte zu treffen, die an diesem Verhältnis nicht beteiligt sind. Dem entspricht es, dass etwa den ebenfalls nur im öffentlichen Interesse getroffenen Rechtsaufsichtsmaßnahmen im Kommunalrecht i. a. R. auch keine Außenwirkung im Hinblick auf andere Personen als der beaufsichtigten Gemeinde zugesprochen wird143. Bei § 10 Abs. 2 BauGB anders zu urteilen, wäre inkonsequent. 4. Unzulässigkeit isolierter Rechtsbehelfe (§ 44a VwGO)? Selbst wenn man dem nicht folgen wollte, müsste man die Zulässigkeit einer Anfechtungsklage gegen die Genehmigung des Bebauungsplans zumindest daran scheitern lassen, dass diese Genehmigung nur einen Teil eines einheitlichen Verfahrens darstellt, § 44a S. 1 VwGO aber bestimmt, dass Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können144. 141 Vgl. Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 124; Kopp/Schenke, VwGO, Anh § 42 Rn. 10. 142 S. statt aller Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 3 Rn. 238 ff.; Brohm, Baurecht, § 15 Rn. 23. 143 Vgl. nur Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 502d; Kopp/Schenke, VwGO, Anh § 42 Rn. 80, m.w. N., dort auch zu den – für den hier zu erörternden Zusammenhang nicht maßgeblichen – Ausnahmen der Ersatzvornahme oder des faktischen Grundrechtseingriffs. 144 Dass § 44a VwGO eine Regelung zur Zulässigkeit der Klage darstellt, ist bei allen übrigen Kontroversen um die Bedeutung dieser Vorschrift und ihrem Verhältnis

§ 6 Rechtsschutz gegen Maßnahmen aus dem Verfahren

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Dieses mit Wirkung zum 01.01.1977145 in die VwGO eingefügte „Kind des Verwaltungsverfahrensgesetzes“146 ist eine normative Reaktion auf die bei der Einführung des BVwVfG geäußerten Bedenken, dass der damit vollzogene Ausbau prozeduraler Rechte die Effizienz des Verwaltungshandelns vermindern und dass das der Verwaltungsvereinfachung dienende VwVfG im Ergebnis zu einer Erschwerung des Verwaltungsverfahrens führen könnte. Im konzeptionellen Zusammenhang zu §§ 45, 46 VwVfG147 sollte § 44a S. 1 VwGO deshalb verhindern, dass die ein Verfahren abschließende Sachentscheidung der Behörde durch eine Anfechtung von Verfahrenshandlungen verzögert oder erschwert wird, die „lediglich“ dazu dienen, diese Entscheidung vorzubereiten148. Mit dieser auf die Ökonomie und Effizienz des Verwaltungsverfahrens zielenden Zwecksetzung sollte zugleich erreicht werden, dass auch die Gerichte nicht durch eine durch die Verfahrensbeteiligungsmöglichkeiten des damals neuen VwVfG veranlasste Prozessflut überlastet werden würden. Denn da bei noch nicht beendeten Verfahren häufig noch gar nicht feststeht, ob der (vermeintlich) Betroffene durch die Endentscheidung der Behörde überhaupt (in seinen Rechten) beschwert wird,149 und der Gesetzgeber ersichtlich davon ausging, dass nicht die Richtigkeit des („dienenden“150) Verwaltungsverfahrens, sondern das Entscheidungsergebnis für den betroffenen Bürger und die Allgemeinheit maßgebend sei151, sollte mit der das VwVfG ergänzenden Regelung zugleich „der

zum Allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis bzw. der Klagebefugnis unstreitig; vgl. BVerwG, Urt. v. 27.05.1981 – 8 C 13/80, NJW 1982, 120; VGH München, Beschl. v. 18.07.1988 – 22 AE 88.40074 u. a., NVwZ 1988, 1054; dens., Beschl. v. 21.11.1989 – 22 AE 88.40085, NVwZ 1989, 1179 (1180); Kopp/Schenke, VwGO, § 44a Rn. 1; Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 18, Rn. 28; Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 260. 145 Durch § 97 Nr. 2 BVwVfG v. 25.05.1976 (BGBl. I 1253). 146 Pagenkopf, NJW 1979, S. 2382. 147 Näher dazu Stelkens, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 44a Rn. 2; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 44a Rn. 8; Schmidt, JuS 1982, 745 (746). 148 Vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu § 97 Nr. 2 VwVfG, BT-Drs. 7/910, S. 97; VGH München, Beschl. v. 18.07.1988 – 22 AE 88.40074 u. a., NVwZ 1988, 1054; Beuscher, Rechtsschutz, S. 27; Pagenkopf, NJW 1979, S. 2382; Kopp/Schenke, VwGO, § 44a Rn. 1; Stelkens, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 44a Rn. 2, 4; Schmitt Glaeser/Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 127; Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 261; insoweit auch Hill, Jura 1985, 61, der freilich skeptisch ist, ob dieses Ziel erreicht wurde; ähnlich Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 44a Rn. 2 f. 149 S. BVerwG, Urt. v. 27.05.1981 – 8 C 13/80, NJW 1982, 120; Kopp/Schenke, VwGO, § 44a Rn. 1; Stelkens, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 44a Rn. 3. 150 S. dazu auch Maurer, Verwaltungsrecht, § 19 Rn. 8; krit. Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 44a Rn. 9. 151 S. Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 44a Rn. 1.

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2. Kap.: Rechtsschutz gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde

Vermeidung vorzeitiger oder überflüssiger Gerichtsverfahren“152 vorgebeugt werden153. In Bezug auf die hier interessierende bauplanungsrechtliche Konstellation ist freilich mit dem Einwand zu rechnen, dass § 44a S. 1 VwGO den Fall einer Genehmigung nach § 10 Abs. 2 S. 1 BauGB tatbestandlich nicht erfasse. Angesichts der Entstehungsgeschichte dieser Norm ist zwar unstreitig, dass als „Verfahren mit Sachentscheidung“ i. S. d. § 44a VwGO jdfs. Verwaltungsverfahren i. S. d. § 9 der VwVfGe anzusehen sind154. Ob dies aber auch für ein Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans gilt, das ja nicht auf den Erlass eines Verwaltungsaktes zielt, sondern als Rechtssetzungsverfahren anzusehen ist, ist umstritten. Vielfach wird nämlich der Standpunkt vertreten, insbesondere Normsetzungsverfahren fielen von vornherein nicht unter den Anwendungsbereich des § 44a S. 1 VwGO155. Dagegen spreche bereits der Wortlaut der Vorschrift, weil der Begriff der „Sachentscheidung“ auf eine Einzelentscheidung hindeute156. Davon abgesehen seien die Verfahrensgestaltungen für einzelne Normsetzungsbereiche zu unterschiedlich, als dass dafür eine allgemeine Regel wie die des § 44a VwGO als „zulässig“ angesehen werden könne157. Bei näherer Betrachtung scheitert die Anwendbarkeit des § 44a S. 1 VwGO indes nicht an dem Umstand, dass es sich bei der Bauleitplanung um ein (zumindest in weiten Teilen158) als Rechtssetzungsverfahren ausgestaltetes Entscheidungsprogramm handelt. Der Wortlaut dieser Vorschrift zwingt nicht zu eine solchen Einschränkung, weil man den Wortbestandteil „Sach“-Entscheidung nicht als Hinweis auf die Einzelfallsbezogenheit verstehen muss, sondern 152 VGH München, Beschl. v. 18.07.1988 – 22 AE 88.40074 u. a., NVwZ 1988, 1054 (1055). 153 S. BVerwG, Urt. v. 27.05.1981 – 8 C 13/80, NJW 1982, 120; Pagenkopf, NJW 1979, S. 2382; s. auch Hill, Jura 1985, 61: „Ziel [einer] Verringerung der Klageflut“; ebenso (aber krit.) Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 44a Rn. 2, 4. 154 BVerwG, Urt. v. 27.05.1981 – 8 C 13/80, NJW 1982, 120; Beuscher, Rechtsschutz, S. 30 f.; Hill, Jura 1985, 61 (62); Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 44a Rn. 2; Stelkens, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 44a Rn. 9; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 44a Rn. 24. 155 Kopp/Schenke, VwGO, § 44a Rn. 3; Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 44a Rn. 2; Stelkens, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 44a Rn. 7 a. E., 12; wohl auch BVerwG, Urt. v. 27.05.1981 – 8 C 13/80, NJW 1982, 120, das formuliert, § 44a VwGO verstehe unter einem „behördlichen Verfahren das in § 9 VwVfG definierte Verfahren“, das diese Aussage allerdings nur getroffen hat, um klarzustellen, dass sich die Regelung nicht auf förmliche Verfahren beschränkt. 156 Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 44a Rn. 2; Kopp/Schenke, VwGO, § 44a Rn. 3, die darauf hinweisen, dass die Möglichkeit des prinzipalen Rechtsschutzes gegen Normen überdies nur im Rahmen des § 47 VwGO bestehe. 157 Stelkens, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 44a Rn. 12. 158 Ob das (ausnahmslos) für das Verfahren zur Flächennutzungsplanaufstellung gilt, wird in § 8 zu erörtern bleiben.

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auch als Verweis auf den inhaltlichen Charakter der Entscheidung auffassen kann, was es wiederum zulässt, den Begriff der „Sachentscheidung“ etwa als „jede materiellrechtlich Entschließung“159 zu definieren160. Die durch die grammatische Auslegung gewonnenen, vergleichsweise weiten Interpretationsgrenzen lassen deshalb Raum für teleologische Erwägungen, die dafür sprechen, zumindest Bauleitplanungsverfahren nicht von vornherein aus dem Anwendungsbereich der Norm herauszunehmen. Denn die Gefahren der Verfahrensverzögerungen und -erschwerungen, die § 44a S. 1 VwGO abzuwehren beabsichtigt, bestehen dort angesichts der außerordentlich großen Zahl der nach §§ 1 Abs. 6 u. 7, 3 f. BauGB zu beteiligenden Personen und zu berücksichtigenden Belange in gleichem, wenn nicht gar – im Vergleich zu vielen „normalen“ Verfahren i. S. d. § 9 VwVfG – gesteigertem Maße161. Die historische Auslegung vermag dieses Ergebnis nicht zu entkräften. Es trifft zwar zu, dass die Einführung des § 44a S. 1 VwGO durch das BVwVfG veranlasst wurde. Das kann es aber jdfs. nicht rechtfertigen, den dort verwendeten Verfahrensbegriff aus § 9 BVwVfG zu entnehmen, weil diese Vorschrift ausdrücklich nur eine Definition für „dieses Gesetz“ – also das BVwVfG – aufzustellen beansprucht162. Aber auch eine „entsprechende“ Anleihe bei dieser Vorschrift könnte spätestens nach der „Abkopplung“ des § 44a S. 1 VwGO vom BVwVfG nicht mehr überzeugen, die der Gesetzgeber vollzogen hat, indem er die den § 44a VwGO einführende Vorschrift des § 97 BVwVfG strich163, § 44a VwGO selbst aber beibehielt164.

159 So Beuscher, Rechtsschutz, S. 32; ähnlich Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 44a Rn. 24 („administrative Entscheidung“). 160 S. auch Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 44a Rn. 25, 29 f.: „Der Begriff der Sachentscheidung wird von § 44a ersichtlich nur als Gegenbegriff zum Begriff der behördlichen Verfahrenshandlung, nicht als Selektionskriterium unter verschiedenen Handlungsformen der Verwaltung gebraucht“. 161 In diese Richtung auch Beuscher, Rechtsschutz, S. 31; vgl. insoweit auch Schenke, NVwZ 2007, 134 (137), u. dens., VerwArch. 98 [2007], sub II.1.c.aa., der § 44a VwGO zwar nicht unmittelbar, aber doch analog auf vorbereitende Verfahrensakte im Rahmen des Erlasses eines Flächennutzungsplans anzuwenden bereit ist und herausstellt, dass hier nichts anderes gelten könne als bei einem von einem Planfeststellungsbeschluss Betroffenen, der ebenfalls keine Möglichkeit besitze, isoliert auf die verfahrensrechtliche Berücksichtigung seiner Belange zu klagen (s. dazu, dass § 44a VwGO hier unmittelbar anwendbar ist, Kopp/Schenke, VwGO, § 44a Rn. 3). 162 Das räumen im Ergebnis auch Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 44a Rn. 2; und Stelkens, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 44a Rn. 9, ein. 163 Durch Art. 1 Nr. 7 des 2. VwVfGÄndG v. 06.08.1998 (BGBl. I 2022). 164 Die lediglich der Bereinigung des VwVfG dienende Streichung des § 97 BVwVfG führte nicht dazu, dass § 44a VwGO außer Kraft trat; s. BVerwG, Urt. v. 10.02.1999 – 11 A 21/98, NJW 1999, 1729 (1730); Kuntze, in: Bader u. a., VwGO, § 44a Rn. 1; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 23, Rn. 17; Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 44a Rn. 1; Kopp/Schenke, VwGO, § 44a Rn. 1; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 44a Rn. 1, letztere m.w. N. auch zur a. A.

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2. Kap.: Rechtsschutz gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde

Das Verfahren zur Aufstellung von Bauleitplänen ist daher durchaus unter § 44a S. 1 VwGO zu subsumieren165. Wenn Fingerhut in diesem Zusammenhang einwandte, die Genehmigung sei aber nicht Teil des „körperschaftlichen“ (also: gemeindlichen) Verfahrens, mag das ein zutreffender Hinweis darauf sein, dass an dem Planaufstellungsverfahren in der Tat zwei Körperschaften – Gemeinde und Land – beteiligt sind. Dieser Hinweis ist aber letztlich unerheblich, weil er nichts daran ändert, dass die solcherart Beteiligten im Hinblick auf das Planaufstellungsverfahren an ein und demselben Verwaltungsverfahren mitwirken166 und der heute maßgebliche § 44a S. 1 VwGO nur auf das Vorliegen eines einheitlichen Verfahrens, nicht aber auf die Anzahl der daran Beteiligten abstellt. 5. Rechtsschutzbedürfnis? Selbst wenn man (auch) dem nicht folgen wollte, wäre die gegen die Plangenehmigung gerichtete Klage der Nachbargemeinde als unzulässig zu behandeln, weil dieser das dafür erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlte. Es mag zwar umstritten sein, ob § 44a VwGO als Ausprägung dieser Sachentscheidungsvoraussetzung anzusehen ist167. Überschneidungen bestehen aber jdfs. insoweit, als anerkannt ist, dass das Erfordernis des Rechtsschutzbedürfnisses – insoweit in Übereinstimmung mit einer der Zielsetzungen des § 44a S. 1 VwGO168 – u. a. dazu dient, die Gerichte vor einer unnötigen Inanspruchnahme zu schützen169. Würde man nun der Nachbargemeinde die Befugnis zusprechen, die Genehmi165 Im Ergebnis wie hier Beuscher, Rechtsschutz, S. 31 f.; Hill, Jura 1985, 61 (62); Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 44a Rn. 24; 30; implizit auch Pagenkopf, NJW 1979, S. 2382, für Bebauungspläne; offen gelassen von OVG Münster, Beschl. v. 11.04.1995 – 13 B 549/95, NVwZ-RR 1995, 703 (für Rechtsverordnungen nach dem HeilberufsG). 166 Vgl. nur die Darstellungen zum Planaufstellungsverfahren bei Dürr, Baurecht BW, Rn. 51 ff. 167 Dafür die h. L., vgl. etwa Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 23, Rn. 18; Schmitt Glaeser/Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 127; s. ferner Kopp/Schenke, VwGO, § 44a Rn. 1, u. Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 566 (Verfahrenskonkurrenzregelung, die enge Berührungspunkte mit dem Rechtschutzbedürfnis aufweist, über dieses aber hinausreicht); dens., NVwZ 2007, 134 (137): „spezielle Ausprägung des Rechtsschutzbedürfnisses“; a. A. BVerwG, Urt. v. 27.05.1981 – 8 C 13/80, NJW 1982, 120: „Daß behördliche Verfahrenshandlungen nicht selbständig angefochten werden können, folgt nicht [. . .] daraus, daß es am Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Vielmehr beruht § 44a S. 1 VwGO darauf, daß behördliche Verfahrenshandlungen [. . .] der einem Verwaltungsakt eigene Regelungsgehalt fehlt. Sie dienen der Vorbereitung einer – regelnden – Entscheidung; erst diese Entscheidung ergibt, ob der Betroffene beschwert ist.“; abl. auch Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 44a Rn. 5. 168 Vgl. den vorhergehenden Abschnitt u. insoweit auch Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 44a Rn. 14 („dysfunktionale Inanspruchnahme prozessualer Rechte“ bei „Verlängerung des Verwaltungsverfahrens“ und „Vervielfachung der Rechtsbehelfsverfahren“).

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gung eines Bebauungsplans isoliert anzufechten, drohten aber gerade solche unnötigen Gerichtsverfahren170, weil es der Standortgemeinde frei steht, trotz der Genehmigung im Ergebnis von ihrem Plan Abstand zu nehmen171. An dieser Stelle zeigt sich zugleich, dass die Zulassung einer Anfechtungsklage gegen die Plangenehmigung der Sache nach darauf hinausliefe, einen vorbeugenden Rechtsschutz der Nachbargemeinde gegen einen Bebauungsplan zu akzeptieren, obwohl sich oben ergeben hat, dass der Nachbargemeinde das dafür erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt172. 6. Ergebnis – Unzulässigkeit der isolierten Anfechtung der Plangenehmigung Die Zulässigkeit einer gegen die Genehmigung eines Bebauungsplans gerichteten Anfechtungsklage der Nachbargemeinde scheitert an der dafür fehlenden Klagebefugnis und dem Verbot der isolierten Anfechtung von Verfahrenshandlungen aus § 44a S. 1 VwGO, zumindest aber an dem nicht gegebenen Rechtsschutzbedürfnis dieser Gemeinde. II. Feststellung der Nichtigkeit der Plangenehmigung? Nicht zulässig erhoben werden kann schließlich auch eine Klage mit dem Antrag festzustellen, die Plangenehmigung sei nichtig. Ein solcher Antrag der Nachbargemeinde könnte zwar noch als i. S. d. § 43 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft angesehen werden. Wenn man ihn aber nicht bereits deshalb scheitern lassen will, dass man mit der wohl h. M. analog § 42 Abs. 2 VwGO eine Klagebefugnis auch für die Feststellungsklage fordert173, scheiterte er nach dem soeben

169 Vgl. Pagenkopf, NJW 1979, S. 2382; Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 253, 260; Wolff, in: dems./Decker, VwGO/VwVfG, Vor § 40 VwGO Rn. 23. 170 So wohl OVG Lüneburg, Urt. v. 17.11.1970 – I OVG A 97/69, DVBl. 1971, 322 (323), zu §§ 5 f. BBauG, das u. a. ausführte, dass eine Plangenehmigung aus der Sicht Dritter ein lediglich unselbständiger Teil des Planaufstellungsverfahrens sei und deshalb auch von einer Nachbargemeinde nicht isoliert angegriffen werden könne. 171 Wird eine Plangenehmigung erteilt, ist die planende Gemeinde zwar verpflichtet, den Plan über die Bekanntmachung nach § 10 Abs. 3 BauGB in Kraft zu setzen, sie kann aber dennoch jederzeit von ihm Abstand nehmen, wenn sie dies etwa wegen veränderter Umstände oder planerischer Vorstellungen wünscht, indem sie ihren vorhergehenden Beschluss wieder aufhebt; vgl. Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 6 Rn. 88; Gierke, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 1, § 6 Rn. 150. 172 Vgl. oben § 5 B. 4. In diese Richtung auch Kriener, BayVBl. 1984, 97 (101 ff.). 173 Vgl. BVerwG, Urt. v. 10.07.2001 – 1 C 35/00, BayVBl. 2002, 91, m.w. N.; v. Albedyll, in: Bader u. a., VwGO, § 43 Rn. 24; Ehlers, Jura 2007, 179 (188); Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 158; Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 14, Rn. 1; vgl. zur vielfach vertretenen a. A. nur Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 410.

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2. Kap.: Rechtsschutz gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde

Gesagten jdfs. an § 44a VwGO bzw. dem nicht gegebenen Rechtsschutzbedürfnis.

§ 7 Rechtsschutz zur unmittelbaren Durchsetzung der Primäransprüche Wie eingangs gezeigt, hegte das BVerwG noch nie Zweifel daran, dass „dem objektivrechtlichen Abstimmungsgebot“ nach § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB „subjektivrechtlich ein Anspruch“ der Nachbargemeinde „entspricht“174. Im Zentrum der bisherigen Betrachtung stand die sich daran anschließende Frage, ob und wie sich die Nachbargemeinde gegen Bauleitpläne zur Wehr setzen kann, wenn ihre diesbezüglichen Rechte bei deren Aufstellung verletzt worden waren oder missachtet zu werden drohten. Außer Betracht gelassen wurde dagegen bislang, ob die Nachbargemeinde über die Möglichkeit hinaus, eine Verletzung ihres Abstimmungsanspruchs geltend zu machen, auch in der Lage ist, diesen Anspruch im Wege der Leistungsklage unmittelbar durchzusetzen (A.). Für die Rechte der Nachbargemeinde aus § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB (B.) und § 4 BauGB (C.) muss sich diese Frage in entsprechender Weise stellen.

A. Durchsetzung des Abstimmungsanspruchs aus § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB? ,Unbestritten ist die Tatsache, daß die in ihrer Planungshoheit verletzte Gemeinde einen einklagbaren Anspruch auf Abstimmung der Bauleitplanung mit der planenden Gemeinde hat [. . .]“175. Diese Formulierung legt die Annahme nahe, ihr Urheber sei der Ansicht, die Nachbargemeinde könne während des noch andauernden Planaufstellungsverfahrens gegen die Standortgemeinde eine Leistungsklage mit dem Ziel erheben, sie dazu zu verurteilen, die eigenen Belange in die andauernde Abstimmung einzustellen und abwägungsgerecht „abzuarbeiten“. Es ist aber zweifelhaft, ob einer solchen Annahme gefolgt werden könnte. Zur Durchsetzung des Abstimmungsanspruchs aus § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB kämen die allgemeine Leistungs- und die Feststellungsklage in Betracht. Wer die Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO betonen und auch bei einer gegen einen Hoheitsträger gerichteten Klage für maßgeblich hal174 Vgl. BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (330), u. näher oben § 1 A. I. 1. a); s. auch Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 107: „Rechtsanspruch auf Abstimmung“. 175 Brosche, DVBl. 1980, 213 (217) – Hervorhebung im Original; in diesem Sinne wohl auch Reidt, LKV 1994, 93 (95), der zumindest eine „Verpflichtungsklage auf Beteiligung am Planungsverfahren“ für zulässig erachtet.

§ 7 Rechtsschutz zur unmittelbaren Durchsetzung der Primäransprüche

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ten will176, wird dabei im Rahmen der Statthaftigkeit die zuerst genannte Klageart für vorzugswürdig halten, wer dagegen mit einem Teil der Rechtsprechung davon ausgehen will, dass die Feststellungsklage die für einen Normgeber „schonendere“ Klageart sei177, dürfte dieser den Vorzug geben wollen. In beiden Fällen wäre die Klage indes nur dann zulässig, wenn ihr nicht das Verbot isolierter Rechtsbehelfe aus § 44a S. 1 VwGO entgegenstünde (I.) und ein Rechtsschutzbedürfnis der Nachbargemeinde anzuerkennen wäre (II.). Beides trifft indes nicht zu. I. Unzulässigkeit isolierter Rechtsbehelfe i. S. d. § 44a S. 1 VwGO Dass die Anwendbarkeit des § 44a S. 1 VwGO nach hier vertretener Ansicht nicht daran scheitert, dass es sich bei dem hier in Rede stehenden Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nicht um ein auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtetes, sondern um ein Normsetzungsverfahren handelt, wurde bereits oben dargelegt178. § 44a S. 1 VwGO auf den hier erörterten Fall anzuwenden, kann auch nicht mit dem Argument abgelehnt werden, hier gehe es um die Durchsetzung eines Leistungsbegehrens der Nachbargemeinde. Mit Blick auf die Gesetzesformulierung von den „Rechtsbehelfe[n] gegen behördliche Verfahrenshandlungen“ wird zwar teilweise die Auffassung vertreten, § 44a S. 1 VwGO sei von vornherein auf „Anfechtungssachen“ beschränkt oder gar – noch weitgehender – auf diejenigen Fälle, in denen die beanstandete Verfahrenshandlung als Verwaltungsakt zu qualifizieren sei179. Solcherart restriktive Auslegungen – und ein damit verbundener Ausschluss insbesondere von Leistungs- oder Verpflichtungsklagen aus dem Anwendungsbereich des § 44a S. 1 VwGO – widersprechen aber der Zielsetzung des Gesetzgebers, weil eine Vielzahl von Maßnahmen der Behörden – gerade in Nachbarschutzfällen und anderen Dreieckskonstellationen180 – zu frühzeitigen Beanstandungen Anlass geben können, obwohl sich die Situation konstruktiv nicht als „Anfechtungsklage“ darstellt181. Den Anwendungsbereich der Vorschrift gar auf die Anfechtung von Verfahrensverwaltungsakten zu be176

Wofür in der Tat die besseren Gründe sprechen, s. dazu noch näher unter § 10

B. II. 177 S. § 5 B. II. 2. e); Pietzner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 42 Abs. 1 Rn. 153, 160. 178 S. § 6 B. I. 4. 179 Schmidt, JuS 1982, 745 (747 f.); wohl auch Wolff, in: dems./Decker, VwGO/ VwVfG, § 44a VwGO Rn. 4. 180 Näher dazu Beuscher, Rechtsschutz, S. 36 f. 181 Gegen eine Beschränkung auf „Anfechtungssachen“ auch Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 23, Rn. 19; Kopp/Schenke, VwGO, § 44a Rn. 4, m.w. N. auch zur a. A.; Kuntze, in: Bader u. a., VwGO, § 44a Rn. 3 f., 5; Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen im Öffentlichen Recht, § 18 Rn. 27.

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2. Kap.: Rechtsschutz gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde

schränken, würde die Bedeutung der Vorschrift noch weiter gegenüber den Absichten des Gesetzgebers einengen, da die meisten Verfahrenshandlungen – weil nicht auf Außenwirkung gerichtet – gerade keine Verwaltungsakte darstellen182. Schließlich spricht auch die systematische Stellung des § 44a VwGO gegen solche restriktive Auslegungsvorschläge weil die Vorschrift nicht etwa in den 8. Abschnitt der VwGO, sondern in ihren 6. gestellt wurde und selbst dort – durch die Einfügung nach den die Klagearten betreffenden Vorschriften der §§ 42 f. VwGO einen Bezug zu einer bestimmten prozessualen Situation gerade vermeidet. Auch der Umstand, dass die Nachbargemeinde hier keine Anfechtung betreibt, sondern (unmittelbar oder im Wege einer darauf bezogenen Feststellung) ein Leistungsbegehren verfolgt, spricht daher nicht dagegen, ihr Anliegen nach § 44a S. 1 VwGO auszuschließen. Fraglich ist aber, ob die Nachbargemeinde mit dem Begehren, dass ihre Belange in die Abwägung eingestellt und dort fehlerfrei „abgearbeitet“ werden, tatsächliche auf eine „Verfahrenshandlung“ i. S. d. § 44a VwGO abzielt. Als Verfahrenshandlungen i. S. dieser Vorschrift werden alle im Laufe eines Verwaltungsverfahrens ergehenden (oder abgelehnten183) Maßnahmen angesehen, die – ähnlich den in § 146 Abs. 2 VwGO genannten Prozesshandlungen des Gerichts184 – nach Ansicht der Behörde geeignet sind, dieses zu fördern, es aber nicht abschließen185. Darunter fallen zwar auch Maßnahmen zur inhaltlichen Vorbereitung der Sachentscheidung186, wie etwa solche zur Sachverhaltsermittlung i. S. d. § 24 VwVfG187, Entscheidung über Beweismittel nach § 26 VwVfG188 oder Anhörungen gem. § 28 VwVfG189, nicht aber Maßnahmen, die im Falle eines Gesetzesverstoßes keine „Verfahrensfehler“190 mehr darstellen, sondern (allein) dem materiellen Recht zuzuordnen sind191. Geht man nun mit dem BVerwG davon aus, dass die „Notwendigkeit einer Abstimmung von Bau182 S. VGH München, Beschl. v. 18.07.1988 – 22 AE 88.40074 u. a., NVwZ 1988, 1054; ders., Beschl. v. 21.11.1989 – 22 AE 88.40085, NVwZ 1989, 1179 (1180); Beuscher, Rechtsschutz, S. 36 ff.; Hill, Jura 1985, 61 (63); Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 23, Rn. 19; Kuntze, in: Bader u. a., VwGO, § 44a Rn. 3 f.; Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 18 Rn. 27; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 44a Rn. 38. 183 Kopp/Schenke, VwGO, § 44a Rn. 3. 184 Näher Kopp/Schenke, VwGO, § 44a Rn. 5. 185 Stelkens, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 44a Rn. 8; ähnlich Beuscher, Rechtsschutz, S. 32; Wolff, in: dems./Decker, VwGO/ VwVfG, § 44a VwGO Rn. 4. 186 Näher Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 44a Rn. 51 ff. 187 Beuscher, Rechtsschutz, S. 33. 188 Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 44a Rn. 3; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 44a Rn. 51. 189 Beuscher, Rechtsschutz, S. 33; Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 18, Rn. 27; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 566; Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 261. 190 So etwa Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 44a Rn. 9, 11 und passim.

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leitplänen benachbarter Gemeinden eine formelle (verfahrensmäßige) und eine materielle Seite“ hat und § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB als „erschöpfende Regelung“ der materiellen Abstimmungspflicht anzusehen ist192, so kann es schwerlich überzeugen, die Maßnahmen, die die Nachbargemeinde mit einer auf § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB gestützten Leistungsklage durchzusetzen begehrt, als „Verfahrenshandlungen“ i. S. d. § 44a VwGO einzuordnen. Anders könnte man allenfalls argumentieren, wenn man der Ansicht wäre, auch § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB sei durch das EAG Bau über §§ 2 Abs. 2, 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB 2004 (ganz oder teilweise) in eine verfahrensrechtliche Vorschrift „umgerubelt“193 worden. Dass diese These aber nicht überzeugt und § 2 Abs. 2 BauGB auch nach der BauGB-Novelle von 2004 als rein materiellrechtliche Vorschrift anzusehen ist, wurde oben gezeigt194. § 44a S. 1 VwGO ist daher auf eine Leistungsklage, mit der die Nachbargemeinde ihren Abstimmungsanspruch unmittelbar durchzusetzen versucht, mangels „Verfahrenshandlung“ nicht unmittelbar anwendbar. Für eine auf Feststellung dieses Anspruchs bezogene Klage kann insoweit nichts anderes gelten. Sinn und Zweck der Regelung sprechen aber für eine analoge Anwendung, weil dieser Fall in Bezug auf diejenigen Aspekte, die nach der Wertung des Gesetzgebers für die in § 44a VwGO getroffene Rechtsfolgenanordnung wesentlich waren195, mit den von dieser Vorschrift unmittelbar erfassten Sachverhaltsgestaltungen vergleichbar ist. Auch wenn es sich bei § 2 Abs. 2 BauGB um eine materiellrechtliche Vorschrift handelt, stellt diese doch Anforderungen auf, die dazu dienen, eine inhaltliche Entschließung der Verwaltung vorzubereiten und durch die Aufstellung bestimmter Grenzen in den inhaltlich „richtigen“ Bahnen zu halten. Die isolierte Geltendmachung dieser Grenzen würde aber das Aufstellungsverfahren – etwa dadurch, dass die Standortgemeinde noch vor Be-

191 Für eine besonders strenge Trennung Pagenkopf, NJW 1979, S. 2382 (2383): „Für die Einschlägigkeit des § 44a VwGO ist erforderlich, daß es um ,reine‘ Verfahrenshandlungen geht – ohne jeden Zusammenhang mit einer materiellrechtlichen Entscheidung. Ein Rechtsbehelf darf nicht abgeschnitten werden, soweit über die Verletzung einer Verfahrensnorm hinaus ein materieller Rechtsverstoß gerügt wird“; wegen bestehender Verknüpfungen von Verfahrens- und materiellem Recht ist Hill, Jura 1985, 61 (65), skeptisch gegenüber strikten Trennungsversuchen. – Auch Verfahrenshandlungen, die in materielle Rechtspositionen des Betroffenen eingreifen und dadurch eine selbständige, im Verhältnis zur abschließenden Sachentscheidung andersartige Beschwer enthalten, werden (über eine direkte oder analoge Anwendung des S. 2) aus dem Anwendungsbereich des § 44a S. 1 VwGO genommen (näher dazu Kopp/ Schenke, VwGO, § 44a Rn. 10 m.w. N.; Stelkens, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner [Hrsg.], VwGO, Bd. 1, § 44a Rn. 29 f.). 192 Vgl. BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (328, 329 ff.); näher dazu o. § 1 A. I. 1. a). 193 Wie es Erbguth, DVBl. 2004, 802 (807), krit. formuliert. 194 Näher dazu oben unter § 1 A. III. 195 Näher zu den Voraussetzungen einer Analogie etwa Larenz, NJW 1965, 1 (4 f.).

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2. Kap.: Rechtsschutz gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde

endigung des Verfahrens zur Abgabe von Stellungnahmen196 u. dgl. gezwungen werden würde – in vergleichbarer Weise erschweren und verzögern, wie dies im Hinblick auf das gesonderte Einfordern von verfahrensrechtlichen Positionen der Fall wäre. Im Hinblick auf die Gründe der Verfahrensökonomie und -effizienz rechtfertigt der Unterschied in der Rechtsnatur der jeweiligen Vorgaben daher keine unterschiedliche Behandlung. Dass die „Nichtregelung“ des Sachverhalts – hier also die Nichterwähnung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB in § 44a S. 1 VwGO – eine „planwidrige“ Gesetzeslücke darstellt, dass also das Gesetz die Voraussetzungen der Rechtsfolge aus diese Vorschrift nicht in dem Sinn „erschöpfend“ geregelt hat, dass diese Rechtsfolge gerade nur beim Vorliegen einer der im Gesetz genannten Tatbestände eintreten soll197, belegt ein vergleichender Blick in das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht. Dort behandelt das Gesetz die materiellrechtlichen Abwägungsanforderungen einerseits und die formellen Verfahrensvorgaben andererseits unter verfahrenswirtschaftlichen Gesichtspunkten nämlich ebenfalls gleich. Das zeigt sich an § 75 Abs. 1a S. 2 VwVfG, der die Behebung von Mängeln bei der Abwägung betrifft. Denn es ist weitgehend anerkannt, dass diese Vorschrift auch Verfahrensfehler erfasst, die nicht von den §§ 45, 46 VwVfG erfasst werden198. Dann ist nicht einzusehen, warum eine Vorschrift wie § 44a S. 1 VwGO, die umgekehrt ausdrücklich nur Verfahrensmaßnahmen anspricht, nicht auch solche der Abwägung erfassen soll, obwohl es auch hier darum geht zu gewährleisten, dass das in Rede stehende Verfahren möglichst schnell und ungestört zum Abschluss gebracht werden kann. Anzunehmen, diese Vorschrift weise einen im o. g. Sinne erschöpfenden Charakter auf, überzeugte vor diesem Hintergrund nicht. § 44a S. 1 VwGO ist nach alledem auf eine auf § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB gestützte Leistungs- oder Feststellungsklage – ungeachtet des materiellrechtlichen Charakters dieser Vorschrift – entsprechend anzuwenden und schließt die Zulässigkeit dieser Klage aus199. 196 Wie sie auch im unmittelbaren Anwendungsfeld des § 44a VwGO als Erschwerungen des Verwaltungsverfahrens angesehen werden, auf deren Vermeidung die Vorschrift zielt; s. Beuscher, Rechtsschutz, 1988, S. 27. 197 So die Formulierung bei Larenz, NJW 1965, 1 (5), der die Hervorhebung im Original vornimmt. 198 S. Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 44a Rn. 9. 199 Im Ergebnis wie hier für eine analoge Anwendung des § 44a VwGO auf vorbereitende Verfahrensakte im Rahmen des Erlasses eines Flächennutzungsplans Schenke, NVwZ 2007, 134 (137); ders., VerwArch. 98 [2007], sub II.1.c.aa. – A. A. dürfte wohl Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 44a Rn. 22, sein, der § 44a S. 1 VwGO offenbar prinzipiell die Analogiefähigkeit mit dem Argument absprechen will, diese Vorschrift verkörpere keinen allgemeinen Rechtsgedanken, sondern wirke „konstitutiv“. Unabhängig davon, dass sich § 44a VwGO durchaus auf einen solchen „Rechtsgedanken“ stützt (dazu sogleich im Text), überzeugt dieser Einwand in methodischer Hinsicht nicht. Denn für eine Analogie ist es keine Voraussetzung, dass sich die Vor-

§ 7 Rechtsschutz zur unmittelbaren Durchsetzung der Primäransprüche

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II. Rechtsschutzbedürfnis Selbst wenn man dem nicht folgen wollte, wären solche Klagen als unzulässig zu behandeln, weil der Nachbargemeinde das dafür erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlte. Denn würde man der Nachbargemeinde die Befugnis zusprechen, ihren Abstimmungsanspruch aus § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB unmittelbar durchzusetzen, drohten auch an dieser Stelle wieder unnötige Gerichtsverfahren200. Aus der Tatsache nämlich, dass die Standortgemeinde eine bauleitplanungsrechtliche Abwägung durchführt, kann – wie die Praxis zeigt – durchaus nicht automatisch darauf geschlossen werden, dass der fragliche Plan am Ende des Verfahrens tatsächlich beschlossen wird201. Letztlich liefe die Anerkennung eines Rechtsschutzbedürfnisses in solchen Fällen darauf hinaus, den vorbeugenden Rechtsschutz gegen einen drohenden Bebauungsplan, der oben als unzulässig abgelehnt werden musste202, an dieser Stelle wieder in anderem Gewand zuzulassen, und könnte daher auch wertungsmäßig nicht überzeugen. Für eine auf § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB gestützte Leistungs- oder Feststellungsklage zur unmittelbaren Durchsetzung ihres Abstimmungsanspruchs fehlte der Nachbargemeinde somit (jdfs.) das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis203.

B. Durchsetzung des Abstimmungsanspruchs aus § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB? Keine abweichende Beurteilung ergibt sich auch im Hinblick auf den Anspruch der Nachbargemeinde auf „interkommunalen Funktionsschutz“ aus § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB. Wie der Anspruch auf interkommunale Abstimmung aus § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB ist zwar auch jener von materiellrechtschrift, deren entsprechende Anwendung erwogen wird, als Umsetzung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes erweist. Auch insoweit kommt es vielmehr nur darauf an, ob die ratio der fragliche Vorschrift auf von ihr nach dem Wortlaut nicht erfasste Fälle „passt“ oder nicht. 200 Vgl. zu diesem Aspekt im Zusammenhang mit dem allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis bereits § 6 B. I. 5. 201 So beschloss etwa die Standortgemeinde in dem der Mülheim-Kärlich-Entscheidung des BVerwG zugrunde liegenden Sachverhalt mehrfach die Aufstellung eines Bebauungsplans, hob diese Aufstellungsbeschlüsse aber nach einiger Zeit stets wieder auf (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 [221]). 202 Näher § 5 B. 203 Im Ergebnis wie hier Schenke, NVwZ 2007, 134 (137, 140); Koppitz/Schwarting, Flächennutzungsplan, Rn. 350 (ohne Begründung); implizit wohl auch Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 107, der von einem „Rechtsanspruch auf Abstimmung“ spricht, zugleich aber (nur) davon ausgeht, dass die „Frage, wie sich dieser Anspruch im Hinblick auf den Rechtschutz auswirkt“, in „die allgemeine Frage [mündet], welche Möglichkeiten insoweit einer Gemeinde gegenüber einer planenden Nachbargemeinde zustehen, um eine sie beeinträchtigende Planung zu verhindern bzw. nach Inkrafttreten des Bauleitplans gegen sie gerichtlich vorzugehen“.

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2. Kap.: Rechtsschutz gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde

licher Natur. Auch an dieser Stelle sprechen aber die schon zu diesem Anspruch vorgetragenen Gründe für eine analoge Anwendung des § 44a VwGO. Der Unterschied zwischen diesen beiden Ansprüchen betrifft lediglich die Wirkungsweise des durch sie vermittelten Schutzes der Belange der Nachbargemeinde – einmal als Anspruch auf abwägungsrechtliche Berücksichtigung, einmal als strikte Beachtung204 – und rechtfertigt es nicht, bei der Frage der isolierten Durchsetzbarkeit dieser Ansprüche zu differenzieren.

C. Durchsetzung des Beteiligungsanspruchs aus § 4 BauGB? Auch im Hinblick auf das Recht der Nachbargemeinden aus § 4 BauGB wird vereinzelt vertreten, die Kommune könne eine isolierte „Verpflichtungsklage auf Beteiligung am Planungsverfahren“ erheben205. Das überzeugt aber noch weniger als der im Zusammenhang mit § 2 Abs. 2 VwGO entsprechend unterbreitete Vorschlag, weil es sich bei jener Vorschrift – anders als bei dieser – unstreitig um eine verfahrensrechtliche Bestimmung handelt, sodass das Begehren der Nachbargemeinde, am Bauleitplanungsverfahren „beteiligt“ zu werden, auf eine „behördliche Verfahrenshandlung“ i. S. d. § 44a S. 1 VwGO zielt. Dann aber ist diese Vorschrift nach dem oben i. Ü. zu ihr Vertretenen206 auf eine solche Verpflichtungsklage unmittelbar anzuwenden und schließt ihre Zulässigkeit aus.

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S. oben unter § 1 B. III. Dafür Reidt, LKV 1994, 93 (95). S. § 6 B. I 4.

Drittes Kapitel

Rechtsschutz der Nachbargemeinde gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde Die Betrachtung des Rechtsschutzes der Nachbargemeinde gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde konnte auf zwei Grundpfeilern aufbauen, die der Gesetzgeber selbst errichtet hatte, indem er jeweils explizit in § 10 Abs. 1 BauGB zur Frage der Rechtsnatur der Bebauungspläne Stellung bezogen und in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO eine dafür als statthaft anzusehende Verfahrensart in den Mittelpunkt gestellt hatte. An solch ausdrücklichen Ansatzpunkten fehlt es dagegen im Bereich des nun näher zu betrachtenden Rechtsschutzes gegen Flächennutzungspläne. Im Folgenden soll daher zunächst die Rechtsnatur des Flächennutzungsplans näher betrachtet werden (§ 8), um – davon abhängig – die darauf bezogenen Möglichkeiten des repressiven und präventiven Rechtsschutzes näher erörtern zu können (§§ 9–11).

§ 8 Die Rechtsnatur von Flächennutzungsplänen Die ganz überwiegende Ansicht spricht sich dafür aus, den Flächennutzungsplan als „Rechtsinstitut sui generis“ einzuordnen1, dem insbesondere – anders als dem Bebauungsplan2 – kein Rechtsnormcharakter zukomme. Diese zumeist vor dem prozessualen Hintergrund des § 47 VwGO geäußerte Auffassung und die für sie vorgetragenen Argumente sollen im Folgenden dargestellt werden 1 Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 89; Ferner in: Ferner/Kröninger, BauGB, § 5 Rn. 17; W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 5 Rn. 55; Dürr, Baurecht BW, Rn. 26; ähnl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 5 Rn. 8; Löhr in: Battis/ Krautzberger/Löhr, BauGB, § 5 Rn. 45; Mainczyk, BauGB, § 5 Rn. 3; Reidt in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 113; Portz/Runkel, Baurecht, Rn. 62; Bönker in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 13, Rn. 84; Brohm, Baurecht, § 6 Rn. 12; Rabe/Heintz, Bau- und Planungsrecht, Abschn. C Rn. 83, 185; Stollmann, Baurecht, § 5 Rn. 30; Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 893; Konrad, JA 1999, 331 (332); Brodersen, JuS 1991, 611; Peine, Baurecht, Rn. 463; Schidlowski, NVwZ 2001, 388 (389); Graf, BauR 2004, 1552 (1558); Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 42 Rn. 44; Fingerhut, Gemeindenachbarklage, S. 126; vgl. auch Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, § 56, Rn. 23; generell kritisch gegenüber der Einordnung von Hoheitsakten als Maßnahmen„sui generis“ Kopp/Schenke, Anh § 42 Rn. 12; Schenke, UTR 12 [1990], 69 (82 f.); und bereits Löhr, Flächennutzungsplanung, S. 135: „nur eine Verlegenheitslösung“. 2 S. insoweit statt aller Mitschang, Bauleitplanung, S. 226.

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

(A.), um anschließend untersuchen zu können, ob ihr undifferenziert für alle Darstellungen eines Flächennutzungsplans gefolgt werden kann (B.–G.).

A. Die traditionelle These der h. M. vom nicht-normativen „Rechtsinstitut sui generis“ Die meisten Ausführungen zur Rechtsnatur des Flächennutzungsplans finden sich in Stellungnahmen zu der Frage, ob die Nachbargemeinde einen solchen Plan im Wege der Normenkontrolle nach § 47 VwGO angreifen kann3. Das verwundert nicht, weil diese Vorschrift den Rechtsanwender zumindest dazu zwingt auszusprechen, ob er einen Flächennutzungsplan als „Satzung“, „Rechtsverordnung“ oder „andere Rechtsvorschrift“ ansieht (s. § 47 Abs. 1 VwGO). Diese Frage wird freilich in bislang ständiger Rechtsprechung4 und von der „nahezu einhellige[n] Meinung“5 in der baurechtlichen6, allgemein verwaltungs3 Weitgehend unerörtert blieb dagegen bislang die Möglichkeit eines Rechtsschutzes gegen Flächennutzungsplandarstellungen im Wege der allgemeinen Leistungsklage; s. dazu aber Schenke, NVwZ 2007, 134 (138 ff. u. 140 Fn. 46), sowie näher unten § 10 A. 4 BVerwG, Beschl. v. 20.07.1990 – 4 N 3/88, NVwZ 1991, 262; dazu Brodersen, JuS 1991, 611 f.; VGH München, Urt. v. 29.07.1992 – 20 N 91.2692, BayVBl. 1993, 721 (724); VGH Kassel, Urt. v. 16.08.2002 – 4 N 3272/01, NuR 2003, 115 (117); vgl. auch BVerwG, Urt. v. 18.08.2005 – 4 C 13/04, DVBl. 2005, 1583 (1586 f.): „Anders als ein Bebauungsplan ist der Flächennutzungsplan für sich betrachtet keine rechtssatzmäßige Regelung zulässiger Bodennutzung; [. . .]“; für den Bereich des § 35 Abs. 3 S. 3 einschränkend aber ohne endgültige Festlegung dass., Urt. v. 20.11.2003 – 4 CN 6.03, NuR 2004, 362 (363 f.). 5 So die Einschätzung in BVerwG, Beschl. v. 20.07.1990 – 4 N 3/88, NVwZ 1991, 262; ähnlich Löhr in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 5 Rn. 45 („ganz überwiegende Meinung“), u. noch deutlicher § 6 Rn. 22 („allgemeine Auffassung“); Koch/ Hendler, Baurecht, § 21, Rn. 4 („unzweifelhaft“). 6 Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 89; Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 136 u. § 5 Rn. 8 f.; Stüer, Bebauungsplan, Rn. 1274; Dazert, BauR 2007, 657 (658 ff.); Dürr, JuS 2007, 521; Ferner in: dems./Kröninger, BauGB, § 5 Rn. 17; Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 5 Rn. 46 u. § 6 Rn. 22; Gaentzsch, BauGB, § 5 Rn. 4; Schlez, BauGB, § 6 Rn. 13; N. Gronemeyer in: Gronemeyer, BauGB, § 5 Rn. 40; Mainczyk, BauGB, § 5 Rn. 3; Heinze, Bundesbaugesetz, § 5 Rn. 4; Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 112; Oldiges, in: Steiner (Hrsg.), Verwaltungsrecht, Kap. IV, Rn. 107; Koppitz/Schwarting, Flächennutzungsplan, Rn. 347; Mitschang, Bauleitplanung, S. 223 f.; Erbguth in: Achterberg/ Püttner/Würtenberger (Hrsg.), Verwaltungsrecht, Bd. I, Kap. 3, Rn. 262; Finkelnburg/ Ortloff, Baurecht, Bd. I, S. 74; Brohm, Baurecht, § 6 Rn. 15; Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 3 Rn. 86, § 17, Rn. 4; Rabe/Heintz, Bau- und Planungsrecht, Abschn. C Rn. 185; Schlichter, NVwZ 1983, 641 (647); Tettinger/Erbguth, Verwaltungsrecht, Rn. 1282; Koch/Hendler, Baurecht, § 21, Rn. 4; Portz/Runkel, Baurecht, Rn. 62, 209; Menger, VerwArch. 71 [1980], 87 (89); Schmitz/Federwisch, Einzelhandel, Rn. 247; Stüer, Handbuch, Rn. 4130; ders./Vildomec, BauR 1998, 427 (434); Runkel, ZfBR 1999, 298; Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 5 BauGB Rn. 1 f. u. § 35 BauGB Rn. 180; ders., in: Birkl (Hrsg.), Nachbarschutz, D 3; Grauvogel, in: Brügelmann, BauGB, 1987, § 2 Rn. 48; Leder, Rechtsfragen,

§ 8 Die Rechtsnatur von Flächennutzungsplänen

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rechtlichen7 sowie verwaltungsprozessualen8 Literatur mit den folgenden Erwägungen verneint. I. Keine Statthaftigkeit der Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO Nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO sind Normenkontrollanträge statthaft, die sich gegen nach den Vorschriften des BauGB erlassene Satzungen sowie gegen nach § 246 Abs. 2 BauGB satzungsersetzende Rechtsverordnungen richten. Das BauGB spricht zwar nicht ausdrücklich aus, dass der Flächennutzungsplan keine Satzung ist, weil es sich jeder Aussage über die Rechtsnatur dieses Planes enthält (vgl. §§ 5–7 BauGB). Da aber § 10 Abs. 1 BauGB expressis verbis anordnet, dass der Bebauungsplan „als Satzung“ zu beschließen ist und es an einer entsprechenden Parallelvorschrift im Abschnitt über den Flächennutzungsplan fehlt, wird im Wege des Umkehrschlusses gefolgert, dass der Gesetzgeber den Flächennutzungsplan jdfs. nicht als Satzung habe ausgestalten wollen9 (hier sog. Umkehrschlussargument). Das ergebe sich auch aus § 214 Abs. 1 S. 1 S. 131 f.; jdfs. grds. (und für § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB ohne abschließende Stellungnahme) Stollmann, Baurecht, § 9 Rn. 3 f.; allgemein für Pläne, die nicht in der Form einer Norm auftreten, Quaas, Normenkontrolle, Rn. 89; Pappermann, JuS 1973, 689 (693 f.); Birk, BayVBl. 1976, 744 (745); Weyreuther, Außenbereich, S. 128; teilw. a. A. früher Löhr, Flächennutzungsplanung, S. 145 f., 150 ff., 167, der es zwar einerseits ablehnte, dem Flächennutzungsplan „de lege lata“ die Rechtsnormqualität zuzusprechen, aber dennoch insb. wegen der „Steuerungsfunktion“ dieses Plans ein Bedürfnis für eine „Möglichkeit, bereits den Flächennutzungsplan überprüfen zu lassen“, ableitete und deshalb dafür plädierte, § 47 VwGO anzuwenden. 7 Maurer, Verwaltungsrecht, § 16 Rn. 24; s. auch Bull/Mehde, Verwaltungsrecht, Rn 278; Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 893. 8 v. Albedyll, in: Bader u. a., VwGO, § 47 Rn. 17; Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 22; Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 42 Rn. 44 u. § 47 Rn. 17; Schmidt in: Eyermann, VwGO, § 47 Rn. 23; Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 12, Rn. 7; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 878; Tettinger/Wahrendorf, Verwaltungsprozeßrecht, § 21 Rn. 10; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 19 Rn. 22; Hüttenbrink in: Kuhla/Hüttenbrink/Endler, Der Verwaltungsprozess, Kap. D, Rn. 281; Schmitt Glaeser Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 413; Lorenz, Verwaltungsprozeßrecht, § 26 Rn. 20; Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 1410; Konrad, JA 1999, 331 (332); Schenk, DVBl. 1976, 198 (199); Hoppe, in: Erichsen u. a. (Hrsg.), Menger-FS, S. 747 (756). 9 BVerwG, Beschl. v. 20.07.1990 – 4 N 3/88, NVwZ 1991, 262; OVG Lüneburg, Urt. v. 17.11.1970 – I OVG A 97/69, DVBl. 1971, 322 (323), zu §§ 5 f. BBauG; Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 112; Finkelnburg/Ortloff, Baurecht, Bd. I, S. 72; Brohm, Baurecht, § 6 Rn. 14; Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 17, Rn. 4; Tettinger/Erbguth, Verwaltungsrecht, Rn. 1282; Lorenz, Verwaltungsprozeßrecht, § 26 Rn. 22; Bull/Mehde, Verwaltungsrecht, Rn 278; Menger, VerwArch. 71 [1980], 87 (89); vgl. ferner Kintz, JuS 2000, 1099 (1100); Graf, BauR 2004, 1552 (1558); Leopold, VR 2004, 325 (327); Löhr, DVBl. 1980, 13 (15); und insoweit auch Loibl, UPR 2004, 419 (422); Fingerhut, Gemeindenachbarklage, S. 125; sowie bereits (wenn auch krit.) Löhr, Flächennutzungsplanung, S. 145; noch weitergehend folgerte Jäde, in: Birkl (Hrsg.), Nachbarschutz, D 3, daraus, dass der Flächennut-

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

BauGB, denn dort differenziere das Gesetz explizit zwischen „Satzungen“ auf der einen und „Flächennutzungsplänen“ auf der anderen Seite10. II. Keine Statthaftigkeit der Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO Nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO kann das OVG bzw. der VGH über die Gültigkeit von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften entscheiden, soweit das Landesrecht dies bestimmt. Nach h. M. soll es sich aber bei dem Flächennutzungsplans auch nicht um eine „andere Rechtsvorschrift“ in diesem Sinne handeln. 1. Der Begriff der „Rechtsvorschrift“ Wie der Begriff der „Rechtsvorschrift“ auszulegen ist, war nie unumstritten. Ausgehend von dem dualistischen Gesetzesbegriff11 finden sich Vorschläge, die dazu allein12 oder vorrangig13 auf formelle Kriterien zurückgreifen, solche die ausschließlich14 oder jdfs. grundsätzlich15 materielle Gesichtspunkte für erhebzungsplans insgesamt „keine Rechtsnorm“ – also nicht nur keine solche im formellen Sinn – sei. 10 Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, § 56, Rn. 23. 11 Vgl. zu dieser Unterscheidung nur Maurer, Verwaltungsrecht, § 4 Rn. 4, 12 f.; Peine, Verwaltungsrecht, Rn. 52; Bull/Mehde, Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre, Rn 511 f.; Zippelius/Würtenberger, Staatsrecht, § 45 I, S. 390; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, § 25, Rn. 25 i.V. m. § 20 Rn. 20 und § 24 Rn. 9. 12 Namentlich das OVG Lüneburg vertat die Ansicht, die Normenkontrolle diene allein dazu, Hoheitsakte mit förmlichem Normcharakter einer prinzipalen Überprüfung zugänglich zu machen, und verwies dazu auf den Tenor einer Normenkontrollentscheidung: Der Umstand, dass der Hauptsacheausspruch des Normenkontrollgerichts nach § 47 Abs. 5 S. 2 VwGO eine Erklärung über die „Unwirksamkeit“ (früher: „Nichtigkeit“) des angegriffenen Akts enthalte und zu „veröffentlichen“ sei, zeige, dass es dem Gesetzgeber allein um den formellen Bestand einer normativen Regelung gehe (vgl. dass., Beschl. v. 28.10.1983 – 8 C 2/83, NJW 1984, 627). 13 Unter Hinweis auf das Gebot der Rechtssicherheit stellen manche zwar grundsätzlich auf formelle Kriterien ab, sind aber in Fällen des Formenmissbrauchs und bei formeller Uneindeutigkeit zu Ausnahmen bereit (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 01.10.1999 – 4 K 26/99, NVwZ-RR 2000, 780 f.; Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 47 Rn. 10a; Schmidt in: Eyermann, VwGO, § 47 Rn. 24–26; vgl. auch Quaas, Normenkontrolle, Rn. 88, 90; Schmitt Glaeser Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 411). 14 Insbesondere die ältere Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte (diese freilich zumeist ohne nähere Begründung) und die ihr folgende Literatur haben allein auf materielle Kriterien abgestellt: Maßgeblich sei „der Inhalt, nicht die Form“, Rechtsvorschriften im Sinne des Normenkontrollrechts seien daher alle „materiellen Rechtssätze“, also alle „abstrakten und generellen Anordnungen, die auf unbestimmte Dauer geltend und sich an alle richten, die es angeht“; vgl. bereits VGH Stuttgart, Beschl. v. 22.10.1953 – 1 S 265/52, DÖV 1954, 59; so oder ähnlich ferner VGH Kassel, Beschl. v. 28.11.1973 – I N 1/72, ESVGH 24, 45 (48); VGH Mannheim, Beschl. v. 29.11.

§ 8 Die Rechtsnatur von Flächennutzungsplänen

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lich halten und schließlich solche, die alternativ auf beide Aspekte abstellen16. Namentlich das BVerwG, das sich nach § 108 Abs. 1 S. 2 VwGO darauf beschränken kann, lediglich die seine Entscheidungen tragenden Gründe mitzuteilen, vermied es denn auch lange Jahre, in diesem Streit eine eindeutige Position zu beziehen. So beschränkte es sich noch in seinem für die Bestimmung der Rechtsnatur des Flächennutzungsplans grundlegenden Beschluss vom 20.07. 1990 auf die negative Aussage, dass eine Rechtsvorschrift im Sinne der § 47 Abs. 1 Nr. 2 „jedenfalls“ dann nicht vorliege, wenn es sich bei dem Angriffsgegenstand weder um eine förmlich als Norm erlassene noch um eine sachlich verbindliche Regelung handele17. Acht Jahre später fasste es seine Auffassung aber doch in der gleichsam positiven Feststellung zusammen, dass der Begriff der „Rechtsvorschrift“ nicht nur – und insoweit „zweifelsfrei“18 – solche Regelungen erfasse, die förmlich als Norm erlassen worden seien. Auch Regelungen, die „anhand formeller Kriterien nicht oder nicht eindeutig als Rechtsvorschrift zu qualifizieren“ seien, schließe es „vom Kreis der Rechtsvorschriften nicht von

1985 – 9 S 658/84, NVwZ 1986, 855, ders., Beschl. v. 07.07.1975 – I 884/74, ESVGH 25, 203 (206); ders., Beschl. v. 21.08.1969 – I 143/69, ESVGH 20, 10 (11); ders., Beschl. v. 07.07.1975 – I 884/74, ESVGH 25, 203 (206); ders., Beschl. v. 29.11.1985 – 9 S 658/84, NVwZ 1986, 855; VGH München, Beschl. v. 11.08.1971, VGH N.F. 24, 117 (118); in diese Richtung auch Ronellenfitsch, DÖV 1981, 933 (940); Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 880; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 35 Rn. 24; König, DVBl. 1963, 81 (83); Ibler, DVBl. 1989, 639 (642); Schenk, DVBl. 1976, 198 (200); Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 19, Rn. 17; Wolff/Decker, VwGO/ VwVfG, VwGO § 47 Rn. 12, die der Außenwirkung freilich „vergleichbare Regelungswirkungen“ gleichstellen wollen; für die Abgrenzung von Rechtssatz und Verwaltungsakt auch Beschorner, Individualrechtsschutz, S. 46 ff. 15 So wird teilweise zwar unter Hinweis auf die materielle Begriffsbestimmung in § 35 der VwVfGe und die grundlegenden Unterschiede zwischen den Rechtsformen in erster Linie auf materielle Kriterien abgestellt, dabei aber anerkannt, dass zum einen der Gesetzgeber über Regelungen zum Erlass eines Rechtsakts dessen Rechtsnatur nicht nur für das materielle Recht, sondern auch für das Prozessrecht verbindlich bestimmen, und dass zum anderen u. U. auch die von der Verwaltung gewählte Handlungsform zugleich den Inhalt der Regelung bestimmen könne; vgl. Schenke, VerwArch. 72 [1981], 185 (206 f.); dens., NVwZ 1990, 1009 (1012); Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 27; ders., NVwZ 1990, 1009 (1011); Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 27; Erfmeyer, DÖV 1996, 629 (637); Ronellenfitsch, DÖV 1981, 933 (940). 16 Bei den Vertretern dieses Ansatzes ist zwar der (formelle bzw. materielle) Ausgangspunkt der Betrachtung nicht immer derselbe, zumindest im Ergebnis aber werden hier – anders als bei den zuvor angedeuteten Ansichten – beide Kriterienarten als gleichwertig anerkannt; in diesem Sinne äußern sich etwa VGH München, Beschl. v. 11.12.1979 – 22.NE-2096/79, BayVBl. 1980, 209 (210); dens., Beschl. v. 18.11.1974 – 156 VII 73 u. 175 VII 73, ESVGH 27, 108; dens., Beschl. v. 26.11.1976 – 6 V 76 u. 10 V 76, ESVGH 30, 26 (28); OVG Bremen, Urt. v. 09.04.1991 – OVG 2 N 1/90, DÖV 1991, 893 f.; Bickel, NJW 1985, 2441 (2446); Heitsch, NuR 2004, 20 (23); Guckelberger, DÖV 2006, 973 (980); Jeromin, NVwZ 2006, 1374; BVerwG, Beschl. v. 25.11.1993 – 5 N 1/92, DVBl. 1994, 430. 17 BVerwG, Beschl. v. 20.07.1990 – 4 N 3/88, NVwZ 1991, 262 (263). 18 BVerwG, Urt. v. 20.11.2003 – 4 CN 6.03, NuR 2004, 362.

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

vornherein“ aus. Da die „Grundtendenz“ des § 47 Abs. 1 VwGO darin bestehe, durch eine Bündelung von sonst drohenden Einzelklagen die Rechtsklarheit und die ökonomische Gestaltung des Prozessrechts zu fördern19, seien als „Rechtsvorschrift“ auch nicht-(eindeutig)-förmliche Regelungen anzusehen, die abstraktgenerell ausgestaltet und mit einem „Außenwirksamkeitsanspruch“ versehen seien20. Gerade der Flächennutzungsplan erfüllt indes nach h. M. weder die Voraussetzungen für eine formelle (2.) noch für eine materielle Rechtsvorschrift (3.) im zuvor genannten Sinne. 2. Argumente gegen eine Rechtsvorschrift im formellen Sinne Fast ausnahmslos wird zunächst eine Einordnung als formelle Rechtsvorschrift abgelehnt21. Soweit dazu nicht auch an dieser Stelle auf das schon o. g. Umkehrschlussargument aus § 10 BauGB abgestellt wird22, wird auf die Regelungen der §§ 10 Abs. 3 S. 3, 6 Abs. 5 BauGB verwiesen. Beim Flächennutzungsplan müsse nämlich – anders als beim Bebauungsplan – in der Bekanntmachung der Genehmigung nicht darauf hingewiesen werden, wo der Plan eingesehen werden könne. Ohne diese Hinweispflicht werde aber dem für eine Rechtsvorschrift im formellen Sinne verfassungsrechtlich gebotenen Verkündungserfordernis nicht Genüge getan. Wenn der Gesetzgeber nun auf die Hinweispflicht, die er im Zusammenhang mit dem Bebauungsplan ja erkannt habe, beim Flächennutzungsplan verzichtet habe, könne ihm nicht unterstellt werden, 19

Vgl. BVerwG, Urt. v. 20.11.2003 – 4 CN 6.03, NuR 2004, 362. Vgl. BVerwG, Urt. v. 20.11.2003 – 4 CN 6.03, NuR 2004, 362 (363); zum Erfordernis der „Außenwirkung“ s. bereits dass., Beschl. v. 25.11.1993 – 5 N 1/92, DVBl. 1994, 430; dass., Beschl. v. 25.11.1993 – 5 N 1/92, DVBl. 1994, 430; dass., Urt. v. 26.01.1996 – 8 C 19/94, NJW 1996, 2046 (2047). – Dass es bei der Auslegung des Begriffs der „Rechtsvorschrift“ jdfs. nicht darauf ankommt, ob eine Regelung nach traditioneller Einordnung dem Innen- oder Außenrechtskreis zuzuordnen ist, sofern sie ihrem Gehalt nach Außenwirkung entfaltet, hatte das BVerwG bereits zuvor entschieden; vgl. dass., Beschl. v. 15.09.1987 – 7 N 1/87, NVwZ 1988, 1119 (1120); ebenso Heitsch, NuR 2004, 20 (23) und im Ergebnis Lorenz, Verwaltungsprozeßrecht, § 26 Rn. 25; Schenke, DÖV 1979, 622 (625 f.); ders., Verwaltungsprozessrecht, Rn. 882 a. E. 21 Dagegen hält einzig Maurer, Verwaltungsrecht, § 16 Rn. 24, den Flächennutzungsplan für eine Rechtsvorschrift im (nur) formellen Sinne. Er stellt die an einen Bebauungsplan und die an den Flächennutzungsplan gestellten formellen Anforderungen gegenüber, hält sie für vergleichbar und ordnet den Flächennutzungsplan daher als „formelle Satzung“ ein. Maurer lässt die Kontrollfähigkeit des Flächennutzungsplans dann aber an materiellen Kriterien scheitern, indem er bestreitet, dass der Plan eine allgemeinverbindliche Rechtsnorm darstelle. 22 S. oben unter § 8 A. I. sowie BVerwG, Beschl. v. 20.07.1990 – 4 N 3/88, NVwZ 1991, 262 (263); OVG Lüneburg, Urt. v. 17.11.1970 – I OVG A 97/69, DVBl. 1971, 322 (323), zu §§ 5 f. BBauG; Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 5 Rn. 7; vgl. insoweit auch Dürr, Baurecht BW, Rn. 26, 287; Runkel, ZfBR 1999, 298; ebenso bereits Pappermann, JuS 1973, 689 (694). 20

§ 8 Die Rechtsnatur von Flächennutzungsplänen

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er habe eine formelle Rechtsnorm schaffen wollen, die den an sie gestellten Verfassungsanforderungen nicht gerecht werde23 (hier sog. Verkündungsargument). 3. Argumente gegen eine Rechtsvorschrift im materiellen Sinne Den Flächennutzungsplan dann wenigstens als Rechtsvorschrift im materiellen Sinne zu charakterisieren, wird von der h. M. ebenfalls abgelehnt, weil ihm die dafür erforderliche „(unmittelbare) Außenwirkung“ fehle24. Diese Einschätzung wird unterschiedlich begründet. a) Darstellungsargument In grammatischer Auslegung wird darauf verwiesen, dass der Flächennutzungsplan lediglich „Darstellungen“ und nicht – wie der Bebauungsplan – „rechtsverbindliche Festsetzungen“ enthalte (vgl. §§ 5, 8 Abs. 1 S. 1 BauGB). Dieser vom Gesetzgeber bewusst gewählte Unterschied im Wortlaut bringe zum Ausdruck, dass „Darstellungen“ – anders als „Festsetzungen“ – nicht parzellenscharf seien und in räumlicher Hinsicht einen geringeren Grad an Verlässlichkeit aufwiesen. Aufgrund dieser schon im Gesetz angelegten „Grobmaschigkeit“ sei der Flächennutzungsplan nicht dazu geeignet, gegenüber außerhalb der Verwaltung stehenden Dritten Verbindlichkeit zu beanspruchen25 (hier sog. Darstellungsargument). 23 BVerwG, Beschl. v. 20.07.1990 – 4 N 3/88, NVwZ 1991, 262 (263); vgl. dazu auch Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 5 Rn. 7. 24 Vgl. nur Schmidt, in: Eyermann, VwGO, § 47 Rn. 23; Heinze, Bundesbaugesetz, § 5 Rn. 1, 3; Finkelnburg/Ortloff, Baurecht, Bd. I, S. 74; Brohm, Baurecht, § 6 Rn. 12; Rabe/Heintz, Bau- und Planungsrecht, Abschn. C Rn. 83, 185; Stollmann, Baurecht, § 5 Rn. 30; Koch/Hendler, Baurecht, § 21, Rn. 4; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 878; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 19, Rn. 22; Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 893, 140; Stüer, Bebauungsplan, Rn. 91; ders., Handbuch, Rn. 317; Menger, VerwArch. 71 [1980], 87 (89); Voß/Buntenbroich, Baurecht, Rn. 82; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 35 Rn. 29; Wagner, UPR 1996, 370 (373) spricht von fehlender „Außenverbindlichkeit“; Hoppe, DVBl. 1991, 1277 (1278); Lüers, UPR 1997, 348 verneint „unmittelbare externe Rechtswirkungen“; Mitschang, Bauleitplanung, S. 219; jdfs. grds. Battis, Baurecht, S. 74. 25 BVerwG, Beschl. v. 20.07.1990 – 4 N 3/88, NVwZ 1991, 262 (263); Bielenberg/ Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 8 Rn. 5; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 5 Rn. 7; Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 88; vgl. Cholewa/David/Dyong/v. d. Heide, BauGB, § 5 Nr. 2a); bereits Heitzer/Oestreicher, Bundesbaugesetz, Bd. 1, § 5 Nr. 2a) zu § 5 BBauG; Brohm, Baurecht, § 6 Rn. 8, 11; Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 5 BauGB Rn. 1; ders., in: Birkl (Hrsg.), Nachbarschutz, D 3; vgl. auch Taegen, in: Berkemann u. a. (Hrsg.), SchlichterFS, S. 247 (249 f.); zum Umstand fehlender Parzellenschärfe allgemein BVerwG, Urt. v. 18.08.2005 – 4 C 13/04, DVBl. 2005, 1583 (1585, 1587); Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 5 Rn. 8; vgl. auch Stüer/Stüer, NuR 2004, 341 (347).

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

b) Verhältnisargumente Auch aus dem Verhältnis von Flächennutzungsplan auf der einen und Bebauungsplan auf der anderen Seite werden Argumente gewonnen, die gegen die „unmittelbare Außenwirkung“ des Flächennutzungsplans vorgebracht werden. So wird zunächst auf den Wortlaut des Gesetzes verwiesen, das den Flächennutzungsplan nur als „vorbereitenden“ Bauleitplan bezeichnet (vgl. § 1 Abs. 2 BauGB und die Überschrift zum Abschnitt der §§ 5–7 BauGB). Schon daraus ergebe sich, dass dem Flächennutzungsplan eine ausschließlich verwaltungsinterne Bedeutung als Zwischenschritt zu dem dann allein außenverbindlichen Bebauungsplan zukomme26 (hier sog. Vorbereitungsargument). Diese Sichtweise zum Verhältnis der beiden Pläne und zu ihrer sich daraus ergebenden – unterschiedlichen – Bedeutung werde in systematischer Hinsicht durch § 8 Abs. 1 S. 2 BauGB bestätigt. Nach dieser Regelung bildet der Bebauungsplan „die Grundlage für weitere, zum Vollzug“ des Baugesetzbuchs „erforderliche Maßnahmen“. Diese Regelung sei so zu verstehen, dass „allein“ der Bebauungsplan – nicht aber der vorgelagerte und damit gerade nicht außenbedeutsame Flächennutzungsplan – Grundlage für den Gesetzesvollzug „sei“27 (hier sog. Vollzugsargument). Gegen diese Auslegung könne auch nicht § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB angeführt werden, nach dem Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan „zu entwickeln“ seien. Nach dieser Vorschrift zum Entwicklungsgebot möge zwar eine Bindung gegenüber der planenden Standortgemeinde selbst bestehen28. Zur Erzielung dieser – rein internen – Bindungswirkung bedürfe es aber keines Plans in Rechtssatzform29 (hier sog. Entwicklungsargument). 26 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.07.1990 – 4 N 3/88, NVwZ 1991, 262 (263); Bielenberg/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 8 Rn. 5; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 5 Rn. 7; Gaentzsch, BauGB, § 5 Rn. 2; Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 5 Rn. 45; Schlez, BauGB, § 6 Rn. 13; vgl. Mainczyk, BauGB, § 5 Rn. 2; Heinze, Bundesbaugesetz, § 5 Rn. 2; Finkelnburg/ Ortloff, Baurecht, Bd. I, S. 72; Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 88; Stollmann, Baurecht, § 5 Rn. 30; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 19, Rn. 22; Löhr, DVBl. 1980, 13 (15); Kintz, JuS 2000, 1099 (1100); ähnlich Lüers, UPR 1997, 348; wohl auch Schmidt-Eichstaedt, in: dems. (Hrsg.), Bauleitplanung, S. 48; Birk, BayVBl. 1976, 744 (745). 27 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 5 Rn. 7; Lüers, UPR 1997, 348; bereits Heitzer/Oestreicher, Bundesbaugesetz, Bd. 1, § 5 Nr. 2a) zu § 5 BBauG. 28 Vgl. insoweit BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 – 4 C 57/84, NVwZ 1988, 54, das hier von einer „Bindung für die Bauleitplanung“ spricht. 29 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 5 Rn. 7; Cholewa/David/ Dyong/v. d. Heide, BauGB, § 5 Nr. 3; a. A. insoweit früher Löhr, Flächennutzungsplanung, S. 153 f., der insbesondere aus der „Steuerungsfunktion“ des Flächennutzungsplans ein Bedürfnis nach einer „Möglichkeit, bereits den Flächennutzungsplan überprüfen zu lassen“, ableitete.

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c) Mittelbarkeitsargument Diese nur vorbereitende Rolle des Flächennutzungsplans bedeute zwar nicht, dass er für Außenstehende bedeutungslos sei; er entfalte durchaus – auch teils erhebliche30 – Folgen für das von ihm erfasste Plangebiet und dessen Grundstückseigentümer. Diese Folgen bewirke der Flächennutzungsplan aber nicht selbst, sondern ausschließlich mittelbar – nämlich über andere Normen, in denen er lediglich als rechtsfolgenbedingte Tatbestandsvoraussetzung fungiere (vgl. §§ 7, 8 Abs. 2, 10 Abs. 2, 15 Abs. 3 S. 1, 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, S. 3, 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, 35 Abs. 3 S. 3 Alt. 1 BauGB). Wenn ein Plan aber seine rechtlichen Wirkungen nie aus sich heraus, sondern stets nur vermittels andere Rechtsnormen entfalte, könne nicht gut behauptet werden, es sei dieser Plan selbst, der einen Anspruch auf Verbindlichkeit gegenüber Dritten erhebe. Diesen Anspruch messe sich vielmehr nur und erst diejenige Gesetzesvorschrift bei, welche die unmittelbaren Rechtsfolgen anordne31 (hier sog. Mittelbarkeitsargument). Die Unfähigkeit, ohne die „Hilfe“ einer Vermittlungsnorm verbindliche Rechtswirkungen gegenüber außerhalb der Verwaltung stehenden Dritten zu erzeugen, zeige sich besonders deutlich im Zulassungsregime der §§ 29 ff. BauGB. Im unbeplanten Innenbereich etwa könnten einem Bauvorhaben zwar die Festsetzungen eines Bebauungsplans entgegengehalten werden, nicht aber – weil es dort an einer Vermittlungsnorm fehle – die Darstellungen eines Flächennutzungsplans32. Die bloße „Mittelbarkeit“ des Flächennutzungsplans trete auch im Außenbereich zum Vorschein. Flächennutzungsplandarstellungen könnten dort zwar nach Maßgabe des § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB die Bedeutung

30 Brohm, Baurecht, § 6 Rn. 13; Battis, Baurecht, S. 73 f. („für den Bürger sehr spürbar“); Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 5 Rn. 47 („Wirkungen von erheblicher Reichweite“); Stüer, Bebauungsplan, Rn. 91. 31 BVerwG, Beschl. v. 20.07.1990 – 4 N 3/88, NVwZ 1991, 262 (263); VGH Kassel, Urt. v. 16.08.2002 – 4 N 3272/01, NuR 2003, 115 (117); Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 5 Rn. 7; vgl. Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 5 Rn. 47 f., 50; Ferner, in: Ferner/Kröninger, BauGB, § 5 Rn. 16; Gaentzsch, BauGB, § 5 Rn. 2; Mainczyk, BauGB, § 5 Rn. 3; Cholewa/David/Dyong/v. d. Heide, BauGB, § 5 Nr. 3; Löhr, in: Berkemann u. a. (Hrsg.), Schlichter-FS, S. 229 (232); Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 112; Oldiges, in: Steiner (Hrsg.), Verwaltungsrecht, Kap. IV, Rn. 107; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, § 56 Rn. 23; Hoppe, DVBl. 1991, 1277 (1278 f.); Wachs/Greiving, NWVBl. 1998, 7 (9 f.); Schidlowski, NVwZ 2001, 388 (389); Peine, Baurecht, Rn. 461 f.; Koch/Hendler, Baurecht, § 12, Rn. 4; ähnlich Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 5 BauGB Rn. 2 a. E.; Dazert, BauR 2007, 657 (659); Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 88 („[D]ie Wirkung hat er [. . .] nicht aus sich heraus, sondern erst die Brückennormen des Baugesetzbuchs verschaffen sie ihm“); insoweit auch Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 47 Rn. 118. 32 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 5 Rn. 7; Finkelnburg/Ortloff, Baurecht, Bd. I, S. 72.

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

eines „öffentlichen Belangs“ erlangen, der einem Vorhaben nicht entgegenstehen (§ 35 Abs. 1 BauGB) bzw. von diesem nicht beeinträchtigt werden dürfe (§ 35 Abs. 2 BauGB). Ob diese Darstellungen aber ein Bauvorhaben im Einzelfall tatsächlich verhinderten, sei nach st. Rspr. im Wege einer „nachvollziehenden Abwägung“ zwischen „dem beabsichtigten Vorhaben und den von ihm etwa berührten öffentlichen Belangen“ zu ermitteln33. Dann aber könne nicht behauptet werden, schon die Darstellungen selbst erhöben Anspruch auf eine uneingeschränkte Verbindlichkeit gegenüber dem Bauantragssteller. Diese Wirkung messe sich vielmehr nur und erst die Entscheidung bei, die infolge dieser Abwägung ergehe – diejenige über die Erteilung oder Versagung der Baugenehmigung durch die zuständige Behörde also34. d) Abhängigkeitsargument Gegen die Einordnung des Flächennutzungsplans als Rechtsvorschrift wird auch sein Verhältnis zu den tatsächlichen Gegebenheiten im Plangebiets angeführt. Namentlich das BVerwG hat vielfach angemerkt, dass die Darstellungen eines Flächennutzungsplans „nicht einfach wie Rechtssätze ,anwendbar‘“ seien, „sondern immer nur als Unterstützung und einleuchtende Fortschreibung bestimmter tatsächlicher Gegebenheiten“35 zu einer Beeinträchtigung öffentlicher Belange i. S. d. § 35 Abs. 2, 3 BauGB „beitragen“ könnten. Daraus ergebe sich, dass „bei der Heranziehung von Flächennutzungsplänen im Zusammenhang mit [§ 35 BauGB] ,in weitem Umfange auf die Verhältnisse des Einzelfalles abzustellen‘ ist“36. Auch wenn diese Formulierung von der „Unterstützung und einleuchtende[n] Fortschreibung tatsächlicher Gegebenheiten“ vielfach als „kryp33 So in der Tat schon BVerwG, Urt. v. 25.10.1967 – IV C 86/88, NJW 1968, 1105 (1106); seitdem st. Rspr. auch zum BauGB, vgl. nur BVerwG, Urt. v. 19.07.2001 – 4 C 4.00, NuR 2002, 49 (51); BVerwG, Urt. v. 13.12.2001 – 4 C 3/01, NVwZ 2002, 1112 f.; vgl. auch Bracher, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2150; Rieger in: Schrödter, BauGB, § 35 Rn. 8; Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub II.2.a.; Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 60, 76; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 35 Rn. 9, 73. 34 Vgl. BVerwG, Urt. v. 18.08.2005 – 4 C 13/04, DVBl. 2005, 1583 (1586); Dazert, BauR 2007, 657 (659). 35 So die in st. Rspr. aufgegriffene Formulierung; vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 01.04.1997 – 4 B 11/97, NuR 1997, 548 (549); BVerwG, Urt. v. 06.10.1989 – 4 C 28/86, NVwZ 1991, 161, m.w. N.; VGH Kassel, Urt. v. 16.08.2002 – 4 N 3272/01, NuR 2003, 115 (117); OVG Lüneburg, Urt. v. 18.06.2003 – 1 LB 143/02, BauR 2004, 459 (460 f.); Brodersen, JuS 1991, 611 (612); Wachs/Greiving, NWVBl. 1998, 7 (9); Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 35 BauGB Rn. 180; krit. Hoppe, DVBl. 1991, 1277 (1278, 1281 f.); und Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 213 f. 36 BVerwG, Urt. v. 28.02.1975 – IV C 30/73, DVBl. 1975, 516 (519); s. auch bereits dass. Urt. v. 15.03.1967 – IV C 205/65, BVerwGE 26, 287 (292 ff.). – Hervorhebung durch den Verf.

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tisch“ und „sibyllinisch“ kritisiert37 und im Detail unterschiedlich ausgelegt wurde, wird ihr doch zumindest entnommen, dass das BVerwG die Darstellungen eines Flächennutzungsplans nur dann als öffentlichen Belang anzusehen bereit ist, wenn diese einen hinreichenden Tatsachenbezug aufweisen38. Wenn das tatsächliche Baugeschehen es als ausgeschlossen erscheinen lasse, dass solche Darstellungen noch realisiert werden könnten, verliere der fragliche Plan deshalb jegliche Bedeutung als Konkretisierung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung. In einem solchen Fall büße er zugleich die Eignung ein, sich jemals im Rahmen einer nachvollziehenden Abwägung gegenüber einem Bauvorhaben durchsetzen zu können. Wenn der Einfluss eines Plans auf die Entscheidung über die Zulassung eines Vorhabens aber derart von tatsächlichen Gegebenheiten und Entwicklungen abhängig sei, könne er nicht als Regelung angesehen werden, die Außenverbindlichkeit gegenüber Dritten beanspruche39 (hier sog. Abhängigkeitsargument). 4. Argumente aus der historischen Interpretation Aus der Entstehungsgeschichte des § 47 VwGO hat das BVerwG ein weiteres Argument gegen die Statthaftigkeit eines gegen einen Flächennutzungsplan gerichteten Normenkontrollantrags vorgebracht, das unabhängig davon Geltung beansprucht, wie man den Begriff der „Rechtsvorschrift“ in § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO definieren will. Bis 1976 habe die Überprüfbarkeit von im Rang unter Landesrecht stehenden Rechtsnormen allein davon abgehangen, ob das jeweils maßgebliche Landesrecht eine solche Überprüfbarkeit angeordnet habe. Da die Länder diese Frage aber nicht einheitlich geregelt hatten, hätten sich die Rechtsschutzmöglichkeiten der Bürger in den Ländern unterschiedlich entwickelt. Diese Rechtslage habe der Gesetzgeber als unbefriedigend empfunden und daher den Rechtsschutz im Städtebaurecht im Bereich des Normenkontroll-

37 Hoppe bezeichnete die Formel schon 1991 als „nicht glücklich gewählte [. . .] kryptische und interpretationsfähige Wortprägung“ und riet zu ihrer Aufgabe (vgl. dens., DVBl. 1991, 1277 [1278, 1281 f.]); ähnlich kritisch Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 35 Rn. 65; Schidlowski, NVwZ 2001, 388 (389, 390); und für den Gebrauch im Zusammenhang mit den Zielen der Raumordung Kment, NVwZ 2003, 1047 (1055). 38 Vgl. dazu Wagner, UPR 1996, 370 (372 f.); Hoppe, DVBl. 1991, 1277 (1281 f.); Taegen, in: Berkemann u. a. (Hrsg.), Festschrift für Otto Schlichter, 1995, S. 247 (250); Schidlowski, NVwZ 2001, 388 (389 f.); Bracher, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2160. 39 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.07.1990 – 4 N 3/88, NVwZ 1991, 262 (263); s. auch dass., Urt. v. 18.08.2005 – 4 C 13/04, BVerwGE 124, 132 (144); zum Gedanken der größeren „Flexibilität“ eines Flächennutzungsplans bereits Heitzer/Oestreicher, Bundesbaugesetz, Bd. 1, § 5 Nr. 2a) zu § 5 BBauG; Widera, Planungshoheit, S. 107; wohl auch Bracher, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2160 f.

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

verfahrens bundesweit vereinheitlichen wollen. Zu diesem Zweck sei 197640 in § 47 Abs. 1 VwGO eine neue Nr. 1 eingefügt worden41. Da diese Norm aber nur Satzungen als bundeseinheitlich möglichen Angriffsgegenstand erwähne, könne es nicht sein, dass es dem Landesgesetzgeber über Nr. 2 überlassen geblieben sei, auch Flächennutzungspläne für angreifbar zu erklären. Denn andernfalls wäre eine erneute Zersplitterung der Rechtsschutzmöglichkeiten auf dem Gebiet des Städtebaurechts – nun eben für den Bereich der Flächennutzungsplanung – zu befürchten42 (hier sog Rechtszersplitterungsargument). 5. Behandlung etwaiger Einwände In den auf der Linie der h. M. liegenden Stellungsnahmen wurden auch denkbare Einwände, die im Hinblick auf § 7 BauGB und Art. 19 Abs. 4 GG befürchtet wurden, vorsorglich zu entkräften versucht. Nach § 7 S. 1 haben öffentliche Planungsträger, die an der Aufstellung eines Flächennutzungsplans ordnungsgemäß beteiligt wurden, ihre eigene Planung dem Flächennutzungsplan insoweit anzupassen, als sie diesem Plan nicht widersprochen haben. Auch die in § 7 BauGB angeordnete Anpassungspflicht sei aber kein Fall der rechtssatzmäßigen Anwendung, des „Vollzugs“ des Flächennutzungsplans, sondern lediglich eine „planerische Fortentwicklung der im Flächennutzungsplan dargestellten Grundkonzeption der Gemeinde“. Die in § 7 S. 1 BauGB angeordnete Bindung sei deshalb als an die planerischen Vorstellungen der Gemeinde angeordnet zu verstehen, nicht aber als eine an den Flächennutzungsplan selbst43. Und selbst die so verstandenen Bindungen seien noch eingeschränkt. Denn sie seien von Entscheidungen der öffentlichen Planungsträger – v. a. zum Widerspruchsverzicht – abhängig und wirkten daher allenfalls mittelbar und bedingt44 (hier sog. Anpassungsargument). Das verfassungsrechtliche Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG schließlich erfordere es ebenfalls nicht, den ablehnenden Standpunkt zu revidieren und den Flächennutzungsplan trotz der übrigen Argumente als Rechtsvorschrift i. S. d. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO einzuordnen, weil ein Betroffener in

40 Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung verwaltungsprozessualer Vorschriften v. 24.08.1976 (BGBl. I 2437). 41 BVerwG, Beschl. v. 20.07.1990 – 4 N 3/88, NVwZ 1991, 262. 42 BVerwG, Beschl. v. 20.07.1990 – 4 N 3/88, NVwZ 1991, 262; OVG Lüneburg, Beschl. v. 08.03.2007 – 12 MN 13/07, BeckRS 2007 22144, sub II.1 der Gründe; Dazert, BauR 2007, 657 (658 f.). 43 BVerwG, Beschl. v. 20.07.1990 – 4 N 3/88, NVwZ 1991, 262 (263); Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 5 Rn. 7. 44 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 5 Rn. 7; ähnlich Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 47 Rn. 118.

§ 8 Die Rechtsnatur von Flächennutzungsplänen

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zumutbarer Weise nachträglich (inzidenten) Rechtsschutz suchen könne, was den verfassungsrechtlichen Anforderungen vollauf genüge45. III. Fazit Die lange Zeit ganz h. M. wandte sich also mit einem beachtlichen Argumentationsarsenal dagegen, einen Flächennutzungsplan als Rechtsvorschrift im formellen oder materiellen Sinne einzuordnen und lehnte auf der Grundlage dieser negativen Abgrenzung zumindest die Statthaftigkeit eines darauf bezogenen Normenkontrollantrags ab. Seit geraumer Zeit wird indes diskutiert, ob diese Haltung nicht für eine bestimmte Art von Darstellungen überdacht werden muss. Zu dieser Diskussion soll im Folgenden Stellung genommen (B.) und anschließend untersucht werden, ob nicht (ggf. auch) für andere Darstellungsarten Anlass für ein Überdenken der traditionellen Ansicht besteht (C.–G.).

B. Darstellungen zum Außenbereich mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB Die traditionelle These der h. M., bei dem Flächennutzungsplan handle es sich um ein „Rechtsinstitut sui generis“ ohne Rechtsnormcharakter, wird seit einiger Zeit im Hinblick auf Darstellung mit, wie es der Gesetzgeber in § 5 Abs. 2b BauGB inzwischen selbst formuliert, „den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB“, hinterfragt. Die damit umschriebenen Darstellungen zu sog. Konzentrationszonen im Außenbereich sollen hier vorgestellt werden (I.), um darauf aufbauend das einschlägige Meinungsspektrum darstellen (II.) und dazu für das intra- (III.) und interkommunale Verhältnis Stellung nehmen zu können (IV.). I. „Konzentrationszonen mit Ausschlusswirkung“ Konzentrationszonendarstellungen beziehen sich auf das Zulassungsregime für privilegierte Außenbereichsvorhaben. Wie oben bereits angedeutet, sind solche Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB im Außenbereich unzulässig, wenn ihnen öffentliche Belange „entgegenstehen“, wobei ein solches „Entgegenstehen“ u. a. daraus folgen kann, dass das fragliche Vorhaben einer Darstellung des einschlägigen Flächennutzungsplans widerspricht (vgl. § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB). Wie ebenfalls bereits erwähnt, führt ein solcher Widerspruch allerdings nach st. Rspr. und ganz h. M. nicht automatisch zur Unzulässigkeit des 45 Brohm, Baurecht, § 6 Rn. 15; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 878 Fn. 9; Pielow, DV 1999, 445 (447 f.); für die Frage der Angreifbarkeit von Raumordnungsplänen ebenso VGH Kassel, Urt. v. 16.08.2002 – 4 N 3272/01, NuR 2003, 115 (118).

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

Vorhabens, weil die Genehmigungsbehörde danach erst im Wege einer „nachvollziehenden Abwägung“ zu ermitteln habe, welches der tangierten Interessen sich im konkreten Fall durchsetze. Zu diesem Zulassungsregime trifft nun § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB eine ergänzende Regelung. Nach der ersten Alternative dieser Vorschrift stehen öffentlichen Belange den meisten46 der privilegierten Vorhaben nämlich „in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan [. . .] eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist“. Durch dieses „Darstellungsprivileg“47 kann die Gemeinde für bestimmte Vorhaben sog. Konzentrations-48 oder Vorrangzonen49 im Außenbereich einrichten50, innerhalb derer den Vorhaben angesichts der gesetzgeberischen Privilegierung regelmäßig keine öffentlichen Belange mehr entgegengehalten werden können51. Die Konzentrationszonen führen aber zugleich52 dazu, dass die betroffenen Vorhaben „in der Regel“ außerhalb des eingerichteten Bereichs nicht zulässig sind (sog. „negative Ausschlusswirkung“53). Weil die gesetzgeberische Entscheidung, bestimmte Vorhaben zu privilegieren, damit nicht mehr uneingeschränkt, sondern nur nach Maßgabe der gemeindlichen Planvorstellungen zum 46 Ausgenommen von der Regelung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB sind lediglich privilegierte Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, also bestimmte land- und forstwirtschaftliche Vorhaben. 47 Enders/Bendermacher, ZfBR 2001, 450; Koppitz/Schwarting, Flächennutzungsplan, Rn. 320; Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 236; Stüer, DVBl. 2006, 403 (411); ders./Vildomec, BauR 1998, 427 (428); Wachs/Greiving, NWVBl. 1998, 7; Hoppe, DVBl. 1991, 1277 (1283). 48 Der Begriff hat sich eingebürgert; vgl. insoweit nur BVerwG, Urt. v. 13.03.2003 – 4 C 3/02, NVwZ 2003, 1261; Guckelberger, DÖV 2006, 973 (976); Wagner, UPR 1996, 370 (372, 374); Lüers, ZfBR 1996, 297 (299); dens., UPR 1997, 348 (352); Holz, NWVBl. 1998, 81 (83); Enders/Bendermacher, ZfBR 2001, 450; v. Nicolai, ZfBR 2005, 529 (531); Redeker in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Hoppe-FS, S. 329 (333); Erbguth, DVBl. 1998, S. 209 (213). 49 Leopold, VR 2004, 325; v. Nicolai, ZfBR 2005, 529 (531). 50 Dies geschieht in der Praxis überwiegend durch die Darstellung einer (Sonder-) Baufläche oder eines (Sonder-)Baugebietes i. S. d. § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB, vgl. v. Nicolai, ZfBR 2005, 529 (531); Wachs/Greiving, NWVBl. 1998, 7 (11). In Betracht kommt aber auch die Darstellung einer Versorgungsfläche (§ 5 Abs. 2 Nr. 4 BauGB) oder eine entsprechend konkretisierte land- und forstwirtschaftliche Fläche (§ 5 Abs. 2 Nr. 9 BauGB), die bspw. mit der Windenergienutzung grundsätzlich verträglich ist; vgl. insoweit OVG Bautzen, Urt. v. 18.05.2000 – 1 B 29/98, SächsVBl. 2000, 245; Ecker, VBlBW 2001, 173 (174). 51 Wagner, UPR 1996, 370 (373); vgl. Hoppe, DVBl. 1991, 1277 (1283). 52 Redeker in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Hoppe-FS, S. 329 (333), spricht daher anschaulich von der „Spiegelbildfunktion“ einer Darstellung nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB. 53 Vgl. Lüers, UPR 1997, 348 (352) – „Ausschlussfunktion für den übrigen Außenbereich“; BVerwG, Urt. v. 21.10.2004 – 4 C 2/04, NVwZ 2005, 211 (212), dass., Urt. v. 13.03.2003 – 4 C 3/02, NVwZ 2003, 1261. Das BVerwG, Urt. v. 27.01.2005 – 4 C 5/04, BVerwGE 122, 364 (373), spricht plakativ davon, dass die freizuhaltenden Flächen für bestimmte Vorhaben – im zugrunde liegenden Fall für Windkraftanlagen – „von vorneherein tabu“ seien; Mitschang, in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Einzelhandel und Windkraftanlagen, S. 121.

§ 8 Die Rechtsnatur von Flächennutzungsplänen

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Tragen kommt, wird auch von dem sog. Planvorbehalt54 gesprochen, unter dem diese Privilegierungsentscheidung stehe. Die Möglichkeit zur Konzentrationszonendarstellung wurde erstmals 1997 in das BauGB eingeführt55. Der Gesetzgeber hat damals freilich keine dogmatische Eigenkreation geschaffen, sondern bewusst an eine von der Rechtsprechung bereits zehn Jahre zuvor entwickelte Rechtsfigur angeknüpft56. So hatte das BVerwG in seinem Urteil vom 22.05.198757 entschieden, dass eine Gemeinde befugt sei, Abgrabungsflächen im Flächennutzungsplan mit dem Ziel darzustellen, den Abbau von Kies und Sand am ausgewiesenen Standort zu konzentrieren und im übrigen Außenbereich zu vermeiden58. Der Entscheidung lag eine Verpflichtungsklage zugrunde, mit welcher der Kläger einen Bauvorbescheid für die Zulassung einer Abgrabung von Kies und Sand auf einer Fläche im Außenbereich der beigeladenen Gemeinde begehrte. Diese Gemeinde hatte einen Flächennutzungsplan aufgestellt, der die vom Kläger in Aussicht genommene Fläche als eine für die Landwirtschaft darstellte. Zugleich stellte der Plan 54 BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15/01, NVwZ 2003, 733 (735); dass., Urt. v. 13.03.2003 – 4 C 4/02, NVwZ 2003, 738 (739); dass., Urt. v. 13.03.2003 – 4 C 3/02, NVwZ 2003, 1261; dass., Urt. v. 21.10.2004 – 4 C 2/04, BVerwGE 122, 109 (111): „Planungsvorbehalt“; OVG Münster, Urt. v. 28.10.1997 – 10 A 4574/94, ZfBR 1998, 160 (163); Krautzberger, NVwZ 1996, 847 (848); Wagner, UPR 1996, 370 (371, 372); Lüers, ZfBR 1996, 297 (298); Runkel, DVBl. 1997, 275; ders., ZfBR 1999, 298 (299); Wachs/Greiving, NWVBl. 1998, 7; Holz, NWVBl. 1998, 81 (82); Stüer/Vildomec, BauR 1998, 427 (428); Ecker, VBlBW 2001, 173 (174); Enders/Bendermacher, ZfBR 2001, 450; Leopold, VR 2004, 325 (326); Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 123 („Relativierung der Privilegierung“); Porger, in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Einzelhandel und Windkraftanlagen, S. 103 (118); Mitschang, in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), a. a. O., S. 121 (123). 55 Durch das Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuchs vom 30.07.1996 (BGBl. I 1189). Die damalige Regelung bezog sich aber zunächst nur auf Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nrn. 4–7 BauGB a. F.; vgl. dazu Krautzberger, NVwZ 1996, 847 (848); Wagner, UPR 1996, 370 (371, 374); Lüers, ZfBR 1996, 297 (300); Runkel, DVBl. 1997, 275; Holz, NWVBl. 1998, 81 f. Durch das Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 wurde die Regelung schließlich von den Nrn. 4–7 a. F. auf die Nrn. 2–6 n. F. ausgedehnt, vgl. BGBl. I 2081 (2092); vgl. dazu Lüers, UPR 1997, 348 (352). 56 Vgl. den Bericht der Abgeordneten Götz und Schöler, BT-Drs. 13/4978 v. 19.06.1996, S. 8 f.; Krautzberger, NVwZ 1996, 847 (848); Wagner, UPR 1996, 370 (371); Lüers, ZfBR 1996, 297 (299 f.); Wachs/Greiving, NWVBl. 1998, 7; Stüer/Vildomec, BauR 1998, 427 (429, 431 f.); Schmidt, DVBl. 1998, 669 (673); Ecker, VBlBW 2001, 173 (174); Schidlowski, NVwZ 2001, 388; Enders/Bendermacher, ZfBR 2001, 450 (451); Leopold, VR 2004, 325 (326); BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15/01, NVwZ 2003, 733 (735); OVG Münster, Urt. v. 28.10.1997 – 10 A 4574/94, ZfBR 1998, 160 (163); OVG Koblenz, Urt. v. 20.02.2003 – 1 A 11406/01, NuR 2003, 558 (560). 57 BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 – 4 C 57/84, NVwZ 1988, 54; seitdem st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 04.05.1988 – 4 C 22.87, ZfBR 1988, 231 (233); OVG Münster, Urt. v. 28.10.1997 – 10 A 4574/94, ZfBR 1998, 160 (161, 163). 58 So der Dritte Leitsatz, S. 1, BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 – 4 C 57/84, NVwZ 1988, 54.

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

einige 100 m nördlich davon Flächen für Abgrabungen dar, die im zugehörigen Erläuterungsbericht als „Auskiesungskonzentrationszone“ bezeichnet wurden59. Das BVerwG ordnete die Abgrabung als privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG (BauGB) ein und stellte zunächst klar, dass auch einem im Außenbereich privilegierten Vorhaben öffentliche Belange entgegenstehen können, wenn es Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspreche60. Dabei sei aber zwischen positiven und negativen Aussagen von Darstellungen eines Flächennutzungsplans zu unterscheiden. Weise eine Darstellung eine Fläche für Abgrabungen aus, könne das entweder bedeuten, dass der Standort nur – positiv – für Abgrabungen vorbehalten und gegen andere Nutzungszuweisungen gesichert werden solle. Je nach – im Wege der Planauslegung zu beurteilendem – Einzelfall könne der Darstellung aber darüber hinaus auch die – negative – Aussage zukommen, dass Abgrabungen an anderen als den dafür ausgewiesenen Standorten nicht zulässig seien61. Eine solche Darstellung nehme, so das BVerwG 1987, mit ihrer negativen Zielaussage in Bezug auf andere Flächen als „Unterstützung und einleuchtende Fortschreibung tatsächlicher Gegebenheiten“ den Rang öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 1, 3 BBauG (BauGB) ein und könne als solcher einem privilegierten Vorhaben entgegenstehen62. Ob sich diese Darstellung dann aber im Einzelfall tatsächlich gegenüber einem außerhalb der Konzentrationszone geplanten Vorhaben durchsetze, sei eine Frage der Anwendung des § 35 Abs. 1 BBauG (BauGB) und damit eine im Wege der „nachvollziehenden Abwägung“ zu ermittelnde. Im Rahmen dieser Abwägung seien zwei Aspekte besonders zu berücksichtigen. Zum einen komme privilegierten Vorhaben besonderes Gewicht zu, weil der Gesetzgeber sie generell dem Außenbereich zugewiesen habe. Zum anderen müsse berücksichtigt werden, dass eine Darstellung mit ihrer negativen Seite „der Tendenz nach im Allgemeinen“ ein geringeres Gewicht als eine positive standortbezogene Darstellung habe. Dies liege daran, dass die planerische Abwägung, auf der jede Darstellung nach § 1 Abs. 6, 7 BBauG (BauGB) beruhen müsse, in Bezug auf die ausgeschlossenen Flächen notwendi59

Vgl. BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 – 4 C 57/84, NVwZ 1988, 54. BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 – 4 C 57/84, NVwZ 1988, 54; so schon dass., Urt. v. 20.01.1984 – 4 C 43/81, NVwZ 1984, 367 f., unter Aufgabe der früheren Rspr.; s. dazu Hoppe, DVBl. 1991, 1277 f.; u. zust. Lüers, ZfBR 1996, 297 (299). 61 Vgl. BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 – 4 C 57/84, NVwZ 1988, 54 (55), dort auch dazu, dass der Erläuterungsbericht bei der Auslegung des Plans herangezogen werden darf; zust. Lüers, ZfBR 1996, 297 (299 f.); ders., UPR 1997, 348 (352); das OVG Münster, Urt. v. 28.10.1997 – 10 A 4574/94, ZfBR 1998, 160 (161 f.) hat entschieden, dass zur Auslegung auch auf die Erwägungen des Rates im Planaufstellungsverfahren abgestellt werden könne. Strenger dagegen wohl OVG Koblenz, Urt. v. 20.02. 2003 – 1 A 11406/01, NuR 2003, 558 (559). 62 BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 – 4 C 57/84, NVwZ 1988, 54 (55); vgl. BVerwG, Urt. v. 04.05.1988 – 4 C 22.87, ZfBR 1988, 231 (233); zust. Krautzberger, NVwZ 1996, 847 (848). 60

§ 8 Die Rechtsnatur von Flächennutzungsplänen

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gerweise „globaler“ ausfallen müsse als bei einer Darstellung, die – nur positiv – einer einzelnen Fläche standortbezogen eine bestimmte Nutzung zuweise. Denn eine Gemeinde werde nicht für jede Fläche im Außenbereich abwägen können, ob die städtebaulichen Gründe so stark seien, um auch hier im Hinblick auf die Abgrabungskonzentration an anderer Stelle den Abbau zu verhindern63. Diese Besonderheit von Negativaussagen mache die zugrundeliegende planerische Abwägung nach § 1 Abs. 6, 7 BBauG (BauGB) nicht fehlerhaft, sei aber eben bei der nachvollziehenden Abwägung nach § 35 Abs. 1 BBauG (BauGB) gebührend zu berücksichtigen. Ungeachtet der Tatsache, dass diese Rechtsprechung nicht ohne Kritik blieb64, hat der Bundesgesetzgeber an die vom BVerwG aufgestellten Leitlinien angeknüpft, indem er zehn Jahre später den Vorgänger der Regelung schuf, die heute in § 35 Abs. 3 S. 3 Alt. 1 BauGB verankert ist65. Anlass für diese Entscheidung war die Aufnahme von Windkraftanlagen in den Katalog der nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Nutzungen66. Die Windkraftnutzung wurde vom Gesetzgeber zwar als grundsätzlich erwünscht angesehen. Zugleich sollte aber den Gemeinden die Möglichkeit gegeben werden, diese Nutzungsart an bestimmter Stelle ihres Plangebiets zu konzentrieren, um eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch den ungesteuerten „Wildwuchs“ zahlreicher Einzelanlagen – plakativ als „Verspargelung“67 der Landschaft bezeichnet – zu verhindern68. Der Rückgriff auf die Rechtsprechung des BVerwG, das mit seiner Aus63 BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 – 4 C 57/84, NVwZ 1988, 54 (56); den Begriff des „globalen Charakters“ greifen Wagner, UPR 1996, 370 (374), u. Hoppe, DVBl. 1991, 1277 (1286), dieser freilich kritisch, auf. 64 Vgl. Hoppe, DVBl. 1991, 1277 (1285 ff.); s. dazu Wagner, UPR 1996, 370 (374); Stüer/Vildomec, BauR 1998, 427 (432). 65 Mit dieser normativen Entscheidung entzog der Gesetzgeber zumindest dem Argument, es fehle für die Darstellung von „Konzentrationszonen mit Ausschlusswirkung“ an einer gesetzlichen Grundlage, den Boden; vgl. Wagner, UPR 1996, 370 (374); Stüer/Vildomec, BauR 1998, 427 (432); Schidlowski, NVwZ 2001, 388 (389); Enders/Bendermacher, ZfBR 2001, 450 (451). 66 Eine ausdrückliche Aufnahme war notwendig geworden, weil das BVerwG zuvor entschieden hatte, dass Windkraftanlagen mangels Standortgebundenheit nicht unter § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zu subsumieren seien; vgl. BVerwG, Urt. v. 16.06.1994 – 4 C 20/93, NVwZ 1995, 64 ff.; vgl. nur Ecker, VBlBW 2001, 173 f. 67 BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15/01, NVwZ 2003, 733 (735). Der Begriff wurde vielfach aufgegriffen, vgl. nur Taegen, in: Berkemann u. a. (Hrsg.), SchlichterFS, S. 247 (255); Wagner, UPR 1996, 370 (376); Hoppe, DVBl. 1991, 1277 (1280); Holz, NWVBl. 1998, 81 (83); Schidlowski, NVwZ 2001, 388; Leopold, VR 2004, 325 (326); Rojahn, in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Einzelhandel und Windkraftanlagen, S. 147 (162). 68 Im Bericht der Abgeordneten Götz und Schöler, BT-Drs. 13/4978 v. 19.06.1996, S. 8 f., heißt es dazu deutlich: „In den Regionen, die bereits jetzt schon einem hohen Antragsdruck für Windenergieanlagen ausgesetzt sind, bedarf es flankierend einer planerischen Steuerungsmöglichkeit, um den nach wie vor gebotenen Außenbereichsschutz zu gewährleisten und zugleich auch eine Bündelung von Anlagen (als ,Wind-

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kiesungsentscheidung der „Verkraterung“69 der Landschaft Einhalt gebieten wollte, lag damit nahe70. Die Bedeutung des „Planvorbehalts“ ist im Jahre 2004 durch die Neufassung des BauGB im Zuge des EAG Bau noch einmal erheblich gestiegen71. So hat der Gesetzgeber zum einen in § 5 BauGB einen Absatz 2b eingefügt, nach dem die Gemeinden „für Darstellungen des Flächennutzungsplans mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3“ BauGB sachliche Teilflächennutzungspläne aufstellen können72. Und in § 15 Abs. 3 BauGB73 wurde zusätzlich die Möglichkeit geschaffen, die Entscheidung über die Zulässigkeit eines nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB privilegierten Vorhabens zur Sicherung einer geplanten Konzentrationszonendarstellung für längstens ein Jahr zurückzustellen. Diese Regelung stellt ein Novum dar, da damit erstmals die Zurückstellung eines Vorhabens mit Blick auf eine Flächennutzungsplanung – auch in Bezug auf den neuen Teilflächennutzungsplan – ermöglicht wurde74. II. Das Meinungsspektrum zur Behandlung von Darstellungen nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB Gegenstand der jüngeren Diskussion ist es nun, ob Darstellungen „mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB“ gleichsam als Ausnahme zu der sonst ganz überwiegend vertretenen, restriktiven Haltung als Rechtsvorschriften energieparks‘) zu ermöglichen. Dies erfolgt durch Aufgreifen der Rechtsprechung zu den sogenannten ,Abgrabungskonzentrationszonen‘. Durch positive Standortzuweisungen an einer oder auch mehreren Stellen im Plangebiet erhalten die Regionalplanung und die Gemeinden die Möglichkeit, den übrigen Planungsraum von den durch den Gesetzgeber privilegierten Anlagen freizuhalten.“ 69 So BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 – 4 C 57/84, NVwZ 1988, 54 (55); dass, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15/01, NVwZ 2003, 733 (735); OVG Münster, Urt. v. 28.10.1997 – 10 A 4574/94, ZfBR 1998, 160 (161); Holz, NWVBl. 1998, 81 (83); Hoppe, DVBl. 1991, 1277 (1287), wirft dem BVerwG vor, damit eine „Horrorvision“ beschworen zu haben. 70 Nähere Darstellungen der Gesetzgebungsgeschichte finden sich bei Wagner, UPR 1996, 370 (371 f.); Lüers, ZfBR 1996, 297 f.; BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15/ 01, NVwZ 2003, 733 (734 f.). 71 Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 35 Rn. 74. 72 Näher zu dieser Neuerung Guckelberger, DÖV 2006, 973 (977 f.); Mitschang, LKV 2007, 102 (106 ff.); v. Nicolai, ZfBR 2005, 529 ff. 73 Eine § 15 Abs. 3 BauGB entsprechende Regelung fand sich seit dem 01.01.1997 in § 245b BauGB a. F., allerdings mit einer Rückstellungsmöglichkeit längstens bis zum 31.12.1998 und mit dem Unterschied, dass nicht an die „Planreife“ sondern schon an die Prüfabsicht angeknüpft wurde; vgl. Krautzberger, NVwZ 1996, 847 (848 f.); Wagner, UPR 1996, 370 (376); Lüers, ZfBR 1996, 297 (300); Stüer/Stüer, NuR 2004, 341; Krautzberger/Stüer, DVBl. 2004, 781 (787). 74 Dazu Finkelnburg, NVwZ 2004, 897 (901); Guckelberger, DÖV 2006, 973 (978 f.); Battis/Krautzberger/Löhr, NJW 2004, 2553 (2558); Schliepkorte/Tünnemann, ZfBR 2004, 645 (650); Krautzberger/Stüer, DVBl. 2004, 781 (784).

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anzusehen sind und deshalb im Wege der Normenkontrollklage angegriffen werden können. Während sich in der Rechtsprechung dazu bisher noch keine eindeutige Linie herausgebildet hat (1.), plädieren einige Vertreter im Schrifttum dafür, diese Darstellungen als Rechtsvorschriften im materiellen Sinn einzuordnen und gegen sie eine Normenkontrolle zuzulassen (2.), treffen dabei aber auf den Widerspruch derjenigen, die auch für Konzentrationszonendarstellungen nicht von der traditionell ablehnenden Haltung abweichen wollen (3.). 1. Die Entwicklung in der Rechtsprechung Anlass zur Diskussion um die Statthaftigkeit von Normenkontrollanträgen gegen Darstellungen nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB gab eine Bemerkung des BVerwG aus seinem Urteil vom 17.12.200275. Darin führte das Gericht aus, dass der Flächennutzungsplan nicht mehr nur allein der Steuerung nachfolgender Planungen diene, wenn eine Gemeinde von ihrem Darstellungsprivileg Gebrauch mache. Darstellungen des Flächennutzungsplans nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB erfüllten nämlich „eine dem Bebauungsplan vergleichbare Funktion“76 indem sie „unmittelbar“ auf die Vorhabenzulassung durchschlügen. Dadurch wirkten sie ähnlich wie § 35 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 BauGB als Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Eine „unmittelbare Außenwirkung“ sei ihnen insoweit nicht abzusprechen77. Nachdem das BVerwG am 13.03.2003 dessen ungeachtet dennoch erneut – wenn auch eher beiläufig – darauf hingewiesen hatte, dass der Flächennutzungsplan nach der Rechtsprechung des 4. Senats nicht als Rechtsnorm anzusehen sei78, griff es seinen Gedankengang zur unmittelbaren Außenwirkung in seinem Urteil vom 20.11.2003 in einem obiter dictum doch wieder auf und führt ihn fort. Es „möge“ nämlich durchaus „sein“, dass der Gedanke, für die Ausweisung von Konzentrationszonen auf der Grundlage von § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB die Möglichkeit einer Normenkontrolle zu eröffnen, „nicht fernliege“79. In einer Entscheidung vom 21.10.2004 knüpfte es an diese Einschätzungen an, indem es die Änderung eines 75

BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15/01, NVwZ 2003, 733. BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15/01, NVwZ 2003, 733 (738 f.); dass., Urt. v. 20.11.2003 – 4 CN 6.03, NuR 2004, 362 (362 f.); dass., Urt. v. 21.10.2004 – 4 C 2/ 04, BVerwGE 122, 109 (116). 77 BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15/01, NVwZ 2003, 733 (738); ebenso dass., Urt. v. 13.03.2003 – 4 C 4/02, NVwZ 2003, 738 (739 741), dort auch im Hinblick auf raumordnerische Konzentrationsentscheidungen; dass., Urt. v. 21.10.2004 – 4 C 2/04, BVerwGE 122, 109 (116): „unmittelbar normative Wirkung“; OVG Koblenz, Urt. v. 20.02.2003 – 1 A 11406/01, NuR 2003, 558 (561); vgl. insoweit auch bereits Schmidt, DVBl. 1998, 669 (676), der darauf hinwies, dass § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB mit seiner Vorhaben „kanalisierenden“ – aber nicht schlechthin „unterbindenden“ – Wirkung ein Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums sei. 78 BVerwG, Urt. v. 13.03.2003 – 4 C 3/02, NVwZ 2003, 1261 (1262). 79 BVerwG, Urt. v. 20.11.2003 – 4 CN 6.03, NuR 2004, 362 (364). 76

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Flächennutzungsplans, mit der eine Konzentrationszone dargestellt wurde, als eine für das Revisionsverfahren beachtliche „Rechtsänderung“ einordnete. Dazu führt das BVerwG aus, dass der Flächennutzungsplan vom Gesetzgeber zwar „ursprünglich lediglich als vorbereitender Plan konzipiert“ worden sei, dass diese „Charakterisierung, so allgemein formuliert, [aber] heute nicht mehr einschränkungslos“ zutreffe. Darstellungen nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB führten nämlich eine „unmittelbar wirksame“ Beachtenspflicht herbei, die darin zum Ausdruck komme, dass der öffentliche Belang der Freihaltung des Außenbereichs von den privilegierten Vorhaben in den Ausschlusszonen bei der nachvollziehenden Abwägung grundsätzlich den Vorrang vor der in § 35 Abs. 1 BauGB angeordneten Privilegierung genieße. Dadurch erlange er ein wesentlich stärkeres Gewicht als sonst Darstellungen des Flächennutzungsplans gemäß § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB80. Diese Bemerkungen des BVerwG zur Rechtsnatur von Konzentrationszonendarstellungen lassen die Annahme, dass das BVerwG eine solcherart „außenwirksame“ Darstellung dann auch als „Rechtsvorschrift“ im materiellen Sinne und ein gegen sie gerichteter Normenkontrollantrag deshalb als statthaft behandeln würde, als zumindest nicht fernliegend erscheinen80a. Ausdrücklich hat es zu dieser Frage freilich noch nicht Stellung genommen und so verwundert es kaum, dass es in der Literatur umstritten ist, ob den Ausführungen des Gerichts tatsächlich zu entnehmen ist, dass es den Schritt von der materiellen Einordnung zur prozessualen Konsequenz des § 47 VwGO gehen würde81. Als, soweit ersichtlich, bislang einziges Obergericht hat das OVG Koblenz diesen Schritt in seinem Urteil vom 08.12.2005 gewagt und bejahte die Statthaftigkeit eines Normenkontrollantrags nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, mit dem sich die Antragstellerin gegen die Darstellung einer Konzentrationszone für Windkraftanlagen i. S. d. § 36 Abs. 1 Nr. 5 BauGB in einem Flächennutzungsplan wandte82. Nachdem dem BVerwG die Gelegenheit genommen wurde, sich zur Richtigkeit dieser Einschätzung seiner Rechtsprechung zu äußern83, trat inzwischen eine Spaltung der ober80

BVerwG, Urt. v. 21.10.2004 – 4 C 2/04, NVwZ 2005, 211 (212). In dem Urt. des BVerwG v. 26.04.2007 – 4 CN 3/06, das mit seinen Entscheidungsgründen nach Abschluss der Arbeit Eingang in die Fachliteratur erhielt (u. a. NVwZ 2007, 1081 ff.) und deshalb im Text keine Berücksichtigung mehr fand, wurde diese Annahme bestätigt. In der Entscheidung werden jdfs. zu den Fragen, die hier unter § 8 B. u. § 9 A. erörtert werden, Antworten gegeben, die in weiten Teilen auf der Linie der im Folgenden vertretenen Ergebnisse liegen. 81 Vor einer „Überinterpretation“ der Rechtsprechung des BVerwG in Bezug auf die Rechtsnatur der Flächennutzungspläne warnt etwa v. Nicolai, ZfBR 2005, 529 (532 f.); ähnlich Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 5 Rn. 50; zum Meinungsstand in der Literatur s. sogleich in den folgenden beiden Abschnitten. 82 S. OVG Koblenz, Urt. v. 08.12.2005 – 1 C 10065/05.OVG, ZNER 2005, 336 f. (Zitat auf S. 335); ebenso dass., Urt. v. 20.07.2006 – 1 C 10052/06.OVG, n. v., S. 9 ff. UA; zust. Frank, Erneuerbare Energien 2006, 8. 83 Wie von Herrn Vorsitzendem Richter am Oberverwaltungsgericht Nickenig freundlicherweise mitgeteilt, wurde die zunächst fristwahrend eingelegte Revision der An80a

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gerichtlichen Rechtsprechung ein, da sich das OVG Lüneburg in seinem Beschluss vom 08.03.2007 trotz der von ihm konstatierten „Anzeichen für einen Wandel“ für ein Festhalten an der traditionellen Rechtsauffassung aussprach84. 2. Die These von der Anwendbarkeit des § 47 Abs. 1 VwGO Ähnlich wie das OVG Koblenz haben Teile der Literatur an die Bemerkung des BVerwG von der „unmittelbaren Außenwirkung“ von Konzentrationszonendarstellungen angeknüpft und darauf aufbauend die Ansicht vertreten, solche Darstellungen seien als „Rechtsvorschriften“ im materiellen Sinn einzuordnen und deshalb auch im Normenkontrollverfahren angreifbar85. Die überkommene Einordnung von Darstellungen eines Flächennutzungsplans als bloße „Unterstützung und einleuchtende Fortschreibung bestimmter tatsächlicher Gegebenheiten“ möge, so wird dazu vorgetragen, der Rechtslage zum Bundesbaugesetz 1976 entsprochen haben. Mit der Einführung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB sei die Gemeinde aber in die Lage versetzt worden, im Außenbereich bestimmte Vorhabenstypen an bestimmten Plätzen zu konzentrieren. Dass sie hierbei „steuernd“, also planerisch-regelnd, und nicht bloß faktisch im Sinne von „beschreibend oder nachzeichnend“ tätig werde, dass sie die tatsächlichen tragsgegnerin mit Schriftsatz vom 01.02.2006 zurückgenommen und das Revisionsverfahren durch BVerwG, Beschl. v. 06.02.2006 – 4 CN 1.06, eingestellt. Das Urt. v. 20.07.2006 – 1 C 10052/06.OVG, n. v., ist gleichfalls rechtskräftig. 84 S. OVG Lüneburg, Beschl. v. 08.03.2007 – 12 MN 13/07, BeckRS 2007 22144, sub II.1. der Gründe. 85 Überwiegend wird dabei die Statthaftigkeit nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO befürwortet oder erwogen; so Kment, NVwZ 2003, 1047 (1055); ders., NVwZ 2004, 314; Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 5 Rn. 40, u. § 214 Rn 174 f.; Gerhardt/Bier, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 47 Rn. 30; Guckelberger, DÖV 2006, 973 (980 f.); Hoppe, DVBl. 2003, 1345 (1355); Jeromin, NVwZ 2006, 1374 ff.; Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 346; Leopold, VR 2004, 325 (328); Schoch, JK 4/07, VwGO § 47/29; Wolff, JA 2007, 396 (37); s. auch Redeker in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Hoppe-FS, S. 329 (335, 339 f.); Loibl, UPR 2004, 419 (422); Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 17, Rn. 7; Krebs, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsrecht, 4. Kap., Rn. 228; Hendler, NuR 2004, 485 (490); Steiff, NZBau 2006, 774 (775); wohl auch Hoppe, Diskussionsbeitrag bei Heemeyer, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 91 (95); Battis, Baurecht, S. 74; noch vorsichtiger formuliert insoweit Gierke, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 1, § 5 Nr. 2, nach dem durch die Darstellungen im Flächennutzungsplan über den Planvorbehalt des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB die Zulässigkeit der betreffenden privilegierten Vorhaben „weitgehend“ festgelegt werde, weshalb „Einiges“ dafür spreche, den Flächennutzungsplan jdfs. „insoweit“ wie einen Rechtssatz zu behandeln; ähnlich in Tendenz und Zurückhaltung Erbguth/ Wagner, Grundzüge, § 15, Rn. 15; Tettinger/Erbguth/Mann, Verwaltungsrecht, Rn. 1282; Mitschang, LKV 2007, 102 (106); sowie Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 47 Rn. 118, der zwar Gegenargumente nennt, die Einordnung als Rechtsvorschrift aber im Ergebnis nach einer „Gesamtbetrachtung“ für „durchaus gerechtfertigt“ hält; für eine Statthaftigkeit nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO Schenke, NVwZ 2007, 134 (136 f.); ders., VerwArch. 98 [2007], sub II.2.b.aa.; ders., in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (571 ff.).

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Gegebenheiten m. a. W. nicht einfach „belasse“, sondern diese „gestalte“86, komme im Baugenehmigungsverfahren augenfällig zum Vorschein. Denn wenn eine Baugenehmigung, die für ein privilegiertes Vorhabens beantragt werde, im Rahmen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB „regelmäßig“ abzulehnen sei, soweit der Flächennutzungsplan Vorhaben an anderer Stelle ausgewiesen habe, bedeute das nichts anderes, als dass der Flächennutzungsplan in dieser Hinsicht mit der Regelungskraft ausgestattet sei, privilegierte Vorhaben ausschließen zu können. Nicht anders als ein Bebauungsplan entscheide damit der Flächennutzungsplan selbst und „unmittelbar“ über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Vorhabens87. Wenn aber somit die Negativwirkung aus der Darstellung der Konzentrationsfläche im Flächennutzungsplan selbst folge88, könne das Argument von der „Mittelbarkeit“ oder mangelnden „Verbindlichkeit“ der Rechtswirkungen von Darstellungen des Flächennutzungsplans für diesen Bereich nicht in überzeugender Weise aufrecht erhalten werden. Der Flächennutzungsplan sei insoweit „mittels indirekter gesetzlicher Regelung zu einem Rechtssatz erhoben“89 worden und müsse dann auch konsequenterweise als tauglicher Normenkontrollgegenstand angesehen werden. 3. Die Verfechter der traditionellen Auffassung Andere sehen dagegen keinen Anlass, Ausnahmen zu der tradierten Auffassung zuzulassen. Auch Festsetzungen mit den Rechtswirkungen nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB komme kein „absoluter Verbindlichkeitscharakter“90 und damit auch keine Rechtsnormqualität zu. Es bleibe dabei, dass Darstellungen eines Flächennutzungsplans unter keinen Umständen zum Angriffsgegenstand einer Normenkontrolle nach § 47 VwGO gemacht werden könnten91. 86 In diesem Sinne Kment, NVwZ 2003, 1047 (1055); ders., NVwZ 2004, 314; Loibl, UPR 2004, 419 (422); Redeker, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Hoppe-FS, S. 329 (335, 339 f.). 87 Kment, NVwZ 2003, 1047 (1055); ders., NVwZ 2004, 314; Leopold, VR 2004, 325 (328); Hoppe, Diskussionsbeitrag bei Heemeyer, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 91 (92); ähnlich Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 214 Rn 174; Guckelberger, DÖV 2006, 973 (980); Loibl, UPR 2004, 419 (422); Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub II.2.b.aa.; i. d. S. schon Redeker, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Hoppe-FS, S. 329 (336, 339 f.). 88 Redeker, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Hoppe-FS, S. 329 (340); in der Tendenz bereits Taegen, in: Berkemann u. a. (Hrsg.), Schlichter-FS, S. 247 (253): „Eine für die Ausnutzbarkeit des Bodens so weitreichende Folgerung rückt den Flächennutzungsplan durchaus in die Nähe eines Bebauungsplans“. Das räumt selbst Schidlowski, NVwZ 2001, 388 (389) ein, der Feststetzungen mit den Rechtswirkungen nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB dennoch im Ergebnis nicht als Rechtsvorschriften behandeln will. 89 Kment, NVwZ 2003, 1047 (1055); zust. Guckelberger, DÖV 2006, 973 (980). 90 Schidlowski, NVwZ 2001, 388 (389). 91 Eine Neubewertung lehnen Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 5 BauGB Rn. 2; Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 5 Rn. 50; v. Nicolai,

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Nach der – insoweit unveränderten – Konzeption des BVerwG drücke der Flächennutzungsplan öffentliche Belange aus, die in einer nachvollziehenden Abwägung im Rahmen der jeweiligen Zulassungsentscheidung von Bedeutung seien. Auch wenn diese Belange im Flächennutzungsplan im Hinblick auf § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB noch so konkret und detailliert ausgestaltet seien sollten, würden sie doch nicht zugleich zu echten Festsetzungen, weil eine Abarbeitung von solchen Belangen im Rahmen einer Abwägung nie als eine „rechtssatzmäßige“ Anwendung angesehen werden könne92. Dass die Charakterisierung solcher Darstellungen als „Rechtsvorschrift“ verfehlt sei, zeige sich auch in der rechtstechnischen Ausgestaltung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB. Die Darstellung einer Konzentrationszone könne eine etwaige negative Ausschlusswirkung ausweislich des Gesetzeswortlauts immer nur „in der Regel“ entfalten. Das Gesetz stelle also hiermit eine widerlegliche Vermutung auf, die aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls, die bei der gesamträumlichen und daher naturgemäß weniger fein ausdifferenzierten Abwägung im Rahmen der Flächennutzungsplanung keine Berücksichtigung gefunden hätten, widerlegt werden könne. Bei einer solchen Ausschlusswirkung unter „Vorbehalt“ könne nicht angenommen werden, dass Festsetzungen nach §§ 5, 35 Abs. 3 S. 3 BauGB den für die Annahme einer Rechtsnorm im materiellen Sinne erforderlichen Anspruch auf Verbindlichkeit für sich in Anspruch nähmen93.

ZfBR 2005, 529 (534 f.); Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 42 Rn. 44; Schidlowski, NVwZ 2001, 388 (389); Schmidt-Eichstaedt, Diskussionsbeitrag bei Heemeyer, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 91 (95); Dazert, BauR 2007, 657 (658 ff.); Dürr, JuS 2007, 521, sowie das OVG Lüneburg, Beschl. v. 08.03.2007 – 12 MN 13/07, BeckRS 2007 22144, sub II.1. der Gründe ausdrücklich ab; in diese Richtung auch schon Schmidt, DVBl. 1998, 669 (675); implizit ebenfalls v. Albedyll, in: Bader u. a., VwGO, § 47 Rn. 17; Rabe/Heintz, Bau- und Planungsrecht, Abschn. C Rn. 83, 185, 414; Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 89, 236 ff.; u. Voß/Buntenbroich, Baurecht, Rn. 80, 82; ebenso dürften wohl auch Mitschang, in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Einzelhandel und Windkraftanlagen, S. 121 (124), und Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 17, Rn. 7 a. E., zu verstehen sein, dem diese Ablehnung aber ein gewisses Unbehagen zu bereiten scheint; zurückhaltend auch W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 5 Rn. 55, 74. 92 Vgl. Stüer/Stüer, NuR 2004, 341 (343, 347); v. Nicolai, ZfBR 2005, 529 (534 f.); Dazert, BauR 2007, 657 (659); ohne nähere Begründung gehen auch Holz, NWVBl. 1998, 81 (83); Wachs/Greiving, NWVBl. 1998, 7 (10); Bracher, in: Gelzer/Bracher/ Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2164, davon aus, dass bei § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB eine „nachvollziehende Abwägung“ stattfinde; in diesem Sinne bereits Schmidt, DVBl. 1998, 669 (675); wohl auch Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 5 Rn. 62c; Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 5 BauGB Rn. 2 a. E. 93 Schidlowski, NVwZ 2001, 388 (389); vgl. bereits in diesem Sinne Schmidt, DVBl. 1998, 669 (675); in dem „in-der-Regel“-Teilsatz sieht auch Ziekow, in: Sodan/ Ziekow, VwGO, § 47 Rn. 118, ein mögliches Argument gegen die Einordnung von Konzentrationszonendarstellungen als Rechtsvorschriften, auch wenn er eben diese Einordnung nach einer „Gesamtbetrachtung“ der aktuellen gesetzlichen Konzeption im Ergebnis dann doch für „durchaus gerechtfertigt“ hält.

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Aus den Aussagen aus der jüngeren Rechtsprechung94 folge nichts anderes. Namentlich mit dem Ausspruch zur „rechtssatzmäßigen Wirkung“ habe das BVerwG lediglich charakterisieren wollen, wie sich die Änderung eines Flächennutzungsplans auf den Prozessstreitstoff im Revisionsverfahren auswirke. Die Vertreter der a. A. überinterpretierten diese Entscheidung, wenn sie unterstellten, damit sei eine so weitreichende Änderung der Rechtsprechung eingeleitet worden, wie es die Zulassung von Normenkontrollanträgen gegen Flächennutzungspläne bedeuten würde95. Alle Versuche, den Flächennutzungsplan „justiziabel zu machen“, seien „bisher zurecht vom BVerwG abgeschmettert worden“96. III. Stellungnahme zum intrakommunalen Verhältnis Eine Entscheidung des Streites, ob ein Normenkontrollantrag statthaft ist, der gegen eine Darstellung i. S. d. § 35 Abs. 3 S. 3 Alt. 1 BauGB gerichtet ist, muss ihren Ausgangspunkt bei der Klärung der Rechtsnatur dieser Darstellungen nehmen. Akzeptiert man, dass der Flächennutzungsplan auch in dieser Hinsicht jdfs. keine Rechtsnorm im formellen Sinne ist97, kommt es entscheidend darauf an, ob die Voraussetzungen für eine solche im materiellen Sinne erfüllt sind. Das ist nach dem oben Gesagten98 der Fall, wenn eine Konzentrationszonendarstellung als eine mit einem Außenwirksamkeitsanspruch versehene Regelung anzusehen (1.) und abstrakt-generell ausgestaltet ist (2.). Sollten sich diese Voraussetzungen als erfüllt erweisen, wird das gefundene Ergebnis an etwaigen Einwänden zu messen sein (3.), um eine abschließende Streitentscheidung vornehmen zu können (4.). 1. Außenwirksamkeitsanspruch von Konzentrationszonendarstellungen Damit ist zunächst zu klären, ob eine Konzentrationszonendarstellung einen Anspruch auf „unmittelbare Außenwirksamkeit“ erhebt. Eine hoheitliche Maßnahme wird gemeinhin dann als „Regelung mit Außenwirkung“ angesehen, wenn sie – über den verwaltungsinternen Bereich hinausgreifend – in die 94

Vgl. in diesem Abschnitt (§ 8 B. II.) unter 3. S. v. Nicolai, ZfBR 2005, 529 (535). 96 So Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 42 Rn. 44. 97 Ob zur Begründung dieses Ergebnisses freilich allein auf das oben sog. Verkündungsargument (s. § 8 A. II. 2.) verwiesen werden kann, mag man bezweifeln. Denn auch wenn das Gesetz eine Pflicht, auf den möglichen Einsichtnahmeort hinzuweisen, nicht ausdrücklich normiert hat, könnte man doch argumentieren, dass diese Pflicht sich schon aus der Verfassung selbst ableiten ließe, soweit die übrigen Voraussetzungen einer Rechtsvorschrift im formellen Sinn erfüllt seien, und deshalb keiner (deklaratorischen) Normierung mehr bedurft habe. Im Ergebnis ist der Rechtsprechung aber jdfs. insoweit angesichts der in § 214 Abs. 1 S. 1 BauGB getroffenen Differenzierung zwischen „Satzungen und Flächennutzungsplänen“ zuzustimmen. 98 S. § 8 A. II. 1. 95

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Rechtsstellung eines Bürgers oder einer sonst von ihr betroffenen außenstehenden Rechtsperson99 eingreift, indem sie deren Rechte oder Pflichten begründet, ändert, aufhebt oder auch verbindlich feststellt100. Diese Wirkung wird als „unmittelbar“ eingeordnet, wenn sie bereits durch die Regelung selbst und nicht erst vermittels dritter Normen oder gar durch weitere Vollzugs- oder Umsetzungsakte herbeigeführt wird101. Soll geprüft werden, ob eine Darstellung nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB diese Voraussetzungen erfüllt, ist zunächst einmal klarzustellen, um wessen möglicherweise berührte Rechtsstellung es dabei geht – im interkommunalen Konflikt kommen insoweit nämlich zwei im soeben genannten Sinne „Außenstehende“ in Frage: der Eigentümer des im Plangebiet gelegenen Grundstücks auf der einen und die Nachbargemeinde auf der anderen Seite. Da die oben skizzierte Diskussion um die etwaige Neubestimmung der Rechtsnatur des Flächennutzungsplans ersichtlich allein um das erste, gleichsam vertikale Rechtsverhältnis kreist und das zweite, horizontale nicht behandelt, soll an dieser Stelle zunächst ebenfalls die Wirkung der Konzentrationszonendarstellung auf den Grundstückseigentümer in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt werden, um anschließend102 die Bedeutung des gefundenen Ergebnisses für den interkommunalen Konflikt betrachten zu können. Stellt die Standortgemeinde einen Flächennutzungsplan mit einer Darstellung i. S. d. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB auf, so bleibt diese Entscheidung für die Bebaubarkeit des fraglichen Grundstücks nicht ohne Einfluss. Die entscheidende – und ab hier umstrittene – Frage ist aber, wie dieser Einfluss im Einzelnen beschaffen ist. Gestaltet sich die Rechtslage so, dass es bereits der Flächennutzungsplan ist, der dem Grundstück eine bestimmte Nutzungsmöglichkeit nimmt, so stellt dieser eine Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums dar und ändert „unmittelbar“ die Rechtsstellung des Eigentümers. Verhält es sich dagegen so, dass nicht der Flächennutzungsplan, sondern erst die behördliche Versagung eines Bauantrag eine solche Nutzungsbeschränkung herbeiführt, begründet der Einfluss, den der Plan bei der Versagungsentscheidung ausgeübt haben mag, keine „unmittelbare“ Außenwirkung. An diesem Scheideweg entscheidet sich die Rechtsnatur der Konzentrationszonendarstellung. Eine nähere 99 Davon zu unterscheiden ist die Frage nach der Bindungswirkung einer Vorschrift gegenüber den Gerichten, vgl. Remmert, JURA 2004, 728 (732 [dort Fn. 57], 734). 100 Vgl. für die Abgrenzung von Rechtsvorschrift und Verwaltungsvorschrift Birk, „Rechtsvorschrift“ und „Rechtsnachteil“ als Verfahrensvoraussetzungen, S. 74; ähnlich Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 29; s. ferner für Verwaltungsakte Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 35 Rn. 73 f.; Maurer, Verwaltungsrecht, § 9, Rn. 26; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 35 Rn. 35, 51; Birk, Rechtsvorschrift, S. 74. 101 Vgl. für Verwaltungsakte Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 35 Rn. 75, 80; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 35 Rn. 35, 51; für Verwaltungsvorschriften Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 33; Remmert, JURA 2004, 728 (730). 102 In diesem Abschnitt (§ 8 A.) unter IV.

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Betrachtung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB zeigt dabei, dass sich die Frage, welchen Weg das Gesetz dabei eingeschlagen hat, danach entscheidet, ob der „in-der-Regel“-Vorbehalt in § 35 Abs. 3 S. 3 Hs. 1 BauGB als Verweis auf die Rechtsfigur der „nachvollziehenden Abwägung“ oder als einfacher Ausnahmevorbehalt zu verstehen ist (a). Da Letzteres zutrifft (b–c), kann einer Konzentrationszonendarstellung die Außenwirksamkeit nicht abgesprochen werden (d). a) Die Problemstellung – Entscheidende Bedeutung des „in-der-Regel“-Vorbehalts in § 35 Abs. 3 S. 3 Alt. 1 BauGB Um die Bedeutung, die der Gesetzgeber einer Konzentrationszonendarstellung für die Vorhabenzulassung beimessen wollte, beurteilen zu können, soll das Zulassungsregime, das der Gesetzgeber in § 35 BauGB für privilegierte Außenbereichsvorhaben geschaffen hat, zunächst einmal unbefangen durch eine reine Lektüre des Gesetzeswortlauts betrachtet werden, welche die von der Rechtsprechung entwickelte Dogmatik zur „nachvollziehenden Abwägung“ noch außer Acht lässt. Der dabei gewonnene erste Eindruck spricht für die Annahme, dass es die Gemeinde sei, welche die Bebaubarkeit ihrer Außenbereichsgrundstücke durch Konzentrationszonen unmittelbar regeln könne. Das soll an einer Betrachtung gezeigt werden, welche die Worte „in der Regel“ in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB zunächst einmal bewusst ausblendet. Die Bestimmungen aus § 35 Abs. 1, 3 S. 3 Alt. 1 BauGB könnte man dann zusammenfassend wie folgt umformulieren: „Ein privilegiertes Vorhaben im Außenbereich ist zulässig, wenn ihm öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Öffentliche Belange stehen ihm entgegen, wenn ein Flächennutzungsplan eine Konzentrationszone vorsieht, außerhalb derer es sich befindet“. Noch kürzer gefasst, könnte diese Regelung auch lauten: „Ein privilegiertes Vorhaben im Außenbereich ist unzulässig, wenn es sich außerhalb einer im Flächennutzungsplan vorgesehenen Konzentrationszone befindet“. Eine solche Gesetzesregelung unterscheidet sich aber in der Sache nicht von einer Bestimmung wie in § 30 Abs. 1 BauGB, der vorschreibt, dass ein Vorhaben im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans unzulässig sei, wenn es den Festsetzungen dieses Plans „widerspricht“. In beiden Fällen ist es dieser Widerspruch zu den jeweiligen Vorgaben des Plans, der die Unzulässigkeit des Vorhabens begründet und dem Grundstückseigentümer dadurch die Möglichkeit nimmt, sein Eigentum in einer bestimmten Weise zu nutzen. Angesichts dieser Wirkung wird dem Bebauungsplan – zurecht – nicht nur eine eigentumsausgestaltende, sondern auch eine unmittelbare Außenwirkung zugesprochen103. Bei unbefangener Betrachtung des Gesetzestexts wäre dann aber nicht einzusehen, warum für eine Flächennut103 S. nur Finkelnburg/Ortloff, Baurecht, Bd. I, S. 77, 90; vorausgesetzt auch bei Brohm, Baurecht, § 6 Rn. 26; Peine, Baurecht, Rn. 521; vgl. ferner Mitschang, Bauleitplanung, S. 226.

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zungsplandarstellung mit den Rechtswirkungen nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB etwas anderes gelten sollte. Bei dieser Betrachtung wurde bisher freilich ignoriert, dass der Gesetzestext insoweit eine Einschränkung enthält. Denn in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB heißt es, dass einem außerhalb der Konzentrationszone gelegenen Vorhaben öffentliche Belange nur „in der Regel“ entgegenstehen. Kann dieser Vorbehalt der fraglichen Darstellung die unmittelbare Außenwirkung nehmen, weil nach ihm nun nicht mehr jeder Widerspruch zum Flächennutzungsplan zur Unzulässigkeit des Vorhabens führt? Diese Frage ist jdfs. dann zu verneinen, wenn man auch die um den „i. d. R.“-Zusatz vervollständigte Regelung zunächst einmal nur nach dem Gesetzeswortlaut und unter Ignorierung der Rechtsfigur der Rechtsprechung zur „nachvollziehenden Abwägung“ betrachtet. Denn, wenn ein Vorhaben bei einem Widerspruch zum Flächennutzungsplan „in der Regel“ unzulässig ist, so legt dies bei einer reinen Wortlautauslegung die Annahme nahe, dass der Gesetzgeber auch hätte formulieren können, ein solches Vorhaben sei „grundsätzlich“ unzulässig und nur bei der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen „ausnahmsweise“ zulässig. Denn „in-der-Regel“-Formulierungen des Gesetzgebers werden auch in anderen normativen Zusammenhängen wie z. B. dem des § 48 Abs. 2 S. 2 der VwVfGe oder dem der Zulassungstatbeständen des Gewerberechts104 als Anordnung einer „grundsätzlichen“ Verbindlichkeit mit „Ausnahmen“ – nur – für den atypischen (unverhältnismäßigen) Fall verstanden105. Auch in solchen Fällen nimmt aber der Umstand allein, dass eine Regelung mit einem Ausnahmevorbehalt versehen ist, jener nicht den Charakter als materielle Rechtsvorschrift106. Das zeigt sich nicht zuletzt im Bauplanungsrecht, 104 Die Zulassung erlaubnispflichtiger gewerblicher Tätigkeiten setzt voraus, dass der Gewerbetreibende die erforderliche Zuverlässigkeit aufweist. Das Gesetz legt in zahlreichen Vorschriften wie den §§ 33c Abs. 2 S. 2, 34b Abs. 4 Nr. 1, 34c Abs. 2 Nr. 1 GewO fest, dass diese Zuverlässigkeit „in der Regel“ nicht besitze, wer bestimmte Voraussetzungen wie etwa eine strafrechtliche Verurteilung erfülle. 105 Vgl. etwa Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, § 31, Rn. 34: „In seiner schwächsten Form wird das Ermessen eingeräumt durch eine S o l l v o r s c h r i f t oder eine A u s n a h m e b e s t i m m u n g . Das Gesetz verknüpft dann eine Rechtsfolge mit dem Tatbestand zwar für alle typischen Fälle, gestattet es aber dem Verwaltungsorgan in a t y p i s c h e n F ä l l e n [. . .] von der Verwirklichung der gesetzlichen Rechtsfolge abzusehen (sog. D i s p e n s e r m e s s e n ). [. . .] Ob ein Rechtssatz bloße Soll- oder Ausnahmevorschrift ist, ergibt sich i. d. R. aus seinem Wortlaut (,soll‘, ,in der Regel‘, Ausnahmen ,in Einzelfällen‘) [. . .]“; Hervorhebung durch Sperrung im Original, diejenigen durch Kursivdruck durch den Verf. 106 Vgl. etwa Hendler, NuR 2004, 485 (489); auch das BVerwG, Urt. v. 21.10.2004 – 4 C 2/04, NVwZ 2005, 211 (212), erkennt an, dass es zahlreiche gesetzliche Regelungen gibt, die sich ebenfalls nur Geltung für den Regelfall beimessen und deren „unmittelbare normative Wirkung damit nicht in Frage“ gestellt werde; auf dieser Linie liegt auch dass., Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (225), das in dem Umstand, dass eine Festlegung in einem Landesentwicklungsplan eine „RegelAusnahme-Struktur“ aufweist, keinen Grund dafür sieht, ihr den Charakter als verbindliches Ziel der Raumordnung i. S. d. § 3 Nr. 2 ROG abzusprechen; ebenso zu Raum-

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da selbst ein Widerspruch gegen die Festsetzungen eines Bebauungsplans „ausnahmsweise“107 – nämlich nach Maßgabe des § 31 Abs. 2 BauGB – nicht zur Unzulässigkeit des Vorhabens führt, ohne dass deshalb die unmittelbare Außenwirksamkeit jenes Plans von irgendjemandem bestritten werden würde. Bei einer reinen Betrachtung des Gesetzestextes des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB böte also – anders als von Verfechtern der traditionellen Auffassung behauptet108 – auch der Zusatz „in der Regel“ keinen Anlass, an der unmittelbaren Außenverbindlichkeit einer Konzentrationszonendarstellung zu zweifeln. Zweifel dieser Art können erst dann auftauchen, wenn man die Rechtsprechung zum Zulassungsregime des § 35 BauGB in die Betrachtung mit einbezieht, die hier bislang beharrlich ignoriert wurde. Das BVerwG geht, wie gezeigt, in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei der Prüfung, ob ein Bauvorhaben im Außenbereich zulässig ist, jdfs. grundsätzlich eine „nachvollziehende Abwägung“ anzustellen sei, in der das Realisierungsinteresse des Bauherrn auf der einen Seite und die öffentlichen Belange auf der anderen Seite gegenüberzustellen sind. Weil sich damit auch ein in der Darstellung eines Flächennutzungsplans zum Ausdruck gebrachte öffentliche Belang nicht „automatisch“ gegen ein ihm widersprechendes Bauvorhaben durchsetze, sondern dies allenfalls und erst das Ergebnis einer behördlichen Abwägung sein könne, könne, so die übliche Argumentation, diese Darstellung auch keinen Anspruch auf „unmittelbare Außenwirkung“ erheben. „Abwägung“ und „rechtssatzmäßige Anwendung“ schließen sich, so könnte man schlagwortartig zusammenfassen, kategorial aus109. An dieser Stelle sei einmal unterstellt, diese Ausschlussthese treffe so uneingeschränkt zu110. Wenn man dann der Ansicht ist, dass der Gesetzgeber mit der Formulierung „in der Regel“ in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB nicht einfach einen ordnungszielen OVG Münster, Urt. v. 06.06.2005 – 10 D 145/04.NE, UPR 2005, 448 (449); ähnlich bereits Pappermann, JuS 1973, 689 (697): „Sie [scil.: eine Sollvorschrift] bedeutet nur, dass es Ausnahmefälle geben kann; im Übrigen ist eine Sollvorschrift [. . .] ebenso verbindlich wie eine Mussvorschrift“; ferner Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub II.2.b.aa., der ebenfalls der Auffassung ist, dass es „keine Rolle“ spiele, dass die hier interessierenden Darstellungen nur „in der Regel“ gelten. 107 Der Begriff „Ausnahme“ ist in diesem Zusammenhang terminologisch sicher nicht ganz glücklich, weil das Gesetz diese für im Bebauungsplan selbst vorgesehene Möglichkeiten zur Abweichung von Festsetzungen vorbehalten hat (vgl. § 31 Abs. 1 BauGB). Diese Terminologie ändert indes nichts daran, dass die in § 31 Abs. 2 BauGB geregelten „Befreiungen“ der Sache nach durchaus „Ausnahmen“ zur ansonsten uneingeschränkten Bindungswirkung von Bebauungsplanfestsetzungen erlauben. Nur darauf kommt es für den hier interessierenden Zusammenhang an. 108 Vgl. § 8 B. II. 3. 109 Vgl. in diesem Sinne etwa Stüer/Stüer, NuR 2004, 341 (343, 347); v. Nicolai, ZfBR 2005, 529 (534 f.); Schmidt, DVBl. 1998, 669 (675); und wohl auch Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 5 Rn. 62c i.V. m. 7. 110 Das wird freilich an anderer Stelle noch kritisch zu hinterfragen sein, s. § 8 C.

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„klassischen“ Ausnahmevorbehalt normiert hat, wie er auch in anderen Rechtssätzen vorkommt, sondern die Durchführung einer „nachvollziehenden Abwägung“ anordnen wollte, dann müsste man in der Tat auch einer Konzentrationszonendarstellung die unmittelbare Außenverbindlichkeit absprechen. Denn auf dem Boden der soeben skizzierten These bestehen zwischen der Anwendung einer Ausnahmevorschrift und der Durchführung einer „nachvollziehenden Abwägung“ grundlegende Unterschiede: Enthält eine Vorschrift eine Regelung, die grundsätzlich Geltung beansprucht aber Ausnahmen zulässt, so entscheidet sie bereits selbst darüber, in welchen Fällen sie Anwendung findet und in welchen nicht. Den Ausgleich zwischen etwaigen konfligierenden privaten und öffentlichen Interessen hat der Normgeber hier bereits selbst vorgenommen und dem Gesetzesanwender bleibt es nur noch, den ihm zur Entscheidung unterbreiteten konkreten Sachverhalt unter die Grundsatz- und Ausnahmevorschriften zu subsumieren sowie ein eventuell eingeräumtes Ermessen gesetzesgebunden auszuüben. Anders verhält es sich dagegen nach Ansicht der Rechtsprechung bei der „nachvollziehenden Abwägung“. Hier hat das Gesetz die Gewichtung zwischen den sich gegenüberstehenden Interessen noch nicht abschließend selbst vorgenommen, sondern überlässt diese Aufgabe in letzter Stufe dem Rechtsanwender111. Folgt man dem und ist zugleich der Auffassung, dass die Formulierung „in der Regel“ in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB nicht auf das klassische „Ausnahme“-, sondern auf das „Abwägungsmodell“ verweist, so erschiene es auf dem Boden der Lehre von der „nachvollziehenden Abwägung“ in der Tat konsequent, auch den dort angesprochenen Darstellungen die unmittelbare Außenwirkung abzusprechen. Auf dieser Linie liegt denn auch der Sache nach die oben skizzierte Argumentation der Verfechter der traditionellen Auffassung112. Soweit diese freilich argumentieren, Konzentrationszonendarstellungen seinen keine Rechtssätze, weil auch § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB eine nachvollziehende Abwägung normiere, ist dieser Argumentationsweg nicht überzeugend, weil damit gerade behauptet wird, was es zu beweisen gälte. Ist der Einwand so formuliert also zirkelschlüssig, so legt er doch den Finger in die richtige Wunde. Denn wenn man unterstellen will, dass sich „Abwägung“ und „rechtssatzmäßige Anwendung“ grundsätzlich ausschließen113, ist die entscheidende Frage bei der rechtlichen Einordnung von Konzentrationszonendarstellungen nach dem zuvor Gesagten diejenige, ob der Teilsatz „in der Regel“ auf das Ausnahme- oder das Abwägungsmodell verweist.

111 Vgl. BVerwG, Urt. v. 19.07.2001 – 4 C 4/00, NVwZ 2002, 476 (477); Weyreuther, Außenbereich, S. 19. 112 S. § 8 B. II. 3. 113 Vgl. insoweit den schon in der vorvorletzten Fn. gemachten Vorbehalt.

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b) Die teleologische Interpretation des „in-der-Regel“-Vorbehalts in § 35 Abs. 3 S. 3 Alt. 1 BauGB Die Bedeutung der drei Worte „in der Regel“ wird freilich keineswegs einheitlich beurteilt. Einige nehmen an, dass der Gesetzgeber eine – im Einzelfall widerlegliche – „Regelvermutung“ dafür eingeführt habe, dass eine unterstützende (positive) Darstellung zugleich mit einem (negativen) Ausschlussziel für andere Standorte verbunden sei114. Andere Stimmen in der Literatur gehen ebenfalls von einer Regelvermutung aus, legen aber einen anderen Bezugspunkt für die Vermutung zugrunde: Nicht die Frage, ob einer Darstellung negative Wirkung zukomme, werde vermutet, sondern dass ein Vorhaben wegen der Ausschlusswirkung unzulässig sei115. Das OVG Münster verbindet beide Ansätze, wenn es formuliert, die Regelvermutung gehe dahin, dass „die planerische Darstellung oder Aussage zugleich mit einem Ausschlussziel für andere Standorte verbunden ist und sich entsprechend gegenüber dem Vorhaben durchsetzt“116. Auf den ersten Blick könnte man geneigt sein zu vermuten, zumindest das BVerwG werde den „in-der-Regel“-Einschub als klaren Verweis auf die Rechtsfigur der „nachvollziehenden Abwägung“ ansehen. Denn bei der Einführung dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber, wie gezeigt, an die Entscheidung des BVerwG aus dem Jahre 1987 zu den „Abgrabungskonzentrationszonen“ angeknüpft, und darin hatte das Gericht ja – so wäre fortzufahren – gerade mit dieser Rechtsfigur operiert117. Dass aber zumindest ein solcher schlichter Hinweis auf die Rechtsprechung aus den 1980er Jahren für die Auslegung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB zu undifferenziert wäre, erkennt auch das BVerwG an, weil Einigkeit darüber besteht, dass der Gesetzgeber die frühere Rechtsprechung zwar zum Ansatzpunkt für seine Neuregelung nehmen, diese aber nicht gänz114 Lüers, ZfBR 1996, 297 (300); ders., UPR 1997, 348 (352); zust. Wagner, UPR 1996, 370 (374 Fn. 50); Enders/Bendermacher, ZfBR 2001, 450 (453); insoweit wohl auch Schidlowski, NVwZ 2001, 388 (389); Leopold, VR 2004, 325 (326). 115 Vgl. Runkel, DVBl. 1997, 275 (280) für die Ziele der Raumordnung i. S. d. § 35 Abs. 3 S. 3 Alt. 2 BauGB: „Liegt die raumbedeutsame Windenergieanlage außerhalb des Eignungsgebiets, steht ihr das Ziel ,Eignungsgebiet‘ als öffentlicher Belang in der Regel entgegen. Ausnahmen von dieser gesetzlichen Vermutung sind für solche Einzelanlagen denkbar, die der Träger der Regionalplanung mit seinem Ziel nicht erfassen wollte.“ In diesem Sinne auch Holz, NWVBl. 1998, 81 (83); Wachs/Greiving, NWVBl. 1998, 7 (10); Stüer/Vildomec, BauR 1998, 427 (432); Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 128 („Die Rechtsfolge gilt ,in der Regel‘, d.h. sie gilt nicht in Sonderfällen.“); Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 35 Rn. 107a („Die Worte ,in der Regel‘ bedeuten eine gesetzliche Vermutung [. . .]. Bei einer atypischen Fallgestaltung kann somit diese Ausschlussregelung übergangen werden“); Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 244 f.; in diesem Sinne wohl auch Portz/ Runkel, Baurecht, Rn. 442. 116 OVG Münster, Urt. v. 28.10.1997 – 10 A 4574/94, ZfBR 1998, 160 (163). 117 Vgl. insoweit die Darstellung unter § 8 B. II.

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lich unmodifiziert übernehmen wollte118 und in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB ein „anderes Modell“119 als das der „nachvollziehenden Abwägung“ installiert habe. Das BVerwG geht insoweit davon aus, dass mit der „Regel“-Formulierung eine Feindifferenzierung ermöglicht werden sollte, für die die planerische Abwägung auf der Stufe der Flächennutzungsplanung keinen Raum lasse. Der Gesetzgeber habe deshalb verlangen wollen, dass unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten das private Interesse an der Verwirklichung des privilegierten Vorhabens den öffentlichen Belangen der Nutzungskonzentration an anderer Stelle gegenübergestellt werde. Dies laufe – ähnlich wie bei § 35 Abs. 1 BauGB – auf eine nachvollziehende Abwägung hinaus, freilich unter „umgekehrten Vorzeichen“: Während der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal „entgegenstehen“ die besondere Bedeutung der Privilegierung hervorhebe, die tendenziell zu Gunsten des Vorhabens zu Buche schlage, bringe er mit der Regel-AusnahmeFormulierung in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB zum Ausdruck, dass außerhalb der Konzentrationsflächen dem Freihalteinteresse grundsätzlich der Vorrang gebühre120. Der „in-der-Regel“-Teilsatz in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB bringe somit zum Ausdruck, dass der Planungsvorbehalt unter einem gesetzlichen „Ausnahmevorbehalt“121 stehe. Ob diese Ausführungen des BVerwG besonders glücklich formuliert sind, sei hier dahingestellt. Denn es erscheint einigermaßen fraglich, ob die Einführung einer dritten Rechtsfigur – nun der „nachvollziehenden Abwägung unter umgekehrten Vorzeichen“ – wirklich dazu geeignet ist, zu der erforderlichen dogmatischer Klarheit beizutragen. Der Sache nach hat das Gericht aber den entscheidenden Punkt – wenn auch verklausuliert – angesprochen. Mit der „in-der-Regel“-Formulierung hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass eine Konzentrationszonendarstellung zwar grundsätzlich zum Ausschluss außerhalb gelegener Vorhaben führt, dass von diesem Grundsatz aber in dem (einen) Fall eine Ausnahme zu machen ist, dass sich der Ausschluss des Vorhabens auf118 Auch das BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15/01, NVwZ 2003, 733 (735, 737), geht davon aus, dass sich der Gesetzgeber an seiner Rechtsprechung lediglich „orientiert“, an diese „angelehnt“ habe; ähnlich Schmidt, DVBl. 1998, 669 (673): „aufgegriffen und weiterentwickelt“. 119 BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15/01, NVwZ 2003, 733 (734). 120 BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15/01, NVwZ 2003, 733 (737); dass., Urt. v. 13.03.2003 – 4 C 4/02, NVwZ 2003, 738 (741); ebenso OVG Münster, Urt. v. 15.03.2006 – 8 A 2672/03, ZfBR 2006, 474 (478); dazu Hoppe, DVBl. 2003, 1345 (1347 f.); ebenso für die Ziele der Raumordnung i. S. d. § 35 Abs. 3 S. 3 Alt. 2 BauGB OVG Bautzen, Beschl. v. 26.11.2002 – 1 D 36/01, UPR 2004, 450 (452); dazu Loibl, UPR 2004, 419 f. 121 BVerwG, Urt. v. 13.03.2003 – 4 C 4/02, NVwZ 2003, 738 (741); Rojahn, in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Einzelhandel und Windkraftanlagen, S. 147 (166); dazu Hoppe, DVBl. 2003, 1345 (1347); ebenso Guckelberger, DÖV 2006, 973 (976), und für in einem Regionalplan festgelegte Ziele der Raumordnung VGH Mannheim, Urt. v. 09.06.2005 – 3 S 1545/04, ZfBR 2005, 691 (694).

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grund der besonderen Umstände des Einzelfalls, die bei der Flächennutzungsplanung noch nicht abgesehen werden konnten, als unverhältnismäßige Belastung des betroffenen Grundstückseigentümers darstellen würde. Der „in-der-Regel“-Teilsatz fungiert also vornehmlich122 als „Korrektiv“, mit dem eine unzumutbare und deshalb mit Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG unvereinbare Beschränkung des Grundeigentums vorgebeugt werden soll123. Dass aber Regelungen des Bundes-, Landes- oder Ortsgesetzgebers Vorbehaltsregelung zur Vermeidung unverhältnismäßiger Einzelfallergebnisse aufweisen, ist keine Besonderheit des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB, und veranlasst auch in anderen Fällen niemanden dazu, den fraglichen Vorbehalt als Verweis auf eine „nachvollziehende Abwägung“ aufzufassen. Bei der Prüfung solcher Ausnahmebestimmungen (vgl. bspw. § 62 Abs. 1 BNatSchG) muss die Behörde zwar in der Tat öffentliche und private Interessen gegenüberstellen, weil die Frage nach der Unverhältnismäßigkeit (bspw. eines Bauverbots) nicht abstrakt, sondern nur in einer konkreten Relation beurteilt werden kann. Dieser Umstand nimmt der Tätigkeit der Behörde aber nicht den Charakter einer Subsumtion unter ein klassisches Konditionalprogramm und verleiht ihr nicht den Charakter einer (den Außenwirksamkeitsanspruch der Regelung ausschließenden) „nachvollziehenden Abwägung“124.

122 Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 244, sieht den Sinn des „in-der-Regel“-Teilsatzes auch darin, die Ausschlusswirkung einer Konzentrationszonendarstellung in Bezug auf solche Bauvorhaben vermeiden zu können, „die von der Konzentrationszone nach ihrem Sinn und Zweck nicht erfasst werden“ sollen. Auch wenn man dieser etwas weiter gefassten Interpretation zur Bedeutung des „in-der-Regel“-Teilsatzes folgen wollte, spräche das nicht gegen die hier vertretene These, die fragliche Darstellung entfalte eine Außenwirkung. Denn die Möglichkeit der teleologischen Reduktion, die Rinsdorf der Sache nach anspricht, nimmt auch anderen Gesetzen nicht den Charakter einer materiellen Rechtsvorschrift. 123 Vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 09.06.2005 – 3 S 1545/04, ZfBR 2005, 691 (693): „Der ,Ausnahmevorbehalt‘ stellt ein Korrektiv dar, das unverhältnismäßige (unzumutbare) Beschränkungen des Grundstückseigentümers in Sonderfällen vorbeugt, ohne dass die Grundzüge der Planung in Frage gestellt werden“; Rojahn, in: Spannowsky/ Krämer (Hrsg.), Einzelhandel und Windkraftanlagen, S. 147 (166); Hager, VBlBW 2005, 161 (168); BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15/01, NVwZ 2003, 733 (738): „Unzumutbaren Belastungen beugt der Gesetzgeber dadurch vor, dass in Ausnahmefällen [sic!] der Planvorbehalt nicht greift.“; dass., Urt. v. 13.03.2003 – 4 C 4/02, NVwZ 2003, 738 (741); s. auch die von OVG Münster, Urt. v. 15.03.2006 – 8 A 2672/03, ZfBR 2006, 474 (478 f.), für eine „Atypik“ angeführten Beispiele. 124 Dafür, die Prüfung, ob ein atypischer Fall ein Abweichen von der Ausschlusswirkung gestattet, als „gewöhnlichen Subsumtionsvorgang“ einzuordnen, auch Guckelberger, DÖV 2006, 973 (977); Hendler, NuR 2004, 485 (489): „Subsumtionsvorgang [. . .], der mit nachvollziehender Abwägung nichts zu tun hat“.

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c) Die systematische Interpretation des § 35 Abs. 3 S. 3 Alt. 1 BauGB Für diese Auslegung des „in-der-Regel“-Vorbehalts spricht auch ein Blick auf die zweite Alternative des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB. Danach stehen öffentliche Belange einem privilegierten Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB auch dann „in der Regel“ entgegen, soweit hierfür „als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist“. Auch in Bezug auf diese Alternative ist der „Regelvorbehalt“ in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB nicht als Verweis auf die ungeschriebene Rechtsfigur der „nachvollziehenden Abwägung“, sondern als Normierung eines herkömmlichen Ausnahmetatbestandes zu verstehen, mit dem allein dem verfassungsrechtlichen Verbot unverhältnismäßiger Eigentumsausgestaltungen aus Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG Rechnung getragen werden soll. Das zeigt sich, wenn man die Vorschrift des § 35 Abs. 3 S. 3 Alt. 2 BauGB der zweiten Bestimmung zu Raumordnungszielen gegenüberstellt, die § 35 BauGB enthält. Diese Bestimmung findet sich in § 35 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 BauGB, der bestimmt, dass „[r]aumbedeutsame Vorhaben [. . .] den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen“ dürfen. Betrachtet man auch hier wieder zunächst nur den Wortlaut der Norm, so stellt man fest, dass allein der Widerspruch eines Bauvorhabens zu den Zielfestlegungen eines Raumordnungs- oder Landesplans die Unzulässigkeit des Vorhabens begründet. Das spricht zunächst dafür, eine solche Festlegung als außenwirksame Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums zu charakterisieren. Das BVerwG hat sich dennoch lange Zeit geweigert, einer solchen Zielfestlegung im Verhältnis zum betreffenden Grundstückeigentümer unmittelbare Außenwirkung zuzusprechen – dies aber nicht, weil die planmäßige Zielfestlegung nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht die Voraussetzungen dafür erfüllt hätte, sondern weil sie sie aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht erfüllen durfte. Bei der Festlegung eines Raumordnungsziels wurden die Interessen eines privaten Dritten nämlich früher nicht berücksichtigt. Weil die Eigentumsinteressen des Grundeigentümers aber bei der Aufstellung des Plans nicht beachtet wurden, war auch nicht ausgeschlossen, dass die Unzulässigkeit eines Vorhabens, die sich aus dem Widerspruch gegen ein Raumordnungsziel ergeben sollte, sich im Einzelfall als unzumutbare – und damit mit Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG unvereinbare – Eigentumsbeschränkung darstellen würde. Aus diesem Grunde sah sich das BVerwG genötigt, einen Weg zu finden, der es erlauben würde, solche unzumutbaren Ergebnisse zu vermeiden. Diesen Weg fand es, indem es argumentierte, dass durchaus nicht jeder Widerspruch eines Vorhabens gegen ein Raumordnungsziel zur Unzulässigkeit dieses Vorhabens führen würde, sondern dass eine Ausnahme für den Fall unverhältnismäßiger Ergebnisse zu machen sei. Dieses Ergebnis konnte nun nicht aus § 35 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 BauGB selbst abgeleitet werden, weil dessen Wortlaut keinen Anhaltspunkt für etwaige Ausnahmen bietet. Um das gewünschte Ergebnis rechtstechnisch dennoch umsetzen zu können, hat das Gericht lange Zeit

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argumentiert, dass die Bestimmung des § 35 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 BauGB – entgegen seinem ein anderes Ergebnis nahe legenden Wortlaut und entgegen dem Umstand, dass diese Ziele vom Gesetzgeber gerade aus dem Katalog des § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB, in dem sie ursprünglich enthalten waren, bewusst in einem eigenen Satz verselbständigt worden waren125 – nicht als Anordnung einer strikten Bindung der Eigentümer an die Raumordnungsziele zu verstehen sei, sondern dass diese Ziele nur als „öffentlicher Belang“ anzusehen seien, der nur im Rahmen einer „nachvollziehenden Abwägung“ nach § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB abzuarbeiten sei126. Diese Auffassung hat das Gericht aber aufgegeben, nachdem der Gesetzgeber 1997 dafür gesorgt hatte, dass private Belange bereits auf der Ebene der Raumordungsplanung bei der Entscheidung über die Festlegung eines Raumordnungsziels zu berücksichtigen seien127. Nun war durch die Beteiligung Privater bereits auf der Ebene der Planung sichergestellt, dass unverhältnismäßige Ergebnisse vermieden würden, sodass kein Grund mehr bestand, die uneingeschränkte Verbindlichkeit dieser Ziele auf der Ebene der Vorhabenzulassung noch in Zweifel zu ziehen. Das BVerwG und die inzwischen ganz h. L.128 verzichten daher seitdem auf den „Kunstgriff“, die in § 35 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 BauGB angesprochenen Ziele einer „nachvollziehenden Abwägung“ zu unterwerfen, sondern behandelt sie als strikt verbindlich gegenüber einem Außenbereichsvorhaben. Konsequenterweise ordnet das Gericht diese Ziele damit auch als außenwirksame Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums an129 und behandelt einen gegen sie gerichteten Normenkontrollantrag als statthaft130. 125

Vgl. BGBl. I 1986, 2191. Vgl. BVerwG, Urt. v. 19.07.2001 – 4 C 4.00, NuR 2002, 49 ff., Redeker, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Hoppe-FS, S. 329 (330), hat die Frage unter dem BauGB 1987 als zweifelhaft bezeichnet; Schulte, NVwZ 1999, 942 (943, dort auch Fn. 10) bspw. ging dagegen schon von einer „strikten Beachtenspflicht“ aus während etwa Schmidt, DVBl. 1998, 669 (671 f.) die Annahme einer strikten Zielbindung für verfassungsrechtlich unzulässig und von der Entstehungsgeschichte des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB a. F. (entspricht S. 2 des BauGB 2004/2007) nicht geboten hielt. 127 Vgl. § 7 Abs. 5 ROG 1997, § 7 Abs. 7 ROG 2004. 128 Hendler, NuR 2004, 485 (487 f., 489), m.w. N.; Redeker, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Hoppe-FS, S. 329 (331, 335); bereits Schulte, NVwZ 1999, 942 (943, dort auch Fn. 10, 945); a. A. noch Hoppe, in: Erichsen u. a. (Hrsg.), Menger-FS, S. 747 (762). 129 Vgl. BVerwG, Urt. v. 20.11.2003 – 4 CN 6.03, NuR 2004, 362 (364); VGH Mannheim, Urt. v. 09.06.2005 – 3 S 1545/04, ZfBR 2005, 691 (694). 130 BVerwG, Urt. v. 20.11.2003 – 4 CN 6.03, NuR 2004, 362 (364); a. A. noch die Vorinstanz VGH Kassel, Urt. v. 16.08.2002 – 4 N 3272/01, NuR 2003, 115 (116 ff.), die es ausdrücklich ablehnte, Ziele der Raumordnung als „Rechtsvorschrift“ i. S. d. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO einzuordnen. Im Ergebnis wie das BVerwG aber VGH Mannheim, Urt. v. 09.06.2005 – 3 S 1545/04, ZfBR 2005, 691 (694); VGH München, Urt. v. 08.12.2003 – 20 N 01.2612, NuR 2004, 315; Hendler, NuR 2004, 485 (486); für Regionalpläne insgesamt bereits VGH München, Beschl. v. 12.09.1990 – 4 N 126

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Vor diesem Hintergrund wird nun aber deutlich, welche Funktion der „in-derRegel“-Vorbehalt in Bezug auf die in § 35 Abs. 3 S. 3 Alt. 2 BauGB angesprochene Festlegung einer Konzentrationszone durch Raumordnungsziele erfüllt. Deren Zweck besteht in der vom BVerwG bei § 35 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 BauGB lange Zeit vermisste Aufgabe, einen Ausnahmetatbestand zur Vermeidung unzumutbarer und deshalb verfassungswidriger Einzelfallergebnisse bereit zu stellen. Das zeigt sich, wenn man sich einen Unterschied vor Augen führt, der zwischen den Regelungen des § 35 Abs. 3 S. 3 Alt. 2 BauGB und § 35 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 BauGB besteht: Während nach dieser Vorschrift nur „raumbedeutsame“ Vorhaben an die Ziele der Raumordnung gebunden werden, bindet jene Vorschrift auch jegliche und damit auch nicht „raumbedeutsame“ Vorhaben an eine bestimmte Zielfestlegung. Weil aber auf der Ebene der Raumordungsplanung die Interessen Privater naturgemäß nur berücksichtigt werden könne, soweit sie raumbedeutsam sind, kann die Ebene der Planung nicht gewährleisten, dass die Bindung eines nicht raumbedeutsamen Vorhabens an die planmäßig festgelegten Ziele im Einzelfall nicht unzumutbar ist. Um dieses Ergebnis auszuschließen, sieht die speziellere Vorschrift des § 35 Abs. 3 S. 3 Alt. 2 BauGB – anders als die des § 35 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 BauGB – für die Ebene der Vorhabenzulassung eine „in-der-Regel“-Klausel auch in Bezug auf Raumordnungsziele vor. Sinn und Zweck dieser Klausel besteht also im Hinblick auf die zweite Alternative des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB ausschließlich darin, mit Art. 14 GG unvereinbare Einzelfallergebnisse zu vermeiden, indem von der Bindung Privater an die zielmäßige Konzentrationszonenfestlegung für den (einen) Fall eine Ausnahme vorgesehen wird, dass sich diese Bindung im konkreten Einzelfall als unzumutbar erweist. Wenn nun aber diese Klausel in Bezug auf Raumordungsziele (Alt. 2 des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB) als schlichter Regel-Ausnahme-Vorbehalt zu verstehen ist, wäre es in systematischer Hinsicht wenig überzeugend, derselben Klausel in Bezug auf Flächennutzungsplanungen (Alt. 1 des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB) eine andere Bedeutung – nun als Verweis auf die „nachvollziehende Abwägung“ – beizumessen. Dagegen spricht nicht nur, das der Gesetzgeber beide Alternativen bewusst in einen Satz – und damit in denselben systematischen Zusammenhang – gestellt und den „in-der-Regel“-Teilsatz gleichsam vor die Klammer gezogen hat. Eine solche Aufspaltung würde vielmehr auch verkennen, dass die privaten Interessen bei einer Flächennutzungsplanung – anders als bei einer Raumordnungsplanung – sogar bereits auf der Planungsebene zu berücksichtigen sind (vgl. § 1 Abs. 6 u. 7 BauGB). Dann aber wäre es nach dem soeben Gesagten nicht verständlich, warum ausgerechnet eine in jener Planung zustande gekommene Darstellung einer „nachvollziehenden Abwägung“

88.1300, NVwZ-RR 1991, 331 f. Vgl. zur „rechtlichen Verbindlichkeit“ dieser Ziele auch BVerwG, Urt. v. 27.01.2005 – 4 C 4/05, BVerwGE 122, 364 (373).

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i. S. d. § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB zu unterwerfen sein sollte, obwohl der Gesetzgeber in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB jedenfalls in Bezug auf seine zweite Alternative einen klassischen Ausnahmetatbestand und damit ein spezielleres und verfassungsrechtlich vollkommen ausreichendes Mittel bereit gestellt hat, mit dem unzumutbare Ergebnisse vermieden werden können. d) Fazit – Die Außenwirksamkeit von Konzentrationszonendarstellungen Eine Flächennutzungsplandarstellung „mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB“ fordert von einem Ausnahmefall abgesehen Anspruch auf unbedingte Beachtung. Ob dieser im jeweiligen Einzelfall gegeben ist, hat die Behörde nicht im Wege einer „nachvollziehenden Abwägung“, sondern durch eine schlichte Subsumtion dieses Einzelfalls unter ein auf die Vermeidung unzumutbarer Ergebnisse gerichtetes Konditionalprogramm zu ermitteln. Das aber bedeutet nichts anderes, als dass das Gesetz bereits die Konzentrationszonendarstellung in einem Flächennutzungsplan selbst – und nicht erst eine von ihm beeinflusste Versagungsentscheidung der Behörde – als unmittelbar außenwirksame Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentum nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG ansieht. Wäre man hier a. A., müsste man jeder Gesetzesbestimmung, die einen Ausnahmevorbehalt zur Vermeidung unzumutbarer Einzelfallergebnisse enthält, wegen der angeblich erst durch die Behörde (abwägend) zu treffenden „endgültigen“ Entscheidung den Anspruch auf Außenverbindlichkeit absprechen – ein kaum überzeugendes Ergebnis, das, soweit ersichtlich, für formelle Gesetze niemand zu vertreten bereit ist, bei dem über §§ 30, 31 Abs. 2 BauGB i.W. gleich wirkenden Bebauungsplan von keiner Seite jemals vorgeschlagen wurde, und das nicht einmal für Verwaltungsvorschriften befürwortet wird, soweit diese ausnahmsweise als außenwirksam anerkannt werden131.

131 Auch wenn diese Verwaltungsvorschriften traditionell dem Innenrechtskreis zugeordnet werden, wird doch zunehmend anerkannt, dass bestimmte (normkonkretisierende) Verwaltungsvorschriften Außenwirkung zukommen kann. Soweit die hierfür maßgeblichen Voraussetzungen, die hier nicht näher interessieren müssen, als erfüllt angesehen werden, ist aber ebenfalls anerkannt, dass von den Vorgaben der Verwaltungsvorschrift abgewichen werden kann, wenn ein „atypischer Einzelfall“ vorliegt (vgl. Remmert, Jura 2004, 728 [733]: „Sonderfallvorbehalt“). Ob und wann das der Fall ist, wird als Frage „ihres Anwendungsbereichs und damit ihrer Auslegung“ angesehen, „[i]nsoweit bestehen aber keine Unterschied zur klassischen Rechtsnorm“ (so Remmert ebd.). Wenn also eine Verwaltungsvorschrift als außenwirksam angesehen wird, ändert der Umstand, dass sie für „atypische“ Fälle keine Geltung beansprucht, nichts an ihrer Außenwirksamkeit, weil es sich auch insoweit schlicht um die Subsumtion eines konkreten Sachverhalts unter eine Rechtsvorschrift handelt. Dann aber ist nicht einzusehen, warum die Darstellung eines Flächennutzungsplans mit den Rechtswirkungen nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB anderes zu behandeln sein sollte.

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2. Abstrakt-genereller Charakter von Konzentrationszonendarstellungen Auch wenn somit eine Darstellung mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB einen „Außenwirksamkeitsanspruch“ erhebt, kann sie doch nur dann als Rechtsvorschrift im materiellen Sinne angesehen werden, wenn sie darüber hinaus auch einen abstrakt-generellen Charakter aufweist. Auf den ersten Blick könnte man dies zu bestreiten geneigt sein, weil sich die Darstellung eines Flächennutzungsplans naturgemäß nur auf einzelne Grundstücke bezieht. Mit entsprechenden Erwägungen hat etwa der VGH Kassel die Auffassung vertreten, die Zielfestlegungen eines Regionalplans könnten nicht als abstraktgenerelle Regelungen aufgefasst werden132. Dieser Einwand wurde indes vom BVerwG zurückgewiesen, weil man andernfalls auch die Festsetzungen des Bebauungsplans als konkret-individuelle Regelung ansehen müsse, was weder Meinung des Bundesgesetzgebers noch der des BVerfG133 entspreche, das beide Maßnahmen als tauglichen Gegenstand einer – ein „Gesetz“ und damit eine abstrakt-generelle Regelung voraussetzenden – Kommunalverfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 lit. b GG anerkenne134. Diese Auffassung des BVerwG ist überzeugend. Denn bei planmäßigen Vorgaben steht ungeachtet ihres Bezugs zu einzelnen Grundstücken gerade nicht von vornherein fest, für wie viele Personen und für welche Vorhaben sie in ihrem Geltungszeitraum maßgeblich sein werden. Für einen Flächennutzungsplan kann insoweit nichts anderes gelten, sodass auch eine Darstellung mit den Rechtswirkungen nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB als abstrakt-generelle Maßnahme einzuordnen ist135. 3. Zu etwaigen Einwänden Wie oben gezeigt, wird die Einordnung des Flächennutzungsplans insgesamt oder auch nur die von einzelnen seiner Darstellungen traditionell mit einem beachtlichen Arsenal an Argumenten bestritten. Aus diesem Arsenal drohen Einwände gegen das hier vertretene Ergebnis, die hier nicht unbeantwortet bleiben sollen, soweit sie nicht schon in den Ausführungen zur Außenwirksamkeit und

132 So noch VGH Kassel, Urt. v. 16.08.2002 – 4 N 3272/01, NuR 2003, 115 (117 f.). 133 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.06.1987 – 2 BvR 826/83, BVerfGE 76, 107 (114). 134 BVerwG, Urt. v. 20.11.2003 – 4 CN 6.03, NuR 2004, 362 (364); ebenso VGH München, Urt. v. 08.12.2003 – 20 N 01.2612, NuR 2004, 315. 135 Im Ergebnis ebenso Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub II.2.b.aa; ders., NVwZ 2007, 134 (136); ders., in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (571); und, wenn auch ohne Begründung („zwanglos“), Jeromin, NVwZ 2006, 1374; den abstrakt-generellen Charakter der Flächennutzungsplandarstellungen bejahten bereits ebenfalls Heinze, Bundesbaugesetz, § 5 Rn. 2; und Pappermann, JuS 1973, 689 (694).

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zum abstrakt-generellen Charakter von Konzentrationszonendarstellungen ausgeräumt werden konnten. a) Einwände aus dem Darstellungsargument? Nicht gegen die hier vertretene Auffassung spricht jdfs. der mit dem oben sog. Darstellungsargument136 vorgetragene Hinweis darauf, dass der Flächennutzungsplan lediglich „Darstellungen“ und nicht wie der Bebauungsplan „Festsetzungen“ enthalte. Der Unterschied im Wortlaut allein kann dagegen nicht angeführt werden, denn die Bezeichnung einer Planvorgabe kann allenfalls ein Indiz für ihre Rechtsnatur sein, nicht aber über diese Natur abschließend entscheiden, weil es – gerade – für die Frage, ob eine Regelung als Rechtsvorschrift im materiellen Sinne einzuordnen ist, nicht maßgeblich darauf ankommen, kann, wie jene Regelung heißt, sondern nur darauf, wie sie wirkt137. Das „Darstellungsargument“ beschränkt sich nun freilich nicht darauf, den Wortlautunterschied zwischen „Festsetzungen“ und „Darstellungen“ herauszustellen, sondern sieht darin einen Verweis auf die „Grobmaschigkeit“ von Flächennutzungsplandarstellungen, die jene für eine rechtssatzmäßige Anwendung als ungeeignet erscheinen lasse. Auch dieser Hinweis spricht aber nicht dagegen, Konzentrationszonendarstellungen als Rechtsvorschrift im materiellen Sinne einzuordnen. Denn der Sache nach wird hier argumentiert, der Widerspruch eines Vorhabens zu einer Planvorgabe könne nie festgestellt werden, weil solche Vorgaben stets zu unkonkret seien, und zu unkonkret seien sie stets, weil es sich bei ihnen bloß um „Darstellungen“ handle. Diese Argumentation läuft aber doch wieder Gefahr, allein aus der Bezeichnung eines Rechtsinstituts auf seinen Inhalt zu schließen, was schwerlich überzeugen kann. Die entscheidende und mit einem bloßen Hinweis auf die Gesetzesterminologie nicht beantwortete Frage ist vielmehr, ob Darstellungen eines Flächennutzungsplans in der Tat immer so ungenau sind, dass sie eine rechtssatzmäßige Anwendung ausschließen, oder ob das möglicherweise in manchen oder gar allen Fällen nicht zutrifft. Richtig an dem „Darstellungsargument“ ist also allein die – als solche freilich wenig aussagekräftige – Feststellung, dass wenn eine Vorgabe in einem Plan so unkonkret oder so undetailliert ist, dass nicht festgestellt werden kann, ob ein Bauvorhaben zu ihr im „Widerspruch“ steht, diese auch nicht wie ein Rechtssatz angewendet werden kann138. 136

Dazu oben unter § 8 A. II. 3. a). Und darauf, dass auch eine Darstellung wie eine Festsetzung wirken kann, weist Brohm, Baurecht, § 6 Rn. 13 a. E., zurecht hin. 138 Von der Richtigkeit allein der im Text vertretenen Argumentationsrichtung geht denn wohl auch Rieger in: Schrödter, BauGB, § 35 Rn. 9, aus: „Die Errichtung eines privilegierten Vorhabens kann auch an den eine andere Nutzung vorsehenden Darstellungen des Flächennutzungsplans scheitern. Das setzt jedoch voraus [sic!], das diese 137

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Zumindest Konzentrationszonendarstellungen weisen aber nach der Konzeption des Gesetzes den hierfür erforderlichen Konkretheitsgrad auf. Dafür spricht schon der Wortlaut des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB, der sinngemäß davon spricht, dass eine solche Zone „an anderer“ als der vom Vorhabenträger gewünschten „Stelle ausgewiesen“ worden sei. Damit geht der Gesetzgeber schon in dieser Vorschrift davon aus, dass es offenbar möglich ist zu beurteilen, ob ein Vorhaben innerhalb oder außerhalb dieser Zone liegt. Welche noch größere Detailgenauigkeit von einer Darstellung zu verlangen sein soll, um sie als Rechtssatz anwenden zu können, ist dann aber nicht ersichtlich, weil die Frage nach einem Widerspruch des Vorhabens zu der Planvorgabe damit allein durch einen Vergleich von geplantem Standort und Planvorgabe beantwortet werden kann. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber in § 15 Abs. 3 BauGB davon ausgeht, dass die Baugenehmigungsbehörde feststellen kann, ob ein geplantes Vorhaben die „Durchführung einer Planung“ unmöglich machen oder sogar nur erschweren kann, die in einer Konzentrationszonendarstellung ihren Ausdruck gefunden hat. Auch diese Formulierung wäre nicht verständlich, wenn der Gesetzgeber nicht davon ausginge, dass eine solche Darstellung für eine rechtssatzmäßige Anwendung hinreichend genau ist. Das muss umso mehr gelten, als das Gesetz insoweit für die – unstreitig hinreichend konkreten – Festsetzungen eines Bebauungsplan in § 15 Abs. 2 BauGB genau dieselbe Formulierung verwendet. b) Einwände aus den Verhältnisargumenten? Ebenfalls nicht gegen die hier befürwortete Auslegung spricht das für die h. M. vorgetragene Argument, mit der Bezeichnung als „vorbereitender“ Bauleitplan zeige das Gesetz in § 1 Abs. 2 BauGB, dass dem Flächennutzungsplan lediglich verwaltungsinterne Bedeutung als Zwischenschritt zu dem dann allein außenverbindlichen Bebauungsplan zukomme139. Denn dieser Einwand unterstellt, dass bei einem mehrstufigen Verfahren stets nur die „letzte“ Stufe unmittelbare Außenwirksamkeit entfalten könne. Der Gesetzgeber ist aber durchaus nicht gehindert, ein einheitliches Planungsverfahren in mehrere Schritte zu zerlegen und bspw. bereits der Entscheidung auf einer vorläufigen Ebene rechtliche Außenwirkungen zu verleihen140. Das zeigt sich in vergleichbarer Weise etwa bei den sog. mehrstufigen Verwaltungsakten, bei denen auch nicht allein aus der Tatsache der „Mehrstufigkeit“ des Verfahrens geschlossen werden kann, dass aus Sicht des Bürgers „vorbereitende“ Mitwirkungsakte anderer Behörden

Darstellungen sachlich und räumlich hinreichend konkret sind [. . .]“; ähnlich Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 124. 139 Dazu oben unter § 8 A. II. 3. b). 140 Vgl. BVerwG, Urt. v. 11.04.1986 – 4 C 51/83, BVerwGE 74, 124 (131) m.w. N.

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für diesen keine Außenwirkung entfalteten141. Auch insoweit ist vielmehr eine Analyse der Wirkung dieses Mitwirkungsaktes erforderlich, die nicht einfach durch einen Verweis auf seinen „vorbereitenden“ Charakter ersetzt werden kann. Wie unter dem Schlagwort des „Vollzugsarguments“ gezeigt142, wird das hier sog. Vorbereitungsargument von den Vertretern der traditionellen Linie freilich nicht nur durch einen Verweis auf § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB, sondern auch durch einen solchen auf § 8 Abs. 1 S. 2 BauGB zu stützen versucht, nach dem der Bebauungsplan „die Grundlage für weitere, zum Vollzug [des Baugesetzbuchs] erforderliche Maßnahmen“ bildet. Indes überzeugt bereits der daraus gezogene Schluss, dass der Gesetzgeber damit zum Ausdruck gebracht habe, „allein“ der Bebauungsplan sei Grundlage für den Gesetzesvollzug, nicht, weil er so formuliert eine unbewiesene Behauptung bleibt. Da § 8 BauGB im Abschnitt über den Bebauungsplan steht, ist es systematisch allein selbstverständlich, dass sich diese Vorschrift allein zur Bedeutung des Bebauungsplans verhält. Durchaus nicht zwingend, sondern einer weiteren Begründung harrend ist es dagegen, derselben Vorschrift auch eine ungeschriebene Aussage über die Bedeutung eines anderen Plans zu entnehmen, der gerade nicht Gegenstand desselben Abschnitts ist. Davon abgesehen spricht der Umstand, dass ein Rechtssatz des Vollzugs durch weitere Rechtsakte zugänglich ist, nicht gegen die Annahme, dass er dessen ungeachtet bereits selbst unmittelbare Außenwirkungen entfaltet. Nur wenn und soweit er diese Wirkung nicht ohne Vollzugsakte erzielt, erfüllt ein Rechtsakt die Voraussetzungen für eine materielle Rechtsvorschrift nicht. Nicht aber kann umgekehrt argumentiert werden, dass, weil ein Rechtsakt in weiteren Maßnahmen vollzogen wird, jenem die Außenwirkung fehlt. Auch dies kann wieder nur durch eine Analyse seiner Wirkungen beantwortet werden, wie sie oben anzustellen versucht wurde. Dem entspricht es denn auch, dass nach, soweit ersichtlich, unstreitiger Ansicht auch solche Rechtsvorschriften der Normenkontrolle unterfallen können, die eines weiteren Verwaltungsvollzuges bedürfen143. Diese Ansicht kann sich zwanglos auf § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO stützen, der von der Möglichkeit einer Rechtsverletzung „durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung“ ausgeht. Die Behauptung, die Vollzugsfähigoder -bedürftigkeit eines Rechtsakts nehme diesem gleichsam automatisch die Einordnung als „Rechtsvorschrift“, ist damit nicht zu vereinbaren. Auch aus diesem Grund kann daher aus § 8 Abs. 1 S. 2 BauGB kein überzeugendes Ar141 S. Detterbeck, Verwaltungsrecht, Rn. 507 ff.; Maurer, Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 30; Peine, Verwaltungsrecht, Rn. 445 ff.; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 224 ff. 142 Dazu oben unter § 8 A. II. 3. b). 143 Vgl. nur Beckmann, DVBl. 1987, 611 (614); Heitsch, NuR 2004, 20 (22).

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gument gegen die Einordnung einer Konzentrationszonendarstellung als Rechtsvorschrift im materiellen Sinne gewonnen werden. c) Einwände aus dem Mittelbarkeitsargument? Damit bleibt zu prüfen, ob anderes aus dem oben sog. Mittelbarkeitsargument folgt, das wie gezeigt144, darauf abstellt, dass die unmittelbare Rechtswirkung bei Flächennutzungsplänen immer nur von bestimmten „Brückennormen“145 des BauGB ausgehe, nicht aber vom Flächennutzungsplan selbst, der lediglich als rechtsfolgenbedingte Tatbestandsvoraussetzung im Rahmen eines der einschlägigen Gesetzestatbestände fungiere. Dass zumindest eine Konzentrationszonendarstellung durchaus selbst „unmittelbare“ Außenwirkung entfaltet, wurde im Grunde bereits oben gezeigt146. Ein dort noch nicht behandelter Einwand könnte aber doch lauten, dass es zwar richtig sei, dass das Gesetz eine solche Darstellung nicht mehr der „nachvollziehenden Abwägung“ unterworfen habe und sich die „Mittelbarkeit“ der Darstellung daher in der Tat nicht mehr aus ihrer Anwendung im Rahmen einer Abwägung herleiten lasse. Aber, so könnte vorgebracht werden, mit dem Beweis ihrer Herausnahme aus dem Abwägungsprogramm des § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB sei noch nicht der Beweis ihrer „Unmittelbarkeit“ erbracht, weil es auch im Rahmen des Konditionalprogramms des § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB nicht der Plan selbst sei, der Anspruch auf Verbindlichkeit erhebe, sondern das Gesetz, das diese Verbindlichkeit anordne. Auch wenn eine Konzentrationszonendarstellung bei § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB also nicht mehr „nachvollziehend abgewogen“ werde, so bleibe sie doch eine „rechtfolgenbedingte Tatbestandvoraussetzung“. Auch das so gewandte Mittelbarkeitsargument ist freilich nicht überzeugend. Sicher trifft es zu, dass sich auch der Flächennutzungsplan nicht im normativ luftleeren Raum bewegt, sondern seine Wirkungen nur nach Maßgabe des Gesetzes entfaltet. Der Umstand indes, dass ein Rechtssatz in den Rahmen der ihm übergeordneten Norm eingebunden ist und von dieser seinen Verbindlichkeitsanspruch ableitet, ist in einer hierarchisch aufgebauten Rechtsordnung nichts Ungewöhnliches und kann als solcher nichts zur Bestimmung der Rechtsnatur einer Maßnahme beitragen147. So leiten bspw. auch die Regelungen des 144

Dazu oben unter § 8 A. II. 3. c). Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 88. 146 S. § 8 B. III. 1. 147 Vgl. allg. dazu Horn, Verwaltung, S. 201 m.w. N.; v. Mutius, in: Menger (Hrsg.), Wolff-FS, S. 167 (174): „Tatbestandsmerkmale können Real- und Rechtsakte jedweder Art sein, ohne daß damit irgend etwas über ihre sonstigen rechtlichen Eigenschaften ausgesagt wäre.“ S. ferner zur Rechtsnatur von Braunkohleplänen nach nordrheinwestfälischem Landesrecht Schenke, UTR 12 [1990], 69 (76): „[D]er Umstand, daß ein staatlicher Akt sich als tatbestandlicher Anknüpfungspunkt einer gesetzlichen Regelung darstellt, [sagt] noch nichts über seine Rechtsnatur aus [. . .]“; zum flächennut145

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BauGB, die wohl unstreitig Gesetze (auch) im materiellen Sinne enthalten, ihre normative Verbindlichkeit nicht einfach aus sich selbst heraus ab, sondern sind ihrerseits in den Rechtsrahmen des Grundgesetzes eingebettet. Gerade, wenn und weil eine Regelung unmittelbar in die Rechtsstellung eines außenstehenden Dritten eingreift, bedarf ihre Wirkung immer einer „Vermittlung“ durch höherrangiges Recht, weil andernfalls die grundrechtlichen Gesetzesvorbehalte nicht beachtet würden. Würde man es also für richtig erachten, dass eine Regelung den Charakter einer materiellen Rechtsvorschrift verlieren muss, nur weil sie in den Tatbestand einer höherrangigen Norm eingebunden ist, liefe man Gefahr, in letzter Konsequenz unterhalb der Verfassungsebene gar keine Eingriffsregelung mehr als materielle Rechtsvorschrift behandeln zu können. Es kann auch nicht argumentiert werden, dass insoweit zumindest für nicht förmliche Gesetze etwas anderes gelten müsse. Denn auch im Hinblick auf den Bebauungsplan könnte man argumentieren, die Verbindlichkeit seiner Festsetzungen folge nicht aus ihm selbst, sondern lediglich aus dem BauGB, weil diese sich nur nach und im Rahmen der §§ 29 ff. BauGB gegen ein Vorhaben durchzusetzen in der Lage seien. Eine solche These wird, soweit ersichtlich, von niemandem vertreten und wäre nach dem zuvor Gesagten auch nicht überzeugend. Warum dann aber für die Darstellungen des Flächennutzungsplans im Zusammenhang mit § 35 BauGB etwas anderes gelten sollte, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil müssen sich die Vertreter der Mittelbarkeitsthese fragen lassen, wie sie den Unterschied in der Behandlung von Bebauungs- und Flächennutzungsplan rechtfertigen wollen148. Denn wenn das Bild von der „Vermittlung“ der Rechtswirkung bei beiden Plänen konstruierbar ist, und dennoch ohne Erläuterung des ausgemachten Unterschieds behauptet wird, nur bei dem zuletzt genannten Plan indiziere diese Vermittlung die mangelnde Verbindlichkeit seiner Darstellungen, läuft das darauf hinaus zu argumentieren, dieser Unterschied bestehe, weil es sich bei diesem um einen Flächennutzungsplan handle. Dann wird aber der Sache nach behauptet, der Flächennutzungsplan sei nicht verbindlich, weil er ein Flächennutzungsplan sei – ein wenig überzeugender Zirkel. d) Einwände aus dem Abhängigkeitsargument? Auch das oben sog. „Abhängigkeitsargument“149 kann die hier vertretene These zur Behandlung von Konzentrationszonendarstellungen nicht entkräften. zungsplanrechtlichen Zusammenhang dementspr. ders., VerwArch. 98 [2007], sub II.2.b.aa.; ders., in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (570 f.); ders., NVwZ 2007, 134 (136); VGH München, Urt. v. 14.12.1983 – 4 N 81A.436, BayVBl. 1984, 240 (242). 148 Dass die Rechtsverletzung bei einem Bebauungsplan „durch den Plan selbst bewirkt“ wird, ist allgemeine Meinung, vgl. etwa Gaentzsch, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), BerlK-BauGB, § 2 Rn. 15.

§ 8 Die Rechtsnatur von Flächennutzungsplänen

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Hier soll zwar durchaus nicht bestritten werden, dass ein Flächennutzungsplan in gewissem Umfang auch von der Entwicklung der tatsächlichen Gegebenheiten abhängig ist. Nicht überzeugend ist es aber, daraus auf die ausnahmslose Unverbindlichkeit seiner Darstellungen zu schließen. Diese Folgerung dürfte nämlich zum einen an einem ähnlichen Mangel leiden, wie er oben schon dem Darstellungsargument entgegengehalten wurde. Es trifft sicher zu, dass ein Flächennutzungsplan keinen Anspruch auf Verbindlichkeit mehr erheben kann, wenn sein Darstellungen wegen der tatsächlichen Entwicklung „überholt“ sind. Es kann aber nicht umgekehrt argumentiert werden, weil ein Flächennutzungsplan von dieser Entwicklung in einzelnen Fällen überholt werden kann, könne ein Plan dieser Art nie einen solchen Verbindlichkeitsanspruch erheben. Wenn der Flächennutzungsplan der Gemeinde B in Bayern vom realen Baugeschehen überholt wurde, bedeutet das nicht, dass der Flächennutzungsplan der Gemeinde M in Mecklenburg-Vorpommern, den ein solches Schicksal nicht ereilte, nicht dazu in der Lage wäre, sich gegenüber ihm widersprechenden Vorhaben durchzusetzen. Es kommt m. a. W. insoweit auf eine Betrachtung des Einzelfalls an: „Solange seine [scil.: des Flächennutzungsplans] Darstellungen vielmehr nicht durch eine neure Entwicklung überholt sind, bleiben sie beachtlich“150. Würde man anders argumentieren, liefe dies auch an dieser Stelle wieder letztlich auf die zirkelschlüssige Behauptung hinaus, der Flächennutzungsplans „als solcher“ sei generell derart vom Baugeschehen abhängig, dass er nicht als verbindlich angesehen werden könne, weil er ein Flächennutzungsplan sei. Gegen das „Abhängigkeitsargument“ spricht schließlich auch ein vergleichender Blick auf die Rechtslage zum Bebauungsplan. Es ist weitgehend anerkannt, dass ein Bebauungsplan „funktionslos“ werden und infolgedessen außer Kraft treten kann, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die er sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzungen auf absehbare Zeit ausschließt und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem dennoch etwa in die Fortgel-

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Dazu oben unter § 8 A. II. 3. d). Bracher, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2160; der Sache nach ebenso Rieger, in: Schrödter, BauGB; auch das BVerwG hat zwischenzeitlich klargestellt, dass seine „Unterstützungsformel“ nicht bedeute, dass der Flächennutzungsplan „grundsätzlich nur dann ein öffentlicher Belang“ sei, „wenn seine Darstellungen mit der tatsächlichen Situation übereinstimmen“ (so BVerwG, Beschl. v. 01.04.1997 – 4 B 11/97, BRS 59 Nr. 75, S. 258 [259 f.]; zust. Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 35 Rn. 79; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 79; und insoweit auch Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 214: „Auch die Literatur interpretiert die Definition des [BVerwG] inzwischen so, dass damit nur Fälle der weggefallenen Realisierbarkeit des Plans ausgeschieden werden sollen. Entfernt man sich aber soweit vom Sinngehalt einer Definition, so ist sie gleich fallen zu lassen“.). 150

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tung der Festsetzungen gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt151. Auch hier wird aus dem Umstand, dass ein Bebauungsplan durch die „normative Kraft des Faktischen“152 in Einzelfällen außer Kraft treten kann, von, soweit ersichtlich, niemandem gefolgert, die hoheitliche Maßnahme des Bebauungsplans als solche müsse deshalb als „entwicklungsabhängig“ und unverbindlich angesehen werden. Dieser Schluss wäre hier nicht überzeugend, weil er in unzulässiger Weise vom Einzelfall auf die Rechtsnatur schlösse, und er ist es aus demselben Grunde nicht, soweit Flächennutzungspläne in Rede stehen153. e) Einwände aus dem Anpassungsargument? Wenn mit dem oben sog. „Anpassungsargument“154 angedeutet wird, § 7 Abs. 1 BauGB sei ein Beleg dafür, dass das Gesetz keine Bindungen an „den Flächennutzungsplan“ anordne, sondern nur eine solche an den „Willen der Standortgemeinde“, ist auch diese Behauptung nicht dazu geeignet, die hier vertretene Ansicht zu entkräften. Diese Behauptung lässt nämlich nicht nur unerklärt, wie jener „Wille“ anders zu ermitteln sein sollte, als durch einen Blick auf diesen Plan, sondern ist schon mit dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 BauGB nicht zu vereinbaren, der eine Anpassung ausdrücklich an den „Flächennutzungsplan“ vorschreibt. Wenn man § 7 Abs. 1 BauGB überhaupt einen Hinweis auf die Rechtsnatur des Flächennutzungsplans entnehmen will, dann kann dies allenfalls einer im Sinne der hier vertretenen Auffassung sein. Denn es mutet doch einigermaßen befremdlich an, dass eine Planvorgabe, die sogar – atypisch – Bindungswirkungen gegenüber Rechtsträgern entfalten kann, die dem Plangeber hierarchisch übergeordnet sind, dies niemals „nach unten“ können soll.

151 Grdl. BVerwG, Urt. v. 29.04.1977 – IV C 39/75, BVerwGE 54, 5 (9 ff.); vgl. ferner dass., Urt. v. 03.12.1998 – 4 CN 3/97, BVerwG 108, 71 (72 ff.); dass., Beschl. v. 09.10.2003 – 4 B 85/03, BauR 2004, 1128 f.; BGH, Urt. v. 21.12.1989 – III ZR 49/ 88, BGHZ 110, 1 (4); Bier, UPR 2004, 335 (337 ff.); Dürr, Baurecht BW, Rn. 63; Erhard, NVwZ 2006, 1362 ff.; Stelkens, UPR 2005, 81 (83); Tysper, BauR 2001, 349 (351 ff.); Fackler, Individualanspruch, S. 139 f.; insoweit im Ergebnis auch Baumeister, GewArch. 1996, 318 (320 ff., 325), der das Außerkrafttreten allerdings nicht daraus ableiten will, dass ein Plan „funktionslos“ geworden ist, sondern darauf abstellt, dass er gegen höherrangiges Recht verstößt und deshalb – wie es auch bei anderen Norm anerkannt ist – rechtswidrig geworden sei; s. dazu auch dens., Rechtswidrigwerden von Normen, S. 255 f., 169 ff., 358 ff., näher in Fn. 736. 152 Erhard, NVwZ 2006, 1362 (1366); vgl. auch Baumeister, GewArch. 1996, 318 (319): „infolge einer Tatsachenveränderung“. 153 Als unter dem Aspekt des Außerkrafttretens vergleichbar behandeln beide Pläne auch Taegen in: Berkemann u. a. (Hrsg.), Schlichter-FS, S. 247 (251); und Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 35 Rn. 65: „Für den Flächennutzungsplan gilt insoweit nichts anderes wie für Bebauungspläne, deren Festsetzungen wegen Funktionslosigkeit außer Kraft treten können“. 154 Dazu oben unter § 8 A. II. 5.

§ 8 Die Rechtsnatur von Flächennutzungsplänen

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f) Einwände aus dem Verkündungsargument? Auch das oben sog. Verkündungsargument155 zwingt nicht zur Revision der hier vertretenen Ansicht. Es trifft zwar zu, dass die Bekanntmachung der Genehmigung beim Flächennutzungsplan – anders als beim Bebauungsplan – keinen Hinweis auf den Ort der Einsichtnahme enthält (vgl. § 6 Abs. 5 BauGB gegenüber § 10 Abs. 3 S. 3 BauGB). Dieses Argument wird aber zum einen selbst vom BVerwG nur gegen die – auch hier nicht befürwortete – Annahme einer Rechtsvorschrift im formellen Sinne erhoben. Davon abgesehen dürfte die Bekanntmachung nach § 6 Abs. 5 BauGB den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Verkündung ohnehin genügen, da auch dynamische Verweise in Gesetzen für zulässig erachtet werden und der Einzelne ohne größere Schwierigkeiten den Aufbewahrungsort eines Flächennutzungsplans bei der Standortgemeinde erfragen kann156. Und selbst wenn man diese Situation für ungenügend erachtete, könnte die Lösung nicht darin bestehen, den hier erörterten Darstellungen den Charakter einer materiellen Rechtsvorschrift abzusprechen, weil der dann angenommene Mangel nichts am – insoweit allein entscheidenden – Vorliegen einer unmittelbar außenwirksamen Regelung änderte157. Die Lösung wäre dann vielmehr in einer verfassungskonformen Auslegung des § 6 Abs. 5 BauGB zu suchen, die etwa im Wege einer Analogie zu § 10 Abs. 3 S. 3 BauGB bewerkstelligt werden könnte. g) Einwände aus dem Rechtszersplitterungsargument? Trotz erkennbarer Sympathie für die Annahme, dass eine Darstellung i. S. d. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB als Rechtsvorschrift i. S. d. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO anzusehen sei, hat es namentlich das OVG Lüneburg in jüngster Zeit noch einmal ausdrücklich abgelehnt, einen gegen eine solche Darstellung gerichteten Normenkontrollantrag als statthaft zu behandeln, weil das oben sog. Rechtszersplitterungsargument dem nach wie vor entgegenstehe158. Dieser Einwand kann jdfs. an dieser Stelle, an der es zunächst nur um die Klärung der Rechtsnatur von Konzentrationszonendarstellungen geht, nicht verfangen. Denn die Frage nach der Rechtsnatur einer Maßnahme ist eine materiellrechtliche, die durch 155

Dazu oben unter § 8 A. II. 1. Auf beide Aspekte weist zutreffend Guckelberger, DÖV 2006, 973 (981), hin. 157 S. insoweit auch Löhr, Flächennutzungsplanung, S. 144: „Die Form kann allenfalls ein Indiz für die Allgemeinverbindlichkeit einer Regelung sein, keinesfalls ein maßgebliches Kriterium. Dies gilt nicht nur für die Formwahl seitens der Verwaltung, sondern auch für die Formbestimmung durch den Gesetzgeber. Aus der Art der Veröffentlichung allein läßt sich daher nichts für den Rechtscharakter einer Maßnahme ableiten.“ 158 OVG Lüneburg, Beschl. v. 08.03.2007 – 12 MN 13/07, BeckRS 2007 22144, sub II.1. der Gründe; dazu oben unter § 8 A. II. 4. 156

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

verwaltungsprozessuale Erwägungen nicht entscheidend in dem einen oder anderen Sinne beantwortet werden kann159. Es wird daher an anderer Stelle zu prüfen sein, ob das Rechtszersplitterungsargument es wegen der Länderklausel in § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO möglicherweise ausschließt, das Normenkontrollverfahren gegen solche Vorschriften zu eröffnen, obwohl es sich bei solchen Darstellungen um eine Rechtsvorschrift handelt160 – nicht mehr aber, ob jene Darstellungen die Voraussetzungen einer Rechtsvorschriften im materiellen Sinn erfüllen. 4. Fazit zum intrakommunalen Verhältnis Etwaige Einwände gegen das oben gefundene Ergebnis vermögen die Richtigkeit desselben mithin nicht infrage zustellen. Die Darstellung eines Flächennutzungsplans mit den Rechtswirkungen nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB ist abstrakt-genereller Natur, unterfällt keiner „nachvollziehenden Abwägung“ und erweist sich mit Blick auf ihre Wirkungen auf die Vorhabenzulassung – insoweit wie ein Bebauungsplan – als Rechtsvorschrift im materiellen Sinne. IV. Bedeutung im interkommunalen Verhältnis Wie eingangs angesprochen, beschränkte sich die bisherige Betrachtung freilich auf die Rechtswirkungen, die eine Konzentrationszonendarstellung im gleichsam „vertikalen“ Verhältnis von planender Standortgemeinde und planunterworfenem Grundstückseigentümer entfaltet. Damit bleibt zu prüfen, was daraus für das im Mittelpunkt dieser Arbeit stehende interkommunale, „horizontale“ Verhältnis zwischen Standort- und Nachbargemeinde folgt161. Da die Rechtsprechung die intra- und interkommunalen Verhältnisse im Rahmen ihrer bisher ablehnenden Haltung gleich behandelt und die Statthaftigkeit eines Normenkontrollantrags in beiden Fälle als unstatthaft angesehen hat, könnte man zunächst schlicht argumentieren, es sei zu erwarten, dass sie einen Antrag der Nachbargemeinde dann auch konsequenterweise „automatisch“ als statthaft behandeln werde, wenn man dem planunterworfenen Bürger Gleiches zugestehe. Zwingend ist diese Vermutung indes nicht. Denn das BVerwG geht 159 Grds. skeptisch gegenüber einer im Prozessrecht ansetzenden Bestimmung des materiellrechtlichen Gehalts einer Regelung Schenke, Bergbau, S. 100, dort im Zusammenhang mit Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG. 160 Dazu näher unter § 9 A. I. 161 Die Frage kann sich in der Praxis etwa dann stellen, wenn die Standortgemeinde eine Konzentrationszone zur Windkraftansiedlung ausweist, gegen die sich die Nachbargemeinde wenden möchte; vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 14.09.2000 – 1 K 5414/98, NVwZ 2001, 452 ff.; dass., Beschl. v. 26.09.2005 – 1 MN 113/05, NVwZ-RR 2006, 246 ff.

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zumindest im Bereich der Verwaltungsakte davon aus, dass eine hoheitliche Maßnahme durchaus eine „Doppelnatur“ aufweisen und sich unterschiedlichen Personen gegenüber auch unterschiedlich darstellen könne. So sei die Rechtsnatur einer konkret-individuellen Maßnahme, deren Rechtswirkung nicht jedermann betreffe, sondern sich auf einen bestimmten Personenkreis beschränke, „teilbar“; sie stelle nur diesen Personen gegenüber ein Verwaltungsakt dar, nicht aber gegenüber anderen162. Dass aber diese These zur möglichen „Doppelnatur“ einer Maßnahme nicht überzeugt, wurde bereits oben gezeigt163. Auch mit verwaltungsprozessualen Erwägungen kann dieses materiellrechtliche Ergebnis an dieser Stelle nicht infrage gestellt werden. Selbst wenn man ein solches argumentatives Vorgehen für zulässig hielte164, spräche es an dieser Stelle ohnehin nicht für, sondern gegen die These, die Rechtsnatur von normativ wirkenden Darstellungen als „teilbar“ anzusehen. Das zeigt sich im Rahmen des § 47 VwGO. Denn diese Vorschrift dient nach insoweit wohl unbestrittener Auffassung jdfs. auch dazu, „durch eine einzige Entscheidung eine Reihe von Einzelklagen zu vermeiden und dadurch die Verwaltungsgerichte zu entlasten. Durch sie wird ggf. einer Vielzahl von Prozessen vorgebeugt, in denen die Gültigkeit einer bestimmten Rechtsvorschrift als Vorfrage zu prüfen wäre“165. Wenn nun aber zumindest für den Teilbereich des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB Normenkontrollanträge der Bürger gegen einen Flächennutzungsplan für statthaft erachtet werden, spricht der Gedanke der Prozesswirtschaftlichkeit dafür, die Nachbargemeinde hiervon nicht von vornherein auszunehmen und auf den Weg der Inzidentkontrolle zu zwingen. Denn der von § 47 VwGO verfolgte Bündelungszweck würde verfehlt, wenn zwar etwaige Einzelprozesse von Bürgern „gesammelt“ werden könnten, diejenigen von Nachbargemeinden aber außen vor bleiben müssten. Wenn also Darstellungen eines Flächennutzungsplans mit den Rechtswirkungen nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB oben mit Blick auf das intrakommunale Verhältnis als Rechtsvorschriften im materiellen Sinn eingeordnet wurden, stellt sich diese Rechtsnatur im interkommunalen Verhältnis nicht anders dar.

162 Vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1989 – 4 C 21/88, NVwZ 1990, 260 f., m.w. N.; VGH Mannheim, Urt. v. 03.08.1995 – 5 S 3563/94, NVwZ-RR 1996, 306. 163 Unter § 6 B. I. 2. 164 Abl. insoweit schon im vorhergehenden Abschnitt unter § 8 B. III. 3. g). 165 S. BVerwG, Beschl. v. 15.09.1987 – 7 N 1/87, NVwZ 1988, 1119 (1120); dass., Urt. v. 26.01.1996 – 8 C 19/94, NJW 1996, 2046; dass., Urt. v. 20.11.2003 – 4 CN 6.03, NuR 2004, 362; Hendler, NuR 2004, 485 (486); Pielow, DV 1999, 445 (450); Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 12, Rn. 3 f.; Ziekow, BauR 2007, 1169 (1170).

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

C. Darstellungen zum Außenbereich ohne die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB Die in der Literatur seit geraumer Zeit geführte Diskussion um eine etwaige Neubestimmung der Rechtsnatur des Flächennutzungsplans kreist ganz überwiegend um Darstellungen mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB. Das mag daran liegen, dass das BVerwG seine eingangs zitierte Andeutung, dass es „nicht fernliegend“ sein möge, gegen solche Darstellungen die Normenkontrolle zu eröffnen166, sogleich mit dem Hinweis eingeschränkt hat, dass „für sonstige Darstellungen [. . .] unverändert“ gelte, dass „es am Tatbestand einer verbindlichen Regelung gegenüber dem Bürger fehlt“167. Nahm die bisherige Betrachtung zur Rechtsnatur des Flächennutzungsplans ihren Ausgangspunk ebenfalls bei diesen besonderen Darstellungen, soll im Folgenden dennoch untersucht werden, ob das oben gefundene Ergebnis – die Einordnung jener Darstellungen als Rechtsvorschriften im materiellen Sinne nämlich – nicht Anlass dazu bietet, auch die Bestimmung der Rechtsnatur anderer Darstellungen neu zu überdenken. Dabei soll sich dieser Abschnitt zunächst auf sonstige Darstellungen zum Außenbereich168 beschränken, die nicht die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB aufweisen. Ein erneuter Blick auf das zentrale Argument gegen die Außenwirksamkeit von Außenbereichsdarstellungen (I.), soll es dazu erlauben, die Wirkung solcher Darstellungen gegenüber nicht-privilegierten (II.) und privilegierten Darstellungen näher zu betrachten (III.). I. Die Rechtsfigur der „nachvollziehenden Abwägung“ Bereits oben wurde angesprochen, dass die ganz h. M. Außenbereichsdarstellungen deshalb als nicht „unmittelbar“ außenwirksame Regelungen behandelt, weil der Widerspruch eines Bauvorhabens gegen solche Darstellungen nicht „automatisch“ zur Unzulässigkeit dieses Vorhabens führe. Ob das der Fall sei, sei vielmehr im Rahmen einer „nachvollziehenden Abwägung“ zu ermitteln. Eine Planvorgabe aber, die lediglich in eine Abwägung einzustellen und sich allenfalls als Ergebnis einer solchen durchzusetzen vermöge, erhebe selbst keinen Anspruch auf uneingeschränkte Verbindlichkeit und entfalte keine „unmittelbare Außenwirkung“. Dieser Anspruch und diese Wirkung komme vielmehr nur und erst der behördlichen Abwägungsentscheidung zu169. 166

Näher dazu die Darstellung unter § 8 B. II. 1. BVerwG, Urt. v. 20.11.2003 – 4 CN 6.03, NuR 2004, 362 (364). 168 Zu Flächennutzungsplandarstellungen zum Innenbereich und zum Bereich eines Bebauungsplans vgl. sodann die folgenden Abschnitte § 8 D.–F. 169 S. o. § 8 A. II. 3. c). 167

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Oben konnte eine nähere Betrachtung der mit dieser Argumentation angesprochenen Rechtsfigur der „nachvollziehenden Abwägung“ freilich noch unterbleiben, weil sich gezeigt hatte, dass eine Darstellung i. S. d. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB diese Abwägung gerade nicht zu durchlaufen hat und daher auch auf dem Boden dieser zu § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB h. M. als Rechtsvorschrift im materiellen Sinne einzuordnen ist. Da es in diesem Abschnitt indes um „normale“ Außenbereichsdarstellungen geht, die ihre Rechtswirkungen nach Maßgabe des § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB entfalten, erscheint es an dieser Stelle geboten, zunächst näher zu betrachten, was sich rechtstechnisch bei einer „nachvollziehenden Abwägung“ genau abspielt. 1. Die „nachvollziehende Abwägung“ bei Weyreuther Der Begriff der „nachvollziehenden Abwägung“ geht auf einen Beitrag von Weyreuther aus dem Jahre 1977 zurück170. Ausgehend von der Auffassung des BVerwG, dass „Planung ohne Gestaltungsfreiheit ein Widerspruch in sich“ sei171, befasste sich Weyreuther in seiner Arbeit mit dem Bedürfnis nach rechtlicher Bindung und gerichtlicher Kontrolle solcher Planungen. Da er dabei zu der Einschätzung gelangte, dass sich dieses Bedürfnis „vor allem auf das planerische Abwägen“ richte, bemühte sich Weyreuther darum, zunächst einmal den Begriff des „Abwägens“, den er für doppeldeutig und missverständlich hielt, näher zu erläutern. Dazu definierte er ihn als „ein Verfahren der Entscheidungsfindung, bei dem kollidierende Belange (oder auch Argumente) zueinander bewertend in Beziehung gesetzt und auf Grund dessen in der Entscheidungsfindung einige von ihnen gegenüber anderen vorgezogen werden“172. Den so umschriebenen Vorgang wiederum unterteilte er in zwei sich grundlegend unterscheidende Gruppen: die der „nachvollziehenden“ und die der „planerischen“ Abwägung. Dabei gehe es bei der letzteren, für seine Arbeit allein interessierenden Abwägungsart darum, dass die abwägende Verwaltung selbst durch ein „gewissermaßen an einem Mosaik bastelnde[s], immer wieder auch scheinbar gesicherte Teilergebnisse wieder in Frage stellende[s] Erwägen und erneute[s] Abwägen“ eine „mehr oder weniger frei gestaltende [. . .] Entscheidung [. . .]“ treffe173. Ganz anders strukturiert seien dagegen die „nachvollziehenden Abwägungen“. Hier handle es sich um eine Entscheidungsfindung, der „keine eigene Abwägung [sic!], sondern das Auffinden einer vorgegebenen Abwägung vorausgeht“174. 170

S. Weyreuther, BauR 1977, 293 ff.; s. ferner dens., Außenbereich, S. 18 f. Vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 – IV C 105/66, BVerwGE 34, 301 (304); Hoppe, BauR 1970, 15 (16). 172 Weyreuther, BauR 1977, 293 (297); ebenso ders., Außenbereich, S. 18. 173 Vgl. Weyreuther, BauR 1977, 293 (297 f.). 174 Weyreuther, BauR 1977, 293 (197); ebenso ders., Außenbereich, S. 19. 171

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

Während die „planerische Abwägung“ den (heute) in § 1 Abs. 6 u. 7 BauGB angesprochenen Vorgang bezeichne, liefere § 35 BBauG (BauGB) das Paradebeispiel für ein „nachvollziehendes Abwägen“. Dort werde ein „gestaltendes (,schöpferisches‘) Abwägen von der Art, daß trotz gegebener Beeinträchtigung eines öffentlichen Belangs darüber wegen irgendwelcher Vorzüge des Vorhabens ,abwägend‘ hinweggesehen werden kann (,Kompensation‘) für unzulässig gehalten [. . .]175, gleichzeitig aber der als nachvollziehbar verstandene Gewichtsvergleich zwischen dem jeweiligen Vorhaben und dem öffentlichen Belang – unter der Fragestellung ob dieser Belang entgegensteht bzw. beeinträchtigt wird – als Abwägen oder auch Gewichten bezeichnet [. . .]176 und dabei das grundsätzlich größere Gewicht (im Sinne des Durchsetzungsvermögens) der privilegierten Vorhaben hervorgehoben“177. 2. Die „nachvollziehende Abwägung“ in Rechtsprechung und Literatur Diese wegweisenden Ausführungen Weyreuthers liegen der von Rechtsprechung und Literatur178 zu § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB verfolgten Konzeption auch heute noch in weiten Teilen zugrunde. So geht das BVerwG unter Zustimmung der ganz h. L. davon aus, dass die Behörde bei der Prüfung, ob ein Vorhaben im Außenbereich zulässig sei, „die vom Gesetzgeber bestimmte Interessenbewertung im Einzelfall nach[zu]vollziehen“ habe179. „Nachvollziehende Abwägung“ meine hier „einen gerichtlich uneingeschränkt überprüfbaren Vorgang der Rechtsanwendung, der eine auf den Einzelfall ausgerichtete Gewichtsbestimmung verlangt: Ob sich die öffentlichen Belange [durchsetzen, ist] eine Frage ihres jeweiligen Gewichts und der Abwägung mit dem Vorhaben, zu dem es konkret in Beziehung zu setzen“ ist180. 175 Er konnte insoweit auf BVerwG, Urt. v. 16.02.1973 – IV C 61/70, BVerwGE 42, 8 (14 ff.), sowie dass., Urt. v. 03.05.1974 – IV/C 10/71, Buchh. 406.11 § 35 BBauG Nr. 109, S. 83 (88), verweisen. 176 Dazu konnten BVerwG, Urt. v. 25.1.1967 – IV C 86/88, BVerwGE 28, 148 (151 f.) und dass., Urt. v. 14.03.1975 – IV C 41/73, BVerwGE 48, 109 (114 f.), in Bezug genommen werden. 177 Weyreuther, BauR 1977, 293 (297, dort in Fn. 29); ders., Außenbereich, S. 19, 160. 178 Vgl. etwa Stüer/Vildomec, BauR 1998, 427 (430): Nachvollziehung der gesetzlichen Planung für den Einzelfall durch Abwägung von Privilegierung und entgegenstehenden öffentlichen Belangen; ähnlich Jochum, BauR 2002, 1480 (1482 f.): Nachvollziehung der allgemeinen Wertungen des Gesetzes und Konkretisierung für den Einzelfall. 179 BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (30); vgl. ferner OVG Münster, Urt. v. 15.03.2006 – 8 A 2672/03, ZfBR 2006, 474 (475). 180 So die exemplarische Zusammenfassung seiner eigenen Rechtsprechung bei BVerwG, Urt. v. 19.07.2001 – 4 C 4/00, NVwZ 2002, 476 (477); vgl. ferner dass., Urt. v. 18.08.2005 – 4 C 13/04, DVBl. 2005, 1583 (1586).

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Auch wenn der so verstandene Vorgang durchweg als „Abwägung“ bezeichnet wird181, folgen Rechtsprechung und Literatur aber der Sache nach der von Weyreuther vorgezeichneten Unterscheidung. So hat das BVerwG ihn als Abarbeitung eines „Konditionalprogramm[s]“ bezeichnet, das für „planerische Erwägungen keinen Raum“ lasse182 und sich dadurch von der „abwägenden Entscheidung“ i. S. d. §§ 1 ff. BauGB grundlegend unterscheide183. Da es bei der so verstandenen Gesetzesanwendung um die „Nachvollziehung“ der vom Gesetzgeber – ganz im Sinne Weyreuthers – „vorgegebenen“ Interessenbewertung geht, wird freilich ebenso eindringlich herausgestellt, dass diese „Abwägung“ unterschiedlich verläuft, je nach dem, ob es sich im konkreten Einzelfall um ein privilegiertes oder ein nicht privilegiertes Vorhaben handle. Der Gesetzgeber habe die privaten und öffentlichen Interessen nämlich bei privilegierten Vorhaben grundlegend anders gewichtet als bei privilegierten und diesen wertungsmäßigen Unterschied auch in dem insoweit abweichenden Wortlaut der beiden ersten Absätze des § 35 BauGB zum Ausdruck gebracht. Die „Abwägung“ sei daher „bei Vorhaben nach Abs. 1 einerseits und den nach Abs. 2 andererseits nicht in derselben Weise vorzunehmen“184. So ist ein nicht privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB schon dann unzulässig, wenn es eines der in § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB beispielhaft genannten öffentliche Belange „beeinträchtigt“. Diese vergleichsweise schwache Formulierung und die Aufnahme des Tatbestandsmerkmals „im Einzelfall“ in jener Vorschrift wird als Ausdruck der Wertung des Gesetzgebers verstanden, dass „der Außenbereich grundsätzlich von allen nicht unmittelbar seinem Wesen und seiner Funktion entsprechenden Baulichkeiten freigehalten werden soll“185. Dieser „Grundsatz“ soll andererseits auch „nicht ausnahmslos“ gelten, weil § 35 Abs. 2 BauGB ersichtlich davon ausgehe, dass auch nicht privilegierte Vorhaben „im Einzelfall“ im Außenbereich zugelassen werden könnten, mithin das Gesetz kein generelles Bauverbot für sonstige Vorhaben errichtet habe. Daraus folge für die „nachvollziehende Abwägung“, dass der Rechtsanwender nicht al181 So bereits in BVerwG, Urt. v. 25.10.1967 – IV C 86/88, NJW 1968, 1105 (1106); vgl. aus der dann st. Rspr. etwa dass., Urt. v. 19.07.2001 – 4 C 4/00, NVwZ 2002, 476 (477). Aus der Literatur s. statt aller etwa Bracher in: Gelzer/Bracher/ Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2150; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 35 Rn. 66; Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 35 BauGB Rn. 248, 252. 182 BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (29); Hervorhebung durch den Verf. Ebenso BVerwG, Urt. v. 13.12.2001 – 4 C 3/01, NVwZ 2002, 1112 (1113); und aus der Literatur etwa Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 35 Rn. 8. 183 Vgl. Jochum, BauR 2002, 1480 (1486), nach der „der nachvollziehenden Abwägung [. . .] – im Gegensatz zur Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB – jedes gestalterisch-planende Element“ fehle; ebenso Bracher, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2156. 184 Bracher, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2150. 185 BVerwG, Urt. v. 26.05.1967 – IV C 25/66, BVerwGE 27, 137 (139); Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 35 Rn. 72.

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lein aus der Lage des Vorhabens im Außenbereich auf seine Unzulässigkeit schließen dürfe, sondern prüfen müsse, ob dieses öffentliche Belange beeinträchtige186. Wo das „ausnahmsweise“187 nicht der Fall sei, dürfe und müsse auch ein nicht privilegiertes Vorhaben im Außenbereich zugelassen werden. Anders verhalte sich dagegen bei privilegierten Vorhaben. Diese seien dem Außenbereich planartig zugewiesen, weil sie in der Regel nur dort verwirklicht werden könnten188, und seien deshalb nicht schon dann unzulässig, wenn sie öffentliche Belange „beeinträchtigten“, sondern erst, wenn ihnen diese „entgegenstehen“. Diese „Grundentscheidung für die Zulässigkeit der privilegierten Vorhaben“189 müsse einem von § 35 Abs. 1 BauGB erfassten Vorhaben deshalb bei der „nachvollziehenden Abwägung“ gebührend in Rechnung gestellt werden190. Aufgrund dieses „gesteigerten Durchsetzungsvermögens“191 führe der Widerspruch eines privilegierten Vorhabens zu einem öffentlichen Belang nicht automatisch zur Unzulässigkeit des Vorhabens: „Ob [aus der Bevorzugung privilegierter Vorhaben] ihre Zulässigkeit folgt, hängt von den Umständen des Falls ab. Erstens ist das Ausmaß, in dem durch die Privilegierung das Durchsetzungsvermögen gegenüber (bestimmten) öffentlichen Belangen anwächst, häufig von der Art des Vorhabens und der darauf anwendbaren Privilegierungsvorschrift abhängig. Es ist denkbar, daß sich im Einzelfall ein ortsgebundener Betrieb mit seinem Vorhaben an einem Ort durchzusetzen vermag, an dem sich eine Landarbeiterstelle nicht durchsetzen könnte. Zum anderen ist für die jeweilige Beurteilung wesentlich, welche öffentlichen Belange berührt werden und welches Gewicht ihnen jeweils zukommt. Der Schutz der Eigenart der Landschaft bspw. kann an der einen Stelle von einem Rang sein, daß deswegen selbst privilegierte Vorhaben nicht ausgeführt werden dürfen, während an einer anderen Stelle sein Gewicht so unbedeutend ist, daß daran selbst (gewisse) sonstige Vorhaben nicht scheitern“192. So hat die Rechtsprechung die Rechtsfigur der 186 Vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.1967 – IV C 25/66, BVerwGE 27, 137 (139); Dürr, Baurecht BW, Rn. 122; dens., in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 35 Rn. 73. 187 Vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.1967 – IV C 25/66, BVerwGE 27, 137 (139); ebenso Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 35 Rn. 72; ähnlich Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 73: „Ausnahmecharakter der Zulässigkeit sonstiger Vorhaben im Außenbereich“. 188 Vgl. insoweit BVerwG, Urt. v. 25.10.1967 – IV C 86/88, NJW 1968, 1105; dass., Urt. v. 13.12.2001 – 4 C 3/01, NVwZ 2002, 1112; Bracher, in: Gelzer/Bracher/ Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2150; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 35 Rn. 8; Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 35 Rn. 54. 189 Bracher, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2150. 190 Vgl. BVerwG, Urt. v. 18.08.2005 – 4 C 13/04, DVBl. 2005, 1583 (1586); Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 35 Rn. 9; Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 35 Rn. 8; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 60. 191 Bracher, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2151, dort Fn. 2. 192 BVerwG, Urt. v. 24.08.1979 – 4 C 3/77, DÖV 1979, 905 (907); Hervorhebung durch den Verf. Wagner charakterisiert die „nachvollziehende Abwägung“ in den Fäl-

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„nachvollziehenden Abwägung“, wie gezeigt, insbesondere als Instrument benutzt, um Vorhaben, die Zielen der Raumordnung widersprachen, dennoch als zulässig behandeln zu können, um ein andernfalls unverhältnismäßiges und damit verfassungswidriges Ergebnis zu vermeiden193. 3. Analyse – Zwei Vorgänge unter einem Namen In der Praxis läuft die Unterscheidung zwischen privilegierten und nicht privilegierten Vorhaben im Rahmen der „nachvollziehenden Abwägung“ im Ergebnis darauf hinaus, dass jene Vorhaben im Außenbereich grundsätzlich zulässig, diese dagegen grundsätzlich unzulässig sind194. Doch trotz dieser erheblich unterschiedlichen Auswirkung öffentlicher Belange erblickt das BVerwG in der Wirkungsweise der öffentlichen Belange gegenüber verschiedenen Vorhaben keinen „quantitativen“ Unterschied, keine „Verschiedenheit dem Grade nach“, sondern charakterisiert den Unterschied als einen „qualitativen, d.h. durch das jeweilige Verhältnis zwischen dem Vorhaben und dem öffentlichen Belang begründeten“195. Diese die Gemeinsamkeit zwischen beiden Absätzen betonende len des § 35 Abs. 1 BauGB in UPR 1996, 370 (372), plakativ als „Gewichtsvergleich zwischen der Privilegierung einerseits und den gegenläufigen öffentlichen Belangen andererseits“. 193 Vgl. erneut BVerwG, Urt. v. 19.07.2001 – 4 C 4/00, NVwZ 2002, 476 (477 ff.), und näher oben unter § 8 B. I. 194 So die ausdrückliche Einschätzung von Dürr, Baurecht BW, Rn. 122; s. auch dens., JuS 2007, 328 (333), u. dens., in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 35 Rn. 9, 70, für den Bereich des § 35 Abs. 2 BauGB; und Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 21, nach dem eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange durch sonstige Vorhaben „erfahrungsgemäß in der Regel der Fall ist“; exemplarisch insoweit auch die Formulierung bei Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 225: „Im Außenbereich kann die Gemeinde nicht-privilegierte Vorhaben durch die Darstellung des Flächennutzungsplans in erhebliche[m] Maße beeinflussen, da bereits jeder Widerspruch zu den Darstellungen gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB zu einer Beeinträchtigung öffentlicher Belange führt und widersprechende Vorhaben damit gem. § 35 Abs. 2 BauGB unzulässig sind.“, und ähnl. S. 226: „Ein nicht-privilegiertes Vorhaben ist [. . .] bereits unzulässig, wenn es öffentliche Belange beeinträchtigt, wenn es diese also negativ berührt“; Rinsdorf spricht denn auch bezeichnenderweise nur im Zusammenhang mit § 35 Abs. 1 BauGB – nicht aber in dem von § 35 Abs. 2 BauGB – von einer „nachvollziehenden Abwägung“; ähnl. auch Stüer, DVBl. 2006, 403 (409); zu weit daher Guckelberger, DÖV 2006, 973 (977), die ohne vertiefende Ausführungen formuliert, der „Ausgang“ der nachvollziehenden Abwägung sei bei § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB „offen“. 195 BVerwG, Urt. v. 25.10.1967 – IV C 86/88, NJW 1968, 1105 (1106); st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 19.07.2001 – 4 C 4.00, NuR 2002, 49 (51); zust. Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 35 BauGB Rn. 252; ähnlich Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 35 Rn. 9 („Der Unterschied zwischen den privilegierten [. . .] und den sonstigen Vorhaben [. . .] liegt nicht in der generellen Andersartigkeit der berücksichtigungsfähigen öffentlichen Belange, sondern in der grundsätzlichen Verschiedenheit ihres Verhältnisses zu diesen Belangen.“); vgl. weiter Bracher, in: Gelzer/Bracher/ Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2150.

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Formulierung ist sicher zutreffend, wenn damit darauf hingewiesen werden soll, dass die „nachvollziehend abwägende“ Genehmigungsbehörde weder im Fall des ersten noch dem des zweiten Absatzes des § 35 BauGB über einen „Restbereich an Gestaltungsfreiheit“196 verfügt. Sie birgt in ihrer Allgemeinheit aber doch die Gefahr, grundlegende Unterschiede bei der Rechtsanwendung zu überspielen197. Denn auch wenn der Begriff der „nachvollziehenden Abwägung“ ganz überwiegend einheitlich gebraucht wird, um die Tätigkeit der Genehmigungsbehörde bei der Entscheidung über die Zulässigkeit von Außenbereichsvorhaben zu umschreiben, dient er bei Lichte betrachtet als Überschrift für zwei gänzlich unterschiedlich strukturierte Vorgänge, von denen allenfalls einer den Namen „Abwägung“ verdient. Ist über die Zulässigkeit eines privilegierten Vorhabens zu entscheiden, mag man der Bezeichnung der „nachvollziehenden Abwägung“ noch eine Berechtigung zusprechen. Besonders glücklich oder gar zwingend dürfte dieser Ausdruck zwar auch im Zusammenhang des § 35 Abs. 1 BauGB nicht sein. Denn immerhin ist auch hier „de[r] einer Abwägung immanente [. . .] Vergleich der für und gegen ein Vorhaben sprechenden Positionen ausgeschlossen; eine Kompensation von Nachteilen durch Vorteile [. . .] unzulässig“198, sodass es der Behörde etwa verwehrt ist, ein Vorhaben, dem ein öffentlicher Belang entgegensteht, zuzulassen, weil es einem anderen gleichzeitig besonders zuträglich ist199. Die Rede von der „nachvollziehenden Abwägung“ kann aber als Hinweis auf ein Element des Gewichtens und Vergleichens verstanden werden, das den bei § 35 Abs. 1 BauGB zu durchlaufenden Prozess durchaus innewohnt. Denn bei privilegierten Vorhaben findet ja, wie gezeigt, tatsächlich ein echter „Gewichtsvergleichs der sich im Einzelfall gegenüberstehenden Positionen“ statt, „wobei zugunsten privilegierter Vorhaben stets das ihnen von § 35 Abs. 1 [BauGB] zuerkannte gesteigerte Durchsetzungsvermögen in Rechnung zu stellen ist“200. Hier hat die Behörde also in der Tat sowohl das konkrete Gewicht

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Redeker, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Hoppe-FS, S. 329 (331). Krit. denn auch Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 35 Rn. 70. 198 Vgl. Redeker, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Hoppe-FS, S. 329 (331); für nicht privilegierte Vorhaben ebenso Bracher, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2151, der aber bei privilegierten Vorhaben „eine solche saldierende Betrachtung im Rahmen der Abwägung [. . .] nicht ausschließen“ will, „wenn die Privilegierung zum Teil gerade auch im öffentlichen Interesse erfolgt“; so wohl auch Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 77; eine „Kompensation“ unter Berufung auf das BVerwG ausdrücklich auch bei privilegierten Vorhaben ablehnend dagegen Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 35 Rn. 10. 199 Kritisch gegenüber der Verwendung des Begriffs der „Abwägung“ selbst bei § 35 Abs. 1 BauGB auch Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 227; Brohm, Baurecht, § 21 Rn. 18; bezeichnenderweise spricht denn auch der Richter am BVerwG Rojahn, in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Einzelhandel und Windkraftanlagen, S. 147 (148), von einer „nachvollziehenden Subsumtion“ (Hervorhebung durch den Verf.). 197

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der mit dem Vorhaben verfolgten Interessen auf der einen Seite und das konkrete Gewicht des von ihm berührten öffentlichen Belangs zu ermitteln, und die so gewonnenen Ergebnisse miteinander zu vergleichen201. Diesen Vorgang mag man noch als „Abwägung“ bezeichnen, weil er einen einzelfallbezogenen Vergleich konkreter Positionen beinhaltet. Wenn nun auch die Prüfung der Zulässigkeit eines nicht-privilegierten Vorhabens nach § 35 Abs. 2 BauGB als „nachvollziehende Abwägung“ bezeichnet wird, ist das zwar unschädlich, weil von der Bezeichnung eines Rechtsinstituts nicht auf seinen Gehalt geschlossen werden kann. Der Sache nach ist diese historisch erklärbare Bezeichnung202 aber verfehlt, weil der bei § 35 Abs. 2 BauGB anzustellende Vorgang keine Abwägung darstellt. Ob „öffentliche Belange“ einem Vorhaben i. S. d. § 35 Abs. 1 BauGB „entgegenstehen“ ist letztlich in drei Schritten zu ermitteln: Zum ersten ist festzustellen, ob ein öffentlicher Belang von einem Vorhaben berührt wird. Soweit dabei einer der in § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB genannten Belange in Betracht kommt, läuft dieser Schritt auf eine Subsumtion des Sachverhalts unter die dort genannten Tatbestandsmerkmale hinaus. In einem zweiten Schritt ist dann, wie gezeigt, das jeweilige konkrete Gewicht der privaten und öffentlichen Interessen zu ermitteln, um die beiden Gewichte in einem dritten und letzten Schritt gegenüberzustellen. Dieser Ablauf umschreibt dagegen nicht den bei § 35 Abs. 2 BauGB durchzuführenden Vorgang. Soll nämlich festgestellt werden, ob ein Vorhaben „öffentliche Belange beeinträchtigt“, beschränkt sich die Prüfung auf den ersten Schritt. Denn da „der Gesetzgeber [den nicht privilegierten Vorhaben gerade] kein Gewicht in Bezug auf die Durchsetzbarkeit gegenüber öffentlichen Belangen mit privilegierten Vorhaben verliehen“ hat203, bedarf es bei nicht privilegierten Vorhaben „– im Gegensatz zu privilegierten [. . .] – in der Regel keiner besonderen Gewichtung des Vorhabens und der in Rede stehenden öffentlichen Belange“204. Anders als bei § 35 Abs. 1 BauGB ist deshalb bei dem Vorgang der Rechtsanwendung nach § 35 Abs. 3 BauGB auch hier gerade „nicht das Gewicht öffent-

200 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 60; ähnlich Wagner, der die „nachvollziehende Abwägung“ in den Fällen des § 35 Abs. 1 BauGB in UPR 1996, 370 (372) als „Gewichtsvergleich zwischen den Privilegierung einerseits und den gegenläufigen öffentlichen Belangen andererseits“ charakterisiert. 201 Vgl. insoweit erneut die im vorhergehenden Abschnitt auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen in BVerwG, Urt. v 24.08.1979 – 4 C 3/77, DÖV 1979, 905 (907). 202 S. in diesem Abschnitt (§ 8 C. I.) unter 1. 203 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 76; Hervorhebung durch den Verf. Ähnlich Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 35 Rn. 73: „Diese Vorschrift [scil.: des § 35 Abs. 2 BauGB] unterscheidet sich von § 35 Abs. 1 BauGB, bei dem in der Tat eine Abwägung geboten ist, gerade dadurch, dass die öffentlichen Belange grundsätzlich Vorrang haben vor den privaten Interessen“. 204 Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 35 Rn. 54.

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licher Belange in Beziehung zu setzen zu dem Gewicht privater Interessen an der Durchführung des Vorhabens“205. Das bedeutet nun freilich nicht, dass die konkrete Situation bei der Anwendung des § 35 Abs. 2 BauGB völlig außer Betracht bleiben soll. Auch „die Beeinträchtigung eines öffentlichen Belangs [kann] niemals abstrakt, sondern immer nur für ein ganz bestimmtes Vorhaben festgestellt werden“206. Insoweit ist es für die Subsumtion des jeweiligen Sachverhalts unter das Tatbestandsmerkmal „beeinträchtigen“ durchaus notwendig, zu ermitteln, welche Bedeutung der fragliche öffentlichen Belang im jeweiligen Einzelfall einnimmt, weil von einer „Beeinträchtigung“ nur gesprochen werden kann, wo einer der in Abs. 3 aufgeführten Belange (oder ein sonstiger für die Bebauung des Außenbereichs erheblicher Gesichtspunkt) „nicht unwesentlich“ berührt wird207. Ist diese Schwelle aber überschritten, bei der ein „geringer Grad des Widerstreits“208 genügt, ist das Vorhaben als unzulässig zu behandeln, ohne dass es noch darauf ankäme, welches konkrete Gewicht die mit ihm verfolgten Interessen einnehmen, und ohne dass darauf ankäme, deren Gewicht mit dem der öffentlichen Interessen zu vergleichen. Ohne diesen § 35 Abs. 1 BauGB kennzeichnenden „konkreten Gewichtsvergleich“ aber stellt der bei § 35 Abs. 2 BauGB anzustellende Vorgang der Rechtsanwendung der Sache nach keine „Abwägung“ mehr dar, sondern die schlichte Subsumtion eines konkreten Sachverhalts unter einen gesetzlichen Tatbestand209.

205 So das BVerwG, zitiert nach Bracher, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2151 (Hervorhebung durch den Verf.); in dem dort genannten Urt. v. 03.05.1974 – IV C 10/71, Buchh. 406.11 § 35 BBauG Nr. 109, findet sich die Formulierung zwar nicht, dennoch heißt es auch dort: „[Das] Gesetz [bezeichnet] in § 35 Abs. 3 BBauG absolute Schranken [. . .], bei deren Vorliegen also eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange anzunehmen ist, ohne daß es noch auf eine Abwägung zwischen öffentlichen und privaten Belangen ankäme“. Vgl. dazu, dass das BVerwG diese Ansicht auch nicht mit der missverständlichen Formulierung aufgegeben hat, es bedürfe auch bei § 35 Abs. 2 BauGB „eines Vergleichs der Gewichtigkeit der sich im Einzelfall gegenüberstehenden ,Positionen‘“, BVerwG, Urt. v 24.08.1979 – 4 C 3/77, DÖV 1979, 905 (907), die Rechtsprechungsanalyse von Bracher ebd. 206 Vgl. Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 35 Rn. 54. 207 Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 35 Rn. 54; ähnlich Söfker, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 76: „Berührung“ i. S. einer „Belastung oder Einwirkung“. 208 Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 35 Rn. 54. 209 Ebenso Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 35 Rn. 73; Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 76; insoweit auch Löhr, in: Battis/ Krautzberger/Löhr, BauGB, § 2 Rn. 50; bezeichnenderweise haben bereits Ernst/ Hoppe, Bau- und Bodenrecht, Rn. 394 – ohne diese Differenzierung auch nur zu problematisieren – die Ansicht vertreten: „Im Rahmen des § 35 Abs. 1 BBauG – anders [sic!] als bei § 35 Abs. 2 BBauG – ist aber eine Abwägung zwischen dem Zweck der Privilegierung und dem öffentlichen Belang erforderlich.“

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Daran ändert auch die vielfach anzutreffende Formulierung nichts, ein nichtprivilegiertes Vorhaben sei nach § 35 Abs. 2 BauGB „grundsätzlich“ unzulässig, „ausnahmsweise“ aber zulässig. Denn die damit angesprochene „Ausnahme“ bezieht sich auf den Umstand, dass auch bei § 35 Abs. 2 BauGB die Lage zum Außenbereich allein noch nicht zur Versagung einer Genehmigung genügt und deshalb auch der Antrag für die Genehmigung eines „sonstigen“ Vorhabens nicht einfach durch einen Hinweis auf seinen Standort abgelehnt werden kann210. Der Satz von der „ausnahmsweisen Zulässigkeit“ nicht-privilegierter Außenbereichsvorhaben bedeutet aber nicht, dass ein Vorhaben zugelassen werden könnte, obwohl es den Beeinträchtigungstatbestand dieser Vorschrift erfüllt211. Dem entspricht es, dass auch die Rechtsprechung bei § 35 Abs. 2 BauGB nicht prüft, ob ein Vorhaben zugelassen werden kann, das unter die Tatbestandsmerkmale des § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB fällt, sondern nur, ob ein Vorhaben, das prima facie jene Merkmal zu erfüllen scheint, wegen der besonderen Umstände des Falles entgegen des ersten Anscheins doch nicht darunter zu subsumieren ist. Das mögen die folgenden Ausführungen aus einer Entscheidung des BVerwG zu der heute in § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 BauGB verankerten Regelung verdeutlichen, wonach eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange vorliegt, wenn ein Vorhaben das Entstehen, die Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung erwarten lässt: „Mit dieser Regelung will das Gesetz einer Zersiedlung des Außenbereichs entgegentreten, d.h. einer zusammenhanglosen oder aus anderen Gründen unorganischen Streubebauung. An diesem Sinn und Zweck des Gesetzes hat sich die Auslegung auszurichten. Deshalb reicht allein die Gefahr, daß sich dem zur Genehmigung gestellten Vorhaben später auf benachbarten Grundstücken weitere Vorhaben anschließen könnten, nicht aus, die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten zu lassen. Es muß vielmehr hinzutreten, daß mit der Begründung dieser Gefahr zugleich ein Vorgang der Zersiedlung eingeleitet oder gar schon vollzogen wird. Zwar wird das bei Wohnbauten im Außenbereich regelmäßig der Fall sein. Das Bundesverwaltungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, daß der Außenbereich grundsätzlich von allen nicht unmittelbar seinem Wesen und seiner Funktion entsprechenden Baulichkeiten freigehalten werden soll. Dieser Grundsatz rechtfertigt sich nicht nur aus der bodenrechtlichen Eigenart und Sonderstellung des Außenbe210 Insoweit unstreitig, vgl. nur Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 35 Rn. 73, unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 29.04.1964 – I C 30/02, BVerwGE 18, 247 (249 f.). 211 Die Behörde verfügt bei § 35 Abs. 2 BauGB trotz des missverständlichen Wortlauts „können“ über kein Ermessen. Sie muss – schon aus verfassungsrechtlichen Gründen – ein Vorhaben zulassen, das öffentliche Belange nicht beeinträchtigt; umgekehrt darf sie aber auch ein Vorhaben, das eine solche Beeinträchtigung bewirkt, nicht – etwa wegen anderer damit verbundener Vorteile – zulassen; vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12. 2001 – 4 C 3/01, NVwZ 2002, 1112; Bracher, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2156; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 35 Rn. 71; Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 35 Rn. 55; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 73.

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reichs. Er rechtfertigt sich darüber hinaus in gleicher Weise aus der Einsicht, daß das dringliche Bedürfnis nach einer gesunden Siedlungsstruktur im allgemeinen eine nicht der Funktion des Außenbereichs zugeordnete Bebauung als eine zu mißbilligende Zersiedlung erscheinen läßt. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos, wie es im übrigen auch nicht anders sein kann, wenn die Handhabung des § 35 Abs. 2 BBauG nicht doch zu einem generellen Bauverbot für ,sonstige Vorhaben‘ gelangen soll. Solche Ausnahmen wären etwa anzunehmen, wenn sich die Streubebauung im Außenbereich als die herkömmliche Siedlungsform darstellt. Dann wird sich in den Grenzen, die durch dieses Herkommen gezogen sind, auch die Beibehaltung dieser Siedlungsform nicht als ein Vorgang der Zersiedlung werten lassen.“212

Das Gericht prüft hier also nicht, ob das Vorhaben „ausnahmsweise“ zulässig ist, weil damit trotz einer mit ihm verbundenen Zersiedelung besonders gewichtige Interessen verfolgt werden, sondern nur, ob seine Verwirklichung trotz des durch eine Wohnbebauung im Außenbereich verursachten ersten Anscheins bei genauer Sachverhaltsanalyse nicht zu einer solche Zersiedelung führt. An diesem Beispiel zeigt sich, dass die „nachvollziehende Abwägung“ bei nicht privilegierten Vorhaben bei Lichte betrachtet schlicht eine sorgfältige Prüfung der Frage bedeutet, ob der Einzelfall die Merkmale der in § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB aufgeführten Tatbestände erfüllt oder einen anderen unbenannten öffentlichen Belang beeinträchtigt. Dieser Vorgang stellt nicht anderes als eine Subsumtion dieses Einzelfalls unter das Gesetz dar und sollte daher nicht missverständlich „Abwägung“ genannt werden. Wenn man dies dennoch befürwortet, um nicht mit einer jahrzehntealten Tradition zu brechen, darf diese Terminologie jdfs. nicht den Blick darauf verstellen, dass die betroffenen Belange der Sache nach nicht abgewogen werden. Wenn der Vorgang der Entscheidungsfindung somit bei Außenbereichsvorhaben einheitlich als „nachvollziehende Abwägung“ bezeichnet wird, erweist sich dieser Begriff als Überschrift für zwei dogmatisch unterschiedlich einzuordnende Vorgänge. Angesichts dieses Befundes wird im Folgenden getrennt nach nicht-privilegierten (II.) und privilegierten Vorhaben (III.) zu untersuchen sein, was es für die Rechtsnatur des Flächennutzungsplans bedeutet, wenn nun § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB bestimmt, dass eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange vorliegt, wenn ein Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht.

212 BVerwG, Urt. v. 26.05.1967 – IV C 25/66, BVerwGE 27, 137 (139 f.), Hervorhebung durch den Verf.

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II. Die Rechtswirkung des Flächennutzungsplans gegenüber nicht privilegierten Vorhaben Flächennutzungspläne als materielle Rechtsvorschrift einzuordnen, wird, wie oben bereits mehrfach angesprochen, vornehmlich mit dem auf den Außenbereich zugeschnittenen Mittelbarkeitsargument begründet: Eine Darstellung, die sich nur und allenfalls als Ergebnis einer (nachvollziehenden) „Abwägung“ gegenüber einem Bauvorhaben durchzusetzen in der Lage sei, erhebe keinen Anspruch auf eine uneingeschränkte Verbindlichkeit gegenüber Außenstehenden – diesen Anspruch erhebe vielmehr allein und erst die Entscheidung, die infolge der Abwägung ergehe, die Entscheidung über die Erteilung oder Versagung der Baugenehmigung durch die zuständige Behörde also213. Diese These kann aber in dieser Allgemeinheit nicht überzeugen, wenn man die soeben zur Rechtsfigur der „nachvollziehenden Abwägung“ angestellten Erörterungen berücksichtigt. Es mag sein, dass einer Planvorgabe, die als „Belang“ in einer planerischen Abwägung „abzuarbeiten“ ist, keine unmittelbare Außenwirksamkeit zugesprochen werden kann, weil eine Planungsnorm keine konditionale, sondern eine finale Struktur aufweist, bei der die Verwaltung keine Subsumtion unter einen Tatbestand vornimmt, sondern die betroffenen Belange „schöpferisch“ gegeneinander abwiegt und im Einzelfall zurückstellen kann214. Um eine derart „planerische“ Abwägung geht es aber bei § 35 BauGB nach, soweit ersichtlich, unbestrittener Auffassung nicht. Es mag auch sein, dass sich eine Flächennutzungsplandarstellung gegenüber einem privilegierten Vorhaben nur als Ergebnis einer – hier also als „konkreter Gewichtsvergleich“ verstandenen – „nachvollziehenden Abwägung“ durchzusetzen vermag. Dieser Befund kann aber nicht einfach auf nicht-privilegierte Vorhaben übertragen werden. Wenn dies dennoch geschieht, mag das durch den undifferenzierten Sprachgebrauch verursacht sein, nach dem bei § 35 BauGB unterschiedslos von der Durchführung einer „nachvollziehenden Abwägung“ gesprochen wird. Inhaltlich zutreffend ist es aber nicht. Auch bei § 35 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 BauGB wird das Gewicht des privaten Interesses, das mit der Verwirklichung eines geplanten Bauvorhabens verbunden ist, nicht mit demjenigen des öffentlichen Belangs abgewogen, der in der Darstellung eines Flächennutzungsplan seinen Ausdruck gefunden hat. Hat die Baugenehmigungsbehörde zu prüfen, ob ein nicht privilegiertes Vorhaben im Außenbereich zuzulassen ist, das im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans liegt, führt sie keine Abwägung 213 Vgl. erneut BVerwG, Urt. v. 18.08.2005 – 4 C 13/04, DVBl. 2005, 1583 (1586), und oben unter § 8 A. II. 3. c). 214 Vgl. allgemein zum Unterschied von Konditional- und Finalprogrammen Wolff/ Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, § 31, Rn. 59; speziell zum Unterschied zwischen §§ 1 Abs. 6 u. 7 bzw. 35 BauGB Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 35 Rn. 74.

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durch, sondern hat lediglich – insoweit nicht anders als bei den übrigen Ziffern des § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB – sorgfältig zu prüfen, ob der Tatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfüllt ist. Das stellt einen reinen Subsumtionsvorgang dar, wie er andere Gesetze mit unbestimmten Rechtsbegriffen auch auszeichnet. Dann aber kann die Behauptung nicht überzeugen, Außenbereichsdarstellungen erhöben keinen Anspruch auf Verbindlichkeit, weil sie sich nur im Rahmen einer Abwägung durchsetzen könnten, in der sie als Belange zu berücksichtigen seien. Im Gegenteil. Wenn infolge der sorgfältigen Subsumtion des Einzelfalles feststeht, dass ein Bauvorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, begründet eben dieser Widerspruch die Unzulässigkeit des Vorhabens. Dann aber ist nicht einzusehen, warum einer solchen Darstellung die unmittelbare Außenwirksamkeit und/oder ihr Anspruch auf Verbindlichkeit abzusprechen sein sollte. Dass aus dem Umstand allein, dass diese Bedeutung des Flächennutzungsplans in einem ihm normhierarchisch übergeordneten Gesetz ausgesprochen und jener in dessen Tatbestand „eingebettet“ ist, nichts anders folgt, zeigt der Vergleich mit der Bebauungsplanregelung des § 30 BauGB und wurde bereits oben dargelegt215. Wenn nun dennoch behauptet wird, Flächennutzungsplandarstellungen zum Außenbereich seien nur „mittelbarer“ Art, kann diese These also nicht damit begründet werden, dass bei § 35 Abs. 2 BauGB eine Abwägung stattfinde. Die angebliche „Mittelbarkeit“ kann m. a. W. nicht auf das Tatbestandsmerkmal „beeinträchtigen“ aus § 35 Abs. 2 u. 3 S. 1 BauGB gestützt werden, sondern allenfalls – was zu prüfen bleibt – auf dasjenige des „Widersprechens“ in § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB. Auf dieser Linie bewegt sich denn auch eine Argumentation des BVerwG aus dem Jahre 1995: „Anders als die Festsetzungen eines Bebauungsplans sind die Darstellungen eines Flächennutzungsplans nicht ohne weiteres wie Rechtssätze anwendbar. Sie geben die künftige Bodennutzung nur in den Grundzügen wieder. Da sie noch keine endgültigen Aussagen treffen, sind sie für die abschließende Beurteilung eines Einzelbauvorhabens von vornherein nur beschränkt geeignet. Bedeutung kommt ihnen in erster Linie als Unterstützung und einleuchtende Fortschreibung bestimmter tatsächlicher Gegebenheiten zu. Ob eine Abweichung den in § 35 Abs. 3 BauGB vorausgesetzten Grad des Widerspruchs erreicht, kann stets nur das Ergebnis einer Wertung sein, bei der in weitem Umfange auf die Verhältnisse des Einzelfalls abzustellen ist“216. Auch an dieser Stelle wird aber wieder in nicht überzeugender Weise Ursache und Wirkung vermengt. Das zeigt sich, wenn man näher 215

Vgl. § 8 A. III. 3. c). BVerwG, Beschl. v. 13.04.1995 – 4 B 70/95, Buchh. 406.11 § 35 BauGB Nr. 309, S. 47 (52); Hervorhebung durch den Verf. Dem BVerwG zustimmend Bracher, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2161. 216

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betrachtet, wie die vom BVerwG angesprochene „Wertung“ von der zuständigen Behörde im Einzelnen zu bewerkstelligen ist. Ihr Vorgehen kann in zwei Schritte unterteilt werden. In einem ersten Arbeitsgang hat sie zu prüfen, ob die in Frage stehende Darstellung des Flächennutzungsplans so genau und konkret ist, dass das beantragte Vorhaben an ihr auf eine Übereinstimmung oder einen Widerspruch hin gemessen werden kann. Hier soll nicht bestritten werden, dass durchaus nicht jede Darstellung dafür geeignet ist. Das ist nämlich zum einen dann nicht der Fall, wenn die Darstellung durch die tatsächlichen (Bau-)Gegebenheiten inzwischen derart „überholt“ ist, dass mit ihrer Verwirklichung nicht zu rechnen ist217. Das mag auch bei der Darstellung einer „Fläche für die Landwirtschaft“ i. S. d. § 9 Abs. 2 Nr. 5 lit. a BauGB gelten, weil diese u. U. nur zum Ausdruck bringen soll, dass die Gemeinde insoweit überhaupt keine städtebauliche Entwicklung beabsichtigt218. Schon hier zeigt sich aber, dass eine Einzelfallbetrachtung erforderlich ist, weil sich aus dem Plan selbst oder aus dem diesbezüglichen Erläuterungsbericht etwas anderes ergeben kann. Deshalb wäre es auch in diesem Zusammenhang verfehlt, aus dem Umstand, dass eine Flächennutzungsplandarstellung in einem bestimmten Einzelfall zu unkonkret oder zu „grobmaschig“ sein kann, um als Widerspruchsmaßstab zu dienen, zu schließen, Flächennutzungsplandarstellungen generell seien von einem solchen Detailmangel oder einer solchen Unschärfe geprägt. Insoweit ist vielmehr eine differenzierte Betrachtung angebracht. Zum einen kann es durchaus sein, dass ein Flächennutzungsplan „bestimmte tatsächliche Gegebenheiten unterstützt“, indem er die schon bestehende städtebauliche Situation verdeutlicht. Wo das der Fall ist, führt der Widerspruch zu seinen Darstellungen aber zur Unzulässigkeit des Vorhabens219. Da der Plan aber auch nach der Rechtsprechung durchaus die künftige städtebauliche Entwicklung darstellen darf220, „kommt ein relevanter Widerspruch zu den Darstellungen auch dann in 217

Vgl. dazu bereits § 8 A. III. 3. d). Es ist weitgehend anerkannt, dass solchen Darstellungen keine Bedeutung für die Zulässigkeit von Vorhaben zukommt; vgl. nur BVerwG, Urt. v. 18.08.2005 – 4 C 13/04, DVBl. 2005, 1583 (1588); Koppitz/Schwarting, Flächennutzungsplan, Rn. 319; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 80; Jäde, in: dems./ Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 35 BauGB Rn. 182. 219 Insoweit unstreitig, vgl. BVerwG, 20.01.1984 – 4 C 43/81; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 80. 220 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.04.1997 – 4 B 11/97, NuR 1997, 548 (549): „Die tatsächliche Entwicklung kann dazu führen, daß sich das Gewicht der Aussagen eines Flächennutzungsplans bis hin zum Verlust der Aussagekraft abschwächt. [. . .] Flächennutzungspläne dienen insoweit nur zur ,Unterstützung und einleuchtenden Fortschreibung bestimmter tatsächlicher Gegebenheiten‘. Auf die tatsächlichen Gegebenheiten abzustellen, bedeutet aber nicht, daß der Flächennutzungsplan nur dann ein beachtlicher Belang ist, wenn seine Darstellungen mit der tatsächlichen Situation übereinstimmten; dann liefe seine Erwähnung als öffentlicher Belang weitgehend leer. Viel218

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Betracht, wenn diese nicht nur eine tatsächliche Situation aufgreifen, sondern auch die beabsichtigte städtebauliche Situation festlegen [sic!]“221. Daraus folgt insbesondere, dass Darstellungen, mit denen bestimmte Standortausweisungen getroffen werden, eine die Zulässigkeit sonstiger Vorhaben ausschließende Wirkung zukommt222. Gleiches gilt etwa auch für Darstellungen, mit denen bestimmte Flächen gezielt freigehalten werden sollen, wie dies bspw. bei Flächen „für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft“ nach § 9 Abs. 2 Nr. 10 BauGB der Fall ist223. Daran zeigt sich, dass nicht einfach von der Tatsache, dass eine Flächennutzungsplandarstellung eine Darstellung in einem Flächennutzungsplan ist, auf ihre gleichsam „wesenseigene“ Ungeeignetheit als Zulässigkeitsmaßstab geschlossen werden kann, sondern eine differenzierte Betrachtung erforderlich ist: „Mit Rücksicht auf deren unterschiedlich zu beurteilenden Charakter der Darstellungen des Flächennutzungsplans ist“ vielmehr „auch deren bauplanungsrechtliche Bedeutung für die Zulässigkeit von Vorhaben unterschiedlich zu beurteilen“224. Das muss umso mehr gelten, wenn man mit der jüngsten Rechtsprechung des BVerwG anerkennt, dass schon aus § 5 Abs. 2 BauGB folgt (und auch durch die Grundzügeklausel des § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB nicht ausgeschlossen wird), dass die Standortgemeinde – insbesondere im Außenbereich! – auch Darstellungen mit hoher Detailgenauigkeit im Hinblick auf Art und Maß der baulichen Nutzung wählen kann225. Von den Landesregierungen werden die Gemeinden in bemehr soll lediglich klargestellt werden, daß der Flächennutzungsplan dort nicht mehr maßgeblich sein kann, wo seine Darstellungen den besonderen örtlichen Verhältnissen nicht mehr gerecht werden, diese also etwa durch die zwischenzeitliche Entwicklung überholt sind.“ 221 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 80; Hervorhebung durch den Verf.; ebenso Koppitz/Schwarting, Flächennutzungsplan, Rn. 323. 222 Vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 80. 223 Vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 80. 224 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 80; ähnliche Differenzierung bei Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 35 Rn. 79; vgl. auch Taegen, in: Berkemann u. a. (Hrsg.), Schlichter-FS, S. 247 (251); und insoweit auch Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 216: „Ein Widerspruch zu den Darstellungen liegt vor, wenn das Vorhaben nicht mit dem vorgegebenen Nutzungsrahmen vereinbar ist. Dies ist für den jeweiligen Einzelfall zu ermitteln“. In der Sache entspricht das auch der Auffassung des BVerwG, Beschl. v. 01.04.1997 – 4 B 11/97, NuR 1997, 548 (549), wenn es ausführt, dass mit dem Abstellen auf die „tatsächlichen Gegebenheiten [. . .] lediglich klargestellt werden [soll], daß der Flächennutzungsplan dort nicht mehr maßgeblich sein kann, wo seine Darstellungen den besonderen örtlichen Verhältnissen nicht mehr gerecht werden, diese also etwa durch die zwischenzeitliche Entwicklung überholt sind.“ (Hervorhebung durch den Verf.). 225 Vgl. BVerwG, Urt. v. 18.08.2005 – 4 C 13/04, DVBl. 2005, 1583 (1858), das darlegt, dass es nicht vom Grad der Bestimmtheit einer Darstellung abhänge, ob sie noch zu den „Grundzügen“ der Art der Bodennutzung gehöre, sondern davon, ob sie den Bezug zur jeweiligen städtebaulichen Konzeption „für das ganze Gemeindegebiet“ (§ 5 Abs. 1 S. 1 BauGB) wahren. Das Gericht stellt dazu klar, dass die Standortgemeinde aber zur Lösung eines über die unmittelbar betroffenen Flächen hinausgreifen-

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stimmten Bereichen sogar geradezu dazu aufgefordert, möglichst detaillierte Darstellungen in ihre Flächennutzungspläne aufzunehmen226. Soweit eine Darstellung dann aber im Einzelfall hinreichend genau ist, um als Maßstab für eine Vereinbarkeitsprüfung in Betracht zu kommen227, kann nicht argumentiert werden, sie könne dennoch nicht „rechtssatzmäßig“ angewendet werden, weil Flächennutzungspläne „als solche“ zu „grobmaschig“ seien. Dies doch zu tun liefe auch hier wieder darauf hinaus zu behaupten, ein Flächennutzungsplan sei kein Rechtssatz, weil er ein Flächennutzungsplan sei. Dieser Schluss wäre zirkulär, ignorierte die konkrete Wirkung jener Darstellungen, und könnte daher nicht überzeugen. Wenn sich nun in dem ersten Schritt der vom BVerwG angesprochenen „Einzelfallwertung“ ergibt, dass eine Darstellung hinreichend konkret ist, um als Maßstab im zuvor genannten Sinne in Betracht zu kommen, so kann die Natur des zweiten Schrittes an der unmittelbaren Wirkung des Flächennutzungsplans nichts mehr ändern. Denn die Behörde hat nun an diesem Maßstab zu messen, ob das Vorhaben zu der fraglichen Darstellung im „Widerspruch“ steht. Nun mag es sein, dass die Behörde nicht den Nachweis eines vollumfänglichen den Nutzungskonflikts im Flächennutzungsplan auch parzellenscharfe Aussagen treffen und selbst konkrete Vorgaben zur Grund- und Geschossflächenzahl, zur Zahl der Vollgeschosse, zur Höhe baulicher Anlagen oder zu Geruchsemissionsgrenzwerten machen kann. Dabei darf der Flächennutzungsplan zwar nicht insgesamt an die Stelle des Bebauungsplans treten, gerade im Außenbereich aber „darf sich die Gemeinde grundsätzlich darauf beschränken, die städtebauliche Entwicklung planerisch durch den Flächennutzungsplan zu steuern“ (a. a. O. S. 1586). – S. ferner dazu, dass es in der Praxis aus Sicht der planaufstellenden Gemeinde auch durchaus sinnvoll sein kann, zwischen verschiedenen „Darstellungsschärfen“ zu variieren, Koppitz/Schwarting, Flächennutzungsplan, Rn. 61 f.; sowie dazu, dass der Gemeinde grundsätzlich eine „Wahlfreiheit“ zukommt, „ob sie ihren Flächennutzungsplan eng- oder grobmaschiger strickt, die Bebauungsplanung stärker oder weniger stark bindet“, Mitschang, LKV 2007, 102 (104 f.). 226 Vgl. den Einzelhandelserlass des Wirtschaftsministeriums BW v. 21.02.2001 – 6-2500.4/7, S. 18, wo es unter der Überschrift „Darstellungen im Flächennutzungsplan“ u. a. heißt: „Wegen der städtebaulichen Bedeutung von Vorhaben nach § 11 Abs. 3 BauNVO sollten außerhalb der eigentlichen Ortskerne mit zentralen Funktionen beabsichtigte Kerngebiete bereits im Flächennutzungsplan als solche dargestellt werden. [. . .] Bei der Darstellung eines Sondergebiets nach § 11 Abs. 3 BauNVO sollte neben der erforderlichen Zweckbestimmung (zum Beispiel „Sondergebiet – großflächige Einzelhandelsbetriebe“) auch schon die Geschossfläche nach § 16 Abs. 1 BauNVO im Flächennutzungsplan dargestellt werden. [. . .] Zur besseren Beurteilung ist außerdem eine weitere Konkretisierung der Zweckbestimmung (zum Beispiel Möbelmarkt) zu empfehlen“. 227 Das BVerwG ist sogar der Auffassung, dass Darstellungen „eine im Wege der Bebauungsplanung nicht weiter konkretisierungsbedürftige Standortentscheidung enthalten müssen“, um für § 35 Abs. 1 u. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB als öffentliche Belange qualifiziert werden zu können, und setzt damit voraus, dass Darstellungen hinreichend detailgenau sein können, um als Maßstab für die Vorhabenzulassung in Betracht zu kommen (vgl. dass., Urt. v. 18.08.2005 – 4 C 13/04, DVBl. 2005, 1583 (1586) – Hervorhebung durch den Verf.).

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„Entsprechens“ des Vorhabens mit der jeweiligen Darstellung führen muss, um einen Widerspruch auszuschließen228. Das ändert aber nichts daran, dass dieser zweite Schritt darin besteht, den konkreten Sachverhalt – das beantragte Vorhaben – an den Vorgaben zu messen, die im Flächennutzungsplan zum Ausdruck gebracht wurden. Auch das stellt nichts anderes dar, als einen Subsumtionsvorgang, der je nach Fallgestaltung zu dem Ergebnis führen kann, dass ein Vorhaben jenen Vorgaben in einem Maße nicht „entspricht“, dass das Tatbestandsmerkmal „Widerspruch“ erfüllt ist. Das ist in der Tat, wie es das BVerwG formuliert hat, „in weitem Umfange [von den] Verhältnisse[n] des Einzelfalls“ anhängig. Diese Abhängigkeit ist aber keine Besonderheit des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, sondern kennzeichnet letztlich jede Anwendung des Gesetzes durch die Exekutive. Wenn die Behörde aber einen Widerspruch feststellt, ist es eben dieser Widerspruch, der zur Unzulässigkeit des Vorhabens führt. Wo das der Fall ist, ist es aber nicht gerechtfertigt, die Wirkung von Außenbereichsdarstellungen bei § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB zumindest gegenüber nicht-privilegierten Vorhaben anders zu behandeln, als diejenige von Konzentrationszonendarstellungen gegenüber privilegierten Vorhaben nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB oder diejenige von Festsetzungen gegenüber dem Vorhaben im Bereich eines Bebauungsplans229. Außenbereichsdarstellungen, die hinreichend konkret sind, um als Maßstab für ein Bauvorhaben zu dienen, und durch die tatsächliche Entwicklung nicht überholt wurden, sind deshalb zumindest gegenüber nicht-privilegierten Vorhaben als Rechtsvorschriften im materiellen Sinne anzusehen, auch wenn sie nicht unter das Regime des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB, sondern unter dasjenige des § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB fallen. Gegen solche Darstellungen, die zur erleichterten Bezugnahme im Folgenden schlagwortartig 228

Vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 80. Insoweit ähnlich Brohm, Baurecht, § 6 Rn. 13 a. E., der ebenfalls zu Schluss kommt, dass die „Darstellungen im Flächennutzungsplan [. . .] damit über § 35 III BauGB bei nicht-privilegierten Vorhaben praktisch die Wirkung von Festsetzungen im Bebauungsplan“ erlangten. Er erörtert diesen Schluss aber nicht weiter, und bleibt – wohl vor dem Hintergrund der von ihm zuvor referierten und überwiegend vertretene These von der „hoheitlichen Maßnahme eigener Art“ (a. a. O. Rn. 12) – auf halben Weg stehen, indem er eine gegen den Flächennutzungsplan gerichtete „Normenkontrolle nach § 47 I Nr. 1 oder 2 VwGO“ des Bürgers „mangels seiner [scil. des Plans] unmittelbaren Außenwirkung“ ablehnt (a. a. O. Rn. 15). – In diese Richtung auch Krautzberger/Stüer, DVBl. 2007, 160 (164), die der Ansicht sind, dass der „Flächennutzungsplan seit der ,Windenergienovelle 1996‘ mehr und mehr zu einem wie ein Bebauungsplan wirkendes Instrument ausgestaltet“ worden sei, sich aber nicht dazu verhalten, welche Konsequenzen sie aus dieser Einschätzung zu ziehen bereit sind. Auch Jeromin, NVwZ 2006, 1374 (1376), ist der Ansicht, dass es „für den Normadressaten [. . .] schlechterdings keinen Unterschied [macht], wenn er eine privilegierte Außenbereichsnutzung anstrebt, ob eine Konzentrationsfläche an anderer Stelle mit Ausschlusswirkung für das betroffene Gebiet zur Undurchsetzbarkeit des Baugenehmigungsanspruchs führt oder eine zeichnerische Darstellung im Flächennutzungsplan für den vorgesehenen Nutzungsstandort bspw. als Gebiet für Naherholung mit Erholungsfunktion dieselbe Sperrwirkung auslöst“. 229

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als „Maßstabsdarstellungen“ bezeichnet werden sollen, muss dann aber konsequenterweise auch der Normenkontrollantrag zumindest desjenigen Grundstückseigentümers als statthaft behandelt werden, der ein nicht privilegiertes Vorhaben zu verwirklichen beabsichtigt230. III. Die Rechtswirkung des Flächennutzungsplans gegenüber privilegierten Vorhaben Nun hat sich allerdings oben gezeigt, dass „öffentlichen Belange“ im Rahmen des § 35 Abs. 1 BauGB eine grundlegend andere Bedeutung einnehmen als im Falle des § 35 Abs. 2 BauGB. Wenn im vorgehenden Abschnitt der These widersprochen wurde, dass die angebliche „Mittelbarkeit“ der Darstellungen in Bezug auf nicht privilegierte Vorhaben nicht darauf gestützt werden kann, dass der Rechtsanwendungsvorgang bei § 35 BauGB traditionell als „nachvollziehende Abwägung“ bezeichnet wird, kann dies nicht unbesehen auf privilegierte Vorhaben übertragen werden231.

230 Insoweit im Ergebnis auch Jeromin, NVwZ 2006, 1374 (1375 f.), der sich ebenfalls für eine Gleichbehandlung von § 35 Abs. 3 S. 1 und 3 BauGB ausspricht, soweit es um „Darstellungen [. . .] mit einem umfassenden Bodennutzungskonzept zur Art der baulichen Nutzung“ gehe, die wohl den hier sog. Maßgabedarstellungen entsprechen dürften; tendenziell in diese Richtung wohl auch Kment, NVwZ 2003, 1047 (1055), der in seinem Beitrag zunächst – im Ergebnis wie hier – die unmittelbare Außenwirkung von Darstellungen i. S. d. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB bejaht und dann fortfährt: „Vergleichbares ergibt sich außerdem für nicht-privilegierte Vorhaben aus § 35 II BauGB, der entgegen dem Wortlaut kein Ermessen zulässt. Dadurch werden Vorhaben, welche dem Flächennutzungsplan widersprechen [. . .], grundsätzlich unzulässig. Die Darstellungen im Flächennutzungsplan erhalten gewissermaßen die Wirkung von Festsetzungen eines Bebauungsplans. Die somit entstandene Nähe zum Bebauungsplan und den Zielen der Raumordnung dürfte es erlauben, den Flächennutzungsplan im Rahmen des § 35 III BauGB den beiden anderen Werken gleichzustellen. Der Flächennutzungsplan ist daher im Rahmen des § 35 III BauGB mittels indirekter gesetzlicher Regelung zu einem Rechtssatz erhoben worden“. – Ob Kment damit tatsächlich wie hier befürwortet auch den Normenkontrollantrag gegen andere als die in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB Darstellungen zulassen will, kann seinem Beitrag zwar nicht ganz eindeutig entnommen werden, weil er seine anschließenden Ausführungen zum einen wieder auf Konzentrationszonendarstellungen fokussiert und bei dem Vergleich von Außenbereichsdarstellungen und Bebauungsplan zum anderen auf Brohm verweist (a. a. O. Fn. 90), der diese Konsequenz, wie in der vorhergehenden Fn. gezeigt, gerade nicht ziehen will, ist angesichts der zitierten Formulierungen aber doch als naheliegend zu vermuten. – Guckelberger, DÖV 2006, 973 (980 f.), hat die hier vertretene Ansicht wohl zumindest erwogen, wenn sie vorsichtig aber mehrfach formuliert, dass „zumindest“ den Darstellungen mit den Rechtswirkungen nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB die Qualität einer Rechtsvorschrift beizumessen sei; sie führt diesen Ansatz aber nicht weiter aus. 231 Ohne auf die Unterschiede in der Wirkungsweise der Abs. 1 und 2 des § 35 BauGB einzugehen, wird die Einordnung von Außenbereichsdarstellungen als materielle Rechtsvorschriften aber von Jeromin, NVwZ 2006, 1374 (1375 f.), befürwortet.

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Darstellungen eines Flächennutzungsplans können zwar auch einem privilegierten Vorhaben entgegengehalten werden, wenn sie konkrete, standortbezogene Aussagen enthalten232. Dennoch entfalten sie diesen gegenüber eine andere Durchsetzungskraft als bei „sonstigen“ Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB. Denn bei § 35 Abs. 1 BauGB ist – insoweit, wie gezeigt, anders als bei § 35 Abs. 2 BauGB233 – nicht nur zu prüfen, ob das Vorhaben einer Darstellung widerspricht, sondern darüber hinaus ein „konkreter Gewichtsvergleich“ zwischen dem betroffenen öffentlichen Belangen und den privaten Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens anzustellen. Daher lässt sich durchaus noch mit der h. M. argumentieren, dass sich Flächennutzungsplandarstellungen gegenüber privilegierten Vorhaben in der Tat nur als Ergebnis einer Abwägung durchzusetzen vermögen, sodass es insoweit nicht schon die Darstellung selbst, sondern erst die Abwägungsentscheidung der zuständigen Behörde sei, die einen Anspruch auf verbindliche Außenwirksamkeit erhebe. Selbst wenn man dem aber folgen wollte, könnte dieser Befund nicht dazu führen, Maßstabsdarstellungen zum Außenbereich lediglich in Bezug auf nichtprivilegierte Vorhaben als Rechtsvorschrift einzuordnen, im Hinblick auf privilegierte dagegen nicht. Denn insoweit gilt das oben zum intra- und interkommunalen Verhältnis Gesagte entsprechend234: Für die Einordnung solcher Darstellungen als Rechtssatz im materiellen Sinne reicht es aus, dass sie in einer Rechtsbeziehung unmittelbare Außenwirksamkeit entfalten235. IV. Einwände aus § 15 Abs. 3 BauGB? Im Ergebnis wird hier somit befürwortet, die (Maßstabs-)Darstellungen eines Flächennutzungsplans zum Außenbereich insgesamt als materielle Rechtsvorschriften zu behandeln. Dieses Ergebnis könnte freilich auf den Einwand sto232 Vgl. BVerwG, Urt. v. 20.01.1984 – 4 C 43/81, BVerwGE 68, 311 (313 ff.); Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 35 Rn. 67; Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 35 Rn. 67; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 21, 65; a. A. noch früher BVerwG, Urt. v. 25.10.1967 – IV C 86/88, NJW 1968, 1105 (1106), wonach sich Flächennutzungspläne gegenüber privilegierten Vorhaben überhaupt „nicht auswirken“ sollten, „weil diese Pläne in der Art und Qualität ihrer Aussage unmittelbar der Ebene angehören, in der die (,planerische‘) Aussage des § 35 Abs. 1 BBauG selbst liegt. Aus diesem Grund muss ihre Heranziehung insoweit ebenso scheitern, wie im Rahmen des § 30 BBauG Flächennutzungspläne einem Vorhaben nicht entgegengesetzt werden können.“ 233 S. § 8 C. I. 3. 234 S. § 8 B. IV. 235 Die sich aus der unterschiedlichen Wirkungsweise der „nachvollziehenden Abwägung“ ergebende Differenzierung wird daher in Bezug auf die Zulässigkeit eines Normenkontrollantrags nicht auf der Ebene der Statthaftigkeit durchgeführt werden können – wohl aber auf der der Antragsbefugnis. Vgl. dazu die entspr. Erwägungen o. unter § 6 B. I. 2., 3.

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ßen, der Gesetzgeber habe aber mit dem 2004 eingeführten § 15 Abs. 3 BauGB signalisiert, dass insoweit nur Darstellungen mit den Rechtswirkungen nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB als Rechtsvorschriften zu behandeln seien. Diese Vorschrift erlaubt es, die Entscheidung über die Zulässigkeit von Bauvorhaben zur Sicherung von künftigen Darstellungen nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB zurückzustellen. Damit wurde ein Instrument zur Sicherung künftiger Bauleitpläne geschaffen, mit dem nicht nur Bebauungs- (s. § 15 Abs. 1 BauGB), sondern nun auch Flächennutzungspläne geschützt werden. Wenn sich aber der Gesetzgeber – so wäre der angedachte Einwand fortzuführen – dazu entschlossen habe, den Flächennutzungsplan nur im Hinblick auf Außenbereichsdarstellungen nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB mit dem Bebauungsplan gleich zu behandeln, widerspreche es dieser Wertung, jenen Plan dennoch in Bezug auf jegliche Außenbereichsdarstellung als Rechtsvorschrift zu behandeln. Ein solcher Einwand verfinge aber nicht. § 15 Abs. 3 BauGB kann zwar in der Tat als weiteres Indiz für die auch hier vertretene Ansicht angeführt werden, dass zumindest Darstellungen mit den Rechtswirkungen nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB – eben wie ein Bebauungsplan – als Rechtsvorschrift anzusehen sind. Ihm eine – gar ablehnende – Aussage in Bezug auf andere Darstellungen zu entnehmen, würde aber die Regelungsabsicht des Gesetzgebers überinterpretieren. Denn in der Begründung des Regierungsentwurfs zum EAG Bau wurde erläutert, dass es mit der Neuregelung im Anschluss an den mit der WindkraftNovelle von 1996 eingeführten, zwischenzeitlich aber durch Fristablauf außer Kraft getretenen § 245b BauGB 1996 wieder ermöglicht werden sollte, die Steuerungsmöglichkeiten der Gemeinde in Bezug auf privilegierte Vorhaben – insbesondere Windkraftanlagen – zu sichern236. Angesichts dieser vergleichsweise speziellen Zwecksetzung hatte der Gesetzgeber keinen Anlass, sich mit anderen Darstellungen, nicht-privilegierten Vorhaben oder der Bedeutung der Rechtsfigur der „nachvollziehenden Abwägung“ zu befassen. Solche Aspekte finden denn auch in der Gesetzesbegründung keine Erwähnung237. Dann aber dennoch anzunehmen, dass der Gesetzgeber mit § 15 Abs. 3 BauGB nicht nur eine Regelung zur Sicherung der Bauleitplanung habe treffen, sondern darüber hinaus noch – stillschweigend – eine Aussage zu der wesentlich grundlegenderen und daher viel eher erläuterungsbedürftigen Frage nach der Rechtsnatur der Bauleitpläne habe treffen wollen, erschiene nicht überzeugend. Einen Anlass, die – für die Bestimmung der Rechtsnatur entscheidende – Wirkungsweise der Flächennutzungspläne im Rahmen des § 35 BauGB zu ignorieren, bietet die Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 15 Abs. 3 BauGB daher nicht.

236 237

S. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 52. Vgl. erneut die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 52.

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

V. Fazit zur Rechtsnatur von Außenbereichsdarstellungen Nicht nur Konzentrationszonendarstellungen mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB, sondern auch sonstige Maßstabsdarstellungen eines Flächennutzungsplans zum Außenbereich sind Rechtsvorschriften im materiellen Sinne.

D. Darstellungen zum unbeplanten Innenbereich Standen bisher Darstellungen zum Außenbereich im Mittelpunkt der Betrachtung, soll im Folgenden erwogen werden, ob auch die Rechtsnatur von solchen Flächennutzungsplandarstellungen neu zu bewerten ist, die den – nicht durch einen Bebauungsplan beplanten – Innenbereich der Standortgemeinde betreffen. Dazu soll der Blick auch hier zunächst auf das intra- (I.) und anschließend auf das interkommunale (II.–III.) Verhältnis gelenkt werden. I. Betrachtung des intrakommunalen Verhältnisses Vereinzelt wird die Ansicht vertreten, „eine umfassende Normenkontrolle der Darstellungen eines Flächennutzungsplan[s]“ sei „[n]icht nur für den Außenbereich, sondern allgemein“ gerechtfertigt238. „Wegen der Bestimmung des § 8 [Abs. 2] BauGB, nach der Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln sind, wird die Nutzungs- und Standortentscheidung für die betroffenen Grundstücke bereits auf der Ebene des Flächennutzungsplans verbindlich, zum Teil in zulässiger Weise parzellenscharf geregelt. [. . .] Konsequenterweise wird man nicht nur bei Außenbereichsvorhaben, sondern allen Darstellungen eines Flächennutzungsplans mit einem umfassenden Bodennutzungskonzept zur Art der baulichen Nutzung eine abstrakt-generelle Regelung mit unmittelbarer Außenwirkung zusprechen müssen“239. Zumindest für den hier interessierenden Innenbereich kann dieser Versuch, Flächennutzungsplandarstellungen bei hinreichender Detailgenauigkeit nun ausnahmslos als Rechtsvorschriften einzuordnen, aber nicht überzeugen. Denn so238 So Jeromin, NVwZ 2006, 1374 (1376); unklar Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 47 Rn. 118, der zwar nach einer „Gesamtbetrachtung“ zu dem Schluss kommt, es sei gerechtfertigt „den Flächennutzungsplan“ als Rechtsnorm einzustufen, der sich zuvor aber nur mit den Rechtswirkungen von Darstellungen i. S. d. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB befasst hat; noch undeutlicher Steiff, NZBau 2006, 774 (775), der zwar einerseits ausführt, das o. g. Urteil des OVG Koblenz, Urt. v. 08.12.2005 – 1 C 10065/ 05.OVG, ZNER 2005, 336 f (s. dazu unter § 8 B. II. 1.) gelte zwar „zunächst nur für den Fall der Ausweisung einer Konzentrationsfläche“, es sei aber doch von einem „Dammbruch-Urteil“ zu sprechen, andererseits aber nicht erläutert, für wie weit er diesen Damm im Einzelnen als geborsten erachtet. 239 Jeromin, NVwZ 2006, 1374 (1376).

§ 8 Die Rechtsnatur von Flächennutzungsplänen

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lange die Standortgemeinde aus Darstellungen, die sich derzeit auf einen Innenbereich i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB beziehen, keinen Bebauungsplan entwickelt hat, wird mit dem Flächennutzungsplan gerade noch keine „Nutzungs- und Standortentscheidung“ getroffen. Diesbezügliche Darstellungen eines Flächennutzungsplans können hier noch so parzellenscharf und detailreich sein, sie sind wegen der Normstruktur des § 34 BauGB dennoch in keinem Fall dazu geeignet, die Zulassung eines Vorhabens in irgendeiner Weise – fördernd oder hindernd – zu beeinflussen240. Denn der Gesetzgeber hat die Zulässigkeit eines Vorhabens im Anwendungsbereich des in § 34 BauGB – anders als in dem des § 35 BauGB – gerade nicht davon abhängig gemacht, dass das Vorhaben mit den Vorgaben eines Flächennutzungsplans übereinstimmt241. Auch der Versuch, in § 34 BauGB ein „ungeschriebenes“ Tatbestandsmerkmal etwa derart hineinzulesen, dass ein Innenbereichsvorhaben „öffentliche Belange nicht beeinträchtigen“ dürfe, wäre nicht nur wegen Art. 14 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich bedenklich und mit dem insoweit eindeutigen Wortlaut jener Vorschrift kaum in Einklang zu bringen, sondern übersähe auch, dass § 34 BauGB zwischen 1976 und 1987 eine solche Vorschrift enthielt242, die vom Gesetzgeber indes mit Wirkung zum 01.07.1987 bewusst aufgehoben wurde243, und könnte daher nicht überzeugen. Dann aber ist es nicht gerechtfertigt, solchen Darstellungen eine Außenwirkung zuzusprechen, die ihre Einordnung als materielle Rechtsvorschrift erlauben würde. In dieser Hinsicht ist dem oben sog. Mittelbarkeitsargument der h. M. also im Ergebnis beizupflichten244. II. Betrachtung des interkommunalen Verhältnisses Die Betrachtung der Rechtsnatur von „Innenbereichsdarstellungen“ mit diesem Zwischenergebnis bereits abzuschließen, wäre aber verkürzt. Oben wurde es im Hinblick auf Außenbereichsdarstellungen für ausreichend befunden, dass der Flächennutzungsplan in nur einer Beziehung – der intrakommunalen nämlich – unmittelbare Außenwirksamkeit erlangt, um ihn als Rechtsvorschrift im materiellen Sinne einordnen zu können. Deshalb erübrigte es sich oben auch, das interkommunale Rechtsverhältnis näher zu betrachten. Wenn die intrakommunale Relation indes für die hier nun betrachteten Innenbereichsdarstellungen nichts hergibt, bietet das Anlass, an dieser Stelle die Wirkungen jenes Plans im 240

S. statt aller Schenke, in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (565). Vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 5 Rn. 7; Finkelnburg/Ortloff, Baurecht, Bd. I, S. 72; Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 207 f. 242 Näher zur diesbezüglichen Entstehungsgeschichte Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 34 Rn. 1 f., 4, 6b. 243 Vgl. § 34 in der Fassung des Baugesetzbuchs in der Bekanntmachung v. 08.12. 1986, BGBl. I 2253 (2264). 244 S. insoweit oben unter § 8 A. II. 3. c). 241

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

interkommunalen Verhältnis näher zu beleuchten. Denn sollten die Flächennutzungsplandarstellungen insoweit in (nur) dieser Beziehung eine unmittelbare Außenwirkung erzielen, würde schon ein solcher Befund es – dem oben Gesagten entsprechend – auch hier erlauben, die entsprechenden Darstellungen als materielle Rechtsvorschrift einzuordnen. Wie gezeigt, lautet das grundsätzliche Argument gegen die Verbindlichkeit des Flächennutzungsplans, dass dieser die Bodennutzung in seinem Plangebiet (noch) nicht endgültig regele. Nun könnte man auf den ersten Blick argumentieren, dann könne er im interkommunalen Verhältnis schon deshalb nicht außenverbindlich sein, weil eine Gemeinde keinen Flächennutzungsplan aufstellen könne, der sich auf Grundstücke im Gebiet der Nachbargemeinde beziehe. Dieses Argument erscheint zwar insofern nicht unrichtig, als der Flächennutzungsplan einer Gemeinde in der Tat keine unmittelbar verbindliche Regelung für Grundstücke auf fremdem Gebiet treffen kann; es erschöpft aber die Fragestellung nicht hinreichend. Denn im interkommunalen Verhältnis geht die Frage – im Vergleich zum auf Gemeinde und Gemeindebürger bezogenen intrakommunalen Verhältnis – weniger dahin, ob der Flächennutzungsplan einem Bürger der benachbarten Gemeinde gegenüber eine rechtliche Regelung trifft, sondern ob er dies im Hinblick auf die Nachbargemeinde selbst bewirkt. Der Blick ist daher weg von der Auswirkung des Plans auf die Grundstücksnutzung hin zu der auf die Rechtsstellung der betroffenen Gemeinde zu wenden. Es wurde oben gezeigt, dass eine Regelung als „Rechtsvorschrift“ im Sinne des § 47 Abs. 1 VwGO angesehen wird, wenn sie die Rechtsstellung auch von außerhalb der Verwaltung stehenden Personen verbindlich gestaltet oder feststellt245. Eine Gestaltung in diesem Sinne wiederum kann u. a. dann anzunehmen sein, wenn Pflichten und/oder subjektive Rechte des Betroffenen begründet, aufgehoben oder abgeändert werden, wobei der erste dieser Aspekte auch den Fall erfasst, dass die Maßnahme einer Behörde bereits gesetzlich begründete Pflichten oder Rechte weiter individualisiert oder konkretisiert246. Rückt man nun das in § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB einfachgesetzlich verankerte Gebot zur interkommunalen Abstimmung in den Mittelpunkt der Betrachtung, könnte man erwägen, dem Flächennutzungsplan eine regelnde Wirkung im zuletzt genannten Sinne beizumessen. Dazu soll das Beispiel zweier benachbarter Gemeinden – A und B – bemüht werden. Stellt Gemeinde A einen Bauleitplan auf, ist sie, wie gezeigt, gehalten,

245

S. § 8 A. II. 1, III. 1. Vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 29.04.1988 – 9 C 54/87, BVerwGE 79, 291 (293), zu § 35 VwVfG: „Eine derart potentiell verbindliche Regelung kann auch dann anzunehmen sein, wenn eine generelle und abstrakte Regelung des Gesetzes für den Einzelfall mit Bindungswirkung als bestehend oder nicht bestehend festgestellt, konkretisiert oder individualisiert wird“. 246

§ 8 Die Rechtsnatur von Flächennutzungsplänen

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die Belange ihrer Nachbarin im Rahmen einer formellen und materiellen Abstimmung zu berücksichtigen und die eigenen Vorstellungen nicht in einer an diesen Belangen gemessen unverhältnismäßigen Weise zu Lasten dieser Nachbarin durchzusetzen247. Verfügt nun die Gemeinde B zu dem Zeitpunkt, in dem die Gemeinde A ihren Bauleitplan aufstellt, selbst über keinen Bauleitplan, hat es bei dieser allgemeinen Abstimmungspflicht der Kommune A sein Bewenden. Hatte die Gemeinde B dagegen in der Vergangenheit bereits einen eigenen Flächennutzungsplan aufgestellt, bewirkt dieser Plan nun in gewisser Weise durchaus eine „Konkretisierung“ der Abstimmungspflicht der nun planenden Gemeinde A. Denn diese ist jetzt nicht mehr einfach gehalten, die städtebaulichen Interessen ihrer Nachbarin B zu berücksichtigen wie sie sich nach der faktischen Lage der Dinge ergeben, sondern sie hat sie in derjenigen konkreten rechtlichen Form zu berücksichtigen, die sie in dem Flächennutzungsplan gefunden haben. Der genaue Gehalt der Pflicht der Gemeinde B wird auf diese Weise in inhaltlicher und örtlicher Hinsicht „präzisiert“: inhaltlich, weil die betroffenen Belange nach Maßgabe der Darstellungen genauer bezeichnet sind und damit durch diesen Plan – wie auch in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts formuliert wird – einen „höheren Grad an Schutzwürdigkeit“ erlangt haben248; örtlich, weil der Flächennutzungsplan zwar nicht parzellenscharf aber doch im Vergleich zu der zuvor bestehenden „planlosen“ Situation die betroffenen Belange für das vom ihm erfasste Gebiet – das namentlich nach dem Inkrafttreten des EAG Bau nicht mehr mit dem Gemeindegebiet identisch sein muss – in lokaler Hinsicht wesentlich genauer umreißt. Es erscheint deshalb durchaus vertretbar zu argumentieren, dass die einen Flächennutzungsplan aufstellende Gemeinde nicht nur eine – insofern in der Tat lediglich faktische – Wirkung für die Entwicklung der Grundstücke der Bürger der Nachbargemeinde herbeiführt, sondern auch eine rechtliche Folge für die Pflichtenstellung der Nachbargemeinde selbst. Dass diese Wirkung auch eine „Außen“-Wirkung ist, kann nicht mit dem Hinweis darauf bestritten werden, dass die jeweilige Nachbargemeinde ein Teil „der Verwaltung“ sei. Denn Gemeinden stehen sich auf derselben hierarchischen Ebene gegenüber und sind einander nicht nachgeordnet, sodass eine Kommune für die andere stets eine außerhalb der – also: „ihrer“ – Verwaltung stehende Person darstellt. Dieser Befund könnte also auf den ersten Blick dafür sprechen, dem Flächennutzungsplan im Verhältnis zur Nachbargemeinde entgegen der h. M. eine verbindliche Regelungswirkung beizusprechen. Fraglich bleibt freilich, ob eine solcherart begründete Außenwirkung tatsächlich eine „unmittelbare“ ist. Wie gezeigt, wird in diesem Zusammenhang von „Unmittelbarkeit“ gesprochen, wenn die Wirkung einer hoheitlichen Maßnahme 247 248

Näher dazu unter § 1 A. Vgl. BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (330 f.).

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

Dritten gegenüber bereits durch die Regelung selbst und nicht erst vermittels dritter Normen oder gar durch weitere Vollzugs- oder Umsetzungsakte herbeigeführt wird249. Dass – um beim obigen Beispiel zu bleiben – Gemeinde A nun den Flächennutzungsplan der Gemeinde B zu berücksichtigen hat, spricht der Gesetzgeber zwar in §§ 1 Abs. 7, 2 Abs. 2 S. 1 BauGB aus. Aus dem Umstand allein aber, dass diese Rechtsfolge gesetzlich angeordnet wird, könnte allerdings auch an dieser Stelle noch nicht geschlossen werden, dass es nicht der Plan selbst sei, der eine Regelungswirkung entfaltet. Denn auch insoweit kommt es wieder auf die Art dieser Vermittlung an. Bei näherer Betrachtung zeigt sich aber, dass die Wirkung des Flächennutzungsplans im intrakommunalen Verhältnis eine andere ist als im interkommunalen. Zu den genannten Außenbereichsvorschriften hat sich gezeigt, dass der Flächennutzungsplan dort keiner „Abwägung“ unterworfen wird, die ihn in einen Gewichtsvergleich von privaten und öffentlichen Interessen zwingt250. Aus diesem Grunde sprach die „Vermittlungstätigkeit“ des § 35 BauGB in den oben erörterten Fällen nicht gegen die Annahme, es sei der Plan selbst, der „unmittelbar“ Beachtung gegenüber einem Vorhaben erzwinge. Das ist aber bei der Wirkung, die ein Flächennutzungsplan gegenüber der Nachbargemeinde entfaltet, anders. Hier repräsentiert er einen öffentlichen Belang i. S. d. § 1 Abs. 7 BauGB, der nicht in einer „nachvollziehenden“, sondern nun in einer „planerischen“ Abwägung zu berücksichtigen ist. Auch wenn § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB ihm eine im Vergleich zu sonstigen öffentlichen Belange begünstigte Sonderbehandlung einräumt, ändert das doch nichts daran, dass sich auch die in einem Flächennutzungsplan zum Ausdruck gebrachten Belange einer gestalterischen Abwägung zu stellen haben, in der ihr konkretes Gewicht mit dem konkreten Gewicht anderer Belange gemessen wird. Dieser Vorgang stellt keine Subsumtion unter ein Konditionalprogramm dar, sondern gestaltet sich als Abarbeitung eines Finalprogramms, in dessen Rahmen ein Belang auch gänzlich „wegabgewogen“, also hinter anderen Belangen zurückgestellt werden kann251. Auch wenn die Darstellungen des Flächennutzungsplans also die Pflichtenstellung der Nachbargemeinde „konkretisieren“ mögen, ändert das nichts daran, dass sie sich ihr gegenüber allenfalls und nur als Ergebnis einer „echten“ planerischen Abwägung durchzusetzen vermögen. Dann aber ist die „Vermittlung“, die das Gesetz in §§ 1 Abs. 7, 2 Abs. 2 S. 1 BauGB betreibt, in der Tat – und anders als in den Fällen des § 35 Abs. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 1, S. 3 BauGB – eine solche, die die „Unmittelbarkeit“ der Außenwirkung des Flächennutzungsplans im interkommunalen Verhältnis ausschließt.

249 250 251

S. unter § 8 B. III. 1. Vgl. § 8 C. I, II. Vgl. bereits oben unter § 1 A. I. 1. b) aa).

§ 8 Die Rechtsnatur von Flächennutzungsplänen

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III. Fazit zum unbeplanten Innenbereich Die Darstellungen des Flächennutzungsplans entfalten im unbeplanten Innenbereich weder im intra- noch im interkommunalen Verhältnis eine unmittelbare Außenwirksamkeit. Insoweit stellt der Flächennutzungsplan keine Rechtsvorschrift dar und kann nicht mit der Normenkontrolle nach § 47 VwGO angegriffen werden.

E. Darstellungen zu Planbereichen eines qualifizierten Bebauungsplans Zu erwägen ist, ob die Darstellungen eines Flächennutzungsplans dann als Rechtsvorschriften anzusehen sind, wenn die Standortgemeinde aus ihnen einen Bebauungsplan entwickelt hat. So wird, wie gezeigt, teils die Ansicht vertreten, dass der Flächennutzungsplan „die Vorentscheidungen in planerischer Hinsicht auch gegenüber dem Nutzungsberechtigten und Grundstückseigentümer“ treffe und deshalb insgesamt als Rechtsvorschrift zu behandeln sei252. Dieser Verweis auf das Entwicklungsgebot aus § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB rechtfertigt eine so weitreichende These aber im Ergebnis nicht. Hier soll durchaus nicht bestritten werden, dass die Standortgemeinde bei der Aufstellung eines Bebauungsplans wegen des Entwicklungsgebots insbesondere in Bezug auf Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung nur noch in engen Grenzen von den Darstellungen des Flächennutzungsplans abweichen kann253. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass bereits der Flächennutzungsplan dem Grundstückseigentümer gegenüber Außenwirkung beansprucht. Liegt ein Vorhaben im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplans, werden die Rechte des Bürgers – das konkrete Ausmaß seiner Baufreiheit nämlich – allein durch den Bebauungsplan bestimmt. Auch wenn dieser Plan in hohem Maße von den inhaltlichen Vorgaben des Flächennutzungsplans abhängt und diesen häufig sogar vollinhaltlich entsprechen wird, ändert das nichts daran, dass der Gesetzgeber die Zulässigkeit eines Vorhabens im Geltungsbereich eines Bebauungsplans – und damit das Recht des Eigentümers – ausschließlich von der Einhaltung der Vorgaben jenes Planes abhängig gemacht hat; der Flächennutzungsplan ist bei der Entscheidung über die Erteilung der Baugenehmigung schlicht unerheblich254. Dass diese Unterscheidung keine rein akademische ist, zeigt sich, wenn man beachtet, dass die Gemeinde (in den Grenzen des § 1 Abs. 3 BauGB) auch darauf verzichten kann, aus einem Flächennutzungsplan einen Bebauungsplan zu 252 253 254

Vgl. erneut Jeromin, NVwZ 2006, 1374 (1376). Noch näher dazu unter § 10 C. II. 2. S. nur Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 206.

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

entwickeln. Ist das der Fall und ist das Vorhaben bis dahin weiter nach § 34 BauGB zu beurteilen, kommt diesem Plan, wie zuvor gezeigt, keine Außenwirkung zu. Weder die „Vorentscheidung“ noch gar die endgültige und damit im o. g. Sinne allein „unmittelbare“ Entscheidung zur Bebaubarkeit eines Grundstücks werden deshalb durch den Flächennutzungsplan getroffen. Erst die Entscheidung der Standortgemeinde, aus diesem Flächennutzungsplan einen Bebauungsplan zu entwickeln und darin die Vorgaben jenes Planes weiterzuentwickeln, kann dazu führen, dass diese Vorgaben – und auch dann eben nur vermittels des Bebauungsplans – für den Grundstückseigentümer von Belang werden. Die Rechtslage ist insoweit nur in der einen – und einzigen – Situation anders gestaltet, in der das Gesetz die Zulässigkeit eines Vorhabens unmittelbar von der Einhaltung der Vorgaben des Flächennutzungsplans selbst abhängig macht: im Rahmen des oben erörterten § 35 BauGB255. Entscheidend für die hier allein interessierende Frage nach der Rechtsnatur der Flächennutzungsplandarstellungen ist also nicht die in § 8 Abs. 2 BauGB normierte Abhängigkeit des Bebauungsplans vom Flächennutzungsplan, sondern vielmehr die Abhängigkeit des Flächennutzungsplans von den weiteren Entscheidungen der Standortgemeinde. Diese Abhängigkeit verbietet es, Darstellungen, die erst infolge und nach Umsetzung einer solchen Entscheidung Bedeutung für die Bebaubarkeit eines Grundstücks erlangt haben, als unmittelbar außenwirksam zu behandeln. Wer dem Flächennutzungsplan unter dem Eindruck der jüngeren Diskussion dennoch ausnahmslos den Charakter einer materiellen Rechtsvorschrift zusprechen will, missachtet den grundlegenden und im Gesetz bewusst angelegten Unterschied der Bedeutung des Flächennutzungsplans für die Grundstücksnutzung zwischen den Planbereichen der §§ 30, 34 BauGB einerseits und dem Bereich des § 35 BauGB andererseits und schießt damit in unzulässiger Weise über das Ziel hinaus.

F. Darstellungen zu Planbereichen eines einfachen Bebauungsplans Liegt ein Vorhaben im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans i. S. d. § 30 Abs. 3 BauGB, richtet sich seine Zulässigkeit nach den Festsetzungen dieses Plans und i. Ü. nach § 34 BauGB oder § 35 BauGB. Inwieweit Darstellungen eines Flächennutzungsplans, aus denen ein einfacher Bebauungsplan entwickelt wurde, als Rechtsvorschrift anzusehen sind, ergibt sich aus dem oben Gesagten: Das ist nur dann der Fall, wenn trotz des Bebauungsplanes § 35 BauGB zur Anwendung kommt und das Vorhaben infolgedessen an einer Maßstabsdarstellung zu messen ist, nicht aber, wenn ergänzend auf § 34 BauGB zurückzugreifen ist. 255

Vgl. § 8 B., C.

§ 8 Die Rechtsnatur von Flächennutzungsplänen

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G. Fazit – Die Notwendigkeit differenzierter Betrachtung Somit kann zusammengefasst werden, dass sich die traditionelle Auffassung, die es ablehnt, den Flächennutzungsplan als Rechtsvorschrift anzusehen, als zu undifferenziert erwiesen hat. An dieser Auffassung kann festgehalten werden, soweit ein Vorhaben im Innenbereich oder im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans liegt. Soweit ein Außenbereichsvorhaben dagegen im Geltungsbereich einer Maßstabsdarstellung liegt, ist diese als Rechtsvorschrift im materiellen Sinne einzuordnen. Dabei sind als „Maßstabsdarstellungen“ nicht nur Darstellungen „mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB“ anzusehen, sondern alle Darstellungen für den Außenbereich, die hinreichend konkret sind, um ein Vorhaben daran auf etwaige Widersprüche hin messen zu können, und die nicht durch die tatsächliche Entwicklung derart überholt sind, dass ihre Verwirklichung ausgeschlossen ist. Für nicht von § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB erfasste Maßstabsdarstellungen ist es dabei auch unerheblich, dass diese im Hinblick auf privilegierte Vorhaben, auf die sich die bisherige Diskussion um die Rechtsnatur des Flächennutzungsplans zu sehr konzentriert hat, keine unmittelbare Außenwirkung entfalten mögen. Denn in Bezug auf nicht-privilegierte Vorhaben kommt ihnen eine solche Wirkung durchaus zu, was es – mangels Teilbarkeit der Rechtsnatur einer hoheitlichen Maßnahme – allein rechtfertigt, sie insgesamt als Rechtsvorschriften im materiellen Sinne einzuordnen. Im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans ist anhand der bis dahin zusammengefassten und oben näher dargelegten Grundsätze entsprechend zu unterscheiden. Folgt man der hier vorgeschlagenen Differenzierung, kommt der Grenze zwischen Innen- und Außenbereich somit eine wesentliche Bedeutung für die Beantwortung der Frage nach der Rechtsnatur des Flächennutzungsplans und damit der Möglichkeit einer Prinzipalkontrolle zu. Dieser Befund bestätigt indes das gefundene Ergebnis, den er entspricht damit der jüngeren Entwicklung des Bauplanungsrechts. So sind in der seit 1996 ergangenen Gesetzgebung zwei „scheinbar gegenläufige Linien“256 erkennbar, in deren Rahmen der Flächennutzungsplan im Außenbereich seit der Windenergienovelle von 1996257 über Vorschriften wie § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB und § 15 Abs. 3 BauGB „mehr und mehr zu einem wie ein Bebauungsplan wirkenden Instrument“258 ausgestaltet und von der Rechtsprechung zunehmend als maßgebliches Instrument bei der

256

So Krautzberger/Stüer, DVBl. 2007, 160 (164). BGBl. I 1189. 258 Krautzberger/Stüer, DVBl. 2007, 160 (164); vgl. insoweit auch Brohm, Baurecht, § 6 Rn. 13 a. E., und Kment, NVwZ 2003, 1047 (1055), wie oben (Fn. 229 f.) näher dargestellt. 257

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

Steuerung der Entwicklung des Außenbereichs anerkannt wurde259. Im Innenbereich wird die Bedeutung des Flächennutzungsplans dagegen zunehmend relativiert, indem der Gesetzgeber mit der BauGB-Novelle 2007, die der „Innenentwicklung“ der Städte und Gemeinden den Vorzug vor der „Außenentwicklung“ geben wollte, entgegen der im Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB vorgegebenen Richtung eine „Berichtigung“ des Flächennutzungsplans durch den Bebauungsplan (!) zugelassen hat (vgl. § 13a Abs. 2 Nr. 2 BauGB 2007)260. „Das mindert in keiner Weise die rechtliche Steuerungsqualität des Flächennutzungsplans, aber seine prägende Bedeutung liegt doch offenbar immer mehr im Außenbereich“261. In diese bauleitplanungsrechtliche Entwicklung – Stärkung der Bedeutung des Flächennutzungsplans im Außenbereich, Rücknahme derselben im Innenbereich – fügt sich die hier vorgeschlagene Behandlung dieses Plans nahtlos ein. Dieser Befund hat freilich auch Auswirkungen auf die Ausgestaltung der Rechtsschutzmöglichkeiten der Nachbargemeinde, wenn diese sich gegen den Flächennutzungsplan einer Standortgemeinde wendet262. Hier wird danach zu differenzieren sein, ob die konkret beanstandeten Darstellung(en) als Rechtsvorschrift anzusehen sind (§ 9) oder nicht (§§ 10–11).

§ 9 Rechtsschutz gegen normative Flächennutzungsplandarstellungen Sind die in Streit stehenden Darstellungen als Rechtsvorschriften im materiellen Sinn anzusehen, bietet es sich an, für den Rechtsschutz der Nachbargemeinde nicht nur in erster Linie an einen Normenkontrollantrag i. S. d. § 47 259 Vgl. § 8 B. I., und insoweit auch Guckelberger, DÖV 2006, 973 (977): „Neben den hier nicht interessierenden Zielen der Raumordnung ist der Flächennutzungsplan das zentrale Instrument zur Steuerung der Bodennutzung im Außenbereich“ (Hervorhebung im Original); die „Erhöhung der Steuerungsmöglichkeiten“ stellt auch Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 47 Rn. 118, heraus; ähnlich auch Mitschang, ZfBR 2007, 433 (445). 260 Näher zur Neuregelung Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 2007, 121 (124 f.); Blechschmidt, ZfBR 2007, 120 (122); Starke, JA 2007, 488 (489); Mitschang, ZfBR 2007, 433 (444 f.); ders., LKV 2007, 102 (108); Uechtritz, BauR 2007, 476 (481 f.): „[D]as Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 BauGB [wird] gewissermaßen auf den Kopf gestellt“; Scheidler, BauR 2007, 650 (655); s. zum Regierungsentwurf Krautzberger, UPR 2006, 405 (408); Scheidler, ZfBR 2006, 752 (755). 261 So beantworten Krautzberger/Stüer, DVBl. 2007, 160 (165), die von ihnen aufgeworfene Frage „Flächennutzungsplan quo vadis?“. 262 Im Hinblick auf die Angreifbarkeit von Einzelakten aus dem Planaufstellungsverfahren (vgl. oben § 6) oder die Frage nach der unmittelbaren Durchsetzbarkeit der Abstimmungsansprüche während des noch laufenden Aufstellungsverfahrens (vgl. oben § 7) kann sich die Rechtslage beim Flächennutzungsplan – unabhängig von der Rechtsnatur seiner Darstellungen – dagegen nicht anders darstellen als diejenige zum Bebauungsplan.

§ 9 Rechtsschutz gegen normative Flächennutzungsplandarstellungen

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VwGO zu denken (A.), sondern auch im Übrigen einen weitgehenden Gleichlauf mit dem Rechtsschutz gegen Bebauungspläne anzunehmen (B.).

A. Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO Auch ein Normenkontrollantrag, der sich gegen normative Flächennutzungsplandarstellungen richtet, ist nur zulässig, wenn er statthaft (I.), die antragstellende Nachbargemeinde antragsbefugt (II.), und ihr Antrag nicht präkludiert ist (III.). I. Statthaftigkeit des Normenkontrollverfahrens Soweit in Rechtsprechung und Literatur überhaupt anerkannt wird, dass Flächennutzungsplandarstellungen materiellen Rechtsnormcharakter aufweisen können, wird die Statthaftigkeit eines darauf bezogenen Normenkontrollverfahrens unterschiedlich beurteilt. 1. Meinungsstand Da der Flächennutzungsplan in der ersten Ziffer des § 47 Abs. 1 VwGO nicht erwähnt ist, wird der gegen einen solchen Plan gerichtete Normenkontrollantrag ganz überwiegend und ohne dies weiter zu problematisieren (nur) nach Maßgabe der Nr. 2 des § 47 Abs. 1 VwGO für statthaft erklärt263. Belässt man es bei diesem Ergebnis, kann Rechtsschutz freilich nur in denjenigen Bundesländern gewährt werden, in denen von der Ermächtigung des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO Gebrauch gemacht wurde264. Derzeit haben die meisten Bundesländer zwar eine Normenkontrolle gegen untergesetzliche Rechtsvorschriften eingeführt, einige sind dem aber nur in eingeschränkter Weise oder gar nicht gefolgt265. 263 Für § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO sprechen sich Kment, NVwZ 2003, 1047 (1055); ders., NVwZ 2004, 314; Hoppe, DVBl. 2003, 1345 (1355); Jeromin, NVwZ 2006, 1374; Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 346; Leopold, VR 2004, 325 (328); Redeker, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Hoppe-FS, S. 329 (335, 339 f.); Schoch, JK 4/07, VwGO § 47/ 29; Loibl, UPR 2004, 419 (422); Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 17, Rn. 7; Krebs, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsrecht, 4. Kap., Rn. 228; Hendler, NuR 2004, 485 (490); Tettinger/Erbguth/Mann, Verwaltungsrecht, Rn. 1282; u. jdfs. vorrangig auch Guckelberger, DÖV 2006, 973 (980 f.), aus. 264 Darauf weisen auch Kment, NVwZ 2003, 1047 (1055), ders., NVwZ 2004, 314 (315), Loibl, UPR 2004, 419 (422) und auch Redeker, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), HoppeFS, S. 329 (331, 339 f.) hin, freilich ohne die Konsequenzen weiter zu problematisieren. Andere Befürworter einer Lösung nach Nr. 2 des § 47 Abs. 2 VwGO gehen auf den Umstand, dass diese Nummer der Umsetzung durch den Landesgesetzgeber bedarf, dagegen gar nicht ein; vgl. etwa Leopold, VR 2004, 325 (327 f.). 265 Näher dazu Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 23; Ehlers, Jura 2005, 171 (174); Kment, NVwZ 2003, 1047 (1048); ders., NVwZ 2004, 314 (315); Hendler, NuR 2004,

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Teilweise wird deshalb vorgeschlagen, statt auf Nr. 2 des § 47 Abs. 1 VwGO zurückzugreifen, Nr. 1 desselben Absatzes analog anzuwenden266. Für diese Analogie spreche zum einen, dass sich die Wirkungen eines Flächennutzungsplans nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB in nichts von denen eines Bebauungsplans unterschieden267. Zum anderen könne auch nur durch eine Analogie zu Nr. 1 des § 47 Abs. 1 VwGO die vom Gesetzgeber bei der Schaffung jener Vorschrift verfolgte Absicht268 verwirklicht werden, den Rechtsschutz gegen nach dem Baugesetzbuch getroffene städtebauliche Regelungen bundeseinheitlich zuzulassen269. Das müsse umso mehr gelten, als dieselben, im Wesen der Planung angelegten strukturellen Gründe, die den Gesetzgeber zur Zulassung der Normenkontrolle gegen Flächennutzungspläne veranlasst hätten, auch bei den Konzentrationszonendarstellungen eines Flächennutzungsplans vorlägen: Bei rechtsverbindlichen Plänen bestehe nämlich im Hinblick auf deren räumliche Koordinationsfunktion stets ein besonderes Interesse daran, den Rechtsschutz des Bürgers durch eine im Erfolgsfalle allgemeinverbindliche Normenkontrolle zuzulassen270. 485; Wolff/Decker, VwGO/VwVfG, VwGO § 47 Rn. 10; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 47 Rn. 87 ff. 266 So Schenke, NVwZ 2007, 134 (140 f.); ders., VerwArch. 98 [2007], sub II.2.b.bb.; erwogen wird dies ohne nähere Erörterung oder abschließende Entscheidung auch von Erbguth/Wagner, Grundzüge, § 15, Rn. 15, nach denen sich die Frage der Rechtsnormqualität „mit Hinblick auf § 47 Abs. 1 Nr. 2, ggf. auch hinsichtlich § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO“ neu stellt; Guckelberger, DÖV 2006, 973 (980), will „vor allem“ an § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO denken, führt dann aber nicht weiter aus, ob etwa „daneben“ auch Nr. 1 herangezogen werden kann. 267 Schenke, NVwZ 2007, 134 (141). 268 Vgl. zur hier in Bezug genommenen Absicht des Gesetzgebers erneut BVerwG, Beschl. v. 20.07.1990 – 4 N 3/88, NVwZ 1991, 262, und die Darstellung zum oben sog. Rechtszersplitterungsargument unter § 8 A. II. 4. 269 Schenke, NVwZ 2007, 134 (141); ders., VerwArch. 98 [2007], sub II.2.b.bb. 270 Schenke, NVwZ 2007, 134 (141); ders., VerwArch. 98 [2007], sub II.2.b.bb.; ders., in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (573); zum Bedürfnis nach allgemeinverbindlichen Entscheidungen über die Rechtsunwirksamkeit verbindlicher Pläne s. näher dens., Rechtsschutz, 1979, S. 156 f.: „[D]ie Notwendigkeit eines auf Beseitigung der Norm gerichteten Anspruchs [. . .] ist [. . .] jedenfalls im Normalfall deshalb angezeigt, weil die einzelne, dem Bürger gegenüber getroffene Normierung den Teil einer Gesamtkonzeption darstellt, aus der sie bei der Interdependenz der im Plan zusammengefaßten, aufeinander abgestimmten Maßnahmen nicht herausgebrochen und abgetrennt werden kann. Was nützt dem Bürger etwa die Feststellung, ein ihm gehörendes Grundstück stehe für eine bestimmte bauliche Nutzung offen, wenn die Umgebung des Grundstücks nicht in einer Weise planerisch erschlossen wird, die eine solche Bebauung sinnvoll macht. Die Notwendigkeit eines auf Beseitigung des normativen Plans gerichteten Anspruchs machte jedenfalls – ohne eine allgemeinverbindliche prinzipale Normenkontrolle – meist eine dem Bürger kaum noch zumutbare Häufung von Klagen erforderlich“; auf Sinn und Zweck der Normenkontrolle stellt auch Guckelberger, DÖV 2006, 973 (981), ab, ohne sich freilich abschließend dazu zu äußern, ob neben der von ihr „vor allem“ erwogenen Anwendung der Nr. 2 des § 47 Abs. 1 VwGO auch Nr. 1 maßgeblich sein kann.

§ 9 Rechtsschutz gegen normative Flächennutzungsplandarstellungen

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Der Umstand, dass man § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO als Ausnahmevorschrift ansehen könne, spreche nicht gegen eine Analogie zu dieser Vorschrift. Denn zum einen seien auch Ausnahmevorschriften von einer Analogie nicht – wie teils angenommen271 – grundsätzlich ausgeschlossen. Und zum anderen werde durch die vorgeschlagene Anwendung der Nr. 1 gerade vermieden, dass eine Ausnahme von dem Grundsatz gemacht werde, unmittelbar wirkende, auf dem BauGB basierende städtebauliche Rechtsnormen bundeseinheitlich der Normenkontrolle zu unterwerfen272. Wenn man entgegen der heute wohl h. M. überhaupt davon ausgehen wolle, dass die Kontrolle untergesetzlicher Rechtsvorschriften materielle Verfassungsgerichtsbarkeit sei273, spreche schließlich auch der Umstand, dass die befürwortete Analogie zu einer Einschränkung landesrechtlicher Vorschriften über die Regelung zur Zuständigkeit ihrer Verfassungsgerichtsbarkeit führe, ebenso wenig gegen diese Analogie wie er bei anderen Normen durchschlüge, die unstreitig unter jene Vorschrift fielen. Denn eine Analogie zu Bundesvorschriften aus dem Bereich der nicht abschließend genutzten konkurrierenden Gesetzgebung führe immer zu einer Beschneidung der Kompetenzen des Landesgesetzgebers, ohne dass hiergegen durchschlagende Bedenken bestünden274. Mit dem Hinweis darauf, dass „die Bestimmung des § 47 [Abs. 1] Nr. 1 VwGO rein formal bestimmt“ werde, lehnen andere dagegen eine solche Analogie ausdrücklich ab und kommen zu dem Ergebnis, dass „der rechtliche Befund, dass die Normenkontrollmöglichkeit von Flächennutzungsplandarstellungen nicht auf die Vorschrift des § 47 [Abs. 1] Nr. 1 VwGO gestützt werden“ könne, „[k]einem Zweifel unterliegt“275. 2. Stellungnahme Der vorgeschlagenen Analogie ist zu folgen, wenn der geregelte und der vom Gesetz nicht erfasste Tatbestand durch eine auf die Wertung des Gesetzes bezogen hinreichend vergleichbare Interessenlage geprägt sind und sich die Nichtregelung des zweiten Sachverhalts als planwidrige Lücke des Gesetzes darstellt276. 271

S. etwa Robbers, JuS 1988, 949 (951). Schenke, NVwZ 2007, 134 (141); ders., VerwArch. 98 [2007], sub II.2.b.bb.; ders., in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (574); dort im Hinblick auf die nicht prinzipiell ausgeschlossene Analogiefähigkeit von Ausnahmevorschriften jeweils unter Verweis auf Larenz, Methodenlehre, S. 355. 273 S. dazu bereits § 5 A. II. 1. 274 Vgl. Schenke, NVwZ 2007, 134 (141); dens., VerwArch. 98 [2007], sub II.2. b.bb.; dens., in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (574). 275 So Jeromin, NVwZ 2006, 1374; im Ergebnis ebenso OVG Lüneburg, Beschl. v. 08.03.2007 – 12 MN 13/07, BeckRS 2007 22144, sub II.1. der Gründe. 276 Vgl. erneut Larenz, NJW 1965, 1 (4 f.). 272

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

Ein nicht geregelter Sachverhalt wird bekanntlich dann als mit dem geregelten Tatbestand „hinreichend“ vergleichbar angesehen, wenn beide gerade in derjenigen Hinsicht übereinstimmen, die nach der Wertung des Gesetzgebers für die Anordnung der Rechtsfolge wesentlich war277. Jeromin ist offenbar der Ansicht, der in diesem Sinne „wesentliche“ Aspekt bei § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO sei in der Erfassung gerade formeller Rechtsvorschriften zu sehen278. Wäre das der Fall, verböte sich eine Analogie zu dieser Vorschrift im Hinblick auf die hier allein in Rede stehenden materiellen Rechtsvorschriften in der Tat aus methodischen Gründen. Der Versuch, die Betonung bei § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auf den Gesichtspunkt des „formellen“ Rechtssatzes zu legen, gibt indes die Wertung des Gesetzgebers nicht zutreffend wieder. Die mit der Einführung des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO verfolgte „Zielsetzung“ wurde im Gesetzentwurf der Bundesregierung am 21.11.1975 nämlich wie folgt umschrieben: „Von der [bis dahin allein vorgesehenen, Anm. d. Verf.] Möglichkeit des § 47 [VwGO] zu bestimmen, daß das Oberverwaltungsgericht auf Antrag über die Gültigkeit von Rechtsvorschriften entscheidet, die im Range unter dem Landesgesetz stehen, haben nur fünf Länder Gebrauch gemacht. Der Rechtsschutz ist damit uneinheitlich. Der vorliegende Entwurf verfolgt das Ziel, den Rechtsschutz bei Verordnungen und Satzungen nach dem Bundesbaugesetz und dem Städtebauförderungsgesetz einheitlich auszugestalten“279. Bei solchen Maßnahmen habe sich nämlich das „Bedürfnis für eine Verbesserung des Rechtsschutzes durch Normenkontrollverfahren in besonderem Maße gezeigt“, weil „insbesondere“ Bebauungspläne „in sehr einschneidender Weise in die Rechtsstellung der Bürger eingreifen“ könnten. Hier sei es „besonders wichtig, einen effektiven Rechtsschutz gegen die Normen selbst zur Verfügung zu stellen. Eine rechtzeitige Klärung der Rechtslage“ sei „im Interesse aller Beteiligten notwendig, wenn die Wirksamkeit einer Norm dieser Art im Streit“ stehe280. Die Bundesregierung habe deshalb bereits in der Begründung zum Regierungsentwurf die Absicht zum Ausdruck gebracht, „das Normkontrollverfahren u. a. für Satzungen und Verordnungen nach dem Bundesbaugesetz und dem Städtebauförderungsgesetz bundeseinheitlich“ einzuführen, „mit dem Ziel den Rechtsschutz möglichst einheitlich auszugestalten“281. Diese Ausführungen erlauben den Schluss, dass „wesentlich“ für die Einführung einer bundeseinheitlichen Normenkontrolle gegen die in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO genannten Satzungen und Rechtsverordnungen nicht deren äußere Form, sondern deren „einschneidende Wirkung“ auf die Rechtsstellung des Bürgers war. Diese Wirkung aber stellt sich bei der Dar277

Vgl. Larenz, NJW 1965, 1 (4). Vgl. erneut Jeromin, NVwZ 2006, 1374. 279 BT-Drs. 7/4324, S. 1. 280 S. BT-Drs. 7/4324, S. 7. 281 BT-Drs. 7/4324, S. 7, unter Zitierung der Ausführungen der Bundesregierung in BT-Drs. 7/2496, S. 34 f. 278

§ 9 Rechtsschutz gegen normative Flächennutzungsplandarstellungen

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stellung eines Flächennutzungsplans, der sich als Zulassungshindernis für ein Bauvorhaben hindert, das nur „ausnahmsweise“ keine Beachtung verlangt, nicht weniger einschneidend dar als bei der Festsetzung eines Bebauungsplans282. Deshalb ist mit Schenke283 davon auszugehen, dass die sich gegenüberstehenden Tatbestände in der Tat in der nach der Wertung es Gesetzgebers wesentlichen Hinsicht – und damit für eine Analogie „hinreichend“ – vergleichbar sind. Damit bleibt zu prüfen, ob die „Nichtregelung“ des Sachverhalts – hier also die Nichterwähnung des Flächennutzungsplans in § 47 Abs. 1 VwGO – eine „planwidrige“ Gesetzeslücke darstellt284. Wie schon in anderem Zusammenhang erwähnt, ist das nur dann der Fall, wenn das Gesetz die Voraussetzungen einer Rechtsfolge nicht in dem Sinn „erschöpfend“ geregelt hat, dass diese Rechtsfolge gerade nur beim Vorliegen einer der im Gesetz genannten Tatbestände eintreten soll285. Betrachtet man die Materialien zur Entstehungsgeschichte des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO weiter, könnte sich zumindest auf den ersten Blick die Annahme aufdrängen, die Aufzählung der Angriffsgegenstände in dieser Vorschrift sei im zuvor umschriebenen Sinne abschließend. Denn die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung hat sich durchaus auch mit der Frage befasst, ob andere als die schließlich in Nr. 1 genannten Rechtsvorschriften in diese Ziffer aufgenommen werden sollen, und diese Frage verneint. So wurde erwogen, die Normenkontrolle auch gegen „Rechtsvorschriften [. . .], mit denen Höchstzahlen für die Zulassung zum Studium an Hochschulen festgesetzt“ werden, bundeseinheitlich zuzulassen, weil auch „[d]iese Normen [. . .] gleichfalls tief in die Rechtssphäre des Betroffenen“ eingriffen286. Da von einer Aufnahme dieser Vorschriften in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO aber schließlich doch bewusst abgesehen wurde, weil man sich auf diesem Gebiet zumindest vorerst mit Inzidentkontrollen begnügen wollte287, könnte dies die Annahme begründen, diese Vorschrift sei abschließend zu verstehen und die in Bezug auf Flächennutzungspläne ausgemachte „Gesetzeslücke“ deshalb nicht „planwidrig“. Indes lässt die Gesetzesbegründung einen so weitgehenden Schluss nicht zu. Aus dem Umstand, dass sich der Gesetzgeber gegen die Aufnahme bestimmter Rechtsvorschriften aus dem Hochschulrecht entschieden hat, mag zu folgern sein, dass § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO in Bezug auf dieses Rechtsgebiet keine 282

Vgl. erneut §§ 30, 31 Abs. 2 BauGB und oben unter § 8 B. III. 1 a). Vgl. Schenke, NVwZ 2007, 134 (141). 284 S. Hillgruber, JZ 1996, 118 (120), nach dem es für die Annahme einer planwidrigen Gesetzeslücke stets einer „besonderen Begründung“ bedarf, und der dazu auf BVerfG, Beschl. v. 30.03.1993 – 1 BvR 1045/89 u. a., BVerfG 88, 145 (167), verweist, das (freilich nur) von einer „sorgfältigen Begründung“ spricht. 285 Vgl. erneut Larenz, NJW 1965, 1 (5). 286 S. BT-Drs. 7/4324, S. 7. 287 Vgl. BT-Drs. 7/4324, S. 7. 283

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

planwidrigen Regelungslücken enthält. Daraus kann indes nicht zugleich gefolgert werden, dass solche Lücken nicht in Bezug auf andere Rechtsgebiete bestehen, mit denen sich die Gesetzesbegründung nicht ausdrücklich befasst hatte. So aber liegt der Fall beim Flächennutzungsplan. Die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung erwähnt den Flächennutzungsplan an keiner Stelle288 und hatte dazu auch keinen Anlass. Denn im Jahre 1975 entsprach es der zum Bundesbaugesetz einhellig vertretenen Ansicht, dass Flächennutzungsplänen niemals Außenwirkung zukommen könne289, weshalb es von vornherein ausgeschlossen scheinen musste, dass Pläne dieser Art jemals „tief in die Rechtssphäre des Betroffenen“ eingreifen könnten. Hatte der Gesetzgeber aber keinen Anlass, sich mit Argumenten für oder gegen eine Aufnahme dieser Pläne in § 47 VwGO auseinanderzusetzen, kann nicht behauptet werden, er habe diese Vorschrift im Hinblick auf diese Pläne abschließend ausgestaltet. Wenn man den Ausführungen der Gesetzesbegründung überhaupt eine Äußerung zu der Frage ihres abschließenden Charakters entnehmen wollte, legten sie sogar vielmehr das Gegenteil nahe. Denn wenn es dort, wie gezeigt, heißt, das Normkontrollverfahren solle „u. a.“ für Satzungen und Verordnungen nach dem BBauG bundeseinheitlich eingeführt werden, spricht das doch eher für die Annahme, dass die Nennung dieser Rechtssätze nicht ausnahmslos abschließend zu verstehen sein muss. Kann der abschließende Charakter des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO somit nicht aus den Materialien zur Entstehungsgeschichte dieser Norm abgeleitet werden, bleibt zu prüfen, ob er diesen Charakter nicht in den folgenden Jahren gewonnen hat. Den Beginn der Diskussion um die Neubestimmung der Rechtsnatur von Konzentrationszonendarstellungen kann man wohl in das Jahr 2002 legen, in dem das BVerwG zur Ansicht gelangte, dass solche Darstellungen „eine dem Bebauungsplan vergleichbare Funktion“290 erfüllten. Seit dieser Zeit hat der Gesetzgeber das BauGB mit den Novellen von 2004 und 2007 zweimal teils grundlegend novelliert. Dabei hat er in der ersten dieser Novellen bewusst ergänzende Regelungen zu Darstellungen i. S. d. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB aufgenommen291 und in der zweiten erhebliche Änderungen bei den Bestimmungen über die Zulässigkeit eines Normenkontrollantrags nach § 47 VwGO herbeigeführt292. Wenn nun anzunehmen sei, so könnte man argumentieren, dass dem

288

Vgl. BT-Drs. 7/4324, S. 1 f., 6 ff. S. etwa Heitzer/Oestreicher, Bundesbaugesetz, 5. Aufl., § 5 Anm. 1b. 290 Vgl. erneut BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15/01, NVwZ 2003, 733 (738). 291 Vgl. zu den im Zuge des „BauGB 2004“ erfolgten Neuregelungen der §§ 5 Abs. 2b, 15 Abs. 3 BauGB Battis/Krautzberger/Löhr, NJW 2004, 2553 (2558); Finkelnburg, NVwZ 2004, 897 (901); Krautzberger/Stüer, DVBl. 2004, 781 (784, 787); v. Nicolai, ZfBR 2005, 529 ff. 292 Näher zur Verkürzung der Antragsfrist nach § 47 Abs. 2 VwGO und der Einführung einer formellen Präklusion in § 47 Abs. 2a VwGO durch das „BauGB 2007“ 289

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Gesetzgeber bei diesen jeweils thematisch einschlägigen Novellen die Rechtsprechung des BVerwG nicht entgangen sei und er dennoch davon abgesehen habe, den Flächennutzungsplan in Nr. 1 des § 47 Abs. 1 VwGO aufzunehmen, so müsse doch davon ausgegangen werden, dass er diese Vorschrift nicht für weitere als die dort schon genannten Rechtsvorschriften des BauGB öffnen wolle. Auch auf diesem Wege kann freilich der angeblich abschließende Charakter dieser Ziffer nicht begründet werden. Denn auch wenn der Gesetzgeber sich bei den BauGB-Novellen 2004 und 2007 mit thematisch verwandten Gesetzesänderungen befasst haben mag, kann auch in diesem Zusammenhang aus seinem Schweigen nicht auf seine Ablehnung geschlossen werden. Es mag sein, dass er – anders als 1975 – bei den zuletzt genannten Novellen durchaus einen Anlass gehabt hätte, sich mit der Behandlung von Konzentrationszonendarstellungen zu befassen. Die Tatsache aber, dass er diesen Anlass nicht genutzt hat, kann zahlreiche Ursache haben – von einer Unkenntnis der Diskussion bis zur bewussten Entscheidung, die Entwicklung dieser noch keineswegs abgeschlossenen Debatte zunächst abzuwarten –, sodass es auf eine reine Spekulation hinausliefe, das zweifache Schweigen des Gesetzgebers als ablehnende Haltung zu interpretieren. Auch unter Beachtung der jüngeren Gesetzesentwicklung ist daher davon auszugehen, dass die Gesetzeslücke, die § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO gegenüber Flächennutzungsplänen enthält, eine nach wie vor „planwidrige“ ist. Damit kann zusammengefasst werden: Gegen normative Darstellungen eines Flächennutzungsplans ist ein Normenkontrollantrag analog § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaft. Das insbesondere von der Rechtsprechung traditionell gegen die Statthaftigkeit eines solchen Antrags vorgebrachte und vom OVG Lüneburg jüngst wieder bekräftigte oben sog. Rechtszersplitterungsargument293, wird mit diesem Ergebnis nicht nur entkräftet, sondern gleichsam gegen die traditionelle Lehre gewendet. II. Antragsbefugnis der Nachbargemeinde Damit ist freilich noch nicht gesagt, dass die Nachbargemeinde insoweit auch antragsbefugt ist. Da sie dazu die Möglichkeit der Verletzung gerade eigener Rechte aufzeigen muss, bedeutet das, dass sie im Rahmen der Antragsbefugnis nicht mehr auf die subjektiven Rechte des planunterworfenen Grundstückseigentümers abstellen kann, auf die oben im Rahmen der Statthaftigkeit zur Begründung der „unmittelbaren Außenwirksamkeit“ bestimmter Flächennutzungsplandarstellungen noch vornehmlich abgestellt werden konnte294. Die antragstelBattis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 2007, 121 (128); Krautzberger/Stüer, DVBl. 2007, 160 (168). 293 Zuletzt OVG Lüneburg, Beschl. v. 08.03.2007 – 12 MN 13/07, BeckRS 2007 22144, sub II. 1 der Gründe; näher dazu oben unter § 8 A. II. 4. 294 Vgl. § 8 C. III.

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

lende Nachbargemeinde muss an dieser Stelle vielmehr diejenigen, oben (s. § 1) näher dargestellten Rechte anführen, die ihr im interkommunalen Konflikt selbst zustehen – insbesondere also das Recht auf interkommunale Abstimmung. Dieser Perspektivenwechsel auf den verschiedenen Ebenen der Zulässigkeitsprüfung könnte nun freilich den Einwand provozieren, dass die Überlegungen zur Statthaftigkeit der nachbargemeindlichen Normenkontrolle gezeigt hätten, dass die Nachbargemeinde im Hinblick auf einen Flächennutzungsplan niemals antragsbefugt sein könne. Denn, so könnte man argumentieren wollen, wenn es – wie oben vertreten295 – richtig sei, dass ein Flächennutzungsplan anders als im intrakommunalen Verhältnis von Standortgemeinde und planunterworfenem Bürger im interkommunalen Verhältnis von Standort- und Nachbargemeinde keine „unmittelbare Außenwirkung“ entfalten könne, sei es auch nicht denkbar, dass jener Plan die Rechte dieser Gemeinde verletzen könne. Ein solcher Einwand ginge indes fehl, weil er in unzulässiger Weise die Voraussetzungen für die Annahme einer materiellen Rechtsvorschrift mit denen für die Bejahung der Antragsbefugnis vermengte. Denn wenn § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO formuliert, dass der Antragsteller „durch“ die Rechtsvorschrift in seinen subjektiven Rechten verletzt wird, ist damit nur gemeint, dass die geltend gemachte Rechtsverletzung sich der angegriffenen Norm tatsächlich und rechtlich zuordnen lässt. Soweit dies der Fall ist, wird der erforderliche Zusammenhang nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Rechtsverletzung erst aufgrund weiterer Umstände eintritt, die ihrerseits auf die angegriffene Norm zurückzuführen sind296. Die von § 47 VwGO vorausgesetzte mögliche Rechtsverletzung ist demnach schon dann zu bejahen, wenn die Gemeinde geltend machen kann, die Standortgemeinde „habe im Rahmen ihrer gesetzlich gebotenen Beteiligung und ihres daraus folgenden Anspruchs auf Abstimmung der von ihr eigenverantwortlich zu wahrenden Belange städtebaulicher (oder anderer) Art die nach Lage der Dinge abwägungserheblichen Belange in [ihre] Überlegungen nicht einbezogen oder im Ergebnis ihrer objektiven Gewichtigkeit zuwider behandelt“297. Ob ein auf diese Weise zustande gekommener Flächennutzungsplan der Standortgemeinde der Nachbargemeinde gegenüber darüber hinaus auch eine „unmittelbaren Außenwirkung“ i. S. der Rechtsquellenlehre entfaltet oder – wie oben vertreten – nicht, spielt dagegen für die Beurteilung der Antragsbefugnis keine Rolle mehr. Für dieses Ergebnis spricht schließlich auch ein vergleichender Blick auf die Rechtslage zum Bebauungsplan. Auch die Festsetzungen dieses Plans entfalten 295

Vgl. § 8 D. II. Loibl, UPR 2004, 419 (421); vgl. auch Ehlers, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), HoppeFS, S. 1041 (1046 f.); Hendler, NuR 2004, 485 (490). 297 So im Zusammenhang von § 42 Abs. 2 VwGO die Formulierung von Bickel, in: v. Mutius (Hrsg.), v. Unruh-FG, 1983, S. 1035 (1046), allgemein zu staatlichen Planungsträgern. 296

§ 9 Rechtsschutz gegen normative Flächennutzungsplandarstellungen

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„unmittelbare Außenwirkung“ nur im Verhältnis zu den von ihm betroffenen Grundstückseigentümern, nicht aber in dem zur Nachbargemeinde, ohne dass daraus jemand schließen würde, dass die Nachbargemeinde durch einen solchen Plan nie in ihren Rechten insbesondere aus § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB verletzt sein könnte298. Dann aber wäre es nicht einzusehen, warum für den Flächennutzungsplan an dieser Stelle etwas anderes gelten sollte. III. Präklusion nach § 47 Abs. 2a VwGO 2007? Zu erörtern bleibt, ob die mit der BauGB-Novelle 2007 eingeführte Präklusionsvorschrift des § 47 Abs. 2a VwGO auf Anträge Anwendung findet, die sich gegen Flächennutzungspläne richten. Da der Wortlaut der Vorschrift insoweit nur auf Bebauungspläne abstellt, kommt insoweit nur eine Analogie in Betracht. Wolff hat eine solche Analogie angesichts der rechtsschutzbeschränkenden Wirkung dieser Vorschrift zumindest für Anträge eines Bürgers jüngst abgelehnt299. Diese Ansicht ist jdfs. für den Bereich des Rechtsschutzes der grundrechtstragenden Bürger überzeugend. An dieser Stelle ist nicht zu entscheiden, ob es ausnahmslos ausgeschlossen ist, eine Vorschrift des Verwaltungsrechts oder – wie hier – des Verwaltungsprozessrechts analog anzuwenden, wenn damit ein Eingriff in die Grundrechte des betroffenen Bürgers verbunden ist300. Denn selbst wenn man unter bestimmten Voraussetzungen Raum für solche Analogien anerkennen wollte, wären daran angesichts der Bedeutung des Grundsatzes vom Vorbehalt des Gesetzes und des mit ihm verbundenen Bestimmtheitsgrundsatzes jdfs. strenge Maßstäbe anzulegen. So hat das BVerfG unlängst die Schließung von vermeintlichen Regelungslücken im Wege der Analogie zumindest dann für ausgeschlossen erachtet, wenn diese mit einem Grundrechtseingriff einherginge und „für eine ganze Rechtsmaterie mit vielfältigem Grundrechtsbezug der Gesetzgeber die Entscheidung über deren Ausgestaltung nicht getroffen und die dazu erforderlichen grundrechtsrelevanten Abwägungen nicht vorgenommen hat“301. Vor diesem Hintergrund wäre es aber nicht überzeugend, § 47 Abs. 2a VwGO auf flächennutzungsplanbezogene Normen298

S. § 1 A. I. S. Wolff, JA 2007, 396 (398), dort auf dem Boden der Annahme, der Rechtsschutz gegen Flächennutzungsplandarstellungen mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB richte sich nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO. 300 So BVerfG, Beschl. v. 14.08.1996 – 2 BvR 2088/93, NJW 1996, 3146, in Bezug auf die Herleitung einer Ermächtigungsgrundlage für einen belastenden Verwaltungsakt; zust. Konzak, NVwZ 1997, 872 (873); nach wie vor restriktiv, aber die Frage nach Ausnahmen offen lassend nunmehr BVerfG, Urt. v. 31.05.2006 – 2 BvR 1673, 2402/ 04, BVerfGE 116, 69 (83 f.); für Analogien zum Nachteil des Grundrechtsträgers Schmidt, VerwArch. 97 [2006], 139 (157 f.), soweit die Verfassung keinen Vorbehalt des förmlichen Gesetzes aufstelle und der zu übertragende Rechtsgedanke „auf eine Entscheidung des Gesetzgebers zurückgeführt“ werden könne. 301 BVerfG, Urt. v. 31.05.2006 – 2 BvR 1673, 2402/04, BVerfGE 116, 69 (83). 299

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

kontrollanträge des Bürgers anzuwenden, weil sich der Gesetzgeber an der Diskussion zum Verhältnis von Flächennutzungsplan und oberverwaltungsgerichtlicher Normenkontrolle, wie gezeigt, bislang aus Gründen, die, wie ebenfalls gezeigt, derzeit allenfalls vermutet werden könnten, schlicht noch in keiner Weise beteiligt hat302. Jedenfalls in einem solchen Fall gänzlichen „Schweigens“ des Gesetzgebers wäre eine Analogie zu einer grundrechtseinschränkenden Vorschrift zum Nachteil des Bürgers mit den Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes nicht zu vereinbaren303. Für den Normenkontrollantrag einer Nachbargemeinde kann insoweit nichts anderes gelten, weil auch Eingriffe in deren Recht aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG (Planungshoheit) unter dem Vorbehalt des Gesetzes stehen304. Wenn es oben abgelehnt wurde, in Bezug auf solche Anträge aus dem Schweigen des Gesetzgebers ein Indiz gegen die analoge Anwendung des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zu entnehmen, liegt darin auch kein Widerspruch zu dem hier zu § 47 Abs. 2a VwGO vertretenen Ergebnis. Denn dort ging es – anders als hier – um eine Analogie zu Gunsten und nicht zum Nachteil der Gemeinde und nur letztere ruft Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Gesetzesvorbehalts hervor. IV. Fazit zum Normenkontrollverfahren Nachträglichen Rechtsschutz gegen normative Flächennutzungsplandarstellungen kann die Nachbargemeinde im Wege der Normenkontrolle analog § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO erlangen. Die Rechtslage unterscheidet sich insoweit im Ergebnis nicht von der zum Rechtsschutz gegen Bebauungspläne.

B. Die Rechtsschutzmöglichkeiten der Nachbargemeinde im Übrigen Dieses Fazit kann sogleich auf die sonstigen Rechtsschutzmöglichkeiten der Nachbargemeinde in Bezug auf Flächennutzungsplandarstellungen mit Rechtsnormcharakter erstreckt werden. Die verbleibenden Unterschiede zwischen solchen Darstellungen und Bebauungsplänen rechtfertigen es nicht, jene Maßnahmen im Hinblick auf den präventiven Rechtsschutz (vgl. oben § 5) anders –

302

S. dazu oben unter § 9 A. I. 2. Im Ergebnis ebenso Wolff, JA 2007, 396 (398). 304 Vgl. dazu, dass die Wendung „im Rahmen der Gesetze“ in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG nicht nur eine Ausgestaltungsberechtigung (und einen solchen -auftrag) zugunsten des Gesetzgebers umschreibt, sondern zugleich auch eine Ausübungsbeschränkung in Bezug auf die Exekutive darstellt, an dieser Stelle nur Stern, in: Dolzer u. a. (Hrsg.), BK-GG (Zweitb.), Art. 28 Rn. 115 („Jede nicht gesetzlich fundierte Ingerenz in den Bereich der kommunalen Selbstverwaltung ist verfassungswidrig“); Schenke, Bergbau, S. 97; und dazu noch näher m.w. N. unter § 13 B. I. 303

§ 10 Repressiver Rechtsschutz gegen Flächennutzungsplandarstellungen

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also besser – zu behandeln als diese: Wie beim Bebauungsplan verfügt die Nachbargemeinde auch insoweit über keine Rechtsschutzmöglichkeiten.

§ 10 Repressiver Rechtsschutz gegen nicht-normative Flächennutzungsplandarstellungen Bei Flächennutzungsplandarstellungen dagegen, die nicht als materielle Rechtsvorschriften angesehen werden können, scheidet ein solcher Verweis auf die Rechtslage zum (normativen) Bebauungsplan naturgemäß aus. Will sich die Nachbargemeinde gegen solche nicht-normativen Darstellungen wehren, kann ein nachträglicher Rechtsschutz nach dem zuvor Gesagten jdfs. nicht im Wege eines gegen die Darstellungen gerichteten Normenkontrollverfahrens gewährleistet werden. Da insoweit auch die Anfechtungsklage ausscheidet, weil solche Darstellungen weder einen „Einzelfall“ betreffen305 noch auf Außenwirkung gerichtet sind (s. §§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO, 35 S. 1 BVwVfG)306, kommt hier nur eine auf Darstellungsbeseitigung gerichtete Leistungsklage (A.), eine Feststellungsklage (B.) oder die Normenkontrolle eines ggf. aus dem Flächennutzungsplan entwickelten Bebauungsplans in Betracht (C.).

A. Allgemeine Leistungsklage auf Darstellungsbeseitigung Erörtert werden soll daher zunächst, ob die Nachbargemeinde eine allgemeine Leistungsklage gegen die Standortgemeinde mit dem Antrag erheben kann, diese zur Beseitigung von Flächennutzungsplandarstellungen zu verurteilen, wenn sie der Ansicht ist, diese Darstellungen seien unter Verletzung ihrer Rechte zustande gekommen. 305

S. § 8 B. III. 2. Dieses wohl unstreitige Ergebnis begründen wie hier mit dem abstrakt-generellen Charakter der Flächennutzungsplandarstellungen Heinze, Bundesbaugesetz, § 5 Rn. 2, und Pappermann, JuS 1973, 689 (694). Häufiger wird dagegen auf die fehlende Außenwirksamkeit dieser Darstellungen abgestellt (ein Argument, das nach hier vertretener Ansicht freilich im Zusammenhang mit normativen Darstellungen versagen müsste); s. etwa VGH München, Urt. v. 29.07.1992 – 20 N 91.2692, BayVBl. 1993, 721 (724); Ferner, in: dems./Kröninger, BauGB, 2005, § 5 Rn. 17; Dürr, Baurecht BW, Rn. 26, 287; Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub II.2.a. (Fn. 37); ders., in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (561 Fn. 41); Schlez, BauGB, § 6 Rn. 13; N. Gronemeyer in: Gronemeyer, BauGB, § 5 Rn. 40; Mainczyk, BauGB, § 5 Rn. 3; Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 112; Oldiges, in: Steiner (Hrsg.), Verwaltungsrecht, Kap. IV, Rn. 107 Battis, Baurecht, S. 74; Bönker, in: Hoppe/Bönker/ Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 17, Rn. 4; Rabe/Heintz, Bau- und Planungsrecht, Abschn. C Rn. 185; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, § 56, Rn. 23; Menger, VerwArch. 71 [1980], 87 (89); wohl auch Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 5 Rn. 8 f.; Stollmann, Baurecht, § 9 Rn. 3; ebenso, wenn auch ohne nähere Begründung, Koppitz/Schwarting, Flächennutzungsplan, Rn. 347. 306

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

I. Verwaltungsrechtsweg Bedenken gegen die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, die sich unter dem Aspekt der (nicht-)verfassungsrechtlichen Streitigkeit stellen könnten, wenn der Kläger die prinzipale Kontrolle von Rechtnormen begehrt307, können der hier erwogenen Leistungsklage jdfs. nicht entgegengesetzt werden, weil an dieser Stelle allein die Beseitigung von nicht-normativen Darstellungen im Raum steht. II. Statthaftigkeit Da die Beseitigung einer Flächennutzungsplandarstellung als actus contrarius zu seiner Aufstellung ebenso wenig wie diese selbst einen Verwaltungsakt darstellen kann308, ist für die somit auf eine Verurteilung zu schlichtem Verwaltungshandeln gerichtete Klage der Nachbargemeinde die allgemeine Leistungsklage die statthafte Klageart. Dass gegen die Statthaftigkeit einer solchen Klage jdfs. nicht argumentiert werden kann, eine gegen § 2 Abs. 2 BauGB verstoßende Darstellung sei wegen des auch bei nicht-normativen Planvorgaben greifenden Nichtigkeitsdogmas ohnehin schon ipso iure unwirksam, sodass es keine im Wege der Leistungsklage verfolgbaren Beseitigungsansprüche der Nachbargemeinde geben könne309, ergibt sich aus dem bereits oben zur Möglichkeit von normbezogenen Beseitigungsansprüchen Gesagten: Weil auch eine nichtige Norm in der Rechtswirklichkeit keine „Nicht-Norm“ ist, sondern durchaus noch faktische Wirkungen entfalten kann, besteht auch im Hinblick auf den Rechtsschein einer nichtigen Norm noch ein materielles Substrat, das Gegenstand eines Beseitigungsanspruchs310 und damit auch Grundlage einer Leistungsklage sein kann. Für eine nicht-normative Flächennutzungsplandarstellung kann insoweit nichts anderes gelten. Kann Statthaftigkeit der Leistungsklage also nicht mit materiellrechtlichen Erwägungen infrage gestellt werden, bleibt nur zu erwägen, ob prozessuale Gründe dafür sprechen, trotz des Bestehens eines Beseitigungsanspruches der Feststellungsklage den Vorzug vor der Leistungsklage einzuräumen. Ein solches 307

S. dazu oben unter § 5 B. II. 1. Vgl. § 8 B. III. 2. 309 So aber Pietzner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 42 Abs. 1 Rn. 153 (Fn. 543); BVerwG, Urt. v. 28.06.2000 – 11 C 13/99, BVerwGE 111, 276 (279); zust. Sydow/Fiedler, DVBl. 2006, 1420 (1423); im Ergebnis ebenso OVG Bremen, Urt. v. 28.03.2000 – 1 A 314/99, NVwZ-RR 2001, 378, in Bezug auf die Satzung einer Handwerksinnung; wohl auch Hoppe, in: Wolff-FS, S. 307 (323); näher dazu m.w. N. und Zitaten zu den vorgenannten Fundstellen oben in Fn. 457 des 1. Kap. und dort im Text. 310 S. dazu näher oben unter § 2 A. I. 3. 308

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Ergebnis kann allerdings jdfs. nicht auf die Behauptung gestützt werden, für die Verurteilung zur Beseitigung von etwas ohnehin „Nichtigem“ gebe es keinen sinnvollen Tenor311. Zwar wird ein Verwaltungsgericht in der Tat nicht tenorieren können, dass „die Beklagte dazu verurteilt wird, den durch ihren Flächennutzungsplan [. . .] vom [. . .] erzeugten Rechtsschein zu beseitigen“. Es darf aber nicht verkannt werden, dass eine Gemeinde – gerade auch nach Ansicht der Rechtsprechung wegen eines solchen Rechtsscheins312 – dazu verpflichtet ist, einen Bauleitplan, den sie für nichtig erachtet, nach den für die Aufstellung dieses Plans geltenden Vorschriften in einem förmlichen Verfahren, aufzuheben313. Das zeigt nicht nur, dass offenbar auch die Rechtsprechung davon ausgeht, dass ein nichtiger Bauleitplan nicht einfach ein rechtliches Nullum ist und deshalb ein Interesse an seiner förmlichen Beseitigung besteht314, sondern auch, dass es diesbezüglich durchaus sinnvolle Tenorierungsmöglichkeiten gibt. Es kann auch nicht argumentiert werden, für die Beseitigung eines solchen Scheins gebe es ein „spezielleres“ Verfahren. Ausdrücklich dafür normierte Verfahrensarten, wie sie in § 43 Abs. 2 VwGO für den Verwaltungsakt und in § 47 Abs. 5 S. 2 VwGO für Rechtsvorschriften vorgesehen sind, hält die VwGO für nicht-normative Darstellungen nicht bereit. Es ist zwar denkbar, dass die Nachbargemeinde eine Klage erhebt, mit der die Feststellung begehrt wird, dass die Standortgemeinde zur Aufstellung der fraglichen Darstellungen nicht berechtigt war. Doch selbst wenn man eine solche Klage als zulässig315 und dazu geeignet ansehen wollte, den Wirksamkeitsschein ungültiger Flächennutzungsplandarstellungen zu beseitigen316, könnte einer Leistungsklage, die dasselbe Ziel errei311 Auch in diese Richtung aber wohl BVerwG, Urt. v. 28.06.2000 – 11 C 13/99, BVerwGE 111, 276 (279), und OVG Bremen, Urt. v. 28.03.2000 – 1 A 314/99, NVwZ-RR 2001, 378. 312 Vgl. BVerwG, Urt. v. 21.11.1986 – 4 C 22/83, BVerwGE 75, 142 (144 f.): „[Mit] dem Erlaß und der Verkündung eines Bebauungsplans tut der Satzungsgeber kund, daß die von ihm beschlossene Satzung Geltung beansprucht. Leidet die Satzung an einem Fehler, so ist dies im allgemeinen nicht für jedermann erkennbar, an den sich die Satzung richtet. Der durch den Normgeber gesetzte Rechtsschein [sic!] ist deshalb durch einen Gegenakt der Normgebung, d.h. bei einem fehlerhaften Bebauungsplan durch dessen förmliche Aufhebung zu beseitigen, wenn der Fehler nicht ,geheilt‘ oder ,heilbar‘ ist“ (Zitat S. 144). 313 Ebenso Bier, UPR 2004, 335 (338); Maurer, Verwaltungsrecht, § 4 Rn. 47. 314 S. auch insoweit näher oben unter § 2 A. I. 3. 315 Tatsächlich ist, wie noch zu zeigen sein wird, eine Klage dieser Art ohnehin nicht zulässig (s. § 10 B. IV.). 316 Das bestreitet Schenke, NVwZ 2007, 134 (138), mit Hinweis auf die §§ 214 f. BauGB und lehnt es deshalb ab, die Leistungsklage wegen einer etwaigen Feststellungsklage aus dem Kreis der prozessualen Rechtsschutzmöglichkeiten auszuscheiden. – Es trifft zwar zu, dass aus der Feststellung, dass ein Planungsträger nicht dazu berechtigt gewesen sei, eine bestimmte Planvorgabe vorzunehmen, nicht auf die Unwirksamkeit dieser Vorgabe geschlossen werden kann, wenn und soweit Rechtsverstöße bei der Vornahme diese Vorgabe unter eine gesetzliche Unbeachtlichkeitsregelung fallen (können). In dem konkreten hier zu erörternden Zusammenhang könnte der

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

chen kann, die Statthaftigkeit nicht abgesprochen werden. Man mag zwar darüber streiten, ob die in § 43 Abs. 2 VwGO angeordnete Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage gilt, wenn der Klagegegner eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist317. Es geht aber jdfs. nicht an, diese Wertung gleichsam umzukehren, und nun die Leistungsklage als der Feststellungsklage gegenüber subsidiär zu behandeln. Dass bei nichtigen Verwaltungsakten wegen § 42 Abs. 2 VwGO insoweit etwas anderes gelten mag, spricht nicht gegen diese Auffassung, weil dort das Gesetz eine Spezialregelung bereit gestellt hat. Da das bei nicht-normativen Flächennutzungsplandarstellungen, wie gezeigt, gerade nicht der Fall ist, besteht kein Grund, von den allgemeinen Wertungen, wie sie auch § 43 Abs. 2 VwGO eine darstellt, abzurücken. Dass der Statthaftigkeit schließlich auch keine Einwände entgegengehalten werden können, die sich darauf stützen, dass § 47 VwGO als Feststellungsverfahren ausgestaltet sei, dass die Feststellungsklage die für einen Normgeber „schonendere“ Klageart sei, oder dass bei der Zulassung einer Leistungsklage eine Umgehung der besonderen Voraussetzungen des – gar als abschließend zu verstehenden318 – § 47 VwGO drohe, ergibt sich nicht nur aus dem oben zu diesen Einwänden kritisch Gesagten319, sondern schon daraus, dass diese Bedenken durchweg auf den Rechtsschutz gegen Rechtsvorschriften zugeschnitten sind, um die es bei den hier erörterten nicht-normativen Darstellungen gerade nicht geht. An der Statthaftigkeit kann eine auf Darstellungsbeseitigung gerichtete Leistungsklage der Nachbargemeinde nach alledem nicht scheitern. III. Klagebefugnis Ob die Nachbargemeinde zur Begründung der nach h. M.320 auch für die allgemeine Leistungsklage analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Klagebefugnis darlegen kann, dass es nicht offensichtlich und nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist, dass bei der Aufstellung einer FlächennutzungsplandarstelFeststellungsklage auf dem Boden der hier vertretenen Ansicht die Eignung zur Unwirksamkeitsfeststellung allerdings nicht abgesprochen werden. Denn danach finden die Vorschriften zur Fehlerunbeachtlichkeit aus §§ 214 ff. BauGB auf § 2 Abs. 2 BauGB gerade keine Anwendung (s. § 3 A. u. B.), sodass es insoweit bei dem Nichtigkeitsdogma bleibt und somit auch aus der Feststellung der Verletzung dieser Vorschrift auf die Unwirksamkeit des Plans geschlossen werden könnte. 317 Näher dazu unter § 10 B. II. 318 Ob § 47 VwGO eine „Ausschließlichkeitswirkung“ zu entnehmen ist, die einer gegen eine untergesetzliche Rechtsvorschrift gerichteten Leistungsklage entgegenstünde, wird von Pielow, DV 1999, 445 (471), erörtert, im Ergebnis aber ohnehin verneint; ebenso Lorenz, Verwaltungsprozeßrecht, § 24, Rn. 15; Maurer, in: Univ. Tübingen (Hrsg.), Kern-FS, S. 275 (292 ff.); Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 146a; BVerwG, Urt. v. 28.06.2000 – 11 C 13/99, BVerwGE 111, 276 (278). 319 S. § 5 B. II. 2. c)–e). 320 S. die Nachweise in Fn. 55 des 2. Kap.

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lung ihre Rechte aus § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB verletzt wurden, ist eine Frage des Einzelfalls. Ist diese Hürde aber übersprungen, scheitert die Klagebefugnis der Nachbargemeinde – wie oben gezeigt – nicht mehr an dem Einwand, ihr könne im Falle einer solchen Rechtsverletzung kein Beseitigungsanspruch zur Seite stehen321. Der Klagebefugnis der Nachbargemeinde für eine Klage auf Beseitigung von Flächennutzungsplandarstellungen kann auch nicht entgegengehalten werden, dass bei einer Rechtsverletzung, die durch eine Rechtsvorschrift herbeigeführt wurde, der Beseitigungsanspruch seinem Inhalt nach nur auf die Beseitigung der Rechtsbeeinträchtigung gerichtet ist, dies aber grundsätzlich nicht einem Anspruch auf Beseitigung der Norm gleichkommt322. Denn zum einen sind an dieser Stelle ohnehin nur nicht-normative Darstellungen zu erörtern. Und zum anderen ist hier zu beachten, dass es nicht denkbar ist, wie die durch eine nicht abgestimmte Darstellung bewirkte Rechtsverletzung der Nachbargemeinde anders sollte beseitigt werden können als durch die Beseitigung eben dieser Darstellung: Die Beeinträchtigung der Nachbargemeinde entfällt insbesondere nicht allein dadurch, dass eine im Plangebiet mit Rücksicht auf den Plan erteilte Baugenehmigung aufgehoben wird, der Plan selbst aber bestehen bleibt323. Selbst wenn man also die zu Rechtsnormen entwickelten Grundsätze zum Anspruchsinhalt insoweit auf nicht-normative Flächennutzungsplandarstellungen übertragen wollte, müsste man von einer Ausnahme zu den genannten Grundsätzen ausgehen324. IV. Rechtsschutzbedürfnis Einer Leistungsklage der Nachbargemeinde, die auf die Beseitigung nicht normativer Darstellungen gerichtet ist, kann auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage kann nur ausnahmsweise verneint werden, weil die Rechtsordnung grundsätzlich immer dann, wenn sie ein materielles Recht gewährt, auch ein Interesse an dessen gerichtlicher Durchsetzung anerkennt. Eine Ausnahme kann daher nur in 321

Näher dazu § 2 A. Weshalb insoweit auch i. d. R. die Gewährung inzidenten Rechtsschutzes gegen die fragliche Norm genügt; vgl. Schenke, Rechtsschutz, S. 147 ff.; Lapp, Rechtsschutz, S. 129 ff. 323 Vgl. insoweit auch Schenke, in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (565): „Die Rechtsverletzung durch den unter Verstoß gegen § 2 Abs. 2 BauGB nicht abgestimmten Flächennutzungsplan besteht völlig unabhängig von einer eventuellen späteren Erteilung einer Baugenehmigung.“ (Ähnlich ders., NVwZ 2007, 134 [139]; ders., VerwArch. 98 [2007], sub II.2.a.dd.). 324 Solche Ausnahmen sind auch im normativen Bereich – etwa für Bebauungspläne – anerkannt; vgl. zu „janusköpfigen Normen“ dieser Art näher Schenke, Rechtsschutz, S. 155; Lapp, Rechtsschutz, S. 133 f. 322

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

den seltenen Fällen anerkannt werden, in denen ein Obsiegen dem Kläger keinen rechtlichen Vorteil bringt, es einfachere oder effektivere Möglichkeiten des Rechtsschutzes gibt oder ein Fall des Rechtsmissbrauchs vorliegt325. Angesichts dieser Grundwertung wäre es nicht überzeugend, der Nachbargemeinde die Schutzwürdigkeit ihres Interesses an der mit der Leistungsklage verfolgten Besserstellung mit dem Argument abzusprechen, diese habe insoweit hinreichende Möglichkeiten des inzidenten Rechtsschutzes326. Denn grundsätzlich stellt gerade der Prinzipalrechtsschutz die effektivere der beiden Rechtsschutzmöglichkeiten dar und es ist nicht ersichtlich, dass für den hier erörterten Fall etwas anderes gelten könnte. Über Anfechtungsklagen kann die Nachbargemeinde eine inzidente Kontrolle von Flächennutzungsplandarstellungen je nach Angriffsgegenstand entweder gar nicht327 oder allenfalls in Ausnahmefällen328 erreichen329. Und auch der Weg über einen prinzipalen Angriff auf einen etwaigen aus dem Flächennutzungsplan entwickelten Bebauungsplan kann, so man ihn denn überhaupt für gangbar hält, jdfs. keine effektivere Rechtsschutzmöglichkeit bieten330. Berücksichtigt man darüber hinaus, dass selbst die Beseitigung einer Baugenehmigung im Flächennutzungsplangebiet oder diejenige eines aus dem abstimmungswidrigen Flächennutzungsplan entwickelten Bebauungsplans die durch die Aufstellung jenes Plans selbst bewirkte Rechtsverletzung ohnehin nicht (mit-)beseitigen könnte, besteht kein Grund, aus etwaigen Möglichkeiten des inzidenten Rechtsschutzes auf die Unzulässigkeit einer prinzipalen Leistungsklage zu schließen.

325 Näher Kopp/Schenke, VwGO, Vorb § 40 Rn. 37 ff.; s. auch Ehlers, Jura 2006, 351 (356). 326 Anders zumindest im Hinblick auf den Rechtsschutz des Bürgers Brohm, Baurecht, § 6 Rn. 15; und wohl auch Peine, Baurecht, Rn. 635, 649. 327 So bei einer Klage gegen den Aufstellungsbeschluss oder die Genehmigung des Plans, näher unter § 6. 328 So bei einer Anfechtungsklage gegen etwaige im Plangebiet erteilte Baugenehmigungen. Im unbeplanten Innenbereich und im Geltungsberech eines (qualifizierten) Bebauungsplans ist der Flächennutzungsplans ohne jede Bedeutung für die Vorhabenzulassung (s. § 8 D.–F.) und auch im Außenbereich wirkt er nicht als positiver Zulassungstatbestand, sondern über § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB nur als Hinderungsgrund für ein Vorhaben (s. § 8 B., C.). Eine Inzidentkontrolle kommt daher allenfalls für den Ausnahmefall in Betracht, dass ein älterer Flächennutzungsplan, der einem Vorhaben entgegenstand, zur Beseitigung dieses Hindernisses geändert wird (s. dazu § 12 A. I. 1. u. § 14 C. VI.). 329 U. a. unter Hinweis auf den nur punktuellen Charakter des inzidenten Rechtsschutzes lehnt es auch Schenke, in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (565), ab, einer auf Darstellungsbeseitigung gerichteten Leistungsklage wegen etwaiger Möglichkeiten des inzidenten Rechtsschutzes das Rechtsschutzbedürfnis abzusprechen. Ebenso ders., VerwArch. 98 [2007], sub II.2.a.dd.; ders., NVwZ 2007, 134 (139). 330 S. dazu, dass dieser Weg auf dem Boden der Rechtsprechung gänzlich versperrt und auch nach der hier vertretenen Ansicht nur in bestimmten Konstellationen eröffnet ist, noch näher unter § 10 C.

§ 10 Repressiver Rechtsschutz gegen Flächennutzungsplandarstellungen

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Ebenfalls nicht möglich ist es, der Nachbargemeinde die hier erörterte Möglichkeit des repressiven Prinzipalrechtsschutzes mit der Behauptung zu verweigern, es gebe einen präventiven Weg des Prinzipalrechtsschutzes, der effektiver sei. Denn eine insoweit in Betracht kommende Unterlassungsklage wäre sowohl dann unzulässig, wenn sie sich gegen drohende Flächennutzungsplandarstellungen wenden wollte331, als auch dann, wenn sie gegen einen drohenden Bebauungsplan gerichtet wäre, der – was ohnehin nicht immer und auch dann nicht für jede Darstellung der Fall ist – aus dem Flächennutzungsplan entwickelt werden soll332. Schließlich muss auch der Versuch scheitern, der Nachbargemeinde zumindest solange das Rechtsschutzbedürfnis für eine auf Darstellungsbeseitigung gerichtete Leistungsklage abzusprechen, solange sie nicht die Standortgemeinde selbst zur Beseitigung der Darstellungen aufgefordert und deren ablehnende Entscheidung abgewartet habe. Zwar wird zumindest bei Leistungsklagen eines Privaten, der von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft eine Geldzahlung begehrt, teilweise gefordert, diese müsse zuvor einen entsprechenden Antrag bei der Behörde gestellt haben333. Ob man beim Fehlen eines solchen Antrags tatsächlich die Klage als unzulässig zu behandeln hat, erscheint angesichts der Wertung des § 156 VwGO und des Ausnahmecharakters des § 80 Abs. 6 S. 1 VwGO allerdings bereits dort einigermaßen fragwürdig334. Zumindest im Falle von Gemeindenachbarklagen jdfs. wäre ein solches „Antragserfordernis“ überzogen, weil die Nachbargemeinde bereits im Verfahren zur Aufstellung des Flächennutzungsplans durch ihre Stellungnahme (vgl. § 4 Abs. 2 BauGB) deutlich gemacht haben wird, in welchen Fällen sie eine Zurückstellung der eigenen städtebaulichen Belange als fehlerhaft ansehen wird. V. Fazit Die Nachbargemeinde kann eine prinzipale Kontrolle von nicht-normativen Flächennutzungsplandarstellungen, die unter Verstoß gegen ihre Rechte im Bauleitplanungsverfahren der Standortgemeinde aufgestellt wurden, erreichen, indem sie gegen die Standortgemeinde Klage mit dem Antrag erhebt, diese zur Beseitigung der fraglichen Darstellungen zu verurteilen.

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Dazu sogleich unter § 11. Dazu oben § 5. 333 Vgl. Wolff, in: dems./Decker, VwGO/VwVfG, Vor § 40 VwGO Rn. 28. 334 Abl. auch Ehlers, Jura 2006, 351 (356); und Kopp/Schenke, VwGO, Vorb § 40 Rn. 51, mit dem Hinweis darauf, andernfalls werde die Entscheidung des Gesetzgebers unterlaufen, eine erfolglose Absolvierung eines Verwaltungsverfahrens in bestimmten Fällen gerade nicht zwingend zu verlangen. 332

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

B. Feststellungsklagen? Zu prüfen bleibt, ob die Nachbargemeinde auch über eine Feststellungsklage eine Kontrolle von nicht-normativen Darstellungen eines Flächennutzungsplans erreichen kann. Denkbar335 sind dabei Klagen mit dem Antrag festzustellen, dass die beanstandete Darstellung nichtig sei (I.), dass der Nachbargemeinde ein Beseitigungsanspruch zustehe (II.), dass die Nachbargemeinde keine Beachtenspflicht im Hinblick auf den Flächennutzungsplans treffe (III.), dass die Standortgemeinde nicht zur Planaufstellung berechtigt gewesen sei (IV.), oder dass die Nachbargemeinde durch die Darstellungen in ihren Rechten verletzt worden sei (V.)336. I. Feststellung der Nichtigkeit der Darstellungen? In der Literatur finden sich Formulierungen, wonach sich eine Nachbargemeinde „gegen Darstellungen im Flächennutzungsplan“ mit der Feststellungsklage wehren könne337. Ob damit tatsächlich die Ansicht vertreten werden soll, dass „der Flächennutzungsplan“ selbst, seine Gültigkeit, zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden könne, bleibt bei Wendungen dieser Art unklar. Sollten sie so zu verstehen sein, wäre ihnen jdfs. nicht zu folgen, weil die Frage nach der Wirksamkeit einer Maßnahme, wie gezeigt, keine nach dem Bestehen eines konkreten Rechtsverhältnisses i. S. d. § 43 Abs. 1 Alt. 1 VwGO ist338.

335 Vielfach wird – was auch Schenke (s. dens., NVwZ 2007, 134 [139 Fn. 40]) bemängelt – zwar eine Feststellungsklage „wegen der Darstellungen eines Flächennutzungsplans“ oder gar „gegen einen Flächennutzungsplan“ für zulässig erklärt, ohne dabei jedoch näher zu spezifizieren, worin genau das festzustellende Rechtsverhältnis zu sehen sein soll; vgl. etwa Battis, Baurecht, S. 74; Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 48; Gaentzsch, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), BerlK-BauGB, § 2 Rn. 15; Grauvogel, in: Brügelmann, BauGB, 1987, § 2 Rn. 45; Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 5 Rn. 46; W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 56; ähnlich unklar für eine vorbeugende Feststellungsklage allgemein gegen Bauleitpläne Battis, in: dems./Krautzberger/Löhr, BauGB, § 2 Rn. 25; Stühler, VBlBW 1999, 206 (208); Reidt, LKV 1994, 93 (95); Mitschang, Bauleitplanung, S. 211; Portz/Runkel, Baurecht, Rn. 155, 215. 336 Zur darüber hinaus denkbaren Klage auf Feststellung, dass der Nachbargemeinde gegen die Standortgemeinde ein Abstimmungsanspruch zusteht, s. bereits oben unter § 7. 337 Brohm, Baurecht, § 6 Rn. 16; in diesem Sinn auch die Formulierung bei Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 17, Rn. 5 (Flächennutzungsplan als „Gegenstand einer Feststellungsklage“); und wohl bereits Hoppe, in: Wolff-FS, S. 307 (323); uneindeutig insoweit Tettinger/Erbguth/Mann, Verwaltungsrecht, Rn. 1282. 338 S. § 6 B. II.

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II. Feststellung des Beseitigungsanspruchs? Unzulässig wäre auch eine Klage der Nachbargemeinde, mit der sie festzustellen begehrte, dass sie berechtigt sei, von der Standortgemeinde die Beseitigung der Flächennutzungsplandarstellungen zu verlangen. Auch diese Klage wäre bereits unstatthaft339, weil die Feststellung eines Anspruchs nach § 43 Abs. 2 VwGO nicht begehrt werden kann, wenn der Kläger den festzustellenden Anspruch auch im Wege der Leistungsklage verfolgen kann. Letzteres muss freilich bestreiten, wer die Feststellungsklage mit dem BVerwG als der allgemeinen Leistungsklage gegenüber nicht subsidiär behandeln will, wo sich der Kläger gegen eine öffentlich-rechtliche Körperschaft wendet und mit Erhebung der Feststellungsklage keine der für Anfechtungsund Verpflichtungsklagen geltenden Zulässigkeitsvoraussetzungen zu umgehen droht340. Da sich das Gericht mit dieser Auffassung in Widerspruch zum Wortlaut des § 43 Abs. 2 VwGO begibt, will es sein Ergebnis mit einer teleologischen Reduktion stützen, die ihre Grundlage in einem „Leitgedanken“ des § 173 VwGO finden soll, wonach „jede Auslegung“ zu vermeiden sei, „die darauf hinausliefe, ohne einleuchtenden Grund im Prozeßrecht der Zivilprozeßordnung und dem der Verwaltungsgerichtsordnung unterschiedliche Übungen aufkommen zu lassen“341. Da nun im Zivilprozessrecht die Zulässigkeit einer Feststellungsklage gegen Hoheitsträger zugelassen werde, weil hier wegen Art. 20 Abs. 3 GG kein Vollstreckungsdruck erforderlich sei342, müsse im Verwaltungsprozessrecht Gleiches gelten, solange nicht durch eine solche Klage besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen spezifischer verwaltungsgerichtlicher Klagen unterlaufen würden.

339 Zur Verortung der Subsidiarität der Feststellungsklage bei der Statthaftigkeit vgl. Ehlers, Jura 2007, 179 (184); Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 18 Rn. 8; Sodan, in: dems./Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 43 Rn. 112; anders Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 43 Rn. 24 (Feststellungsinteresse). 340 Vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.1970 – VI C 8/69, BVerwGE 36, 179 (181 f.); seitdem st. Rspr., vgl. dass., Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (327 f.); dass., Urt. v. 05.12.2000 – 11 C 6/00, NVwZ 2001, 564 (565); BVerwG, Urt. v. 28.06.2000 – 11 C 13/99, BVerwGE 111, 276 (279); Lorenz, Verwaltungsprozeßrecht, § 22, Rn. 31; Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 147; Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 18, Rn. 15 f.; Würtenberger, AöR 105 [1980], 370 (386); Wolff, in: dems./ Decker, VwGO/VwVfG, § 43 VwGO Rn. 62, dort ohne eindeutige Festlegung; offen gelassen auch bei Sodan/Kluckert, VerwArch. 94 [2003], 3 (19). 341 BVerwG, Urt. v. 27.10.1970 – VI C 8/69, BVerwGE 36, 179 (181). 342 Dort in der Tat st. Rspr., vgl. insoweit RG, Urt. v. 13.05.1930 – III 291/29, RGZ 129, 31 (34), m.w. N.; BGH, Urt. v. 09.06.1983 – III Z R74/82, BGH NJW 1984, 1118 (1119); die Ansicht, dass „davon auszugehen ist, das öffentliche Stellen als Bekl. einem Urteil auch ohne Vollstreckungsdruck Folge leisten werden“, teilt nun auch das BVerfG, Beschl. v. 17.01.2006 – 1 BvR 541/02 u. a., NVwZ 2006, 922 (924).

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

Diese Auslegung des § 43 Abs. 2 VwGO überzeugt aber nicht. Die Argumentation des BVerwG erscheint bereits inkonsequent, wenn sie sich einerseits auf den „Leitgedanken“ des § 173 VwGO stützt, andererseits aber die ausdrückliche Regelung in § 43 Abs. 2 VwGO schlicht übergeht. Denn nach jener Vorschrift ist auf die ZPO gerade nur dann Bezug zu nehmen, „soweit dieses Gesetz [scil.: die VwGO] keine Bestimmungen über das Verfahren enthält“. Eine solche Bestimmung enthält aber § 43 Abs. 2 VwGO – anders als das Zivilprozessrecht343 – mit der Subsidiaritätsklausel nun einmal bereit344. Selbst wenn man diesen Widerspruch zu § 173 VwGO ignorieren und sich mit einer Betrachtung der Ratio des § 43 Abs. 2 VwGO begnügen wollte, wäre die vom BVerwG vorgeschlagene „teleologische Reduktion“ nicht überzeugend. Denn wenn es dem Gesetzgeber tatsächlich nur darum gegangen wäre, eine Umgehung der Voraussetzungen für Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zu vermeiden, ist nicht einzusehen, warum er dann die Subsidiarität gegenüber der „Gestaltungs- und Leistungsklage“ und eben nicht gegenüber den jeweils verwaltungsaktsbezogenen Unterfällen der „Anfechtungs- und Verpflichtungsklage“ angeordnet hat345. Darüber hinaus kann das BVerwG nicht belegen, dass die Argumente, welche die Zivilgerichte von der Zulässigkeit der Feststellungsklage gegen Hoheitsträger überzeugt haben – die These vom nicht erforderlichen Vollstreckungsdruck also – auch den Gesetzgeber überzeugten. Denn ihm muss bei der Normierung der VwGO bewusst gewesen sein, dass sich unter die VwGO fallende Leistungsklagen typischerweise gegen Hoheitsträger richten werden346, und dennoch hat er nicht nur einen insoweit nicht nach Vollstreckungsgegnern differenzierenden § 43 Abs. 2 VwGO, sondern gerade auch Vorschriften zur Vollstreckung gegen öffentlich-rechtliche Körperschaften geschaffen (vgl. §§ 170, 172 VwGO)347. An der in § 43 Abs. 2 VwGO – im Vergleich 343 Arg. e § 256 ZPO. S. auch ausdr. BGH, Urt. v. 09.06.1983 – III Z R74/82, BGH NJW 1984, 1118 (1119): „Indessen besteht keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungs- gegenüber der Leistungsklage.“ Im Zivilprozessrecht kann eine entsprechende Steuerung nur über das Feststellungsinteresse bewerkstelligt werden, vgl. Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 420; dens., VerwArch. 82 [1991], 308 (350); Sodan, in: dems./Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 43 Rn. 114. 344 Kritisch insoweit bereits Westbomke, Anspruch, S. 137; s. ferner Ehlers, Jura 2007, 179 (186). 345 Vgl. Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 420; vgl. auch Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 18, Rn. 11, der der Rechtsprechung „fragwürdige Spekulationen über die Ziele und Motive des Gesetzgebers“ vorwirft. 346 Vgl. Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 420; dens., VerwArch. 82 [1991], 308 (350 f.); dens., AöR 95 [1970], 223 (355); und Sodan, in: dems./Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 43 Rn. 121, der zutreffend darauf hinweist, dass das BVerwG deshalb § 43 Abs. 2 VwGO im Ergebnis fast jeden Anwendungsbereich nimmt, ein Ergebnis also, das vom Gesetzgeber kaum beabsichtigt gewesen sein kann, will man ihm nicht in methodisch fragwürdiger Weise unterstellen, nahezu überflüssige Regelungen zu schaffen; krit. insoweit auch Happ, in: Eyermann, VwGO, § 43 Rn. 43; Selb, Feststellungsklage, S. 172.

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zu § 256 ZPO spezieller und später – angeordneten Subsidiarität der Feststellungs- gegenüber der allgemeinen Leistungsklage ist deshalb festzuhalten348. Eine auf die Feststellung des Beseitigungsanspruchs zielende Klage bleibt deshalb unzulässig. III. Feststellung des Nichtbestehens der Beachtenspflicht? Teilweise wird vorgeschlagen, der Nachbargemeinde eine Klage auf Feststellung der „Unbeachtlichkeit“ der Flächennutzungsplandarstellungen zuzugestehen349. Wenn darin schlicht die Umschreibung einer Klage zu sehen wäre, die auf die Feststellung der Nichtigkeit der Flächennutzungsplandarstellungen zielte, so wäre sie schon aus den zuvor genannten Gründen mangels „Rechtsverhältnisses“ unstatthaft350. Der Urheber dieses Vorschlags, Fingerhut, hat sie aber wohl noch in einem anderen Sinne verstanden. Er ging nämlich davon aus, dass der Nachbargemeinde im Falle eines abstimmungswidrig zustande gekommenen Bauleitplans der Standortgemeinde ein Anspruch „auf eine Klarstellung dahingehend“, zustehe, dass „sich aus der Anwendung des § 2 Abs. 4 BBauG auf die konkrete Planungssituation keine Berechtigung zum Beschluß der Bauleitplanung ergab und daß deshalb bei eigener Planung eine Berücksichtigungsverpflichtung der Nachbargemeinde im Sinne des § 2 Abs. 4 BBauG bezüglich der rechtswidrigen Bauleitplanung nicht besteht“351. Die „Unbeachtlichkeitsfeststellungsklage“ dürfte daher weniger auf eine Feststellung der Unwirksamkeit der Darstellungen 347 Darauf weisen Ehlers, Jura 2006, 351; ders., Jura 2007, 179 (186); Sodan, in: dems./Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 43 Rn. 121, und Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 43 Rn. 26, hin; ebenso VG Stuttgart, Urt. v. 26.04.2004 – 4 K 244/04, juris-Tz. 12: „Es widerspricht dem eindeutigen Wortlaut des § 43 Abs. 2 VwGO, die Subsidiarität der Feststellungsklage allein mit der Begründung zu verneinen, juristische Personen des öffentlichen Rechts würden als Beklagte auch nicht vollstreckungsfähige Urteile beachten“; vgl. auch Happ, in: Eyermann, VwGO, § 43 Rn. 43: „Die obergerichtliche Rechtsprechung hat keinen Grund, in stärkerem Maße auf die ,Gerichtstreue‘ der Behörden zu bauen, als die VwGO das tut.“; s. auch Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 18 Rn. 11: „Das ,Rechtstreueargument‘ ist so wenig überzeugend wie andere Varianten des ,da nicht sein kann, was nicht sein darf‘.“; ähnlich bereits Westbomke, Anspruch, S. 138. 348 Im Ergebnis ebenso Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 420; ders., VerwArch. 82 [1991], 308 (350 f.); ders., VerwArch. 98 [2007], sub II.a.ee.(2); Sodan, in: dems./Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 43 Rn. 121; Selb, Feststellungsklage, S. 172; Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 43 Rn. 26; Ehlers, Jura 2006, 351; Ehlers, Jura 2007, 179 (186); Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 18 Rn. 10 ff., 34 f.; Westbomke, Anspruch, S. 137 f.; krit. auch Happ, in: Eyermann, VwGO, § 43 Rn. 43. 349 Fingerhut, Gemeindenachbarklage, S. 126. 350 Vgl. Schenke, NVwZ 2007, 134 (139); s. auch Kopp/Schenke, VwGO, § 43 Rn. 8, zur Unzulässigkeit einer Klage, mit der festgestellt werden soll, dass eine Norm „gegenüber dem Kläger unwirksam ist“. 351 Fingerhut, Gemeindenachbarklage, S. 114 f.

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zielen, sondern auf die Feststellung des Nichtbestehens der Pflicht der Nachbargemeinde gegenüber der Standortgemeinde, ihre – der Nachbargemeinde – Pläne mit denen jener Standortgemeinde abzustimmen. Mit dieser sich aus § 2 Abs. 2 BauGB ergebenden interkommunalen Pflicht der Nachbargemeinde gegenüber der Standortgemeinde ist durchaus ein Rechtsverhältnis i. S. d. § 43 Abs. 1 VwGO bezeichnet352, sodass eine solche Klage – anders als die oben erwogene „Nichtigkeitsfeststellungsklage“353 – aus diesem Grund jdfs. nicht als unstatthaft abgetan werden kann. Eine Klage dieses Inhalts würde auch nicht an der Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 VwGO scheitern, weil diese nur dann greift, wenn Leistungs- und Feststellungsklage dasselbe Recht zum Gegenstand haben354. Die oben erwogene Leistungsklage hat aber das Recht der Nachbargemeinde auf Beseitigung zum Gegenstand, die „Unbeachtlichkeitsfeststellungsklage“ dagegen das Recht der Standortgemeinde darauf, dass die Nachbargemeinde ihre Bauleitpläne dem Flächennutzungsplan der Standortgemeinde abstimmt – oder spiegelbildlich die Pflicht der Nachbargemeinde, diesen Plan zu beachten. Unzulässig ist die von Fingerhut vorgeschlagene Feststellungsklage dennoch, weil es der Nachbargemeinde an dem für eine solche Feststellung nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderlichen „berechtigten Interesse“ an einer „baldigen“ Feststellung fehlt. Das Interesse gerade an der „baldigen“ Feststellung liegt nur vor, wenn das Bedürfnis des Klägers nach Klarstellung der Rechtslage bereits in der Gegenwart oder für eine nicht ferne Zukunft besteht355. Wenn aber die Nachbargemeinde lediglich geltend macht, dass sie irgendwann einmal in der Zukunft, wenn sie selbst einen Bauleitplan aufstellen sollte, bei der dann erforderlichen Abwägung nach § 2 Abs. 2 BauGB den Flächennutzungsplan der Standortgemeinde nicht beachten wolle, bliebe unklar, ob sie eine solche Abwägung überhaupt einmal – und wenn ja, wann – wird durchführen müssen. Dieses Hindernis mag freilich im Einzelfall noch überwunden werden können, wenn die Nachbargemeinde etwa darlegen kann, dass sie selbst kurz vor 352 Vgl. nur Karpen, NJW 1986, 881 (885): „Das in § 2 IV BBauG enthaltene Abstimmungsgebot begründet im Verhältnis zwischen den beteiligten Gemeinden Pflichten und Ansprüche; es schafft ein Rechtsverhältnis“. 353 S. § 10 B. I. 354 Vgl. Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 416; weniger streng BVerwG, Urt. v. 12.07.2000 – 7 C 3/00, DÖV 2001, 297 f., wo auch eine Klage auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit von Verwaltungshandeln als gegenüber einer Leistungsklage auf Ersatz des aus dem Verwaltungshandelns resultierenden Schadens als subsidiär behandelt wurde, obwohl der ursprünglich verfolgte Unterlassungsanspruch nicht mit dem Schadensersatzanspruch identisch ist; grds. ebenso Sodan/Kluckert, VerwArch. 94 [2003], 3 (17 f.), mit dem Argument, dass der Feststellungsprozess in solchen Fällen eine Vorfrage des Ersatzanspruchs betreffe. 355 Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 18, Rn. 11; ähnl. Ehlers, Jura 2007, 179 (187).

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dem Beginn einer Bauleitplanung stehe. Doch auch dann fehlt ihr für eine „Nichtbeachtungsfeststellungsklage“ das „berechtigte“ Interesse. Denn mit diesem Tatbestandsmerkmal hat der Gesetzgeber nur eine besondere Ausprägung des für jede Klage erforderlichen Rechtsschutzbedürfnisses normiert356, das die Zulässigkeit einer Klage ausschließt, wenn dem Kläger ein einfacherer oder effektiverer Weg zum Schutz seiner Rechte zur Verfügung steht357. Auch § 43 Abs. 2 VwGO ist insoweit ein Ausdruck der Bestrebung des Gesetzgebers, im Interesse der Prozessökonomie zu verhindern, dass eine andernfalls drohende Häufung von Klagen durch die Konzentration auf ein Verfahren verhindert werden soll, wenn dieses dazu geeignet ist, den Rechtsstreit zwischen den Beteiligten umfassend zu klären358. Unabhängig von dem Streit um das exakte Verhältnis von Feststellungs- und Leistungsklage besteht denn daher auch Einigkeit darin, dass „immer der sachnähere und effektivere Weg zur Klärung der streitigen Sach- und Rechtsfrage gewählt werden“ soll359. Berücksichtigt man nun, dass die Nachbargemeinde gegen die Standortgemeinde eine Leistungsklage erheben kann, die auf Beseitigung der Darstellungen gerichtet ist, muss die von Fingerhut vorgeschlagene „Nichtbeachtungsfeststellungsklage“ als uneffektiverer Weg ausscheiden. Bereits wenn man das Ziel der Nachbargemeinde darin sehen wollte, dass sie die fraglichen Darstellungen bei der eigenen Aufstellung nicht nach § 2 Abs. 2 BauGB berücksichtigen muss, müsste es wohl zur Erreichung dieses Ziels am effektivsten angesehen werden, wenn diese Darstellungen beseitigt werden. Entscheidend kommt hinzu, dass eine solche Zieldefinition ohnehin zu eng wäre, weil es der Nachbargemeinde zwar auch, aber keineswegs nur darum gehen wird, von der Beachtung der Flächennutzungsplandarstellungen befreit zu werden, sondern auch zu verhindern, dass dieser Plan zur Grundlage der weiteren städtebaulichen Entwicklung auf dem Gebiet der Standortgemeinde gemacht wird. Das hat auch Fingerhut nicht anders gesehen, wie sich zeigt, wenn man den Hintergrund seines Vorschlags näher betrachtet. Er griff nämlich nur deshalb auf die „Unbeachtlichkeitsfeststellungsklage“ zurück, weil er der Ansicht war, dass ein unter Verletzung des § 2 Abs. 2 BauGB zustande gekommener Bauleitplan keinen Beseitigungsanspruch der Nachbargemeinde, sondern ledig356 S. Ehlers, Jura 2007, 179 (186 u. insb. 189): „[A]lle Gesichtspunkte des Rechtsschutzinteresses [sind] bereits im Rahmen der Prüfung des berechtigten Feststellungsinteresses zu berücksichtigen“. 357 Vgl. § 6 B. I. 5. 358 Vgl. BVerwG, Urt. v. 12.07.2000 – 7 C 3/00, DÖV 2001, 297; Sodan, in: dems./Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 43 Rn. 113; Happ, in: Eyermann, VwGO, § 43 Rn. 41; Selb, Feststellungsklage, S. 168. 359 Vgl. Sodan/Kluckert, VerwArch. 94 [2003], 3 (17); Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, § 18, Rn. 14 a. E.; Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 147; zum „Vorrang der rechtsschutzintensiveren Klageart“ s. auch Selb, Feststellungsklage, S. 168; Wolff, in: dems./Decker, VwGO/VwVfG, § 43 VwGO Rn. 63.

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lich den oben zitierten „Klarstellungsanspruch“ auslöse360. Da er sich mit dieser Entscheidung den Weg hin zu einer auf Darstellungsbeseitigung gerichteten Leistungsklage abschnitt, blieb ihm zwar konstruktiv in der Tat nichts anderes übrig, als auf die genannte Feststellungsklage auszuweichen. Das ändert aber nichts daran, dass auch er davon ausging, dass die Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der eigenen Abstimmungspflicht nur dazu dient, möglichst nahe an das von ihm zwar als nicht erreichbar angesehene, aber als eigentlich zu verfolgendes erkannte Ziel der Nachbargemeinde heranzureichen – an die Beseitigung der fraglichen Darstellungen nämlich. Besteht aber das eigentliche Ziel der Nachbargemeinde darin, den nachbarlichen Flächennutzungsplan nicht nur bei der eigenen Planung nicht beachten zu müssen, sondern ihn insgesamt zu beseitigen, kann sie dies am effektivsten dadurch erreichen, dass sie eben auch eine auf Beseitigung gerichtete Leistungsklage erhebt. Dem Ziel der Prozessökonomie liefe es zuwider, wenn man der Nachbargemeinde „jetzt“ eine Feststellungsklage auf „Nichtbeachtung“ des Flächennutzungsplans bei der eigenen Bauleitplanung zugestehen würde, um dann Gefahr zu laufen, dass sich dieselbe Gemeinde „später“ der Sache nach gegen denselben Plan wendet, weil ihn die Standortgemeinde nun zur Grundlage ihrer städtebaulichen Entwicklung macht. Selbst wenn man also § 43 Abs. 2 VwGO im vorliegenden Fall für nicht einschlägig hielte, müsste man der Leistungsklage zumindest im Hinblick darauf den Vorrang einräumen, dass der Nachbarklage für eine Feststellungsklage des Rechtsschutzbedürfnis fehlt. IV. Feststellung der Nichtberechtigung zur Planaufstellung? Scheitern muss auch eine Klage der Nachbargemeinde, mit der sie beantragt festzustellen, dass die Gemeinde nicht berechtigt gewesen sei, die schließlich bekannt gemachten Plandarstellungen aufzustellen361. Eine solche Feststellungsklage wäre bereits unstatthaft. Wenn man nicht schon davon ausgehen wollte, dass mit einem solchen Antrag der Sache nach – in, wie gezeigt, unzulässiger Weise362 – die Feststellung der Nichtigkeit der Darstellungen begehrt wird, müsste man die Statthaftigkeit eines solchen Antrags zumindest deshalb verneinen, weil auch das „Recht der Gemeinde, einen Flächennutzungsplan aufzustellen“, nach dem oben zur Normerlassbefugnis Gesagten auch in Bezug auf nicht-normative Darstellungen kein konkretes „Rechtsverhältnis“ im oben definierten Sinne, sondern ein Zustand ist363. 360

Vgl. Fingerhut, Gemeindenachbarklage, S. 114. In diese Richtung wohl Peine, Öffentliches Baurecht, Rn. 636 f.; Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 48. 362 S. § 10 B. I. 363 S. oben unter § 5 C. I. 361

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Selbst wenn man dem nicht folgen wollte, scheitert die Feststellungsklage jdfs. am mangelnden Feststellungsinteresse der Nachbargemeinde364. Denn auch hier kann die Nachbargemeinde mit einer Feststellung des Inhalts, die Standortgemeinde sei zur Aufstellung der fraglichen Darstellungen nicht berechtigt gewesen, ihr eigentliches Ziel nur partiell erreichen. Ein entsprechendes Feststellungsurteil mag sie zwar angesichts seiner inter-partes-Wirkung davon entbinden, den Flächennutzungsplan der Standortgemeinde bei ihrer eigenen künftigen Bauleitplanung zu berücksichtigen. Sollte die Standortgemeinde aber dennoch dazu übergehen, auf der Grundlage des Flächennutzungsplans die städtebauliche Ordnung weiterzuentwickeln, hülfe der Nachbargemeinde das Feststellungsurteil nicht, und sie wäre gezwungen, erneut Klage zu erheben. Der Versuch, diese Gefahr mit dem Hinweis darauf abzutun, dass sich eine Standortgemeinde als Teil der öffentlichen Hand stets an ein Feststellungsurteil halten und ihren Flächennutzungsplan nicht mehr heranziehen werde, wäre dabei an dieser Stelle genauso wenig überzeugend, wie er es in der Debatte um die Auslegung des § 43 Abs. 2 VwGO war365. Jene Gefahr lässt sich endgültig vielmehr nur dadurch ausräumen, dass die Nachbargemeinde die Standortgemeinde auf Beseitigung der Darstellungen verklagt und ein obsiegendes Urteil nötigenfalls vollstrecken lässt. Da die Nachbargemeinde dazu, wie gezeigt, in der Lage ist, fehlt ihr für eine Feststellungsklage der hier erörterten Art das „berechtigte Interesse“ i. S. d. § 43 Abs. 1 VwGO366. V. („Atypische“) Feststellung der „normbedingten Rechtsverletzung“? In Bezug auf untergesetzliche Rechtsvorschriften, die nicht unter § 47 Abs. 1 VwGO fallen, hat die Rechtsprechung allerdings Klagen akzeptiert, mit denen beantragt wurde festzustellen, dass eine Rechtsvorschrift, die der Kläger für nichtig hielt und die nicht (zwingend) auf weitere Vollzugsakte angewiesen war, ihn in seinen Rechten verletzt. So hat das BVerwG einen Feststellungsantrag als statthaft behandelt, mit dem ein Grundstückseigentümer geltend machte, von der durch eine Rechtsverordnung des Bundes erfolgten Festlegung einer

364 Im Ergebnis lässt auch Schenke, NVwZ 2007, 134 (140), diese Feststellungsklage jdfs. grundsätzlich am fehlenden Rechtsschutzbedürfnis scheitern. 365 Vgl. dazu unter § 10 B. II. 366 Teils wird erwogen, eine solche Feststellungsklage ausnahmsweise dann zuzulassen, wenn die Verletzung des Abstimmungsgebots bei der Aufstellung des Flächennutzungsplans wegen § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB unbeachtlich sei und der Kläger dennoch ein berechtigtes Interesse an einer entsprechenden Feststellung habe (vgl. Schenke, NVwZ 2007, 134 [140]). Diese Ausnahme kann indes jdfs. auf der Grundlage der hier vertretenen Ansicht nicht zum Tragen kommen, wonach eine gegen § 2 Abs. 2 BauGB verstoßende Darstellung mangels Anwendbarkeit des § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB stets unwirksam ist (s. § 3 A., B.). Es bleibt somit bei der generellen Unzulässigkeit einer solchen „Nichtberechtigungsfeststellungsklage“.

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

Flugstrecke „in seinen Rechten verletzt“ zu sein367. Darauf Bezug nehmend wurden in der jüngsten oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung „atypische Feststellungsklagen gegen den [. . .] Normgeber“ für statthaft erachtet, die sich gegen eine Rechtsverordnungen des Bundes zum sog. Dosenpfand richten sollten, die unmittelbar Pfand- und Rücknahmepflichten für Abfüller und Vertreiber bestimmter Getränke begründeten368. Und selbst das BVerfG ist – zumindest auf den ersten Blick in dieselbe Richtung stoßend – inzwischen der Auffassung, dass „vor den Verwaltungsgerichten eine Feststellungsklage [. . .] unmittelbar gegen die Bundesrepublik Deutschland“ gerichtet werden könne, mit dem Ziel festzustellen, dass der Kläger durch eine Bundesverordnung in seinen „subjektiven Rechten, nämlich [seinem] Grundrecht aus Art. 3 [Abs. 1] GG verletzt“ sei369. Auf dieser Grundlage ist zu erwägen, ob nicht auch die Nachbargemeinde beantragen kann festzustellen, durch nicht-normativen Darstellungen in ihren Rechten verletzt zu sein370. Eine solche Klage aber ist unstatthaft371. Der Kläger im Ausgangsverfahren zum einleitend erwähnten Flugrouten-Fall des BVerwG hatte nämlich zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die fraglichen Bestimmungen aufzuheben, und begehrte nur hilfsweise festzustellen, dass die fragliche Bestimmung „nichtig ist und ihn in seinen Rechten verletzt“, und hatte diesen Antrag schließlich erst in der Revision umformuliert und auf

367 Vgl. BVerwG, Urt. v. 28.06.2000 – 11 C 13/99, juris-Tz. 20 f., wo der Kläger beantragte festzustellen, „dass die Festlegung der Abflugstrecke NOR von der Startbahn 14 in § 3 Abs. 2 Nr. 3 der 147. Durchführungsverordnung zur Luftverkehrsordnung den Kläger in seinen Rechten verletzt.“ (insoweit in BVerwGE 111, 276 ff. nicht abgedruckt); ebenso dass., Urt. v. 26.11.2003 – 9 C 6/02, juris-Tz. 27 (insoweit in BVerwGE 119, 245 ff. nicht abgedruckt); dem BVerwG im Ergebnis folgend Fellenberg/Karpenstein, NVwZ 2006, 1133 (1134 f.); Sydow/Fiedler, DVBl. 2006, 1420 (1423). Vgl. auch Maurer, in: Univ. Tübingen (Hrsg.), Kern-FS, S. 275 (305 ff.), der bereits die Entwicklung einer „Feststellungsklage eigener Art“ angeregt hatte, vermittels derer der Kläger die Feststellung anstreben könne, dass eine (untergesetzliche) Rechtsnorm ihm gegenüber ungültig sei. 368 Vgl. VGH Kassel, Urt. v. 09.03.2006 – 6 UE 3281/02, NVwZ 2006, 1195 (1198 f.). 369 BVerfG, Beschl. v. 17.01.2006 – 1 BvR 541/02 u. a., NVwZ 2006, 922 (924); zust. Ehlers, Jura 2007, 179 (185 f.); Seiler, DVBl. 2007, 538 (539). 370 Möglicherweise in diesem Sinne Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 5 Rn. 46, wenn es dort – leider ohne weitere Präzisierung – heißt, die Nachbargemeinde könne eine Feststellungsklage „wegen der Darstellung eines Flächennutzungsplan“ erheben, „soweit sie die aus § 2 Abs. 2 S. 2 begründete Pflicht verletzt sieht“; diesem – ebenfalls ohne Vertiefung – folgend W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 56. 371 Dies kann hier freilich nicht mit dem in Bezug auf eine gegen Rechtsvorschriften bezogene atypischen Feststellungsklage vorgetragenen Argument begründet werden, dass bei Zulassung einer solchen Klage eine Umgehung des § 47 VwGO drohe (vgl. Schenke, JZ 2006, 1004 [1012]; dens., UTR 12 [1990], 69 [92]), weil es an dieser Stelle gerade nur um nicht-normative Darstellungen geht.

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die Feststellung der Rechtsverletzung beschränkt372. Daran zeigt sich, dass die „Rechtsverletzungsfeststellungsklage“ nur ein ausweichendes Hilfsmittel des Klägers war, dessen eigentliches Ziel in der Beseitigung der ihn beeinträchtigenden Regelungen bestand. Da die Nachbargemeinde dieses Ziel aber im Hinblick auf nicht normative Darstellungen im Wege der Leistungsklage erreichen kann, fehlte ihr für eine im Vergleich dazu weniger rechtsschutzintensive Feststellungsklage das rechtliche Interesse nach § 43 Abs. 1 VwGO, wenn man nicht auch diesen Fall schon unter die Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 VwGO fallen lassen wollte. Dafür spricht auch eine nähere Betrachtung der Gründe, die das BVerwG zur Zulassung des Feststellungsantrags bewogen haben. Das Gericht ging nämlich ebenfalls davon aus, dass der Kläger auf eine Feststellungsklage zu verweisen sei, weil ein auf Beseitigung der Bestimmung gerichteter Leistungsantrag ausscheiden müsse373. Eine solche Leistungsklage lehnte es einmal ab, weil eine nichtige Norm nicht existiere und deshalb nicht mehr beseitigt werden könne, und zum anderen deshalb, weil § 47 Abs. 1 VwGO die Wertung enthalte, dass Rechtsvorschriften stets nur im Wege einer Feststellungsklage angegriffen werden könnten374. Dass indes beide Argumente nicht überzeugen, weil einmal verkannt wird, dass eine nichtige Norm gerade keine Nichtnorm ist, ein anderes mal, dass der Schluss von § 47 Abs. 1 VwGO auf von ihm gerade nicht erfassten Fällen nicht überzeugt, wurde bereits an andere Stelle gezeigt375. Sind diese tragenden Gründe aber ausgeräumt, ist auf die auch vom BVerwG als eigentlich in Betracht kommend erkannte Leistungsklage zurückzugreifen. Selbst wenn man dem nicht folgen wollte, bliebe zu berücksichtigen, dass der Kläger – wie sich aus seinem ersten Hilfsantrag ergibt – im oben geschilderten Ausgangsfall eigentlich eine Feststellung der Nichtigkeit der fraglichen Regelungen zu erreichen suchte376. Dass damit aber eine im Ergebnis unstatthafte Klärung einer abstrakten Rechtsfrage gesucht wird, wurde bereits oben gezeigt377. Der Versuch, aus dieser abstrakten Frage eine „konkrete“ zu machen, indem auf die individuelle Rechtsverletzung abgestellt wird, überzeugt nicht378, 372 Vgl. BVerwG, Urt. v. 28.06.2000 – 11 C 13/99, juris-Tz. 3 ff. (insoweit in BVerwGE 111, 276 ff. nicht abgedruckt). 373 Vgl. BVerwG, Urt. v. 28.06.2000 – 11 C 13/99, BVerwGE 111, 276 (278 f.). 374 Vgl. BVerwG, Urt. v. 28.06.2000 – 11 C 13/99, BVerwGE 111, 276 (279). 375 S. dazu unter § 10 A. I. 376 Auch Fellenberg/Karpenstein, NVwZ 2006, 1133 (1135), die dem BVerwG im Ergebnis beipflichten, erkennen an, dass die „atypische Feststellungsklage gegen den Normgeber [. . .] damit zwar der Form nach als Inzidentkontrolle ausgestaltet, in den Voraussetzungen jedoch einer prinzipalen Normenkontrolle angenähert“ sei. 377 Vgl. oben § 10 B. I., und zum o. g. Urteil des BVerfG Schenke, JZ 2006, 1004 (1012, Fn. 37). 378 Selbst Fellenberg/Karpenstein, NVwZ 2006, 1133 (1135), die dem BVerwG im Ergebnis beipflichten, erkennen an, dass das „Erfordernis eines konkreten Rechtsver-

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

denn auch eine Rechtsverletzung als solche ist nur ein Zustand, aber keine rechtliche Relation. Zu einem Rechtsverhältnis wird erst der aus dieser Rechtsverletzung beruhende Anspruch des Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung. Läuft aber die vom BVerwG akzeptierte „Rechtsverletzungsfeststellungsklage“ letztlich darauf hinaus, den Beseitigungsanspruch des Klägers festzustellen, muss sie nach dem oben zum Verhältnis von Leistungs- und Feststellungsklage Gesagten379 unzulässig sein380. In jüngerer Zeit wird freilich argumentiert, eine „atypische“ Feststellungsklage gegen den untergesetzlichen Normgeber sei unter bestimmten Voraussetzungen aus verfassungsrechtlichen Gründen zu akzeptieren. Da nämlich Art. 19 Abs. 4 GG (zumindest) die exekutive Normsetzung als einen Akt der „Ausübung öffentlicher Gewalt“ erfasse381, müsse eine Feststellungsklage gegen den Normgeber trotz der Bedenken im Hinblick auf das „konkrete Rechtsverhältnis“ und die Subsidiaritätsklausel zugelassen werden, wenn eine prinzipale Normenkontrolle des fraglichen Rechtssatzes nach § 47 VwGO ausscheide und eine inzidente Kontrolle im Rahmen eines Vollzugsstreits entweder nicht möglich oder jdfs. kein effektives Mittel zur Gewährleistung von Rechtsschutz sei382. Ob sich auf diesem Wege tatsächlich für bestimmte Fallgruppen eine „atypische Feststellungsklage gegen den Normgeber“ rechtfertigen lässt, die der Sache nach sowohl die Tatbestandsvoraussetzungen des § 43 Abs. 1 VwGO und die Ein-

hältnisses nach § 43 I VwGO [. . .] faktisch unberücksichtigt gelassen“ wurde (Hervorhebung im Original); in den „Dosenpfand“-Fällen hat denn auch der VGH Kassel, Urt. v. 09.03.2006 – 6 UE 3281/02, NVwZ 2006, 1195 (1198), anerkannt, dass die Kläger „nicht [. . .] über Inhalt und Umfang konkreter Pflichten im Einzelfall“ streiten wollten. 379 S. § 10 B. II. 380 Gegen eine „atypische Feststellungsklage, die darauf gerichtet ist, daß der Kläger durch eine Norm in seinen Rechten verletzt ist“ im Ergebnis auch Kopp/Schenke, VwGO, § 43 Rn. 8 u. § 47 Rn. 9; Schenke, Rechtsschutz, 248 f. Von Pielow, DV 1999, 445 (471), wird zwar in diesem Fällen die Zulässigkeit einer „(Feststellungs-) Klage atypischer Art“ (sogar mit allgemeinverbindlicher Bindungswirkung) erwogen, er will diesen Weg aber auch nur dann als „ultima ratio“ einschlagen, wenn man – mit dem BVerwG – eine Leistungsklage verneint. Da er letzteres aber – im Ergebnis wie hier – bejaht, ist auch auf dem Boden seiner Ansicht der Weg zu einer solchen Klage, bei der man den Begriff der Rechtsverhältnisses „lückenschließend weit interpretiere[en]“ müsste, nicht notwendig. 381 Was das BVerfG inzwischen in der Tat ausdrücklich bejaht (vgl. dass., Beschl. v. 17.01.2006 – 1 BvR 541/02 u. a., NVwZ 2006, 922 [923]), nachdem es die Frage früher offen gelassen (BVerfG, Beschl. v. 27.07.1971 – 2 BvR 443/70, BVerfGE 31, 364 [367 f.]) oder doch noch nicht eindeutig beantwortet hatte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 – 2 BvR 397 u. a./82, BVerfGE 70, 35 [56 f.]). Insoweit zust. Schenke, JZ 2006, 1004 (1005). 382 So Fellenberg/Karpenstein, NVwZ 2006, 1133 (1134 f.), die für die erste Fallgruppe die eingangs dieses Abschnitts genannten Flugroutenentscheidungen des BVerwG anführen und sich für die zweite auf die dort ebenfalls erwähnten neueren Entscheidungen des BVerfG bzw. der Obergerichte zum sog. „Dosenpfand“ berufen.

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schränkungen des § 43 Abs. 2 VwGO ignoriert, erscheint angesichts der Bindung der Gerichte (auch) an „das“ in der VwGO normierte „Gesetz“ einigermaßen zweifelhaft383. Doch selbst wenn man es für angezeigt halten will, die Klagearten der VwGO unter dem Eindruck des Art. 19 Abs. 4 GG in bestimmten Situationen „im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung behutsam zu erweitern bzw. weiter zu entwickeln“384, kann dies für den hier erörterten Bereich jdfs. nicht dazu führen, eine solche Klage gegen den Ortsgesetzgeber zu rechtfertigen, weil ein vergleichbarer „ganz besonderer Ausnahmefall“385 insoweit nicht vorliegt. Denn unabhängig davon, dass es an dieser Stelle ohnehin nur um nicht-normative Darstellungen geht, liegen die Gründe, die für einige zur Annahme einer atypischen Feststellungsklage führen müssen, hier nicht vor. Zwar kommt ein Antrag nach § 47 VwGO gegen die hier erörterten Darstellungen in der Tat nicht in Betracht. Jedoch ist gegen diese Planvorgaben über die allgemeine Leistungsklage eine Rechtsschutzmöglichkeit gegeben, die auch effektiv ist. Wenn in jüngster Zeit diskutiert wird, ob die Möglichkeit eines inzidenten Rechtsschutzes gegen Vollzugsmaßnahmen bestimmter untergesetzlicher Rechtssätze nicht ausreichen, handelt es sich dabei durchweg um Fälle, in denen man davon ausging, dass „nur eine zentralisierte Feststellungsklage gegen den [. . .] Normgeber divergierende Gerichtsentscheidungen und eine übermäßige Inanspruchnahme gerichtlicher Ressourcen durch ,flächendeckende‘ [K]lagen gegen Vollzugsbehörden im gesamten Bundesgebiet“386 verhindern könne387. In Fällen der vorliegenden Art kann es aber von vornherein nicht dazu kommen, dass die Nachbargemeinde Rechtsschutz nur durch eine Vielzahl von Klagen an unterschiedlichen Gerichten suchen kann. Denn sowohl für eine Beseitigungsklage als auch für eventuelle Anfechtungsklagen gegen im Plangebiet erteilte Baugenehmigungen ist stets ein und dasselbe Verwaltungsgericht zuständig (vgl. §§ 45, 52 Nr. 3, 383 Keinen „Korrekturbedarf“ i. S. solcher Klagen sieht denn auch Weidemann, NVwZ 2006, 1259 ff. 384 VGH Kassel, Urt. v. 09.03.2006 – 6 UE 3281/02, NVwZ 2006, 1195 (1198). 385 Nur für einen solchen will der VGH Kassel, Urt. v. 09.03.2006 – 6 UE 3281/02, NVwZ 2006, 1195 (1199), die „atypische Feststellungsklage gegen den Normgeber“ zulassen. 386 Fellenberg/Karpenstein, NVwZ 2006, 1133 (1135); vgl. etwa die Ausführungen des VGH Kassel, Urt. v. 09.03.2006 – 6 UE 3281/02, NVwZ 2006, 1195 (1198), der für die Zulässigkeit einer „atypischen Feststellungsklage gegen den Bund“ das auf Art. 19 Abs. 4 GG bezogene Argument anführte, dass die Kläger andernfalls „gegen 58 verschiedene Abfallbehörden“ vorgehen müssten, „deren Handeln auch nicht dem gleichen Rechtsträger zuzurechnen wäre“. 387 Freilich schon gegen die These, in solchen Fällen von einer Art. 19 Abs. 4 GG zuwiderlaufenden „Ineffektivität“ des inzidenten Rechtsschutzes auszugehen, Weidemann, NVwZ 2006, 1259 (1261), der zutreffend darauf hinweist, dass die erwähnte obergerichtliche Rechtsprechung, die eine Feststellung des „Normgebungs-Rechtsverhältnisses“ zulasse, von der ständigen Rechtsprechung aller Senate des BVerwG abweiche und daher abzulehnen sei, solange nicht der Große Senat anders entscheide.

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

5 VwGO). Es ist also nicht denkbar, dass der oben befürwortete Rechtsschutz über eine allgemeine Leistungsklage vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG als derart unzureichend anzusehen wäre, dass er zur Zulassung einer „atypischen“ Feststellungsklage nötigen würde, die nur unter Missachtung des Wortlauts des § 43 VwGO konstruiert werden könnte. Auch der dem BVerfG jüngst unterbreitete Rechtsstreit, der ihm Gelegenheit gab sich zu den Klagearten der VwGO zu äußern388, bietet keinen Anlass, in der hier interessierenden Konstellation eine Klage auf Feststellung der „normbedingten Rechtsverletzung“ zuzulassen. In dem diesem Rechtsstreit zugrundeliegenden Ausgangsverfahren begehrten die Kläger bestimmte Agrarbeihilfen und erhoben dazu Verpflichtungsklagen, die abgewiesen wurden. Das Verwaltungsgericht kam zwar zu dem Schluss, dass die die Beihilfenvergabe regelnde Bundesverordnung wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig sei, sah sich aber dennoch daran gehindert, im Sinne der Kläger zu entscheiden, weil es aus Gründen der Gewaltenteilung dem Normgeber überlassen bleiben müsse, wie er die aus der Verfassungswidrigkeit folgende Lücke zu schließen gedenke. In dieser Situation will das BVerfG den Klägern (bzw. dann Beschwerdeführern) wegen des Subsidiaritätsgrundsatzes aus § 90 Abs. 2 S. 1 BVerfGG eine Verfassungsbeschwerde versagen, solange sie nicht eine Feststellungsklage gegen den Normgeber gerichtet haben, mit der festgestellt werde, dass die Kläger durch die Verordnung in ihren „subjektiven Rechten, nämlich ihrem Grundrecht aus Art. 3 [Abs. 1] GG verletzt“ seien, oder „dass das Recht der Kläger auf Gleichbehandlung den Erlass oder die Änderung einer Rechtsverordnung gebiete“389. Hieran zeigt sich zum einen, dass es dem BVerfG trotz der von ihm zuerst verwendeten, wohl unglücklich gewählten Formulierung in der Sache nicht darum ging, eine „atypische Feststellungsklage“ auf normbedingte Rechtsverletzung zuzulassen, sondern eine Klage auf die Feststellung eines Normerlassanspruchs390; ein solches Recht erfüllt in der Tat die Voraussetzungen für ein konkretes „Rechtsverhältnis“ i. S. d. § 43 Abs. 1 VwGO, nötigt also nicht zur Zulassung einer gegen den Wortlaut jener Vorschrift entwickelten Klageart. Daran zeigt sich zugleich, dass der Grund, der das BVerfG zur Diskussion einer Feststellungsklage bewogen hat – die an Art. 19 Abs. 4 GG gemessene Unzulänglichkeit anderer Klagewege nämlich –, im interkommunalen Verhältnis ohnehin nicht vorliegt, weil die Nachbargemeinde dort, wie gezeigt, 388

Vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.01.2006 – 1 BvR 541/02 u. a., NVwZ 2006, 922 ff. BVerfG, Beschl. v. 17.01.2006 – 1 BvR 541/02 u. a., NVwZ 2006, 922 (924) – Hervorhebung durch den Verf. 390 S. dazu Schenke, JZ 2006, 1004 (1012, Fn. 37); vgl. ferner Weidemann, NVwZ 2006, 1259 (1261), der ebenfalls herausstellt, dass der Beschluss des BVerfG – wie im Übrigen auch die Flugroutenentscheidungen des BVerwG – einen Fall der „unechten Normerlassklage“ betrifft. Das Begehren des Klägers ist dann ein anderes als bei der hier erörterten, auf Feststellung der Nichtigkeit oder der normbedingten Rechtsverletzung zielenden Intention. 389

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mit der allgemeinen, auf Beseitigung gerichteten Leistungsklage durchaus über Möglichkeiten des effektiven Rechtsschutzes gegen nicht-normative Flächennutzungsplandarstellungen verfügt. Auch die jüngsten Äußerungen des BVerfG zu den verwaltungsprozessualen Klagemöglichkeiten bieten also keinen Anlass dazu, die atypischen Klage auf Feststellung der „normbedingten Rechtsverletzung“ trotz der oben formulierten Bedenken als zulässig zu behandeln. VI. Fazit zum Rechtsschutz im Wege der Feststellungsklage Als Ergebnis der vorstehenden Erwägungen kann zusammengefasst werden, dass die Feststellungsklage entgegen der ständigen Rechtsprechung und überwiegenden Meinung in der Literatur kein geeignetes Mittel darstellt, mit dem die Nachbargemeinde repressiven Rechtsschutz gegen nicht-normative Flächennutzungsplandarstellungen erlangen kann.

C. Normenkontrolle des aus dem Flächennutzungsplan entwickelten Bebauungsplans? Als Möglichkeit der Nachbargemeinde, eine Flächennutzungsplandarstellung inzident kontrollieren zu lassen, ist eine Normenkontrolle zu erwägen, die sich prinzipaliter gegen einen Bebauungsplan richtet, den die Standortgemeinde aus dem fraglichen Flächennutzungsplan entwickelt hat391. Daran ist insbesondere an dieser Stelle zu denken, weil Darstellungen für eine Fläche, für die auch ein Bebauungsplan besteht, jdfs. im Anwendungsbereich der entsprechenden Festsetzungen von nicht-normativer Rechtsnatur sind392. Die Behandlung der Zulässigkeit eines solchen Normenkontrollantrags wird zwar in den Regel keine rechtlichen Schwierigkeiten bereiten (I.), doch muss kritisch hinterfragt werden, ob sich das angerufene OVG bzw. der mit der Sache befasste VGH in der Praxis tatsächlich zu einer Prüfung der Rechtmäßigkeit des Flächennutzungsplans veranlasst sehen wird (II.–III.). I. Zulässigkeit des Normenkontrollantrags Da sich ein entsprechender Antrag unmittelbar gegen einen Bebauungsplan richtet, ist er unproblematisch nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaft. Für einen solchen Antrag wird die Nachbargemeinde auch schon dann als i. S. d. § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 VwGO antragsbefugt anzusehen sein, wenn sie geltend macht, dass der Flächennutzungsplan, dessen inzidente Kontrolle sie begehrt, unter Verstoß gegen ihre Rechte aus § 2 Abs. 2 BauGB aufgestellt wurde. Denn 391 392

Darauf verweisen etwa Koppitz/Schwarting, Flächennutzungsplan, Rn. 347. S. § 8 E. u. F.

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angesichts des Entwicklungsgebotes aus § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB kann schwerlich „offensichtlich und nach jeder Betrachtungsweise“ ausgeschlossen werden, dass die Rechte der Nachbargemeinde auch im Verfahren zur Aufstellung des auf der Grundlage des Flächennutzungsplans entwickelten Bebauungsplans verletzt werden393. Hält die Nachbargemeinde auch die übrigen Sachentscheidungsvoraussetzungen wie insbesondere die zum 01.01.2007 auf ein Jahr verkürzte Antragsfrist im jeweiligen Einzelfall ein, wird ihr Antrag zulässig sein. II. Begründetheit des Normenkontrollantrags Die Struktur des Normenkontrollverfahrens bietet dem OVG bzw. VGH im Rahmen der prinzipalen Kontrolle des Bebauungsplans grundsätzlich Anlass dazu, die Rechtmäßigkeit des diesem zugrunde liegenden Flächennutzungsplans inzident zu prüfen. Denn ein Bebauungsplan, der aus einem wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 BauGB unwirksamen Flächennutzungsplan entwickelt wurde, ist seinerseits wegen einer Verletzung des § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB rechtswidrig394. Und der Umstand, dass diese Vorschrift durchweg als nicht drittschützend angesehen wird395, wird das Gericht von ihrer Prüfung nicht abhalten, da das Normenkontrollverfahrens ungeachtet seiner (auch) individualrechtsschützenden Funktion als objektives Beanstandungsverfahren ausgestaltet ist396. Dennoch erscheint es fraglich, ob die hier erwogene Rechtschutzmöglichkeit im Ergebnis zielführend ist. Denn ein Verstoß gegen § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB führt nach den §§ 214 Abs. 2, 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB nicht in jedem Fall zur Unwirksamkeit des fraglichen Bebauungsplans. Wo solche Vorschriften zur Unbeachtlichkeit von Rechtsverletzungen eingreifen, würde der Normenkontrollantrag der Nachbargemeinde abgelehnt und eine eventuelle Inzidentkontrolle des Flächennutzungsplans bliebe bestenfalls ohne erkennbaren Wert – sofern das 393 Vgl. etwa Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. IV, § 214 Rn. 120 („Materiell-rechtliche Mängel des Flächennutzungsplans sind nicht Gegenstand des § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB. Sie werden oft auf die Wirksamkeit des Bebauungsplans ,durchschlagen‘, es sei denn, sie betreffen diesen räumlich oder sachlich nicht“). 394 Vgl. Ferner, in: dems./Kröninger, BauGB, § 8 Rn. 2; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 138; Bielenberg/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 8 Rn. 7. 395 Vgl. insoweit BVerwG, Urt. v. 29.07.1977 – IV C 51/75, BVerwGE 54, 211 (218 f.); Ferner, in: dems./Kröninger, BauGB, § 8 Rn. 5; Gierke, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 1, § 8 Rn. 90; Bielenberg/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 8 Rn. 5; Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 2 BauGB Rn. 10; vgl. auch BGH, Urt. v. 24.06.1982 – III ZR 169/80, BGHZ 84, 292 (301): Beachtung des Entwicklungsgebots ist keine „drittgerichtete“ Amtspflicht i. S. d. § 839 BGB. 396 Vgl. erneut Kintz, Öffentliches Recht, Rn. 356; VGH München, Beschl. v. 09.08.1985 – 1 N 85 A.774 u. a., BayVBl. 1986, 497 (498 f.); Blechschmidt, ZfBR 2007, 120 (126); Ziekow, BauR 2007, 1169 f.

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Gericht auf eine solche Kontrolle nicht ohnehin von vornherein mit einem Hinweis auf die „jdfs.“ einschlägigen Heilungsvorschriften verzichtet397. Um beurteilen zu können, inwieweit die hier angedachte Möglichkeit des repressiven Inzidentrechtsschutzes vor diesem Hintergrund überhaupt sinnvoll ist, ist daher zu prüfen, ob die Unbeachtlichkeitsvorschriften den hier interessierenden Fall erfassen, in dem die Standortgemeinde bei der Aufstellung des Flächennutzungsplans objektiv gegen § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB verstieß, auf der Grundlage dieses Plans aber dennoch einen Bebauungsplan entwickelte, weil sie jenen subjektiv für rechtmäßig und wirksam erachtete. 1. Unbeachtlichkeit nach § 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB? Trotz des Verstoßes gegen § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB könnte sich der Bebauungsplan hier nach § 214 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 BauGB als wirksam erweisen. Nach dieser Vorschrift ist es für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans398 unbeachtlich, wenn die Anforderungen an die für die Aufstellung eines sog. vorzeitigen Bebauungsplans erforderlichen „dringenden Gründe“ nicht richtig beurteilt worden sind. Diese Regelung nimmt Bezug auf § 8 Abs. 4 S. 1 BauGB, wonach ein Bebauungsplan aufgestellt werden kann, „bevor der Flächennutzungsplan aufgestellt ist“, wenn „dringende Gründe“ es erfordern und wenn der Bebauungsplan der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets „nicht entgegenstehen“ wird. Legt man nun eine weite Auslegung zugrunde, wie sie insbesondere von der Rechtsprechung für beide Vorschriften befürwortet wird, kann die auf den vorzeitigen Bebauungsplan bezogene Heilungsvorschrift des § 214 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 BauGB in der Tat dazu führen, dass der aus dem nichtigen Flächennutzungsplan „entwickelte“ Bebauungsplan dennoch wirksam ist. Das ergibt sich aus Folgendem. Das BVerwG und die ihm folgende, wohl h. L. gehen davon aus, dass ein Flächennutzungsplan nicht nur dann i. S. d. § 8 Abs. 4 BauGB „noch nicht aufgestellt“ ist, wenn die Standortgemeinde von der Durchführung eines Aufstellungsverfahrens abgesehen oder dieses noch nicht beendet hat. Die Vorschrift soll vielmehr auch auf den Fall Anwendung finden, in dem ein Flächennutzungsplan zwar vorhanden, aber (unerkannt) unwirksam ist399. Der aus einem 397 Ob bei der Aufstellung eines Flächennutzungsplans gegen das Entwicklungsgebot verstoßen wurde, wird unter Hinweis auf die jdfs. eingreifenden Unbeachtlichkeitsregelungen bspw. vom VGH Mannheim, Urt. v. 17.10.1989 – 5 S 2774/88, BauR 1990, S. 325 (326), offen gelassen. 398 Die Vorschrift nennt ausdrücklich nicht den „Bebauungsplan“, sondern die „Bauleitpläne“, ist insofern aber unpräzise, weil sich die Regelungen des zweiten Abs. nur auf die Rechtswidrigkeit eines Bebauungsplans beziehen können. 399 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.1991 – 4 N 2/89, BVerwG, NVwZ 1992, 882 (883); Gierke, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 1, § 8 Rn. 128; Bielenberg/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 8 Rn. 7, 19, u. s. Rn. 23 dazu, dass die

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solchen Flächennutzungsplan entwickelte gleichsam „unerkannt vorzeitige“ Bebauungsplan ist nun freilich nach § 8 Abs. 4 BauGB nur dann zulässig, wenn dafür „dringende Gründe“ vorliegen. Daran könnte man auf den ersten Blick zweifeln, weil der Gesetzgeber Gründe dieser Art etwa in Fällen als gegeben ansah, in denen ein „vorgezogener“ Bebauungsplan erforderlich ist, um erhebliche Nachteile für die Entwicklung der Gemeinde zu vermeiden oder um die Verwirklichung eines im dringenden öffentlichen Interesse liegenden Vorhabens zu ermöglichen400. Hier könnte die Nachbargemeinde einwenden, dass die Verwirklichung einer unter Verstoß gegen § 2 Abs. 2 BauGB im Flächennutzungsplan ausgewiesenen Entwicklung i. d. R. nicht im öffentlichen Interesse liegen und ein daraus entwickelter Bebauungsplan deshalb auch nicht nach § 8 Abs. 4 BauGB zulässig sein könne. Hier aber greift § 214 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 BauGB ein, der es gerade heilt, wenn die Anforderungen an jene dringenden Gründe „nicht richtig beurteilt“ worden sind. Auch dieses Tatbestandsmerkmal legt die Rechtsprechung wieder denkbar weit aus, indem sie argumentiert, dass der Gesetzgeber damit nur Fälle habe ausschließen wollen, in denen die Standortgemeinde die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 BauGB bewusst missachtet habe. Angesichts dieser (lediglich) auf die Verhinderung von Rechtsmissbrauch zielenden Ratio setze diese Vorschrift es umgekehrt nicht voraus, dass sich der planaufstellende Gemeinderat mit den Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 BauGB überhaupt in irgendeiner Weise auseinandergesetzt habe, weil er sich „ohne ein Nachdenken“ über dessen Voraussetzungen auch nicht bewusst für ein Überschreiten derselben entscheiden könne401. Das bedeutet aber für die hier interessierende Konstellation, dass das Fehlen „dringender Gründe“ immer schon dann geheilt ist, wenn die Standortgemeinde subjektiv davon ausging, ihren Bebauungsplan aus einem wirksamen Flächennutzungsplan zu entwickeln. Denn in diesem Fall hatte sie nie Anlass, Anforderungen an die „dringenden Gründe“ mit zunehmender Planreife des Flächennutzungsplans geringer werden; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. IV, § 214 Rn. 107; Ferner, in: dems./Kröninger, BauGB, § 8 Rn. 5; Lemmel, in: Schlichter, BauGB, Bd. II, § 214 Rn. 48; Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 214 BauGB Rn. 21; wohl auch Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 8 Rn. 11. 400 So die Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 8/2451, S. 17. 401 Vgl. BVerwG, Urt. v. 14.12.1984 – 4 C 54/81, DVBl. 1985, 795 (797), das zur Vorgängerregelung des § 155b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BBauG 1979 ausgeführt hat, dass „Voraussetzungen, unter denen ein bestimmtes Handeln zulässig“ sei, auch „dann ,nicht richtig beurteilt‘ “ würden, „wenn das Handeln ohne ein Nachdenken über diese Voraussetzungen geschieht“; dem folgend Battis, in: dems./Krautzberger/Löhr, BauGB, § 214 Rn. 11; Bracher, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1071; Lemmel, in: Schlichter, BauGB, Bd. II, § 214 Rn. 47; Jäde, in: dems./Dirnberger/ Weiß, BauGB/BauNVO, § 214 BauGB Rn. 21; insoweit auch Quaas/Kukk, in: Schrödter, BauGB, § 214 Rn. 35; wohl auch Kirchmeier, in: Ferner/Kröninger, BauGB, § 214 Rn. 32 f.

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sich mit § 8 Abs. 4 BauGB überhaupt – geschweige denn mit seiner absichtlichen Verletzung – zu befassen. Für die Heilungswirkung des § 214 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 BauGB kommt es dann nur noch darauf an, ob der Bebauungsplan der beabsichtigten „städtebaulichen Entwicklung“ objektiv „entgegenstehen“ wird402. Da ein solcher Widerspruch aber in der hier interessierenden Konstellation, in der die Standortgemeinde mit dem Bebauungsplan gerade die städtebauliche Entwicklung vorantreibt, die sie in dem Flächennutzungsplan vorbereitet hat, kaum vorkommen wird403, muss die Nachbargemeinde damit rechnen, dass das OVG bzw. der VGH auf eine Inzidentkontrolle des Flächennutzungsplans schon unter Hinweis auf § 214 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 BauGB verzichten wird. Diese sich auf dem Boden der Rechtsprechung ergebende Lösung ist freilich wenig überzeugend, weil ihre Prämissen nicht zutreffen. So ist schon die erste Annahme nicht plausibel, wonach ein Bebauungsplan i. S. d. §§ 8 Abs. 4 S. 1, 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB aufgestellt werde „bevor ein Flächennutzungsplan“ aufgestellt ist, wenn die Standortgemeinde einen Bebauungsplan bewusst aus einem Flächennutzungsplan entwickelt404. Diese Lesart wäre nur dann richtig, wenn man dem Gesetzgeber unterstellen könnte, er habe damit eine Umschreibung wie „bevor ein wirksamer Flächennutzungsplan aufgestellt wurde“ gemeint, obwohl er dies nicht ausdrücklich ausgesprochen habe. Diese Unterstellung ist aber nicht gerechtfertigt, weil der Gesetzgeber entsprechende Differenzierungen an den Stellen, an denen er sie treffen wollte, durchaus explizit normiert hat, wie § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB zeigt405. Dennoch eine extensive Auslegung zu wählen, missachtete die vom Gesetzgeber in den ersten beiden Absätzen des § 214 BauGB bewusst unterschiedlich gewichtete Wertung, wonach Fehler i. S. d. § 214 Abs. 1 BauGB – Form- und Verfahrensfehler also – als grundsätzlich unbeachtlich und nur ausnahmsweise beachtlich behandelt werden, Fehler der in § 214 Abs. 2 BauGB genannten Art – materielle Fehler im Zusammenhang mit dem Entwicklungsgebot – dagegen gerade umgekehrt als grundsätzlich beachtlich behandelt werden406.

402 Vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. IV, § 214 Rn. 106; s. auch Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 214 Rn. 11 a. E. 403 Denn die „städtebauliche Entwicklung“ richtet sich hier gerade maßgeblich nach dem von der Standortgemeinde ins Auge gefassten (künftigen) Flächennutzungsplan; vgl. insoweit BVerwG, Urt. v. 14.12.1984 – 4 C 54/81, DVBl. 1985, 795 (796). 404 Abl. auch Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 214 Rn. 56; ebenso Tettinger/ Erbguth/Mann, Verwaltungsrecht, Rn. 1346; Erbguth/Wagner, Grundzüge, § 15 Rn. 92; Bracher, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1071; und im Ergebnis auch Quaas/Kukk, in: Schrödter, BauGB, § 214 Rn. 36. 405 Ähnlich Erbguth/Wagner, Grundzüge, § 15 Rn. 92, und Tettinger/Erbguth/ Mann, Verwaltungsrecht, Rn. 1346, die darauf hinweisen, dass das Gesetz in § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB eine gesonderte Regelung für unbemerkt unwirksame Regelungen treffe; in diese Richtung wohl auch Quaas/Kukk, in: Schrödter, BauGB, § 214 Rn. 36 a. E.

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

Selbst wenn man diese systematischen Einwände ignorieren und auch unerkannt unwirksame Flächennutzungspläne als i. S. d. § 8 Abs. 4 BauGB „noch nicht vorhandene“ Pläne behandeln wollte, müsste die Anwendung des § 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB zumindest daran scheitern, dass es nicht angeht zu argumentieren, die Standortgemeinde habe die Anforderungen an die „dringenden Gründe“ nach § 8 Abs. 4 BauGB auch dann „nicht richtig beurteilt“, wenn sie sich mit dieser Norm bei der Aufstellung des Bebauungsplans überhaupt nicht befasst hat, weil sie davon ausging, diesen Plan aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln, ihn also gerade nicht i. S. d. Vorschrift „vorzeitig“ aufzustellen. Das BVerwG meint zwar, „[n]icht einmal der Wortlaut des Gesetzes“ lege es nahe anzunehmen, dass eine „nicht richtig Beurteilung“ von Tatbestandsmerkmalen nur abgeben könne, wer sich über diese Merkmale in irgendeiner Weise „Gedanken gemacht“ habe407. Das Gegenteil ist indes der Fall408. Unter einer „Beurteilung“ wird gemeinhin eine Äußerung verstanden, durch die ein Urteil, also eine prüfende, kritische Stellungnahme über einen Menschen, eine Sachlage oder einen sonstigen Erkenntnisgegenstand abgegeben wird409. Dann aber ist nicht einzusehen, wie ein Gemeinderat, der von vornherein keinen Anlass hatte, sich mit bestimmten Tatbestandsmerkmalen – geschweige der Subsumtion des konkreten Sachverhalts unter dieselben – zu befassen, diese also weder wahrgenommen noch über sie entschieden hat, zu diesen Merkmalen eine bewertende410 oder einschätzende411 Stellungnahme im vorgenannten Sinn abgegeben haben kann. 406 S. allgemein zu dieser unterschiedlichen Wertung Bönker, in: Hoppe/Bönker/ Grotefels, Baurecht, § 17, Rn. 44; Bracher, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1070; Tettinger/Erbguth/Mann, Verwaltungsrecht, Rn. 1345; Erbguth/Wagner, Grundzüge, § 15 Rn. 91; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel, Rn. 378; vgl. ferner Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 214 Rn. 53. 407 Vgl. BVerwG, Urt. v. 14.12.1984 – 4 C 54/81, DVBl. 1985, 795 (797); anders und insoweit wie hier dagegen noch die Vorinstanz des OVG Koblenz, Urt. v. 04.06. 1981 – OVG 12 A 22/80 (n. v.). 408 Krit. auch Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 214 Rn. 54, der fordert, dass wenigstens „überhaupt ein Beurteilungsvorgang“ stattgefunden haben müsse; ähnlich Rinsdorf, Flächennutzungsplan, 2004, S. 122 („irgendwie geartete Überlegung“); abl. auch Dolde, NJW 1986, 815 (821), der bemängelt, dass die referierte Rechtsprechung zu einer „weitgehenden Preisgabe der in der Praxis mühsam durchgesetzten Zweistufigkeit der Bauleitplanung und damit zu städtebaulichem Qualitätsverlust“ führe; keine abschließende Entscheidung aber erkennbare Skepsis auch bei Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. IV, § 214 Rn. 106 i.V. m. 105 a. E.; ähnlich Erbguth/ Wagner, Grundzüge, § 15, Rn. 92, die die Auffassung des BVerwG als „kaum haltbar“ bezeichnen; ebenso Tettinger/Erbguth/Mann, Verwaltungsrecht, Rn. 1345; ebenso für die „Beurteilung“ im Rahmen des mit der BauGB-Novelle 2007 eingefügten § 214 Abs. 2a Nr. 1 BauGB Blechschmidt, ZfBR 2007, 120 (123 f.). 409 Vgl. Duden, Wörterbuch der deutschen Sprache, Bd. 2, S. 576, i.V. m. Bd. 9, S. 4161. 410 S. Paul, Deutsches Wörterbuch, S. 166. 411 Vgl. Duden, Wörterbuch der deutschen Sprache, Bd. 2, S. 576.

§ 10 Repressiver Rechtsschutz gegen Flächennutzungsplandarstellungen

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Nun steht es dem Gesetzgeber natürlich frei, in einem Gesetz einen von der üblichen Bedeutung abweichenden Sprachgebrauch zu verwenden. Es gibt aber – anders als es das BVerwG meint – keinen Anhaltspunkt für eine solche Absicht des Gesetzgebers. Wenn das Gericht für seine Auslegung auch die Entstehungsgeschichte der Norm bemüht412, belegt das vielmehr auch an dieser Stelle wieder das Gegenteil dessen, was es zu beweisen suchte. So weist es zwar zutreffend darauf hin, dass der Ausdruck „nicht richtig beurteilt“ nach den Materialien bedeuten sollte, dass „es sich um Irrtümer in der Beurteilung der Anwendungsvoraussetzungen handeln muß und nicht um solche Fälle, in denen sich eine Gemeinde schlechthin vollständig über die Voraussetzungen dieser Vorschrift hinwegsetzen wollte“413. Dieses Zitat mag zwar die These des Gerichts belegen, dass über jene Vorschrift (jdfs.) Missbrauchsfälle ausgeschlossen werden sollten414; nicht stützt es dagegen die weitergehende Behauptung, dass ausschließlich solche Fälle erfasst werden sollten. Denn wenn dort von einer Beurteilung der „Anwendungsvoraussetzungen“ die Rede ist, dann zeigt das, dass der Gesetzgeber Irrtümer der Gemeinde innerhalb der Vorschrift zum vorzeitigen Bebauungsplan im Sinn hatte (heute also innerhalb des § 8 Abs. 4 BauGB), nicht aber solche, die sich auf die Anwendung der verschiedenen, in unterschiedlichen Absätzen geregelten Grundsatz- und Ausnahmetatbestände des (heutigen) § 8 BauGB beziehen (Entwicklungsgebot; selbständiger Bebauungsplan; Parallelverfahren; vorzeitiger Bebauungsplan). Wenn das BVerwG seine gegenteilige Ansicht schließlich mit dem Hinweis darauf belegen will, dass es auch im „umgekehrten“ Fall, in dem „dringende Gründe“ für einen vorzeitigen Bebauungsplan objektiv vorliegen, nicht darauf ankomme, ob sich die Gemeinde über deren Voraussetzungen Gedanken gemacht habe, zwingt das nicht zu einer Revision der hier zu § 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB vertretenen Ansicht, da der vom Gericht gezogene Vergleich nicht trägt. In Fällen, in denen diese Voraussetzungen vorliegen, ist der Bebauungsplan – anders als im hier erörterten Fall – gerade nicht rechtswidrig, sodass die Heilungsvorschrift des § 214 BauGB von vornherein nicht maßgeblich sein kann. Wo das aber der Fall ist, weil jene Voraussetzungen nicht gegeben sind, stellt § 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB mit der „Beurteilung“ eben anders als § 8 Abs. 4 BauGB ein eigenständiges und zusätzliches Tatbestandsmerkmal auf, das auch gerechtfertigt ist, weil diese Vorschrift dazu führt, einen an sich rechtswidrigen Plan als – gemessen am allgemeinen Nichtigkeitsdogma und gemessen an der

412

Vgl. BVerwG, Urt. v. 14.12.1984 – 4 C 54/81, DVBl. 1985, 795 (797). Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, BT-Drs. 8/2885, S. 45. 414 Krit. insofern Blechschmidt, ZfBR 2007, 120 (124), der es für systemwidrig erachtet, „die Planerhaltung an das Nichtvorliegen eines Vorsatzes und damit eines Verschuldens- und Vorwerfbarkeitskriteriums zu knüpfen“. 413

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

besonderen Systematik des § 214 Abs. 1 u. 2 BauGB415 – ausnahmsweise wirksam zu behandeln. Würde man hier anders argumentieren, müsste man einer planenden Gemeinde empfehlen, sich bei der Aufstellung ihres Flächennutzungsplans möglichst keine Gedanken zu den gesetzlichen Voraussetzungen zu machen, weil sich auf diesem Wege die Bestandskraft eines Bebauungsplans am Besten sichern ließe – ein im Rechtsstaat kaum tragbares Ergebnis416. Nach alledem sprechen Wortlaut, Systematik und die historische Auslegung gegen die von der Rechtsprechung praktizierte Auslegung. Strengt die Nachbargemeinde einen Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan der Standortgemeinde an, den diese aus einem abstimmungswidrigen Flächennutzungsplan „entwickelt“ hat, kann daher zumindest die Nr. 1 des § 214 Abs. 2 BauGB einer Inzidentkontrolle dieses Plans richtigerweise nicht entgegenstehen. 2. Unbeachtlichkeit nach § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB? Legt man die hier zu § 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB vertretene Auffassung zugrunde, ist damit freilich noch nicht gesagt, dass die Nachbargemeinde die begehrte Inzidentkontrolle des Flächennutzungsplans erreichen kann. Denn nach § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB ist es für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans weiterhin unbeachtlich, wenn § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB „hinsichtlich des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist“, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist. Diese Vorschrift nimmt auf den Umstand Bezug, dass eine Gemeinde, die einen Bebauungsplan i. S. d. § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB aus einem Flächennutzungsplan „entwickelt“, dabei dem Flächennutzungsplan einerseits nicht in allen Einzelheiten entsprechen muss, sondern in „Fortschreibung“ der ihm zugrundeliegenden Konzeption von einzelnen Vorgaben abweichen darf, dass diese Abweichungen allerdings andererseits auch nur begrenzt zulässig sind und die in jenem Plan getroffenen Grundentscheidungen nicht mehr verändern dürfen417. Die Entscheidung, wann bei einer solchen Abweichung noch von einem „entwickeln“ gesprochen werden kann und wann diese Grenze überschritten ist, kann im Einzelfall freilich schwierig zu treffen sein. Auf diese Schwierigkeit 415

Zu letzterer vgl. oben Fn. 406 und dort im Text. Auf diese nicht überzeugende Konsequenz weist zu dem durch die BauGB-Novelle 2007 eingeführten und insoweit wortgleichen § 214 Abs. 2a Nr. 1 BauGB zutreffend Blechschmidt, ZfBR 2007, 120 (124), hin. 417 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.02.2003 – 4 BN 9/2003, NVwZ-RR 2003, 406; dass., Urt. v. 26.02.1999 – 4 CN 6/98, BVerwG, DÖV 1999, 733 (734 f.); Dürr, Baurecht BW, Rn. 27; Erbguth/Wagner, Grundzüge, § 5 Rn. 110; Gierke, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 1, § 8 Rn. 98 f., 102; Bielenberg/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 8 Rn. 9; Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 98. 416

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zielt – jdfs. in erster Linie – die Heilungsvorschrift des § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB418. Belässt man es dabei, kann jene Vorschrift in der hier erörterten Konstellation einer inzidenten Kontrolle des Flächennutzungsplans nicht entgegenstehen. Denn dort geht es nicht darum, dass die Standortgemeinde die Vorgaben ihres Flächennutzungsplans bewusst überschreiten will; es interessiert hier gerade der umgekehrte Fall, in dem die Gemeinde die Vorgaben eines Flächennutzungsplans, welche die Nachbargemeinde beanstandet, umsetzen will. Dennoch ist zu erwägen, ob nicht auch dann ein Fall des „Überschreitens“ vorliegt, wenn der von der Gemeinde herangezogene Flächennutzungsplan von vornherein – hier wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 BauGB – nichtig ist. Dagegen spricht indes, dass es § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB weiter voraussetzt, dass durch den von ihm gemeinten Verstoß die „sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende [sic!] städtebauliche Ordnung“ nicht beeinträchtigt wird. Wenn aber das zweite Tatbestandsmerkmal voraussetzt, dass trotz des Verstoßes gegen § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB der Flächennutzungsplan der Standortgemeinde als Grundlage für die Beurteilung städtebaulichen Entwicklung dient, setzt die Vorschrift offensichtlich voraus, dass es um Entwicklungsfehler aus einem wirksamen Flächennutzungsplan geht419. Deshalb besteht denn auch weitgehende Einigkeit darüber, dass § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB jdfs. grundsätzlich nicht den Fall des (unerkannt) unwirksamen Flächennutzungsplans erfasst420. Allerdings wird in Rechtsprechung und Literatur teilweise eine Ausnahme für den Fall befürwortet, dass der Flächennutzungsplan nicht insgesamt nichtig ist, sondern sich seine Unwirksamkeit auf einen kleinen Teilbereich beschränkt421. Wenn nämlich bei einem Flächennutzungsplan nur einige weniger bedeutende 418 Vgl. Battis, in: dems./Krautzberger/Löhr, BauGB, § 214 Rn. 12; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 214 Rn. 58; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. IV, § 214 Rn. 109; Erbguth/Wagner, Grundzüge, § 15, Rn. 92; Quaas/Kukk, in: Schrödter, BauGB, § 214 Rn. 37; s. insoweit auch VGH Mannheim, Urt. v. 02.03. 1993 – 5 S 2091/92, NVwZ 1994, 797 (798). 419 Maßstab für die Beurteilung der „geordneten städtebaulichen Entwicklung“ nach § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB ist gerade „die planerische Konzeption des Flächennutzungsplans für den größeren Raum, in der Regel das gesamte Gemeindegebiet“; vgl. BVerwG, Urt. v. 26.02.1999 – 4 CN 6/98, BVerwG, DÖV 1999, 733 (LS 2 u. 735); Bracher, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1072; Lemmel, in: Schlichter, BauGB, Bd. II, § 214 Rn. 49. 420 S. Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 214 Rn. 58; Lemmel, in: Schlichter, BauGB, Bd. II, § 214 Rn. 49; Bracher, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1075. 421 So VGH Mannheim, Urt. v. 02.03.1993 – 5 S 2091/92, NVwZ 1994, 797 (798), mit der nicht näher erläuterten Aussage, diese Auslegung sei „nicht nur mit dem Wortlaut der Vorschrift ohne weiteres vereinbar, sie [entspreche] auch deren Sinn und Zweck“; dem VGH folgend Battis, in: dems./Krautzberger/Löhr, BauGB, § 214 Rn. 12; Bracher, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1075; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. IV, § 214 Rn. 110; Quaas/Kukk, in: Schrödter, BauGB, § 214 Rn. 38.

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

Darstellungen außer Betracht zu bleiben hätten, könne es nämlich durchaus möglich sein, die „städtebauliche Entwicklung“ der Gemeinde auch allein auf der Grundlage des „Restplans“ zuverlässig zu beurteilen422. Auch gegen diese Auffassung sprechen freilich die schon oben erhobenen systematischen Einwände, dass angesichts der differenzierten Regelung des Gesetzgebers insbesondere in Nr. 3 des § 214 Abs. 2 BauGB nicht einfach unterstellt werden kann, der Gesetzgeber wolle unwirksame und wirksame Flächennutzungspläne gleich behandelt wissen, ohne dies auszusprechen. Eine dennoch vorgenommene extensive Auslegung missachtete auch insoweit die im Vergleich zu § 214 Abs. 1 BauGB anders gelagerte – nämlich auf eine grundsätzliche Fehlerbeachtlichkeit – zielende Wertung im Rahmen des § 214 Abs. 2 BauGB. Ein weiteres kommt bei § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB entscheidend hinzu. Wenn man nämlich bereit ist, die angesprochene Ausnahme mitzutragen, liest man die Vorschrift der Sache nach so, als habe der Gesetzgeber es für unbeachtlich erklärt, „wenn § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB bei der Aufstellung des Bebauungsplans verletzt“ worden ist, weil dann jeder Verstoß gegen diese Vorschrift erfasst wird – die bewusste Überschreitung der Grenzen des Entwickelns ebenso wie das Entwickeln ohne eine solche Überschreitung aber aus einem unwirksamen Plan. Das aber ist mit dem Wortlaut des bei § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB nicht zu vereinbaren, der es ausdrücklich nur für unbeachtlich erklärt, dass § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB „hinsichtlich des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist“. Dieser Teilsatz hat nur dann eine eigenständige Bedeutung, wenn man davon ausgeht, dass die Vorschrift allein Fehler beim Überschreiten der Planvorgaben erfassen will, um die es aber gerade nicht geht, wenn sich die Gemeinde an die Vorgaben halten will, diese aber nichtig sind. Will man dem Gesetzgeber also nicht – in ohne weitere Nachweise methodisch nicht überzeugender Weise – unterstellen, er habe überflüssige Tatbestandsmerkmale geschaffen, verbietet sich die teilweise erwogene Ausnahme423. Somit hat es bei der Aussage zu bleiben, dass § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB nicht zu Anwendung kommen kann, wenn der Flächennutzungsplan (unerkannt) unwirksam ist. Auch diese Vorschrift kann der Inzidentkontrolle dieses Plans in der hier erörterten Fallkonstellation somit nicht im Wege stehen.

422

Vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 02.03.1993 – 5 S 2091/92, NVwZ 1994, 797

(798). 423 Abl. auch Erbguth/Wagner, Grundzüge, § 15, Rn. 92 a. E., die argumentieren, § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB setze einen „qualifizierten Verstoß gegen die planerische Lenkung der gemeindeweiten Entwicklung“ voraus, zu dem es nicht kommen könne, wenn der für diese Entwicklung maßgebliche Flächennutzungsplan unwirksam sei; ebenso Tettinger/Erbguth/Mann, Verwaltungsrecht, Rn. 1346 a. E.

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3. Unbeachtlichkeit nach § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB? Auch mit diesem Zwischenbefund ist freilich noch nicht gesichert, dass die Nachbargemeinde eine Inzidentkontrolle jenes Planes erreichen kann. Denn nach Nr. 3 des § 214 Abs. 2 BauGB ist es für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans schließlich ebenfalls unbeachtlich, wenn der Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit sich „wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften“ nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt. Ist der Flächennutzungsplan wegen eines Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 BauGB (ganz oder teilweise) unwirksam, handelt es sich dabei zwar nicht um eine Verfahrens- oder Form-, sondern um einen materiellen Fehler424, wie sie von § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB an sich gerade nicht erfasst werden425. Da auch eine analoge Anwendung dieser Vorschrift ausscheidet, wenn der Flächennutzungsplan wegen Verstoßes gegen das interkommunale Abstimmungsgebot (unerkannt) unwirksam ist426, droht der Nachbargemeinde auch von der Warte des § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB also keine Gefahr für die Durchführung einer Inzidentkontrolle.

424 Vgl. allgemein zu dieser Einordnung o. (§ 1 A. III.), sowie ausdrücklich zum hier interessierenden Zusammenhang des § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB Kirchmeier, in: Ferner/Kröninger, BauGB, § 215 Rn. 3; Lapp, Rechtsschutz, S. 40. 425 Vgl. zur Beschränkung auf Verfahrens- oder Formfehler Battis, in: dems./ Krautzberger/Löhr, BauGB, § 214 Rn. 13; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 214 Rn. 61; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. IV, § 214 Rn. 120; Erbguth/Wagner, Grundzüge, § 15, Rn. 93; Tettinger/Erbguth/Mann, Verwaltungsrecht, Rn. 1347; Quaas/Kukk, in: Schrödter, BauGB, § 214 Rn. 39 a. E. 426 Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. IV, § 214 Rn. 107, geht davon aus, dass Quaas/Kukk, in: Schrödter, BauGB, § 214 Rn. 36, die eine Anwendung der Nr. 1 des § 214 Abs. 2 BauGB auf den Fall des unerkannt unwirksamen Flächennutzungsplan (im Ergebnis wie hier) ablehnen, diesen Fall mit einer „Analogie“ unter § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB fassen wollen. Dabei wird die Stellungnahme von Quaas/ Kukk aber wohl überinterpretiert. Wenn es dort heißt, „[d]ie Behandlung des unwirksamen Fplans bestimmt sich nach Nr. 3“, ist darin m. E. nur ein Hinweis darauf zu sehen, dass der Gesetzgeber Regelungen für den unerkannt unwirksamen Flächennutzungsplan geschaffen hat, nicht aber eine Stellungnahme dahingehend, dass diese Vorschrift auch anzuwenden sei, wenn ihre Voraussetzungen (das Vorliegen eines Formoder Verfahrensfehlers nämlich) nicht erfüllt seien. – Eine solche Analogie wäre ohnehin abzulehnen, da es an der dafür erforderlichen Regelungslücke fehlte. Denn wenn der Gesetzgeber bestimmte Fehlerursachen in § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB gerade genannt, andere aber nicht genannt hat, dürfte kaum davon auszugehen sein, dass er diese anderen Ursachen – materielle Fehler also – „planwidrig“ ausließ, wenn man berücksichtigt, dass er in den §§ 214 ff. BauGB einen Regelungskomplex geschaffen hat, der gerade sehr feinsinnig zwischen einzelnen Fehlergruppen differenziert.

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

4. Heilung durch erneute Abstimmung im Bebauungsplan? Erwägen könnte man aber, ob der Verstoß gegen § 2 Abs. 2 BauGB im Flächennutzungsplan nicht zumindest dann geheilt wird, wenn die Standortgemeinde die im Bebauungsplanverfahren durchgeführte Abwägung fehlerfrei durchführt427. Es erscheint allerdings bereits fraglich, ob der Standortgemeinde dies praktisch gelingen kann, wenn sie sich tatsächlich darum bemüht, ihren Flächennutzungsplan i. S. d. § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB weiterzu-„entwickeln“. Denn wenn bereits die Aufstellung einer Darstellung die Nachbargemeinde in ihren Rechten aus § 2 Abs. 2 BauGB verletzt hat und die Standortgemeinde gleichzeitig die in dem Plan getroffenen Grundkonzeptionen, wie gezeigt, nicht mehr verlassen kann, dürften allenfalls wenige Ausnahmefälle in Betracht kommen, in denen eine Umsetzung des schon unwirksamen Flächennutzungsplans in einer Weise gelingen kann, die mit § 2 Abs. 2 BauGB vereinbar ist428. Selbst wo das der Fall ist, darf nicht verkannt werden, dass bei der Aufstellung des Flächennutzungsplans zwei materielle Fehlerquellen in Betracht kommen: Einmal der Verstoß gegen § 2 Abs. 2 BauGB bei der Abwägung zur Bebauungsplanaufstellung und zum anderen der Verstoß gegen § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB wegen der Entwicklung dieses Plans aus einem Flächennutzungsplan bei dessen Aufstellung gegen § 2 Abs. 2 BauGB verstoßen wurde. Selbst dort, wo der zuerst genannte Fehler bei Bebauungsplanaufstellung vermeidbar sein sollte, kann das an dem eigenständigen Verstoß gegen § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB nichts ändern, da selbst die Annahme, dass die nicht (hinreichende) Berücksichtigung der nachbarlichen Belange unbeachtlich geworden sei, nichts daran ändert, dass der Bebauungsplan objektiv aus einem nichtigen Flächennutzungsplan entwickelt wurde429. Dass der zuletzt genannte Umstand isoliert betrachtet keine 427 Vgl. Schenke, NVwZ 2007, 134 (139): „Das Fehlen der Abstimmung des Flächennutzungsplans dürfte durch die spätere Abstimmung des aus ihm entwickelten Bebauungsplans meist geheilt werden.“; a. A. insoweit wohl Lapp, Rechtsschutz, S. 41. 428 Vgl. in diesem Zusammenhang Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. IV, § 214 Rn. 120 („Materiell-rechtliche Mängel des Flächennutzungsplans sind nicht Gegenstand des § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB. Sie werden oft auf die Wirksamkeit des Bebauungsplans ,durchschlagen‘, es sei denn, sie betreffen diesen räumlich oder sachlich nicht“; Hervorhebung durch den Verf.). – Die von Stock angesprochenen Ausnahmen betreffen den hier erörterten Fall, in dem die Standortgemeinde gerade die fehlerhaft zustande gekommene Darstellung fortschreiben will, ersichtlich nicht. 429 Wie hier wohl zumindest im Ergebnis auch Lapp, Rechtsschutz, S. 41: „[D]ie Planung muß erneut in das frühere Stadium des Flächennutzungsplans eintreten. Es kann hier auch nicht ohne weiteres zu einer Heilung durch Nachholung der Abstimmung kommen. Nimmt man das Erfordernis der Abstimmung als materielles Kriterium ernst, so kann dem nur durch eine neue Planung genügt werden. Eine Abstimmung ohne die konkrete Chance einer materiellen Änderung des Plans würde § 2 Abs. II BauGB nicht entsprechen“; vgl. auch Quaas/Kukk, in: Schrödter, BauGB,

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subjektiven Rechte der Nachbargemeinde berühren mag430, spielt auf der Ebene der Begründetheit des Normenkontrollverfahrens, wie gezeigt, keine Rolle mehr. 5. Unbeachtlichkeit nach § 215 Abs. 2 Nr. 2 BauGB Wenn man der hier befürworteten restriktiven Haltung folgt und in der hier erörterten Konstellation eine Anwendung der § 214 Abs. 2 Nr. 1, 2 oder Nr. 3 BauGB ablehnt, bleibt freilich zu erwägen, ob die Möglichkeiten der Nachbargemeinde, über einen Angriff auf den Bebauungsplan eine Inzidentkontrolle des Flächennutzungsplans zu erreichen, nicht dennoch auf andere Weise eingeschränkt sind. Denn nach dem durch das EAG Bau 2004 eingeführten431 und durch das BauGB 2007 erneut verschärften432 § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB wird eine „Verletzung der Vorschriften über das Verhältnis des Bebauungsplans und des Flächennutzungsplans“, die nicht unter § 214 Abs. 2 BauGB fällt, unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplans schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind. Wendet sich die Nachbargemeinde also mit einem Antrag nach § 47 VwGO gegen den Bebauungsplan der Standortgemeinde, kann sie eine Inzidentkontrolle auch bei restriktiver Auslegung des § 214 Abs. 2 BauGB nur dann sicher erreichen, wenn sie selbst die Verletzung des § 8 Abs. 2 BauGB zeitnah nach433 Bekanntmachung des Bebauungsplans bei der Standortgemeinde geltend gemacht hat. Diese Notwendigkeit bestünde freilich nicht, wenn man sich auf den Standpunkt stellen wollte, „§ 215 BauGB [gelte] nur im Verhältnis Bürger-Gemeinde“434, nicht aber in dem zweier Nachbargemeinden. Dem könnte aber § 214 Rn. 34, die darauf hinweisen, dass auch § 214 Abs. BauGB keine „Abwägungsfehler“ erfasse, „die mit der Verletzung des § 8 Abs. 2–4 einhergehen können“. 430 Vgl. zur Annahme des nicht-drittschützenden Charakters des § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB oben § 10 C. I. 431 Näher zur im Regierungsentwurf noch nicht enthaltenen Ergänzung des § 215 BauGB im Gesetzgebungsverfahren Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. IV, § 215 Rn. 24a. 432 Die neue Frist gilt allerdings nur für Rechtsnormen, die nach dem 01.01.2007 in Kraft treten (s. § 195 Abs. 7 BauGB). 433 Vorher – etwa im Planaufstellungsverfahren – erhobene Einwände schließen die Rechtsfolge des § 215 BauGB dagegen nicht aus, da § 215 BauGB ausdrücklich „seit Bekanntmachung“ formuliert; diese klare Grenzziehung trägt auch zur Rechtssicherheit bei, vgl. Battis, in: dems./Krautzberger/Löhr, BauGB, § 215 Rn. 6; teilw. a. A. Kirchmeier, in: Ferner/Kröninger, BauGB, § 215 Rn. 6, der eine „Geltendmachung“ nach Beschlussfassung aber vor Bekanntmachung ausreichen lassen will. 434 So in der Tat Peine, Baurecht, Rn. 639. Es ist freilich nicht auszuschließen, dass seine Formulierung (unbeabsichtigt) zu weit geraten ist, da es ihm a. a. O. jdfs. in erster Linie darum geht darzulegen, dass die Verletzung des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

nicht gefolgt werden, weil der Wortlaut des § 215 Abs. 1 BauGB keinen Anlass für eine solche Differenzierung bietet, und man andernfalls auch zu dem dogmatisch nicht überzeugenden Ergebnis kommen müsste, dass ein und dieselbe Rechtsvorschrift bestimmten Rechtspersonen gegenüber wirksam, anderen dagegen unwirksam sei. Ein solches Ergebnis wäre auch mit der Wertung des Gesetzes nicht vereinbar, wonach die Geltendmachung eines Fehlers durch eine einzige Person zur Beachtlichkeit dieses Fehlers erga omnes führt435. Dann ist nicht einzusehen, warum im umgekehrten Falle, in dem der Verstoß gegen § 8 BauGB nicht rechtzeitig geltend gemacht wird, die in § 215 BauGB angeordnete Unbeachtlichkeitsfolge nur inter partes eintreten sollte436. III. Fazit zur Relevanz der bebauungsplanbezogenen Inzidentkontrolle Der Versuch der Nachbargemeinde, eine inzidente Kontrolle nicht-normativer Flächennutzungsplandarstellungen durch eine prinzipale Kontrolle eines daraus entwickelten Bebauungsplans zu erreichen, hat von vornherein ein begrenztes Einsatzfeld, da er nur dann überhaupt zum Tragen kommen kann, wenn die Standortgemeinde auch tatsächlich einen Bebauungsplan aufgestellt hat. Selbst dann erweist sich der praktische Nutzen dieser Vorgehensweise auf dem Boden der insbesondere von der Rechtsprechung zu § 214 Abs. 2 BauGB eingenommen Haltung als gering, da die OVGe bzw. VGHe durchweg auf eine abschließende Stellungnahme zur Wirksamkeit des Flächennutzungsplans verzichten können. Richtigerweise ist eine solche Prüfung dagegen (immerhin) in den Fällen zwingend anzustellen, in denen die Nachbargemeinde die Hürde der Zulässigkeit des gegen den Bebauungsplan gerichteten Normenkontrollantrags überwinden kann und eine Heilung nach § 215 BauGB verhindert wurde. nicht nach § 215 BauGB gerügt werden muss. Das trifft zwar zu, liegt aber, wie im Text zu zeigen ist, nicht daran, dass § 215 BauGB nicht „im Verhältnis zweier Gemeinden“ gilt, sondern daran, dass – wovon auch Peine ausgeht – diese Vorschrift für einen Verstoß gegen das interkommunale Abstimmungsgebot – anders als für einen Verstoß gegen das Entwicklungsgebot – von vornherein keine Rügeobliegenheit begründet. 435 Vgl. Battis, in: dems./Krautzberger/Löhr, BauGB, § 215 Rn. 7; Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 17, Rn. 45; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. IV, § 215 Rn. 44; BVerwG, Beschl. v. 18.06.1982 – 4 N 6/79, DÖV 1982, 905. 436 Eine solche Einschränkung der durch § 215 BauGB bewirkten „Bestandskraft“ (so die Formulierung in der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zu dem Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes über ein Baugesetzbuch, BT-Drs. 10/6166, S. 134) des Bauleitplans wird denn auch in den Stellungnahmen zu den Rechtsfolgen bei ungenutztem Verstreichen der Rügefrist durchweg nicht einmal erwogen; vgl. etwa Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 215 Rn. 7; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. IV, § 215 Rn. 44.

§ 11 Präventiver Rechtsschutz gegen Flächennutzungsplandarstellungen

347

§ 11 Präventiver Rechtsschutz gegen nicht-normative Flächennutzungsplandarstellungen Wenn die Rechtsprechung und die ihr folgende h. L., wie gezeigt437, eine vorbeugende Unterlassungsklage gegen einen Bebauungsplan zulässt, der aus einem nicht abgestimmten Flächennutzungsplan entwickelt zu werden droht, fragt sich, ob die Nachbargemeinde dann nicht gleichsam „erst recht“ eine vorbeugende Unterlassungsklage gegen nicht-normative Darstellungen eines Flächennutzungsplans erheben kann, der abstimmungswidrig zustande kam438. Einwände, die sich in Bezug auf die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, die Statthaftigkeit oder die Klagebefugnis der Nachbargemeinde ergeben könnten, wenn sich eine vorbeugende Unterlassungsklage gegen (untergesetzliche) Rechtsvorschriften richtet439, stellen sich an dieser Stelle zumindest nicht, da hier gerade der Rechtsschutz gegen nicht-normative Darstellungen zu erörtern ist. Fraglich kann insoweit allenfalls sein, ob das für eine gegen einen Bebauungsplan oben440 abgelehnte Rechtsschutzbedürfnis der Gemeinde in diesem Zusammenhang zu bejahen ist. Bei näherer Betrachtung kann diese Sachentscheidungsvoraussetzung in Bezug auf nicht-normative Flächennutzungsdarstellung aber im Gegenteil noch viel weniger bejaht werden als dort. Denn die vom BVerwG in der Krabbenkamp-Entscheidung für ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis der Nachbargemeinde in Bezug auf einen drohenden Bebauungsplan ins Feld geführten Gründe greifen bei der hier zu erörternden vorbeugenden Unterlassungsklage gegen einen Flächennutzungsplan erst recht nicht. Soweit es das Gericht für unzumutbar hielt, die Nachbargemeinde auf den repressiven Rechtsschutz zu verweisen, weil dieser bei einem Bebauungsplan über das Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO zu gewährleisten und dieses einem Klageverfahren nicht „gleichwertig“ sei, stellen sich diese Bedenken hier nicht. Denn der restriktive Prinzipalrechtsschutz gegen nicht-normative Flächennutzungsplandarstellungen ist, wie gezeigt, im Wege der allgemeinen Leistungsklage zu bewerkstelligen, die in ihrer verfahrensmäßigen Ausgestaltung (Instanzenzug, Möglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzes) in keiner Weise hinter der einer vorbeugenden Unterlassungsklage zurücksteht. Soweit das BVerwG im Krabbenkamp-Urteil die Unzumutbarkeit des nachträglichen Rechtsschutzes weiter damit begründete, dass der Nachbargemeinde die Gefahr drohe, dass der Bebauungsplan „faktisch vollzogen“ werde, stellt

437 438 439 440

Dazu näher m.w. N. unter § 5 B. Dafür Koppitz/Schwarting, Flächennutzungsplan, Rn. 350. Dazu § 5 B. II. 1.–3. S. § 5 B. II. 4.

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3. Kap.: Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde

sich auch dieses Problem jdfs. bei Rechtsschutz gegen nicht-normative Flächennutzungsplandarstellungen nicht. Die Nachbargemeinde kann hier durch ein Abwarten auf die Bekanntmachung der nicht-normativen Darstellungen nicht vor „vollendete Tatsachen“ gestellt werden, weil der Plan im unbeplanten Innenbereich ohnehin nicht durch Baugenehmigungen vollzogen wird, da er, wie gezeigt441, für das einschlägige Zulassungsregime aus § 34 BauGB schlicht keine Rolle spielt. Und soweit ein „Vollzug“ des Flächennutzungsplans durch die Aufstellung eines aus ihm zu entwickelnden Bebauungsplanes in Rede steht, reicht es aus, der Nachbargemeinde eine Rechtsschutzmöglichkeiten an die Hand zu geben, die einen „faktischen Vollzug“ diese Bebauungsplans verhindern442. Es ist daher nicht einzusehen, warum es der Gemeinde nicht zumutbar sein sollte, (zumindest) das Wirksamwerden der nicht-normativen Darstellungen des Flächennutzungsplans abzuwarten443. Eine Unterlassungsklage der Nachbargemeinde gegen den drohenden Erlass nicht-normativer Flächennutzungsplandarstellungen ist dann aber nicht zulässig. Da präventiver Rechtsschutz gegen drohende nicht-normative Flächennutzungsplandarstellungen auch an dieser Stelle weder über eine allenfalls für normative Akte in Betracht kommende – oben ohnehin selbst dafür abgelehnte – „vorbeugende Normenkontrolle“444 noch über Klagen bewerkstelligt werden kann, die auf die Feststellung der Nichtberechtigung zur Planaufstellung oder des Bestehens eines Unterlassungsanspruchs gerichtet wären445, ist ein präventiver Rechtsschutz – auch – gegen solche Darstellungen insgesamt abzulehnen.

441

S. dazu unter § 8 D. S. dazu insbesondere im Hinblick auf § 47 Abs. 6 VwGO unter § 5 B. II. 4. 443 Das Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Unterlassungsklage verneinen ebenfalls Brohm, Baurecht, § 6 Rn. 15; Schenke, NVwZ 2007, 134 (137 f.); ders., VerwArch. 98 [2007], sub II.2.a.cc.; ders., in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (562 f.). 444 S. dazu unter § 5 A. 445 S. dazu unter § 5 C. 442

Viertes Kapitel

Der Rechtsschutz der Nachbargemeinde gegen Baugenehmigungen Im Mittelpunkt der bisherigen Betrachtungen stand die Frage, ob und wie sich die Nachbargemeinde gegen Bauleitpläne der Standortgemeinde zur Wehr setzen kann. Im Folgenden soll die zweite Stufe des Bauplanungsrechts in den Blick genommen und untersucht werden, inwieweit jene Kommune sich auch gegen Baugenehmigungen verteidigen kann, die für Vorhaben auf dem Gebiet der Standortgemeinde erteilt werden. Anders als im Bereich der Bauleitpläne bereitet die Frage, wie der Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen zu bewerkstelligen ist, keine grundsätzlichen Schwierigkeiten. Da es sich bei diesen Genehmigungen unstreitig um Verwaltungsakte handelt, ist gegen sie nach erfolgloser Durchführung eines Vorverfahrens i. S. d. §§ 68 ff. VwGO eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO zu erheben. Darüber hinaus steht der Nachbargemeinde die Möglichkeit zur Verfügung, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nach §§ 80a, 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 BauGB zu beantragen, dass das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung von Widerspruch bzw. Anfechtungsklage anordnen möge, die diese gem. § 212a Abs. 1 BauGB selbst nicht entfalten. Schwieriger zu beantworten ist dagegen die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Widerspruch und Anfechtungsklage der Nachbargemeinde Aussicht auf Erfolg haben können. Inwieweit den Nachbargemeinden nämlich subjektiv-öffentliche Rechte zustehen, die durch eine rechtswidrige Baugenehmigung i. S. d. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO verletzt werden können, wird in Rechtsprechung und Literatur äußerst kontrovers diskutiert. Aus diesem Grunde soll im Folgenden zunächst ein Überblick über das diesbezügliche Meinungsspektrum gegeben werden (§ 12), um nach einer anschließenden Betrachtung zur Bedeutung des Art. 28 Abs. 2 GG (§ 13), die Frage nach etwaigen Abwehrrechten der Nachbargemeinde für die einzelnen bauplanungsrechtlichen Bereiche i. S. d. §§ 29 ff. BauGB (§ 14) getrennt untersuchen zu können.

§ 12 Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur Nach einem Überblick über den gegenwärtigen Stand der Rechtsprechung (A.) sollen die alternativ oder kumulativ dazu in der Literatur entwickelten Vor-

350

4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

schläge vorgestellt (B.) und die jeweiligen Konzeptionen gewürdigt werden (C.).

A. Stand der Rechtsprechung „Die Rechtsprechung des BVerwG ist unklar“1. Diese Einschätzung findet sich nicht nur in der baurechtlichen Literatur, sondern wird auch von vormaligen Mitgliedern des insoweit federführenden 4. Senats des Gerichts geteilt2. Hier soll dennoch der Versuch unternommen werden, anhand der wichtigsten Entscheidungen des BVerwG und einiger Obergerichte (I.) die grundlegenden Linien herauszuarbeiten, anhand derer die Rechtsprechung den Rechtsschutz der Nachbargemeinden gegen für das Gebiet der Standortgemeinde erteilte Baugenehmigungen beurteilt (II.). I. Grundlegende Entscheidungen Wenn man das Krabbenkamp-Urteil des BVerwG als die grundlegende Entscheidung zum Rechtsschutz der Nachbarkommunen gegen Bauleitpläne ansehen will3, dürfte wohl dem Schlachthof-Urteil des Gerichtes aus dem Jahre 19894 eine vergleichbare Bedeutung für den Bereich der Vorhabenzulassung zugesprochen werden können. 1. Das Schlachthof-Urteil des BVerwG aus dem Jahre 1989 In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt wandte sich die Nachbargemeinde gegen eine Genehmigung zur Errichtung und Betreibung eines Schlachthofes im Außenbereich der Standortgemeinde, der etwa 900 m von der Wohnbebauung eines Ortsteils der Nachbargemeinde entfernt liegen sollte. Der Flächennutzungsplan der Standortgemeinde hatte die fragliche Fläche zunächst der landwirtschaftlichen Nutzung vorbehalten, wurde aber geändert und stellte danach eine Sonderbaufläche „Schlachthof“ dar. Das BVerwG ging davon aus, dass das Vorhaben vor der Änderung der Flächennutzungsplans nicht hätte genehmigt werden können, weil dieser in seiner a. F. einem Schlachthof i. S. d. (heutigen) § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB „ohne weiteres entgegengestanden“ hätte und keine „Anhaltspunkte für eine Privilegierung“ erkennbar seien. Dem geänderten Plan widersprach das Vorhaben zwar nicht mehr, doch hielt es das Gericht für möglich, dass – was das Berufungs1 2 3 4

Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1026); ders., DVBl. 2006, 799 (801). S. Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 34 Rn. 32: „nicht eindeutig“. Vgl. dazu oben unter § 1 A. I. 1. a). BVerwG, Urt. v. 15.12.1989 – 4 C 36/86, BVerwGE 84, 209 ff.

§ 12 Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur

351

gericht nach Zurückverweisung der Sache abschließend zu beurteilen hatte – bei der Änderung des Flächennutzungsplans gegen den (heutigen) § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB verstoßen wurde. Einem solchen Verstoß konnte nun nach Ansicht des BVerwG auch eine subjektivrechtliche Relevanz zum Vorteil der Nachbargemeinde zukommen, da sich die Standortgemeinde auf diesen geänderten Flächennutzungsplan stützte als sie das nach § 36 BauGB erforderliche Einvernehmen erteilte. Sofern nämlich von „dem Vorhaben [sic!] unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf die Nachbargemeinde ausgehen können“, habe „die Standortgemeinde auch deren Interesse bei der Erteilung des Einvernehmens [zu] berücksichtigen“5. Diese Auffassung stützte das Gericht auf die Erwägung, dass die Erklärung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 BauGB beim „Fehlen eines Bebauungsplans die an sich grundsätzlich gebotene und abzustimmende verbindliche Bauleitplanung der Gemeinde ersetzt“6. Insofern könne also „das interkommunale Abstimmungsgebot beim Fehlen abgestimmter Bauleitpläne unmittelbar ein Abwehrrecht gegen einzelne Vorhaben begründen“7. Da das Gericht in dem zu entscheidenden Fall auf § 36 BauGB abstellen konnte, ließ es offen, ob darüber hinaus „dann, wenn eine Gemeinde von einer an sich erforderlichen Bauleitplanung absieht, um der nach [. . .] § 2 Abs. 2 BauGB gebotenen Abstimmung auszuweichen, die betroffene Nachbargemeinde erfolgreich geltend machen kann, schon in dieser ,Umgehung‘ des Abstimmungsgebots liege eine Verletzung des § 2 Abs. 2 BauGB“8. 2. Das Baumarkt-Urteil des BVerwG aus dem Jahre 1993 In dem gut drei Jahre später gefällten Baumarkt-Urteil9 des BVerwG wandte sich die landesrechtlich als Mittelzentrum ausgewiesene Nachbargemeinde gegen eine im unbeplanten Innenbereich der Standortgemeinde erteilte Baugeneh5

BVerwG, Urt. v. 15.12.1989 – 4 C 36/86, BVerwGE 84, 209 (217 f.); zust. OVG Koblenz, Beschl. v. 08.01.1999 – 8 B 12650/98, NVwZ 1999, 435 (438); dass., Urt. v. 25.04.2001 – 8 A 11441/00, BauR 2002, 577 (582); OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (170); OVG Magdeburg, Beschl. v. 05.07.2004 – 2 M 867/03, n. v., juris-Tz. 13; Kuschnerus, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 1 (17); insoweit auch Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.1.b.; Jahn, JuS 2000, 590 (594 Fn. 24). 6 BVerwG, Urt. v. 15.12.1989 – 4 C 36/86, BVerwGE 84, 209 (217). 7 BVerwG, Urt. v. 15.12.1989 – 4 C 36/86, BVerwGE 84, 209 (214); zust. OVG Weimar, Beschl. v. 20.12.2004 – 1 EO 1077/04, NJOZ 2005, 3895 (3901); VG Augsburg, Beschl. v. 21.05.2004 – Au 8 S 04.403, n. v., juris-Tz. 43; VG Hannover, Beschl. v. 18.08.2005 – 4 B 4371/05, NVwZ-RR 2006, 16. 8 BVerwG, Urt. v. 15.12.1989 – 4 C 36/86, BVerwGE 84, 209 (218); als „(wohl) nach wie vor“ nicht „abschließend entschieden“ bezeichnete diese Frage das OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (170). 9 BVerwG, Urt. v. 11.02.1993 – 4 C 15/92, Buchh. 406.11 § 34 BauGB Nr. 156, S. 86 ff.

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

migung, mit der die Umwandlung von bis dahin als Möbel- und Einrichtungscenter genutzten Hallen in einen Baumarkt mit Autoshop und Abteilungen für Getränke und Heimtextilien gestattet wurde. Das Gericht lehnte es zunächst ab, ein subjektives Abwehrrecht der Nachbargemeinde aus § 34 Abs. 1 BauGB selbst abzuleiten. Die dort genannten Tatbestandsmerkmale entschieden abschließend über die Zulässigkeit eines Vorhabens im unbeplanten Innenbereich und seien keiner „Anreicherung um Elemente zugänglich“, die „sich als zusätzliche Zulässigkeitshürden erweisen“10. Die Nachbargemeinde konnte sich daher nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Vorhaben gegen Ziele der Raumordnung verstoße, Auswirkungen nach § 11 Abs. 3 BauNVO oder ein Planungserfordernis nach § 1 Abs. 3 BauGB auslöse, weil § 34 Abs. 1 BauGB die Zulässigkeit eines Vorhabens nicht (mehr) davon abhängig machte, ob dem Vorhaben derartige öffentlichen Belange entgegenstehen11. Das Gericht lehnte es darüber hinaus auch ab, die Klagebefugnis der Nachbargemeinde auf § 2 Abs. 2 BauGB zu stützen. Unter Bezugnahme auf die Schlachthof-Entscheidung stellte es zunächst zwar die – dort so freilich nicht ausdrücklich formulierte – These auf, dass „sich die Nachbargemeinde nach § 2 Abs. 2 BauGB auch dagegen wehren“ könne, dass „auf der Grundlage eines [. . .] nicht abgestimmten Bauleitplans ein Einzelvorhaben zugelassen wird“12. Es betonte dann aber zugleich, dass auf die Grundsätze aus der SchlachthofEntscheidung in casu nicht zurückgegriffen werden könne, weil die von der Nachbargemeinde angegriffene Baugenehmigung „indessen keinerlei Bezug zur Bauleitplanung“ der Standortgemeinde aufweise. Im unbeplanten Innbereich liege gerade kein Bebauungsplan vor, dessen unzureichende Abstimmung die Nachbargemeinde rügen könne. Aus den Umstand allein, dass es die Standortgemeinde unterlassen habe, einen solchen Plan aufzustellen, könne die Nachbargemeinde ebenfalls kein Ab10 BVerwG, Urt. v. 11.02.1993 – 4 C 15/92, Buchh. 406.11 § 34 BauGB Nr. 156, S. 86 (87), zust. Kuschnerus, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 1 (15 f.); und in der Sache auch Battis, in: Jarass (Hrsg.), a. a. O., S. 19 (27 f.); Kopf, Rechtsfragen, S. 302. 11 Vgl. BVerwG, Urt. v. 11.02.1993 – 4 C 15/92, Buchh. 406.11 § 34 BauGB Nr. 156, S. 86 (88 ff.). 12 BVerwG, Urt. v. 11.02.1993 – 4 C 15/92, Buchh. 406.11 § 34 BauGB Nr. 156, S. 86 (95); zust. OVG Greifswald, Beschl. v. 30.06.1999 – 3 M 144/98, DÖV 2001, 134 (135); VGH München, Beschl. v. 25.10.1999 – 26 CS 99.2222, BayVBl. 2000, 152; OVG Weimar, Beschl. v. 20.12.2004 – 1 EO 1077/04, NJOZ 2005, 3895 (3901); OVG Magdeburg, Beschl. v. 13.01.1994 – 1 M 23/93, n. v., juris-Tz. 19; VG Hannover, Beschl. v. 18.08.2005 – 4 B 4371/05, NVwZ-RR 2006, 16; VG Darmstadt, Urt. v. 01.03.2005 – 9 E 1055/98 (1), NVwZ-RR 2006, 237 (240); der Sache nach ebenso OVG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 08.05.1998 – 3 B 84/97, LKV 1998, 359 (360 f.); ferner Konrad, JA 2001, 975 (976); W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 57; Wagner, BWGZ 1999, 62 (65); ders., ZfBR 2000, 21 (24).

§ 12 Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur

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wehrrecht ableiten: „§ 2 Abs. 2 BauGB enthält keine Regelung für den Fall, daß die von der Nachbargemeinde geltend gemachten negativen Wirkungen die Folge planerischer Untätigkeit sind“13. In der Schlachthof-Entscheidung sei zwar angedeutet worden, dass eine Standortgemeinde möglicherweise auch durch das Unterlassen einer „an sich“ gebotenen Planung gegen § 2 Abs. 2 BauGB verstoßen könne14. Diese Möglichkeit bot aber nach Ansicht des BVerwG keinen Ansatzpunkt für ein subjektives Recht der Nachbargemeinde. Ob das interkommunale Abstimmungsgebot nämlich auf die Rechtmäßigkeit einer Baugenehmigung „durchschlage“, lasse sich „nicht losgelöst von den Zulassungsregelungen der §§ 29 ff. BauGB beurteilen“15. „Ein einzelvorhabenbezogenes Abwehrrecht kann es allenfalls dann begründen, wenn die [Standort-]Gemeinde dem Bauinteressenten unter Mißachtung des § 2 Abs. 2 BauGB einen Zulassungsanspruch verschafft hat. Dies setzt voraus, daß sie durch einen nicht abgestimmten Bauleitplan oder im Falle des Fehlens eines solchen Plans auf andere Weise die Weichen in Richtung Zulassungsentscheidung gestellt hat. Hat sie dagegen auf die Genehmigungsvoraussetzungen ersichtlich nicht eingewirkt, so kann von einer Umgehung des § 2 Abs. 2 BauGB keine Rede sein“16. Handle es sich nun – wie im zu entscheidenden Fall – um ein nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilendes Vorhaben, scheide ein solches „Einwirken“, eine derartige „Weichenstellung“ von vornherein aus, weil es dort nicht „der Disposition der [Standort-]Gemeinde“ unterliege, unter welchen Voraussetzungen ein Vorhaben genehmigt werde. Dies beurteile sich vielmehr allein nach den vier dort abschließend genannten Kriterien, die keinen Raum für eine „Abwägung widerstreitender kommunalen Interessen“ ließen17. Das vom BVerwG in dieser Entscheidung geprägte Bild von der „Weichenstellung“ wurde in der Rechtsprechung18 (und großen Teilen der Literatur19) 13 BVerwG, Urt. v. 11.02.1993 – 4 C 15/92, Buchh. 406.11 § 34 BauGB Nr. 156, S. 86 (95 f.). 14 Vgl. dazu die zusammenfassende Darstellung im vorhergehenden Abschnitt (§ 12 A. I. 1). 15 BVerwG, Urt. v. 11.02.1993 – 4 C 15/92, Buchh. 406.11 § 34 BauGB Nr. 156, S. 86 (96); zust. Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.1.a./S. 20. 16 BVerwG, Urt. v. 11.02.1993 – 4 C 15/92, Buchh. 406.11 § 34 BauGB Nr. 156, S. 86 (96); zust. etwa OVG Weimar, Beschl. v. 23.04.1997 – 1 EO 241/97, DÖV 1997, 791 (792). 17 S. näher BVerwG, Urt. v. 11.02.1993 – 4 C 15/92, Buchh. 406.11 § 34 BauGB Nr. 156, S. 86 (90). 18 S. bspw. OVG Koblenz, Beschl. v. 08.01.1999 – 8 B 12650/98, NVwZ 1999, 435 (438); dass., Urt. v. 25.04.2001 – 8 A 11441/00, BauR 2002, 577 (582); OVG Weimar, Beschl. v. 20.12.2004 – 1 EO 1077/04, NJOZ 2005, 3895 (3905); VGH München, Beschl. v. 25.10.1999 – 26 CS 99.2222, BayVBl. 2000, 152; OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (170); OVG Greifswald, Beschl. v. 30.06.1999 – 3 M 144/98, DÖV 2001, 134 (135); VG Gera, Beschl. v. 22.06.2004 – 4 E 536/04 GE, n. v., juris-Tz. 25; VG Sigmaringen, Beschl. v. 09.11.2006 – 9 K 876/ 06, n. v., juris-Tz. 2.

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

ohne weiteres Hinterfragen aufgegriffen und auch für die Lösung anderer Fallkonstellationen verwendet. So wurde auf dieser Grundlage ein Abwehrrecht der Nachbargemeinde für den Fall bejaht, dass ein Vorhaben auf der Grundlage eines Bebauungsplans zugelassen wurde, wenn die Zulassungsentscheidung dabei „auf einer unter Mitwirkung der [Standort-]Gemeinde (vgl. § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB) ergangenen Ermessensentscheidung, wie der Zulassung einer Ausnahme gemäß § 31 Abs. 1 BauGB oder der Erteilung einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB, beruht, bei der die nachbargemeindlichen Interessen berücksichtigt werden können“20. 3. Der Multiplex-Kino-Beschluss des VGH München aus dem Jahre 1999 Sechs Jahre später hatte der VGH München einen Fall zu beurteilen, in dem sich die Nachbargemeinde gegen eine Teilbaugenehmigung für ein „MultiplexKino“ wandte, das im Gebiet eines Bebauungsplans der Standortgemeinde erteilt wurde und für die fragliche Fläche ein Industriegebiet vorsah. Mit dieser Genehmigung erteilte die Baugenehmigungsbehörde dem Vorhabenträger zugleich eine Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB. Die vom Träger dieser Behörde verschiedene Standortgemeinde hätte dazu nach § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB ihr Einvernehmen erteilen müssen, hatte dies aber nicht getan. Der VGH ging davon aus, dass der Standortgemeinde bei einer solchen Konstellation keine „Weichenstellung“ zum Nachteil der Nachbargemeinde zur Last gelegt werden könne, weil sie schlicht untätig geblieben sei21. Er ging aber davon aus, dass der Nachbargemeinde hier – bei hinreichend gewichtigen Auswirkungen – dennoch ein „aus § 2 Abs. 2 BauGB hergeleiteter Abwehranspruch“ zustehen müsse. Dazu verglich das Gericht die Lage der Nachbargemeinde mit der eines Grundstückseigentümers, der sich gegen eine Baugenehmigung für ein Vorhaben wehre, das unter Verstoß gegen nicht-drittschützende Festsetzungen eines Bebauungsplans erteilt worden sei. Hier sei es anerkannt, dass ihm bei hinreichend gewichtigen Auswirkungen ein Abwehrrecht unabhängig davon zustehe, ob die erforderliche Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB, bei der auch die „nachbarlichen Interessen“ zu berücksichtigen gewesen wären, erteilt worden 19 Das Verbot der „Weichenstellung“ greifen etwa Reidt, LKV 1994, 93 (96); ders., in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 652; Jahn, BayVBl. 2000, 267 (269); ders., JuS 2000, 590 (594); ders., GewArch. 2002, 412 (413); Berkemann, in: dems./ Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 54; wohl auch Battis, in: dems./Krautzberger/Löhr, BauGB, § 2 Rn. 23; König/Roeser/Stock, BauNVO, § 11 Rn. 91; Reichelt, BauR 2006, 38 (39), auf. 20 VGH München, Beschl. v. 25.10.1999 – 26 CS 99.2222, BayVBl. 2000, 152; Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 138c; ebenso bereits Schmitz, LKV 1997, 345 (349). 21 S. VGH München, Beschl. v. 25.10.1999 – 26 CS 99.2222, BayVBl. 2000, 152.

§ 12 Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur

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sei, oder ob dies rechtswidrig unterblieben sei22. Die Situation der Nachbargemeinde stelle sich insoweit nicht anders dar, sodass es auch für ihr Abwehrrecht nur darauf ankommen könne, ob das genehmigte Vorhaben hinreichend „gewichtige“ Auswirkungen auf ihre städtebaulichen Belange entfalten werde23. Ohne sich mit dem Urteil des VGH München auseinanderzusetzen, gelangte das OVG Lüneburg sechs Jahre später24 bei der Beurteilung dieser Rechtsfrage indes zu einer teilweise abweichenden Rechtsauffassung. Das OVG vertrat nämlich die Ansicht, dass das Unterlassen der Einvernehmenserteilung nach § 36 BauGB für die Erteilung einer Befreiung i. S. d. § 31 Abs. 2 BauGB der Nachbargemeinde allenfalls dann zu einem Abwehrrecht verhelfen könne, wenn die Einleitung des auf Erteilung der Befreiung gerichteten Verfahrens „in missbräuchlicher Weise“ unterlassen worden sei, um die „von Baurechts wegen an sich gebotene Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB in vorwerfbarer Weise zu umgehen“25. 4. Das Zweibrücken-Urteil des BVerwG aus dem Jahre 2002 Knapp drei Jahre nach dem Beschluss des VGH München hatte sich das BVerwG in seinem viel beachteten Zweibrücken-Urteil26 mit dem Fall einer Nachbargemeinde zu befassen, die sich gegen eine Baugenehmigung wandte, die 1996 auf einem ehemaligen Militärflughafen für ein Fabrikverkaufszentrum („Factory Outlet Center“) erteilt wurde, das auf einer Fläche von etwa 21.000 m2 über 60 sortimentsbeschränkte Einzelhandels- und zwei Gastronomiebetriebe umfassen sollte („Designer Outlet Zweibrücken“ – DOZ)27. Dieses Vorhaben war als erste Bauphase einer insgesamt weiterreichenden Konzeption gedacht, die auf einer mehr als doppelt so großen Fläche u. a. ein größeres Factory Outlet Center und einen Multimediakomplex vorsah. Im dem hierauf bezogenen Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans wandte die Nachbargemeinde ein, dass die von ihr zur Sanierung ihrer eigenen Innenstadt unternommenen Anstrengungen, für die sie 100 Millionen DM investiert habe, durch das DOZ zunichte gemacht würden. Diese Bedenken wurden vom Planungsträger u. a. mit den Argumenten zurückgewiesen, die Nachbargemeinde habe die Probleme ih22 S. dazu BVerwG, Urt. v. 04.10.1989 – 4 C 14/87, BayVBl. 1990, 154; dass., Beschl. v. 08.07.1998 – 4 B 64/98, NVwZ-RR 1999, 8; und dazu noch näher unter § 14 E. 1. 4. 23 VGH München, Beschl. v. 25.10.1999 – 26 CS 99.2222, BayVBl. 2000, 152. 24 OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 ff. 25 S. OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (170, 171 f.). 26 BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 ff. 27 Näher zum Sachverhalt OVG Koblenz, Beschl. v. 08.01.1999 – 8 B 12650/98, NVwZ 1999, 435 (436); OVG Koblenz, Urt. v. 25.04.2001 – 8 A 11441/00, BauR 2002, 577 ff.

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rer Innenstadtentwicklung selbst verursacht, und auch eine unzumutbare Schwächung der Nahversorgung werde nicht verursacht, weil nur eine Umsatzverteilung von 3,7% zu erwarten sei. Noch vor dem Abschluss des Verfahrens zur Aufstellung des Bebauungsplans wurde die Baugenehmigung 1998 auf der Grundlage des § 33 BauGB erteilt. Die Nachbargemeinde erhob dagegen Klage, hatte damit aber in den ersten beiden Instanzen keinen Erfolg. Das Berufungsgericht kam zwar zu der Auffassung, dass die Genehmigung nicht auf § 33 BauGB gestützt werden könne, weil der Planentwurf wegen Mängel im Abwägungsvorgang nicht den Vorgaben des interkommunalen Abstimmungsgebotes aus § 2 Abs. 2 BauGB genüge und daher nicht materiell planreif sei28. Das Vorhaben sei dann aber nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen und verstoße „nicht gegen eine die Klägerin schützende Bestimmung, die nach § 35 Abs. 2 und 3 BauGB zu beachten ist“29. Das interkommunale Abstimmungsgebot komme zwar auch im Rahmen dieser Vorschrift als unbenannter „öffentlicher Belang“ zum Tragen30. Da aber § 35 BauGB in der Vorhabenzulassung – anders als § 1 Abs. 6 BauGB in der Bauleitplanung – keine Abwägungspflicht enthalte, könne eine Nachbargemeinde nicht rügen, eine Zulassungsentscheidung beruhe auf einem fehlerhaften Abwägungsvorgang. Geltend machen könne sie vielmehr allein, dass die Genehmigungsentscheidung im Ergebnis gegen das Gebot der interkommunalen Abstimmung verstoße, weil das Vorhaben für die Nachbargemeinde „unzumutbare“ Auswirkungen entfalte31, was wiederum erst bei Kaufkraftabflüssen von 20 bis 25% anzunehmen sei, die in casu nicht erreicht worden seien32.

28 OVG Koblenz, Urt. v. 25.04.2001 – 8 A 11441/00, BauR 2002, 577 (579 ff.) – Hervorhebung durch den Verf.; mit entsprechender Einschätzung bereits dass., Beschl. v. 08.01.1999 – 8 B 12650/98, NVwZ 1999, 435 (437 f.), im Verfahren nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO. 29 OVG Koblenz, Urt. v. 25.04.2001 – 8 A 11441/00, BauR 2002, 577 (582). 30 In diese Richtung schon OVG Koblenz, Beschl. v. 08.01.1999 – 8 B 12650/98, NVwZ 1999, 435 (438); Jahn, JuS 2000, 590 (595); dafür auch Büchner, in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Einzelhandel und Windkraftanlagen, S. 55 (57); ders., ZfBR 2003, 538 (539). 31 S. OVG Koblenz, Urt. v. 25.04.2001 – 8 A 11441/00, BauR 2002, 577 (582), bei Hervorhebung durch den Verf., dort unter Verweis auf Wagner, ZfBR 2000, 21 f.; Uechtritz, BauR 1999, 572 ff.; insoweit noch anders OVG Koblenz, Beschl. v. 08.01.1999 – 8 B 12650/98, NVwZ 1999, 435 (437 f.), im Verfahren nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO, wo die Verletzung eines subjektiven Rechts der Nachbargemeinde aus § 35 BauGB noch mit dem gleichsam vorgelagerten Argument abgelehnt wurde, es lägen schone keine „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ i. S. d. § 2 Abs. 2 BauGB vor, weil nur mit einer Umsatzverteilung von etwa 8% des gesamten innenstädtischen Einzelhandels zu rechnen sei; im Hauptsacheverfahren ging das Gericht dagegen davon aus, dass solche „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ nicht auszuschließen seien (a. a. O. S. 581). 32 Näher OVG Koblenz, Urt. v. 25.04.2001 – 8 A 11441/00, BauR 2002, 577 (583 ff. insb. 585).

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Diese Erwägungen trafen nicht nur in der Literatur auf Kritik33. Auch das BVerwG trat ihnen in seiner Entscheidung vom 01.08.200234 entgegen. Das Gericht stimmte zwar mit der Berufungsinstanz darin überein, dass die angegriffene Baugenehmigung in § 33 BauGB „keine rechtliche Stütze“ finden konnte35. Anders als diese kam das BVerwG aber zu der Auffassung, dass die Gemeinde gegen Bestimmungen des § 35 BauGB verstieß und dadurch auch Rechte der Nachbargemeinde verletzte. Als unbenannter „öffentlicher Belang“ i. S. d. dritten Absatzes dieser Vorschrift sei nämlich u. a. ein „Planungsbedürfnis“ anzusehen, dass sich aus § 2 Abs. 2 BauGB ergeben könne, wenn ein Bauvorhaben „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf die Nachbargemeinden zu entfalten drohe. Wird ein solches Vorhaben dennoch auf der Grundlage der § 35 Abs. 2 u. 3 BauGB genehmigt, verletzt das nach Ansicht des Gerichts eine Bestimmung, die auch die Interessen der Nachbargemeinde zu schützen bestimmt ist. Im Einzelnen argumentierte das BVerwG dazu wie folgt. Es stellte zunächst heraus, dass § 35 BauGB nicht als Final-, sondern als Konditionalprogramm ausgestaltet sei, das für planerische Erwägungen keinen Raum lasse. Dieses Entscheidungsprogramm reiche zwar in der Regel aus, „um eine städtebaulich entstehende Konfliktlage im Außenbereich angemessen beurteilen zu können“, doch könne ein Vorhaben in bestimmten Konstellationen auch „eine Konfliktlage mit so hoher Intensität für die berührten öffentlichen und privaten Belange auslösen, dass dies die in § 35 BauGB vorausgesetzte Entscheidungsfähigkeit des Zulassungsverfahrens übersteigt“36. Sei in solchen Fällen eine „planerische Koordinierung“ erforderlich, könne die Zulassung des Vorhabens an dem unbenannten öffentlichen Belang i. S. d. § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB des „Planungsbedürfnisses“ scheitern37. Ein solches Bedürfnis wiederum könne nicht nur im Hinblick auf die innerhalb des Vorhabens konkurrierenden Belange entstehen38, 33 Die Kritik richtete sich insbesondere gegen die Annahme des OVG, das interkommunale Abstimmungsgebot entfalte im Zulassungsverfahren eine andere Reichweite als im Bauleitplanungsverfahren; s. Wurzel/Probst, DVBl. 2003, 197 (199 f.); Gronemeyer, ZfIR 2001, 767 f.; Reidt, BauR 2002, 562 (566 f.); weitgehende Zustimmung dagegen bei Jochum, BauR 2002, 1480 (1482 ff.). 34 BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 ff. 35 Näher BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (37 ff.). 36 BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (30); best. von dems., Beschl. v. 11.08.2004 – 4 B 55/04, BauR 2005, 832. 37 S. BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (30 f.). 38 Bis zu dieser Entscheidung wurde ein „Planungserfordernis“ nur für die Fälle eines Bedürfnisses nach „Binnenkoordination“ bejaht; vgl. BVerwG, Urt. v. 22.06. 1990 – 4 C 87, BRS 50 Nr. 84, S. 190 (196 f.); Fackler, Individualanspruch, S. 33 ff.; die Aufgabe der Beschränkung auf Fälle der Binnenkoordination wird überwiegend begrüßt, vgl. Uechtritz, NVwZ 2003, 176 (177); Kuschnerus, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 1 (14 f.); Battis, in: Jarass (Hrsg.), a. a. O., S. 19 (23); Schoch, JK 7/03, BauGB § 35/2; Wurzel/Probst, DVBl. 2003, 197 (198); krit. Jochum, BauR 2003, 31 (35 ff.).

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sondern sich auch in Bezug auf die Belange der Nachbargemeinde aus § 2 Abs. 2 BauGB 1998 ergeben: „Handelt es sich um ein Vorhaben, dass im Fall einer Bebauungsplanung nur nach Abstimmung mit einer Nachbargemeinde gemäß § 2 Abs. 2 BauGB als zulässig festgesetzt werden könnte, so darf das Abstimmungsgebot nicht dadurch umgangen werden, dass eine förmliche Planung unterbleibt“39. Bestehe ein „qualifizierter Abstimmungsbedarf“ i. S. d. Vorschrift, weil das in Rede stehende Vorhaben „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ entfalte, so sei dies „ein starkes Anzeichen dafür, dass die Zulassungsschranken, die § 35 Abs. 3 BauGB aufrichtet, nicht ausreichen, um ohne planerische Abwägung eine Entscheidung über die Zulässigkeit des beabsichtigten Vorhabens treffen zu können. Dagegen fehlt es an dieser Indizwirkung, wenn es um die Berücksichtigung von Belangen geht, die keine Auswirkungen gewichtiger Art darstellen, sondern lediglich im Rahmen des ,einfachen‘ Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 6 BauGB [1998] zu beachten sind“40. Auf den konkreten Fall bezogen kam das BVerwG zu dem Schluss, dass das genehmigte Vorhaben des DOZ solcherart intensive Auswirkungen auslöse, „dass ein – aus § 2 Abs. 2 BauGB folgendes – Bedürfnis nach planerischer Bewältigung gegeben ist“41. Das Vorhaben weise nämlich die Merkmale eines Einkaufszentrums i. S. d. § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauNVO auf. Da sich aus dieser Vorschrift (unmittelbar) ergebe, dass Einkaufszentren wegen der mit ihnen verbundenen nachteiligen Wirkungen „ohne spezielle Planung nicht einmal in den Gebieten verwirklicht werden dürfen, die für sie an sich nach der Gebietstypologie der [BauNVO] bestimmt sind“, so erlaube das (mittelbar) den ErstRecht-Schluss, dass dann „auch der Außenbereich als geeigneter Standort von vornherein aus[scheidet]“42. Zugleich folge aus dieser Vorschrift, dass „eine Abstimmung nach § 2 Abs. 2 BauGB hier unumgänglich ist“. Diese Bestimmung mit ihrer „betont übergemeindlichen Sichtweise“ sei „Ausdruck der Erkenntnis, dass Einkaufszentren und sonstige großflächige Einzelhandelsbetriebe unter den dort genannten Voraussetzungen regelmäßig geeignet sind, Nachbargemeinden in so gewichtiger Weise zu beeinträchtigen, dass sie ohne eine förmliche Planung, die dem Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB gerecht wird, nicht zugelassen werden dürfen“43. Hatte das OVG Koblenz also als Berufungsinstanz die Klage der Nachbargemeinde scheitern lassen, weil es zwar vom Vorliegen „unmittelbarer Auswirkungen gewichtiger Art“ ausging, für einen Verstoß gegen § 35 Abs. 3 BauGB aber 39

BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (32). BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (32 f.). 41 BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (33 ff.). 42 BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (34 f.). 43 Näher BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (35 ff.); zust. etwa OVG Münster, Urt. v. 25.08.2005 – 7 D 2/05 NE, NVwZ-RR 2006, 450 (451). 40

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„unzumutbare“ Auswirkungen forderte, verhalf das BVerwG der Klägerin zum Erfolg, weil es dieser zugestand, sich vermittels der Rechtsfigur des Planungserfordernisses schon auf „gewichtige Auswirkungen“ i. S. d. Krabbenkamp-Formel zu berufen. 5. Die Aufnahme der Zweibrücken-Entscheidung in der Rechtsprechung Wie die Zweibrücken-Entscheidung des BVerwG im Einzelnen zu verstehen ist, war nur wenige Wochen später umstritten. Anlass für entsprechende Kontroversen bot die Entscheidung des OVG Lüneburg vom 15.11.200244. a) Der Nahversorgungsmarkt-Beschluss des OVG Lüneburg aus dem Jahre 2002 In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt wandte sich die Nachbargemeinde gegen eine Baugenehmigung, die für einen Nahversorgungsmarkt erteilt wurde. Dieser Markt sollte in einem von der Standortgemeinde im Hinblick auf das Vorhaben festgesetzten Mischgebiet errichtet werden und hätte rund 1 km von den zwei auf dem Gebiet der Nachbargemeinde liegenden Lebensmittelmärkten entfernt gelegen. Die Nachbargemeinde sah die Existenz dieser Betriebe durch den Nahversorgungsmarkt gefährdet und befürchtete entsprechende Folgen für ihre Strukturen zur Versorgung der nicht motorisierten Bevölkerung. Das OVG Lüneburg war wie die erste Instanz der Auffassung, dass dem hierauf bezogenen Eilantrag der Nachbargemeinde stattzugeben war und stützte sich dazu maßgeblich auf das Zweibrücken-Urteil des BVerwG. Das OVG ging davon aus, dass der „Nahversorgungsmarkt“ die Voraussetzungen eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes i. S. d. § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauNVO erfüllte, sodass das Vorhaben nur in einem Kern- oder Sondergebiet – nicht aber, wie geschehen, in einem Mischgebiet – hätte zugelassen werden können. Darauf aufbauend kam das Gericht zu dem Schluss, dass „[s]chon diese objektive Rechtswidrigkeit [zur Verletzung gemeindlicher Nachbarrechte“ der Nachbargemeinde führe, ohne (!) dass es darauf ankomme, ob und wie stark diese Gemeinde durch das Vorhaben überhaupt betroffen werde45. Es verzichtete also bewusst darauf zu untersuchen, ob das Vorhaben „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf die Nachbargemeinde entfalten würde oder nicht. Diese Auffassung stützte das OVG auf die Ausführungen des BVerwG in dem nur wenige Wochen zuvor gefällten Zweibrücken-Urteil. „Wesentliches 44

OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.11.2002 – 1 ME 151/02, BRS 65 Nr. 69, S. 345 ff. S. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.11.2002 – 1 ME 151/02, BRS 65 Nr. 69, S. 345 (346, 351 f.); dem folgend VG Hannover, Beschl. v. 18.08.2005 – 4 B 4371/05, NVwZ-RR 2006, 16 (18). 45

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Anliegen dieser Entscheidung“ sei es nämlich, „Nachbargemeinden zu sichern, ihre Rechte in dem vom Gesetz dafür vorgesehenen Planungsverfahren wahrnehmen zu können und nicht durch Baugenehmigungen ,überfahren‘ zu werden, welche ohne ein solches Planungsverfahren erteilt werden“46. Seien in einem solchen Verfahren die Rechte der Nachbargemeinde zu beachten, stehe diesen „ein Abwehrrecht gegen ,voreilig‘, d.h. unter Außerachtlassung dieses [scil: durch das Vorhaben ausgelöste] Planungsbedürfnisses erteilte Baugenehmigungen zu ohne Rücksicht darauf, wie stark sie wirklich durch das Vorhaben betroffen werden. Welchen Umfangs dies der Fall ist, soll gerade erst in diesen dafür vorgesehenen Verfahren geklärt werden“47. Diese Interpretation des Zweibrücken-Urteils ist in Rechtsprechung und Literatur nicht nur auf Zustimmung48, sondern auch auf Kritik gestoßen49. So hat namentlich Uechtritz argumentiert, dass ein ohne Planung zugelassenes, aber unter § 11 Abs. 3 BauNVO fallendes Vorhaben zwar rechtswidrig sei, dass damit aber noch nicht feststehe, welche Nachbargemeinden dadurch in ihren Rechten verletzt seien50. Da man für den Begriff der „benachbarten“ Gemeinden in § 2 Abs. 2 BauGB auch sonst nicht auf ein räumliches Angrenzen, sondern auf die Intensität der tatsächlichen Auswirkungen abstelle51, könne diese Frage auch in Konstellationen, wie sie etwa der Zweibrücken-Entscheidung zugrunde gelegen habe, nicht ohne Rücksicht auf diese Auswirkungen beantwortet werden52. Das OVG Lüneburg hatte gut drei Jahre später in seiner Entscheidung vom 30.11.200553 Gelegenheit, sich mit dieser Kritik zu befassen, und ließ es offen, ob es an seiner Auffassung künftig festhalten werde.

46 OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.11.2002 – 1 ME 151/02, BRS 65 Nr. 69, S. 345 (352). 47 OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.11.2002 – 1 ME 151/02, BRS 65 Nr. 69, S. 345 (352); so dürfte die Zweibrücken-Entscheidung auch von Jäde, in: dems./Dirnberger/ Weiß, BauGB/BauNVO, § 29 BauGB Rn. 74; und wohl auch von Battis, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 19 (23 f., 27), verstanden worden seien. 48 Billigung bei Schmitz/Federwisch, Einzelhandel, Rn. 450; W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 2 Rn. 55, und wohl auch bei Kuschnerus, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 1 (17 f.); u. so wohl auch Battis, in: Jarass (Hrsg.), a. a. O., S. 19 (23 f., 27); in diesem Sinne wohl auch bereits zuvor Hermanns, BauR 2003, 62 (63). 49 Uechtritz, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 59 (65 ff.); Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.bb.; ohne auf das Urteil Bezug zu nehmen war a. A. in der Sache auch schon Uechtritz, NVwZ 2003, 176 (177). 50 S. Uechtritz, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 59 (66 f.). 51 Vgl. dazu § 1 A. I. 1. b) aa). 52 S. Uechtritz, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 59 (66 f.); s. ferner Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.bb., der dem OVG vorwirft verkannt zu haben, dass selbst die – von OVG wohl zugrundegelegte – Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB das Vorliegen von Auswirkungen gewichtiger Art voraussetze. 53 OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 ff.

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b) Der Stuhr-Beschluss des OVG Lüneburg aus dem Jahre 2005 In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt wandte sich die Nachbargemeinde gegen eine 2005 erteilte Baugenehmigung, mit der die Errichtung zweier Gebäude für u. a. zwölf „Shops“ mit einer Gesamtverkaufsfläche von rund 3.150 m2 auf einer Fläche gestattet wurde, die in den maßgeblichen Bebauungsplänen der Standortgemeinde Stuhr von 1968 als Gewerbegebiet ausgewiesen war. Mit ihrem Antrag, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen diese Genehmigung anzuordnen, hatte die Nachbargemeinde zwar in der ersten Instanz Erfolg, scheiterte damit aber im Berufungsverfahren vor dem OVG Lüneburg. Das Gericht ließ es offen, ob das Vorhaben unter § 11 Abs. 3 BauNVO zu subsumieren war, weil die Nachbargemeinde s. E. selbst bei Bejahung dieser Frage nicht als in ihren Rechten verletzt anzusehen gewesen wäre. Aus der Rechtsprechung des BVerwG ergebe sich nämlich, dass § 2 Abs. 2 BauGB im Baugenehmigungsverfahren nur dann „Rechtswirkungen“ zugunsten der Nachbargemeinde entfalten könne, wenn die Standortgemeinde in einer „städtebaulich zurechenbaren Weise“ unter Missachtung dieser Vorschrift „die Weichen in Richtung Zulassungsentscheidung gestellt“ habe54. Das sei nicht der Fall gewesen, weil die Standortgemeinde angesichts der Anwendung der fast 40 Jahre alten Bebauungspläne weder einen (vorhabenveranlassten55) Bebauungsplan aufgestellt noch – weil bei einem Bebauungsplan nicht erforderlich – ihr Einvernehmen nach § 36 BauGB erteilt habe56. Das Gericht ging weiter davon aus, das eine an sich gebotene Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB auch nicht „in vorwerfbarer Weise umgangen“ worden sei. Denn auch der Träger der Genehmigungsbehörde habe es nicht „missbräuchlich“ verhindert, dass ein auf Erteilung einer Befreiung gerichtetes Verfahren nach § 31 Abs. 2 BauGB eingeleitet worden sei, bei dem die Standortgemeinde über die Erteilung eines Einvernehmens hätte entscheiden müssen57.

54 Näher OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (170), m.w. N. 55 Hier und im Folgenden soll von einem „vorhabenveranlassten“ Bebauungsplan die Rede sein, wenn die Standortgemeinde aus Anlass eines konkreten Vorhabens einen solchen Plan aufstellt oder ändert, insbesondere um diesem zur Zulässigkeit zu verhelfen. Darunter können „vorhabenbezogene“ Bebauungspläne i. S. d. § 12 BauGB fallen, der Begriff soll darauf aber nicht beschränkt sein. 56 Näher OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (170). 57 Näher OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (170 ff.); das Gericht verneinte die „Missbräuchlichkeit“ mit dem Hinweis darauf, dass man in casu in hinreichendem „Umfang“ darüber streiten konnte, ob das Vorhaben unter § 11 Abs. 3 BauNVO fiel oder nicht.

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Schließlich könne die Nachbargemeinde auch über die im Zweibrücken-Urteil entwickelten Grundsätze keine subjektive Rechtsverletzung begründen, weil das dort vorausgesetzte „Planungserfordernis“ in casu mangels „unmittelbarer Auswirkungen gewichtiger Art“ nicht vorgelegen habe58. Den zu erwartenden Einwand, das Gericht habe doch noch wenige Jahre zuvor geurteilt, es komme in solchen Fällen gerade nicht darauf an, ob das angegriffene Vorhaben überhaupt Auswirkungen auf die Nachbargemeinde entfalte, entkräftete das Gericht mit dem Hinweis auf die mangelnde Vergleichbarkeit der Sachverhalte. Der Nahversorgungsmarkt-Fall habe sich dadurch ausgezeichnet, dass die Standortgemeinde damals bewusst „die Weichen in Richtung Zulassungsentscheidung“ gestellt habe, indem sie aus Anlass des fraglichen Vorhabens einen Bebauungsplan aufgestellt und darin ein Mischgebiet ausgewiesen habe. Im vorliegenden Fall habe die Standortgemeinde Stuhr dagegen gerade nicht auf die Zulassungsentscheidung eingewirkt, weil der Vorhabenträger mit den Bebauungsplänen aus dem Jahre 1968 lediglich Planungsgrundlagen ausgenutzt habe, die vor knapp 40 Jahren ohne jeden Bezug zu dem Vorhaben geschaffen worden seien. Hier seien also keine Weichen in eine bestimmte Richtung gestellt worden, weshalb in diesem – anders als in dem 2002 entschiedenen – Fall auf den Nachweis „unmittelbarer Auswirkungen gewichtiger Art“ nicht verzichtet werden könne59. Das Gericht ließ es deshalb offen, ob es für andere Fälle noch an seiner drei Jahre zuvor vertretenen Auffassung festhalten würde60. 6. Der Werk-III-Beschluss des OVG Weimar aus dem Jahre 2004 Mit der Frage, welche Bedeutung die Zweibrücken-Entscheidung für Baugenehmigungen entfaltet, die im Gebiet eines qualifizierten Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB erteilt werden, hatte sich knapp ein Jahr vor dem zweiten Beschluss des OVG Lüneburg schließlich auch das OVG Weimar61 zu befassen. In dem damals zu entscheidenden Sachverhalt wandte sich die Nachbargemeinde gegen eine im Dezember 2002 erteilte Baugenehmigung für einen Verbrauchermarkt. Das Vorhaben lag auf einem ehemaligen Fabrikgelände („Werk III“), für das die Standortgemeinde 1995 einen Vorhaben- und Erschließungsplan beschlossen hatte, der die Umgestaltung der Fläche zu einem Einkaufs58 Ein „begründeter Anfangsverdacht“ für solche Auswirkungen sei nämlich nur beim Erreichen einer „Erheblichkeitsschwelle“ von 10% Kaufkraftabzug begründet, die hier verfehlt sei; näher dazu OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/ 05, ZfBR 2006, 168 (172 ff.). 59 Näher OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (169 [LS. 6], 176 f.). 60 OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (176). 61 OVG Weimar, Urt. v. 20.12.2004 – 1 N 1096/03, ThürVBl. 2005, 162 ff.

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und Gewerbezentrum ermöglichen sollte und ursprünglich u. a. zwei Verkaufsflächen für Lebensmittel in einem ersten Gebäude (ca. 1.430 m2) und für einen Getränkemarkt (265 m2) in einem zweiten Gebäude vorsah. Nachdem dieser Plan 1996 und 1997 zweimal geändert wurde, und für das erste Gebäude nun Verkaufsflächen für Lebensmittel und Getränke (ca. 1.050 m2 bzw. 345 m2) und für das zweite eine gastronomische Nutzung vorgesehen war, beantragte der Träger des in Rede stehenden Vorhabens 2001 eine dritte Änderung des Plans, um u. a. über eine Änderung der zugelassenen Sortimente ein „SB-Warenhaus“ mit einer Verkaufsfläche von nun 2.820 m2 realisieren zu können. Die Standortgemeinde beschloss diese Änderung und erteilte (bereits zuvor) dem Vorhabenträger die beantragte Genehmigung. Auf Antrag der Nachbargemeinde erklärte das Normenkontrollgericht den vorhabenveranlassten Bebauungsplan der Standortgemeinde für unwirksam, stützte dieses Ergebnis aber nicht auf den für „wahrscheinlich“ erachteten Verstoß gegen § 2 Abs. 2 BauGB, weil es diesen angesichts der Planerhaltungsvorschriften „entweder“ des Abs. 1 S. 1 Nr. 1 „oder“ des Abs. 3 S. 2 Hs. 2 des § 214 BauGB „jedenfalls“ für unbeachtlich hielt62, sondern konstatierte einen nicht geheilten Abwägungsfehler in Bezug auf die für ihr eigenes Gemeindegebiet zu berücksichtigenden Belange63. Im Hinblick auf den zugleich gem. §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO gestellten Eilantrag der Nachbargemeinde, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung anzuordnen, schloss sich dasselbe Gericht indes im Ergebnis der ablehnenden Haltung der Vorinstanz64 an und stützte sich dazu auf die oben referierten Leitentscheidungen des BVerwG aus den Jahren 1989, 1993 und 2002. Das OVG kam zu der Ansicht, dass der Widerspruch der Nachbargemeinde voraussichtlich keinen Erfolg haben werde, weil diese weder über die in den Schlachthof- und Baumarktfällen entwickelte „Weichenstellungsthese“ noch über den im Zweibrücken-Urteil gewählten „Unterlassungsansatz“ subjektive Abwehrrecht ableiten könne65. Das Gericht folgte zwar der Auffassung des BVerwG, dass die Nachbargemeinde aus § 2 Abs. 2 BauGB ein Abwehrrecht auch gegen Einzelvorhaben ableiten könne, wenn die Standortgemeinde unter „Missachtung“ dieser Vorschrift die „Weichen in Richtung Zulas62 Näher zu der – richtigerweise zu verneinenden – Frage, ob die §§ 214 f. BauGB auf § 2 Abs. 2 BauGB anwendbar sind, oben unter § 3 A. u. B. 63 Näher OVG Weimar, Urt. v. 20.12.2004 – 1 N 1096/03, ThürVBl. 2005, 162 (163 ff.) 64 S. VG Gera, Beschl. v. 22.06.2004 – 4 E 536/04 GE, n. v., juris-Tz. 15, 22 ff.; dieses stützte seine ablehnende Entscheidung freilich noch – anders als das OVG – auf die in „summarischer Prüfung“ begründete Annahme, gegen § 2 Abs. 2 BauGB sei bei der dritten Änderung des vorhabenveranlassten Bebauungsplans schon nicht verstoßen worden. 65 Näher OVG Weimar, Beschl. v. 20.12.2004 – 1 EO 1077/04, NJOZ 2005, 3895 (3902 ff.).

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sung gestellt“ und dem Vorhabenträger einen „Zulassungsanspruch verschafft“ habe. Diese „besonderen Voraussetzungen“ sah es aber zumindest bei der dritten Fassung des Bebauungsplans nicht als erfüllt an, weil der Verstoß gegen § 2 Abs. 2 BauGB s. E. gem. § 214 BauGB für die (Un-)Wirksamkeit des Plans und damit auch als etwaige „Weichenstellung“ unbeachtlich war66. Das Gericht lehnte es schließlich auch ab, der Nachbargemeinde im Hinblick auf das Zweibrücken-Urteil Abwehrrechte zuzugestehen67. Da das Vorhaben in der – unwirksamen – dritten Fassung des Bebauungsplans keine rechtliche Grundlage finden konnte, ging das Gericht davon aus, dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach der zweiten Fassung des Bebauungsplans richte. Rechtmäßigkeitsmaßstab war also § 30 Abs. 1 BauGB i.V. m. den Festsetzungen dieser Planfassung. An diesen Maßstäben gemessen war das Vorhaben zwar in der Tat rechtswidrig – das Gericht kam aber zu dem Schluss, dass keiner dieser Maßstäbe zugunsten der Nachbargemeinde drittschützend war. Die Grundsätze der Zweibrücken-Entscheidung hielt das Gericht auf seinen Fall für nicht übertragbar, weil das BVerwG auf den „subjektivierten“ öffentlichen Belang des Planungserfordernisses nur abstellen konnte, weil das dort in Rede stehende Vorhaben nach Wegfall der von der Genehmigungsbehörde zugrundegelegten Planung nicht – wie im „Werk III“-Fall – aufgrund einer älteren Planung, sondern in Ermangelung einer solchen aufgrund des § 35 Abs. 2 u. 3 BauGB zu beurteilen war. Diese Vorschrift enthielt mit den „öffentlichen Belangen“ eine Zulassungsvoraussetzung, in der das „Planungserfordernis“ verankert und „subjektiviert“ werden konnte – bei § 30 Abs. 1 BauGB fehle es hingegen an einer solchen Möglichkeit. Als einziger Weg, der Nachbargemeinde auf der Grundlage der bisherigen Rspr. ein Abwehrrecht zuzugestehen, wäre daher die Annahme in Betracht gekommen, die Standortgemeinde habe durch die zweite Fassung des Bebauungsplans die „Weichen in Richtung Zulassung gestellt“. Diese These aber verwarf das Gericht, weil diese Fassung gerade nicht im Hinblick auf das nun zu beurteilende Vorhaben beschlossen worden war68.

66 Näher OVG Weimar, Beschl. v. 20.12.2004 – 1 EO 1077/04, NJOZ 2005, 3895 (3904 ff.). 67 Näher OVG Weimar, Beschl. v. 20.12.2004 – 1 EO 1077/04, NJOZ 2005, 3895 (3909 f.). 68 Näher OVG Weimar, Beschl. v. 20.12.2004 – 1 EO 1077/04, NJOZ 2005, 3895 (3909 f.).

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II. Fazit – „Die Weichenstellerthese“: Abwehrrechte bei „vorwerfbarem“ Tun und „missbräuchlichem“ pflichtwidrigem Unterlassen Unter dem Eindruck der soeben skizzierten Entscheidungen mag man geneigt sein, der eingangs zitierten Einschätzung, die Rechtsprechung zum interkommunalen Rechtsschutz der Nachbargemeinden gegen Baugenehmigungen sei „unklar“69, nicht restlos zu widersprechen. Auch wenn die – naturgemäß – von Einzelfallentscheidungen geprägte Rechtsprechung in der Tat kein einheitliches Modell entwickelt hat, das es erlauben würde, „die“ Gemeindenachbarklage gegen Baugenehmigungen für alle Planereiche der §§ 29 ff. BauGB und alle darin denkbaren Konstellationen einheitlich zu handhaben, so lassen sich den grundlegenden Judikaten zu diesem Komplex doch auf der anderen Seite zumindest drei wesentliche Grundlinien entnehmen. Die erste grundlegende Entscheidung dürfte darin liegen, dass bei der Suche nach etwaigen subjektiven Rechten der Nachbargemeinde jedenfalls inzwischen an erster Stelle die Prüfung steht, ob sich die für das Vorhaben maßgeblichen Zulassungsvoraussetzungen der §§ 29 ff. BauGB zugunsten der Nachbargemeinde subjektivieren lassen. Auf dieser Linie liegt die Zweibrücken-Entscheidung, in der das Gericht § 2 Abs. 2 BauGB nicht etwa – wie teilweise wohl angenommen70 – als zusätzliche Zulassungsvoraussetzung neben § 35 Abs. 2 BauGB (analog) angewandt, sondern jene Vorschrift nur dazu herangezogen hat, ein Tatbestandsmerkmal des § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB zu subjektivieren71. Erst wenn das Gericht den sich aus §§ 29 ff. BauGB ergebenden Zulassungsvoraussetzungen keine subjektiven Rechte der Nachbargemeinde zu entnehmen können glaubt, ist wohl ein Rückgriff auf die „Weichenstellungsthese“ in Betracht zu ziehen. Welche dogmatischen Grundlagen hinter diesem Bild im Einzelnen verborgen sein sollen, die es erlauben würden, der Nachbargemeinde ein 69 Vgl. erneut Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 34 Rn. 32; Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1026); dens., DVBl. 2006, 799 (801). 70 So wohl OVG Magdeburg, Beschl. v. 05.07.2004 – 2 M 867/03, n. v., juris-Tz. 13 ff.; VG Hannover, Beschl. v. 18.08.2005 – 4 B 4371/05, NVwZ-RR 2006, 16 (18); Schoch, JK 7/03, BauGB § 35/2, der § 2 Abs. 2 BauGB als verletztes subjektives Recht benennt; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 103, lehnt zwar selbst eine „unmittelbare Anwendung“ des § 2 Abs. 2 BauGB „auf die Vorhabenzulassung“ ab, geht aber davon aus, dass „die Rechtsprechung“ diese Vorschrift „auch hierauf [anwende]“; zumindest Anlass zu Missverständnissen können insoweit auch die Formulierungen des OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.11.2002 – 1 ME 151/02, BRS 65 Nr. 69, S. 345 ff., geben. 71 Wie hier wird das Urteil auch von dem Richter des insoweit zuständigen 4. Senat des BVerwG Rojahn, Diskussionsbeitrag bei Böttcher, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 31 (32); dems., in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Einzelhandel und Windkraftanlagen, S. 147 (150); sowie von Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (802), und Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.1.a./S. 20, verstanden.

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subjektives Recht zuzusprechen, wird zwar in der Rechtsprechung nicht immer mit der wünschenswerten Klarheit ausgesprochen. Bei Lichte betrachtet wird damit aber nichts anderes als eine analoge Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB im Zulassungsverfahren nach §§ 29 ff. BauGB umschrieben. Das zeigt sich etwa bei der in st.Rspr vertretenen Annahme, die Nachbargemeinde könne eine Baugenehmigung allein deshalb angreifen, weil sie auf einem nicht abgestimmten (vorhabenveranlassten) Bebauungsplan beruht. Eine Nachbarklage kann auch in dieser Fallkonstellation nur Erfolg haben, wenn die Baugenehmigung rechtswidrig ist und die Nachbargemeinde dadurch in ihren Rechten verletzt (s. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Verstößt nun ein Bebauungsplan gegen § 2 Abs. 2 BauGB und ist er deswegen als unwirksam anzusehen, kann eine Baugenehmigung zwar in der Tat nicht nach § 30 BauGB i.V. m. seinen Festsetzungen genehmigt werden. Mit diesem Zwischenbefund allein steht aber noch nicht fest, dass die fragliche Baugenehmigung rechtswidrig ist. In einem solchen Fall ist vielmehr in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob sie auf die ohne den Plan maßgeblichen Vorschriften – §§ 34 o. 35 BauGB also – gestützt werden kann. Ist das nicht der Fall, steht zwar fest, dass die Baugenehmigung wegen Verstoßes gegen § 34 BauGB bzw. § 35 BauGB rechtswidrig ist72. „Dadurch“ wird die Nachbargemeinde aber nicht in ihren Rechten verletzt, wenn die Tatbestandsmerkmale dieser Vorschriften nicht drittschützend sind. Wenn die Rechtsprechung in einem solchen Fall dennoch annimmt, dass eine Nachbarklage hier erfolgreich sei, kann sie zu diesem Ergebnis nur auf zwei73 dogmatischen Wegen gelangen: Entweder verzichtet sie auf das Erfordernis einer „Rechtsverletzung“, was aber mit § 113 VwGO nicht vereinbar wäre74 und, soweit ersichtlich, auch von keinen Gericht jemals so befürwortet wurde. Oder sie nimmt an, dass das Vorhaben (auch75) gegen § 2 Abs. 2 BauGB verstoße und die Nachbargemeinde „dadurch“ in ihren Rechten verletze. Dieser Weg aber bedeutet nichts anderes, als dass § 2 Abs. 2 BauGB in der Vorhabenzulassung analog angewendet wird. Zumindest einige Entscheidungen der Obergerichte bekennen sich denn auch ausdrücklich dazu, dass sie in den „Weichenstellungsfällen“ dogmatisch mit einer Analogie zu dieser Vorschrift arbeiten76. 72 Vgl. insoweit Uechtritz, NVwZ 2003, 176 (177); s. auch (mit freilich gleichsam umgekehrter Prüfungsreihenfolge) BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (29 ff., 37 ff.). 73 Ein dritter Weg bestünde freilich darin, das Abwehrrecht in solchen Fällen aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG abzuleiten. Dieser Weg wird zwar in der Literatur vorgeschlagen (dazu sogleich in diesem Abschnitt [§ 12] unter B.), findet aber in der Rechtsprechung des BVerwG und der Obergerichte zur interkommunalen Gemeindenachbarklage gegen Baugenehmigungen, soweit ersichtlich, keine Erwähnung. 74 Darauf verweist bereits kritisch Uechtritz, BauR 1999, 572 (576 f.). 75 „Auch“ freilich insoweit, als das Vorhaben, wie im Text gezeigt, in diesen Fällen bereits an den §§ 34 f. BauGB gemessen gesetzeswidrig ist. 76 Von einem „Abwehrrecht [. . .] analog § 2 Abs. 2 BauGB“ spricht etwa ausdrücklich VGH München, Beschl. v. 25.10.1999 – 26 CS 99.2222, BayVBl. 2000, 152; ähn-

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Von einer eine Analogie rechtfertigenden „Weichenstellung“ scheint die Rechtsprechung allerdings nur in solchen Fällen zu sprechen, in denen der Standortgemeinde ein aktives Tun – etwa durch die Aufstellung eines vorhabenveranlassten Flächennutzungs- oder Bebauungsplans oder durch die Erteilung eines gemeindlichen Einvernehmens –, „vorgeworfen“ werden kann77. Konsequenterweise muss sich die – vom BVerwG schon im Schlachthof-Urteil aufgeworfene, dort freilich offen gelassene – Frage stellen, ob auch ein Unterlassen der Standortgemeinde die analoge Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB im Rahmen der §§ 29 ff. BauGB rechtfertigen kann. Für den Bereich des § 34 BauGB hat das BVerwG diese Frage, wie gezeigt, verneint. Im Bereich des § 35 Abs. 2 BauGB stellt sich die Frage zumindest nach dem Zweibrücken-Urteil nicht mehr, da das Gericht insoweit eine Lösung im Tatbestand dieser Vorschrift selbst gefunden hat78. Unklar79 ist allerdings nicht nur, wie das Gericht die Frage in Bezug auf privilegierte Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB behandeln würde, sondern – wie die Kontroverse zwischen dem VGH München und dem OVG Lüneburg zu § 31 Abs. 2 BauGB zeigt80 – auch, wie ein Unterlassen im Bereich des § 30 BauGB zu beurteilen sein soll. Da allerdings die Figur von der „Weichenstellung“ an die „Vorwerfbarkeit“ des Handelns der Standortgemeinde anknüpft81, spricht indes einiges für die Annahme, dass das BVerwG lich OVG Weimar, Beschl. v. 20.12.2004 – 1 EO 1077/04, NJOZ 2005, 3895 (3905): „aus § 2 Abs. 2 BauGB hergeleitete[s] Abwehrrecht“; so wohl auch OVG Münster, Beschl. v. 09.02.1988 – 11 B 2505/87, DÖV 1988, 843 (845), wenn dieses den Einwand, die Rechtsprechung verzichte in den „Weichenstellungsfällen“ auf den Nachweis der Verletzung drittschützender Rechte aus §§ 29 ff. BauGB, mit dem Einwand begegnet, es sei keine „doppelte Rechtsverletzung“ notwendig; ebenso Reidt, LKV 1994, 93 (96 f.); und wohl auch Kuschnerus, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 1 (11). 77 Vgl. die dementsprechende Zusammenfassung des Standes der Rspr. bei OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (170), das in diesem Zusammenhang auch ausdrücklich den Begriff der „Vorwerfbarkeit“ verwendet; davon, dass eine „Weichenstellung“ nur bei aktivem Tun in Betracht kommt, geht offenbar auch VGH München, Urt. v. 03.05.1999 – 1 N 98/1021, BayVBl. 2000, 273, aus; so versteht die Rechtsprechung wohl auch Uechtritz, NVwZ 2003, 176 (179). 78 S. oben § 12 A. I. 4. und den zweiten Absatz dieses Abschnitts. 79 Davon, dass die genaue Bedeutung eines Unterlassens in der Rechtsprechung nach wie vor nicht abschließend geklärt ist, geht auch Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1026 f.), aus. 80 S. oben § 12 A. I. 3. 81 So die Formulierung bei OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (170); dass das Gericht maßgeblich auf die Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Standortgemeinde abstellt, zeigt sich auch daran, dass es nur in einem vorhabenveranlassten Bebauungsplan eine abwehrrechtsbegründende „Weichenstellung“ erblickt, nicht aber in der bloßen „Ausnutzung“ eines älteren, ohne Bezug auf das streitige Vorhaben aufgestellten Plans (s. oben § 12 A. I. 5. b)); davon, dass das BVerwG ein einzelvorhabenbezogenes Abwehrrecht unter Rückgriff auf § 2 Abs. 2 BauGB nur dann anerkannt, wenn der Standortgemeinde ein „Vorwurf“ gemacht werden kann, geht auch Uechtritz, NVwZ 2003, 176 (179), aus.

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auch insoweit nicht bei „jedem“ Unterlassen, sondern – mit dem OVG Lüneburg – nur bei einem „missbräuchlichen“ Verhalten der Standortgemeinde zu Abwehrrechten der Nachbargemeinde kommen würde. Hier soll nicht verkannt werden, dass der gegenwärtige Stand der Rechtsprechung nur mit Vorsicht auf eine einheitliche Formel gebracht werden kann. Zumindest holzschnittartig kann aber wohl doch zusammengefasst werden, dass die Rechtsprechung Abwehrrechte der Nachbargemeinde gegen Baugenehmigungen für Vorhaben auf dem Gebiet der Standortgemeinde dann anerkannt, wenn sie • entweder die für das Vorhaben maßgeblichen Zulassungsvorschriften der §§ 29 ff. BauGB für drittschützend erachtet, • oder der Standortgemeinde vorzuwerfen können glaubt, diese habe durch aktives Tun „die Weichen in Richtung Zulassung gestellt“, und auf diese Weise eine Analogie zu § 2 Abs. 2 BauGB zu rechtfertigen können meint, • oder aber schließlich – im Einzelnen umstritten – „ausnahmsweise“82 den Vorwurf „missbräuchlichen“ Unterlassens als hinreichende Grundlage für eine solche Analogie wähnt.

B. Vorschläge der Literatur Soweit die Literatur sich nicht ohnehin darauf beschränkt, die Rechtsprechung namentlich des BVerwG schlicht zu referieren, übt sie an ihr teils grundsätzliche Kritik oder benennt zumindest als systemwidrig empfundene Lücken im Rechtsschutz der Nachbargemeinden. Die infolgedessen alternativ oder ergänzend unterbreiteten Vorschläge zur Behandlung dieser Problematik können in zwei große Meinungsgruppen unterteilt werden. So wird – jeweils bei Unterschieden im Detail – von einem T. d.L. ein großzügigerer Rückgriff auf eine analoge Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB propagiert (I.), während andere Autoren der Ansicht sind, dass auch das Recht der Nachbargemeinden aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG in die Betrachtung mit einzubeziehen sei (II.). I. Unmittelbare oder analoge Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB In dem Bestreben, den Rechtsschutz der Nachbargemeinden gegen Baugenehmigungen möglichst einheitlich für alle Gebiete und Konstellationen gestalten zu können, wurde – zumindest83 – in der Literatur ein Vorschlag unterbreitet, 82 Vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (169). 83 Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (801), geht davon aus, dass auch „[e]inzelne Judikate [. . .] dieser Auffassung gefolgt“ seien, und verweist dazu auf die Entscheidungen

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der konstruktiv prima facie vielleicht am nahe liegendsten sein mag: § 2 Abs. 2 BauGB a. F. über eine direkte oder analoge Anwendung als zusätzliche Zulassungsvoraussetzung in die §§ 29 ff. BauGB „hineinzulesen“84. des VGH München, Beschl. v. 25.10.1999 – 26 CS 99.2222, BayVBl. 2000, 152 ff., des OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.11.2002 – 1 ME 151/02, BRS 65 Nr. 69, S. 345 ff., sowie des VG Hannover, Beschl. v. 18.08.2005 – 4 B 4371/05, NVwZ-RR 2006, 16 ff. – Dieser Hinweis darf aber m. E. nicht dahingehend missverstanden werden, die entsprechenden Gerichte hätten sich gegen die vom BVerwG entwickelten Maßstäbe gewandt und der hier referierten Auffassung aus der Literatur angeschlossen, § 2 Abs. 2 BauGB könne durchgängig als zusätzliches Tatbestandsmerkmal in die §§ 29 ff. BauGB „hineingelesen“ werden. So bezog sich die Entscheidung des VGH München nur auf Fallgruppen, in denen entweder eine „Weichenstellung“ vorlag, wie sie das BVerwG für maßgeblich erachtet (s. erneut BVerwG, Urt. v. 11.02.1993 – 4 C 15/92, Buchh. 406.11 § 34 BauGB Nr. 156, S. 86 [96], und dazu oben unter § 12 A. I. 2.) oder einer der Ausnahmefälle gegeben war, in denen ein Unterlassen der Standortgemeinde als „Umgehung“ des § 2 Abs. 2 BauGB angesehen wurde (s. a. a. O. S. 152). Das OVG Lüneburg erörtert zwar in der Tat, ob ein „Vorhaben [. . .] § 2 Abs. 2 BauGB verletzte“, verwendet diese Formulierung aber nur in Bezug auf seine alte Rechtsprechung, die es in dieser Entscheidung unter dem Eindruck der Zweibrücken-Urteils des BVerwG gerade modifizierte (s. a. a. O. S. 351), das seinerseits § 2 Abs. 2 BauGB gerade nicht neben § 35 BauGB analog anwandte, sondern nur zur Subjektivierung der Tatbestandsmerkmale des § 35 BauGB heranzog (dazu oben unter § 12 A. I. 5. a)). Einzig das VG Hannover hatte eine „Berufung auf § 2 II BauGB“ für den Fall zugelassen, dass eine Genehmigung unter Verstoß gegen eine nicht-nachbarschützende Festsetzung eines Bebauungsplans erteilt wurde, und damit den Boden der i. Ü. überwiegend anderen Rspr. verlassen; diese Entscheidung hatte aber keinen Bestand, sondern wurde nur wenige Tage später durch die oben referierte Entscheidung des OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 ff. aufgehoben, das ein Abwehrrecht nur bei „Weichenstellung“ oder „vorwerfbarer Umgehung“ des § 2 Abs. 2 BauGB seitens der Standortgemeinde oder Baurechtsbehörde annahm (s. näher oben § 12 A. I. 5. b)). – Auch wenn eine Zuordnung derartiger Entscheidungen zu der hier skizzierten Meinungsgruppe aus der Literatur daher problematisch sein dürfte, ist der Hinweis Uechtritzs doch wertvoll, weil er zeigt, dass die Formulierung von der „Weichenstellung“ zumindest in manchen Konstellationen nichts anderes als eine analoge Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB umschreibt. Darauf wird bei der Würdigung des Ansatzes der Rechtsprechung (§ 12 C. II.) zurückzukommen sein. 84 In diesem Sinne Reidt, LKV 1994, 93 (96 f.), der eine „Anreicherung“ des § 34 BauGB befürwortet und für die nach §§ 42 Abs. 2, 113 Abs. 1 S. 1 VwGO erforderliche „Rechtsverletzung“ auf § 2 Abs. 2 BauGB abstellen will (s. a. a. O. Fn. 74); ähnlich Schmitz/Federwisch, Einzelhandel, Rn. 434; u. W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, 6. Aufl., § 2 Rn. 48, offen gelassen freilich in der 7. Aufl., § 2 Rn. 57; ebenso zumindest für im Geltungsbereich eines Bebauungsplans erteilte Baugenehmigungen Wagner, BWGZ 1999, 62 (65): „In beiden Verfahren [scil.: der Anfechtungsklage und der §§ 80a, 80 Abs. 5 VwGO] wird die Rechtmäßigkeit der der Baugenehmigung zugrundeliegenden Planung mitgeprüft. Wenn diese Prüfung zu dem Ergebnis führt, dass eine ausreichende materielle Abstimmung gemäß § 2 Abs. 2 BauGB trotz des Vorliegens von unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art auf die Nachbargemeinde nicht stattgefunden hat, ist die Baugenehmigung mangels rechtswirksamer Ermächtigungsgrundlage aufzuheben“; ebenso ders., ZfBR 2000, 21 (24); in diese Richtung deutet auch die Formulierung bei Jahn, JuS 2000, 590 (594), der seinen Lesern in Fn. 24 rät, sich zu merken: „§ 2 II BauGB gilt nicht nur für das Bauleitplanverfahren, sondern auch entsprechend für das Baugenehmigungsverfahren.“ (ebenso ders.,

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Auf diesem Weg wäre ein nach § 34 BauGB oder § 35 BauGB zu beurteilendes Vorhaben nur dann als zulässig anzusehen, wenn es keine „unmittelbar gewichtigen“ bzw. „unzumutbaren“ Auswirkungen auf die Nachbargemeinde zu entfalten drohte. Wo das hingegen der Fall ist und die Genehmigung dennoch erteilt würde, wäre die Baugenehmigung wegen eines Verstoßes gegen den direkt oder entsprechend angewendeten § 2 Abs. 2 BauGB rechtswidrig und die Nachbargemeinde dadurch in ihren Rechten verletzt85. Die Vertreter dieses Vorschlags gehen damit freilich der Sache nach über die Konzeption der Rechtsprechung hinaus: Während diese § 2 Abs. 2 BauGB über die „Weichenstellungsthese“ nur in solchen Fällen analog heranzieht, in denen die Baugenehmigung schon an den Zulassungsvoraussetzungen der §§ 29 ff. BauGB gemessen gesetzeswidrig ist86, sind jene bereit, über § 2 Abs. 2 BauGB auch zusätzliche, in §§ 29 ff. BauGB nicht genannte Voraussetzungen zu schaffen und auf diesem Weg der Nachbargemeinde Abwehrrechte gegen ein Vorhaben zuzubilligen, das allein an den Maßstäben der §§ 29 ff. BauGB gemessen zulässig wäre.

GewArch. 2002, 412 [413]; allerdings hat ders. in einem anderen Beitrag angedeutet, Abwehrrechte insoweit auf Art. 28 Abs. 2 GG ableiten zu wollen [s. Fn. 97 und dort im Text]); ebenso dürfte Büchner, NVwZ 1999, 345 (350), zu verstehen sein; für § 35 BauGB wohl auch Schoch, JK 7/03, BauGB § 35/2, u. Wurzel/Probst, DVBl. 2003, 197 (199 f.), bei denen allerdings nicht ganz klar ausgesprochen wird, ob § 2 Abs. 2 BauGB als „öffentlicher Belang“ i. S. d. § 35 Abs. 3 BauGB angesehen oder schlicht neben diese Vorschrift angewandt werden soll (letzteres dürfte zutreffen, da die Autoren privilegierte Vorhaben insoweit nicht anders behandeln und an § 2 Abs. 2 BauGB messen wollen, wie nicht-privilegierte [s. a. a. O. S. 201], was nicht überzeugen würde, wenn diese Vorschrift nur über § 35 Abs. 3 BauGB zum Tragen käme); für § 33 BauGB verwendet Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 33 Rn. 100, eine Formulierung, die ebenfalls in diese Richtung deutet: „Gegen eine Baugenehmigung auf der Grundlage des § 33 kann sich die Nachbargemeinde zur Wehr setzen, wenn die Genehmigung unter Verstoß gegen das drittschützende nachbargemeindliche (interkommunale) Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 Satz 1 erteilt worden ist.“; ähnlich weitreichende Formulierungen bei Stüer, ZfBR 2006, 747: „Das interkommunale Abstimmungsgebot kann Abwehrrechte sowohl gegen nicht abgestimmte Bauleitpläne als auch gegen einzelne Vorhaben begründen, die gemeindenachbarliche Belange verletzen“; Gronemeyer, ZfIR 2001, 767 (768), kommt zu vergleichbaren Ergebnissen, indem er dafür plädiert, im Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen zur Geltendmachung einer „Rechtsverletzung“ auch auf § 1 Abs. 7 BauGB abstellen zu dürfen. 85 S. Reidt, LKV 1994, 93 (96 f. Fn. 74); Wurzel/Probst, DVBl. 2003, 197 (199 f., 201); wohl auch Schmitz/Federwisch, Einzelhandel, Rn. 434. 86 So etwa im Schlachthoffall (s. § 12 A. I. 1.): Die Weichenstellung erfolgte durch die Aufstellung eines die Zulassung des Vorhabens begünstigenden Flächennutzungsplan bzw. die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens: Da der Plan wegen Verstoßes nichtig war, war das Vorhaben nach § 35 BauGB unter Beachtung des älteren Flächennutzungsplans zu beurteilen und daran gemessen gesetzeswidrig. – Ebenso in der in der Baumarktentscheidung genannten „Weichenstellung“ durch Aufstellung eines nicht abgestimmten Bebauungsplans (s. § 12 A. I. 2.): Hier ist das Vorhaben wegen der abstimmungsbedingten Unwirksamkeit des Plans nach §§ 34 o. 35 BauGB zu beurteilen und wird daran gemessen jdfs. i. a. R. rechtswidrig sein, weil es sonst der Aufstellung eines vorhabenveranlassten Plans kaum bedurft hätte.

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Im Geltungsbereich eines Bebauungsplan kommt diese Meinungsgruppe dagegen wieder zu ähnlichen Ergebnissen wie die Rechtsprechung: Wird eine Baugenehmigung auf der Grundlage eines nicht (ordnungsgemäß) abgestimmten und unwirksamen Bebauungsplans erteilt, wäre an sich zu prüfen, ob diese Genehmigung aufgrund der ohne den nichtigen Plan zugrundeliegenden Vorschriften – also §§ 34 o. 35 BauGB – erteilt werden kann. Wo das nicht der Fall ist, wäre weiter zu erörtern, ob die dabei verletzten Vorschriften zugunsten der Nachbargemeinde drittschützend sind. Die Vertreter der Übertragungsthese können auf diese Prüfung hingegen verzichten, weil sie § 2 Abs. 2 BauGB auch zu den §§ 34 f. BauGB „hinzulesen“: Eine solche Genehmigung ist dann stets schon wegen eines Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 BauGB als rechtswidrig und die Nachbargemeinde als in ihren Rechen verletzt anzusehen87. Die ersten Vorschläge für diese auf einer unmittelbaren oder analogen Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB aufbauenden Konzeption wurden freilich vor dem für den Rechtsschutz der Nachbargemeinden grundlegenden ZweibrückenUrteil des BVerwG aus dem Jahre 200288 unterbreitet89. Diese Entscheidung kann nun zwar einerseits nicht als Bestätigung jener Konzeption aufgefasst werden, weil das Gericht § 2 Abs. 2 BauGB dort gerade nicht als zusätzliche Zulassungsvoraussetzung zu § 35 Abs. 2 BauGB analog angewandt, sondern jene Vorschrift nur dazu herangezogen hat, ein Tatbestandsmerkmal des § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB zu subjektivieren90. Andererseits entzog sie der These von der analogen Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB auch nicht den Boden, weil mit dieser Entscheidung ein Abwehrrecht der Nachbargemeinde nur für eine bestimmte Fallgruppe entwickelt wurde, die auf andere Konstellationen nicht ohne weiteres übertragbar ist, und dort Raum für die Anwendung des hier referierten Ansatzes lässt.

87 S. Wagner, BWGZ 1999, 62 (65), dens., ZfBR 2000, 21 (24), und das entsprechende Zitat drei Fn. zuvor; jdfs. insoweit auch Jahn, JuS 2000, 590 (594); ders., GewArch. 2002, 412 (413) – in dem zuletzt genannten Beitrag formuliert Jahn zwar, dass die Nachbargemeinde ein Abwehrrecht gegen eine Baugenehmigung haben könne, die ihrerseits „auf einem dem Abstimmungsgebot genügenden Bebauungsplan beruht“; gemeint sein dürfte aber die im zuerst genannten Beitrag auch behandelte Fallgruppe des dem Abstimmungsgebots nicht genügenden Bebauungsplans, wie sich aus den a. a. O. in Bezug genommenen Entscheidungen ergibt; entsprechende Formulierungen für eine Genehmigung aufgrund eines Planentwurfs nach § 33 BauGB bei Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 33 Rn. 100, wie in der genannten Fn. zitiert. 88 S. BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 ff., und dazu oben unter § 12 A. I. 4. 89 Vgl. etwa Reidt, LKV 1994, 93 (96 f.); Wagner, BWGZ 1999, 62 (65); dens., ZfBR 2000, 21 (24); Jahn, JuS 2000, 590 (594); W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, 6. Aufl., § 2 Rn. 48. 90 S. § 12 A. II.

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

Ähnlich verhält es sich mit den 2004 durch das EAG Bau eingeführten Neuerungen. Hier hat der Gesetzgeber zwar mit der Bestimmung in § 34 Abs. 3 BauGB n. F., wonach von Vorhaben im unbeplanten Innenbereich u. a. keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in anderen Kommunen als der Standortgemeinde ausgehen dürfen, in einem Teilbereich subjektive Rechte der Nachbargemeinde geschaffen91, in dem solche Rechte zuvor unter dem Eindruck der Baumarkt-Entscheidung des BVerwG aus dem Jahre 1993 gänzlich abgelehnt wurden92. Der Anwendungsbereich der Analogiethese geht aber über diesen Teilbereich hinaus, da sie zum einen nicht nur im unbeplanten Innenbereich herangezogen wird und zum anderen selbst dort nicht auf Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche beschränkt ist, sodass diese Konzeption auch durch die Novellierung des BauGB nicht obsolet wurde. Dementsprechend wird dieser Ansatz denn nicht nur in nach dem Inkrafttreten des EAG Bau veröffentlichten Stellungnahmen weiter vertreten93, sondern teilweise sogar seine Ausdehnung auf die durch das EAG Bau ebenfalls neu eingefügte Regelung des S. 2 des § 2 Abs. 2 BauGB befürwortet. So wird vorgeschlagen „[a]us § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB [. . .] eine nachbargemeindliche Abwehrklage zu entwikkeln“, die im Wege einer Analogie nicht nur für Vorhaben im Außen- und wohl auch im Innenbereich zum Tragen kommen, sondern auch für Fälle des § 30 BauGB fruchtbar gemacht werden soll, in denen der Standortgemeinde kein Vorwurf gemacht werden kann, die „Weichen in Richtung Vorhabenzulassung“ gestellt zu haben94. II. Ansätze zur (ergänzenden) Heranziehung des Art. 28 Abs. 2 GG Andere Stimmen in der Literatur lehnen es dagegen ab, zur Begründung subjektiver Abwehrrechte der Nachbargemeinde gegen Baugenehmigungen § 2 Abs. 2 BauGB unmittelbar oder analog anzuwenden, sondern plädieren dafür – insoweit im Ansatz der zumindest jüngeren Rechtsprechung ähnlich –, dazu primär auf die §§ 29 ff. BauGB abzustellen und diese Vorschriften konsequent 91 Näher zu § 34 Abs. 3 BauGB n. F. und seiner Bedeutung für den interkommunalen Nachbarschutz unter § 14 A. I. 92 S. BVerwG, Urt. v. 11.02.1993 – 4 C 15/92, Buchh. 406.11 § 34 BauGB Nr. 156, S. 86 ff. und dazu o. § 12 A. I. 3. 93 Vgl. etwa Schmitz/Federwisch, Einzelhandel, Rn. 434; wohl auch Stüer, ZfBR 2006, 747. 94 Eine analoge Anwendung des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB wird für § 35 BauGB befürwortet bzw. für § 34 BauGB erwogen bei Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 11; die „Entwicklung einer Abwehrklage“ aus jener Vorschrift wird von dems. a. a. O. Rn. 54 für Planbereiche i. S. d. § 30 BauGB befürwortet; dieser Konzeption stimmt Schmidt-Eichstaedt, ZfBR 2005, 751 (752), zu; so wohl auch Kobor, JuS 2005, 1071 (1072), der von einer durch die Novellierung bewirkten Stärkung „insbesondere für die Widerspruchs- und Klagebefugnis im Rahmen der Drittanfechtung einer erteilten Baugenehmigung“ ausgeht.

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zugunsten der Nachbargemeinde zu subjektivieren, wenn und soweit sie auf die Belange der Nachbargemeinde abheben. Wo es solche Vorschriften nicht gibt, wird es in dieser Meinungsgruppe dagegen – insoweit anders als in der Rechtsprechung95 – für zulässig erachtet, Abwehrrechte der Nachbargemeinde unter bestimmten Voraussetzungen „unter unmittelbarem Rückgriff auf Art. 28 Abs. 2 GG“96 abzuleiten97. Bei der Frage, wie diese Voraussetzungen im Einzelnen beschaffen sind, bestehen zwar innerhalb dieser Meinungsgruppe durchaus erhebliche – sogleich aufzuzeigende – Unterschiede. Übereinstimmung besteht aber in dem grundlegenden Ausgangspunkt, dass es nicht prinzipiell ausgeschlossen sei, im Verwaltungsprozess unmittelbar auf Art. 28 Abs. 2 GG als (möglicherweise) „verletztes Recht“ i. S. d. §§ 42 Abs. 2, 113 Abs. 1 S. 1 VwGO zurückzugreifen. Dass Art. 28 Abs. 2 GG seiner Struktur und seinem Gehalt nach als Abwehrrecht einer Gemeinde in Stellung gebracht werden könne, könne nicht ernstlich in Zweifel stehen, weil es etwa im Fachplanungsrecht – dort auch innerhalb der Rechtsprechung – „völlig unstreitig“ sei, dass die Planungshoheit unter unmittelbarem Rückgriff auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung wehrfähig sei98. Gründe, dies im Bauplanungsrecht anders zu sehen, bestünden nicht. Zwar könnten Bestimmungen des einfachen Rechts – bei Art. 28 Abs. 2 GG insoweit nicht anders als bei den Grundrechten – einen normexternen Rückgriff auf das Verfassungsrecht als leges speciales ausschließen, soweit sie sich ihrer95 Auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG als „verletztes Recht“ stellte zwar VG Hannover, Beschl. v. 18.08.2005 – 4 B 4371/05, NVwZ-RR 2006, 16 (18), ab und gelangte auf diesem dogmatischen Boden auch zu der Ansicht, dass sich die Nachbargemeinde gegen eine Baugenehmigung wehren könne, die unter Verstoß gegen nicht-drittschützende Vorschriften eines Bebauungsplans erteilt wurde (dort freilich schon nicht eindeutig: wenig später spricht es von einer „Berufung auf § 2 II BauGB“). Diese Entscheidung hatte vor dem OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (170), indes keinen Bestand. – Sie dürfte ohnehin nicht auf der Linie der hier referierten Meinungsgruppe liegen, da deren Vertreter nur dann Abwehrrechte aus Art. 28 Abs. 2 GG abzuleiten bereit sind, wenn eine Baugenehmigung als Eingriff in die Planungshoheit zu qualifizieren ist, was wiederum voraussetzt, dass das genehmigte Vorhaben die Nachbargemeinde in bestimmtem (im konkreten Umfang umstrittenen, s. dazu sogleich im Text) Ausmaß in ihren städtebaulichen Belangen beeinträchtigt. Das VG sah aber Art. 28 Abs. 2 GG (unter dem Eindruck der oben referierten Entscheidung des OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.11.2002 – 1 ME 151/02, BRS 65 Nr. 69, S. 345 ff.) als (im Eilverfahren: „wahrscheinlich“) verletzt an, obwohl nicht feststand, ob das genehmigte Vorhaben überhaupt spürbare Auswirkungen auf die Nachbargemeinde entfalten würde (s. a. a. O. S. 18 f.). 96 Uechtritz, BauR 1999, 572 (577). 97 Grundsätzlich für die Möglichkeit der Ableitung von Abwehrrechten der Nachbargemeinde gegen Baugenehmigungen aus Art. 28 Abs. 2 GG Jahn, BayVBl. 2000, 267 (269 Fn. 18); Uechtritz, BauR 1999, 572 (577 f.); Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.cc; Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 138b; diesen zust. Dombert, LKV 2006, 216; dafür wohl bereits auch Leder, Rechtsfragen, S. 148. 98 Uechtritz, BauR 1999, 572 (577); s. ferner Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 138.

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seits in dem von der Verfassung gezogenen Rahmen hielten. Der so begründete Ausschluss von verfassungsrechtlichen subjektiven Rechten könne aber andererseits nur „innerhalb der Reichweite der unterverfassungsrechtlichen Bestimmungen gelten“99, die ihrerseits wiederum im Lichte der Verfassung – also auch unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Gleichheitssatzes – auszulegen seien. Verstoße nun eine Baugenehmigung gegen eine bestimmte Vorschrift des Bauplanungsrechts100, die kein zugunsten der Nachbargemeinde subjektivierbares Tatbestandsmerkmal enthalte, und ergebe sich zugleich, dass diese Vorschrift an den zuvor genannten Maßstäben gemessen keinen abschließenden Charakter aufweise, sei der Rückgriff auf Art. 28 Abs. 2 GG zur Begründung eines nachbargemeindliche Abwehrrechts möglich101. Einigkeit besteht innerhalb dieser Meinungsgruppe auch noch insoweit, dass diese Verfassungsbestimmung der Nachbargemeinde nur dann eine Abwehrrecht gegen eine Baugenehmigung vermitteln könne, wenn sich diese Genehmigung als Eingriff in die von Art. 28 Abs. 2 S. GG geschützte Planungshoheit der Nachbargemeinde darstelle102. Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, wird indes unterschiedlich beurteilt. So ist diese Frage nach Uechtritz anhand der Maßstäbe zu beurteilen, „die zur Auslegung des § 2 Abs. 2 BauGB für das materielle Abgestimmtsein von Planungsentscheidungen entwickelt worden sind. Die Klage hat also Erfolg, wenn von einer rechtswidrigen Baugenehmigung unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf die benachbarte Gemeinde ausgehen, die für diese unzumutbar sind“103. Insoweit anders stellt namentlich Schenke im Ergebnis nicht auf die Unzumutbarkeitsschwelle ab, ab deren Erreichen Belange der Nachbargemeinde „abwägungsresistent“ sind, sondern erachtet diejenige Grenze zum „qualifizierte Abstimmungsbedarf“ für maßgeblich, die in der Krabbenkamp-Formel umschrieben und – wie gezeigt104 99

Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.cc. Einigkeit besteht innerhalb dieser Meinungsgruppe auch insoweit, dass ein Abwehrrecht gegen Baugenehmigung jedenfalls nur dann aus Art. 28 Abs. 2 GG abgeleitet werden kann, wenn die fragliche Genehmigung gesetzeswidrig ist, also unter Verstoß gegen die für sie maßgeblichen Bestimmungen der §§ 29 ff. BauGB erteilt wurde; s. Uechtritz, BauR 1999, 572 (577); dens., NVwZ 2003, 176 (177); Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.cc. für eine im Geltungsbereich eines Bebauungsplans erteilte Baugenehmigung u. sub III.3.c. für eine im unbeplanten Innenbereich erteilte Genehmigung. 101 Näher Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2. u. III.3.c. 102 Vgl. Uechtritz, BauR 1999, 572 (578); Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.cc.; Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 138b. 103 So (bei Hervorhebung durch den Verf.) Uechtritz, BauR 1999, 572 (578), ohne nähere Begründung, warum eine Rechtsverletzung erst beim Erreichen „unzumutbarer“ Beeinträchtigungen vorliegen soll; möglicherweise ist diese Auffassung durch die früher von der Rspr. zur Möglichkeit eines unmittelbaren Rückgriffs auf Art. 14 Abs. 1 GG vertretene Ansicht geleitet (vgl. a. a. O. Fn. 41; zu dieser Rspr. noch näher unter § 13 A. I. 1. a)). 104 S. näher dazu unter § 1 A. I. 1., II. 100

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– von der h. M. als in § 2 Abs. 2 BauGB verankert angesehen wird105. Dass es nicht überzeuge, für diese Frage auf die „Unzumutbarkeitsschwelle“ abzustellen, zeige sich etwa bei einer auf der Grundlage eines Bebauungsplans erteilten Baugenehmigung: Hier sei es sinnwidrig, der Nachbargemeinde gegen einen nicht abgestimmten Bebauungsplan bereits bei „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ ein Abwehrrecht einzuräumen, ihr dieses Recht aber in Bezug auf eine Baugenehmigung zu versagen, die in Vollzug eben dieses Planes ergehe. „Nähme man dies an, so würde auf diese Weise das der Nachbargemeinde eingeräumte Abwehrrecht entwertet und zu einer stumpfen Waffe“106.

C. Würdigung Betrachtet man die drei wesentlichen in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansätze zum Rechtsschutz der Nachbargemeinden gegen Baugenehmigungen im Überblick, so dürfte sich unter den jeweiligen Vertretern dieser Konzepte Einigkeit zumindest im Hinblick auf die Reihenfolge der Prüfung etwaiger Rechtsgrundlagen für subjektive Rechte dieser Gemeinden herstellen lassen: Um festzustellen, ob einer Nachbargemeinde ein subjektiv-öffentliches Recht gegen eine Baugenehmigung zusteht, ist zuerst das für die Vorhabenzulassung einschlägige einfache Gesetzesrecht der §§ 29 ff. BauGB anhand der Schutznormlehre daraufhin zu untersuchen, ob und inwieweit diese Vorschriften der Gemeinde ein Abwehrrecht vermitteln. Wo das nicht der Fall ist, kann in einem zweiten Schritt erwogen werden, ob diese Bestimmungen durchweg (so ein T. d.L.) oder unter bestimmten Voraussetzungen (so die Rspr.) einer „Anreicherung“ durch eine analoge Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB zugänglich sind. Wo auch auf diesem Wege keine subjektiven Rechte der Nachbargemeinde begründet werden können – weil eine Analogie grundsätzlich oder in bestimmten Fällen ausscheidet –, bleibt als gleichsam letzter Schritt zu prüfen, ob normextern auf Verfassungsrecht zurückgegriffen werden kann. 105 S. Schenke, VerwArch. 98 [2007], für eine im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans erteilte, dessen Festsetzungen aber widersprechende Baugenehmigung sub III.2.a.cc.: Entspreche eine Genehmigung diesen Festsetzungen, könne sich eine Nachbargemeinde nicht gegen die sie gewichtig betreffende Genehmigung wehren, weil sie ihren Interessen bereits im Bauleitplanverfahren geltend habe machen können; dieser Ausschlussgrund entfalle aber, wenn die Genehmigung von den Festsetzungen gerade nicht gedeckt sei; für eine im unbeplanten Innenbereich erteilte, aber gegen § 34 Abs. 1 u. 2 BauGB verstoßende Genehmigung sub III.3.c.: Entfalte eine Genehmigung gewichtiger Auswirkungen derart, dass das fragliche Vorhaben nur auf der Grundlage eines abgestimmten Bebauungsplans genehmigt werden könne, verletze eine dennoch ohne einen solchen Plan erteilte Genehmigung das Selbstverwaltungsrecht der Nachbargemeinde genauso wie in den Fällen, in denen es im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans verwirklicht werden solle (s. dazu auch Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 138b). Für die Krabbenkamp-Schwelle wohl auch Jahn, BayVBl. 2000, 267 (269 Fn. 18). 106 Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.cc.

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Den ersten dieser Schritte unternehmen die Vertreter aller drei Ansichten und seine Richtigkeit kann nicht ernsthaft infrage gestellt werden. Er führt in eine Auslegung der §§ 29 ff. BauGB, welche die verschiedenen Konstellationen bedenken muss, in denen eine Baugenehmigung erteilt werden kann. Diese Auslegung wird an gegebener Stelle durchzuführen sein107. I. Zur These von der unmittelbaren oder analogen Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB Fraglich ist aber, ob dem teils vorgeschlagenen zweiten Schritt einer analogen Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB gefolgt werden kann. Wenn in der Literatur befürwortet wird, diese Vorschrift durchgehend als zusätzliche Zulassungsvoraussetzung in die §§ 29 ff. BauGB „hineinzulesen“, dann hat dieser Vorschlag zwar den praktischen Vorzug, ein einheitliches Modell für alle Fallkonstellationen anzubieten. Dogmatisch überzeugend ist dieser Vorschlag indes nicht. Dass § 2 Abs. 2 BauGB jedenfalls nicht unmittelbar – etwa i. S. einer „vor die Klammer“ gezogenen „allgemeinen“ Vorschrift zu den §§ 29 ff. BauGB – als zusätzliches Tatbestandsmerkmal für die Vorhabenzulassung herangezogen werden kann, ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und der amtlichen Überschrift zu § 2 BauGB, die beide nur Bauleitpläne – nicht aber Baugenehmigungen – erwähnen, folgt aus der systematischen Stellung jener Bestimmung im ersten – und eben nicht im dritten – Teil des ersten Kapitels des BauGB, und dürfte insoweit auch noch weitgehend unstreitig sein108. Kann diese Vorschrift mithin allenfalls noch über eine analoge Anwendung in den §§ 29 ff. BauGB zum Tragen kommen, setzte dies neben einer planwidrigen Regelungslücke eine hinreichende – also eine in den für die zu übertragende Regelung „wesentlichen“ Aspekten bestehende – Vergleichbarkeit der geregelten und ungeregelten Sachverhalte voraus109. Keine dieser Voraussetzungen ist indes gegeben. Die Annahme, der weitgehende Verzicht auf ein auf die Auswirkungen auf Nachbargemeinden bezogenes Tatbestandsmerkmal in den §§ 29 ff. BauGB sei planwidrig erfolgt, war schon vor dem EAG Bau nicht überzeugend, weil der Gesetzgeber über § 34 Abs. 2 BauGB i.V. m. § 11 Abs. 3 BauGB in einem bestimmten Fall durchaus die Zulässigkeit bestimmter Vorhaben von ihren Auswirkungen auf Nachbargemeinden abhängig gemacht hat110, sodass nicht angenommen werden konnte, er habe diese Voraussetzung „an 107

Dazu im Einzelnen unter § 14. S. Uechtritz, BauR 1999, 572 (587); Rojahn, Diskussionsbeitrag bei Böttcher, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 31 (32); und insoweit auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (170, 174); Berkemann, in: dems./ Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 22. 109 S. zu den Analogievoraussetzungen m.w. N. bereits oben unter § 7 A. I. 110 Näher dazu noch unter § 14 B. I. 2. 108

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sich“ durchgängig etablieren wollen. Jedenfalls aber kann diese These von einer planwidrigen Regelungslücke nach der Novellierung des BauGB nicht mehr aufrechterhalten werden, da der Gesetzgeber in § 34 Abs. 3 BauGB n. F. nun eine Bestimmung geschaffen hat, in der die Zulässigkeit von Vorhaben in einem bestimmten Bereich davon abhängig gemacht wird, dass sie bestimmte Auswirkungen auf bestimmte städtebauliche Belange der Nachbargemeinde nicht entfaltet111. Diese Neufassung des Gesetzes wäre nicht nur überflüssig gewesen, wenn § 2 Abs. 2 BauGB „ohnehin“ analog auf die §§ 29 ff. BauGB anwendbar wäre. Die in § 34 Abs. 3 BauGB getroffene Differenzierung nach Baugebiet, Ausmaß und Objekt der Auswirkung würde vielmehr auch durch eine unbesehene Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB nivelliert112, wie sich etwa daran zeigt, dass diese Vorschrift nicht von „schädlichen Auswirkungen“, sondern nur von „Auswirkungen“ spricht, oder – bewusst113 – anders als diese der Nachbargemeinde auch ein Berufen auf die Ziele der Raumordnung zugesteht. Die in §§ 29 ff. BauGB genannten Zulassungsvoraussetzungen sind angesichts dieser differenzierten Ausgestaltung des Gesetzes als abschließend anzusehen114. Muss eine Analogie zu § 2 Abs. 2 BauGB also schon am Fehlen einer Regelungslücke scheitern, kommt hinzu, dass auch die Interessenlagen in den jeweils geregelten Fallgruppen gänzlich andere sind. Im Bereich der Bauleitplanung geht es darum, den Anwendungsbereich einer Abwägung zu eröffnen, die 111

Näher zur Neuregelung des § 34 Abs. 3 BauGB unter § 14 A. I. Entsprechende Bedenken auch bei Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1027); dems., DVBl. 2006, 799 (802); und insoweit auch Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 22, der daraus freilich nur ableitet, dass § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB nicht unmittelbar angewendet werden könne, eine analoge Anwendung dagegen – nicht konsequent – offenbar befürwortet (s. a. a. O. Rn. 54). 113 Die Unabhängige Expertenkommission hatte noch vorgeschlagen, die „durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen“ wie in § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB n. F. auch in § 34 Abs. 3 BauGB zu erwähnen (s. BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 220). Obwohl der Regierungsentwurf den Vorschlägen der Kommission zur „standortgerechten Steuerung des Einzelhandels“ i. Ü. weitgehend gefolgt ist, hat er gerade in diesem Punkt zwischen den beiden neuen Vorschriften differenziert (s. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 28, 33). 114 Im Ergebnis wie hier Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.aa. – Nicht überzeugend wäre es daher angesichts dieser Differenzierung, mit dem pauschalen Hinweis darauf, der Gesetzgeber habe mit dem EAG Bau eine „Stärkung der Klagerechte der Nachbargemeinden“ bezweckt, die Planwidrigkeit der Nichterwähnung des § 2 Abs. 2 BauGB zu begründen (in diese Richtung Kobor, JuS 2005, 1071 [1072]). Denn diese Zielsetzung trifft zwar so allgemein formuliert zu (s. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 33), sie sagt so isoliert betrachtet aber auch nicht aus, wogegen diese Befugnisse der Nachbargemeinden geschützt werden sollen (so zutreffend Uechtritz, DVBl. 2006, 799 [802]). Die Gesetzesmaterialien befassen sich aber im Rahmen des § 2 Abs. 2 BauGB nur mit Bauleitplänen, mit Baugenehmigungen dagegen nur in Bezug auf die Neufassung des § 34 BauGB (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs a. a. O. S. 33, 41 f.). 112

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Standortgemeinde mithin dazu zu verpflichten, bestimmte Belange in ihr final strukturiertes Entscheidungsprogramm einzustellen. Ist ein städtebaulicher Belang der Nachbargemeinde in einer dafür hinreichenden Weise berührt, ist die Standortgemeinde zwar zur abwägungsfehlerfreien Berücksichtigung dieses Belangs verpflichtet – über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der diesen Belang tangierenden Planung ist damit aber noch nichts gesagt. Anders verhält es sich bei den Vorschriften über die Vorhabenzulassung. Die §§ 29 ff. BauGB sind als Konditionalprogramme ausgestaltet, bei denen die Erfüllung oder Nichterfüllung eines Tatbestandsmerkmals zugleich abschließend darüber entscheidet, ob ein Vorhaben zulässig ist oder nicht. Daran zeigt sich, dass § 2 Abs. 2 BauGB auf eine bestimmte Fallkonstellation zugeschnitten ist, in der er eine bestimmte Funktion – als „Abwägungseröffner“ – erfüllt, die im Bereich der Entscheidung über einen Zulassungsanspruch fehl am Platze wäre115. Die Erwägungen, die für den Gesetzgeber mithin bei der Schaffung des § 2 Abs. 2 BauGB maßgeblich waren, kommen bei den §§ 29 ff. BauGB damit von vornherein nicht in Betracht, sodass sich die Annahme einer „vergleichbaren Interessenlage“ verbietet116. Selbst wenn man – nach dem zuvor Gesagten nicht überzeugend – der Ansicht sein wollte, die für eine analoge Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB aus rechtsmethodischer Sicht erforderlichen Voraussetzungen lägen vor, dürften einer dadurch bewirkten Übertragung des § 2 Abs. 2 BauGB verfassungsrechtliche Hindernisse entgegenstehen. Denn diese Analogie zielt darauf, für die Zulassung von Vorhaben weitere Voraussetzungen aufzustellen, die im Gesetz nicht ausdrücklich genannt sind117. Damit würde der Anspruch des Grund115 Diesen funktionellen Unterschied der zwischen § 2 Abs. 2 BauGB einerseits und den §§ 29 ff. BauGB stellt auch Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 34, heraus, der es deshalb sogar – und insoweit völlig zutreffend – als „systemgerecht“ bezeichnet, dass § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB den Anwendungsbereich der interkommunalen Abstimmung bereits bei „Auswirkungen“ eröffnet, während § 34 Abs. 3 BauGB die Unzulässigkeit eines Vorhabens erst bei „schädlichen“ Auswirkungen anordnet; dennoch befürwortet er an anderer Stelle – nicht überzeugend – aus § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB eine „nachbargemeindliche Abwehrklage“ i. S. e. „einzelvorhabenbezogene[n] Abwehrrecht[s]“ zu entwickeln (s. a. a. O. Rn. 54); auf den im Text genannten Unterschied dürfte auch der Diskussionsbeitrag von Rojahn bei Böttcher, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 31 (32), zielen: „Die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 2 BauGB scheitere an dessen Einbindung in das Verfahren der Bauleitplanung“. 116 Im Ergebnis ebenso Uechtritz, NVwZ 2003, 176 (177, 179), der dazu allerdings argumentiert, § 2 Abs. 2 BauGB sei allein an die Standortgemeinde adressiert, sodass eine Analogie zu zufälligen Ergebnissen führe, weil die Genehmigungsbehörde nicht stets mit dieser Gemeinde identisch sein müsse. Zumindest dieses Argument allein spräche m. E. nicht zwingend gegen eine Analogie, weil der Aspekt des Adressaten als zufällig und damit aus Sicht des Gesetzgebers noch als „nicht wesentlich“ angesehen und im Wege des Analogieschlusses überwunden werden könnte; so wohl auch VG Hannover, Beschl. v. 18.08.2005 – 4 B 4371/05, NVwZ-RR 2006, 16 (18). 117 Vgl. etwa Reidt, LKV 1994, 93 (96), der ausdrücklich für eine „,Anreicherung‘ der bauplanungsrechtlichen Zulassungsvorschrift des § 34 BauGB“ plädiert.

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stückseigentümers auf die Erteilung einer Baugenehmigung ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage eingeschränkt, was mit dem auch für die in Art. 14 Abs. 1 GG verankerte Baufreiheit geltenden Vorbehalt des Gesetzes kaum in Einklang zu bringen wäre118. Die These von der (unmittelbaren oder) analogen Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB kann nach alledem nicht überzeugen119. II. Zum Ansatz der Rechtsprechung (Analogie bei „Weichenstellungen“ und u. U. bei „vorwerfbarem“ Unterlassen) Bei diesem Befund kann aber auch das in der Rechtsprechung geprägte Bild von der „Weichenstellung“ durch die Standortgemeinde schon aus den zuvor genannten Gründen nicht überzeugen. Denn hinter diesem Bild verbirgt sich, wie gezeigt120, konstruktiv nichts anderes als eine analoge Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB im Rahmen der §§ 29 ff. BauGB, die hier wie oben jedenfalls121 am Fehlen einer Regelungslücke und der nicht hinreichenden Vergleichbarkeit der Sachverhalte scheitern muss. Die „Weichenstellungsthese“ überzeugt aber auch aus anderen Gründen nicht. Denn zum einen hat die Rechtsprechung nie überzeugend darlegen können, warum ausgerechnet das Kriterium der „Weichenstellung“ subjektive Rechte der Nachbargemeinde soll begründen können, wo sie ohne ein solches Handeln nicht zu finden sein sollen. Und zum anderen mag diese Konstruktion in bestimmten Konstellationen zu im Ergebnis überzeugenden Lösungen beigetragen haben, führt aber – soweit ihre Reichweite überhaupt sicher bestimmt werden kann – bei konsequenter Anwendung zu von Zufälligkeiten abhängigen Lösungen. Dazu im Einzelnen. In den Fällen, in denen die Rechtsprechung der Nachbargemeinde mit dem Argument, die Standortgemeinde habe die „Weichen in Richtung Zulassung ge118 „[D]urchschlagende verfassungsrechtliche Bedenken“ unter „dem Gesichtspunkt des Vorbehalts des Gesetzes“ macht auch Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2. a.aa. geltend. 119 Im Ergebnis wie hier ablehnend Uechtritz, BauR 1999, 572 (587); ders., NVwZ 2003, 176 (177, 179); ders., DVBl. 2006, 799 (802); Rojahn, Diskussionsbeitrag bei Böttcher, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 31 (32); Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.1.a. und III.2.a.aa. 120 Vgl. erneut VGH München, Beschl. v. 25.10.1999 – 26 CS 99.2222, BayVBl. 2000, 152; OVG Weimar, Beschl. v. 20.12.2004 – 1 EO 1077/04, NJOZ 2005, 3895 (3904); OVG Münster, Beschl. v. 09.02.1988 – 11 B 2505/87, DÖV 1988, 843 (845); und dazu oben unter § 12 A. II. 121 Der zuletzt gegen die Analogiethese erhobene Einwand zum Vorbehalt des Gesetzes trifft die Rechtsprechung zwar nicht, weil diese über die Weichenstellungsthese nur in den Fällen Abwehrrechte der Nachbargemeinde anerkannt hat, in denen die Baugenehmigung an den §§ 29 ff. BauGB gemessen gesetzeswidrig war; die übrigen – auf das Fehlen einer Regelungslücke und die mangelnde Vergleichbarkeit der Sachverhalte – zielenden Einwände greifen hier aber in gleicher Weise.

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stellt“, ein Abwehrrecht gegen eine Baugenehmigung zugestanden hat, musste sie, wie gezeigt122, unterstellen, diese Genehmigung habe nicht nur gegen §§ 29 ff. BauGB, sondern auch gegen § 2 Abs. 2 BauGB verstoßen. Es ist aber nicht einzusehen, warum eine „Weichenstellung“ der Nachbargemeinde dazu führen soll, dass diese Vorschrift neben jene tritt, obwohl sie das in allen anderen Fällen – auch nach Ansicht der Rechtsprechung – nicht tut. Wenn diese partielle „Einblendung“ des § 2 Abs. 2 BauGB in der Rechtsprechung schlicht mit dem Hinweis auf die „Vorwerfbarkeit“ des Verhaltens der Standortgemeinde gerechtfertigt wird, ist dieser Rückgriff auf einen Aspekt, der an straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtliche Kriterien erinnert, im Bereich der Vorhabenzulassung wenig überzeugend. Mag es auch angezeigt sein, ein „vorwerfbares“ Verhalten der Standortgemeinde zu unterbinden, ist diese Aufgabe doch ureigenste Sache der Kommunalaufsichtsbehörden, für die es in der Tat Anlass und Rechtfertigung für ein entsprechendes Einschreiten bieten kann. Inwieweit ein Fehlverhalten aber darüber hinaus dazu führen können soll, dass ein Analogieschluss gezogen werden darf, dessen rechtsmethodische Voraussetzungen nicht erfüllt sind, ist nicht einsichtig123. Die Rechtsprechung des BVerwG erscheint an dieser Stelle um so weniger überzeugend, als sie sich in anderem Zusammenhang auch – zurecht – durchaus geweigert hat, aus dem Umstand allein, dass eine Vorschrift „umgangen“ worden ist, zu folgern, diese könne nun analog angewandt werden. Das zeigt ein Seitenblick auf den Rechtsschutz benachbarter Grundstückseigentümer. Soll ein Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans verwirklicht werden, das mit den Festsetzungen dieses Plans nicht vereinbar ist, so kann es rechtmäßigerweise allenfalls dann zugelassen werden, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB vorliegen. Dies wiederum ist nur dann möglich, wenn (u. a.) die Abweichung „auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. In diesem nachbarbezogenen Tatbestandsmerkmal sieht die Rechtsprechung das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme verankert, das (partiell) nachbarschützend wirkt124. Wird nun eine Baugenehmigung für ein den Festsetzungen widersprechendes Vorhaben erteilt, ohne dass die Baugenehmigungsbehörde über eine Befreiung entscheidet, so ist auch das BVerwG der Ansicht, dass die dadurch bewirkte „Um122

S. oben unter § 12 A. II. Kritisch gegen den „Umgehungsansatz“ oder die „Weichenstellerbilder“ auch Uechtritz, BauR 1999, 572 (577): „Es geht nicht um die ,Verwerflichkeit‘ des Umgehungsaktes oder der ,Weichenstellung‘, sondern um die Rechtmäßigkeit der bzw. um die Rechtsverletzung durch die Zulassungsentscheidung“. 124 Näher dazu BVerwG, Urt. v. 19.09.1986 – 4 C 8/84, BRS 46 Nr. 173, S. 397 (400 f.); Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 7 Rn. 72, u. § 18 Rn. 54; Finkelnburg/Ortloff, Baurecht, Bd. II, S. 278; Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 29 BauGB Rn. 59; Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1874 f. 123

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gehung“ des § 31 Abs. 2 BauGB nicht seine analoge Anwendung rechtfertigt. Im Gegenteil: „Drittschutz aus § 31 Abs. 2 BBauG/BauGB wegen nicht hinreichender Rücksichtnahme auf die Interessen des Nachbarn kann [. . .] nur in Anspruch genommen werden, wenn eine Befreiung tatsächlich erteilt worden ist. Insoweit ist § 31 Abs. 2 BBauG/BauGB eine Spezialvorschrift, deren Anwendungsbereich auf die Erteilung der Befreiung beschränkt ist. Hat die Baugenehmigungsbehörde dagegen ein Vorhaben ohne Befreiung genehmigt, so können Rechte des Nachbarn nur durch die Baugenehmigung selbst, nicht jedoch durch die – nicht existierende – Befreiung verletzt sein“125. Wenn das BVerwG aber – zutreffend – davon ausgeht, dass die Umgehung des § 31 Abs. 2 BauGB kein Grund dafür ist, denselben in entsprechender Weise heranzuziehen126, dann erscheint es wenig konsequent, aus einer Umgehung des § 2 Abs. 2 BauGB seine analoge Anwendbarkeit abzuleiten, dies umso mehr, als diese Vorschrift – anders als jene – im Bereich der in §§ 29 ff. geregelten Vorhabenzulassung ohnehin nie unmittelbar zum Tragen kommen kann. Darüber hinaus muss sich die Rechtsprechung fragen lassen, inwieweit eine Standortgemeinde überhaupt in der Lage ist, „Weichen in Richtung auf eine Zulassungsentscheidung zu stellen“. Beantragt etwa ein Vorhabenträger eine Baugenehmigung für ein Vorhaben in einem bislang unbeplanten Innenbereich, so fährt – um im Bild zu bleiben – dieser Antragszug zunächst auf der Schiene des § 34 BauGB. Wenn nun die Standortgemeinde einen vorhabenveranlassten Bebauungsplan aufstellt, um planungsrechtliche Voraussetzungen für die Zulassung des Vorhabens zu schaffen, so stellt sie damit in der Tat eine „Weiche“, um den Zug von der Schiene des § 34 BauGB auf diejenige des § 30 BauGB umzulenken. Wenn sie bei dieser „Weichenstellung“ aber das interkommunale Abstimmungsgebot verletzt – wenn m. a. W. bei der Planaufstellung gegen § 2 Abs. 2 BauGB verstoßen wurde –, schlägt der Versuch, die genannte „Weiche“ umzustellen, rechtlich gesehen fehl: Der Plan ist unwirksam und das Vorhaben ist objektiv betrachtet nach wie vor allein anhand des § 34 BauGB zu beurteilen, über den die Standortgemeinde – wie das BVerwG an anderer Stelle selbst betont hat127 – gerade keine „Disposition“ hat. Der Zug biegt m. a. W. nicht wie

125

BVerwG, Urt. v. 06.10.1989 – 4 C 14/87, BVerwGE 82, 343 (344 f.). Dem BVerwG folgt etwa Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 29 BauGB Rn. 59. Das Gericht hat den benachbarten Grundstückseigentümer freilich nicht gänzlich schutzlos gestellt, sondern aus dem Umstand, dass ein Nachbar sich gegen ein den Bebauungsplanfestsetzungen entsprechendes Vorhaben auf das in § 15 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme berufen könne, gefolgert, das müsse erst recht gelten, wenn ein Vorhaben den Festsetzungen widerspreche; bei der daraus ggf. folgenden Interessenabwägung habe derjenige, der sich auf den Bebauungsplan berufen könne, „grundsätzlich einen gewissen Vorrang“ (näher BVerwG, Urt. v. 06.10.1989 – 4 C 14/87, BVerwGE 82, 343 [347 f.]). 127 S. BVerwG, Urt. v. 11.02.1993 – 4 C 15/92, Buchh. 406.11 § 34 BauGB Nr. 156, S. 86 (90). 126

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gewünscht ab, sondern bleibt auf den alten Schienen. Rechtlich gesehen hat es die Standortgemeinde mithin überhaupt nicht in der Hand, durch einen Verstoß gegen § 2 Abs. 2 BauGB irgendwelche „Weichen“ zu stellen128. Allein faktisch mag ihr das insoweit gelingen, als die Baurechtsbehörde – unzutreffenderweise – von der Wirksamkeit des fraglichen Bebauungsplanes ausgeht und subjektiv der Ansicht ist, das Vorhaben anstatt an § 34 BauGB nach § 30 Abs. 1 BauGB an den Festsetzungen dieses Plans messen zu müssen. Das aber bedeutet, dass die Rechtsprechung bereit ist, die rechtlichen Voraussetzungen für eine Analogie wegen eines allenfalls faktisch wirkenden Verhaltens der Standortgemeinde außer Acht zu lassen und damit gleichzeitig der Standortgemeinde die Möglichkeit einzuräumen, durch rechtlich nicht verbindliches Handeln ein subjektives Recht zum Entstehen zu bringen. Eine wenig überzeugende Konstruktion. Dass das Bild von der „Weichenstellung“ auch in anderer Hinsicht in Bezug auf die Begründung subjektiver Rechte schief ist, zeigt sich bei einer Betrachtung der beteiligten Personen und den sich daraus ergebenden Rechtsverhältnissen. Im Bereich der Bauleitplanung stehen sich Standort- und Nachbargemeinde in einem gleichsam „horizontalen“ Verhältnis gegenüber, innerhalb dessen beide über die jeweils andere betreffende Rechte verfügen und entsprechenden Pflichten unterliegen. Hier ist es einsichtig, dass das Verhalten einer Gemeinde auf die Rechten- und Pflichtenstellung der anderen von Einfluss sein, sie so gesehen „Weichen“ stellen kann, was zur Auslösung einer Pflicht und ggf. auch zur Entstehung eines entsprechenden Rechts führen kann. Von dieser zweiseitigen Konstellation unterscheidet sich die dreiseitige Lage im Bereich der Vorhabenzulassung aber grundlegend. Hier wendet sich die Nachbargemeinde nicht mehr gegen die ihr „horizontal“ gegenüberstehende, ihre Selbstverwaltungsaufgaben wahrnehmende Standortgemeinde, sondern gegen den ihr gleichsam „vertikal“ gegenübertretenden Träger der Baugenehmigungsbehörde, der – auch wenn es sich (was von Zufällen des Landesrechts abhängt) um die Standortgemeinde selbst handelt – bei der Entscheidung über die Zulässigkeit von Einzelvorhaben keine Selbstverwaltungsrechte ausübt129. Geht man nun mit der Rechtsprechung davon aus, dass die Standortgemeinde mit der Erteilung eines Einvernehmens nach § 36 BauGB „weichenstellend“ darüber entscheiden soll, ob der Nachbar128 Uechtritz, BauR 1999, 572 (577), bezeichnet die Formulierung von der „Verschaffung eines Zulassungsanspruchs“ deshalb als „unpräzise“. – Genau besehen ist sie schlicht unzutreffend, denn die Standortgemeinde hat es, wie im Text gezeigt, gerade nicht in der Hand, dem Vorhabenträger durch die Aufstellung eines gegen § 2 Abs. 2 BauGB verstoßenden Plans irgendeinen Anspruch – also das Recht (!) von einem anderen ein Tun, Dulden oder Unterlassen zu verlangen (vgl. § 194 Abs. 1 BGB) – zu verschaffen. 129 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.cc., der zu bedenken gibt, dass Gegenstand einer gegen eine Baugenehmigung gerichteten Anfechtungsklage das Verhalten des Trägers der Baurechtsbehörde sei, nicht aber (primär) dasjenige der – mit diesem nicht immer identischen – Standortgemeinde.

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gemeinde ein Abwehrrecht gegen eine Baugenehmigung zusteht, bedeutet dies, dass das – gerade auch nach Ansicht der Rechtsprechung „behördeninterne“130 – Verhalten der Standortgemeinde aus „ihrem“ vertikalen Verhältnis gegenüber dem Träger der Baurechtsbehörde in dem davon verschiedenen vertikalen Verhältnis zwischen der Nachbargemeinde und dem Behördenträger zur Entstehung eines Rechts führen soll. Das „Verwaltungsinternum“131 der Einvernehmenserklärung nach § 36 BauGB würde auf diese Weise zu einer „Erklärung mit Wirkung zugunsten Dritter“, die an dem für die Erklärung maßgeblichen Rechtsverhältnis nicht beteiligt sind – eine Konstruktion, die in § 36 BauGB keinen Anhalt findet und schon gar nicht erklären kann, warum durch sie die rechtsmethodischen Voraussetzungen einer Analogie ignoriert werden dürfen. Dass es verfehlt ist, die Frage nach einer „Weichenstellung“ der Standortgemeinde zum entscheidenden Kriterium für diejenige nach den subjektiven Rechten der Nachbargemeinde zu erheben, zeigt sich auch an der Handhabung dieser Formel durch die Rechtsprechung. Es ist nämlich keineswegs klar, welche Handlungen im Einzelnen als „Weichenstellung“ angesehen werden können und welche nicht (mehr) in dieses Bild passen sollen. So geht bspw. die Rechtspre130 Dass die Herstellung des Einvernehmens nach § 36 BauGB ein „Verwaltungsinternum“ zwischen erklärender Gemeinde und dem Träger der Baurechtsbehörde ist, das insbesondere im Verhältnis zu einem Bauantragsteller nicht auf eine unmittelbare Außenwirkung gerichtet ist, entspricht ganz h. M. (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 25.10. 1967 – IV C 129/65, DÖV 1968, 324 f.; dass., Urt. v. 07.02.1986 – 4 C 43/83, NVwZ 1986, 556 f.; dass., Beschl. v. 15.11.1991 – 4 B 191/91, NVwZ-RR 1992, 529; Dürr, Baurecht BW, Rn. 145; Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 36 BauGB Rn. 62; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 36 Rn. 5; Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1760; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 36 Rn. 23; a. A. insoweit Budroweit, Mitwirkung, S. 122 ff.). – Der Begriff des „Verwaltungsinternums“ ist in diesem Zusammenhang freilich nicht ganz unmissverständlich. Auch wenn man dem Einvernehmen mit der h. M. die Verwaltungsaktsqualität abspricht und daher eine Verpflichtungsklage des Bauantragstellers auf Einvernehmenserteilung für unstatthaft erachtet (vgl. etwa Krautzberger ebd.; Reidt ebd.; Söfker a. a. O. Rn. 24; krit. insoweit Budroweit a. a. O. S. 131 ff., 146 ff., der entsprechende Klagen freilich im Ergebnis an § 44a VwGO scheitern lässt), scheint der zur Umschreibung dieses Ergebnisses verwendete Begriff des Verwaltungsinternums insoweit nicht ganz glücklich gewählt, als er das Vorhandensein einer jeden Außenwirkung abzusprechen scheint. Auch die h. M. bestreitet aber in der Sache nicht, dass dem Einvernehmen durchaus eine Außenwirkung zukommt, sondern („nur“), dass es dieser Wirkung im Verhältnis zu Dritten an der „Unmittelbarkeit“ bzw. dem darauf bezogenen „Gerichtetsein“ i. S. d. § 35 der VwVfGe fehlt (s. zum diesbezüglichen Meinungsstand sowie dazu, dass die Problematik in Literatur und Rechtsprechung nicht ganz einheitlich und eindeutig bei dem einen oder anderen Tatbestandsmerkmal verankert wird, Budroweit a. a. O. S. 131, 135 ff., 140 ff.). 131 Zum Begriff des „Verwaltungsinternums“ vgl. die Nachweise und Anm. in der vorhergehenden Fn. – Auf diese in der Rechtsprechung gängige Einordnung des gemeindlichen Einvernehmens weist auch Uechtritz, BauR 1999, 572 (577), hin und leitet daraus Bedenken dagegen ab, dass „dieser behördeninterne Akt für die subjektive Rechtsverletzung entscheidend sein soll“.

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chung, wie gezeigt, davon aus, dass der Standortgemeinde nur in Fällen aktiven Tuns eine die Analogie zu § 2 Abs. 2 BauGB rechtfertigende „Weichenstellung“ vorgeworfen werden könne132. Wird etwa eine Baugenehmigung auf der Grundlage eines Bebauungsplans erteilt, wird, wie ebenfalls gezeigt, in der Rechtsprechung angenommen, dass die Standortgemeinde mit der Erteilung ihres Einvernehmens zu einer Befreiung nach § 31 Abs. 1 BauGB eine „Weiche in Richtung Zulassungsentscheidung“ stellen könne, dass aber die bloße Untätigkeit nicht in dieses Bild passe133. In der Literatur wird dagegen angenommen, dass auch ein solcher Fall des bloßen „Passierenlassens“ als „Weichenstellung“ aufgefasst werden könne, wenn die Standortgemeinde aufgrund des Gebots der interkommunalen Rücksichtnahme dazu verpflichtet sei, entsprechende Einwände geltend zu machen134. Unklar ist es auch, ob der Standortgemeinde vorgeworfen werden kann, eine „Weiche in Richtung Zulassungsentscheidung“ gestellt zu haben, wenn sie einen Bebauungsplan aufstellt, der zwar dem Gebot interkommunaler Abstimmung aus § 2 Abs. 2 BauGB genügt, sich aber aus anderen Gründen als rechtswidrig und nichtig erweist. Während die Rechtsprechung und ein T. d.L.135 in einem solchen Fall eine die Analogie zu § 2 Abs. 2 BauGB rechtfertigende Weichenstellung ablehnen, wird in der Literatur teils die Auffassung vertreten, auch mit einem solchen vorhabenveranlassten Plan sei eine „Weiche“ gestellt worden136. Kontroversen dieser Art bei der „Interpretation“ des „Weichenstellungsbildes“ zeigen, dass es kaum hilfreich ist, auf eine normativ nicht verankerte Formel zurückzugreifen, um über eine darauf gestützte aber methodisch nicht zu erklärende Analogie über den Umfang subjektiver Rechte der Nachbargemeinden zu entscheiden. Dass es nicht überzeugt, die Frage nach einer „Weichenstellung“ der Standortgemeinde zum entscheidenden Kriterium für diejenige nach den subjektiven Rechten der Nachbargemeinde zu erheben, zeigt schließlich auch eine Folgenbetrachtung. Zu zweifelhaften – weil zufälligen – Ergebnissen führt die „Weichenstellungsthese“ etwa bei Baugenehmigungen, die unter Verstoß gegen die Festsetzungen eines (abgestimmten und wirksamen) Bebauungsplans erteilt werden. Wird in diesem Fall im Einvernehmen mit der Standortgemeinde eine Be132

S. dazu unter § 12. A. II. Das dieser Fall nicht als „Weichenstellung“ anzusehen ist, scheint mir in der Rechtsprechung nicht umstritten zu sein; diskutiert wird nur, ob auch ein Unterlassen grundsätzlich (so VGH München, Beschl. v. 25.10.1999 – 26 CS 99.2222, BayVBl. 2000, 152) oder allenfalls in Missbrauchsfällen (OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11. 2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 ff.), eine Analogie zu § 2 Abs. 2 BauGB rechtfertigt. 134 In d. S. Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.b.; skeptisch dagegen Uechtritz, NVwZ 2003, 176 (179). 135 Uechtritz, NVwZ 2003, 176 (178); OVG Weimar, Beschl. v. 20.12.2004 – 1 EO 1077/04, NJOZ 2005, 3895 (3909 f.). 136 Vgl. Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.1.c., III.3.c. 133

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freiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erteilt, mag man auf dem Boden der Rechtsprechung darin eine „Weichenstellung“ sehen137 – mangels aktiven Tuns ist das aber nicht mehr möglich, wenn die von dieser Gemeinde trägerverschiedene Baugenehmigungsbehörde die Genehmigung „an der Gemeinde vorbei“ unter Verstoß gegen § 36 BauGB erteilt, weil sie (irrig) davon ausgeht, das Vorhaben entspreche den Festsetzungen138. Nun könnte man argumentieren, in diesem Fall müsse das Unterlassen der Baurechtsbehörde dem Tun der Standortgemeinde gleichgestellt werden139. Zumindest in der jüngeren Rechtsprechung wird dieser Schritt aber nur befürwortet, wenn das Unterlassen „vorwerfbar“ ist. Zu welchen Zufälligkeiten dieser Ansatz führt, zeigt das Urteil des OVG Lüneburg vom 30.11.2005140. In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall war zwischen den Beteiligten umstritten, ob das fragliche Vorhaben auf der Grundlage bereits vorliegender, kapp 40 Jahre alter Bebauungspläne erteilt werden konnte, die für die fragliche Fläche ein Gewerbegebiet vorsahen, oder ob das nicht der Fall war, weil das Vorhaben die Tatbestandsmerkmale eines „Einkaufszentrums“ i. S. d. § 11 Abs. 3 S. 1 BauNVO erfüllte und infolgedessen außerhalb eines Kern- oder Sondergebiets unzulässig war. Das Gericht kam nun zu dem Ergebnis, dass man in dem konkreten über die Frage, ob das Vorhaben unter § 11 Abs. 3 BauGB zu subsumieren sei, „in einem Umfang unterschiedlicher Meinung sein kann, der die Annahme ausschließt“, die Baurechtsbehörde „habe es in missbräuchlicher Weise unterlassen, das Vorhaben erst nach einem Verfahren auf Erteilung einer Befreiung zu genehmigen“141, und verneinte deshalb – mangels „Vorwerfbarkeit“ des Unterlassens also – ein Abwehrrecht der Nachbargemeinde. Das bedeutet aber, das bei konsequenter Anwendung der Konzeption der Rechtsprechung Schwierigkeiten, die die Baurechtsbehörde bei der Beurteilung eines konkreten Falles in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht haben mag, darüber entscheiden können sollen, ob der Nachbargemeinde ein Abwehrrecht zusteht oder nicht. Es entscheidet m. a. W. die Schwierigkeit eines Falles über die Rechtsschutzmöglichkeiten der Nachbargemeinde und nicht deren tatsächliche Betroffenheit. Eine solche Lösung, die nicht auf die in den §§ 29 ff. BauGB genannten objektiven Kriterien, sondern auf subjektive Elemente beim Träger der Baurechtsbehörde abstellt, führt letztlich zu zufälligen Ergebnissen, findet im Zulassungsregime der §§ 29 ff. BauGB keinen normativen Anhalt und kann daher nicht überzeugen.

137 Davon geht wohl jdfs. OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (170 f.), aus. 138 Darauf weist Uechtritz, NVwZ 2003, 176 (179), hin. 139 In diesem Sinne in der Tat noch VGH München, Beschl. v. 25.10.1999 – 26 CS 99.2222, BayVBl. 2000, 152. 140 S. OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 ff. 141 OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (170).

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Diese unbefriedigende Folgenbetrachtung lässt sich fortsetzen. So geht die Rechtsprechung etwa auf der Grundlage der „Weichenstellerthese“ davon aus, dass eine die Analogie zu § 2 Abs. 2 BauGB rechtfertigende „Weichenstellung“ vorliege, wenn die Standortgemeinde einen vorhabenveranlassten Bebauungsplan aufstellt, sie verneint dies aber bei der schlichten „Ausnutzung“ älterer, nicht mit Blick auf das streitige Vorhaben aufgestellter Pläne. Auf dem Boden der Rechtsprechung bedeutet das, dass der Nachbargemeinde gegen ein Vorhaben ein Abwehrrecht zusteht, wenn die Standortgemeinde A einen neuen Bebauungsplan in Bezug auf das fragliche Vorhaben aufstellt, nicht dagegen (ohne weiteres142), wenn ein und dasselbe Vorhaben in der Standortgemeinde B verwirklicht werden soll, die über „Altpläne“ verfügt. Es ist aber nicht einsichtig, warum die Rechtsschutzmöglichkeiten der Nachbargemeinde davon abhängen sollen, ob die Standortgemeinde in den 60er Jahren des vergangen Jahrhunderts einen Bebauungsplan aufgestellt hat, der zufällig auch den Weg für ein Vorhaben frei macht, das 40 Jahre später verwirklicht werden soll. Ähnliche Zufälligkeiten können sich im Außenbereich ergeben. So geht die Rechtsprechung, wie gezeigt, davon aus, dass die Standortgemeinde bei einem nach § 35 BauGB genehmigten Vorhaben die „Weichen in Richtung Zulassungsentscheidung“ solle stellen könne, indem sie der Baugenehmigungsbehörde gegenüber ihr Einvernehmen nach § 36 BauGB erklärt. Letzteres kann aber nur zum Tragen kommen, wenn die Standortgemeinde nicht selbst Baugenehmigungsbehörde ist. Ob dies wiederum der Fall ist, hängt allein von den Eigenheiten des Landesrechts ab, die damit für die Handhabung des bundesrechtlich einheitlich geregelten Bauplanungsrecht entscheiden können sollen143. Zufälligkeiten dieser Art zeigen, dass der Ansatz der Rechtsprechung, den Rechtsschutz der Nachbargemeinden über eine durch „vorwerfbares“ Tun („Weichenstellung“) oder – allenfalls – „missbräuchliches“ Unterlassen gerechtfertigte Analogie zu § 2 Abs. 2 BauGB zu gestalten, nicht überzeugt. Zweifel zur genauen Bedeutung der Weichenstellerthese tauchen im Außenbereich schließlich auch in den Konstellationen auf, in denen die Rechtspre142 Die Rechtsprechung kann auf dem Boden ihrer „Weichenstellungsthese“ ein Abwehrrecht der Nachbargemeinde auch insoweit „allenfalls“ dann annehmen, wenn sich die Beteiligten ein „vorwerfbares Unterlassen“ zu Schulden haben kommen lassen; vgl. auch dazu OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (169 f.). 143 Solche Diskrepanzen kann man auf dem Boden der Rechtsprechung auch hier wieder nur dadurch vermeiden, das man dem Tun der Standortgemeinde in dem Falle, in dem sie nicht selbst Baurechtsbehörde ist, ein Unterlassen gleichsetzt, wo das der Fall ist – ein Lösung, die die Rechtsprechung jedenfalls gerade nicht als „Weichenstellung“ auffasst, sondern allenfalls als „Analogie kraft Unterlassens“, die, wie gezeigt, auch in der Rechtsprechung umstritten ist (vgl. § 12 A. II.); „skeptisch“ zu der parallelen Überlegung, in solche Fällen die Zweibrücken-Entscheidung „insbesondere bei Auseinanderfallen von Genehmigungsbehörde und Standortbehörde“ zu „übertragen“ auch Battis, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 19 (26).

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chung nicht mit einer Analogie zu § 2 Abs. 2 BauGB, sondern – wie in der Zweibrücken-Entscheidung – mit einer Auslegung des einfachen Gesetzesrechts der §§ 29 ff. BauGB arbeitet. Hier stellt sich die Frage, inwieweit die „Weichenstellungsthese“ auf die gleichsam erste Stufe der Gesetzesauslegung zurückwirkt. Wenn nämlich der Aspekt der „vorwerfbaren Weichenstellung“ für die Zulässigkeit einer Analogie zu § 2 Abs. 2 BauGB maßgeblich ist, muss sich die Rechtsprechung fragen lassen, ob dann nicht auch konsequenterweise demselben Gesichtspunkt eine streitentscheidende Rolle bei der Entscheidung darüber zukommen müsste, ob der in der Zweibrücken-Entscheidung herangezogene „öffentliche Belang“ des Planungserfordernisses in § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB zugunsten der Nachbargemeinde zu subjektivieren ist oder nicht. Das hätte zur Folge, dass das Bestehen des Abwehrrechts der Nachbargemeinde in diesen Fällen davon abhinge, ob die Standortgemeinde – wie im ZweibrückenFall tatsächlich geschehen – zuvor eine „Weiche“ durch einen (gescheiterten) Planversuch (oder eine Einvernehmenserteilung) gestellt hätte. Die Rechtsprechung hat zu dieser Frage, soweit ersichtlich, noch nicht abschließend Stellung genommen144. Solche Zufälligkeiten über die Auslegung des einfachen Rechts entscheiden zu lassen, wäre indes noch weniger überzeugend, als dies im Hinblick auf die Antwort auf die Frage nach einer analogen Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB gilt. Der in der Literatur vertretene Ansatz, § 2 Abs. 2 BauGB durchweg als zusätzliche Zulassungsvoraussetzung in die §§ 29 ff. BauGB hineinzulesen, hat sich im Vergleich zu der von der Rechtsprechung vorgeschlagenen, auf bestimmte Fallkonstellationen beschränkten Analogie insoweit als noch bedenklicher erwiesen, als jener auch zum Zuge kommen soll, wenn eine Baugenehmigung an den §§ 29 ff. BauGB gemessen gesetzesgemäß ist. Den sich daraus ergebenden Bedenken ist der „kombinierte“ Ansatz der Rechtsprechung, eine Analogie bei „vorwerfbarem“ Tun („Weichenstellung“) und – möglicherweise – „missbräuchlichem“ Unterlassen zuzulassen, in der Tat nicht ausgesetzt, weil sie diese Analogie im Ergebnis nur für Fälle in Erwägung zieht, in denen die Baugenehmigung an §§ 29 ff. BauGB gemessen bereits gesetzeswidrig ist. Dennoch ergibt sich aus dem zuvor Gesagten, dass auch der Ansatz der Rechtsprechung weder in seiner dogmatischen Begründung noch in seinen bei konsequenter Anwendung erzielten Folgen überzeugt. Die Überlegung, den Rechtsschutz der Nachbargemeinden über eine analoge Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB zu bewerkstelligen, ist daher insgesamt zu verwerfen.

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S. dazu (ablehnend) Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.1.b.

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III. Fazit Damit bleibt als Zwischenbefund, dass bei der Bestimmung der Rechtsschutzmöglichkeiten zunächst – insoweit von keiner Seite bestritten – das für die Vorhabenzulassung maßgebliche einfache Gesetzesrecht der §§ 29 ff. BauGB auszulegen und auf seinen drittschützenden Charakter hin auszulegen ist. Wo sich auf diesem Wege keine Abwehrrechte der Nachbargemeinde ermitteln lassen, kann dieser auch ein Rückgriff auf eine Analogie zu § 2 Abs. 2 BauGB – sei sie umfassend gemeint, sei sie auf Fälle „vorwerfbaren“ Verhaltens bezogen – nicht weiterhelfen. Zu erwägen bleibt damit, ob, wie teils (mit freilich unterschiedlichem Umfang) befürwortet, ein solches Abwehrrecht in bestimmten Fällen unmittelbar aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG abgeleitet werden kann. Ob ein solcher normexterner Rückgriff auf Verfassungsrecht in einem vor den Verwaltungsgerichten ausgetragenen Nachbarstreit zulässig ist, ist indes von einer Reihe von grundsätzlichen Fragen abhängig, die zuvor zu beantworten sind. Daraus ergibt sich der folgende Gang der Darstellung: Zunächst soll geklärt werden, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG im interkommunalen Konflikt herangezogen werden kann (§ 13). Daran anschließend können die Rechtsschutzmöglichkeiten der Nachbargemeinde für jeden Planbereich der §§ 29 ff. BauGB im Einzelnen – abhängig vom einfachen Recht und je nach Ergebnis der verfassungsrechtlichen Betrachtung eventuell unter bestimmten Rückgriffen auf Art. 28 GG – erörtert werden (§ 14).

§ 13 Zur Zulässigkeit der Ableitung von Abwehrrechten gegen Baugenehmigungen aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG Bedeutung im Verwaltungsprozess erlangt Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG unstreitig jedenfalls dergestalt, dass er – den Grundrechten insoweit vergleichbar – auf die Auslegung von einfachgesetzlichen Vorschriften Einfluss nimmt. So ist die Frage, ob eine bestimmte Norm des einfachen Rechts dem Grundrechtsträger ein subjektives Recht vermittelt, anhand der herkömmlichen Auslegungsmethoden zu ermitteln. Dabei können auch die Grundrechte „bei der Interpretation des Normgehalts ergänzend und verdeutlichend herangezogen werden, soweit sie mit dem in Frage stehenden Rechtsbereich thematisch in Beziehung stehen“145. Wenn und soweit dies im Einzelfall unter Berücksichtigung der Wortlautgrenze und der Ergebnisse der übrigen Auslegungsmethoden möglich ist146, 145

Schmitt Glaeser/Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 163. Aber auch nur in diesem Rahmen, s. Hillgruber, JZ 1996, 118 (119); Ramsauer, AöR 111 [1986], 501 (529). 146

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können die Grundrechte dann auch das „im Lichte der Verfassung“ (verfassungsorientiert oder verfassungskonform147) ausgelegte einfache Gesetzesrecht „zu subjektiven Rechten auf[laden]“148, sodass ein unmittelbarer Rückgriff auf die Grundrechte selbst nicht mehr in Rede steht149. Eine in diesem Sinne „norminterne“ Wirkung kommt unstreitig auch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG zu150. Schwieriger zu beantworten ist dagegen die Frage, ob jene Vorschrift auch normextern herangezogen werden kann, ob also zur Begründung der (Möglichkeit einer) Rechtsverletzung im Verwaltungsprozess (vgl. §§ 42 Abs. 2, 47 Abs. 2 S. 1, 113 Abs. 1 S. 1 GG) auch auf die (Möglichkeit einer) Verletzung des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG abgestellt werden kann. Wenn Abwehrrechte der Nachbargemeinde gegen Baugenehmigungen, die für das Gebiet der Standortgemeinde erteilt wurden, auf diese Weise unmittelbar aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG abgeleitet werden sollen, so setzt das dreierlei voraus: Zum Ersten muss eine solche Baugenehmigung als Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde angesehen werden können (A.), zum Zweiten muss feststehen, dass dieser Eingriff verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt ist (B.), und zum Dritten schließlich dürfen einem Rückgriff auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG keine prinzipiellen, sich insbesondere aus dem Verhältnis von einfachem und Verfassungsrecht ergebenden Bedenken entgegenstehen (C.).

147 S. zum Gebot verfassungskonformer Auslegung BVerfG, Beschl. v. 30.03.1993 – 1 BvR 1045/89 u. a., BVerfG 88, 145 (166); BVerwG, Urt. v. 23.08.1996 – 4 C 13/94, BVerwGE 101, 364 (371): „Jede Ermächtigungsgrundlage ist nur in der vom Verfassungsrecht geforderten oder doch nahegelegten Auslegung anzuwenden. [. . .] Sie [scil.: die Ermächtigungsgrundlagen] sind grundrechtskonform und darüber hinaus – im Zweifel – auch grundrechtsfreundlich auszulegen und anzuwenden.“; Schmidt-Preuß, Privatinteressen, S. 44 f., stellt die verfassungskonforme Auslegung neben die norminterne Wirkung der Grundrechte, geht aber davon aus, dass jener neben dieser nur noch wenig Raum verbleibe. 148 Wernsmann, DV 36 [2003], 67 (90). 149 S. zur norminternen Wirkung der Grundrechte Hermes, VVDStRL 61 [2002], 119 (144 f.); Dreier, DV 36 [2003], 105 (114, 120); Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 118 ff.; Kraft, VerwArch. 89 [1998], 264 (280 f.); Schenke, WiVerw. 1990, 226 (227); Scherzberg, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 12 f.; dens., Jura 2006, 839 (842); Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, S. 76 f.; dens., in: Maunz/Dürig, GG, Bd. III, Art. 19 Abs. 4 Rn. 122 ff.; Schmidt-Preuß, Privatinteressen, S. 41 ff.; Sodan, in: dems./Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 42 Rn. 394; Wahl, DVBl. 1996, 641 (647 f.); dens., in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, Vorb § 42 Abs. 2 Rn. 92; dens./Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 42 Abs. 2 Rn. 58; Wolff, in: dems./Decker, VwGO/VwVfG, § 42 VwGO Rn. 110. 150 Vgl. Schmitt Glaeser/Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 163.

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A. Baugenehmigungen als Eingriffe in die Planungshoheit Im oben erörterten Bereich der bauplanungsrechtlichen Gemeindenachbarklage konnte ein – Abwehrrechte auslösender – Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde dann bejaht werden, wenn die Standortgemeinde einen Bauleitplan aufstellt und dabei einfachgesetzlich verankerte Rechte der Nachbargemeinde verletzt151. Die hier erörterte baugenehmigungsrechtliche Konstellation unterscheidet sich davon in zweierlei Weise: Zum einen geht es hier gerade um den Fall, dass das einfache Gesetzesrecht keine zugunsten der Nachbargemeinde drittschützenden Vorschriften bereit hält. Und zum anderen handelt es sich bei dem Nachbarn hier anders als dort nicht um eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, sondern um einen privaten Grundstückseigentümer. Parallelen weist die hier zu beurteilenden Situation dagegen mit dem Streit benachbarter Grundstückseigentümer auf, bei denen ebenfalls diskutiert wird, ob sich der Nachbar gegen eine dem Vorhabenträger erteilte Genehmigung auf seine verfassungsrechtlichen Rechte – nun aus Art. 14 GG – berufen kann, soweit das einfache Recht keine ihn drittschützenden Bestimmungen enthält. Strukturelle Gemeinsamkeiten bestehen hier auch insoweit, als es hier wie dort „nur“ um faktische Beeinträchtigungen des Nachbarn bzw. der Nachbargemeinde geht und hier wie dort mit Art. 14 Abs. 1 GG bzw. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG Einrichtungsgarantien im Raume stehen, die einer näheren einfachgesetzlichen Ausgestaltung zugänglich sind. Angesichts dieser Parallelen soll im Folgenden zunächst ein kurzer Blick auf die im grundrechtlichen Bereich intensiver geführte Diskussion zur Behandlung von staatlichen Maßnahmen in mehrseitigen Verhältnissen geworfen werden (I.), um daraus möglicherweise Maßstäbe für die Beantwortung der Frage nach einem Eingriff in das Recht der Nachbargemeinde aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG in den interkommunalen Streitfällen gewinnen zu können (II.–IV.). I. Das Meinungsspektrum im Grundrechtsbereich Zu der zentralen Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine Genehmigung als Eingriff des Staates in die Grundrechte des Nachbarn (insbesondere) aus Art. 14 GG gewertet werden kann, werden unterschiedliche Ansichten vertreten. Neben der uneinheitlichen Rechtsprechung (1.) werden Konzeptionen befürwortet, die eine abwehrrechtliche (2.–3.) oder schutzpflichtbezogene Betrachtung anstellen (4.–5.). Andere wiederum präferieren Lösungsvorschläge, die an der Definition der grundrechtlichen Schutzbereiche (6.) ansetzen.

151

Näher dazu unter § 2. A.

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1. Die Rechtsprechung von BVerwG und BVerfG Schon innerhalb der Rechtsprechung wird die Frage nach der Eingriffsqualität von staatlichen Genehmigungen nicht eindeutig im einen oder anderen Sinne beantwortet. So ging das BVerwG, das sich vor allem mit faktischen Einwirkungen auf Art. 14 Abs. 1 GG zu befassen hatte, zwar ursprünglich ohne weitere Problematisierung der Frage davon aus, dass eine Baugenehmigung einen Eingriff in die Rechte des Nachbarn darstellen könne, führte aber eine Änderung seiner Rechtsprechung herbei, die es zumindest als fragwürdig erscheinen lassen muss, ob es diese Auffassung auch heute noch teilt. Das BVerfG, das sich insbesondere mit Einwirkungen auf Art. 2 Abs. 2 GG zu befassen hatte, scheint eine „eingriffsrechtliche“ Beurteilung von Genehmigungsfällen inzwischen zugunsten einer „schutzpflichtrechtlichen“ abzulehnen. a) Die Haltung des BVerwG zu Art. 14 Abs. 1 GG Wurde einem Bauherrn unter Verstoß gegen nicht-drittschützende Vorschriften eine Baugenehmigung erteilt, konnte ein benachbarter Grundstückseigentümer nach der vom BVerwG seit 1969 für geraume Zeit vertretenen Ansicht einen Abwehranspruch durchaus unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 GG ableiten, falls die Genehmigung die vorgegebene Grundstückssituation nachhaltig veränderte und den Nachbarn dadurch „schwer und unerträglich“ traf152. In den Folgejahren ging das Gericht allerdings dazu über, einfachgesetzliche Vorschriften, die es in früheren Jahren noch als nicht drittschützend verstanden hatte, über das in deren Tatbestandsmerkmalen verankerte153 „Gebot der Rücksichtnahme“154 teil152 Vgl. BVerwG, Urt. v. 13.06.1969 – IV C 234/65, BVerwGE 32, 173 (178 f.); zust. Pietzcker, in: Püttner (Hrsg.), Bachof-FS, S. 131 (142 f.); Schwerdtfeger, NVwZ 1982, 5 (6 ff.); Schlichter, NVwZ 1983, 641 (Fn. 3), und insoweit auch Schenke, NuR 1983, 81 (86 f.), der dem BVerwG aber vorwarf, den eingeschlagenen Weg nicht konsequent zu Ende gegangen zu sein, weil bereits bei einem vor der Enteignung liegenden rechtswidrigen Eingriff in Art. 14 GG ein verfassungsrechtlich begründeter Abwehranspruch des Nachbarn gegeben sein könne. 153 Angesichts dieser Verortung wird das Rücksichtnahmegebot denn heute auch ganz überwiegend als rein einfachgesetzlich begründetes und bestimmtes, nicht aber aus den Grundrechten abgeleitetes Institut verstanden; vgl. etwa Dürr, VBlBW 2000, 457 (460); Decker, JA 1998, 246 (247 f.); Breuer, DVBl. 1982, 1065 (1069 f.); Konrad, JA 2002, 967 (968); Kraft, VerwArch. 89 [1998], 264 (273); Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 195; Pecher, JuS 1996, 887 (889); Schlichter, NVwZ 1983, 641 (643); Schoch, Jura 2004, 317 (318); Schmidt-Preuß, Privatinteressen, S. 47; insoweit auch Schenke, NuR 1983, 81 (82 ff.), der freilich nicht nur einer Ableitung des „Gebots der Rücksichtnahme“ aus Art. 14 GG skeptisch gegenübersteht, sondern die Heranziehung dieses Instituts zur Lösung nachbarschutzrechtlicher Fälle insgesamt ablehnt. 154 S. etwa BVerwG, Urt. v. 05.08.1983 – 4 C 96/79, BVerwGE 67, 334 ff., grundlegend für § 15 Abs. 1 BauNVO (S. 338 f.) und mit einer Zusammenfassung seiner diesbezüglichen Rechtsprechung zum Innen- und Außenbereich (S. 337); s. zur Kritik,

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weise zu subjektivieren. Im Zuge dieser Entwicklung verzichtete es dann auch darauf, zur Begründung nachbarlicher Abwehrrechte unmittelbar auf Art. 14 Abs. 1 GG abzustellen. Diese Änderung der Rechtsprechung musste die Frage danach aufwerfen, warum das Gericht auf den bislang in Unzumutbarkeitsfällen praktizierten Rückgriff auf Verfassungsrecht fortan verzichtete. Einerseits war es denkbar, dass es diesen Rückgriff wegen der im einfachen Recht nun „gefundenen“ subjektiven Rechte, die ja schon bei einem niedrigeren Beeinträchtigungsgrad zum Tragen kamen, schlicht als nicht mehr „erforderlich“ ansah155. Denkbar war es aber auch, dass das Gericht den Rückgriff auf Art. 14 Abs. 1 GG etwa aufgrund der vom BVerfG in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwickelten Eigentumsdogmatik für dogmatisch nicht (mehr) zulässig hielt156. Das BVerwG selbst nahm zu seinen Beweggründen zunächst keine Stellung, sondern ließ es ausdrücklich offen, „ob Abwehransprüche Dritter im öffentlichen Baurecht überhaupt unmittelbar auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gestützt werden können“157. Es betonte aber immerhin, dass im Falle einer Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG genügenden einfachgesetzlichen Inhalts- und Schrankenbestim-

die „dieses [. . .] aus dem Zylinder ungeschriebenen Rechts hervorgezauberte Kaninchen“ erfahren musste, die Zusammenstellung bei Blankenagel, DV 26 [1993], 1 (14), und stellvertretend die Stellungnahme von Breuer, DVBl. 1982, 1065 ff. („Irrgarten des Richterrechts“). 155 Für ein solches Verständnis plädieren etwa Dürr, VBlBW 2000, 457 (460); Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 14 Rn. 111; Maurer, Verwaltungsrecht, § 8, Rn. 9 (S. 169 a. E.: „Art. 14 I 1 GG bleibt aber gleichsam „in Reserve“, falls das Rücksichtnahmegebot und die verfassungskonforme Auslegung im konkreten Fall versagen sollten“); Muckel, JuS 2000, 132 (136); wohl auch Enders, AöR 115 [1990], 610 (624 Fn. 74); Decker, JA 1998, 246 (248), sowie Breuer, DVBl. 1982, 1065 (1069), der noch von einem Nebeneinander des Schutzes aus Art. 14 GG einerseits und dem über das Rücksichtnahmegebot andererseits ausging. 156 In diesem Sinne Bönker, DVBl. 1994, 506 (509 f.), Kraft, VerwArch. 89 [1998], 264 (279 f.), Mampel, BauR 1998, 697 f., und Pecher, JuS 1996, 887 (889 f.), die darauf abheben, dass die frühere, auf den Grad der Beeinträchtigung abstellende Rechtsprechung des BVerwG noch auf dem Verständnis von einem „gleitenden Übergang“ von Sozialbindung zu Enteignung beruht habe (s. insoweit auch Zuleeg, DVBl. 1976, 509 [512]), dem spätestens durch die sog. Nassauskiesungsentscheidung des BVerfG (vgl. dass., Beschl. v. 15.07.1981 – 1 BvL 77/78, BVerfGE 58, 300 [330 ff.]) der dogmatische Boden entzogen worden sei; s. zu diesem Wandel der Rspr. auch Gellermann, Grundrechte, S. 18 f., der auf S. 384 ebenfalls davon ausgeht, dass es den Fachgerichten untersagt sei, „über die als abschließend zu verstehenden Normen des Baurechts hinaus weitergehende Ansprüche des Eigentümers“ aus Art. 14 GG abzuleiten; in diesem Sinne wohl auch Dürr, JuS 2007, 431 (433); im Ergebnis ebenso Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 194; erwogen, aber nicht entschieden wurde dieser Einwand auch von Battis, in: Driehaus/Birk (Hrsg.), Weyreuther-FS, S. 305 (314 f.), der zwar Sympathien für die restriktive Haltung bekundete, letztlich aber doch davon ausging, dass für die „Reservefunktion“ des Art. 14 GG noch ein Bedürfnis bestehe. 157 BVerwG, Urt. v. 26.09.1991 – 4 C 5/87, BVerwGE 89, 69 (78).

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mung ein weitergehender, unmittelbar auf Verfassungsrecht gestützter Anspruch jedenfalls nicht bestehe, soweit „drittschützende Regelungen des einfachen Rechts vorhanden“ seien158. Im Jahre 1996 schließlich rang es sich dann aber doch zu der Aussage durch, dass „Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG selbst keine unmittelbaren Abwehransprüche oder Plangewährleistungsansprüche“ begründe, weil „der Gesetzgeber nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG den näheren Inhalt einer sozialgerechten Eigentumsordnung erst zu konkretisieren“ habe: Nachbarschutz bestehe daher „grundsätzlich nur, soweit ihn der Gesetzgeber auch normiert“ habe159. Diese restriktive, auf den aus Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG abgeleiteten Gestaltungsauftrag des Gesetzgebers gestützte Rechtsauffassung hat das BVerwG auch in anderen Bereichen des öffentlichen Baurechts – der Frage nach einem grundrechtsunmittelbaren Bestandsschutz nämlich160 – durchgehalten. Nach der solcherart konsolidierten und in der Literatur161 überwiegend befürworteten Rechtsprechung kann ein Nachbar somit bei mittelbaren162 Beeinträchtigungen zumindest nicht auf den „normgeprägten“ Art. 14 Abs. 1 GG hinweisen, um seine Klage- oder Antragsbefugnis unmittelbar durch Verfassungsrecht zu begründen.

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S. BVerwG, Urt. v. 26.09.1991 – 4 C 5/87, BVerwGE 89, 69 (78). BVerwG, Urt. v. 23.08.1996 – 4 C 13/94, BVerwGE 101, 364 (373); vgl. zur angesprochenen Entwicklung der Rechtsprechung zum baurechtlichen Nachbarschutz mit jeweils w. N. näher Bönker, DVBl. 1994, 506 ff.; Dürr, VBlBW 2000, 457 (459 f.); Dreier, DV 36 [2003], 105 (118 ff.); Kraft, VerwArch. 89 [1998], 264 (268 ff.); Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 188 ff.; Mampel, BauR 1998, 697 (698 ff.); Maurer, Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 9; Sodan, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 42 Rn. 399. 160 So vertritt das BVerwG seit 1998 unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung die Ansicht, dass es jenseits der einfachgesetzlichen Bestimmungen keinen Anspruch auf Zulassung eines Bauvorhabens aus eigentumsrechtlichem Bestandsschutz unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 GG gebe; vgl. dass., Urt. v. 12.03.1998 – 4 C 10/97, BVerwGE 106, 228 (234 f.); u. dazu Dürr, VBlBW 2000, 457 ff.; Dreier, DV 36 [2003], 105 (122 ff.); Koch, Grundrechtsschutz, 2000, S. 315 f.; Uechtritz, DVBl. 1997, 347 ff.; Schoch, Jura 2004, 317 (318). 161 Zust. Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 47 (Fn. 84); Bönker, DVBl. 1994, 506 (508 ff.); Schoch, Jura 2004, 317 (318); für einen „ausnahmsweisen“ Rückgriff auf Art. 14 GG dagg. Schlette, Jura 2004, 90 (94). 162 Bei „unmittelbaren“ Eingriffen, bei denen das Säuleneigentum des Nachbarn durch ein genehmigtes Vorhaben anders als bei nur „mittelbaren“ (faktischen) Beeinträchtigungen etwa durch Durchleitungen oder Zufahrtswege gegenständlich in Anspruch genommen wird, kann ein Nachbarschutz nicht aus dem Gebot der Rücksichtnahme hergeleitet werden, weil die entsprechenden Tatbestandsmerkmale der §§ 30 ff. BauGB solche Inanspruchnahmen nicht erfassen; hier wird ein Rückgriff auf Art. 14 GG von der Literatur weiterhin für möglich gehalten, vgl. Dürr, VBlBW 2000, 457 (460); Muckel, JuS 2000, 132 (136); Roth, Faktische Eingriffe, S. 355 f.; zur (insoweit uneinheitlichen) Rechtsprechung s. Dürr ebd. u. Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 192 f. 159

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b) Die Haltung des BVerfG zu Art. 2 Abs. 2 GG Stellte das BVerwG somit zumindest ursprünglich eine „eingriffsrechtliche“ Betrachtung von Fällen an, in denen der Staat drittbelastendes Verhalten Privater genehmigt, so wählt das BVerfG inzwischen jedenfalls teilweise einen anderen Ansatz. Nachdem das Gericht 1975 entschieden hatte, dass es eine Pflicht des Staates sei, „sich schützend und fördernd vor dieses [scil.: das ungeborene menschliche] Leben zu stellen“ und es „vor rechtswidrigen Eingriffen von seiten anderer zu bewahren“163, hat es in den Folgejahren anerkannt, dass diese „objektivrechtliche Schutzpflicht des Staates in Bezug auf Grundrechte“164 für alle Freiheitsgrundrechte gelte165. Diese staatliche Schutzpflicht – und nicht ein Denken in Eingriffen – stellte es dann zunehmend in den Mittelpunkt seiner staatliche Genehmigungen betreffenden Judikatur. Bereits in der das atomrechtliche Genehmigungsverfahren betreffenden „Kalkar I“-Entscheidung ging das BVerfG davon aus, dass „objektivrechtliche Wertentscheidungen der Verfassung“ auch „verfassungsrechtliche Schutzpflichten“166 des Staates bedingen könnten, an denen sich ein das Genehmigungsregime regelndes Gesetz zu messen habe. Immerhin musste man diese Entscheidung aber noch nicht als eindeutige Absage an die These auffassen, eine auf einem solchen Gesetz beruhende Genehmigung könne auch einen Eingriff in ein Grundrecht des Nachbarn darstellen167, weil das Gericht dort zwischen Grundrechts- und Schutzpflichtverletzungen unterschied und ausführte, dass eine gesetzliche Regelung so gefasst sein müsse, dass „es durch die Genehmigungen und ihre Folgen nicht zu Grundrechtsverletzungen kommen“ dürfe168. Als ähnlich mehrdeutig konnte man auch noch die Mülheim-KärlichEntscheidung aus dem Jahre 1979 interpretieren. Denn einerseits wurde in dieser Entscheidung wieder die sich aus dem „objektivrechtlichen Gehalt“ der Grundrechte ergebende Schutzpflicht staatlicher Organe „zur verfassungsrechtlichen Beurteilung atomrechtlicher Normen“ gemacht169, andererseits aber wurde auch herausgestellt, dass der Staat mit der Errichtung eines – zur Schutzpflichterfüllung am besten geeigneten – Genehmigungsregimes auch eine „Mitverantwortung für die Risiken der Technik“ und die sich daraus ergebenden „Gefähr163

BVerfG, Urt. v. 25.02.1975 – 1 BvF 1-6/74, BVerfGE 39, 1 (42). BVerfG, Beschl. v. 16.12.1983 – 2 BvR 1160 u. a./83, BVerfGE 66, 39 (61). 165 Vgl. BVerfG, Urt. v. 10.01.1995 – 1 BvF 1/90 u. a., BVerfGE 92, 26 (46). 166 BVerfG, Beschl. v. 08.08.1978 – 2 BvL 8/77, BVerfG 49, 89 (142). 167 Vgl. einerseits Koch, Grundrechtsschutz, S. 324 f.; andererseits Schwerdtfeger, NVwZ 1982, 5 (7). 168 S. BVerfG, Beschl. v. 08.08.1978 – 2 BvL 8/77, BVerfG 49, 89 (140). – Hervorhebung im Original; vgl. auch die Einschätzung zu dem von ihm geprüften Gesetz, wonach „nicht schon die Genehmigungsvorschrift als solche, sondern allenfalls die behördliche Entscheidung im Einzelfall Grundrechte Dritter“ verletzen könne. 169 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 – 1 BvR 385/77, BVerfGE 53, 30 (57). 164

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dungen“ für die „körperliche Integrität Dritter“ übernehme170. Auch diese Auffassung des Gerichts ließ den Schluss, es schließe die Einordnung einer Genehmigung als Eingriff in die Grundrechte Dritter nicht grundsätzlich aus, zumindest als vertretbar erscheinen171. Eine wohl eindeutigere Haltung nahm das BVerfG dann aber in einem Nichtannahmebeschluss aus dem Jahre 1998 ein, der die Zulassung einer luftverunreinigenden Anlage und ein dadurch verursachtes „Waldsterben“ betraf. Darin führte das Gericht aus, dass „Belastungen aus der allgemeinen Luftverunreinigung“ Einwirkungen darstellten, „die sich maßgeblich aus den grundrechtlichen Freiheiten der Bürger“ ergäben, weshalb die Zulassung einer entsprechenden Anlage „nur die den grundrechtlichen Freiheiten bis zur Feststellung der Rechtmäßigkeit gesetzte vorläufige Sperre entfallen“ lasse, den Rechtskreis des Begünstigten aber nicht erweitere172. Auf dieser Basis hat es dann eine „eingriffsrechtliche Verantwortung“ des Staates ausdrücklich jedenfalls für den Fall abgelehnt, dass die fragliche Beeinträchtigung durch ein Handeln Privater verursacht wird, nicht individuell zurechenbar ist, und der Staat keine Maßnahmen ergreift, die „mittelbar über eine Einflußnahme auf privates Handeln zu Eigentumsbeeinträchtigungen beitragen“173. Jedenfalls unter diesen Prämissen lehnt es das BVerfG also inzwischen ab, privat verursachte Beeinträchtigungen dem Staat zuzurechnen, nur weil dieser sie im Rahmen eines präventiven Erlaubnisvorbehalts genehmigt. 2. Die restriktive Eingriffsthese Ein großer Teil der Lehre kommt zu ähnlichen Ergebnissen wie die ursprüngliche Rechtsprechung des BVerwG und bejaht bei einer Genehmigung, die einem Privaten ein Verhalten erlaubt, dann einen Eingriff des Staates in die Grundrechte des Nachbarn, wenn sich dieses Verhalten auf den Nachbarn in „unzumutbarer“ Weise auswirken wird174.

170 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 – 1 BvR 385/77, BVerfGE 53, 30 (58); das Gericht schloss aus dieser „Mitverantwortung“, dass „bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung der materiell- und verfahrensrechtlichen Vorschriften für die Genehmigung von Kernkraftwerken nicht weniger strenge Maßstäbe anzulegen [seien] als bei der Prüfung staatlicher Eingriffsgesetze“. 171 Vgl. die Einschätzung bei Koch, Grundrechtsschutz, S. 326 f., einerseits und Unruh, Schutzpflichten, S. 46, andererseits. 172 BVerfG, Beschl. v. 26.05.1998 – 1 BvR 180/88, NJW 1998, 3264 f. 173 BVerfG, Beschl. v. 26.05.1998 – 1 BvR 180/88, NJW 1998, 3264. 174 In diesem Sinne – wenn auch mit abweichenden Begründungen (teils wird die Frage unter dem „Eingriffsbegriff“ diskutiert, teils von der Warte eines Anwendungsvorrangs des einfachen Gesetzes aus) – etwa Breuer, DVBl. 1982, 1065 (1070); Degenhart, JuS 1990, 161 (168 Fn. 152, 169); Dürr, VBlBW 2000, 457 (460), zu Art. 14 GG; Enders, AöR 115 [1990], 610 (624 Fn. 74); Erichsen, in: Isensee/Kirchhof

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Dieser Standpunkt birgt eine gewisse Attraktivität für die Praxis, weil er einerseits die Vermeidung unbillig erscheinender Ergebnisse erlaubt, andererseits aber auch dazu führt, dass im Verwaltungsprozess nur vergleichsweise selten ein Rückgriff auf Verfassungsrecht in Betracht kommt, der zu Konflikten mit den Regelungen des einfachen Gesetzesrechts führen könnte. Die Praktikabilität der Lösung allein bietet aber freilich keine Begründung für den sie tragenden Standpunkt. Diese Ansicht ist daher nicht davon entbunden zum einen zu begründen, warum eine Genehmigung überhaupt als Eingriff zu werten ist, obwohl die „eigentliche“ Beeinträchtigung doch von dem begünstigten Privaten ausgeht. Zum anderen muss sie näher darlegen, inwieweit es konsequent ist, einen Eingriff durch (Bau-)Genehmigungen einerseits zu bejahen, ihn dann aber andererseits auf Fälle „unzumutbarer“, unverhältnismäßiger Beeinträchtigungen zu reduzieren. Nachdem die erste Frage insbesondere in einigen älteren Stellungnahmen erst gar nicht weiter problematisiert wurde, wurde der Eingriffscharakter einer Genehmigung später mit der Erwägung begründet, dass sich der Staat auch die Beeinträchtigung eines Privaten zurechnen lassen müsse, wenn und weil er diese erlaube. Mit einer Genehmigung als positivem hoheitlichem Akt über(Hrsg.), HdBStR, Bd. VI, § 152 Rn. 78 ff.; ders., Jura 1987, 367 (368 f.); Jarass, DVBl. 1976, 732 (734 f., 740); ders., AöR 110 [1985], 363 (381 f.); Koch, Grundrechtsschutz, S. 365 ff. (378 ff., 402 ff.); Muckel, JuS 2000, 132 (136); Ramsauer, AöR 111 [1986], 501 (521, 526); Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, S. 77 f. („in Fällen krasser Verfehlung eines materiell gebotenen Interessensausgleichs“); Schmitt Glaeser/ Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 163; ebenso Gellermann, Grundrechte, S. 386, dies jedenfalls für den Fall, dass dem Gesetzgeber ohnehin nur eine Möglichkeit zur Behebung der Verfassungswidrigkeit zur Verfügung stünde; wohl auch Breuer, DVBl. 1983, 431 (436): „Ein unmittelbarer Rückgriff auf Art. 14 Abs. 1 GG ist nur möglich, wenn der Gesetzgeber seine Regelungsaufgabe verfehlt und gegen die rahmensetzenden Richt- und Grenzwerte der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie verstößt.“; Uechtritz, DVBl. 1997, 347 (348), dieser freilich zurückhaltend, indem er „möglicherweise“ auf Art. 14 Abs. 1 GG abzustellen bereit ist, soweit der Gesetzgeber eine verfassungswidrige Inhalts- und Schrankenbestimmung getroffen haben sollte; wohl auch Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. III, Art. 19 Abs. 4 Rn. 126, und Schlette, Jura 2004, 90 (94), dort freilich nicht eindeutig („nur in besonderen Ausnahmefällen“); Wolff, in: dems./Decker, VwGO/VwVfG, § 42 VwGO Rn. 112, der a. a. O. eine Klagebefugnis eines Unternehmers aus Art. 12 Abs. 1 GG bejaht, wenn dessen Wettbewerbsbedingungen „unzumutbar beeinträchtigt“ werden; ähnlich wie dieser Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 292b; grundsätzlich auch Schmidt-Preuß, Privatinteressen, S. 50, 52 („Zum anderen kommen Grundrechte unmittelbar und anspruchsbegründend zur Geltung, wenn ein bestehendes Gesetz den Anforderungen des bereits erwähnten grundrechtlichen (und damit subjektivrechtlich gewährleisteten) Mindeststandards nicht genügt.“ [. . .] „Sollen hier subjektive öffentliche Rechte mit Erfolg geltend gemacht werden, muß die Beeinträchtigung einen Schwellenwert erreicht haben, der mit der bekannten Formel ,unerträglich und schwer‘ nur allgemein umschrieben werden kann“; Hervorhebung im Original); ders. will a. a. O. (S. 61 f.) allerdings einen normexternen Rückgriff auf Art. 2 Abs. 1 GG für Deutsche generell ausschließen; auf die Unzumutbarkeitsschwelle auch zu Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG abstellend Jarass, in: Leßmann u. a. (Hrsg.), Lukes-FS, S. 57 (70 ff.).

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nehme dieser nämlich eine (Mit-)Verantwortung für die fragliche Einwirkung175. Namentlich Murswiek176 führte diesen Verantwortungsansatz mit seiner auf die Auferlegung von Duldungspflichten gestützten Ansicht fort. Er argumentierte, dass jedes Verhalten, das der Staat einem Privaten erlaube, zugleich mit der Anordnung einer Duldungspflicht an den Drittbetroffenen verbunden sei, eine an sich in Betracht kommende Selbsthilfe gegen das Verhalten des Begünstigten zu unterlassen. Dieses Selbsthilfeverbot bewirke einen Grundrechtseingriff: „Wenn der Staat seine Bürger verpflichtet, das erlaubte Verhalten ihrer Mitbürger zu dulden, dann muß er sich dies erlaubte Verhalten auch als Folge seiner Rechtssetzung zurechnen lassen“177. Die staatliche Grundrechtseinschränkung liege daher genau genommen sogar nicht erst in der Genehmigung privater Eingriffe, sondern schon in der Verpflichtung, solche Eingriffe zu dulden178. Wenn die Zurechnung der privaten Beeinträchtigung einer staatlichen Genehmigung den Charakter als Grundrechtseingriff verleihen können soll, drängt sich freilich die Folgefrage auf, warum dann dieser Eingriff nur im Falle „unzumutbarer“ Auswirkungen vorliegen und nicht schon auf Stufen niedriger Beeinträchtigungsintensität bejaht werden können soll. Zur Begründung dieser Einschränkung wird überwiegend auf die Aufgaben und den Schutz des Gesetzgebers verwiesen. Herausgestellt wird dazu zunächst, dass es sich bei den Nachbarschutzfällen durchweg um solche nur „mittelbarer“ oder „faktischer“ Beeinträchtigungen handele. Nun schützten zwar die Grundrechte nicht nur vor mit Verkürzungen des rechtlichen Dürfens verbundenen „klassischen“ Eingriffen, sondern auch vor „nur“ faktischen Beeinträchtigungen des tatsächlichen Könnens. Wo aber bei faktischen Beeinträchtigungen die Grenze zum rechtlich erheblichen Eingriff im Einzelnen zu ziehen sei, könne angesichts der relativ allgemeinen Fassung der grundrechtlichen Beherrschungsrechte grundsätzlich nicht im Detail der Verfassungsnorm selbst entnommen werden, sondern bedürfe einer Konkretisierung durch den Gesetzgeber, der grundrechtskonform 175

Vgl. Ipsen, Staatsrecht II, Rn. 242; Suhr, VVDStRL 38 [1980], 351 f. Vgl. zum Folgenden Murswiek, Verantwortung, S. 91 ff., 102 ff.; ähnlich auch Schwabe, Grundrechtsdogmatik, S. 213, der von der These ausgehend, dass es zwischen Privaten keine „rechtsleeren Räume“ gebe, argumentierte, dass sich der Staat durch „rechtliche Regelungen, gerichtlichen Ausspruch und vollstreckenden Zugriff“ stets an der Beeinträchtigung grundrechtlicher Schutzgüter durch Private beteilige, sodass eine Genehmigung auch immer „vor den Grundrechten als ,klassischen‘ Abwehrrechten Bestand haben“ müsse; s. ferner Koch, Grundrechtsschutz, 2000, S. 380 ff. 177 Murswiek, Verantwortung, S. 91; im Ergebnis ähnlich Koch, Grundrechtsschutz, S. 389 f.: „Die nicht abwehrbare Drittbeeinträchtigung ist auf Zusammenwirken von Staat und Störer zu Lasten des Dritten rückführbar, bei dem der Private die Störung und der Staat eine dazu hinzutretende Pflicht zu ihrer Duldung verursacht“ (S. 390). 178 Vgl. Murswiek, Verantwortung, S. 91. 176

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über die „Verteilung von realen Freiheitschancen“179 zu entscheiden habe. Die Konkretisierungsbefugnis des Gesetzgebers könne erst dort ihre Grenzen haben, wo die Grundrechte andernfalls in einer mit dem Verfassungsvorrang nicht zu vereinbarenden Weise jede selbständige Bedeutung verlören180. Daraus folge, dass einerseits – dem soeben gezeigten Grundsatz entsprechend – im Bereich geringfügiger Beeinträchtigungen allein aus dem einfachen Gesetzesrecht zu schließen sei, inwieweit dieses dem Betroffenen Abwehrmöglichkeiten vermittle, dass aber andererseits „ausnahmsweise“ bei „sehr gravierenden“, „schwer und unerträglichen“ Beeinträchtigungen von einem Eingriff auszugehen sei und direkt auf das Beherrschungsrechts selbst zurückgegriffen werden dürfe181. 3. Die erweiterte Eingriffsthese Ein Teil der Lehre steht weniger im Gegensatz zu der zuvor dargestellten Meinung, sondern erweitert sie um einige Aspekte. So wird der h. L. darin zugestimmt, dass bei hoheitlichen Maßnahmen, die einen Drittbetroffenen in unzumutbarer Weise träfen, stets ein Eingriff in den Schutzbereich des fraglichen Grundrechts vorliege, der im Falle mangelnder Rechtfertigung einen Abwehranspruch auslöse auf den sich der Betroffene – bei Fehlen einfachgesetzlicher subjektiver Rechte – auch unmittelbar berufen könne182. Als nicht konsequent wird es dagegen angesehen, die Möglichkeit eines solchen Eingriffs bei faktischen Beeinträchtigungen unterhalb der Unzumutbarkeitsschwelle stets und ausnahmslos auszuschließen. Der Einwand der restriktiveren Auffassung, dass ein grenzenloser Rückgriff auf Grundrechte die vom Gesetzgeber zulässigerweise vorgenommene Differenzierung zwischen drittschützenden und nicht drittschützenden Normen verwischen würde, sei zwar 179 Erichsen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdBStR, Bd. VI, § 152 Rn. 78; ders., Jura 1987, 367 (369). 180 Jarass, DVBl. 1976, 732 (735); insoweit ähnlich Schenke, NuR 1983, 81 (87): „[D]as Eigentum [ist] jedenfalls in dem durch Art. 14 Abs. 3 GG geschützten Bereich verfassungsfest [. . .]. Wäre man insoweit anderer Auffassung, so würde die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie völlig ausgehöhlt und zu einem Verfassungsschutz nach Maßgabe des einfachen Gesetzes herabgestuft“; auf den „verfassungsrechtlich geforderten Mindestschutz von Grundrechten“ stellen auch Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 121, ab. 181 Vgl. Erichsen, Jura 1987, 367 (369); Jarass, DVBl. 1976, 732 (734 f., 740); dens., AöR 110 [1985], 363 (381 f.); Koch, Grundrechtsschutz, S. 402 ff.; ebenso zumindest für Art. 14 GG Breuer, DVBl. 1982, 1065 (1070), und Dürr, VBlBW 2000, 457 (460); so auch Jarass, in: Leßmann u. a. (Hrsg.), Lukes-FS, S. 57 (71), zu Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG; s. insoweit auch Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 122, die den Grundrechten freilich in bestimmten Fällen auch unterhalb der Unzumutbarkeitsschwelle eine normexterne Wirkung beimessen; s. dazu sogleich im folgenden Abschnitt. 182 Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 122; Schenke, NuR 1983, 81 (86 f.), zu Art. 14 GG; in diese Richtung auch Wernsmann, DV 36 [2003], 67 (94 f.).

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ernst zu nehmen. Er nötige aber zunächst nur zu der Erkenntnis, dass in der Tat nicht jedes faktische Betroffensein eines Grundrechtsträgers als „Eingriff“ gewertet werden könne183. Damit sei aber nicht zugleich gesagt, dass ein Drittbetroffener von einem hoheitlichen Akt nicht in einer derart gewichtigen Weise betroffen sein könne, dass zwar einerseits die Schwelle der Unzumutbarkeit noch nicht erreicht, die zum Eingriff dagegen andererseits überschritten worden sei184. Nun sei es zwar richtig, dass der Gesetzgeber aufgrund seiner Konkretisierungskompetenz grundsätzlich berechtigt sei, auch darüber zu entscheiden, wie eine (nur faktische) Beeinträchtigung rechtlich geschützter Güter wirke, und den aus den Grundrechten abzuleitenden subjektivrechtlichen Schutz dadurch bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu beschränken185. Es gebe aber insbesondere Fallkonstellationen, in denen der Gesetzgeber bereits unterhalb der Unzumutbarkeitsschwelle das Vorliegen eines Eingriffs nicht mehr verneinen könne, weil sein Gestaltungsspielraum schon auf einer niedrigeren Intensitätsstufe von Verfassungs wegen eingeschränkt sei186. Das gelte insbesondere dann, wenn einfachgesetzliche Vorschriften dem Interessensausgleich zwischen Grundrechtsträgern dienten, die – wie etwa Grundstücksnachbarn – in einer rechtlichen „Schicksalsgemeinschaft“ stünden187. Gleiches ergebe sich, wenn aus 183 Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 122, 145; Schenke, NuR 1983, 81 (87 f.); dens., Verwaltungsprozessrecht, Rn. 498. 184 Vgl. Schenke, NuR 1983, 81 (87 ff.), zu Art. 14 GG; im Ergebnis ebenso Schlichter, NVwZ 1983, 641 (643); wohl auch Sodan, in: dems./Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 42 Rn. 398. 185 Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 122, 145; vgl. dazu auch dens., Verwaltungsprozessrecht, Rn. 498, der a. a. O. darauf hinweist, dass der Gesetzgeber im Wege der Konkretisierung der grundrechtlich geschützten Rechtspositionen diese auch in gewissem Maße einschränken könne; ähnlich Maurer, Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 13. 186 Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 98, 122; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 498; wohl auch Maurer, Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 10 ff., der a. a. O. (Rn. 10 ff.) eine der unmittelbaren Grundrechtsanwendung freundliche Haltung einnimmt und eine Berufung auf Grundrechte „jedenfalls dann“ zulassen will, wenn eine „schwere und unerträgliche Beeinträchtigung“ gegeben ist, der allerdings nicht weiter ausführt, ob und in welchen Fällen jenseits dieser Schwelle ein solcher Rückgriff denkbar sein soll. 187 Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 98, 122; s. auch Maurer, Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 9, und BVerwG, Urt. v. 23.08.1996 – 4 C 13/94, BVerwGE 101, 364 (374 f.), zur Bedeutung des Aspekts der Schicksalsgemeinschaft bei der (verfassungsorientierten) Auslegung einfachen Gesetzesrechts als subjektives Recht. – Von Schenke wurde auf dieser Grundlage ein Abwehrrecht des Nachbarn aus Art. 14 GG zunächst etwa für den Fall bejaht, dass die bisher zulässige Nutzung eines Grundstücks des Nachbarn durch eine dem Bauherrn unter Verstoß gegen die §§ 34 ff. BauGB erteilte Baugenehmigung gewichtig beeinträchtigt oder gar unmöglich gemacht werde (vgl. dens., NuR 1983, 81 [89 ff., 92], zu den entsprechenden Vorschriften des BBauG; dens., Verwaltungsprozessrecht, Rn. 517; ähnlich ders., WiVerw. 1990, 226 [245 f.], zu durch die Zulassung einer immissionsempfindlichen Bebauung bewirkten Eingriffen in die grundrechtlichen Positionen eines einen emittierenden Betrieb innehabenden Unternehmers); er geht aber davon aus, dass das zunächst richterrechtlich kreierte Gebot der Rücksichtnahme inzwischen zu Gewohnheitsrecht erstarkt

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vorangegangenem staatlichen Tun eine besondere Schutzpflicht des Staates zum Vorteil des jeweils Beeinträchtigten folge188. 4. Die restriktive Schutzpflichtthese Eine weitere Meinungsgruppe schließlich geht einen dogmatisch anders gearteten Weg, der sich stärker an die Auffassung des BVerfG anlehnt. Die Vertreter der hier sog. Schutzpflichtthese gehen nämlich anders als die h. L. und die frühere Rechtsprechung des BVerwG davon aus, dass eine Baugenehmigung in keinem Fall einen Eingriff in die Rechtsposition des nur drittbetroffenen Nachbarn darstellen könne189. Die Beeinträchtigung gehe in solchen Fällen nämlich bei Lichte betrachtet nicht vom Staat, sondern vom privaten Vorhabenträger aus. Da der Nachbar aber vor der Schaffung des Genehmigungsregimes und vor der Erteilung einer Genehmigung mangels unmittelbarer Grundrechtsbindung keinen subjektiven (öffentlich-rechtlichen) Anspruch auf Unterlassung gegen den ihn störenden Privaten gehabt habe, könne die Genehmigung auch in kein „zuvor“ bestehendes Recht eingreifen190. Wie es zumindest in der Entscheidung des BVerfG zum „Waldsterben“ anklingt, wird deshalb die Ansicht vertreten, dass auch eine Nachbargemeinde, die sich gegen die einem Dritten erteilte Genehmigung wehre, „genaugenommen nicht einen staatlichen Eingriff in ihr Selbstverwaltungsrecht“ abwehre, sondern vom Staat den Schutz ihres „Selbstverwaltungsrechts gegenüber Dritten“ verlange191.

sei und deshalb als speziellere Norm einen Rückgriff auf Art. 14 GG (und auf Art. 2 Abs. 2 GG) ausschließe (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 98, und Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 517). 188 Das wird von Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 120, 122, etwa für Beschränkungen befürwortet, die einem Wettbewerber durch Maßnahmen des öffentlichen Wirtschaftsrechts auferlegt wurden, und der dafür regelmäßig eine Kompensation dergestalt verlangen könne, dass diese Beschränkung auch auf andere Personen ausgedehnt werde, wo deren Verschonung eine mittelbare empfindliche Beeinträchtigung eines grundrechtlich geschützten Rechtsgutes ergebe; im Ergebnis ebenso Wernsmann, DV 36 [2003], 67 (94 f.). 189 Im Sinne der folgenden Darstellung Sachs, in: Stern, Staatsrecht, Bd. III/1, S. 730 ff.; Jarass, in: Leßmann u. a. (Hrsg.), Lukes-FS, S. 57 (71), dort zum Drittschutz der Gemeinden im Umweltrecht; für den Bereich der Grundrechte wird dieses Argument auch von dems., AöR 110 [1985], 363 (382), angedeutet; ähnlich Enders, AöR 115 [1990], 610 (612 f.); Epping, Grundrechte, Rn. 350; Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen, S. 52 ff.; Schwerdtfeger, NVwZ 1982, 5 (7); tendenziell auch Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 178 ff.; insoweit auch Wahl, DVBl. 1996, 641 (646), der freilich weitergehend jede normexterne Wirkung von Grundrechten ablehnt. 190 Vgl. Isensee, in: dems./Kirchhof (Hrsg.), HdBStR, Bd. V, § 111 Rn. 119; Preu, Grundlagen, S. 72; insoweit auch Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 113; LübbeWolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 196 f.

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Dabei gehe es auch nicht an, das private Verhalten, wie von den Vertretern der Eingriffsthese vorgeschlagen, einfach deshalb dem Staat „zuzurechnen“, weil dieser jenes genehmige. Denn wenn der Staat die Errichtung eines Vorhabens nicht von einem immissionsschutz-, atom- oder bauplanungsrechtlichen Genehmigungsvorbehalt abhängig mache, müsse sich der Nachbar auch unmittelbar gegen den Vorhabenträger zur Wehr setzen und könne sich dabei – mangels unmittelbarer Drittwirkung der Grundrechte – auch nicht auf sein Eigentumsgrundrecht berufen. Gestatte eine Baugenehmigung also nur, was ohne das Erlaubnisregime ohnehin erlaubt wäre, könne sie nicht als Eingriff in das Recht des Nachbarn angesehen werden. Etwaige faktische Beeinträchtigungen desselben seien deshalb allein dem bauenden Vorhabenträger zuzurechnen192. Die „Verantwortlichkeit“, die der Staat in diesen Fällen allenfalls haben könne, liege allein darin, seine Schutzpflicht zu erfüllen193. Eine Zurechnung der privaten Beeinträchtigung an den genehmigenden Staat könne auch nicht über die Konstruktion des Selbsthilfeverbots erreicht werden. Zum Teil wird dazu argumentiert, das Selbsthilfeverbot des Staates schränke durchaus zwar die allgemeine Handlungsfreiheit ein, gelte aber keineswegs nur gegenüber erlaubten, sondern gerade auch gegenüber unerlaubten Eingriffen. Deshalb ändere eine staatliche Genehmigung an Inhalt und Umfang des den Dritten ohnehin treffenden Verbots nichts, sodass jener Erlaubnis auch kein eingriffsaktualisierender oder gar -begründender Charakter zukommen könne194. Zum Teil wird noch weitergehend vorgetragen, dass die von Murswiek als entscheidend angesehene Duldungspflicht schon keine Rechtspflicht sei, weil der Betroffene der Beeinträchtigung durchaus ausweichen und ihr mit zulässigen Mitteln begegnen dürfe. So treffe etwa den von Immissionen betroffenen Nachbarn keine Pflicht, etwaige Schadstoffe einzuatmen, sondern er dürfe Ausweichmöglichkeiten wie das Anlegen von Schutzkleidung oder einen Ortswechsel ergreifen, was beim Bestehen einer „echten“ Duldungspflicht nicht der Fall sei195.

191 Vgl. Jarass, in: Leßmann u. a. (Hrsg.), Lukes-FS, S. 57 (71); dens., AöR 110 [1985], 363 (382); Epping, Grundrechte, Rn. 350; Schwerdtfeger, NVwZ 1982, 5 (7); mit Einschränkungen auch Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 183 ff.; insoweit auch Wahl, DVBl. 1996, 641 (646), der freilich weitergehend jede normexterne Wirkung von Grundrechen ablehnt. 192 Vgl. Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 183 ff. 193 Vgl. insoweit Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 112. 194 Vgl. Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 187, die deshalb freilich Murswieks Argumentation nicht gänzlich verwerfen, sondern weiter differenzieren will; dazu sogleich im folgenden Abschnitt. – Darauf, dass allerdings zumindest dieser Einwand von Lübbe-Wolff nicht überzeugt, weil er ignoriert, dass das Selbsthilfeverbot bei rechtmäßigen und unrechtmäßigen Störungen auf unterschiedlichen Rechtsgründen beruht, weist Koch, Grundrechtsschutz, S. 382 f., zurecht hin. 195 S. Sachs, in: Stern, Staatsrecht, Bd. III/1, S. 730; insoweit auch Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 112 f.

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Auch diese Ansicht will den betroffenen Nachbarn nun freilich nicht gänzlich eines öffentlichrechtlichen Schutzes berauben. Wenn es aber nicht um die Abwehr staatlicher Eingriffe gehe, dann könne dieser Schutz nur über die schutzrechtliche Funktion der Grundrechte gewährleistet werden. Hier gewinne der Umstand entscheidendes Gewicht, dass die Selbstverwaltungsgarantie ebenso wie die Grundrechte in ihrer Schutzfunktion deutlich weniger gewährleisteten als in ihrer Abwehrfunktion. Ob und wie der Staat seine Schutzaufgaben wahrnehme, müsse „in großem Umfang“ seinem Ermessen überlassen bleiben. Ein subjektives Recht gegen den Träger der Genehmigungsbehörde wird danach allenfalls für den Bereich akzeptiert, in dem der Bereich zur Erfüllung seiner Schutzpflicht keinen Gestaltungsspielraum mehr habe, dies nämlich bei Baugenehmigungen für Vorhaben mit „unzumutbaren“ Auswirkungen auf den Nachbarn196. 5. Die erweiterte Schutzpflichtthese Einen „differenzierenden Mittelweg“197 zwischen Eingriffs- und Schutzpflichtthese hat Lübbe-Wolff vorgeschlagen. Sie geht im Ausgangspunkt mit der hier sog. Schutzpflichtthese davon aus, dass eine staatliche Erlaubnis drittbelastender Vorhaben die Rechtslage grundsätzlich nicht zulasten des Eigentümers verschlechtere, weil sie dem Bauherrn nur gestatte, was ohne das Genehmigungsregime ohnehin erlaubt wäre, und deshalb grundsätzlich auch keinen Eingriff „in irgendwelche gesetzlicher Regelung vorausliegenden ,natürlichen‘ Grundrechtspositionen Dritter darstellen“ könne198. Bei diesem Zwischenbefund könne es andererseits noch nicht sein Bewenden haben, weil nicht auszuschließen sei, dass eine solche Genehmigung „durch das einfache Recht konstituierte grundrechtlich geschützte Rechtspositionen Dritter“ eingreife199. Lübbe-Wolff steht nämlich auf dem Standpunkt, dass Positionen, die entweder der Erfüllung eines Verfassungsauftrages (wie insbesondere der Erfüllung einer grundrechtlichen Schutzpflicht) dienten oder den Charakter einer institutsausformenden Norm hätten, ihrerseits grundrechtlich „abgesichert“ 196 Vgl. Jarass, in: Leßmann u. a. (Hrsg.), Lukes-FS, S. 57 (71), dens., AöR 110 [1985], 363 (382); Enders, AöR 115 [1990], 610 (612 f.); Epping, Grundrechte, Rn. 350; Schwerdtfeger, NVwZ 1982, 5 (7). – Von Vertretern einer „eingriffsrechtlichen“ Betrachtung wird diese systemimmanente „prima facie“ [. . .] „Disparität des Grundrechtsschutzes von Vorhabenträger und Drittem“ dagegen gerade beklagt; s. etwa Koch, Grundrechtsschutz, S. 392 f.; s. auch Hager, JZ 1994, 373 (381), der die „Asymmetrie in der Intensität der Grundrechtswirkung, die vorzugsweise demjenigen zugute käme, der in die Sphäre des anderen eingreift“, als „wenig plausibel“ bezeichnet. 197 Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 197. 198 Vgl. Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 196 f. 199 Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 196 (Hervorhebung im Original).

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seien200. Auf diese Weise genieße der Grundrechtsträger einen „Normbestandsschutz“, wenn mit der Erlaubnis eine Restriktion zuvor bestehender, dem auftragsgemäßen bzw. institutsausformenden Schutz der Grundrechte des Dritten dienender einfachgesetzlicher Abwehrrechte verbunden sei. Der hiermit insbesondere angesprochene Ausschluss zivilrechtlicher Abwehrrechte sei insbesondere bei atom- und immissionsschutzrechtlichen Regelungen denkbar. Bei baurechtlichen Genehmigungen komme er dagegen nicht in Betracht, weil diese durchweg „unbeschadet der Rechte Dritter“ erteilt würden201. Zum zweiten genieße der Grundrechtsträger einen „Normanwendungsschutz“, über den er die Nicht- oder Falschanwendung von einfachem Recht geltend machen könne, das auftragsgemäß – hier also in Erfüllung grundrechtlicher Schutzpflichten – geschaffen worden sei. Anders als im Falle des Normbestandsschutzes könne ein Normanwendungsschutz also nur zu einem Angriff auf Genehmigungen befähigen, die schon nach einfachem Recht rechtswidrig seien202. Der Verstoß gegen andere als grundrechtsschützende Normen sei dagegen grundrechtlich unerheblich. Daraus folge, dass grundrechtlicher Drittschutz gegen Baugenehmigungen – anders als möglicherweise bei atomrechtlichen Genehmigungen – dann nicht in Betracht komme, wenn es an einer als drittschützend anerkannten Norm des einfachen Rechts fehle203. Dem bei dieser Auffassung drohende Dilemma – wie nämlich zu verfahren sein soll, wenn der Gesetzgeber trotz des Bestehens einer „Schutzpflicht“ auf die Normierung drittschützender Normen verzichtet hat – will Lübbe-Wolff, grundsätzlich durch die Annahme begegnen, die Auslegung einer objektiv diesem Auftrag dienenden Norm als nicht-drittschützend stelle eine grundrechtswidrige Falschanwendung derselben dar und eröffne auf diesem Wege einen Grundrechtsschutz204. Wo es schon an solchen Normen fehle, lasse sich „mit den Grundrechten als Eingriffsabwehrrechten“ allerdings „nichts mehr ausrichten“, die Erfüllung der dann offenen Schutzpflicht sei Sache des Gesetzgebers, nicht die der Behörden oder Gerichte205.

200 Vgl. Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 196 ff. und grdl. im zweiten Abschnitt; die Annahme, dass einfachgesetzlich geregelte subjektive Rechte am Schutz der Grundrechte teilnehmen, teilt – freilich weitergehend als diese – auch Baumeister (vgl. dens., Beseitigungsanspruch, S. 41 ff., 44, 50 f., und zu Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG a. a. O. S. 80 ff., und dazu sogleich im folgenden Abschnitt). 201 Vgl. Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 197 f. 202 Vgl. Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 199 ff. 203 Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 200. 204 Vgl. Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 201. 205 Vgl. Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 203.

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6. Die Ausgestaltungsthesen Ein Teil der Literatur schließlich will zumindest für diejenigen Fälle einen dritten Weg zwischen Eingriffs- und Schutzpflichtthese einschlagen, in denen der Nachbar eine Verletzung gerade seines Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG geltend machen will. Dieser Weg stellt – ähnlich wie die neuere Rechtsprechung des BVerwG – maßgeblich darauf ab, dass es sich bei dieser Bestimmung nach ganz überwiegender Ansicht um eine ausgestaltungsbedürftige Einrichtungsgarantie handelt, und behandelt das Problem der Rechtsnatur von Genehmigungen weniger als eine Frage des Eingriffs, sondern als eine solche des Schutzbereichs206. So knüpfte namentlich Roth daran an, dass Art. 14 GG als „normgeprägtes“ Grundrecht angesehen wird. Der Inhalt des Eigentumsrechts eines Grundstückseigentümers ergebe sich deshalb erst und nur aus einer Gesamtschau aller Normen, die das Grundstückseigentum definierten, und sei mithin von vornherein auch durch die Rechte der jeweiligen Nachbarn mitgeprägt und beschränkt. So folge aus der Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG), dass kein Eigentümer das Recht auf die Nutzung eines Grundstücks habe, die seinen Nachbarn in dessen Eigentumsgebrauch „schwer und unerträglich“ treffe. Eine Baugenehmigung, die eine sich in diesem Rahmen haltende Nutzung erlaube, stelle daher keine Beeinträchtigung des Eigentums dar, sofern der Gesetzgeber keine anderweitige Eigentumsbestimmung getroffen habe; dies freilich nicht, weil sie die Voraussetzungen eines Eingriffs nicht erfülle, sondern, weil schon der Schutzbereich nicht betroffen sei207. Eine Genehmigung, die eine derart unzumutbare Nutzung dagegen gestatte, sei als – zugleich rechtswidriger – Eingriff zu werten208. Der Gesetzgeber habe es dabei natürlich in der Hand, das Eigentum durch einfachgesetzliche Regelungen anders zu definieren und bereits Nutzungen unterhalb dieser Schwelle für unzulässig zu erklären. Baugenehmigungen, die sich im Rahmen von dazu ergangenen Definitionsnormen hielten, aktualisierten aber lediglich den Eigentumsinhalt und stellten keine Eingriffe in den schon nicht tangierten Schutzbereich dar. Genehmigungen dagegen, die ge-

206 Als Schutzbereichsproblem wird diese Frage bei Roth, Faktische Eingriffe, S. 356 f., und Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 41 ff., 100 ff., erörtert; s. insoweit auch Schwerdtfeger, NVwZ 1982, 5 (7), der diesbezüglich vom „funktionalen“ Schutzbereich des von ihm behandelten Art. 14 Abs. 1 GG spricht; vgl. dazu auch LübbeWolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 191 f. 207 S. Roth, Faktische Eingriffe, S. 356 f. 208 Vgl. Roth, Faktische Eingriffe, S. 357, der von seiner Grundkonzeption, die für das Vorliegen faktischer Eingriffe auf das Bestehen einer Gefahrrelevanz und die Zurechenbarkeit abstellt, keine weiteren Schwierigkeiten hat, die Voraussetzungen eines Eingriffs zu bejahen, weil die Baugenehmigung die Gefahr begründe, dass der begünstigte Eigentümer von ihr Gebrauch mache, und eben dies auch eine vernünftige Entscheidung des Begünstigten sei (vgl. a. a. O. S. 356 u. allg. S. 129 ff., 298 ff.).

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gen jene Normen verstießen, seien zu einer solchen Aktualisierung nicht in der Lage und verletzten das Eigentumsrecht des Nachbarn daher – unabhängig von der Intensität der Auswirkungen – schon wegen dieses Verstoßes gegen einfaches Recht209. Baumeister vertritt einen Ansatz, der Bezüge zu der hier erörterten Schutzbereichsthese, aber auch zu der Konzeption Lübbe-Wolffs aufweist. Er geht allerdings einen dogmatischen Schritt weiter als beide, indem er annimmt, dass alle Grundrechte – und auch die Selbstverwaltungsgarantie – durch den Gesetzgeber eine nähere „Konstituierung, Konkretisierung und Ausgestaltung“210 erführen. Der Gesetzgeber bestimme maßgeblich den Inhalt und den Umfang des Schutzgegenstandes aller Grundrechte indem er Eingriffsregelungen und materielle subjektive Rechte schaffe. Das habe zur Folge, dass alle einfachgesetzlich begründeten subjektiven Rechte auch am Schutz der Grundrechte teilnähmen, u. z. unabhängig davon, ob der Gesetzgeber zur Schaffung solcher Regelungen verpflichtet gewesen sei211. Mit dem zuletzt genannten Standpunkt zieht Baumeister zwar den grundrechtlichen Schutz einfachgesetzlich begründeter subjektiver Rechte weiter als Lübbe-Wolff 212. Für die hier interessierende Frage nach einem Eingriff durch Baugenehmigungen kommt er indes zu ähnlichen Ergebnissen wie diese. Da es der Gesetzgeber sei, der den Schutzgegenstand der Grundrechte und der Selbstverwaltungsgarantie durch die Schaffung von subjektiven Rechen und Eingriffsregelungen bestimme, verletze eine Genehmigung, die gegen eine den Nachbarn schützende Norm verstoße, einerseits – und hier zeigt sich die Nähe zum Ansatz von Roth – sogleich auch das Grundrecht. Andererseits könne aber eine Genehmigung, die sich in dem vom Gesetzgeber – verfassungskonform – gezogenen Rahmen halte, auch nicht in den fraglichen Schutzbereich eingreifen, weil es eben das Gesetz sei, das bestimme, „wann in den Fällen von Drittbetroffenen von einem mittelbaren oder faktischen Grundrechtseingriff auszugehen und wann diese Schwelle noch nicht erreicht“ sei213. Zu einem anderen Ergebnis als Lübbe-Wolff gelangt Baumeister dagegen für den Fall, dass es in verfassungswidriger Weise an einfachgesetzlichen Schutznormen fehlt. Wie Roth geht auch er davon aus, dass der Drittbetroffene in diesem Fall auch unmittelbar den Eingriff und die Verletzung seines Grundrechts geltend machen könne, dies freilich – im Anschluss an die frühere Recht-

209

Vgl. Roth, Faktische Eingriffe, S. 358 f. Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 44. 211 Vgl. Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 50 f. 212 Deren Einschränkung er für nicht tragfähig erachtet, weil auch eine Norm, welche die Anforderungen der grundrechtlichen Schutzpflicht übertreffe, eine solche „in Erfüllung“ dieser Pflicht sei; s. dazu näher Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 53 ff. 213 Vgl. Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 41 ff. (Zitat auf S. 50), und ausführlich S. 100 ff. 210

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sprechung des BVerwG – nur, wenn es sich um „schwere und unerträgliche Beeinträchtigungen“ handle214. 7. Fazit für den interkommunalen Konflikt Der Umstand, dass sich der Schutz des grundrechtstragenden Nachbarn im Schnittpunkt der Diskussionen um den „erweiterten“ Eingriffsbegriff, um die Ausgestaltungsbedürftigkeit der Eigentumsgarantie und um die „Konfliktschlichtungsprärogative“215 des Gesetzgebers bewegt, hat in der grundrechtlichen Diskussion zu einem beachtlichen Meinungsspektrum geführt. Die in diesem Rahmen ausgetauschten Argumente werden zu berücksichtigen sein, wenn es im Folgenden darum geht zu klären, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Baugenehmigung für ein Vorhaben auf dem Gebiet der Standortgemeinde als Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde zu werten ist. Aus dem dargestellten Meinungsspektrum kann dazu zumindest abgeleitet werden, dass insoweit zwei Fragen abzuschichten sind: Zum einen, ob bei der staatlichen Gestattung eines privaten Verhaltens überhaupt in eingriffsrechtlichen Kategorien gedacht werden darf (II.); und zum Zweiten, so das zu bejahen sein sollte, wie die erforderliche Beeinträchtigungsschwelle zu ermitteln ist, ab der von einem solchen Eingriff auszugehen ist (III.). II. Die Einordnung einer Baugenehmigung als Eingriff in die Planungshoheit Zunächst ist also zu erörtern, ob eine Baugenehmigung, die für ein Vorhaben im Gebiet der Standortgemeinde erteilt wurde, konstruktiv überhaupt einen Eingriff in das Recht der Nachbargemeinde aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG darstellen kann. Dabei kann nicht übergangen werden, dass sich das Rechtsverhältnis von Grundstückseigentümer und Nachbargemeinde nicht (mehr) im normativ luftleeren Raum bewegt, sondern Gegenstand zahlreicher Normen insbesondere des BauGB ist. Wenn nun einerseits die Vertreter der Eingriffsthesen maßgeblich auf die Existenz dieses gesetzlichen Rahmens hinweisen, um die „Mitverantwortung“ des Staates für von dem genehmigten Vorhaben ausgehende Beeinträchtigungen zu begründen, die Vertreter der Schutzpflichtthesen dagegen auf dessen Irrelevanz hinweisen, legt es diese Kontroverse nahe zunächst zu präzisieren, welchen Einfluss der Gesetzgeber mit der Schaffung eines solchen Rahmens im Allgemeinen (1.) und im – hier interessierenden – besonderen Bereich der §§ 29 ff. BauGB ausübt (2.). Darauf aufbauend kann beurteilt werden, ob eine in dem einfachgesetzlichen Rahmen erteilte Baugenehmigung als Eingriff 214

Vgl. Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 102. Schmidt-Preuß, Privatinteressen, S. 40; Kraft, VerwArch. 89 [1998], 264 (279); Wahl, DVBl. 1996, 641 (642). 215

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des gesetzgebenden und verwaltenden Staates in die Rechtsstellung der Nachbargemeinde angesehen werden kann (3.). 1. Ausgestaltung durch Konstituierung und Konturierung Das Verfassungsrecht ist in verschiedener Hinsicht der „Verdeutlichung“216 durch einfaches Gesetzesrecht zugänglich und zumindest teilweise auch bedürftig. Die Frage, in welchen Fällen und in welchem Umfang dies zutrifft, wird zwar keineswegs einheitlich beantwortet217, es können aber doch zumindest zwei Fallgruppen als weitgehend akzeptiert betrachtet werden, in denen eine einfachgesetzliche „Prägung“218 des Verfassungsrechts als grundsätzlich zulässig und vielfach geradezu notwendig erachtet wird. Dies gilt zum einen für diejenigen Verfassungsbestimmungen, die zwar einen Rechtsraum gegen staatliche Ingerenzen sichern, deren Schutzbereich aber als besonders „gesetzesabhängig“ oder „normgeprägt“ angesehen wird, weil er anders als eine „natürliche“ Freiheit nicht der staatlichen Regelung „vorausliege“, sondern – wie das schon angesprochene grundrechtliche „Paradebeispiel“ des Art. 14 GG219 – erst durch die Rechtsordnung „produziert“ werden müsse220. 216

Stern, Staatsrecht, Bd. III/1, S. 1298. Diese Frage ist denn auch Gegenstand zahlreicher eingehender Betrachtungen gerade auch aus jüngerer Zeit; näher dazu Gellermann, Grundrechte, S. 21 ff, 90 ff., der drei „Einsatzfelder“ einfachgesetzlicher Ausformungen ausmacht (normative Konstituierung, Konturierung und Konkretisierung); anders geht Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 41 ff., 61, davon aus, dass alle Grundrechte Gegenstand einfachgesetzlicher Ausgestaltung sein können; insoweit ähnlich wie dieser Cornils, Ausgestaltung, S. 510 f., 518 ff., und passim; sowie im Ergebnis Lübbe-Wolff, Grundrechte als Eingriffsabwehrrechte, S. 200 f., die der Ansicht ist, dass auch ein an sich nicht ausgestaltungsbedürftiges Grundrecht von einem Dritten jedenfalls nur dann gegen eine Genehmigung angeführt werden könne, wenn die Rechtswidrigkeit der Genehmigung auf einem Verstoß gegen grundrechtsschützende Normen des einfachen Rechts beruhe; noch weitergehend Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S. 181, der alle Grundrechte als der gesetzlichen Ausgestaltung „fähig und bedürftig“ ansieht: „Ohne sie [scil.: konkretisierende Detailregelungen des Gesetzgebers] hätte das Grundrecht keine Existenz“ [a. a. O. S. 184]); a. A. dagegen Stern, Staatsrecht, Bd. III/1, S. 1299, der eine „generelle Notwendigkeit zur Aktivität [des Gesetzgebers] für ihre [scil.: der Grundrechte] Wirksamkeit“ nicht sieht, sondern davon ausgeht, dass eine „[r]echtliche Ausgestaltung [. . .] sicher auch nicht bei allen Grundrechten geboten“ sei (Hervorhebung im Original); ähnlich wie dieser Isensee, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), HdBStR, Bd. V, § 111 Rn. 51; Schwabe, Grundrechtsdogmatik, S. 144 ff. 218 Lerche, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdBStR, Bd. V, § 121 Rn. 38. 219 Vgl. zur „Normgeprägtheit“ des Art. 14 GG für viele Baumeister, Beseitigungsanspruch, 2006, S. 44 f.; Bönker, DVBl. 1994, 506 (509 f.); Dreier, DV 36 [2003], 105 (118); Enders, AöR 115 [1990], 610 (621 f.); Gellermann, Grundrechte, 2000, S. 26 ff., 92 ff., 104 f.; Mager, Einrichtungsgarantien, 2003, S. 177 ff., 193; Muckel, JuS 2000, 132 (136); Stern, Staatsrecht, Bd. III/1, 1988, S. 601 f., 1301; sowie oben unter § 13 A. I. 1. a). 220 Näher Mager, Einrichtungsgarantien, S. 428 ff., sowie für den Bereich der Grundrechte Gellermann, Grundrechte, S. 21 ff., 90 ff.; s. auch Baumeister, Beseiti217

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Das zweite „Anwendungsfeld“221 einfachgesetzlicher Ausgestaltung von Verfassungsrecht betrifft jenen Fall, in dem der Gesetzgeber Interessen von verschiedenen Rechtsträgern, die jeweils verfassungsrechtlichen Schutz genießen, in bestimmten Fällen aber zu kollidieren drohen, einfachgesetzlich auszugleichen oder abzugrenzen versucht222. Angesprochen sind hiermit Regelungen, die etwa den Ausgleich benachbarter Grundstückseigentümer zum Gegenstand haben. Auch für den interkommunalen Konflikt ist diese Art der normativen Ausformung von Verfassungsrecht von Interesse, weil sich eine Nachbargemeinde, die gegen Baugenehmigungen vorgeht, in einem Bereich bewegt, in dem nicht nur die jeweils durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG geschützten Interessen der benachbarten Gemeinden kollidieren können, sondern auch die der Nachbargemeinde mit denen des Grundstückseigentümers. Sieht man ein Grundrecht als „nicht normgeprägt“ an, kann eine „Ausgestaltung“ der zweiten Art ohne jene der ersten daher kommen. Erachtet man ein Grundrecht dagegen als „gesetzesabhängig“, so spielen beide Fallgruppen ineinander. Um die Bezugnahme auf beide Konstellationen im Folgenden zu erleichtern, soll die erste Fallgruppe im Anschluss an die von Peter Lerche vorgeschlagene und vielfach aufgegriffene Terminologie als normative „Konstituierung“, die zweite als „Konturierung“ bezeichnet werden223.

gungsanspruch, S. 44 f.; Lerche, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdBStR, Bd. V, § 121 Rn. 39; Wahl/Masing, JZ 1990, 553 (557 ff.); und Cornils, Ausgestaltung, S. 23 f., 249 ff., 521 ff., der der Unterscheidung von natürlichen und rechtlichen Freiheiten sowie der damit zusammenhängenden These von der Grundrechtsprägung durch Rezeption unterverfassungsrechtlicher Norminhalte zwar skeptisch gegenübersteht, damit aber wohl nicht die Konkretisierungsbefugnis des Gesetzgebers in dieser Fallgruppe insgesamt infrage zu stellen scheint, sondern vor allem Tendenzen entgegentreten will, den Gesetzgeber im Bereich der „Normkonstituierung“ an weniger strenge Vorgaben zu binden als im Eingriffsbereich. 221 Gellermann, Grundrechte, S. 23. 222 Eingehend dazu Gellermann, Grundrechte, S. 23 ff., 177 ff.; Cornils, Ausgestaltung, S. 25 f., 550 ff.; Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 46 f.; s. ferner Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S. 185, 188 ff. – Dabei werden freilich unterschiedliche Ansichten dazu vertreten, wie die „Konturierung“ von sich potenziell überschneidenden Rechtsräumen strukturell zu verstehen sein soll; ob der Gesetzgeber dabei also insbesondere eine Koordination der Schutzbereiche vornimmt, indem er deren „Rohsubstanz“ konkrete „Konturen einschleift“ und verfassungsimmanente Grenzen der Schutzbereiche „nachzeichnet“ (so Gellermann), oder ob er seinen Ausgleich schrankenrechtlich durch einen Eingriff in einen Schutzbereich zugunsten eines anderes vornimmt (so Cornils). 223 Vgl. Lerche, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdBStR, Bd. V, § 121 Rn. 39 ff., und etwa Gellermann, Grundrechte, S. 13 ff., 90 ff., die zwischen „normativen Konstituierungen“ (den Fällen der „Ausgestaltung“ normgeprägter Grundrechte wie Art. 14 GG), „normativen Konturierungen“ (den Fällen des Ausgleichs zwischen potentiell konfligierenden Verfassungsgütern) und „normativen Konkretisierungen“ (den Fällen der Erfüllung von Pflichten aus der „objektivrechtlichen“ Funktion der Grundrechte) unterscheiden; kritisch dazu zwar Cornils, Ausgestaltung, S. 20 ff., der aber freilich

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2. Die §§ 29 ff. BauGB als Konstituierung des Eigentumsgrundrechts und Konturierung der Selbstverwaltungsgarantie Einen „ausgestaltenden“ Interessenausgleich der zuvor genannten Art nahm der Gesetzgeber in den §§ 29 ff. BauGB vor. In diesen Vorschriften hat er darüber geurteilt, in welchen Fällen dem Interesse des Grundstückseigentümers an der Nutzung seines Grund und Bodens selbst dann der Vorzug zu geben ist, wenn diese Nutzung die Grundstücksnachbarn und/oder Nachbargemeinden beeinträchtigen, und wann umgekehrt die Nichtstörungsinteressen224 dieser Nachbarn bevorzugt werden sollen. Dogmatisch gesehen wurde dieser Ausgleich durch eine im o. g. Sinn „konstituierende“ Ausgestaltung des Eigentumsgrundrechts vollzogen. Geht man mit dem ganz überwiegend vertretenen Ansatz davon aus, dass Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG ein „normgeprägtes“ Grundrecht ist, dessen Schutzgegenstand erst durch den Gesetzgeber hervorgebracht werden muss und das ohne eine gesetzliche Bestimmung „leerläuft“225, so stellt der durch den Gesetzgeber normierte Interessensausgleich nichts anderes dar, als eine Bestimmung von „Inhalt und Schranken“ des Eigentums des Grundstückseigentümers. Indem der Gesetzgeber bestimmt hat, welches Nutzungsinteresse (noch) den Vorzug verdient und in welchen Fällen dieses hinter die Interessen der verschiedenen Nachbarn gestellt werden soll, hat er – um mit den Worten von Roth zu sprechen226 – das Eigentumsrecht des Grundstückseigentümers definiert. Bei dieser Ausgestaltung des Eigentums verfügt der Gesetzgeber zwar durchaus über einen weiten Gestaltungsspielraum, er ist dabei aber dennoch in zumindest zweierlei Hinsicht gebunden. Zum einen hat er – was hier nicht zu vertiefen ist – die Vorgaben zu beachten, die ihm Art. 14 GG selbst für die Schaffung einer Eigentumsordnung stellt, die „diesen Namen noch verdient“227. Zum anderen aber hat er auch zu beachten, dass die Ausübung des Eigentumsrechts des Grundrechtsträgers die Freiheitsrechte anderer Grundrechtsinhaber sowie das Selbstverwaltungsrecht der Nachbargemeinden beeinträchtigen kann. Diese potenziell kollidierenden, ihrerseits jeweils verfassungsrechtlich geschützten Interessen hat der Gesetzgeber im Rahmen der „Konstituierung“ des Eigentumsrechts in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Bei der Entscheidung weniger die genannte Einteilung als solche, sondern einige von Gellermann darin entwickelte Thesen zur Grundrechtsbindung des Gesetzgebers angreift. 224 Die Terminologie vom „Nichtstörungs“- und „Realisierungsinteresse“ lehnt sich an Koch, Grundrechtsschutz, S. 401, u. passim, an. 225 S. Cornils, Ausgestaltung, 2005, S. 249; Gellermann, Grundrechte, 2000, S. 22, u. die Nachweise in Fn. 219. 226 S. § 13 A. I. 6. 227 S. Gellermann, Grundrechte, S. 98.

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hierüber, die man mit dem Schlagwort der praktischen Konkordanz umschreiben mag, ist er durch die Verfassung sicher nicht auf ein „einzig richtiges“ Ergebnis vorprogrammiert228, er ist dabei aber stets an die Beachtung und Berücksichtigung der nachbargemeindlichen Interessen gebunden. Die „Konturierung“ von Eigentumsgrundrecht auf der einen und Selbstverwaltungsrecht auf der anderen Seite erfolgt also durch eine „konstituierende“ Ausgestaltung des ersten Rechts, die von dem zuletzt genannten verfassungsrechtlich mitgesteuert wird. 3. Konturierung als „Zurechnungsgrund“ Wenn man nun aber die Ausgestaltungsbedürftigkeit des Eigentums ernst nimmt und akzeptiert, dass die zuvor angesprochenen Regelungen des BauGB zum Interessensausgleich eine ausgestaltende Wirkung haben, so kann man nicht mehr widerspruchsfrei behaupten, eine auf diesen Regelungen beruhende Baugenehmigung könne niemals in die Rechtsstellung der Nachbargemeinde eingreifen, weil der Staat für Auswirkungen eines genehmigten Vorhabens keine Verantwortung trage. Das ergibt sich aus Folgendem. Die Vertreter der Schutzpflichtthese stellen den Eingriffscharakter einer Baugenehmigung, wie gezeigt229, mit dem Argument in Abrede, die „eigentliche“ Beeinträchtigung, gegen die sich der Nachbar wehren wolle, gehe nicht vom Staat, sondern vom Vorhabenträger aus. Der Staat „nehme“ dem Nachbarn daher mit der Genehmigung des Vorhabens nichts, was er zuvor noch gehabt haben könnte. Denn der Nachbar habe im „ursprünglichen“ oder in dem vor Schaffung des Genehmigungsregimes bestehenden Zustand kein Abwehrrecht gegen den Grundstückseigentümer geltend machen können. An dieser Argumentation trifft zu, dass der genehmigende Staat dem Nachbarn kein subjektives Recht ab- oder beschneidet, das dieser „zuvor“, also in einem vorstaatlichen oder zumindest „vorgesetzlichen“ Zustand gegen den ihn störenden Grundstückseigentümer innehatte. Denn hier soll weder bestritten werden, dass der Letztverursacher der abzuwehrenden Beeinträchtigung der Grundstückseigentümer ist, der das genehmigte Bauvorhaben errichtet. Noch soll geleugnet werden, dass die Grundrechte keine „unmittelbare Drittwirkung“ entfalten und dass der Grundstückseigentümer auch kein „unmittelbarer“ Verpflichtungsadressat des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ist230. Diese isoliert betrachtet

228 Gegen solche Vorstellungen denn auch Battis, in: Driehaus/Birk (Hrsg.), Weyreuther-FS, S. 305 (308); Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S. 185; Koch, Grundrechtsschutz, S. 374 f.; Wahl/Masing, JZ 1990, 553 (555); vgl. dazu auch Rupp, DÖV 1974, 193 (194). 229 S. näher dazu unter § 13 A. I. 4., 5.

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zutreffenden Befunde lassen aber nur den einen Schluss zu, dass der Staat den Nachbarn insoweit nicht selbst – rechtlich – beeinträchtigt, als er ein zuvor bestehendes Abwehrrecht desselben entwertet. Nicht geschlossen werden kann daraus aber, dass der Staat nicht für die – faktische – Beeinträchtigung des Nachbarn durch den Grundstückseigentümer mitverantwortlich ist. Wenn sich die Vertreter der Schutzpflichtthesen gegen eine „Zurechnung“ solcher Beeinträchtigungen an den sie genehmigenden Staat wenden, weil der Staat – gemessen an der „vorstaatlichen“ Verhaltensfreiheit des Begünstigten – nur genehmige, was „ohnehin“ erlaubt sei, so mag man diese ablehnende Haltung vielleicht noch für vertretbar halten, soweit es um eine „natürliche“ Freiheit desselben geht231. Denn, so könnte man vortragen, bevor der Staat ein präventives Verbot aufgestellt habe, habe aufgrund der „natürlichen“, keiner Konstituierung bedürfenden „natürlichen“ Freiheit festgestanden, was der vorhabentragende Grundrechtsträger tun durfte – nämlich „alles“, und dies ohne Rücksicht auf seine Nachbarn.

230 Zur fehlenden „unmittelbaren Drittwirkung“ des Selbstverwaltungsgarantie gegenüber Privaten s. o. § 2 A. I. 2. b). 231 Überzeugend erscheint diese Haltung freilich selbst dort nicht. Denn wenn behauptet wird, der Nachbar wehre sich „eigentlich“ nur gegen den Nachbarn und nicht „wirklich“ gegen den Staat, ist dies schon deshalb fragwürdig, weil damit die bestehende Rechtslage zugunsten hypothetischer Erwägungen außer Acht gelassen wird. Es mag durchaus sein, dass es in der Tat nur „der Bauherr“ wäre, der einen Nachbarn beeinträchtigte, wenn das einfache Recht das Bauen auf eigenem Grundstück ohne weiteres freigegeben und keinem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsregime unterstellt hätte. Ein solches Regime hat der Gesetzgeber aber nun einmal geschaffen. Wenn dann dennoch darauf abgestellt wird, es sei „eigentlich“ nicht der Staat, sondern der Nachbar, der in den Schutzbereich des Nachbarn eingreife, wird die gesetzgeberische Entscheidung für die Etablierung eines Genehmigungssystems schlicht ignoriert. Dieses Vorgehen mutet wenig konsequent an, wenn das selbstbekundete Ziel der Vertreter dieser These darin besteht, die Achtung vor der großen Entscheidungsfreiheit des Gesetzgebers zu schützen (grundsätzlich skeptisch gegenüber einer isolierten Betrachtung rein „vorstaatlicher“, „metarechtlicher“ Zustände auch Koch, Grundrechtsschutz, S. 386, 388 f.: „[I]nnerhalb einer ausdifferenzierten und über die Verhaltensmöglichkeiten von Grundrechtsträgern weitgehend abschließend entscheidenden Rechtsordnung wird es auf ,vorstaatliche‘ Möglichkeiten der Interessenverfolgung nicht ernsthaft ankommen können.“ [Zitat S. 386]). Zweifel an der Stichhaltigkeit des „leistungsrechtlichen“ Arguments ergeben sich auch insoweit, als seine Vertreter mit ihm auf halbem Weg stehen zu bleiben scheinen. Wenn nämlich die Befürworter der Schutzpflichtthese davon ausgehen, dass der Träger eines Grundrechts zumindest bei „unzumutbaren“ Beeinträchtigungen im Verwaltungsprozess auf seine Freiheitsrechte abstellen könne, um Rechtsschutz zu erlangen, können sie dazu konsequenterweise nicht auf die Funktion der Freiheitsrechte als Abwehrrechte gegen den Eingriffe des Staates verweisen, sondern müssen auf eine „Resubjektivierung“ der „an sich“ objektivrechtlichen staatlichen Schutzpflicht zurückgreifen. Würde man nun diese These konsequent durchhalten, müsste man die Rechtsfigur des Verwaltungsakts mit Drittwirkung als insgesamt unzutreffend ablehnen. Eine Folge, die aber, soweit ersichtlich, keiner der Vertreter des „leistungsrechtlichen Argumentes“ zu ziehen bereit ist (entspr. Kritik schon bei Pietzcker, in: Püttner [Hrsg.], Bachof-FS, S. 131 [142 f.]).

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

Im interkommunalen Bereich jedenfalls kann eine Mitverantwortung des Staates auf diesem Wege aber nicht überzeugend verneint werden, weil dabei in unzulässiger Weise die rechtstechnischen Vorgänge beim „konturierenden“ Interessensausgleich ausgeblendet würden. Wie oben dargelegt, bewirkt der Gesetzgeber diesen Ausgleich, indem er das Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG „konstituierend“ ausgestaltet. Wenn man mit der nahezu einhelligen Meinung in Rechtsprechung und Literatur aber davon ausgeht, dass sich damit überhaupt erst aus dem einfachen Gesetzesrecht ergibt, „was“ Eigentum ist, dann verfängt das Argument nicht, der genehmigende Staat erlaube nur, was ohne das Genehmigungsregime „ohnehin“ erlaubt wäre. Nimmt man die nicht zuletzt vom BVerwG232 in seiner jüngeren Rechtsprechung betonte Ausgestaltungsbedürftigkeit der Eigentumsgarantie ernst, so kann eben nicht gesagt werden, was vor Schaffung oder nach Abschaffung eines solchen Regimes erlaubt wäre und was nicht. Natürlich könnte man – reichlich theoretisch – erwägen, der Gesetzgeber könnte auf die Normierung jeglicher Zulassungsvoraussetzungen verzichten und zumindest dann wäre dem Grundstückseigentümer einfachgesetzlich „alles erlaubt“. Jedoch wäre diese hypothetische Betrachtung verfehlt, weil es – eben wegen der Gesetzesabhängigkeit der Eigentumsgarantie – nicht darauf ankommt, wie der Gesetzgeber das Eigentum hätte ausgestalten können, sondern allein darauf, dass er zur Ausgestaltung des Eigentums eine Regelung treffen muss und wie diese dann beschaffen ist. Denn erst nach Schaffung der – bestehenden, nicht einer hypothetischen – einfachgesetzlichen Regelungen steht fest, was der Grundstückseigentümer tun darf und was nicht. Wenn ein Vorhaben dann aber unter Bezugnahme auf diesen allein entscheidenden aktuellen gesetzlichen Rahmen genehmigt wird, kann kein Vergleich mehr zu einer „vorstaatlichen“ oder „vorgesetzlichen“, gar „natürlichen“ Freiheit des Eigentümers gezogen werden, weil dieser keine „natürliche“ Eigentumsfreiheit hatte, wenn man nicht plötzlich die Normgeprägtheit des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG im Interesse des vermeintlich schutzbedürftigen Gesetzgebers wieder überspielen will. Es war der gesetzgebende Staat, der konstitutiv (!) entschieden hat, in welchen Fällen dem Nutzungsinteresse des Eigentümers Vorrang vor dem Nichtstörungsinteresse der Nachbargemeinde gebührt und in welchen Fällen dies nicht der Fall ist. Bei dieser Entscheidung kam ihm sicher, wie erwähnt, ein weiter Gestaltungsspielraum zu, nichtsdestotrotz hatte er dabei auch die Interessen der Nachbargemeinden angemessen zu berücksichtigen und eine praktische Konkordanz zwischen den sich potenziell überschneidenden Interessen herbeizuführen. Für das auf der Grundlage seiner in Gesetz gegossenen Entscheidung genehmigte Vorhaben ist er der an Nichtstörung interessierten Nachbargemeinde gegenüber verantwortlich, weil dieses Vorhaben wegen der Normabhängigkeit des Eigentums nur aufgrund seiner – des gesetzgebenden 232

S. § 13 A. I. a).

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Staates – Entscheidung überhaupt verwirklicht wird. Seine Mitverantwortung dafür rührt nicht aus einem Einfluss auf das „vorstaatliche“ und gleichsam horizontale Verhältnis von Grundstückseigentümer und Nachbargemeinde, nicht aus der Auferlegung einer dieser zum Vorteil von jenem auferlegten „Duldungspflicht“ her. Sie wurzelt vielmehr in seiner „vertikalen“ Bindung an Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG bei der konstituierenden und zugleich konturierenden Ausgestaltung des Eigentumsrechtes233. Denn zumindest bei einer „konstituierenden Konturierung“ – in Fällen normgeprägter Rechte also – beschränkt der Gesetzgeber kein „zuvor“ (vorstaatlich, ursprünglich) bestehendes Beeinträchtigungsrecht zum Nachteil des Vorhabenträgers, sondern er schafft erst dessen Beeinträchtigungsrecht zum Nachteil der Nachbargemeinde und stellt dabei deren Nichtstörungsinteresse hinter das Realisierungsinteresse des Eigentümers zurück. Die Beeinträchtigung des privaten Grundstückseigentümers muss dem gesetzgebenden Staat deshalb genau betrachtet nicht einmal erst „zugerechnet“ werden, denn es ist nicht die „eigentliche“, „metastaatliche“ Beeinträchtigung des Bauherrn, sondern die „ureigene“ des Staates, die der Bauherr nur aktualisiert. Es mag also durchaus zutreffen, dass der Staat die Nachbargemeinde mit einer Baugenehmigung insoweit nicht beeinträchtigt, als er ihr keine „vorstaatlichen“ gegen den Grundstückseigentümer bestehende Rechte abschneidet. Er trägt aber dessen ungeachtet die Mitverantwortung für das diese Gemeinde beeinträchtigende Verhalten privater Dritter, weil er durch seine Eigentumsausgestaltung erst den Boden für diese Beeinträchtigung bereitet hat: „Damit erweist es sich, da[ss] es eine verkürzende Sicht der Dinge ist, wenn angenommen wird, es sei allein ein anderer Bürger, der in den hier behandelten Fällen den Zustand des Freiseins von Störungen durch sein störendes Handeln beeinträchtigt“234. III. Konturierung als Mittel der Eingriffsbestimmung Wird hier also die Ansicht vertreten, dass der Gesetzgeber eine Mitverantwortung für Beeinträchtigungen trägt, die von einem Bauvorhaben ausgehen, das er genehmigt, so ist damit noch nicht gesagt, dass deshalb nun jede Bauge233 Ähnlich stellt Koch, Grundrechtsschutz, S. 389 f., maßgeblich auf die staatliche „Konfliktentscheidung durch das Recht“ ab, um die Mitverantwortung des Staates für von ihm genehmigtes Verhalten zu begründen, dies freilich insoweit anders als hier als er auf die Schaffung zumindest „faktischer“ Duldungspflichten rekurriert. Er befürwortet dies ebenfalls weiter als es hier abschließend entschieden werden musste für alle (auch nicht-normgeprägte) Grundrechte („Ebenso richtig ist aber, daß ein Bürger störende Handlungen anderer Bürger letztlich aufgrund der staatlich gesetzten Rechtsordnung hinnehmen muß. [. . . D]ie Entscheidung für die Nachrangigkeit des Nichtstörungsinteresses [ist] als Übernahme einer Mitverantwortung für die damit einhergehende Beeinträchtigung des Dritten anzusehen“ [Zitate S. 390, ausführlicher dargelegt auf S. 389]). 234 Koch, Grundrechtsschutz, S. 390.

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

nehmigung als Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde anzusehen wäre. Die Frage der Mitverantwortung des Staates und derjenigen der Eingriffsqualität sind vielmehr getrennt zu betrachten, weil der Gesetzgeber auch insoweit wieder einen erheblichen Einfluss auszuüben imstande ist. Das zeigt ein Blick auf die dogmatische Einordnung der Konturierungsvorgänge auf der Seite der Nachbargemeinde. Eine gesetzliche Regelung, die eine „konturierende“ Grenzziehung zwischen Eigentumsrecht und Planungshoheit vornimmt, stellt, wie gezeigt, eine „Konstituierung“ des Eigentumsrechtes des Nachbarn dar. Dieselbe Regelung bewirkt nun zwar nicht zugleich auch eine „konstituierende“ Ausgestaltung der Planungshoheit (1.), wohl aber entfalten die Regelungen des Gesetzgebers Einfluss auf den Umfang des Schutzes des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts (2.). 1. Die §§ 29 ff. BauGB als Konstituierung der Planungshoheit? Wenn man annehmen müsste, dass die §§ 29 ff. BauGB nicht nur das Eigentumsrecht des Nachbarn konstituierten, sondern auch die Planungshoheit der Nachbargemeinde, wäre zu erwägen, ob die Frage nach dem Vorliegen eines Eingriffs entlang der oben sog. Ausgestaltungsthesen zu beantworten wäre. Das bedeutete, dass die verschiedenen Regelungen des einfachen Gesetzesrechts danach unterschieden werden müssten, ob sie die Planungshoheit „definierten“ oder nicht. Eine unter Verstoß gegen solche Regeln erteilte Baugenehmigung wäre dann als – sogleich verfassungswidriger – Eingriff in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG anzusehen; eine Baugenehmigung, die gegen andere Gesetzesbestimmungen verstieße oder gar gesetzesgemäß erteilt würde, wäre dagegen nicht als Eingriff zu werten. Diese Konzeption kann indes zumindest nicht auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG angewendet werden, weil diese Vorschrift nicht in einer Art. 14 GG vergleichbaren Weise „normgeprägt“ ist. Die Selbstverwaltungsgarantie ist zwar – insoweit wie das Eigentumsrecht – in großem Umfang einer einfachgesetzlichen „Präzisierung“ zugänglich, sie ist ihrer aber – insoweit im Unterschied zu dem zu Art. 14 GG überwiegend vertretenen Verständnis – nur eingeschränkt auch bedürftig. Das zeigt eine kurze Betrachtung der „Präzisierungsmöglichkeiten“ des Gesetzgebers. Die erste dieser Möglichkeiten hat der Gesetzgeber hinsichtlich der Frage, welche Aufgaben die Gemeinden in eigener Verantwortung erledigen können. Die Beantwortung dieser Frage kann er zwar in Grenzen beeinflussen, wenn man mit dem BVerfG der Ansicht ist, dass Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ein „Aufgabenverteilungsprinzip“ zugrunde liegt, in dessen Rahmen der Normgeber auch über die Verlagerung von Aufgaben entscheiden kann235. Die 235 Grdl. BVerfG, Beschl. v. 23.11.1988 – 2 BvR 1619, 1628/83, BVerfGE 79, 127 (154, insgesamt dazu 150 ff.), seitdem st. Rspr., vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 07.01. 1999 – 2 BvR 929/97, NVwZ 1999, 520.

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genannte Frage kann aber auch dann beantwortet werden, wenn der Gesetzgeber von einer diesbezüglichen Einflussnahme Abstand nimmt. Denn Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG stellt mit den „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ und der „eigenen Verantwortung“ ungeachtet aller Auslegungsschwierigkeiten, wie sie auch bei anderen Verfassungsbestimmung auftreten können, Tatbestandmerkmale zur Verfügung, die eine Subsumtion mit eindeutigen Ergebnissen zulässt. Das zeigt sich denn auch gerade im hier interessierenden Bereich des öffentlichen Baurechts, in dem es wohl als unstreitig gelten darf, dass sich allein aus dem Tatbestand des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG die Befugnis der Gemeinden ableiten lässt, das eigene Gemeindegebiet in Ansehung der baulichen Nutzung zu ordnen und zu gestalten (Planungshoheit)236. Diese Vorschrift mag also im Hinblick auf die Frage nach den den Gemeinden zustehenden Aufgaben in den vom BVerfG gezogenen Grenzen einer „Ausgestaltung“ zugänglich sein, bedürftig ist sie ihrer aber nicht. Anders als bei Art. 14 GG, bei dem man der Ansicht sein mag, ohne einfachgesetzliche Regelung könne nicht bestimmt werden, „was“ überhaupt geschützt sei, ergibt sich dieser Schutzgegenstand jdfs. bei Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG bereits unmittelbar aus der Verfassung. Anders verhält sich dagegen nur im Hinblick auf die „Ausstattung“ der Gemeinden mit den rechtlichen Instrumentarien, die sie zur aktiven Wahrnehmung der ihnen zustehenden Aufgaben benötigen. Bei den Gemeinden handelt es sich nicht um natürliche Personen, sondern um Körperschaften des öffentlichen Rechts, und bei den von ihnen auszuübenden Befugnissen handelt es sich nicht um die Wahrnehmung menschlicher Freiheiten, sondern um Aufgaben im öffentlichen Interesse. Die Gemeinden brauchen daher einen normativen „Rahmen“, um überhaupt erst handlungsfähig zu werden und die ihnen zugewiesenen Aufgaben erfüllen zu können. Insoweit kann in der Tat von einer „normativen Konstituierung“ der Selbstverwaltung im Allgemeinen und der Planungshoheit im Besonderen gesprochen werden, derer Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG nicht nur zugänglich, sondern auch bedürftig ist. Die Konstituierungsbedürftigkeit der Planungshoheit ist also nur eine partielle: Sie besteht, soweit es darum geht, die Gemeinden zu aktiven Wahrnehmung ihrer Befugnisse zu befähigen; sie besteht nicht, soweit es darum geht, diese Befugnisse erst zu definieren. Vor diesem Hintergrund können die §§ 29 ff. BauGB deshalb nicht als Konstituierung des diesbezüglichen Schutzbereichs angesehen werden. Dann aber muss auch eine Eingriffsbestimmung anhand einer Unterscheidung nach „(selbstverwaltungs-)definierenden“ und „nicht-definierenden“ Gesetzesbestimmungen ausscheiden.

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S. die Nachweise in Fn. 1 des 1. Kap.

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2. Der konturierende Einfluss des Gesetzgebers Das ändert freilich nichts daran, dass der Gesetzgeber über die §§ 29 ff. BauGB bestimmt, wann das Nichtstörungsinteresse der Nachbargemeinde den Vorrang vor den Interessen des Grundstückseigentümers genießen soll und wann Umgekehrtes gelten soll. Das ist nun zwar keine „Konstituierung“ des schon anderweitig (nämlich durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG i.V. m. den Vorschriften, die den Gemeinden die Instrumente zum Tätigwerden an die Hand geben) „konstituierten“ Schutzbereichs der Selbstverwaltungsgarantie, wohl aber eine Bestimmung dazu, wann eine Maßnahme der Exekutive als Eingriff in die Planungshoheit anzusehen ist237. Um beurteilen zu können, wie diese Bestimmung im Einzelnen ausgefallen ist, soll zunächst betrachtet werden, wie sich eine solcherart erfolgte „Konturierung“ der Planungshoheit regelungstechnisch vollzieht (a), um darauf aufbauend abgrenzen zu können, welche Baugenehmigungen als Eingriff in die Planungshoheit zu werten sind und welche nicht (b). a) Konturierung als rechtfertigungsbedürftige Gesetzgebung Um den Vorgang der Konturierung der Planungshoheit im Baugenehmigungsrecht beurteilen zu könne, ist ein Blick auf die vom Gesetzgeber gewählte Regelungstechnik im Baugenehmigungsrecht hilfreich. Das BauGB unterteilt das Gebiet der Standortgemeinde dazu bekanntlich in drei sog. Planbereiche – den beplanten Bereich (§ 30 BauGB), den Innenbereich (§ 34 BauGB) und den Außenbereich (§ 35 BauGB) – und stellt für diese Bereiche unterschiedliche, auf die jeweilige Situation zugeschnittene Zulässigkeitsvoraussetzungen auf, mit denen eine geordnete städtebauliche Entwicklung gewährleistet werde soll238. Für jeden Planbereich wurde die Zulässigkeit eines Vorhabens dazu von der Einhaltung von bestimmten objektiven Grenzen abhängig gemacht. Mit diesen Vorgaben wurde zugleich implizit zum Ausdruck gebracht, dass es für die Zulässigkeit des Vorhabens unerheblich ist, wenn das Vorhaben trotz der Einhaltung dieser Grenzen nachteilige Auswirkungen faktischer Art auf die Interessen Dritter haben wird. Durch dieses primär auf die Ausgestaltung der Baufreiheit abstellende Regime hat der Gesetzgeber zugleich darüber befunden, wogegen die Planungshoheit der Nachbargemeinde in Bezug auf standortgemeindliche Bauvorhaben geschützt ist und wogegen nicht. Nun mag man darüber streiten, ob dieser Vor237 Vgl. Manssen, Staatsrecht II, Rn. 135: „Der Schutzbereich bestimmt, was geschützt ist, der Eingriffsbegriff, wogegen es geschützt ist“ (Hervorhebung im Original). 238 Näher zur Systematik der §§ 29 ff. BauGB Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 7, Rn. 2 ff. (18); Dürr, Baurecht BW, Rn. 76 ff.

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gang als Eingriff des Gesetzgebers in den Schutzbereich der Planungshoheit zu werten oder – weil er am Schutzgegenstand nichts ändert, sondern nur bestimmt, wogegen dieser geschützt ist – als Maßnahme zur Bestimmung des Eingriffsbegriffs zu behandeln ist239. In beiden Fällen muss dieser Vorgang aber seinerseits verfassungsrechtlichen Vorgaben unterliegen. Denn mit einer solchen „Konturierung“ entscheidet der Gesetzgeber über den konkreten Umfang der Störungsfreiheit der Planungshoheit und damit zugleich über den des von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG geschützten Verhaltens, sodass kein Grund besteht, die Ergebnisse dieses Entscheidungsprozesses nicht anhand derselben Maßstäbe zu prüfen, wie sie auch für sonstige Eingriffsgesetze bestehen240. Das führt zu zwei Fragen: Zum einen, ab welchem Ausmaß faktischer Beeinträchtigung, das ein Konturierungsgesetz der Nachbargemeinde im Interesse der Baufreiheit zumutet, dieses überhaupt rechtfertigungsbedürftig ist. Um zum anderen, welche Rechtfertigungsvoraussetzungen dann erfüllt sein müssen. Im Hinblick auf die erste Frage könnte man auf der einen Seite argumentieren, dass es insoweit nicht einmal eine Bagatellgrenze geben könne und insoweit bereits die Zulassung selbst geringster Beeinträchtigungen eine Rechtfertigungsbedürftigkeit auslösen müssten241. Von entgegengesetzter Seite könnte dagegen vorgetragen werden, als Eingriff (oder eingriffsgleiche Maßnahme) könne ein Konturierungsgesetz vielmehr erst bei der Entscheidung über die Behandlung von Auswirkungen von besonders hoher Intensität angesehen werden, weil es insoweit ja „lediglich“ um die Regelung faktischer Auswirkungen gehe242. Der zuerst genannte extensive Einwand könnte jedenfalls nicht überzeugen, weil die Hereinnahme jeglicher noch so unerheblicher Belästigungen zum einen drohte, die Gesetzgebung zu überstrapazieren243, und zum anderen nicht einzusehen ist, warum die Planungshoheit der Gemeinden selbst gegen Belästigungen geschützt sein soll, obwohl Vergleichbares für Grundrechte ganz überwiegend 239

S. Koch, Grundrechtsschutz, S. 388. Ebenso Koch, Grundrechtsschutz, S. 388. 241 Skeptisch gegenüber einem „Geringfügigkeitsprinzip“ Roth, Faktische Eingriffe, S. 267 ff.; und Sachs, in: Stern, Staatsrecht, Bd. III/2, S. 204 ff., der aber über eine „Bestimmung der grundrechtlichen Schutzgegenstände“ so, „daß Bagatellen, Trivialitäten oder Banalitäten“ (a. a. O. S. 207) ausgeschlossen sind, zu einem Ergebnis gelangt, das mit dem hier vertretenen vergleichbar ist. 242 Wie viele hält etwa Erichsen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdBStR, Bd. VI, § 152 Rn. 80 f., „mittelbar staatliche Einwirkungen“ nur bei einer „erhöhten Betroffenheitsintensität“ für „grundrechtsrelevant“; es liegt nahe, für die Frage, ob ein solche Einwirkungen regelnden Gesetz einen Eingriff darstellt, vergleichbare Maßstäbe anzulegen. 243 Für die Annahme eines Bagatellvorbehaltes bei faktischen Eingriffen durch die Exekutive denn auch Isensee, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), HdBStR, Bd. V, § 111 Rn. 66; Manssen, Staatsrecht II, Rn. 140; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 248; für hier erörterte Regelungen durch Gesetz, die zu faktischen Beeinträchtigungen führen, kann dann nichts anderes gelten. 240

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abgelehnt wird. Wird dagegen im Sinne der an zweiter Stelle genannten restriktiven Sichtweise bei der Frage nach dem Eingriffscharakter von Maßnahmen der Exekutive diskutiert, ob diese erst bei dem Erreichen einer „Unzumutbarkeitsschwelle“ einen Eingriff darstellen, so kann dies jedenfalls nicht für die Rechtfertigungsbedürftigkeit eines die Planungshoheit betreffenden Gesetzes der Legislative gelten. Denn zum einen ist zu beachten, dass Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG nicht nur das – als solches wenig effektive – „Innehaben“ der Planungshoheit schützt, sondern auch und gerade deren Ausübung. Schon dies spricht dafür, bereits bei nicht unerheblichen Beschränkungen dieser Ausübung anzusetzen und nicht erst dann, wenn es um die Frage geht, ob die Planungshoheit insoweit überhaupt noch ausgeübt werden kann244. Würde man hier anders argumentieren, hieße dies überdies, den Gesetzgeber bis zum Bereich der Unzumutbarkeit von jeglichen Begründungsanforderungen frei zustellen, sodass etwa ein Gesetz, das die Tür für Maßnahmen mit zwar nicht unzumutbaren, aber doch erheblichen Auswirkungen auf die Nachbargemeinden öffnen würde, selbst dann erlassen werden dürfte, wenn zu seiner Rechtfertigung keinerlei öffentlicher Zweck angeführt werden könnte. Solche vor dem Hintergrund einer praktischen Konkordanz zwischen Eigentumsrecht und Planungshoheit wenig überzeugenden Ergebnisse lassen sich nur vermeiden, wenn ein konturierendes Gesetz schon dann als rechtfertigungsbedürftig angesehen wird, wenn es zu Maßnahmen der Exekutive ermächtigt, die zu nicht unerheblichen Auswirkungen auf die Befugnis der Nachbargemeinden führt, über den Grund und Boden ihres Gebiets zu disponieren245. Ist eine Konturierungslösung des Gesetzgebers solcherart rechtfertigungsbedürftig, bleibt zu prüfen, welche Anforderungen Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG dann 244 In diesem Sinne Wernsmann, DV 36 [2003], 67 (94 f.), und ähnlich Kopp/ Schenke, VwGO, § 42 Rn. 145, mit Kritik an der Rechtsprechung zum Konkurrentenschutz im öffentlichen Wirtschaftsrecht, wo es vielfach an einfachgesetzlichen Regelungen fehlt, auf die eine subjektive Rechtsverletzung gestützt werden könnte, und wo das BVerwG dem Konkurrenten eines unter Verstoß gegen objektives Gesetzesrecht Begünstigten erst dann ein Abwehranspruch aus Art. 12 Abs. 1 GG zugesteht, wenn jener durch die Begünstigung in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht wird (vgl. zu dieser Rechtsprechung etwa jeweils m.w. N. Schmidt-Preuß, Privatinteressen, S. 59 f.; Sodan, in: dems./Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 42 Rn. 399; Wolff, in: dems./Dekker, VwGO/VwVfG, § 42 VwGO Rn. 112; Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 292c; Kopp/Schenke ebd.); namentlich Wernsmann wendet hier zurecht ein, dass gerade, weil der Gesetzgeber in diesem Bereich des Wirtschaftsrechts auf eine Beschränkung auf die Unzumutbarkeitsschwelle verzichtet hat, dann ein Eingriff in den Schutzbereich dieses Grundrechts nicht nur dann bejaht werden muss, wenn das „Ob“ des Berufs unmöglich gemacht wird, sondern auch schon in dem Fall, dass die Ausübung desselben in erheblichem Maße eingeschränkt wird, weil dieses Grundrecht nicht nur die Berufswahl, sondern auch die Berufsausübung schützt. 245 Gegen die Annahme, dass selbst faktische Maßnahmen der Exekutive „schwerwiegend oder nachhaltig“ sein müssten, um als Eingriffe qualifiziert werden zu können, Manssen, Staatsrecht II, Rn. 140; wohl auch Isensee, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), HdBStR, Bd. V, § 111 Rn. 38 (sub 3) u. 59.

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an das konturierende Gesetz stellt. Welche Rechtfertigungsvoraussetzungen nun für „allgemeine“246, die Selbstverwaltungsgarantie betreffende Maßnahmen gelten, wird zwar im Einzelnen kontrovers diskutiert. Es besteht aber doch zumindest in dem – hier allein interessierenden – Bereich der Planungshoheit Einigkeit zwischen dem BVerfG247 und dem es in Bezug auf die Behandlung anderer Gemeindehoheiten kritisierende T. d.L. darüber248, dass Gesetze, die in die Planungshoheit der Gemeinden eingreifen, ein Gemeinwohlziel verfolgen und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen müssen. b) Konturierungsgesetzgebung als auslegungsbedürftiger Eingriffsmaßstab In diesem Rahmen konnte der Gesetzgeber durch seinen über die §§ 29 ff. BauGB bewirkten Eingriff (oder eingriffsgleiche Regelung) darüber bestimmen, in welchen Fällen eine Genehmigung der Exekutive für ein Vorhaben, das die Interessen der Nachbargemeinde faktisch nachteilig berührt, als Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde zu werten ist. Da der Gesetzgeber diese Bestimmung freilich nicht ausdrücklich ausgesprochen hat, werden die §§ 29 ff. BauGB insoweit auszulegen sein. Hinsichtlich der dafür einschlägigen Maßstäbe wird zu differenzieren sein. Mit der Entscheidung, dass ein Vorhaben, das den objektiven Zulassungsvoraussetzungen entspricht, trotz etwaiger damit verbundener tatsächlicher Nachteile zugelassen werden soll, hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass die Planungshoheit der Nachbargemeinde zumindest gegen solche Beeinträchtigungen nicht mehr geschützt sein soll. Dem Gesetz kann daher zumindest in einem ersten Schritt die gleichsam negative Aussage entnommen werden, dass eine gesetzesgemäße Baugenehmigung nicht als Eingriff angesehen werden soll. Dieser Grundsatz könnte nur dann eine Einschränkung erfahren, wenn sich erweise sollte, dass die konturierende Gesetzgebung sich in einem Planbereich als verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt erweisen sollte, dies insbesondere, weil es die sich gegenüberstehenden Interessen in unverhältnismäßiger (unzumutbarer) Weise zum Ausgleich gebracht hat. In diesem Fall kann eine Baugenehmigung nicht deshalb den Charakter eines Eingriffs in die Planungshoheit der Nachbargemeinde verlieren, weil sie sich an das (verfassungswidrige) Gesetz hält. Denn an dieser letzten Grenze endet zwar die Möglichkeit des Staates,

246

S. dazu § 2 A. I. 2. a). Vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.05.2001 – 2 BvK 1/00, BVerfGE 103, 332 (366 f., 368, 370, 374 f.), zum insoweit inhaltsgleichen Art. 46 Abs. 1 LV Schleswig-Holstein; u. dazu auch Magen, JuS 2006, 404 (409); Welti, JA 2006, 871 (872). 248 Vgl. etwa Maurer, DVBl. 1995, 1037 (1041 f.); Ehlers, DVBl. 2000, 1301; Kenntner, DÖV 1998, 701 (706); Ipsen, ZG 1994, 194 (200 f.). 247

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über die Einordnung einer Baugenehmigung als Eingriff zu entscheiden249 – nicht aber seine (Mit-)Verantwortung für Auswirkungen des von ihm zugelassenen und genehmigten Vorhabens. Schwieriger kann die Konturierungsentscheidung dagegen in den Fällen einer gesetzeswidrigen Baugenehmigung abzulesen sein. Hat der Gesetzgeber diejenige Bestimmung, gegen die im Einzelfall verstoßen wurde, als drittschützend ausgestaltet, ist die Frage leicht zu beantworten, weil das Gesetz dann gleichsam positiv zu verstehen gibt, dass die Nachbargemeinde gegen ein Überschreiten der mit der Bestimmung gezogenen Grenze geschützt sein soll. Eine solche Baugenehmigung wäre als (sogleich nicht gerechtfertigter) Eingriff zu werten – ein im vorliegenden Zusammenhang freilich wenig interessanter Fall, weil sich dann die Frage nach einem Rückgriff auf verfassungsrechtliche Rechte der Nachbargemeinde wegen der einfachgesetzlich eingeräumten subjektiven Rechte nicht mehr stellt. Interessanter ist es daher, wie der Fall zu beurteilen ist, dass die Baugenehmigung objektiv betrachtet gesetzeswidrig ist, die einfachgesetzliche Bestimmung, gegen die verstoßen wurde, aber nicht drittschützend ausgestaltet ist. Hier wird danach zu unterscheiden sein, wie das Schweigen des Gesetzgebers zum Rechtsschutz der Nachbargemeinden verstehen ist. Ergibt die Auslegung des Gesetzes, das der Gesetzgeber von der Schaffung subjektiver Rechte abgesehen hat, weil er die Nachbargemeinde bewusst aus dem Kreis derer ausschließen wollte, die auf die Einhaltung der verletzen Norm pochen können, so ist auch dieses Schweigen als Bestimmung der Eingriffschwelle zu respektieren – dies freilich wiederum nur bis zu der oben genannten verfassungsrechtlichen Grenze der „Unzumutbarkeit“. Als Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde wäre eine Baugenehmigung in dieser Konstellation folglich erst dann anzusehen, wenn sie für ein Vorhaben erteilt wird, das für die Nachbargemeinde mit unzumutbaren Auswirkungen verbunden ist. In diesem extremen Ausnahmefall kann die Einordnung als Eingriff aber andererseits auch nicht als durch die „schweigende“ gesetzliche Regelung ausgeschlossen angesehen werden, weil der Gesetzgeber eine Regelung, die Eigentumsrecht und Planungshoheit in ein unverhältnismäßiges Verhältnis bringen würde, wie gezeigt, nicht wirksam treffen kann. Schweigt der Gesetzgeber bei gesetzeswidrigen Baugenehmigungen durch den Verzicht auf subjektive Rechte zum Rechtsschutz der Nachbargemeinden, mag es auch durchaus nahe liegen, dieses Schweigen als Indiz dafür zu werten, dass er die Genehmigung für ein Bauvorhaben in dem fraglichen Planbereich (erst) dann als Eingriff verstanden wissen will, wenn dessen Auswirkungen sich in unzumutbarer Weise auf die Nachbargemeinde auswirken. Zwingend oder gar

249

So im Ergebnis auch Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.cc.

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unwiderlegbar ist eine solche Annahme freilich nicht. Eine Baugenehmigung für ein Vorhaben, die objektiv gesetzeswidrig ist, bricht – zumindest objektiv – aus dem Interessensausgleichsmodell aus, dass der Gesetzgeber für den fraglichen Planbereich vorgesehen hat. Die Annahme, dass dann eine gesetzeswidrige Baugenehmigung ab einer bestimmten Beeinträchtigungsintensität auch ohne die Einräumung einfachgesetzlicher subjektiver Rechte als Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde zu werten sein kann, ist insoweit nicht von vornherein ausgeschlossen, weil diese Genehmigung die Bahnen des vom Gesetzgeber gewählten Modells gerade verlässt. Ob der Verzicht auf die Einräumung einfachgesetzlicher subjektiver Rechte bedeuten soll, dass die Nachbargemeinde auch eine solcherart gesetzeswidrige Genehmigung soll hinnehmen müssen, ist dann eine Frage der Auslegung des einfachen Gesetzesrechts. Es ist durchaus denkbar, dass sich aus der Auslegung der Norm ergibt, dass der Gesetzgeber auch auf andere Weise als durch Einräumung einer solchen Rechts einen Beeinträchtigungsgrad bestimmt hat, ab dem er eine gesetzeswidrige Baugenehmigung als Eingriff verstanden wissen will. Hier soll nicht behauptet werden, dass der im Bürgerlichen Recht geläufige Grundsatz, wonach dem Schweigen einer Partei von vornherein kein Erklärungsgehalt zukomme, unbesehen auf Regelungen des Gesetzgebers zum konturierenden Interessenausgleich übertragen werden kann. Nur ist auch in diesem Bereich festzuhalten, dass einem solchen Schweigen auch nicht umgekehrt automatisch und ohne begründete Auslegung ein – restriktiver – Erklärungswert beigemessen werden kann250. Hiergegen kann auch nicht argumentiert werden, bei einem Verzicht auf die Einräumung einfachgesetzlicher subjektiver Rechte müsse aber deshalb immer davon ausgegangen werden, dass gesetzeswidrige Genehmigungen bis zur Unzumutbarkeitsgrenze keinen Eingriff darstellten, weil andernfalls die im einfachen Recht angelegte Differenzierung zwischen drittschützenden und nicht-drittschützenden Rechten verwischt werde. Nun besteht zwar heute – auch wenn das Verhältnis von Verfassungsrecht und einfachem „Ausgestaltungsrecht“ nach wie vor als im Einzelnen „rätselhaft“251 bezeichnet wird – durchaus grundsätzlich 250 Vgl. insoweit (zu Einschr. Fn. 255) ganz in diesem Sinne Scherzberg, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 16, der die Frage erörtert, ob aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in einem bestimmten Bereich drittschützende Normen geschaffen hat, stets zu folgern ist, dass dann der Anwendungsvorrang des einfachen Gesetzes einem Rückgriff auf Verfassungsrecht in jedem Fall entgegensteht, und dazu treffend ausführt: „Dieser [scil. Anwendungsvorrang] wird sich regelmäßig aber auf die Zuweisung von Rechtsmacht zur Durchsetzung der gesetzlichen Konfliktlösung beschränken und keinen Ausschluss des Rückgriffs auf verfassungsrechtliche Steuerungsimpulse intendieren“ (Hervorhebung im Original). – Ebenso wenig kann für die gleichsam vorgelagerte aber parallele Frage der Eingriffsbestimmung gefolgert werden, es könne – gar unwiderleglich – vermutet werden, der Gesetzgeber wolle durch den Verzicht auf drittschützende Normen in jedem Fall die Einordnung von Baugenehmigungen als Eingriffe ausschließen. 251 Cornils, Ausgestaltung, S. V.

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Einigkeit darüber, dass das einfache Gesetzesrecht wegen der Konkretisierungsbefugnis des Gesetzgebers einen prinzipiellen „Anwendungsvorrang“ vor dem Verfassungsrecht genießt. Auf die Frage nach etwaigen subjektiven Rechten eines Rechtsschutzsuchenden bezogen bedeutet dies, dass die Fachgerichte jedenfalls primär auf das einfache Gesetzesrecht abzustellen haben und nicht einfach unter Ignorierung oder „Überspringung“ desselben einen unmittelbaren Rückgriff auf das Verfassungsrecht nehmen können252. Aus diesem Grundsatz vom Anwendungsvorrang kann aber nicht geschlossen werden, dass es deshalb ausnahmslos ausgeschlossen wäre, auf Verfassungsrecht zurückzugreifen. Denn soll eine Norm – aus welchem Grunde auch immer – vor und statt einer anderen, für den zu regelnden Sachverhalt gleichfalls in Betracht kommenden Vorschrift angewendet werden, so kann dieser Vorrang immer nur soweit gehen, wie jene Norm ihn tatsächlich beansprucht und beanspruchen darf. Diese Begrenzung eines jeden Anwendungsvorrangs auf seinen (berechtigten) Vorrangsanspruch zeigt sich nicht nur bspw. bei den Normkollisionsregeln der Methodenlehre253 oder dem Anwendungsvorrang des Europäischen Gemeinschaftsrecht vor dem Recht der Mitgliedstaaten254. Sie gilt auch in gleicher Weise für den Anwendungsvorrang des einfachen vor dem Verfassungsrecht. Denn geht man davon aus, dass der Grund des Anwendungsvor252 Vgl. zum Anwendungsvorrang nur Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 48 f.; Dreier, DV 36 [2003], 105 (106); Erichsen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdBStR, Bd. VI, § 152 Rn. 78; dens., Jura 1987, 367 (369); Hermes, VVDStRL 61 [2002], 119 (130 f., 141); Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 14, Rn. 109; Jachmann, ZBR 1994, 1 (9); Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 118 f.; Larenz, Methodenlehre, S. 376; Maurer, Verwaltungsrecht, § 4, Rn. 50, u. § 8, Rn. 11; Scherzberg, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 12; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 498; Schlette, Jura 2004, 90 (91); Schliesky, DVBl. 1999, 78 (85); Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. III, Art. 19 Abs. 4 Rn. 121; Schmidt-Preuß, Privatinteressen, S. 38 f.; Schmitt Glaeser/Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 162 f.; Sodan, in: dems./Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 42 Rn. 392, 395; Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 42 Abs. 2 Rn. 57; Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 279; krit. zur Annahme eines „generellen Anwendungsvorrangs“, der das Verfassungsrecht in eine „Lückenbüßerrolle“ dränge, Bauer, AöR 113 [1988], 582 (613 f.); ähnlich Horn, Verwaltung, S. 205 f., nach dem für „eine Derogationsregel des Inhalts [. . .], daß die Gesetze [. . .] vorrangig vor den Grundrechen anzuwenden [seien], [. . .] jeder positiv-rechtliche Nachweis [fehlt] und [fehlen] muß“, der aber eine „vorrangige“ Heranziehung des einfachen Rechts im Sinne eines „Prüfungsgangs“ akzeptiert (vgl. a. a. O. Fn. 78). 253 So genießt im Verhältnis des spezielleren zu dem allgemeinen Gesetz nach dem lex-specialis-Grundsatz jenes Gesetz vorrangige Anwendung vor diesem, nur wenn und soweit jenes nach der Regelungsabsicht des Gesetzgebers an dessen Stelle treten soll; s. Larenz, Methodenlehre, S. 267 f.; Zippelius, Methodenlehre, S. 39. 254 Dem europäischen Gemeinschaftsrecht wird ein Anwendungsvorrang nur dann zugestanden, wenn und soweit die Vorschriften der Mitgliedstaaten mit Bestimmungen des Gemeinschafsrechts nicht vereinbar sind, wobei selbst dieser Anspruch nur erhoben werden darf, wenn und soweit die europarechtlichen Vorschriften unmittelbar anwendbar sind; vgl. für viele Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 11 Rn. 33.

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rangs in der Gewaltenteilung wurzelt und darin besteht, die Kompetenz und Gestaltungsfreiheit des zur Verfassungsausgestaltung im Allgemeinen und zur „Konfliktlösung“ im Besonderen „primär“ berufenen Gesetzgebers zu schützen, so kann jener Vorrang nur soweit gehen, wie der zu schützende Gesetzgeber ihn tatsächlich überhaupt beansprucht und rechtlich beanspruchen darf255. Die zuletzt genannte Grenze ist mit der schon oben behandelten Unzumutbarkeitsschwelle erreicht. Die zuerst Genannte ist dagegen eine Frage der Auslegung des konkreten Gesetzesrechts, die nicht mit der pauschalen Annahme übersprungen werden darf, aus der Einräumung subjektiver einfachgesetzlicher Rechte in einer Hinsicht sei ohne weiteres zu schließen, der Gesetzgeber erhebe in allen anderen Fällen einen Anspruch auf den Ausschluss von aus der Verfassung abgeleiteten Rechten. Ob das so ist, kann nur die Gesetzesinterpretation im Einzelfall zeigen. IV. Fazit – Auslegungsabhängige Eingriffsbestimmung Nach alledem kann zusammengefasst werden, dass es – anders als es teils im Grundrechtsbereich vertreten wird – jdfs. im Hinblick auf die von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG geschützte Planungshoheit nicht von vornherein ausgeschlossen ist, bei der Erteilung einer Baugenehmigung für privates (Bau-)Verhalten in eingriffsrechtlichen Kategorien zu denken. Ob eine Genehmigung im Einzelfall als Eingriff anzusehen ist, kann andererseits auch nicht pauschal – insbesondere nicht entlang einer Linie von „definitionsgesetzwidrigen“ und „definitionsgesetzgemäßen“ Genehmigungen – beantwortet werden, sondern hängt maßgeblich von der Auslegung des einfachen Gesetzes ab, das einen Eingriff beim Vorliegen unzumutbarer Auswirkungen nicht mehr verneinen, ihn zuvor aber – insbesondere durch die Einräumung subjektiver Rechte, nicht aber allein dadurch – bejahen kann. Diese Auslegung wird angesichts der vom Gesetzgeber konkret ge-

255 Insoweit im Ansatz ähnlich stellt auch Scherzberg, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 15 f., ders., Jura 2006, 839 (842), auf die Reichweit des Anwendungsanspruchs des einfachen Gesetzes ab; er geht dabei aber mit der Aufstellung eines „Vermutungssatzes“ zu weit, wonach „im Zweifel“ nicht anzunehmen sei, dass das einfache Gesetzesrecht „verfassungsrechtliche Steuerungsimpulse“ ausschließen, sondern sich auf die „Zuweisung von Rechtsmacht zur Durchsetzung der gesetzlichen Konfliktlösung“ beschränken wolle (Hervorhebung jeweils im Original). Diese These ignoriert, dass eine „gesetzliche Konfliktlösung“ i. a. R. gerade darin besteht, verfassungsrechtlich geschützte Interessen zu einem Ausgleich zu bringen, und sich deshalb grundsätzlich auch zu der Frage verhalten wird, wie es die „verfassungsrechtlichen Impulse“ konkretisieren will. Daher kann nicht mit einer in die eine oder andere Richtung weisenden „Vermutungsregel“ operiert werden, sondern nur mit einer einzelfallbezogenen Analyse des jeweils einschlägigen einfachrechtlichen Normenkomplexes. – S. ferner Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.cc.: „Dies [scil.: der Ausschluss eines Rückgriffs auf Verfassungs- durch einfaches Recht] kann aber nur innerhalb der Reichweite der unterverfassungsrechtlichen Bestimmungen gelten“.

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wählten Systematik für jeden der in §§ 29 ff. BauGB vorgesehenen Planbereiche gesondert durchzuführen sein.

B. Die Rechtfertigung von baugenehmigungsbedingten Eingriffen in die Planungshoheit Legt man die soeben vertretenen Maßstäbe zugrunde, sind Baugenehmigungen unter bestimmten Umständen als Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde anzusehen. Dieser Zwischenbefund muss die Frage nach sich ziehen, ob ein solcher Eingriff im interkommunalen Konflikt aus verfassungsrechtlicher Sicht überhaupt Schranken unterliegt (I.) und welcher Art diese Schranken ggf. sind (II.–III.), weil erst dann feststeht, unter welchen (weiteren) Voraussetzungen Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG im Verwaltungsprozess als „verletztes Recht“ angeführt werden kann. I. Die Konzeption des Gesetzesvorbehalts im interkommunalen Konflikt Nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ist den Gemeinden das Selbstverwaltungsrecht – und damit nach dem oben Gesagten auch die Planungshoheit – „im Rahmen der Gesetze“ gewährleistet. Es ist heute weitgehend unstreitig, dass die Wendung „im Rahmen der Gesetze“ nicht nur eine Ausgestaltungsberechtigung (und einen solchen -auftrag) zugunsten des Gesetzgebers256 umschreibt, sondern zugleich auch eine Ausübungsbeschränkung in Bezug auf die Exekutive darstellt257. Im Bereich der Grundrechte wird freilich teils die Ansicht vertreten, dass Eingriffe, die nicht „klassischer“, sondern „bloß“ faktischer Natur seien, keinem Gesetzesvorbehalt unterliegen sollten258. Dieser Vorschlag wird von dem Ge256 Vgl. dazu oben § 2 A. I. 2. a), und Brohm, DÖV 1989, 429 (431); Magen, JuS 2006, 404 (407); s. auch Blümel, in: v. Mutius (Hrsg.), v. Unruh-FG, S. 265 (302 f.). 257 In diesem Sinne Stern, in: Dolzer u. a. (Hrsg.), BK-GG (Zweitb.), Art. 28 Rn. 115 („Jede nicht gesetzlich fundierte Ingerenz in den Bereich der kommunalen Selbstverwaltung ist verfassungswidrig“); ebenso Tettinger, Ingerenzprobleme, S. 44; ferner Brohm, DÖV 1989, 429 (438); Schenke, Bergbau, S. 97; wohl auch Bethge, in: v. Mutius (Hrsg.), v. Unruh-FG, S. 149 (166 f.); Blümel, in: v. Mutius (Hrsg.), a. a. O., S. 265 (299); Ehlers, DVBl. 2000, 1301 (1306); Frenz, DV 28 [1995], 33 (38 Fn. 40); grundsätzlich (zumindest für finale, offen lassend dagegen für nur faktische Eingriffe) auch v. Mutius, in: dems. (Hrsg.), a. a. O., S. 227 (250 f., 252); ders., Jura 1982, 28 (37 f.): „Administrative Beschränkungen kommunaler Selbstverwaltung sind dann nicht mehr vom Vorbehalt des Gesetzes erfasst und somit verfassungswidrig, wenn eine hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage fehlt, deren Voraussetzungen nicht erfüllt sind oder aber die Maßnahme über das Ziel der Ermächtigung hinausgeht“; im Ergebnis auch Welti, JA 2006, 871 (872).

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danken getragen, dass eine Erweiterung des Eingriffsbegriffs nicht mit einer Überforderung des Gesetzgebers einhergehen dürfe. Da dieser nicht sämtliche Auswirkungen nicht-finaler Eingriffe vorhersehen könne, sei es sinnlos, von ihm „Unmögliches“ – nämlich gesetzliche Grundlagen selbst für unabsehbare Beeinträchtigungen – zu verlangen. Da sich auch der interkommunale Streitfall, wie gezeigt, ausschließlich um faktische Beeinträchtigungen dreht, könnte man auf dem Boden dieser Auffassung erwägen, ob Eingriffe dieser Art ihrer Natur wegen vom formellen Rechtfertigungsbedürfnis einer gesetzlichen Grundlage befreit sind. Das ist indes nicht der Fall. Die These vom Verzicht des Gesetzesvorbehalts bei „nur“ faktischen Eingriffen überzeugt schon im Grundrechtsbereich nicht, weil es insoweit ausreicht, ggf. abhängig vom Grad der Vorhersehbarkeit Abstriche an die Bestimmtheit der jeweiligen Grundlage zu machen, ohne dass deshalb das ganze Vorbehaltskind mit dem faktischen Bade ausgeschüttet werden müsste259. Jedenfalls im interkommunalen Konflikt aber ist nicht einzusehen, warum dort auf das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage verzichtet werden sollte. Denn es kann schwerlich gut behauptet werden, dass es für den Gesetzgeber nicht vorhersehbar wäre, dass Auswirkungen eines Bauvorhabens (auch weit) über die Grenzen des Baugrundstücks hinausreichen würden. Anders mag man allenfalls für unerhebliche Auswirkungen urteilen, die nach hier vertretener Ansicht aber ohnehin aus dem auf die Planungshoheit bezogenen Eingriffsbegriff herausfallen260. Somit ist an dem sich aus der Wortlautauslegung ergebenden Ergebnis festzuhalten. Eingriffe des Trägers der Baugenehmigungsbehörde – sei jener die Standortgemeinde oder das Bundesland – in die Planungshoheit einer Nachbargemeinde sind nur dann zulässig, wenn sie sich auf eine gesetzliche Grundlage stützen können. Was daraus im Einzelnen für Baugenehmigungen folgt, die im Einklang (II.) bzw. Widerspruch (III.) zum einfachen Gesetzesrecht erteilt wurden, soll im Folgenden erörtert werde. II. Die Rechtfertigung von gesetzmäßigen Baugenehmigungen Hat der Gesetzgeber eine konturierende Regelung geschaffen und hält sich eine Baugenehmigung in deren Rahmen, so kann sie nach dem oben Gesagten grundsätzlich keinen Eingriff mehr in die Planungshoheit der Nachbargemeinde

258 Vgl. Gallwas, Faktische Beeinträchtigungen, S. 94 ff.; Isensee, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), HdBStR, Bd. V, § 111 Rn. 68; Jachmann, ZBR 1994, 1 (10 f.); SchmidtAßmann, Ordnungsidee, S. 70 ff. 259 Gegen die Aufgabe des Gesetzesvorbehalts bei faktischen Eingriffen denn auch Jarass/Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 47 m.w. N. 260 S. dazu unter § 13 A. III. 2. a), u. bereits oben unter § 1 A. II. 2. d).

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begründen261. In diesem Fall stellt sich die Frage nach ihrer Rechtfertigung nicht mehr. Anders wäre dagegen der o. g. Ausnahmefall zu beurteilen, der einträte, wenn sich herausstellen sollte, dass der Gesetzgeber bei der Konturierung von Planungshoheit und Eigentumsrecht die ihm dabei gezogenen verfassungsrechtlichen Grenzen überschritten hat, indem er der Nachbargemeinde selbst unverhältnismäßige (unzumutbare) Auswirkungen zumutet262. In diesem Fall erwiese sich die gesetzliche Regelung als verfassungswidrig und könnte daher auch den in Rede stehenden Eingriff nicht rechtfertigen. In dieser Ausnahmekonstellation wäre mithin der durch eine Baugenehmigung bewirkte Eingriff zugleich stets rechtswidrig. III. Die Rechtfertigung von gesetzeswidrigen Baugenehmigungen Gleiches gilt für den Fall, dass eine gesetzeswidrige Baugenehmigung für ein Vorhaben erteilt wurde, das mit unzumutbaren Auswirkungen auf die Nachbargemeinde verbunden ist. Damit ist aber nicht gesagt, dass ein solcher Automatismus auch dann besteht, wenn eine gesetzeswidrige Baugenehmigung nach der Wertung des Gesetzes zwar bereits unterhalb dieser Schwelle als Eingriff anzusehen ist, dabei aber lediglich gegen nicht-drittschützende Bestimmungen verstößt. Da Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG den Gemeinden das Selbstverwaltungsrecht „im Rahmen der Gesetze“ gewährleistet, spricht dieser Wortlaut zumindest bei unbefangener Betrachtung dafür, dass ein solcher Eingriff nur dann gerechtfertigt sein kann, wenn er diesen „Rahmen“ auch in jeder Hinsicht einhält. Diese Auffassung läuft freilich auf die Annahme hinaus, Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG vermittle den Gemeinden nicht nur eine subjektive Rechtsstellung gegen „gesetzlose“, sondern – weitergehend – auch eine gegen „gesetzwidrige“ Beeinträchtigungen263. Dieses Ergebnis wiederum lässt sich nur dann halten, wenn man bereit ist, die aus der „Elfes“Rechtsprechung bekannten und dort für Grundrechte entwickelten Grundsätze auch auf das verfassungsunmittelbare subjektive Recht der Gemeinden aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG zu übertragen. Ob diese Übertragung zulässig ist, soll daher im Folgenden überprüft werden. Dazu soll nach einem Blick auf die Elfes-Formel (1.) die Haltung des BVerfG (2.), der Verwaltungsgerichte (3.) und der Literatur (4.) zu einer etwaigen Übertragbarkeit dieser Formel untersucht werden, um darauf aufbauend zu dieser Frage Stellung nehmen zu können (5.). 261

Näher dazu unter § 13 A. III. S. § 13 A. III. 2. 263 Dass beides nicht notwendigerweise miteinander verbunden sein muss, betonen zurecht Krebs, in: Erichsen u. a. (Hrsg.), Menger-FS, S. 191 (204); Kube, JuS 2003, 111 (112, 116). 262

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1. Die „Elfes“-Rechtsprechung des BVerfG und ihre prozessualen Folgen Nach Art. 2 Abs. 1 GG hat jeder das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. In seiner „Elfes“Entscheidung aus dem Jahre 1957 hat das BVerfG dazu zunächst entschieden, dass mit dem Begriff der freien Entfaltung der Persönlichkeit nicht etwa nur ein „Kernbereich der Persönlichkeit“ geschützt, sondern die Handlungsfreiheit im umfassenden Sinne gemeint sei264. Gleichsam als Korrelat265 zu diesem extensiven Verständnis des Schutzbereichs legte es den in Art. 2 Abs. 1 GG verwendeten Schrankenbegriff der „verfassungsmäßigen Ordnung“ mit Blick auf den Kreis der Normadressaten und auf die Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift ebenfalls weit als „verfassungsmäßiger Rechtsordnung“ aus266. Dem möglichen Einwand, Art. 2 Abs. 1 GG drohe bei einem solchen Verständnis ähnlich wie die Grundrechte unter der Weimarer Reichsverfassung, „leerzulaufen“267, weil er damit unter einen allgemeinen Gesetzvorbehalt gestellt werde, begegnete das Gericht mit dem Hinweis, dass das Bonner Grundgesetz anders als die Reichsverfassung von 1919 strengere Anforderungen an die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen stelle. Diese seien nicht schon dann „verfassungsgemäß“, wenn sie formell ordnungsgemäß ergangen seien, sondern müssten darüber hinaus auch materiell in Einklang mit den obersten Grundwerten der freiheitlich demokratischen Ordnung als der verfassungsrechtlichen Wertordnung stehen. Eine Rechtsnorm könne die Allgemeine Handlungsfreiheit daher nur dann wirksam einschränken, wenn sie all diesen Anforderungen gerecht werde268. Aus seinem materiellrechtlichen Ergebnis hat das BVerfG schon in seiner „Elfes“-Entscheidung gefolgert, dass jedermann im Wege der Individualverfassungsbeschwerde nach (jetzt) Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG geltend machen könne, ein seine Handlungsfreiheit beschränkendes Gesetz gehöre nicht zur verfassungsmäßigen Ordnung, weil es – formell oder inhaltlich – gegen einzelne Ver264

Vgl. BVerfG, Urt. v. 16.01.1957 – 1 BvR 253/56, BVerfGE 6, 32 (36 f.). Vgl. Odendahl, JA 2001, 757 (760): „Wenn und weil es sich bei Art. 2 I GG um ein Grundrecht handelt, das den Schutz des menschlichen Verhaltens umfassend bewirkt, bedarf es auch eines weiten Verständnisses auf der Schrankenseite“; ähnlich Degenhart, JuS 1990, 161 (164); Erichsen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdBStR, Bd. VI, § 152 Rn. 32; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 1, Art. 2 Abs. 1 Rn. 25. 266 Vgl. BVerfG, Urt. v. 16.01.1957 – 1 BvR 253/56, BVerfGE 6, 32 (37 ff., 42). 267 Vgl. zum „Leerlaufen“ der Grundrechte unter der WRV oben unter § 2 A. I. 2. a). 268 Vgl. BVerfG, Urt. v. 16.01.1957 – 1 BvR 253/56, BVerfGE 6, 32 (40 f.); zu der durch die Grundrechte verkörperten „objektiven Wertordnung“ vgl. auch grundlegend dass., Urt. v. 15.01.1958 – 1 BvR 400/51, BVerfGE 7, 198 (205). 265

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fassungsbestimmungen oder allgemeine Verfassungsgrundsätze und damit zugleich gegen sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verstoße269. Praktisch bedeutet dies, dass das BVerfG eine angegriffenen Maßnahme über den „Aufhängehaken“270 des Art. 2 Abs. 1 GG im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde nicht nur an den enumerativ aufgeführten Grundrechtsbestimmungen selbst, sondern auch an objektivem Verfassungsrecht misst271. Eingriffe in die Allgemeine Handlungsfreiheit müssen nun freilich nicht notwendigerweise wie in dem der „Elfes“-Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt durch ein förmliches Gesetz erfolgen, sondern können auch durch untergesetzliche Normen oder Einzelakte bewirkt werden. Da die vom Gericht fortan ständig vertretene272 – freilich nie unumstrittene273 – „Elfes“-Formel in ihrer

269 Vgl. BVerfG, Urt. v. 16.01.1957 – 1 BvR 253/56, BVerfGE 6, 32 (41); dass., Beschl. v. 06.06.1989 – 1 BvR 921/85, BVerfGE 80, 137 (153); s. dazu auch Bethge, DVBl. 1981, 913 (914); Erichsen, Jura 1987, 367 (372 f.); Pieroth, AöR 115 [1990], 33 (35 ff.). 270 Bethge, DVBl. 1981, 913 (915). 271 S. Hoppe/Rengeling, Gebietsreform, S. 78 f.; Bethge, DVBl. 1981, 913 (915); Odendahl, JA 2001, 757 (759). 272 Ausdrücklich bekräftigt und erneut begründet hat das BVerfG seinen Standpunkt in der Entscheidung zum „Reiten im Walde“; vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.06.1989 – 1 BvR 921/85, BVerfGE 80, 137 (152 ff.); seine Haltung spiegelt sich aber auch in zahlreichen anderen Urteilen wider, vgl. nur dass., Beschl. v. 08.01.1959 – 1 BvR 425/52, BVerfGE 9, 83 (87 f.); dass., Urt. v. 14.12.1965 – 1 BvR 413, 416/60, BVerfGE 19, 206 (215 f.); dass., Urt. v. 18.12.1968 – 1 BvR 638, 673/64 u. a., BVerfGE 24, 367 (384 f.); dass., Beschl. v. 15.12.1970 – 1 BvR 559, 571, 586/79, BVerfGE 29, 402 (408); dass., Beschl. v. 08.04.1987 – 2 BvR 909 u. a./82, 64/83 u. 142/84, BVerfGE 75, 108 (154 f.); dass., Beschl. v. 12.11.1997 – 1 BvR 479/92 u. 307/94, BVerfGE 96, 375 (397 f.). 273 Von Vertretern von zwischen der restriktiven Persönlichkeitskerntheorie und der extensiven „Elfes“-Formel liegenden Ansätzen wurde einsbesondere kritisiert, die Auslegung des Art. 2 Abs. 1 GG als Grundrecht der Allgemeinen Handlungsfreiheit widerspreche der historischen Entwicklung der Grundrechte als „punktuelle“ Gewährleistungen und führe zu ihrer „Banalisierung“, überlaste das BVerfG durch eine Ausuferung der Verfassungsbeschwerden und führe letztlich zu einem Verlust an grundrechtlicher Substanz, weil die Erweiterung des Tatbestandes eine Ausdehnung der Grundrechtsschranken erfordere (vgl. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 425 ff. [insb. 428]; sowie das Sondervotum des Richters Grimm zu der „Reiten im Walde“-Entscheidung, BVerfG, Beschl. v. 06.06.1989 – 1 BvR 921/85, BVerfGE 80, 137 [164 ff.]; tendenziell auch Burmeister, JA 1980, 17 [19]). – Dass diese Bedenken aber jedenfalls zu keiner grundsätzlichen Neubestimmung der Auslegung des Art. 2 Abs. 1 GG zwingen, wurde schon vielfach gezeigt (mit überzeugenden Argumenten etwa Degenhart, JuS 1990, 161 [162 ff.]; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck [Hrsg.], GG, Bd. 1, Art. 2 Abs. 1 Rn. 8, 11 ff., 27). Die h. L. (vgl. etwa Kube, JuS 2003, 111 ff.; Odendahl, JA 2001, 757 [759 ff.]; Pieroth, AöR 115 [1990], 33 [43 f.]; i.W. auch Erichsen, Jura 1987, 367 [367 f., 371 f.]; nicht eindeutig Kunig, Jura 1990, 523 [526]) und die übrige Rechtsprechung (vgl. nur BGH, Urt. v. 04.12.1980 – VII ZR 217/80, BGHZ 79, 111 [115]); BVerwG, Urt. v. 26.06.1974 – VII C 36/72, BVerwGE 45, 224 [227 f.]). sind dem BVerfG denn daher auch i.W. gefolgt.

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Anwendbarkeit nicht auf Eingriffe der zuerst genannten Art beschränkt ist, ist es auf ihrer Grundlage „dogmatisch unausweichlich“274 anzunehmen, dass ein durch Verwaltungsakt oder Urteil verursachter Eingriff in die Allgemeine Handlungsfreiheit nicht nur dann Art. 2 Abs. 1 GG verletzt, wenn die diesen Eingriff ermächtigende Norm ihrerseits formell oder materiell verfassungswidrig ist. Eine solche Grundrechtsverletzung liegt vielmehr auch dann vor, wenn „nur“ das bei dem Erlass des jeweiligen Akts zu beachtende einfache Gesetzesrecht unzutreffend angewendet wurde, weil jede fehlerhafte Rechtsanwendung gegen die Bindung der Exekutive und Judikative an das Gesetz verstößt, die in Art. 20 Abs. 3 GG als objektives Verfassungsrecht verankert ist. Es liegt also in der Konsequenz der „Elfes“-Rechtsprechung, dass ein jeder Eingriff nur dann (verfassungs-)rechtmäßig ist, wenn er auf die fehlerfreie Anwendung einer Ermächtigungsnorm zurückgeführt werden kann, die ihrerseits mit dem gesamten höherrangigen Recht zu vereinbaren ist275: „Normen wie Einzelakte“ gehören „nur dann zur ,verfassungsmäßigen Ordnung‘, wenn sie ihrerseits formell und materiell rechtmäßig sind“276. Betrachtet man die Bedeutung dieses Befund für den subjektiven Abwehrgehalt des Art. 2 Abs. 1 GG, so legt dies zunächst die Annahme nahe, der individuelle Grundrechtsträger könne im Wege der Verfassungsbeschwerde nicht nur die etwaige Verfassungswidrigkeit der jeweiligen Ermächtigungsgrundlage, sondern auch jede unzutreffende Anwendung des bei dem Eingriffsakt zu beachtenden einfachen Gesetzesrechts rügen277, Art. 2 Abs. 1 GG werde mithin zum „Grundrecht auf zutreffende Gesetzesanwendung“278. Und in der Tat sprechen einige Formulierungen des BVerfG aus älteren Entscheidungen für ein solch weites Verständnis. So hat es seine Rechtsprechung mehrfach in dem Satz zusammengefasst, Art. 2 Abs. 1 GG umfasse „den grundrechtlichen Anspruch, durch die Staatsgewalt nicht mit einem Nachteil belastet zu werden, der nicht

274 So die treffende Formulierung von Hillgruber/Goos, Verfassungsprozessrecht, 1. Aufl., Rn. 153; ähnliche Wendungen bei Stern, in: Dolzer u. a. (Hrsg.), BK-GG, Art. 93 (Zweitb.), Rn. 678 ff.; zurückhaltender Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/ Klein u. a. (Hrsg.), BVerfGG, Bd. 2, § 90 Rn. 119, der nur von einer „rechtstechnischen Möglichkeit“ spricht. 275 Vgl. nur Alexy, VVDStRL 61 [2002], 7 (11); Bauer, DVBl. 1986, 208 (213); Bethge, DV 15 [1982], 205 (213); Jestaedt, DVBl. 2001, 1309 (1310); Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 124, 126; Kenntner, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), BVerfGG, Kap. A.II.1 Rn. 5; Kube, JuS 2003, 111 (115 f., 118); Odendahl, JA 2001, 757 (759); Roth, Faktische Eingriffe, S. 559; Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 498; dens., Rechtsschutz, S. 319 ff.; dens., DÖV 1986, 305 (308 f.); dens., NuR 1983, 81 (87); dens., WiVerw. 1990, 226 (245). 276 Kube, JuS 2003, 111 (116). 277 Vgl. etwa Odendahl, JA 2001, 757 (760): „Grundrecht auf verfassungsmäßiges Handeln“. 278 Vgl. Kunig, Jura 1990, 523 (525).

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in der verfassungsmäßigen Ordnung begründet ist“279. Dass Art. 2 Abs. 1 GG bei diesem weiten Verständnis eine „Hebelwirkung“ zukommt, die eine „Versubjektivierung“ des in Art. 20 Abs. 3 GG enthaltenen und dort nur objektiv gewährleisteten Rechtsstaatsprinzip nach sich ziehe280, blieb zu keiner Zeit ohne Kritik. Für das BVerfG hätte sein Verständnis an sich zur Folge, dass es bei einer gegen einen Verwaltungsakt oder ein Urteil gerichteten Individualverfassungsbeschwerde nicht nur die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für diesen Akt in jeder Hinsicht auf ihre Verfassungsmäßigkeit prüfen, sondern auch vollumfänglich kontrollieren müsste, ob jegliches bei dem Erlass des fraglichen Akts einschlägige einfache Gesetzesrecht zutreffend angewandt wurde. Diese Konsequenz hätte das Gericht schnell zu einer „Superrevisionsinstanz“281 werden lassen und wäre daher funktionellrechtlich bedenklich gewesen. Das Gericht hat sich deshalb frühzeitig eines prozessualen Mittels bedient, um diese Konsequenz zu vermeiden, indem es den auf die Anwendung einfachen Rechts bezogenen Prüfungsmaßstab282 in der einzelaktsbezogenen Individualverfassungsbeschwerde auf die „Verletzung spezifischen Verfassungsrechts“283 beschränkte. 279 BVerfG, Beschl. v. 08.01.1959 – 1 BvR 425/52, BVerfGE 9, 83 (88); ebenso dass., Urt. v. 14.12.1965 – 1 BvR 413, 416/60, BVerfGE 19, 206 (215); dass., Beschl. v. 15.12.1970 – 1 BvR 559, 571, 586/79, BVerfGE 29, 402 (408); dass., Beschl. v. 15.01.1975 – 2 BvR 65/74, BVerfGE 38, 312 (319 f.); dass., Beschl. v. 10.03.1976 – 1 BvR 355/67, BVerfGE 42, 20 (27 f.); so auch heute noch Maurer, Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 11. 280 Vgl. Erichsen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdBStR, Bd. VI, § 152 Rn. 17; dens., Jura 1987, 367 (368), und das Sondervotum des Richters Grimm zu BVerfG, Beschl. v. 06.06.1989 – 1 BvR 921/85, BVerfGE 80, 137 (167 f.), die der Annahme der Gewährleistung einer „allgemeinen Eingriffsfreiheit“ (freilich mit unterschiedlichen Konsequenzen) ablehnend gegenüberstehen. 281 Der Ausdruck selbst entstammt dem „Lüth“-Urteil, vgl. BVerfG, Urt. v. 15.01. 1958 – 1 BvR 400/51, BVerfGE 7, 198 (207). 282 Jestaedt, DVBl. 2001, 1309 (1315 f.), betont, dass es sich bei der Beschränkung auf die Prüfung „spezifischen Verfassungsrechts“ genau genommen nicht um eine Einschränkung des Prüfungsmaßstabes, sondern um eine solche der Kontrolldichte handele, weil nicht darauf verzichtet werde, bestimmte Grundrechte zum Maßstab der Prüfung zu machen, sondern darauf, bestimmte Verstöße gegen diese Grundrechte im Verfassungsbeschwerdeverfahren zu korrigieren. Dieser Einwand umschreibt zwar die Art und Weise der in Rede stehenden Beschränkung durchaus zutreffend; da aber beide Begriffe in der Literatur und auch vom BVerfG häufig nicht scharf getrennt werden (vgl. die Nachweise ebd.) und diesem Unterschied im hier interessierenden, verwaltungsprozessualen Zusammenhang (anders als u. U. für die Kontrolldogmatik der Verfassungsbeschwerde, vgl. a. a. O. S. 1316 ff.) keine maßgebliche Bedeutung zukommt, soll der wohl geläufigere Begriff des „Prüfungsmaßstabs“ im Folgenden umfassend für alle funktionellrechtlichen – im Gegensatz zu materiellrechtlichen – Einschränkungen Verwendung finden. 283 Grdl. zu dieser sog. Heckschen Formel BVerfG, Beschl. v. 10.06.1964 – 1 BvR 37/63, BVerfG 18, 85 (92 f.); seitdem st. Rspr., vgl. etwa dass., Beschl. v. 14.03.1967 – 1 BvR 334/61, BVerfGE 21, 209 (216); dass., Beschl. v. 09.06.1987 – 1 BvR 510/87, NVwZ 1987, 969; s. auch Stern, in: Dolzer u. a. (Hrsg.), BK-GG, Art. 93 (Zweitb.),

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Dieser – nicht unumstrittenen284 – Lösung ungeachtet wurden in der Literatur aber auch verschiedene Vorschläge unterbreitet, den Umfang der rügefähigen Verstöße gegen objektives Recht nicht erst durch prozessuale Maßnahmen, sondern schon auf der materiellen Ebene des grundrechtlichen Schutzgehaltes einzudämmen. So wurde – auf dogmatisch unterschiedlichen Wegen – vorgeschlagen, einen Abwehranspruch nur bei einem Verstoß gegen solche Normen anzuerkennen, die „Ausdruck der Befugnis des Staates zur Verteilung oder Verkürzung grundrechtlicher Freiheitsinteressen“ seien, wenn also ein „Rechtswidrigkeitszusammenhang“ zwischen Rechtsverstoß und Freiheitsbeeinträchtigung vorliege285. Andere wollen die Anwendung der „Elfes“-Rechtsprechung noch Rn. 678 ff., der herausstellt, dass sich diese Einengung bei Zugrundelegung der „Elfes“-Rechtsprechung nicht materiell, sondern nur prozessual aus der Stellung des BVerfG zu den anderen Gerichten im Rahmen des grundgesetzlichen Rechtsschutzsystems rechtfertigen lässt; ähnlich Jestaedt, DVBl. 2001, 1309 (1312 ff.); vgl. zu dieser funktionellrechtlichen Beschränkung der Kognitionskompetenz des BVerfG auch Degenhart, JuS 1990, 161 (169); Hillgruber/Goos, Verfassungsprozessrecht, Rn. 181 ff.; Kube, JuS 2003, 111 (117); Schenke, DÖV 1986, 305 (309); dens., Bergbau, S. 100 f., 105 f.; krit. Kunig, Jura 1990, 523 (527 f.). 284 Bemängelt wird v. a., dass diese „mehr pragmatische denn dogmatische“ Formel (Hoppe/Rengeling, Gebietsreform, S. 79) keine klaren Abgrenzungskriterien biete (vgl. dies. a. a. O. S. 79 f., 81; Hermes, VVDStRL 61 [2002], 119 [145 f.]; Krebs, DVBl. 1982, 1043 [1047]; Schenke, Bergbau, S. 102 f.; insoweit auch Bethge, DÖV 1972, 155 [157]; Dietlein, NWVBl. 1992, 1 [2]). 285 Vgl. Erichsen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdBStR, Bd. VI, § 152 Rn. 18; dens., Jura 1987, 367 (368); Krebs, in: Erichsen u. a. (Hrsg.), Menger-FS, S. 191 (204); diesen zust. Kunig, Jura 1990, 523 (525); Scherzberg, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 30; ähnlich Kube, JuS 2003, 111 (116), der die Rüge von objektiven Rechtsverstößen auf solche Normen beschränken will, welche die Entfaltungsfreiheit des Grundrechtsträgers „zu schützen [oder] auszugestalten“ bestimmt seien. Ebenfalls in diese Richtung diejenigen, die ausschließen wollen, dass ein Grundrechtsträger über Art. 2 Abs. 1 GG die Verletzung der Grundrechte Dritter geltend machen kann, weil diese Rechte dergestalt trägerbezogen seien, dass sie ausschließlich den Schutz ihres Inhabers zu dienen bezwecken, wie dies etwa von Roth, Faktische Eingriffe, S. 559 ff. (insb. S. 562 f.), und noch weitergehend von Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 349 ff., befürwortet wird, der nur solche Verfassungsnormen im Rahmen des Art. 2 Abs. 1 GG prüfen will, „die relativ auf das allgemeine Freiheitsrecht des jeweils Betroffenen freiheitsschützenden Charakter haben“ (a. a. O. S. 356), was er nicht nur für die Grundrechte anderer (a. a. O. S. 354 f.), sondern auch für das Gleichheitsrecht desselben Grundrechtsträgers verneint; jedenfalls im Hinblick auf die Grundrechte Dritter – allerdings mit einer wohl nicht materiellen, sondern prozessualen Begründung (mangelnde Selbstbetroffenheit) – im Ergebnis auch BVerfG, Beschl. v. 06.10.1987 – 1 BvR 1086 u. a./82, BVerfGE 77, 84 (101 f.), für eine gleichheitswidrige Behandlung anderer Personen als der Beschwerdeführer; diese Entscheidung wurde allerdings von dems., Urt. v. 28.01.1992 – 1 BvR 1025/82 u. a., BVerfGE 85, 191 (205 f.), wieder eingeschränkt; restriktiv aber immerhin auch noch dass., Beschl. v. 30.11.1988 – 1 BvR 37/85, BVerfGE 79, 203 (209), für einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 5 GG, der eine „Schutznorm zugunsten des nichtehelichen Kindes“ enthalte und „deshalb“ (sic!) vom beschwerdeführenden Vater auch nicht über Art. 2 Abs. 1 GG als Verletzung eines eigenen Rechts geltend gemacht werden könne; eine Berufung auf Grundrechte Dritter dagegen noch befürwortend früher dass., Urt. v. 06.12.1972 – 1 BvR 230/70 u. 95/71, BVerfGE 34, 165 (200); dass., Beschl. v.

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weitergehend von vornherein auf Fälle „klassischer“ Eingriffe in zweipoligen Bürger-Staat-Verhältnissen beschränken und lehnen ihre Übertragung auf den „bloß“ faktisch Drittbetroffenen gänzlich ab286. Das BVerfG selbst hat sich zu restriktiven Vorschlägen dieser Art nicht ausdrücklich geäußert, bediente sich in einigen Entscheidungen aber immerhin des Kriteriums des „Schutzzwecks“ der jeweils in Rede stehenden objektiven Verfassungsnorm, um die Rüge bestimmter Normverstöße als unerheblich behandeln zu können287. Ungeachtet dieser unterschiedlichen Bemühungen, die Bedeutung der „Elfes“-Konstruktion für die Frage des subjektiven Rechtsschutzes zu „konkretisieren“288, ist aber ihre Kernaussage, wonach Eingriffe grundsätzlich nur dann verfassungsgemäß sind, wenn sie mit höherrangigem Recht im Einklang stehen, sowohl für Art. 2 Abs. 1 GG wie auch für die spezielleren Freiheitsrechte heute weitgehend akzeptiert289. 15.01.1975 – 2 BvR 65/74, BVerfGE 38, 312 (320); dass., Beschl. v. 21.06.1977 – 2 BvR 70, 361/75, BVerfGE 45, 272 (295); dass., Beschl. v. 08.07.1982 – 2 BvR 1187/ 80, BVerfGE 61, 82 (112 f.); nach wie vor ebenfalls zust. Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 126. 286 Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 210 ff.; krit. zur Übertragung auf faktische Eingriffe auch Krebs, in: Erichsen u. a. (Hrsg.), Menger-FS, S. 191 (202 ff.). – Ausdrücklich für die Anwendung der „Elfes“-Grundsätze auch auf Fälle faktischer Drittbetroffenheit dagegen Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 126, m.w. N.; auch Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 185, 199 f., sieht dies wohl als auf dem Boden der hier i.W. vertretenen Eingriffsthese (s. § 13 A. II., III.) als konsequent an; vorsichtiger Pietzcker, in: Püttner (Hrsg.), Bachof-FS, S. 131 (145 f.), der „den außer Streit stehenden Bereich“ als verlassen ansieht, aber eine Berufung zumindest in bestimmten Fällen (Schutz der Intim- und Privatsphäre, „Umweltgrundrecht“) für zulässig erachtet (s. a. a. O. S. 148 f.). 287 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.11.1988 – 1 BvR 37/85, BVerfGE 79, 203 (209), zu Art. 6 Abs. 5 GG; dass., Beschl. v. 12.11.1997 – 1 BvR 479/92 u. 307/94, BVerfGE 96, 375 (398), dort freilich im Ergebnis offengelassen; für eine Schutzzweckbetrachtung auch Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein u. a. (Hrsg.), BVerfGG, Bd. 2, § 90 Rn. 109; ähnlich BVerfG, Beschl. v. 16.07.1998 – 2 BvR 1953/95, BVerfGE 99, 1 (8): „Das objektivrechtliche Verfassungsgebot des Art. 28 Abs. 1 GG kann auch nicht über die in Art. 2 Abs. 1 GG verbürgte allgemeine Handlungsfreiheit als subjektives Recht eingefordert werden. [. . .] Die Wahrnehmung [des Wahlrechts] ist nicht Teil der jedem Menschen gewährleisteten freien Entfaltung seiner Persönlichkeit. Die allgemeine Handlungsfreiheit ist umfassender Ausdruck der persönlichen Freiheitssphäre des Menschen und unterscheidet sich damit grundlegend von den im Grundgesetz gewährleisteten politischen Rechten des Aktiv-Status“. 288 So die Charakterisierung des eigenen Begrenzungsvorschlags bei Kube, JuS 2003, 111 (116 a. E.). 289 Vgl. zur Übertragung der „Elfes“-Rechtsprechung auf die spezielleren Grundrechte als negative Statusrechte Bethge, in: v. Mutius (Hrsg.), v. Unruh-FG, S. 149 (167); Degenhart, JuS 1990, 161 (169); Hillgruber/Goos, Verfassungsprozessrecht, 1. Aufl., Rn. 150; Krebs, in: Erichsen u. a. (Hrsg.), Menger-FS, S. 191 (202); Kube, JuS 2003, 111 (117); Pestalozza, in: v. Mutius (Hrsg.), v. Unruh-FG, S. 1057 (1060 f.); Roth, Faktische Eingriffe, S. 559; Schenke, Rechtsschutz, S. 319; dens., NuR 1983, 81 (87); dens., WiVerw. 1990, 226 (245); Stern, in: Dolzer u. a. (Hrsg.), BK-GG, Art. 93 (Zweitb.), Rn. 672; Zuleeg, DVBl. 1976, 509 (515); aus der Rechtsprechung s.

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2. Die Haltung des Bundesverfassungsgerichts zur Übertragung von „Elfes“ auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG Da auch die Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG – insoweit mit Art. 2 Abs. 1 GG vergleichbar – einem Gesetzesvorbehalt unterliegt, könnte man nun auf den ersten Blick vermuten, dass das BVerfG Vergleichbares für die Verletzung der kommunalen Selbstverwaltung vertritt290. Zu der Frage, ob dem Gesetzesvorbehalt in jener Vorschrift insoweit dieselbe materielle Bedeutung zukommt wie in dieser, hat sich das Gericht, soweit ersichtlich, bislang nicht ausdrücklich geäußert. Allerdings liegen mehrere Entscheidungen vor, die sich mit den in einer Kommunalverfassungsbeschwerde anzulegenden Prüfungsmaßstäben befassen. Aus diesen prozessualen Äußerungen wird in der Literatur zum Teil der Schluss gezogen, das Gericht habe sich gegen eine Übertragung der „Elfes“-Rechtsprechung in materieller und prozessualer Hinsicht ausgesprochen. Zutreffend ist dabei die Einschätzung, dass das BVerfG in prozessualer Hinsicht bei der auf Art. 28 Abs. 2 GG gestützten Kommunalverfassungsbeschwerde andere Maßstäbe anlegt als bei der auf Art. 2 Abs. 1 GG (oder ein anderes Grundrecht) gestützten Individualbeschwerde291. Nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG entscheidet das BVerfG „über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung der Gemeinden nach Art. 28 [GG] durch ein Gesetz“. Aus dieser Bestimmung ergibt sich zunächst, dass im Verfahren der Kommunalverfassungsbeschwerde zumindest Art. 28 Abs. 2 GG als unmittelbarer Prüfungsmaßstab heranzuziehen ist. Das Gericht hat aber schon früh entschieden, dass Gesetze, die in den Schutzbereich des Selbstverwaltungsrechts eingreifen, daneben auch an anderen Verfassungsnormen zu messen sind, wenn und soweit diese ihrem Inhalt nach das „verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mitzubestimmen geeignet“ sind292. Zu BVerfG, Beschl. v. 08.01.1959 – 1 BvR 425/52, BVerfGE 9, 83 (87), zu Art. 12 Abs. 1 GG BVerfG, Urt. v. 18.12.1968 – 1 BvR 638, 673/64 u. a., BVerfGE 24, 367 (384 f.), zu Art. 14 Abs. 1 GG. 290 Vgl. Hoppe/Rengeling, Gebietsreform, S. 78. 291 So schon Pestalozza, in: v. Mutius (Hrsg.), v. Unruh-FG, S. 1057 (1060, 1065). 292 S. BVerfG, Urt. v. 20.03.1952 – 1 BvR 267/51, BVerfGE 1, 167 (181): „Die Beschwerdeführerin ist im Rahmen der Verfassungsbeschwerde nach § 91 BVerfGG an sich nur sachbefugt, eine Verletzung des Art. 28 GG zu rügen. Das BVerfG hält sich aber im Interesse einer endgültigen Ausräumung von Zweifeln für verpflichtet, die Übereinstimmung der angefochtenen Gesetzesbestimmungen mit gewissen anderen Normen des Grundgesetzes zu prüfen. Gemeinden und Gemeindeverbände müssen im Rahmen des § 91 BVerfGG als befugt angesehen werden, die Unvereinbarkeit eines Gesetzes mit einer Norm des Grundgesetzes dann zu rügen, wenn diese Norm ihrem Inhalt nach das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mitzubestimmen geeignet ist. Erfordert der Sachzusammenhang diese Auslegung des § 91 BVerfGG, so würde andererseits eine noch weitere Ausdehnung der Rügebefugnis von Gemeinden und Gemeindeverbänden das Recht, eine Normenkontrolle zu beantragen (vgl. Art. 93

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diesen „selbstverwaltungsprägenden“ Vorschriften hat das Gericht bislang Art. 70 GG gerechnet, da dem Bund die Gesetzgebungszuständigkeit für kommunale Angelegenheiten nur ausnahmsweise zustehe293, weiterhin die in Art. 20 Abs. 1 GG verankerten Bundesstaats-294 und Demokratieprinzipien295, grundsätzlich das rechtsstaatliche Willkürverbot296, sowie in bestimmtem Rahmen auch Art. 106 Abs. 5 GG297. Vorschriften des Grundgesetzes, die das Gericht dagegen nicht als „selbstverwaltungsprägend“ ansieht, zieht es nicht als Prüfungsmaßstab heran298. Dieser Befund scheint zunächst die Schlussfolgerung zu erlauben, das Gericht messe Art. 28 Abs. 2 GG nicht dieselbe umfassende Schutzwirkung wie Art. 2 Abs. 1 GG zu. Bei Lichte betrachtet scheint diese Schlussfolgerung aber keineswegs zwingend zu sein. Der referierten Rechtsprechung des BVerfG ist genau genommen nur das verfassungsprozessuale Ergebnis zu entnehmen, dass das Gericht Gesetze, die in die Selbstverwaltungsgarantie eingreifen, in der Tat nicht – und insoweit anders als es bei Art. 2 Abs. 1 GG beeinträchtigenden Gesetzen der Fall ist – umfassend an allen Bestimmungen der Verfassung misst. Daraus kann aber nicht zugleich auch der Schluss gezogen werden, dass Gericht sei auch das Ansicht, der Gesetzesvorbehalt in Art. 28 Abs. 2 GG schütze das Selbstverwaltungsrecht materiell in geringerem Umfang als es derjenige in Art. 2 Abs. 1 GG zu leisten imstande ist. Das Gericht hat aus dem umfangreichen Schutz dieses Gesetzesvorbehalts, wie gezeigt, gefolgert, dass in der IndividualverfassungsbeAbs. 1 Nr. 2, 100 GG), entgegen Wortlaut und Sinn des § 91 BVerfGG ungebührlich ausweiten.“; seitdem st. Rspr., vgl. nur dass., Beschl. v. 15.10.1985 – 2 BvR 1808, 1809, 1810/82, BVerfGE 71, 25 (37); dass., Beschl. v. 26.10.1994 – 2 BvR 445/91, BVerfGE 91, 228 (242, 245); sowie Magen, JuS 2006, 404 (407); dens., in: Umbach/ Clemens (Hrsg.), BVerfGG, § 91 Rn. 53 f.; Benda/Klein, Verfassungsprozeßrecht, Rn. 699; Bethge, DVBl. 1981, 913 (914 f.); dens., DÖV 1972, 155 ff.; Blümel, VerwArch. 73 [1982], 329 (334 f.); Dietlein, NWVBl. 1992, 1 f.; Knemeyer/Wehr, VerwArch. 92 [2001], 317 (342 f.). 293 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.10.1980 – 2 BvR 584, 598, 599, 604/76, BVerfGE 56, 298 (310 f.); zust. Schoch, Jura 2001, 121 (126); Bethge, in: v. Mutius (Hrsg.), v. Unruh-FG, S. 149 (167 f.); noch zweifelnd ders., DVBl. 1981, 913 (914 f.); und gar abl. ders., DÖV 1972, 155 (158), sowie Burmeister, JA 1980, 17 (20, 23). 294 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.10.1980 – 2 BvR 584, 598, 599, 604/76, BVerfGE 56, 298 (311). 295 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.10.1994 – 2 BvR 445/91, BVerfGE 91, 228 (244); ähnlich NdsStGH, Urt. v. 13.03.1996 – StGH 1/94 u. a., NVwZ 1997, 58 (60), zur Parallelvorschrift des Art. 57 Abs. 1 NdsLVerf. 296 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.10.1994 – 2 BvR 445/91, BVerfGE 91, 228 (244). 297 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.10.1985 – 2 BvR 1808, 1809, 1810/82, BVerfGE 71, 25 (37 f.). 298 Vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 26.10.1994 – 2 BvR 445/91, BVerfGE 91, 228 (245): „Maßstab ist in vorliegendem Verfahren allein Art. 28 Abs. 2 GG. Auf Art. 33 Abs. 2 GG hingegen können sich die Beschwerdeführerinnen im Rahmen einer Kommunalverfassungsbeschwerde nicht berufen [. . .]. Entsprechendes gilt vorliegend auch für Art. 3 Abs. 2 und 3 GG.“

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schwerde ein spezifischer und ausdifferenzierter Prüfungsmaßstab anzulegen sei – nicht aber hat es umgekehrt aus dem Prüfungsmaßstab dieser Verfahrensart auf den Schutzgehalt des materiellen Rechts geschlossen. Ebenso wenig wie der tatbestandliche Geltungsbereich eines Grundrechts nach verfassungsprozessualen Gesichtspunkten eingegrenzt werden darf299, kann es aber zulässig sein, aus dem Prüfungsmaßstab in einer anderen Verfahrensart – derjenigen der Kommunalverfassungsbeschwerde nämlich – nun ohne weiteres auf den Schutzgehalt des dort zu erörterten Rechts zu schließen. Denn es ist rechtslogisch durchaus nicht ausgeschlossen, dass der Schutzgehalt eines Rechts inhaltlich weiter reicht, als der Prüfungsumfang eines Verfahrens, in dem die Verletzung dieses Rechts zu erörtern ist300. Allerdings wurde aus einigen jüngeren Entscheidungen des BVerfG gefolgert, das Gericht habe sich darin auch gegen eine Übertragung der „Elfes“-Doktrin auf Art 28 Abs. 2 GG in materieller Hinsicht ausgesprochen301. Diese Auffassung beruht auf Entscheidungen, in denen das Gericht ausgesprochen hat, dass den Gemeinden „kein Recht auf eine umfassende Normenkontrolle“ zu-

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So zutreffend Degenhart, JuS 1990, 161 (163). Eine deutliche Trennung zwischen dem durch Art. 28 Abs. 2 GG gewährten Recht einerseits und der verfahrensrechtlichen Befugnis, dieses durchzusetzen, andererseits etwa bei Bethge, DVBl. 1981, 913 (914); dems., in: v. Mutius (Hrsg.), v. Unruh-FG, S. 149 (168); oder bei Stern, Staatsrecht, Bd. I, S.415 Fn. 100 („Eine andere Frage ist es, welche Vorschriften im Rahmen eines kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahrens Prüfungsmaßstab sein dürfen“; Hervorhebung durch d. Verf.); sowie bei Hillgruber/Goos, Verfassungsprozessrecht, Rn. 269; Kube, JuS 2003, 111 (117); und Sachs, BayVBl. 1982, 37 (41 f.). – Dass das BVerfG selbst im Verfahren der Individualverfassungsbeschwerde einer gewissen, funktionellrechtlich bedingten Beschränkung des Prüfungsrahmens unterliegt, die es ihm verwehrt, ausnahmslos jeden Verstoß gegen Grundrechte zu „sehen“ (so das treffende Bild bei Hillgruber/Goos, Verfassungsprozessrecht, 1. Aufl., Rn. 161, 268), wurde bereits oben gezeigt [s. den vorhergehenden Abschnitt unter § 13 B. III. 1.]. Ganz in diesem Sinne führt auch der VerfGH NW etwa in seinem Urt. v. 01.12.1992 – VerfGH 11/92, NWVBl. 1993, 132 (136), aus, dass der dortige Beschwerdegegenstand „auch im übrigen mit höherrangigem Recht, soweit dieses im Rahmen des vorliegenden Verfahrens Beachtung verlangt, im Einklang“ stehe (Hervorhebung durch d. Verf.), und impliziert damit, dass Art. 78 LVerf., der Art. 28 Abs. 2 GG entspricht, materiell einen weiteren Schutzgehalt hat als er im Prüfungsrahmen der Kommunalverfassungsbeschwerde zum Vorschein kommt; ähnliche Formulierungen finden sich auch in der Entscheidung des NdsStGH, Urt. v. 13.03.1996 – StGH 1/94 u. a., NVwZ 1997, 58 (60 f.), zur Parallelvorschrift des Art. 57 Abs. 1 NdsLVerf., in der er es offen ließ, „ob die beschwerdeführenden Kommunen im Rahmen der kommunalen Verfassungsbeschwerde auch die Verletzung des Gleichberechtigungsgebots, des Rechts auf gleichen Zugang zum öffentlichen Dienst oder der Ungleichbehandlungsverbote wegen des Geschlechts“ geltend machen könnten, weil er in casu jedenfalls einen Eingriff in die Personalhoheit darin sah, dass die Gemeinden durch die angegriffenen Regelungen an der Anwendung der betreffenden Verfassungsnormen gehindert wurden. 301 Etwa von Knemeyer/Wehr, VerwArch. 92 [2001], 317 (343); Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 138. 300

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stünde302. Betrachtet man diese Formulierung isoliert, so könnte sie in der Tat die Annahme nahe legen, das Gericht habe sich umfassend und damit auch in materieller Hinsicht gegen eine Anwendung der „Elfes“-Doktrin auf Art. 28 Abs. 2 GG ausgesprochen. Eine genauere Betrachtung dieser Entscheidungen zeigt aber, dass jene Formulierung aus zweierlei Gründen eine solche Annahme nicht zu rechtfertigen vermag. Zum einen darf nicht übersehen werden, dass das Gericht seine Erkenntnis, den Gemeinden stünde „kein Recht auf eine umfassende Normenkontrolle“ zu, aus einer Auslegung des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG gewonnen hat und nicht aus der des Art. 28 Abs. 2 GG303. Auch diese Aussage ist also ungeachtet ihrer zugestandenermaßen weitreichenden Formulierung eine prozessuale und keine materiellrechtliche. Zum zweiten gaben die den fraglichen Entscheidungen zugrundliegenden Sachverhalte dem Gericht ohnehin keinen Anlass, die Frage zu erörtern, ob die „Elfes“-Doktrin auf Art. 28 Abs. 2 GG zu übertragen sein könnte. So wird der zitierte Satz etwa in einem Kammerbeschluss aus dem Jahre 1994 verwendet, der eine einfachgesetzliche Regelung zum Eigenkapital öffentlich-rechtlicher Sparkassen betraf304. Dort kam das BVerfG indes zu dem Ergebnis, dass die angegriffenen Vorschriften gerade keine Vorgaben für das Sparkassengeschäft träfen und die geltend gemachten Einwände der Beschwerdeführer „keinen spezifischen Bezug zu der Art und Weise der Aufgabenerfüllung“ der Gemeinden aufwiesen. Das Gericht war m. a. W. der Ansicht, dass schon kein Eingriff in den Schutzbereich des Selbstverwaltungsrechts (hier unter dem Aspekt der Eigenverantwortlichkeit) vorlag und deshalb keine „Ausdehnung des Prüfungsmaßstabes“ möglich war305. Diese Aussage allein würde es aber nicht erlauben anzunehmen, das Gericht halte die „Elfes“-Maßstäbe in materieller Hinsicht nicht für auf Art. 28 Abs. 2 GG anwendbar. Denn wenn eine im Wege der Individualverfassungsbeschwerde ange302 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.01.1999 – 2 BvR 929/97, NVwZ 1999, 520 (522); dass., Beschl. v. 23. 09.1994 – 2 BvR 1547/85, NVwZ 1995, 370 (370). 303 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.01.1999 – 2 BvR 929/97, NVwZ 1999, 520 (522): „Da die angegriffenen Regelungen schon den Schutzbereich der Selbstverwaltungsgarantie nicht berühren, ist es den Gemeinden verwehrt, diese Regelungen im Verfahren nach Art. 93 I Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG einer Prüfung am Maßstab der grundgesetzlichen Kompetenzordnung oder des Willkürverbots zuzuführen; dieses Verfahren räumt kein Recht auf eine umfassende Normenkontrolle ein“; s. weiter dass., Beschl. v. 23.09.1994 – 2 BvR 1547/85, NVwZ 1995, 370 (371): „Einen Ansatzpunkt für eine verfassungsrechtliche Überprüfung der angegriffenen Vorschrift im Wege der Kommunalverfassungsbeschwerde, die den Gemeinden und Gemeindeverbänden gerade nicht das Recht auf eine umfassende Normenkontrolle einräumt, bietet [. . .] die Rechtsprechung, die den Prüfungsumfang der Sache nach auf weitere Verfassungsnormen erstreckt, [nicht]“; Hervorhebungen jeweils durch d. Verf. 304 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 23. 09.1994 – 2 BvR 1547/85, NVwZ 1995, 370 f.; diese Entscheidung wird als Beleg für die ablehnende Haltung des BVerfG etwa von Knemeyer/Wehr, VerwArch. 92 [2001], 317 (343 Fn. 230), und Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 138 Fn. 339 (dort mit der Fundstelle DVBl. 1999, 699) angeführt. 305 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 23. 09.1994 – 2 BvR 1547/85, NVwZ 1995, 370 (371).

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griffene Maßnahme der öffentlichen Gewalt den Schutzbereich des als verletzt geltend gemachten Grundrechts „schon nicht berührt“, findet auch dort keine umfassende Prüfung i. S. d. „Elfes“-Rechtsprechung statt, weil diese, wie gezeigt, gerade ein die Handlungsfreiheit einschränkendes Gesetz voraussetzt306. Ähnlich verhält es sich mit der Verwendung der Formulierung von der „nicht umfassenden Normenkontrolle“ in einem Beschluss aus dem Jahre 1999, der die unentgeltliche Wegenutzung für Telekommunikationslinien im Gemeindegebiet der beschwerdeführenden Gemeinde betraf. Darin schloss das Gericht eine Prüfung des angegriffenen Gesetzes am Maßstab der Kompetenzordnung und des Willkürverbotes aus, „da [sic!] die angegriffenen Regelungen schon den Schutzbereich der Selbstverwaltungsgarantie nicht berühren“307. Auch diese neueren Entscheidungen ändert daher nichts daran, dass sich das Gericht bislang nur darauf festgelegt hat, dass der prozessuale Prüfungsumfang, den es in dem Verfahren einer Kommunalverfassungsbeschwerde bemüht, ein geringerer ist als der in einer Individualbeschwerde – nicht aber zugleich auf einen materiellen Ausschluss der „Elfes“-Doktrin für Art. 28 Abs. 2 GG. Nun könnte man freilich argumentieren wollen, der prozessuale Unterschied lege es aber doch zumindest nahe, dass das Gericht auch einer materiellen Übertragung ablehnend gegenüberstehe, weil sonst kein anderer Grund für diesen Unterschied ersichtlich sei. Dabei würde aber verkannt, dass diese prozessuale Differenz historisch bedingt ist und durchaus auf einem anderen Grund beruht als auf der Annahme einer materiellen Unterscheidung von Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 2 Abs. 1 GG. Denn das Gericht hat seine grundlegende Ausführungen zum Prüfungsmaßstab in der Kommunalverfassungsbeschwerde mit dem Kriterium der „selbstverwaltungsprägenden Vorschriften“ bereits im Jahre 1952 getroffen308. Die „Elfes“-Doktrin konnte es dagegen erst knapp fünf Jahre später 1957 entwickeln309. Die Weichen zum maßgeblichen Prüfungsrahmen in der Kommunalverfassungsbeschwerde waren also schon gestellt, als der „Elfes“-Zug – in eine andere prozessuale Richtung – losfuhr. In dieser historischen Abfolge dürfte der Unterschied für die prozessualen Unterschiede zwischen der Individual- und Kommunalverfassungsbeschwerde liegen, nicht aber in materiellen Erwägungen des BVerfG.

306 Vgl. statt aller Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein u. a. (Hrsg.), BVerfGG, Bd. 2, § 90 Rn. 64: „Auf alle Fälle setzt diese Praxis [scil.: der Kontrolle auch objektiven Verfassungsrechts] schon in der Zulässigkeitsstation die Bejahung eines konkreten, individuellen Grundrechtseingriffs voraus.“; Pestalozza, in: v. Mutius (Hrsg.), v. Unruh-FG, S. 1057 (1060): „Zunächst aber muß auch bei Art. 2 I GG der Schutzbereich überhaupt berührt [. . .] sein“; Roth, Faktische Eingriffe, S. 359. 307 So BVerfG, Beschl. v. 07.01.1999 – 2 BvR 929/97, NVwZ 1999, 520 (522). 308 Vgl. BVerfG, Urt. v. 20.03.1952 – 1 BvR 267/51, BVerfGE 1, 167 (181). 309 Vgl. BVerfG, Urt. v. 16.01.1957 – 1 BvR 253/56, BVerfGE 6, 32 (37 ff., 42).

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Dazu kommt, dass das Gericht diese Weichen zu einem Zeitpunkt gestellt hat, zu dem es, wie gezeigt, die Selbstverwaltungsgarantie noch in viel größerer Nähe zur Weimarer Staatsrechtslehre ausgelegt hat, als es das inzwischen befürwortet310. Sah es damals noch den Schwerpunkt dieser Garantie in einem Schutz der Einrichtung „Gemeinden“ vor einer Aushöhlung durch den Gesetzgeber, mag es nahegelegen haben, den Prüfungsrahmen der Kommunalverfassungsbeschwerde vergleichsweise eng – insbesondere enger als den einer Individualverfassungsbeschwerde – zu ziehen. Es hat sich aber gezeigt, dass das Gericht heute weit über dieses Verständnis hinausgegangen ist und die „reine Lehre“ Carl Schmitts längst hinter sich gelassen hat, indem es anerkannt hat, dass Art. 28 Abs. 2 GG den Gemeinden eine eigene, verfassungsunmittelbare subjektive Rechtsstellung eingeräumt hat. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung mag man es für zweifelhaft halten, ob der enge prozessuale Prüfungsrahmen der Kommunalverfassungsbeschwerde diesem gewandelten Verständnis noch gerecht wird. Jedenfalls ist es angesichts dieser Entwicklung keineswegs „naheliegend“ anzunehmen, der Unterschied in den Prüfungsumfängen sei materiellrechtlich bedingt. Letztlich spricht gerade die erste Entscheidung des Gericht zu dem Umfang des spezifischen Prüfungsrahmens in der Kommunalverfassungsbeschwerde dafür, dass das Gericht in materieller Hinsicht die abwehrrechtliche Relevanz des Gesetzesvorbehaltes nicht grundsätzlich anders beurteilt, als die der Schrankenregelung in Art. 2 Abs. 1 GG. Denn wenn es dort der Frage nachgegangen ist, „ob der Vorbehalt in Art. 28 Abs. 2 GG ,im Rahmen der Gesetze‘ nur Beschränkungen des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden durch den Landesgesetzgeber gestattet“, impliziert das die Aussage, dass „eine in die Länderzuständigkeit auf dem Gebiet des Gemeinderechts eingreifende, daher formell verfassungswidrige Regelung stets und notwendig auch einen Verstoß gegen Art. 28 Abs. 2 GG beinhaltet“311. Nach alledem scheint die Annahme, das BVerfG habe sich bereits endgültig gegen die These ausgesprochen, Art. 28 Abs. 2 GG schütze die Gemeinden materiell insoweit wie Art. 2 Abs. 1 GG „seinen“ Grundrechtsträger vor formell oder materiell rechtswidrigen Ingerenzen, nicht gerechtfertigt. Diese Frage für das Verfahren der Kommunalverfassungsbeschwerde zu erörtern ist vom Standpunkt des Gericht aus freilich müßig, weil darin eine Verletzung des Art. 28 Abs. 2 GG jedenfalls aus prozessualen Gründen nur in dem aufgezeigten Rahmen gerügt werden kann. Deshalb ist die Feststellung aber keineswegs entbehrlich. Denn es ist möglich, dass eine Gemeinde eine Verletzung des Art. 28 Abs. 2 GG auch in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend machen 310

Näher dazu oben unter § 2 A. I. 2. a), dort insb. Fn. 374. Das muss auch Burmeister, JA 1980, 17 (20), konzedieren, der sich a. a. O. gegen eine Parallele zur „Elfes“-Rechtsprechung ausspricht. 311

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kann, das nicht dieselben Beschränkungen im Prüfungsrahmen aufweist312 wie das Verfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG. Dort aber kann sich dann die Frage nach dem materiellen Schutzgehalt des Selbstverwaltungsrechts gegenüber „konkreten“ Maßnahmen stellen. Sollte sich eine solche Situation ergeben, stünde die Rechtsprechung des BVerfG jedenfalls einer Anwendung der „Elfes“Doktrin nicht entgegen. 3. Die Haltung der Verwaltungsgerichtsbarkeit zur Übertragung von „Elfes“ auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG Kommen Grundrechte im verfassungsgerichtlichen Verfahren der Kommunalverfassungsbeschwerde stets als unmittelbarer Prüfungsmaßstab in Betracht, werden sie in verwaltungsgerichtlichen Verfahren von den Gerichten wegen des Vorrangs des einfachen Gesetzesrechts nur eingeschränkt zur Begründung subjektiver Rechte (vgl. §§ 42 Abs. 2, 47 Abs. 2 S. 1 VwGO) herangezogen. Dennoch hatte das BVerwG Gelegenheit zu bekunden, dass es dem BVerfG in der Anwendung der „Elfes“-Formel auf die Grundrechte313 folgt. Ob es diese Formel auch auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG anzuwenden bereit ist, hat es dagegen, soweit ersichtlich, ausdrücklich noch nicht klargestellt. Möglicherweise lässt sich seine diesbezügliche Haltung aber aus der Rechtsprechung zum Bauplanungs- oder Fachplanungsrecht ableiten. a) Die Rechtsprechung zum Bauplanungsrecht Stellt eine Standortgemeinde einen Bauleitplan auf oder wird für deren Gebiet eine Baugenehmigung für ein Vorhaben im Außenbereich erteilt und greifen diese Maßnahmen wegen ihrer Auswirkungen auch in die Planungshoheit der Nachbargemeinde ein, so entsprach es zumindest bis zum Inkrafttreten des EAG Bau st. Rspr., dass sich eine Gemeinde nicht auf einen Verstoß gegen der Ziele der Raumordung bei der Bauleitplanung (vgl. § 1 Abs. 4 BauGB) oder bei der Erteilung der Baugenehmigung (vgl. § 35 Abs. 3 S. 2 BauGB) berufen kann314. Diese Rechtsauffassung könnte die Annahme nahe legen, die Verwaltungsgerichte lehnten eine Übertragung der „Elfes“-Formel auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ab. Denn, so könnte man argumentieren, würde man die „Elfes“-Formel auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG anwenden, so müssten sich die Gemeinden im Falle eines Eingriffs auch auf die Verstöße gegen nur als „objektiv“ verstandene Rechtsnormen berufen können, sodass angenommen werden müsse, dass die

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Vgl. Kube, JuS 2003, 111 (117). Vgl. BVerwG, Urt. v. 26.06.1974 – VII C 36/72, BVerwGE 45, 224 (227 f.). Näher dazu oben unter § 1 B.

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

Rechtsprechung, die diese Konsequenz vor 2004 nicht gezogen habe, jene Formel nicht auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG übertragen wolle. Dieser Schluss scheint aber nicht zwingend. So darf nicht übersehen werden, dass es sich bei den in den Fällen des Bauplanungsrechts diskutierten Eingriffen in die Planungshoheit der Gemeinden nicht um unmittelbare rechtliche, sondern „nur“ um mittelbare faktische Beeinträchtigungen handelt. Die Rechtsprechung erlaubt aber auch Grundrechtsträgern, die sich nur als faktisch betroffene Dritte gegen eine hoheitliche Maßnahme – etwa die einem Nachbarn erteilte Baugenehmigung – wehren, nicht ohne weiteres, unter Rückgriff auf Grundrechte und die „Elfes“-Rechtsprechung jeden Verstoß gegen objektives, nicht nachbarschützendes Recht zu rügen, weil sonst die einfachgesetzliche Differenzierung zwischen drittschützenden und nicht drittschützenden Normen unter Verstoß gegen den Gesetzesvorrang umgangen werden könne315. Wenn die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung also bei faktischen Grundrechtseingriffen die Rüge nur objektivrechtlicher Vorgaben grundsätzlich ausschließt, findet dies seinen Grund nicht darin, dass sie die „Elfes“-Formel für auf die Grundrechte unanwendbar hielte, sondern darin, dass sie einen unmittelbaren Rückgriff auf Grundrechte restriktiv handhabt. Wenn dieselbe Rechtsprechung nun einer „nur“ faktisch betroffenen Gemeinde die Berufung auf Ziele der Raumordnung versagt, dann muss auch dies seinen Grund nicht darin finden, dass sie die „Elfes“-Formel für auf Art. 28 Abs. 2 GG nicht übertragbar hält, sondern kann – was nach dem zuvor Gesagten sogar näher liegt – ebenso in ihrem Verständnis von dem Verhältnis von einfachem und Verfassungsrecht begründet sein. Aus der Rechtsprechung zum Bauplanungsrecht scheint mir daher kein eindeutiger Schluss auf die Rechtsauffassung der Verwaltungsgerichte zu jener zunächst nur verfassungsrechtlichen Frage gezogen werden zu können. b) Die Rechtsprechung zum Fachplanungsrecht Möglicherweise legt aber die Rechtsprechung des BVerwG zum Fachplanungsrecht inzwischen die Annahme nahe, das es eine solche Übertragung ablehnt316. Anders als in den zuvor erörterten Fallkonstellationen aus dem Bauplanungsrecht geht es hier um Maßnahmen überörtlicher Planungsträger, welche die Gemeinde nicht lediglich faktisch, sondern rechtlich betreffen, indem Flächen des Gemeindegebiets für bestimmte Vorhaben ummittelbar in Anspruch genommen werden. Einer fachplanerischen Entscheidung geht regelmäßig eine Abwägungsentscheidung voraus. Greift nun eine natürliche Person als Grundrechtsträger einen 315 S. zur Haltung des BVerwG zur Frage eines normexternen Rückgriffs auf Art. 14 GG o. unter § 13 A. I. 1. a). 316 So wohl die Einschätzung bei Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 138 (Fn. 339).

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Planfeststellungsbeschluss an, kann sie im Rahmen der Anfechtungsklage nach der – freilich nicht unumstrittenen317 – Rechtsprechung zwar verlangen, dass bei der Abwägungsentscheidung eine gerechte Abwägung der eigenen Belange mit entgegenstehenden anderen Belangen stattfindet, wegen der Beschränkung jener Klageart auf die Verteidigung eigener subjektiver Rechte hat sie aber keinen Anspruch darauf, dass die Belange auch anderer Beteiligter gerecht abgewogen sind oder dass die Planung insgesamt und in jeder Hinsicht auf einer fehlerfreien Abwägung beruht318. Etwas anderes gilt allerdings nach Ansicht des BVerwG dann, wenn die angegriffene Maßnahme dem Kläger ein Eigentumsrecht endgültig entzieht. In diesen Fällen nimmt auch die Rechtsprechung eine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle anhand eines objektiven Prüfungsmaßstabs vor, sodass ein Privater bei einem Planfeststellungsbeschluss mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung eine Überprüfung der Einhaltung des Abwägungsgebots auch in Bezug auf öffentliche, nicht seinem Schutz dienende Belange verlangen kann. Der Bürger müsse nämlich eine unmittelbare Inanspruchnahme seines Eigentums als absolutes Recht nur hinnehmen, wenn die ihn beeinträchtigende Maßnahme in jeder Hinsicht (auch objektiv) rechtmäßig sei, weil Art. 14 Abs. 3 S. 1 GG eine Enteignung nur zum Wohl der Allgemeinheit zulasse und damit eine objektiv rechtswidrige Enteignung ausschließe319. In der Literatur und der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung war nun lange Zeit umstritten, ob ein solcher umfassender Maßstab auch für den Fall anzulegen sei, dass die überörtliche Planung eines staatlichen Planungsträgers die bereits in Bauleitplänen der Gemeinde konkretisierte Planungshoheit der Gemeinde beeinträchtigt. Teilweise wurde dies befürwortet320 und vorgetra317 Gassner, DVBl. 1981, 4 (8 ff.), etwa kritisiert, dass die Beschränkung auf die „Abarbeitung“ nur der eigenen Belange unzureichend sei; dagegen Busch, in: Knack, VwVfG, § 74 Rn. 6.8.2. 318 BVerwG, Urt. v. 14.02.1975 – IV C 21/74, BVerwGE 48, 56 (65 f.); VGH München, Urt. v. 05.07.1994 – 8 A 93.40054, BayVBl. 1995, 50 (51); s. dazu auch Gassner, DVBl. 1981, 4 (8); Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 126; Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 288. 319 Vgl. BVerwG, Urt. v. 30.05.1984 – 4 C 58/81, NVwZ 1984, 718 (721); dass., Urt. v. 21.03.1996 – 4 C 26/94, BVerwGE 100, 388 (391); dass., Urt. v. 11.01.2001 – 4 A 12/99, DÖV 2001, 692; OVG Saarlouis, Urt. v. 07.03.1986 – 2 R 94/85, DÖV 1987, 496 (497); VGH Kassel, Urt. v. 23.11.1988 – 5 UE 1040/84, NVwZ 1989, 484 (486); VGH München, Urt. v. 05.07.1994 – 8 A 93.40054, BayVBl. 1995, 50 (51); Alexander/Martin, NVwZ 1992, 950 (951 f.); Dürr, in: Knack, VwVfG, § 74 Rn. 134; Wahl, NVwZ 1990, 923 (926 f.); Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 288. 320 Etwa von VGH Kassel, Urt. v. 23.11.1988 – 5 UE 1040/84, NVwZ 1989, 484 (486); Kirchberg/Boll/Schütz, NVwZ 2002, 550 (554 f.); Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 467; Alexander/Martin, NVwZ 1992, 950 (952); Wahl, NVwZ 1990, 923 (927); dems./Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 42 Abs. 2 Rn. 273; offen gelassen von BVerwG, Beschl. v. 26.11.1991 – 7 C 16/89, NVwZ 1992, 787 (788); VGH Mannheim, Urt. v 26.10.1989 – 10 S 2177/88, NVwZ 1990, 487 (488).

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gen, der über eine Anfechtungsklage zu gewährende Rechtsschutz dürfe in einem solchen Fall nicht anders ausfallen als etwa der eines von einer Fachplanungsmaßnahme betroffenen Grundstückseigentümers. Die auf Art. 14 Abs. 3 S. 1 GG gestützte Begründung konnte dafür freilich nicht (unmittelbar) herangezogen werden, wenn man Gemeinden mit der insoweit h. M. für unfähig hält, Träger materieller Grundrechte zu sein321. Rechtssystematisch spreche aber für ein solches Ergebnis, dass die Gemeinde mit Art. 28 Abs. 2 GG die Verletzung eines eigenen absoluten Rechts geltend mache, der insoweit dem Eigentumsrecht aus Art. 14 GG vergleichbar sei322. Davon abgesehen führe eine solche fachplanerische Maßnahme dazu, dass die Planungshoheit der Gemeinde „für alle Zukunft entzogen oder zumindest stark eingeschränkt“ werde, womit der gleiche Gesichtspunkt vorliege, der ihm Rahmen der Rechtmäßigkeitsprüfung beim vollständigen Eigentumsentzug für die Erweiterung des Prüfungsmaßstabes entscheidend sei323. In beiden Fällen gehe es um den endgültigen Entzug einer verfassungsrechtlichen Rechtsposition; wie im Falle des Art. 14 GG die Zuordnung des Eigentums zum Eigentümer zwangsweise aufgehoben werde, werde in dem des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG die Möglichkeit planerischer Gestaltung vereitelt324. Dieser Ansatz traf aber auch auf ablehnende Stimmen in der Literatur325 und – zumindest scheinbar – in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte326. 321 Vgl. insoweit BVerwG, Urt. v. 26.02.1999 – 4 A 47/96, NVwZ 2000, 560; dass., Urt. v. 11.01.2001 – 4 A 12/99, DÖV 2001, 692; VGH Mannheim, Urt. v 26.10.1989 – 10 S 2177/88, NVwZ 1990, 487 (488); VGH München, Urt. v. 05.07.1994 – 8 A 93.40054, BayVBl. 1995, 50 (51); Dürr, in: Knack, VwVfG, § 74 Rn. 135; Kirchberg/ Boll/Schütz, NVwZ 2002, 550 (554); Wahl, NVwZ 1990, 923 (927); anders freilich Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, § 42 Abs. 2 Rn. 275, die offenbar die einfachrechtliche Eigentümerstellung der Gemeinden als ausreichende Grundlage für einen umfassenden Prüfungsanspruch erachten. 322 Vgl. Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 467; Alexander/Martin, NVwZ 1992, 950 (952). 323 So Alexander/Martin, NVwZ 1992, 950 (952); im Ergebnis auch Wahl, NVwZ 1990, 923 (927). 324 Kirchberg/Boll/Schütz, NVwZ 2002, 550 (554). 325 Vgl. Dürr, in: Knack, VwVfG, § 74 Rn. 135; Busch, in: Knack, VwVfG, § 74 Rn. 6.8.2.; Vallendar, UPR 2003, 41 (43); wohl auch Stühler, JuS 1999, 234 (236), der sich allerdings nicht eindeutig festlegt. 326 Eine umfassende Rügebefugnis der Gemeinde hat etwa OVG Saarlouis, Urt. v. 07.03.1986 – 2 R 94/85, DÖV 1987, 496 (497), abgelehnt, das allerdings a. a. O. (S. 496) zuvor schon einen Eingriff in die Planungshoheit verneint hatte („Selbst wenn man davon ausgeht, daß sie [scil: die Planungshoheit] wenigstens in Gestalt des Bebauungsplans ,E.‘ hinreichend konkretisiert und diese Planung wirksam ist, fehlt es doch an jeglichem Anhaltspunkt für deren erforderliche ,nachhaltige‘ beziehungsweise ,gewichtige‘ Beeinträchtigung“); abl. auch der VGH München, Urt. v. 05.07.1994 – 8 A 93.40054, BayVBl. 1995, 50 (52), der a. a. O. freilich ebenfalls der Sache nach bereits keinen Eingriff in die Planungshoheit auszumachen vermochte und deshalb zu dem Schluss kam, dass „die Aspekte, die für ein umfassendes Rügerecht des enteig-

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Eine Gemeinde sollte nach dieser restriktiveren Ansicht auch unter Berufung auf ihre Planungshoheit nur verlangen können, dass eine gerechte Abwägung ihrer eigenen Belange mit entgegenstehenden anderen Belangen stattfinde, nicht aber, dass die Belange anderer Beteiligter gerecht abgewogen würden oder dass etwa die Planung insgesamt und in jeder Hinsicht auf einer fehlerfreien Abwägung beruhe327. Die Forderung, die Rügebefugnis über die drittschützenden Belange hinaus auf alle öffentlichen Belange auszudehnen, berücksichtige nicht, so wurde vorgetragen, dass der Aufhebungsanspruch des Betroffenen „zumindest faktisch gegenüber allen“ wirke und deshalb entsprechendes „individualrechtliches Gewicht“ haben müsse, zumal es sich in der Regel um komplizierte Abwägungsvorgänge handele, die unterschiedlich bewertet werden könnten328. Die Berücksichtigung von Belangen, die nicht speziell der Planungshoheit der Gemeinde zugeordnet seien, verbiete sich auch deshalb, weil es nicht haltbar sei, wenn diese sich gegenüber anderen Planungsträgern z. B. zum gesamtverantwortlichen „Wächter des Umweltschutzes“ aufschwingen könnte329. Ob jedenfalls diese Einwände überzeugen, mag man bezweifeln330. Nichtsdestotrotz hat das BVerwG, nachdem es diese Frage zunächst offen gelassen nend Betroffenen sprechen, [. . .] hier gerade nicht [gelten] und [. . .] sich insbesondere nicht aus Art. 28 Abs. 2 GG“ ableiten ließen. 327 Stühler, JuS 1999, 234 (236). 328 So Busch, in: Knack, VwVfG, § 74 Rn. 6.8.2. 329 Vgl. Vallendar, UPR 2003, 41 (43); ähnlich Sodan, in: dems./Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 42 Rn. 433. 330 So begibt sich das Argument vom erforderlichen „individualrechtlichen Gewicht“ in die Gefahr eines Zirkelschlusses und hilft daher kaum weiter. Denn wenn die Gemeinde ein Recht darauf hat, nur durch in jede Hinsicht rechtmäßige Eingriffe belastet zu werden, weist ein „nur“ objektiv rechtswidriger Planfeststellungsbeschluss durchaus ein „individualrechtliches Gewicht“ auf – der Hinweis setzt also voraus, was er zu beweisen versucht, dass ein solches Recht nämlich nicht besteht. Auch das „Sachwalterargument“ scheint angreifbar. Mit ihm wird zwar das als solches kaum zu beanstandende Ziel verfolgt zu verhindern, dass sich die Gemeinde auf Grund einer mehr oder minder zufälligen Betroffenheit zur Kontrolleurin staatlicher Behörden im Hinblick auf die Wahrung objektiven Rechts erheben könnte. Von einem „mehr oder minder zufälligen“ Anlass kann aber kaum gesprochen werden, wenn der Gemeinde (nur) für den Fall ein Vollüberprüfungsanspruch eingeräumt wird, dass ein solch schwerwiegender Eingriff in ihre Planungshoheit vorliegt, der in seiner Intensität einer Enteignung vergleichbar ist (in diesem Sinne Kirchberg/Boll/Schütz, NVwZ 2002, 550 [554]). Auch das BVerwG, das den Sachwaltergedanken im Hinblick auf eine Klage einer Gemeinde, die auf ihr – verfassungsrechtlich nach Ansicht des Gerichts gerade nicht geschütztes – einfachrechtliches Grundeigentum gestützt war, verwendet hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 – 4 C 26/94, BVerwGE 100, 388 [391]), hat wenig später klargestellt, dass daraus keine Schlussfolgerungen für den Fall gezogen werden können, dass eine Abwägungsentscheidung in das verfassungsrechtliche Selbstverwaltungsrecht eingreift (vgl. BVerwG, Beschl. v. 03.09.1997 – 11 VR 20/96, DÖV 1998, 79). Dementspr. wird das „Sachwalterargument“ auch in der (scheinbar) ablehnenden Entscheidung BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 – 4 A 12/99, DÖV 2001, 692 f., nur in Zusammenhang mit der durch das gemeindliche Grundeigentum vermittelten Position in der Abwägung erörtert, nicht aber in dem der Planungshoheit).

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hatte331, in einem Urteil vom 11.01.2001 entschieden, dass „eine Gemeinde eine fernstraßenrechtliche Planfeststellung im Hinblick auf deren enteignende Vorwirkung nicht mit der Begründung angreifen [könne], öffentliche, sie nicht in ihrer Planungshoheit schützende Belange, wie solche des Umweltschutzes, seien nicht oder nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt worden“332. Dazu hat das Gericht zunächst darauf verwiesen, dass sich ein solch umfassender Prüfungsanspruch nicht aus Art. 14 Abs. 3 S. 1 GG herleiten lasse, weil die Gemeinde kein Grundrechtsträger sei und sich deshalb auf diese Vorschrift nicht berufen könne. Aus dieser Aussage allein könnte jedenfalls noch keine ablehnende Haltung des BVerwG gegenüber einer „Elfes“Übertragung abgeleitet werden, weil auch von den Befürworten eines umfassenden Prüfungsanspruchs nicht bestritten wird, dass ein solcher Anspruch jedenfalls nicht unter Rückgriff auf Art. 14 GG und die enteignende Vorwirkung begründet werden kann, sondern nur im Hinblick auf Art. 28 Abs. 2 GG und einem darauf bezogenen Eingriff von vergleichbarer Intensität. Das Gericht hat aber in den genannten Entscheidung im Anschluss an seine Ausführungen zum Eigentumsrecht der Gemeinden noch knapp festgestellt, dass „[a]uch aus Art. 28 Abs. 2 GG [. . .] kein Recht auf umfassende Überprüfung eines Planfeststellungsbeschlusses unter allen rechtlichen Gesichtspunkten“333 folge. Diese Einschätzung scheint die ablehnende Haltung des Gerichts zunächst dann doch zu implizieren. Bei näherer Betrachtung kommen aber Zweifel an der Richtigkeit dieses Schlusses auf. Denn das Gericht hat seine Ansicht nicht näher begründet, sondern sich auf einen „vergleichenden“ Verweis auf seine Entscheidung vom 26.02.1999334 begnügt335. In der solcherart in Bezug genommenen Entscheidung heißt es in der Tat: „Soweit die [Klägerinnen] geltend machen, der von der künftigen Autobahn ausgehende Lärm und der verkehrsbedingte Anstieg der Schadstoffbelastung der Luft werde die Lebensqualität der Anwohner beeinträchtigen, die Gefahr von Gesundheitsschäden mit sich bringen und den Wert der anliegenden Häuser und Grundstücke mindern, ist ihnen entgegenzuhalten, daß einer Gemeinde nicht deshalb ,wehrfähige‘ Rechte zukommen, weil der Allgemeinheit oder einzelnen Privatpersonen ein Schaden droht [. . .]. Die Klägerinnen können deshalb gegen den Planfeststellungsbeschluß nicht mit Erfolg vorbringen, die Lärm- oder Luftbelastung werde zunehmen und das Vorhaben widerspreche Belangen des Umweltschutzes“336. 331 Noch offen gelassen wurde die Frage in BVerwG, Beschl. v. 03.09.1997 – 11 VR 20/96, DÖV 1998, 79. 332 BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 – 4 A 12/99, DÖV 2001, 692 (LS 1), Hervorhebung durch den Verf.; ähnlich bereits dass., Urt. v. 26.02.1999 – 4 A 47/96, NVwZ 2000, 560. 333 Vgl. BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 – 4 A 12/99, DÖV 2001, 692 (693). 334 BVerwG, Urt. v. 26.02.1999 – 4 A 47/96, NVwZ 2000, 560 ff. 335 Vgl. BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 – 4 A 12/99, DÖV 2001, 692 (693). 336 BVerwG, Urt. v. 26.02.1999 – 4 A 47/96, NVwZ 2000, 560 (562); ähnlich OVG Berlin, Beschl. v. 10.08.1998 – 2 S 8/97, NVwZ 1999, 95 (96).

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Dabei ist aber zu beachten, dass das Gericht in derselben Entscheidung zuvor zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die angegriffene Planung an seinen dazu entwickelten Maßstäben gemessen im konkreten Fall noch keinen Eingriff in die Planungshoheit darstellte. Es wurde bereits gezeigt, dass die Annahme eines Eingriffs in das Selbstverwaltungsrecht nach st. Rspr. zum Fachplanungsrecht grundsätzlich voraussetzt, dass hinreichend konkretisierte Planungen vorliegen, die durch die angegriffene Planung nachhaltig gestört werden337. Diese Voraussetzungen waren in dem fraglichen Fall aber nicht erfüllt338. Wenn damit folglich kein Eingriff in den Schutzbereich des Selbstverwaltungsrechts gegeben war, ist es selbstverständlich, dass auch vor dem Hintergrund der – einen Eingriff, wie gezeigt, voraussetzenden339 – „Elfes“-Formel keine abwägungsrechtlichen Verstöße gegen objektives Recht gerügt werden können. Nicht anders lag aber der Fall in der Entscheidung vom 11. Januar 2001340. Schon aus diesem 337 Vgl. besonders zum Zusammenhang von Planungskonkretisierung einerseits und Eingriff in den Schutzbereich andererseits VGH Mannheim, Urt. v 26.10.1989 – 10 S 2177/88, NVwZ 1990, 487 („[Das Recht auf Planung und Regelung der Bodennutzung im Gebiet der Gemeinde] kann [. . .] durch eine überörtliche Fachplanung, die das Gemeindegebiet berührt, nur dann beeinträchtigt werden, wenn für das betroffene Gebiet bereits eine hinreichend bestimmte gemeindliche Planung [. . .] vorliegt, die durch die Fachplanung nachhaltig gestört wird [. . .].“, Hervorhebung durch den Verf.); Oebbecke, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Hoppe-FS, S. 239 (245 ff.); sowie oben in Fn. 13 des 1. Kap. und dort im Text. 338 Vgl. BVerwG, Urt. v. 26.02.1999 – 4 A 47/96, NVwZ 2000, 560 (562): In dem betreffenden Verfahren hatte der beklagte Planungsträger ausgeführt, dass die erste der beiden klagenden Gemeinden „nicht über einen genehmigten Flächennutzungsplan oder Bebauungsplan für das vorgesehene Gewerbegebiet verfüge und die Entwicklungsmöglichkeiten einer Gewerbeansiedlung [. . .] nicht abgeschnitten würden“. Ferner verblieben dieser Gemeinde „ihrem Bedarf entsprechende Entwicklungsmöglichkeiten für die künftige Festsetzung von Wohngebieten. Diese Darstellung der Planungssituation [. . .] lassen eine Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit nicht erkennen“. Hinsichtlich der zweiten klagenden Gemeinde gelte „Entsprechendes“, weil diese „auf Grund eines bestehenden und zweier in Aufstellung befindlicher Bebauungspläne über Flächen für den Bau von [. . .] Wohneinheiten verfügen werde, die durch die planfestgestellte Trasse nicht beeinträchtigt würden“. Ungeachtet der insoweit mehrdeutigen Formulierung von der Nicht-„Verletzung“ liegt bei diesem Sachverhalt an den Maßstäben des BVerwG gemessen (vgl. die vorhergehende Fn.) schon kein Eingriff in die Planungshoheit vor. 339 S. dazu § 13 B. III. 3. a). 340 Vgl. BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 – 4 A 12/99, DÖV 2001, 692 (693): „Nach der Rspr. des BVerwG kann eine Gemeinde mit eigenen Planungen eine Fachplanung grundsätzlich nur abwehren, wenn ihre eigene Planung hinreichend konkret und verfestigt ist [. . .]. Gegenwärtig ist eine derartige Planung aber noch nicht hinreichend fortgeschritten [. . .]“. Ebenso lag der Fall in den ein umfassendes Rügerecht der Gemeinde ablehnenden Entscheidungen des VGH München, Urt. v. 05.07.1994 – 8 A 93.40054, BayVBl. 1995, 50 (52), und des OVG Saarlouis, Urt. v. 07.03.1986 – 2 R 94/85, DÖV 1987, 496 f. Gleiches gilt auch für die Entscheidungen des BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 – 4 C 26/94, BVerwGE 100, 388 (392 ff.), wo ausdrücklich die Einschätzung der Vorinstanz gebilligt wurde, die Planungen der fraglichen Gemeinde seien nicht hinreichend konkretisiert; und dess., Urt. v. 30.05.1984 – 4 C 58/81, NVwZ 1984, 718 (719).

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Grund dürfte der Rechtsprechung des BVerwG trotz der isoliert betrachtet weiten Formulierung („Auch aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG folgt kein Recht auf eine umfassende Überprüfung eines Planfeststellungsbeschlusses unter allen rechtlichen Gesichtspunkten.“) bei genauer Betrachtung keine eindeutige Absage an eine Übertragung der „Elfes“-Formel auf das Selbstverwaltungsrecht entnommen werden können. Dagegen spricht noch ein weiterer Aspekt. Das BVerwG räumt auch Grundrechtsträgern, wie gezeigt, einen umfassenden Kontrollanspruch nur dann ein, wenn sie von den Wirkungen eines Planfeststellungsbeschlusses in der Intensität einer Enteignung betroffen sind – nicht aber schon dann, wenn der fragliche Eingriff unterhalb dieser Schwelle bleibt. Selbst wenn man nun unterstellen wollte, das Gericht sei etwa in seiner Entscheidung vom 11. Januar 2001 von einem Eingriff in die Planungshoheit der klagenden Gemeinde ausgegangen, ist damit noch nicht gesagt, dass es auch der Ansicht war, dass dieser Eingriff eine einer Enteignung vergleichbare Intensität angenommen hat. Im Gegenteil sprechen Ausführungen in dem genannten Urteil, welche die Situationsbezogenheit der gemeindlichen Position betonen und etwaige „Vorbelastungen“ eher zu deren Nachteil gewichten, für die Annahme, dass das Gericht in dem konkreten Fall nicht davon ausging, dass der angefochtene Beschluss schon ein derart intensives Gewicht aufweisen könne341. Wenn die Gemeinde aber nicht in einer „enteignungsgleichen“, sondern in einer geringeren Intensität in ihrer Planungshoheit betroffen war, kann der Verneinung des Vollüberprüfungsanspruchs nicht auf die Ablehnung „Elfes“-Formel geschlossen werden. Das ergibt sich zumindest mittelbar

nur aus der aus

341 Vgl. BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 – 4 A 12/99, DÖV 2001, 692 (693): „Die Kl. verweist [. . .] insb. darauf, daß ihre gemeindlichen Entwicklungsmöglichkeiten bereits durch andere Flächeninanspruchnahmen, u. a. für militärische Zwecke, und durch ein Überschwemmungsgebiet erheblich eingeschränkt seien. Dies mag ein Gesichtspunkt sein, dem sich eine Planfeststellungsbehörde im Rahmen ihrer Abwägung nicht entziehen kann. Zugleich stellt es aber Teil der Situationsbezogenheit einer Gemeinde dar, auf die nicht stets umfassend Rücksicht zu nehmen ist. Je stärker eine Gemeinde schon von ihrer geographischen Lage oder ihrem sonstigen Austattungspotential her einer Situationsgebundenheit unterliegt, desto eher sind ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, zumutbar [. . .]“; ähnliche, die Intensität des Betroffenseins bestreitende Ausführungen finden sich auch in der ein umfassendes Rügerecht ablehnenden Entscheidung des VGH München, Urt. v. 05.07.1994 – 8 A 93.40054, BayVBl. 1995, 50 (52), und des OVG Saarlouis, Urt. v. 07.03.1986 – 2 R 94/85, DÖV 1987, 496: „Selbst wenn man davon ausgeht, daß sie [scil: die Planungshoheit] wenigstens in Gestalt des Bebauungsplans ,E.‘ hinreichend konkretisiert und diese Planung wirksam ist, fehlt es doch an jeglichem Anhaltspunkt für deren erforderliche ,nachhaltige‘ beziehungsweise ,gewichtige‘ Beeinträchtigung“. Gleiches gilt für die Entscheidung des BVerwG, Urt. v. 26.02.1999 – 4 A 47/96, NVwZ 2000, 560 (562); vgl. dazu erneut BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 – 4 C 26/94, BVerwGE 100, 388 (392 ff.), wo ausdrücklich die Einschätzung der Vorinstanz gebilligt wurde, die Planungen der fraglichen Gemeinde seien nicht hinreichend konkretisiert.

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der Rechtsprechung des BVerfG. Dieses hat sich nämlich im Zusammenhang mit den Rechtsstreitigkeiten um den Ausbau des Verkehrsflughafens „München II“ mit der Ansicht des BVerwG auseinandergesetzt, wonach ein von einem Planfeststellungsbeschluss nachteilig betroffener Grundrechtsträger grundsätzlich – also unterhalb der „Enteignungsschwelle“ – nicht die abwägungsfehlerhafte Behandlung objektiver Belange zu rügen berechtigt ist. Das BVerfG hat nun diese Ansicht gebilligt und ausgeführt, dass auch aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG nicht die „Rechtsmacht erwüchse, im Rahmen der Planabwägung auch gleichgerichtete fremde Belange [. . .] zum eigenen Vorteil geltend machen zu dürfen“342. Da das BVerfG die „Elfes“-Formel aber auf Grundrechte anwendet, bedeutet das zugleich, dass im grundrechtlichen Bereich von der Nichtberechtigung zur Geltendmachung fremder Belange in der Planabwägung durch Grundrechtsträger nicht auf die Unanwendbarkeit jener Formel auf Grundrechte geschlossen werden kann. Dann aber kann auch im Bereich des Selbstverwaltungsrechtes aus der entsprechenden Nichtberechtigung der Gemeinden nicht auf die Unanwendbarkeit jener Formel auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG geschlossen werden. c) Fazit Hier soll nicht verkannt werden, dass die Formulierungen namentlich des BVerwG restriktiv erscheinen und deshalb manches für die Annahme spricht, dass das Gericht, sollte es zum Schwur kommen, die Übertragung der „Elfes“Formel auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ablehnen würde. Seiner bisherigen Rechtsprechung allerdings kann eine eindeutig ablehnende Antwort (noch) nicht entnommen werden. 4. Das Meinungsspektrum in der Literatur zur Übertragung von „Elfes“ auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG In der Literatur wird die Frage einer solchen Übertragung mit unterschiedlichen Argumenten teils im positiven (a), teils im negativen Sinne beschieden (b). a) Befürwortende Stimmen In der Literatur wird vielfach die Ansicht vertreten, für die Selbstverwaltungsgarantie sei eine Parallele zur „Elfes“-Rechtsprechung zu ziehen. Ist das kommunale Selbstverwaltungsrecht vom Schutzbereich her betroffen, schützt es danach ebenso wie die Freiheitsgrundrechte vor allen rechtswidrigen Eingriffen,

342

Vgl. BVerfG, Beschl. v. 09.06.1987 – 1 BvR 510/87, NVwZ 1987, 969.

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unabhängig davon, woraus diese Rechtswidrigkeit des Eingriffs resultiert343. Auch in der Rechtsprechung wurde eine solche Parallele der Sache nach teils – freilich ohne dies dann ausdrücklich auszusprechen – gezogen344.

343 Ausf. Schenke, Bergbau, S. 96 ff.; vgl. weiter dens., Verwaltungsprozessrecht, Rn. 498a, 520a; Schenke, UTR 12 [1990], 69 (94 f.); dens., in: Dichtel/Schenke (Hrsg.), Einzelhandel, S. 13 (61 f.); dens., VerwArch. 90 [1999], 301 (310); Pestalozza, in: v. Mutius (Hrsg.), v. Unruh, S. 1057 (1065 a. E.); Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 415, 423; ders., in: Dolzer u. a. (Hrsg.), BK-GG (Zweitb.), Art. 28 Rn. 115; Hoppe/ Rengeling, Gebietsreform, S. 79, 82 f.; Kopf, Rechtsfragen, S. 332 f.; Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 138; Nickel/Kopf, UPR 2003, 22 (24); Stern/Püttner, Verwaltungsreform, S. 27 f.; Stern, in: Dolzer u. a. (Hrsg.), BK-GG, Art. 93 (Zweitb.), Rn. 813; wohl auch Ehlers, DVBl. 2000, 1301 (1306); ders., NWVBl. 1990, 44 (45); Kirchberg/Boll/Schütz, NVwZ 2002, 550 (554); Schlette, Jura 2004, 90 (92); Welti, JA 2006, 871 (872): „Der Vorbehalt gesetzlicher Regelung ist grundsätzlich ein Vorbehalt rechtmäßiger Gesetzgebung. [. . .] Ein Verzicht auf die Prüfung sonstiger Mängel der formellen Verfassungsmäßigkeit ist daher abzulehnen“; dahin tendierend auch Krebs, DVBl. 1982, 1043 (1046), der die Frage aber letztlich offen lässt; Püttner, AöR 95 [1970], 610 (612), der allerdings ausdrücklich nur die Rechtsprechung des VerfGH Rheinland-Pfalz referiert; Bethge, DV 15 [1982], 205 (213 f.), zumindest für die Frage, ob Kompetenzverstöße gegen Art. 70 ff. GG vorliegen; ebenso ders., in: v. Mutius (Hrsg.), v. Unruh-FG, S. 149 (167 f.), und ders., DVBl. 1981, 913 (914 – „vertretbar“); v. Mutius, Jura 1982, 28 (37), zumindest für finale (offen lassend dagegen für nur faktische) Eingriffe: „Administrative Beschränkungen kommunaler Selbstverwaltung sind dann nicht mehr vom Vorbehalt des Gesetzes erfasst und somit verfassungswidrig, wenn eine hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage fehlt, deren Voraussetzungen nicht erfüllt sind oder aber die Maßnahme über das Ziel der Ermächtigung hinausgeht“; wohl auch Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 14 Rn. 129, der die sog. „Adressatentheorie“ auch auf Gemeinden anwenden will und diese nicht auf Art. 2 Abs. 1 GG, sondern auf Art. 28 Abs. 2 GG stützt. 344 Vgl. VerfGH NRW, Urt. v. 16.04.1982 – 17/78, DVBl. 1982, 1043 f., der a. a. O. eine das in Art. 78 LVerf und Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG verankerte Selbstverwaltungsrecht einer Gemeinde einschränkende Observanz im Rahmen einer landesrechtlichen Kommunalverfassungsbeschwerde auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 3, 4 GG prüft; weiter dens., Urt. v. 09.02.1993 – VerfGH 18/91, 2/92, NWVBl. 1993, 170 (171), der a. a. O. die Ausweisungen in einem Gebietsentwicklungsplan auf ihre Vereinbarkeit mit dem Willkürverbot und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hin untersucht; ferner dens., Urt. v. 01.12.1992 – VerfGH 11/92, NWVBl. 1993, 132 ff., der die angegriffene Verordnung auf ihre Vereinbarkeit mit dem aus „Art. 78 LV in Verbindung mit dem Gleichheitssatz“ abgeleiteten Willkürverbot (a. a. O. S. 136) und dem „Ermächtigungsrahmen“ überprüft; ähnlich verfuhr er bereits in seinem Urt. v. 11.07.1980 – 8/ 79, DVBl. 1981, 216, dem Urt. v. 30.10.1987 – 19/86, OVGE 39, 303 (307 f., 311), und dem Urt. v. 15.12.1989 – VerfGH 5/88, NWVBl. 1990, 51 (52); die jeweils vorgenommene Heranziehung des „allgemeinen Ermächtigungsrahmens“ bedeutet zwar prozessual keine vollumfängliche Überprüfung der Vereinbarkeit des Beschwerdegegenstandes mit der Ermächtigungsgrundlage, sondern beschränkt sich auf die vom Gesetzgeber vorgegebenen „Zielsetzungen“ und „Ermächtigungszwecke“ (vgl. etwa VerfGH NRW, Urt. v. 30.10.1987 – 19/86, OVGE 39, 303 [311]); der VerfGH hat aber in dem Urt. v. 01.12.1992 – VerfGH 11/92, NWVBl. 1993, 132 (136) ausgeführt, dass der Beschwerdegegenstand „auch im übrigen mit höherrangigem Recht, soweit dieses im Rahmen des vorliegenden Verfahrens Beachtung verlangt, im Einklang“ stehe (Hervorhebung durch d. Verf.); diese Formulierung impliziert die Annahme, dass Art. 78 LVerf. und Art. 28 Abs. 2 GG materiell einen weiteren Schutzgehalt aufwei-

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Für eine solche Parallele wird zunächst der Wortlaut des Art. 28 Abs. 2 GG angeführt, nach dem die Selbstverwaltung „im Rahmen der Gesetze“ bestehe. Unterliege somit auch die Selbstverwaltungsgarantie – insoweit mit Art. 2 Abs. 1 GG vergleichbar – einem Gesetzesvorbehalt, spreche das zunächst für eine Gleichbehandlung beider Bereiche345. Ebenfalls für diese Lösung streite der insoweit vergleichbare Regelungsgehalt von Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 28 Abs. 2 GG. Durch die Regelung dieser Vorschrift solle nach Art einer Generalklausel ein kommunaler Dispositionsbereich festgelegt werden – genau wie dies in Art. 2 Abs. 1 GG für den Menschen und die Privatwirtschaft geschehen sei. Der Unterschied zwischen beiden bestehe insoweit nur darin, dass Art. 2 Abs. 1 GG noch durch spezielle Freiheitsrechte für besondere Bereiche unterstützt sei, Art. 28 Abs. 2 GG dagegen nur rudimentär durch Bestimmungen wie Art. 106 Abs. 5 bis 9 GG. Dieser Unterschied ändere aber nichts an der gemeinsamen Grundstruktur: Beide Garantien grenzten einen Bereich aus dem staatlich-gesellschaftlichen Raum aus und unterschieden sich so gesehen lediglich durch die Person des berechtigten Rechtsträgers. Beide könnten deshalb als Generalklauseln verstanden werden, die durch verfassungsrechtlich legitimierte und in Form eines Gesetzes ergangene Eingriffe und Staatsfunktionsvorbehalte bis zum Wesensgehalt eingrenzbar seien346. Diese strukturelle Parallele zwischen Grundrechten und dem Selbstverwaltungsrecht komme besonders bei dem Regime zur Steuerung staatlicher Ingerenzen zum Vorschein. Greife der Gesetzgeber in Grundrechte ein, dürfe er dabei in keinem Fall den Wesensgehalt eines solchen Rechts antasten (Art. 19 Abs. 2 GG), sei aber jenseits dieser „letzten“ Grenze nicht frei, sondern auch in diesem Vorfeld an bestimmte „Schranken-Schranken“ gebunden. Gerade in diesem „Randbereich“ aber erlange die „Elfes“-Formel ihre eigentliche Bedeutung,

sen als er im Prüfungsrahmen der Kommunalverfassungsbeschwerde zum Vorschein kommt; dass der VerfGH NRW diese Ansicht selbst teilen dürfte, hat bereits Schenke, Bergbau, S. 104 f., gezeigt, indem er darauf hinwies, dass der Gerichtshof es durchaus für möglich hält, in „Ausnahmefällen“ mit „Blick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht in eine umfassende Prüfung einfachgesetzlicher Normen ein[zu]treten“ (VerfGH NRW, Urt. v. 30.10.1987 – 19/86, OVGE 39, 303 [313]) und darauf für den Regelfall nur aus funktionellrechtlichen Gründen (Verhältnis zur Fachgerichtsbarkeit) verzichtet. Eine Prüfung des Willkürverbots bei einem Eingriff in das landesverfassungsrechtliche Selbstverwaltungsrecht nimmt auch BayVerfGH, Entsch. v. 16.12.1992 – Vf. 14-Vi-90, BayVBl. 1993, 177 (180), vor, dies allerdings nicht ausdrücklich „im Rahmen“ desselben; der NdsStGH, Urt. v. 13.03.1996 – StGH 1/94 u. a., NVwZ 1997, 58 (60 f.), nimmt zur Parallelvorschrift des Art. 57 Abs. 1 NdsLVerf. eine Überprüfung anhand des Demokratieprinzips vor und lässt offen, ob auch die Verletzung „des Gleichberechtigungsgebots, des Rechts auf gleichen Zugang zum öffentlichen Dienst oder der Ungleichbehandlungsverbote wegen des Geschlechts“ geltend gemacht werden könnte. 345 Vgl. Hoppe/Rengeling, Gebietsreform, S. 78. 346 Vgl. Hoppe/Rengeling, Gebietsreform, S. 82; Stern, AfK 3 [1964], 81 (92).

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indem sie bei Eingriffen in den Schutzbereich jenseits des Wesensgehalts die Subjektivierung der Rechtsordnung durch einen Schutz des Grundrechts vor allen, selbst nur objektiv rechtswidrigen Eingriffen erweitere347. Insoweit aber unterscheide sich das Selbstverwaltungsrecht strukturell nicht wesentlich von einem Freiheitsrecht. Das kommunale Selbstverwaltungsrecht habe im Vergleich zur Rechtslage unter der Weimarer Reichsverfassung nämlich eine entscheidende Stärkung erfahren, indem der den Gemeinden zugewiesene Aufgabenbereich nicht mehr erst einer Ausfüllung durch den Gesetzgeber bedürfe, sondern bereits durch das Grundgesetz zugewiesen worden sei348. Eingriffe des Gesetzgebers in den solcherart zugewiesenen „Schutzbereich“ dieses nunmehr verfassungsunmittelbaren Rechts unterlägen hier wie dort bestimmten verfassungsrechtlichen Anforderungen, die, wie auch das BVerfG (inzwischen) anerkenne, nicht nur eine Überschreitung der Kernbereichsgrenze untersagten, sondern auch jenseits davon im „Randbereich“ des Selbstverwaltungsrechts Schranken aufstellten. Damit sei das eigentliche Anwendungsfeld der „Elfes“-Formel aber eröffnet, sodass nicht einzusehen sei, warum sie nicht auch hier zum Zuge kommen solle349. Der Umstand, dass es sich bei dem Selbstverwaltungsrecht nicht um ein Grundrecht handle, spreche nicht gegen eine Übernahme der „Elfes“-Formel, weil es insoweit entscheidend nur darauf ankomme, dass das Selbstverwaltungsrecht ebenso wie die Freiheitsrechte ein verfassungsunmittelbares, absolutes Recht darstelle, in das aufgrund des Gesetzesvorbehaltes nur durch ein Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden dürfe350. Auch die von der h. M. vertretene These, dass es sich bei der Selbstverwaltungsgarantie um eine institutionelle Garantie handle, könne nicht gegen eine Parallele zur „Elfes“-Doktrin angeführt werden. Zwar sei Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG auf dem Boden dieses Verständnisses einer näheren Ausgestaltung durch den Gesetzgeber bedürftig und zugänglich. Ebenso wenig, wie dieser Befund aber bei einem Eingriff in die Substanz des Säuleneigentums einem Rückgriff auf den Schutzbereich bzw. den Gewährleistungsgehalt der Garantie des Art. 14 Abs. 1 GG entgegenstehe, um daraus einen Schutz auch vor objektiv rechtswidrigen Eingriffen abzuleiten, könne dies bei der Garantie des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG der Fall sein351.

347 348 349 350 351

Vgl. Schenke, Bergbau, S. 98 f. Vgl. Schenke, Bergbau, S. 96 f. Schenke, Bergbau, S. 96 ff. Vgl. Schenke, Bergbau, S. 99. Vgl. Schenke, Bergbau, S. 100.

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b) Ablehnende Stimmen Andere Stimmen in der Literatur lehnen eine Übertragung der „Elfes“-Rechtsprechung dagegen ausdrücklich oder implizit ab352. Einer solchen Übertragung stehe schon die Rechtsnatur der Selbstverwaltungsgarantie entgegen, die gänzlich anders geartet sei als die des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG353. Anders als die Grundrechte, die einen „vorstaatlichen“ und prinzipiell unbegrenzten menschlichen Freiheitsraum schützten und keiner weiteren Rechtfertigung bedürften, sei die „Verteidigungsmöglichkeit“ der Gemeinden „diesen nicht um ihrer selbst willen, sondern ausschließlich zum Zwecke der Aufrechterhaltung der in Art. 28 Abs. 2 GG festgeschriebenen organisatorischen Grundentscheidung für eine dezentrale Verortung der Wahrnehmungszuständigkeiten im unmittelbaren Bezugsfeld zum Bürger verliehen“354. Angesichts dieses grundlegenden Unterschieds könne eine dem Schutz eines menschlichen Freiheitsrechts dienende Rechtsfigur nicht auf das „staatliche“ und stets begrenzte kommunale Selbstverwaltungsrecht übertragen werden, das eben keine „freie Entfaltung der Gemeindepersönlichkeit“355 darstelle. Die Ablehnung der Übertragung der „Elfes“-Rechtsprechung auf Art. 28 Abs. 2 GG sei auch konsequent, wenn man diese Vorschrift – wie es namentlich das BVerfG praktiziere – als Einrichtungsgarantie auslege. Nach dessen „frühere[r], heute in gewissem Umfang erweiterten“356 Rechtsprechung sei die Selbstverwaltungsgarantie als „Gewährleistung eines Kernbereichs“ auszulegen, weshalb das Gericht den Gemeinden auch heute noch „nicht [. . .] (zugleich) ein subjektives Recht [. . .] gegenüber dem Staat“357 gewähre. Infolge dieser Einordnung erscheine die Annahme, dass auch verfassungswidrige Gesetze einen Ein352 Magen, JuS 2006, 404 (407); Benda/Klein, Verfassungsprozeßrecht, Rn. 700; Burmeister, JA 1980, 17 (19 f., 23); Rennert, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), GG, Bd. I, Art. 28 II Rn. 82 (Fn. 127: „skeptisch“); wohl auch Seidel, Nachbarschutz, Rn. 776; Uechtritz, NVwZ 2003, 176 (178); Dietlein, NWVBl. 1992, 1 (4), zumindest soweit damit eine Erweiterung des prozessualen Prüfungsprogramms verbunden wäre; wohl auch Knemeyer/Wehr, VerwArch. 92 [2001], 317 (343), die allerdings auf eine ausdrückliche Stellungnahme dazu verzichten, sondern sich auf eine Darstellung der Rechtsprechung des BVerfG beschränken, der sie eine ablehnende Haltung des Gerichts gegenüber einer Übertragung der „Elfes“-Rechtsprechung entnehmen; ebenso auch noch die Darstellung bei Magen, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), BVerfGG, § 91 Rn. 53 (mit Fn. 136); abl. auch noch Bethge, DÖV 1972, 155 (157 f.). 353 Vgl. insoweit Dietlein, NWVBl. 1992, 1 (5), unter Hinweis auf VerfGH NW, Entsch. v. 04.04.1964 – VGH 1/63, OVGE 19, 308 (314). 354 Vgl. Burmeister, JA 1980, 17 (19), Hervorhebung im Original, der dies a. a. O. als unstreitige „Binsenwahrheit“ bezeichnet. 355 Vgl. Benda/Klein, Verfassungsprozeßrecht, Rn. 700, und insoweit auch Pestalozza, in: v. Mutius (Hrsg.), v. Unruh-FG, S. 1057 (1061), der freilich im Ergebnis die hier vertretene Ansicht teilt (a. a. O. S. 1065). 356 Benda/Klein, Verfassungsprozeßrecht, Rn. 700. 357 Knemeyer/Wehr, VerwArch. 92 [2001], 317 (343).

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

griff rechtfertigen könnten – ein Ergebnis also, das über die „Elfes“-Rechtsprechung gerade ausgeschlossen wäre –, folgerichtig358. Während der Bürger nach Art. 2 Abs. 1 GG nur solche gesetzlichen Einschränkungen seiner Handlungsfreiheit hinnehmen müsse, die formell und materiell mit der Verfassung in Einklang stünden, schütze Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG die Gemeinden nur in einem engeren Bereich, dem ein weiter gesetzgeberischer Gestaltungsraum entspreche359. Gegen die Übernahme der – schon im Bereich der Individualverfassungsbeschwerde nicht unumstrittenen – „Elfes“-Rechtsprechung für die Kommunalverfassungsbeschwerde wurde weiter der Einwand erwogen, dass dadurch möglicherweise die für diese Verfahrensart spezifische Limitierung des Prüfungsmaßstabs aus den Angeln gehoben werde360. An einer solchen „unterschiedslosen Ausdehnung der verfassungsgerichtlichen Kontrolle im kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahren“ sei aber problematisch, dass sie zum einen die Gefahr in sich trage, die Beschränkung der kommunalen Verfassungsbeschwerde auf die Selbstverwaltungsgarantie mit sich zu bringen, und sich dann im Ergebnis nicht mehr wesentlich von der fachgerichtlichen Prüfung untergesetzlicher Rechtssätze durch die Oberverwaltungsgerichte im Rahmen von § 47 VwGO unterscheide361. Wende man die „Elfes“-Rechtsprechung auf Art. 28 Abs. 2 GG an, habe das auch Folgen, die mit der Systematik des Verfassungsprozessrechts nicht zu vereinbaren seien. So könnten sich Gemeinden etwa auf den Verstoß eines Bundesgesetzes gegen die grundgesetzliche Kompetenzordnung berufen. Kompetenzkonflikte dieser Art beträfen aber ausschließlich das Verhältnis von Bund und Ländern und seien daher auch allein in den hierfür den Beteiligten zur Verfü358 So Knemeyer/Wehr, VerwArch. 92 [2001], 317 (343); ähnlich Benda/Klein, Verfassungsprozeßrecht, Rn. 700; ausdrücklich ablehnend dagegen Hillgruber/Goos, Verfassungsprozessrecht, 1. Aufl., Rn. 268. 359 So die Argumentation bei Benda/Klein, Verfassungsprozeßrecht, Rn. 700; insoweit ähnliche Bedenken bei Pestalozza, in: v. Mutius (Hrsg.), v. Unruh-FG, S. 1057 (1061), der sich freilich ohne weitere Auseinandersetzung damit im Ergebnis mit der befürwortenden Ansicht dafür ausspricht, nicht „hinter dem im Bereich der Individualverfassungsbeschwerde erreichten Stand zurückzubleiben“ (a. a. O. S. 1065). 360 Vgl. Bethge, DV 15 [1982], 205 (214), der diesen Einwand erwägt aber letztlich nicht entscheidend zu ihm Stellung nimmt; in DVBl. 1981, 913 (914 f.), hat ders. ihn offenbar nicht als durchschlagendes Argument gegen eine Übertragung der „Elfes“Rechtsprechung angesehen; ähnlich Dietlein, NWVBl. 1992, 1 (4); Krebs, DVBl. 1982, 1043 (1046 f.). 361 Vgl. Dietlein, NWVBl. 1992, 1 (4), der diese Bedenken allerdings zumindest ausdrücklich nur gegen eine Erweiterung des prozessualen Prüfungsrahmens in der Kommunalverfassungsbeschwerde vorbringt, ohne sich dabei abschließend zu der Frage zu äußern, ob Art. 28 Abs. 2 GG (und für seinen Zusammenhang die Parallelvorschrift des Art. 78 LVerf. NRW) deshalb auch einen entsprechend eingeschränkten materiellen Schutzgehalt aufweist (tendenziell gegen eine materielle Parallele zu Art. 2 Abs. 1 GG aber wohl ders. a. a. O. S. 5).

§ 13 Zulässigkeit von Abwehrrechten gegen Baugenehmigungen

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gung stehenden Verfahrensarten des Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 und 3 GG – in denen die Gemeinden mit guten Gründen nicht antragsbefugt seien – auszutragen362. Ähnlich verhalte es sich mit der Geltendmachung objektiver Verfassungsgrundsätze wie der Gemeinwohlorientierung, der Systemgerechtigkeit oder dem Übermaßverbot: „[F]ür die Aufgabe und Fähigkeit, die Einhaltung dieser überwölbenden Verfassungsprinzipen durch den Gesetzgeber verfassungsgerichtlich überprüfen zu lassen, ist die abstrakte Nomenkontrolle geschaffen und sind allein die in diesem Verfahren Antragsberechtigten sachlich [sic!] legitimiert“363. Mit der Zulassung einer solchen Konstruktion sei zugleich auch die „nun wahrhaft ,unsinnige‘, durch keinen Gesichtspunkt gerechtfertigte Konsequenz“ verbunden, dass sich die Gemeinden in „evident verfassungswidriger“ Weise „zum Sachwalter bzw. Wächter der Kompetenzen der Länder gegenüber dem Bund aufwerfen“364. Andere unhaltbare Ergebnisse ergäben sich aber nicht nur im Verfassungs-, sondern auch im Verwaltungsprozess. Ein privater Nachbar etwa könne die Rechtmäßigkeit einer baurechtlichen Zulassungsentscheidung nicht im vollen Umfang überprüfen lassen. Es sei nicht einzusehen, warum für die Gemeinde über Art. 28 Abs. 2 GG etwas anderes gelten solle365. Eine Übernahme der „Elfes“-Formel sei schließlich auch gar nicht erforderlich. Die Vertreter der das Gegenteil befürworteten Ansicht seien von dem Bestreben getragen, Grundsätze wie das Gebot zur Systemtreue oder das Übermaßverbot auch für die Gemeinden wehrfähig zu machen. Dieses Ziel wird von den meisten Anhängern der ablehnenden Ansicht zwar als solches gebilligt366. Zu seiner Erreichung bedürfe es aber keines „dogmatisch dubiosen Rekurses auf die Parallelentscheidung zu Art. 2 [GG]“, weil diese Grundsätze bereits „substantielle Bestandteile der Selbstverwaltungsgarantie“ seien367. 5. Stellungnahme Um beantworten zu können, ob die „Elfes“-Formel im interkommunalen Konflikt zum Tragen kommen kann, sind drei Fragen zu erörtern. Zum einen ist grundsätzlich zu klären, ob diese ursprünglich zu Art. 2 Abs. 1 GG entwi362

So Burmeister, JA 1980, 17 (20), und auch noch Bethge, DÖV 1972, 155 (158). Burmeister, JA 1980, 17 (20), Hervorhebungen im Original. 364 So Burmeister, JA 1980, 17 (20, 23), der a. a. O. von einer „evident verfassungswidrigen Erhöhung der Gemeinden zu Antragsberechtigten und Sachwaltern von Länderkompetenzen im Verfahren des Bund-Länder-Streites“ spricht; insoweit ähnlich Zeiler, GewArch. 1978, 114 (117): „Die Gemeinden sind keine Sachwalter des öffentlichen Interesses, die allgemein die Einhaltung der Gesetze überwachen“. 365 In diesem Sinne Seidel, Nachbarschutz, Rn. 776. 366 Vgl. Bethge, DÖV 1972, 155 (158); a. A. freilich Burmeister, JA 1980, 17 (20, 23). 367 S. Bethge, DÖV 1972, 155 (158 mit Fn. 35). 363

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

ckelte und später auf die spezielleren Grundrechte übertragene Formel auf das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden trotz der Unterschiede der jeweiligen Rechtsträger und der geschützten Rechtsposition überhaupt anwendbar ist (a). Ist das der Fall, wird weiter zu erörtern sein, ob Einschränkungen, die für die Anwendung der „Elfes“-Doktrin im Grundrechtsbereich vorgeschlagen wurden, nicht gleichsam „erst recht“ für den Bereich des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gelten müssen und deshalb zwar nicht einer Übertragung jener Formel auf diese Vorschrift insgesamt, aber doch ihrer Anwendung im interkommunalen Konflikt entgegenstehen. Das betrifft einmal die These, für die „Elfes“-Formel sei jdfs. in Fällen „bloß“ faktischer Drittbetroffenheit kein Raum, zum anderen die Frage, ob die Formel auf Fälle mit einem „Rechtswidrigkeitszusammenhang“ zu beschränken ist (b). a) Übertragbarkeit der „Elfes“-Formel auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG Die Frage, ob Art. 28 Abs. 2 GG den Gemeinden das Recht vermittelt, grundsätzlich jeden Eingriff abzuwehren, der nicht formell und materiell rechtmäßig ist, ist anhand einer Auslegung jener Vorschrift zu ermitteln, die nach allgemeinen methodischen Grundsätzen ihren Ausgang am Wortlaut dieser Vorschrift zu nehmen hat. Wenn es in Art. 28 Abs. 2 GG nun heißt, den Gemeinden sei das Recht gewährleistet, ihre Angelegenheiten „im Rahmen der Gesetze“ in eigener Verantwortung zu regeln, dann spricht das, wie schon einleitend angedeutet, zunächst für die Annahme, dass Beschränkungen dieses Rechts, die nicht in dem „Rahmen der Gesetze“ wurzeln, die Gemeinden auch nicht wirksam an der Ausübung derselben hindern können. Insoweit legt der Wortlaut des Art. 28 Abs. 2 GG sogar in noch stärkerem Maße ein Verständnis im Sinne der „Elfes“-Formel nahe, als das bei demjenigen des Art. 2 Abs. 1 GG der Fall ist, der nicht umfassend „die Gesetze“, sondern zunächst nur „die verfassungsmäßige Ordnung“ anspricht. Wenn das BVerfG diesen Wortlaut, der an anderer Stelle der Verfassung durchaus enger ausgelegt wird368, dennoch im weiten Sinne der „verfassungsmäßigen Rechtsordnung“ insgesamt verstand, dann legt die an der Bedeutung der „gesamten Rechtsordnung“ nähere Formulierung des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ein solches Verständnis erst recht nahe. Nun wäre es rechtsmethodisch nicht ausgeschlossen, dieser Formulierung aus anderen Gründen dennoch in einem engeren Sinne zu verstehen. Dagegen – und damit für eine Übertragung der „Elfes“-Doktrin auch auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG – spricht aber der Grund, der das Gericht bewog, nur die verfassungsmäßige Rechtsordnung als zur Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit geeignet anzuerkennen. Das Gericht hat, wie gezeigt, seine Annahme von dem 368

GG.

Vgl. Kube, JuS 2003, 111 (114), m.w. N. zu Art. 9 Abs. 2, 20 Abs. 3, 98 Abs. 2

§ 13 Zulässigkeit von Abwehrrechten gegen Baugenehmigungen

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weiten Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG in einem ersten Schritt dadurch gleichsam „ausgeglichen“, dass es diesem weiten Schutzbereich einen ebenfalls weiten „allgemeinen“ Gesetzesvorbehalt gegenübergestellt hat, der es dem Gesetzgeber grundsätzlich erlauben sollte, unter im Vergleich zu anderen Grundrechten einfacheren Voraussetzungen einschränkende Regelungen zu treffen. Mit dieser im Jahre 1957 getroffenen Entscheidung, bei der die Erinnerung an die „leergelaufenen“ Grundrechte der Weimarer Reichsverfassung noch besonders präsent gewesen sein musste, musste das BVerfG aber sogleich den Einwand fürchten, dass ein solcher „allgemeiner“ Gesetzesvorbehalt erneut zu einem „Leerlaufen“ des Art. 2 Abs. 1 GG führen werde, weil der Gesetzgeber nun wieder nach eigenem, verfassungsrechtlich nicht weiter gezügeltem Gutdünken über die tatsächliche Reichweite der Allgemeinen Handlungsfreiheit würde bestimmen, diese de facto also würde ausgestalten können369. An dieser maßgeblichen Stelle aber machten die Richter einen entscheidenden Bruch in der Verfassungstradition aus. Anders als unter der Reichsverfassung von 1919 stellte ein „allgemeiner“ grundrechtlicher Gesetzesvorbehalt für den Gesetzgeber keinen „Freibrief“ zur Einschränkung des Schutzbereiches mehr dar, sondern band diesen an materielle und formelle, ihrerseits in der Verfassung wurzelnde Voraussetzungen370. Dieser entscheidende verfassungsrechtliche „Bruch“ vollzog sich aber in paralleler Weise auch für die Selbstverwaltungsgarantie. War diese unter der Weimarer Reichsverfassung noch, wie gezeigt, als reine Einrichtungsgarantie verstanden worden, die erst der Ausfüllung durch den einfachen Gesetzgeber bedurfte, wurde sie im Bonner Grundgesetz zu einer Garantie aufgewertet, die, wie ebenfalls bereits gezeigt, nach inzwischen allen dazu vertretenen Ansichten bereits in der Verfassung selbst mit Inhalten versehen wurde und den einzelnen Gemeinden verfassungsunmittelbare eigene Rechte vermittelt371. Wenn aber der maßgebliche Aspekt für die Auslegung des grundrechtlichen Tatbestandsmerkmals der „verfassungsmäßigen Ordnung“ im Sinne der „verfassungsmäßigen Rechtsordnung“ in dem Umstand zu suchen ist, dass der Gesetzgeber der Bonner Verfassung anders als derjenige der Weimarer auch bei allgemeinen Gesetzesvorbehalten nicht frei, sondern an die formellen und materiellen Vorgaben Verfassung gebunden ist, dann spricht das dafür, dass für einen selbstverwaltungsrechtlichen Gesetzesvorbehalt, der einen vergleichbaren verfassungsrechtlichen Wandel vollzogen hat, auch Vergleichbares gilt. Es ist freilich zu erwägen, ob dieser Vergleich für eine Übertragung der „Elfes“-Formel nicht weit genug reicht, weil er – wie der Sache nach eingewendet wird – an dem Unterschied zwischen „vorstaatlicher“ menschlicher Freiheit einerseits und „staatlichem“ Selbstverwaltungsraum andererseits sein Ende finden 369 S. zum Dilemma der „leerlaufenden Grundrechte“ der Weimarer Reichsverfassung bereits o. unter § 2 A. I. 2. a). 370 Vgl. erneut BVerfG, Urt. v. 16.01.1957 – 1 BvR 253/56, BVerfGE 6, 32 (40 f.). 371 Vgl. oben unter § 2 A. I. 2. a).

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muss. Nun soll das Bestehen dieses Unterschieds als solchem hier durchaus nicht geleugnet werden. Es stellt sich aber die Frage, ob diese Differenz für die Frage der Übertragbarkeit der „Elfes“-Formel überhaupt von Belang ist, ob die Vergleichbarkeit der Regelungen mithin überhaupt so weit reichen muss. Das ist nicht der Fall. Denn betrachtet man die „Elfes“-Entscheidung aus dem Jahre 1957 näher, so zeigt sich, dass nicht die Rechtsnatur oder die besondere Weite des Schutzbereichs des Art. 2 Abs. 1 GG, sondern die Qualität und die Weite des Gesetzesvorbehalts – der Eingriffsermächtigung an den Gesetzgeber also – Grund für den diesbezüglichen Teil der Elfes-Formel waren. In dieser allein entscheidenden Hinsicht aber sind Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 28 Abs. 2 GG vergleichbar: Beide Vorschriften weisen einen weitreichenden Gesetzesvorbehalt auf, beide sollen aber dessen ungeachtet unter der „neuen“ Verfassung nicht wie unter ihrer gescheiterten Vorgängerin dem im Übrigen schrankenlosen Zugriff des Gesetzgebers ausgesetzt werden. Dass es für die Anwendung der „Elfes“Formel nicht auf seine „prinzipiell unbegrenzte“ Weite des fraglichen Rechtsraums ankommen kann, zeigt im Übrigen auch die weitere Entwicklung, welche diese Formel in Rechtsprechung und Lehre genommen hat. Käme es für die Anwendung der „Elfes“-Formel nämlich auf die „unbegrenzte Weite“ des Schutzbereichs an, wäre es kaum als konsequent anzusehen, dass die Formel nach wohl einhelliger Ansicht auch auf die speziellen Freiheitsrechte anwendbar ist, die jeweils nur einen gerade begrenzten Ausschnitt der menschlichen Freiheit gewährleisten372. Aus dem Umstand allein, dass das Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG – insoweit unbestritten – erhebliche Unterschiede zur Natur und Reichweite der dort geschützten Rechtssphäre aufweist, kann mithin kein entscheidendes Argument gegen die Anwendung der „Elfes“-Rechtsprechung auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gewonnen werden, weil jener Unterschied insoweit unerheblich ist373. Damit ist aber noch nicht der Einwand ausgeräumt, dass die „Elfes“-Formel jedenfalls auf eine durch ihre „Ausgestaltungsbedürftigkeit“ geprägte Einrichtungsgarantie nicht passe. Dieser Einwand wird der Sache nach mit dem oben 372 Vgl. zur Trennung der Reichweite des hier erörterten Abwehrgehalts eines Grundrechts von der seines Schutzbereichs auch Kube, JuS 2003, 111 (112), nach dem die Frage, „ob Art. 2 I GG die Abwehr jeglichen rechtswidrigen Eingriffs garantiert, ein Problem der Prüfungsintensität auf der Rechtfertigungsebene [ist]. Art. 2 I GG verbürgt mit der allgemeinen Handlungsfreiheit eine natürliche Freiheit, die der Frage nach dem Abwehrgehalt des Grundrechts innerhalb der Rechtsordnung vorausliegt. [. . .] In welchem Umfang ein Eingriffsakt auf seine Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen ist, ist erst auf der Rechtfertigungsebene zu prüfen.“ 373 Im Ergebnis lehnt es auch Schenke, Bergbau, S. 99, ab, aus der mangelnden Grundrechtsqualität des Art. 28 Abs. 2 GG auf die Unübertragbarkeit der „Elfes“-Formel zu schließen. Er stellt heraus, dass sich wie aus den Freiheitsgrundrechten auch aus jener Vorschrift ein absolutes, gegenüber allen Trägern öffentlicher Gewalt wirkendes Recht ableiten lässt, das im Schutzgehalt eine hinreichende strukturelle Ähnlichkeiten zu jenen Rechten aufweist.

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referierten Argument erhoben, dass Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG nach der „früheren, heute in gewissem Umfang erweiterten Rechtsprechung“374 des BVerfG als „Gewährleistung eines Kernbereichs“ auszulegen sei „und [. . .] nicht [. . .] (zugleich) ein subjektives Recht der Kommunen gegenüber dem Staat“375 gewähre, sodass auch die Annahme, dass auch verfassungswidrige Gesetze einen Eingriff rechtfertigen könnten, folgerichtig sei376. Durchschlagende Gründe gegen die Anwendung der „Elfes“-Formel auf Art. 28 Abs. 2 GG lassen sich aus diesem Verweis auf die mehrheitlich zugrundegelegte Rechtsfigur der Einrichtungsgarantie indes nicht gewinnen. Denn erstens richtet sich das zitierte Argument schon selbst, weil es ausdrücklich nur auf die „frühere (sic!)“ Rechtsprechung des BVerfG abstellt. Das Gericht mag, wie gezeigt, in älteren Entscheidungen in der Tat noch „näher“ an der Auslegung zu Art. 127 WRV und den Thesen Carl Schmitts gewesen sein, diese Ablehnung hat es aber in der Sache, wie ebenfalls bereits gezeigt, längst zugunsten einer das verfassungsrechtliche Selbstverwaltungsrecht stärkenden Interpretation aufgegeben377. Die – wohl auf eine Beseitigung des „Anwendungsgegenstandes“ der „Elfes“-Formel gerichtete – Behauptung, das BVerfG spreche den Gemeinden auch heute noch „ein subjektives Recht gegenüber dem Staat“ ab, ist denn auch nicht haltbar378. Darüber hinaus ist es ohnehin fragwürdig zu argumentieren, der Gesetzgeber dürfe seinen – zweifellos bestehenden – Gestaltungsraum an Art. 28 Abs. 2 GG gemessen in objektiv verfassungswidriger Weise ausnutzen, weil (!) dieser Spielraum im Vergleich zu den Grundrechten und insbesondere zu Art. 2 Abs. 1 GG angeblich weiter sei. Wenn man den Gestaltungsraum des Gesetzgeber bei Art. 28 Abs. 2 GG tatsächlich als „besonders weit“ auffassen will, spricht diese Befund doch vielmehr im Gegenteil dafür, diese dann „schon“ großzügigeren Grenzen „wenigstens“ hinreichend zu kontrollieren. Dafür aber bietet eine Subjektivierung derselben die beste Gewähr379.

374

Benda/Klein, Verfassungsprozeßrecht, Rn. 700. Knemeyer/Wehr, VerwArch. 92 [2001], 317 (343). 376 S. dazu unter § 13 B. III. 4. b). 377 Vgl. oben unter § 2 A. I. 2. a). 378 Dass Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG die Gemeinden „innerhalb des Staatsaufbaus“ auch mit verfassungsunmittelbaren, „eigenen Rechten“ ausstattet, sprach ausdrücklich BVerfG, Beschl. v. 19.11.2002 – 2 BvR 329/97, BVerfGE 107, 1 (11), aus; vgl. in demselben Sinne in st. Rspr. nur dass., Beschl. v. 07.01.1999 – 2 BvR 929/97, NVwZ 1999, 520, dass., Beschl. v. 26.10.1994 – 2 BvR 445/91, BVerfGE 91, 228 (236); sowie dass., Beschl. v. 07.05.2001 – 2 BvK 1/00, BVerfGE 103, 332 (358) zum insoweit inhaltsgleichen Art. 46 Abs. 1 LV Schleswig-Holstein. 379 Im Ergebnis lehnt es auch Schenke, Bergbau, S. 100, ab, aus der Qualifizierung des Art. 28 Abs. 2 GG als institutionelle Garantie Einwände gegen die Übertragung der „Elfes“-Formel abzuleiten. Er verweist dazu auf die ebenfalls ausgestaltungsbedürftige Eigentumsgarantie, aus der unter bestimmten Voraussetzungen auch ein Schutz vor objektiv rechtswidrigen Eingriffen deduziert werden kann. 375

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Hinzu kommt, dass der Verweis auf die traditionelle Auslegung des Art. 28 Abs. 2 GG als „ausgestaltungsbedürftige“ institutionelle Garantie dem BVerfG ein undifferenziertes Vorgehen unterstellt, das dieses nicht praktiziert. Denn es mag sein, dass das Gericht die Selbstverwaltungsgarantie nach wie vor als „ausgestaltungsbedürftig“ ansieht und daraus besondere Prüfungsmaßstäbe für die Beurteilung „allgemeiner“ (heißt: abstrakt-genereller) Regelungen des Gesetzgebers ableitet. Das ändert aber nichts daran, dass auch das Gericht diese Maßnahmen, wie angedeutet380, von „konkreten“ Eingriffen durch Hoheitsträger in das Selbstverwaltungsrecht nur einzelner Gemeinden unterscheidet und diese an Maßstäben misst, deren grundrechtliche Parallele nicht zu verkennen ist. Selbst wenn man also der Rechtsprechung des BVerfG – zu Unrecht – entnehmen wollte, es behandle die Gemeinden dem ausgestaltenden Gesetzgeber gegenüber schlechter als einen Grundrechtsträger, indem es auch objektiv verfassungswidrige Ausgestaltungen der Selbstverwaltungsgarantie für mit Art. 28 Abs. 2 GG vereinbar halte, kann daraus noch nicht ohne weiteres geschlossen werden, es akzeptiere deshalb auch objektiv verfassungswidrige Eingriffe etwa der Exekutive – und nur um solche geht es im vorliegenden interkommunalen Zusammenhang – in die Rechtsstellung einer einzelnen Gemeinde. Vielmehr liegt die gegenteilige Annahme nahe. Denn wenn man die Annahme einer gegenüber Grundrechtsträgern „schwächeren Position“ überhaupt für zutreffend hält, liegt sie in der einrichtungsgarantiebedingten Ausgestaltungsbefugnis des Gesetzgebers, die der Verwaltung gerade nicht zukommt. Selbst von diesem, die Eigenart als „Einrichtungsgarantie“ betonenden Standpunkt aus ist also kein Grund ersichtlich, warum die Verfassung objektiv verfassungswidrige Eingriffe in das Recht (nur) einzelner Gemeinden von anderen Stellen als dem Gesetzgeber mit Art. 28 Abs. 2 GG für vereinbar erachten sollte, wenn sie Vergleichbares für Art. 2 Abs. 1 GG nicht zu akzeptieren bereit ist. Mit diesen Erwägungen allein sind freilich die oben genannten Argumente noch nicht ausgeräumt, bei einer Anwendung der „Elfes“-Formel auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG werde der Bund-Länder-Streit „umgangen“ und die Gemeinden in „evident verfassungswidriger Weise“ zu Sachwaltern insbesondere von Länderkompetenzen „erhoben“. Davon abgesehen, dass es fragwürdig anmutet, aus verfahrensrechtlichen Aspekten materielle Rechtsfolgen ableiten zu wollen381, scheint schon die Grundlage beider Einwände angreifbar. Beide Argumente beruhen auf der Annahme, die Verfassung wolle es allein den Ländern vorbehal380

Vgl. oben unter § 2 A. I. 2. a). Wenn Burmeister, JA 1980, 17 (20, 23), ausführt: „[F]ür die Aufgabe und Fähigkeit, die Einhaltung dieser überwölbenden Verfassungsprinzipen durch den Gesetzgeber verfassungsgerichtlich überprüfen zu lassen, ist die abstrakte Nomenkontrolle geschaffen und sind allein die in diesem Verfahren Antragsberechtigten sachlich [sic!] legitimiert“, schließt er von der Verfahrensart auf die materielle Rechtsposition. Dazu, dass ein solcher Schluss vom Verfahrens- auf das materielle Recht problematisch ist, vgl. Schenke, Bergbau, S. 100. 381

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ten, ihre Kompetenzen zu verteidigen. Das trifft aber in dieser Allgemeinheit nicht zu. Denn dann müsste man es für ebenso „evident verfassungswidrig“ halten, dass auch die Träger individueller Grundrechte die Verletzung der Kompetenzordnung über Art. 2 Abs. 1 GG geltend machen können382, die als nicht dem Staat zuzurechnende natürliche Personen ja sogar „noch weniger“ mit den Kompetenzen der Länder zu schaffen haben als eine landeszugehörige Gemeinde. Selbst wenn man diese Auffassung sogar für richtig halten wollte, weil man die „Elfes“-Konstruktion auch mit dem „Sachwalterargument“ für Art. 2 Abs. 1 GG ablehnt, müsste man aber immer noch sehen, dass auch die Gerichte nach Art. 100 GG Gesetze, die sie für bundesverfassungswidrig halten, dem BVerfG zur Überprüfung vorlegen können und sich damit zu „Sachwaltern“ fremder Belange aufschwingen383. Dagegen könnte man nun argumentieren, dass dieses Sachwaltertum – weil im Grundgesetz ausdrücklich vorgesehen – zulässig und deshalb hinzunehmen sei. Dann aber ist nicht einzusehen, warum der Bund-Länder-Streit bei einer Verfassungsbeschwerde Vorrang genießen sollte, im Verfahren nach Art. 100 GG dagegen nicht. Denn es hängt doch von reinen Zufälligkeiten ab, ob die Normprüfung durch das BVerfG schon von einem mit einem Individualstreit befassten Gericht eingeleitet wird oder nach Erschöpfung des Rechtswegs durch den betroffenen Einzelnen384. Das alles zeigt, dass es keinen abstrakten „Vorrang“ des Bund-Länder-Streites gibt. Deshalb vermag es auch nicht zu überzeugen, die Übertragung der „Elfes“-Formel auf Art. 28 Abs. 2 GG mit aus Art. 93 Abs. 1 GG gewonnenen systematischen Argumenten bestreiten zu wollen. Gegen die grundsätzliche Übertragung der „Elfes“-Formel auf Art. 28 Abs. 2 GG könnte allerdings das von den Gegnern dieser These erwogene Argument sprechen, dass eine solche Übertragung eine Erweiterung der Prüfungsbefugnis der Verfassungsgerichte mit sich bringen müsste, die diese überlasten und in funktionellrechtlich bedenklicher Weise in die Nähe der Verwaltungsgerichte rücken würde. Dass dieses Argument aber ebenfalls nicht verfängt, hat bereits Schenke gezeigt, der zu Recht darauf hinweist, dass es zum einen schon problematisch anmutet, aus prozessrechtlichen Folgen Rückschlüsse auf das zugrunde liegende Recht zu ziehen, dass es davon abgesehen aber ohnehin verfehlt wäre, aus dem (weiten) Umfang einer materiellrechtlichen Position die Unzulässigkeit funktionellrechtlicher Beschränkungen der Prüfungsbefugnis bestimmter Gerichte ableiten zu wollen385.

382

Vgl. Benda/Klein, Verfassungsprozeßrecht, Rn. 691; Sachs, BayVBl. 1982, 37

(42). 383 Auf diese wenig überzeugende Konsequenz weist Sachs, BayVBl. 1982, 37 (42), zutreffend hin. 384 Vgl. Sachs, BayVBl. 1982, 37 (43). 385 Vgl. Schenke, Bergbau, S. 100 f.

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Es bleibt der Einwand, es könne unter Wertungsgesichtspunkten nicht hingenommen werden, dass ein Privater Nachbar die Rechtmäßigkeit einer baurechtlichen Zulassungsentscheidung einerseits nicht im vollen Umfang überprüfen lassen könne, während diese Beschränkung für eine Gemeinde aufgehoben würde, wenn Art. 28 Abs. 2 GG um die „Elfes“-Formel angereichert werde. Dieser Wertungseinwand überzeugt aus mehreren Gründen nicht. Zum einen müsste die Parallele zwischen Art. 14 GG und Art. 28 GG zumindest näher begründet werden, denn jene Vorschrift wird von der Rechtsprechung als wesentlich „ausfüllungsbedürftiger“ angesehen als es diese ist386, sodass ein unterschiedlich umfangreicher Rückgriff auf das Verfassungsrecht nicht ohne weiteres wertungswidersprüchlich erscheinen muss. Entscheidend ist aber, dass mit dem skizzierten Einwand zwei Fragen verwechselt werden – nämlich die nach dem materiellen Gehalt des Art. 28 Abs. 2 GG auf der einen Seite und die nach dem Verhältnis von Verfassungsrecht und einfachem Recht auf der anderen Seite. Wenn die Übertragung der „Elfes“-Rechtsprechung auf Art. 28 Abs. 2 GG bejaht wird, folgt daraus nämlich nicht automatisch, dass einer Nachbargemeinde gegenüber jeder in der Standortgemeinde erteilten Baugenehmigung ein im Wege der Anfechtungsklage verfolgbarer Vollüberprüfungsanspruch zustünde. Ob das der Fall ist, ist vielmehr eine Frage des Anwendungsvorrangs des einfachen Gesetzesrechts und hängt maßgeblich von der Dichte der einfachgesetzlichen Regelung und vom Vorliegen eines Eingriffs ab, wobei die zuletzt genannte Voraussetzung wiederum von der Ausgestaltung des Eingriffsbegriffs durch den Gesetzgeber abhängt387. Dass diese beiden Aspekte – materieller Rechtsgehalt und Verhältnis von Verfassungs- und einfachem Recht – nicht vermengt werden dürfen, zeigt sich i. Ü. an den Grundrechten selbst. Die Rechtsprechung gesteht dem grundrechtstragenden Nachbarn, wie zurecht bemerkt wird, in der Tat keinen „Vollüberprüfungsanspruch“ zu, was sie aber nicht daran hindert, die „Elfes“-Formel auf Grundrechte für anwendbar zu halten. Schließlich ist auch der Einwand zu verwerfen, dass eine Übernahme von „Elfes“ nicht erforderlich sei, weil es zur Anwendbarkeit von Grundsätzen wie dem Gebot zur Systemtreue oder dem Übermaßverbot keines „dogmatisch dubiosen Rekurses auf die Parallelentscheidung zu Art. 2 [GG]“ bedürfe, da diese Grundsätze bereits „substantielle Bestandteile der Selbstverwaltungsgarantie“ seien388. Nur am Rande sei angemerkt, dass es wenig konsequent anmutet, das „Elfes“-Urteil einerseits als „Parallelentscheidung“ einzuordnen, den Rekurs darauf aber trotz des damit konzedierten Gleichlaufs als „dubios“ zu brandmarken. Entscheidend ist, dass bei diesem Einwand verkannt wird, dass es durchaus nicht nur darum geht, die genannten rechtsstaatlichen Grundsätze „wehrfähig“ 386 387 388

S. dazu näher unter § 13 A. III. 1. S. dazu näher unter § 13 A. III. 2. S. Bethge, DÖV 1972, 155 (158 mit Fn. 35).

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zu machen, sondern darum, zumindest grundsätzlich auch jeden anderen Verstoß gegen objektives Verfassungsrecht als beachtlich ansehen zu können. Darüber hinaus kann der Hinweis auf die angeblich mangelnde „Erforderlichkeit“ der Übertragung der „Elfes“-Doktrin ohnehin nicht weiterhelfen, weil es nur darum gehen kann, ob die Anwendung dieser Formel bei Art. 28 Abs. 2 GG dogmatisch geboten ist. Ist das – wie hier angenommen – der Fall, stellt sich die Frage danach, ob dies „erforderlich“ ist, weil ähnliche Ergebnisse auch auf anderen Wegen erzielt werden können, methodisch nicht mehr. Nach alledem ergibt sich, dass der grundsätzlichen Anwendung der „Elfes“Formel auch auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG keine durchgreifenden Bedenken entgegenstehen. b) Einschränkungen der „Elfes“-Formel im interkommunalen Konflikt? Kann die „Elfes“-Formel mithin auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG übertragen werden, bleibt freilich zu prüfen, ob dann nicht auch konsequenterweise Einschränkungen zur Anwendbarkeit dieser Formel, wie sie teils für die Grundrechte befürwortet werden389, im Bereich des Selbstverwaltungsrechts zu beachten sind. Wie gezeigt, wir teilweise die Ansicht vertreten, dass jene Formel auf Fälle „bloß“ faktischer Drittbetroffenheit überhaupt nicht anwendbar ist (aa), andere sind dagegen der Auffassung, dass für die Rüge objektiver Gesetzesverstöße zumindest ein „Rechtswidrigkeitszusammenhang“ zu fordern sei (bb). aa) Unanwendbarkeit der „Elfes“-Formel bei faktischen Eingriffen? Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass es für die Anwendbarkeit der „Elfes“-Formel in Drittbetroffenheitsfällen schon aus dogmatischen Gründen von vornherein kein Anwendungsfeld geben könne. Wie bereits angedeutet390, vertritt namentlich Baumeister die Ansicht, dass alle Grundrechte durch den Gesetzgeber ausgestaltet werden und dass es deshalb der Gesetzgeber sei, der durch die Schaffung drittschützender Normen des einfachen Rechts darüber entscheide, in welchen Fällen Maßnahmen mit faktischen Auswirkungen auf ein Grundrecht als Eingriff in dieses anzusehen seien. Auf diesem Grundverständnis zum Verhältnis von einfachem und Verfassungsrecht aufbauend lehnt er die Übertragung der „Elfes“-Rechtsprechung auf Drittbetroffenheitsfälle insgesamt ab391: „[Die] Grenze, ab der von einem Grundrechtseingriff ausgegangen wer389

S. dazu unter § 13 B. III. 1. S. dazu unter § 13 A. I. 6. 391 Vgl. Baumeister, Beseitigungsanspruch, 2006, S. 210 ff.; krit. ggü. einer Übertragung der Elfes-Formel auf Fälle bloß faktischer Betroffenheit auch die dazu oben in Fn. 286 weiter Genannten. 390

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den kann, [wird] maßgeblich durch den Gesetzgeber bestimmt. Solange sich die einfachgesetzlichen Regelungen in den Grenzen des verfassungs- und vor allem grundrechtlich Zulässigen bewegen, bestimmen sie über den Grundrechtsschutz. [. . .] Damit bei einem Drittbetroffenen überhaupt von einem Eingriff in ein Grundrecht ausgegangen werden kann, muß eine die Interessen dieses Dritten schützende Rechtsnorm verletzt worden sein. Deshalb ist keine Konstellation vorstellbar, in der ein Grundrechtseingriff eines Drittbetroffenen anzunehmen ist, gleichzeitig aber ausschließlich Vorschriften verletzt wurden, die allein öffentlichen Interessen oder den Interessen anderer Personen dienen. In diesem Fall fehlt es bereits an einem Grundrechtseingriff bei dem Dritten. Daran scheitert auch die Übertragung der Elfes-Rechtsprechung“392. Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass auch hier der Ausgangspunkt dieser Auffassung geteilt wird, wonach es grundsätzlich der Gesetzgeber ist, der darüber entscheidet, unter welchen Voraussetzungen eine Baugenehmigung oder ein Bauleitplan einen Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde darstellt393. Auch nach der hier vertretenen Ansicht liegt deshalb bei einer Verletzung von drittschützenden Normen stets ein – zugleich ungerechtfertigter – Eingriff in die Planungshoheit vor394. Gleich fällt auch die Beurteilung der Rechtslage für den Fall aus, dass der Gesetzgeber für einen bestimmten Fall drittschützende Normen geschaffen hat und die fragliche Maßnahme diese einhält: Hier liegt (grundsätzlich) schon kein Eingriff vor, sodass sich die Frage nach der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung – und die nach der Anwendbarkeit der „Elfes“-Formel – nicht mehr stellt395. Doch trotz dieses gemeinsamen Nenners trifft es auf dem Boden der hier zugrunde gelegten Ansicht nicht zu, dass die „Elfes“-Formel in Drittbeteiligungsfällen in keinem Fall zur Anwendung kommen kann. Oben wurde gezeigt, dass das Fehlen von subjektiven Rechten zwar bedeuten kann, dass der Gesetzgeber die Schwelle zum Eingriff allenfalls bei der Unzumutbarkeitsgrenze erreicht sehen will, dass dies aber keineswegs der Fall sein muss, weil sich auch aus anderen, etwa systematischen Erwägungen ergeben kann, dass er diese Grenze auch ohne die Normierung von subjektivierten Konturierungsgesetzen schon beim Erreichen niedrigerer Beeinträchtigungsgrade festlegen will396. Wo das zutrifft, liegt auch ohne einen Verstoß gegen – dann nicht gegebene – drittschützende Normen ein Eingriff in die Planungshoheit vor, den es zu rechtfertigen gilt. Gerade weil es in dieser Fallgruppe an drittschützenden Vorschriften fehlt, besteht hier durchaus ein Anwendungsfeld für die „Elfes“-Formel397.

392 393 394 395 396

Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 211. S. dazu § 13 A. II., III. S. dazu § 13 A. III. 2. b). S. dazu § 13 A. III. 2. b), B. II. S. dazu § 13 A. III. 2. b).

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bb) Erfordernis eines Rechtswidrigkeitszusammenhangs? Sind mithin auch im interkommunalen Konflikt Anwendungsfelder für die „Elfes“-Formel eröffnet, stellt sich freilich die weitere Frage, ob diese nun in ihrer „ursprünglichen“ Form zum Tragen kommen soll, indem jeder Verstoß gegen objektives Recht zur Rechtswidrigkeit eines Eingriffs führt, oder ob sie nicht mit Teilen der Literatur über das Erfordernis eines Rechtswidrigkeitszusammenhangs einzuschränken ist. Wie gezeigt, wird von einigen Autoren die Ansicht vertreten, Art. 2 Abs. 1 GG sei zumindest in seinem materiellen Schutzgehalt derart beschränkt, dass die Verletzung von einfachem Gesetzesrecht nur dann als zugleich verfassungswidrig geltend gemacht werden könne, wenn die verletzte Vorschrift „Ausdruck der Befugnis des Staates zur Verteilung oder Verkürzung grundrechtlicher Freiheitsinteressen“ sei, wenn also ein „Rechtswidrigkeitszusammenhang“ zwischen Rechtsverstoß und Freiheitsbeeinträchtigung vorliege398. Ob diese Einschränkung für die Grundrechte sachgerecht ist, erscheint bereits zweifelhaft. Denn dieser Weg führt dort nicht nur zu der „unkonventionellen These“399, dass die Grundrechte nicht generell gegen jeden rechtswidrigen Eingriff, sondern nur gegen solche Eingriffe effektiv schützten, die wegen einer Verletzung grundrechtsschützenden einfachen Rechts rechtswidrig sind, dass also zwischen dem „subjektivrechtlichen Schutzbereich“ eines Grundrechts einerseits und dem „Umfang seiner individuellen Rügbarkeit“, seinem „subjektiven Abwehrgehalt“400 andererseits zu unterscheiden ist. Es erscheint vielmehr auch zweifelhaft, warum angesichts der „prinzipiell unbegrenzten menschlichen Freiheit“ nicht letztlich jede Vorschrift als Ausdruck des Gesetzgebers zur „Freiheitsverteilung“ angesehen werden kann. Zumindest für den hier zu erörternden interkommunalen Zusammenhang ist eine solche Einschränkung im Bezug auf die Planungshoheit jdfs. nicht gerechtfertigt. Die These vom „Rechtswidrigkeitszusammenhang“ zielt darauf ab, die

397 Im Ergebnis wie hier Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 126; Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 185, 199 f., sieht das wohl als auf dem Boden der – hier verfolgten – eingriffsrechtlichen Betrachtung als konsequent an; Pietzcker, in: Püttner (Hrsg.), Bachof-FS, S. 131 (145 f.), sieht insoweit zwar „den außer Streit stehenden Bereich“ als verlassen an, erachtet aber eine Berufung auf die Elfes-Formel zumindest in bestimmten Fällen (Schutz der Intim- und Privatsphäre, „Umweltgrundrecht“) für zulässig (s. a. a. O. S. 148 f.). 398 Vgl. Krebs, in: Erichsen u. a. (Hrsg.), Menger-FS, S. 191 (204); Erichsen, Jura 1987, 367 (368); diesen zust. Kunig, Jura 1990, 523 (525); Scherzberg, in: Erichsen/ Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 30. 399 S. Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 185 f., mit entsprechend krit. Anmerkungen. 400 So in der Tat Kube, JuS 2003, 111 (116).

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„Konfliktschlichtungsprärogative“401 des Gesetzgebers zu schützen und zu verhindern, dass über einen Rückgriff auf Grundrechte die Differenzierungen des einfachen Gesetzesrechts zwischen drittschützenden und nicht-drittschützenden Vorschriften ohne weiteres umgangen werden. Diese Zielsetzung ist nicht zu beanstanden, weil im gewaltenteilenden Staat sowohl der „konturierende“ Ausgleich von Interessenskonflikten als auch die „Konstituierung“ verfassungsrechtlich geschützter Rechtsbereiche in der Tat – jedenfalls in erster Linie – Sache des an die verfassungsmäßige Ordnung gebundenen (Art. 20 Abs. 3 Var. 1 GG) und demokratisch legitimierten Gesetzgebers und nicht der (auch) an die Gesetze der Legislative gebundenen Gerichte und Verwaltung (s. Art. 20 Abs. 3 Var. 2 u. 3, 97 Abs. 1 GG) ist402. Der Schutz des daraus abzuleitenden Anwendungsvorrangs des einfachen Gesetzes wird aber bereits dadurch gewährleistet, dass man – wie hier befürwortet – dem Gesetzgeber einen maßgeblichen Einfluss bei der Beantwortung der Frage zubilligt, unter welchen Voraussetzungen eine Maßnahme der Exekutive einen Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde darstellt403. Nimmt man diesen Anwendungsvorrang auf der Ebene der Eingriffsbestimmung – freilich nur insoweit, als der Anspruch auf Vorrang tatsächlich erhoben wird und rechtlich erhoben werden darf – ernst, besteht kein Grund, eine weitere Beschränkung auf der Ebene der Eingriffsrechtfertigung zu befürworten. 6. Fazit zur Rechtfertigung gesetzwidriger Baugenehmigungen Soll die Rechtfertigung von Eingriffen in die Planungshoheit der Nachbargemeinde beurteilt werden, die durch gesetzeswidrige Baugenehmigungen bewirkt wurden, ist zu differenzieren. Begründen Baugenehmigungen einen Eingriff in 401 Vgl. erneut Schmidt-Preuß, Privatinteressen, S. 40; Kraft, VerwArch. 89 [1998], 264 (279), Wahl, DVBl. 1996, 641 (642). 402 S. die in der Fn. zuvor Genannten sowie Hermes, VVDStRL 61 [2002], 119 (129 f.): „Vorrang“ oder „primäre Kompetenz der Gesetzgebung im Prozess der Verfassungskonkretisierung“; Gellermann, Grundrechte, S. 375 ff., der den Gesetzgeber als „primären Adressat handlungsgebietender Grundrechtsgehalte“ ansieht, weil die Verfassung die Bereiche grundrechtlicher Ausgestaltung über die Gesetzesvorbehalte der Legislative zuweise; ähnlich Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S. 185 f.; Koch, Grundrechtsschutz, S. 386 f., 402 f.; vgl. ferner BVerfG, Beschl. v. 09.01.1991 – 1 BvR 207/87, BVerfGE 83, 182 (195): „Von den Fällen der Grundrechte und sonstiger verfassungsmäßiger Rechte abgesehen, bestimmt der Gesetzgeber, unter welchen Voraussetzungen dem Bürger ein Recht zusteht und welchen Inhalt es hat“; zum insoweit bestehenden „Gestaltungsauftrag“ des Gesetzgebers auch BVerfG, Urt. v. 28.05.1993 – 2 BvF 2/90 u. a., BVerfGE 88, 203 (254); zur „Konkretisierung“ staatlicher, aus den Grundrechten abgeleiteter Schutzpflichten („Art und Umfang des Schutzes im einzelnen zu bestimmen, ist Aufgabe des Gesetzgebers“); ferner BVerwG, Urt. v. 23.08. 1996 – 4 C 13/94, BVerwGE 101, 364 (371 f.); Stern, Staatsrecht, Bd. III/1, S. 1298, spricht von der „herausragenden Rolle“ der Gesetzgebung und der Verfassungsgerichtsbarkeit bei der „Verdeutlichung“ der Grundrechte. 403 S. § 13 A. II., III.

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die Planungshoheit der Nachbargemeinde, weil sie gegen subjektivrechtlich ausgestaltetes Gesetzesrecht verstoßen, sind sie schon wegen dieses Verstoßes rechtswidrig – in diesem Fall stellt sich freilich die Frage nach einem Rückgriff auf Verfassungsrecht nicht. Begründen Baugenehmigungen dagegen einen Eingriff, weil sie der Nachbargemeinde unverhältnismäßige (unzumutbare) Auswirkungen aufbürden, sind gleichfalls stets rechtswidrig, dies freilich, ohne dass es insoweit im Ergebnis überhaupt noch auf die Frage nach einem Gesetzesverstoß ankäme. Hat der Gesetzgeber dagegen in einem bestimmten Planbereich auf die Subjektivierung der konturierenden Gesetze verzichtet aber trotzdem (implizit) klargestellt, ab welchem Beeinträchtigungsgrad eine solche Genehmigung als Eingriff anzusehen ist, so ist dieser Eingriff nur gerechtfertigt, wenn jene Baugenehmigung im Einklang mit dem einschlägigen Gesetzesrecht steht. In dieser Fallgruppe liegt der eigentliche Anwendungsfall der „Elfes“-Formel.

C. Einwände gegen den normexternen Rückgriff auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG Stellt eine Baugenehmigung an dem zuvor Gesagten gemessen einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde dar, kann ein Rückgriff auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG nicht mehr mit einem Hinweis auf den grundsätzlichen Anwendungsvorrang des einfachen Gesetzes abgelehnt werden. Denn zu dem Ergebnis, dass eine Baugenehmigung das Recht der Nachbargemeinde aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG verletze, kann es auf dem Boden der hier vertretenen Auffassung nur unter – auf der Eingriffsebene einsetzender – Beachtung dieses Grundsatzes kommen404. Zu erwägen bleibt daher nur, ob ein normexterner Rückgriff auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG im Verwaltungsprozess aus anderen Gründen ausgeschlossen sein könnte. I. Überspielung der „Rahmenhaftigkeit“ des Verfassungsrechts? Ein erster Einwand gegen die hier vertretene Sichtweise zur Einordnung von Baugenehmigungen als Eingriffe in die Planungshoheit ist von den Vertretern der These zu erwarten, die Grundrechte für generell ungeeignet zur Begründung subjektiver Rechte im Verwaltungsprozess halten405, da von deren Standpunkt 404

S. § 13 A. II., III. u. B. III. 5. b) bb). Vgl. Wahl, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, Vorb § 42 Abs. 2 Rn. 92; dens./Schütz, a. a. O., § 42 Abs. 2 Rn. 59, 61, 63; dens., DVBl. 1996, 641 ff.; zumindest für Art. 14 GG im Ergebnis auch Kraft, VerwArch. 89 [1998], 264 (280), Mampel, BauR 1998, 697 (701 f.); und Pecher, JuS 1996, 887 (889 f.); Blankenagel, DV 26 [1993], 1 (10 ff., 22), will einen Rückgriff wegen des Gewaltenteilungsgrundsatzes dann ausnahmslos ausschließen, wenn der Gesetzgeber bei der Regelung dreiseitiger Verhältnisse ein subjektives Recht „klar verneint“ habe; Schmidt-Preuß, Privatinteressen, S. 49 ff., erkennt zwar grundsätzlich die Möglichkeit 405

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aus für das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden schwerlich etwas anderes gelten könnte. So wird teils die Annahme vertreten, dass die Freiheitsrechte zwar eine „Direktivwirkung“ für die Ausgestaltung des einfachen Rechts entfalteten, aufgrund ihrer „rahmenartigen“406 Bindungswirkung aber andererseits nicht selbst zur Begründung subjektiver Rechte im Verwaltungsverfahren oder -prozess herangezogen werden könnten. Sei der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des einfachen Rechts einem „Subjektivierungsauftrag“ der ihn zu „denkendem Gehorsam“407 anhaltenden Grundrechte nicht nachgekommen, sei es zwar Sache des Richters, im Wege des Richterrechts einfachrechtliche Normen mit entsprechendem subjektivrechtlichen Gehalt zu schaffen. Wo aber selbst dies angesichts der bestehenden gesetzlichen Regelungen lege artis nicht möglich sei, komme nur noch eine verfassungsgerichtliche Normenkontrolle des fraglichen Gesetzesrechts in Betracht, nicht aber der unmittelbare Rückgriff auf Grundrechte408. Diese Auffassung vermag indes nicht zu überzeugen. Ob insbesondere Grundrechte durchweg ausgestaltungsbedürftig sind, ist Gegenstand einer gerade in jüngerer Zeit lebhaft geführten Diskussion409, die für den hier interessierenden Zusammenhang aber nicht in vollem Umfang nachgezeichnet und entschieden werden muss. Denn hier soll die These vertreten werden, dass selbst dort, wo ein Grundrecht näherer Ausgestaltung durch den Gesetzgeber harrt, nicht ausgeschlossen ist, dass dieses in den oben erörterten Fällen unmittelbar gegen Maßnahmen der Exekutive ins Feld geführt werden kann. Wenn eine Vorschrift des Grundgesetzes der Ausgestaltung bedürftig ist, bedeutet das nämlich zunächst einmal nur, dass der Gesetzgeber sich einem Appell zur weiteren „Konkretisierung“ ausgesetzt sieht und dass die Nichtausgestaltung verfassungs-

normexterner Grundrechtswirkungen an, schließt diese allerdings – insoweit im Ergebnis wie Wahl – bei Art. 2 Abs. 1 GG in multipolaren Verhältnissen zumindest für Deutsche aus; in der Tendenz ähnlich restriktiv wie Wahl auch Hermes, VVDStRL 61 [2002], 119 (139 ff.), der freilich Grundrechtsrückgriffe als „Übergangslösung“ zu akzeptieren bereit scheint. Zu ähnlich restriktiven Ergebnissen kommt, wie gezeigt, auch Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 203, auf dem Boden der oben sog. Schutzpflichtthese (s. näher o. unter § 13 A. I. 5.). 406 Wahl, DVBl. 1996, 641 (642). 407 Wahl, DVBl. 1996, 641 (647). 408 Vgl. Wahl, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, Vorb § 42 Abs. 2 Rn. 44, 49 ff., 75 ff.; dens./Schütz, a. a. O., § 42 Abs. 2 Rn. 59, 61; dens., DVBl. 1996, 641 (645, 648 ff.); im Ergebnis ebenso Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 202 f.; zumindest für Art. 14 GG ähnlich Kraft, VerwArch. 89 [1998], 264 (280), Mampel, BauR 1998, 697 (701 f.) und Pecher, JuS 1996, 887 (890); bei „ungenügendem [scil.: den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht genügendem] gesetzlichen Programm“ hält auch Hermes, VVDStRL 61 [2002], 119 (142 f.), grundsätzlich nur den Weg über Art. 100 GG für zulässig, er akzeptiert aber doch „[u]nmittelbar aus Grundrechten gewonnene Lösungen als Übergangsregelungen“. 409 S. dazu oben jeweils m.w. N. unter § 13 A. I. 6., u. II. 1.

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rechtliche Bedenken aufwerfen kann. Der Umstand, dass dieser die „Rahmenordnung“ des Grundgesetzes in den verfassungsrechtlichen Bahnen weiter ausgestalten darf, besagt aber als solcher noch nichts darüber, was zu geschehen hat, wenn er dies etwa nicht, nicht verfassungsgemäß oder bewusst offen getan hat. Insbesondere kann daraus nicht ohne weiteres gefolgert werden, dass die betreffende Vorschrift bei gänzlich fehlender, unzureichender oder bewusst lückenhaft gestalteter Ausformung keinerlei normexterne Wirkung zugunsten des von ihr Geschützten gegen die Exekutive entfaltet. Diese Annahme wäre nämlich nur dann zutreffend, wenn die „nackten“ Grundrechte ohne einfachgesetzliche Ausformung tatsächlich als derart „rahmenartig“ anzusehen wären, dass sie von ihrem „vagen“ Regelungsgehalt her nicht hinreichend bestimmt genug wären, um die Feststellung zu erlauben, dass sie durch eine staatliche Maßnahmen als „subjektives Recht möglicherweise verletzt“ seien (vgl. §§ 42 Abs. 2, 47 Abs. 2 S. 1 VwGO). Ob ein solches Grundrechtsverständnis ohne Widerspruch mit der allgemein – gerade auch von den Vertretern der „Rahmenthese“ – geteilten Auffassung in Einklang gebracht werden kann, die Grundrechten seien „die rechtlich bedeutsamsten subjektiven öffentlichen Rechte“410, sei hier dahingestellt411. Denn gegen ein solches Verständnis spricht jedenfalls, dass es den normativen Gehalt der Grundrechte unterschätzt und ihre Normabhängigkeit überbetont. Es trifft sicher zu, dass die Bestimmungen namentlich des Ersten Abschnitts des Grundgesetzes keine Rechtsordnung aufstellen, die bereits jede Detailregelung vorwegnimmt und vom Gesetzgeber nur noch „abgelesen“ werden muss412. Deshalb stehen dem Gesetzgeber durchaus, wie bereits verschiedentlich angesprochen, in weiten Bereichen Gestaltungsmöglichkeiten zu. Dies mag 410 So die Einschätzung von Wahl, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Bd. 1, Vorb § 42 Abs. 2 Rn. 49; ähnlich ders./Schütz, a. a. O., § 42 Abs. 2 Rn. 56: „subjektive öffentliche Rechte ,par excellence‘“; Wahl, DVBl. 1996, 641 (646), führt a. a. O. aus, dass er Grundrechte „auf der Ebene des Verwaltungsrechtskreises“ nicht als subjektive öffentliche Rechte verstanden wissen will, auf der des „Verfassungsrechtskreises“ hingegen durchaus. – Das ist ohne logischen Bruch nur vertretbar, wenn man als „unmittelbaren“ Verpflichtungsadressaten der Grundrechte nur den Gesetzgeber ansieht, nicht aber die Verwaltung. Diese Sichtweise ist mit Art. 1 Abs. 3 GG, der alle Staatsgewalten „unmittelbar“ an die Grundrechte bindet, schwerlich vereinbar. 411 Vgl. Scherzberg, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 15, der insoweit auf die „individualrechtsbegründende Zielsetzung der Grundrechtsgewährleistungen“ abstellt; ähnlich spricht Dreier, DV 36 [2003], 105 (118 Fn. 80), von einer „vielleicht überscharfen Trennung zwischen Verfassungs- und Verwaltungsrechtskreis“; kritisch gegenüber dieser Unterteilung auch Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 49 (Fn. 92); Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 121; vgl. insoweit auch Bauer, AöR 113 [1988], 582 (613 f.). 412 Gegen eine solche Annahme wenden sich wie viele etwa Battis, in: Driehaus/ Birk (Hrsg.), Weyreuther-FS, S. 305 (308); Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S. 185; Koch, Grundrechtsschutz, S. 374 f.; Wahl/Masing, JZ 1990, 553 (555).

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insbesondere dazu führen, dass ein Grundrechtsträger beispielweise die sog. objektivrechtlichen Wirkungen der Freiheitsrechte ohne einfachgesetzliche Umsetzung im Regelfall nicht ohne weiteres unmittelbar gegen die Verwaltung ins Feld führen kann413. Im vorliegenden Zusammenhang interessiert aber vor allem die „klassische“, nach wie vor ihre „Sinnmitte“ bildende Funktion der Grundrechte, Eingriffe des Staates „in Freiheit und Eigentum“ abzuwehren. Auch für diesen Bereich verfügt der Gesetzgeber zwar, wie gezeigt, über Gestaltungsbefugnisse414. Aber ungeachtet seiner Befugnis auch hier „Mithilfe“415 zur wirksamen Entfaltung der Freiheitsrechte zu leisten, weisen zumindest die nicht „normgeprägten“ Grundrechte mit ihrem aus der Verfassung zu entnehmenden Schutzgehalt und der weithin anerkannten Schrankendogmatik einen inhaltlichen und strukturellen Gehalt auf, der hinreichend bestimmt ist, um die Frage nach etwaigen Eingriffen beantworten und sie auch „normextern“ als Abwehrrecht gegen die Verwaltung in Stellung bringen zu können. Mag man durchaus annehmen wollen, dass im Falle der Verletzung einer grundrechtlichen Schutzpflicht die auf ein „Tun“ gerichtete Rechtsfolge regelmäßig nicht präzise genug sei, um einen direkten Rückgriff auf das diese Rechtsfolge anordnende Verfassungsrecht zu erlauben, weil jene Pflicht sich in der Regel in der Form eines Gebots an den zum Tätigwerden verpflichteten Gesetzgeber wendet und ihm mehrere verfassungskonforme Handlungsalternativen eröffnet. Darin unterscheiden sich die objektivrechtlichen Wirkungen der Grundrechte aber grundlegend von der abwehrrechtlichen Seite jener Rechte, die ein Verbot an alle staatlichen Stellen richtet. Als Abwehrrechte weisen die Grundrechte daher eine größere Präzision und Prägnanz auf, weil sie mit der ein „Unterlassen“ einfordernden Rechtsfolge dem Staat nur eine einzige verfassungskonforme Verhaltensmöglichkeit416 aufzeigen417, und erweisen sich daher zumindest 413 Vgl. Gellermann, Grundrechte, S. 53, und zu den ganz unterschiedlichen Sachverhalten, die (inzwischen) unter dem (nicht unmissverständlichen, weil einen Ausschluss subjektivrechtlicher Relevanz suggerierenden) Oberbegriff der „objektivrechtlichen“ Seite zusammengefasst werden, dens. a. a. O. S. 36 ff.; Horn, Verwaltung, S. 150 ff.; Wahl/Masing, JZ 1990, 553 (558 f.). 414 S. dazu näher unter § 13 A. II., III. 415 Horn, Verwaltung, S. 165, unter Bezugnahme auf Peter Lerche. 416 Die These, dass der Staat bei einem rechtswidrigen Grundrechtseingriff nur eine Verhaltensmöglichkeit – das Unterlassen bzw. die Beseitigung – habe, wird zum Teil mit der Erwägung in Zweifel gezogen, ihm stehe auch die Möglichkeit offen, einen rechtmäßigen Eingriff an die Stelle des rechtswidrigen zu setzen (vgl. Horn, Verwaltung, S. 166 f.; s. auch Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 40 f.); das trifft nicht den Kern der Sache, weil die zuletzt genannte Möglichkeit nur neben aber nicht anstatt der in jedem Falle angeordneten Unterlassung des rechtswidrigen Eingriffs tritt. Bei einer Grundrechtsverletzung durch Unterlassen, wie sie etwa bei Schutzpflichtverletzungen zum Tragen kommt, geht es aber darum, dass der Verpflichtete mehrere Möglichkeiten zur Beseitigung der Rechtsverletzung hat, die jeweils anstelle der anderen gewählt werden können. Zumindest die Behauptung, dass die mit der abwehrrechtlichen Funktion eines Grundrechts verbundene Rechtsfolge hinreichend präzise ist, um

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in dieser Funktion als für eine normexterne Anwendung inhaltlich hinreichend „bestimmt“. So ist es denn auch anerkannt, dass die Freiheitsrechte gelten und gegen Übergriffe des Gesetzgebers mobilisiert werden können, ohne dass es dazu einer „interposito legislatoris“418 bedürfte. Warum dann der Konkretisierungsgrad derselben Rechte nicht auch für eine unmittelbare Heranziehung der Grundrechte gegen die Exekutive ausreichen soll, ist nicht ersichtlich419, zumal Art. 1 Abs. 3 GG insoweit keine Unterscheidung trifft und daher von einer allen Staatsgewalten gegenüber genügenden Eignung auszugehen scheint420. Wollte man diesen Schritt nicht mitgehen und annehmen, ein Rückgriff auf Grundrechte verbiete sich stets, weil diese den Gesetzgeber nur „rahmenartige“ Vorgaben gäben und deshalb ohne einfachgesetzliches „Gewand“ nicht hinreichend konkret seien, würde man die klassische Funktion der Grundrechte, als „Eingriffsabwehrrechte“ gegen Maßnahmen des Staates Schutz zu bieten, in einem weiten Bereich außer Kraft setzen. Eine solche Vorgehensweise erinnert an die früher vertretene421 These der sog. institutionellen Grundrechtstheorie, die ein Grundrecht in dieser Funktion normextern anzuwenden, kann mit jener Erwägung nicht infrage gestellt werden. 417 Vgl. Gellermann, Grundrechte, S. 43 ff., 53; Horn, Verwaltung, S. 162 (dieser wendet sich sogar noch weitergehend gegen die These, die objektivrechtlichen Grundrechtsgehalte seien wegen der Rechtsfolgen ohne gesetzliche „Mediatisierung“ nicht justiziabel, vgl. a. a. O. S. 167 f.); die Präzision der Rechtsfolge der abwehrrechtlichen Seite der Grundrechte räumen selbst Wahl/Masing, JZ 1990, 553 (558, 559 f.), ein, obwohl zumindest Wahl einem normexternen Rückgriff auf Grundrechte grundsätzlich ablehnend gegenübersteht; s. zur Bedeutung der Unterscheidung zwischen staatlichem Tun und Unterlassen „für die Unterscheidung zwischen grundrechtlich streng kontrolliertem und schwach oder (subjektivrechtlich) überhaupt nicht kontrolliertem staatlichen Verhalten“ auch Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 37 ff. (Zitat S. 39); deutlich in diesem Sinne auch Schwabe, Grundrechtsdogmatik, S. 146: „Für rechtsschöpferische Taten des Gesetzgebers ist bei dem Grundrecht als Abwehrrecht kein Raum“. 418 Gellermann, Grundrechte, S. 4 f.; Horn, Verwaltung, S. 139. 419 S. Isensee, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), HdBStR, Bd. V, § 111 Rn. 51; Kopp/ Schenke, VwGO, § 42 Rn. 121; ähnlich Dürr, VBlBW 2000, 457 (458), der zum generellen Ausschluss des Art. 14 Abs. 1 GG als Grundlage für die Bebaubarkeit eines Grundstückes gegen Wahl argumentiert, selbst bei der Eigentumsgarantie könne nicht angenommen werden, dass ohne einfachgesetzliche Konkretisierungen nicht gebaut werden dürfe: Dies lasse „die generelle Freiheitsvermutung des Grundgesetzes außer Betracht“. 420 Vgl. Scherzberg, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Verwaltungsrecht, § 11, Rn. 15, der es vor dem Hintergrund des Art. 1 Abs. 3 GG für nicht überzeugend erachtet, wenn die Grundrechte immer nur durch eine „Vermittlung“ des Gesetzgebers oder des rechtsfortbildenden Richters Bedeutung erlangen könnten; s. zur „alle ,Gewalten‘ gleichsam undifferenziert (be)treffende[n] Geltung und Verbindlichkeit der traditionellen, ,harten‘ Abwehrgehalte der Grundrechte“ auch Horn, Verwaltung, S. 148 ff., 168; auf die „unmittelbare Grundrechtsbindung“ stellt auch Bauer, AöR 113 [1988], 582 (613), ab, der daraus freilich die noch weitergehende Schlussfolgerung zieht, schon die Annahme eines „generellen Anwendungsvorrangs“ des einfachen Gesetzes sei damit nicht zu vereinbaren. 421 Vgl. Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S. 180 ff.

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alle Grundrechte als konkretisierungsbedürftig ansah, weil die jeweils geschützte Freiheit nie aus sich heraus, sondern überhaupt erst durch und im gesetzlichen Rahmen existieren könne. Auch dieses Verständnis der Grundrechte als bloße „Gewährleistungsaufträge“ an den Gesetzgeber tendiert dazu, den Gesetzgeber „aus den Bindungen des ,Eingriffs- und Schrankendenkens‘ befreien zu wollen“ und damit den abwehrrechtlichen Gehalt der Grundrechte zu negieren422. Aus eben diesem Grunde aber sind solche Tendenzen schon vielfach auf Kritik gestoßen und haben sich daher zurecht nicht durchsetzen können423. Ein solches Konzept kann dann aber auch kaum dazu herangezogen werden, um die noch weitergehende Schlussfolgerungen zu rechtfertigen, die Freiheitsrechte seien nie dazu in der Lage, ihren abwehrrechtlichen Zweck auch normextern zu erfüllen424. Selbst wenn man also annehmen will, dass alle Grundrechte (mehr oder weniger) „ausgestaltungsbedürftig“ sind, kann daraus nicht geschlossen werden, dass sie wegen dieser Ausgestaltungsbedürftigkeit nie normextern gegen Maßnahmen der Exekutive in Stellung gebracht werden könnten425. Für den hier interessierenden abwehrrechtlichen Gehalt des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG kann nach dem oben zur Verfassungsunmittelbarkeit der Planungshoheit einerseits426 und zu den Einflussmöglichkeiten des Gesetzgebers anderer-

422 Vgl. Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S. 222 ff. („Die Befreiung der Gesetzgebung im Grundrechtsbereich vom traditionellen Eingriffselement; die Reinigung des Rechtsbegriffs vom Eingriffs- und Schrankendenken“ [a. a. O. S. 222]; „die Qualifizierung dieser Gesetzgebung [scil.: der im Grundrechtsbereich] als Verfassungsbestätigung und sachliche Determinierung der Grundrechte“ [a. a. O. S. 227]). 423 Vgl. zur Kritik an diesem Grundrechtsverständnis für viele mit jeweils w. N. Bleckmann, Staatsrecht II, § 12 Rn. 17 ff.; Cornils, Ausgestaltung, S. 503 ff.; Schwabe, Grundrechtsdogmatik, S. 139 ff., 143 ff. 424 Insofern ist es bezeichnend, dass es selbst Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S. 202, auf dem Boden seiner Auffassung ablehnte, aus der Ausgestaltungsbedürftigkeit der Grundrechte auf eine normexterne Unanwendbarkeit zu schließen: „Nach der hier vorgetragenen Auffassung folgt aus der These von der Ausführungsbedürftigkeit der Grundrechte keineswegs, daß sich der Bürger beim Fehlen von Ausführungsgesetzen nicht auf die Grundrechte sollte berufen können. Im Gegenteil. Die Grundrechte sind für den Gesetzgeber verbindlich, und der Bürger kann sich auf sie auch ohne gesetzliche Ausführung berufen, bzw. er kann die Ausführung durch das Verfassungsgericht überprüfen lassen. [. . .] Das [. . .] nicht selten zu hörende Entweder-Oder – entweder unmittelbare Geltung der Grundrechte und keine Ausführungsbedürftigkeit oder Ausführungsbedürftigkeit und keine unmittelbare Geltung der Grundrechte für den Gesetzgeber – entpuppt sich als Scheinalternative.“ 425 Deshalb ist es auch nicht überzeugend, wenn die Vertreter der „Ausschlussthese“ einerseits den Rekurs auf Grundrechte kritisieren, andererseits aber dem Richter die „Notkompetenz“ zuschreiben, aufgrund des Subjektivierungsauftrags der Grundrechte einfachgesetzliche subjektive Rechte selbst im Wege des Richterrechts zu schaffen. Hier wird der eigentlich abgelehnte Rekurs der Sache nach letztlich doch durchgeführt und über die „Richterrechtssätze“ nur anders betitelt; mit entsprechender Kritik daher Dreier, DV 36 [2003], 105 (121 f.). 426 Vgl. § 2 A. I. 2. a) und insb. § 13 A. III. 1.

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seits Gesagten427 nichts anderes gelten. Es kann insbesondere nicht argumentiert werden, der Rückgriff auf jene Vorschrift müsse deshalb anders gehandhabt werden, weil sie nach Ansicht des BVerfG erst näherer Ausgestaltung durch den Gesetzgeber bedürfe. Denn oben wurde gezeigt, dass die „Teilnormprägung“ dieser Vorschrift nicht der Annahme entgegensteht, dass dieselbe Vorschrift als verfassungsunmittelbares Abwehrrecht der Gemeinde gegen die Exekutive geltend gemacht werden kann. Der Sache nach scheint das auch das BVerwG, das einem Rückgriff auf den gleichfalls „ausgestaltungsbedürftigen“ Art. 14 Abs. 1 GG ja, wie gezeigt, ablehnend gegenübersteht428, für die Planungshoheit durchaus nicht anders zu sehen. Denn es scheut nicht davor zurück, Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG im Fachplanungsrecht unmittelbar heranzuziehen429. Diese Fallkonstellation unterscheidet sich zwar von der hier interessierenden interkommunalen insofern, als es dort nicht um mittelbare Eingriffe faktischer Art, sondern um unmittelbar rechtliche Beeinträchtigungen geht. Würde das BVerwG aber die Selbstverwaltungsgarantie als inhaltlich zu unbestimmt ansehen, um die Frage nach einem Eingriff in die Planungshoheit normlosgelöst beantworten zu könne, müsste es dieser Einwand auch verbieten, jene Vorschrift in den dort zu erörternden Zweierkonstellationen zu bemühen. Im Übrigen hat es das Gericht bereits angedeutet, dass es sowohl im Bereich der Bauleitplanung als auch im Bereich der Baugenehmigungsverfahrens an sich bereit wäre, auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG abzustellen430. Diesen Schritt ist es jeweils nicht gegangen, weil es ihn angesichts der einfachgesetzlichen Regelung für nicht notwendig hielt, nicht aber, weil es ihn im Hinblick auf die Konkretheit jener Bestimmung für rechtlich ausgeschlossen erachtete. II. „Versteinerung“ der Rechtsordnung? Ein zweiter Einwand gegen den hier für zulässig erachteten Umfang normexterner Rückgriffe könnte in dem bekannten „Versteinerungsvorwurf“431 bestehen, der häufig erhoben wird, wenn aus dem Grundgesetz konkrete Rechtsfolgen für Einzelfälle abgeleitet werden. In solchen Fällen wird ab und an zu bedenken gegeben, dass die Rechtsordnung zu „erstarren“ drohe, wenn dem 427

S. § 13 A. II, III. S. § 13 A. I. 1. a). 429 Vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 – 4 A 12/99, DÖV 2001, 692; dass., Urt. v. 26.02.1999 – 4 A 47/96, NVwZ 2000, 560; dass., Beschl. v. 03.09.1997 – 11 VR 20/96, DÖV 1998, 79, und die Nachweise o. § 13 B. III. 3. b). 430 S. bereits BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 – IV C 17/71, BVerwGE 40, 323 (330): „Ihre [scil. der Vorschrift des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB] einschränkende Auslegung würde allein zur Folge haben, daß in die dann entstehenden Lücken unmittelbar die Planungshoheit selbst einspränge.“ Davon geht auch dass., Urt. v. 11.02.1993 – 4 C 15/92, Buchh. 406.11 § 34 BauGB Nr. 156, S. 86 (96), aus. 431 Vgl. Cornils, Ausgestaltung, S. 542. 428

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Gesetzgeber über den „direkten“ Weg in die Verfassung von der Rechtsprechung der scheinbar einzige Weg zur Lösung eines Interessenskonfliktes vorgezeichnet werde. Zumindest gegen den hier vertretenen Vorschlag kann dieser Einwand aber nicht vorgebracht werden. Wenn hier ein Rückgriff zugelassen wird, soweit der Gesetzgeber auf einen Rückgriffsausschluss selbst verzichtet, kann dies zu keiner Versteinerung führen, weil er es in diesen Fällen jederzeit in der Hand hat, im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen abweichende Neuregelungen zu schaffen. Soweit hier darüber hinaus in den Fällen der verfassungswidrigen Nichtsubjektivierung ein Rückgriff für zulässig erachtet wird, wird die Rechtsordnung nicht weiter „versteinert“, als sie es durch das Grundgesetz ohnehin schon ist. III. Missachtung des funktionellrechtlichen Verhältnisses der Fachgerichte zum Bundesverfassungsgericht? Ein dritter Einwand könnte zumindest gegen den normexternen Rückgriff auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG in derjenigen Fallgruppe erhoben weden, in der das Gesetz eine Baugenehmigung für ein Vorhaben zulässt, das mit unverhältnismäßigen (unzumutbaren) Auswirkungen auf die Nachbargemeinde verbunden ist. Dieser Einwand könnte auf das Verhältnis der Fachgerichte zum BVerfG zielen. So ist anerkannt, das wegen Art. 100 Abs. 1 GG allein das BVerfG befugt ist, ein förmliches nachkonstitutionelles Gesetz für nichtig zu erklären. Mit dieser Regelung wird zwar, so könnte man argumentieren, in erster Linie der Gesetzgeber vor der Missachtung durch die Fachgerichte geschützt. Selbst wenn man eine Verletzung seiner Autorität in den oben erörterten Fällen ablehne, sei doch aber zu beachten, dass Art. 100 Abs. 1 GG auch eine ausschließliche Kompetenz des BVerfG begründe. Zumindest in diese greife ein Fachgericht ein, das ein Gesetz verfassungsrechtlich „ergänze“. Denn eine solche „Ergänzung“ könne es nur vornehmen, wenn es zuvor das Gesetz ohne „Ergänzung“ implizit für verfassungswidrig erklärt habe432. Dieser Gedankengang spricht aber im Ergebnis nicht gegen die hier für zulässig erachteten normexternen Rückgriffe. Art. 100 Abs. 1 GG normiert zwar in der Tat ein Monopol des BVerfG, verfassungswidrige Gesetze für nichtig zu erklären. Daraus folgt aber nicht, dass allein dieses Gericht befugt wäre, Gesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu beurteilen. Diese Prüfungsbefugnis steht vielmehr auch einem Fachgericht zu. Der Umstand, dass ein Verwaltungsgericht ein Parlamentsgesetz im Falle der Verfassungswidrigkeit nicht verwerfen darf, weil diese Konsequenz dem BVerfG vorbehalten ist, bedeutet daher auch nicht, dass es nicht andere Folgen zu ziehen berechtigt wäre. Das zeigt sich etwa im Bereich der verfassungskonformen Auslegung des einfachen Gesetzes432

In diese Richtung Hillgruber, JZ 1996, 118 (119 f.).

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rechts. Hält ein Fachgericht ein Gesetz in einer anhand des klassischen Interpretationskanons durchgeführten Auslegung für mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, ist es gerade im Interesse und zum Schutz des Gesetzgebers gehalten, im Rahmen des methodisch Zulässigen eine andere Auslegung zu wählen, die das Verdikt der Verfassungswidrigkeit vermeidet433. Auch in diesem Fall muss das Fachgericht das Gesetz in der zuerst ins Auge gefassten Auslegung implizit für verfassungswidrig „erklären“, bevor es auf die andere, verfassungskonforme Interpretation übergehen kann. Wenn es diese Vorüberlegung anstellt, verstößt es aber nicht gegen die Kompetenz des BVerfG, die eben nur darin besteht, eine ausdrückliche Nichtigerklärung mit Gesetzeskraft und Bindungswirkung für alle Staatsorgane zu treffen (s. §§ 13 Nr. 11, 31 BVerfGG). Die Fachgerichte sind deshalb durch Art. 100 Abs. 1 GG nicht daran gehindert, eine Entscheidung zu fällen, bei der die Nichtigkeit eines Gesetzes nur implizit für den Fall erwogen wird, dass sie auf eine „Rettungshandlung“ verzichten. Insofern kann es keinen Unterschied machen, ob diese Handlung darin besteht, normintern eine Auslegung der anderen vorzuziehen oder normextern Verfassungsrecht ergänzend heranzuziehen. In beiden Fällen wird in die Kompetenz des BVerfG nicht eingegriffen, sodass diese auch einem unmittelbaren Rückgriff auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG in dem hier befürworteten Umfang nicht entgegensteht. IV. Verstoß gegen den grundrechtlichen Gesetzesvorbehalt? Gegen die hier befürworteten normexternen Rückgriffsmöglichkeiten könnte der weitere Einwand zu erwarten sein, dass die bisherige Betrachtung die Position des Grundstückseigentümers außer acht lasse, und zu dessen Lasten Pflichten begründe, ohne dass es dafür eine gesetzlichen Grundlage gebe – ein Ergebnis also, das mit dem Vorbehalt des Gesetzes bei Grundrechtseingriffen auf den ersten Blick nicht vereinbar zu sein scheint434. Dieser Einwand kann indes zumindest dann nicht greifen, wenn der Eingriff durch eine gesetzeswidrige Baugenehmigung bewirkt wurde435. Denn in diesem Fall ergibt sich die vom Eigentümer einzuhaltende Pflicht – die Beschränkung seiner Baufreiheit also – bereits aus dem einfachen Gesetzesrecht. Mit der Heranziehung des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG wird also nur darüber entschieden, wer auf die Einhaltung dieser Pflicht bestehen kann – nicht aber eine neue, einfach433

S. nur Larenz, Methodenlehre, S. 339 ff., und die Nachweise oben in Fn. 147. Wegen des Bestehens von Gesetzesvorbehalten sprechen sich auch Hillgruber, JZ 1996, 118 (123 f.), sowie Wahl/Masing, JZ 1990, 553 (555), Baumeister, Beseitigungsanspruch, S. 105, und im Ergebnis auch Enders, AöR 115 [1990], 610 (620 ff., 633, 636), gegen ein Abstellen der Gerichte auf Verfassungsrecht aus, wenn diese Verfassungsrecht als Ermächtigungsgrundlage zum Eingriff in Rechte Dritter in Anspruch nehmen wollen. 435 Vgl. dazu oben unter § 13 A. III. 2. b). 434

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gesetzlich nicht schon etablierte Pflicht geschaffen. Dem grundrechtlichen Gesetzesvorbehalt wird hier also genügt. Nichts anders gilt aber im Ergebnis für den Fall, dass der Eingriff durch eine „gesetzmäßige aber unzumutbare Baugenehmigung“ herbeigeführt wird436. Dabei soll durchaus nicht bestritten werden, dass die Anerkennung dieser Rückgriffsmöglichkeit im Ergebnis zu einem Bauverbot oder, anders gewendet, zu einer Duldungspflicht des Grundstückseigentümers führt, die im einfachen Gesetzesrecht nicht vorgesehen ist. Solche Fälle sind aber verfassungsrechtlich nicht von vornherein ausgeschlossen, wie etwa ein Blick auf die Diskussion zu dem Folgenbeseitigungsanspruch zeigt. Dort ist jene Konstellation Gegenstand einer Auseinandersetzung, in der die Exekutive einen belastenden Verwaltungsakt mit begünstigender Drittwirkung erlässt. Paradefall hierfür ist die Einweisung eines Obdachlosen in eine Privatwohnung. War der betreffende Verwaltungsakt rechtswidrig und erkennt man hier dem Adressaten desselben einen grundrechtlich begründeten Folgenbeseitigungsanspruch zu, so fragt sich, ob die Behörde zum Einschreiten gegen den begünstigten Dritten allein deshalb befugt ist, wenn und weil sie dem Adressaten gegenüber zur Beseitigung der mit jenem Verwaltungsakt verbundenen Folgen verpflichtet ist. Dies wird zwar vielfach mit dem Argument verneint, für ein Einschreiten gegen den Dritten bedürfe es – nun wegen dessen grundrechtlicher Positionen – einer einfachgesetzlichen Grundlage. Namentlich von Schenke437 wurde aber gezeigt, dass diese Ablehnung nicht gerechtfertigt ist. Denn andernfalls ließe man den Beseitigungsanspruch zum einen insoweit leerlaufen und spräche damit dem zugrundeliegenden Grundrecht der Sache nach seine Qualität als absolutes Recht ab. Und zum zweiten ist der Folgenbeseitigungsanspruch nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt, um seinerseits als eine dem Vorbehalt des Gesetzes genügende Rechtsgrundlage in Betracht zu kommen, sodass das einfache Gesetz ohnehin nur wiederholen könnte, was das Verfassungsrecht ihm insoweit vorgibt. Der interkommunale Rechtsstreit ist nun zwar strukturell insofern nicht völlig gleich gelagert, als es hier nicht um belastende Verwaltungsakte mit begünstigender Drittwirkung geht, sondern – mit der Baugenehmigung – um einen begünstigenden Verwaltungsakt mit belastender Drittwirkung. Dieser Unterschied rechtfertigt aber keine andere Beurteilung als im soeben erörterten Fall, weil sich beide Konstellationen im maßgeblichen Punkt doch wieder gleichen. In beiden Fällen geht es um einen verfassungsrechtlich begründeten Beseitigungsanspruch, der als Rechtsgrundlage für die Begründung einer Duldungspflicht 436

Vgl. dazu oben unter § 13 A. III. 2. b). Vgl. näher dazu m.w. N. auch zur Gegenansicht Schenke, DVBl. 1990, 328 (329 ff.); dens., Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 321; Kopp/Schenke, VwGO, § 113 Rn. 83. 437

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des Eigentümers hinreichend bestimmt ist und den der Gesetzgeber zumindest im interkommunalen Streitfall auch nicht wirksam ausschließen kann. Der betroffene Eigentümer wiederum könnte durch die Schaffung einer entsprechenden einfachgesetzlichen Regelung in keiner Weise bessergestellt werden, weil der Gesetzgeber für den hier interessierenden Ausnahmefall einer „unzumutbaren“ Baugenehmigung, wie gezeigt, ohnehin nur das normieren könnte, was die Verfassung ihm vorgibt. Auch der Umstand, dass nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG „die Gesetze“ Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmen, spricht also nicht dagegen, in den hier allein in Betracht gezogenen Fällen einen Rückgriff Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG durchzuführen438.

D. Fazit Wendet sich eine Nachbargemeinde im Verwaltungsprozess gegen eine für das Gebiet der Standortgemeinde erteilte Baugenehmigung, so kann sie – wenn nicht schon das einfache Gesetzesrecht jener Gemeinde ein subjektives Recht an die Hand gibt – zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung in denjenigen Fällen auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG abstellen, in denen oben eine durch einen Eingriff bewirkte Rechtsverletzung bejaht wurde. Das wäre zum einen – bei gesetzesgemäßen Baugenehmigungen – dann der Fall, wenn das einfache Gesetzesrecht in einem der Planbereiche der §§ 29 ff. BauGB die Zulassung eines Bauvorhabens ermöglichen sollte, obwohl dieses unzumutbare faktische Beeinträchtigungen auf die Nachbargemeinde entfaltete. Zum anderen kann die Auslegung des einfachen Gesetzesrechts ergeben, dass der Gesetzgeber auf andere Weise als durch die Zuerkennung subjektiver Rechte zu erkennen gegeben hat, dass er gesetzeswidrige Baugenehmigungen als Eingriffe der Exekutive in die Planungshoheit verstanden wissen will, bei denen der Rückgriff auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG nicht ausgeschlossen sein soll. Ob und inwieweit einer dieser Fälle im interkommunalen Konflikt gegeben ist, kann nur anhand einer – nach den Planbereichen der §§ 29 ff. BauGB differenzierenden – Analyse des einfachen Gesetzesrechts beantwortet werden.

438 In der Tendenz wie hier wohl Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, S. 198 f., die eine Genehmigung, die einem Dritten zuvor bestehende Abwehrrechte abschneidet, u. U. auch dann für angreifbar hält, wenn diese am einfachen Recht gemessen gesetzesmäßig ist.

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

§ 14 Die Abwehrrechte der Nachbargemeinde gegen Baugenehmigungen im Einzelnen Anhand der gefundenen Maßstäbe kann nun untersucht werden, wie sich die Rechtsschutzmöglichkeiten der Nachbargemeinden gegen Baugenehmigungen für Vorhaben auf dem Gebiet der Standortgemeinde im Einzelnen gestalten. Dazu wird nach den einzelnen bauplanungsrechtlichen Gebieten der §§ 29 ff. BauGB und darin wiederum nach den sich aus dem einfachen und ggf. dem Verfassungsrecht ergebenden Abwehrrechten zu unterteilen sein. Da insbesondere die zuletzt genannte Möglichkeit, wie gezeigt, maßgeblich von den Wertungen des Gesetzgebers abhängt, soll am Anfang dieser Betrachtung der Bereich stehen, zu dem sich der Gesetzgeber zum letzten Mal und dort bewusst zum Rechtsschutz der Nachbargemeinden geäußert hat – der unbeplante Innenbereich i. S. d. § 34 BauGB.

A. Baugenehmigungen im unbeplanten diffusen Innenbereich (§ 34 Abs. 1 u. 3 BauGB) Nach § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Da sich dieses Einfügungsgebot nur auf die „nähere Umgebung“ bezieht, also denjenigen Bereich, auf den sich einerseits das Vorhaben auswirken kann, der andererseits aber auch seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des Grundstücks noch prägt oder doch beeinflusst, besteht Einigkeit darüber, dass „Fernwirkungen“, die ein Vorhaben in anderen Ortsteilen der Standortgemeinde oder gar auf die städtebaulichen Belange benachbarter, möglicherweise nicht einmal angrenzender Gemeinden entfaltet, im Rahmen dieser Vorschrift nicht berücksichtigt werden können439. Versuche, die Zulässigkeit eines Vorhabens im unbeplanten (diffusen) Innenbereich durch eine extensive Auslegung der in § 34 Abs. 1 BauGB genannten Tatbestandsmerkmale an die Berücksichtigung auch solcher Belange zu knüpfen, wurden von der Rechtsprechung konsequent abge439 St. Rspr. und ganz h. M. in der Literatur, vgl. nur BVerwG, Urt. v. 11.02.1993 – 4 C 15/92, Buchh. 406.11 § 34 BauGB Nr. 156, S. 86 (88 ff. [90]); dass., Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (223); Uechtritz, BauR 1999, 572 (587 f.); dens., NVwZ 2003, 176 (178); dens., DVBl. 2006, 799 (807 f.); Battis, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 19 (28); Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 34 Rn. 54; Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 34 Rn. 27, 31, 73; Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 34 Rn. 36, 83; Rauber, VR 2005, 379; Janning, BauR 2005, 1723; Reidt, UPR 2005, 241 (243); Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.3.a.; Kopf, Rechtsfragen, S. 303; Upmeier/Brandenburg, Baugesetzbuch 2004, S. 74.

§ 14 Die Abwehrrechte gegen Baugenehmigungen im Einzelnen

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lehnt, weil der Gesetzgeber die bis 1987 noch enthaltene zusätzliche und generalklauselartige Zulässigkeitsvoraussetzung der Vereinbarkeit mit „öffentlichen Belangen“ bewusst gestrichen hatte440. Diese Rechtslage wurde allerdings von der die BauGB-Novelle von 2004 vorbereitenden Unabhängigen Expertenkommission in zweierlei Hinsicht als unbefriedigend eingestuft, weil sie es nicht erlaubte, die Ansiedlung des großflächigen Einzelhandels in ausreichendem Maße steuern zu können441. Wenn sich im Innenbereich bspw. bereits ein Einkaufszentrum befand, konnte die Standortgemeinde einem Antrag auf Zulassung weiterer gleichartiger Einzelhandelsbetriebe nicht mehr entgegenhalten, sie fügten sich nicht in die nähere Umgebung ein. Waren die übrigen Voraussetzungen des § 34 BauGB erfüllt, konnte sie nachteilige städtebauliche Auswirkungen der geplanten Betriebe auf andere Stadtteile allenfalls noch durch die Aufstellung eines Bebauungsplans verhindern, der aber nicht selten an den damit verbundenen finanziellen Risiken (s. §§ 39, 42 BauGB) oder politischen Schwierigkeiten scheiterte. In anderen Fällen wiederum mochte es der Standortgemeinde durchaus zupass kommen, dass ein Betrieb des großflächigen Einzelhandels in ihrem unbeplanten Innenbereich verwirklicht werden sollte, sodass sie bewusst auf die Aufstellung eines steuernden Bebauungsplans verzichten konnte, obwohl das Vorhaben erhebliche Auswirkungen auf die städtebaulichen Belange der Nachbargemeinde oder ihre Funktion im zentralörtlichen Gliederungssystem entfalten würde. Um diese Rechtslage sowohl für die Standort- als auch für die Nachbargemeinde zu verbessern, schlug die Expertenkommission eine Ergänzung des § 34 Abs. 3 BauGB um eine Regelung vor, mit der zum Ausdruck gebracht werden sollte, „dass erhebliche Auswirkungen auf Ziele der Raumordnung sowie auf die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche ein öffentlicher Belang ist, der der Zulässigkeit eines Vorhabens innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils entgegensteht“442. Der Gesetzgeber ist diesem Vorschlag (nur) teilweise gefolgt, indem er in § 34 Abs. 3 BauGB n. F. eine Regelung aufgenommen hat, welche die Zulässigkeit eines Vorhabens im unbeplanten Innenbereich zwar nicht an die raumordnerische Funktionszuweisungen knüpft443, sie 440 Zum Wegfall des früheren zusätzlichen Tatbestandsmerkmals „wenn sonstige öffentliche Belange nicht entgegenstehen“ s. oben (unter § 8 D. I.) u. BVerwG, Urt. v. 11.02.1993 – 4 C 15/92, Buchh. 406.11 § 34 BauGB Nr. 156, S. 86 (88); Kuschnerus, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 1 (16 f.). 441 Näher dazu BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 207, 212 ff., 220 ff.; Janning, BauR 2005, 1723 f.; Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1029 ff.); Gatawis, NVwZ 2006, 272; Reidt, BauR 2006, 1803; Reichelt, BauR 2006, 38 (39); Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 34 Rn. 6 ff. 442 BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 220. 443 Krit. dazu, dass § 34 Abs. 3 BauGB anders als § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB keinen Bezug zu den raumordnerischen Funktionszuweisungen enthält, Berkemann, in: dems./ Halama, BauGB 2004, § 2 Rn. 45.

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

aber doch davon abhängig macht, dass von ihm „keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten“ sind444. Den in der ersten Alternative dieser Neuregelung bezweckten Schutz der „Gemeinde“ – nach der hier gewählten Terminologie also: der Standortgemeinde – hat der Gesetzgeber in der BauGB-Novelle 2007 weiter gestärkt, indem er ihr mit dem nun eingeführten „Bebauungsplan der Innenentwicklung“ als Ergänzung des § 34 Abs. 3 BauGB ein weiteres „Abwehrmittel“445 (insbesondere) gegen unerwünschte Einzelhandelsansiedlungen an die Hand gegeben hat (s. § 9 Abs. 2a BauGB 2007)446. Für die Nachbargemeinde haben die jüngsten Aktivitäten des Gesetzgebers zwar keine weiteren Verbesserungen gebracht447, es besteht aber angesichts der bereits im EAG Bau klar zum Ausdruck gebrachten Zielsetzung des Gesetzgebers Einigkeit darüber, dass § 34 Abs. 3 BauGB – wie auch immer er im Einzelnen auszulegen ist – zugunsten der dort genannten „anderen Gemeinden“ drittschützenden Charakter aufweist und ihr im Falle seiner Verletzung eine „Klagebefugnis“448 vermittelt449.

444

Vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 28, 33, 54. Uechtritz, BauR 2007, 476 (487). 446 Die Standortgemeinden können nun abweichend von der der BauNVO an sich zugrundeliegenden Konzeption im Wege einer reinen „Negativplanung“ einzelne Anlagentypen im Innenbereich ausschließen, was die Erreichung der mit § 34 Abs. 3 BauGB bezweckten Steuerungswirkung erleichtern soll; näher zu diesen Neuregelungen und ihrer § 34 Abs. 3 BauGB „ergänzenden“ Funktion Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 2007, 121 (122 f.); Krautzberger/Stüer, DVBl. 2007, 160 (165); Uechtritz, BauR 2007, 476 (487 f., 491); Krautzberger, UPR 2006, 405 (408 f.); Schröer, NZBau 2006, 773. 447 Vgl. Uechtritz, BauR 2007, 476 (491): „Nichts geändert hat sich an der schwierigen Handhabung des § 34 Abs. 3 BauGB aus Sicht einer negativ betroffenen Nachbargemeinde, wenn die Standortgemeinde keine planerischen Schritte unternimmt, um die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben im unbeplanten Innenbereich zu unterbinden“ (Hervorhebung im Original). 448 So bereits BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 216; aufgegriffen in der Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 33. 449 S. VG Weimar, Zwischenurt. v. 25.10.2006 – 1 K 1212/05 We, n. v., juris-Tz. 17; Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1032); ders., DVBl. 2006, 799 (810); Vietmeier, BauR 2005, 480 (487); Gatawis, NVwZ 2006, 272 (277); Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 34 Rn. 32; ders., in: dems./Halama, Seminarunterlagen (n. v.), S. 246, 254; Janning, BauR 2005, 1723 (1732); Reichelt, BauR 2006, 38 (39 f.); Reidt, UPR 2005, 241 (243); ders., BauR 2006, 1803; Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.3.a.; nicht ganz eindeutig Rauber, VR 2005, 379 (380), der formuliert, dass § 34 Abs. 3 BauGB „in Verbindung mit § 2 II BauGB“ auch der Nachbargemeinde eine „Klagebefugnis“ vermittle. 445

§ 14 Die Abwehrrechte gegen Baugenehmigungen im Einzelnen

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I. Abwehrrecht aus dem einfachen Gesetzesrecht (§ 34 Abs. 3 BauGB) Der genaue Umfang des so vermittelten Abwehrrechts hängt freilich von der Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB 2004 ab. Insoweit besteht aber weder Einigkeit darüber, was unter einem „zentralen Versorgungsbereich“ i. S. d. Vorschrift zu verstehen ist (1.), noch wann „schädlichen Auswirkungen“ auf diese Bereiche vorliegen (2.). 1. Schutzgegenstand – „Zentrale Versorgungsbereiche der Nachbargemeinde“ Wie bei der Erörterung des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB n. F. gezeigt450, ist der Schutz der „zentralen Versorgungsbereiche“ ein Anliegen, das der Gesetzgeber schon seit geraumer Zeit verfolgt, und das nicht nur Gegenstand des EAG Bau, sondern auch Anlass für die vergleichsweise schnell danach erfolgte erneute Novellierung des BauGB zum 01.01.2007 war. Da gerade bei dieser letzten Novellierung zum Ausdruck kam, dass der Gesetzgeber den an verschiedenen Stellen des BauGB verwendeten Begriff der „zentralen Versorgungsbereiche“ – wovon aus rechtsmethodischer Sicht in Ermangelung gegenteiliger Hinweise ohnehin auszugehen wäre – einheitlich verstanden wissen will451, kann zur Auslegung des von § 34 Abs. 3 BauGB erfassten Schutzbereichs grundsätzlich auf die oben zu § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB gemachten Ausführungen verwiesen werden452. Allerdings sind seit dem Inkrafttreten der Vorschrift zwei Fragen umstritten, die möglicherweise bei § 34 Abs. 3 BauGB anders zu beurteilen sein können, als im Rahmen des § 2 Abs. 2 BauGB. So wird nicht nur kontrovers diskutiert, ob reine Nahversorgungszentren als „zentrale Versorgungsbereiche“ anzusehen sind (a), sondern auch, inwieweit sich die Nachbargemeinde auf erst noch in der Entwicklung befindliche Versorgungsbereiche berufen kann (b).

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Näher dazu unter § 1 C. I. Vgl. die Beschlussempfehlung und den Bericht des 15. BT-Ausschusses, BT-Drs. 16/3308, S. 16 zu § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB n. F.: „Mit der Änderung soll [. . .] die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche ausdrücklich als Belang der Bauleitplanung benannt werden. [. . .] Der Belang wird im Baugesetzbuch und in der Baunutzungsverordnung an verschiedenen Stellen genannt (§ 2 Abs. 2 Satz 2 und § 34 Abs. 3 BauGB; § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO); er fehlt jedoch bisher als ausdrücklich benannter allgemein für die Bauleitplanung zu berücksichtigender Belang und vervollständigt damit das mit der Neuregelung in § 9 Abs. 2a BauGB (Artikel 1 Nr. 4) verfolgte Anliegen auch für andere Fallgestaltungen in der Bauleitplanung.“ 452 S. § 1 C. II. 451

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a) Nahversorgungszentren als „zentrale Versorgungsbereiche“? Die erste dieser Streitfragen betrifft die Frage, ob auch reine Nahversorgungszentren als „zentrale Versorgungsbereiche“ angesehen werden können453. In Rechtsprechung und Literatur wird aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in § 34 Abs. 3 BauGB nur den Begriff des „zentralen Versorgungsbereiches“ genannt, nicht aber zusätzlich – wie in § 34 Abs. 3a S. 2 BauGB – auch den Belang der „verbrauchernahen Versorgung“ erwähnt hat, teils gefolgert dass die Nachbargemeinde über § 34 Abs. 3 BauGB keinen Schutz „noch so kleiner Nahversorgungsbereiche“ geltend machen könne454. Andere sind dagegen der Auffassung, dass zur Ermittlung, ob ein bestimmter Bereich als „zentraler Versorgungsbereich“ aufzufassen ist, maßgeblich auch auf seine Funktion für die verbrauchernahe Versorgung abgestellt werden dürfe455. Das BVerwG hat die Frage bislang offen gelassen456. Wortlaut und Systematik des Gesetzes scheinen auf den ersten Blick für die strengere dieser Auffassungen zu sprechen. Denn das BauGB verwendet an verschiedenen Stellen entweder den Begriff des „zentralen Versorgungsbereichs“ oder den der „verbrauchernahen Versorgung“ und legt damit beiden offenbar einen unterschiedlichen Bedeutungsgehalt zu (vgl. etwa bei der Aufzählung des Abwägungsmaterials § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB einerseits, Nr. 8 lit. a BauGB andererseits). Mit diesem Befund alleine ist freilich noch nicht dargetan, dass sich diese beiden Begriffe gegenseitig ausschließen. Denkbar ist vielmehr auch, 453

Zur Paralleldiskussion bei § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB s. § 1 C. II. 1. VG Düsseldorf, Urt. v. 15.11.2004 – 4 K 4311/03, n. v., juris-Tz. 39; Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1030); ders., DVBl. 2006, 799 (807); Gatawis, NVwZ 2006, 272 (274); wohl auch Heilshorn/Seith, VBlBW 2004, 409 (411), u. Berkemann, in: dems./ Halama, Seminarunterlagen (n. v.), S. 240, der betont, dass ein „zentraler Versorgungsbereich“ nur vorliege, wenn die Nachfrage dort von nicht im Zentrum wohnenden Bürgern ausgelöst werde; anders aber wohl ders., in: dems./Halama, BauGB 2004, § 34 Rn. 8, 18. 455 OVG Münster, Urt. v. 11.12.2006 – 7 A 964/05, NVwZ 2007, 727 (730): „,Zentral‘ sind Versorgungsbereiche nicht nur dann, wenn sie nach Lage, Art und Zweckbestimmung der gemeindeweiten bzw. übergemeindlichen Versorgung dienen. [. . .] Vielmehr können auch Bereiche für die Grund- und Nahversorgung zentrale Versorgungsbereiche im Sinne von § 34 Abs. 3 BauGB sein“; zust. Uechtritz, NVwZ 2007, 660 (661), dort auch zu der Einschränkung, dass ein einzelner Betrieb keinen zentralen Versorgungsbereich konstituieren kann, weil § 34 Abs. 3 BauGB andernfalls zu einem Instrument des Konkurrenzschutzes würde; ähnl. Krautzberger, in: Battis/ Krautzberger/Löhr, BauGB, § 34 Rn. 55: „Inwieweit das neue Vorhaben ,schädliche Auswirkungen‘ auf zentrale Versorgungsbereiche erwarten lässt, ist insbesondere unter dem Aspekt der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung nachvollziehbar zu ermitteln [. . .].“; Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 34 Rn. 74, der den Begriff des zentralen Versorgungsbereichs wesentlich über den Aspekt der verbrauchernahen Versorgung definiert; ebenso Reidt, UPR 2005, 241 (242); insoweit wohl auch Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 34 Rn. 8, 18; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 34 Rn. 85; Voß/Buntenbroich, Baurecht, Rn. 717. 456 S. BVerwG, Beschl. v. 20.11.2006 – 4 B 50/06, n. v., juris-Tz. 9. 454

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dass der eine den anderen gleichsam umfasst, sodass etwa ein „zentraler Versorgungsbereich“ u. a. bei einem Nahversorgungszentrum vorliegen kann, dass aber der Schutz der verbrauchernahen Versorgung auch in anderem Zusammenhang als einem zentralen Versorgungsbereich von Interesse ist und deshalb auch eigenständige Erwähnungen im BauGB findet. Gegen diese Auslegung scheint nun aber in der Tat § 34 Abs. 3a S. 2 BauGB zu sprechen, wenn es dort heißt, die in S. 1 angesprochene Ausnahme vom Einfügungsgebot finde keine Anwendung auf „Einzelhandelsbetriebe die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können“. Diese Wortwahl des Gesetzgebers könnte darauf hindeuten, dass ein Nahversorgungszentrum nicht als zentraler Versorgungsbereich angesehen werden solle, weil die eigenständige Erwähnung der „verbrauchernahen Versorgung“ andernfalls überflüssig wäre. Nun ist dieser Gegenschluss aus § 34 Abs. 3a S. 2 BauGB aber bereits nicht zwingend, weil es nicht ausgeschlossen sein dürfte, dass ein Einzelhandelsbetrieb die verbrauchernahe Versorgung auch durch Auswirkungen stören kann, die außerhalb eines Nahversorgungszentrums auftreten. Hinzu kommt, dass eine restriktive Auslegung bereits der bei der 2004 erfolgten Einführung des § 34 Abs. 2 BauGB erklärten Absicht des Gesetzgebers zuwiderlaufen dürfte. Denn unter Bezugnahme auf Ausführungen der Unabhängigen Expertenkommission, in denen es hieß, dass der Begriff der „zentralen Versorgungsbereiche“ nicht „eng im Sinne eines Hauptzentrums zu verstehen“ sei, sondern „auch Nebenzentren“ erfasse457, wurde in der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 34 Abs. 3 BauGB noch weitergehend formuliert, es seien die „Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche – auch in ihren unterschiedlichen Stufen – der Gemeinden“ genannt458. Sprachen bereits diese Formulierungen aus den Gesetzesmaterialien zum EAG Bau für ein weites Verständnis, hat sich der Gesetzgeber bei der BauGB-Novelle 2007 dazu noch deutlicher geäußert. So heißt es in der diesbezüglichen Begründung des Regierungsentwurfs (zwar zu § 9 Abs. 2a BauGB 2007 aber unter Hinweis auf § 34 BauGB 2004): „Der Begriff ,Zentraler Versorgungsbereich‘ umfasst Versorgungsbereiche unterschiedlicher Stufen, also insbesondere Innenstadtzentren vor allem in Städten mit größerem Einzugsbereich, Nebenzentren in Stadtteilen sowie Grund- und Nahversorgungszentren in Stadt- und Ortsteilen und nicht-städtischen Gemeinden. Die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche soll dabei auch im In-

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BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 221. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 41 a. E. (Hervorhebung durch den Verf.), dort zwar im Zusammenhang mit § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB n. F.; es ist aber nicht ersichtlich, dass für den insoweit wortgleichen § 34 Abs. 3 BauGB etwas anderes gelten sollte (vgl. a. a. O. S. 54). 458

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teresse der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden erfolgen“459. Im Zuge dieser letzten BauGB-Novelle wurde denn auch die durch den Wortlaut des § 34 Abs. 3a S. 2 BauGB scheinbar angedeutete Exklusivität von „zentralem Versorgungsbereich“ und „verbrauchernaher Versorgung“ beseitigt. Denn wenn es in § 9 Abs. 2a BauGB nun heißt, dass für „im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) [. . .] zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden“ bestimmte Festsetzungen in einem Bebauungsplan getroffen werden können, spricht das dafür, dass ein „zentraler Versorgungsbereich“ (u. a.) auch ein solcher Bereich sein kann, der sich vornehmlich der verbrauchernahen Versorgung widmet. Nach alledem ist der weiteren der beiden oben genannten Auffassung zu folgen. Die Nachbargemeinde kann sich auch zum Schutz ihrer Nahversorgungszentren auf § 34 Abs. 3 BauGB berufen. b) „Künftige zentrale Versorgungsbereiche“? Die Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB hat nicht nur im Hinblick auf die soeben erörterte Frage der Nahversorgungsbereiche, sondern auch in einem zweiten, seinen Schutzgegenstand betreffenden Bereich Zweifelsfragen aufgeworfen. Diese Vorschrift spricht von den Auswirkungen auf die „zentralen Versorgungsbereiche“ der Nachbargemeinde, nicht aber – wie § 11 Abs. 3 BauNVO – von Auswirkungen auf die „Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche“. Aus diesem Unterschied in der Gesetzesformulierung wird teilweise gefolgert, dass sich die Nachbargemeinde im Rahmen des § 34 Abs. 3 BauGB nur auf bereits tatsächlich bestehende Versorgungsbereiche berufen könne, nicht aber auf geplante, noch in der Entwicklung befindliche Gebiete dieser Art460. Andere verweisen dagegen darauf, dass sich „zentrale Versorgungsbereiche“ nach der Begründung des Regierungsentwurfs zum EAG Bau zwar „insbesondere aus planerischen Festlegungen“ etwa in Bauleitplänen „ergeben“ könnten, dass sie sich darüber hinaus aber auch aus „sonstigen planungsrechtlich nicht verbindlichen raumordnerischen und städtebaulichen Konzeptionen, nicht zuletzt auch aus nachvollziehbar eindeutigen tatsächlichen Verhältnissen“461 „ergeben“ könnten. Dieser Bezug zu „städtebaulichen Konzeptionen“ spreche dafür, der Nachbargemeinde auch ein Berufen auf erst noch zu entwickelnde Versorgungs459 Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 16/2496, S. 11; s. auch OVG Münster, Urt. v. 11.12.2006 – 7 A 964/05, NVwZ 2007, 727 (731). 460 Bracher, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2068; Schmidt-Eichstaedt, ZfBR 2005, 751 (758); Uechtritz, NVwZ 2007, 660 (661). 461 Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 54 (Hervorhebung durch den Verf.).

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bereiche zu gestatten462. Die bislang zu § 34 BauGB n. F. ergangene Rechtsprechung463 schließlich scheint wie ein dritter T. d.L.464 dazu zu tendieren, eine vermittelnde Auffassung einzunehmen. Sie ist zwar einerseits bereit, grundsätzlich auch noch in der Entwicklung befindliche Versorgungszentren zu beachten, lässt zum Nachweis derselben aber andererseits nicht – wie es bei § 2 Abs. 2 BauGB für ausreichend erachtet wird465 – rein verwaltungsinterne Planungen (wie etwa ein städtebauliches Entwicklungskonzept) genügen, sondern verlangt mit Blick auf die Relevanz des § 34 BauGB für Art. 14 GG eine entsprechende außenwirksame Planung der Standortgemeinde. Das Wortlautargument der restriktiveren Ansicht könnte man auf den ersten Blick schlicht mit dem Hinweis darauf abtun wollen, dass auch § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB nicht ausdrücklich von der „Entwicklung“ zentraler Versorgungsbereiche spreche, ohne dass deshalb grundsätzlich infrage gestellt würde, dass die planende Standortgemeinde bei der Aufstellung eigener Bauleitpläne auch erst zu entwickelnde Versorgungsbereiche der Nachbargemeinde zu berücksichtigen habe466. Aufgrund dieses Verweises auf § 2 Abs. 2 BauGB allein jedenfalls können die Bedenken der engeren Auffassung nicht ausgeräumt werden, weil zwischen dieser Vorschrift und § 34 Abs. 3 BauGB Unterschiede bestehen, die einer unbesehenen Übertragung von Auslegungsergebnissen entgegenstehen467. 462 Vgl. Reidt, UPR 2005, 241 (242, 245); Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 34 Rn. 74; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 34 Rn. 85; Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1030); Janning, BauR 2005, 1723 (1728, 1730); zust. wenn auch krit. Gatawis, NVwZ 2006, 272 (273), der einen „Systembruch“ wegen der Aufnahme „bislang fremde[r] planerische[r] Elemente“ konstatiert; wohl auch Kobor, JuS 2005, 1071 (1072), der neben „Bau- und Raumordnungsplänen“ auch „sonstige städtebauliche Konzepte“ als Grundlage eines zentralen Versorgungsbereichs ausreichen lassen will; ebenso Janning, BauR 2005, 1723 (1725, 1727 ff.); Upmeier/Brandenburg, Baugesetzbuch 2004, S. 75; sowie VG Gelsenkirchen, Urt. v. 03.05.2006 – 10 K 6950/04, NWVBl. 2006, 386 (387). 463 S. VG München, Urt. v. 07.11.2005 – M 8 K 05.1763, n. v., juris-Tz. 26: „Im Hinblick auf [. . .] Art. 14 GG [. . .] kann nicht jede Planungsabsicht genügen. Vielmehr muss sich diese Planungsabsicht bereits konkretisiert haben und vor allem die Umsetzung in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen erfolgen“; dahin neigend auch OVG Münster, Urt. v. 11.12.2006 – 7 A 964/05, n. v. (Zusammenfassung als StGB-NRWMitt. 135/2007 vom 17.01.2007), juris-Tz. 135. 464 S. Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 34 Rn. 21; ders., in: dems./ Halama, Seminarunterlagen (n. v.), S. 237 f.; Reichelt, BauR 2006, 38 (42 f.); Rauber, VR 2005, 379 (380 f.); tendenziell auch Reidt, NVwZ 2007, 664 (666); in diese Richtung wohl bereits ders., UPR 2005, 241 (242), der als Beispiel für eine ausreichende „Planungskonzeption“ den Bebauungsplan nennt. 465 Vgl. oben unter § 1 C. II. 2. 466 Fragwürdig ist zu § 2 Abs. 2 BauGB lediglich, welches Stadium gemeindliche Konzeptionen zur Entwicklung solcher Bereiche erreicht haben müssen, damit geplante Bereiche zu berücksichtigen sind; s. auch dazu o. § 1 C. II. 2. 467 In diesem Sinne wohl auch Berkemann, in: dems./Halama, Seminarunterlagen (n. v.), S. 238: „Die Interessenlage der beteiligten Gemeinden ist in § 34 Abs. 3 BauGB und in § 2 Abs. 2 BauGB insoweit grundlegend anders“.

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

So hat der Gesetzgeber zum einen mit der BauGB-Novelle 2007 in § 1 Abs. 6 BauGB klargestellt, dass auch die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche für die Bauleitplanung abwägungserheblich ist und damit eine insoweit auch für § 2 Abs. 2 BauGB maßgebliche Wertung vorgenommen. An einer vergleichbaren Vorschrift fehlt es dagegen in den die Vorhabenzulassung betreffenden Vorschriften der §§ 29 ff. BauGB. Dieser Unterschied kann auch nicht ohne weiteres als zufällig abgetan werden, weil § 34 BauGB eine andere Funktion erfüllt als § 2 Abs. 2 BauGB, die es rechtfertigen könnte, die Zulässigkeit von Vorhaben an weniger strenge Voraussetzungen zu binden als die Rechtmäßigkeit einer Bauleitplanung. Gerade weil § 34 BauGB anders als noch bis 1987 keine Generalklausel derart mehr enthält, dass ein Vorhaben mit (allen) „öffentlichen Belangen“ vereinbar sein müsse, lässt der Wortlaut der nun geltenden Fassung durchaus eine strenge, Unterschiede zu anderen Vorschriften berücksichtigende Auslegung zu. Damit ist nun andererseits nicht gesagt, dass der restriktiven Ansicht ohne Einschränkung zu folgen ist, denn sie scheint in der Tat dem Willen der Gesetzgebers zu missachten, wenn dieser auch „planungsrechtlich nicht verbindliche Konzeptionen“ für ausreichend erachtete. Dieser Wille kann indes nur in dem Rahmen Berücksichtigung finden, in dem er in dem schließlich in Kraft gesetzten BauGB zum Ausdruck gekommen ist. Dann aber kann nicht außer Acht gelassen werden, dass das BauGB die Verknüpfung der Zulassung eines Vorhabens an erst noch zu entwickelnde Verhältnisse zwar nicht generell ausschließt, dies andererseits aber auch nur in zwei Fällen gestattet, die beide eine vom Gemeinderat beschlossene und außenwirksame Planung voraussetzen: die Fälle des §§ 14 Abs. 1, 15 Abs. 3 BauGB. Im ersten Fall kann die Standortgemeinde nach (oder gleichzeitig mit) einem Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans eine Veränderungssperre beschließen, mit der erreicht wird, dass ein Vorhaben nicht durchgeführt werden darf (s. § 14 Abs. 1 Nr. 1 BauGB). Im zweiten Fall kann sie nach dem Beschluss über die Aufstellung eines Flächennutzungsplans, mit dem die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB erreicht werden sollen – der also nach hier vertretener Ansicht außenwirksam ist468 –, immerhin beantragen, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zurückgestellt wird (s. § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB). Angesichts dieser Wertung ist der vermittelnden Ansicht zumindest insoweit zuzustimmen, dass ein erst noch in der Entwicklung befindliches Versorgungszentrum jedenfalls nur dann für § 34 Abs. 3 BauGB beachtlich ist, wenn es in einer außenwirksamen Planung der Nachbargemeinde einen Niederschlag gefunden hat. Dann muss sich aber die weitere Frage aufdrängen, ob § 14 BauGB nicht sogar noch weitergehend dafür spricht, erst noch zu entwickelnde Versorgungsbereiche generell aus dem Anwendungsbereich des § 34 Abs. 3 BauGB zu neh468

Näher dazu unter § 8 B.

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men. Denn, so wäre fortzufahren, die in § 17 BauGB enthaltenen Beschränkungen zur Geltungsdauer einer Veränderungssperre würden umgangen, wenn außenwirksame Planungen einem Vorhaben bei § 34 Abs. 3 BauGB ohne zeitliche Einschränkungen entgegengehalten werden könnten469. Diese Argumentation wäre aber zirkelschlüssig, denn sie setzt voraus, was es gerade zu beweisen gilt – dass ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich beim Vorliegen einer außenwirksamen Planung zur Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche „an sich“ zulässig ist. Wo das schon nach dem Tatbestand des § 34 BauGB nicht der Fall ist, kann eine Veränderungssperre nicht mehr zum Tragen kommen, weil diese dazu dient, ein „an sich“ – ohne den künftigen Bebauungsplan – zulässiges Vorhaben zu verhindern. Wenn also § 34 BauGB auch die Entwicklung künftiger Versorgungszentren tatbestandlich erfasst, kann keine „Umgehung“ des § 14 BauGB drohen, sodass nicht umgekehrt von einer angeblichen „Bedrohung“ auf die tatbestandliche Nichterfassung geschlossen werden kann470. Die aus Art. 14 GG und aus §§ 14 ff. BauGB abgeleiteten Bedenken gegen den weit formulierten Willen des Gesetzgebers rechtfertigen es daher nicht, seinen Wunsch, auch „sonstige planungsrechtlich nicht verbindliche städtebaulichen Konzeptionen“ im Rahmen des § 34 Abs. 3 BauGB zur Bedeutung zu verhelfen, gänzlich zu ignorieren, sondern nur, diesen auf die Beachtung außenwirksamer Planungen zu reduzieren. Nach alledem ist mit der vermittelnden Auffassung davon auszugehen, dass die Nachbargemeinde im Rahmen des § 34 Abs. 3 BauGB auch den Schutz von noch in der Entwicklung befindlichen zentralen Versorgungsbereichen geltend machen kann, wenn sie diese Entwicklung bereits in eine außenwirksame Planung – namentlich einen Bebauungsplan – gegossen hat. 2. Schutzbedarf – „Schädliche Auswirkungen“ Die wohl schwierigste Frage bei der Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB betrifft hingegen nicht den Schutzgegenstand, sondern die Schwelle des mit dieser Vorschrift normierten „Schutzbedarfs“. Da sich nämlich der Gesetzgeber bei der Schaffung der Neuregelung nicht dazu geäußert hat, wann ein Vorhaben s. E. „schädliche Auswirkungen“ auf die zentralen Versorgungsbereiche der Nachbargemeinde entfaltet471, hat sich zu dieser Frage seit dem Inkrafttreten der Neu469 Vgl. insoweit Berkemann, in: dems./Halama, Seminarunterlagen (n. v.), S. 254: „§ 34 Abs. 3 BauGB enthält [. . .] keine ,Veränderungssperre‘ für eine nur beabsichtigte Planung der Nachbargemeinde“; ähnlich Reichelt, BauR 2006, 38 (42); und mit diesbezüglichen, auf Art. 14 GG bezogenen Bedenken auch VG München, Urt. v. 07.11.2005 – M 8 K 05.1763, n. v., juris-Tz. 26; OVG Münster, Urt. v. 11.12.2006 – 7 A 964/05, n. v. (Zusammenfassung als StGB-NRW-Mitt. 135/2007 vom 17.01.2007), juris-Tz. 135. 470 Die zuvor Genannten folgen denn im Ergebnis auch durchweg nicht der restriktiven, sondern der vermittelnden Ansicht.

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regelung ein breites Meinungsspektrum in Rechtsprechung und Literatur entwickelt. Einigkeit besteht zwar noch in dem Ausgangspunkt, dass nur eine städtebauliche Schädlichkeit gemeint sein kann472, von welcher Intensität diese Auswirkungen sein müssen, wird dagegen ganz unterschiedlich beurteilt473. So spricht sich ein T. d.L. und der Rspr. dafür aus, zur Prüfung der „Schädlichkeit“ auf die in § 11 Abs. 3 BauNVO enthaltenen – teils widerleglichen, teils unwiderleglichen – Vermutungen zurückzugreifen, und vermeidet es auf diese Weise, eine konkrete Beeinträchtigungsintensität benennen zu müssen474. Andere greifen dagegen nicht auf die Vermutungsregeln des § 11 Abs. 3 BauNVO zurück, sondern prüfen, inwieweit die Auswirkungen eines Vorhabens die jeweils in Rede stehenden Versorgungsbereiche tatsächlich beeinträchtigen, und ordnen sie bereits dann als „schädlich“ ein, wenn sie sich als nicht lediglich „geringfügig“ erweisen475. Von dritter Seite wird dafür plädiert, Auswirkungen 471 Zu diesem Befund kommt auch das VG Gelsenkirchen, Urt. v. 03.05.2006 – 10 K 6950/04, NWVBl. 2006, 386 (387). 472 Insoweit übereinstimmend Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1030); ders., DVBl. 2006, 799 (808); Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 34 Rn. 86; Gatawis, NVwZ 2006, 272 (274); Halama, in: Berkemann/Halama, Seminarunterlagen (n. v.), S. 247 („störender Eingriff in die städtebauliche Entwicklung und Ordnung“); Janning, BauR 2005, 1723 (1729); Heilshorn/Seith, VBlBW 2004, 409 (410); VG Gelsenkirchen, Urt. v. 22.12.2005 – 5 K 584/03, n. v., juris-Tz. 46; dass., Urt. v. 03.05. 2006 – 10 K 6950/04, NWVBl. 2006, 386 (387); VG Düsseldorf, Urt. v. 15.11.2004 – 4 K 4311/03, n. v., juris-Tz. 40. 473 Sofern zu der Frage überhaupt eindeutig Stellung genommen wird; unklar insoweit Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 34 Rn. 55 („Kaufkraftabschöpfung [. . .] in einem vertretbaren Rahmen“); Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 7 Rn. 166, konstatiert nur, dass sich „[m]angels materieller Maßstäbe [. . .] ähnliche Auslegungsprobleme wie im Zusammenhang mit [. . .] § 2 Abs. 2 BauGB“ stellen können; Bracher, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2069 („Schädlich sind Auswirkungen, die die Erhaltung der spezifischen Funktionen des zentralen Versorgungsbereichs kurz- oder langfristig beeinträchtigen“); dem folgend Reidt, UPR 2005, 241 (242). 474 Diesen Weg beschreiten Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 34 Rn. 105; Janning, BauR 2005, 1723 (1726 f. [intrakommunal], 1731 [interkommunal]); Reidt, UPR 2005, 241 (244 ff.); Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 34 Rn. 86b, will zwar § 11 Abs. 3 BauNVO nicht „unmittelbar“ anwenden, leitet daraus aber für § 34 Abs. 3 BauGB „Annahmen“ ab, die „ähnlich der Wirkung der Vermutungsregel“ i. S. d. § 11 Abs. 3 S. 3 BauNVO fungieren sollen; ihm folgend VG München, Urt. v. 25.09.2006 – M 8 K 06.983, n. v., juris-Tz. 78. 475 So bejahte das VG München, Urt. v. 25.09.2006 – M 8 K 06.983, n. v., juris-Tz. 67 ff., in dem von ihm entschiedenen Fall „nicht unerhebliche“ Auswirkungen und nahm schon infolgedessen auch eine Rechtsverletzung der Nachbargemeinde an; das Gericht bezog sich dabei auf Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 34 Rn. 86, der a. a. O. zwar ebenfalls auf die Geringfügigkeitsschwelle abstellt („Schädliche Auswirkungen sind solche, die die städtebauliche Funktion des betroffenen zentralen Versorgungsbereichs nicht nur unerheblich beeinträchtigen.“; Hervorhebung im Original), und dazu ausdrücklich klarstellt, dass „schädliche Auswirkungen“ i. S. d. § 34 Abs. 3 BauGB „auch unterhalb“ der Grenze liegen könnten, ab der das Abstimmungsgebot aus § 2 Abs. 2 BauGB (nach traditioneller Ansicht) „greift oder

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nicht erst beim Überschreiten dieser aus § 1 Abs. 7 BauGB bekannten Geringfügigkeitsschwelle als „schädlich“ anzusehen, sondern erst dann, wenn sie sich i. S. d. Krabbenkamp-Formel als „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ darstellen476. Wieder andere Autoren schließlich sprechen sich dafür aus, von einer „Schädlichkeit“ erst bei Auswirkungen auszugehen, deren Beeinträchtigungsgrad im Vergleich zur Krabbenkamp-Formel zumindest „tendenziell deutlich höher liegen“477 müsste, oder fordern gar, dass das konkrete Vorhaben die Nachbargemeinde ein Abwehrrecht mit Erfolg geltend machen kann“ (a. a. O. Rn. 86d). – Ein Abwehrrecht der Nachbargemeinde gegen ein nach § 34 BauGB zu beurteilendes Vorhaben erkennt Söfker allerdings nicht schon dann an, wenn die Auswirkungen eines Vorhabens die so umschriebene Grenze überschreitet, sondern erst, wenn sie die Nachbargemeinde „schwerwiegend beeinträchtigen“, wozu er wiederum eine „Parallele“ zu § 2 Abs. 2 BauGB ziehen will (a. a. O. Rn. 86g). Diese Einschränkung findet sich nicht bei VG München, a. a. O., juris-Tz. 50, 67 ff. – Im Ergebnis stimmt Söfker damit zwar – anders als das VG München – mit denjenigen überein, die von „schädlichen Auswirkungen“ (erst) bei „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ ausgehen, zumindest seine Lösung überzeugt aber konstruktiv nicht, weil man die „Heraufsetzung“ der Erheblichkeitsschwelle für den interkommunalen Nachbarschutz gegenüber einer für die objektive Vorhabenzulassung niedrigeren wohl nur dann halten kann, wenn man § 34 Abs. 3 BauGB selbst als (teilweise) nicht drittschützend ansieht, obwohl sich für eine derartige Differenzierung weder im Wortlaut der Norm noch in den Gesetzesmaterialien ein Anhalt findet (vgl. insoweit die Nachweise in Fn. 449). 476 Dafür Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1031 mit Fn. 60); ders., DVBl. 2006, 799 (809); Vietmeier, BauR 2005, 480 (487); Gatawis, NVwZ 2006, 272 (275); ebenso zumindest für die Ermittlung „schädlicher“ Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche der Nachbar- (im Gegensatz zur in § 34 Abs. 3 BauGB auch genannten Standort-)Gemeinde Janning, BauR 2005, 1723 (1730); tendenziell auch Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 34 Rn. 75 („Dabei kann die Rspr. zum interkommunalen Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2, dessen Eingreifen ,unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art‘ [. . .] verlangt, gewisse Fingerzeige geben“); so wohl auch VG Arnsberg, Urt. v. 25.01.2005 – 4 K 572/04, ÖffBauR 2005, 116, juris-Tz. 48, VG Düsseldorf, Urt. v. 15.11.2004 – 4 K 4311/03, n. v., juris-Tz. 40–42, VG Gelsenkirchen, Urt. v. 03.05. 2006 – 10 K 6950/04, NWVBl. 2006, 386 (386 f.), und VG München, Urt. v. 07.11.2005 – M 8 K 05.1763, n. v., juris-Tz. 27, die alle auf die bislang in der Rechtsprechung zu den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ kursierenden 10-%Grenzen abstellen (das VG Arnsberg in dem Sinne, dass „zumindest“ beim Erreichen dieser Schwelle von schädlichen Auswirkungen auszugehen sei, die VGe Gelsenkirchen und München derart, dass „mindestens“ diese Schwelle erreicht sein müsse); letzteres hat seine Ausführungen aber später dahingehend relativiert, dass es insoweit nur eine „Rechtsansicht“ referiert habe, ohne sie sich zu eigen gemacht zu haben (s. dass., Urt. v. 25.09.2006 – M 8 K 06.983, n. v., juris-Tz. 69). 477 Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, 2005, § 34 Rn. 24; zust. SchmidtEichstaedt, ZfBR 2005, 751 (758); ähnlich Halama, in: Berkemann/Halama, Seminarunterlagen (n. v.), S. 242 f., nach dem sich „aus den Anforderungen an das Gebot der interkommunalen Abstimmung keine weitergehenden inhaltlichen Hinweise dazu gewinnen“ lassen, „was als ,Schädlichkeit‘ im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB anzusehen“ sei, und der ebenfalls dazu zu neigen scheint, die Schwelle für diese Vorschrift höher zu legen als für jene, ohne sich freilich festzulegen, ob sie nur bei Auswirkungen erreicht ist, die bei einer Abwägung nicht überwunden werden könnten, oder auch darunter zum Tragen kommen kann; für letzteres Berkemann, in: dems./Halama, Seminarunterlagen (n. v.), S. 245: „Da § 34 Abs. 3 BauGB Entscheidungen ohne Pla-

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nicht abwägungsfehlerfrei planbar sein dürfe, seine Auswirkungen mithin aus Sicht der Nachbargemeinde „unzumutbar“ sein müssten478. a) „Schädliche“ Auswirkungen als „vermutete“ Auswirkungen? Der erste dieser Ansätze hat auf den ersten Blick den Vorteil auf seiner Seite, durch die Übertragung der Vermutungsregeln des § 11 Abs. 3 BauNVO auf § 34 Abs. 3 BauNVO die Praxis vom Nachweis bestimmter Auswirkungen zu befreien und diese Vorschrift dadurch leichter handhabbar zu machen479. Dabei darf freilich nicht verkannt werden, dass diese Erleichterung nur in einem Teilbereich der in Frage kommenden Fälle erreicht werden könnte, weil § 34 Abs. 3 BauGB allgemein von „Vorhaben“ spricht und nicht nur die in § 11 Abs. 3 BauGB genannten Einkaufszentren und sonstigen Einzelhandelsbetriebe erfasst. Da jene Vorschrift also – vom Gesetzgeber beabsichtigt480 – einen größeren Anwendungsbereich aufweist als diese481, könnte der auf § 11 Abs. 3 BauGB nung allein aufgrund der Ebene tatsächlicher Verhältnisse regulieren will, ist es angemessen, den Schutz zentraler Versorgungsbereiche bereits graduell vor der Stufe der Abwägungsresistenz einsetzen zu lassen“; in diese Richtung wohl auch Voß/Buntenbroich, Baurecht, Rn. 727, die auf einen „Kaufkraftentzug“ von „20–25%“ abstellen. 478 Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 34 BauGB Rn. 88: „Die Vorschrift schützt [. . .] nicht gegen jede Beeinträchtigung, sondern (nur) gegen schädliche Auswirkungen. Der Grad der Beeinträchtigung muss also – im gemeindenachbarlichen Verhältnis – höher liegen als die den qualifizierten Abstimmungsbedarf i. S. d. § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB auslösende Schwelle. Schädlich werden die Auswirkungen erst dann sein, wenn das konkrete Vorhaben unter dem Blickwinkel des Zentrenschutzes abwägungsfehlerfrei nicht planbar wäre“. 479 Wer die Nachweislast für das (Nicht-)Vorliegen „schädlicher Auswirkungen“ im Verwaltungsprozess trägt, ist freilich auch umstritten. Teils wird sie der Baugenehmigungsbehörde aufgebürdet (so VG Düsseldorf, Urt. v. 15.11.2004 – 4 K 4311/03, n. v., juris-Tz. 45; Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 34 Rn. 28; ders., in: dems./Halama, Seminarunterlagen [n. v.], S. 246, anders aber möglw. auf S. 254), teils dem Bauantragsteller (so Gatawis, NVwZ 2006, 272 [276]; VG Neustadt [Weinstraße], Urt. v. 23.03.2006 – 4 K 1762/05.NW, n. v., juris-Tz. 39; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 03.05.2006 – 10 K 6950/04, NWVBl. 2006, 386 [388]; Heilshorn/Seith, VBlBW 2004, 409 (410); Janning, BauR 2005, 1723 [1729]; s. auch Reidt, UPR 2005, 241 [246]; offen gelassen bei OVG Münster, Urt. v. 11.12.2006 – 7 A 964/05, juris-Tz. 174; Uechtritz, NVwZ 2007, 660 [663]). Letzteres ist überzeugend, weil der Gesetzgeber mit § 34 Abs. 3 BauGB eine zusätzliche Zulassungsvoraussetzung schaffen wollte, für die den Bauherr nach allgemeinen Grundsätzen – ähnlich wie bei den in § 34 Abs. 1 S. 2 BauGB genannten „öffentlichen Belangen“ – die Nachweislast trifft. Eine unzumutbare Beeinträchtigung des Bauherrn geht damit nicht einher, weil ihn die Behörde durch Beratung und Auskunft zu unterstützen hat (s. § 25 der LVwVfGe und ihre Entsprechungen sowie die zuvor Genannten). 480 Vgl. BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 221; Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 54. 481 Diese gesetzgeberische Entscheidung wird weder in der Literatur noch von der Rechtsprechung infrage gestellt; vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 34 Rn. 84 f., 86c, 86e; Vietmeier, BauR 2005, 480 (486); s. ferner Gatawis,

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abstellende Ansatz in allen nicht unter diese Regelung subsumierbaren Fällen ohnehin nicht von der Notwendigkeit befreien, bei der Frage nach der erforderlichen Beeinträchtigungsintensität dogmatische Farbe zu bekennen482. Aber auch in dem Teilbereich, in dem dieser Ansatz eine solche Erleichterung erzielen könnte, überzeugt er nicht. Seine Verfechter argumentieren, dass die BauNVO auch sonst als eine Konkretisierung städtebaulicher Grundsätze, als „normierter städtebaulicher Sachverstand“ anerkannt sei, sodass es naheliege, statt auf eine „neue“ Definition auf die dort enthaltenen Wertungen zurückzugreifen483. Dies entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers, der bei der BauGB-Novelle 2004 davon ausgegangen sei, das § 34 BauGB a. F. nicht dazu geeignet sei, die in § 11 Abs. 3 BauGB genannten Vorhaben in einer städtebaulich befriedigenden Weise zu steuern, und sie deshalb der Bauleitplanung zuzuweisen beabsichtigt habe. Diese Intention rechtfertigt es, für die sowohl von § 34 Abs. 3 BauGB als auch § 11 Abs. 3 BauNVO erfasste „Untermenge“ dieselben Regelungen anzuwenden484. Auf diese Weise werde schließlich auch der Auffassung des BVerwG Rechnung getragen, das im Zweibrücken-Urteil geschlossen habe, ein unter § 11 Abs. 3 BauNVO fallendes und deshalb in einem Gewerbegebiet nicht zulässiges Einzelhandelsvorhaben sei „erst recht“ nicht im Außenbereich zulässig. Dieser Erst-Recht-Schluss aus dem Zweibrücken-Urteil gelte nämlich für den Innenbereich in gleicher Weise485. Diese Erwägungen rechtfertigen es indes nicht, die Vermutungsregeln des § 11 Abs. 3 BauNVO auch im Rahmen des § 34 Abs. 3 BauGB zur Anwendung zu bringen. Die am Anfang jeder Gesetzesauslegung gebotene grammatische Interpretation führt zunächst einmal zu der Erkenntnis, dass der Gesetzgeber in § 11 Abs. 3 BauNVO ausdrücklich bestimmte Vermutungsregelungen aufgenommen, dies in § 34 Abs. 3 BauGB aber unterlassen hat. Da diese Vorschrift auch nicht auf jene verweist, spricht dieser Vergleich zunächst einmal gegen die Annahme eines insoweit identischen Regelungsgehaltes. Dieser

NVwZ 2006, 272 (273); Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 34 Rn. 17; Rauber, VR 2005, 379 (380); Reidt, UPR 2005, 241; Janning, BauR 2005, 1723 (1724 f.); Voß/Buntenbroich, Baurecht, Rn. 722; VG Neustadt (Weinstraße), Urt. v. 23.03.2006 – 4 K 1762/05.NW, n. v., juris-Tz. 39; OVG Münster, Urt. v. 11.12.2006 – 7 A 964/05, n. v. (Zusammenfassung als StGB-NRW-Mitt. 135/2007 vom 17.01. 2007), juris-Tz. 146; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 03.05.2006 – 10 K 6950/04, NWVBl. 2006, 386 (387). 482 S. Gatawis, NVwZ 2006, 272 (275); das räumt auch Reidt, UPR 2005, 241 (244), ein. 483 Vgl. Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 34 Rn. 105; ähnlich Janning, BauR 2005, 1723 (1726); Reidt, UPR 2005, 241 (245 f.). 484 Näher Reidt, UPR 2005, 241 (245.). 485 Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 34 Rn. 105; in diesem Sinne wohl auch Halama, DVBl. 2004, 79 (82 f.), der sich allerdings nicht ausdrücklich zur Neuregelung des § 34 Abs. 3 BauGB äußert.

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Zwischenbefund wird dadurch erhärtet, dass § 34 Abs. 3 BauGB fordert, dass die genannten Auswirkungen zu „erwarten“ sein müssen, während es § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauGB genügen lässt, dass Vorhaben Auswirkungen entfalten „können“486. Bereits dieser Wortlautunterschied487 deutet darauf hin, dass die Anforderungen an den Nachweis potenzieller Auswirkungen bei jener Vorschrift strenger sind als bei dieser, sodass der Einsatz von Vermutungsregeln bei dieser Regelung systemgerecht sein mag, nicht aber ohne weiteres auf diese übertragen werden kann. Gegen eine solche Gleichbehandlung sprechen auch systematische Unterschiede. Unmittelbarer Regelungsgegenstand des § 11 Abs. 3 BauNVO ist nur das Verhältnis der von der BauNVO genannten Baugebiete zueinander. Stellt die Standortgemeinde zur Ansiedelung eines großflächigen Einzelhandelsvorhabens einen Bebauungsplan auf, bestimmt diese Vorschrift zwar, dass die Gemeinde aus dem Katalog aller Baugebiete nicht frei wählen, sondern auf bestimmte Gebietstypen zurückgreifen muss. Sie besagt aber nicht, dass die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Vorhaben im Bereich des § 30 BauGB generell unzulässig wären. Im Vergleich dazu ist die Aussagewirkung des § 34 Abs. 3 BauGB eine gänzlich andere. Sind dessen Voraussetzungen erfüllt, ist das Vorhaben nämlich im Bereich des § 34 BauGB rundweg unzulässig. Angesichts der (vergleichsweise beschränkten) Wirkung des § 11 Abs. 3 BauNVO mag die rechtstechnische Verwendung von Vermutungsregeln nachvollziehbar und sinnvoll sein, sie können aber angesichts der wesentlich gravierenderen Rechtsfolgen des § 34 Abs. 3 BauGB nicht unbesehen auf diesen übertragen werden488. 486 Das stellt auch Gatawis, NVwZ 2006, 272 (275), heraus; Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1032), stellt zwar nicht diesen Vergleich an, gibt aber zu „bedenken“, dass es „zu erwarten (nicht zu ,vermuten‘)“ heiße (Hervorhebung im Original). 487 Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 34 Rn. 75, verweist weiter auf den nur in § 34 Abs. 3 BauGB verwendeten Begriff der „Schädlichkeit“ der s. E. auf das Erfordernis konkreter Auswirkungen hindeutet; dieses Argument allein dürfte jdfs. nicht zwingend gegen die These von der Übertragbarkeit der Vermutungsregeln sprechen, da es sich in die Gefahr eines Zirkelschlusses begibt, da die hier zu klärende Frage gerade dahin geht, ob der „Schaden“ tatsächlich vorliegen und nachgewiesen sein muss oder auch vermutet werden darf. 488 In diese Richtung dürften wohl auch die Bedenken des (die Frage freilich nicht abschließend entscheidenden) VG Düsseldorf, Urt. v. 15.11.2004 – 4 K 4311/03, n. v., juris-Tz. 42, gehen: „Ein Rückgriff auf die Vermutungsregel des § 11 Abs. 3 S. 3 BauNVO erscheint [. . .] bedenklich, da diese Vorschrift eine planerische Tätigkeit der Gemeinde [. . .] voraussetzt. Nur in einem entsprechend beplanten Gebiet werden schädliche Auswirkungen auf einer Geschossfläche über 1.200 qm vermutet. Es dürfte nicht angebracht sein, eine solche Vermutung auf sämtliche unbeplanten Gebiete, die § 34 BauGB unterfallen, zu erstrecken. Vielmehr dürfte konkret auf die zu erwartenden Auswirkungen des Vorhabens abzustellen sein“; ähnlich Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1032): „Wollte man im Anwendungsbereich des § 34 III BauGB auf die Vermutungsregel des § 11 III BauNVO zurückgreifen, bedeutete dies, dass der Gesetzgeber generell und flächendeckend eine regelmäßige Unzulässigkeit großflächiger Einzelhandels-

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Es kann auch nicht behauptet werden, die Übertragung der Vermutungsregeln aus § 11 Abs. 3 BauNVO auf § 34 Abs. 3 BauGB entspreche dem Willen des Gesetzgebers. Im Gegenteil. Wie eingangs gezeigt, geht die Neuregelung in § 34 BauGB auf einen Vorschlag der Unabhängigen Expertenkommission zurück. Diese sah sich aber deshalb dazu veranlasst, eine Gesetzesänderung anzuregen, weil sie es als unbefriedigend empfand, dass über § 34 Abs. 1 BauGB keine Fernwirkungen auf benachbarte Gemeinden erfasst werden489. (Nur) diese Beschränkung sollte durch die Neuregelung aufgehoben490, nicht aber die Wirkungsweise des § 34 BauGB, der auch sonst ausschließlich auf die tatsächlichen Verhältnisse abstellt und nicht mit Vermutungen arbeitet, grundlegend geändert werden491. Dem entspricht es, dass sich die Kommission denn auch im Hinblick auf die für die Neuregelung vorgeschlagenen „Merkmale“ (nur) an die „Formulierung in § 11 Abs. 3 S. 2 BauNVO“ anlehnen wollte, der gerade keine Vermutungsregeln enthält, die solche Regeln aufstellenden Sätze 1 und 3 des § 11 Abs. 3 BauNVO dagegen nicht erwähnte492. Es ist nicht ersichtlich, dass der dem Vorschlag der Expertenkommission folgende Gesetzgeber insoweit eine a. A. vertrat493. Im Gegenteil spricht die zeitgleich mit § 34 Abs. 3 BauGB erfolgte Novellierung des § 2 Abs. 2 BauGB gegen diese Annahme. Denn in § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB n. F. brachte der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass die Ansiedlung von betriebe im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB begründet hätte. Es ist fraglich, ob Derartiges unterstellt werden kann“. 489 Vgl. erneut (dort ohne Hervorhebung) BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 213. 490 S. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 33: „[§ 34 BauGB] hat sich [. . .] insofern in der Praxis als unzureichend erwiesen, als die Berücksichtigung der über die nähere Umgebung hinausgehenden sog. Fernwirkungen von Vorhaben keine Zulässigkeitsvoraussetzung ist. Die Berücksichtigung der städtebaulichen Auswirkungen, die über die maßgebliche Umgebung hinausgehen und sich auch in den Nachbargemeinden zeigen können, soll deshalb in § 34 Abs. 3 [BauGB] aufgenommen werden.“ (Hervorhebung durch den Verf.); vgl. a. a. O. ferner die Formulierung auf S. 54, wo von der Geltendmachung „nachteiliger Auswirkungen“ (Hervorhebung durch den Verf.) die Rede ist, was ebenfalls auf tatsächliche und nicht lediglich vermutete Effekte hindeutet. 491 Dieser Auffassung ist wohl auch Berkemann, in: dems./Halama, Seminarunterlagen (n. v.), S. 249: „§ 34 Abs. 3 BauGB will diese Begrenzung [scil.: auf den „kleinräumigen“ Bezugsrahmen in § 34 Abs. 1 BauGB] ganz allgemein aufheben, wenn und soweit das projektierte Vorhaben schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche [. . .] auslöst. Damit sollen schädliche ,Fernwirkungen‘ einbezogen werden. § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO bietet dafür allenfalls einen ersten Anhalt, indes nicht mehr als eine Art indiziellen Anfangsverdacht.“; dass die Neuregelung (nur) das Ziel der Erfassung von Fernwirkungen habe, nimmt auch Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1031 f.); ders., DVBl. 2006, 799 (808), an. 492 S. BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 221 (Hervorhebung durch den Verf.). 493 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 28, 33, 41 f., 54.

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Einzelhandelsvorhaben künftig besser an die zu ihrer Steuerung erlassenen Instrumente der Raumordnung angepasst werden sollen. Nun hätte aber die Übertragung der unwiderleglichen Vermutungsregel des § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauNVO auf § 34 Abs. 3 BauGB zur Folge, dass ein Einkaufszentrum selbst dann nicht im unbeplanten Innenbereich einer Standortgemeinde verwirklicht werden könnte, wenn diese im Zentrale-Orte-System als Oberzentrum – und damit als raumordnungsrechtlich bevorzugter Standort für solche Vorhaben494 – ausgewiesen ist und feststünde (!), dass von dem Vorhaben keine städtebaulich nachteiligen Auswirkungen auf die Nachbargemeinde(n) ausgingen495. Dass dürfte der in § 2 Abs. 2 BauGB gegossenen Zielsetzung des Gesetzgebers kaum entsprechen. Gegen die Ermittlung „schädlicher“ Auswirkungen über einen Rückgriff auf die Vermutungsregeln des § 11 Abs. 3 BauGB spricht zudem eine Folgenbetrachtung in Bezug auf das weitere Tatbestandsmerkmal der „anderen Gemeinden“ in § 34 Abs. 3 BauGB. Würde man auf den konkreten Nachweis tatsächlicher Auswirkungen verzichten, gäbe man zugleich das Kriterium auf, mit dem eine betroffene Gemeinde von einer „Jedermannsgemeinde“ abgegrenzt werden kann. Konsequent zu Ende gedacht bedeutete dies, dass auch eine in Bayern gelegene Kommune sich gegen die Ansiedlung eines Einkaufszentrums im unbeplanten Innenbereich einer schleswig-holsteinischen Gemeinde mit der Begründung wenden könnte, auch sie sei eine „andere“ Gemeinde als diese und das Vorliegen „schädlicher Auswirkungen“ werde nach § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB unwiderleglich vermutet. Es kann aber kaum angenommen werden, dass der Gesetzgeber mit § 34 Abs. 3 BauGB den Weg hin zu einer kommunalen „Popularklage“ ebnen wollte. Der schlichte Hinweis, dass die BauNVO aber auch in ihrem § 11 Abs. 3 einen „städtebaulichen Sachverstand“ darstelle, den es zu nutzen gelte, kann diese Bedenken nicht ausräumen. Denn auch im Rahmen des BauGB kann nur dann auf den „Sachverstand“ der BauNVO zurückgegriffen werden, wenn und soweit jenes Gesetzbuch dafür Raum lässt. Wenn aber die Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB – wie gezeigt – ergibt, dass dieser Raum nicht besteht, kann nicht aus dem Umstand, dass die BauNVO städtebauliche Grundsätze weiter konkretisiert, geschlossen werden, diese wirkten nun unbegrenzt auf das BauGB zurück, will man nicht das durch § 9a BauGB bestimmte Verhältnis dieser beiden Regelwerke auf den Kopf stellen.

494 Vgl. etwa erneut Plansatz 3.3.7 des LEP BW 2002: „Z[iel] – Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) sollen sich in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen; sie dürfen in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. [. . .]“; näher dazu oben unter § 1 B I. 495 Das stellt überzeugend Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (808), heraus.

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Auch das Argument, über die Anwendung der Vermutungsregeln werde für den Innenbereich erzielt, was das BVerwG im Zweibrückenurteil in gleicher Weise für den Außenbereich gefordert habe, vermag die genannten Einwände nicht auszuräumen. Denn zum einen basiert es auf der Annahme, das BVerwG habe die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Vorhaben ausnahmslos ohne Bebauungsplanung im Außenbereich für unzulässig erklärt, was in dieser Allgemeinheit schon nicht zutreffen muss496. Zum zweiten ist mit der Ablehnung der Vermutungsthese nicht gesagt, dass nicht über eine andere Auslegung Ergebnisse erzielt werden können, die zu i.W. vergleichbaren Ergebnissen für den Innen- und Außenbereich führen497. Und zum Dritten ist zu beachten, dass etwaige sich doch ergebende Unterschiede hinzunehmen wären, weil der bloße – wenn auch verständliche – Wunsch nach einer einheitlichen Behandlung der verschiedenen Plangebiete der §§ 29 ff. BauGB es nicht rechtfertigt, eine durch die maßgeblichen Auslegungsmethoden de lege lata gefundenes Ergebnis zu ignorieren. Nach alledem ist zumindest der Vorschlag, das Tatbestandsmerkmal der „schädlichen“ Auswirkungen statt über den Nachweis konkreter Auswirkung durch eine Anwendung der Vermutungsregeln des § 11 Abs. 3 BauNVO zu handhaben, abzulehnen498. b) „Schädliche“ Auswirkungen als „nicht geringfügige“ Auswirkungen? Mit diesem Zwischenergebnis ist freilich nur gesagt, dass im Rahmen des § 34 Abs. 3 BauGB konkrete Auswirkungen auf die fraglichen Versorgungsbereiche feststehen müssen. Welche Intensität diese Auswirkungen zu erreichen haben, um als „schädlich“ qualifiziert werden zu können, ist damit noch nicht geklärt. Insoweit ist der in Rspr. und Literatur unterbreitete Vorschlag zu erörtern, bereits solche Auswirkungen als „schädlich“ einzuordnen, welche die Zentren der Nachbargemeinde „nicht nur unerheblich“ beeinträchtigen499.

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Dazu noch näher unter § 14 C. III. Dazu noch näher unter § 14 B.–D. 498 Im Ergebnis wie hier Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1031 f.); ders., DVBl. 2006, 799 (808); ders., NVwZ 2007, 660 (662); Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 34 Rn. 74; Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 34 Rn. 30; Gatawis, NVwZ 2006, 272 (275); Vietmeier, BauR 2005, 480 (490); Berkemann, in: dems./Halama, Seminarunterlagen (n. v.), S. 249; Voß/Buntenbroich, Baurecht, Rn. 722; OVG Münster, Urt. v. 11.12.2006 – 7 A 964/05, n. v. (Zusammenfassung als StGB-NRW-Mitt. 135/2007 vom 17.01.2007), juris-Tz. 165; tendenziell auch VG Düsseldorf, Urt. v. 15.11.2004 – 4 K 4311/03, n. v., juris-Tz. 42; offen gelassen, aber Skepsis wohl auch bei Krausnick, VerwArch. 96 [2005], 191 (212). 499 Vgl. VG München, Urt. v. 25.09.2006 – M 8 K 06.983, n. v., juris-Tz. 67 ff.; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 34 Rn. 86; und näher dazu die Zitate in Fn. 475. 497

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Für diese Auslegung könnte der Umstand sprechen, dass der Gesetzgeber zwar, wie gezeigt, nicht die Vermutungsregeln des § 11 Abs. 3 BauNVO auf § 34 Abs. 4 BauGB übertragen, im Übrigen aber erklärtermaßen eine „Anleihe“ bei jener Vorschrift nehmen wollte500. Die solcherart in Bezug genommene Vorschrift lässt nun einmal, wie gezeigt501, zumindest mit den in S. 1 Nr. 2 genannten „nicht nur unwesentlichen“ Auswirkungen bereits solche Effekte zu, welche die Geringfügigkeitsschwelle überschreiten, wie sie auch für die Abwägungserheblichkeit von Belangen im Rahmen des § 1 Abs. 7 BauGB anerkannt ist502. Für diesen Rückgriff auf die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannte Erheblichkeitsschwelle könnte auch sprechen, dass diese Vorschrift in den Fällen des § 34 Abs. 2 BauGB ohnehin zum Tragen kommt, sodass nur durch eine Übertragung dieser Schwelle eine Gleichbehandlung der unter Abs. 1 und Abs. 2 BauNVO fallenden Konstellationen erreicht werden könne503. Im Ergebnis rechtfertigen diese Erwägungen jedoch die Annahme, mit den „schädlichen“ Auswirkungen bezeichne § 34 Abs. 3 BauGB „mehr als geringfügige“ Auswirkungen, nicht. Denn die „Anleihe“, die der Gesetzgeber bei § 11 Abs. 3 BauNVO gemacht hat, mag sich auf den hier wie dort genannten Schutzgegenstand der „zentralen Versorgungsbereiche“ beziehen. Auf den Schutzbedarf kann sie sich indes nicht gerichtet haben, denn § 34 Abs. 3 BauGB spricht gerade anders als § 11 Abs. 3 BauNVO nicht lediglich von „nicht nur unwesentlichen“, sondern von „schädlichen“ Auswirkungen, was auf eine höhere Beeinträchtigungsintensität hindeutet504. Wäre insoweit ein Gleichlauf beabsichtigt gewesen, wäre aus rechtsmethodischer Sicht auch ein insoweit gleicher Wortlaut zu erwarten gewesen. Diesen Schritt ist der Gesetzgeber aber gerade nicht gegangen. Gegen die Geringfügigkeitsthese spricht darüber hinaus auch hier wieder ein Blick auf die Funktion dieses Tatbestandsmerkmals in § 34 Abs. 3 BauGB. In § 11 Abs. 3 BauGB hat das Überschreiten der dort maßgeblichen Erheblich500 S. BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 221; Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 33 a. E., 54. 501 S. dazu oben unter § 1 A. II. 2. b). 502 In diese Richtung wohl Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 34 Rn. 86 86b. 503 Das wird jdfs. von Vietmeier, BauR 2005, 480 (487), eingeräumt, der sich freilich im Ergebnis dennoch für die Übertragung der Krabbenkamp-Formel ausspricht. 504 Vgl. insoweit OVG Münster, Urt. v. 11.12.2006 – 7 A 964/05, n. v. (Zusammenfassung als StGB-NRW-Mitt. 135/2007 vom 17.01.2007), juris-Tz. 144: „Mit dem Begriff ,schädliche‘ Auswirkungen hat der Gesetzgeber eine Formulierung gewählt, die ihrem Wortlaut nach über bloße Auswirkungen hinausgeht“. Dass mit dem Tatbestandsmerkmal der „Schädlichkeit“ in § 34 Abs. 3 BauGB eine höhere Beeinträchtigungsintensität bezeichnet ist, als mit den „nicht unwesentlichen“ Auswirkungen in § 11 Abs. 3 BauNVO, nehmen auch Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 34 Rn. 23; Vietmeier, BauR 2005, 480 (487); und implizit Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.3.b., an.

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keitsschwelle (nur) zur Folge, dass ein Einzelhandelsvorhaben in anderen außer Kern- und Sondergebieten nicht verwirklicht werden darf, nicht aber, dass ein solches Vorhaben in einem Gebiet i. S. d. § 30 Abs. 1 BauGB generell unzulässig wäre. Wird die bei § 34 Abs. 3 BauGB einschlägige Schwelle überschritten, bedeutet das hingegen, dass ein solches Vorhaben generell nicht in dem unbeplanten Innenbereich i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB verwirklicht werden darf. Würde diese vergleichsweise drastischere Rechtsfolge bereits bei „mehr als geringfügigen“ Auswirkungen erreicht, wäre der Anwendungsbereich des § 34 BauGB durch das EAG Bau erheblich eingeschränkt worden und Vorhaben könnten schon bei nicht unwesentlichen Auswirkungen nur noch aufgrund eines Bebauungsplans zugelassen werden. Dass der Gesetzgeber auf diese Weise ein „Planungserfordernis“ schon beim Überschreiten der Bagatellgrenze aufstellen und damit das Verhältnis der § 30 BauGB und § 34 BauGB in so grundlegender Weise verändern wollte, lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen505. Im Gegenteil. In dem der Begründung des Regierungsentwurfs zum EAG Bau zugrundeliegenden Bericht der Unabhängigen Expertenkommission wird der Vorschlag der Neuregelung u. a. mit der Erwägung begründet, dass Einzelhandelsbetriebe die Funktionsfähigkeit von Versorgungszentren „gefährden“ könnten und dass deshalb „erhebliche“506 bzw. „städtebaulich nachhaltige“507 Auswirkungen auf solche Zentren zu einem der Zulässigkeit eines Vorhabens im Innenbereich entgegenstehenden Belang erhoben werden sollten. Solche Formulierungen sprechen dafür, dass die Zulassung von Bauvorhaben im unbeplanten Innenbereich auch mit § 34 Abs. 3 BauGB n. F. nicht schon deshalb ausgeschlossen werden sollten, weil diese lediglich „nicht unerhebliche“ Auswirkungen auf Belange der Nachbargemeinde entfalten. Gegen eine solche Annahme spricht schließlich auch der Vergleich mit § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB, in dem das Gesetz schlicht von „Auswirkungen“ spricht, die zur Eröffnung einer interkommunalen Abstimmung gegeben sein müssen. Wenn das BauGB aber dort allein mit dem Begriff der „Auswirkungen“ Effekte bezeichnet, die „mehr als geringfügig“ sind508, kann nicht angenommen werden, dass mit dem um ein Attribut erweiterten Ausdruck der „schädlichen Auswirkungen“ in § 34 Abs. 3 BauGB derselbe Effekt umschrieben sein soll. Diese 505 Davon geht wohl auch Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 34 Rn. 23, aus: „Die Differenzierung [scil.: im Vergleich zum Wortlaut des § 11 Abs. 3 BauNVO] ist verständlich. § 11 Abs. 3 S. 1 BauNVO will durch die Zuweisung in ein Kerngebiet oder in ein Sondergebiet bereits auf einer tieferen Stufe der Regulierung eingreifen. Daher ist der ,Schwellenwert‘ [. . .] geringer gewählt. Auch ein Bezug auf § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB scheidet aus.“ 506 S. BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 217, 220 (Hervorhebung durch den Verf.); Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 28, 33. 507 Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 54 (Hervorhebung durch den Verf.). 508 S. dazu oben unter § 1 A. II, B. II., C. IV.

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Differenzierung ist auch im Hinblick auf die unterschiedlichen Funktionen der Vorschriften – nun gemessen an § 2 Abs. 2 BauGB – systemgerecht. Bei dieser Vorschrift geht es „nur“ darum, die Standortgemeinde zur Berücksichtigung eines Belangs im Rahmen einer Planung zu zwingen, ohne dass damit bereits abschließend gesagt wäre, dass die die Beeinträchtigung auslösende Planung wegen der betreffenden Auswirkung unzulässig wäre – ein „Wegabwägen“ bleibt im Rahmen der Abwägungsfehlerlehre möglich. Bei § 34 Abs. 3 BauGB geht es aber eben um eine endgültige Entscheidung über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Beeinträchtigungen verursachenden Vorhabens. Dieser Unterschied in den Rechtsfolgen beider Vorschriften spricht dafür, die auch im Wortlaut angelegte Differenzierung hinsichtlich der Beeinträchtigungsintensität nicht über eine extensive Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB zu nivellieren. Nach alledem vermag es nicht zu überzeugen, lediglich „nicht nur unerhebliche“ Auswirkungen als i. S. d. § 34 Abs. 3 BauGB „schädliche“ anzusehen. c) „Schädliche“ Auswirkungen als „unzumutbare“ Auswirkungen? Dieses Zwischenergebnis könnte dafür sprechen, die Auslegung nun gleichsam am anderen Ende der Skala möglicher Beeinträchtigungen zu suchen und erst bei – aus Sicht der Nachbargemeinde – „unzumutbaren“509 oder doch „knapp unter“ dieser Schwelle angesiedelten Beeinträchtigungen510 von „schädlichen“ Auswirkungen auszugehen. Begründet wird diese Auffassung mit dem Argument, dass § 34 Abs. 3 BauGB nicht – wie § 2 Abs. 2 BauGB – eine interkommunale Abwägung eröffne, sondern das Ergebnis einer gesetzlichen Abwägung darstelle. Deshalb müsse der Schwellenwert bei jener Vorschrift zumindest „deutlich höher“ liegen als bei der traditionellen Krabbenkamp-Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ oder aber gleich ganz bei der Grenze angesiedelt werden, ab der eine Auswirkung so gewichtig ist, dass sie auch im Wege einer planerischen Abwägung nicht mehr fehlerfrei „wegabgewogen“ werden könnte511. Gegen diese Auffassung wird vorgetragen, sie lasse die Neuregelung praktisch leerlaufen, weil die Schwelle der Unzumutbarkeit in der Praxis nur äußerst selten erreicht werde512. Dieser Hinweis scheint in der Tat ein wichtiges Indiz dafür zu sein, dass dieser restriktivste der o. g. Auslegungsvorschläge 509 S. erneut Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 34 BauGB Rn. 88, und das Zitat in Fn. 478. 510 S. erneut Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 34 Rn. 24; dens., in: dems./Halama, Seminarunterlagen (n. v.), S. 245; Halama, in: Berkemann/Halama, a. a. O. , S. 242 f.; Schmidt-Eichstaedt, ZfBR 2005, 751 (758); sowie die entsprechenden Zitate oben in Fn. 477. 511 Vgl. die Erwägungen bei den in den beiden vorherigen Fn. Genannten.

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überprüfungsbedürftig ist. Er allein vermag allerdings das Argument nicht zu entkräften, der Gesetzgeber habe im dritten Absatz des § 34 BauGB ein Abwägungsergebnis normiert, sodass nur die dafür maßgebliche „Unzumutbarkeitsschwelle“ gelten könne, nicht aber „niedrigere“ Grenzen, wie sie insbesondere (nach h. M.) mit der Krabbenkamp-Formel (nur) für die Abwägungseröffnung umschrieben werde. Für diese enge Sichtweise könnte sogar zusätzlich die Vermutung streiten, dass der Gesetzgeber für gleiche Sachverhalte auch den gleichen Wortlaut verwendet. Denn der Begriff der „Schädlichkeit“ wird im BauGB noch in einem anderen Zusammenhang verwendet – dem der „schädlichen Umwelteinwirkungen“, wie sie bspw.513 in § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BauGB genannt werden. Es besteht nun Einigkeit darüber, dass mit dem dort verwendeten Begriff auf die Legaldefinition des § 3 Abs. 1 BImSchG verwiesen wird, die ihrerseits von Immissionen spricht, die geeignet sind, Gefahren oder erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen514. Als „erheblich“ werden Nachteile und Belästigungen wiederum dann angesehen, wenn sie durch Stärke und Intensität das übliche und billigerweise hinzunehmende Maß überschreiten, für den Betroffenen mithin (nach den zum Gebot der Rücksichtnahme entwickelten Maßstäben) unzumutbar sind515. Wenn der Gesetzgeber also mit dem Begriff der „Schädlichkeit“ in Vorschriften wie dem § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BauGB (nur) unzumutbare Auswirkungen ansprechen wolle, dann – so wäre fortzufahren – müsse Gleiches für die in § 34 Abs. 3 BauGB angesprochene „Schädlichkeit“ gelten. Im Ergebnis überzeugt dieser Wortlautvergleich aber nicht. Gegen ihn spricht bereits, dass er ignoriert, dass das Attribut „schädlich“ in § 34 Abs. 3 BauGB ein anderes Bezugswort („Auswirkungen“) hat als das in den §§ 5 Abs. 2 Nr. 6, 9 Abs. 1 Nr. 23 lit. a, Nr. 24, 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3, 55 Abs. 2 Nr. 2, 127 Abs. 2 Nr. 5 BauGB verwendete („Umwelteinwirkungen“) und der Gesetzgeber eben nur für das letzte dieser beiden weitergehende materielle Maßstäbe – in § 3 BImSchG nämlich – normiert hat516. Es dürfte daher bereits aus rechtsmethodischer Sicht fragwürdig sein, allein an den Umstand, dass (nur) das Attribut 512 Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (809); darauf dürfte wohl auch der nicht weiter erläuterte Hinweis von Janning, BauR 2005, 1723 (1731), zielen, dass ein Abstellen auf die Unzumutbarkeitsschwelle „erkennbar den Willen des Gesetzgebers unterlaufen [würde]“. 513 Daneben noch in §§ 5 Abs. 2 Nr. 6, 9 Abs. 1 Nr. 23 lit. a, Nr. 24, 55 Abs. 2 Nr. 2, 127 Abs. 2 Nr. 5 BauGB. 514 Vgl. Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 35 Rn. 54; Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 7 Rn. 215; Bracher, in: Gelzer/Bracher/ Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 2170; Rieger, in: Schrödter, BauGB, § 35 Rn. 75; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 35 Rn. 84; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 35 Rn. 88. 515 Vgl. BVerwG, Urt. v. 21.05.1976 – IV C 80/79, BVerwGE 51, 15 (29).

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zweier jeweils zusammengesetzter Begriffe identisch ist, die umfassendere Schlussfolgerung zu knüpfen, der Gesetzgeber habe damit eine vergleichbare Wirkungsweise umschreiben wollen. Es kommt hinzu, dass ein solcher Verweis auf § 35 Abs. 3 BauGB dem Gesetzgeber eine Bezugnahme unterstellte, die er tatsächlich nie vorgenommen hat. In den Materialien zu § 34 Abs. 3 BauGB fehlt es nämlich nicht nur an jedem Hinweis auf § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BauGB, eine andere den Begriff der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ enthaltende Vorschrift oder gar auf § 3 Abs. 1 BImSchG517. Die Materialien sprechen vielmehr im Gegenteil gegen die Vermutung, der Gesetzgeber habe der Nachbargemeinde nur ermöglichen wollen, Beeinträchtigungen geltend machen zu dürfen, die auch im Wege einer abwägungsfehlerfreien Planung nicht „hinweggewogen“ werden könnten. Dem Willen des Gesetzgebers dürfte es zwar durchaus entsprochen haben, der Nachbargemeinde zumindest für die Fälle ein Abwehrrecht einzuräumen, in denen die Standortgemeinde dem fraglichen Vorhaben auch durch eine Bauleitplanung nicht mehr zur Zulässigkeit verhelfen könnte. Bei diesem Zwischenbefund stehen zu bleiben, hieße aber, den Blickwinkel des Gesetzgebers zu ignorieren, der insoweit ein anderer war: er hatte Fälle vor Augen, in denen die Standortgemeinde die Zulässigkeit eines Vorhabens verhindern sollte. Ausgangspunkt für den Vorschlag der Unabhängigen Expertenkommission, die „gemeindenachbarlichen Klagebefugnisse“ zu „erweitern“, war die Beobachtung, dass Standortgemeinden häufig aus politischen oder (vermeintlich) finanziellen Gründen nicht willens waren, die Ansiedlung von Einzelhandelsvorhaben im eigenen Gemeindegebiet durch die Aufstellung eines Bebauungsplans in städtebaulich vertretbare Bahnen zu lenken, und die fraglichen Vorhaben einfach nach § 34 BauGB „passieren“ ließen518. Über die Neuregelung sollte deshalb sichergestellt werden, dass die Nachbargemeinde sich gegen Vorhaben wehren könnte, bei denen die Standortgemeinde die „Möglichkeit“ (sic!) gehabt hätte, „durch die Aufstellung eines Bebauungsplans entsprechende Vorhaben zu verhindern“519. Eine solche Möglichkeit besteht zwar zweifelsohne, wenn ein Vorhaben unzumutbare Auswirkungen auf die Nachbargemeinde entfaltet. Sie besteht aber auch in denjenigen – in der Praxis häufiger zu erwartenden – Konstellationen, in denen sowohl das Zurückstellen der Belange der Nachbargemeinde hinter den von dem Vorhaben begünstigen Belangen als auch die 516 Darauf, dass bei § 34 Abs. 3 BauGB anders als bei §§ 35 Abs. 3 BauGB, 3 BImSchG gerade keine materiellen Maßstäbe bestehen, verweist Bönker, in: Hoppe/ Bönker/Grotefels, Baurecht, § 7 Rn. 166. 517 Vgl. BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 207 ff.; Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 28, 33, 41 f., 54; Beschlussempfehlung des 14. BT-Ausschusses, BT-Drs. 15/2996, S. 56 ff. 518 Näher BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 207 ff., 215. 519 Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 54.

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„umgekehrte“ Entscheidung abwägungsfehlerfrei begründet werden können520. Das Abwehrrecht der Nachbargemeinde auf Fälle „unzumutbarer“ Beeinträchtigungen zu beschränken, erscheint deshalb vor diesem entstehungsgeschichtlichen Hintergrund, der nicht allein auf die Unzulässigkeit von Vorhaben, sondern vornehmlich auf die unerwünschte Untätigkeit von Standortgemeinden abzielt, nicht überzeugend. d) „Schädliche“ Auswirkungen als „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“? Ist das Ergebnis zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals „schädlich“ also bei einem Beeinträchtigungsgrad zu suchen, der irgendwo zwischen dem unteren Skalenende der „Geringfügigkeitsschwelle“ und dem oberen Ende der „Unzumutbarkeit“ liegt, bietet sich auf den ersten Blick in der Tat der vielfach befürwortete521 Rückgriff auf die im „Mittelfeld“ angesiedelte Krabbenkamp-Formel des BVerwG an. Als „schädlich“ wären dann „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ anzusehen, wobei zur näheren Bestimmung dieser Schwelle auf die dazu in der Praxis entwickelten – im Einzelnen freilich nicht unumstrittenen – Maßgaben522 zurückgegriffen werden könnte. Diese Lösung hätte zunächst einmal den rein praktischen Vorteil für sich, dass nicht auch noch eine „vierte“ Schwelle auf der Beeinträchtigungsskala entwickelt werden müsste, die ihrerseits von den bisher schon bestehenden abgegrenzt werden müsste. Dieser rein praktische Vorzug bietet indes ebenso wenig eine dogmatische Begründung dafür, warum gerade diese – ursprünglich im Bereich der Bauleitplanung entwickelte – Formel für die Auslegung eines Zulassungstatbestandes herangezogen werden soll, wie der in der Literatur zu findende Hinweis darauf, dass ein Kaufkraftabfluss i. H. v. 10%, wie er häufig mit der Krabbenkamp-Formel in Verbindung gebracht wird523, von der Nachbargemeinde als belastend und daher i. d. R. auch als „schädlich“ angesehen werde524. Denn so argumentiert würde die Bestimmung der Schädlichkeitsgrenze von der subjektiven Einschätzung der Nachbargemeinde abhängen, was nicht nur dem 520 So versteht die Neuregelung wohl auch Reidt, UPR 2005, 241: „§ 34 Abs. 3 BauGB führt im Ergebnis dazu, dass die unter die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift fallenden Vorhaben unzulässig sind, es sei denn, die Standortgemeinde stellt einen Bebauungsplan auf, der den formellen und materiellen Anforderungen einer ordnungsgemäßen Bauleitplanung genügen und ggf. einer gerichtlichen Überprüfung standhalten muss.“; und ders. a. a. O. S. 243: „Vorhaben, die unter § 34 Abs. 3 BauGB fallen, wird durch diese Vorschrift die Genehmigungsfähigkeit genommen. Für diese Vorhaben besteht damit ein zwingendes Planungsbedürfnis“. 521 S. die Nachweise in Fn. 476. 522 Näher dazu oben unter § 1 A. I. 1. 523 Näher dazu mit Nachweisen unter § 1 A. I. 1. b) cc). 524 So aber Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (809).

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ansonsten objektiven Zulassungsregime der §§ 29 ff. BauGB zuwiderliefe, sondern auch den Bauanspruch des Grundstückseigentümers in einer mit Art. 14 GG kaum zu vereinbarenden Weise vom Belieben seiner Nachbarn abhängig machen würde. Dennoch ist der Rückgriff auf die Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ an dieser Stelle – anders als bei der Bauleitplanung525 – im Ergebnis gerechtfertigt. Das BVerwG hat diese Formel, wie gezeigt526, aus ihrem dogmatischen „Geburtsort“ bei § 2 Abs. 2 BauGB in der ZweibrückenEntscheidung in den Bereich der Vorhabenzulassung „transferiert“ und ihr dort eine spezifische Funktion beigemessen. Darin hat das Gericht den Begriff der „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ als Kurzformel zur Bezeichnung solcher Fälle gewählt, in denen ein Vorhaben Belange (hier: der Nachbargemeinden) in einem Ausmaß berührt, dass die dadurch hervorgerufene Konfliktlage nicht mehr in einem Konditionalprogramm wie dem des § 35 BauGB bewältigt werden kann, sondern einen planerischen Ausgleich erfordert, der seinerseits Gegenstand einer abwägenden Entscheidung im Rahmen eines Finalprogramms ist527. Auch wenn weder die Unabhängige Expertenkommission noch die Verfasser des Regierungsentwurfs zum EAG Bau die Zweibrücken-Entscheidung ausdrücklich erwähnt haben, dürfte die Novellierung des § 34 BauGB von einem ähnlichen Gedanken getragen gewesen sein. Anlass für den Vorschlag der Expertenkommission zur Ergänzung des § 34 BauGB war nämlich, wie gezeigt, die Einschätzung, dass die Standortgemeinden häufig insbesondere die Verwirklichung von Einzelhandelsvorhaben auf dem eigenen Gemeindegebiet „passieren“ ließen, obwohl dies zu städtebaulich unerwünschten Ergebnissen führte, und nicht dazu übergingen, den Einzelhandel durch die Aufstellung von Bebauungsplänen „standortgerecht zu steuern“528. Auch wenn insoweit der vom BVerwG geprägte Begriff des „Planungserfordernisses“ oder des „Koordinierungsbedürfnisses“ keine Verwendung gefunden hat529, beruht doch diese vom Gesetzgeber530 geteilte Einschätzung der Kommission ebenfalls auf der Erkenntnis, dass ein konditional strukturiertes Entscheidungsprogramm, wie es nicht nur in § 35 BauGB, sondern auch in § 34 BauGB enthalten ist, ab einer bestimmten Intensität der von einem Vorhaben bewirkten städtebaulichen Auswirkungen nicht mehr dazu geeignet ist, den dadurch hervorgerufenen Konflikt

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Vgl. die Erwägungen unter § 1 A. II. S. dazu näher unter § 1 A. I. 2. a) u. insb. § 12 A. I. 4. 527 Vgl. erneut BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (30 f., 32 f.). 528 Vgl. erneut BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 207 ff., 214 f., 220. 529 Vgl. BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (30, 33). 530 S. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 54. 526

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der widerstreitenden Belange in einer städtebaulich befriedigenden Weise zu lösen531. Diese Motivationslage des Gesetzgebers spricht dafür, die Auswirkungen eines Vorhabens dann als i. S. d. § 34 Abs. 3 BauGB „schädlich“ anzusehen, wenn sie ein Bedürfnis nach planerischer Abwägung auslösen und das konditional strukturierte Entscheidungsprogramm des § 34 BauGB dadurch gewissermaßen „überfordern“532. Die Krabbenkamp-Formel als Schlagwort zur Bezeichnung der so verstandenen Schwelle zu verwenden, ist unschädlich. Eine Folgenbetrachtung bestätigt dieses Ergebnis. Zum einen wird auf diese Weise erreicht, dass – zumindest wenn man der Zweibrücken-Rechtsprechung folgen will533 – die Rechtsschutzmöglichkeiten der Nachbargemeinde im unbeplanten Innen- und Außenbereich ab derselben Beeinträchtigungsschwelle einsetzen, sodass zumindest insoweit unterschiedliche Ergebnisse vermieden werden, die aus Sicht der in ihrer Planungshoheit betroffenen Nachbargemeinde wenig verständlich wären. Zum anderen wird auf diese Weise ein Gleichlauf mit § 4a Abs. 5 S. 1 BauGB erzielt, dessen dort genannten „erheblichen Auswirkungen“, wie gezeigt534, ganz überwiegend bei der Beeinträchtigungsschwelle als erreicht angesehen werden, die mit dem Ausdruck der „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ bezeichnet werden. Dieser Gleichlauf ist – trotz des Wortlautunterschiedes „schädlich/erheblich“ – sachgerecht, weil die Materialien zum EAG Bau belegen, dass der Gesetzgeber den Begriff der „schädlichen Auswirkungen“ nur als Synonym für „erhebliche Auswirkungen“ verwendet hat535. Hier soll freilich nicht verkannt werden, dass mit diesem Ergebnis, das den Begriff der „Schädlichkeit“ mit dem des „Planungserfordernisses“ oder – gleichbedeutend – der Krabbenkamp-Formel gleichsetzt, zunächst nur eine abs531 Ähnliche Erwägungen dürften Berkemann, in: dems./Halama, Seminarunterlagen (n. v.), S. 245, dazu bewogen haben, von der strengsten, allein „unzumutbare“ Ergebnisse berücksichtigenden Lösung abzurücken, und den Nachbargemeinden zumindest für Fälle „zwischen“ der Krabbenkamp-Formel und der Unzumutbarkeit ein Abwehrrecht zuzugestehen: „Da § 34 Abs. 3 BauGB Entscheidungen ohne Planung allein aufgrund der Ebene tatsächlicher Verhältnisse regulieren will, ist es angemessen, den Schutz zentraler Versorgungsbereiche bereits graduell vor der Stufe der Abwägungsresistenz einsetzen zu lassen“. 532 So im Ergebnis auch Reidt, UPR 2005, 241 (243); Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1031 mit Fn. 60); ders., DVBl. 2006, 799 (809 mit Fn. 71); Vietmeier, BauR 2005, 480 (487). 533 Was freilich noch zu erörtern sein wird, s. § 14 C. 534 S. dazu mit Nachweisen unter § 1 A. II. 2. b). 535 S. BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 220: „Zusammenfassend schlägt die Kommission vor, [. . .] durch eine Ergänzung des § 34 Abs. 1 BauGB zum Ausdruck zu bringen, dass erhebliche Auswirkungen [. . .] auf die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche ein öffentlicher Belang ist, der der Zulässigkeit eines Vorhabens innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils entgegensteht“ (Hervorhebung durch den Verf.); in Bezug genommen in der Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 33 a. E., 54.

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trakte Grenze umschrieben wird. Insoweit drängt sich die Frage auf, inwieweit die insbesondere in der Rechtsprechung im Bereich der Bauleitplanung zur Ausfüllung dieser Formel herangezogenen „Hilfsmittel“ – wie etwa die vielfach verwendete 10%-Grenze zum Kaufkraftabzug – auch für die Vorhabenzulassung angewendet werden können oder sollen. Wenn schon im Rahmen der Bauleitplanung zunehmend davor gewarnt wurde, solchen Zahlen eine (faktisch) entscheidende Bedeutung für den Erfolg von Nachbarklagen beizumessen und das Bauplanungsrecht zu „mathematisieren“536, dann muss das im Bereich des § 34 Abs. 3 BauGB noch mehr gelten als bei § 2 Abs. 2 BauGB. Eine gutachterlich belegte Prognose zu durch ein Vorhaben bewirkten Kaufkraftumlenkungen kann sicher darüber Auskunft geben, wie hoch der mit dem Vorhaben angestrebte Umsatz sein soll, welchen Umfang die vorhabenrelevante Kaufkraft im vermuteten Einzugsbereich aufweist und welchen Anteil der erstrebte Umsatz daran haben wird537. Mit diesen Erkenntnissen ist aber die für § 34 Abs. 3 BauGB entscheidende Frage – welche Folgen sich nämlich daraus für die Versorgungsbereiche der Nachbargemeinde ergeben – noch nicht beantwortet. Die Antwort auf diese Frage hängt indes von zahlreichen weiteren Umständen des Einzelfalls ab, weil sich ein und derselbe Umsatzabzug eines bestimmten Umfangs auf den Versorgungsbereich der Nachbargemeinde ganz unterschiedlich auswirken kann, je nachdem, ob es sich dabei etwa um ein kleines Nahversorgungszentrum oder „das“ Hauptversorgungszentrum in der Innenstadt handelt, ob das Zentrum bereits wirtschaftlich geschwächt und bspw. von Leerständen geprägt ist oder aber ökonomisch floriert, ob es bereits ein „tatsächliches Verhältnis“ darstellt oder erst noch ganz oder teilweise in der Entwicklung begriffen ist usw. Daran zeigt sich, dass die Frage, ob das Tatbestandsmerkmal der „Schädlichkeit“ in § 34 Abs. 3 BauGB in einem konkreten Fall erfüllt ist oder nicht, keine etwa einem Zahlenbeweis zugängliche reine Tatsachen-, sondern eine von Wertungen abhängige Rechtsfrage ist. Wenn deshalb in einigen der ersten Beiträge538 und Entscheidungen539 zur Neuregelung des § 34 Abs. 3 BauGB zu einer besonderen Zurückhaltung bei der (Über-)Betonung starrer Prozentsätze im Hinblick auf den durch ein Vorhaben ausgelösten Kaufkraftabzug aufgefordert wird, ist dem 536

Uechtritz, ZfIR 2005, 878 (879). Näher dazu Janning, BauR 2005, 1723 (1729). 538 Vgl. Halama, in: Berkemann/Halama, Seminarunterlagen (n. v.), S. 247: „Der Kaufkraftabfluss ist indes [. . .] nur ein Indiz, etwa im Sinne eines ,Anfangsverdachtes‘.“; Janning, BauR 2005, 1723 (1729): „In der Tat kann man die Schädlichkeitsgrenze allein mit einer generellen Kaufkraftentzugsquote nicht bestimmen, weil es für die zentrenschädigende Wirkung auf die Gesamtumstände in dem jeweils betroffenen zentralen Versorgungsbereich ankommt.“; Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1031 Fn. 61): „nur ein Anhaltspunkt“; s. auch dens., NVwZ 2007, 660 (663). 539 Skeptisch gegenüber einer Übertragung der zu § 2 Abs. 2 BauGB kursierenden%-Schwellen VG München, Urt. v. 25.09.2006 – M 8 K 06.983, n. v., juris-Tz. 67; generell ablehnend OVG Münster, Urt. v. 11.12.2006 – 7 A 964/05, NVwZ 2007, 727 (732 ff.), dazu sogleich im Text. 537

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mit Nachdruck beizupflichten. Das Ergebnis mag aus der Sicht einer praktischen Handhabbarkeit unbefriedigend anmuten, dennoch muss es dahingehend lauten, dass die Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB den Rechtsanwender zu einer umfassenden Würdigung der Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls zwingt – einer Gesamtbetrachtung also, an der bei anderen Vorhaben als Einzelhandelsprojekten, auf die § 34 Abs. 3 BauGB ja keinesfalls beschränkt ist, ohnehin kein Weg vorbeiführt. Dieses Ergebnis dürfte denn auch auf der Linie der jüngsten Rechtsprechung des BVerwG liegen. So hat das OVG Münster in einer Entscheidung vom 11.12.2006 die Auffassung vertreten, dass ein Vorhaben dann „schädliche Auswirkungen“ auf einen zentralen Versorgungsbereich entfalte, wenn es dort „beachtliche Funktionsstörungen“ erwarten lasse540. Handle es sich bei dem Vorhaben um ein Einzelhandelsprojekt solle dies wiederum anzunehmen sein, wenn das Warenangebot für den Versorgungsbereich typische Sortimente umfasst und die Funktionsfähigkeit des Zentrums durch „Kaufkraftabflüsse in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt und damit [stört]“. Dabei komme es „hinsichtlich des letztgenannten Kriteriums der beachtlichen Funktionsstörung nicht maßgeblich auf die im vorliegenden Verfahren – in Anlehnung an die bisherige Diskussion in der einschlägigen Fachliteratur zu § 34 Abs. 3 BauGB – in den Vordergrund gestellten prognostizierbaren Umsatzverteilungen an“541. Die Umsatzverteilungen seien nämlich nur „bedingt einigermaßen verlässlich [zu] greifen“ und hingen „von verschiedenen, baurechtlich nicht beeinflussbaren Faktoren der individuellen Betriebsgestaltung und ihrer Auswirkungen auf ein wiederum durch individuelle Besonderheiten anderer Betriebe geprägtes Marktgeschehen ab“542. Das Gericht plädiert deshalb dafür, stattdessen auf „baurechtlich relevante und vom Baurecht erfasste Vorhabensmerkmale abzustellen“, wozu neben dem Warenangebot v. a. das Kriterium der Verkaufsfläche zähle. Für die Beantwortung der Frage nach dem Vorliegen „schädlicher Auswirkungen“ i. S. d. § 34 Abs. 3 BauGB sei deshalb ausschlaggebend, „welche Verkaufsfläche der jeweils in Rede stehende Betrieb im Vergleich zu der gesamten Verkaufsfläche derselben Branche in dem zentralen Versorgungsbereich“ habe. Dabei könne nicht – wie in § 11 Abs. 3 BauNVO – auf die absolute Größe der Verkaufsfläche abgestellt werden, weil die Erwartung beachtlicher Funktionsstörungen auch davon abhänge, um welchen Typ von Versorgungsbereich mit welcher Größe und Versorgungsfunktion es sich handle, sodass auf die relative Größe der Verkaufsfläche des Vorhabens zu der im Versorgungsbereich abzustellen sei. Insoweit lasse 540 Vgl. OVG Münster, Urt. v. 11.12.2006 – 7 A 964/05, NVwZ 2007, 727 (732); auf „städtebauliche Funktionsverluste“, wie sie in § 171a Abs. 2 BauGB angesprochen sind, stellt auch Halama, in: Berkemann/Halama, Seminarunterlagen (n. v.), S. 248, ab. 541 OVG Münster, Urt. v. 11.12.2006 – 7 A 964/05, NVwZ 2007, 727 (732); Hervorhebung durch den Verf. 542 S. OVG Münster, Urt. v. 11.12.2006 – 7 A 964/05, NVwZ 2007, 727 (733).

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sich aber „kein generell maßgeblicher Prozentsatz feststellen, bei dessen Überschreiten stets von nicht schädlichen Auswirkungen auszugehen“ sei, weil es auch „von verschiedenen weiteren objektiv feststellbaren Faktoren“ wie dem Abstand des Vorhabens zum Versorgungsbereich und der „konkrete[n] städtebauliche[n] Situation des betreffenden Versorgungsbereichs“ abhänge, ob „beachtliche Funktionsstörungen“ zu erwarten seien543. Gegen diese Entscheidung wurde zwar Revision eingelegt544, über die das BVerwG derzeit noch nicht entscheiden hat. Dennoch hatte das BVerwG bereits Gelegenheit, sich zu der vom OVG Münster befürworteten „Abkehr“ von der bisher an der Umsatzverteilung orientierten Betrachtung von bestimmten Prozentschwellen hin zu einer auf die Verkaufsflächenzahl aufbauenden, aber die gesamten Umstände des Einzelfalls berücksichtigenden Betrachtung zu äußern. Das OVG hatte nämlich bereits einige Monate zuvor in einer anderen Entscheidung545 eine ähnliche Haltung vertreten. Das BVerwG hat hierzu am 20.11.2006 entschieden, die dagegen gerichtete Revision nicht zuzulassen, weil mit der Frage, „ob sich die fehlende Erwartung an schädliche Auswirkungen aus einem Flächenvergleich der Verkaufsfläche des Vorhabens mit der Gesamtverkaufsfläche in der betreffenden Gemeinde ergeben soll [. . .], keine Rechtsfrage aufgeworfen [werde], die sich rechtsgrundsätzlich klären ließe. Das [OVG] gelangt vielmehr aufgrund einer tatsächlichen Würdigung der vorliegend zu beurteilenden Situation [u. a.] zu dem Ergebnis, für einen spürbaren Kaufkraftabzug sei nichts ersichtlich“546. Die darin wohl zum Ausdruck kommende grundsätzliche Billigung der Rechtsprechung des OVG zeigt, dass auch das BVerwG für die Beurteilung des § 34 Abs. 3 BauGB zum einen „gewichtige Auswirkungen“ für 543 Näher OVG Münster, Urt. v. 11.12.2006 – 7 A 964/05, NVwZ 2007, 727 (732, 733 f.); s. dazu auch Voß/Buntenbroich, Baurecht, Rn. 729 ff., die vorschlagen, eine warensortiment- und verkaufsflächenbezogene Kennzahl durch eine Relation von geplanter Fläche des Vorhabens (FVWS) und vorhandener Fläche im Zentrum (FZWS) zu bilden (K = FVWS /FZWS) und als „Orientierungswert für die Praxis“ bei K < 0,25 keine schädlichen Auswirkungen anzunehmen, bei K > 0,75 davon auszugehen und bei K > 0,25 aber < 0,75 eine Einzelfallbetrachtung anzustellen. – Die Bildung solcher Zahlenwerte mag zwar hilfreich sein, um Vergleichswerte zu erlangen, kann aber auch an dieser Stelle in keinem Fall von einer Untersuchung aller Umstände des Einzelfalls entbinden, will man sich nicht dem Vorwurf aussetzen, die „Mathematisierung“ des Bauplanungsrechts – nun in neuem, verkaufsflächen- statt umsatzbezogenem Gewand – zu betreiben. Eine starre Handhabung der 0,25 bzw. 0,75-Werte überzeugt daher nicht und dürfte auch nicht auf der Linie des OVG liegen. Ähnlich wohl auch Uechtritz, NVwZ 2007, 660 (663), der ebenfalls für eine Gesamtbetrachtung plädiert und davor warnt, die Entscheidung des OVG Münster zum Anlass zu nehmen, die bisherigen Prozentsätze durch eine „neue“, nun auf die Verkaufsflächenrelation bezogene „Formel“ zu ersetzen. 544 Wie von der zuständigen Geschäftsstelle des OVG Münster freundlicherweise mitgeteilt. 545 OVG Münster, Urt. v. 22.03.2006 – 21 A 1849/04, n. v. 546 BVerwG, Beschl. v. 20.11.2006 – 4 B 50/06, n. v., juris-Tz. 6 (Hervorhebung durch den Verf.).

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notwendig, aber auch hinreichend erachtet („beachtliche Beeinträchtigung“ bzw. „spürbarer Kaufkraftabzug“) und zum anderen deren Prüfung durch eine Gesamtbetrachtung der konkreten Einzelumstände befürworten dürfte. Die Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ kann nach alledem über die Notwendigkeit einer umfassenden Gesamtbetrachtung nicht hinweghelfen, sie gibt aber doch Anlass dazu, die entscheidende Messlatte nicht aus den Augen zu verlieren – die Frage nämlich, ob die Auswirkungen eines Vorhabens im konkreten Fall so erheblich sind, dass eine abschließende Entscheidung über seine Zulässigkeit in einem Konditionalprogramm wie dem des § 34 BauGB der städtebaulichen Konfliktlage nicht mehr gerecht werden kann.

3. Fazit – Der Umfang des einfachgesetzlichen Abwehrrechts im Innenbereich Wird ein Vorhaben im unbeplanten (diffusen) Innenbereich i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB zugelassen, so hat die Nachbargemeinde dagegen ein aus dem einfachen Gesetzesrecht abgeleitetes Abwehrrecht, wenn dieses Vorhaben „schädliche Auswirkungen“ auf ihre „zentralen Versorgungsbereiche“ entfaltet, also tatsächliche Beeinträchtigungen auf vorhandene oder zumindest in einem außenverbindlichen Plan als zu entwickelnd gekennzeichnete Versorgungsbereiche aller Stufen verursacht. Diese Beeinträchtigungen müssen von einem solchen Gewicht sein, dass die dadurch entstehende Konfliktlage nach einem planerischen Ausgleich verlangt. Dieses Zwischenergebnis erlaubt zugleich die Feststellung, in welchen Fällen die Nachbargemeinde zumindest aus § 34 Abs. 1 u. 3 BauGB selbst kein Abwehrrecht ableiten kann, wo dies rechtspolitisch wünschens- oder erwägenswert erscheinen mag. Das ist nämlich der Fall, wenn • erstens das Vorhaben mit § 34 Abs. 1 u. 3 BauGB in Einklang steht, aber dennoch gewichtige Auswirkungen auf die Nachbargemeinde hat, und • zweitens das Vorhaben zwar § 34 Abs. 3 BauGB gerecht wird, aber gegen § 34 Abs. 1 BauGB verstößt und gewichtige Auswirkungen auf (nicht in § 34 Abs. 3 BauGB genannte) städtebauliche Belange der Nachbargemeinde hat.

II. Abwehrrecht analog § 2 Abs. 2 BauGB? In beiden Fällen können die Vertreter der Literaturthese von der analogen Anwendbarkeit des § 2 Abs. 2 BauGB der Nachbargemeinde ein Abwehrrecht – zwar nicht aus § 34 BauGB – aber doch aus § 2 Abs. 2 BauGB gewähren, indem sie diese Vorschrift in die §§ 29 ff. BauGB hineinlesen. Dass diese Lösung nicht überzeugt, weil sie in einer mit Wortlaut, Systematik und Art. 14 GG

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nicht zu vereinbarenden Weise zu einer Ergänzung des § 34 BauGB führt, wurde oben zu zeigen versucht547. Mit der in der Rechtsprechung vertretenen „Weichenstellungsthese“ könnte der Nachbargemeinde in den beiden genannten Fällen ein Abwehrrecht zwar nicht generell, aber doch in einer Sonderkonstellation gewährt werden – dann nämlich, wenn die Standortgemeinde einen vorhabenveranlassten Bebauungsplan aufgestellt hat, auf dessen Grundlage das Vorhaben genehmigt wurde, der aber wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 BauGB unwirksam ist. Dass indes auch dieser Vorschlag nicht überzeugt, weil er darauf hinausläuft, § 34 BauGB wegen der vermeintlichen „Vorwerfbarkeit“ des Verhaltens der Nachbargemeinde um einen analog angewendeten § 2 Abs. 2 BauGB zu ergänzen, wurde oben ebenfalls erörtert548. III. Abwehrrecht aus Verfassungsrecht (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) Es kann daher nur erwogen werden, ob die Nachbargemeinde in einem oder beiden dieser Fälle ein Abwehrrecht unmittelbar aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ableiten kann. 1. Objektiv gesetzeswidrige Baugenehmigung Eine normexterne Anwendung des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ist zunächst für denjenigen der beiden o. g. Fälle zu erwägen, in dem ein Vorhaben zwar § 34 Abs. 3 BauGB gerecht wird, aber gegen § 34 Abs. 1 BauGB verstößt und gewichtige Auswirkungen auf (nicht in § 34 Abs. 3 BauGB genannte) städtebauliche Belange der Nachbargemeinde hat. Hier kann nämlich einerseits aus § 34 Abs. 3 BauGB kein einfachgesetzliches Abwehrrecht der Nachbargemeinde abgeleitet werden, andererseits ist die Genehmigung in diesem Fall gesetzeswidrig und kann daher bei hinreichend gewichtigen Auswirkungen einen Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde darstellen. Die Ableitung eines Abwehrrechts der Nachbargemeinde setzt dann nach dem oben Gesagten zweierlei voraus: Zum einen muss geklärt werden, ab welcher Beeinträchtigungsintensität ein „Eingriff“ vorliegt, und zum anderen muss feststehen, dass der Gesetzgeber einen Rückgriff auf Verfassungsrecht nicht ausschließen wollte. Die erste dieser Fragen hat der Gesetzgeber im Zuge des EAG Bau implizit beantwortet. Zwar ging es bei der Neuregelung des § 34 Abs. 3 BauGB unmittelbar nur um Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche. Die damit ein-

547 548

Unter § 12 C. I. Unter § 12 C. II.; abl. auch Uechtritz, BauR 1999, 572 (587 mit Fn. 108).

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hergehende „Beschränkung“ bezog sich aber nur auf den Schutzgegenstand, nicht hingegen auf den Schutzbedarf. Die der Novellierung zugrundeliegende Annahme, dass „Fernwirkungen“ eines Vorhabens in der Standortgemeinde auf die Nachbarkommune dann auch für deren Planungshoheit beachtlich sind, wenn sie die Grenze zur „Nachhaltigkeit“549 oder – synonym – „Schädlichkeit“ überschreiten, ist daher eine allgemeine Wertung. Ihr entspricht auch die vom BVerwG im Zweibrücken-Urteil formulierte Erkenntnis, dass eine Nachbargemeinde in ihrer Rechtsstellung berührt ist, wenn sich die Auswirkungen eines Vorhabens als so gewichtig erweisen, dass ein Konditionalprogramm wie das des § 35 BauGB zur Bewältigung der dadurch hervorgerufenen Konflikte nicht mehr ausreicht. Da der Gesetzgeber, wie gezeigt550, der Sache nach vergleichbare Erwägungen anstellte, ist davon auszugehen, dass er die Genehmigung eines Vorhabens dann als Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde ansieht, wenn diese – im o. g. Sinne verstandene551 – „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf die Nachbargemeinde entfalten552. Damit ist freilich noch nicht gesagt, dass er bei diesen Eingriffen in jedem Falle ein dementsprechendes und aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG abgeleitetes Abwehrrecht der Nachbargemeinden zulassen wollte. Auf den ersten Blick könnte man sogar im Gegenteil zu der Annahme gelangen wollen, gerade die Neuregelung des § 34 Abs. 3 BauGB zeige, dass er ein Abwehrrecht eben nur in dem dort genannten Falle zulassen wolle. Im Umkehrschluss müsse deshalb gefolgert werden, dass – so wäre fortzufahren – der Gesetzgeber in allen anderen Fällen ein aus dem Verfassungsrecht entnommenes Abwehrrecht der Nachbargemeinden habe ausschließen wollen. Andernfalls sei die Neuregelung nämlich überflüssig, werde sie gar umgangen. Eine solche Schlussfolgerung aus § 34 Abs. 3 BauGB n. F. zu ziehen überzeugte aber nicht. Im Gegenteil. Erklärtes Ziel der Neuregelung war es, die „Verteidigungsmöglichkeiten“ der Nachbargemeinden zu stärken, ihnen „Klagebefugnisse“ einzuräumen, wo sie bislang keine hatten553. Dieser Zielsetzung die Aussage zu entnehmen, sich bereits anderweitig – nämlich aus dem Verfassungsrecht – ergebende Abwehrrechte sollten abgelehnt werden, würde sie ge549

S. erneut Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 54. S. § 14 A. I. 2. d). 551 S. § 14 A. I. 2. d). 552 Im Ergebnis ebenso Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.3.c. i.V. m. III.2.a.cc., der auf der Basis der – hier freilich insoweit nicht geteilten (s. § 1 A. II.) – Annahme, auch der für § 2 Abs. 2 BauGB maßgebliche Abstimmungsbedarf bestehe bei „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“, in dieser Vorschrift ein maßgebliches Indiz dafür erblickt, dass der Gesetzgeber Baugenehmigungen ab der Erreichen dieser Schwelle als Eingriff ansieht; s. ferner dazu Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 138b; diesen zust. Dombert, LKV 2006, 216. 553 Vgl. erneut BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 216, 220; Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 33. 550

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

radezu in ihr Gegenteil verkehren. Dem Gesetzgeber einen diesbezüglichen Ausschlusswillen zu unterstellen, kann auch deshalb nicht überzeugen, weil er bei Lichte betrachtet überhaupt keinen Anlass hatte, sich mit aus Art. 28 Abs. 2 GG abgeleiteten Abwehrrechten zu befassen, weil die Regelungsgegenstände insoweit gänzlich unterschiedlich sind. Die in § 34 Abs. 3 BauGB gegossene Neuregelung betrifft allein den Fall, dass ein Vorhaben an § 34 Abs. 1 BauGB gemessen gesetzesgemäß ist. Für diesen Fall allein wollte der Gesetzgeber den Nachbargemeinden ein zusätzliche Abwehrmöglichkeit eröffnen554. Die hier in Erwägung gezogene normexterne Anwendung des Art. 28 GG betrifft dagegen den anders gelagerten Fall, dass ein Vorhaben sich an § 34 Abs. 1 BauGB gemessen als gesetzeswidrig erweist. Diese Konstellation hat der Gesetzgeber im Zuge des EAG Bau nicht erörtert, sodass es spekulativ wäre, ihm einen darauf bezogenen Ausschlusswillen zu unterstellen. Aus dem gleichen Grunde kann auch nicht argumentiert werden, § 34 Abs. 3 BauGB n. F. sei bei einer Befürwortung verfassungsrechtlich begründeter Abwehrrechte „überflüssig“ oder werde gar „umgangen“. Beides ist nicht der Fall, weil die Vorschrift den Nachbargemeinden ein Verteidigungsmittel an die Hand gibt, das sie auch bei einem Rückgriff auf Art. 28 GG nicht zur Verfügung hätten – die Abwehr von Vorhaben nämlich, die mit Art. 34 Abs. 1 BauGB vereinbar sind555. Da nach alledem kein Anhaltspunkt für die Annahme besteht, der Gesetzgeber habe sich an sich aus der Verfassung ergebende Abwehrrechte der Nachbargemeinden beschneiden wollen, und da die dem EAG Bau zugrundeliegenden Wertungen vielmehr für eine Stärkung der nachbargemeindlichen Abwehrmöglichkeiten sprechen556, besteht keine Rechtfertigung, das hier in Erwägung gezogene Abwehrrecht der Nachbargemeinden abzulehnen. Über das sich aus § 34 Abs. 3 BauGB abgeleitete einfachgesetzliche subjektive öffentliche Recht hinaus, kann die Nachbargemeinde auch die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG geltend machen, wenn eine Baugenehmigung für ein Vorhaben 554 Vgl. BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 213; Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 33, 54. 555 Im Ergebnis ebenso Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 138b; Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.3.c.; dieser weist auch zutreffend darauf hin, dass der – gleichfalls zutreffende – Einwand von Uechtritz, NVwZ 2004, 1025 (1027), u. dems., DVBl. 2006, 799 (802), (auch) wegen § 34 Abs. 3 BauGB könne nicht auf § 2 Abs. 2 BauGB zur Begründung „zusätzlicher Zulassungsvoraussetzungen“ zurückgegriffen werden (diese Annahme wird auch hier geteilt, vgl. o. unter § 12 C. I.), nicht gegen die These spricht, die Neuregelung schließe den hier befürworteten Rückgriff auf Art. 28 Abs. 2 GG nicht aus. Dieser Rückgriff betrifft eben gerade nur den Fall, dass ein Vorhaben schon an § 34 BauGB gemessen unzulässig ist – eine analoge Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB würde der Nachbargemeinde dagegen auch Abwehrrechte einräumen, wo das Vorhaben allein an § 34 BauGB gemessen zulässig ist; nur letzteres aber wäre nicht überzeugend (vgl. dazu hier im Text und auch insoweit unter § 12 C. I.). 556 Vgl. auch insoweit Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.3.c.

§ 14 Die Abwehrrechte gegen Baugenehmigungen im Einzelnen

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im unbeplanten diffusen Innenbereich der Standortgemeinde gegen § 34 Abs. 1 BauGB verstößt und sich im o. g. Sinne in „unmittelbar gewichtiger Art“ auf ihre städtebaulichen Belange auswirkt557. 2. Gesetzesgemäße Baugenehmigung für Vorhaben mit unzumutbaren Auswirkungen Damit bleibt zu prüfen, ob ein Rückgriff auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG auch für den anderen der o. g. Fälle in Betracht kommt, der eintritt, wenn eine Baugenehmigung erteilt wird, die zwar an § 34 BauGB gemessen gesetzesgemäß ist, aber dennoch ein Vorhaben betrifft, das mit gewichtigen Auswirkungen für die Nachbargemeinde verbunden ist. Grundsätzlich ist in einer solchen Konstellation ein Rückgriff auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG nach dem oben dazu Gesagten ausgeschlossen. Denn da eine Baugenehmigung für ein Vorhaben auf dem Gebiet der Standortgemeinde prinzipiell nur dann überhaupt einen Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde darstellen kann, wenn sie gesetzeswidrig ist, kann auch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG der Nachbargemeinde kein Abwehrrecht verleihen, wenn die Baugenehmigung mit § 34 Abs. 1 u. 3 BauGB im Einklang steht (und auch i. Ü. gesetzesgemäß ist). Der Umstand allein, dass das fragliche Vorhaben auch noch so gravierende Auswirkungen auf die Nachbargemeinde haben mag, kann daran nichts ändern. Etwa anderes könnte allenfalls für den Fall gelten, dass sich diese Auswirkungen als „schwer und unerträglich“ erweisen und dadurch eine dem Enteignungsrecht vergleichbare Unzumutbarkeitsschwelle erreichen. Sollte aber dieser absolute Ausnahmefall in der Praxis tatsächlich einmal auftauchen und dabei auch kein Verstoß gegen § 34 Abs. 3 BauGB vorliegen, könnte das einfache Gesetzesrecht den Rückgriff auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG nach dem oben Gesagten an sich nicht mehr ausschließen558. Das bedeutete freilich, dass § 34 BauGB für diesen Extremfall als partiell verfassungswidrig behandelt werden müsste. Dieses Verdikt könnte freilich vermieden werden559, wenn der Rechtsschutz der Nachbargemeinde für Unzumutbarkeitsfälle auch auf andere Weise gewährleistet werden könnte. Insoweit ist zu erwägen, ob der Nachbargemeinde 557 Dieses Ergebnis wird in den meisten Fällen mit den von der Rechtsprechung für Fälle einer „Weichenstellung“ befürworteten Resultaten übereinstimmen. Denn wenn die Standortgemeinde durch einen nicht abgestimmten und deshalb unwirksamen Plan die „Weichen in Richtung Zulassungsentscheidung“ stellen will, wird das dann nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilende Vorhaben i. a. R. gesetzeswidrig sein. Die hier vertretene Lösung geht aber insoweit über die Rechtsprechung hinaus, als sie den nachbargemeindlichen Rechtsschutz von dem aus Sicht der Nachbargemeinde, wie gezeigt (s. erneut oben unter § 12 C. II.), unerheblichen und von Zufälligkeiten abhängigen Kriterium der „Weichenstellung“ emanzipiert. 558 S. dazu oben unter § 13 A. III. 2. b). 559 Vgl. zum Gebot verfassungskonformer Auslegung bereits oben bei Fn. 147.

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

hier nicht ein Anspruch gegen die Standortgemeinde auf Aufstellung eines Bebauungsplans zugestanden werden kann, mit dem diese zur Vermeidung unzumutbarer Auswirkungen die städtebauliche Entwicklung in ihrem bisher unbeplanten Innenbereich zu steuern hätte (a–c). Wäre das der Fall, könnten der Nachbargemeinde nämlich zur Sicherung eines solchen Planungsanspruchs auch Mittel des einstweiligen Rechtsschutzes zur Verfügung stehen, um die Genehmigung eines Vorhabens im „noch“ unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB zu verhindern (d). a) Die Erstplanungspflicht der Standortgemeinde Wie bereits bei den Ausführungen zur Bauleitplanung angedeutet, hat das BVerwG vor geraumer Zeit anerkannt, dass eine Standortgemeinde im Hinblick auf die Folgen, die eine ungesteuerten Entwicklung in ihrem Innenbereich auf die Nachbargemeinde entfalten kann, eine Pflicht zur Aufstellung eines Bebauungsplans treffen kann560. Die hierfür ausschlaggebenden Erwägungen aus dem Mülheim-Kärlich-Urteil des Gerichts vom 17.09.2003561 sind hier näher zu betrachten. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall wandte sich die Standortgemeinde gegen eine Anordnung der Kommunalaufsichtsbehörde, für einen in ihrem unbeplanten Innenbereich entstandenen „Gewerbepark“ einen Bebauungsplan aufzustellen und entsprechende Veränderungssperren zu erlassen. In diesem „Gewerbepark“ wurde die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben zwar zunächst auf der Grundlage eines Bebauungsplans betrieben, dieser wurde aber zu Beginn der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts (inzidenter) für nichtig befunden. Da die Gemeinde keinen ihrer anschließenden Anläufe, erneut einen Bebauungsplan zur Steuerung der Einzelhandelsbetriebe aufzustellen, zu Ende gebracht hatte, wurden in der Folgezeit auf der Grundlage des § 34 BauGB zahlreiche weitere, insbesondere großflächige Einzelhandelsbetriebe genehmigt. Als schließlich 1997 in dem inzwischen Verkaufsflächen von über 120.000 m2 beherbergenden Gebiet weitere Bauvoranfragen für zwei SBWarenhäuser (knapp 42.000 m2) und mehrere Einzelhandelsprojekte (etwa 8.000 m2) gestellt wurden, traf die Kommunalaufsichtsbehörde die genannte Anordnung, um (u. a.562) zu gewährleisten, dass die bauliche Entwicklung in dem „Gewerbepark“ künftig in einer Weise gesteuert werde, die den städtebaulichen Belangen der Nachbargemeinden und der interkommunalen Abstimmung Rechnung trage563. 560

S. dazu bereits oben unter § 1 A. I. 2. b). BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 ff. 562 Darüber hinaus sollte sichergestellt werden, dass die Entwicklung des „Gewerbeparks“ in der (nur) als Grundversorgungszentrum ausgewiesenen Standortgemeinde künftig entsprechend den Zielen der Raumordnung und Landesplanung gesteuert werden würde (s. dazu BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 [221, 224 f.]). 561

§ 14 Die Abwehrrechte gegen Baugenehmigungen im Einzelnen

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Das BVerwG erachtete diese Anordnung als rechtmäßig und stützte sie (u. a.564) auf § 1 Abs. 3 BauGB 1998, der § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB 2004/2007 entspricht. Nach dieser Regelung „haben“ die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, „sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist“. Das Gericht betonte dazu, dass den Gemeinden mit der ihnen über §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 S. 1 BauGB zugewiesenen Planungsfreiheit zwar auch ein Entschließungsermessen eingeräumt sei, weshalb es grundsätzlich der Einschätzung der Gemeinde überlassen bleibe, ob sie einen Bauleitplan aufzustellen gedenke oder nicht565. Allerdings sei diese Entscheidungsfreiheit nicht schrankenlos, sondern über den Vorbehalt des „städtebaulich Erforderlichen“ in zweifacher Weise gebunden. Dieser Halbsatz wirke nämlich zum einen als Verbot einer nicht erforderlichen Planung566. Er etabliere aber nach seinem „eindeutigen Wortlaut“567 auch ein Gebot, eine erforderliche Planung nicht zu unterlassen568. Der Gesetzgeber habe damit bestimmt, dass sich das Planungsermessen der Gemeinde aus städtebaulichen Gründen objektiv-rechtlich zu einer 563 Näher zum Sachverhalt BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 f., 224 f. 564 Das BVerwG kam darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass die Anordnung im Hinblick auf ihren zweiten, raumordnerischen Anlass (vgl. die vorletzte Fn.) daneben auch auf § 1 Abs. 4 BauGB gestützt werden konnte, s. BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (224 f.); dazu zust. Moench, DVBl. 2005, 676 (683 ff.). 565 Insoweit unstreitig, vgl. nur Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 31; Ziekow, VerwArch. 97 [2006], 115 (116 ff.); Fackler, Individualanspruch, S. 21. 566 Das ist der Teilaspekt, der bis zur Mülheim-Kärlich-Entscheidung im Mittelpunkt der Rechtsprechung des BVerwG stand und auf den (allein) sich die viel zitierte frühere Aussage des BVerwG bezieht, die Aufstellung eines Bauleitplans sei als „erforderlich“ anzusehen, soweit dies nach der planerischen Konzeption der Gemeinde erforderlich ist“ (s. BVerwG, Urt. v. 07.05.1971 – IV C 76/68, DÖV 1971, 633 (634); Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1 Rn. 28; Brohm, Baurecht, § 12 Rn. 2; Dirnberger, in: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 1 BauGB Rn. 19; Finkelnburg/Ortloff, Baurecht, Bd. I, S. 27 f.; Moench, DVBl. 2005, 676 (677 f.); Peine, Baurecht, Rn. 343; Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 33; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 1 Rn. 30 f.); in der Mülheim-Kärlich-Entscheidung hat das Gericht klargestellt, dass diese Formulierung nicht für den zweiten Teilaspekt des Planungsgebots herangezogen werden könne, weil sonst das „unhaltbare Ergebnis“ eintrete, dass eine „konzeptionslose“ Gemeinde niemals zur Planung angehalten werden könne (s. BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 [221]; so bereits Weyreuther, DVBl. 1981, 369 [372]; Fackler, Individualanspruch, S. 23 ff.; der Sache nach auch Dürr, Baurecht BW, Rn. 14; Ziekow, VerwArch. 97 [2006], 115 (132); insoweit offenbar a. A. Söfker a. a. O. Rn. 39). 567 BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (221); auf die Formulierung „haben . . . aufzustellen“ stellt auch Gierke, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 1, § 1 Rn. 222, ab. 568 Dass § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB „Ge- und Verbot [kombiniert]“, hat bereits Weyreuther, DVBl. 1981, 369 (371), herausgestellt. Diese Grundeinschätzung wird in der Literatur geteilt, s. etwa Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 3, Rn. 100; Brohm, Baurecht, § 12 Rn. 2; Gierke, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 1, § 1 Rn. 202b;

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

„strikten Planungspflicht verdichten“569 könne. Eine solche Planungspflicht weise zwar Ausnahmecharakter auf und könne nicht allein deshalb entstehen, weil ein planerisches Einschreiten der geordneten städtebaulichen Entwicklung dienen könne und deshalb „vernünftigerweise geboten“ wäre570. Das Ermessen der Gemeinde verdichte sich aber dann zur Pflicht, wenn „qualifizierte städtebauliche Gründe von besonderem Gewicht vorliegen“571. Um dieses Kriterium näher zu erläutern, bediente sich das BVerwG nun einer ähnlichen Erwägung, wie der, die es bereits im Zweibrücken-Urteil572 herangezogen hatte, um den ungeschriebenen „öffentlichen Belang“ des „Planungserfordernisses“ i. S. d. § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB abzuleiten: „Ein qualifizierter (gesteigerter) Planungsbedarf besteht, wenn die Genehmigungspraxis auf der Grundlage von § 34 [Abs. 1] und [2] BauGB städtebauliche Konflikte auslöst oder auszulösen droht, die eine Gesamtkoordination der widerstreitenden öffentlichen und privaten Belange in einem förmlichen Planungsverfahren dringend erfordern“573. Da § 1 Abs. 3 BauGB eine „gemeindegebietsübergreifende Sichtweise“574 aufweise, seien in diese Prüfung auch die Belange benachbarter Gemeinden einzubeziehen. Dabei könne auch an dieser Stelle – wie schon zu § 35 Abs. 3 BauGB entschieden575 – ein „qualifizierter Abstimmungsbedarf“ i. S. d. Krabbenkamp-Formel, den die Rechtsprechung traditionell bei § 2 Abs. 2 BauGB verankert, indizieren, dass das Erfordernis einer förmlichen Bebauungsplanung bestehe576. An diesen Maßstäben gemessen kam das BVerwG zu dem Schluss, dass in dem von ihm zu entscheidenden Fall „die Grenzen, innerhalb derer sich die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe auf der Grundlage des § 34 [Abs. 1] BauGB (bzw. § 34 [Abs. 2] BauGB i.V. m. § 11 [Abs. 3] BauNVO) auch im Hinblick auf die städtebaulichen Belange der betroffenen Nachbarstädte im Sinne einer geordneten städtebaulichen Entwicklung noch steuern lässt, eindeutig überschritten“ seien577. Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 29; Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 47 f.; Ziekow, VerwArch. 97 [2006], 115 (116). 569 BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (221). 570 So aber Bender, in: Driehaus/Birk (Hrsg.), Weyreuther-FS, S. 125 (130, 134 f.); wie das BVerwG dagegen bereits vor seiner Entscheidung v. 17.09.2003 Gierke, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 1, § 1 Rn. 224. 571 BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (222); im Anschluss an Gierke, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 1, § 1 Rn. 193a; s. dazu bereits BVerwG, Beschl. v. 09.10.1996 – 4 B 180/96, ZfBR 1997, 97; ähnlich auch Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 51. 572 Vgl. erneut BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (30 f.), und näher dazu § 12 A. I. 4. 573 BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (222). 574 BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (222). 575 Vgl. erneut BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (31 ff.), und näher dazu § 12 A. I. 4. 576 S. BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (223 f.).

§ 14 Die Abwehrrechte gegen Baugenehmigungen im Einzelnen

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Diese Entscheidung des BVerwG ist in der Literatur auf nahezu einhellige Zustimmung gestoßen578. Sie überzeugt in der Tat, weil die Erkenntnis, dass ein konditional strukturiertes Entscheidungsprogramm nicht mehr dazu geeignet ist, eine städtebauliche Konfliktsituation zu lösen, wenn das daran zu messende Vorhaben gravierende Auswirkungen auf mehrere Betroffene entfaltet, eben nicht nur auf § 35 BauGB, sondern auch auf den – in gleicher Weise strukturierten – § 34 BauGB zutrifft. Zumindest in objektiv-rechtlicher Hinsicht wird damit vermieden, dass die Rechtslage im Innenbereich systemwidrig und ohne einleuchtenden Grund anders beurteilt wird, als die zum Außenbereich geltende. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Annahme einer objektiven Planungspflicht der Standortgemeinde bestehen auch im Lichte der in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG verankerten Planungshoheit nicht, da auch die daraus folgenden Befugnisse der Gemeinde nicht zur willkürlichen Ausübung, sondern als Aufgabe anvertraut sind, „die sie zum Wohl ihrer Einwohner und unter Rücksichtnahme auf die Belange des größeren Raums zu erfüllen hat“579. Ist dem BVerwG also im Ergebnis zuzustimmen, so kann nur ein Teil seiner Begründung bemängelt werden. Wenn das Gericht nämlich auf den „Rechtsgedanken“580 des § 2 Abs. 2 BauGB zurückgreift, um eine objektive Planungspflicht der Standortgemeinde zu begründen, ist das überflüssig und nicht überzeugend. Wie gezeigt581, ist der Anwendungsbereich dieser Vorschrift im Bereich der Bauleitplanung richtigerweise bereits bei „mehr als geringfügigen“ Auswirkungen eröffnet. Wenn nun das BVerwG dieselbe Vorschrift auf der Ebene der Vorhabenzulassung als Indikator für „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ verwendet, könnte das Anlass zu dem Missverständnis geben, dann müsse doch wieder dieselbe Schwelle im Bereich der Bauleitplanung gelten. Das aber ist nicht der Fall. Nimmt man den Ausgangspunkt der Erwägun577 Näher dazu BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (223 ff.). 578 S. Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 3 Rn. 102; Dirnberger, in: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 1 BauGB Rn. 16 f.; Moench, DVBl. 2005, 676 (681 f.); Reichelt, BauR 2006, 38 (44 f.); Reidt, UPR 2005, 241 (244); Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.3.d.; dens., in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (556); Schmitz/Federwisch, Einzelhandel, Rn. 435 ff.; Stüer, NVwZ 2004, 814 (818); ders., ZfBR 2006, 747 (748); Ziekow, VerwArch. 97 [2006], 115 (116 f.); Krausnick, VerwArch. 96 [2005], 191 (211 f.); ebenso Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 103, zurückhaltender freilich ders. a. a. O., § 1 Rn. 39a („seltene Fallkonstellationen“); ähnlich Janning, BauR 2005, 1723 (1724): nur bei „krassen Fehlentwicklungen“. 579 So zutreffend Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 1 Rn. 39; ähnlich BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (221); im Ergebnis auch Moench, DVBl. 2005, 676 ff., der Planungspflichten der Nachbargemeinde nur als „scheinbaren Gegensatz“ zur Planungshoheit ansieht (a. a. O. S. 676). 580 So BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (32), bzw. dass., Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (223). 581 S. dazu näher unter § 1 A. II.

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

gen des BVerwG ernst, zeigt sich nämlich, dass es für die Begründung dieses objektiven Tatbestandsmerkmals („Planungserfordernis“) nicht entscheidend auf die Einhaltung etwaiger zu § 2 Abs. 2 BauGB entwickelter Grenzen ankommt, sondern dass ausschlaggebend allein die nähere Betrachtung der Wirkungsweise der § 35 Abs. 2 u. 3 BauGB (Zweibrücken) bzw. des § 34 BauGB (MülheimKärlich) sein kann. Denn die einleitende und entscheidende Erkenntnis des BVerwG im Zweibrücken-Urteil bestand darin, dass eine konditional strukturierte Vorschrift wie die des § 35 Abs. 2 u. 3 BauGB ab einer bestimmten – gewichtigen – Konfliktträchtigkeit eines Vorhabens nicht mehr zur städtebaulich sachgerechten Konfliktlösung geeignet ist582. Entscheidend dafür, dass ein solches Planungserfordernis ausgelöst wird, ist also der Umstand, dass Ausmaß und Umfang der von einem Vorhaben ausgelösten Auswirkungen die Regelungsmechanismen des § 35 BauGB „überfordern“, nicht aber die Feststellung, dass eine bestimmte Schwelle des § 2 Abs. 2 BauGB erreicht wird, dem dafür – wie auch das BVerwG anerkannt hat – allenfalls eine indizielle (!) Bedeutung zukommen könnte583. Die – im Ergebnis zutreffende – Annahme, dass ein Planungserfordernis i. S. d. § 35 Abs. 3 BauGB oder bei § 1 Abs. 3 BauGB erst bei „unmittelbar gewichtigen“ Auswirkungen besteht, ist also ein Ergebnis der Prüfung der §§ 34, 35 BauGB, die im Lichte des Erfordernisses einer geordneten städtebaulichen Entwicklung (s. § 1 Abs. 1, 3 S. 1 BauGB) im Hinblick auf deren städtebauliche Konfliktlösungstauglichkeit durchgeführt wird, und nicht das Ergebnis einer Auslegung des § 2 Abs. 2 BauGB. Weil Auswirkungen eine bestimmte tatsächliche Intensität erreichen, lösen sie ein Planungsbedürfnis aus – dies gänzlich unabhängig davon, ob sie mit dieser Intensität auch eine rechtliche Schwelle erreichen, die für § 2 Abs. 2 BauGB in der Bauleitplanung maßgeblich ist. Das – zutreffende – Ergebnis, dass ein Planungserfordernis erst bei „gewichtigen“ Auswirkungen angenommen werden kann, ergibt sich aus der näheren Betrachtung der Wirkungsweise der §§ 34, 35 Abs. 2 u. 3 BauGB vor dem Hintergrund des insbesondere in § 1 Abs. 3 BauGB angesprochenen Gebots einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und rechtfertigt daher keine gleichsam „zurückstrahlende“ einschränkende Auslegung des § 2 Abs. 2 BauGB in seinem unmittelbaren Anwendungsfeld. Der Gefahr, dass dieser Rückschluss doch gezogen wird, kann dadurch am effektivsten begegnet werden, dass – was angesichts der Stellung dieser Vorschrift im Gesetz systematisch ohnehin am überzeugendsten erscheint – § 2 Abs. 2 BauGB sowohl im Innen- wie auch im 582

Vgl. erneut BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (29 ff.). Vgl. BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (32 f.), wo das Erreichen der Krabbenkamp-Schwelle als „starkes Anzeichen dafür“ gewertet wird, „dass die Zulassungsschranken, die § 35 Abs. 3 BauGB aufrichtet, nicht ausreichen, um ohne planerische Abwägung eine Entscheidung über die Zulässigkeit des beabsichtigten Vorhabens treffen zu können“. 583

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Außenbereich gänzlich aus dem Rechtsschutz der Nachbargemeinden gegen Baugenehmigungen herausgehalten und die Lösung über Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gesucht wird. Dass es nicht überzeugt, zur Begründung eines Planungserfordernisses (in ohnehin unnötiger Weise) an § 2 Abs. 2 BauGB anzuknüpfen, tritt im MülheimKärlich-Urteil besonders deutlich hervor. Denn hatte das BVerwG im Zweibrücken-Urteil noch mehr oder weniger klar zwischen der bei § 2 Abs. 2 BauGB verankerten Schwelle der „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ und der § 1 Abs. 7 BauGB zugeordneten „Geringfügigkeitsschwelle“ getrennt584, so hatte es diese Unterscheidung – wie eingangs der Arbeit näher erörtert – gerade in der Mülheim-Kärlich-Entscheidung weiter verwischt. Dort hatte es nämlich ausgeführt, dass eine interkommunale Abstimmung in der Bauleitplanung bereits bei mehr als geringfügigen Auswirkungen einsetze, was die Annahme nahelegen durfte, das Gericht gehe nun ebenfalls davon aus, dass der Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 BauGB zumindest in der Bauleitplanung bei dieser niedrigeren Schwelle eröffnet sei585. Da es an dieser Stelle freilich nur um die Frage der objektiven Planungspflicht der Standortgemeinde geht, bestehen im Ergebnis keine Unterschiede zwischen der hier befürworteten und der vom Gericht sowie der ihm folgenden Literatur vertretenen Ansicht586. Ist den Ausführungen des BVerwG zur Entstehung der interkommunal veranlassten, objektivrechtlichen Planungspflicht der Standortgemeinde also im Ergebnis zuzustimmen, bleibt zu prüfen, ob das Bestehen dieser Pflicht für den Rechtsschutz der Nachbargemeinden gegen Baugenehmigungen mit unzumutbaren Auswirkungen bedeutsam sein kann. Insoweit könnte man zum einen erwägen, ob eine „unzumutbare“ Baugenehmigung, die trotz des Bestehens einer Planungspflicht auf der Grundlage des § 34 BauGB erteilt wurde, nicht als am einfachen Gesetzesrecht gemessen rechtswidrig anzusehen ist, sodass Abwehrrechte der Nachbargemeinde einfachgesetzlich begründet werden können (b). Wenn das nicht der Fall ist, wird zu erwägen sein, ob der Nachbargemeinde nicht – wie eingangs angedacht – ein Planungsanspruch zuzubilligen ist, zu dessen Sicherung sie auch die Erteilung von Baugenehmigungen unterbinden kann (c).

584 Vgl. erneut BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (32 f.), und dazu oben § 12 A. I. 4. 585 S. nochmals BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (222 f.), und dazu § 1 A. II. 1. 586 Die Frage, ob § 2 Abs. 2 BauGB eine „mittelbare“ Bedeutung im Recht der Vorhabenzulassung spielen kann, wirkt sich zwar nicht bei der Begründung objektiver Tatbestandsmerkmale, wohl aber bei der Frage nach deren Subjektivierbarkeit aus; s. dazu noch später unter § 14 C. II.

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b) Aussetzungs- oder Fristausnutzungsanspruch der Nachbargemeinde? Da § 34 BauGB – auch nach seiner Novellierung durch das EAG Bau – keine Generalklausel wie § 35 Abs. 3 BauGB enthält, die auf die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den „öffentlichen Belangen“ abhebt, ist es jedenfalls nicht möglich, ein solches Planungserfordernis in § 34 BauGB hineinzulesen und auf diese Weise zu einer Zulässigkeitsvoraussetzung zu erheben, die – ähnlich wie in der Zweibrücken-Entscheidung – zugunsten der Nachbargemeinde subjektiviert werden könnte587. Wird eine Baugenehmigung im unbeplanten Innenbereich erteilt, obwohl ein Planungserfordernis besteht, kann also (außerhalb des Anwendungsbereichs des § 34 Abs. 3 BauGB) nicht argumentiert werden, sie sei wegen eines Verstoßes gegen die bauplanungsrechtlichen Vorgaben des § 34 BauGB rechtswidrig. Allerdings ist zu beachten, dass eine Baugenehmigung nicht nur i. S. d. §§ 29 ff. BauGB materiell rechtmäßig sein muss, sondern – wie jeder andere Verwaltungsakt auch – darüber hinaus auch formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen zu erfüllen hat. Daran könnte man zweifeln, wenn man annähme, dass die Baurechtsbehörde verpflichtet sei, die Entscheidung über die Erteilung einer Baugenehmigung auszusetzen, wenn diese ohne die an sich erforderliche Bauleitplanung nach § 34 BauGB erteilt werden solle. Da eine solche Aussetzung einen Eingriff in die Baufreiheit des Antragstellers begründete, ist Grundvoraussetzung für diese Annahme freilich, dass es eine Rechtsgrundlage gibt, die eine solche Aussetzung ermöglicht588. Wäre das der Fall, wäre weiter zu überlegen, ob die einschlägige Vorschrift im Hinblick auf § 2 Abs. 2 BauGB (so wohl auf dem Boden der Zweibrücken- und Mülheim-Kärlich-Entscheidungen) oder § 2 Abs. 1 S. 1 BauGB, Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG (so in Sinne der hier vertretenen Richtung) zugunsten der Nachbargemeinde subjektiviert werden könnte. Fraglich ist allerdings bereits, ob es eine Vorschrift des Baugenehmigungsverfahrens gibt, die eine „planungserfordernisbedingte Aussetzung“ erlaubt. Schenke ist der Ansicht, dass weder § 10 S. 2 VwVfG diese Grundlage bieten könne noch sonst eine normative Basis für eine Aussetzungspflicht der Bauge587 Gegen eine Übertragung der Zweibrücken-Konstruktion auf § 34 BauGB auch BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (223); so auch das Mitglied des für die Zweibrücken-Entscheidung verantwortlich zeichnenden 4. Senats des BVerwG Rojahn, Diskussionsbeitrag bei Böttcher, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 31 (35); skeptisch auch Battis und Rojahn auf die entsprechende Frage von Uechtritz (alle ebd.); ausdrücklich abl. ders., NVwZ 2004, 1025 (1029); Moench, DVBl. 2005, 676 (680 f.), und Reichelt, BauR 2006, 38 (39); ebenso bereits Fackler, Individualanspruch auf Bauleitplanung, 1989, S. 43 f., in Bezug auf die früheren Rechtsprechung zu einem durch ein Bedürfnis nach Binnenkoordination begründeten Planungserfordernis. 588 S. Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.3.d.

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nehmigungsbehörde bestehe, die ohnehin Bedenken hervorriefe, weil sie zu einer mit § 36 Abs. 2 S. 2 BauGB schwerlich vereinbaren Verzögerung des Baugenehmigungsverfahrens führen müsse und es häufig an der – für eine Aussetzung vorauszusetzenden589 – Möglichkeit des Trägers der Baurechtsbehörde fehlen werde, auf den Erlass des Bebauungsplans hinzuwirken590. Der Einschätzung, dass es an einer Vorschrift fehlt, die es in der hier erörterten Situation erlauben würde, das Genehmigungsverfahren bis zur Aufstellung eines Bebauungsplans auszusetzen, ist zuzustimmen. Allerdings ist zu erwägen, ob die Vorschriften des Bauordnungsrechts der Länder nicht eine Grundlage für eine gleichsam abgeschwächte Pflicht der Baugenehmigungsbehörden liefern. So bestimmt etwa das baden-württembergische Landesrecht, dass die Baurechtsbehörden über einen Bauantrag grundsätzlich innerhalb von zwei Monaten zu entscheiden haben und diese Frist „ausnahmsweise“ bis zu einem Monat verlängert werden darf (vgl. § 54 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, Abs. 5 LBO BW). Man könnte nun erwägen, ob man diese Behörden als verpflichtet ansehen wollte, im Falle eines Planungserfordernisses zwar nicht Genehmigungsverfahren auszusetzen, aber doch die dort geregelte Dreimonatsfrist zumindest in vollem Umfang „auszureizen“. Das liefe also auf eine Pflicht der Behörde hinaus, im Falle eines Planungserfordernisses zumindest die vollen drei Monate lang abzuwarten, ob die Standortgemeinde – die „sogar“ mit der Baurechtsbehörde trägeridentisch sein kann (vgl. etwa § 46 Abs. 1 Nr. 3 LBO BW i.V. m. §§ 13 ff. LVG BW) – in dieser Zeit einen Bebauungsplan aufstellt oder zumindest einen entsprechenden Beschluss nach § 2 Abs. 1 S. 2 BauGB fasst und ggf. durch eine Veränderungssperre i. S. d. § 14 BauGB sichert. Grundlage, landsrechtliche Vorschriften wie § 54 LBO BW in diesem Sinne auszulegen, könnte eine Auslegung „im Lichte“ des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG sein, dem gemeinhin die Pflicht anderer Hoheitsträger entnommen wird, ihnen zustehende Ermessens- oder sonstige Entscheidungsspielräume „gemeindefreundlich“ auszunutzen591. 589 Vgl. insoweit in der Tat Forsthoff, Verwaltungsrechts, Bd. I, S. 119; in Bezug genommen bei Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.3.dd. (Fn. 150). 590 S. Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.3.dd. 591 Die Existenz der sog. „Pflicht zum gemeindefreundlichen Verhalten“ (oder zur „Gemeindetreue“) und ihr Charakter als echte Rechtspflicht wird heute allenthalben anerkannt und überwiegend (bei teils freilich erheblichen Unterschieden in der Begründung) aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG abgeleitet; s. ausf. Macher, Grundsatz des gemeindefreundlichen Verhaltens, S. 60 ff., 67, und passim; s. ferner Bethge, DÖV 1972, 155 (157 Fn. 29); Blankenagel, DV 26 [1993], 1 (15); Dreier, in: dems. (Hrsg.), GG, Bd. II, Art. 28 Rn. 105; Ehlers, DVBl. 2000, 1301 (1306); Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 51; Lorz, Interorganrespekt, S. 77; Meßerschmidt, DV 23 [1990], 425 (444); Schmidt-Aßmann/Röhl, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsrecht, 1. Kap., Rn. 24, 26; Stern, in: Dolzer u. a. (Hrsg.), BK-GG (Zweitb.), Art. 28 Rn. 139; dens., Staatsrecht, Bd. I, S. 418 f.; dens., AfK 3 [1964], 81 (93); Tettinger, Ingerenzprobleme, S. 93, 97 ff.; dens., JR 1973, 407 (409); dens., in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 198; Vietmeier, DVBl. 1993, 190 (191); ähnlich Nierhaus, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 28 Rn. 57, 60 („Ergänzungsgarantie“); OVG Müns-

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Letztlich überzeugt aber auch der hier angedachte Weg nicht. In der Regel dürfte er schon aus praktischen Gründen zu keinen Abwehrrechten der Nachbargemeinde führen, weil häufig nicht zu erwarten sein wird, dass die mit dem Vorwurf eines Planungserfordernisses konfrontierte Standortgemeinde innerhalb von drei Monaten einen Bebauungsplan aufzustellen beschließen wird. Diesen Einwand könnte man freilich noch relativieren und vortragen, dass dies immerhin nicht generell ausgeschlossen sein könne, wie sich etwa an dem der o. g. Mülheim-Kärlich-Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt zeige, in dem die Aufsichtsbehörde – von drei Instanzen gebilligt – der Standortgemeinde aufgab, die Aufstellung eines solchen Plans binnen zwei Wochen (!) zu beschließen592. Die Konstruktion einer „Fristausnutzungspflicht“ der Baugenehmigungsbehörden scheitert aber an rechtlichen Gründen. Denn Vorschriften wie § 54 LBO BW etablieren keine Fristen, die von der zuständigen Behörde grundsätzlich vollumfänglich ausgenutzt werden sollen, sondern zielen gerade umgekehrt auf eine möglichst weitreichende Verfahrensbeschleunigung. In Bezug auf § 54 LBO BW ergibt sich dies nicht nur aus der erklärten Zielsetzung des Gesetzgebers bei der LBO-Novellierung von 1995593, sondern hat auch darin normativen Ausdruck gefunden, dass die Genehmigungsbehörde andere Stellen „unverzüglich“ zu beteiligen hat (vgl. § 54 Abs. 2 LBO BW), und davon ausgehen darf, dass ggf. erforderliche Stellungnahmen, Zustimmungen oder Einvernehmen als erteilt gelten, wenn sich die betreffenden Stellen nicht fristgerecht geäußert haben (vgl. § 54 Abs. 3 LBO BW). Auch der Umstand, dass eine Fristverlängerung auf drei Monate nur „ausnahmsweise“ möglich ist, zeigt, dass Vorschriften über die Fristen im Baugenehmigungsverfahren auf deren Nichtausnutzung zielen594. Sie beim Bestehen von Planungserfordernissen im gegenteiligen Sinne auszulegen, liefe ihrem Sinn und Zweck diametral entgegen, sodass auch für ter, Urt. v. 08.01.1964 – III A 1151/61, OVGE 19, 192 (198 f.); ebenso BayVerfGH, Entsch. v. 15.12.1988 – Vf. 70-VI-86, DVBl. 1989, 308 (310), u. ders., Entsch. v. 16.12.1992 – Vf. 14-Vi-90, BayVBl. 1993, 177 (179), sowie VerfGH NRW, Urt. v. 26.06.2001 – VerfGH 28/00 u. 30/00, DVBl. 2001, 1595 (1599), die jeweils (auch) auf die entsprechenden Selbstverwaltungsgarantien in den Landesverfassungen verweisen; ähnlich OVG Koblenz, Urt. v. 21.05.1993 – 10 C 10178/92, DÖV 1994, 79 (81), das für die Pflicht des Kreises zu „selbstverwaltungsfreundlichem Verhalten“ gegenüber den kreisangehörigen Gemeinden auf die durch Art. 28 Abs. 2 GG errichtete Kompetenzordnung abstellt; andere deuten dagegen eine Parallele zum Bundestreueprinzip an, so etwa Brohm, DÖV 1989, 429 (438); Stober, Kommunalrecht, S. 50; Schunck, in: HS Speyer (Hrsg.), Kommunalaufsicht, S. 143; Weber, in: HS Speyer (Hrsg.), Kommunalaufsicht, S. 30 f.; Weigert, BayVBl. 1978, 597 (598), für die Pflicht der Kreise zu „gemeindefreundlichem Verhalten“; skeptisch gegenüber dieser Parallele Schenke, Verfassungsorgantreue, S. 20 (Fn. 4). 592 Vgl. BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14/01, NVwZ 2004, 220 (221). 593 Vgl. Sauter, LBO BW, Bd. 1, Einführung, Anm. 3 („Vorrangiges Ziel der [scil.: durch G. v. 08.08.1995, GBl. S. 617, bewirkten] Novelle ist, die baurechtlichen Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen“.); s. auch dens. a. a. O. § 54 Rn. 1.

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eine Auslegung „im Lichte der Verfassung“ kein rechtsmethodisch überzeugender Raum mehr besteht. Nach alledem kann also auch über ein bei Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG verankertes Gebot zu „gemeindefreundlichem Verhalten“ keine Pflicht der Baugenehmigungsbehörden begründet werden, beim Bestehen eines Planungserfordernisses die Entscheidung über ein im unbeplanten Innenbereich geplantes Vorhaben bis zum möglichen Fristende hinauszuzögern. Dann kann auf diesem Wege auch keine formelle Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung hergeleitet werden, die zu einem Abwehrrecht der Nachbargemeinde führen könnte. c) Erstplanungsanspruch der Nachbargemeinde? Damit ist freilich noch nicht abschließend entschieden, dass das Bestehen einer Planungspflicht der Standortgemeinde nicht in anderer Hinsicht Bedeutung für den Rechtsschutz der Nachbargemeinden im unbeplanten Innenbereich – namentlich bei „unzumutbaren“ Vorhaben – hat. Aus dem soeben Gesagten folgt, dass sich eine Nachbargemeinde nicht im Wege der Anfechtungsklage gegen eine bereits erteilte, sie unzumutbar treffende Baugenehmigung wenden kann, wenn diese mit § 34 BauGB im Einklang steht, will man § 34 BauGB nicht als insoweit teilnichtig behandeln. Wie eingangs angedacht, bleibt aber zu erwägen, ob der Nachbargemeinde nicht im Hinblick auf die Pflicht der Standortgemeinde zur Aufstellung eines Bebauungsplans auf einer gleichsam vorgelagerten Stufe die Möglichkeit zugesprochen werden muss, verhindern zu können, dass eine Baugenehmigung vor der Planaufstellung auf der Grundlage des § 34 BauGB erteilt wird. Das wäre dann der Fall, wenn der Nachbargemeinde ein der Aufstellungspflicht der Standortgemeinde entsprechender Anspruch zustünde (aa–bb) und sie zur Sicherung desselben im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auch den Erlass von Baugenehmigungen verhindern könnte, die auf der Grundlage der noch „unbeplanten Rechtslage“ erteilt zu werden drohen (cc). aa) Meinungsspektrum Ob der Nachbargemeinde ein Anspruch auf Aufstellung eines Bebauungsplans gegen die Standortgemeinde zusteht, wenn diese dazu wegen eines interkommunal verursachten Planungserfordernisses aus § 1 Abs. 3 BauGB verpflichtet ist, ist umstritten.

594 S. Sauter/Vàmos, LBO BW, § 54 Anm. 8 („[E]ine regelmäßige Ausschöpfung der Zweimonatsfrist ist nicht angemessen.“); vgl. ferner Schlotterbeck, in: dems./v. Arnim, LBO BW, LBO BW, § 54 Rn. 1 („§ 54 [. . . dient] der beschleunigten Abwicklung des Verfahrens.“); ebenso Sauter, LBO BW, Bd. 1, § 54 Rn. 1; rechtspolitische Kritik freilich bei Dürr, Baurecht BW, Rn. 233, der die Zweimonatsfrist für „unangemessen kurz“ hält.

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Das Gesetz scheint dieser Möglichkeit von vornherein den Boden zu entziehen, da § 1 Abs. 3 S. 2 BauGB bestimmt, dass auf die Aufstellung von Bauleitplänen „kein Anspruch besteht“ und auch nicht durch Vertrag begründet werden kann. Auf der Grundlage dieser Vorschrift, die nach Ansicht des BVerwG „keine Ausnahme duldet“595, entsprach es denn auch zumindest bis zur Mülheim-Kärlich-Entscheidung des BVerwG ganz überwiegender Ansicht, dass einer etwaigen Planungspflicht der Standortgemeinde nie ein Anspruch – sei es der Grundstückseigentümer, sei es der Nachbargemeinden – korrespondieren könne596. § 1 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 BauGB und seine Vorgängerbestimmungen wurden dabei vielfach sogar als lediglich klarstellend aufgefasst, weil Vorschriften wie § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB, die Planungspflichten der Standortgemeinde begründeten, „ausschließlich im öffentlichen Interesse der städtebaulichen Planung erlassen“597 und nicht dazu bestimmt seien, auch Individualinteressen zu dienen. Diese Auslegung sei auch geboten, um die Planungshoheit der Standortgemeinde zu schützen: „Die planerische Gestaltungsfreiheit der [scil.: Standort-] Gemeinde, die gesetzlich vorgeschriebene, gerichtlich nicht substituierbare Abwägung und die unzulässige Umgehung des Anhörungs- und Auslegungsverfahrens schließen einen derartigen Anspruch aus“598. Traf die Standortgemeinde eine Planungspflicht an deren Einhaltung auch die Nachbargemeinde ein Interesse hatte, blieb ihr daher allenfalls der Weg zur Kommunalaufsicht, um bei dieser ein Einschreiten gegen die Standortgemeinde anzuregen599. Das Mülheim-Kärlich-Urteil des BVerwG aus dem Jahre 2003 bot freilich Anlass, diese bis dahin ganz h. M. zu hinterfragen, da das Gericht in dieser Entscheidung zumindest die Planungspflicht der Standortgemeinde – das Gericht hatte keine Gelegenheit sich zur Frage nach einem korrespondieren Anspruch zu äußern – nicht allein mit Erwägungen des „öffentlichen Interesses“ einer geordneten städtebaulichen Planung begründet hatte, sondern dazu zumindest auch 595 S. BVerwG, Urt. v. 11.03.1977 – 4 C 45/75, DVBl. 1977, 529; dass., Beschl. v. 09.10.1996 – 4 B 180/96, ZfBR 1997, 97. 596 BVerwG, Urt. v. 11.03.1977 – 4 C 45/75, DVBl. 1977, 529; dass., Beschl. v. 03.08.1982 – 4 B 145/82, NVwZ 1983, 92 f.; dass., Beschl. v. 09.10.1996 – 4 B 180/ 96, BauR 1997, 263 f.; dass., Beschl. v. 09.10.1996 – 4 B 180/96, ZfBR 1997, 97; Battis, Baurecht, S. 54; Bender, in: Driehaus/Birk (Hrsg.), Weyreuther-FS, S. 125 (134); Brohm, Baurecht, § 12 Rn. 5; Dürr, Baurecht BW, Rn. 19 (in Bezug auf Grundstückseigentümer); Ferner, in: dems./Kröninger, BauGB, § 1 Rn. 5 f.; Gierke, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 1, § 1 Rn. 212, 256; abl. bereits Weyreuther, DVBl. 1981, 369 (371); Fackler, Individualanspruch, S. 199; wohl auch Robbers, JuS 1988, 949 (951); Sodan, NVwZ 2000, 601 (607). 597 So etwa Brohm, Baurecht, § 12 Rn. 5. 598 Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1 Rn. 31. 599 Für Fälle, in denen der Nachbargemeinde ohne ein Einschreiten der Kommunalaufsicht gegen die Standortgemeinde unzumutbare Beeinträchtigungen drohen, befürwortet Uechtritz, BauR 1999, 572 (588), entgegen der h. M. sogar einen auf Einschreiten gegen die Standortgemeinde gerichteten Anspruch jener Gemeinde gegen den Träger der Aufsichtsbehörde.

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über einen Rückgriff auf den „Rechtsgedanken“ des § 2 Abs. 2 BauGB auf individuelle Belange der Nahbargemeinde abgestellt hatte. Soweit § 1 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 BauGB im jüngeren Schrifttum auch mit Bezug auf diese Entscheidung erörtert wird, wird darin freilich überwiegend kein Grund gesehen, von der These vom generellen Anspruchsausschluss abzuweichen600. Dabei wird teils auf den Wortlaut der Vorschrift verwiesen, der keine Ausnahmen zulasse, teils das systematische Argument bemüht, auch einer über den „Rechtsgedanken“ des § 2 Abs. 2 BauGB begründeten Planungspflicht der Nachbargemeinde könne kein Anspruch entsprechen, weil § 1 Abs. 3 S. 2 BauGB lex specialis gegenüber jener Vorschrift sei601. Namentlich Schenke befürwortet dagegen einen Anspruch der Nachbargemeinde gegen die Standortgemeinde auf Aufstellung eines Bebauungsplans, wenn sich ohne eine entsprechende Planung für die Nachbargemeinde unzumutbare Auswirkungen ergeben602. So sei auch bei anderen institutionellen Garantien – wie dem in Art. 7 Abs. 4 S. 1 GG gewährleisteten Recht zur Errichtung von privaten Schulen603 – anerkannt, dass den geschützten Einrichtungen ein 600 Vgl. etwa Berkemann, in: dems./Halama, BauGB 2004, § 1 Rn. 5; Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 3, Rn. 102; Dirnberger, in: Jäde/Dirnberger/ Weiß, BauGB/BauNVO, § 1 BauGB Rn. 48 i.V. m. 16; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1 Rn. 27 (allg.) u. 31 (im Bezug auf „Bürger“); Moench, DVBl. 2005, 676 (682), dort auch ausdr. gegen eine Ableitung von Planungsansprüchen „aus dem interkommunalen Abstimmungsgebot oder dem allgemeinen Rücksichtnahmegebot“; Reidt, UPR 2005, 241 (244); W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § 1 Rn. 34 (ausdr. abl. auch in Bezug auf Nachbargemeinden); Söfker, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 2 Rn. 103, sowie § 1 Rn. 42b, 42d (i.V. m. Rn. 39a), dort auch gegen eine Ableitung von Planungsansprüchen „aus materiellrechtlichen Grundrechtspositionen“; wohl auch Ziekow, VerwArch. 97 [2006], 115 (116 f. i.V. m. 129); ebenso Battis, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 19 (26), dort freilich im Hinblick auf die Zweibrücken-Entscheidung des BVerwG. 601 Moench, DVBl. 2005, 676 (682). 602 Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.3.d.; ders., in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (557); zumindest im Hinblick auf § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB wird Ähnliches von Moench, DVBl. 2005, 676 (684 mit Fn. 92), erwogen, im Ergebnis aber verworfen; Sympathie für einen auf § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB gestützten Anspruch auch bei Heilshorn/Seith, VBlBW 2004, 409 (413); von einem „Anspruch von Nachbargemeinden auf Durchführung von Bauleitplanverfahren für großflächigen Einzelhandel“ spricht auch Reidt, UPR 2005, 241 (244), bei dem allerdings nicht mit letzter Klarheit ausgesprochen wird, ob er damit tatsächlich einen unmittelbar durchsetzbaren Anspruch der Nachbar- gegen die Standortgemeinde anerkennen oder nur zum Ausdruck bringen will, dass sich die Nachbargemeinde gegen ein Einzelhandelsvorhaben wehren kann, wenn dieses auf der Grundlage der §§ 34, 35 BauGB ohne die erforderliche Planung genehmigt wurde (vgl. a. a. O. S. 243 f.). 603 S. die insoweit in Bezug genommene Entscheidung des BVerfG zum hamburgischen Privatschulgesetz v. 12.12.1977, in der das Gericht anerkannt hatte, dass Art. 7 Abs. 4 S. 1 GG nicht nur die Gründungsfreiheit des Einzelnen und die institutionelle Garantie der Privatschule gewährleiste, sondern – um diese Regelungsgehalte nicht leerlaufen zu lassen – den Staat (in Gestalt der Länder) auch dazu verpflichte, das private Ersatzschulwesen (auch finanziell) zu fördern und in seinem Bestand zu schüt-

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Anspruch auf Normsetzung zur Vermeidung unzumutbarer Beeinträchtigungen zustehen könne604. Einen solcherart verfassungsrechtlich begründeten Anspruch könne der Gesetzgeber über § 1 Abs. 3 S. 2 BauGB nicht ausschließen, weil seine Befugnis zur Ausgestaltung des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG – genauso wie bei der Ausgestaltung grundrechtlicher Gewährleistungen – zwar noch nicht im Hinblick auf „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“, aber doch dort ihre Grenzen finde, wo die geschützten Interessen in unzumutbarer Weise beeinträchtigt würden605. § 1 Abs. 3 S. 2 BauGB müsse deshalb nicht als teilnichtig behandeln werden, sondern könne insoweit teleologisch reduziert werden606. Bestehe nämlich das Ziel dieser Vorschrift im Schutz der Gestaltungsfreiheit der kommunalen Normgebers, so stehe es damit durchaus im Einklang, durch die Anerkennung eines Anspruchs die Planungshoheit der Nachbargemeinde zu schützen607. Für diese Lösung spreche darüber hinaus, dass auf diese Weise die andernfalls drohende Konsequenz vermieden werden könne, § 34 BauGB für Fälle „unzumutbarer“ Vorhaben als partiell verfassungswidrig und deshalb teilnichtig behandeln zu müssen608. bb) Stellungnahme Der Nachbargemeinde kann nur dann ein Anspruch gegen die Standortgemeinde auf Aufstellung eines Bebauungsplans zustehen, wenn das Gesetz eine dementsprechende Anspruchsgrundlage bereithält. Der restriktiven Ansicht ist nun zuzugeben, dass diese Anspruchsgrundlage jedenfalls nicht im einfachen Gesetzesrecht gesucht werden kann, weil ein einfachgesetzlich begründeter Anspruch an dem insoweit in der Tat umfassend formulierten Wortlaut des – nicht nur gegenüber Privaten, sondern auch gegenüber Nachbargemeinden geltenden609 – § 1 Abs. 3 S. 2 BauGB scheitern müsste. Konstruktiv nicht überzeugend wäre es daher, einen Planungsanspruch der Nachbargemeinde (allein) dazen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.04.1987 – 2 BvL 8/84, 1 BvL 16/84, BVerfGE 75, 40 [62 ff.]), wobei diese Förderungspflicht auch eine Handlungspflicht des Gesetzgebers begründen könne, wenn andernfalls der Bestand des Ersatzschulwesens als Institution evident gefährdet wäre (s. a. a. O. 67); fortgeführt in BVerfG, Beschl. v. 09.03.1994 – 1 BvR 682, 712/88, BVerfGE 90, 107 (114 ff.). 604 Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.3.d. 605 Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.3.d.; ders., in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (557). 606 Davon, dass die heute in § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB verankerte Vorschrift nicht als nichtig behandelt werden muss, sondern verfassungskonform ausgelegt werden kann, geht auch Westbomke, Anspruch, S. 123 f., in Bezug auf die von ihm verfassungsrechtlich begründeten Ansprüche von Grundstückseigentümern auf Planergänzung aus. 607 Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.3.d.; ders., in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (558). 608 Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.3.d.; ders., in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (558).

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durch zu begründen, dass die aus § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB abgeleitete Planungspflicht der Standortgemeinde subjektiviert wird. Sollte aber das Verfassungsrecht die für einen Planungsanspruch erforderliche Anspruchsgrundlage hergeben, könnte § 1 Abs. 3 S. 2 BauGB dem solcherart begründeten Anspruch aus Gründen der Normenhierarchie nicht mehr entgegenstehen610. In diesem Fall – und das zumindest ist der extensiveren Ansicht zuzugeben – wäre es auch nicht erforderlich, diese Vorschrift als verfassungswidrig anzusehen, weil sie so gelesen werden kann, dass „kein (einfach-)gesetzlicher Anspruch“ auf die Aufstellung von Bauleitplänen bestehe611. Eine solche Auslegung würde durch die im Zuge des EAG Bau erfolgte „Umverlegung“ der Ausschlussregelung aus § 2 Abs. 3 BauGB 1998 zu dem Standort nach § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB 2004 sogar noch gestützt. Denn diese neue systematische Stellung legt geradezu die Annahme nahe, dass sich der in S. 2 angeordnete Ausschluss vornehmlich auf die Möglichkeit bezieht, aus den sich aus S. 1 – und damit also aus dem einfachen Gesetzesrecht – ergebenden Planungspflichten entsprechende subjektive Rechte Dritter abzuleiten. Die entscheidende Frage lautet demnach, ob die Nachbargemeinde einen Anspruch auf die Aufstellung eines Bebauungsplans aus dem Grundgesetz ableiten kann. Da insoweit nur Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, ist zu fragen, ob diese Vorschrift die Standortgemeinde nicht nur dazu verpflichtet, ungerechtfertigte Eingriffe in die Planungshoheit der Nachbargemeinde zu unterlassen, sondern ihr darüber hinaus auch eine Pflicht auferlegt, im Interesse der Nachbargemeinde, zu handeln. Zur Begründung einer solchen Pflicht kann zwar nicht unmittelbar auf die aus der Grundrechtsdogmatik bekannten und dort heute grundsätzlich anerkannten Schutzpflichten verwiesen werden612, weil deren spezifisch freiheitsrechtliche – häufig bei der Schutzklausel des Art. 1 Abs. 1 S. 2 GG613, der durch die Grundrechte errichteten 609 Wie BVerwG, Beschl. v. 28.12.2005 – 4 BN 40/05, NVwZ 2006, 458, klargestellt hat. 610 S. Fackler, Individualanspruch, S. 200 f. („Einzusehen ist [. . .], daß das Baugesetzbuch nicht etwa Ansprüche ausschließen kann, die sich aus der Verfassung ergeben. [. . .] Wenn insoweit Ansprüche bestehen, muß sich § 2 III, IV BauGB nach der Verfassung richten und nicht umgekehrt [. . .]“.); ebenso Schenke, WiVerw. 1990, 226 (238); und bereits Westbomke, Anspruch, S. 106, beide in Bezug auf etwaige aus den Grundrechten ableitbare Normerlassansprüche. 611 Vgl. insoweit auch Dirnberger, in: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 1 BauGB Rn. 48, der formuliert, dass § 1 Abs. 3 S. 2 BauGB „zunächst“ nur besage, dass ein Planungsanspruch nicht „aufgrund des Gesetzes – also aufgrund des BauGB – besteht“ (Hervorhebung durch den Verf.). 612 Näher dazu Calliess, in: Merten/Papier (Hrsg.), HGR II, § 44; Erichsen, Jura 1997, 85 ff.; Kopp, NJW 1994, 1753 ff.; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 94 ff.; Sodan, NVwZ 2000, 601 (602 ff.); zu grundrechtlich begründeten Leistungspflichten und -rechten s. auch Heintschel v. Heinegg/Haltern, JA 1995, 333 (335 f.). 613 S. Calliess, in: Merten/Papier (Hrsg.), HGR II, § 44 Rn. 5, 9; Erichsen, Jura 1997, 85 (86).

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„objektiven Wertordnung“614 und/oder bei vertragstheoretischen, auf das staatliche Gewaltmonopol bezogenen Erwägungen615 ihren Ausgang nehmende – Ableitung für das vertikale Verhältnis von Bürger und Staat nicht unbesehen auf den gerade keine Grundrechte gewährleistenden616 Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG und die gleichsam horizontale Relation zweier benachbarter Gemeinden übertragen werden kann. Damit ist aber nicht gesagt, dass die Annahme interkommunaler Schutzpflichten nicht aus einem anderen Grunde geboten ist. (1) Objektive Schutzpflicht der Standortgemeinde Als Ansatzpunkt kommt insoweit die Rechtsnatur der in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG enthaltenen Gewährleistung in Betracht. Bei der Selbstverwaltungsgarantie handelt es sich nach nach wie vor h. M. um eine Einrichtungsgarantie, die auf nähere Ausgestaltung durch das einfache Gesetzesrecht ausgerichtet ist617. Bei dieser Ausgestaltung genießt der Gesetzgeber zwar einerseits einen erheblichen Spielraum, er ist dabei aber andererseits nicht gänzlich frei, sondern an verfassungsrechtliche Schranken gebunden, die es ihm (zumindest) verbieten, eine im Hinblick auf die Planungshoheit der Gemeinden unverhältnismäßige (unzumutbare) Regelung zu schaffen618. Zu dieser Ausgestaltung ist der Gesetzgeber nicht nur berechtigt, sondern zugleich auch verpflichtet, weil ohne den in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG vorausgesetzten gesetzlichen Rahmen das ebenfalls von dieser Vorschrift gewährleistete Recht leerliefe619. Das zeigt in der Tat ein Blick auf die von Schenke in Bezug genommene Rechtsprechung des BVerfG zu dem in Art. 7 Abs. 4 S. 1 GG gewährleisteten Recht zur Errichtung von privaten Schulen. Das Gericht erkennt dazu in st. Rspr. an, dass Art. 7 Abs. 4 S. 1 GG nicht nur die Gründungsfreiheit des Einzelnen und die institutionelle Garantie der Privatschule gewährleiste, sondern den Staat (dort in Gestalt des Gesetzgebers der Länder) auch dazu verpflichte, das private Ersatzschulwesen 614 Vgl. etwa Calliess, in: Merten/Papier (Hrsg.), HGR II, § 44 Rn. 5; Kopp, NJW 1994, 1753; Erichsen, Jura 1997, 85 (86); Sodan, NVwZ 2000, 601 (602). 615 S. Calliess, in: Merten/Papier (Hrsg.), HGR II, § 44 Rn. 1 ff.; Sodan, NVwZ 2000, 601 (602). 616 S. dazu oben unter § 2 A. I. 2. 617 S. dazu oben unter § 2 A. I. 2. a). 618 S. dazu oben unter § 2 A. I. 2. a) und insb. § 13 A. III. 2 a). 619 S. § 13 A. III. 2 a) u. bspw. Würtenberger, AöR 105 [1980], 370 (376): „[I]m Verhältnis vom Staat zu den Gemeinden kann die Garantie kommunaler Selbstverwaltung Ansprüche auf Normerlaß und Normergänzung begründen.“; Ehlers, DVBl. 2000, 1301: „Die Vorschrift [scil.: des Art. 28 Abs. 2 GG] enthält [. . .] in erster Linie einen an den Landes- oder Landesverfassungsgesetzgeber gerichteten Gesetzgebungsauftrag.“; ähnlich Löwer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 34; Oebbecke, in: Erbguth u. a. (Hrsg.), Hoppe-FS, S. 239 (243): „Die Planungshoheit unterliegt von Verfassung wegen aber nicht nur gesetzlicher Beschränkung; ihre verfassungsrechtliche Gewährleistung verlangt die Bereitstellung eines institutionellen Rahmens.“

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(auch finanziell) zu fördern und in seinem Bestand zu schützen, um zu verhindern, dass diese Regelungsgehalte mangels faktischer Möglichkeit, von ihnen Gebrauch machen zu können, leerliefen620. Trifft also zumindest den parlamentarischen Gesetzgeber von Bund und Ländern eine Normsetzungspflicht zur Ausgestaltung einer Einrichtungsgarantie, ist damit freilich noch nicht gesagt, dass Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG deshalb auch den Ortsgesetzgeber der (Standort-)Gemeinden zum Erlass untergesetzlicher Normen verpflichten kann. So könnte man einwenden wollen, die in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG vorausgesetzte Ausgestaltung der kommunalen Selbstverwaltung könne allein durch Gesetze der den Gemeinden hierarchisch übergeordneten Körperschaften geschehen, nicht aber durch Normen, die von diesen selbst geschaffen werden. Ein solcher Einwand griffe aber zu kurz. Sicher richtet sich Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG in erster Linie an die parlamentarischen Bundes- und Landesgesetzgeber, einen „Rahmen der Gesetze“ zu schaffen, der es den Gemeinden ermöglicht, ihr in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gewährleistetes Recht auch in die Rechtswirklichkeit umzusetzen und wahrzunehmen. Aus dieser primären Verpflichtung der Legislative des Bundes und der Länder aber zu schließen, dass die Gemeinden deshalb von vornherein in jeder Hinsicht aus dem Kreis der Adressaten der Gesetzgebungspflicht aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG zu entlassen seien, überzeugt nicht. Denn wenn Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG – wie es im Hinblick auf seine abwehrrechtliche Funktion heute allgemein anerkannt ist621 – nicht nur den Bund und die Länder, sondern eben auch die Gemeinden selbst verpflichtet, ist nicht einzusehen, warum er im Hinblick auf seine leistungsrechtliche Dimension neben dem primär angesprochenen parlamentarischen Gesetzgeber nicht auch zumindest ergänzend den Ortsgesetzgeber (hier: der Standort-)Gemeinden adressieren können soll. Es steht dem parlamentarischen Gesetzgeber sicher frei, einen förmlichen Gesetzesrahmen zu schaffen, innerhalb dessen sich unverhältnismäßige Ergebnisse für die (Nachbar-)Gemeinden stets unabhängig davon vermeiden lassen, ob und wie die übrigen Gemeinden normativ tätig werden. Er ist aber durch die Verfassung ebenso wenig daran gehindert, einen solchen Rahmen zu normieren, in dem solche Ergebnisse zwar in der Regel unabhängig vom Verhalten der übrigen Gemeinde eintreten, in einzelnen Ausnahmefällen aber ein ergänzendes Tätigwerden des Ortsgesetzgebers erfordern. Wo er sich – wie in den §§ 29 ff. BauGB zumindest im Hinblick auf den unbeplanten Innenbereich geschehen – für eine solche Option entschieden hat, besteht kein Grund, die einzelnen Gemeinden von ihrer Verantwortung für die kommunale Selbstverwaltung zu ent620 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.04.1987 – 2 BvL 8/84, 1 BvL 16/84, BVerfGE 75, 40 (62 ff.); fortgeführt in BVerfG, Beschl. v. 09.03.1994 – 1 BvR 682, 712/88, BVerfGE 90, 107 (114 ff.). 621 S. dazu näher und mit Nachweisen unter § 2 A. I. 2 b).

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binden und das Bestehen einer komplementären kommunalen Gesetzgebungspflicht zu leugnen. Wenn ein und dieselbe Gemeinde die Schaffung eines verhältnismäßigen Gesetzesrahmens einfordern könnte, den ihr möglichen Beitrag zur verfassungsgerechten Feinsteuerung dieses Rahmens aber verweigern dürfte, müsste das als geradezu widersprüchlich erscheinen. Für die Annahme, dass sich Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG auch im Hinblick auf seinen leistungsrechtlichen Gehalt zumindest in ergänzender Weise auch an die Kommunen selbst wendet, spricht auch ein Blick auf den Sinn und Zweck der mit dieser Vorschrift eingeräumten Rechte. Die Verfassung hat den Gemeinden die Planungshoheit nämlich nicht als Selbstzweck zu eigenverantwortlicher Wahrnehmung überwiesen, sondern dies zumindest auch im übergeordneten Interesse getan hat. Dann überzeugte es nicht anzunehmen, dass diese Gemeinden selbst dann nicht dazu verpflichtet anzusehen seien sollten, das ihnen ausweislich des Verfassungstextes zu eigener „Verantwortung“ (!) an die Hand gegebene Instrument auch zu verwenden, wenn die Entwicklung auf dem eigenen Gemeindegebiet zu für benachbarte Gemeinden unzumutbaren Ergebnissen führte. Eine solcherart komplementäre Gesetzgebungspflicht der Gemeinden generell zu leugnen, bedeutete anzunehmen, die Verfassung habe den Gemeinden ein Recht zur ausschließlich egoistischen Wahrnehmung an die Hand gegeben, ohne sie zugleich zur Wahrnehmung dieses Rechts zu verpflichten, wo sie damit unzumutbare Auswirkungen auf andere Rechtsinhaber vermeiden könnte. Eine solche Annahme mag in Bezug auf die Grundrechte gerechtfertigt sein; im Hinblick auf Kommunalkörperschaften, die – anders als Grundrechtsträger – ungeachtet ihrer Selbstverwaltung als ein „Stück ,Staat‘“622 auch als Glieder im gestuften Staatsaufbau fungieren623, könnte sie nicht überzeugen. Denn dass die Gemeinden spätestens seit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes nicht mehr in „einzelgemeindlicher Isoliertheit“ zu handeln berechtigt sind, sondern „jeder [. . .] auch das Gedeihen ihrer Nachbarin in gewissem Maße eigene Angelegenheit“ zu sein hat, konnte bereits in der Einleitung zu dieser Arbeit festgehalten werden. Eine These des Inhalts, dass die Gemeinden bei der Entscheidung über das Ob und Wie der Ausübung ihrer Planungshoheit völlig frei und nicht einmal an das Untermaßverbot624 gebunden seien, käme vor diesem Hintergrund 622 BVerfG, Urt. v. 04.11.1986 – 1 BvF 1/84, BVerfGE 73, 118 (191); Jarass/Pieroth, GG, Art. 28 Rn. 10. 623 S. insoweit statt aller Tettinger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 159; Kilian/Müllers, VerwArch. 89 [1998], 25 (33 f.). 624 Näher zu dem vom BVerfG bei der Prüfung von grundrechtlichen Handlungspflichten des parlamentarischen Gesetzgeber herangezogenen sog. Untermaßverbot BVerfG, Urt. v. 28.05.1993 – 2 BvF 2/90 u. a., BVerfGE 88, 203 (254 ff.); Calliess, in: Merten/Papier (Hrsg.), HGR II, § 44 Rn. 26, 30 f.; Erichsen, Jura 1997, 85 (88); Sodan, NVwZ 2000, 601 (605 f.): „Das Untermaßverbot ist verletzt, wenn die Gefährdung bzw. Störung des Grundrechts nach Abwägung mit entgegenstehenden privaten oder öffentlichen Interessen die Grenze des Zumutbaren überschreitet.“

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der Annahme gleich, die Verfassung habe den Gemeinden die Befugnis zum Rechtsmissbrauch eingeräumt, und könnte daher nicht überzeugen625. Aus der Entscheidung des BVerfG zum Privatschulrecht aus dem Jahre 1987 könnte aber noch ein weiterer Einwand gegen die hier vertretenen Annahme abgeleitet werden. Dort sei es nämlich – so wäre vorzutragen – nur darum gegangen klarzustellen, dass der Landesgesetzgeber zum Handeln verpflichtet sei, wenn „der Bestand des Ersatzschulwesens als Institution gefährdet wäre“626, im bauplanungsrechtlichen Konflikt zweier Gemeinden gehe es aber nicht um den Schutz der „Institution“ der kommunalen Selbstverwaltung insgesamt, sondern nur um den einzelner Gemeinden. Daran anknüpfend könnte argumentiert werden, da Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG die Gemeinden anerkanntermaßen nur „institutionell, nicht aber individuell“ garantiere627, sei es verfehlt, aus dieser Bestimmung eine auf eine einzelne Gemeinde bezogene Planungspflicht abzuleiten. Eine solche Argumentation griffe aber zu kurz. Denn mit dem – in der Sache zwar zutreffenden, in der Formulierung aber missverständlichen628 – Satz, dass Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG die Gemeinden „nur institutionell, nicht aber individuell“ garantiere, wird zwar zutreffend umschrieben, dass eine einzelne Gemeinde keinen (absoluten) Schutz gegen ihre Auflösung genießt. Daraus folgt aber nicht, dass sie aus dieser Verfassungsbestimmung nicht auch „individuelle“ Pflichten (und korrespondierende Rechte) ableiten kann, solange sie nicht aufgelöst ist. Das ist für den Bereich der aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG abgeleiteten Abwehrrechte einzelner Gemeinden (heute) unstreitig. Dann aber ist nicht einzusehen, warum dieses unter dem Stichwort der „subjektiven Rechtsstellungsgarantie“ anerkannte Ergebnis nur bedeuten solle, dass eine einzelne Gemeinde 625 Vgl. dazu auch BVerwG, Beschl. v. 09.10.1996 – 4 B 180/96, ZfBR 1997, 97, das herausstellt, dass die Bauleitplanung den Gemeinden als öffentliche Aufgabe im Interesse der Allgemeinheit zugewiesen ist. 626 S. BVerfG, Beschl. v. 08.04.1987 – 2 BvL 8/84, 1 BvL 16/84, BVerfGE 75, 40 (67), das dementsprechend maßgeblich auf die „generelle Hilfsbedürftigkeit privater Ersatzschulen“ abstellt (Hervorhebungen durch den Verf.); in BVerfG, Beschl. v. 09.03.1994 – 1 BvR 682, 712/88, BVerfGE 90, 107 (117), wird zwar auch ein „Schutzanspruch des einzelnen Ersatzschulträgers“ anerkannt, dieser ist indes nur „darauf gerichtet, daß der Gesetzgeber diejenigen Grenzen und Bindungen beachtet, die seinem politischen Handlungsspielraum durch die Schutz- und Förderungspflichten gesetzt sind. [. . .] Der konkrete Leistungsanspruch des einzelnen Ersatzschulträges wird durch das Gesetz bestimmt.“ 627 S. oben unter § 2 A. I. 2. a). 628 Eine einzelne Gemeinde ist zwar grundsätzlich nicht gegen ihre Auflösung gesichert, allerdings steht die Existenz der bestehenden Gemeinden auch nicht zur freien Disposition des Gesetzgebers (vgl. dazu nur Gern, Kommunalrecht BW, Rn. 26; Tettinger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck [Hrsg.], GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 232 ff.; Löwer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, Art. 28 Rn. 42); dass die Formulierung von der „nicht individuellen Garantie“ deshalb zumindest verkürzend ist, wenn die h. M. zugleich jede einzelne Kommune über die „subjektive Rechtsstellungarantie“ selbst bei ihrer Auflösung an der Verfassungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG teilhaben lässt, hat deshalb Schoch, Jura 2001, 121 (124), zurecht herausgestellt.

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Trägerin individueller Beherrschungsrechte (Planungshoheit), nicht aber auch Inhaberin individueller Ansprüche sein können soll – zumal es sich auch bei den aus den Beherrschungsrechten unstreitig abgeleiteten Abwehrrechten ebenfalls um Ansprüche (gerichtet auf Beseitigung und ggf. Unterlassen) handelt. Nach alledem ist davon auszugehen, dass eine Standortgemeinde auch aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG eine Pflicht treffen kann, von ihrer durch diese Vorschrift gewährleisteten Planungshoheit auch aktiv Gebrauch zu machen, wenn sie dadurch andernfalls drohende unzumutbare Ergebnisse für eine benachbarte Gemeinde verhindern kann. (2) Subjektiver Anspruch der Nachbargemeinde auf normative Schutzgewährung Auf dem Boden der Kombinationstheorie muss eine solche im Hinblick auf die Interessen der Nachbargemeinde begründete Schutzpflicht der Standortgemeinde – im Einklang mit den zu den grundrechtlichen Schutzpflichten anerkannten629 und insoweit auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG übertragbaren Grundsätzen630 – auch zu einem korrespondierenden Anspruch der geschützten Nachbargemeinde führen, wenn diese „ohne geeignete staatliche Maßnahmen zu [ihrem] Schutz“ in ihrer Rechtsstellung faktisch „schwer und unerträglich beeinträchtigt würde“631. Damit wird freilich der Sache nach ein Anspruch der Nachbargemeinde auf Normsetzung befürwortet. Grundsätzliche, aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung abgeleitete Bedenken haben zwar einzelne Gerichte noch bis in die späten 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts zu der Aussage bewogen, dem Einzelnen 629 S. etwa BVerfG, Beschl. v. 29.10.1987 – 2 BvR 624 u. a./83, BVerfGE 77, 170 (214 f.); dass., Beschl. v. 30.11.1988 – 1 BvR 1301/84; BVerfGE 79, 174 (201 f.); Calliess, in: Merten/Papier (Hrsg.), HGR II, § 44 Rn. 7; Kopp, NJW 1994, 1753 (1756). 630 Davon, dass Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG den Gemeinden – insoweit ähnlich wie Grundrechte – nicht nur Abwehransprüche gewährt, sondern auch Schutzpflichten und diesen korrespondierende Ansprüche begründet, geht auch Schrader, VBlBW 2007, 81 (86 ff.), zumindest im Hinblick auf den aus dem Grundrechtsbereich bekannten „Schutz durch Organisation und Verfahren“ aus; vgl. insoweit auch BVerwG, Urt. v. 16.12.1988 – 4 C 40/86, BVerwGE 81, 95 (105 ff.), das davon ausgeht, dass die „aus ihrem Selbstverwaltungsrecht herzuleitenden Rechte der Gemeinde [. . .] sich nicht allein auf die Abwehr beeinträchtigender Maßnahmen [richten], sondern [. . .] unter besonderen Voraussetzungen auch einen Anspruch auf Fortsetzung des luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahrens und dessen Abschluß durch eine Sachentscheidung umfassen“ können, was ebenfalls impliziert, dass das Gericht annimmt, Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG könne auch Grundlage von Ansprüchen auf Handlungen anderer Hoheitsträger sein. 631 So Kopp, NJW 1994, 1753 (1756), in Bezug auf grundrechtlich begründete Schutzpflichten der „öffentlichen Hand“.

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sei „in keinem Fall“ ein Anspruch auf den Erlass untergesetzlicher Normen einzuräumen632. Heute besteht aber weitgehende Einigkeit, dass auch dieser in Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG verankerte Grundsatz es nicht prinzipiell ausschließt, dass auch einzelnen Personen einen Anspruch auf den Erlass von Rechtsverordnungen oder Satzungen zustehen kann, wenn die übrigen dafür erforderlichen, sich insbesondere aus der Schutznormlehre ergebenden Voraussetzungen erfüllt sind633. Nachdem sich das noch unter der Weimarer Reichsverfassung herrschende Bild von einem weitgehend ungebundenen Gesetzgeber unter der Herrschaft des Grundgesetzes (s. Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG) als nicht mehr haltbar erwiesen hat634, hat das BVerfG selbst in Bezug auf den parlamentarischen Gesetzgeber Normerlassansprüche Einzelner für möglich erachtet635. Schon vor diesem Hintergrund wäre es wenig überzeugend, Ansprüche auf den Erlass von Rechtsnormen der Verwaltung für generell ausgeschlossen zu halten636. Der dagegen dennoch erhobene Einwand, die Annahme solcher Ansprüche müsse daran scheitern, dass die Gerichte nicht zur Rechtssetzung berechtigt seien637, überzeugt nicht, weil aus der Anerkennung eines Normsetzungsanspruchs eines Bürgers oder einer Gemeinde nicht folgt, dass nun das zur Anspruchsdurchsetzung angerufene Gericht das begehrte Recht setzen würde – dieses kann und wird vielmehr nur den beklagten Verpflichteten dazu verurteilen, dieses zu tun638. Damit findet zwar in der Tat eine richterliche Kontrolle der Rechtssetzungstätigkeit statt. Dies ist indes unter dem Grundgesetz, das die drei Gewalten zwar trennt, zu einem gewissen Grad aber – wie etwa das Phänomen des Richterrechts zeigt – auch verschränkt, nicht nur nicht zu beanstanden, sondern

632 So noch OVG Koblenz, Urt. v. 10.03.1988 – 12 A 171/87, NJW 1988, 1684, in Bezug auf eine Rechtsverordnung nach § 14 LSchlG. 633 S. etwa v. Barby, NJW 1989, 80 f.; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 21 Rn. 14; Robbers, JuS 1988, 949 (950 f.); Sodan, NVwZ 2000, 601 (602 ff.); Würtenberger, AöR 105 [1980], 370 (375 ff.); dens., Verwaltungsprozessrecht, Rn. 693 ff. „Individualansprüche auf oder beim Erlaß von Rechtsnormen“ hielt ab 1988 auch das BVerwG, Urt. v. 03.11.1988 – 7 C 115/86, BVerwGE 80, 355 (359 f.), für „nicht schlechthin undenkbar“. 634 Vgl. v. Barby, NJW 1989, 80; Westbomke, Anspruch, S. 23 ff. 635 S. etwa BVerfG, Beschl. v. 20.02.1957 – 1 BvR 441/53, BVerfGE 6, 257 (264); dass., Beschl. v. 14.05.1981 – 1 BvR 612/72, 56, 54 (70 f.), m.w. N.; näher zur Rspr. des BVerfG Erichsen, Jura 1997, 85 (88 f.); s. insoweit auch Moench, DVBl. 2005, 676 (682), der darauf hinweist, dass die vom BVerwG in der Mülheim-Kärlich-Entscheidung angesprochene „Verdichtung“ des Gestaltungsspielraums des administrativen Normsetzers keine Besonderheit des Planungsrechts sei, sondern auch den parlamentarischen Gesetzgeber treffen könne. 636 So auch Robbers, JuS 1988, 949 (951 f.); Westbomke, Anspruch, S. 28 f.; Würtenberger, AöR 105 [1980], 370 (376). 637 Vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 10.03.1988 – 12 A 171/87, NJW 1988, 1684. 638 S. Robbers, JuS 1988, 949 (952); in diese Richtung bereits Westbomke, Anspruch, S. 134 f.

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– will man nicht verfassungswidriges Unterlassen sanktionslos stellen – als sinnvoll hinzunehmen639. Trifft die Standortgemeinde mithin eine auf ergänzende Normsetzung gerichtete Schutzpflicht aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG zur Vermeidung von für die Nachbargemeinde unzumutbaren Ergebnissen, so ist der Nachbargemeinde auch ein dementsprechender Anspruch zuzusprechen. cc) Die Bedeutung des Erstplanungsanspruchs in der Vorhabenzulassung Mit diesem Zwischenbefund ist freilich noch nicht gesagt, dass der Nachbargemeinde mit dem Bestehen eines Anspruchs auf Rechtssetzung durch die Standortgemeinde geholfen ist, wenn die unzumutbaren Auswirkungen von einem nach § 34 BauGB zu beurteilenden – und nach dieser Vorschrift zuzulassenden – Bauvorhaben auszugehen drohen. „Mittelbaren“ Rechtsschutz gegen dieses Vorhaben kann die Nachbargemeinde aber in diesem Fall dadurch erreichen, dass sie „unmittelbar“ gerichtliche Hilfe zur Durchsetzung und Sicherung ihres Planungsanspruchs sucht. Wenn man mit der insoweit wohl h. M.640 davon ausgeht, dass es sich bei Streitigkeiten zur Durchsetzung eines Normerlassanspruchs um eine solche nicht-verfassungsrechtlicher Art i. S. d. § 40 VwGO handelt – wovon zumindest im Hinblick auf solche Normen auszugehen ist, die wie ein Bebauungsplan im Falle ihres Inkrafttretens unter § 47 VwGO fielen641 –, kann die Nachbargemeinde zwar wegen der auch insoweit greifenden Subsidiaritätsklausel642 keine Feststellungs-643, wohl aber eine Leistungsklage644 mit dem Antrag erheben, die 639

S. Sodan, NVwZ 2000, 601 (604); Westbomke, Anspruch, S. 27 f. S. BVerwG, Urt. v. 03.11.1988 – 7 C 115/86, BVerwGE 80, 355 (361); auch VGH Kassel, Urt. v. 07.07.1972 – IV OE 41/71, ESVGH 22, 224 f.; Sodan, NVwZ 2000, 601 (608); v. Barby, NJW 1989, 80; Robbers, JuS 1988, 949 (950); Würtenberger, AöR 105 [1980], 370 (381 f.); Westbomke, Anspruch, S. 127 f.; vgl. auch OVG Münster, Urt. v. 14.06.1994 – 15 A 2449/91, NVwZ-RR 1995, 105, das die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs erst gar nicht problematisiert. 641 An dieser Stelle gelten die oben zu einer auf die Beseitigung von Flächennutzungsplandarstellung bezogenen Leistungsklage angestellten Erwägungen entsprechend (s. dazu unter § 5 B. II. 1.). In diese Richtung auch Robbers, JuS 1988, 949 (950); Westbomke, Anspruch, S. 128. 642 S. dazu oben unter § 10 B. II. 643 Dafür aber Robbers, JuS 1988, 949 (952 f.); Sodan, NVwZ 2000, 601 (608 f.); dafür dürften auch diejenigen sein, die eine Feststellungsklage für „schonender“ für einen beklagten Normgeber erachten (s. dazu unter § 5 B. II. 2 c). 644 Für die Statthaftigkeit einer Leistungsklage bei Normerlassklagen auch VGH Kassel, Urt. v. 07.07.1972 – IV OE 41/71, ESVGH 22, 224 (225); ebenso zumindest für Fälle absoluten Unterlassens Westbomke, Anspruch, S. 133; gegen die Zulässigkeit einer Leistungsklage dagegen mit dem Argument, diese sei auf „Einzel-Rechtsakte“ der Verwaltung beschränkt, Würtenberger, AöR 105 [1980], 370 (382 ff.). 640

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Standortgemeinde dazu zu verurteilen, für das fragliche Gebiet einen ordnungsgemäß abgestimmten Bebauungsplan aufzustellen645. Besteht die Gefahr, dass die Verwirklichung dieses Rechts durch die Genehmigung des „unzumutbaren“ Vorhabens auf der „alten“ Grundlage des § 34 BauGB vereitelt würde, kann sie darüber hinaus (und ggf. bereits vor Klageerhebung) beantragen, dass das Gericht eine solche Erteilung der Baugenehmigung bis zur Entscheidung über das Bestehen des Planungsanspruchs im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO unterbindet646. Selbst wenn man dem nicht folgen und den Verwaltungsrechtsweg für eine auf den Erlass untergesetzlicher Normen gerichtete Klage wegen des Vorbehalts nicht-verfassungsrechtlicher Streitigkeiten in § 40 VwGO für nicht eröffnet halten wollte647, stünden der Nachbargemeinde entsprechende Möglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzes zur Seite. Denn die Klage auf Erlass einer untergesetzlichen Rechtsvorschrift könnte dann analog Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG i.V. m. § 95 Abs. 1 S. 1 BVerfGG648 verfolgt und vorläufiger Rechtsschutz nach § 32 BVerfGG649 beantragt werden. d) Fazit – Rechtsschutz der Nachbargemeinde bei unzumutbaren Vorhaben im Innenbereich Nach alledem ergibt sich, dass es nicht angezeigt ist, § 34 BauGB im Hinblick auf Bauvorhaben als partiell verfassungswidrig zu behandeln, die die Zulässigkeitsvoraussetzungen dieser Vorschrift erfüllen, für die Nachbargemeinde aber dennoch mit unzumutbaren Auswirkungen auf ihre städtebaulichen Belange verbunden sind. In einem solchen Ausnahmefall steht der Nachbargemeinde ein aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG abzuleitender – und deshalb auch nicht durch § 1 Abs. 3 S. 2 BauGB ausgeschlossener – Anspruch auf interkommunal abgestimmte Normsetzung gegen die Standortgemeinde zu, der auf die Verhinderung solcherart unzumutbarer Entwicklungen gerichtet ist und im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gesichert werden kann.

645 Für die Annahme eines Klageartverfahrens eigener Art („Normerlassklage“), die auf der Annahme entwickelt wurde, dass ein Normerlassanspruch „in den Formen herkömmlichen verwaltungsprozessualen Rechtsschutzes nicht durchsetzbar“ sei (so Würtenberger, AöR 105 [1980], 370 [380, 389 ff.]), besteht danach kein Bedürfnis (ebenso Sodan, NVwZ 2000, 601 [609]). 646 S. insoweit auch Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.3.d.; dens., in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (559). 647 Dafür Schenke, VerwArch. 82 (1991), 307 (347 ff.). 648 Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.3.d.; ders., in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (559). 649 Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.3.d.; ders., in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (559).

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

B. Baugenehmigungen im unbeplanten baugebietsgleichen Innenbereich (§ 34 Abs. 2 u. 3 BauGB) Das soeben behandelte Zulassungsregime für Bauvorhaben im unbeplanten Innenbereich des § 34 Abs. 1 BauGB wird durch den zweiten Absatz des § 34 BauGB i.Vm. § 9a BauGB und der BauNVO im Hinblick auf die Art der Nutzung modifiziert. Entspricht die Eigenart der in § 34 Abs. 1 BauGB für maßgeblich erklärten „näheren Umgebung“ einem der in der BauNVO bezeichneten Baugebiete, so beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der BauNVO in dem einschlägigen Baugebiet zulässig wäre. In Bezug auf dieses Kriterium ist § 34 Abs. 2 BauGB lex specialis gegenüber § 34 Abs. 1 BauGB; hinsichtlich aller übrigen der dort genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen für den unbeplanten Innenbereich bleibt es dagegen bei dem Grundtatbestand des § 34 Abs. 1 BauGB650. Vor diesem Hintergrund bleibt zu prüfen, ob sich an den Rechtsschutzmöglichkeiten der Nachbargemeinde etwas ändert, wenn die Zulässigkeit eines Vorhabens im unbeplanten Innenbereich (auch) nach § 34 Abs. 2 BauGB zu beurteilen ist. I. Abwehrrecht aus dem einfachen Gesetzesrecht Als Grundlage einfachgesetzlich begründeter Abwehrrechte kommen in nach § 34 Abs. 2 BauGB zu beurteilenden Konstellationen § 34 Abs. 3 BauGB (1.) und § 11 Abs. 3 BauNVO in Betracht (2.). 1. Abwehrrecht aus § 34 Abs. 3 BauGB Der dritte, den Schutz zentraler Versorgungsbereiche betreffende Absatz des § 34 BauGB gilt nach seinem insoweit eindeutigen Wortlaut auch für nach § 34 Abs. 2 BauGB zu beurteilende Vorhaben. Das sich daraus für Vorhaben im unbeplanten diffusen Innenbereich ergebende Abwehrrecht651, greift daher auch für Vorhaben im baugebietsgleichen Innenbereich. 2. Abwehrrecht aus § 11 Abs. 3 BauNVO Zu erwägen ist aber, ob die Nachbargemeinde nicht noch weitergehende Abwehrrechte aus der in Bezug genommenen BauNVO ableiten kann. Insoweit ist erneut an § 11 Abs. 3 BauNVO zu denken, der vorschreibt, dass Einkaufszen650 Vgl. statt aller Battis, Baurecht, S. 149; Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 7 Rn. 129 ff.; Brohm, Baurecht, § 20 Rn. 12. 651 Näher dazu unter § 14 A. I.

§ 14 Die Abwehrrechte gegen Baugenehmigungen im Einzelnen

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tren und großflächige (Einzel-)Handelsbetriebe außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig sind, wenn sie sich – wie in S. 2 beispielhaft veranschaulicht – „nicht nur unwesentlich auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung auswirken können“, was wiederum bei Einkaufszentren unwiderleglich652 und bei den anderen tatbestandlich erfassten Betrieben ab einer Geschossfläche von 1.200 m2 widerleglich vermutet wird. Vor diesem normativen Hintergrund ist zu erörtern, ob sich die Nachbargemeinde gegen ein unter § 11 Abs. 3 S. 1 BauNVO fallendes Vorhaben zur Wehr setzen kann, wenn dieses auf der Grundlage des § 34 BauGB in einer „näheren Umgebung“ zugelassen wird, die zwar einem der Baugebiete der BauNVO entspricht, es sich dabei aber gerade nicht um ein Kerngebiet653 i. S. d. § 7 BauNVO handelt. Die Nachbargemeinde kann in einem solche Fall ein subjektives Recht aus § 11 Abs. 3 BauNVO ableiten, wenn und soweit diese Vorschrift „nicht nur öffentlichen Interessen, sondern – zumindest auch – Individualinteressen derart zu dienen bestimmt ist“, dass die Nachbargemeinde als „Träger[in] der Individualinteressen die Einhaltung des Rechtssatzes [soll] verlangen können“654. a) Der Schutzgegenstand – Die „Interessen“ der Nachbargemeinde Da es sich bei der Nachbargemeinde um keine natürliche Person handelt, kommen als zu schützende Interessen nur diejenigen in Betracht, die ihr verfassungsrechtlich zugewiesen sind, hier also solche im Zusammenhang mit der durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG geschützten Planungshoheit. Von den in S. 2 des § 11 Abs. 3 BauNVO zur Erläuterung der geschützten „städtebaulichen Entwicklung und Ordnung“ genannten Schutzgegenständen müssen deshalb diejenigen ausscheiden, die keinerlei Bezug zur Planungshoheit der Gemeinden aufweisen655, wie dies etwa für das „Landschaftsbild“ oder den „Naturhaushalt“ zutrifft. Die Auswirkungen auf die „infrastrukturelle Ausstattung“, den „Verkehr“, sowie insbesondere „die Versorgung der Bevölkerung“ und die „Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche“ bezeichnen dagegen – wie auch im Rahmen des § 2 Abs. 2 BauGB anerkannt656 – Interessen, die auch einer Ge-

652

S. dazu oben bei Fn. 339 des 1. Kap. Die zweite Alternative scheidet in dieser Konstellation naturgemäß aus, da die „nähere Umgebung“ einem eigens „für“ das fragliche Bauvorhaben festgesetzten Sondergebiet nicht entsprechen kann. 654 So die Zusammenfassung der „Schutznormtheorie“ bei BVerwG, Urt. v. 17.06. 1993 – 3 C 3/89, BVerwGE 92, 313 (317); näher zur Kombinationstheorie oben unter § 2 A. I. 2. b). 655 Für eine insoweit differenzierende Betrachtung auch Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.bb. 656 Vgl. oben § 1 A. I. 1. b) bb) sowie § 1 C. V. 653

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

meinde über ihre Planungshoheit als eigener städtebaulicher Belang zugerechnet werden können. Zu erwägen ist, ob die in § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauNVO genannten Auswirkungen auf die „Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung“ auch als Interessen der Nachbargemeinde anzusehen sind. Nach dem soeben Gesagten müsste diese Bestimmung an sich sogleich als Grundlage nachbargemeindlicher Abwehrrechte ausscheiden, weil Ziele der Raumordnung solche im übergemeindlichen Interesse sind und der Planungshoheit der Nachbargemeinden damit gerade nicht zugewiesen werden657. Die oben erörterte Neuregelung des § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB könnte aber Anlass zu einer abweichenden Beurteilung insoweit geben, als der Gesetzgeber die Rechtsstellung der Nachbargemeinde zumindest im Hinblick auf den Rechtsschutz gegen Bauleitpläne, wie gezeigt, um raumordnerische Belange „anreichern“ wollte658. Diese Wertung könnte es rechtfertigen, eine Funktion, die der Nachbargemeinde im zentralörtlichen System zugewiesen wurde, auch im Rahmen des § 11 Abs. 3 BauNVO als „Interesse der Nachbargemeinde“ anzusehen659. Nun spricht freilich auch hier einiges für die Annahme, dass die durch das EAG Bau erfolgte „Ergänzung“ der interkommunalen Abstimmung tatsächlich nicht dazu geführt hat, dass die Planungshoheit der Nachbargemeinden „angereichert“, dass also der Inhalt des verfassungsrechtlichen Schutzbereichs des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG erweitert wurde, sondern nur dazu, dass der Nachbargemeinde auf der Ebene des einfachen Rechts die Möglichkeit eingeräumt wurde, einen Belag im Rahmen der Bauleitplanung zu verteidigen, der gerade nicht unter ihre Planungshoheit zu subsumieren ist660. Wenn man diese Annahme zugrunde legen will, kann man die These, dass die in § 11 Abs. 3 BauNVO angesprochene „Verwirklichung der Ziele der Raumordung“ in Teilbereichen (Funktionszuweisung) auch ein Interesse der Gemeinden bezeichnete, jdfs. nicht dadurch begründen, dass man annimmt, im Zuge der Novellierung des § 2 Abs. 2 BauGB sei die Planungshoheit der Nachbargemeinden geändert worden, sodass Art. 28 Abs. 2 GG gleichsam in seiner „neuen“ Gestalt auf § 11 Abs. 3 BauGB ausstrahle. Selbst wenn man dem folgen wollte, wäre ein diesbezügliches Abwehrrecht der Nachbargemeinde aber aus dem einfachen Recht abzuleiten. Denn wenn der Gesetzgeber im Zuge des BauGB 2004 zu verstehen gegeben hat, dass sich eine Nachbargemeinde gegen die Missachtung der ihr raumordnungsrechtlich zugewiesenen Funktionen bei der Aufstellung eines Bauleitplans soll wehren können, dann erschiene es wertungswidersprüchlich, ihr nicht auch eine Abwehr657 658 659 660

S. dazu oben unter § 1 B. I. S. dazu oben unter § 1 B. I. sowie § 2 A. II. In diesem Sinne Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.bb. S. dazu oben unter § 2 A. II.

§ 14 Die Abwehrrechte gegen Baugenehmigungen im Einzelnen

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möglichkeit gegen ein Vorhaben zuzubilligen, dessen Ansiedlung nach der Wertung des Gesetzgebers vornehmlich durch Bebauungspläne gesteuert werden soll661, bei denen dann aber auf jene Funktionen wieder Rücksicht zu nehmen wäre. Dass § 11 Abs. 3 BauNVO insoweit nicht im Zuge des EAG Bau (noch) deutlicher neugefasst wurde, steht dem nicht entgegen, weil die BauNVO ohnehin nur auf einer Ermächtigungsgrundlage des BauGB beruht (s. § 9a BauGB) und deshalb ohne weiteres im Lichte von Wertungen ausgelegt werden kann, die in diese Ermächtigungsgrundlage nachträglich Eingang gefunden haben. Gegen diese Auslegung ist freilich der Einwand zu erwarten, dass der Gesetzgeber wohl bewusst zwischen den Abwehrmöglichkeiten der Nachbargemeinden auf der Ebene der Bauleitplanung und denen auf der Stufe der Vorhabenzulassung habe differenzieren wollen. Denn dem ursprünglichen Vorschlag der Unabhängigen Expertenkommission, nicht nur § 2 Abs. 2 BauGB um eine „Raumordnungsklausel“ zu erweitern, sondern eine Parallelbestimmung auch in § 34 Abs. 3 BauGB aufzunehmen662, ist der Gesetzgeber tatsächlich nicht gefolgt, sondern hat sich dort auf den Schutz der zentralen Versorgungsbereiche beschränkt663. Auch insoweit gilt aber, dass diese Beschränkung des Gesetzgebers nur für den Fall Geltung beansprucht, dass ein Vorhaben an § 34 Abs. 2 BauGB gemessen gesetzesgemäß ist. Denn die Entscheidung, in § 34 Abs. 3 BauGB auch einen Verweis auf den zweiten Absatz des § 34 BauGB aufzunehmen, war von der Annahme motiviert, dass „auch in Gebieten nach § 34 Abs. 2 [BauGB] die Funktionsfähigkeit von zentralen Versorgungsbereichen beeinträchtigt werden [kann], ohne dass durch die entsprechende Anwendung der Baunutzungsverordnung solche negativen Auswirkungen in allen in Betracht kommenden Fällen verhindert werden kann“664. Diese Formulierung aus der Gesetzesbegründung spricht dafür, dass die Aufnahme des Bezugs auf § 34 Abs. 2 BauGB nur dazu konzipiert war, Vorhaben zu erfassen, die an der BauNVO gemessen zulässig waren. Dann aber liefe es auf reine Spekulation hinaus, dem Gesetzgeber einen Rechte ausschließenden Willen in Bezug auf eine andere Konstellation zu unterstellen, die zu erörtern er gar keinen Anlass hatte – den Fall nämlich, dass ein Vorhaben an der BauNVO gemessen unzulässig ist. Nur dieser Fall aber ist hier zu erörtern665. Angesichts der i. Ü. rechtsschutzfreundlichen Tendenz des EAG Bau im Allgemeinen und des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB im Besonderen wäre es daher nicht überzeugend, die in § 11 Abs. 3 BauNVO ge-

661

Vgl. dazu oben unter § 1 B. I. sowie § 14 A. I. 2 d). S. BMVBW (Hrsg.), Kommissionsbericht, Rn. 220. 663 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 33, 54. 664 Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 15/2250, S. 54 (Hervorhebung durch den Verf.). 665 Vgl. die entsprechenden Erwägungen zu § 34 Abs. 1 BauGB oben unter § 14 A. III. 1. 662

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

nannten raumordnerischen Belange nicht auch im Hinblick auf raumordnerische Funktionszuweisungen als Interessen der Nachbargemeinden anzusehen. b) Die begünstigten Personen – Die Interessen der „Nachbar“-Gemeinde Mit diesem Zwischenergebnis steht freilich nur fest, welche der von § 11 Abs. 3 BauNVO erfassten Belange abstrakt gesehen als „Interessen“ der Nachbargemeinde angesehen werden könne. Noch nicht geklärt ist aber, ob diese Vorschrift insoweit überhaupt auf die Belange der Nachbargemeinde abstellt, oder ob sie möglicherweise nur diejenigen der Standortgemeinde schützt. Insoweit könnte die systematische Auslegung des § 11 Abs. 3 BauNVO die Annahme nahelegen, dass allein beim Schutz der „Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche“666 auch auf die Belange der Nachbargemeinden abgestellt werden solle, da S. 2 dieser Vorschrift ausschließlich diesen Gegenstand mit der zusätzlichen Erläuterung „in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden“ versieht, Vergleichbares aber bei den übrigen der dort aufgezählten Belange unterlässt. Diese Differenzierung wäre – so könnte man fortfahren – überflüssig, wenn alle der genannten Belange ohnehin auch mit Blick auf die Nachbargemeinde geschützt werden sollten. Dieser Umkehrschluss wäre aber verfehlt, weil er der Erwähnung der „anderen Gemeinden“ eine Bedeutung beimisst, die sie nicht hat. Das BVerwG hat in der Zweibrücken-Entscheidung herausgestellt, dass die Vorschrift des § 11 Abs. 3 S. 1 BauNVO – so darf wohl ergänzt werden: insgesamt – „durch eine betont übergemeindliche Sichtweise geprägt“ sei und, „soweit es darum geht, die Auswirkungen des Vorhabens zu beurteilen, nicht an den Gemeindegrenzen Halt“ mache667. Dass diese Einschätzung zutrifft, zeigt sich nicht nur daran, dass die Vorschrift etwa in Bezug auf die Auswirkungen auf die Versorgung der Verbraucher auf den „Einzugsbereich“ des Vorhabens – und gerade nicht auf das Gebiet der Standortgemeinde – abstellt668, und auch die dort auch genannten „schädlichen Umwelteinwirkungen“ sich naturgemäß nicht an Gemeindegrenzen halten. Für jene Einschätzung spricht entscheidend auch der Umstand, dass Anlass für die erstmalige Schaffung und seitdem ständige Verschärfung des § 11 Abs. 3 BauNVO stets die Einsicht des Verordnungsgebers war, dass insbesondere Vorhaben des großflächigen Einzelhandels zu erheblichen städtebaulichen Nachteilen nicht nur in Bezug auf die Standort-, sondern gerade auch im Hinblick auf die Nachbargemeinde führen können. Deshalb stellte die BauNVO 666 So wohl auch OVG Greifswald, Beschl. v. 30.06.1999 – 3 M 144/98, DÖV 2001, 134 (135). 667 BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (36). 668 Darauf verweist auch BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (36 f.).

§ 14 Die Abwehrrechte gegen Baugenehmigungen im Einzelnen

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1968 ausdrücklich auf Einkaufszentren und Versorgungsmärkte ab, die „vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung“ dienen sollten. Diese Formulierung wurde zwar mit der BauNVO 1977 fallen gelassen, dies aber nur deshalb, weil die Schwierigkeiten, die mit Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals seit jeher verbunden waren und durch die kommunalen Neugliederungen noch verstärkt wurden, beseitigt werden sollten669, und nicht etwa deshalb, weil sich die Einschätzung des Verordnungsgebers zur ultrakommunalen Bedeutung der Betriebe geändert hätte. Angesichts dessen kommt der gesonderten Erwähnung der „anderen Gemeinden“ bei dem städtebaulichen Belang der „Entwicklung der zentralen Versorgungsbereiche“ nur eine klarstellende, aber keine ausschließende Wirkung zu. Die dort genannten Belange sind auch als solche der „Nachbar“-Gemeinde anzusehen. c) Der Schutzzweck Mit diesem Zwischenbefund steht freilich nur fest, welche Interessen der Nachbargemeinde § 11 Abs. 3 BauNVO zu dienen bestimmt ist, nicht aber, ob die Vorschrift dieser Kommune auch gerade die Befugnis einräumen will, die Einhaltung der dazu gezogenen Grenzen verlangen zu können. Die Frage wird nicht einheitlich beantwortet. Tendenziell ablehnend scheinen ihr diejenigen Kommentierungen zu § 11 Abs. 3 BauNVO gegenüberzustehen, in denen die Möglichkeit, dass diese Vorschrift Grundlage nachbargemeindlicher Abwehrrechte sein könnte, erst gar nicht erwogen wird670. Andere Vertreter aus Rechtsprechung und Literatur bejahen diese Möglichkeit dagegen ausdrücklich671, wobei dann wiederum Uneinigkeit darüber besteht, ob das so abgeleitete Recht 669 S. die Begründung der Zweiten Verordnung zur Änderung der Baunutzungsverordnung v. 31.05.1977, BR-Drs. 261/77, S. 35 ff. Näher dazu Leder, BauNVO/ PlanZV, Erl. § 11 BauNVO, Rn. 8; Knaup/Stange, BauNVO, § 11 Anm. 3 (zur BauNVO 1977); Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. V, § 11 BauNVO Rn. 11. 670 Vgl. etwa die Ausführungen zu § 11 Abs. 3 BauNVO bei Fickert/Fieseler, BauNVO, § 11 Rn. 12 ff.; Leder, BauNVO/PlanZV, Erl. § 11 BauNVO, Rn. 3 ff.; Schlez, BauNVO, § 11 Rn. 11 ff.; Müller/Neuffer/Weiss, BauNVO, § 11, S. 140 ff.; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. V, § 11 BauNVO Rn. 40 ff.; sowie zur insoweit wortgleichen BauNVO 1977 Knaup/Stange, BauNVO, § 11 S. 96 ff.; Förster, BauNVO, § 11 S. 174 ff. 671 S. VGH München, Urt. v. 14.01.1991 – 2 B 89.785, GewArch. 1991, 314 (317), zu § 11 Abs. 3 BauNVO 1977; OVG Greifswald, Beschl. v. 30.06.1999 – 3 M 144/ 98, DÖV 2001, 134 (135 f.), unter Verweis auf dass., Beschl. v. 08.04.1993 – 3 M 18/ 93, n. v.; Geiger, in: Birkl (Hrsg.), Nachbarschutz, E 91f; Ziegler, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 6, § 11 BauNVO Rn. 71a; Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.bb.; wohl auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.11.2002 – 1 ME 151/02, BRS 65 Nr. 69, S. 345 (352); ohne abschließende Stellungnahme aber tendenziell wohl auch König/ Roeser/Stock, BauNVO, § 11 Rn. 91; Rojahn, Diskussionsbeitrag bei Böttcher, in: Ja-

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

bereits dann entsteht, wenn sich die Nachbargemeinde – wie in § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauNVO objektivrechtlich für maßgeblich erklärt – „nicht nur unerheblichen“ Auswirkungen gegenübersieht672, ob die in der Intensität höhere673 – und nach h. M. traditionell für § 2 Abs. 2 BauGB geforderte – Schwelle zu den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ erreicht sein muss674 oder ob es gar zu „unzumutbaren“ Auswirkungen gekommen sein muss675. Für den gemeindenachbarschützenden Charakter des § 11 Abs. 3 BauNVO im Hinblick auf den Schutz der Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche spricht der Wortlaut der Vorschrift. Bei Vorschriften, die wie etwa § 3 Abs. 1 BImSchG oder § 31 Abs. 2 BauGB auf die Belange der „Nachbarschaft“ abheben, ist anerkannt, dass der Gesetzgeber mit einer solchen Wortwahl regelmäßig zum Ausdruck bringt, dass der damit umschriebene Kreis der Betroffenen auch die Einhaltung der zu seinem Schutze aufgestellten objektiven Verpflichtungen soll verlangen können676. Wenn nun der Verordnungsgeber in § 11 Abs. 3 BauNVO zwar nicht – wie in § 2 Abs. 2 BauGB – auf „benachbarte“, aber doch ausdrücklich auf „andere Gemeinden“ abstellt, dann ist diese Formulierung zumindest im Lichte des EAG Bau nicht anders zu bewerten. Denn auch in § 34 Abs. 3 BauGB findet sich der Ausdruck „andere Gemeinden“ und wird dort, wie gezeigt677, einhellig als grammatischer Ausdruck der gesetzgeberischen Absicht angesehen, die Nachbargemeinden zur Einhaltung der darin normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen zu befähigen. Für § 11 Abs. 3 BauNVO, der gleichfalls als eine nachbargemeindebezogene Zulässigkeitshürde fungiert, kann dann aber nichts anderes gelten. Insoweit ist allerdings eine erste Einschränkung zu machen. Die Annahme, dass einer Norm des einfachen Rechts drittschützender Charakter zugesprochen werden kann, setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass der Kreis der von ihr rass (Hrsg.), Abstimmung, 2003, S. 31 (32); sowie VG München, Urt. v. 25.09.2006 – M 8 K 06.983, n. v., juris-Tz. 54. 672 Dafür Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.bb.; OVG Greifswald, Beschl. v. 30.06.1999 – 3 M 144/98, DÖV 2001, 134 (136); im Anschluss daran wohl auch König/Roeser/Stock, BauNVO, § 11 Rn. 91 („städtebaulich erhebliche, nachteilige Auswirkungen“). 673 Vgl. erneut § 1 A. I. 1. c), und von den dort Genannten insbesondere Halama, DVBl. 2004, 79 (80). 674 So wohl VGH München, Urt. v. 14.01.1991 – 2 B 89.785, GewArch. 1991, 314 (317), zu § 11 Abs. 3 BauNVO 1977. 675 Vom VGH München, Urt. v. 14.01.1991 – 2 B 89.785, GewArch. 1991, 314 (317), zu § 11 Abs. 3 BauNVO 1977, wurde erwogen (aber offen gelassen), ob nicht weitergehend zu fordern sei, dass die Nachbargemeinde nur geltend machen könne, das fragliche Vorhaben könne „auch nicht durch Bauleitplanung zugelassen“ werden, was auf die Befürwortung einer „Unzumutbarkeitsschwelle“ hinauslaufen würde. 676 Vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 19.09.1986 – 4 C 8/84, DVBl. 1987, 476 (477), zu § 31 Abs. 2 BauGB. 677 S. dazu oben unter § 14. A. I.

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Begünstigten von dem der Allgemeinheit abgegrenzt werden kann678. Damit ist nicht gemeint, dass die Norm einen bestimmten Personenkreis räumlich, etwa durch die Bezeichnung des Gebiets, abgrenzt. Entscheidend soll vielmehr sein, dass sich „aus individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet“679. Legt man diese Anforderung auch bei der Untersuchung des § 11 Abs. 3 BauNVO zugrunde, so führt das dazu, dass die Nachbargemeinden zur Begründung eines subjektiven Rechts nicht darauf verweisen kann, dass die Auswirkungen eines Vorhabens nach dieser Vorschrift (sei es unwiderleglich, sei es widerleglich) vermutet werden, sondern dass diese Auswirkungen als tatsächlich vorhanden feststehen müssen. Denn würde man hier eine a. A. zugrunde legen, stellte sich auch an dieser Stelle wieder das Problem, dass eine sachgerechte Abgrenzung der „anderen“ Gemeinden, die noch als benachbart anzusehen sind, von denjenigen, die keinen tatsächlichen Bezug mehr zu den Auswirkungen des Vorhabens haben, nicht mehr gewährleistet werden kann680. Im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 11 Abs. 3 BauNVO kommt es auf diese Frage nicht entscheidend an, weil sich die Norm dabei mit einem Appell an die Standortgemeinde richtet und es daher nicht entscheidend ist, welche „anderen Gemeinden“ – etwa nur eine angrenzende oder auch weiter entfernt liegende – genau betroffen sein werden. Soll dieselbe Norm aber für Nachbargemeinden fruchtbar gemacht werden, ist diese Eingrenzung unverzichtbar681. Noch weniger überzeugend wäre es dann aus diesem Grunde, – wie vom OVG Lüneburg 2002 angenommen, seit 2005 freilich offen gelassen682 – auf die Erörterung etwaiger Auswirkungen eines Vorhabens gänzlich zu verzichten und allein aus dem Umstand, dass ein Vorhaben unter einen der in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Anlagentypen fällt, auf ein Abwehrrecht der Nachbargemeinde zu schließen683. Drittschützende Wirkung kann § 11 Abs. 3 BauNVO daher nur zugunsten solcher Nachbargemeinden entfalten, bei denen nicht lediglich ver678 Vgl. BVerwG, Urt. v. 19.09.1986 – 4 C 8/84, DVBl. 1987, 476 (477); OVG Greifswald, Beschl. v. 30.06.1999 – 3 M 144/98, DÖV 2001, 134 (135 f.). 679 BVerwG, Urt. v. 19.09.1986 – 4 C 8/84, DVBl. 1987, 476 (477). 680 S. dazu § 1 A. I. 1. b) aa) sowie § 1 B. II. 2. a). 681 Vgl. die entsprechenden Erwägungen unter § 1 B. II. 2. a). 682 S. dazu näher unter § 12 A. I. 5 und die dort genannten Nachweise. 683 Dass das OVG Lüneburg die Zweibrücken-Entscheidung des BVerwG missverstanden habe, wirft ihm auch Uechtritz, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 59 (66 f.), vor: Da man für den Begriff der „benachbarten“ Gemeinden in § 2 Abs. 2 BauGB auch sonst nicht auf ein räumliches Angrenzen, sondern auf die Intensität der tatsächlichen Auswirkungen abstelle, könne diese Frage auch in Konstellationen, wie sie etwa der Zweibrücken-Entscheidung zugrunde gelegen habe, nicht ohne Rücksicht auf diese Auswirkungen beantwortet werden. S. weiter Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.bb., der dem OVG vorwirft verkannt zu haben, dass selbst die – von OVG wohl zugrundegelegte – Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB das Vorliegen von Auswirkungen gewichtiger Art voraussetze.

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mutet wird, sondern feststeht, dass das fragliche Vorhaben negative Auswirkungen auf ihre Interessen haben wird. Damit ist freilich noch nicht gesagt, welcher Intensität diese Auswirkungen sein müssen, um ein Abwehrrecht der Nachbargemeinde bejahen zu können. Für die Annahme, dass „nicht nur unwesentliche Auswirkungen“ insoweit genügen müssen, spricht zunächst der Umstand, dass dann der Umfang der objektivrechtlichen Verpflichtung in § 11 Abs. 3 BauNVO mit dem der subjektivrechtlichen Berechtigung gleichliefe und insoweit eine – im Wortlaut der Vorschrift ohnehin nicht angedeutete – Differenzierung auf der subjektivrechtlichen Seite vermieden werden könnte684. Gegen diese Auslegung könnte aber die im EAG Bau zum Ausdruck gebrachten Wertungen des Gesetzgebers sprechen. Denn wenn dieser in § 34 Abs. 3 BauGB, wie gezeigt685, zum Ausdruck gebracht hat, dass die Gemeinden einen Schutz ihrer „zentralen Versorgungsbereiche“ erst bei „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ geltend machen sollen, könnte diese Neuregelung in einem der BauNVO übergeordneten und der Regelung des § 11 Abs. 3 BauNVO nachfolgenden Gesetz auch dessen Auslegung beeinflussen. Gegen diese Annahme spricht aber auch an dieser Stelle wieder der Umstand, dass der Gesetzgeber im Zuge des EAG Bau es (nur) bezweckte, die „Klagebefugnisse“ der Nachbargemeinden zu stärken686. Auf dieser Grundlage kann es kaum überzeugen anzunehmen, er habe ein vom Verordnungsgeber bereits anderweitig – und insoweit weitergehend – eingeräumtes Recht in seinem Anwendungsbereich einschränken wollen. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die so befürwortete Auslegung dazu führen würde, dass dann der Bezug in § 34 Abs. 3 BauGB auf die Fälle des § 34 Abs. 2 BauGB praktisch leerliefe und sich die Vorschrift insoweit als überflüssig erwiese, weil dort bereits auf einer niedrigeren Beeinträchtigungsschwelle das Recht der Nachbargemeinden aus § 11 Abs. 3 BauNVO griffe. Das aber ist nicht der Fall. Denn das aus dieser Vorschrift abgeleitete Recht der Nachbargemeinden kann nur dann zum Zuge kommen, wenn es sich bei dem in Streit stehenden Vorhaben um ein Einkaufszentrum oder einen der dort näher umschriebenen (Einzel-)Handelsbetrieb handelt. Auf diese Vorhaben ist der Anwendungsbereich des § 34 Abs. 3 BauGB, der schlicht auf „Vorhaben“ abstellt, aber gerade nicht beschränkt. In allen anderen Fällen, die nicht in den speziellen Anwendungsbereich des § 11 Abs. 3 BauNVO fallen, aber dennoch im baugebietsgleichen unbeplanten Innenbereich verwirklicht werden sollen, bleibt es bei den Wertungen jener Vorschrift, einschließlich der dort verankerten Krabbenkamp-Schwelle.

684 685 686

Darauf weist Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.bb., hin. Wie hier unter § 14 A. I. 2 vertreten. S. dazu unter § 1 B. und § 14 A. I.

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Außerdem erlangt § 34 Abs. 3 BauGB selbst für Vorhaben, die unter § 11 Abs. 3 BauNVO fallen, eine Bedeutung auch im Hinblick auf den Rechtsschutz der Nachbargemeinden, die es verbietet anzunehmen, jene Vorschrift werde mit der hier befürworteten Auslegung überflüssig. Aus § 11 Abs. 3 BauNVO kann die Nachbargemeinde nämlich nur dann ein Abwehrrecht ableiten, wenn ein Vorhaben zwar einerseits die dort bezeichneten Auswirkungen entfaltet, andererseits aber dennoch nicht in einem (faktischen) Kern- oder Sondergebiet verwirklicht wird. § 34 Abs. 3 BauGB geht darüber aber hinaus und spricht der Nachbargemeinde subjektive Rechte auch für den Fall zu, dass die „nähere Umgebung“ des Vorhabens einem (faktischen) Kern- oder Sondergebiet entspricht – das Vorhaben also nicht gegen § 11 Abs. 3 BauNVO verstößt –, dieses aber dennoch erhebliche Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche der Nachbargemeinde zeitigt. Insoweit geht nämlich § 34 Abs. 3 BauGB der Regelung des § 11 Abs. 3 BauNVO als Spezialgesetz vor687. Der in § 34 Abs. 3 BauGB enthaltene Verweis auf § 34 Abs. 2 BauGB wird also auch bei einer extensiven Auslegung des § 11 Abs. 3 BauNVO nicht überflüssig. d) Fazit – Der Umfang des einfachgesetzlichen Abwehrrechts aus § 11 Abs. 3 BauNVO Nach alldem ist bei dem sich aus dem Wortlaut der Norm ergebenden und der Wertung des EAG Bau entsprechenden Ergebnis zu bleiben. Das Abwehrrecht der Nachbargemeinde aus § 11 Abs. 3 BauNVO entsteht, wenn ein Vorhaben auf der Grundlage des § 34 BauGB in einer „näheren Umgebung“ zugelassen wird, die zwar einem der Baugebiete der BauNVO entspricht, es sich dabei aber gerade nicht um ein Kerngebiet i. S. d. § 7 BauNVO handelt, und das Vorhaben – tatsächlich und nicht lediglich vermutet – „nicht nur unwesentliche“ Auswirkungen auf die von dieser Vorschrift erfassten Belange der Nachbargemeinde entfaltet. II. Abwehrrecht aus Verfassungsrecht (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) Da für die – zu verneinende – Möglichkeit, ein Abwehrrecht durch eine Analogie zu § 2 Abs. 2 BauGB im baugebietsgleichen unbeplanten Innenbereich zu begründen, nichts anderes gelten kann als im diffusen688, bleibt nur zu erörtern, ob der Nachbargemeinde auch in dieser Konstellation unmittelbar aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG abgeleitete Abwehrrechte zur Seite stehen können.

687 Ebenso Uechtritz, DVBl. 2006, 799 (897 mit Fn. 54); Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.3.a. 688 S. dazu unter § 14 A. II.

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Im Grundsatz kann auch insoweit auf die oben zu § 34 Abs. 1 BauGB gemachten Ausführungen verwiesen werden689. Ist ein nach § 34 Abs. 1 i.V. m. Abs. 2 BauGB zu beurteilendes Vorhaben an den sich daraus ergebenden Zulässigkeitsvoraussetzungen gemessen gesetzesgemäß, kommt auch bei noch so gewichtigen Auswirkungen auf die Belange der Nachbargemeinde kein aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG begründetes Abwehrrecht in Betracht. Der insofern allein in Betracht kommende Ausnahmefall einer „gesetzmäßigen aber unzumutbaren Baugenehmigung“ wäre auch an dieser Stelle wieder über die Annahme eines Anspruchs der Nachbargemeinde auf Bauleitplanung durch die Standortgemeinde zu behandeln690. Anders liegt der Fall, wenn die fragliche Baugenehmigung unter Verstoß gegen Abs. 1 oder Abs. 2 BauGB erteilt wurde und das genehmigte Vorhaben „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ im o. g. Sinne691 auf die Nachbargemeinde zu entfalten droht. Eine solche Baugenehmigung stellt einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde dar, bei dem auch hier kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass der Gesetzgeber den Rückgriff auf die normexterne Anwendung des Art. 28 Abs. 2 GG ausschließen wollte692.

C. Baugenehmigungen für nicht-privilegierte Vorhaben im Außenbereich (§ 35 Abs. 2 u. 3 BauGB) Abwehrrechte der Nachbargemeinde gegen ein nicht-privilegiertes Vorhaben im Außenbereich hat das BVerwG, wie gezeigt693, in der Zweibrücken-Entscheidung anerkannt. Knapp zusammengefasst argumentierte das Gericht dabei in vier Schritten: Wenn – erstens – ein Vorhaben i. S. d. § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauNVO vorliege, indiziere dies – zweitens – einen „qualifizierten Abstimmungsbedarf“ i. S. des (nach der h. M. ausgelegten) § 2 Abs. 2 BauGB. Ein „qualifizierter Abstimmungsbedarf“ wiederum indiziere – drittens – das Vorliegen eines Planungsbedürfnisses i. S. d. § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB. Beeinträchtige ein Vorhaben ein „solchermaßen“694, also auf dem Weg über § 2 Abs. 2 BauGB begründetes Planungserfordernis, verletze der Verstoß gegen § 35 Abs. 2 u. 3 BauGB schließlich – viertens – die Nachbargemeinde in ihren Rechten. Diese

689 690 691 692 693 694

S. dazu unter § 14 A. III. S. dazu unter § 14 A. III. 2. Vgl. oben unter § 14 A. I. 2. d). S. dazu unter § 14 A. III. 1. Näher dazu und zum Folgenden oben unter § 12 A. I. 4. BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (33).

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Entscheidung überzeugt im Ergebnis, auch wenn sie in der Begründung zu Fragen Anlass gibt. I. Das „Planungsbedürfnis“ als „öffentlicher Belang“ Überzeugend ist die an den Anfang seiner Ausführungen gestellte Erwägung des BVerwG, dass ein Vorhaben wegen seiner Auswirkungen einen Koordinierungsbedarf auslösen kann, dem im Rahmen eines Wenn-Dann-Programms wie dem des § 35 Abs. 2 u. 3 BauGB nicht mehr zufriedenstellend Rechnung getragen werden kann695. Will man den Anwendungsbereich der §§ 34 f. BauGB nicht gänzlich marginalisieren, überzeugt es ebenfalls, einen solchen Bedarf einerseits nicht schon bei jeder Auswirkung anzunehmen, die den Sprung über die Geringfügigkeitsschwelle hin zur Abwägungserheblichkeit schafft, sondern davon erst bei schwerwiegenderen Auswirkungen auszugehen696. Verfehlt wäre es andererseits, die fragliche Schwelle erst bei „unzumutbaren“ Auswirkungen anzunehmen697. Denn ist diese Grenze erreicht, könnte ein Vorhaben auch durch eine Bebauungsplanung nicht mehr abwägungsfehlerfrei zugelassen werden. An dieser Stelle geht es aber nur darum, die Grenze zu bestimmten, ab der eine konditional strukturierte Vorschrift wie die des § 35 BauGB, die keinen Raum für eine Abwägungsentscheidung eröffnet, nicht mehr zur Konfliktbewältigung geeignet ist. Es geht also nicht (allein) um Fälle, in denen nicht mehr geplant werden kann, sondern (bereits) um solche, in denen überhaupt erst einmal geplant werden soll. Die Schwelle dazu ist nicht erst und nur bei unzumutbaren, sondern 695 Zumindest insoweit ist das BVerwG denn auch in der Literatur auf weitgehende Zustimmung gestoßen, vgl. etwa Moench, DVBl. 2005, 676 (679 f.); Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.1.a.; Schoch, JK 7/03, BauGB § 35/2; Stüer, DVBl. 2006, 403 (406); Wurzel/Probst, DVBl. 2003, 197 (198); Rojahn, in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Einzelhandel und Windkraftanlagen, S. 147 (148 f.); Krausnick, VerwArch. 96 [2005], 191 (206); und jdfs. grds. sowie für den vom BVerwG konkret entschiedenen Fall Jochum, BauR 2003, 31 (34 ff.). Es hat seine diesbezüglichen Ausführungen denn auch erneut bestätigt, s. BVerwG, Beschl. v. 11.08.2004 – 4 B 55/04, BauR 2005, 832. 696 Ebenso Halama, DVBl. 2004, 79 (82); Krausnick, VerwArch. 96 [2005], 191 (207 mit Fn. 110). 697 Diese Unzumutbarkeitsschwelle hält aber das OVG Magdeburg, Beschl. v. 05.07.2004 – 2 M 867/03, n. v., juris-Tz. 16 f., für den Rechtsschutz der Nachbargemeinden für maßgeblich, und stützt sich dazu – obwohl seine Entscheidung nach den Zweibrücken-Urteil des BVerwG erging – auf vor diesem Urteil veröffentlichte Beiträge aus der baurechtlichen Literatur (nämlich auf Wagner, ZfBR 2001, 21 [22], und Uechtritz, BauR 1999, 572 [575]). Das überzeugt nicht nur aus den im Text genannten Gründen nicht, sondern auch deshalb, weil namentlich Uechtritz seinen 1999 formulierten Ansatz später im Hinblick auf die Ausführungen des BVerwG aus dem Zweibrücken-Urteil zum Planungserfordernis nicht weiterverfolgt hat (vgl. dens., NVwZ 2003, 176 ff.).

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schon und auch bei gewichtigen Auswirkungen erreicht, die zwar § 35 BauGB überfordern, im Rahmen einer planerischen Abwägung aber je nach Fallgestaltung möglicherweise noch „wegabgewogen“ werden können698. Dieser erhöhte Beeinträchtigungsgrad kann – was nicht zwingend, aber auch nicht schädlich ist – schlagwortartig mit der Krabbenkamp-Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ bezeichnet werden. Die Heranziehung dieser ungeschriebenen Kurzformel darf freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die entscheidende Frage in jedem Fall diejenige bleiben muss, ob die hinter ihr stehenden Wertungen greifen, ob mithin § 35 BauGB noch zur Lösung des konkreten Konflikts geeignet ist oder nicht. II. Die Subjektivierung eines „öffentlichen Belangs“? Fragwürdig ist es allerdings, ob es überzeugt, den so verstandenen öffentlichen Belang des Planungserfordernisses durch einen Hinweis auf § 2 Abs. 2 BauGB subjektivrechtlich „aufzuladen“. Dem BVerwG kann zwar nicht vorgeworfen werden, an dieser Stelle – wie es dies der Sache nach in den „Weichenstellungsfällen“ praktiziert699 – § 2 Abs. 2 BauGB im Rahmen der §§ 29 ff. BauGB analog anzuwenden. Denn diejenige Vorschrift, die hier als missachtet und als Grundlage einer „Rechtsverletzung“ angesehen wurde, ist nicht § 2 Abs. 2 BauGB, sondern § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB mit seinem (unbebannten) öffentlichen Belang700. Dennoch muss das Gericht das zumindest befremdlich wirkende Ergebnis hinnehmen, dass ausgerechnet ein „öffentlicher (!) Belang“ zum Ansatzpunkt für ein subjektives Recht gemacht wird701. Dass das BVerwG – worauf später von einem Richter des insoweit federführenden 4. Senats hingewiesen wurde702 – diesen Schritt bereits früher einmal gegangen ist, indem es den gleichfalls „öffentlichen“ Belang der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ aus § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BauGB über den Rückgriff auf den damit in Bezug genommenen § 3 Abs. 1 BImSchG („Nachbarschaft“) subjektiviert hatte703, verleiht dieser Argumentation nicht unbedingt eine größere Überzeugungskraft. Denn auch diese Auslegung mag bei 698

Im Ergebnis wie hier Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.1.a. S. dazu näher unter § 12 A. II. 700 S. dazu näher unter § 12 A. II. mit Nachweisen zu dem hier zugrunde gelegten und dem gegenteiligen Verständnis. 701 Befremden insoweit wohl auch bei Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.1.a.: „Gemeindenachbarschutz kann vielmehr nur dadurch erreicht werden, dass man die Vorschrift des § 35 Abs. 2–3 BauGB entgegen ihrem in eine andere Richtung deutenden Wortlaut teilweise subjektiviert, [. . .].“ (Hervorhebung durch den Verf.). 702 Nämlich von Rojahn, Diskussionsbeitrag bei Böttcher, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 31 (32). 703 Vgl. BVerwG, Urt. v. 25.02.1977 – 4 C 22/75, BVerwGE 52, 122 (127 ff.). 699

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ergebnisorientierter Betrachtung verständlich sein, räumt aber nicht die Zweifel aus, ob es überzeugt, bei der auf dem Boden der Kombinationstheorie durchzuführenden Frage nach dem Schutzzweck einer Norm ihren Wortlaut ausgerechnet in den (seltenen) Fällen zu ignorieren, in denen er einmal in eine bestimmte Richtung – hier nämlich gegen die Annahme einfachgesetzlicher Subjektivierungen – weist. Diese Frage drängt sich umso mehr auf, als das vom BVerwG offenbar gewünschte und mit seinem „Griff in die juristische ,Trickkiste‘“704 erzielte Ergebnis auch auf eine andere aber überzeugendere Weise zu begründen gewesen wäre. Erkennt man an, dass es sich bei dem Planungserfordernis um eine allein objektivrechtliche Zulassungsvoraussetzung handelt, kann eine unter Verstoß hiergegen erteilte Baugenehmigung nämlich auch an dieser Stelle wieder als – sogleich nicht gerechtfertigter – Eingriff in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG aufgefasst werden. Denn wenn ein „Planungsbedürfnis“ i. S. d. § 35 Abs. 3 BauGB per definitionem erst bei „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ entsteht, ist auch an dieser Stelle die Schwelle zum Eingriff überschritten, die der Gesetzgeber für den Innenbereich gezogen hat und bei der – wie der Sache nach auch das BVerwG annimmt – kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass er sie im Außenbereich auf eine andere (niedrigere oder höhere) Stufe legen wollte. Als „verletztes Recht“ kann dann aber auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG abgestellt werden, ohne dass der vor dem Hintergrund der Wortlautauslegung wenig überzeugende Rückgriff auf § 2 Abs. 2 BauGB als Subjektivierungswerkzeug durchgeführt werden müsste. Gegen diesen Lösungsweg kann auch nicht vorgebracht werden, es bedürfe des § 2 Abs. 2 BauGB in Außenbereichsfällen ohnehin, weil nicht nur die Subjektivierung der Zulassungsvoraussetzung „Planungserfordernis“, sondern bereits die objektivrechtliche Begründung dieses Erfordernisses von der Feststellung abhängig sei, dass ein „qualifizierter Abstimmungsbedarf“ i. S. d. § 2 Abs. 2 BauGB bestehe. Dieser Einwand ginge fehl, weil die Prüfung, ob ein Planungserfordernis besteht oder nicht, nicht auf die Zwischenfeststellung angewiesen ist, ob (zugleich) eine für § 2 Abs. 2 BauGB für maßgeblich gehaltene Schwelle erreicht wird – ob in der Terminologie der h. M. also ein „qualifizierter Abstimmungsbedarf“ besteht – oder nicht. Das wurde nicht nur oben im Zusammenhang mit dem Mülheim-Kärlich-Urteil gezeigt705, sondern tritt auch in der Argumentation des BVerwG im Zweibrückenurteil besonders augenfällig zum Vorschein. Von den vier oben skizzierten Schritten, die das Gericht in seiner Begründung gegangen ist, bedurfte es nämlich zum Beleg der Tatsache, 704 Kuschnerus, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 1 (14); gegen diese Formulierung wandte sich freilich das Mitglied des für die Zweibrücken-Entscheidung verantwortlichen 4. Senats des BVerwG Rojahn, Diskussionsbeitrag bei Böttcher, in: Jarass (Hrsg.), a. a. O., S. 31. 705 Vgl. oben unter § 14 A. III. 2. a).

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dass in casu ein Planungserfordernis bestand, allein des ersten und des dritten Schrittes – nicht aber des zweiten. Denn die für diesen Nachweis entscheidende Überlegung war der vom Gericht aus § 11 Abs. 3 BauNVO gezogene ErstRecht-Schluss: „Wenn Einkaufszentren und sonstige großflächige Handelsbetriebe [scil.: i. S. d. § 11 Abs. 3 BauNVO] wegen der mit ihnen verbundenen nachteiligen Wirkungen ohne spezielle Planung [scil.: für ein Sonder- oder Kerngebiet] nicht einmal in den Gebieten verwirklicht werden dürfen, die für sie an sich nach der Gebietstypologie der [BauNVO] bestimmt sind, so scheidet auch der Außenbereich als geeigneter Standort von vornherein aus“706. Hier zeigt sich, dass das Gericht allein aus dem Umstand, dass das fragliche Vorhaben – erstens – unter § 11 Abs. 3 BauNVO zu subsumieren war, sogleich – zweitens – darauf geschlossen hat, dass das objektive Tatbestandsmerkmal „Planungsbedürfnis“ bestand. Der in der Begründung eingebaute „Zwischenschritt“ über § 2 Abs. 2 BauGB war also bei Lichte betrachtet nicht mehr dazu notwendig, das Vorliegen dieser objektiven Zulassungsvoraussetzung zu begründen, sondern diente allein dazu, einen Begründungsansatz zu finden, der es erlauben würde, diese Vorschrift zu „subjektivieren“. Somit zeigt sich, dass es der Heranziehung des § 2 Abs. 2 BauGB weder in objektivrechtlicher noch in subjektivrechtlicher Hinsicht bedurft hätte, um das vom BVerwG gewünschte Ergebnis zu erzielen. Dann aber besteht kein Grund, dem Wortlaut des § 35 Abs. 3 BauGB nicht Rechnung zu tragen und auf diesen Kunstgriff zu verzichten. Da der Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB in seinem unmittelbaren Einsatzfeld darüber hinaus richtigerweise ohnehin nicht erst bei „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“, sondern bereits beim Überschreiten der Geringfügigkeitsschwelle eröffnet ist707, spricht gegen seine Heranziehung im Rahmen des § 35 BauGB auch (neben seiner systematischen Stellung) der Umstand, dass nur auf dem Weg über Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG das „merkwürdige Ergebnis“ vermieden werden kann, dass „dieselben Tatbestandsmerkmale einer Norm je nach Bezugsrichtung unterschiedliche Bedeutungsgehalte“708 aufweisen. Denn auf dem Boden der Rechtsprechung müsste man annehmen, dass § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB in den Bereichen, in denen er „mittelbar“ als „Indiziengeber“ zur Anwendung kommen soll, auf eine andere Beeinträchtigungsschwelle abstellt als in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich.

706

BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (34 f.). Näher dazu oben unter § 1 A. II. 708 Entsprechende Einwände erhebt in anderem Zusammenhang auch Bender, in: Driehaus/Birk (Hrsg.), Weyreuther-FS, S. 125 (127), der bemängelt, dass die von der h. M. zu § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB vertretene Auslegung, wonach diese Vorschrift nicht nur die Planungspflicht, sondern auch die Planungsbefugnis der Nachbargemeinde regele, dazu führe, dass das Tatbestandsmerkmal „erforderlich“ je nach Bezugspunkt unterschiedlich interpretiert werden müsse. Kritisch insoweit auch Rinsdorf, Flächennutzungsplan, S. 49 f. 707

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III. „Unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ bei Vorhaben i. S. d. § 11 Abs. 3 BauNVO? Zweifelsfragen wirft die Lösung des BVerwG auch im Hinblick auf die Ableitung des Planungserfordernisses aus § 11 Abs. 3 BauNVO auf. Denn wenn das Gericht in der Zweibrücken-Entscheidung einerseits betonte, dass mit den „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ ein intensiverer Beeinträchtigungsgrad bezeichnet werde, als es mit den „mehr als geringfügigen“ Auswirkungen bei § 1 Abs. 7 BauGB der Fall sei, muss es sich fragen lassen, ob es dann konsequent war, andererseits aus dem Umstand, dass ein Vorhaben die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 BauGB erfüllt, zu folgern, es löse „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ aus709. Der Sache nach scheint damit nämlich argumentiert zu werden, dass ein Vorhaben, das – wie es § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauNVO formuliert – „nicht nur unwesentliche Auswirkungen“ auf die städtebauliche Entwicklung haben könne, ein solches sei, dass „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf die städtebaulichen Belange der Nachbargemeinde entfalte710. Das scheint zumindest auf den ersten Blick widersprüchlich zu sein, weil mit beiden Begriffen ein unterschiedlicher Beeinträchtigungsgrad bezeichnet wird711. Es bestehen zwei Möglichkeiten, wie dieser – vom BVerwG nicht weiter erläuterte – Widerspruch aufzulösen ist. Zum einen ist es denkbar, dass das Gericht davon ausging, dass nicht jedes unter § 11 Abs. 3 BauNVO fallende Vorhaben „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ entfalte und einen Planungsbedarf nur annehmen wollte, wo sich das im konkreten Fall als gegeben erweist. Das BVerwG hat zwar formuliert: „Insbesondere aus § 11 Abs. 3 BauNVO ist zu entnehmen, dass eine Abstimmung nach § 2 Abs. 2 BauGB hier unumgänglich ist“712. Dennoch kann das Urteil so verstanden werden, dass nicht gleichsam automatisch aus dem Umstand, dass ein Vorhaben unter § 11 Abs. 3 BauNVO zu subsumieren ist, auf „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ zu schließen sein soll. Es kann diesen Umstand auch nur als Indiz, als „Anfangsverdacht“ für dieses Ergebnis betrachtet haben, den es durch eine konkrete Einzelfallbetrachtung bestätigte.

709

Vgl. BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (33, 35). So verstehen das BVerwG etwa Schmitz/Federwisch, Einzelhandel, Rn. 253, die unter Bezug auf diese Entscheidung der Ansicht sind, dass es sich bei den „in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BauNVO genannten Auswirkungen [. . .] um [. . .] unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ handle, ohne die Frage auch nur aufzuwerfen, wie das mit der Definition jener Tatbestandsmerkmale und dem traditionell betonten Unterschied zwischen der Schwelle der Krabbenkamp-Formel und derjenigen zur Abwägungserheblichkeit nach § 1 Abs. 7 BauGB zu vereinbaren sein soll. 711 Vgl. erneut § 1 A. I. 1. c), und von den dort Genannten insbesondere Halama, DVBl. 2004, 79 (80), sowie Krausnick, VerwArch. 96 [2005], 191 (202): „Das BVerwG hält sich an dieser Stelle der Entscheidung nicht an seine eigenen Maßstäbe.“ 712 BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (35). 710

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Denn im sich anschließenden Text formuliert es, dass diese Bestimmung Ausdruck der Erkenntnis sei, dass großflächige Einzelhandelsbetriebe „regelmäßig“ oder „typischerweise“ dazu geeignet seien, Nachbargemeinden in so gewichtiger Weise zu beeinträchtigen, dass sie ohne förmliche Planung nicht mehr sachgerecht zugelassen werden könnten713. Formulierungen dieser Art mögen die Vermutung nahelegen, dass es auch nach Ansicht des BVerwG Fälle geben kann, in denen unter § 11 Abs. 3 BauNVO fallende Vorhaben ein solches Beeinträchtigungspotenzial nicht aufweisen, also Auswirkungen entfalten, die auf der Ebene des „nicht nur unwesentlich“ verharren ohne die der „unmittelbaren Gewichtigkeit“ zu erreichen714. Zwingend ist dieses Verständnis des Urteils freilich nicht. So hat das Gericht darin gleichzeitig herausgestellt, dass es sich bei dem in casu beanstandeten Vorhaben um ein Einkaufszentrum i. S. d. § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauNVO handle, bei dem der Normgeber (unwiderleglich), davon ausgehe, dass sich die in § 11 Abs. 3 S. 2 BauNVO bezeichneten Auswirkungen generell nicht ausschließen ließen, sodass sich eine „Einzelfallprüfung erübrigt“715. Diese Ausführungen des Gerichts sprechen wieder dafür, dass es bereit ist, schon aus dem Umstand, dass das Gesetz bei Einkaufszentren (unwiderleglich) das Vorliegen „nicht nur unwesentlicher“ Auswirkungen vermutet, zu schließen, diese entfalteten deshalb sogleich „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf die Nachbargemeinden und verhülfen ihnen dadurch zu Abwehrrechten. Die oben 713

Vgl. BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (35). So wurde das Urteil wohl von auch von Uechtritz, NVwZ 2003, 176 (178), verstanden, der warnte, dass dieses „Anlass zu Missverständnissen“ geben könne, weil der „Umstand, dass es sich um Auswirkungen eines [scil.: unter § 11 Abs. 3 BauNVO fallenden Factory-Outlet-Centers] handelt, [. . .] diese nicht automatisch ,gewichtig‘ [scil.: i. S. d. Krabbenkamp-Formel]“ mache; in dieselbe Richtung ders., in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 59 [66 f.], und ders., ZfIR 2005, 878 f., der a. a. O. jeweils zutreffend darauf hinweist, dass insoweit zu differenzieren ist, weil die „Auswirkungen“ eines solchen Vorhaben sich auf verschiedene als „benachbart“ in Betracht kommende Kommunen sehr unterschiedlich auswirken können, sodass die pauschale Behauptung, ein Vorhaben i. S. d. § 11 Abs. 3 BauNVO habe „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ ohnehin nicht überzeugen könnte: auf die Klagebefugnis könne nicht vom Anlagentyp, sondern von vorhandenen Auswirkungen geschlossen werden; ebenso wohl Nickel/Kopf, UPR 2003, 22 (24), u. Reidt, UPR 2005, 241 (242), der davon ausgeht, dass Vorhaben i. S. d. § 11 Abs. 3 BauNVO nur „in aller Regel“ eine Abstimmungsbedürftigkeit auslösen; davon ging wohl schließlich auch das OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 – 1 ME 172/05, ZfBR 2006, 168 (169, 172), aus, wenn es dort „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ verneinte und dennoch offen ließ, ob das fragliche Vorhaben unter § 11 Abs. 3 BauNVO zu subsumieren war; würde aber jedes darunter fallende Vorhaben diese „Auswirkungen“ auslösen, hätte es die Frage nicht offen lassen können; Krausnick, VerwArch. 96 [2005], 191 (202), geht zwar davon aus, dass das BVerwG an dieserr Stelle inkonsequent argumentiert hat, plädiert im Ergebnis aber ebenfalls für ein solches Verständnis. 715 S. BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (35 f.); u. ebenso Rojahn, in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Einzelhandel und Windkraftanlagen, S. 147 (152). 714

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zitierten Ausdrücke „regelmäßig“ und „typischerweise“ dürften dann lediglich als Hinweis darauf anzusehen sein, dass die in § 11 Abs. 3 S. 3 BauGB aufgestellten Vermutungen für das Vorliegen „nicht nur unwesentlicher Auswirkungen“ im Einzelfall widerleglich sind. Trifft dieses Verständnis zu, so bleibt freilich der o. g. Widerspruch bestehen. Hier könnte der Eindruck entstehen, dass das Gericht diesen Widerspruch auch tatsächlich gesehen und schlicht ignoriert hat, um das gewünschte Ergebnis – die Möglichkeit der Subjektivierung des § 35 BauGB über einen Verweis auf § 2 Abs. 2 BauGB – nicht zu gefährden. Dafür spricht folgende Erwägung. Der entscheidende Schritt zur Begründung des Planungserfordernisses als objektivrechtliche Tatbestandsvoraussetzung in § 35 BauGB war, wie oben gezeigt, der aus § 11 Abs. 3 BauNVO gezogene Erst-Recht-Schluss: Wenn die unter § 11 Abs. 3 BauNVO fallenden Vorhaben schon nicht (bspw.) in einem festgesetzten Mischgebiet verwirklicht werden sollen, dann solle das erst recht nicht im gänzlich unbeplanten Außenbereich geschehen. Dieser Schluss ist überzeugend, er gilt aber eben schon dann, wenn die in § 11 Abs. 3 BauNVO aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind, d.h. bereits dann, wenn „nicht nur unwesentliche Auswirkungen“ (u. a.) auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung auftreten können. Hätte das BVerwG nur zu entscheiden gehabt, ob das fragliche Vorhaben auf der Grundlage des § 35 BauGB genehmigt werden konnte, hätte es diese Frage bereits mit dem Hinweis aus dem aus § 11 Abs. 3 BauNVO gezogenen Erst-Recht-Schluss verneinen können. Die – zusätzliche – Behauptung, dass ein unter § 11 Abs. 3 BauNVO fallendes Vorhaben auch „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ entfalte, musste es nur deshalb aufstellen, weil es glaubte, auf § 2 Abs. 2 BauGB zurückgreifen zu müssen, um der Nachbargemeinde zu einem Abwehrrecht verhelfen zu können, und diese Vorschrift nach seiner st. Rspr. nun einmal mit dem Begriff der „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ verbunden ist. Um § 2 Abs. 2 BauGB für diese Operation an Bord holen zu können, musste das Gericht also schlicht den Umstand ignorieren, dass § 11 Abs. 3 BauNVO eine niedrigere Beeinträchtigungsschwelle nennt, als § 2 Abs. 2 BauGB sie nach seiner Rechtsprechung fordert. Konsequenter wäre es daher gewesen, wie folgt zu argumentieren. Um ein Planungsbedürfnis i. S. d. § 35 Abs. 3 BauGB zu begründen, muss grundsätzlich geprüft werden, ob ein Vorhaben so gewichtige Auswirkungen mit sich bringt, dass ein planerischer Ausgleich gefordert ist. Diese Prüfung untersucht also § 35 BauGB auf seine Tauglichkeit, den in Rede stehenden Konflikt zu lösen – und diese Eignung wird ihm man grundsätzlich erst bei „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ absprechen können. Von diesem Grundsatz macht aber § 11 Abs. 3 BauNVO eine Ausnahme. Da der Gesetzgeber die dort genannten besonderen Vorhaben bereits bei einer niedrigeren Beeinträchtigungsschwelle in bestimmte Plangebiete verweist, ist daraus zu folgern, dass sie erst recht nicht in einem gänzlich unbeplanten Gebiet verwirklicht werden können. Hier wird

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das Bestehen des Planungserfordernisses also nicht durch eine Prüfung des § 35 BauGB, sondern durch die Beachtung der Wertung des insoweit spezialgesetzlichen § 11 Abs. 3 BauNVO begründet. Akzeptiert man diesen Befund, ist der Rechtsprechung freilich der Boden für die Konstruktion entzogen, § 2 Abs. 2 BauGB als „Subjektivierungsmittel“ heranzuziehen, weil der Anwendungsbereich dieser Vorschrift nach ihrer – wie gezeigt, freilich ohnehin unzutreffenden716 – Auffassung erst bei „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ eröffnet ist. Darin dürfte der Grund für die Inkaufnahme des im Krabbenkamp-Urteil durchscheinenden Widerspruchs zu sehen sein. Dieser Widerspruch muss aber nicht hingenommen werden, wenn man der hier vertretenen Auffassung folgt, dass die Rechtsverletzung der Nachbargemeinde bei einem Verstoß gegen ein rein objektivrechtlich verstandenes Planungsbedürfnis aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG abzuleiten ist. Hier ist nur zu klären, unter welchen Voraussetzungen eine Baugenehmigung, die im Widerspruch zu einem aus § 11 Abs. 3 BauNVO abgeleiteten Planungserfordernis erteilt wurde, einen Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde darstellt. Dazu ist zunächst klarzustellen, dass dies jedenfalls nur dann der Fall sein kann, wenn die in Rede stehenden Voraussetzungen nicht lediglich „vermutete“, sondern objektiv feststehende Beeinträchtigungen der Belange der Nachbargemeinde darstellen. Denn insoweit gilt auch an dieser Stelle wieder der schon in anderem Zusammenhang erhobene Einwand, dass andernfalls nicht feststünde, welche „andere Gemeinde“ überhaupt als klagebefugte „Nachbargemeinde“ angesehen werden soll717. Will man also nicht – kaum überzeugend – annehmen, dass der Gesetzgeber „kommunale Popularklagen“ einführen wollte, ist auch bei Anerkennung eines über eine lex specialis eingeführten (zunächst nur objektivrechtlich erheblichen) „vermuteten Planungserfordernisses“ für die (subjektivrechtlich relevante) Klagebefugnis der Nachbargemeinde zu fordern, dass feststeht, dass das fragliche Vorhaben auf sie tatsächliche konkrete negative Auswirkungen entfaltet. Noch nicht geklärt ist damit, welchen Beeinträchtigungsgrad sie erreichen müssen. Hier kommt zum einen die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannte Schwelle „nicht nur unerheblicher Auswirkungen“ in Betracht. Für diese Lösung spräche ein Gleichlauf zwischen der Schwelle, die objektiv ein Planungserfordernis auslöst, und derjenigen für die korrespondiere subjektivrechtliche Berechtigung. Vertretbar wäre es freilich auch, einen Eingriff erst beim Erreichen „unmittelbarer Auswirkungen gewichtiger Art“ anzunehmen und auf diese Weise die Rechtsschutzmöglichkeiten der Nachbargemeinden bei „Planungserfordernissen“ in allen Konstellationen gleich behandeln zu können. Für die 716

S. dazu näher unter § 1 A. II. Ebenso Uechtritz, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 59 (66 f.), und ders., ZfIR 2005, 878 f., wie soeben in Fn. 714 zitiert. 717

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erste Lösung spricht indes ein Vergleich mit der Rechtslage zum unbeplanten Innenbereich. Entspricht dort die „nähere Umgebung“ einem Baugebiet aus dem Katalog der BauNVO, so hat sich gezeigt, dass die Nachbargemeinde ein Abwehrrecht gegen ein unter § 11 Abs. 3 BauNVO fallendes Vorhaben ab der Schwelle der „Nicht-Unwesentlichkeit“ hat, wenn dieses außerhalb eines faktischen Kern- oder Sondergebietes verwirklicht werden soll, dagegen erst ab der Schwelle der „unmittelbaren Gewichtigkeit“, wenn dieses innerhalb eines solchen Gebiets geplant ist718. Da es in dem hier erörterten Fällen des Außenbereichs ebenfalls um Fälle geht, in denen der Standort des Vorhabens außerhalb eines solchen Gebietes liegt, erscheint es systemgerecht anzunehmen, dass der Gesetzgeber die Grenze zum Eingriff für diesen auf den großflächigen Einzelhandel bezogenen Sonderfall bereits mit der in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Schwelle ziehen wollte. IV. Abwehrrechte nur bei zuvor erfolgter Weichenstellung? Eine letzte Frage, die das BVerwG in seiner Zweibrücken-Entscheidung offen gelassen hat, ist die nach der Bedeutung einer „Weichenstellung“ für das von ihm dort anerkannte Abwehrrecht der Nachbargemeinden. In dem zugrundeliegenden Sachverhalt war insofern eine „Weichenstellung“ gegeben, als die Standortgemeinde zuvor einen vorhabenveranlassten Bebauungsplan aufgestellt hatte, der wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 BauGB unwirksam war. Das Gericht hat aber nicht klar ausgesprochen, ob erst dieser Umstand, dass sich die Standortgemeinde „vorwerfbar“ verhalten hat, die Subjektivierung des § 35 BauGB erlauben sollte. Für die Annahme, dass das BVerwG der „Weichenstellung“ eine maßgeblich Bedeutung zugesprochen hat719, könnte der Umstand sprechen, dass das Gericht im Zweibrücken-Urteil bei seinem Ausführungen zur „Berührung des Rechtskreises“ der Nachbargemeinde auf die für diese Figur wegweisende Entscheidung aus dem Jahre 1989720 verwiesen hat721. Gegen diese Annahme dürfte allerdings zum einen sprechen, dass das Gericht das Bild von der „Weichenstellung“ in seiner Entscheidung nicht ausdrücklich aufgegriffen hat. Zum anderen gilt es zu bedenken, dass die Figur von der „Weichenstellung“ bislang nur für Fälle herangezogen wurde, in denen ein Abwehrrecht der Nachbargemeinden aus § 2 Abs. 2 BauGB hergeleitet werden sollte, weil die Vorschriften der §§ 29 ff. BauGB dazu keinen Ansatzpunkt boten. In der Zweibrücken-Entschei718

Vgl. § 14 B. I. 1 gegenüber 2. So wird die Zweibrücken-Entscheidung wohl von Rojahn, Diskussionsbeitrag bei Böttcher, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 31, verstanden. 720 BVerwG, Urt. v. 15.12.1989 – 4 C 36/86, BVerwGE 84, 209 ff.; s. dazu oben unter § 12 A. I. 1. 721 Vgl. BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (33). 719

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dung wird das subjektive Recht der Nachbargemeinden dagegen gerade aus § 35 BauGB selbst abgeleitet. Letztlich kann der Entscheidung insoweit keine eindeutige Stellungnahme entnommen werden. Sollte das Gericht auch in diesem Fällen nur dann ein Abwehrrecht der Nachbargemeinde anerkennen wollen, wenn die Standortgemeinde zuvor einen „Planungsversuch“ durch die Aufstellung eines (nicht abgestimmten und deshalb unwirksamen) Bebauungsplans unternommen hat, müsste das nicht nur wertungswidersprüchlich anmuten722. Dieser Auffassung wäre auf jeden Fall schon aus den o. g. Gründen nicht zu folgen, weil die Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Standortgemeinde für den Rechtsschutz der Nachbargemeinde auch insoweit schlicht ohne Belang ist. V. Befriedigung des Planungsbedürfnisses durch abgestimmte, aber dennoch unwirksame Bebauungspläne? Das BVerwG hatte keinen Anlass, sich mit der weiteren Frage zu befassen, ob die Standortgemeinde gleichsam die „Weichen“ in andere Richtung stellen kann. Fraglich ist nämlich, wie der Fall zu beurteilen ist, wenn die Standortgemeinde einen Bebauungsplan aufstellt, der zwar dem interkommunalen Abstimmungsgebot aus § 2 Abs. 2 BauGB gerecht wird – dann aber aus anderen Gründen unwirksam ist. Liegt das Vorhaben im Außenbereich, beurteilt sich seine Rechtmäßigkeit auch in diesem Fall objektiv nach § 35 BauGB und es stellt sich die Frage, ob der Nachbargemeinde in diesem Fall Abwehrrechte zustehen können. Ob die Rechtsprechung auf der Grundlage der von ihr gewählten Lösung ein Abwehrrecht der Nachbargemeinde bejahen würde, erscheint fraglich. Denn wenn zur Subjektivierung des § 35 Abs. 3 BauGB maßgeblich auf den über § 2 Abs. 2 BauGB begründeten Abstimmungsbedarf abgestellt wird, könnte man sich auf den Standpunkt stellen, das daraus resultierende Koordinierungsbedürfnis sei befriedigt, wenn der Plan dem interkommunalen Abstimmungsgebot entsprochen habe und sich nur aus anderen Gründen als unwirksam erweise723. 722 Vgl. Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.1.b., der herausstellt, dass das Verhalten der Standortgemeinde, die eine Baugenehmigung trotz Planungsbedürfnisses ohne einen Planungsversuch sogleich nach § 35 BauGB erteilt bzw. ihr Einvernehmen dazu erteilt, ohnehin noch problematischer ist als dort, wo sie – wie im ZweibrückenFall – „wenigstens den Versuch unternahm, einem vorhandenen Planungsbedürfnis durch Erlass eines Bebauungsplans Rechnung zu tragen und hierbei lediglich die nach § 2 Abs. 2 BauGB gebotene Abstimmung versäumte“; tendenziell auch Rojahn, in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Einzelhandel und Windkraftanlagen, S. 147 (154 f.). 723 In diesem Sinne versteht Uechtritz, NVwZ 2003, 176 (178) die Rspr.: „Die Subjektivierung des öffentlichen Belangs ,Planungsbedürfnis‘ i. S. des § 35 III BauGB steht und fällt mit der Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebots nach § 2 II BauGB“; ebenso VG Neustadt (Weinstraße), Beschl. v. 07.11.2003 – 4 L 1925/

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Überzeugender dürfte es freilich sein, bereits auf dem Boden der Rechtsprechung anzunehmen, dass einem über § 2 Abs. 2 BauGB begründeten Planungsbedürfnis nur durch eine wirksame Bauleitplanung Rechnung getragen werden kann, weil die in dieser Vorschrift angeordnete Abstimmung keine formlose, sondern eine in einem förmlichen Bauleitplanverfahren durchzuführende ist724. So hat denn bereits das BVerwG formuliert, dass § 11 Abs. 3 BauNVO Ausdruck der Erkenntnis sei, dass u. a. Einkaufszentren regelmäßig dazu geeignet seien, Nachbargemeinden in so gewichtiger Weise zu beeinträchtigen, dass sie „ohne eine förmliche Planung“725, die dem Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB gerecht werde, nicht zugelassen werden dürften. Das ist auch überzeugend, weil nicht einzusehen ist, wie dem interkommunalen Abstimmungsgebot Rechnung getragen werden können soll, solange das Ergebnis der dadurch geforderten Abwägung in keiner Weise verkörpert ist726. Folgt man der hier vertretenen Auffassung, wonach das Abwehrrecht der Nachbargemeinde aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG abzuleiten ist, ist ein Abwehrrecht in jedem Fall im Ergebnis mit der zuletzt genannten Auffassung zu bejahen. Dass die Baugenehmigung in der hier erörterten Konstellation objektiv rechtswidrig ist, dürfte außer Streit stehen. Besteht ein Planungsbedürfnis, bedeutet das nach den grundlegenden Ausführungen des BVerwG, dass das fragliche Vorhaben gerade nicht auf der Grundlage des § 35 BauGB, sondern nur auf der Grundlage eines Bebauungsplans zugelassen werden kann. Wie das Ge03.NW, n. v., juris.-Tz. 46; u. OVG Weimar, Beschl. v. 20.12.2004 – 1 EO 1077/04, NJOZ 2005, 3895 (3909 f.), für den vergleichbaren Fall, dass die Standortgemeinde im Geltungsbereich eines alten Bebauungsplans einen neuen vorhabenveranlassten aufstellt, der zwar nicht wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 BauGB, aber aus anderen Gründen unwirksam ist; für diese Konstellation ebenso VG Augsburg, Beschl. v. 21.05. 2004 – Au 8 S 04.403, n. v., juris-Tz. 41; VG Sigmaringen, Beschl. v. 09.11.2006 – 9 K 876/06, n. v., juris-Tz. 21. 724 So Schmitz/Federwisch, Einzelhandel, Rn. 448 f.; Rojahn, in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Einzelhandel und Windkraftanlagen, S. 147 (155); Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.1.c. – Ders., verweist a. a. O. weiter daraufhin, dass in dieser Situation auch eine „Weichenstellung“ vorliege, da die Standortgemeinde auch mit einem aus anderen Gründen als § 2 Abs. 2 BauGB rechtswidrigen Plan die „Weichen in Richtung Zulassung“ gestellt habe. Eine „Weichenstellung“ wie sie die Rspr. für maßgeblich erachtet, dürfte darin allerdings nicht liegen, da dieses Verhalten der Standortgemeinde nicht „vorwerfbar“ ist, weil es nicht unter „Missachtung“ des § 2 Abs. 2 BauGB geschehen ist (eine „Weichenstellung“ durch einen abgestimmten aber aus anderen Gründen unwirksamen Plan lehnt denn auch OVG Weimar, Beschl. v. 20.12.2004 – 1 EO 1077/04, NJOZ 2005, 3895 [3909 f.], ab). Hinzu kommt, dass es auf das Bild der „Weichenstellung“, wie im Text gezeigt, wohl ohnehin nur in den Fällen ankommen dürfte, in denen eine Analogie zu § 2 Abs. 2 BauGB begründet werden soll, nicht aber in denen es – wie hier – um eine Auslegung des einfachen Rechts geht. 725 BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (35), Hervorhebung durch den Verf. 726 So zutreffend Schmitz/Federwisch, Einzelhandel, Rn. 449.

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richt zu den unter § 11 Abs. 3 BauNVO fallenden Vorhaben zusammengefasst hat, scheidet hier „der Außenbereich als geeigneter Standort von vornherein aus“727. Die Frage kann also nur sein, ob die Nachbargemeinde durch diesen Gesetzesverstoß in ihren Rechten verletzt wird. Zieht man dazu aber nicht den „im Lichte“ des § 2 Abs. 2 BauGB ausgelegten § 35 BauGB, sondern Art. 28 Abs. 2 GG heran, so stellt die Baugenehmigung wegen der unverändert fortbestehenden „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ nach wie vor einen Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde dar, der durch einen – aus welchem Grunde auch immer – unwirksamen Bebauungsplan nicht gerechtfertigt werden kann, weil Art. 28 Abs. 2 GG – wie oben gezeigt728 – nur insgesamt rechtmäßige Eingriffe duldet. VI. Fazit – Die Abwehrrechte der Nachbargemeinde gegen nicht-privilegierte Vorhaben im Außenbereich Damit sind die grundlegenden Maßstäbe zum Rechtsschutz der Nachbargemeinden gegen nicht-privilegierte Vorhaben im Außenbereich entwickelt, die es erlauben, den Kreis zu schließen und auch die Konstellation zu beurteilen, die dem grundlegenden Schlachthoffall des BVerwG aus dem Jahre 1989 zugrunde lag729. Wird ein nicht-privilegiertes Vorhaben im Außenbereich der Standortgemeinde genehmigt, das – wie dort – „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf die Nachbargemeinde entfaltet, bedeutet das, dass ein objektives Planungserfordernis besteht, das nicht nur zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung (§ 35 Abs. 3 S. 1 BauGB), sondern auch zur Rechtsverletzung auf Seiten der Nachbargemeinde führt (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG). Ob das Vorhaben daneben auch noch an dem öffentlichen Belang des Widerspruchs zu den Darstellungen eines (alten) Flächennutzungsplans scheitert oder die Standortgemeinde „die Weichen in Richtung Zulassung“ durch die Aufstellung eines neuen Flächennutzungs- oder Bebauungsplans gestellt hat, ist für die Rechtsschutzmöglichkeiten der Nachbargemeinde ebenso unerheblich, wie der Grund für die Unwirksamkeit dieses Plans. Diese Grundsätze erfahren nur in dem Sonderfall eine Modifizierung, in dem das genehmigte Vorhaben die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 BauNVO erfüllt. Hier besteht ein Abwehrrecht der Nachbargemeinde – parallel zur Rechtslage im unbeplanten Innenbereich – bereits dann, wenn dieses Vorhaben „nicht nur unwesentliche Auswirkungen“ auf die städtebaulichen Belange der Nachbargemeinde entfaltet. 727

BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (34 f.). Dazu näher unter § 13 B. 729 Vgl. erneut BVerwG, Urt. v. 15.12.1989 – 4 C 36/86, BVerwGE 84, 209 ff., und dazu oben unter § 12 A. I. 1. 728

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D. Baugenehmigungen für privilegierte Vorhaben im Außenbereich (§ 35 Abs. 1 u. 3 BauGB) Die bisherige Betrachtung beschränkte sich auf die Verwirklichung nicht-privilegierter und deshalb nach § 35 Abs. 2 u. 3 BauGB zu beurteilender Vorhaben im Außenbereich. Zu prüfen bleibt daher, ob der Nachbargemeinde auch gegen ein privilegiertes Vorhaben i. S. d. § 35 Abs. 1 BauGB Abwehrrechte zustehen können730. Zumindest der im Zweibrücken-Urteil gewiesene Weg dürfte in diesem Fall grundsätzlich nicht gangbar sein. Denn da der Gesetzgeber mit der Privilegierungsentscheidung in § 35 Abs. 3 BauGB die dort genannten Vorhaben bewusst in den Außenbereich verwiesen hat, dürfte – von besonders gelagerten Ausnahmefällen abgesehen – kaum widerspruchsfrei behauptet werden können, für diese Vorhaben bestünde das Erfordernis nach der Aufstellung eines Bebauungsplans, also eine Verweisung in den Planbereich des § 30 BauGB731. Es sind denn auch keine Entscheidungen ersichtlich, in denen die Rechtsprechung ein privilegiertes Vorhaben bisher auf ein „Entgegenstehen“ zu einem öffentlichen Belang des Planungserfordernisses hin untersucht, geschweige denn, es daran hätte scheitern lassen732. In Erwägung zu ziehen ist daher allenfalls, ob ein Abwehrrecht dann in Betracht kommt, wenn eine Baugenehmigung für ein privilegiertes Vorhaben im Außenbereich erteilt wird, dem ein anderer öffentlichen Belang i. S. d. § 35 Abs. 1 BauGB „entgegensteht“ und das deshalb (ausnahmsweise) rechtswidrig 730 Abl. jdfs. bei einer einzelnen raumbedeutsamen Windenergieanlage OVG Lüneburg, Urt. v. 29.04.2004 – 1 LB 28/04, BauR 2004, 1579 (1582); für eine „Häufung von Windenergieanlagen“ offen gelassen (aber in casu abgelehnt) von BVerwG, Beschl. v. 11.08.2004 – 4 B 55/04, BauR 2005, 832 f.; wohl für denkbar gehalten (aber gleichfalls in casu verneint) bei OVG Magdeburg, Beschl. v. 05.07.2004 – 2 M 867/03 (n. v.), juris-Tz. 13 ff. 731 Skeptisch auch Kuschnerus, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 31 (35), der es für „kaum denkbar“ hielt, das für privilegierte Außenbereichsvorhaben ein förmliches Planungserfordernis bestehen könne; ähnlich Wurzel/Probst, DVBl. 2003, 197 (199 Fn. 11, 201); so bereits zur Rechtslage vor dem Zweibrücken-Urteil Fackler, Individualanspruch, S. 42, der sich dagegen aussprach, ein durch die Notwendigkeit der Außenkoordination begründetes Planungserfordernis als öffentlichen Belang anzuerkennen, der privilegierten Vorhaben entgegenstehen könne (dies allerdings in Bezug auf die Notwendigkeit einer Binnenkoordination bejahte). 732 S. Wurzel/Probst, DVBl. 2003, 197 (199 Fn. 11, 201): „[N]ach bisheriger Rspr. stellt das Planerfordernis bei Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB – aufgrund der legislativen Zuweisung in den Außenbereich – keinen entgegenstehenden ,öffentlichen Belang‘ dar.“ In Bezug auf ein durch ein Bedürfnis nach Binnenkoordination ausgelöstes Planungserfordernis wurde das vom BVerwG sogar bereits ausdrücklich abgelehnt, vgl. BVerwG, Urt. v. 19.12.1985 – 7 C 65/82, BVerwGE 72, 300 (326); Fackler, Individualanspruch, S. 40.

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ist. Ein subjektives Recht der Nachbargemeinde könnte hier begründet werden, wenn auch eine solche Baugenehmigung bei hinreichend gewichtigen Auswirkungen als Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde angesehen werden kann und der Gesetzgeber den diesbezüglichen Rückgriff auf Verfassungsrecht nicht ausschließen wollte. Diese Annahme ist aber in dieser Konstellation anders als in den zuvor erörterten nicht begründet. Die oben befürwortete Zuerkennung des Abwehrrechts der Nachbargemeinden beruhte auf der Annahme, dass auch der Gesetzgeber davon ausgehe, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens ab einer bestimmten Beeinträchtigungsintensität nicht mehr in einem Konditionalprogramm getroffen werden solle, wie es dem § 34 Abs. 1 u. 2 BauGB aber auch dem § 35 Abs. 2 u. 3 BauGB zugrunde liegt. Diese Grundeinschätzung kommt in § 34 Abs. 3 BauGB deutlich zum Ausdruck und kann aufgrund der Generalklausel des § 35 Abs. 3 BauGB systemgerecht auch für nicht-privilegierte Vorhaben zur Anwendung gebracht werden. In § 34 Abs. 3 BauGB hat der Gesetzgeber zugleich zum Ausdruck gebracht, dass die Nachbargemeinde berechtigt sein solle, das „Umschlagen“ von einem zum anderen Entscheidungsprogramm geltend zu machen. An dieser Stelle zeigt sich aber wieder die schon oben in anderem Zusammenhang erörterte, unterschiedliche Funktionsweise des ersten und zweiten Absatzes des § 35 BauGB733. Besteht – insbesondere wegen der Auswirkungen auf die Nachbargemeinde – ein „Planungserfordernis“, so führt dies bei nicht-privilegierten Vorhaben grundsätzlich ohne weiteres zur Unzulässigkeit des Vorhabens im unbeplanten Außenbereich. Bei privilegierten ist das indes nicht der Fall, weil die fraglichen öffentlichen Belange dem Vorhaben hier „entgegenstehen“ müssen. Hier ist das Vorhaben also trotz eines objektiv bestehenden Planungserfordernisses grundsätzlich auf der Grundlage des § 35 Abs. 1 BauGB zuzulassen. Wenn aber oben angenommen wurde, dass der Gesetzgeber verfassungsrechtliche Abwehrrechte in den Fällen nicht ausschließen wollte, in denen die gewichtigen Auswirkungen eines Vorhabens den „Umschlag“ von einem Konditional- hin zu einem Finalprogramm bewirkten, dann fehlt es im Bereich des § 35 Abs. 1 BauGB an dem Ansatzpunkt für eine vergleichbare Annahme. Denn hier bewirkt ein Planungsbedürfnis einen solchen Umschlag grundsätzlich gerade nicht. Das gilt auch dann, wenn eine nach § 35 Abs. 1 BauGB erteilte Baugenehmigung wegen Verstoßes gegen einen anderen öffentlichen Belang rechtswidrig ist. Erweist es sich etwa, dass einem privilegierten Vorhaben ausnahmsweise „die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen“ entgegensteht (s. § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 8 BauGB), so kann die Zulässigkeit dieses Vorhabens möglicherweise dadurch herbeigeführt werden, dass bspw. der geplante Baukörper

733

S. näher dazu unter § 8 C. I. (dort insbesondere unter 3.).

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geändert wird. Wo das gelingt, ist das Vorhaben zulässig, ohne dass deswegen ein etwa gleichzeitig bestehendes Planungserfordernis zur Unzulässigkeit aus einem anderen Grunde führen würde. Hieran zeigt sich, dass der Umschlagsmechanismus, der in den oben erörterten Fällen die Annahme erlaubte, der Gesetzgeber schließe verfassungsrechtliche Rechte nicht aus, bei § 35 Abs. 1 BauGB erst gar nicht vorgesehen ist. Dann aber dürfte die These, der Gesetzgeber habe den Nachbargemeinden dennoch ein Abwehrrecht gegen rechtswidrige Baugenehmigungen einräumen wollen, mit der vorhabenbegünstigenden Tendenz des § 35 Abs. 1 BauGB nicht zu vereinbaren sein. Ein Abwehrrecht der Nachbargemeinde kommt daher nur in dem – vom Gesetzgeber nicht mehr ausschließbaren aber in der Praxis wohl i. a. R. theoretischen – Fall in Betracht, dass ein im Außenbereich verwirklichtes Vorhaben die Nachbargemeinde in unzumutbarer Weise beeinträchtigt. In diesem extremen Ausnahmefall dürfte freilich bereits das „Entgegenstehen“ des öffentlichen Belangs des „Planungserfordernisses“ nicht mehr verneint werden können734, sodass auch die Rechtsprechung zu einem Abwehrrecht auf der Grundlage ihrer (einfachgesetzlichen) Lösung kommen müsste735.

E. Baugenehmigungen im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans (§ 30 Abs. 1 BauGB) Wird eine Baugenehmigung im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans gem. § 30 Abs. 1 BauGB erteilt, so sind bei der Frage nach etwaigen Abwehrrechten der Nachbargemeinde verschiedene Konstellationen gesondert zu betrachten. Dabei kann in einem ersten Schritt danach unterschieden werden, ob die fragliche Genehmigung auf der Grundlage eines wirksamen (I.), auf derjenigen eines unwirksamen und erstmalig aufgestellten (II.), oder aber auf derjenigen eines unwirksam geänderten Bebauungsplans erteilt wird (III.). I. Baugenehmigung im Bereich eines wirksamen Bebauungsplans Ist der fragliche Bebauungsplan wirksam und widerspricht das Vorhaben diesen Festsetzungen nicht, so scheiden Abwehrrechte der Nachbargemeinde von 734 So implizit wohl auch Schenke, in: Volkmann (Hrsg.), Frotscher-FS, S. 549 (554 f.). 735 Etwas großzügiger wohl Moench, DVBl. 2005, 676 (680), der davon ausgeht, dass auch einem privilegierten Vorhaben ein Planungserfordernis „ausnahmsweise“ entgegenstehen könne, wobei dieses Bedürfnis aber „gewichtiger“ sein müsse als im Fall der nichtprivilegierten Vorhaben; ähnl. Rojahn, in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Einzelhandel und Windkraftanlagen, S. 147 (149), der dies für „Einzelfälle“ für denkbar erachtet.

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vornherein aus, weil es dann weder auf der Ebene des einfachen noch der des Verfassungsrechts zu einer Verletzung der Rechte der Nachbargemeinde kommen kann736. Die Frage nach etwaigen Abwehrrechten der Nachbargemeinde kann sich daher von vornherein nur für den Fall stellen, dass das Vorhaben diesen Festsetzungen widerspricht. Insoweit sind Abwehrrechte aus § 11 Abs. 3 BauNVO (1.), aus den Festsetzungen des Bebauungsplans selbst (2.), aus § 15 BauNVO (3.) und im Zusammenhang mit § 31 BauGB zu erörtern (4.). 1. Abwehrrechte aus § 11 Abs. 3 BauNVO Handelt es sich bei dem Vorhaben um ein Einkaufszentrum oder einen großflächigen (Einzel-)Handelsbetrieb i. S. d. § 11 Abs. 3 BauNVO und wird dieses entgegen dessen Vorgabe in einem anderen als einem Kern- oder Sondergebiet genehmigt, so entfaltet § 11 Abs. 3 BauNVO auch in dieser Konstellation im oben erörterten Umfang Drittschutz zugunsten der Nachbargemeinde737. Wird 736 Die im Bereich der §§ 34 f. BauGB erörterte Konstellation, wie mit Baugenehmigungen zu verfahren ist, die den Vorgaben des einfachen Gesetzes entsprechen, für die Nachbargemeinde aber dennoch unzumutbare Ergebnisse zeitigt, kann sich in Bezug auf die hier (unter I.) erörterte Fallgruppe des „wirksamen Bebauungsplans“ so nicht stellen, weil ein Plan, der im Ergebnis „unzumutbare Vorhaben“ zulassen würde, jdfs. i. a. R. wegen eines (vielleicht über geraume Zeit nicht erkannten, aber seit jeher bestehenden) Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB als von Anfang an nichtig anzusehen sein wird. Das Gericht hätte daher in diesem Fall weiter zu prüfen, ob das Vorhaben ohne diesen Plan nach § 34 BauGB oder § 35 BauGB zu beurteilen und auf der Grundlage dieser Vorschriften zuzulassen ist. Die weitere Behandlung richtet sich dann nach den zu diesen Vorschriften entwickelten Maßstäben (s. dazu § 14 A.–D.). Selbst wenn man davon ausgehen will, dass ein solcher Plan ausnahmsweise noch nicht von Anfang an rechtswidrig war, und sich etwa erst infolge der tatsächlichen Entwicklung seit seinem Erlass Konstellationen ergeben haben, infolge derer er erst nachträglich zur Zulassungsgrundlage für unzumutbare Ergebnisse geworden ist, müsste man zumindest annehmen, dass die Standortgemeinde dann die Pflicht trifft, ihren Bebauungsplan in angemessener Zeit (teilweise) aufzuheben, und bei einem Verstoß gegen diese Pflicht von der Rechtswidrigkeit des aufzuhebenden Plans ausgehen (s. Schenke, in: Volkmann [Hrsg.], Frotscher-FS [noch n. v.], S. 549 [555], dort auch zur weiteren Möglichkeit, eine solcherart begründete Unwirksamkeit eines Bebauungsplans im – dann nicht antragsfristgebundenen – Normenkontrollverfahren nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüfen zu lassen), wenn man hier nicht ohnehin schon von einem durch diese Entwicklung ipso iure (und fristunabhängig) bewirkten Außerkrafttreten des Bebauungsplans ausgehen will (vgl. Baumeister, Rechtswidrigwerden von Normen, S. 255 f., 169 ff., 358 ff., insb. S. 369: „Im Ergebnis kann festgehalten werden, daß ein Bebauungsplan [bzw. eine einzelne Festsetzung] rechtswidrig wird, wenn das Abwägungsergebnis nicht mehr den Anforderungen des § 1 BauGB genügt, [. . .]. Die betreffende Festsetzung ist im Zeitpunkt des Widerspruchs zum ,Abwägungsgebot‘ als nichtig anzusehen.“ [Dort freilich im Hinblick auf Art. 14 GG; da der Bebauungsplan aber auch eine Konturierung der Planungshoheit bewirkt, kann insoweit m. E. nach dem oben zu den Anforderungen an Konturierungsgesetze Gesagten {s. dazu § 13 A. III.} nichts anderes gelten]; s. insoweit auch dens., GewArch. 1996, 318 [323 ff.]; Fackler, Individualanspruch, S. 139). 737 Näher oben unter § 14 B. I. 2.

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dagegen ein solches Vorhaben zwar in einem Kern- oder Sondergebiet verwirklicht oder aber fällt das fragliche Vorhaben von vornherein erst gar nicht in den Anwendungsbereich des § 11 Abs. 3 BauNVO und verstößt es gegen (sonstige) Festsetzungen des Bebauungsplans, so können nur andere Vorschriften daraufhin untersucht werden, ob sie den Nachbargemeinden Abwehrrechte vermitteln können. 2. Abwehrrechte aus den Festsetzungen des Bebauungsplans? Insoweit kommen zunächst die Festsetzungen des Bebauungsplans selbst in Betracht. Festsetzungen über die „Art“ der Nutzungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V. m. §§ 1 ff. BauNVO werden zwar grundsätzlich als kraft Bundesrechts drittschützend angesehen, doch dies gilt nur in Bezug auf die dem Plan unterworfenen und durch ihn gleichsam zu einer „Schicksalsgemeinschaft“ verbundenen Personen738. Die Nachbargemeinde, die an diesem „Austauschverhältnis“ nicht teilhat, sondern von dem Plan „nur“ mittelbar (faktisch) betroffen ist, kann deshalb bei einem Verstoß gegen Festsetzungen zur Nutzungsart aus diesen Festsetzungen selbst keine Abwehrrechte „kraft Bundesrechts“ ableiten739. Soweit eine Festsetzung – wie dies bei solchen über das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise oder die überbaubaren Grundstücksflächen weitgehend auch in Bezug auf die Planunterworfenen angenommen wird – nicht „generell“ nachbarschützend ist, kann freilich die Auslegung des Bebauungsplans ergeben, dass sie es im Einzelfall gerade bezweckt, eine für die Umgebung verträgliche Nutzung zu gewährleisten und deshalb auch (bestimmte) Nachbarn zu schützen beabsichtigt740. Es ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Standortgemeinde einen Bebauungsplan aufstellt und dabei einzelne Festsetzungen (etwa zu Sortimentsbeschränkungen741) aufnimmt, die (auch) dem Schutz

738 Näher m.w. N. Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 18 Rn. 43; Dürr, Baurecht BW, Rn. 260, 269; ders., JuS 2007, 431 (434); Finkelnburg/Ortloff, Baurecht, Bd. II, S. 274 f.; Peine, Baurecht, Rn. 856; Brohm, Baurecht, § 19 Rn. 18. 739 Ebenso OVG Weimar, Beschl. v. 20.12.2004 – 1 EO 1077/04, NJOZ 2005, 3895 (3910); VG Hannover, Beschl. v. 18.08.2005 – 4 B 4371/05, NVwZ-RR 2006, 16 (18); s. auch die (einen gemeindenachbarschützenden Charakter ablehnenden) Ausführungen zu § 4 BauNVO bei Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.cc. 740 S. VGH Mannheim, Beschl. v. 01.10.1999 – 5 S 2014/99, NVwZ-RR 2000, 348; Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 18 Rn. 42, 47; Dürr, Baurecht BW, Rn. 272; Finkelnburg/Ortloff, Baurecht, Bd. II, S. 276 f.; Peine, Baurecht, Rn. 855, 857; ebenso VGH München, Beschl. v. 25.08.1997 – 2 ZB 87.00681, NVwZ-RR 1999, 226 ff. zur drittschützenden Wirkung von Festsetzungen zur Nutzungsart in Bezug auf nicht planunterworfene Grundstückseigentümer. 741 Wie von Uechtritz, BauR 1999, 572 (587 Fn. 107), als denkbarem Fall angeführt.

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der Nachbargemeinde dienen sollen742. Ob das der Fall ist, kann nur die Auslegung im konkreten Einzelfall beantworten, es wird sich dabei aber um seltene Ausnahmefälle handeln743. 3. Abwehrrechte nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO? Vereinzelt wird erwogen, Abwehrrechte der Nachbargemeinde im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans aus § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO abzuleiten744. Für das Verhältnis benachbarter Grundstückseigentümer entspricht es st. Rspr., dass § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO eine „partiell drittschützende Wirkung“ zukommt. Nach dieser Vorschrift sind Vorhaben, welche die Voraussetzungen der §§ 2–14 BauNVO erfüllen, „im Einzelfall“ auch dann unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets „im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung“ unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden. Die Rechtsprechung sieht diese Regelung als Ausprägung des von ihr entwickelten baurechtlichen Rücksichtnahmegebots an, das (ausnahmsweise) dann drittschützende Wirkung entfalten soll, wenn zu der objektiven Rücksichtnahmepflicht „besondere“, diese Pflicht „qualifizierende und damit zugleich individualisierende Umstände“ hinzutreten, die den dann Rücksichtnahmeberechtigten aus dem Kreis der „nicht weiter personifizierbaren“ Allgemeinheit treten lassen745. 742 Das wird etwa von OVG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 19.02.1997 – 3 B 137/96, NVwZ-RR 1998, 484 (485), und implizit wohl auch bei Stüer, NVwZ 2004, 814 (818 f.), für möglich gehalten. 743 Ähnliche Einschätzungen bei Reidt, LKV 1994, 93 (96): „scheiden regelmäßig aus“; Uechtritz, BauR 1999, 572 (587 Fn. 107): „Ausnahmefälle“; dems., NVwZ 2003, 176 (179 Fn. 32). 744 So VG Sigmaringen, Beschl. v. 09.11.2006 – 9 K 876/06, n. v., juris-Tz. 2, 14 ff., das freilich vorsichtig formuliert: „Sofern in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden [scil.: in der ein nicht unter § 11 Abs. 3 BauNVO fallender Lebensmitteldiscounter in einem festgesetzten Gewerbegebiet genehmigt wurde] letztlich § 15 BauNVO als geeignetes, die örtlichen Verhältnisse berücksichtigendes Rechtsinstrument gesehen wird, um eine mit der städtebaulichen Entwicklung nicht zu vereinbarende Agglomeration zu vermeiden [. . .], kann vom Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen nicht ausgegangen werden.“ Das Gericht sah sich zu dieser gleichsam hypothetischen Prüfung offenbar durch die dort (Tz. 14) in Bezug genommene Entscheidung des VGH Mannheim, Urt. v. 22.09.2005 – 3 S 1061/04, VBlBW 2006, 66 f., veranlasst, in der ebenfalls auf § 15 BauNVO abgestellt wurde. Der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt betraf aber ohnehin keinen interkommunalen Konfliktfall, sondern eine Klage auf Erteilung eines Bauvorbescheids; die Erörterung des § 15 BauNVO wies dort denn auch keinerlei Bezug zu einer Nachbargemeinde auf. 745 Grundlegend BVerwG, Urt. v. 25.02.1977 – IV C 22/75, BVerwGE 52, 122 (128 f.); s. ferner dass., Urt. v. 06.10.1989 – 4 C 14/87, BVerwGE 82, 343 (347); Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 29 BauGB Rn. 75 ff. i.V. m.

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Diese für das Verhältnis benachbarter Grundstückseigentümer entwickelten Grundsätze auf das interkommunale Verhältnis zu übertragen, erscheint aber fragwürdig. § 15 BauNVO nimmt anders als § 11 BauNVO gerade nicht auf „andere Gemeinden“ Bezug, sondern erinnert mit seinem Blick auf „das Baugebiet oder dessen Umgebung“ vielmehr an die auch § 34 Abs. 1 BauGB zugrundeliegende Sichtweise, bei der „Fernwirkungen“ eines Vorhabens, wie gezeigt746, gerade keine Rolle spielen. Die „betont übergemeindliche Sichtweise“, die das BVerwG § 11 Abs. 3 BauNVO – zurecht – attestiert hat747, ist § 15 BauNVO nicht zu eigen. Denn diese Vorschrift dient nur dazu, etwaige bebauungsrechtliche Beeinträchtigungen zu erfassen, die die konkrete Nutzung von Grundstücken in einem eingrenzbaren Bereich betreffen, und die dort „an sich“ schon durch den Bebauungsplan gelösten Konfliktlagen feinzusteuern; nicht aber ist § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO dazu konzipiert, städtebaulich-funktionale Bezüge zu erfassen und vor Störungen zu sichern, wie sie bspw. von großflächigen Einzelhandelsbetrieben ausgehen können und die typischerweise eine planerische Aufgabe begründen748. § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO eine drittschützende Wirkung nicht nur in Bezug auf benachbarte Grundstückseigentümer, sondern auch im Hinblick auf benachbarte Kommunen beizulegen, überzeugte daher nicht749.

§ 15 BauNVO Rn. 1; Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 4 Rn. 85, § 18 Rn. 45 und Hoppe a. a. O. § 5 Rn. 153 ff.; Dürr, Baurecht BW, Rn. 267; Peine, Baurecht, Rn. 856; Finkelnburg/Ortloff, Baurecht, Bd. II, S. 277 f.; krit. Brohm, Baurecht, § 18 Rn. 27 ff.; Schenke, NuR 1983, 81 (82 ff.). 746 S. dazu unter § 14 A. 747 S. BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (36). 748 Näher dazu Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. V, § 15 BauNVO Rn. 29; BVerwG, Urt. v. 03.02.1984 – 4 C 17/82, BRS 42 Nr. 51, S. 133 (136 f.). 749 Auch bei der Lektüre der Entscheidung des VG Sigmaringen, Beschl. v. 09.11.2006 – 9 K 876/06, n. v., könnte der Eindruck entstehen, dass das Gericht (nur) deshalb auf § 15 BauNVO zurückgriff, um seine Auffassung, die Nachbargemeinde sei in casu ohnehin nicht schwerwiegend betroffen, überhaupt irgendwo darlegen zu können; bei der dazu an sich vorrangig in Betracht kommenden Stelle – der Prüfung der Frage, ob der zugrundeliegende Bebauungsplan überhaupt mit § 2 Abs. 2 BauGB vereinbar war – konnte es dies nämlich nicht tun, weil es diese Frage wegen der vermeintlich „jedenfalls“ eingreifenden Heilungsvorschriften der §§ 214 f. BauGB a. F. offen ließ (s. juris-Tz. 9); im Ergebnis wie hier wohl auch Jahn, Ansiedelung, S. 178: „Auswirkungen eines Einzelhandelsgroßprojekts, z. B. auf ein in der Nähe gelegenes Stadtteilzentrum durch Abzug von Kaufkraft, stellen hingegen keine Belästigungen oder Störungen i. S. v. § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO dar.“; dementsprechend hat es auch das BVerwG, Urt. v. 03.02.1984 – 4 C 17/82, BRS 42 Nr. 51, S. 133 (136), abgelehnt, für § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO den von der damaligen Beklagten vorgeschlagenen „Drei-Kilometer-Radius“ zugrunde zu legen und festgestellt, das die „Umgebung“ dieser Vorschrift „nicht weiter [reicht], als solche unmittelbaren Wirkungen des fraglichen Grundstücks reichen, die die Nutzung anderer Grundstücke in bebauungsrechtlicher Hinsicht beeinträchtigen können“, mittelbare Beeinträchtigungen der Wirtschaft-

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4. Rechtsschutz aus bzw. analog § 31 Abs. 2 BauGB? Widerspricht ein Vorhaben den (nicht nachbarschützenden) Festsetzungen des Bebauungsplans und wird es dennoch genehmigt, so sind zwei Fälle zu unterscheiden. Diese Genehmigung kann entweder nach einer Befreiung von den fraglichen Festsetzungen gem. § 31 Abs. 2 BauGB oder aber ohne eine solche Befreiung erteilt worden sein (dann sog. „versteckter“, „heimlicher“ oder „stiller Dispens“750). a) Genehmigung mit Befreiung Wird die Baugenehmigung mit einer Befreiung von den (nicht-nachbarschützenden751) Festsetzungen erteilt, so stellt sich die Frage, ob der Nachbargemeinde Abwehrrechte zustehen, wenn von dem genehmigten Vorhaben gewichtige Auswirkungen auf sie zu erwarten sind. aa) Abwehrrecht über die „nachbarlichen Interessen“? Anknüpfungspunkt hierfür könnte der Bezug auf die „Nachbarschaft“ im letzten Teilsatz des § 31 Abs. 2 BauGB sein, nach dem eine Befreiung – auch bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – nur erteilt werden darf, „wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist“. Im Verhältnis der Grundstückseigentümer untereinander gilt dieses Gebot der Würdigung nachbarlicher Interessen objektivrechtlich unabhängig davon, ob die in Rede stehende Festsetzung ihrerseits nachbarschützenden Charakter hat. Mit der Abweichung tritt an die Stelle der festgesetzten eine andere bebauungsrechtliche Ordnung, die einen originären Ausgleich der Interessen des Nachbarn mit dem Dispensinteresse erfordert752. Subjektivrechtlichen Nachbarschutz vermittelt dieses Tatbestandsmerkmal nach (heute) auch von der Rechtsprechung geteilter Ansicht ebenfalls unabhängig von der Frage nach dem nachbarschützenden Charakter der Festsetzung, von der befreit wurde, jedoch hat der Nachbar nach überwiegender Meinung über den Anlichkeit der Grundstücksnutzung als Einzelhandelsstandort in nahegelegenen Stadtteilen aber als für § 15 Abs. 1 S. 2 BauGB unerheblich erachtet. 750 S. Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 18 Rn. 55; Jäde, in: dems./ Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 31 BauGB Rn. 59. 751 Sind die Festsetzungen ihrerseits bereits nachbarschützend, führt bereits das Fehlen der objektiven Voraussetzungen für die Gewährung der Befreiung ohne weiteres (also insb. ohne dass es auf eine Prüfung der Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme ankäme) zu einer Verletzung von Nachbarrechten; s. Brohm, Baurecht, § 19 Rn. 22; Dürr, Baurecht BW, Rn. 273; Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 29 BauGB Rn. 59. 752 Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 7 Rn. 71.

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spruch auf Würdigung seiner nachbarlichen Interessen hinaus keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde („partieller Nachbarschutz“)753. Für das Verhältnis zweier benachbarter Gemeinden bietet das Gebot der Würdigung „nachbarlicher Interessen“ indes keinen Ansatzpunkt. Dieses Gebot wird als Ausprägung des auf die Vermeidung unzumutbarer Auswirkungen gerichteten Gebots der Rücksichtnahme angesehen und ergänzt das Zulassungsregime (und den „an sich“ zulässige Vorhaben betreffenden § 15 BauNVO) für Fälle von – an den Festsetzungen gemessen – unzulässigen Vorhaben754. Wenn diese Vorschrift aber die durch einen Plan betroffenen (ihm unterworfenen oder in seiner „Umgebung“ gelegenen) Grundstücke in den Blick nimmt, um dort entstehende (Rest-)Konflikte feinzusteuern, dürfte der Blickwinkel des Tatbestandsmerkmals der „nachbarlichen Belange“ kein anderer sein. bb) Rechtsschutz über die „öffentlichen Belange“? Der letzte Teilsatz des § 31 Abs. 1 BauGB könnte aber in einer anderen Hinsicht Ansatzpunkt für Abwehrrechte der Nachbargemeinde bieten – nämlich mit dem Gebot, dass die Abweichung mit den „öffentlichen Belangen“ vereinbar sein müsse. Das BVerwG755 hatte bereits 1978 und damit lange vor dem EAG Bau die in der Literatur756 weitgehend übernommene „Faustformel“ geprägt, dass ein Vorhaben nicht vermittels einer Befreiung genehmigt werden dürfe, wenn es sich bei Anwendbarkeit des § 34 Abs. 1 BauGB nicht in seine nähere Umgebung einfüge. Diesen Ansatz wird man nach dem Inkrafttreten der BauGB-Novelle 2004 und im Lichte ihrer Wertungen zumindest um den Zusatz ergänzen müssen, dass Gleiches gilt, wenn das Vorhaben „schädliche Auswirkungen“ i. S. d. des Abs. 3 des § 34 BauGB erwarten lässt, der dem Abs. 1 vom Gesetzgeber als bewusste Ergänzung an die Seite gestellt wurde. 753 BVerwG, Urt. v. 19.09.1986 – 4 C 8/84, BRS 46 Nr. 173, S. 397 (400 f.); Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 7, Rn. 72, u. § 18, Rn. 54; Finkelnburg/ Ortloff, Baurecht, Bd. II, S. 278; Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 29 BauGB Rn. 59; Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 1874 f.; weitergehend wohl Brohm, Baurecht, § 19 Rn. 14 („subjektives Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung“). 754 Vgl. Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 7 Rn. 73; Brohm, Baurecht, § 19 Rn. 22; Dürr, Baurecht BW, Rn. 267, 273; Jäde, in: dems./Dirnberger/ Weiß, BauGB/BauNVO, § 29 BauGB Rn. 59. 755 S. BVerwG, Urt. v. 09.06.1978 – IV C 54/75, DÖV 1978, 921 (923); seitdem st. Rspr., s. etwa dass., Urt. v. 19.12.2002 – 4 C 13/01, BVerwGE 117, 50 (53 f.). 756 Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 7, Rn. 69; Dürr, Baurecht BW, Rn. 106; Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 31 BauGB Rn. 18; Peine, Baurecht, Rn. 771.

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Beachtet man weiter, dass die Faustformel des BVerwG nur zur Verdeutlichung der Grundaussage diente, dass eine Unvereinbarkeit mit öffentlichen Belangen dann erreicht sei, wenn die betreffenden Konflikte nur durch Planung zu lösen seien757, so spricht das dafür, noch weitergehend anzunehmen, dass eine Befreiung nicht erteilt werden darf, wenn das Vorhaben „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf die Nachbargemeinde entfaltet. Denn dasselbe Gericht hat ein „Planungserfordernis“, das wegen der Schwere interkommunaler Auswirkungen entstand, wie gezeigt, 24 Jahre später als „öffentlichen Belang“ i. S. d. § 35 BauGB anerkannt758. Geht man nun davon aus, dass die für § 31 Abs. 2 BauGB in Betracht kommenden öffentlichen Belange dem Katalog des § 35 Abs. 3 BauGB entnommen werden können759, ist nicht einzusehen, warum derselbe Belang nicht zumindest als objektive Zulassungshürde auch in § 31 Abs. 2 solle wirken können760. Noch nicht beantwortet ist damit freilich die Frage, ob dem so verstandenen objektiven Tatbestandsmerkmal des „Planungserfordernisses“ auch subjektive Rechte der Nachbargemeinde gegenüberstehen. Die Rechtsprechung müsste diese Frage auf dem Boden ihrer Rechtsauffassung wohl konsequenterweise bejahen, weil auch an dieser Stelle auf § 2 Abs. 2 BauGB als Instrument zur „mittelbaren“ Subjektivierung eines Tatbestandsmerkmals zurückgegriffen werden kann761. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn man annehmen wollte, dass die Rechtsprechung eine solche Subjektivierung nur dann vorzunehmen bereit sei, wenn die Standortgemeinde zuvor eine „Weiche in Richtung Zulassungsentscheidung“ gestellt habe. Eine solche läge in der hier erörterten Konstellation, in der die Baugenehmigung nicht infolge eines Planänderungsversuchs, sondern schlicht auf der Grundlage eines alten Bebauungsplans erteilt wird, in der Tat nicht vor. Es sprechen freilich die besseren Gründe für die Annahme, dass die Rechtsprechung ihre „Weichenstellungsvoraussetzung“ nur in den Fällen für erforderlich erachtet, in denen § 2 Abs. 2 BauGB analog angewendet werden soll, nicht dagegen in denjenigen, in denen er nur mittelbar dazu dient, ein Tatbestandsmerkmal der §§ 29 ff. BauGB zu subjektivieren762. Allerdings sprechen freilich auch an dieser Stelle die oben763 geltend gemachten Bedenken dagegen, ausgerechnet einen „öffentlichen Belang“ als 757 Vgl. erneut BVerwG, Urt. v. 09.06.1978 – IV C 54/75, DÖV 1978, 921 (923); ferner Dürr, Baurecht BW, Rn. 106: „Soweit eine Bebauungsplanänderung zur Lösung städtebaulicher Konflikte erforderlich ist, scheidet [. . .] eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB aus.“ 758 S. dazu näher unter § 12 A. I. 4. und § 14 C. 759 So etwa Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 7, Rn. 68. 760 S. dazu Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 138a. 761 So auch Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 138a. 762 S. dazu näher oben unter § 14 C. IV. 763 S. dazu näher oben unter § 14 C. II.

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Grundlage subjektiver Rechte anzusehen. Dennoch kann ein Abwehrrecht der Nachbargemeinde auch auf der Grundlage der hier zu Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG befürworteten Sichtweise bejaht werden. Denn auch eine trotz Planungserfordernisses nach §§ 30 Abs. 1, 31 Abs. 2 BauGB erteilte Genehmigung ist rechtswidrig und stellt einen – zugleich nicht gerechtfertigten – Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde dar, der entsprechende Abwehrrechte dieser Kommune auslöst. Auch an dieser Stelle wäre es nicht überzeugend anzunehmen, der Gesetzgeber habe solche Abwehrrechte durch sein einfachgesetzliches Regelungsregime ausschließen wollen. Davon ist zwar in der Tat auszugehen, wenn eine Baugenehmigung auf der Grundlage eines wirksamen – also auch abgestimmten – Bebauungsplans erteilt wird, weil den Belangen der Nachbargemeinde dann einmal im Rahmen einer planerischen Abwägung angemessen Rechnung getragen wurde. Das gilt aber gerade dann nicht mehr, wenn eine Genehmigung erteilt wird, die diesen Festsetzungen widerspricht. Denn eine solche Genehmigung vollzieht gerade nicht die im Plan festgestellte und abgestimmte Abwägungsentscheidung, sondern weicht von dieser ab. Dann aber fehlt jede Rechtfertigung für die Annahme, der Gesetzgeber habe die Abwehrmöglichkeiten der Nachbargemeinde beschneiden wollen, wenn diese Abweichung die Nachbargemeinde in einer so gewichtigen Weise betrifft, dass ein Bedürfnis nach planerischer Koordinierung entsteht764. Es müsste im Gegenteil wertungswidersprüchlich erscheinen, wenn eine rechtswidrige Baugenehmigung an dieser Stelle anders zu behandeln sein sollte, als im Rahmen des § 35 BauGB oder dem des § 34 BauGB. b) Genehmigung ohne Befreiung Bisher wurde freilich nur der Fall betrachtet, dass ein gegen nicht-nachbarschützende Festsetzungen verstoßendes Vorhaben unter Erteilung einer ausdrücklichen Befreiung genehmigt wurde. Wenn in diesem Fall ein Abwehrrecht der Nachbargemeinde beim Bestehen eines Planungsbedürfnisses bejaht werden konnte, ist damit noch nicht gesagt, dass Gleiches gilt, wenn die Genehmigung ohne eine Befreiung erteilt wurde. Diese Frage kann sich in zwei Konstellationen stellen: Zum einen, wenn die Genehmigungsbehörde irrtümlich davon ausging, das Vorhaben sei mit den Festsetzungen des Bebauungsplans vereinbar; zum anderen dann, wenn sie diesen Widerspruch zwar erkannte, auf die Durchführung eines Befreiungsverfahrens aber bewusst verzichtete, dies möglicherweise gar, weil ihr bewusst war, dass von der fraglichen Festsetzung nicht rechtmäßig hätte befreit werden können. Für den Nachbarschutz im Verhältnis zweier benachbarter Grundstückseigentümer hat das BVerwG entschieden, dass eine gegen (nicht-nachbarschützende) 764

Vgl. insoweit auch Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.bb.

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

Festsetzungen des Bebauungsplans verstoßende Baugenehmigung in solchen Sachverhaltsgestaltungen „in entsprechender Anwendung des § 15 Abs. 1 BauGB unter Berücksichtigung der Interessenbewertung des § 31 Abs. 2 BauGB“ subjektive Rechte der Nachbarn verletzen könne: „Denn wenn schon gegenüber Baugenehmigungen, die in Übereinstimmung mit den Festsetzungen eines Bebauungsplans erteilt sind, eine Verletzung des in § 15 Abs. 1 BauNVO konkretisierten Rücksichtnahmegebots geltend gemacht werden kann, so muss dies im Ergebnis erst recht im Hinblick auf Baugenehmigungen gelten, die diesen Festsetzungen widersprechen“765. Zumindest diese Konstruktion allein würde bei Zugrundelegung der hier vertretenen Ansicht nicht ohne weiteres zur Annahme von Abwehrrechten auch im Verhältnis benachbarter Gemeinden führen, weil sich die Nachbargemeinde – anders als ein benachbarter Grundstückseigentümer – danach gerade nicht auf § 15 BauNVO stützen kann766. Allerdings wird teilweise bereits für das Verhältnis benachbarter Eigentümer vorgeschlagen, in einem solchen Fall entgegen der Rechtsauffassung des BVerwG767 § 31 Abs. 2 BauGB analog anzuwenden, weil entscheidend sei, dass die Behörde bei ihrer Prüfung eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB habe prüfen müssen768. Wollte man § 31 Abs. 2 BauGB auf diese Weise im Falle der „verdeckten Befreiung“ entsprechend anwenden, bestünde Raum dafür, ein etwaiges Planungserfordernis als einen der Baugenehmigung entgegenstehenden öffentlichen Belang anzusehen, bei dessen Verstoß Abwehrrechte der Nachbargemeinde entstehen, die sich entweder – auf dem Boden der Zweibrücken-Entscheidung – aus dem über einen mittelbaren Rückgriff auf § 2 Abs. 2 BauGB subjektivierten § 31 Abs. 2 BauGB selbst oder – unter Zugrundelegung der hier vertretenen Auffassung – aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ergeben. Gegen den Vorschlag, § 31 Abs. 2 BauGB analog anzuwenden, spricht aber auch an dieser Stelle, dass der Umstand allein, dass eine Vorschrift umgangen wird, keine Grundlage für die These bildet, diese Vorschrift könne nun analog angewendet werden, um subjektive Rechte der Nachbarn abzuleiten. 765 BVerwG, Urt. v. 06.10.1989 – 4 C 14/87, BVerwGE 82, 343 (346); zust. Jäde, in: dems./Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, § 29 BauGB Rn. 59. 766 S. dazu unter § 14 E. I. 3. 767 S. dazu, dass das BVerwG in dieser Konstellation aus dem Umstand, dass § 31 Abs. 2 BauGB durch die Baugenehmigungsbehörde umgangen worden ist, gerade nicht zu folgern bereit ist, diese Vorschrift könne nun analog angewendet werden, erneut dass., Urt. v. 06.10.1989 – 4 C 14/87, BVerwGE 82, 343 (344 f.), und dazu o. unter § 12 C. II. 768 S. Finkelnburg/Ortloff, Baurecht, Bd. II, S. 279; OVG Münster, Beschl. v. 10.07.2003 – 10 B 629/03, BRS 66 Nr. 183, S. 789, 791 f.; dass., Beschl. v. 25.10.1988 – 10 B 2306/88, NWVBl. 1989, 444 f.; OVG Bremen, Urt. v. 16.04.1991 – 1 BA 43/90, BRS 52 Nr. 183, S. 450 (452); uneindeutig insoweit Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Baurecht, § 18, Rn. 55, nach dem „eine entsprechende Anwendung von § 31 Abs. 1 oder 2 BauGB oder von § 15 Abs. 1 BauNVO in Betracht“ kommt.

§ 14 Die Abwehrrechte gegen Baugenehmigungen im Einzelnen

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Auch an dieser Stelle kann es nur darauf ankommen, ob die Baugenehmigung, so wie sie erteilt wurde – also ohne Befreiung – Rechte des Nachbarn verletzt769. Aber auch wenn man die Analogie zu § 31 Abs. 2 BauGB nicht mitzutragen bereit ist, kann über die hier befürwortete teilverfassungsrechtliche Lösung ein Abwehrrecht der Nachbargemeinde bejaht werden. Denn auch wenn man § 31 Abs. 2 BauGB außer Betracht lassen will, erweist sich die Baugenehmigung in diesem Falle als rechtswidrig. Der konstruktive Unterschied liegt dann lediglich darin, dass sich die Rechtswidrigkeit nicht aus dem Verstoß gegen § 31 Abs. 2 BauGB ergibt, sondern (allein) aus der Unvereinbarkeit mit den fraglichen Festsetzungen. Ist diese Baugenehmigung aber rechtswidrig und entfaltet sie „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf die Nachbargemeinde, so stellt sie einen – sogleich rechtswidrigen – Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde dar. Denn wenn man die Auffassung akzeptiert, dass der Gesetzgeber die Schwelle zu einem Eingriff im Falle einer Befreiungserteilung über das Tatbestandsmerkmal des „öffentlichen Belangs“ über das Planungserfordernis bei den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ gezogen hat, so kann nicht angenommen werden, dass er dieser Schwelle höher ansetzen wollte, wenn eine Baugenehmigung erteilt wird, bei der nicht einmal – in einer gleichsam „noch rechtswidrigeren“ Weise – ein solches Befreiungsverfahren durchgeführt wird. Aus demselben Grund verbietet sich auch die Annahme, der Gesetzgeber habe in diesem Fall den Rückgriff auf Verfassungsrecht ausschließen wollen. Denn auch eine Baugenehmigung unter „heimlicher Befreiung“ stellt gerade keinen konkretisierenden Vollzug einer Planung dar, in der die Belange der Nachbargemeinde berücksichtigt wurden, sondern bricht aus dem von ihr gezogenen – und abgestimmten – Rahmen aus. 5. Fazit Wird eine Baugenehmigung im Bereich eines wirksamen Bebauungsplans erteilt, stehen der Nachbargemeinde im Ergebnis Abwehrrechte zu, wenn diese Genehmigung • gegen Festsetzungen verstößt, die dem Schutz der Nachbargemeinde zu dienen bestimmt sind, was freilich nur in seltenen Fällen anzunehmen sein wird, oder • ein Vorhaben betrifft, das unter § 11 Abs. 3 BauNVO fällt, sich aber nicht in einem Kern- oder dafür festgesetzten Sondergebiet befindet und „nicht unwesentliche Auswirkungen“ i. S. d. Vorschrift auf die Nachbargemeinde entfaltet, oder 769 S. erneut BVerwG, Urt. v. 06.10.1989 – 4 C 14/87, BVerwGE 82, 343 (344 f.); und dazu oben unter § 12 C. II.

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

• gegen nicht-nachbarschützende Vorschriften verstößt und „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf die Nachbargemeinde entfaltet, die ein Planungsbedürfnis auslösen; in diesem Falle ist es im Ergebnis ohne Belang, ob von den fraglichen Festsetzungen ausdrücklich befreit wurde oder nicht. In all diesen Fällen kommt es nicht darauf an, ob die Standortgemeinde zuvor einen Versuch unternommen hat, einen (nicht abgestimmten) Bebauungsplan aufzustellen, um damit „die Weichen in Richtung Zulassungsentscheidung“ zu stellen. Das Abwehrrecht der Nachbargemeinden entsteht unabhängig davon, ob es zu einem solchen Planungsversuch gekommen ist oder die Baugenehmigung ohne einen solchen sogleich auf den (alten) Bebauungsplan gestützt wurde. Erweist sich die Baugenehmigung dagegen als an dem wirksamen Bebauungsplan gemessen rechtmäßig, scheidet ein Abwehrrecht der Nachbargemeinde auch bei noch so gewichtigen Auswirkungen des genehmigten Vorhabens aus770. II. Baugenehmigung im Bereich eines unwirksamen erstmaligen Bebauungsplans Abwehrrechte der Nachbargemeinde in Konstellationen mit Bezug zu § 30 BauGB sind freilich auch für den Fall zu erörtern, dass der von der Baurechtsbehörde zugrundegelegte Bebauungsplan nicht – wie zuvor erörtert – wirksam, sondern unwirksam ist. Dabei soll an dieser Stelle zunächst nur der – vergleichsweise einfachere – Fall betrachtet werden, dass der Bebauungsplan von der Standortgemeinde erstmals, also in einem zuvor unbeplanten Gebiet aufgestellt wurde771. Insoweit wird weiter nach dem Grund der Unwirksamkeit zu differenzieren sein: Dieser kann in einem Verstoß gegen § 2 Abs. 2 BauGB (1.) oder aber in einer Verletzung anderer Vorschriften zu suchen sein (2.). 1. Nicht abgestimmter Bebauungsplan Wird die Baugenehmigung auf der Grundlage eines Bebauungsplans der Standortgemeinde erteilt, der nicht wirksam ist, weil er mit der Nachbargemeinde nicht in einer dem § 2 Abs. 2 BauGB genügenden Weise abgestimmt ist, so kann dieser Plan einerseits nicht zur Zulässigkeit des Vorhabens führen. Andererseits ist damit aber auch noch nicht automatisch gesagt, dass das Vor770 S. dazu, dass sich die Frage nach „unzumutbaren Vorhaben“ i.V. m. wirksamen Bebauungsplänen so nicht stellen kann, oben in Fn. 736. 771 Zu der möglicherweise abweichend zu beurteilenden Konstellation, dass das Gebiet zuvor überplant war und die Standortgemeinde den bereits bestehenden Plan (unwirksam) ändert, s. in diesem Abschnitt (§ 14 E.) sogleich unter III.

§ 14 Die Abwehrrechte gegen Baugenehmigungen im Einzelnen

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haben unzulässig ist. Der Zwischenbefund, dass der fragliche Plan unwirksam sei, führt vielmehr „nur“ dazu, dass die Zulässigkeit des Vorhabens und damit die Rechtmäßigkeit der Genehmigung anhand der ohne den Plan maßgeblichen Vorschriften entweder des § 34 BauGB oder des § 35 BauGB zu beurteilen ist772. In der hier zu betrachtenden Fallgruppe, in der sich die Unwirksamkeit aus § 2 Abs. 2 BauGB ergibt, dürften auf dem Boden der hier und dem der von der Rechtsprechung vertretenen Auffassung weitgehend gleiche Ergebnisse erzielt werden. Stellt die Standortgemeinde den Bebauungsplan gezielt auf, um dem Vorhaben zur Zulässigkeit zu verhelfen, liegt das geradezu klassische Verhalten vor, in dem die Rechtsprechung eine „Weichenstellung in Richtung Zulassungsentscheidung“ erblickt. Allein diese „Weichenstellung“ führt nach ihrer Ansicht zur Anwendbarkeit des § 2 Abs. 2 BauGB und zur Rechtsverletzung auf Seiten der Nachbargemeinde, wenn das Vorhaben an den dann maßgeblichen §§ 34 f. BauGB gemessen rechtswidrig ist und „ummittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf die Nachbargemeinde entfaltet. Nach hier vertretener Ansicht ist es zwar für den Rechtsschutz der Nachbargemeinde unerheblich, ob das Verhalten der Standortgemeinde „vorwerfbar“ ist oder nicht, weshalb es auch nicht überzeugt, auf § 2 Abs. 2 BauGB als verletztes Recht der Nachbargemeinde abzustellen773. Die Frage nach etwaigen Abwehrrechten der Nachbargemeinde richtet sich in dieser Konstellation deshalb schlicht nach dem oben zu §§ 34, 35 BauGB Gesagten. Sollte sich das Vorhaben auf dem Boden dieser Vorschriften als rechtmäßig erweisen, scheiden solche Abwehrrechte aus. Das wird freilich in den seltensten Konstellationen so sein, weil die Standortgemeinde einen Bebauungsplan gerade dann aufstellen wird, wenn ein von ihr gewünschtes Vorhaben ohne diesen Plan nicht genehmigt werden kann. Ist das der Fall und das Vorhaben an den §§ 34 f. BauGB gemessen rechtswidrig, beurteilen sich die Abwehrrechte der Nachbargemeinde an den zu diesen Vorschriften oben entwickelten Maßstäben774. Danach bestehen im Ergebnis Abwehrrechte der Nachbargemeinde jedenfalls775 dann, wenn das Vorhaben „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf sie entfaltet und auf diese Weise ein Planungsbedürfnis begründet. Diese Rechtsverletzung ergibt sich freilich nicht aus § 2 Abs. 2 BauGB, sondern entweder aus 772 S. insoweit statt aller Büchner, in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Einzelhandel und Windkraftanlagen, S. 55 (57); ferner die Prüfungsgänge bei OVG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 08.05.1998 – 3 B 84/97, LKV 1998, 359 f., unter I., u. bei OVG Weimar, Beschl. v. 23.04.1997 – 1 EO 241/97, DÖV 1997, 791, unter II. 773 S. grds. dazu unter § 12 C. II. 774 Dazu näher oben unter § 14 A.–D. 775 Auch insoweit können sich Abwehrrechte der Nachbargemeinde bereits bei Beeinträchtigungen niedrigerer Intensität ergeben, wenn das Vorhaben nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V. m. § 11 Abs. 3 BauGB zu beurteilen ist; näher dazu oben unter § 14 B. I. 2.

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

dem einfachen Gesetzesrecht der §§ 34 f. BauGB oder aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG776. Die daraus folgenden Resultate werden dessen ungeachtet i. a. R. mit denjenigen übereinstimmen, die auch die Rechtsprechung erzielt. 2. Abgestimmter, aber aus anderen Gründen unwirksamer Bebauungsplan Zu teilweise unterschiedlichen Ergebnissen dürfte die hier vertretene Konzeption und die von der Rechtsprechung verfolgte Linie dagegen in dem Fall führen, in dem der vorhabenveranlasste Bebauungsplan zwar i. S. d. § 2 Abs. 2 BauGB abgestimmt ist, sich aber aus anderen Gründen als unwirksam erweist. Die Rechtsprechung und ein Teil der ihr folgenden Literatur verneint in diesem Falle eine „Weichenstellung“ der Standortgemeinde, weil der fragliche Bebauungsplan dann nicht „unter Missachtung“ des § 2 Abs. 2 BauGB aufgestellt worden sei und der Standortgemeinde insoweit kein auf diese Vorschrift bezogener „Vorwurf“ gemacht werden könne777. Dass der Plan gegen andere Vorschriften verstößt – oder sich bspw. in Bezug auf dritte Gemeinden als nicht abgestimmt erweist –, sei dann unerheblich, da die Gemeinde auch über die „Weichenstellungsthese“ nur die Missachtung eigener Belange geltend machen könne. Ist das Vorhaben in diesem Fall nach § 35 BauGB zu beurteilen, dürfte die Rechtsprechung im Falle „unmittelbarer Auswirkungen gewichtiger Art“ zwar noch zu Abwehrrechten der Nachbargemeinden kommen, wenn sie – was, wie gezeigt, unklar bleibt778 – zur Subjektivierung des § 35 Abs. 3 BauGB nicht auf den Aspekt der Weichenstellung abstellen sollte. Im Bereich des § 34 BauGB wird sie dagegen solche Abwehrrechte zumindest außerhalb des dritten Absatzes ablehnen müssen779. Da es indes auf die Frage nach der Stellung etwaiger, wie auch immer zu verstehender „Weichen“ auch in dieser Fallkonstellation nicht ankommen kann,

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Vgl. oben unter § 14 A.–D. Vgl. erneut OVG Weimar, Beschl. v. 20.12.2004 – 1 EO 1077/04, NJOZ 2005, 3895 (3909 f.), und s. dazu bereits m.w. N. oben unter § 12 A. I. 6., C. II. (dort insb. Fn. 135), sowie unter § 14 C. V. (dort insb. Fn. 723). 778 S. dazu unter § 14 C. IV. 779 Davon, dass die Grundsätze aus dem Zweibrücken-Urteil nicht auf § 34 BauGB übertragen werden könne, weil dieser gerade keinen Katalog „öffentlicher Belange“ enthält, der den Belang „Planungserfordernis“ zu berücksichtigen erlaubte, geht auch das Mitglied des für die Zweibrücken-Entscheidung verantwortlich zeichnenden 4. Senats des BVerwG Rojahn, Diskussionsbeitrag bei Böttcher, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 31 (35), aus; ebenso ders., in: Spannowsky/Krämer (Hrsg.), Einzelhandel und Windkraftanlagen, S. 147 (155); skeptisch auch Battis und Rojahn auf die entsprechende Frage von Uechtritz (alle ebd.); ausdrücklich abl. dann ders., NVwZ 2004, 1025 (1029); Reichelt, BauR 2006, 38 (39); krit. dagegen Büchner, ZfBR 2003, 538 (539). 777

§ 14 Die Abwehrrechte gegen Baugenehmigungen im Einzelnen

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besteht auf dem Boden der hier befürworteten Lösung kein Grund dafür, diese Sachverhaltsgestaltung anders zu behandeln als die zuvor erörterte780. Angesichts dessen, dass die Baugenehmigung bei abgestimmten aber dennoch unwirksamen Plänen nicht an § 30 BauGB gemessen werden kann, ist auch hier schlicht zu prüfen, ob das genehmigte Vorhaben nach § 34 BauGB bzw. nach § 35 BauGB rechtmäßig ist oder nicht. Wo das – wie in aller Regel – zu verneinen ist, bestehen im Ergebnis Abwehrrechte der Nachbargemeinde (jedenfalls781) dann, wenn das Vorhaben „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf sie entfaltet und auf diese Weise ein Planungsbedürfnis begründet. Denn für die sich aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 BauGB ergebenden Rechte ist es unerheblich, ob der durch die Baugenehmigung bewirkte Eingriff deshalb nicht gerechtfertigt ist, weil der als Rechtfertigung in Betracht kommende Plan gegen § 2 Abs. 2 BauGB verstößt, oder, weil der Plan aus einem anderen Grund unwirksam ist782. III. Baugenehmigung im Bereich eines unwirksam geänderten Bebauungsplans War die bisherige Betrachtung auf den Fall beschränkt, dass die Standortgemeinde in einem bislang unbeplanten Gebiet erstmals einen Bebauungsplan aufstellte, insbesondere um einem Vorhaben zur Zulässigkeit zu verhelfen, bleibt 780 Bringt man das Bild von der „Weichenstellung“ durch die Standortgemeinde in einem objektiven Sinne zur Anwendung und verzichtet darauf, den subjektiven Vorstellungen der Beteiligten und der „Vorwerfbarkeit“ ihres Verhaltens maßgebliche Bedeutung beizumessen, wie es Schenke der Sache nach praktiziert (vgl. etwa dens., VerwArch. 98 [2007], sub III.1.b.), und geht man deshalb – anders als die Rechtsprechung (s. OVG Weimar, Beschl. v. 20.12.2004 – 1 EO 1077/04, NJOZ 2005, 3895 [3909 f.]) – davon aus, dass eine „Weichenstellung“ auch durch einen abgestimmten aber aus anderen Gründen unwirksamen Plan erfolgen kann (s. Schenke, a. a. O., sub III.1.c., III.2.b; s. zu diesem unterschiedlichen Verständis der „Weichenstellung“ bereits oben in Fn. 135 und Fn. 723 f. sowie jeweils dort im Text), gelangt man auf dem Boden einer so verstandenen „Weichenstellungsthese“ zu gleichen Ergebnissen wie sie auch hier befürwortet werden (vgl. Schenke ebd.; das dürfte auch für Schmitz/Federwisch, Einzelhandel, Rn. 448 f., gelten [vgl. auch insoweit die zuletzt genannten Fn.]). Beide Ansätze unterscheiden sich zwar insoweit im Einzelnen in der Herleitung der subjektiven Rechte der Nachbargemeinde; beiden ist aber doch zugleich der Kerngedanke gemeinsam, dass ein Vorhaben (nicht nur geringfügige, sondern) so gewichtige Auswirkungen (auch) auf die Nachbargemeinde entfalten kann, dass die Standortgemeinde im Lichte einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und im Interesse der Nachbargemeinde gehalten ist, einen wirksamen Bauleitplan aufzustellen, um die städtebauliche Entwicklung in einer Weise zu steuern, bei der die Belange der Nachbargemeinde berücksichtigt werden, und dass ein dennoch ohne Planung genehmigtes Vorhaben – wenn es sich nicht ausnahmsweise an §§ 34 f. BauGB gemessen als gesetzesgemäß erweist – auch für die Nachbagemeinde subjektivrechtlich relevant ist. 781 S. auch an dieser Stelle im Hinblick auf § 34 Abs. 2 BauGB i.V. m. § 11 Abs. 3 BauGB oben unter § 14 B. I. 2. 782 Näher dazu unter § 13 B.

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

im Folgenden noch die Konstellation zu erörtern, dass bereits ein Bebauungsplan besteht, die Standortgemeinde diesen aber ändert und sich die Änderung als unwirksam erweist. Im Hinblick auf den Prüfungsgang ist diese Konstellation nicht anders zu behandeln, als die zuvor erörterte, lediglich die maßgeblichen Zulässigkeitsgrundlagen können sich dabei ändern. Das zeigt sich, wenn man auch insoweit wieder danach unterscheidet, ob sich die Planänderung wegen eines Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 BauGB (1.) oder aus sonstigen Gründen als unwirksam erweist (2.). 1. Nicht abgestimmte Planänderung Ändert die Standortgemeinde einen bereits früher aufgestellten Bebauungsplan, hat sie dabei gem. § 1 Abs. 8 BauGB die auch für die erstmalige Aufstellung von Bauleitplänen geltenden Vorschriften – und damit auch § 2 Abs. 2 BauGB783 – zu beachten. Stimmte sie nun die Änderung des Bebauungsplans nicht in einer § 2 Abs. 2 BauGB entsprechenden Weise mit der Nachbargemeinde ab, so ist die Änderung unwirksam784 und der Bebauungsplan scheidet in seiner geänderten Fassung als Grundlage für die Beurteilung der Zulässigkeit des Vorhabens aus. Wie in der zuvor betrachteten Situation ist damit aber auch an dieser Stelle noch keine endgültige Entscheidung über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des Vorhabens getroffen. Auch hier ist vielmehr weiter zu prüfen, nach welchen Bestimmungen sich die Zulässigkeit ohne die Planänderung bemisst. Das ist in erster Linie § 30 Abs. 1 BauGB i.V. m. mit den Festsetzungen des ungeänderten Bebauungsplans. Nur dann, wenn sich auch dieser Plan als unwirksam erweisen sollte, kommen auch an dieser Stelle wieder die §§ 34, 35 BauGB zum Zuge. Für den letzten (seltenen) Fall kann vollumfänglich auf die oben gemachten Ausführungen zur Unwirksamkeit eines erstmals aufgestellten Plans verwiesen werden785, sodass sich dieser Abschnitt auf die erste Fallgestaltung konzentrieren kann, in der zwar die Änderung des Bebauungsplans, nicht aber dieser selbst unwirksam ist. Ob der Nachbargemeinde in dieser Situation auf dem Boden der Zweibrücken-Entscheidung in Abwehrrechte zuzubilligen sind, ist umstritten. Teilweise wird dies verneint. Die Grundsätze der Zweibrücken-Entscheidung könnten nur dort zum Tragen kommen, wo die einschlägige Zulassungsnorm – wie bei § 35 Abs. 3 BauGB – ein „Ventil“ in Gestalt des Tatbestandsmerkmals der „öffentlichen Belange“ enthalte, was bei § 30 BauGB gerade nicht gegeben sei786. Für die Übertragung der Konstruktion bestehe insoweit auch kein Bedürfnis, weil 783 S. nur Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, § 1 Rn. 254 („insbesondere die Vorschriften des I. Kapitels, 1. und 2. Teil [§§ 1 ff., §§ 14 ff.]“). 784 Vgl. insoweit insbesondere dazu, dass die §§ 214 f. BauGB insoweit nicht einschlägig sind, o. unter § 3 A. u. B. 785 S. dazu § 14 E. II.

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diese Fälle auch dadurch gelöst werden könnten, dass sich die Nachbargemeinde an die für die Standortgemeinde zuständige Kommunalaufsichtsbehörde wende787. Andere Autoren gehen dagegen davon aus, das der Nachbargemeinde in Konsequenz der Rechtsprechung auch dort Abwehrrechte zuzubilligen seien, wo die Genehmigung eines sich auf sie in gewichtiger Weise auswirkenden Bauvorhabens fälschlich auf eine nicht abgestimmte und deshalb unwirksame Änderung eines qualifizierten Bebauungsplans gestützt werde, wenn das Vorhaben mit den Festsetzungen des ungeänderten Plans nicht vereinbar sei788. Aus der Sicht der Nachbargemeinde könne es auch keinen Unterschied machen, ob das Vorhaben nun auf der Grundlage des § 35 BauGB oder eines älteren Bebauungsplans zu beurteilen sei, da das Vorhaben beim Vorliegen „unmittelbarer Auswirkungen gewichtiger Art“ in beiden Fällen nur auf der Grundlage eines noch zu erlassenden, abstimmungspflichtigen Bebauungsplans habe genehmigt werden dürfen. Auch eine „Weichenstellung“ liege hier vor, weil die Baugenehmigung in diesen Fällen ohne die (nicht abgestimmten) Planänderung nicht erteilt worden wäre789. Der Nachbargemeinde sind in der hier erörterten Konstellation mit der zweiten Auffassung Abwehrrechte zuzusprechen, wenn das fragliche Vorhaben „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf die Nachbargemeinde zeitigt. Dieses Ergebnis dürfte sich zwar in der Tat nicht durch eine unveränderte Übertragung der Erwägungen aus dem Zweibrücken-Entscheidung ergeben. Denn ein „Ventil“ in Gestalt der „öffentlichen Belange“ ist in dieser Konstellation zumindest dann nicht zu finden, wenn man – wie hier790 – der Auffassung ist, dass auch an dieser Stelle eine analoge Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB, die 786 Uechtritz, NVwZ 2003, 176 (179); in diese Richtung wohl auch Rojahn, Diskussionsbeitrag bei Böttcher, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 31 i.V. m. S. 34 (dort freilich ausdrücklich nur für nach § 34 BauGB zu beurteilende Fälle); „skeptisch“ gegenüber einer „Übertragung der Zweibrücken-Entscheidung“ u. z. „insbesondere bei Auseinanderfallen von Genehmigungsbehörde und Standortbehörde“ auch Battis, in: Jarass (Hrsg.), a. a. O., S. 19 (26), unter Bezug auf Uechtritz, der ebd. weiter herausstellt, dass der Standortgemeinde kaum eine „Weichenstellung“ vorgeworfen werden könne, wenn die von ihr trägerverschiedene Genehmigungsbehörde bei der Erteilung der Genehmigung ohne ihr Mitwirken gehandelt habe. – Zumindest dieses Argument dürfte in der hier erörterten Konstellation nicht greifen, weil die Standortgemeinde mit der Durchführung einer vorhabenveranlassten aber nicht abgestimmten Planung durchaus ihrerseits „Weichen“ i. S. d. der Rechtsprechung gestellt hat. 787 Vgl. Battis, Diskussionsbeitrag bei Böttcher, in: Jarass (Hrsg.), Abstimmung, S. 35, der insoweit auf die „Mittel der Kommunalaufsicht“ verweist; ähnliche Erwägungen für den Bereich des § 34 BauGB 1987 bei VGH Kassel, Beschl. v. 18.08.2005 – 9 UZ 1170/05, NVwZ-RR 2006, 230 (231). 788 Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.aa.; Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 138a; Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Rn. 653. 789 Näher Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.a.aa.; Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 138a. 790 S. dazu unter § 14 E. I. 4.

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

eine Berücksichtigung des öffentlichen Belangs des (durch die „gewichtigen“ Auswirkungen begründeten) „Planungserfordernisses“ rechtfertigen könnte, ausscheidet. Dieser Zwischenbefund führt aber im Ergebnis nicht zur Ablehnung der nachbargemeindlichen Abwehrrechte, da insoweit die oben zur Konstellation eines wirksamen Bebauungsplans gemachten Ausführungen zu Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG an dieser Stelle entsprechend gelten791. Auch ohne die Heranziehung des § 31 Abs. 2 BauGB ist die Baugenehmigung rechtswidrig, wenn sie nicht mit den Festsetzungen des ungeänderten Bebauungsplans vereinbar ist. Führt sie zu „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ auf die Nachbargemeinde, stellt sie einen – nicht gerechtfertigten – Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde dar, bei dem auch an dieser Stelle kein Anhaltspunkt für die Annahme besteht, der Gesetzgeber habe den Rückgriff auf die sich daraus ergebenden Abwehrrechte ausschließen wollen. Denn der Grund für eine solche Annahme – der Umstand, dass sich eine Baugenehmigung lediglich als konkretisierende Vollziehung eines abgestimmten Bebauungsplans erweist – liegt auch hier nicht vor792. Die Behauptung, der Ableitung von Abwehrrechten der Nachbargemeinde bedürfe es für die Fälle des § 30 BauGB nicht, weil sie auf dem Wege der Kommunalaufsicht gelöst werden könnten, kann nicht dazu zwingen, dieses Resultat zu revidieren. Der Einwand überzeugt schon deshalb nicht, weil der Hinweis auf die Rechtsaufsicht über die Standortgemeinde der Nachbargemeinde kaum weiterhilft, wenn die Kommunalaufsichtsbehörde – was wiederum von Zufälligkeiten des Landesrechts abhängt – mit der Baugenehmigungsbehörde identisch ist und diese die Rechtslage zum geänderten Plan selbst bewusst missachtet793 oder unbewusst verkannt hat794. Davon abgesehen, können etwaige Möglichkeiten der Nachbargemeinde, sich an die Kommunalaufsicht zu wenden, nur neben ein sich aus den §§ 29 ff. BauGB i.V. m. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ergebendes Abwehrrecht treten, nicht aber einen Hebel liefern, der es erlauben würde, dem 791

S. dazu unter § 14 E. I. Vgl. dazu bereits oben unter § 14 A. III. 1. 793 Darauf wies aus einem durch den zur Entscheidung unterbreiteten Sachverhalt gegebenen Anlass VG Hannover, Beschl. v. 18.08.2005 – 4 B 4371/05, NVwZ-RR 2006, 16 (19), hin. 794 Da die Kommunalaufsicht, die als notwendiges Korrelat zur Selbstverwaltung der Gemeinden der objektiven Rechtskontrolle dient, im öffentlichen Interesse geführt wird, stehen Dritten – Einwohnern oder wie hier benachbarten Kommunen – mangels drittschützenden Charakters der Aufsichtsbestimmungen nach ganz h. M. keine Ansprüche gegen den Träger der Kommunalaufsichtsbehörde auf ein Einschreiten gegen die zu beaufsichtigende Gemeinde und dementsprechend auch keine diesbezüglichen Klagemöglichkeiten zur Verfügung (s. nur Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 804; v. Mutius, Kommunalrecht, Rn. 857; Tettinger/Erbguth/Mann, Verwaltungsrecht, Rn. 349, 371, alle m.w. N.; ebenso bereits BVerwG, Beschl. v. 19.06.1972 – VII B 64/ 71, DÖV 1972, 723; Uechtritz, BauR 1999, 572 [588], ist insoweit wohl bereit, für Fälle unzumutbarer Auswirkungen eine Ausnahme zu machen [s. o. Fn. 599]). 792

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so begründeten und auf einen anderen Verpflichteten bezogenen Abwehrrecht die dogmatische Grundlage zu entziehen. 2. Abgestimmte, aber aus anderen Gründen unwirksame Planänderung Genügt die Änderung des Bebauungsplans zwar den sich aus § 2 Abs. 2 BauGB ergebenden Anforderungen, verstößt sie aber gegen andere nach § 1 Abs. 8 BauGB zu beachtende Vorschriften, stellt sich das oben zur erstmaligen Bebauungsplanaufstellung erörterte Problem in vergleichbarer Weise795. Auch hier kann man auf dem Boden der Rechtsprechung zumindest dann keine Abwehrrechte der Nachbargemeinde begründen, wenn man dafür eine „Weichenstellung“ für erforderlich hält, weil diese bei einer § 2 Abs. 2 BauGB achtenden Planänderung nicht gegeben ist796. Da es indes auf die Frage nach der Stellung etwaiger, wie auch immer zu verstehender „Weichen“ richtigerweise auch in dieser Fallkonstellation nicht ankommen kann, besteht auf dem Boden der hier befürworteten Lösung kein Grund dafür, diese Sachverhaltsgestaltung anders zu behandeln als die zuvor erörterte. Angesichts dessen, dass die Baugenehmigung nicht an dem geänderten Bebauungsplan gemessen werden kann, ist auch hier schlicht zu prüfen, ob das genehmigte Vorhaben den Festsetzungen des alten, ungeänderten Plans widerspricht oder nicht. Wo ein solcher Widerspruch – wie in aller Regel – zu konstatieren ist, bestehen im Ergebnis Abwehrrechte der Nachbargemeinde (jdfs.797) dann, wenn das Vorhaben „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf sie entfaltet und auf diese Weise ein Planungsbedürfnis begründet. Auch hier gilt, dass es für die sich aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 BauGB ergebenden Rechte ohne Belang ist, ob der durch die Baugenehmigung bewirkte Eingriff deshalb nicht gerechtfertigt ist, weil der als Rechtfertigung in Betracht kommende Plan gegen § 2 Abs. 2 BauGB verstößt oder aus einem anderen Grund unwirksam ist.

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S. dazu unter § 14 E. II. 2. In diesem Sinne denn auch OVG Weimar, Beschl. v. 20.12.2004 – 1 EO 1077/ 04, NJOZ 2005, 3895 (3909); vgl. dazu auch die weiteren Nach- und Verweise unter § 14 E. II. 2., dort auch zu dem in der Literatur teils von der Rechtsprechung abweichenden Begriffsverständnis zum „Weichenstellungsbild“ (s. Fn. 780 und insb. Schenke, VerwArch. 98 [2007], sub III.2.b.), das im Ergebnis zu Lösungen führt, die i.W. nicht denen der Rechtsprechung, sondern den auch hier vertretenen entsprechen. 797 S. auch an dieser Stelle im Hinblick auf § 34 Abs. 2 BauGB i.V. m. § 11 Abs. 3 BauGB oben unter § 14 B. I. 2. 796

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

F. Baugenehmigungen im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans (§ 30 Abs. 3 BauGB) Im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans ist ein Vorhaben nach § 30 Abs. 3 BauGB zulässig, wenn es den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widerspricht und i. Ü. – also soweit der Plan keine Vorgaben enthält – die Voraussetzungen der §§ 34 o. 35 BauGB erfüllt. Wird eine Baugenehmigung für ein Vorhaben im Geltungsbereich eines solchen Planes erteilt, beantwortet sich die Frage nach etwaigen Abwehrrechten der Nachbargemeinde daher abhängig davon, gegen welche Bestimmung bei der Erteilung der Baugenehmigung verstoßen wurde, anhand der dazu jeweils oben zu §§ 30 Abs. 1, 34, 35 BauGB entwickelten Maßstäbe798.

G. Baugenehmigungen bei planreifen Bebauungsplanentwürfen (§ 33 BauGB) In Gebieten, in denen zwar noch kein Bebauungsplan in Kraft getreten ist, für die aber bereits ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben nach näherer Maßgabe des § 33 BauGB zulässig, wenn der Plan bereits die sog. formelle und materielle Planreife erlangt hat. Wird eine Baugenehmigung auf der Grundlage des § 33 BauGB erteilt, scheiden Abwehrrechte der Nachbargemeinde auch wieder von vornherein aus, wenn die Baugenehmigung sich als daran gemessen rechtmäßig erweist799. Sind die Voraussetzungen des § 33 BauGB dagegen nicht erfüllt, bietet es sich an, die Frage nach den Rechtsschutzmöglichkeiten der Nachbargemeinde getrennt danach zu untersuchen, um welche Voraussetzung(en) es sich dabei handelt. I. Fehlende materielle Planreife mangels interkommunaler Abstimmung Wie bereits oben näher ausgeführt, kann einem Planentwurf insbesondere dann die sog. „materielle Planreife“ fehlen, wenn er noch inhaltliche Mängel in Bezug auf die interkommunale Abstimmung nach § 2 Abs. 2 BauGB aufweist800. Kann eine nach § 33 BauGB erteilte Baugenehmigung aus diesem Grund objektiv nicht auf diese Vorschrift gestützt werden, kann die Nachbarge798

S. insoweit näher unter § 14 A.–F. Die Frage nach der Behandlung von „gesetzesgemäßen aber unzumutbaren“ Baugenehmigungen kann sich auch in dieser Konstellation in Bezug auf § 33 BauGB so nicht stellen, weil ein Planentwurf, der die Tür für solche Vorhaben öffnete, im Hinblick auf § 2 Abs. 2 BauGB nicht als materiell planreif angesehen werden könnte. S. dazu Fn. 736. 800 S. dazu oben unter § 5 B. II. 4. 799

§ 14 Die Abwehrrechte gegen Baugenehmigungen im Einzelnen

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meinde diesen ihre Belange betreffenden Mangel im Verwaltungsprozess unstreitig geltend machen801. Damit steht freilich noch nicht fest, dass das fragliche Vorhaben unzulässig und die Baugenehmigung rechtswidrig ist. Wie etwa in der Zweibrücken-Entscheidung des BVerwG geschehen802, ist vielmehr weiter zu prüfen, ob die Genehmigung dann auf der Grundlage derjenigen Vorschrift zuzulassen ist, die ohne den „positiven Zulassungsgrund“ des § 33 BauGB einschlägig ist. Es schließt sich also eine Prüfung des § 34 BauGB oder § 35 BauGB an. Damit verläuft die Suche nach etwaigen Abwehrrechten der Nachbargemeinde an dieser Stelle in den gleichen Bahnen wie sie auch im Fall einer Baugenehmigung gelten, die im Geltungsbereich eines nicht abgestimmten und deshalb unwirksamen Bebauungsplans erteilt wurde803. II. Fehlen von sonstigen Voraussetzungen des § 33 BauGB Wird eine Baugenehmigung auf der Grundlage des § 33 BauGB erteilt, kann es sich freilich auch aus anderen Gründen als dem auf § 2 Abs. 2 BauGB bezogenen erweisen, dass diese Vorschrift bei objektiver Betrachtung als Zulassungstatbestand ausscheidet, weil eine ihrer Voraussetzungen nicht erfüllt ist. Hierbei ist insbesondere an den Fall zu denken, dass die materielle Planreife aus andern als den soeben erörterten Ursachen nicht gegeben ist oder etwa noch keine formelle Planreife eingetreten ist. Dann stellt sich die Frage, ob die Nachbargemeinde auch in solchen Konstellationen geltend machen kann, dass die Baugenehmigung nicht auf § 33 BauGB gestützt werden kann und eine Prüfung der §§ 34 bzw. 35 BauGB zu erfolgen hat. Auch diese Frage kann durch einen Seitenblick auf die Rechtslage zu dem Fall einer Baugenehmigung beantwortet werden, die im Geltungsbereich eines unwirksamen Bebauungsplans erteilt wurde. Diejenigen, die es dort der Nachbargemeinde verwehren, die Unwirksamkeit des Bebauungsplans geltend zu machen, wenn sich diese nicht aus § 2 Abs. 2 BauGB ergibt, weil sie dann nicht in eigenen Belangen betroffen sei, müssen zu dem gleichen Ergebnis auch bei § 33 BauGB gelangen804. Denn diese Vorschrift bewirkt nur, dass ein künftiger Bebauungsplan bereits vor seinem Inkrafttreten als Zulässigkeitsmaßstab herangezogen wird.

801 Vgl. Scheidler, UPR 2006, 337 (340); Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. II, § 33 Rn. 99; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 33 Rn. 21; VG Göttingen, Beschl. v. 10.03.2004 – 2 B 51/04 (n. v.), juris-Tz. 26; im Ergebnis auch OVG Magdeburg, Beschl. v. 05.07.2004 – 2 M 867/03 (n. v.), juris-Tz. 8. 802 Vgl. BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 – 4 C 5/01, BVerwGE 117, 25 (29 ff., 37 ff.), dort freilich mit umgekehrtem Darstellungsgang. 803 S. dazu näher oben unter § 14 E. II. 1. 804 S. dazu näher oben unter § 14 E. II. 2.

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4. Kap.: Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

Ebenso wenig, wie diese restriktive Sichtweise aber bei den Fällen des § 30 BauGB überzeugen konnte805, kann sie es an dieser Stelle. Da es auch im Rahmen des § 33 BauGB nicht entscheidend darauf ankommen kann, ob die Standortgemeinde durch eine „vorwerfbare Missachtung“ des § 2 Abs. 2 BauGB „Weichen“ gestellt hat, besteht kein Grund dafür, diese Sachverhaltsgestaltung anders zu behandeln als die zuvor erörterte. Angesichts dessen, dass die Baugenehmigung nicht an § 33 BauGB gemessen werden kann, ist auch hier schlicht zu prüfen, ob das Vorhaben nach §§ 34 bzw. 35 BauGB zuzulassen ist oder nicht. Wo das – wie regelmäßig – nicht der Fall ist, bestehen im Ergebnis Abwehrrechte der Nachbargemeinde (jdfs.806) dann, wenn das Vorhaben „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf sie entfaltet und auf diese Weise ein Planungsbedürfnis begründet. Für die sich aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 BauGB ergebenden Rechte kann es auch hier nicht erheblich sein, ob der durch die Genehmigung bewirkte Eingriff deshalb nicht gerechtfertigt ist, weil der als Rechtfertigung in Betracht kommende Planentwurf gegen § 2 Abs. 2 BauGB verstößt, oder weil der Entwurf aus einem anderen Grund unwirksam ist. Denn Art. 28 GG duldet nur insgesamt rechtmäßige Eingriffe807.

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Vgl. auch insoweit § 14 E. II. 2. S. auch an dieser Stelle im Hinblick auf § 34 Abs. 2 BauGB i.V. m. § 11 Abs. 3 BauGB oben unter § 14 B. I. 2. 807 S. dazu näher oben unter § 13 B. 806

Zusammenfassende Thesen Erstes Kapitel Subjektive Rechte der Nachbargemeinde in Bezug auf die Bauleitplanung der Standortgemeinde 1. Die traditionelle Auffassung des BVerwG, wonach die interkommunale Abstimmung nach § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB „Richtung und Gehalt“ aus dem allgemeinen Abwägungsgebot aus § 1 Abs. 7 BauGB erhalte und beim Vorliegen „unmittelbarer Auswirkungen gewichtiger Art“ auf die Belange der Nachbargemeinde durchzuführen sei, ist spätestens nach dem Inkrafttreten der BauGBNovellen 2004 und 2007 in zweifacher Hinsicht zu modifizieren. Der Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB ist danach in der Bauleitplanung bereits dann eröffnet, wenn sich der aufzustellende Plan der Standortgemeinde in „mehr als geringfügiger Weise“ auf die Standortgemeinde auswirkt, wenn also jene Bagatellgrenze überschritten ist, die auch für § 1 Abs. 7 BauGB gilt. Der Bezug des interkommunalen Abstimmungsgebots zum allgemeinen Abwägungsgebot ist andererseits dadurch gelockert, dass die dogmatische Neuausrichtung der Abwägungsdogmatik, die der Gesetzgeber 2004 für § 1 Abs. 7 BauGB angestrebt hat, § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB nicht erfasst. Der so strukturierten Abstimmungspflicht der Standortgemeinde entspricht ein Abstimmungsanspruch der Nachbargemeinde. (§ 1. A.). 2. Nach § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB kann die Nachbargemeinde von der Standortgemeinde verlangen, bei der Aufstellung von Bauleitplänen die ihr – der Nachbargemeinde – durch Raumordnungsziele zugewiesenen Funktionen zu beachten, soweit jene Pläne auf diese Funktionen nicht lediglich geringfügige Auswirkungen entfalten. Auf den Nachweis einer tatsächlichen Störung kann andererseits nicht verzichtet werden. Da mit dieser Beachtenspflicht eine Bindungswirkung im interkommunalen Verhältnis etabliert wurde, die sich im Hinblick auf den Schutzgegenstand (raumordnungsrechtlich begründete Funktionen) und die Schutzweise (strikte Beachtung, nicht lediglich abwägungsrechtliche Berücksichtigung) nicht in den dogmatischen Bahnen der abwägenden Abstimmung nach S. 1 des § 2 Abs. 2 BauGB bewegt, würde es jener Vorschrift nicht gerecht, sie lediglich als Unterfall der zuletzt genannten zu charakterisieren. § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB stellt vielmehr die Grundlage eines eigenständigen „Rechts auf interkommunalen Funktionsschutz“ dar. (§ 1. B.).

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Zusammenfassende Thesen

3. Dem in Hs. 2 des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB angesprochenen „Recht auf interkommunalen Versorgungsbereichsschutz“ kommt dagegen im Verhältnis zu § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB eine nur klarstellende Bedeutung zu. Insbesondere eine im Vergleich zur bisherigen Rechtslage zeitliche Erweiterung auf den Schutz nur „erwarteter“ Versorgungsbereiche ist mit der Neuregelung nicht eingetreten. (§ 1. C.). 4. Der Pflicht der Standortgemeinde zur formellen Beteiligung der Nachbargemeinde bei der Aufstellung eigener Bauleitpläne (§ 4 BauGB) entspricht ein Anspruch dieser Gemeinde auf formelle Abstimmung. (§ 1. D.). 5. Die Nachbargemeinde kann aus der Verletzung des § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB aus ihrem absoluten Recht aus Art. 28 Abs. 2 GG (Planungshoheit) Reaktionsrechte ableiten, die auf die Beseitigung eines unter Verletzung jener Vorschriften herbeigeführten Zustandes gerichtet sind. Dem steht weder der Regelungsgehalt dieser Vorschrift (Einrichtungsgarantie) noch die Stellung der Nachbargemeinde im Staatsaufbau oder die etwaige Einordnung eines Bauleitplans als Rechtsnorm im Wege. Für das absolute Verfahrensrecht der Nachbargemeinde aus § 4 BauGB gilt Entsprechendes. Hält man im Hinblick auf ihre Recht aus § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB einen Rückgriff auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 BauGB für ausgeschlossen, sind solche Beseitigungsansprüche zumindest aus dem einfachen Gesetzesrecht abzuleiten. (§ 2. A.). 6. Es besteht kein Grund für die Annahme, der Gesetzgeber habe seine Entscheidung, den Standortgemeinden eine planerische Gestaltungsfreiheit bei der Aufstellung von normativen Bauleitplänen einzuräumen, durch die gleichzeitige Zuerkennung von darauf bezogenen Unterlassungsansprüchen der Nachbargemeinden wieder relativiert und dadurch den Boden für im Lichte der Gewaltenteilung rechtfertigungsbedürftige Handlungsmöglichkeiten der Verwaltungsgerichte bereitet. (§ 2. B.). 7. Weder eine Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebots aus § 2 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 2 BauGB noch eine solche des Rechts auf interkommunalen Funktionsschutz aus § 2 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB kann unter die Planerhaltungsregelungen der §§ 214 Abs. 1 u. 3, 215 BauGB fallen. Insoweit kommt allenfalls eine rückwirkende Inkraftsetzung solcherart fehlerhafter Bauleitpläne durch ein ergänzendes Verfahrens i. S. d. § 214 Abs. 4 BauGB in Betracht. (§ 3. A.). 8. Eine Missachtung des Rechts der Nachbargemeinde auf formelle Beteiligung aus § 4 BauGB ist nur nach Maßgabe des § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Hs. 1 BauGB beachtlich. Auch wo diese Vorschrift nicht greift, kann noch eine Heilung durch nachträgliches ergänzendes Verfahren (s. § 214 Abs. 4 BauGB) oder durch rügelosen Ablauf der durch die BauGB-Novelle 2007 verkürzten Frist nach § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB eintreten. (§ 3. B.).

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Zweites Kapitel Rechtsschutz der Nachbargemeinde gegen Bebauungspläne der Standortgemeinde 9. Repressiver Rechtsschutz der Nachbargemeinde gegen Bebauungspläne ist im Wege der Normenkontrolle nach § 47 VwGO zu suchen, deren Zulässigkeit insbesondere nicht an etwaigen Möglichkeiten des inzidenten Rechtsschutzes scheitert. (§ 4.). 10. Vorbeugender Rechtsschutz gegen Bebauungspläne kann die Nachbargemeinde auch in Bezug auf materiell planreife Bebauungspläne nicht über einen „erweiternd“ ausgelegten § 47 VwGO erreichen. (§ 5. A.). 11. Die Zulässigkeit einer vorbeugenden Unterlassungsklage der Nachbargemeinde gegen einen drohenden Bebauungsplan scheitert zwar weder an Bedenken, die sich im Hinblick auf die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs für Klagen gegen Rechtsvorschriften ergeben könnten, noch an auf die Statthaftigkeit dieser Klageart bezogenen Einwänden. Für eine solche Klage fehlt der Nachbargemeinde aber nicht nur die Klagebefugnis, sondern zumindest nach derzeit geltender Rechtslage auch das Rechtsschutzbedürfnis, weil ihr ausreichende Möglichkeiten des nachträglichen Rechtsschutzes zur Verfügung stehen. (§ 5. B.). 12. Vorbeugenden Rechtsschutz gegen Bebauungspläne kann die Nachbargemeinde auch nicht über Feststellungsklagen erreichen. Insbesondere kann entgegen der Ansicht des BVerwG nicht die Feststellung begehrt werden, dass die Standortgemeinde nicht zur „Fortführung der Ortsplanung“ berechtigt sei. Insoweit scheidet nicht nur die Einordnung der Normerlassbefugnis dieser Kommune als feststellungsfähiges Rechtsverhältnis aus, sondern es fehlt der Nachbargemeinde auch insoweit das Rechtsschutzbedürfnis. (§ 5. C.). 13. Den Aufstellungsbeschluss der Standortgemeinde (§ 2 Abs. 2 S. 1 BauGB) kann die Nachbargemeinde weder im Wege der Anfechtungs-, der allgemeinen Leistungs- noch einer Feststellungsklage isoliert angreifen. (§ 6. A.). 14. Die isolierte Anfechtung einer etwaigen Plangenehmigung (§ 10 Abs. 2 BauGB), scheitert zwar nicht an der Verwaltungsaktsqualität jener Maßnahme auch in Bezug auf die Nachbargemeinde, wohl aber an deren mangelnder Klagebefugnis und dem auch auf bauplanungsrechtliche Rechtssetzungsverfahren anwendbaren § 44a S. 1 VwGO. (§ 6. B.). 15. Die Nachbargemeinde ist nicht in der Lage, ihre Ansprüche auf materielle und formelle Abstimmung im Laufe eines noch andauernden Planaufstellungsverfahrens der Standortgemeinde vermittels einer Leistungsklage unmittelbar durchzusetzen. Eine solche Klage scheiterte an dem auch auf Leistungsbegehren analog (§ 2 Abs. 2 BauGB) bzw. unmittelbar (§ 4 BauGB) anwendbaren § 44a S. 1 VwGO, zumindest aber am fehlenden Rechtsschutzbedürfnis. (§ 6. B.).

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Drittes Kapitel Rechtsschutz der Nachbargemeinde gegen Flächennutzungspläne der Standortgemeinde 16. Die traditionelle Auffassung der h. M., bei dem Flächennutzungsplan handle es sich um ein „Rechtsinstitut sui generis“, dem insbesondere keine Rechtsnormqualität zukomme (§ 8. A.), erweist sich als zu undifferenziert. Nicht nur Darstellungen zum Außenbereich mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB (sog. Konzentrationszonendarstellungen – § 8. B.), sondern alle Darstellungen zum Außenbereich, die hinreichend konkret sind, um als Maßstab für eine Vereinbarkeitsprüfung für ein Bauvorhaben zu dienen, und die durch die tatsächliche Entwicklung nicht überholt wurden (hier sog. Maßstabsdarstellungen – § 8. C.), sind im intra- wie im interkommunalen Verhältnis in Bezug sowohl auf privilegierte als auch auf nicht-privilegierte Vorhaben als materielle Rechtsvorschriften anzusehen. 17. Darstellungen zum unbeplanten Innenbereich (§ 8. D.) und solche im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans (§ 8. E.) erfüllen entgegen anders lautender Stellungnahmen aus der jüngeren Literatur nicht die Voraussetzungen einer Rechtsvorschrift im materiellen Sinne. Darstellungen im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans sind als Rechtsvorschriften anzusehen, wenn trotz des Bebauungsplanes § 35 BauGB zur Anwendung kommt und ein Bauvorhaben infolgedessen an einer Maßstabsdarstellung zu messen wäre, nicht aber, wenn ergänzend auf § 34 BauGB zurückzugreifen wäre (§ 8. F.). Die damit hier im Ergebnis vorgeschlagene Unterteilung der Rechtsnatur des Flächennutzungsplans entlang der Grenze von Innen- und Außenbereich entspricht den Wertungen der jüngeren gesetzgeberischen Entwicklung des Bauplanungsrechts. (§ 8. G.). 18. Repressiver Rechtsschutz gegen normative Flächennutzungsplandarstellungen ist zwar nicht nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, wohl aber analog § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zu gewährleisten. § 47 Abs. 2a VwGO 2007 kommt insoweit nicht zur Anwendung. (§ 9. A.). I.Ü. richten sich die Rechtsschutzmöglichkeiten gegen solche Darstellungen nach den zum Bebauungsplan geltenden Grundsätzen. (§ 9. B.). 19. Repressiver Rechtsschutz gegen nicht-normative Flächennutzungsplandarstellungen ist im Wege einer allgemeinen Leistungsklage zu bewerkstelligen, deren Statthaftigkeit insbesondere nicht mit dem Argument bestritten werden kann, etwas Nichtiges könne nicht mehr beseitigt werden. (§ 10. A.). Etwaige Feststellungsklagen scheiden dagegen anders als von der h. M. befürwortet aus, unabhängig davon, ob – was vielfach ohnehin nicht präzisiert wird – beantragt wird festzustellen, dass die beanstandete Darstellung nichtig sei, dass der Standortgemeinde ein Beseitigungsanspruch zustehe, dass die Nachbargemeinde keine

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Beachtenspflicht im Hinblick auf den Flächennutzungsplan treffe, dass die Standortgemeinde nicht zur Planaufstellung berechtigt gewesen sei oder dass die Standortgemeinde durch die Darstellungen in ihren Rechten verletzt worden sei. (§ 10. B.). 20. Der Versuch der Nachbargemeinde, eine inzidente Kontrolle nicht-normativer Flächennutzungsplandarstellungen durch eine prinzipale Kontrolle eines daraus entwickelten Bebauungsplans zu erreichen, hat von vornherein ein begrenztes Einsatzfeld, da er nur dann überhaupt zum Tragen kommen kann, wenn die Standortgemeinde auch tatsächlich einen Bebauungsplan aufgestellt hat. Selbst dann erweist sich der praktische Nutzen dieser Vorgehensweise auf dem Boden der insbesondere von der Rechtsprechung zu § 214 Abs. 2 BauGB eingenommen Haltung als gering, da die OVGe bzw. VGHe durchweg auf eine abschließende Stellungnahme zur Wirksamkeit des Flächennutzungsplans verzichten können. Richtigerweise ist eine solche Prüfung dagegen (immerhin) in den Fällen zwingend anzustellen, in denen die Nachbargemeinde die Hürde der Zulässigkeit des gegen den Bebauungsplan gerichteten Normenkontrollantrags überwinden kann und eine Heilung nach § 215 BauGB verhindert wurde. (§ 10. C.). 21. Präventiver Rechtsschutz gegen nicht-normative Darstellungen eines Flächennutzungsplans scheidet nach derzeitiger Rechtslage – an den Ergebnissen zum Bebauungsplan gemessen: erst recht – aus. (§ 11.). Viertes Kapitel Der Rechtsschutz der Nachbargemeinde gegen Baugenehmigungen 22. Subjektive Rechte der Nachbargemeinde gegen Baugenehmigungen, die für ein Vorhaben auf dem Gebiet der Standortgemeinde erteilt wurden, lassen sich jdfs. nicht aus einer analogen oder gar unmittelbaren Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB im Rahmen der §§ 29 ff. BauGB ableiten. Das gilt nicht nur für die in der Literatur teils durchgehend befürwortete Heranziehung des § 2 Abs. 2 BauGB (§ 12. B., C. I.), sondern auch für die von der Rechtsprechung für die Fälle einer „Weichenstellung“ durch die Standortgemeinde der Sache nach praktizierte Anwendung dieser Vorschrift (§ 12. A., C. II.). 23. Der von einem T. d.L. befürwortete Rückgriff auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG (§ 12. B. II.), ist dagegen nicht grundsätzlich ausgeschlossen, hängt aber in großem Maße von der Ausgestaltung des einfachen Rechts durch den Gesetzgeber ab. Anders als es teils im Grundrechtsbereich vertreten wird, ist es jdfs. im Hinblick auf die von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG geschützte Planungshoheit nicht von vornherein ausgeschlossen ist, bei der Erteilung einer Genehmigung für privates (Bau-)Verhalten auf dem Gebiet der Standortgemeinde in eingriffsrechtlichen Kategorien zu denken. Ob eine Genehmigung im Einzelfall als Eingriff

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anzusehen ist, kann andererseits auch nicht pauschal beantwortet werden, sondern hängt maßgeblich von der Auslegung des einfachen Gesetzes ab, das einen Eingriff beim Vorliegen unzumutbarer Auswirkungen nicht mehr verneinen, ihn zuvor aber – insbesondere durch die Einräumung subjektiver Rechte, nicht aber allein dadurch – bejahen kann. Diese Auslegung ist angesichts der vom Gesetzgeber konkret gewählten Systematik für jeden der in §§ 29 ff. BauGB vorgesehenen Planbereiche gesondert durchzuführen. (§ 13. A.). 24. Soll die Rechtfertigung von Eingriffen in die Planungshoheit der Nachbargemeinde beurteilt werden, die durch gesetzeswidrige Baugenehmigungen bewirkt wurden, ist zu differenzieren. Begründen Baugenehmigungen einen Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde, weil sie gegen subjektivrechtlich ausgestaltetes Gesetzesrecht verstoßen, sind sie schon wegen dieses Verstoßes rechtswidrig – in diesem Fall stellt sich freilich die Frage nach einem Rückgriff auf Verfassungsrecht nicht. Begründen Baugenehmigungen dagegen einen Eingriff, weil sie der Nachbargemeinde unverhältnismäßige (unzumutbare) Auswirkungen aufbürden, sind sie gleichfalls stets rechtswidrig, dies freilich, ohne dass es insoweit im Ergebnis überhaupt noch auf die Frage nach einem Gesetzesverstoß ankäme. Hat der Gesetzgeber dagegen in einem bestimmten Planbereich auf die Subjektivierung der konturierenden Gesetze verzichtet aber trotzdem (implizit) klargestellt, ab welchem Beeinträchtigungsgrad eine solche Genehmigung als Eingriff anzusehen ist, so ist dieser Eingriff nur gerechtfertigt, wenn jene Baugenehmigung im Einklang mit dem einschlägigen Gesetzesrecht steht. Denn Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG duldet – insoweit Art. 2 Abs. 1 GG und der dort gebräuchlichen „Elfes“-Formel ähnlich – nur insgesamt gesetzesmäßige Eingriffe. (§ 13. B.). 25. Liegen die – vornehmlich durch das einfache Gesetzesrecht bestimmten Voraussetzungen – für die Einordnung einer Baugenehmigung als nicht gerechtfertigter Eingriff in die Planungshoheit der Nachbargemeinde vor, können dem Rückgriff auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG keine Bedenken entgegen gehalten werden, die aus der „Rahmenhaftigkeit“ des Verfassungsrechts, angeblichen „Versteinerungsgefahren“ für die einfachgesetzliche Rechtsordnung, aus dem Verhältnis der Fachgerichte zur Verfassungsgerichtsbarkeit oder der Beachtung der grundrechtlichen Gesetzesvorbehalte herrühren. (§ 13. C.). 26. Wird ein Vorhaben im unbeplanten (diffusen) Innenbereich i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB zugelassen, so hat die Nachbargemeinde dagegen ein aus dem einfachen Gesetzesrecht (§ 34 Abs. 3 BauGB) abgeleitetes Abwehrrecht, wenn dieses Vorhaben „schädliche Auswirkungen“ auf ihre „zentralen Versorgungsbereiche“ entfaltet, also tatsächliche Beeinträchtigungen auf vorhandene oder zumindest in einem außenverbindlichen Plan als zu entwickelnd gekennzeichnete Versorgungsbereiche aller Stufen (einschließlich reiner Nahversorgungsbereiche) verursacht. Diese Auswirkungen müssen von einem solchen Gewicht sein, dass

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die dadurch entstehende Konfliktlage nach einem planerischen Ausgleich verlangt. Diese Grenze kann – was freilich nicht zwingend ist – schlagwortartig mit der Formel von den „unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art“ bezeichnet werden. Daraus folgt zugleich, dass die Nachbargemeinde zumindest aus § 34 Abs. 1 u. 3 BauGB selbst kein Abwehrrecht ableiten kann, wenn entweder das Vorhaben mit § 34 Abs. 1 u. 3 BauGB in Einklang steht, aber dennoch gewichtige Auswirkungen auf die Nachbargemeinde hat, oder das Vorhaben zwar § 34 Abs. 3 BauGB gerecht wird, aber gegen § 34 Abs. 1 BauGB verstößt und gewichtige Auswirkungen auf (nicht in § 34 Abs. 3 BauGB genannte) städtebauliche Belange der Nachbargemeinde entfaltet. (§ 14. A. I.). 27. Über das aus § 34 Abs. 3 BauGB abgeleitete einfachgesetzliche subjektiv-öffentliche Recht hinaus kann die Nachbargemeinde auch die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG geltend machen, wenn eine Baugenehmigung für ein Vorhaben im unbeplanten diffusen Innenbereich der Standortgemeinde gegen § 34 Abs. 1 BauGB verstößt und sich im o. g. Sinne in „unmittelbar gewichtiger Art“ auf ihre städtebaulichen Belange auswirkt. (§ 14. A. III. 1.). 28. Im Hinblick auf Bauvorhaben im unbeplanten diffusen Innenbereich der Standortgemeinde, die die einfachgesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllen, für die Nachbargemeinde aber dennoch mit unzumutbaren Auswirkungen auf ihre städtebaulichen Belange verbunden sind, steht der Nachbargemeinde ein aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG abzuleitender – und deshalb auch nicht durch § 1 Abs. 3 S. 2 BauGB ausgeschlossener – Anspruch auf interkommunal abgestimmte Normsetzung gegen die Standortgemeinde zu, der auf die Verhinderung solcherart unzumutbarer Entwicklungen gerichtet ist und im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gesichert werden kann. Unterhalb dieser äußersten Beeinträchtigungsgrenze kann sich die Nachbargemeinde gegen Bauvorhaben im unbeplanten diffusen Innenbereich der Standortgemeinde, die die einfachgesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllen, nicht wehren. (§ 14. A. III. 2.). 29. Im Hinblick auf Bauvorhaben im unbeplanten baugebietsgleichen Innenbereich der Standortgemeinde (§ 34 Abs. 2 BauGB), steht der Nachbargemeinde nicht nur ein einfachgesetzliches Abwehrrecht aus § 34 Abs. 3 BauGB zu. Aus § 11 Abs. 3 BauNVO entsteht vielmehr ein – weiterreichendes – Recht, wenn ein Vorhaben auf der Grundlage des § 34 BauGB in einer „näheren Umgebung“ zugelassen wird, die zwar einem der Baugebiete der BauNVO entspricht, es sich dabei aber gerade nicht um ein Kerngebiet i. S. d. § 7 BauNVO handelt, und das Vorhaben – tatsächlich und nicht lediglich vermutet – „nicht nur unwesentliche“ Auswirkungen auf die von dieser Vorschrift erfassten Belange der Nachbargemeinde entfaltet. Der Rückgriff auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG bemisst sich i. Ü. nach den zu § 34 Abs. 1 BauGB geltenden Grundsätzen. (§ 14. B.).

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30. Wird ein nicht-privilegiertes Vorhaben im Außenbereich der Standortgemeinde genehmigt, das „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf die Nachbargemeinde entfaltet, bedeutet das, dass ein objektives Planungserfordernis besteht, das nicht nur zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung (§ 35 Abs. 3 S. 1 BauGB), sondern auch zur Rechtsverletzung auf Seiten der Nachbargemeinde führt, wobei sich diese Verletzung allerdings entgegen der Rspr. nicht aus jener einfachgesetzlichen Vorschrift, sondern aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ergibt. Ob das Vorhaben daneben auch noch an dem öffentlichen Belang des Widerspruchs zu den Darstellungen eines (alten) Flächennutzungsplans scheitert oder die Standortgemeinde „die Weichen in Richtung Zulassung“ durch die Aufstellung eines neuen Flächennutzungs- oder Bebauungsplans gestellt hat, ist für die Rechtsschutzmöglichkeiten der Nachbargemeinde ebenso unerheblich, wie der Grund für die Unwirksamkeit dieses Plans. Diese Grundsätze erfahren nur in dem Sonderfall eine Modifizierung, in dem das genehmigte Vorhaben die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 BauNVO erfüllt. Hier besteht ein Abwehrrecht der Nachbargemeinde – parallel zur Rechtslage im unbeplanten Innenbereich – bereits dann, wenn dieses Vorhaben „nicht nur unwesentliche Auswirkungen“ auf die städtebaulichen Belange der Nachbargemeinde entfaltet. (§ 14. C.). 31. Wird ein privilegiertes Vorhaben im Außenbereich genehmigt, kommt ein Abwehrrecht der Nachbargemeinde wegen der im Vergleich zu nicht-privilegierten Vorhaben anders gelagerten gesetzgeberischen Wertung nur in dem Fall in Betracht, dass ein im Außenbereich verwirklichtes Vorhaben die Nachbargemeinde in unzumutbarer Weise beeinträchtigt. In diesem extremen Ausnahmefall dürfte bereits das „Entgegenstehen“ des öffentlichen Belangs des „Planungserfordernisses“ nicht mehr verneint werden können, sodass es hier keiner Lösung über einen Planungsanspruch bedarf, sondern Abwehrrechte aus § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB i.V. m. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG abgeleitet werden können. (§ 14. D.). 32. Wird eine Baugenehmigung im Bereich eines wirksamen Bebauungsplans erteilt, stehen der Nachbargemeinde im Ergebnis Abwehrrechte zu, wenn diese Genehmigung entweder • gegen Festsetzungen verstößt, die dem Schutz der Nachbargemeinde zu dienen bestimmt sind, was freilich nur in seltenen Fällen anzunehmen sein wird, oder • ein Vorhaben betrifft, das unter § 11 Abs. 3 BauNVO fällt, sich aber nicht in einem Kern- oder dafür festgesetzten Sondergebiet befindet und „nicht unwesentliche Auswirkungen“ i. S. d. Vorschrift auf die Nachbargemeinde entfaltet, oder • gegen nicht-nachbarschützende Vorschriften verstößt und „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf die Nachbargemeinde entfaltet, die ein Pla-

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nungsbedürfnis auslösen; in diesem Falle ist es im Ergebnis ohne Belang, ob von den fraglichen Festsetzungen ausdrücklich befreit wurde oder nicht. In all diesen Fällen kommt es nicht darauf an, ob die Standortgemeinde zuvor einen Versuch unternommen hat, einen (nicht abgestimmten) Bebauungsplan aufzustellen, um damit „die Weichen in Richtung Zulassungsentscheidung“ zu stellen. Erweist sich die Baugenehmigung dagegen als an dem wirksamen Bebauungsplan gemessen rechtmäßig, scheidet ein Abwehrrecht der Nachbargemeinde auch bei noch so gewichtigen Auswirkungen des genehmigten Vorhabens aus. (§ 14. E. I.). 33. Wird die Baugenehmigung auf der Grundlage eines Bebauungsplans der Standortgemeinde erteilt, der nicht wirksam ist, weil der Plan mit der Nachbargemeinde nicht in einer dem § 2 Abs. 2 BauGB genügenden Weise abgestimmt ist, ist die Zulässigkeit des Vorhabens und damit die Rechtmäßigkeit der Genehmigung anhand der ohne den Plan maßgeblichen Vorschriften entweder des § 34 BauGB oder des § 35 BauGB zu beurteilen. Die Abwehrmöglichkeiten der Nachbargemeinde richten sich dann nach den zu diesen Vorschriften geltenden Grundsätzen, ohne dass es darauf ankäme, ob das Verhalten der Standortgemeinde „vorwerfbar“ ist oder nicht. Erweist sich der Bebauungsplan zwar als interkommunal abgestimmt, aber aus anderen Gründen unwirksam, gilt entgegen der insbesondere in der Rspr. vertretenen Auffassung Gleiches. (§ 14. E. II.). 34. Ändert die Standortgemeinde einen bereits früher aufgestellten Bebauungsplan, hat sie dabei aber gegen §§ 1 Abs. 8, 2 Abs. 2 BauGB verstoßen, so ist auch an dieser Stelle weiter zu prüfen, nach welchen Bestimmungen sich die Zulässigkeit des Vorhabens ohne die Planänderung bemisst. Das ist in erster Linie § 30 Abs. 1 BauGB i.V. m. mit den Festsetzungen des ungeänderten Bebauungsplans. Nur dann, wenn sich auch dieser Plan als unwirksam erweisen sollte, kommen auch an dieser Stelle wieder die §§ 34, 35 BauGB zum Zuge. Ist dagegen zwar die Änderung des Bebauungsplans, nicht aber dieser selbst unwirksam, sind der Nachbargemeinde Abwehrrechte zuzusprechen, wenn das fragliche Vorhaben „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf die Nachbargemeinde zeitigt und mit den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht übereinstimmt. Dieses Ergebnis lässt sich zwar nicht durch eine unveränderte Übertragung der zu § 35 Abs. 3 BauGB geltenden einfachgesetzlichen Erwägungen, wohl aber über einen Rückgriff auf § 30 Abs. 1 BauGB i.V. m. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG begründen. Genügt die Änderung des Bebauungsplans zwar den sich aus § 2 Abs. 2 BauGB ergebenden Anforderungen, verstößt sie aber gegen andere nach § 1 Abs. 8 BauGB zu beachtende Vorschriften, stellt sich das oben zur erstmaligen Bebauungsplanaufstellung genannte Problem in vergleichbarer Weise, hat aber entgegen der Rspr. auch an dieser Stelle keinen maßgeblichen Einfluss auf die Rechtsschutzmöglichkeiten der Nachbargemeinde. (§ 14. E. III.).

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35. Wird eine Baugenehmigung für ein Vorhaben im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans erteilt, beantwortet sich die Frage nach etwaigen Abwehrrechten der Nachbargemeinde abhängig davon, gegen welche Bestimmung bei der Erteilung der Baugenehmigung verstoßen wurde, anhand der insoweit zu §§ 30 Abs. 1, 34, 35 BauGB entwickelten Maßstäbe. (§ 14. F.). 36. Wird eine Baugenehmigung auf der Grundlage des § 33 BauGB erteilt, scheiden Abwehrrechte der Nachbargemeinde von vornherein aus, wenn die Baugenehmigung sich als daran gemessen rechtmäßig erweist. Liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung nach § 33 BauGB dagegen nicht vor, verläuft die Suche nach etwaigen Abwehrrechten der Nachbargemeinde an dieser Stelle in den gleichen Bahnen wie sie auch im Fall einer Baugenehmigung gelten, die im Geltungsbereich eines nicht abgestimmten bzw. aus sonstigen Gründen unwirksamen Bebauungsplans erteilt wurde. (§ 14. G.).

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Sachverzeichnis Abgrabungskonzentrationszonen 243 f., 256 f. Absolutes Recht 131 ff., 138 ff., 163 ff. Abstimmungsanspruch 33 ff., 160, 220, 223, 225, 579 Abstimmungsbedarf – s. Schutzbedarf Abstimmungspflicht 33 ff., 160, 172, 222 f., 297, 326, 573, 579 Abwägungsfehlerlehre 39, 59, 73 ff., 93 Abwehrrecht – s. Beseitigungs- u. Unterlassungsanspruch, Rechtsschutz Analogie – und § 2 Abs. 2 BauGB 368 ff., 376 ff., 379 ff., 505 f., 508, 541, 544, 563 f., 583 – und § 10 Abs. 3 S. 3 BauGB 271 – und § 31 Abs. 2 BauGB 562 ff., 573 – und § 42 VwGO 195 f., 200 – und § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO 303 ff., 582 – und § 47 Abs. 2a VwGO 311 f. – und § 95 Abs. 1 S. 1 BVerfGG, Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG 531 – Voraussetzungen 223 f., 305, 376 Anfechtungsklage – gegen Baugenehmigungen 345, 476 ff. – gegen Planaufstellungsbeschlüsse 209 ff., 312 – gegen Plangenehmigungen 211 ff., 312 – gegen Flächennutzungspläne 313 Antragsbefugnis 182 f., 309 ff., 333 f. Anwendungsvorrang (des einfachen Rechts) 395, 421 ff., 460, 464 f., 469 Atypische Feststellungsklage 327 ff. Aufhebungsanspruch – s. Beseitigungsanspruch Aufstellungsbeschluss 209 ff., 318, 581

Ausgestaltung, normative 135 ff., 159, 312, 390, 404 ff., 406 ff., 465 ff. Ausnahme – Abgrenzung zur nachvollziehenden Abwägung 252 ff. – Bebauungsplan 253 f. Außenbereich – Bedeutung für den Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen 542 ff., 555 ff., 586 – Bedeutung für den Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne 239 ff., 274 ff., 301 f. Außenwirksamkeit 232, 250 ff. Außerkrafttreten bei Funktionslosigkeit 269 f., 558 Aussetzungsanspruch 516 ff. Baugenehmigung – als Eingriff in die Planungshoheit 390 ff., 506 ff., 541 f., 583 f. – Rechtsnatur – s. dort – Rechtsschutz gegen – s. dort Baumarkt-Entscheidung 351 ff., 363, 370, 372 Bebauungsplan – Einfacher 300, 576 – Qualifizierter 299 f., 557 ff. – Rechtsnatur – s. dort – Rechtsschutz gegen Feststetzungen – s. Rechtsschutz Beeinträchtigungsintensität – s. Schutzbedarf Befreiung 254, 354 f., 361, 380 f., 384 f., 562 ff. Beseitigungsansprüche 131 ff., 172 ff., 314, 317, 321 ff., 325 f., 330, 474 f., 580, 582

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Sachverzeichnis

Beteiligung 130 ff., 160 ff., 180 f., 196, 226, 310, 580 Darstellungen des Flächennutzungsplans – Rechtsnatur – s. dort – Rechtsschutz gegen Darstellungen – s. Rechtsschutz Dosenpfand 328, 330 Drittschutz – Bebauungsplanfestsetzungen 559 f., 567, 586 – Einfaches Gesetzesrecht 381, 400, 558, s. ferner Kombinationstheorie Eigentum (Grundrecht) 251 f., 258 ff., 392 ff., 406 ff., 441 f., 450, 475 Eingriff – in Grundrechte 311, 390 ff. – in die Planungshoheit (Selbstverwaltungsgarantie) 65 f., 126, 133 ff., 374, 390 ff., 406 ff., 506 ff., 542, 545, 550 f., 554, 556, 565 f., 571, 574 f., 578, 583 f. Einrichtungsgarantie – und Art. 28 Abs. 2 GG 134 ff., 390, 404 ff., 451, 455 ff., 524 f., 580. – und Art. 127 WRV 134 f., 455 Einstweiliger Rechtsschutz – im Zusammenhang mit Baugenehmigungen 349, 509 ff., 530 f. – im Zusammenhang mit Bebauungsplänen 186, 202 f. – im Zusammenhang mit Flächennutzungsplänen 347 Einzelhandel 41 ff., 94 ff., 118 ff., 289, 355, 358 f., 477 ff. Elfes-Rechtsprechung 426 ff., 584 Entwicklungsgebot 234, 299, 302, 333 ff. Erstplanungspflicht 60, 89, 510 ff. Europarechtsanpassungsgesetz Bau (EAG Bau) 27 ff. und passim

Fachplanungsrecht 37, 373, 439, 440 ff., 471 Factory Outlet Center 39, 355, 548 Faktische Beeinträchtigung 63, 65 f., 85 f., 105, 297, 390 ff., 559 Fehlerfolgenregelung 75, 93, 173 ff., 213, 334 ff. Feststellungsklage 206 ff., 210, 219 f., 320 ff. Flächennutzungsplan – Abhängigkeit vom Bebauungsplan – s. Entwicklungsgebot – Rechtsnatur – s. dort – Rechtsschutz gegen – s. dort Folgenbeseitigungsanspruch 474 Fristausnutzungsanspruch 516 ff. Funktionslosigkeit (eines Bauleitplans) 269 f., s. ferner Außerkrafttreten Funktionsschutz 94 ff., 158 ff., 179 f., 225 f., 579 f. Gebietserhaltungsanspruch – s. Schicksalsgemeinschaft Genehmigung – Baugenehmigung – s. dort – Plangenehmigung – s. dort Geringfügigkeitsschwelle – s. Schutzbedarf Gesetzesvorbehalt 134, 268, 312, 424 f., 433 f., 438, 449 f., 455 f., 473 ff., 584 Gewaltenteilung 164 ff., 199, 332, 422 f., 465, 528, 580 Gewerbegebiet 46, 361, 385, 445, 489, 560 Grundrechte – Eigentumsgrundrecht – s. Eigentum – gegenüber der Selbstverwaltungsgarantie 65 f., 133 ff., 390 ff., 424 ff. Innenbereich – Bedeutung für den Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen 476 ff., 532 ff. – Bedeutung für den Rechtsschutz gegen Flächennutzungspläne 294 ff., 301 f.

Sachverzeichnis Institutionelle Garantie 134 ff., 521 ff. Institutionelle Grundrechtstheorie Interkommunale Abstimmung – stimmungspflicht u. -recht Inzidenter Rechtsschutz 157, 206 ff., 238 f., 273, 307, 329 ff., 333 ff., 581, 583 Isolierte Rechtsbehelfe 214 ff., 226, 581

450 ff., 469 f. s. Ab183 f., 317 f., 221 ff.,

Kerngebiet 57, 289, 533, 541, 546, 585 Klagebefugnis 182 f., 200, 214, 316 f. Kombinationstheorie 103, 138, 149, 151, 528, 533, 545 Konstituierung, normative 407 ff. Konturierung, normative 407 ff., 413 ff., 421, 426, 462, 464 f., 558, 584 Konzentrationszonen 29, 239 ff., 301 f., 304, 308, 309, 582 Krabbenkamp-Entscheidung, -Formel 34 ff., 52 ff., 90 f., 350, 499 ff., 543 f. u. passim. Landesplanung(srecht) 95 ff., 158 f., 510, 534 Leistungsklage 220 ff., 313 ff., s. ferner Unterlassungsklage Maßstabsdarstellung 290 f., 292, 294, 301, 582 Metamorphose 28, 50 f., 64 Missbräuchliches Verhalten – s. Vorwerfbarkeit Mülheim-Kärlich-Entscheidung des BVerwG vom 17.09.2003 50 f., 510 ff. Multiplex-Kino 354 f. Nachbargemeinde (Terminologie) 31 Nachvollziehende Abwägung 236 f., 240, 242 f., 246, 249, 252 ff., 274 ff., 298 Nahversorgungsmarkt-Entscheidung 359 ff.

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Nassauskiesungsbeschluss 392 Nicht-privilegierte Vorhaben 279, 281, 283, 285 ff., 370, 542 ff., 556, 582, 586 Normenkontrolle – gegen Bebauungspläne 182 ff., 185 ff., 333 ff. – gegen Flächennutzungsplandarstellungen 303 ff. Normexterner Rückgriff – s. Rückgriff Norminterner Rückgriff – s. Rückgriff Objektive Rechtsinstitutionsgarantie 136 Objektives Kontrollverfahren 178, 183, 185, 334, 344 f. Öffentlicher Belang 49 f., 239 ff., 477, 479, 484, 488, 512, 516, 543 ff., 554 ff., 562 ff., 570, 572 ff. Planaufstellungsbeschluss 209 ff. Planentwurf 169 ff., 186 f., 203 f., 356, 576 ff. Planerhaltungsanspruch – s. Gebietserhaltungsanspruch Plangenehmigung 186, 211 ff., 582 Planreife 186 f., 203 f., 244, 336, 576 ff., 581 Planungsbedürfnis 357 f., 499, 512 ff., 542 ff., 553, 556, 566, 568 ff., 578 Planungshoheit 25 f., 36, 40, 51, 60, 65 ff., 83, 85 f., 98, 103, 122, 133 ff., 158 ff, 163 ff., 212, 312, 373, 388 ff., 507, 513, 520 ff., 534, 542, 550, 554, 556, 565 f., 574 Planungspflicht – s. Erstplanungspflicht Präklusion 196, 308, 311 f. Präventiver Rechtsschutz 185 ff., 312, 347 f. Praktische Konkordanz 84 ff., 175, 410, 412, 418 Primärrechte – Recht auf interkommunale Abstimmung – s. Abstimmungsanspruch – Recht auf interkommunalen Funktionsschutz – s. Funktionsschutz

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– Recht auf interkommunalen Versorgungsbereichsschutz – s. Versorgungsbereichsschutz – Terminologie 33 Privilegierte Vorhaben 239 ff., 291 f., 301 f., 367, 555 ff., 582, 586 Raumordnung(srecht) 94 ff., 126 f., 129, 132 ff., 241, 253, 256 ff., 291, 352, 377, 440, 477, 492, 534 f., 579 Recht auf interkommunale Abstimmung – s. Abstimmungsanspruch Recht auf interkommunalen Funktionsschutz – s. Funktionsschutz Recht auf interkommunalen Versorgungsbereichsschutz – s. Versorgungsbereichsschutz Rechtfertigung (von Eingriffen in die Selbstverwaltungsgarantie) 424 ff. Rechtsnatur – Baugenehmigung 349 – Bebauungspläne 182, 263 – Flächennutzungspläne 227 ff. Rechtsschutz – gegen Aufstellungsbeschlüsse 209 ff. – gegen Baugenehmigungen 349 ff., 476 ff. – gegen Bebauungspläne 182 ff. – gegen Flächennutzungspläne 227 ff. – gegen Plangenehmigungen 211 ff. – zur Durchsetzung von Abstimmungsansprüchen 220 ff. Rechtsschutzbedürfnis, -interesse 183 f., 190 f., 200 ff., 208 f., 212, 218 f., 225, 311, 317 ff., 325 f., 347, 581 Rechtsverletzung (bei Eingriffen in die Planungshoheit) 424 ff. Rechtsvorschrift – Bebauungsplanfestsetzungen 182, 263 – Begriff 230 ff. – Flächennutzungsplandarstellungen 232 ff., 239 ff., 301 f., 582 Rechtswidrigkeitszusammenhang 431, 454, 461, 463 f.

Rechtszersplitterung 237 f., 271 f., 304, 309 Repressiver Rechtsschutz 182 ff., 208 ff., 302 ff., 349 ff., 476 ff. Rückgriff (auf Verfassungsrecht) – normexterner 373, 375, 388 ff. – norminterner 388 f. Rücksichtnahmegebot – Gebot der kompetenziellen Rücksichtnahme 84 ff. – Interkommunales Rücksichtnahmegebot – s. Abstimmungsanspruch und -pflicht – und praktische Konkordanz s. dort Schädliche Auswirkungen 62, 480 f., 485 ff., 563, 584 Schicksalsgemeinschaft 107 f., 399 f., 559 Schlachthof-Entscheidung 47, 86, 350 f., 352 f., 363, 367, 370, 554 Schutzbedarf – bei der allgemeinen bauplanungsrechtlichen Abwägung 48, 52, 74 – bei der interkommunalen Abstimmung 34 ff., 38 f., 41 ff., 52 ff. – bei dem interkommunalen Funktionsschutz 100 ff. – bei dem „interkommunalen Versorgungsbereichsschutz“ 127 ff. – bei § 34 Abs. 3 BauGB 485 ff. Schutzgegenstand – bei der interkommunalen Abstimmung 40 f. – bei dem interkommunalen Funktionsschutz 95 ff. – bei dem „interkommunalen Versorgungsbereichsschutz“ 121 ff. – bei § 34 Abs. 3 BauGB 479 ff. Schutznormtheorie – s. Kombinationstheorie Schutzpflichten, verfassungsrechtliche – Grundrechte 390 ff., 410 f., 464, 468, 523 f.

Sachverzeichnis – Selbstverwaltungsgarantie 410 ff., 468, 523 ff. Schutzweise – bei der allgemeinen bauplanungsrechtlichen Abwägung 73 f. – bei der interkommunalen Abstimmung 34 ff., 38, 72 ff. – bei dem interkommunalen Funktionsschutz 110 ff. – bei dem „interkommunalen Versorgungsbereichsschutz“ 126 f. Sekundärrechte – Beseitigungsanspruch – s. dort – Terminologie 33, 131 – Unterlassungsanspruch – s. dort Selbstverwaltungsgarantie 134 ff., 406 ff., 453 ff., 465 ff., vgl. ferner Planungshoheit Sondergebiet 57, 119, 128, 289, 359, 385, 495, 533, 541, 551, 558 f., 567, 586 Standortgemeinde (Terminologie) 31 Statthaftigkeit 29, 190, 194 ff., 201, 207, 208, 211 f., 213, 221, 229 ff., 244 ff., 272, 303 ff., 314 ff., 321, 326, 347, 530, 581 f., s. ferner bei den betreffenden Antrags- bzw. Klagearten Subjektive Rechte – Abwehrrechte – s. Beseitigungs- u. Unterlassungsanspruch – Begriff 138, 149 – Recht auf interkommunale Abstimmung – s. Abstimmungsanspruch – Recht auf interkommunalen Funktionsschutz – s. dort – Recht auf interkommunalen Versorgungsbereichsschutz – s. dort – Recht auf kommunale Selbstverwaltung – s. Planungshoheit, Selbstverwaltungsgarantie Subjektive Rechtsstellungsgarantie 136, 527 f. Stuhr-Entscheidung 361 f. Teilflächennutzungsplan 244

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Unabhängige Expertenkommission 27 Unbeachtlichkeit – s. Fehlerfolgenregelung Unmittelbare Außenwirksamkeit – Außenwirksamkeit – s. dort – Unmittelbarkeit – 251 Unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art – s. Krabbenkampformel Unterlassungsanspruch 163 ff. Unterlassungsklage 189 ff., 319, 347 f., 581 Unzumutbarkeit 60 ff., 71, 86, 374 f., 382, 396, 398 f., 418 ff., 462, 496, 496 ff., 538, 543 Veränderungssperre 484 f., 510, 517 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 84 ff., 126, 258, 374, 419, 448 Verkaufsfläche 45, 97, 361, 363, 503 f., 510 Verkündung 232 f., 271 Vermutungen – gesetzliche 127 ff., 249, 256, 486, 488 ff., 549 – rechtsmethodische 79 f., 121 Versorgungsbereichsschutz 118 ff.,479 ff. Versteinerung der Rechtsordnung 471 f. Verwaltungsrechtsweg 191 ff., 314, 347, 530 f. Verwerfungsmonopol des BVerfG 472 Verzichtbarkeit (und subjektive Rechte) 143 f., 151 ff. Vorbeugender Rechtsschutz – s. Präventiver Rechtsschutz Vorläufiger Rechtsschutz – s. Einstweiliger Rechtsschutz Vorwerfbarkeit (als Voraussetzung von Abwehrrechten) 355, 361, 365 ff., 379 ff., 506, 551 ff., 569, 571, 578, 587 Wehrfähigkeit 36, 143 ff., 149 Weichenstellung 353 ff., 365 ff., 379 ff., 506, 509, 554, 551, 554, 556, 568 ff., 583, 586 f.

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Werk-III-Entscheidung 362 ff. Willkür (und subjektive Rechte) 143 f., 150 f. Windkraftanlagen 46, 240, 243 ff., 272, 293 Wohngebiet 46, 189

Zentralörtliche Gliederung 94 ff. Zurechnung (in der Eingriffsdogmatik) 396 ff., 410 ff. Zurückstellung von Baugesuchen 244, 484 Zweibrücken-Entscheidung 49 f., 355 ff., 542 ff.