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German Pages 26 [36] Year 1918
Fortschritte der Heilkunde und Seuchenbekämpfung Rede
gehalten bei der Feier des Gedächtnisses un den Stifter der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität König Friedrich Wilhelm III. am 3. August 1917 von
Dr. Hans Leo
o. ö. P r o f e s s o r und D i r e k t o r d e s p h a r m a k o l o g i s c h e n I n s t i t u t s d e r U n i v e r s i t ä t Bonn, G e h e i m e r M e d i z i n a l r a t
n a o a a a o n n p n n D D n n D n D a D D D a o c a d a a a D D D n a n a n B n ö a D D O D o a n n D a n p D n B o n a B n o
BONN
1917
A. M a r c u s & E. W e b e r s V e r l a g
(Dr. jur. A l b e r t
Ahn)
A. Marcus & E. Webers Verlag (Dr. jur. Albert Ahn) in Bonn Soeben erschien:
Die Therapie an den
Bonner Universitätskliniken B e a r b e i t e t von Innere Klinik (Geh. R a t S c h u l d e ) : ' P r o f . Schulde, Prof. Finkelnburg, Prof. S t u r s b e r g , Prof. U n g a r . Medizinische Poliklinik (Geh. R a t K r a u s e ) : Prof. P a u l K r a u s e . Psychiatrische u. Nervenklinik (Geh. R a t . W e s t p h a l ) : Prof. W e s t p h a l , Prof. Hübner. Chirurgische Klinik (Geh. R a t G a r r e ) : Priv.-Doz. Dr. Eis, Priv.-Doz. Dr. Fründ, Dr. M. Krabbel. Augenklinik (Geh. R a t K u h n t ) : P r o f . Kuhnt. Ohren- und Nasenklinik (Geh. R a t W a l b ) : P r o f . W a l b . Frauenklinik (Geh. R a t v. F r a n q u e ) : Prof. Reifferscheid. Hautklinik (Prof. Hoffmann): Prof. H o f f m a n n .
Herausgegeben von
Prof. Dr. Rudolf Finkelnburg in Bonn
Zweite, stark
vermehrte
Auflage
Preis g e h e f t e t M. 15.50, gebunden M. 17.50 Besprechungen
der ersten
Auflage:
Therapeut. Monatshefte 1914, H. 1: D a s Budi m u ß als eine ü b e r a u s glüddidie Schöpfung bezeichnet werden und d a r f sich den wenn audi nicht ganz analogen ä l t e r e n W e r k e n a u s den Berliner und W i e n e r Kliniken als durchaus ebenbürtig an die Seite stellen, ja ü b e r t r i f f t sie vielleicht s o g a r in mancher Hinsicht. Die Darstellung ist durchweg m o d e r n im besten Sinne: bei k n a p p e r F o r m sind alle wertvollen therapeutischen Neuerungen g e b ü h r e n d behandelt, ohne d a ß jedoch der Unmenge problematischer „Nova t h e r a p e u t i c a " ein Vorrang vor A l t b e w ä h r t e m e i n g e r ä u m t wird. S t e t s sind die B e d ü r f n i s s e d e s P r a k t i k e r s zur Richtlinie d e r Darstellung gemacht, ausführliche Beschreibung der speziellen Technik, g e n a u e Diätvorschriften und gute R e z e p t f o r m e l n überall e i n g e s t r e u t und alles Allzuspezialistisdie gemieden. Münchener med. Wochenschrift 1914: Achtzehn Bonner Universitätslehrer und Assistenten, d a r u n t e r h e r v o r r a g e n d e Kliniker, h a b e n z u s a m m e n gearbeitet, um f ü r Studierende und Arzte ein Kompendium z u s a m m e n zustellen, d a s den praktischen B e d ü r f n i s s e n des Arztes gerecht werden soll. Die einzelnen Kapitel sind lehrbuchmäßig in möglichst k n a p p e r F o r m a b g e f a ß t , e n t h a l t e n auch kurze diagnostische Hinweise. S e h r ansprechend ist d e r Geist der Einfachheit und der p r a k tischen Vernunft, d e r a u s den therapeutischen Darstellungen spricht. Audi die n e g a t i v e n R e s u l t a t e b e s t i m m t e r B e h a n d l u n g s m e t h o d e n , z. B. der Tuberkulinbehandlung, sind nicht verschwiegen. Das Kompendium i s t f ü r den P r a k t i k e r recht brauchbar.
Fortschritte der Heilkunde und Seuchenbekämpfung Rede
gehalten bei der Feier des Gedächtnisses an den Stifter der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität König Friedrich Wilhelm III. am 3. August 1917 von
Dr. Hans Leo
o. ö. Professor und Direktor des pharmakologischen Instituts der Universität Bonn, Geheimer Medizinalrat
ODOOO
DDIDDDDOIIIIIIDODDPDPDDDDDDIIDDDDDDBDODDDDDDDDDDIODIIODDDDDDDDDD
BONN 1 9 1 7 A. M a r c u s & E. W e b e r s V e r l a g (Dr. jur. A l b e r t Ahn)
Alle R e c h t e , b e s o n d e r s das d e r Ü b e r s e t z u n g in f r e m d e S p r a c h e n , r o r b e h a l t e n . Copyright by A. Marcus k E. Webers Verlag in Bonn, i917
Druck: Otto Wigand'iche Buchdrucker el Q.m.b.H., Leipzig.
Hochansehnliche
Versammlung !
Drei volle Jahre sind verflossen, seitdem kurz nach Beginn des uns aufgedrungenen Krieges die Universität sich wie heute an dieser Stelle zur althergebrachten Gedächtnisfeier für ihren Stifter versammelte und im Anschluß an die erhebenden Worte des Professors der Eloquenz und des Rektors ihre Treue zu Kaiser und Reich und ihre Siegeszuversicht zum Ausdruck brachte. Fürwahr, eine lange Zeit, eine Zeit voll Sorgen und voll Schmerzen, aber auch reich an erhebenden Momenten, vor allem reich durch die Betätigung der gewaltigen Kraft unseres Volkes im Felde und in der Heimat. Daß wir bis heute ruhmreich einer Welt von Feinden standgehalten haben und daß wir auf ein weiteres Durchhalten bis zu einem guten Ende vertrauen dürfen, das verdanken wir neben vielem anderen besonders auch dem Umstand, daß man, wenigstens bisher, bemüht war, alles Können und alles Wissen im weiten Deutschen Reich auf den einen Brennpunkt zu vereinigen: das Ganze und alle Teile zu stählen und widerstandsfähig zu erhalten. Die große Bedeutung, welche hierbei den Errungenschaften wissenschaftlicher Arbeit zukommt, ist allgemein erkannt worden, wenn sie auch für manche Disziplinen nicht direkt in
praktischen Werten zutage tritt. Daß letzteres für die Medizin in hohem Maße der Fall ist, wird niemand bestreiten wollen. In zielbewußter Weise hat die Medizinische Abteilung des Kriegsministeriums bereits im Frieden alles dafür vorbereitet, damit im Falle eines Krieges unverzüglich die für die Gesundheit des Heeres erforderlichen Maßnahmen getroffen werden können. Alles, was durch langjährige wissenschaftliche Arbeit im Laboratorium und in der Klinik zutage gefördert worden ist, ist in den Dienst unseres Heeres gestellt worden und wird von den Ärzten, deren Zahl nach einer Mitteilung 1 ) des Feldsanitätschefs am 1. Mai 1916 27 000 betrug, zum Wohle unserer wackeren Feldgrauen verwertet. Als Mediziner befinde ich mich daher in der Lage, zum Thema meiner heutigen Rede einen Gegenstand wählen zu können, welcher nicht nur (wie es der Sitte entspricht) meiner Wissenschaft entstammt, sondern auch in naher Beziehung zu den Ereignissen des Tages steht, die jetzt unser aller Denken ununterbrochen erfüllen. Das von mir gewählte Thema lautet: „ F o r t s c h r i t t e der Heilkunde und Seuchenbekämpfung". Und zwar werde ich mich auf die Besprechung chemisch wirksamer Heilmittel beschränken, ohne damit den Wert der sonstigen bewährten Heilfaktoren irgendwie herabsetzen zu wollen. F ü r s t B i s m a r c k 2 ) sagt im 2. Band seiner „Gedanken und Erinnerungen", daß die erschreckenden Zahlen über das ') Verhandlungen des Deutschen K o n g r e s s e s f ü r innere Medizin in W a r schau
1916. 2
von Cotta.
4
S. 6.
) Gedanken
V e r l a g von J . F . B e r g m a n n . und Erinnerungen
Stuttgart 1 8 9 8 .
II. B d .
von
Wiesbaden.
Otto Fürst von Bismarck.
S. 3 5 u. 44-
Verlag
Umsichgreifen der Cholera im Sommer 1866 hauptsächlich seinen Entschluß befestigten, unter dem Druck der französischen Intervention die Friedensverhandlungen zu beschleunigen. Und im Anschluß daran bemerkt er: „Mir schwebte als warnendes Beispiel unser Feldzug von 1792 in der Champagne vor, wo wir nicht durch die Franzosen, sondern durch die Ruhr zum Rückzug gezwungen wurden." Diese Worte aus dem Munde Bismarcks beleuchten in eindringlicher Weise die große Bedeutung, welche der Seuchenbekämpfung für die Erhaltung der Schlagfertigkeit des Heeres zukommt. Damit stimmt überein, daß die Infektionskrankheiten es vorwiegend bewirkt haben, daß in allen früheren Kriegen bis 1870/71 stets mehr Soldaten an inneren Krankheiten als an Verwundungen gestorben sind. Daß seitdem und zumal im gegenwärtgen Kriege hierin eine Veränderung eingetreten ist, die auch zu einer relativen Abnahme der Infektionskrankheiten im Verhältnis zu den übrigen Krankheiten geführt hat, dürfte mehrere Ursachen haben. Erstens die kolossale Zunahme der Verwundungen im Vergleich zu früheren Kriegen infolge der unerhörten Steigerung der Massenhaftigkeit und Wirkungsweise der Waffen. Ferner sind infolge der furchtbaren Vervollkommnung der Kampf- und Zerstörungsmittel die Anforderungen, welche in diesem Kriege zumal im Hinblick auf seine lange Dauer an die Leistungsfähigkeit von Körper und Psyche unserer Krieger an der Front gestellt werden, so enorm und haben zum Teil einen so anderen Charakter wie in früheren Kriegen, daß sehr viel zahlreichere und zum Teil auch neuartige nicht infektiöse Erkrankungen innerer Körperorgane die notwendige Folge sein mußten. 5
Ich weise besonders
in
d e r B e z i e h u n g h i n auf die K a n i p f g a s e r k r a n k u n g c n .
die L u n g e n b e t r e f f e n ,
auf das g e h ä u f t e A u f t r e t e n a k u t e r
welche
Nierenent-
z ü n d u n g e n , auf die g e r a d e z u ü b e r w ä l t i g e n d m a s s e n h a f t e n F ä l l e von p r o g n o s t i s c h allerdings die
m e i s t g ü n s t i g zu b e u r t e i l e n d e n S t ö r u n g e n d e r H e r z t ä t i g k e i t u n d
zahlreichen
schweren
Funktionsstörungen
des N e r v e n s y s t e m s ,
die
d e r g l ä n z e n d e n H e i l e r f o l g e d e r N e r v e n ä r z t e ihre a n f ä n g l i c h e n S c h r e c k e n licherweise verloren
aut
infolge glück-
haben.
Vor allem aber rührt die Verschiebung des erwähnten Verhältnisses her von einer direkten Abnahme der Infektionskrankheiten selbst, hervorgerufen durch die Verbesserung der hygienischen Schutzmaßnahmen.
Diese Schutzmaßnahmen ge-
hören zwar nur indirekt zu meinem Thema, sie bilden aber zweifellos die wichtigste Waffe zur Bekämpfung der Seuchen, so daß ich auch hier nicht an ihnen vorübergehen kann. Sie beruhen auf den großartigen Errungenschaften der hygienischen Forscherarbeit im Laufe der letzten 4 Dezennien. Mit Stolz dürfen wir sagen, daß es in erster Linie deutsche Forscherarbeit sche
gewesen ist, die hierzu geführt hat.
Forscherarbeit,
welche
immerdar
mit' dem
R o b e r t K o c h untrennbar verbunden sein wird.
DeutNamen
Nicht nur
hat er durch Schaffung neuer Methoden überhaupt erst das Fundament
gelegt
zur
bakteriologischen
Wissenschaft
und
selbst wichtigste Infektionskrankheiten, wie Milzbrand, Tuberkulose und Cholera durch genaues Studium resp. durch Entdeckung ihrer Erreger in ihrem Wesen ergründet und neue zu ihrer Heilung führende Wege aufgedeckt, sondern er hat auch — neben vielem anderen — die Grundsätze für die zu treffenden Maßnahmen zur Verhütung der Seuchen geschaffen durch Ergründung der Art und Weise ihrer direkten oder durch Zwischenträger vermittelten Übertragung. Hierauf b e r u h e n die b e k a n n t e n h y g i e n i s c h e n M a ß n a h m e n : I . a t r i n e n h y g i e n e , Verbot
des
Trinkens
ungekochten
Wassers,
Ausschaltung
B a z i l l e n t r ä g e r , V e r t i l g u n g d e r tierischen K r a n k h e i t s ü b e r t r ä g e r
6
der usw.
sogenannten
Von welch großer praktischer Bedeutung die Befolgung der von R. K o c h
begründeten hygienischen
Forschungs-
methoden auch noch nach dem Tode des Meisters ist, das beweist in glänzender Weise die Erforschung der Epidemiologie des Fleckfiebers. Durch den während des Balkankrieges gelieferten Nachweis, daß eine Übertragung des Fleckfiebers von Mensch zu Mensch nicht stattfindet, sondern daß sie lediglich durch Vermittlung der als Zwischenwirt dienenden Kleiderlaus erfolgt, war der Weg zur prophylaktischen Bekämpfung dieser Krankheit gegeben.
Und tatsächlich ist es durch die infolgedessen
durchgeführten Maßnahmen, insbesondere durch die mit vielen Millionen geschaffenen zahlreichen „Sanierungsanstalten", gelungen, die unheimliche Seuche, der man früher machtlos gegenüberstand und die noch im ersten
Kriegsjahr entsetz-
liche Verheerungen in Serbien und in Rußland anrichtete, auf ihren Herd zu beschränken, so daß größere Epidemien der Krankheit nicht mehr vorgekommen und auch nicht mehr zu befürchten sind. Die genannten Maßnahmen wirken alle extra corpus. Schutzwirkung beruht
darin, daß sie die
Ihre
krankmachenden
Mikroben fernhalten und dadurch ihr Eintreten in den menschlichen Organismus verhüten. Naturgemäß versagen sie häufig.
Zu ihrer
Ergänzung
dienen die Schutzimpfungen, welche den menschlichen Organismus von der krankmachenden Wirkung der in ihn eindringenden
resp. schon eingedrungenen Mikroben
schützen
sollen. Die überaus segensreiche Wirkung der ältesten Schutzimpfung, nämlich der seit 1874 im Deutschen Reiche obliga-
torischen Kuhpockenimpfung als Schutzmittel gegenüber den Blattern, ist auch in diesem Kriege wieder unzählige Male deutlich zu erkennen gewesen, besonders in Rußland und den Balkanstaaten. Sehr frappant ist die folgende Zusammenstellung 1 ): Es betrug während des ersten Kriegsjahres die Gesamtzahl der Pockenerkrankungen im Deutschen Reiche nur 140, dagegen in Österreich, wo noch immer kein Impfzwang besteht, während desselben Zeitraums 9111. Im Gegensatz zu der von J e n n e r 1798 rein empirisch gefundenen Pockenschutzimpfung beruhen die Schutzimpfungen gegen Pest, Typhus, Cholera, Ruhr und andere Infektionskrankheiten auf systematischer wissenschaftlicher Arbeit. Ich bemerke hier nur, daß die in der deutschen Armee eingeführten Impfstoffe gegen Typhus und Cholera nach der Vorschrift von R. P f e i f f e r und K o 11 e aus abgetöteten Bakterienkulturen bestehen und eine sogenannte aktive Immunisierung (s. u.) der Geimpften hervorrufen. Einen völlig sicheren Schutz gegen die Ansteckung gewähren diese Impfungen nicht, es ist aber durch ausgedehnte statistische Erhebungen mit Sicherheit festgestellt, daß die Krankheiten bei den Geimpften im allgemeinen erheblich seltener und leichter auftreten, so daß ihre epidemische Ausbreitung eingeschränkt und sogar verhindert werden kann 2). Ich bin selbst im Januar 1916 Zeuge davon gewesen, daß eine Choleraendemie, welche im russischen Besetzungsgebiet in einem Lager von 3000 abgeschobenen ') B r e g e r , S.
3342 ) Vgl.
Hünermann
die
Kriogsseuchen sonst und jetzt. beweisenden
(Typhus),
Medizin in Warschau u. S.
8
207.
R e f e r a t e von
I leutsche R e v u e [ 9 1 6 .
Hoffmann
(Cholera)
Verhandlungen des Deutschen Kongresses
1916.
V e r l a g von J . F . B e r g m a n n .
1. Bd. und von
für innere
Wiesbaden.
S.
17
russischen Zivilisten in heftiger Weise ausgebrochen war, bei höchst mangelhaften hygienischen Verhältnissen, durch allgemein
durchgeführte Schutzimpfung vollständig
die
kupiert
wurde, so daß im ganzen nur 80 Personen an Cholera erkrankten und von der deutschen Bewachungsmannschaft überhaupt niemand erkrankte. Die große Bedeutung der geschilderten Schutzmaßnahmen erhellt aus einer kürzlich vom Kriegsministerium gemachten Mitteilung, wonach die ansteckenden Krankheiten im deutschen lleere immer mehr abgenommen haben und große ausgedehnte Epidemien — abgesehen von der ersten Zeit — so gut wie nicht vorgekommen sind. Was diese paar Worte bedeuten, das wird so recht klar, wenn man die lange Dauer des jetzigen Krieges bedenkt und die schlimmen sanitären Verhältnisse, besonders auf dem östlichen Kriegsschauplatze.
Sollen doch im ersten Kriegsjahr
allein in der serbischen Stadt N i s c h von der
serbischen
Militär- und Zivilbevölkerung 80—90 000 Menschen an Flecklieber sowie an Cholera und Ruhr gestorben sein. Die regste Phantasie kann nicht entsetzlichere Bilder ausdenken, als sie dort vorgekommen sind, und die Beschreibung eines aus serbischer Gefangenschaft befreiten österreichischen Offiziers über die damals in Serbien herrschenden Zustände erinnern in
ihrer
Schrecklichkeit
an
Dantes
Hölle.
Die
deutsche
Heeresleitung aber erstattete am 29. November 1915, nachdem die deutschen Truppen in 2 Monaten ganz Serbien durchquert hatten, folgenden knappen Bericht: „Unter Krankheiten hat die Truppe überhaupt nicht zu leiden gehabt." ') V g l . B r c g e r
1. c. S .
332.
9
Damit ist gesagt, daß die deutsehen Truppen sich monatelang im schlimmsten Seuchenherd aufgehalten haben, ohne davon in nennenswerter Weise betroffen worden zu sein. Iis liegt darin ein glänzender Beweis für die Wirksamkeit der im deutschen Heere angeordneten Schutzmaßnahmen, und man geht sicher nicht fehl, wenn man die Zahl der im jetzigen Kriege hierdurch überhaupt am Leben erhaltenen Soldaten nach vielen Ilunderttausenden, ja nach Millionen berechnet. Trotzdem die soeben in ihren C.rundzügen skizzierte Prophylaxe zweifellos das wichtigste Mittel zur Bekämpfung der Infektionskrankheiten bildet, ist sie doch leider nicht unfehlbar, und die Zahl derer, die von den Seuchen betroffen werden, immer noch sehr groß. Die Notwendigkeit einer auch kurativen Therapie dieser Krankheiten
besteht
daher
auch
heute
in
unverändertem
Maße fort. Die Zeiten liegen noch nicht weit zurück, in denen nicht nur von der großen Masse, sondern auch von zahlreichen Vertretern der medizinischen ^Wissenschaft bezweifelt wurde, ob es überhaupt möglich sei, durch ärztliche Maßnahmen, speziell durch Medikamente, den Verlauf innerer Krankheiten wesentlich zu beeinflussen, d. h. die Ursache eines inneren Leidens, die causa morbi, zu treffen und dadurch, also durch eine wirklich kausale Therapie, seine Heilung herbeizuführen. Die Hauptaufgabe des Arztes sei: Schädlichkeiten Patienten fernzuhalten, damit der natürliche nicht gestört werde.
vom
Heilungsprozeß
„Exspektativ behandeln", „nil nocere",
„qui bene purgat bene curat", das waren einige beliebte Schlag10
Wörter dieser Periode.
Ja, man bestritt vielfach den
überhaupt das Recht, von einer Wissenschaft der
Ärzten
Heilkunde
zu sprechen, die höchstens den Namen „Heilkunst"
verdiene.
Diese nihilistische Strömung, welche noch bis in die achtziger J a h r e des vorigen Jahrhunderts hineinreichte, wird heutzutage manchem s c h w e r v e r s t ä n d l i c h erscheinen im Hinblick auf die großen Errungenschaften, welche die Meilkunde zur Zeit aufzuweisen hat.
Auch im .Hinblick darauf, daß man damals
bereits seit langer
Zeit die eingreifende heilende
Wirkung
mancher Medikamente, wie des Chinins bei Miliaria und des Quecksilbers bei Syphilis, kannte. Doch die heilende W i r k u n g dieser und anderer
Mittel,
z. B. der Salizylsäure bei akutem Gelenkrheumatismus, nicht
durch
worden.
wissenschaftliche
Forschung
zutage
war
gefördert
Es handelte sich bei ihnen um sogenannte Volks-
mitte), deren Heilwirkung durch grobe Empirie gefunden war und die man dann erst später durch eingehendes Studium im Laboratorium und in der Klinik zu analysieren suchte. Regel wurden
derartige
Untersuchungen,
auch die
In der anderer
neuer Arzneimittel, n u r an normalen Tieren (gelegentlich auch an gesunden Menschen) vorgenommen.
Dadurch wurden viele
theoretisch interessante und zum Teil auch praktisch verwertb a r e Resultate zutage gefördert. Diese Art der Untersuchung ist a u c h heute noch stets als erste Etappe notwendig, w e n n die Wirkung eines neuen Mittels klargestellt w e r d e n soll. Sie reicht auch häufig aus, um ein Mittel in die Praxis einzuführen, wie das z. B. bei Schlaf- und bei Narkoseniitteln der Fall ist. Häufiger aber reicht sie dazu nicht aus.
Denn die Arznei11
mittel sollen ja nicht bei g e s u n d e ^ sondern bei kranken Menschen angewandt werden.
Da sind aber die Wirkungen zum
Teil andere als beim gesunden, viele Wirkungen fehlen überhaupt beim
gesunden
und
werden
erst
beim
kranken
be-
merkbar. Beispiele
hierfür:
Kampfer
und
Digitalis
sind
bekannte
wichtige
H e r z m i t t e l , d e r e n W i r k u n g a b e r b e i n i c h t g i f t i g e n D o s e n erst b e m e r k b a r w e n n das H e r z g e s c h w ä c h t ist. ,,Fiebermittel" normer
Die temperaturherabsetzende W i r k u n g
wird,
mancher
f e h l t b e i m G e s u n d e n u n d m a c h t sich erst b e m e r k b a r bei ab-
Steigerung
normale
Bestandteile
tätigkeit
in
der
Körpertemperatur.
des
den M a g e n
Magensaftes. ein,
so
bleiben
daniederliegender Magensaftproduktion
des f e h l e n d e n M a g e n s a f t e s 1 J.
Antitoxinen
des
stimmtes k r a n k m a c h e n d e s
wissen
man
und sie
wir
außerordentlich Von
Salzsäure
bei normaler
sie o h n e W i r k u n g ,
sich