Französisch heute – La France contemporaine [50(4)]


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German, French Pages 51 Year 2019

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Französisch heute – La France contemporaine [50(4)]

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V r inigung der Französisrhlehrerinnen und -lehrer e. V. ■■

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AnP1'vflls t{iewelev >

bildet seit vielen Jahren Referendarinnen und Referendare am Zentrum für schul praktische Lehrerausbildung in Detmold und Praxissemesterstudierende der Universität Paderborn aus.

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ist seit vielen Jahren Lehrerfortbildner, Autor zahlreicher Lehrwerke, Fachbuchautor und geschäftsführender Herausgeber der Zeitschrift Der Fremdsprachliche Unterricht Französisch.

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Erhältlich im Buchhandel oder unter: klett-sprachen.de Tel.: 0711 / 66 72 15 55

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FRANZOSLSCH ,,eute

Thementeil La France contemporaine : images et clivages Koordin ation des Th ementei ls: Ulr ike C. Lange & Zeno Ze linsky Anna Karla

50. Jahrgang · 2019 · Heft 4

Gesellschaftliche Spaltung in Frankreich in Geschichte und Gegenwart

IMPRESSUM französisch heute

EI Ya mine Saum

Informationsblätter für Französisch lehrerinnen und - lehrer in Schu le und Hochschule Ve rba ndsorgan der Vereinig ung der Französisch lehreri nnen und - lehrer e.V. (Mitg lied in: Federa t io n Internationale des Professe urs de Fran,ais (FIPF) Gesamtverband Moderne Fremdsprachen, Vereinigung Deutsch-Französischer Gesel lschaften für Europa) Homepage: www.fa pf. de Red aktion :

Rolf Beck (V.i.S.d.P.) Redaktionsassistenz: Hannah Jamet-Lange Servicetei l: Kristine Deharde Plaisir: Veit Husemann Rezensionen : Britta Köhler Kontakt zur Redaktion von fh :

Redaktion.fh .vdf@gmai l.com Bundesgeschäftsstelle der VdF

Universität Leipzig, Institut für Romanistik Beethovenstr. 15, 04107 Leipzig Fax 0341-9737424, geschaeftsstel [email protected] 1. Vorsitzender der VdF: Rol f Beck Stellvertretende Vorsitzende: Ulrike C. Lange, Gregoire Fischer Kassenführerin: Dr. Elke Philipp Mitglieder des Erweiterten Vorstandes:

Daniela Barth, Prof. Dr. Mark Bechte l, Otto-Michael Blume, Kristine Deharde, Veit Husemann, Britta Köh ler, Andreas Nieweler, Julitte Ring Gründer und Ehrenvorsitzender: t Prof. Dr. Jürgen Olbert Ehrenmitgli eder: Dr. Norbert Becke r, t Prof. Günter Esser, Heinz Haberzettl, Rolf Huber, Wo lfgang Nastarowitz, t Gisela Olbert, Dr. Ul f Wiela nd t Vertri eb und Abonn ement von fh :

Bundesgeschäftsstelle der VdF (siehe oben) Anzeigenverwaltung :

La diversite en France entre mythe et realite

5

9

Ul rike C. Lange

Contre une dichotomie identitaire qui marginalise: 15

Literatur und Chanson Sylvai n Pousset Le rap pour illustrer les clivages de la France contemporaine en classe

20

Kay Schwemer

Der Sachcomic im Französischunterricht zwischen Populärwissenschaft

26

und Popkultur

Plaisir de lire et de regarder Mari e Cravageot

34

Decouvrir des pieces de theätre en fram;ais

Rezensionen Mül le r, Eva (201 8):

Schreiben Französisch 1./2. Lernjahr (A 1/A2). Vorbereiten - Anwenden - Verbessern. (Li na Kusau-Lehm ann)

36

Serviceteil Noch einmal eine A 380 fliegen - Der VdF-Preis beim Sprachenfest

magma grafik Martin Rehm e. K., Raiffeisenstraße 5/1, 88273 Fronreute Tel. 07502/941540, mrehm@magmag rafik.de Anzeigenpreisliste Nr. 15, gültig ab 01.01.2019

geht nach Erfurt

38

En scene et sur l'ecran : Theater- und Medienpreis der VDFG

39

Bericht vom VDFG-FAFA-Kongress in Halle: Globalisierung und Migration ...

40

Das Jahresabonnement umfasst vier Ausgaben . Der Jahresbezugspreis beträgt: - fü r Mitgl ieder der VdF € 30,- (mi t Versandkosten€ 35,-) - fü r Stud ierende und Refere ndar•in nen gegen Vorlage einer Bescheinigung € 16,- (mi t Versa nd kosten € 21,-) - für Nichtmitglieder€ 32,- (mit Versandkosten€ 37,- ).

Deutsch-französischer Vorlesespaß mit französischen Bilderbüchern

42

Mit dem Museumskoffer Belgien entdecken

43

Aus den Landesverbänden Bayern: Le franfais dans tous /es sens:

Einzelhefte:

Französischlehrer*innen-Tag 2019 in Erlangen

€ 8,50 für Abonnent*innen € 10,- fü r Nichtabonnent>innen.

Brandenburg: Das Museum Barberini in Potsdam: ein informeller Lernort

lle Preise Stand 2012 zzgl. Versandkosten. ie Mindestbestelldauer des Abonnements für Nichtmitlieder beträgt ein Jahr. Es läuft weiter, wen n nicht spätestens drei Monate vor Jahresende schriftl ich gekündigt wird. Bei Umzug bitte Nachricht an die Bundesgeschäftsstelle mit alter und neuer Anschrift und der E-Mail-Adresse.

~ Beit räge si nd urheberrecht lich geschützt. Alle Rechte t arbe halten. Auch unverlang t eingesa ndte Beiträge werden rgfältig geprüft. Alle Beiträge bitte in elektronischer f. arm an : [email protected] senden. Unverlangt d ngesandte Bücher werden nicht zurückgeschickt.

für den Französischunterricht

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Termine und Ankündigungen

46

Verzeichnis der Autor*innen

47

Titelbild :© Zeno Zelinsky Diese Ausgabe enthält einen Mittelhefter des Schünemann-Verlages.

f

SSN 0342-2895 ayout und Re alisation : magma grafik Martin Rehm e. K.,

aiffeisenstraße 5/1, D-882 73 Fron reute

44

50. Jg. 2019 Heft4

La France contemporaine : images et clivages Frankreich ist das Land des Fußballweltmeisters und der Mode, kulinarischer Ausnahmeerscheinungen und das Land höchster kultureller Errungenschaften. Es ist die Grande Nation. Denken wir an Frankreich, werden oft positive Begriffe und Wendungen bemüht und wir sprechen vom Savoir-vivre und vom „Leben wie Gott in Frankreich': Aber Frankreich ist auch das Land der Revolution von 7789 und das Land einer ausgeprägten Streikkultur. Zurzeit steht es auch für die Proteste der gilets jaunes, für eine Zersplitterung der Parteienlandschaft oder für Debatten über Gewalt durch die Polizei. An zahlreichen Stellen haben sich in der Gesellschaft unseres Nachbarlandes Risse aufgetan, die die eingangs aufgeführten positiven Bilder trüben. Diese Fragen nach sozialen Spannungen und Brüchen sowie nach innerfranzösischen Frankreichbildern wurden im November 207 8 in Köln auf dem achten Fortbildungstag für Französischlehrkräfte des Centrums für interdisziplinäre Frankreich- und Frankophonieforschung (CIFRA) diskutiert und von Referent*innen aus ganz unterschiedlichen Bereichen in ihren Vorträgen thematisiert, von denen wir vier Beiträge in aktualisierter Fassung hier präsentieren. Die Historikerin Anna Karla nähert sich der gegenwärtigen Situation über eine kurze Verwendungsgeschichte des Topos der Deux France seit dem 79. Jahrhundert, verweist auf den Spaltungsdiskurs als derzeit international weit verbreitetes Phänomen und gibt Anregungen zum Einsatz textlicher wie bildlicher Quellen im Unterricht. EI Yamine Saum widmet sich als Soziologe der Zeitspanne zwischen den beiden Titelgewinnen der französischen Männer bei den Fußballweltmeisterschaften 7998 und

■-

2078, vom Auftauchen des Begriffs der equipe black-blanc-beur bis zur heutigen Spannungssituation - bedingt durch ein Nebeneinander positiver wie negativer

~

Lesarten der in der Gesellschaft stärker denn je ausgeprägten Diversität und Multikulturalität. Dass eine dichotome Weitsicht diejenigen ausgrenzt, die zwischen oder jenseits der

0

beiden Pole liegen, thematisieren die Texte aus Roman und Chansons von Gael Faye, Stromae, Eddy de Pretto und Chris(tine and the Queens), an denen Ulrike C. Lange zeigt, wie die genannten Künstler*innen sich gegen die Konstruktion einer Andersartigkeit stellen, die rassistische, sexistische und heteronormative ausgrenzende

~

Gegenüberstellungen befördert. Sylvain Pousset erkundet die Perspektive der jüngeren Generation auf die gesellschaftlichen Spannungen in der aktuellen französischen Rap-Musik. Am Beispiel von

■-

Bigflo & Oli, Kery James und Orelsan bietet er gleichzeitig konkrete Anregungen für die schulische Praxis an. Wir wünschen Ihnen eine hoffentlich entdeckungsreiche und gewinnbringende Lektüre und würden uns freuen, wenn Sie die eine oder andere Anregung für den Unterricht mitnehmen!

Ulrike C. Lange & Zeno Zelinsky

50. Jg. 2019 Heft4

Gesellschaftliche Spaltung in Frankreich in Geschichte und Gegenwart Anna Karla

Supposer un c/ivage profond de Ja nation fait partie des elements-c/es du discours politique et sociale en France. Si /es lignes de demarcation changent au cours du temps - de Ja confession ou du niveau educatif, a /'orientation politique et /'origine ethnique jusqu'a l'appartenance geographique dans /'Hexagone -, l'image d'une bipartition de Ja societe franraise persiste depuis bien plus de deux siecles. Au travers de sources choisis, cet article propose une approche methodologique et didactique pour integrer dans /'enseignement ces discours de division dans une perspective a Ja fois d'histoire et d'actualite.

Schwarz-Weiß-Bilder und komplementäre Begriffspaare wie etwa

1. Allgegenwart der Spaltung

on seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert oder die sozio-geo-

Gesellschaftliche Spaltung ist in aller Munde. Die Wahl Donald

graphische Gegenüberstellung der province und Paris. Seit dem

Trumps zum Präsidenten der Vereinigten Staaten im Herbst 2016

Spätherbst 2018 hat sich mit der zunächst überraschend erfolg-

rinnen und Historiker Deutschlands für den 52 . Deutschen Historikertag in Münster im September 2018 das Motto „Gespaltene Gesellschaften" als roten Faden für die einzelnen Sektionen und Vorträge setzte, ist Ausdruck einer Entwicklung, die ihren Niederschlag bis in die Fachdiskussionen der Geisteswissenschaften findet, wie die Querschnitts- und Sektionsberichte zeigen (vgl . H/ Soz/Kult 2018). In kaum einem anderen Land aber redet man schon so lange und beharrlich über Spaltung wie in Frankreich. In der neueren französischen Geschichte und Literatur stößt man allenthalben auf die politische Konfrontation von Revolution und Gegenrevoluti-

hat die Aufmerksamkeit der Medien weltweit auf das ländliche

reichen Bewegung der gilets jaunes ein neuer Graben aufgetan,

Nordamerika und besonders auf den sogenannten rust belt ge-

an dem entlang sich Frankreich aufzuspalten scheint in diejeni-

richtet. Unzählige Analysen diskutieren die Unterschiede zwi-

gen, die sich gelbe Warnwesten überziehen, an Kreisverkehren

schen weitgehend vergessenen Landstrichen und den boomenden

Wache stehen und ihre Samstage protestierend zubringen sowie

Regionen an Ost- und Westküste; immer wieder ist dabei von der „Spaltung" der US-amerikanischen Gesellschaft die Rede, die im

in all die anderen, die diese Art des Aufbegehrens gegen die Politik des Präsidenten Emmanuel Macron verurteilen. Dass die gilets

Wahlkampf in den Personen Donald Trumps und Hillary Clintons

jaunes ihre Sympathie in einer breiten Öffentlichkeit durch ge-

ihren politischen Ausdruck gefunden habe. In Deutschland gel-

waltsame Protestaktionen rasch verspielt haben, verdeckt nicht,

ten die Wahlergebnisse der Alternative für Deutschland in den

dass große Bevölkerungsteile die Machtverteilung in der franzö-

ostdeutschen Bundesländern bei den Bundestageswahlen 2017

sischen Gesellschaft der Gegenwart als ungerecht und zementiert

und in den jüngsten Landtagswahlen landläufig als Beleg für ei-

empfinden.

nen noch immer unabgeschlossenen Prozess der Vereinigung der heutigen Bundesrepublik. Die Wahlerfolge populistischer Parteien

Will man verstehen, woher das Reden über gesellschaftliche Spal-

in anderen europäischen Ländern evozieren ebenfalls Bilder einer

tung kommt, was es ausmacht und wie es wirkt, so lohnt der Blick

Verwerfung innerhalb der jeweiligen Gesellschaft, in deren Zuge

nach Frankreich und es lohnt der Blick in seine Geschichte. Um-

mit Parteien wie der italienischen Lega oder der Freiheitlichen

gekehrt lassen sich wesentliche gegenwärtige Entwicklungen in

Partei Österreichs Akteure an die Oberfläche des Politikbetriebs

Frankreich nur verstehen, wenn man die Präsenz, die Dynamik und

gespült werden, die bislang unter dem Deckel der Demokratie

das Konfliktpotential von Spaltungsdiskursen in der französischen

gehalten wurden. Dass sich die Berufsvereinigung der Historike-

Geschichte der letzten zwei Jahrhunderte einbezieht.

50. Jg. 2019 Heft 4

Thementeil

2. Fragen und Ansätze der Geschichtswissenschaft

In der Tagespresse und in der Publizistik wird dieser Topos bis in

Über lange Zeit hinweg schrieben Historiker an der Vorstellung

die Gegenwart aber immer wieder gern zitiert. Ohnehin ist die

einer gesellschaftlichen Spaltung mit, anstatt sie kritisch zu hin-

Vorstellung, dass es nicht nur ein, sondern gleich zwei Frankreich

terfragen. Seit einigen Jahrzehnten ist es in der Forschung zur

gebe, ein in den Medien häufig anzutreffendes Stichwort, um ver-

französischen Geschichte aber üblich geworden, von der Existenz

meintliche Gräben in der französischen Gesellschaft aufzuze ig en.

gesellschaftlicher Spaltung nicht einfach auszugehen, sondern die

Denn auch wenn die Geschichtswissenschaft zur Vorsicht mahnt:

damit verbundenen Diskurse radikal in Zweifel zu ziehen . Neuere

Von gesellschaftlicher Spaltung zu reden, war - und ist - ein Ver-

Studien, beispielsweise zum Konflikt zwischen Kirche und Staat im

kaufsschlager. Es eröffnet einen Raum, in dem zwei gegensätz-

ausgehenden 19. Jahrhundert, zeigen, dass die Grenzen zwischen

lieh e Positionen aufeinandertreffen und in dem Streit ausgetra-

den Konfliktparteien keineswegs immer so trennscharf verliefen,

gen werden kann.

wie etwa die zeitgenössischen Begriffe der clericoux und der onticlericoux nahelegten (Dittrich 2014).

4. Spaltungsdiskurse didaktisch vermitteln

In den Medien und in der Öffentli chkeit sind Spaltungsdiskurse

Im Französischunterricht bietet es sich an, anhand von unterschiedlichen Medientypen wie Monographien, Aufsätzen, Zei-

aber weiterhin präsent. Man machte es sich daher zu leicht, ent-

tungsartikel, Rundfunkbeiträgen und Online-Publikationen das

tarnte man das Bild einer gespaltenen Gesellschaft ledig lich als

breite Spektrum von Spaltungsdiskursen zunächst aufzuzeigen.

,,falsch" oder „konstruiert". Die Tatsache, dass eine so lche Vorstel-

Auf we lche Situationen oder Eigenschaften wird in den jeweiligen

lung bemüht wird, sollte vielmehr se lbst als Anzeiger für Konflikt-

Quellen Bezug genommen? Wie wird Spaltung sprachlich ausge-

herde innerhalb der französischen Gesellschaft verstanden wer-

drückt? Ist die Rede von den typischen Deux Fronce oder kommen

den. Anstatt Spaltungsdiskurse rundweg abzutun, führt es deshalb

noch andere Argumentationsmuster ins Spiel? Aufschlussreich ist

weiter, sie zu problematisieren und zu diskutieren. Die verbreitete

hier der Vergleich von Quellen unterschiedlicher Epoch en: Wo be-

Vorstellung einer Zweiteilung der französischen Gesellschaft er-

stehen Ähnlichkeiten, die sich auch über lange Zeiträume hinweg

weist sich dann als erstaunlich beweglich und vielfältig einsetz-

ausmachen lassen? Was wurde zu unterschiedlichen Zeiten unter-

bar. Anders formuliert: Da wo man von Spaltung spricht, ist sie

schiedlich formuliert und dargestellt? Welche Rolle spielt schließ-

auch da - jedenfalls bei denen, die überzeugt davon reden und

lich die Bebilderung und wie wird Spaltung illustrativ dargestellt?

in den Köpfen derer, die diese Rede für bare Münze nehmen. Aus dieser Perspektive geht es nicht darum, die behauptete Teilung

Das Frontispiz von Mathurin de Lescures Monographie Les Deux

anhand von Statistiken, Wahlanalysen und Armutsberichten auf

Fronce aus dem Jahr 1889 (vgl. Abb. 1) eignet sich für eine ex-

ihre tatsächliche „Richtigkeit" zu prüfen. Stattdessen interessiert

emplarische Bildanalyse: Hundert Jahre nach dem Ausbruch der

hier, wie komplementäre Bilder vermeintlich klare Verhältnisse

Französischen Revolution erschienen, trug das Buch wesentlich

schaffen. Wo jemand die Spaltung der französischen Gesellschaft

dazu bei, die Rede von den „Deux France" im Sprachgebrauch zu

propagiert, zieht diese Person eine imaginäre Lini e und identifi-

verankern. Lescure, Mitglied der Akademie und Sekretär im Senat,

ziert zwei einander abstoßende Pole. Entlang dieser roten Linie

hatte Biographien über Heinrich IV., Marie-Antoinette, Lord Byron

entstehen Vorstellungen von hier und dort, drinnen und draußen, Gut und Böse. Auf diese Weise lässt sich Gesellschaft polemisch

und Chateaubriand vorgelegt und die populären Memoiren über die Französische Revolution herausgeben. Mit der Wirkmacht und

beschreiben - und auf dieser Basis lässt sich Politik betreiben, die

der Eigendynamik von Buchtiteln kannte er sich aus. Die „Deux

polarisiert.

France" bezog Lescure auf das Frankreich der Revolution und das seiner Gegner. Als Zeitgenosse des 19. Jahrhunderts und seiner

3. Spaltung als publizistischer Dauerbrenner

umwälzenden technischen Neuerungen beschrieb er die Spaltung

Seit dem 19. Jahrhundert finden sich immer wieder Bücher und

der Gesellschaft aber auch als das Aufeinandertreffen von Vergan-

Zeitungsbeiträge, die eine Spaltung der französischen Gesell-

genheit und Gegenwart, von alter Zeit und Moderne. Es ginge ihm,

schaft behaupten. Sie behandeln so unterschiedliche Themen wie

formulierte er am Vorabend des Revolutionsjubiläums im politisch

die Haltung zur Französischen Revolution, die Wahrnehmung und

betont neutralen Vorwort gerade um das Aufeinandertreffen zwei-

Beurteilung von technologischem Fortschritt, den Konflikt zwi-

er Pole : « [ ... ] la France du passe et du present, la France d'hier et

schen Kirche und Staat im ausgehenden 19. Jahrhundert oder

celle d'aujourd'hui. » (Lescure 1889: VII) . Das Titelblatt inszenierte

den Meinungsstreit im jeweils aktuel len Wahlkampf. Als stehende

die Zeitgeschichte deshalb nicht als chronologischen Ablauf von

Rede hat sich vor allem der Begriff der Deux Fronce ins Reper-

Ereignissen, sondern als Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen. Sah

toire des französischen Buchmarkts eingeschrieben . Trugen im 20.

man linker Hand eine Pferdekutsche, so schob sich rechter Hand

Jahrhundert auch wissenschaftliche Studien aus der Romanistik

eine Dampflok ins Bild. Im Bildhintergrund war das mittelalterliche

und der Geschichtswissenschaft dieses Stichwort im Titel, so ist

Gemäuer der Bastille zu erkennen, auf einer ihrer Zinnen ragte ein

es heute aus den Geisteswissenschaften weitgehend verbannt.

neuzeitlicher Blitzableiter empor.

50. Jg. 2019 Heft 4

Anna Karla · Gesellschaftliche Spaltung in Frankreich in Geschichte und Gegenwart

Abb. 1: Buchumschlag von Mathurin de Lescure (1889): Les Deux France. Paris: Ducrocq. Foto : C. Ansorge.

50. Jg. 2019 Heft 4

An eine solche, äußere Quellenkritik schließt die Schlüsselfrage

Als Quellenbeispiel können hier die Arbeiten des Historikers Pierre

nach dem „Warum" des Dargestellten an: Was will jemand, der

Nora dienen, der seit Beginn der 1980er Jahre das monumentale

behauptet, Frankreich sei gespalten, erreichen? Auch stellt sich

Werk der Lieux de Memoire herausgab. Band 1 und 2 der Lieux de

die Frage, wen er oder sie erreichen will, wer also das Zielpubli-

memoire behandeln unter den Titeln „Republik" und „Nation" die

kum eines solchen Diskurses darstellt. Als Leitfaden für die Analyse

verbindenden Elemente der französischen Geschichte. Der Dritte

können mindestens drei verschiedene Funktionen von Spaltungs-

Band unter dem Titel „Les France" rückt die „Conflits et Partages"

diskursen vorgeschlagen und zugeordnet werden, wobei die Dis-

in den Mittelpunkt und erhebt sie somit zu einem wesentlichen

kussion idealerweise auch noch weitere Funktionen und Binnen-

Element nationaler Identität (Nora 1992). Anhand des Inhaltsver-

differenzierungen zutage fördern sollte.

zeichnisses kann man exemplarisch nachvollziehen, welche wich-

Spaltung kann, erstens, als eine Kampfansage interpretiert wer-

- und es lässt sich diskutieren, warum gerade diese Konflikte laut

tigen Konflikte Frankreich über die Jahrhunderte hinweg spalteten den, also als eine Rede, die bewusst Gegnerschaft herstellt. Wird

Nora zu den Erinnerungsorten der französischen Nation zu zählen

Spaltung in diesem Modus behauptet, so will man vor allem den Geg ner im anderen - und das heißt: im „falschen" Lage r - veror-

sind.

ten und auf Distanz halten. Ein aufschlussreiches Beispiel ist das

5. Die Zukunft der Spaltung

Buch „France & France" von 1887, das über die Plattform der fran-

In den Geisteswissenschaften wird gesellschaftliche Spaltung der-

zösischen Nationalbibliothek gallica.fr auch online verfügbar ist.

zeit zu einem relevanten Thema. Es steht zu erwarten, dass im

Sein Autor, A. de Tayac identifizierte schematisch den Konservati-

Nachgang zum Historikertag in Münster 2018 neue Publikationen

vismus mit Ehrlichkeit und den Republikanismus mit Kriminalität.

zur historischen Dimension gespaltener Gesellschaften erscheinen

Ausgesprochenes Ziel des Buches war es, mit den Mitteln der Sta-

werden. Inwieweit Frankreich dabei dezidiert eine Rolle spielen

tistik die republikanisch geprägten Regionen im Norden und Osten

wird, bleibt abzuwarten. Als wahrscheinlich darf gelten, dass die

des Landes als besonders gefährlich zu brandmarken und für die

Rede von den Gräben, die die französische Gesellschaft durchzie-

vermeintlichen Vorzüge einer „France conservatrice" zu werben

hen, in den Medien weiterhin präsent bleiben und den politischen Diskurs auch in den kommenden Jahren wesentlich prägen wird.

(De Tayac 1887).

Insofern ist eine Unterrichtseinheit, die sich mit der historischen Zweitens kann die Spaltung Frankreichs dort zur Sprache kommen,

Dimension von Spaltungsdiskursen beschäftigt, mehr als J'art pour

wo man eigentlich die Einheit der Nation betonen will. Spaltung

J'art. Sie ist vielmehr Anleitung und Aufforderung zugleich: Sie

wird dann nicht untermauert, sondern angeprangert. Ihre Gegen-

leitet dazu an, vielgebrauchte Begriffe wahrzunehmen, histo-

begriffe sind die „unite", die „union" oder - vor allem im 19. Jahr-

risch einzuordnen und in der Gegenwart zu identifizieren; und

hundert - das „juste milieu''. Namentlich in Wahlkämpfen um das

sie fordert dazu auf, sich gegenüber Diskursen gesellschaftlicher

Präsidentenamt trifft man häufig auf Redeweisen, die sich bewusst

Spaltung kritisch zu verhalten, indem man sie nicht einfach als

über eine vermeintliche Spaltung des Landes hinwegsetzen wollen.

Zustandsbeschreibung der französischen Gesellschaft wiederholt,

Zuletzt forderte das moderat-linke Wochenblatt Marianne Emma-

sondern lernt, ihre politischen Untertöne herauszuhören. Nicht nur

nuel Macron kurz vor der Stichwahl Ende April 2017 dazu auf, die .,beiden Frankreich" wieder zu „versöhnen" (Marianne 2017).

sischunterricht sollten dem Red en von gesellschaftlicher Spaltung

In Frankreich kann Spaltung im politischen Diskurs drittens auch

Seite gestellt werden.

in der historischen Frankreichforschung, sondern auch im Franzöein Nachdenken über die Rede von gesellschaftlicher Spaltung zur

als ein Element der nationalen Identität verstanden werden. Das Denken und Reden in Antithesen wird traditionell gern und durch-

Bibliographie

aus mit einem Augenzwinkern als „typisch" französisch hingestellt - die argumentationslogisch strenge Struktur der „dissertation" in Gymnasien und an Universitäten ist dafür sicher ein Paradebeispiel. In diesem Fall geht es weder darum, zwei Seiten des Landes gegeneinander aufzustacheln, noch darum, ein alles überwölbendes Gemeinsames zu finden. Stattdessen wird das Reden von der Spaltung zum Charakteristikum von Land und Leuten selbst erhoben. lnnergesellschaftliche Spannungen sind dann weniger Anlass für Konflikte oder Anzeiger von Problemen, als vielmehr Ausdruck einer langfristigen Tendenz der französischen Gesellschaft, sich in kontroversen Fragen entlang einer Konfliktlinie aufzuteilen.

50. Jg. 2019 Heft 4

Dittrich, Lisa (2014): Antiklerikalismus in Europa. Öffentlichkeit und Säkularisierung in Frankreich, Spanien und Deutschland (7848-7974). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. H/Soz/Kult Kommun ikation und Fachinform ation für die Geschichtswissenscha ften (2018) : Berichte vom Historikertag 2018. [h ttps://www. hsozkult.de/text/id/texte-4606 (15.08.2019)]. Johnson, Douglas (1979) : The Two Frances: The Historical Debate. In: Vincent Wright (Hg.). Conflict and Consensus in Fran ce. London: Frank Cass. 3-10. Marianne (2017), n° 1041, 28 avril-9 mai 2017. Lescure, Mathurin de (1889): Les Deux France. 1789-1889. Paris: Ducrocq. Nora, Pierre (Hg.) (1992): Les Lieux de memoire. Bd. 3: Les France. Paris: Gallimard . Tayac, A. de (1887): France Et France. La Fronce conservatrice et honnete - La France republicaine et criminelle. Paris: Letou zey & Anie. [http s://ga 11 ica .bnf. fr/a rk :/ 12148 /bpt6k 1265114 7 .r=tayac%20 france%2018877rk=64378;0 (20.05.2019)].

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La diversite en France entre mythe et realite

EI Yamine Saum

Als Frankreich 1998 die Fußballweltmeisterschaft im eigenen Land gewinnt, begeistern sich viele Menschen für die sogenannte „Equipe black-blanc-beur': An dieser Stelle ansetzend, beleuchtet der Artikel die komplexe Verwendung und Bedeutung der Begriffe Diversität, Multikulturalität und Ethnie im politischgesellschaftlichen Kontext und deren Entwicklung zwischen Chance und Beschränkung bis hin zur aktuellen Situation Frankreichs kurz nach dem erneuten Weltmeisterschaftssieg der französischen Mannschaft 2018.

Le mythe de la France « black-blanc-beur » En 1998, la France devient pour la premiere fois championne du monde de footba ll. L' image de Zinedine Zidane tröne sur l'Arc de Triomphe, magnifiant la victoire de la France black-blanc-beur (cf. III. 1). Apres cet episode mythologique et un semblant d'union nationale permis par ce succes, le jaillissement du Front National de Jean-Marie Le Pen au deuxieme tour des elections presidentielles en 2002 provoque un seisme politique, aggrave par la defaite du candidat de la gauche socialiste Lionel Jospin. Cette gauche qui incarnait l'espoir des classes populaires, heritieres de l'immigration, semb lait en panne. Dans son ouvrage La gauche et /es cites, Olivier Masclet (2006) analyse cette rupture, notamment

a l'echelle des municipa li tes fran\aises. Pour une partie de la gau-

lntroduction L'immigre est "atopos", sans lieu, deplace, inclassable___ Ni

che, l'insertion des personnes heritieres de l'immigration se revele

citoyen, ni etranger, ni vraiment du cöte du Meme, ni to-

compliquee, car eile induit l'idee d'un partage du pouvo ir, mais

talement du cöte de l'Autre, il se situe en ce lieu "batard"

aussi des mecanismes de prejuges et de stereotypes profonds,

dont parle aussi Platon, la frontiere de l'etre et du non-etre

voire de racisme.

social. Deplace, au sens d'incongru et d'importun, il suscite l'embarras... De trop partout, et autant, desormais, dans

Au debut du 20eme siecle, le racisme etait une ideologie politique

sa societe d'origine que dans la societe d'accueil, il ob lige

et academique. Un siecle plus tard, l'antiracisme prend la forme

a repenser

de fond en comble la question des fondements legitimes de la citoyennete et de la relation entre le citoyen

d'un combat soc ial, ou un enjeu de lu tte militante. Durant les annees 1980, l'epoque est

a la lutte contre le racisme. La grande

et !'Etat, la Nation ou la nationalite. Doublement absent, au

figure emergente est l'association SOS-Racisme, qui finit par in-

lieu d'origine et au lieu d'arrivee.

troduire une forme d'essentialisme la fran\aise. Le slogan phare de l'association « touche pas a mon pote » renvoie a l'idee d'une

a

Sayad 1999: 12

forme de paternalisme militant (cf. Malik 1990, qui decrit les meLa notion de diversite emerge dans des champs croises de la societe fran\aise

canismes qui vont conduire

a ce processus) .

a partir des annees 2000. Elle s'est depuis installee, au

point de muer en categorie du langage quotidien. Cette notion de

Le mouvement antiraciste renforce l'idee d'une coexistence

diversite, dans les usages du sens commun comme dans l'espace

de deux France. L'une est peripherique, celle des immigre·e·s et

public, possede une charge d'emotivite, de compassion et de rejet. Ell e se refere

a la

memoire collective fran\aise. Nous allons

decrire la notion de diversite,

a travers

une breve sociohistoire

de leurs descendant·e·s. L'autre constitue un noyau dur, fait de blanc·he·s. Sur le plan politique, la gauche socialiste et communiste entretient ce paternalisme. Pour certain ·e·s, une partie de

contemporaine. Les elements d'analyse de cet article s'inspirent de

l'immigration n'est que de passage, et rentrera sürement dans

mes travaux de recherche et du livre co-ecrit avec mon collegue

son pays d'origine ... (cf. Blanc-Chaleard 2002). L'histoire s'ecrit

Vincent Geisser (cf. Geisser 8: Soum 2008).

differemment : la France devient l'une des societes les plus me-

50. Jg. 2019 Heft4

Thementeil

La contribution des sujets coloniaux

a l'effort

militaire fran\ais

durant les deux guerres mondiales a longtemps ete, et reste

a ce

jour, un enjeu important dans la definition de l'heritage colonial. La figure du tirailleur senegalais fut invoquee par des generations d'associations d'immigre·e·s et de mouvements des droits des immigre·e·s, comme un « rappel » des grands sacrifices accomplis par les Africain·e·s sujets coloniaux pour la societe fran\aise. Ce rappel suggere que la France a contracte une obligation morale ou une « dette historique )), et qu'elle doit accueillir comme il se doit les Africain·e·s d'aujourd'hui. Dans la meme veine, le film lndi-

genes (2005). realise par Rachid Bouchareb, constitue une description romancee de l'implication des soldats nord-africains pendant la Deuxieme Guerre mondiale. La scene finale du film invite le grand public

a reconnaTtre

la souffrance des milliers de veterans

de la guerre, devenus des personnes agees, alors qu'ils n'ont jamais re\u de retraite

a taux

plein en raison de la perte de leur natio-

nalite fran\aise, en consequence de la decolonisation officielle de leurs pays. Le President Jacques Chirac a repondu

a cet appel

en

s'assurant que les pensions des soldats d'autres pays etaient egales

a celles des citoyens fran\ais. III. 1: L'equipe de France „black-blanc-beur": Zinedine Zidane, Marcel Desailly et Bixente Lizarazu en 1998. Photo: Pressefoto Baumann.

Les personnes heritieres de l'immigration coloniale en France au XXe siecle ont ete prises dans un phenomene d'essentialisation

tissees d'Europe. La question de la gestion de cette pluralite se

sociale et de racialisation, avec l'attribution de qualites et de de-

pose des lors dans la societe fran\aise et le debat public. L'enjeu

fauts propres

devient politique. Les modalites pour y repondre sont nombreuses.

du corps social proche de la pratique discursive eugeniste des re-

a certains groupes,

incorpores dans une taxinomie

Au debut des annees 2000, la notion de diversite apparaTt dans

gimes totalitaires. On a pris soin d'isoler du peuple fran\ais les

le debat public (cf. Geisser & Saum 2008), la meme periode, les

travailleurs et travailleuses immigre·e·s, aussi bien en pratique, en

evolutions du droit, notamment europeen, prennent en charge

leur attribuant des logements specifiques, qu'en pensee. On leur

les problematiques de lutte contre les discriminations. Le groupe-

prete ainsi des coutumes indigenes, des manieres de vivre et des

ment d'interet public Graupe d'etude sur les discriminations (GED

superstitions, saus couvert d'une posture dite « positiviste )) qui

s.a.), cree en 1999, a pour objet d'analyser « les discriminations

puise dans l'histoire naturelle en appliquant le vocabulaire de la

reelles ou supposees dont souffrent les populations en raison de

faune aux immigres, de maniere

leur origine etrangere, de faire connaTtre les resultats de ses tra-

a peine dissimule.

acharrier une forme de racialisme

vaux au public, et de proposer des moyens de lutte. ». Dans le meme temps, les demographes se dechirent sur la question des

L'une des figures les plus importantes dans la formulation de la

statistiques ,, ethniques », et sur la necessite ou non de quantifier

politique fran\aise

les discriminations

a travers les origines (cf. Simon 2003

; Simon

& Stavo-Debauge 2004).

a l'egard de ses immigre·e·s, des annees

1930

aux annees 1950, a ete le demographe Georges Mauco (1932). Sa these de doctorat, soutenue en 1932, est desormais reconnue pour etre petrie de stereotypes sur le caractere inassimilable des

De la colonisation a la question postcoloniale : les germes de la diversite

les Arabes, mais aussi les Russes, les Armenien·ne·s et les Juifs et

Les migrations postcoloniales, dans le sens litteral du terme, se

Juives.

referent

a l'arrivee des

immigrant·e·s de certaines origines - avant tout les Africain·e·s et

A partir de

1935, Georges Mauco a occupe successivement

individus en France metropolitaine apres

des postes de haute responsabilite dans la definition de la politique

l'independance de leur pays d'origine. Pendant les deux guerres

d'immigration, et malgre son antisemitisme professe pendant la

mondiales, les colonies ont fourni un grand nombre de soldats

a la

Deuxieme Guerre mondiale, parvient

a conserver

son statut de

France, ainsi que des travailleurs et travailleuses migrant·e·s, apres

haut fonctionnaire jusque dans les annees 1970. San schema de

la Seconde Guerre mondiale.

classification differentialiste, hierarchisant les immigrant·e·s par degre de « desirabilite )), ne fait bien sur plus partie de la pensee officielle ... Pourtant, les discriminations dans les secteurs public et prive suggerent de fortes analogies avec ces considerations d'un

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EI Yamine Soum · La diversite en France entre mythe et realite

autre temps. Bien qu'il n'y ait jamais existe de systeme de quotas

tique autreme nt plus dangereux, en ce qu'il bouscule l'affirmation

ethniques, les gouvernements successifs accomplissent des efforts,

republicaine d'un pays unitaire ne reconnaissant aucune diffe-

dans la mesure du possible, pour encourager l'immigration euro-

rence : celui de la composition ethnique de la societe.

peenne, au detriment de l'immigration africaine ou asiatique. Le rapport entre la France hexagonale et les outre-mers joue un r6Ie dans ce phenomene. Ces territoires sont le fruit d'une histoire dif-

Selon Junko Takagi, aux Etats-Unis, la notion est precise. II fait

ferente des anciennes colonies, mais il perdure dans l'imaginaire

et toutes sont d'ailleurs. Tout le monde partage cette diversite. Cela

collectif une forte alterite entre le ou la noir·e, ou metisse, et le

fait partie de l'identite nationale. Au niveau national, l'identite

blanc ou la blanche.

reference aux origines, puisque l'on part du presuppose que tous

reste la meme : voit-on dans un individu noir, un·e Americain·e, dans un individu asiatique, un·e Americain ·e ? Oui, car cette

Le chercheur Pap Ndiaye, dans La Condition noire (2008). suggere

identite multiethnique se propage teile quelle vers l'exterieur. En

que les enfants d'autochtones antillais·es, qui ne beneficient plus

comparaison, en France, la notion d'identite nationale joue plut6t

du contexte relativement favorable que leurs parents avaient connu, se sont trouves, en raison de la discrimination, dans des situ-

un r6Ie d'homogeneisation ou d'uniformisation, qui cherche a gommer la diversite. Cela influence la fa