Feuer und Stein: Gräber und Totenmonumente im eisenzeitlichen Nordsyrien und Südostanatolien in ihren regionalen Kontexten 3447114835, 9783447114837

„Feuer und Stein“ bietet eine umfassende Darstellung des Umgangs mit den Toten in ausgewählten nordsyrischen und südosta

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German Pages 672 [673] Year 2021

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Title Pages
Inhalt
Danksagung
Vorbemerkungen zu Terminologie und Schreibweisen
1. Einleitung
1.1 Ziel der Untersuchung
1.2 Nordsyrien und Südostanatolien in der Eisenzeit
1.2.1 Chronologischer und geographischer Rahmen
1.2.2 Sprache, Ethnizität und materielle Kultur
2. Grundlagen
2.1 Definitionen
2.1.1 Kult und Ritual im Kontext des Umgangs mit den Toten
2.1.2 Ahnen- und Totenkultdefinitionen
2.1.3 Arbeitsdefinitionen
2.2 Forschungsgeschichte
2.2.1 Gräber
2.2.2 Stelen
2.2.3 Statuen
2.2.4 Orthostaten
2.3 Methode
2.3.1 Vorangehensweise
2.3.2 Interpretationsansätze
3. Bīt Baḫiāni
3.1 Tell Ḥalaf / Gūzāna
3.1.1 Einleitung
3.1.2 Gräber
3.1.3 Architektonische, ikonographische und epigraphische Befunde
3.2 Tell Faḫarīya / Sikāni
3.2.1 Einleitung
3.2.2 Gräber
3.2.3 Inschrift auf der Statue Hadd-yiṯ‘is (KAI 309)
3.3 Weitere Fundorte
3.3.1 Tell Ḥarba
3.3.2 Bozhöyük
3.3.3 Çakır
3.3.4 Rabbat Kalesi
3.4 Zusammenfassende Rekonstruktion
3.4.1 Begräbnishandlungen
3.4.2 Toten- und Ahnenkult
3.4.3 Sekundäre Begräbnisrituale
3.5 Interpretation
3.5.1 Religionssomatologische Interpretation
3.5.2 Religionssoziologische Interpretation
3.5.3 Religionsökonomische Interpretation
4. Karkamiš
4.1 Karkamış bzw. Ǧarāblūs / Karkamiš
4.1.1 Einleitung
4.1.2 Befunde der Mittel- und Spätbronzezeit
4.1.3 Architektonische, ikonographische und epigraphische Befundeder Eisenzeit
4.1.4 Intramurale Gräber der Eisenzeit
4.1.5 Extramurale Gräber der Eisenzeit
4.2 Weitere Fundorte
4.2.1 Yurtbağı
4.2.2 Gürçay
4.2.3 Yeşerti
4.2.4 Deve Höyük
4.2.5 Ekinveren
4.2.6 Gaziantep
4.2.7 Çapalı
4.2.8 Unpublizierte Fundorte
4.2.9 „Borowski“-Stele
4.3 Zusammenfassende Rekonstruktion
4.3.1 Begräbnishandlungen
4.3.2 Ahnen- und Totenkult
4.3.3 Sekundäre Begräbnisrituale
4.4 Interpretation
4.4.1 Religionssomatologische Interpretation
4.4.2 Religionssoziologische Interpretation
4.4.3 Religionsökonomische Interpretation
5. Bīt ‘Adini
5.1 Tell Aḥmar / Til Barsip bzw. Masuwara
5.1.1 Einleitung
5.1.2 Mittel- und spätbronzezeitliche Gräber
5.1.3 Lehmziegelgruft und Statue
5.1.4 Ikonographische Zeugnisse
5.1.5 Stele mit der Inschrift ALEPPO 2
5.1.6 Spätere intramurale Gräber
5.2 Tell Šiyuḫ Fawqānī / Burmar’ina
5.2.1 Einleitung
5.2.2 Intramurale Gräber
5.2.3 Extramurale Gräber
5.3 Weitere Fundorte
5.3.1 Arslān Ṭāš / Ḫadattu
5.3.2 Ṣrīn
5.3.3 Maskana
5.4 Zusammenfassende Rekonstruktion
5.4.1 Begräbnishandlungen
5.4.2 Ahnen- und Totenkult
5.4.3 Sekundäre Begräbnisrituale
5.5 Interpretation
5.5.1 Religionssomatologische Interpretation
5.5.2 Religionssoziologische Interpretation
5.5.3 Religionsökonomische Interpretation
6. Sam’al / Y’DY
6.1 Zincirli / Sam’al
6.1.1 Einleitung
6.1.2 Mögliche Befunde der Bronzezeit
6.1.3 Architektonische, ikonographische und epigraphische Zeugnisseder Eisenzeit
6.1.4 Intra- und extramurale Gräber
6.2 Gerçin
6.2.1 Einleitung
6.2.2 Hadadstatue mit Inschrift KAI 214
6.2.3 Statuentorsi B und C
6.2.4 Doppelfigur D
6.3 Coba Höyük
6.3.1 Einleitung
6.3.2 Stele mit Speisetischszene
6.3.3 Orthostat eines Herrschers
6.4 Ördekburnu
6.4.1 Ikonographie
6.4.2 Inschrift
6.4.3 Rekonstruktion
6.5 Weitere Fundorte
6.5.1 Pancarlı Höyük
6.5.2 Fevzipaşa
6.5.3 Karaburçlu
6.5.4 Örtülü
6.5.5 Elbistan Höyük
6.5.6 İslahiye
6.5.7 Taşlı Geçit Höyük
6.5.8 Yesemek
6.5.9 Gözlühöyük
6.5.10 Exkurs: İncirli
6.6 Zusammenfassende Rekonstruktion
6.6.1 Sterbe- und Begräbnishandlungen
6.6.2 Ahnen- und Totenkult
6.6.3 Sekundäre Begräbnisrituale
6.7 Interpretation
6.7.1 Religionssomatologische Interpretation
6.7.2 Religionssoziologische Interpretation
6.7.3 Religionsökonomische Interpretation
7. Bīt Agūsi / Arpad
7.1 Tell ar-Rif‘at / Arpad
7.1.1 Einleitung
7.1.2 Befunde der Bronzezeit
7.1.3 Befunde der Eisenzeit
7.2 Aleppo / Ḫalab
7.2.1 Einleitung
7.2.2 Orthostat Taitas I. mit der Inschrift ALEPPO 6
7.3 Nayrab / Nirabu
7.3.1 Einleitung
7.3.2 Gräber
7.3.3 Ikonographische und epigraphische Befunde
7.4 Tell as-Safīra
7.4.1 Einleitung
7.4.2 Statue des Adūnī-abīya
7.5 Weitere Funde
7.5.1 ‘Ayn at-Tall
7.5.2 Elfenbeinpyxis aus Nimrūd / Kalḫu
7.6 Zusammenfassende Rekonstruktion
7.6.1 Sterbe- und Begräbnishandlungen der Bevölkerung
7.6.2 Totenkult
7.7 Interpretation
7.7.1 Religionssomatologische Interpretation
7.7.2 Religionssoziologische Interpretation
7.7.3 Religionsökonomische Interpretation
8. Ḥamat
8.1 Ḥamā / Ḥamat
8.1.1 Einleitung
8.1.2 Befunde der Mittel- und Spätbronzezeit
8.1.3 Extramurale Gräber der Eisenzeit
8.2 Tell an-Naṣrīya
8.2.1 Einleitung
8.2.2 Kremationsgräberfeld
8.2.3 Extramuraler Doppeltumulus Tell Zūr an-Naṣrīya
8.3 Tell Mišrīfa
8.3.1 Einleitung
8.3.2 Befunde der Eisenzeit
8.4 Weitere Fundorte
8.4.1 Maḥarda
8.4.2 Šayzar
8.4.3 Tell Frayǧī
8.4.4 Taftanāz
8.4.5 Tell Masṭūma
8.5 Zusammenfassende Rekonstruktion
8.5.1 Begräbnishandlungen
8.5.2 Ahnen- und Totenkult
8.6 Interpretation
8.6.1 Religionssomatologische Interpretation
8.6.2 Religionsoziologische Interpretation
8.6.3 Religionsökonomische Interpretation
9. Zusammenfassung
9.1 Rekonstruktion
9.1.1 Stelen
9.1.2 Statuen
9.1.3 Orthostaten
9.1.4 Sterbe- und Begräbnishandlungen
9.1.5 Ahnenkult
9.1.6 Totenkult
9.1.7 Sekundäre Begräbnisrituale
9.2 Interpretation
9.2.1 Religionssomatologische Interpretation
9.2.2 Religionssoziologische Interpretation
9.2.3 Religionsökonomische Interpretation
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Register
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Feuer und Stein: Gräber und Totenmonumente im eisenzeitlichen Nordsyrien und Südostanatolien in ihren regionalen Kontexten
 3447114835, 9783447114837

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Matthias Lange

Feuer und Stein Gräber und Totenmonumente im eisenzeitlichen Nordsyrien und Südostanatolien in ihren regionalen Kontexten

PHILIPPIKA

Altertumswissenschaftliche Abhandlungen Contributions to the Study of Ancient World Cultures 145

Harrassowitz Verlag

© 2021, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11483-7 - ISBN E-Book: 978-3-447-39032-3

P H I L I P P I K A

Altertumswissenschaftliche Abhandlungen Contributions to the Study of Ancient World Cultures

Herausgegeben von /Edited by Joachim Hengstl, Elizabeth Irwin, Andrea Jördens, Torsten Mattern, Robert Rollinger, Kai Ruffing, Orell Witthuhn 145

2021

Harrassowitz Verlag . Wiesbaden

© 2021, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11483-7 - ISBN E-Book: 978-3-447-39032-3

Matthias Lange

Feuer und Stein Gräber und Totenmonumente im eisenzeitlichen Nordsyrien und Südostanatolien in ihren regionalen Kontexten

2021

Harrassowitz Verlag . Wiesbaden

© 2021, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11483-7 - ISBN E-Book: 978-3-447-39032-3

Bis Band 60: Philippika. Marburger altertumskundliche Abhandlungen.

Das Werk wurde mit dem „Philippika-Preis“ des Jahres 2019 ausgezeichnet.

Bei diesem Werk handelt es sich um die überarbeitete Dissertation, die am 28. April 2017 unter dem Titel „Religionsgeschichtliche Untersuchungen zum Umgang mit den Toten in ausgewählten nordsyrischen und südostanatolischen Königreichen der Eisenzeit“ eingereicht und am 30. Mai 2018 verteidigt wurde.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de/ abrufbar. Bibliographic information published by the Deutsche Nationalbibliothek The Deutsche Nationalbibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the internet at https://dnb.de/.

Informationen zum Verlagsprogramm finden Sie unter https://www.harrassowitz-verlag.de/ © Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden 2021 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen jeder Art, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung in elektronische Systeme. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck und Verarbeitung: Hubert & Co., Göttingen Printed in Germany ISSN 1613-5628 eISSN 2701-8091 ISBN 978-3-447-11483-7 eISBN 978-3-447-39032-3

© 2021, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11483-7 - ISBN E-Book: 978-3-447-39032-3

Inhalt Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI Vorbemerkungen zu Terminologie und Schreibweisen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII 1. 1.1 1.2

Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ziel der Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nordsyrien und Südostanatolien in der Eisenzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Chronologischer und geographischer Rahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Sprache, Ethnizität und materielle Kultur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



1 1 2 2 3

2. 2.1

Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Definitionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Kult und Ritual im Kontext des Umgangs mit den Toten . . . . . . . . . . 2.1.2 Ahnen- und Totenkultdefinitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Arbeitsdefinitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Forschungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Gräber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Stelen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Statuen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Orthostaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methode. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Vorangehensweise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Interpretationsansätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



7 7 7 9 13 16 16 17 20 22 23 23 24

Bīt Baḫiāni. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tell Ḥalaf / Gūzāna . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Gräber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3 Architektonische, ikonographische und epigraphische Befunde. . . . . Tell Faḫarīya / Sikāni . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Gräber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Inschrift auf der Statue Hadd-yiṯ‘is (KAI 309). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Fundorte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Tell Ḥarba. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Bozhöyük. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



27 27 27 34 62 97 97 99 104 106 106 106

2.2

2.3

3. 3.1

3.2

3.3

© 2021, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11483-7 - ISBN E-Book: 978-3-447-39032-3

VI

3.4

3.5

4. 4.1

4.2

4.3

4.4

5. 5.1

Inhalt

3.3.3 Çakır. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4 Rabbat Kalesi. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassende Rekonstruktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1 Begräbnishandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2 Toten- und Ahnenkult. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.3 Sekundäre Begräbnisrituale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interpretation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.1 Religionssomatologische Interpretation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.2 Religionssoziologische Interpretation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.3 Religionsökonomische Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



106 107 108 108 111 114 115 115 116 117

Karkamiš. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karkamış bzw. Ǧarāblūs / Karkamiš. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Befunde der Mittel- und Spätbronzezeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3 Architektonische, ikonographische und epigraphische Befunde der Eisenzeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.4 Intramurale Gräber der Eisenzeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.5 Extramurale Gräber der Eisenzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Fundorte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Yurtbağı . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Gürçay. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3 Yeşerti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.4 Deve Höyük. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.5 Ekinveren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.6 Gaziantep. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.7 Çapalı . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.8 Unpublizierte Fundorte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.9 „Borowski“-Stele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassende Rekonstruktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Begräbnishandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2 Ahnen- und Totenkult. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3 Sekundäre Begräbnisrituale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interpretation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1 Religionssomatologische Interpretation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2 Religionssoziologische Interpretation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.3 Religionsökonomische Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



119 119 119 127



131 175 181 212 212 214 215 216 218 219 220 220 221 221 221 228 236 236 236 239 241

Bīt ‘Adini. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tell Aḥmar / Til Barsip bzw. Masuwara. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2 Mittel- und spätbronzezeitliche Gräber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



245 245 245 250

© 2021, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11483-7 - ISBN E-Book: 978-3-447-39032-3

VII

Inhalt

5.2

5.3

5.4

5.5

6. 6.1

6.2

6.3

6.4

5.1.3 Lehmziegelgruft und Statue. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.4 Ikonographische Zeugnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.5 Stele mit der Inschrift ALEPPO 2. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.6 Spätere intramurale Gräber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tell Šiyuḫ Fawqānī / Burmar’ina. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Intramurale Gräber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3 Extramurale Gräber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Fundorte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1 Arslān Ṭāš / Ḫadattu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2 Ṣrīn. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.3 Maskana. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassende Rekonstruktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.1 Begräbnishandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.2 Ahnen- und Totenkult. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.3 Sekundäre Begräbnisrituale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interpretation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.1 Religionssomatologische Interpretation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.2 Religionssoziologische Interpretation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.3 Religionsökonomische Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



251 253 254 255 256 256 259 260 273 273 274 275 277 277 279 279 279 279 280 281

Sam’al / Y’DY. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zincirli / Sam’al. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.2 Mögliche Befunde der Bronzezeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.3 Architektonische, ikonographische und epigraphische Zeugnisse der Eisenzeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.4 Intra- und extramurale Gräber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerçin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.2 Hadadstatue mit Inschrift KAI 214. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.3 Statuentorsi B und C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.4 Doppelfigur D. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Coba Höyük. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.2 Stele mit Speisetischszene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.3 Orthostat eines Herrschers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ördekburnu. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.1 Ikonographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.2 Inschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.3 Rekonstruktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



283 283 283 293



294 346 349 349 352 363 364 365 365 366 366 369 369 371 372

© 2021, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11483-7 - ISBN E-Book: 978-3-447-39032-3

VIII

Inhalt

6.5

Weitere Fundorte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.1 Pancarlı Höyük. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.2 Fevzipaşa. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.3 Karaburçlu. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.4 Örtülü. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.5 Elbistan Höyük. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.6 İslahiye . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.7 Taşlı Geçit Höyük. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.8 Yesemek. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.9 Gözlühöyük. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.10 Exkurs: İncirli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassende Rekonstruktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6.1 Sterbe- und Begräbnishandlungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6.2 Ahnen- und Totenkult. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6.3 Sekundäre Begräbnisrituale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interpretation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.7.1 Religionssomatologische Interpretation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.7.2 Religionssoziologische Interpretation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.7.3 Religionsökonomische Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

375 375 377 377 378 379 380 381 382 384 386 388 388 392 395 395 395 398 400

Bīt Agūsi / Arpad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tell ar-Rif‘at / Arpad. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.2 Befunde der Bronzezeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.3 Befunde der Eisenzeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aleppo / Ḫalab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2 Orthostat Taitas I. mit der Inschrift ALEPPO 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nayrab / Nirabu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.2 Gräber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.3 Ikonographische und epigraphische Befunde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tell as-Safīra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.2 Statue des Adūnī-abīya. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Funde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.1 ‘Ayn at-Tall. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.2 Elfenbeinpyxis aus Nimrūd / Kalḫu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassende Rekonstruktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.6.1 Sterbe- und Begräbnishandlungen der Bevölkerung . . . . . . . . . . . . . . . 7.6.2 Totenkult . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

403 403 403 409 410 412 412 414 419 419 421 422 434 434 435 438 438 439 440 440 441

6.6

6.7

7. 7.1

7.2

7.3

7.4

7.5

7.6

© 2021, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11483-7 - ISBN E-Book: 978-3-447-39032-3

IX

Inhalt

7.7

Interpretation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7.1 Religionssomatologische Interpretation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7.2 Religionssoziologische Interpretation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7.3 Religionsökonomische Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



442 442 443 443

8. 8.1

Ḥamat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ḥamā / Ḥamat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.2 Befunde der Mittel- und Spätbronzezeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.3 Extramurale Gräber der Eisenzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tell an-Naṣrīya . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2.1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2.2 Kremationsgräberfeld. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2.3 Extramuraler Doppeltumulus Tell Zūr an-Naṣrīya . . . . . . . . . . . . . . . . Tell Mišrīfa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3.1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3.2 Befunde der Eisenzeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Fundorte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.1 Maḥarda. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.2 Šayzar. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.3 Tell Frayǧī. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.4 Taftanāz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.5 Tell Masṭūma. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassende Rekonstruktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5.1 Begräbnishandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5.2 Ahnen- und Totenkult. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interpretation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6.1 Religionssomatologische Interpretation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6.2 Religionsoziologische Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6.3 Religionsökonomische Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



445 445 445 454 456 477 477 477 484 485 485 486 491 491 492 495 496 497 499 499 503 504 504 505 507

Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rekonstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.1 Stelen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.2 Statuen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.3 Orthostaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.4 Sterbe- und Begräbnishandlungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.5 Ahnenkult . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.6 Totenkult . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.7 Sekundäre Begräbnisrituale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



509 509 509 533 542 545 552 554 556

8.2

8.3

8.4

8.5

8.6

9. 9.1

© 2021, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11483-7 - ISBN E-Book: 978-3-447-39032-3

X 9.2

Inhalt

Interpretation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.1 Religionssomatologische Interpretation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.2 Religionssoziologische Interpretation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.3 Religionsökonomische Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



556 556 560 562

Abbildungsverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565 Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 647

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Danksagung Danken möchte ich zuvorderst meinen Betreuern, Prof. Dr. Herbert Niehr und Prof. Dr. Peter Pfälzner für die Aufnahme in den Promotionsverbund „Die Symbole der Toten: Archäologische, naturwissenschaftliche und religionsgeschichtliche Untersuchungen zu sepulkralen und memorialen Kontexten im Alten Orient“ der Eberhard Karls Universität Tübingen und die Möglichkeit, in diesem Rahmen meine Dissertation zu schreiben, ihre kontinuierliche Betreuung, Unterstützung sowie ihre zahlreichen Ratschläge über all die Jahre hinweg. Des Weiteren möchte ich Prof. Dr. Mirko Novák für sein externes Gutachten und die darin enthaltenen Hinweise meinen Dank aussprechen. Den Verantwortlichen des Harrassowitz Verlages danke ich recht herzlich für die Aufnahme in die Reihe Philippika – Altertumswissenschaftliche Abhandlungen sowie der Jury des Philippika-Preises für die Berücksichtigung meines Beitrags. Ein ganz besonderes Dankeschön gilt dabei meiner Lektorin Ulrike Melzow, deren Genauigkeit und Schnelligkeit zur Drucklegung dieser Arbeit maßgeblich beigetragen haben. Panayiotis Andreou, Stefan Heitmann, Tina Köster, Sarah Lange-Weber, Li Sang, Katharina Teinz und Anne Wissing vom Tübinger Promotionsverbund „Symbole der Toten“ bin ich in vielerlei Hinsicht zu großem Dank verpflichtet. Insbesondere Katharina Teinz hat zu dieser Arbeit durch zahlreiche Diskussionen beigetragen. Passenderweise möchte ich an dieser Stelle den freundlichen und hilfsbereiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bibliothek des Archäologischen Zentrums Berlin danken, in der ein Großteil dieser Arbeit entstanden ist. Darüber hinaus danke ich Peter Bartl, Anja Fügert, Carolin Jauß, Johannes Jungfleisch und Christoph Purschwitz für zahlreiche Abende, an denen Zeitpläne erstellt, Anregungen ausgetauscht und kritische Diskussionen geführt wurden. Ein weiteres, besonderes Dankeschön gebührt meinem Großvater Heinz Lange sowie meiner leider kürzlich verstorbenen Großmutter Ella, meinen Eltern Edith und Siegfried Lange sowie Cennet und Mehmet Öğüt für ihre kontinuierliche Unterstützung und Fürsorge. Für ihre Übersetzungen aus dem Tschechischen bzw. das Entziffern der Handschrift Bedřich Hroznýs sowie ihre spontane Hilfsbereitschaft danke ich Hana Kubelková und Šárka Velhartická recht herzlich. Prof. Dr. Markus Witte und Brinthanan Puvaneswaran habe ich für die freundliche Aufnahme und die angenehme Atmosphäre am Lehrstuhl für Exegese und Literaturgeschichte des Alten Testaments an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin zu danken, die mir die Fertigstellung der Arbeit sehr erleichtert haben. Für ihr unermüdliches Korrekturlesen bin ich meinem Vater Siegfried Lange und Anja Fügert zu herzlichem Dank verpflichtet; alle Fehler gehen selbstverständlich allein auf mich zurück.

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XII

Danksagung

Birgül Öğüt hat nicht nur in mühsamer Kleinstarbeit die Karten erstellt, zahllose Wochen mit Korrekturen verbracht, mir archäologisches Grund- und Fachwissen vermittelt und auf vielen anderen Weisen zu diesem Buch beigetragen; ohne sie hätte dieses schlicht niemals entstehen können. Dafür sei es ihr gewidmet.

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Vorbemerkungen zu Terminologie und Schreibweisen Einige der hier behandelten Monumente wurden in einem Zusammenhäng mit Gräbern gefunden, manche nicht. Um diesen Umstand Rechnung zu tragen, wird, falls eine diesbezügliche Unterscheidung getroffen wird, in ersterem Fall von „Grabmonument“, „Grabstele“ etc. gesprochen bzw. das Adjektiv „funerär“ verwendet. Falls keine erkennbare Beziehung zu einem Grab besteht, wird auf Bezeichnungen wie „memoriales Monument“, „Memorialstele“ etc. zurückgegriffen bzw. „memorial“ verwendet. Als Überbegriff für beide Gruppen dienen „mortuär“ sowie „Totenmonument“, „Totenstele“ etc. Aus stilistischen Gründen wird – insbesondere in Kapitel 8, Ḥamat – „Phase“ nicht als untergeordnete Zeitspanne von „Periode“, sondern als Synonym zu diesem gebraucht. Arabische Ortsnamen folgen der Transliteration von Gunnar Lehmanns Bibliographie der archäologischen Fundstellen und Surveys in Syrien und Libanon bzw. dem Tübinger Atlas des Vorderen Orients, wobei der Begriff „Tall“ durch „Tell“ ersetzt wird. Türkische Ortsnamen wurden soweit möglich durch die neueste Schreibweise wiedergegeben. Ausnahmen in dieser Hinsicht stellen Eminlik, das frühere Yunus, sowie Kahramanmaraş, ehemals Maraş, dar. Da beide Namen in den meisten Publikationen weiterhin benutzt werden, sollen sie auch hier beibehalten werden. Antike luwische Ländernamen folgen – mit der Ausnahme Karkamiš statt Karkamissa – dem Aufsatz „Zu Ansatz, Lautung und Herkunft einiger luwischer Ländernamen des 12.–8. Jh.“ von Frank Starke. Abkürzungen folgen dem Reallexikon der Assyriologie.

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„Death is the origin and centre of culture.“ 1

1. Einleitung

1.1

Ziel der Untersuchung

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die umfassende Darstellung des Umgangs mit den Toten in – vor allem aufgrund der jeweils relativ guten Quellenlage – ausgewählten nordsyrischen und südostanatolischen Königreichen der Eisenzeit I und II (Abb. 1). Dies bedeutet, dass abgesehen von den Gräbern und ihren jeweiligen archäologischen Kontexten auch Bild- und Textquellen des chronologischen und geographischen Rahmens sowie ggf. deren archäologische Kontexte herangezogen werden sollen, um ein möglichst vollständiges Bild von der Rolle des Umgangs mit den Toten in den jeweiligen Gesellschaften zu zeichnen. Anlass dafür bilden mehrere Faktoren: – Z ahlreiche neue Grab- und Denkmälerfunde lassen ältere Interpretationen in neuem Licht bzw. modifikationsbedürftig erscheinen. – Eine intensivere Beschäftigung mit den Ergebnissen der Altgrabungen, welche über die Dokumentation der Gräber sowie die Interpretation auf dem Stand des damaligen Wissens hinausgeht, ist wünschenswert, wurde bisher aber kaum geleistet, insbesondere im Fall von Karkamiš und Ḥamat. – Die Aufarbeitung der Kunstwerke aus Stein, welche einen bedeutenden Teil der Zeugnisse im Umgang mit den Toten ausmachen, ist kunsthistorisch, ikonographisch und kulturgeschichtlich so weit vorangeschritten, dass in diesem Bereich detailliertere Fragestellungen und Betrachtungen möglich sind. – Diese Werke wurden in ihrer Rolle als Toten- oder Grabdenkmäler mehr oder weniger aus ihrem jeweiligen direkten archäologischen, regionalhistorischen und geographi-

1 Assmann 2005, S. 1.

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2

Einleitung

schen Kontext herausgelöst, 2 was eine vollständige Berücksichtigung dieser Kontexte wünschenswert macht. 3 – Die gesammelte Veröffentlichung der hieroglyphenluwischen Inschriften der Eisenzeit durch J. David Hawkins, 4 welche enorm zum Verständnis der luwischen Traditionen beitragen können, werden auch 21 Jahre nach Erscheinen nur selten oder durch Forscher rezipiert, welche in den entsprechenden Philologien ausgebildet worden sind. – Schließlich ist bisher weder eine sich allein mit den eisenzeitlichen Gräbern Nordsyriens und Südostanatoliens auseinandersetzende noch eine sich auf den Umgang mit den Toten insgesamt fokussierende Darstellung erschienen.

1.2

Nordsyrien und Südostanatolien in der Eisenzeit

1.2.1

Chronologischer und geographischer Rahmen

Der chronologische Rahmen der Arbeit ist durch die Beschränkung auf die Eisenzeit bereits relativ deutlich abgegrenzt, worunter im Folgenden ausschließlich die Eisenzeit I und II zu verstehen ist. 5 Er reicht von der Zeit nach der Zerstörungswelle am Ende der Spätbronzezeit, die vor allem die Küstenregion betraf  –  mit dem prominentesten Fall Ugarit ca. 1185 6 – und zur Auflösung des hethitischen Reiches beitrug, über die Inkorporierung der nordsyrisch-südostanatolischen Staaten in das neuassyrische Reich, einem Prozess, der im 9. Jh. begann und weitgehend bis ca. 700 abgeschlossen war, bis zur neu­ babylonischen Eroberung des ägyptisch besetzten Karkamiš im Jahr 605, d.h. bis zur vollständigen Auflösung des neuassyrischen Reiches. Als Argument dafür mag im Kontext des Umgangs mit den Toten die Weiterführung verschiedener Bestattungs-, Ahnen- und Totenkultrituale geltend gemacht werden, insbesondere der Praxis der Brandbestattung, die größtenteils erst im 6.  Jh. durch die Körperbestattung abgelöst wurde. Allerdings wurden mindestens zwei eisenzeitliche Gräberfelder bereits in der Spätbronzezeit angelegt und kontinuierlich bis in die Eisenzeit hinein benutzt, so dass sich ein Ausgreifen über den eisenzeitlichen Rahmen hinaus in diesen Fällen nicht vermeiden lässt. Geographisch wird der Bogen dabei von Tell Faḫarīya im Osten bis nach Zincirli und von dort bis nach Tell Mišrīfa im Süden gespannt. Kriterien für die Aufnahme in dieser Arbeit waren zum einen eines oder mehrere größere, zumindest teilweise publizierte 2 Voos 1986; Bonatz 2000a. 3 In Ansätzen durch Gilibert 2011 (nur Karkamiš und Sam’al) und Rehm 2014; dies. 2016 (nur Speise­tischszenen) geleistet. 4 Hawkins 2000. 5 Nach der Periodisierung von Mazzoni 2000 auch noch ein Jahrhundert der Eisenzeit III. 6 Die meisten Zeitangaben beziehen sich auf vorchristliche Epochen und werden nicht explizit gekennzeichnet, ebensowenig Zeitangaben bezüglich moderner Forschungen. Allein bei Verwechslungsmöglichkeiten, wie im Bereich der ersten nachchristlichen Jahrhunderte, wird ein „n. Chr.“ hinzugefügt.

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Nordsyrien und Südostanatolien in der Eisenzeit

3

Gräberfelder und / oder zahlreiche Inschriften und Monumente mit in situ-Funden, die eine Rekonstruktion ermöglichen, auf deren Grundlage belastbare, weitergehende Interpretationen für das jeweilige Königreich möglich sind. Daraus folgt, dass eisenzeitliche Königreiche Südostanatoliens wie Pattina / Unqi, Ḫiyawa / Que, Kurkuma, Kummaḫa, Malida und Tabāla hier nicht behandelt werden, da zum einen keine publizierten Gräber oder gar Gräberfelder vorliegen und zum anderen die meist nicht in situ gefundenen Monumente zu unergiebig für eine Rekonstruktion sind. Unbekannte Fundkontexte sind insbesondere ein Problem der vielen Denkmäler aus Maraş / Kurkuma, die aber bereits ausführlich an anderer Stelle kontextunabhängig behandelt worden sind. 7 Ein Problem, dass sich aus der Chronologie bzw. der politischen Geschichte und der Geographie ergibt, ist die Zuschreibung eines Ortes oder eines Fundes zu einem bestimmten Königreich. Die hier betrachteten Funde, insbesondere die häufig nicht genau datierbaren Gräber sowie die Tatsache, dass der Zeitraum der Benutzung der Gräberfelder, aber bspw. auch des „Kultraums“ von Tell Ḥalaf, weit über das Bestehen der jeweiligen Königreiche hinausreichen, machen eine „korrekte“ Zuschreibung zu einer bestimmten politischen Entität zu einem schwierigen Unterfangen. In diesen langen Zeiträumen spiegelt sich jedoch auch die Beharrlichkeit der jeweiligen lokalen Traditionen wider, der man vielleicht dadurch besser gerecht werden kann, indem ein regionaler Bezugspunkt in Form eines regionalen Königreiches gewählt wird. So wird die Stele der Kupapiya aus Šayzar dem nur 20  km entfernten Sitz des späteren Königreiches Ḥamat zugeschlagen und nicht dem früheisenzeitlichen P/Walastina. Denn wie lässt sich die Errichtung ihrer (Grab-?) Stele an diesem Ort besser erklären, als dass hier eine familiäre und / oder lokale Tradition bestand, sich an diesem Ort und nicht in der Hauptstadt des Königreiches bestatten zu lassen?

1.2.2

Sprache, Ethnizität und materielle Kultur

Ein bis heute ungelöstes Problem stellt die Frage nach der Ethnizität sowie der Bezeichnung bzw. Differenzierung der materiellen Kultur des eisenzeitlichen Nordsyrien und Südostanatolien dar. Der Grund dafür ist in der stark fragmentierten und sich schnell wandelnden politischen Landschaft im Gegensatz zur relativ einheitlichen materiellen Kultur 8 sowie der Verwendung von mehreren Schriften und Sprachen, hauptsächlich Aramäisch und (Hieroglyphen-) Luwisch, häufig in Monumentalinschriften, selten in Texten des alltäglichen Gebrauchs, zu suchen. Erschwerend dabei ist, dass die Wahl bestimmter Sprachen in Monumentalinschriften per se keinen sicheren Indikator für die (Mutter-) Sprache des Auftraggebers oder gar der Bevölkerung einer Stadt darstellt, 9 so 7 U.a. Voos 1989; Bonatz 2000a; Rehm 2014, S. 378–381; dies. 2016; Lange 2015. 8 U.a. Voos 1986, S. 4; Bonatz 2000a, S. 164; ders. 2014a, S. 205; Aro 2003, S. 282. Özyar 2008 und Orthmann 2013b, S. 525 gestehen den Skulpturen aus Tell Ḥalaf einen gewissen Sonderstatus zu. 9 Brown 2008a, S. 190; Bonatz 2014a, S. 206.

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4

Einleitung

wie es H. Craig Melchert anhand eines Vergleichs zwischen den luwischen Inschriften Ḫattušas sowie den lateinischen Inschriften Washingtons anschaulich illustriert hat. 10 Davon wiederum unabhängig wäre die Frage nach der Ethnizität sowie der kulturellen Identität der Sprecher zu betrachten, welche beide nicht zwangsläufig mit der von ihnen verwendeten Sprache übereinstimmen 11 und sich auch nicht auf eine monolithische Option beschränken müssen. 12 Aufgrund der verfügbaren Quellen stellt jedoch häufig bereits die Bestimmung der mutmaßlich gesprochenen Sprache die Grenze des wissenschaftlich Vertretbaren dar. Einen geradezu klassischen Problemfall in dieser Beziehung bildet das Königreich Sam’al, da in diesem Gebiet zwar zunächst luwisch, zeitweise phönizisch, später aber vor allem sam’alisch und aramäisch geschrieben wurde, die Auftraggeber aber teils luwische Namen trugen und teils luwische Gottheiten verehrten, so dass bis heute in der Wissenschaft kontrovers über die Ethnizität und kulturelle Identität dieser Region diskutiert wird. 13 Dagegen stellt Bīt Baḫiāni aufgrund seiner östlichen Lage das einzige der hier behandelten Königreiche dar, in dessen Gebiet bisher nur aramäische und assyrische Inschriften gefunden worden sind, aber keine hieroglyphenluwischen. Wie die Menschen in Nordsyrien und Südostanatolien sich selbst betrachtet haben, d.h. ob sie sich aufgrund politischer, geographischer, linguistischer oder ethnischer Zugehörigkeit in irgendeiner Form verbunden fühlten, ist von luwischen Inschriften der Eisenzeit her unbekannt, da keine entsprechenden Selbstbezeichnungen überliefert sind. 14 Auf der anderen, d.h. der aramäischen Seite existieren mit den Vertragsstelen von Tell as-Safīra (KAI 222–224) aus der Mitte des 8. Jh. zwei Bezeichnungen, „Ganz Aram“ sowie „Ober- und Unteraram“, die entsprechendes anzudeuten scheinen. Sie werden von den Forschern unterschiedlich interpretiert, wobei die plausiblere Variante besagt, dass beide Begriffe auf Bīt Agūsi und nicht auch auf andere Staaten oder Landschaften rekurrieren. 15 Diese Interpretation wird durch die neue Deutung der sog. Melqart-Stele (KAI 10 Nach Melchert 2003b, S. 13 böten die in Ḫattuša gefundenen, hieroglyphenluwisch beschrifteten Monumente allein letztlich keine Grundlage für die Annahme, Luwisch anstelle von Hethitisch als die dort gesprochene Sprache anzusehen. 11 Hutter 2003, S. 264; Brown 2008a, S. 187–195. 12 Cornelius 2019, S. 201 in Bezug auf Sam’al: „a truly multicultural society which included many cultural influences“. 13 Vgl. u.a. zuletzt Hawkins 2015; Tamur 2017; Bonatz 2019; Cornelius 2019. 14 Hawkins 2000, S. 3. In der Bronzezeit bezeichneten die Hethiter die Bevölkerung des Landes Luwiya als luwisch – im ethnischen Sinne – bzw. als Menschen von Luwiya, während mit dem Begriff luwili luwische Glossen in hethitischen Texten gekennzeichnet wurden. Hawkins 2013a, S. 30–31. Luwiya wird dabei traditionell mit dem Land Arzawa in Nord- und Zentralwestanatolien gleichgesetzt, wohingegen Yakubovich 2010a, S. 239–248 die umstrittene These einer Lage von Luwiya in der zentralanatolischen Ebene um das heutige Konya aufgestellt hat. Diese Termini sind jedoch erstens in der Eisenzeit nicht mehr belegt und zweitens muss mit einer zunehmenden luwisch sprechenden Bevölkerung in Südostanatolien (Kizzuwatna) und anderen Gebieten gerechnet werden, infolgedessen diese Begriffe ihre Bedeutung verloren oder verändert haben könnten. 15 Kahn 2007, S. 76–83; Niehr 2010a, S. 243; Bunnens 2015; Younger 2016, S. 507–508 contra Lipiński 2000, S. 218; Sader 2014a, S. 15–16. Letztere beziehen „Ganz Aram“ auf die antiassyrische Koalition unter (lies „with“ statt „against“ Sader 2014a, S. 15) Mati‘-’El von Bīt Agūsi, die auch „nicht-aramäi-

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Nordsyrien und Südostanatolien in der Eisenzeit

5

201) unterstützt, wonach sich die dort genannten Herrscher ebenso wie die Bezeichnung „König von Aram“ auf Bīt Agūsi beziehen. 16 Der Terminus „Aramäer“ findet sich hingegen nie als Selbstbezeichnung. 17 Dagegen existiert bezüglich der Schriftbezeichnung mit der Inschrift KARKAMIŠ A. 15b § 18 ein luwisches Beispiel aus dem späten 9. bis frühen 8. Jh., in welchem die hieroglyphenluwische Schrift als „städtische Schrift“ sowie möglicherweise die aramäische Schrift als „taimanische Schrift“ bezeichnet wurde und sich auf den aramäischen Stammesnamen Teman bezieht, der östlich von Karkamiš anzusiedeln ist. 18 Einer anderen These zufolge soll sich diese Bezeichnung jedoch auf die altnord- oder altsüdarabische Schrift beziehen. 19 Im Folgenden wird sowohl von Aramäern als auch von Luwiern gesprochen; dabei wird jedoch in erster Linie auf eine Gruppe von – vermeintlichen – Sprechern einer Sprache auf Grundlage der von ihnen hinterlassenen Schriftzeugnisse rekurriert, ohne ihnen damit automatisch eine kulturelle Identität oder Ethnizität zuweisen zu wollen. Analog dazu bezieht sich die Verwendung der Adjektive aramäisch und luwisch in erster Linie auf Zeugnisse in diesen Sprachen. 20 Zeugnisse der luwischen Sprache sind aufgrund der hethitischen Herrschaft über das spätbronzezeitliche Syrien zu erwarten, insbesondere, da an verschiedenen Orten wie Karkamiš, Aleppo und Ḥamā Zerstörungsschichten fehlen und auch inschriftliche Quellen auf Kontinuitäten hinsichtlich der politischen Eliten hindeuten. Es muss davon ausgegangen werden, dass zu Beginn nur ein kleiner Teil der Bevölkerung, hauptsächlich die Oberschicht, tatsächlich luwischer bzw. hethitischer Abstammung war und erst nach und nach weitere Teile der Bevölkerung sich in Sprache und / oder Kultur anpassten. Wieweit diese Anpassung – ob quantitativ oder qualitativ – reichte, lässt sich kaum beantworten. Was die aramäisch sprechende Bevölkerung anbetrifft, so besteht mittlerweile ein weitgehender Konsens darüber, dass ihr „Erscheinen“ zum größten Teil nicht aus Migrationen resultierte, sondern dass es sich um bereits in der Spätbronzezeit ansässige oder halbnomadische, ursprünglich amurritisch sprechende „Einheimische“ handelte, wie sich anhand der zahlreichen linguistischen Kontinuitäten zwischen dem Spätamurritischen und dem Aramäischen zeigen lässt. 21 Darüber hinaus darf nicht übersehen werden,

16 17 18 19 20 21

sche“ Staaten umfasste. Lipiński 2000, S. 214 fasst „Ober- und Unteraram“ als Einflusssphären von Bīt Agūsi und Damaskus auf, während Sader 2014a, S. 16 sie als geographische Begriffe für Nordund Südsyrien interpretiert. Vgl. Bunnens 2015, S. 39 für weitere Interpretationen. Pitard 1988; Puech 1992; Lipiński 2000, S. 215; Kahn 2007, S. 79; Niehr 2010a, S. 243–244; Bunnens 2015, S. 43 contra Dion 2002, S. 57; Sader 2014a, S. 15. Sader 2014a, S. 15; Berlejung 2014, S. 339. Starke 1997; Hawkins 2000, S. 133. Ob erstere Bezeichnung sozioökonomisch und letztere ethnisch und / oder geographisch aufgefasst werden kann, muss dabei offenbleiben. Es sei jedoch auf die Diskussion um eine Passage aus KAI 24 aus Sam’al verwiesen (siehe dazu Abschnitt 6.1.1.3). Younger 2014; ders. 2016, S.  242, 679. Dies wird von Starke 1997 aus etymologischen Gründen ablehnt. Vgl. Melchert 2003a, S. 3. Zur abzulehnenden Bezeichnung der materiellen Kultur als „aramäisch“, siehe Bonatz 2019. Zadok 1991, S. 107–114; Bunnens 2000, S. 16–17; Klengel 2000, S. 25–26; Sader 2000, S. 67; dies. 2014a, S. 18–20; Gilibert 2011, S. 9.

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6

Einleitung

dass auch andere Bevölkerungs- oder Sprachgruppen zu Beginn der Eisenzeit existierten, wie etwa Sprecher des Hurritischen, die keine Inschriften in ihrer Sprache hinterlassen haben, 22 oder die Assyrer in Nordostsyrien. Was die materielle – aber auch die geistige – Kultur anbetrifft, so steht diese vor allem in der Traditon der syrischen, aber auch in der hethitisch(-luwisch)en der Spätbronzezeit. 23 Zur ersteren zählen insbesondere Architektur, Keramik, Produktionsmethoden, 24 während sich der hethitische Einfluss speziell in der Reliefkunst äußerte. Letzterer Aspekt führte zusammen mit der Kontinuität der hieroglyphenluwischen Monumentalschrift sowie der assyrischen Fremdbezeichnung „Ḫatti“, dazu, dass zwei der drei geläufigsten Bezeichnungen für die materielle Kultur des eisenzeitlichen Nordsyrien und Südostanatolien in der Wissenschaft, „späthethitisch“ und engl. „neo-hittite“, allein die hethitische Tradition betonen. Demgegenüber weist der dritte der am häufigsten verwendeten Begriffe, „syro-hethitisch“, den Vorteil auf, dass er beide Aspekte in sich vereint. 25 Gegen ihn kann allerdings eingewendet werden, dass er letztlich zweideutig bleibt, da mit ihm auch die „Syrian phase of the Hittite culture of the Imperial period“ 26 bezeichnet werden könnte. Abgesehen von der syro-hethitischen Kunst existierte mit der neuassyrischen Kunst eine zweite künstlerische Tradition im eisenzeitlichen Nordsyrien und Südostanatolien, deren Einfluss größtenteils mit der Ausdehnung des neuassyrischen Reiches einherging. 27

22 23 24 25

Mindestens bis ca. 1100 trugen die Könige von Karkamiš noch hurritische Namen. Voos 1986, S. 3; Gilibert 2011, S. 10. Mazzoni 2000, S. 34; Sader 2014a, S. 19. Für weitere Bezeichnungen und ihre Diskussion, siehe Voos 1986, S. 4; Gilibert 2011, S. 9–10. Dubiel 2014c verwendet zudem „späthethitisch-aramäisch“. Vgl. auch Bonatz 2019 zum Begriff „aramäisch“. 26 Orthmann 2013a, S. 499, Anm. 2. 27 Orthmann 2013b.

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2. Grundlagen

2.1

Definitionen

2.1.1

Kult und Ritual im Kontext des Umgangs mit den Toten

Der Umgang mit Toten ist nicht nur heute, sondern insbesondere im Alten Orient und so auch in Nordsyrien und Südostanatolien durch eine Vielzahl von Ritualen geprägt, weshalb zunächst dieser Begriff zu definieren ist. Während der Ritualbegriff zu Beginn des 20.  Jh. vornehmlich im Bereich der Religion angesiedelt und im Rahmen der sich damit befassenden Wissenschaften verwendet wurde – u.a. im Zusammenspiel mit dem Mythosbegriff –, dessen Hauptfunktion in der Schaffung sozialer Ordnungen gesehen wurde, kam es seit den 1960er Jahren zu einer Übertragung dieses Konzepts auf andere Bereiche wie Sprache, Politik, Sport oder Theater. Damit einher ging eine Verschiebung der klassischen Definitionen von Ritual im Sinne einer wiederholten, regelhaften, stereotypen, sequenziellen Handlung etc. hin zu einer Charakterisierung als kreativ, ästhetisch und performativ. So konnte eine Vielzahl gesellschaftlicher Praktiken erfasst werden. Gleichzeitig aber ging die Trennschärfe des Begriffs mehr und mehr verloren, weshalb hier auf eine eher traditionelle Definition dieses Begriffes zurückgegriffen werden soll: „‚Ritual‘ ist Oberbegriff für religiöse Handlungen, die zu bestimmten Gelegenheiten in gleicher Weise vollzogen wurden, deren Ablauf durch Tradition oder Vorschrift festgelegt ist, und die aus Gesten, Worten und dem Gebrauch von Gegenständen bestehen mögen. […] Als Ritual bezeichnet man sowohl die wirklich stattfindende Handlung als auch die für sie maßgebenden Regeln.“ 1 Entgegen dem variablen Alltagsgebrauch sollen Riten einzelne Handlungen und Rituale aus diesen Handlungen bestehende Handlungskomplexe darstellen, während Kulte die Gesamtheit der möglichen Handlungen innerhalb eines religiösen Symbolsystems, 2 in diesem Fall des Umgangs mit den Toten insgesamt, bezeichnen. Die naheliegendste Unterteilung dieses umfangreichen Korpus stellt die mit dem Tod und dem Begräbnis verbundenen Elemente sowie die erst im Anschluss daran stattfindenden Rituale dar, welche im Englischen als funerary und mortuary rituals wiedergegeben

1 Lang 1998, S. 442–443. 2 Lang 1998, S. 444.

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Grundlagen

werden können. 3 Erstere werden von den meisten Forschern zur Gruppe der Übergangsrituale gerechnet, 4 welche nach Arnold van Gennep in drei Phasen – eine Trennungs-, Schwellen- und Angliederungsphase – zerfallen, die je nach dem Kontext des Rituals und der jeweiligen Kultur verschieden stark ausgeprägt sein können. 5 In der hier zugrunde gelegten funktionalistischen Systematisierung von Ritualen nach Catherine Bell, welche auch Übergangsrituale beinhaltet, 6 bereitet die zweite Gruppe der postfunerären Rituale Schwierigkeiten bei der Zuordnung, da sie verschiedenen Ritualkategorien zugerechnet werden können. Von Ethnologen sowie im Kontext des Alten Orients werden sie meist unter den substanzialistischen Begriffen Ahnen- oder Totenkult bzw. im Englischen unter cult of the dead oder ancestor worship oder ähnlichen Bezeichnungen verhandelt, wobei manche Forscher zwischen diesen beiden oder weiteren Formen differenzieren. 7 Eine solche Differenzierung erscheint nicht allein im Rahmen des eisenzeitlichen Nordsyrien und Südostanatolien geboten. Aus den schriftlichen Quellen dieser Zeit sind zwar keine Begriffe für Ahnen als spezielle Tote belegt, aber aus den Ritualbeschreibungen bzw. -anweisungen geht hervor, dass zwischen der rituellen Verehrung der Toten innerhalb der Familie und der rituellen Verehrung anderer Toter eine qualitative Differenz bestand. Ähnliches lässt sich im eisenzeitlichen Palästina konstatieren. So kritisiert Ron Tappy an Elizabeth Bloch-Smiths Judahite Burial Practices and Beliefs about the Dead: „These observations raise, in turn, the need (at least for the text-related portion of a study of this subject) to distinguish between a cult of the dead and ancestor worship […]. As the name implies, ancestor worship incurs the restrictions of kinship; a genuine cult of the dead, however, transcends lineage patterns, whether real or fictive. While some overlap in ideology may exist, each phenomenon also maintains its own social, psychological, and economic functions.“ 8 Um eine solche Unterscheidung vornehmen zu können, sollen im Folgenden bestehende Ansätze evaluiert sowie eigene Arbeitsdefinitionen formuliert werden.

3 Vgl. Tappy 1995, S. 63; Pardee 1996, S. 273–274. 4 U.a. Mofidi-Nasrabadi 1999, S. 7–8. Diese Einordnung wird meist vorgenommen, ohne sich auf ein bestimmtes System der Kategorisierung von Ritualen zu beziehen. Dabei beinhaltet bspw. das ausdifferenzierte System von Ronald L. Grimes sechszehn verschiedene Ritualkategorien, darunter Übergangsrituale und funeräre Rituale. Vgl. Bell 1997, S. 93–94. 5 Gennep 1986 [1909], S. 21. So sind bei Hochzeiten die Angliederungs-, bei Initiationsritualen die Schwellen- und bei Begräbnisritualen die Trennungsphase am stärksten ausgeprägt. 6 Bell 1997, S. 93–137: Übergangsrituale, kalendarische Rituale, kommunikative und kommutative Rituale bzw. Opferrituale, Heilungs- und Reinigungsrituale, Fest- und Fastenrituale sowie politische Rituale. 7 Eine der ersten oder die erste Differenzierung dieser beiden Konzepte durch Gluckman 1937. Für eine Rezeption im Kontext der syrischen Mittelbronzezeit, vgl. Wygnańska 2014, S. 39–41. 8 Tappy 1995, S. 63. Dem ist lediglich hinzuzufügen, dass Ahnen- und Totenkult auch auf politischer Ebene unterschiedliche Funktionen erfüllen.

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Definitionen

2.1.2

9

Ahnen- und Totenkultdefinitionen

Die Begriffe Ahnen- und Totenkult werden in der altorientalischen Philologie sowie in der Vorderasiatischen Archäologie vielfach gebraucht, aber nicht immer definiert, obwohl häufig Diskrepanzen in der Verwendung der beiden Begriffe oder verwandter Konzepte bestehen. Da deshalb ein vollständiger Forschungsüberblick an dieser Stelle zu umfangreich wäre, sollen hier lediglich einige der Ansätze kurz vorgestellt werden, die inhaltlich einen räumlichen und / oder zeitlichen Bezug zum Untersuchungsgegenstand aufweisen. In seiner 1985 veröffentlichten Studie Untersuchungen zur mesopotamischen Totenpflege (kispum) im alten Mesopotamien unterscheidet Akio Tsukimoto hinsichtlich des mit der Bestattung einsetzenden „Totenkultes“ die zwei Bereiche „Ahnenkult“ und „Totenverehrung“. 9 Als ausschlaggebendes Kriterium für die Zuordnung zum Ahnenkult sieht er den sozialen Kontext an, in welchem die Rituale eingebettet sind. Falls dieser innerhalb der Familie zu suchen ist, handele es sich um Ahnenkult im engeren Sinne, daneben existierten jedoch auch andere Formen, bspw. im Falle des Kultes für verstorbene Könige. „Totenverehrung“ dagegen liege seiner Ansicht nach vor, wenn unabhängig eines sozialen Kontextes eine verstorbene Person zum Objekt einer Handlung wird. Als Beispiele dafür betrachtet er den Heroenkult sowie nekromantische Praktiken. 10 In Nekromantie. Totenbefragung im Alten Orient und im Alten Testament geht Josef Tropper von einer grundsätzlichen Dichotomie der Gesamtheit der Handlungen Toten gegenüber aus, weshalb er zwischen Totenbräuchen und Totenkult differenziert. 11 Kriterium sind dabei nicht die Verschiedenartigkeit der Handlungen, sondern unterschiedliche Sichtweisen auf die Natur der Verstorbenen, numinos bzw. göttlich oder nicht-numinos bzw. nicht-göttlich: „[…] möchte ich den Begriff ‚Totenkult‘ als religiöse Einstellung der Menschen gegenüber den Verstorbenen definieren, die eine göttliche Verehrung der Toten miteinschließt.“ 12 Unter Totenbräuchen summiert er demnach in Abgrenzung zum Totenkult diejenigen Handlungen, die unter der Voraussetzung, Toten keine göttliche Verehrung entgegen zu bringen, erfolgen. 13 Als spezielle Formen des Totenkultes werden von J. Tropper Ahnen-, Herrscher- und Heroenkult aufgefasst, da sie sich durch ihre jeweilige Bedeutung von anderen Verstorbenen abheben:

9 10 11 12

Tsukimoto 1985. Tsukimoto 1985, S. 20–22. Tropper 1989. Tropper 1989, S. 5 in Anlehnung an Spronk 1986, S. 247: „By ‚cult of the dead’ we mean here a veneration of the dead which can be compared to the veneration of deities“. 13 Tropper 1989, S. 5–6.

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Grundlagen

„Unter dem Begriff ‚Ahnenkult‘ (Ancestor Worship) versteht man im allgemeinen eine intensive kultische Verehrung der verstorbenen Ahnen einer Familie.“ 14 An dieser Einschätzung ist zu kritisieren, dass die nicht-göttliche Verehrung der Toten aufgrund von fehlenden Quellen eine Missinterpretation sein kann und die Toten erst nach geraumer Zeit vergöttlicht wurden. Zweitens erfüllen auch die Handlungen gegenüber nicht-göttlichen Toten die Kriterien eines Rituals und somit letztlich auch die eines Kultes. Theodore J. Lewis wählt in Cults of the Dead in Ancient Israel and Ugarit einen pragmatischen Zugang und gründet seine Definition des Totenkultes auf einem Text zum mesopotamischen kispu(m)-Ritual, in welchem Ammiṣaduqa seine Ahnen dazu einlädt, mit ihm zu essen und zu trinken, um im Gegenzug ihren Segen zu erhalten: „[M]y working definition sees cult of the dead as those acts directed toward the deceased functioning either to placate the dead or to secure favors from them for the present life.“ 15 Dabei fällt seiner Ansicht nach Nekromantie eher in die Kategorie „Magie“ als „Totenkult“, wird von ihm aber trotzdem behandelt und als „additional aspects of piety toward the dead“ 16 betrachtet. Was dagegen mit dieser Definition erfasst wird, sind manche Bestattungshandlungen, wenn sie dem Wohl der Lebenden dienen, wie bspw. die Bestattungsliturgie KTU 1.161, in welcher die verstorbenen Könige Ugarits angerufen werden, um dem Thronfolger ihren Segen zu geben. 17 Allerdings muss gleichzeitig bedacht werden, dass nach mesopotamischem bzw. allgemein altorientalischem Verständnis auch das korrekte Begräbnis eine Voraussetzung für das Wohlergehen des Totengeistes ist. Das bedeutet, dass diese Definition Bestattungshandlungen einschließt, zugleich aber die Handlungen ausklammert, die die noch Lebenden für ihre zukünftige Existenz veranlassen. Das von T. J. Lewis behandelte Beispiel des alttestamentlichen Absalom stellt insofern eine Ausnahme dar, als dass die Anrufung des Namens durch seine Söhne ersatzweise von der Memorialstele bzw. ihrer potenziellen Besucher „übernommen“ wird. 18 Es ist jedoch fraglich, ob diese Besucher die von T. J. Lewis formulierte Definition erfüllen. Außerdem liegen Beispiele aus Südostanatolien vor, in denen Lebende mit Nachkommen zum Teil Vorkehrungen für sich selbst treffen, d.h. Monumente für sich anfertigen las14 Tropper 1989, S. 6–7. 15 Lewis 1989, S. 2. Vgl. Finkelstein 1966 (BM 80328). 16 Lewis 1989, S. 2. Die Erklärung zur theoretisch notwendigen Ausklammerung dieses Bereichs liegt nach T. J. Lewis im Unterschied zwischen dem Gewähren eines Gefallens und dem Gewähren von Wissen (knowledge) begründet, wie er am Beispiel der Totenbefragung Sauls in 1Sam 28, 3–25 darlegt. Dabei stellt sich die Frage, ob die Vermittlung des Wissens über zukünftige Ereignisse nicht auch letztlich einen Gefallen darstellt, den die Toten den Lebenden gewähren? Vgl. dazu auch Lewis 1989, S. 177: „Thus any practices, such as cults of the dead, which looked elsewhere for favors or for a knowledge about a future event […].“ 17 Lewis 1989, S. 5–46. 18 Lewis 1989, S. 118–120.

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Definitionen

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sen, obwohl sie über Söhne verfügen, wie bspw. Panamuwa I. oder KTMW. Schließlich müssten all diejenigen Handlungen vom Totenkult ausgeklammert werden, die nicht auf egoistischen Motiven beruhen, wie bspw. Pflichterfüllung, Mitleid oder Liebe. Diese Definition ist demnach kritisch zu betrachten. In einem Artikel zu assyrischen Grabbezeichnungen formuliert Steven Lundström seine Definition des Ahnenkultes folgendermaßen: „Unter Ahnenkult versteht man die regelmäßige Versorgung eines Verstorbenen durch einen sozialen Verband, in dem dieser zu Lebzeiten meistens eine hervorgehobene Stellung innehatte.“ 19 Ergänzt werden muss, dass unter dem „sozialen Verband“ eine (Groß-) Familie zu verstehen ist, da die Nachkommenschaft einer verstorbenen Person als Träger des Ahnenkultes vorausgesetzt wird. 20 Für den Begriff des „Totenkults“ sieht er in Anlehnung an J. Tropper zwei Deutungsmöglichkeiten: Zum einen als Oberbegriff für die verstorbene Person betreffenden Handlungen sowie die davon zu separierenden Handlungsweisen, in welchen die Toten als „numinose Wesen“ begriffen werden. Dominik Bonatz unterscheidet in seinem Werk Das syro-hethitische Grabdenkmal aus dem Jahre 2000 zwischen Toten- und Ahnenkult. 21 Dabei definiert er jedoch lediglich ersteren explizit: „Zur Interpretation dieses Verständnisses [vom Totenkult im syro-hethitischen Raum] hilft zunächst eine strenger gefaßte begriffliche Unterscheidung zwischen Totenkult und Ahnenkult. Ersterer hängt im eigentlichen Sinne mit der kurz zuvor verstorbenen Person zusammen und verhilft ihr zum Gang ins Jenseits. Dieser Weg wird als sehr langwierig und mühsam verstanden und erfordert deshalb ein aufwendiges Totenritual.“ 22 Nach dieser Definition dauert der Totenkult vom Tod einer Person bis zum Erreichen des Jenseits an, welches mit dem Abschluss des Bestattungsrituals gleichgesetzt werden kann. 23 An anderer Stelle dagegen wird das Ende des Totenkultes auf ca. drei bis vier Generationen festgelegt, womit zugleich der Bereich des Ahnenkultes beginne, da – in Anlehnung an die Ergebnisse der Oral History – die individuellen Personen mittlerweile nicht mehr im öffentlichen Bewusstsein präsent, d.h. keine Zeitzeugen mehr am Leben seien. 24 Somit ist zu konstatieren, dass D. Bonatz Toten- und Ahnenkult als zwei aufeinander folgende Stadien 19 20 21 22 23 24

Lundström 2000, S. 6. Lundström 2000, S. 7. Bonatz 2000a. Bonatz 2000a, S. 157. Vgl. den Tod des Ur-Nammu. Kramer 1967; ders. 1991. Bonatz 2000a, S. 162–163. In manchen Ethnien Afrikas existieren jedoch Beispiele für längere indiviuelle Erinnerung bzw. Ahnenkult für diese Personen bis zur fünften Generation. Mbiti 1974, S. 104–105; Fiawoo 1976, S. 273.

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Grundlagen

der postmortalen Rituale betrachtet, und zu kritisieren, dass er in seiner o.g. Definition den Totenkult mit dem Erreichen des Jenseits enden lässt, ihn aber parallel dazu mit dem Ende der Erinnerung an eine individuelle Person gleichsetzt. Letztes muss jedoch nicht zwangsläufig mit der Ahnwerdung identisch sein, so dass die Verwendung des Begriffs Ahnenkult in diesem Sinne in zweifacher Hinsicht angreifbar ist. Darüber hinaus ist die praktische Anwendung dieser Terminologie durch D. Bonatz zu hinterfragen. So überwiegt seiner Ansicht nach bei den Orthostaten der Aspekt des Ahnenkultes, da diese unabhängig von den Begräbnishandlungen zu betrachten seien und behandelt sie deshalb nicht als „Grabdenkmal“, obwohl mehrere Beispiele vorliegen, die gegenteilige Assoziationen hervorrufen. 25 Daran anschließend muss jedoch bedacht werden, dass zumindest manche Statuen im Laufe der Zeit ebenfalls Ahnenkultcharakter annahmen, da sie nachgewiesenermaßen über mehrere Jahrhunderte hinweg aufgestellt waren und somit die Schwelle von drei oder vier Generationen deutlich überschritten. 26 Dies wird von D. Bonatz ebensowenig problematisiert wie die Möglichkeit, dass manche Statuen erst am Ende oder nach diesen drei bis vier Generationen aufgestellt worden sein könnten. 27 Daniel Hockmann differenziert in seiner Monographie des Jahres 2010, Gräber und Grüfte in Assur I, zwischen Toten- und Ahnenverehrung, da ihm der Begriff des Kultes nicht ausreichend neutral erscheint. 28 Totenverehrung definiert er wie folgt: „Die Totenverehrung (das Totengedenken) beschreibt die Haltung einem Toten gegenüber. Sie dient der Sicherung eines Zustandes, nämlich, die Balance zwischen den Lebenden und den Toten zu halten, mit den Toten zu kommunizieren und ihr Wohlwollen zu erhalten, gleichzeitig aber das Wohlergehen in der Unterwelt durch regelmäßiges Gedenken und Speisung aufrecht zu erhalten.“ 29 Der Spezialfall der Ahnenverehrung hängt dagegen von der persönlichen Beziehung der Lebenden zu den Toten ab, die durch verwandtschaftliche Bande oder die Zugehörigkeit zu demselben Haushalt determiniert wird. 30 Einen marginalen Kritikpunkt an diesem Ansatz stellt die Verwendung des Begriffes Verehrung anstelle von Kult dar. Denn in semantischer Hinsicht könnte (Toten-) Verehrung, ähnlich wie (Toten-) Gedenken oder (Toten-) Opfer, eventuell als bloße Teilmenge eines Kultes aufgefasst werden, denn als Sy-

25 Bonatz 2000a, S. 158. So u.a. der Orthostat der BONUS-ti aus Karkamiš. 26 Brown 2008a, S. 149, Anm. 45. Bspw. die Statue am Bau J von Zincirli sowie die Statuen aus dem „Kultraum“ von Tell Ḥalaf. 27 So wie es für die Statue des Atrisuha aus Karkamiš durch Katuwa möglich wäre, falls es sich bei der Statue um eine Abbildung Suhis I. gehandelt haben sollte. 28 Hockmann 2010, S. 21. 29 Hockmann 2010, S. 11. Hervorhebung im Original. 30 Hockmann 2010, S. 21.

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Definitionen

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nonym dieses Oberbegriffs. 31 Worauf die von ihm vorgebrachte Kritik der mangelhaften Neutralität des Begriffs „Kult“ abzielt, bleibt unklar. Mit Joachim Voos und D. Bonatz differenzieren diejenigen Forscher nicht zwischen Ahnen- und Totenkult in der mehrheitlich in der Altorientalistik bzw. der Vorderasiatischen Archäologie üblichen Weise, die aufgrund ihrer Beschäftigung mit syro-hethitischen Totenmonumenten thematisch der vorliegenden Arbeit am nächsten stehen. Während J. Voos einheitlich bezüglich aller Handlungen / Rituale von Totenkult spricht, 32 folgt D. Bonatz einer zeitlichen Differenzierung, welche den Ahnenkult erst drei bis vier Generationen nach dem Tod eines Individuums einsetzen lässt. Unabhängig davon betonen jedoch beide, dass mit den öffentlich aufgestellten Totendenkmälern der nordsyrisch-südostanatolischen Herrscher eine qualitative Differenz zum privaten Totenkult bzw. Toten- und Ahnenkult bestand. 33 Um diesen unterschiedlichen Begrifflichkeiten gerecht zu werden, soll im Folgenden die qualitative Differenz zwischen Toten- und Ahnenkult Verwendung finden.

2.1.3

Arbeitsdefinitionen

Als Überbegriff aller Handlungen, die in einem Bezug zu Toten oder Sterbenden stehen, wird im Folgenden der Begriff Umgang mit den Toten verwendet. Alle Handlungen, d.h. sowohl Rituale als auch spontane Handlungen, die noch zu Lebzeiten des Toten bis hin zu einem bestimmten Zeitpunkt nach dem Begräbnis stattfinden, lassen sich als Sterbe- und Begräbnishandlungen definieren und von allen anderen Ritualen im Zusammenhang mit den Toten abgrenzen. Sie zeichnen sich durch die Merkmale der Prozesshaftigkeit, 34 der – in ihrer Gesamtkonzeption – Einmaligkeit sowie der Linearität aus und stehen dabei in einem direkten zeitlichen und / oder räumlichen Bezug zu den Toten. Das primäre Ziel dieser Handlungen ist die Überwindung des derzeitigen Zustandes des Gestorbenseins, d.h. der Isolation von der sozialen Gemeinschaft, sowie das Erreichen eines neuen Zustandes,  d.h.  die Überwindung des liminalen Zustandes des Sterbenden bzw. Verstorbenen – die Übergänge sind hier teilweise fließend – durch Übergangsrituale, mit deren Hilfe der Tote aus dem bisherigen Sozialverband aus- und in einen neuen Sozialverband eingegliedert wird. Darunter sind im Anschluss an D. Hockmann Handlungen zu folgenden Zeitpunkten möglich:

31 Z.B. Schmidt 1994. Im Folgenden wird „kultische Verehrung“ aus stilistischen Gründen teilweise als Synonym für „Kult“ verwendet, womit die Problematik einer unfreiwilligen Gleichsetzung mit einer Teilmenge von „Kult“ vermieden werden sollte. 32 Voos 1986. 33 Voos 1986, S. 166; Bonatz 2000a, S. 163–164. 34 Hockmann 2010, S. 11.

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Grundlagen

1. Handlungen noch zu Lebzeiten der Person (z.B. eine Grabstele in Auftrag geben). 2. Handlungen unmittelbar vor dem Tod (ähnlich der katholischen „letzten Ölung“). 3. Handlungen unmittelbar nach dem Tod (z.B. Waschung, Aufbahrung). 4. Handlungen zwischen dem Tod und dem Begräbnis (besonders lang währt dieser Zeitraum bspw. bei natürlicher Entfleischung). 5. Handlungen unmittelbar vor dem Begräbnis (z.B. Transport des Leichnams zum Grab). 6. Begräbnishandlungen. 7. Handlungen unmittelbar nach dem Begräbnis (z.B. Leichenschmaus). 8. Handlungen, die einen bestimmten Zeitraum nach dem Tod bzw. dem Begräbnis andauern, aber terminiert sind (z.B. Trauerzeit). 35 Ahnen- und Totenkultrituale sind zwar – strenggenommen – ebenfalls terminiert, aber zum einen besteht die Hoffnung des Verstorbenen auf eine andauernde Versorgung und zum anderen unterscheidet sich der Zeithorizont, in welchem diese praktiziert werden – idealerweise über mehrere Generationen hinweg – deutlich vom Zeithorizont der Handlungen nach dem Begräbnis – maximal einige Jahre. 36 In Opposition zu den Sterbe- und Begräbnishandlungen stehen über einen längeren Zeitraum hinweg andauernde, periodisch wiederholte Handlungen bzw. Rituale, die im Rahmen dieser Arbeit als Ahnen- sowie Totenkult bezeichnet werden. Im Gegensatz zu ersteren umfassen jene ausschließlich Rituale, keine spontanen Handlungen. Des Weiteren sind sie durch Dauerhaftigkeit, Mehrmaligkeit und Zyklizität gekennzeichnet. Der direkte Bezug zu den Toten kann dabei sowohl in der Zeit- als auch in der Raumdimen­ sion verloren gehen. Das bedeutet, dass der Ahnen- und Totenkult nicht zwangsläufig an einen bestimmten Beginn, eine bestimmte Dauer oder an das Grab des Toten gebunden ist. Ihr Ziel ist ganz allgemein die „Sicherung eines Zustandes“. 37 Gleichzeitig ist die Phase, während der diese Rituale durchgeführt werden, durch Reziprozität gekennzeichnet, die sich daraus ergibt, dass die verstorbene Person nicht mehr den Beschränkungen der Liminalität bzw. des Todes unterworfen, sondern wieder zu einem handlungsfähigen Subjekt geworden ist, das mit den Lebenden auf verschiedene Art und Weise interagieren kann. 38 Toten- und Ahnenkult unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Teilnehmerschaft. Nur tatsächliche, juristisch als solche betrachtete oder fiktive Ahnen berechtigen das jeweilige Individuum dazu, Ahnenkultrituale durchzuführen. Der mögliche Teilnehmerkreis ist deutlich abgegrenzt und privater Natur. Daher lässt sich der Totenkult aufgrund seiner Trägerschaft auch als Transzendierung der Familie beschreiben, in dessen Rahmen 35 Hockmann 2010, S. 12. 36 Vgl. bspw. das indische śrāddhā-Ritual, in welchem den Toten ein Jahr lang jeden Monat geopfert wird. Bell 1997, S. 100. 37 Hockmann 2010, S. 11. 38 Vgl. Bayliss 1973, S. 124 (ABL 614 Rs. 2–7): „[…] (And) her ghost blesses him in the same degree as he revered the ghost […]“; Tappy 1995, S. 64: Gerichtsverfahren zwischen Lebenden und Toten in Ägypten.

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Definitionen

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die Reglementierungen des Ahnenkultes aus verschiedenen Gründen bewusst aufgebrochen werden. Schließlich können im Ahnenkult sowohl ein einzelnes Individuum, mehrere Individuen als auch die Vorfahren per se erinnert werden, während im Totenkult zumeist lediglich ein bestimmtes Individuum erinnert wird. 39 Zusammenfassend müssen demnach zwei Bedingungen erfüllt sein, um von einem Ahnenkult sprechen zu können: „1. Der physische Tod, ein von der jeweiligen Gesellschaft des Verstorbenen als normal definierter Tod […] ist conditio sine qua non, jedoch nicht hinreichend zur Erlangung der A[hnenverehrung]. 2. Das Ritual […] wird zum Medium der Beziehungen mit dem als procreator konzeptualisierten Ahnen […].“ 40 D.h. Ahnenkult umfasst die Gesamtheit der periodisch wiederholten Rituale, die eine sich als Nachkomme betrachtende Person gegenüber einem kulturspezifisch normal verstorbenen Individuum durchführen kann, wenn diese Rituale nicht mehr in einem direkten Bezug zum Tod des Individuums bzw. zu den Sterbe- und Begräbnishandlungen stehen. Als Totenkult können dagegen all diejenigen periodisch wiederholten Rituale bezeichnet werden, welche eine sich nicht als Nachkomme betrachtende Person gegenüber einem kulturspezifisch normal verstorbenen Individuum durchführen kann, mit der gleichen Einschränkung, dass diese Rituale nicht mehr in einem direkten Bezug zum Tod des Individuums bzw. zu den Sterbe- und Begräbnishandlungen stehen. 41 Das weit verbreitete Ritual der Sekundärbestattung ist ein Symptom des Zerfalls des Sozialverbands im engeren Sinne, d.h. der nächsten Angehörigen, in dem sich die tote Person zu Lebzeiten befand. Dieser Sozialverband ist u.a. ein Erinnerungsverband und kann mithilfe der Theorie des kollektiven Gedächtnisses nach Maurice Halbwachs bzw. des kommunikativen Gedächtnisses nach Jan Assmann beschrieben werden. Nach letzterem erlischt dieses gewöhnlich beim Übergang von der dritten zur vierten Generation, falls keine kulturellen Mnemotechniken ergriffen werden, um es davor zu bewahren. 42 Mit den sekundären Begräbnisritualen setzt gewöhnlich auch das Ende oder zumindest eine einschneidende Transformation des bisherigen Ahnen- oder Totenkultes ein. 43 Sekundäre Begräbnisrituale können demnach wie Sterbe- und Begräbnishandlungen als prozesshaft, einmalig und linear beschrieben werden. Sie sind sowohl an eine räumliche als auch an eine zeitliche Dimension gebunden, da der Zeitpunkt ihrer Durchführung 39 Ausnahmen stellen bspw. die modernen Denkmäler für die unbekannten Soldaten oder der katholische Feiertag Allerseelen dar. 40 Palmisano 1988, S. 420. 41 Um Missverständnissen vorzubeugen: Totenritual bezeichnet nicht einen Teil des Totenkultes, das wäre ein Totenkultritual, sondern ist als Bestattungsritual aufzufassen. Dieser Begriff wird häufig in Bezug auf das Bestattungsritual der hethitischen königlichen Familie (heth. šalliš waštaiš) verwendet. 42 Assmann 1992. Trotz dieser Maßnahmen sind die Toten nicht davor gefeit, vergessen zu werden, wie die rituellen Begräbnisse von Statuen bezeugen. 43 Zu einem komplexeren Modell in den königlichen Bestattungsbräuchen von Qaṭna, inklusive Tertiär- und Quartiärbestattung, siehe Pfälzner 2012.

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Grundlagen

sowohl von der verräumlichten Erinnerung als auch vom sich auflösenden Sozialverband bestimmt wird. Wie der Name bereits impliziert, sind in diesem Bereich allein Rituale und keine spontanen Handlungen festzustellen. Das Ziel dieser Rituale ist das Auflösen eines Zustandes durch Vergessen. 44 Im weitesten Sinne sind darunter auch die mutwillige Zerstörung der Totendenkmäler sowie der sterblichen Überreste, wie es von den Assyrern praktiziert wurde, zu verstehen. Dabei ist die Auflösung eines Zustandes bzw. das Vergessen durch einen negativen Impetus gekennzeichnet.

2.2

Forschungsgeschichte

Da es zum Umgang mit den Toten in Nordsyrien und Südostanatolien bisher keine übergreifende Darstellung gibt, muss im Rahmen einer Darstellung der bisherigen Ergebnisse auf die Untersuchungen einzelner Fundgruppen verwiesen werden. Im Kontext ihrer (religions-) geschichtlichen Betrachtungen der aramäischen Königreiche gehen PaulEugène Dion, Edward Lipiński und Herbert Niehr auch auf den Bereich des Todes ein. Am detailliertesten davon können die Arbeiten von H. Niehr betrachtet werden, der die Gräberfelder jedoch nur kurz erwähnt. 45 Dagegen bezieht sich P.-E. Dion lediglich auf die königlichen Toten anhand der sam’alischen Textquellen, während E. Lipiński sich vor allem auf die archäologischen Hinterlassenschaften aus Tell Ḥalaf konzentriert. 46 Die letzteren beiden ignorieren jedoch u.a. die Gräberfelder von Ḥamā.

2.2.1

Gräber

Im Gegensatz zur Erforschung der Gräber in Palästina in der Eisenzeit durch E. BlochSmith und Robert Wenning 47 sowie der phönizischen Gräber in der Levante durch Helen M. Dixon 48 fehlt bislang eine übergreifende Darstellung der eisenzeitlichen Gräber Nordsyriens und Südostanatoliens. Die perserzeitlichen Gräber Syriens und Palästinas sind in einem Beitrag von Astrid Nunn aufgearbeitet und werden hier nur teilweise berücksichtigt, falls der Kontext, wie in Til Barsib und Nayrab, es erfordert. 49 Auch die umfassende Bearbeitung der spätbronzezeitlichen Gräber Syriens dürfte ein lohnendes Forschungsziel darstellen. 44 Vgl. auch dazu die Sarkophaginschrift des Ešmūn‘azōr von Sidon (KAI 14), die sich explizit gegen eine Benutzung der Gruft durch einen anderen Toten und eine damit verbundene Sekundärbestattung wendet. 45 Niehr 2010a; ders. 2014a. 46 Dion 1997, S. 265–270; Lipiński 2000, S. 605–607, 636–640. 47 Bloch-Smith 1992; Wenning 1994. 48 Dixon 2013. 49 Nunn 2001. Die phönizischen Gräber der Perserzeit sind ebenfalls in Dixon 2013 behandelt.

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Forschungsgeschichte

2.2.2

17

Stelen

Bezüglich des Umgangs mit den Toten in Nordsyrien und Südostanatolien in der Eisenzeit stellen neben den Gräbern Stelen die zahlreichste und bedeutendste Fundkategorie dar, da sie teilweise im Zusammenhang mit Gräbern gefunden wurden, vermutlich Szenen mit mortuärem Bezug darstellen, und / oder Träger von Inschriften sind, welche Hinweise auf den Umgang mit den Toten geben. Im Gegensatz zu dem weitgehenden Konsens, der sich bezüglich der Statuen abzeichnet, ist die Frage nach der Interpretation der Stelen nach wie vor umstritten. Ein besonders häufig auf den Stelen des nordsyrischsüdostanatolischen Raumes abgebildetes Motiv ist die Speisetischszene, deren mortuärer Charakter bereits früh erkannt und seither bestätigt worden ist. 50 In Anlehnung an den Diskurs in der Klassischen Archäologie können dabei auch für den altorientalischen Bereich grundsätzlich drei Interpretationsparadigmen von Speisetisch- bzw. Totenmahlsszenen geltend gemacht werden: 1. D ie „irdische“, vergangenheitsbezogene Interpretation. 2. Die „rituelle“, gegenwartsbezogene Interpretation. 3. Die „eschatologische“, zukunftsbezogene Interpretation. 51 Nach ersterer Auffassung zeigt die Stele eine Szene aus dem realen oder idealisierten Leben der verstorbenen Person. Der zweiten Interpretation zufolge stellt die Speisetischszene ein einmalig oder wiederholt stattfindendes Ritual der Hinterbliebenen mit dem Verstorbenen dar, während die dritte Sichtweise die Darstellung einer Mahlzeit im Jenseits für plausibel erachtet. Die Ikonographie der eisenzeitlichen Stelen Nordsyriens und Südostanatoliens wurde bereits mehrfach eingehend untersucht. 52 Allen voran sind hierbei die Untersuchungen zur späthethitischen Kunst durch Winfried Orthmann zu nennen, in denen er die Speise­ tischszene auf der Basis ihrer Bildträger, Stelen sowie Orthostaten und andere Objekte, unterteilt. 53 Er nimmt jedoch aufgrund der Nayrab-Stele mit der Inschrift KAI 225 bereits Darstellungen ohne Speisetisch ebenfalls in den Blick, die ihm zufolge als spätere Entwicklungen betrachtet werden können. 54 Bezüglich der Stelen hält er die Abbildung eines Totenkultes, und zwar die Darstellung eines sich stets wiederholenden Totenmahls, als Ersatz oder Ergänzung tatsächlicher Opfer, im Unterschied zum Begräbnisritual, für wahrscheinlich, wobei Totenkult und Begräbnisrituale seiner Meinung nach keine unüberbrückbaren Differenzen aufwiesen. 55 Dabei betont er den ägyptischen Einfluss, 56 50 Beginnend mit der Übersetzung der Nayrab-Stelen durch Clermont-Ganneau 1897. 51 Dentzer 1982, S. 16. Vgl. Fabricius 1999, S. 13; Draycott 2016, S. 10. 52 Für einen umfassenden Überblick der älteren Forschung, vgl.  Voos 1986, S.  11–19. Siehe auch Bonatz 2000a, S. 183, Anm. 1. 53 Orthmann 1971, S. 366–393, insbesondere S. 391–392. 54 Orthmann 1971, S. 379. 55 Orthmann 1971, S. 378–379. 56 Orthmann 1971, S. 387–388, 392–393.

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Grundlagen

während sich der hethitische nicht zuletzt aufgrund der Differenzierung zwischen den verschiedenen Bildträgern auf eben diese ältere Gruppe der Orthostaten beschränke. 57 Seine Interpretation kann demnach als gegenwartsbezogen / „rituell“ bezeichnet werden. Jean-Marie Dentzer enthält sich einer endgültigen Beurteilung des Bildinhalts des nordsyrisch-südostanatolischen Raumes, hebt jedoch hervor, dass kein Attribut den Verstorbenen als Toten kennzeichne und dass die Darstellungen die Erhabenheit der Personen ebenso betonen wie ihre herausgehobene soziale Stellung. Demzufolge vermutet er, dass die Stelen in Anlehnung an die Speisetischszenen auf Orthostaten zu betrachten wären, welche er im Anschluss an W. Orthmann als repräsentative Abbildungen des öffentlichen Lebens begreift, 58 und sie somit tendenziell als historisch einzustufen seien. Einen weiteren wichtigen Beitrag zur Erforschung der syro-hethitischen Stelen hat J. Voos in seiner Dissertation aus dem Jahr 1986, Studien zur Rolle von Statuen und Reliefs im syrohethitischen Totenkult während der frühen Eisenzeit (ca. 10.–7. Jh. v.u.Z.), geleistet. 59 In den Abbildungen erblickt er „verschiedene inhaltliche Aspekte des Totenglaubens“, 60 d.h. er betrachtet sie als Ausdruck der Jenseitsvorstellungen. Der Meinung J. Voos’ zufolge kann hinsichtlich der Stelenfunktion vor allem der „selbsttätige Charakter“ 61 der Stelen mit Speisetischszene genannt werden, der eine weniger aufwändige zusätzliche Beopferung nach sich zog oder letztlich überflüssig machte, da der gedeckte Tisch die Versorgung des Toten im Jenseits garantierte. Im Gegensatz dazu seien die Inhaber anderer Stelen – auch die hierogylphenluwischen Inschriftenstelen werden einbezogen – oder Statuen auf einen kontinuierlichen Kult angewiesen gewesen. 62 Schließlich identifziert er die Stelen als permanenten Sitz des Totengeistes bzw. der „Seele“ des Verstorbenen. 63 Zu kritisieren ist die Interpretation verschiedener weiblicher Figuren auf den Stelenbildern als Schicksalsgöttinnen, wofür letztlich keine belastbaren Argumente vorliegen. 64 Die differenzierteste Abhandlung zu den syro-hethitischen Stelen hat D. Bonatz mit Das syro-hethitische Grabdenkmal. Untersuchungen zur Entstehung einer neuen Bildgattung in der Eisenzeit im nordsyrisch-südostanatolischen Raum vorgelegt, worin er zwischen fünf verschiedenen Stelentypen phänomenologisch unterscheidet und ihnen teilweise verschiedene Bildentwürfe zuordnet. 65 So können ihm zufolge Stelen des Typs 1 mit einer einzelnen stehenden Figur als retrospektiv und somit sozial-historisch gedeutet werden. 66 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66

Orthmann 1971, S. 392. Dentzer 1982, S. 45–46. Voos 1986. Voos 1986, S. 69. Voos 1986, S. 168. Wobei hier allerdings gefragt werden muss, weshalb eine Stele aus Karkamiš aufgestellt wurde, obwohl der offensichtlich dafür vorgesehene Speisetisch noch nicht eingeritzt worden war. Voos 1986, S. 166, 169. Contra Voos 1986, S. 86. Das daraus resultierende Problem der „Familienszenen“ löst er dadurch, dass er in den Kindern die Seele des Verstorbenen erkennen möchte, wofür ebenfalls kein Indiz aus syro-hethitischer Zeit vorliegt. Voos 1986, S. 86. Bonatz 2000a, S. 32–46. Bonatz 2000a, S. 114.

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Forschungsgeschichte

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Dagegen sollten Szenen mit einer oder zwei Figuren, die an einer Mahlzeit am Speisetisch teilnehmen (Typ 2), generell zwar als eschatologisch interpretiert, ihnen jedoch eine rituelle Komponente in dem Sinn zugestanden werden, als dass sie sich auf reale Erfahrungen zurückführen ließen und vermutlich das Verlangen nach einer Fortführung der diesseitigen Existenz ausdrückten. 67 In den Szenen des dritten Typs, die eine speisende sowie eine oder mehrere nicht am Mahl teilnehmende Figuren zeigen, könnten letztere als Hinterbliebene identifiziert werden, was nach D. Bonatz zwar nichts am grundlegenden eschatologischen Verständnis der Szene ändere, die Funktion der Stelen im „Totenkult“, d.h. nach der hier verwendeten Terminologie in den Begräbnisritualen, jedoch hervorhebe. 68 Mithilfe des ebenfalls eschatologisch orientierten Typs 4, welcher umarmte Kinder hinzufügt, sei dagegen zusätzlich die schützende Funktion der Verstorbenen bildhaft ausgedrückt. 69 Schließlich flössen in Typ 5, mehrere stehende Figuren ohne bzw. mit verkleinertem Speisetisch, die Bildideen des Typs 1 sowie der Typen 2–4 ineinander. 70 Generell seien die Stelen als „Schwelle zwischen dem Diesseits und dem Jenseits“ 71 zu verstehen, zumal viele Bestandteile der Stelenbilder Elemente der Bestattungshandlungen aufgriffen. 72 Somit kann die Interpretation D. Bonatz’ für die Typen 2–4 nicht ausschließlich als eschatologisch, sondern zugleich als rituell konnotiert beschrieben werden. Abgesehen davon fasst D. Bonatz die Stelen – ebenso wie die Statuen – als „Grabdenkmal“ auf. Im Gegensatz zum Grabmal, das weder eine kommemorative Funktion noch einen Bezug zum Verstorbenen aufweist, aber das Grab kennzeichnet, erfüllt das Grabdenkmal  u.a.  eine kommemorative Funktion, muss jedoch nicht direkt am Grab aufgestellt worden sein. 73 Auch falls es sich nicht dort befand, würde es als Grenzmarkierung zwischen den Welten der Lebenden und der Toten fungieren. 74 Im Gegensatz zu den Statuen, die als „konservative Medien“ im 1. Jt. weiterhin als Substitute der verstorbenen Person galten, 75 dienten Stelen lediglich ihrer Abbildung. 76 Aufgrund des Fundes der KTMW-Stele hat er seine Ansichten revidiert und betrachtet viele oder alle Stelen (zugleich?) als Substitute, während er die Speisetischszene weiterhin sowohl im Sinne eines

67 68 69 70 71 72 73

Bonatz 2000a, S. 114–115. Bonatz 2000a, S. 116–117. Bonatz 2000a, S. 117–118. Bonatz 2000a, S. 118–119. Bonatz 2000a, S. 157. Bonatz 2000a, S. 157. Bonatz 2000a, S. 120–121. Unklar bleibt, weshalb die Stelen mit luwischen Inschriften nicht ebenfalls als „Grabdenkmäler“ aufgenommen wurden, sondern lediglich als „Grabstelen“ bezeichnet werden. Bonatz 2000a, S. 13. 74 Bonatz 2000a, S. 157. 75 Bonatz 2000a, S. 145–147, 155; ders. 2002a, S. 13–14. 76 Bonatz 2000a, S. 157. Vgl. Bonatz 2002b, S. 56–57: „[…] die Statue verbildlicht das, was sie einfordert: ein Totenmahl. Gleiches verbildlichen die Stelenreliefs, nur dass hier ein mimetischer Effekt hinzukommt […] Hier liegt also die Nachahmung einer Handlung vor, welche bei der Statue noch real verkörpert wird.“

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Grundlagen

zu wiederholenden Rituals mit den Hinterbliebenen und / oder bestimmten Gottheiten als auch eschatologisch im Sinne einer andauernden Existenz im Jenseits interpretiert. 77 Eudora J. Struble und Virginia R. Herrmann sprechen sich im Rahmen ihrer Publikation der KTMW-Stele für eine rituelle Interpretation der syro-hethitischen Speisetischszenen aus, die sowohl im Zusammenhang mit dem Begräbnis als auch periodisch wiederkehrend zu verstehen sei. 78 H. Niehr betont die Beopferung von Stelen im Rahmen eines Toten- oder Ahnenkultes. Der Zweck der – aramäischen – Stelen sei es, dass „der Verstorbene am Ort seiner Bestattung präsent ist und die Totenpflege empfangen kann.“ 79 Eine Stele stellt nach diesem Ansatz eine Repräsentation der verstorbenen Person dar, welche den Totengeist der verstorbenen Person „beherbergt“ und demnach Statuen gleichzusetzen wäre. Er bezieht sich dabei allerdings explizit auf aramäische Stelen. Ähnlich äußert sich auch Alessandra Gilibert, bezieht sich dabei aber auf syro-hethitische Stelen allgemein. 80 Des Weiteren sind sowohl Ursula Seidl als auch Ellen Rehm von einer vergangenheitsbezogenen Dimension der Speisetischszene überzeugt, 81 während Daniele Morandi Bonacossi der rituellen Deutung im Sinne einer Darstellung der Begräbnishandlungen im Sinne eines „Trauerbanketts“ den Vorzug gibt. 82

2.2.3

Statuen

Neben Stelen können Statuen als die am besten erforschte Fundgattung gelten. Nachdem bei einem Großteil der infrage kommenden Exemplare erkannt wurde, dass es sich um Königs- und nicht um Götterstatuen handelt, ist der Zusammenhang zum Ahnen- oder Totenkult der Elite, insbesondere dem der Könige, alsbald hergestellt worden und kann nun als relativ sicher gelten. 83 So äußert sich W. Orthmann in seinem Werk zur syro-hethitischen Kunst zwar nicht zu einer möglichen Verbindung zwischen Standbildern und (königlichem) Toten- oder Ahnenkult, ist sich aber der Beopferung von Herrscherstatuen bewusst und beruft 77 Bonatz 2014a, S. 241–242; ders. 2016, S. 184–187. An dieser Stelle sei ergänzt, dass J. D. Hawkins (Hawkins 2015) weiterhin eine Deutung der KTMW-Stele bzw. der Figur darauf als Abbild, die mit der ehemaligen Position von D. Bonatz wohl in etwa konform sein dürfte, aufgrund philologischer Argumente präferiert. 78 Struble und Herrmann 2009, S. 29. 79 Niehr 2010a, S. 258. 80 Gilibert 2011, S. 94: „Funerary steles of the kind of Zincirli 90 […]“. Da Zincirli 90 die Stele neben dem Steinkistengrab am ḫilāni I bezeichnet, sind hiermit wohl zumindest alle Stelen mit Speise­ tischszene gemeint. 81 Seidl 2011–2013, S. 137; Rehm 2014; dies. 2016. 82 Morandi Bonacossi 2011–2013, S. 141. 83 Weiterhin kritisch bezüglich der Verbindung eines großen Teils der Statuen zum Totenkult bleibt Schachner 2003b, S. 154.

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Forschungsgeschichte

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sich dabei auf die in diesem Kontext bis vor kurzem weitgehend ignorierte Inschrift KARKAMIŠ A. 1a. 84 Bereits zuvor hat er jedoch darauf hingewiesen, dass es sich bei den Standbildern ohne Hörnerkrone auf Löwenbasen um verstorbene und gottähnlich dargestellte Könige handelt. 85 Für die Sitzbilder des Tell Ḥalaf attestiert er im Anschluss an Rudolf Naumann einen Zusammenhang mit den Stelen mit Speisetischszenen, die im Totenkult Verwendung fanden. 86 J. Voos hat die Funktionen beider Gruppen von Denkmälern ebenfalls im Totenkult verortet. 87 Seiner Ansicht nach wohnten den Statuen, ebenso wie den Stelen, die Totengeister bzw. die „Seelen“ der Verstorbenen inne. 88 Analog zu seiner These der Darstellung von Schicksalsgöttinnen auf einigen Stelen hält er die Repräsentation einer weiblichen Gottheit in den weiblichen Figuren der Doppelsitzbilder für möglich. 89 In seiner Arbeit zum „syro-hethitischen Grabdenkmal“ berücksichtigt D. Bonatz ebenfalls sowohl Stand- als auch Sitzbilder und unterteilt sie nach phänomenologischen Gesichtspunkten in vier Typen von Standbildern, einen Sitzbildtyp sowie einen hybriden Typ – die Statue aus ‘Ayn at-Tall. 90 Die verschiedenen Typen üben je nach Gestaltung unterschiedliche Wirkungsformen auf den Betrachter aus. Aufgrund der relativ kleinen Gruppen von Typen, außer bei den Sitzbildern, lassen sich jedoch keine anderen Regelmäßigkeiten herausarbeiten. Sitzstatuen sollen ein Teil der etwa im 10. Jh. stattfindenden, vor allem auf Stelen bezogenen Entwicklung gewesen sein, bei der anstelle von Libationen nun hauptsächlich Totenmähler dargestellt wurden. 91 Alle Statuen stellen seiner Auffassung nach – im Gegensatz zu Stelen – als „konservative Medien“ im 1. Jt. weiterhin Substitute der Verstorbenen dar und dienten der Aufrechterhaltung der Beziehung zwischen den Verstorbenen und den Lebenden. 92 In jüngster Zeit ist besonders die Rolle der Statuen innerhalb öffentlicher ritueller Aktivitäten betont und der daran inszenierte königliche Totenkult als eine von mehreren tragenden Säulen der Ideologie nordsyrisch-südostanatolischen Stadtstaaten erkannt und analysiert worden. 93

84 85 86 87 88 89 90 91 92 93

Orthmann 1971, S. 291. Orthmann 1964, S. 222–223; ders. 2013b, S. 530. Naumann 1950, S. 395; Orthmann 1971, S. 376, Anm. 28, 378. Voos 1986. Voos 1986, S. 166, 169. Voos 1986, S. 45. Bonatz 2000a, S. 24–32. Bonatz 2000a, S. 179; ders. 2000b, S. 206. Bonatz 2000a, S. 145–147, 155; ders. 2002a, S. 13–14. Denel 2007; Gilibert 2011; dies. 2012; dies. 2013.

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22 2.2.4

Grundlagen

Orthostaten

Während Statuen einhellig und Stelen zumindest teilweise eine Funktion im Kontext von Bestattungen oder Ahnen- / Totenkult attestiert wird, rücken Abbildungen auf Orthostaten eher selten in den Fokus derartiger Betrachtungen. So kommt W. Orthmann zu dem Schluss, dass Speisetischszenen auf syro-hethitischen Orthostaten grundsätzlich keine mortuären Bezüge aufweisen. Für die von ihm definierte Gruppe C mit drei Orthostaten lautet die Begründung, dass weder deren Kontexte noch die auf ihnen dargestellten zusätzlichen Figuren eine Bezugnahme auf den Totenkult ermöglichten. 94 Mit Blick auf die zwei verbliebenen Orthostaten schreibt er, dass „im Erscheinungsbild völlig gleiche Szenen einmal auf (Grab-) Stelen, dann aber auch auf Orthostaten auftreten.“ 95 Die Begründung dafür, diese trotzdem nicht als dem Totenkult zugehörig anzusehen, erscheint fragwürdig. 96 Andererseits äußert er mit Bezug auf den Orthostaten der BONUS-ti – die Darstellung einer sitzenden Frau ohne Speisetisch – die vorsichtige Hypothese, dass aufgrund des engen Verhältnisses zwischen königlichem Toten- und Götterkult in Nordsyrien und Südostanatolien manche königliche Orthostaten Verstorbene zeigten, die im Zusammenhang mit dem Götterkult gestanden haben könnten. 97 Dagegen fasst J. Voos den Bildinhalt der Orthostaten als deckungsgleich zu dem der Stelen und Statuen, d.h. als mortuär konnotierte Darstellungen auf, da es seiner Meinung nach unwahrscheinlich sei, dass trotz der Ähnlichkeit der Darstellung andere Aspekte damit ausgedrückt wurden. 98 Im Gegensatz zu den Stelen waren sie aber aufgrund ihrer öffentlichen Anbringung vor allem dem verstorbenen Herrscher, dessen Frau und den königlichen Ahnen gewidmet. 99 Er beschränkt sich dabei nicht auf die Speisetischszene, sondern betrachtet auch Libationsszenen als Hinweise auf postmortale Verehrung. 100 D. Bonatz hat Orthostaten zunächst als Zeugnisse des Ahnenkultes im Gegensatz zum Totenkult aufgefasst, wobei ersterer nach seiner Definition erst nach der dritten Generation einsetzte, da sie aufgrund ihrer Errichtung zusammen mit dem jeweiligen Gebäude in keinem Fall mit dem Tod eines Monarchen zu verbinden wären. Deshalb zählt

94 Orthmann 1971, S. 392. 95 Orthmann 1971, S. 378. Vgl. auch Orthmann 1971, S. 392. 96 „Im übrigen gibt es, abgesehen von einigen frühen Beispielen aus Maraş, in der Periode Sph. II nur auf Orthostaten, nicht auf Stelen angebrachte Speisetischszenen der Gruppe A, bei denen deshalb ein Bezug auf den Totenkult fraglich erscheint, obwohl sie in ihrem Erscheinungsbild sich kaum von den Speisetischszenen der gleichen Gruppe auf den Stelen unterscheiden.“ Orthmann 1971, S. 392. Letztlich ist das Zahlenverhältnis genau 2:2. Somit kann dies kein Argument für oder gegen den Totenkultcharakter der Orthostaten darstellen. Gleichzeitig werden zwei Stelen der Gruppe A aus der Stilstufe Späthethitisch II, von denen eine aufgrund ihrer Inschrift (MARAŞ 2) zweifellos als Grabstele angesehen werden muss, „unterschlagen“. Orthmann 1971, S. 392, Tab. 97 Orthmann 1971, S. 378–379, Anm. 51. 98 Voos 1986, S. 138. 99 Voos 1986, S. 163, 166. 100 Voos 1986, S. 153–157.

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Methode

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er sie ausdrücklich nicht zu der von ihm definierten Gruppe der „Grabdenkmäler“. 101 In seinen neuesten Ausführungen zu diesem Thema hält er hingegen zumindest den Orthostaten mit der Speisetischszene vom äußeren Burgtor aus Sam’al in seiner ursprünglichen Funktion für die Darstellung eines königlichen Festmahls, welche erst im Laufe der Zeit die Bedeutung eines Totenmahls königlicher Ahnen annahm. 102 Nach der Ansicht von Brian A. Brown können Orthostaten, falls sie nicht selbst Objekt einer kultischen Handlung waren, zumindest als „semi-fixed elements“ begriffen werden, die den in ihrer Nähe stattfindenen Ritualen, vor allem in Toren oder an Statuen, einen Bedeutungsrahmen verliehen. 103 Als gesichert erscheint es ihm, dass Orthostaten verstorbener Mitglieder der königlichen Familie relativ kurz nach ihrem Tod errichtet wurden, noch bevor sie – im Gegensatz zur Meinung D. Bonatz’ – zu nicht mehr individuell erinnerten Ahnen werden konnten. 104 Daneben sei sowohl mit der Möglichkeit der Bedeutungsverlagerung von der Darstellung eines Festmahls des lebenden Herrschers zum Ahnenkult als auch von Toten- zu Ahnenkult – nach Bonatz’scher Definition – zu rechnen, was sich aufgrund der äußerst langen Anbringungsdauer im Verhältnis zu den Lebensspannen der Zeitzeugen zwangsläufig ergeben könne. 105

2.3

Methode

2.3.1

Vorangehensweise

Im Rahmen der wissenschaftlichen Beschäftigung mit den eisenzeitlichen Königreichen Nordsyriens und Südostanatoliens, insbesondere im Hinblick auf religiöse Aspekte, hat sich ein kontextueller Ansatz bewährt, welcher die entsprechenden lokalen und regionalen Differenzen berücksichtigt, 106 weshalb sich auch diese Arbeit an den jeweiligen politischen Entitäten, lokale oder regional ausgreifende Stadtstaaten bzw. nach Dynastien / Stämmen benannte Königtümer (aram. bēt) mit ihren jeweiligen Hauptstädten, orientiert. Aufgrund der zahlreichen Grenzverschiebungen, neu entstehenden und wieder zerfallenden Königreichen, deren genaue Verläufe nicht immer bekannt sind, kommt es dabei fast zwangsläufig zu Etikettierungen, die nur während eines kleinen historischen Ausschnittes Gültigkeit besaßen. Dieser Ausschnitt spiegelt in etwa die Verhältnisse um das Jahr 900 wider (Abb. 1). Unterhalb dieser politischen Einheit werden zunächst die Grabungsgeschichte, die historische Entwicklung sowie soziale und wirtschaftliche Aspekte und im Anschluss daran 101 Bonatz 2000a, S. 158; ders. 2000b, S. 204. Diesem Ansatz folgt auch Gilibert 2011. Vgl. Gilibert 2011, S. 67, Anm. 124. 102 Bonatz 2014a, S. 211. 103 Brown 2008a, S. 166. 104 Brown 2008a, S. 166. 105 Brown 2008a, S. 149, Anm. 45. 106 Sader 1987; Dion 1997; Lipiński 2000 (teilweise); Niehr 2010a; ders. 2014a. Vgl. dazu die analoge Schlussfolgerung Manfred Hutters für den luwischen Bereich. Hutter 2003, S. 279.

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Grundlagen

Abb. 1: Nordsyrisch-südostanatolische Königreiche um 900.

die jeweiligen Fundorte bzw. die Gräber oder andere Artefakte vorgestellt, die anschließend zusammengefasst und interpretiert werden sollen. Da jeder Abschnitt für sich lesbar sein soll, lassen sich manche Wiederholungen nicht vermeiden.

2.3.2

Interpretationsansätze

Neben der Aufarbeitung des sich stetig vermehrenden Materials soll davon ausgehend eine Interpretation von mehreren Aspekten im Umgang mit den Toten innerhalb der Gesellschaft des eisenzeitlichen Nordsyriens und Südostanatoliens versucht werden, und zwar religionssomatologisch, religionssoziologisch und religionsökonomisch. Der Begriff „religionssomatologisch“ ist einer Studie des Religionswissenschaftlers Jürgen Mohn namens „Körperkonzepte in der Religionswissenschaft und der Religionsgeschichte“ entlehnt. 107 Im Rahmen dieser Arbeit soll darunter vor allem eine Anthropologie des Sterbens und des Postmortalen verstanden werden. Folgende Fragen sollen dabei in den Mittelpunkt gestellt werden: Welche Bedeutung wird den Körpern der Verstorbenen während der Bestattung und im Ahnen- bzw. Totenkult zugemessen? Welche Bestandteile des Menschen überdauern den physischen Tod und welche Charakteristiken zeichnen sie aus? Wie werden „Ersatzkörper“, d.h. vor allem Statuen oder Stelen der 107 Mohn 2007.

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Methode

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Toten, im Ahnen- oder Totenkult behandelt? Auf der religionssoziologischen Ebene ist nach der Beteiligung oder dem Ausschluss verschiedener gesellschaftlicher Gruppen an den Sterbe- und Bestattungshandlungen sowie an den Ahnen- und Totenkultritualen zu fragen. Nicht zu vergessen ist davon abgesehen die Frage danach, wer wo bestattet werden konnte bzw. wer nicht und falls ja, aus welchem Grund? Aus der Perspektive der Religionsökonomie stellt sich dagegen zunächst die Frage nach der Ausstattung der Gräber: Lassen sich Muster in der quantitativen Ausstattung der Grabinventare erkennen? Wie lassen sich Diskrepanzen in der synchronen und diachronen Grabaussstattung erklären? Außerdem soll hierbei die Art und Weise der Austauschprozesse unter den Lebenden (Individuen / Institutionen) sowie zwischen den Lebenden und den Ahnen / Toten in den Blick genommen werden.

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3. Bīt Baḫiāni

3.1

Tell Ḥalaf / Gūzāna

3.1.1

Einleitung

3.1.1.1

Grabungsgeschichte

Aufgrund der Schürfungen eines Beauftragten Hormuzd Rassams 1882 im Gebiet des Ǧirǧib bzw. in der Nähe Rās al-‘Ayns ist Max von Oppenheim wohl nicht der Entdecker des Tell Ḥalaf gewesen, auch wenn dieser Ortsname in den Berichten H. Rassams nicht erwähnt wird. Dafür sprechen die ungefähre Lage des Ortes, die Ähnlichkeit des einzigen ins British Museum gelangten Relieffragmentes mit der Darstellung eines Bogenschützen zu den Reliefs aus Tell Ḥalaf sowie die Tatsache, dass zahlreiche andere Bildwerke wohl relativ dicht unter der Oberfläche entdeckt wurden. 1 Daneben besteht aber auch die Möglichkeit, dass ein anderer Ort des Königreiches Bīt Baḫiāni, wie Tell Faḫarīya / Sikāni oder das noch nicht lokalisierte Zarāni, ergraben wurde. Bis auf besagtes Relieffragment wurden alle Funde vom lokalen Gouverneur in Rās al-‘Ayn beschlagnahmt und die Ausgrabungen gestoppt. Nach der (Wieder-) Entdeckung des Tell Ḥalaf und den ersten Schürfungen vor Ort durch M. v. Oppenheim während dessen Expedition 1899 kam es zwölf Jahre später zu einer Ausgrabung unter der Leitung des ehemaligen Diplomaten. 2 Diese erste Kampagne dauerte vom August 1911 bis zum Dezember 1913. Aufgrund des Ersten Weltkriegs konnte die zweite reguläre Kampagne nicht wie geplant bereits 1914, sondern erst 1929 stattfinden, nachdem 1927 bereits die 1913 zurückgelassenen Funde vom Tell Ḥalaf sowie die Bildwerke vom Ǧabalat al-Bayḍā geborgen wurden. Im Zuge der Kampagne von 1929 wurden zusätzlich auf dem Ǧabalat al-Bayḍā Grabungen durchgeführt sowie der benachbarte Tell Faḫarīya vermessen. Die geplante Weiterführung der Arbeiten scheiterte 1939 an den französischen Behörden, wurde aber auch nach 1940 nicht in Angriff genommen. 3 1 Reade 1983; Gilibert 2013, S. 35, Anm. 3; Martin 2019, S. 327. H. Rassam berichtet u.a. von folgenden Funden: „head of a black statue“, „some statuettes in black basalt and bas-reliefs representing, I believe, hunting seenes“, „sculptures in black basalt in which are represented antelopes, horses, armed men, bulls, and other figures“, „crouching lions and a bas-relief on which were represented horses and other animals“. Reade 1983, S. 97. 2 Orthmann 2002, S. 9–14; Novák 2011. 3 C. W. McEwan wurde 1940 auf Veranlassung M. v. Oppenheims durch die französische Mandatsregierung gezwungen, seine Arbeiten am Tell Faḫarīya einzustellen. Oppenheim 1943, S. 10.

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Bīt Baḫiāni

Abb. 2: Grabungen auf dem Tell Ḥalaf.

Auf der Zitadelle des Tell Ḥalaf wurden nahezu alle bis heute bekannten Strukturen, wie „Tempel-Palast“ bzw. Westpalast, Skorpionentor, Nordbau, Nordostpalast, Lehmziegelmassiv und südliches Burgtor sowie die Burgmauer und Gebäude im Südosten freigelegt. In der Unterstadt wurden ein assyrischer Tempel im Westen, Teile der Stadtmauer sowie der sog. „Kultraum“ am südlichen Stadttor entdeckt. 4 Von 2006 bis 2010 wurden die Arbeiten auf dem Tell Ḥalaf von einer syrisch-deutschen Equipe unter der Leitung von Abd el-Masih H. Baghdo, Lutz Martin, Mirko Novák und Jörg Becker wieder aufgenommen, deren Fortgang aufgrund des Kriegs in Syrien unterbrochen werden musste. Während der neuen Grabungen wurden Schnitte im Bereich der Lehmziegelterrasse und des Westpalastes (Grabungsstelle A), des Nordhangs der Zitadelle (B), des Nordostpalastes (C), des „Kultraums“ (D), des Tempels (E), der westlichen Stadtmauer (F) sowie des Nordostens der Unterstadt (G) angelegt (Abb. 2). 5

4 Langenegger et al. 1950. 5 Baghdo et al. 2009; dies. 2013, S. 8, Abb. 1.

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Tell Ḥalaf / Gūzāna

3.1.1.2

29

Historischer Kontext

Der antike Name des Tell Ḥalaf, assyrisch Gūzāna, ist auf aramäisch gwzn zurückzuführen, das wahrscheinlich als gawzān „Durchgangsplatz, Wegstation“ interpretiert werden muss. 6 Gūzāna lag am südlichen Ufer eines Quellflusses des Ḫābūrs, des Ǧirǧib, und war im 9. Jh. die Residenz des aramäischen Königreiches Bīt Baḫiāni sowie daran anschließend eine assyrische Provinzhauptstadt (Abb. 3). In einem engen Verhältnis zu dieser muss die Stadt Sikāni gestanden haben, wie u.a. aus einer assyrisch-aramäischen Bilingue (KAI 309) aus der zweiten Hälfte des 9. Jh. zu entnehmen ist. Diese kann aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem 3 km nordöstlich gelegenen Tell Faḫarīya identifiziert werden, wo besagte Inschrift auf einer Herrscherstatue gefunden wurde. Vermutlich verbergen sich unter diesem Hügel auch die Überreste der ehemaligen mittanischen Hauptstadt Waššukanni. 7 Des Weiteren zählten die modernen Orte Çakır und Bozhöyük, ca. 20 bzw. 50 km nordöstlich des Tell Ḥalaf gelegen, aufgrund der dort gefundenen Sitzbilder im gleichen Stil vermutlich ebenfalls einst zum Herrschaftsbereich Bīt Baḫiānis. 8 Zu diesem Gebiet hinzu kam die neben Gūzāna und Sikāni dritte in der Bilingue erwähnte, bislang aber nicht lokalisierte Stadt Zarāni. Belastbare Belege für eine bronzezeitliche Besiedlung des Tell Ḥalaf gibt es derzeit nicht. Vereinzelten Scherben, die aus der Spätbronzezeit stammen, fehlt ein stratigraphisch sicherer Fundkontext. 9 Auch die auf dem Tell gefundene, der früheisenzeitlichen „Rillenkeramik“ / „Groovy Pottery“ ähnelnden Ware ist größtenteils unstratifiziert. 10 Allerdings ist umstritten, in welcher Beziehung sie zur späteren Phase der aramäischen Herrschaft in Gūzāna steht, die wohl spätestens im 11. oder 10. Jh., parallel zur schrittweisen Zurückdrängung des assyrischen Einflusses in der Region, etabliert werden konnte. 11 6 Lipiński 2000, S. 119. 7 Dafür sprechen u.a. petrochemische Analysen mittanischer Königsbriefe (Goren et al. 2004, S. 38– 44) sowie ein auf dem Tell gefundener Brief, der an eine Person aus Aššukanni gerichtet war, was dem Namen der Stadt in mittelassyrischer Zeit entspricht. Bonatz et al. 2008 S. 92, 112; Chambon in Bonatz et al. 2008, S. 130–131. 8 Schachner et al. 2002; Novák 2009, S. 95. Möglicherweise stand der Sitzbildtorso aus Rabbat Kalesi, ca. 60 km nördlich von Tell Ḥalaf, ebenfalls in dieser Tradition. Voos 1986, Kat.-Nr. 14; Bonatz 2000a, S. 16, Taf. VII, B 12. 9 Cholidis 2010b, S. 308. 10 Bartl 1989; dies. 1994, S. 517. Freundlicher Hinweis von Peter V. Bartl. Während der neuen Grabungen sind einige Scherben davon entdeckt worden, eine davon unter dem Statthalterpalast. Novák 2013a, S. 296, Abb. 7. 11 Dornauer 2010, S. 48. Novák 2009, S. 93–94; ders. 2013a, S. 295–297 und Fuchs 2011, S. 353 betrachten sie als ein Indiz für die Anwesenheit einer anatolischen Bevölkerungsgruppe, die aufgrund der in den Annalen Tiglatpilesers I. erwähnten Mušku (Grayson 1991, S.  14 (RIMA 2, A.0.87.1 i 62–88)) mit diesen identifiziert wird. Summers 1994, S.  245–247; Roaf und Schachner 2005, S. 119–120; Szuchman 2009, S. 62; Matney 2010, S. 139–140; ders. 2011, S. 450; ders. 2013, S. 334– 335; Younger 2016, S.  245–246 wenden sich jedoch strikt gegen eine Gleichsetzung der „Groovy Pottery“ mit einer Ethnie bzw. den Mušku. Abgesehen davon ist die Quantität dieser Funde in Tell Ḥalaf kaum ausreichend für eine solche These.

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Bīt Baḫiāni

Abb. 3: Bīt Baḫiāni und Umgebung.

Als erster, aus den Bauinschriften seines Enkels indirekt belegter Herrscher Gūzānas kann der anonyme Großvater Kaparas angesehen werden. 12 Da letzterer vermutlich etwa in der zweiten Hälfte des 10. Jh. regierte, 13 lässt sich diese Dynastie demnach annähernd 12 Assyrische Inschrift auf der Statue Bc, 6, siehe Abschnitt 3.1.3.1.1. 13 In Auswahl: Albright 1956; Keller 1997, S.  38–40; Orthmann 2001, S.  242–243; Brown 2008a, S. 409; Novák 2009, S. 97; ders. 2013a, S. 298; ders. 2016, S. 125; Dornauer 2010, S. 50–52; Fuchs 2011, S. 354–355; Kühne 2013, S. 480–481; Younger 2016, S. 247–255 contra Genge 1979, S. 128– 131; Winter 1989, S. 324–326; Dion 1997, S. 41–44; Röllig 2003, S. 427; Cholidis in Cholidis und Dubiel 2010a, S. 146; Cholidis et al. 2010, S. 360–361 (frühes 9. Jh.) sowie Naumann 1950, S. 381; Moortgat 1955, S. 31; Hrouda 1962, S. 113–117; Sader 1987, S. 37–44; Lipiński 1994, S. 24–26; ders. 2000, S. 130–132; Schwemer 2001, S. 612–613; Niehr 2006, S. 119; Schaudig 2011, S. 360 (spätes 9. Jh.). W. Orthmann hat entgegen der bereits von Oppenheim 1931, S. 64, 128 vertretenen These, alle Bildwerke des Westpalastes seien sekundär verbaut und erst dabei von den Steinmetzen Kaparas beschriftet worden, d.h. älter als Kapara, zeigen können, dass einige der sog. „kleinen Orthostaten“ bereits an ihrem ursprünglichen Aufstellungsort beschriftet wurden, was bedeutet, dass sie als etwa zeitgleich mit Kapara angesehen werden können. Orthmann 2002, S. 22, 74–75, Anm. 33; Dornauer 2010, S. 51. Da nun sowohl die Paläographie der Kapara-Inschriften (Albright 1956, S. 81–82; Dornauer 2010, S. 51–52; Fuchs 2011, S. 354) als auch die Bildkunst ihrer Träger (Albright 1956, S. 75–76; S. 80–81, Keller 1997, S. 39–41; Orthmann 2002, S. 101–102) nur auf marginale assyrische Einflüsse hinweisen, müssen sie vor der Intensivierung der Kontakte im 9. Jh. entstanden sein. Auch bezüglich der Kleinfunde aus den Gräbern muss mit der Einordnung durch Hrouda 1962, S. 116–117 ins frühe 9. Jh. nicht das letzte Wort gesprochen worden sein, da für alle Artefakte eine Entstehungszeit im 10. Jh. plausibel vertreten werden kann. Orthmann 2002, S. 49; Martin 2010a, S. 218–219. Abgesehen davon spielt die Datierung der Kleinfunde aus den Gräbern in ihrem Verhältnis zu den Baumaßnahmen der Kapara-Zeit, im Gegensatz zu Barthel Hroudas Annahme, keine Rolle mehr, weder bei der Gruft am Westpalast, da die Terrasse aufgrund mehrerer Bauphasen jederzeit hätte angelegt werden können (Cholidis et al. 2010 S. 356), noch bei den Kremationsgräbern

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Tell Ḥalaf / Gūzāna

31

bis ins frühe 10. Jh. zurückverfolgen. Ihm auf dem Thron folgte eventuell Ḫadiānu, der als Vorfahre oder Vater Kaparas bezeichnet wird. Beide Namen sind wohl westsemitischen Ursprungs. Kapara nannte sich allerdings nicht erwartungsgemäß „König von Gūzāna“, sondern „König des Landes Palê“, ein bislang unbekanntes Toponym. 14 Der nächste Hinweis auf die Geschichte Gūzānas entstammt den Annalen Adad-nērārīs  II. Darin wird berichtet, wie der König Gūzānas und Spross des Hauses Baḫiāni, Abi-salāmu, ebenfalls beides westsemitische Namen, den Assyrern 894 in Sikāni Tribut zollte und zu weiteren Zahlungen verpflichtet wurde. Da Kapara keinen Dynastienamen benutzte, sondern sich lediglich auf seinen Vater oder Vorfahren Ḫadiānu berief, ist die Beziehung zwischen den beiden Genealogien mit einem Fragezeichen zu versehen. 15 Auch der Enkel Adad-nērārīs II., Assurnasirpal II., nahm Tributzahlungen von einem Angehörigen Bīt Baḫiānis im Rahmen seiner Kampagne des Jahres 882 entgegen. Während eines weiteren Feldzugs zwischen 875 und 867 ließ er sich zusätzlich zum Tribut lokale Truppen für seine Armee bereitstellen, wieder ohne den Namen des dafür verantwortlichen Königs Gūzānas zu nennen. Diese Notiz stellt die letzte Erwähnung Bīt Baḫiānis dar. Da auch die Form des Tributs auf eine gewisse Selbstständigkeit des aramäischen Königreiches hinweist, scheint es bis dahin ein Vasall Aššurs gewesen zu sein. 16 Die Inschrift des Hadd-yiṯ‘i von Tell Faḫarīya legt jedoch nahe, dass bereits 866 ein assyrischer Statthalter namens Šamaš-nūrī die Geschicke der Stadt lenkte. 17 Sein Sohn Hadd-yiṯ‘i bezeichnete ihn und sich selbst im aramäischen Teil der Bilingue zwar als „König“, im assyrischen Teil jedoch als „Statthalter“ von Gūzāna. Deshalb ist vermutet worden, dass er mit dem Eponymen des Jahres 841, Adad-rēmanni, identisch oder zumindest dessen zeitnaher Vorgänger sei. Letzteres ist jedoch deutlich wahrscheinlicher. 18 Da die assyrischen Chroniken keine militärische Eroberung Gūzānas bis zu diesem Zeitpunkt erwähnen, könnte die Inkorporation verhältnismäßig friedlich erfolgt sein. Allerdings wurde die Stadt im Jahr 808 das Ziel eines siegreichen Feldzugs Adad-nērārīs  III.; der Hintergrund dafür ist ebenso unbekannt wie weitere Details aus der zweiten Hälfte des 9. Jh. Demnach könnte es sich bei Šamaš-nūrī und Hadd-yiṯ‘i um die letzten bekannten Repräsentanten eines einheimischen Königshauses gehandelt haben, dessen Herrschaft

14 15

16 17 18

unter dem Lehmziegelmassiv, welches möglicherweise erst in assyrischer Zeit entstand. Dornauer 2010, S. 65, Anm. 194. Zur These von E. Lipiński, der diesen Namen als Land Balīḫ am gleichnamigen Fluss auffasst (Lipiński 1989–1990, S. 302; ders. 1994, S. 24–25; ders. 2000, S. 132), siehe Dornauer 2010, S. 50– 52, Anm. 102, 113; Younger 2016, S. 252–253. Es liegt wohl näher, mit Fuchs 2011, S. 355 einen Dynastiewechsel zu vermuten, als mit Keller 1997, S. 39 den Großvater oder einen anderen Vorfahren Kaparas mit Baḫiānu zu identifizieren, da Kapara sich als König des Landes Palê betrachtete. Demnach müsste Baḫiānu zwischen Kapara und Abi-salāmu regiert haben. Dornauer 2010, S. 56. Abou-Assaf et al. 1982, S. 103–113. Younger 2016, S. 263–265 contra Lipiński 1994, S. 23–24; ders. 2000, S. 129; Dornauer 2010, S. 56– 57.

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Bīt Baḫiāni

808 gewaltsam beendet wurde oder Gūzāna revoltierte während des Bürgerkrieges 826– 820 und konnte erst 808 wieder befriedet werden. 19 Spätestens seit 793 stand die Stadt, abgesehen vom erfolglosen Aufstand von 759 / 758, zweifelsfrei unter dauerhafter assyrischer Kontrolle, da die Eponymenliste dieses Jahres als Statthalter der Provinz Gūzāna Mannu-kī-māt-aššur nennt, dessen Archiv auf dem Tell Ḥalaf gefunden wurde. Er war der erste von fünf Eponymen des 8. Jh., die Gūzāna regierten, was die Bedeutung der Stadt in dieser Epoche unterstreicht. Mit dem Anbruch der spätbabylonischen Zeit – wegen fehlender Zerstörungsspuren eventuell wieder ein friedlicher Machtwechsel  –  versiegen die Quellen zur Geschichte Gūzānas: Die letzte urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahre 543. Allerdings weisen hellenistische Besiedlungsspuren darauf hin, dass Gūzāna bis zum Ende des 1. Jh. v. Chr. eine Stadt von nicht unbedeutendem Rang blieb, die dann aber wohl zugunsten der Stadt auf dem Tell Faḫarīya, des vermutlich neu gegründeten Rhesaina, allmählich aufgegeben wurde. 20 Der Name Gūzāna hatte dagegen bis in die islamische Ära hinein sowohl als Bezeichnung der Region als auch als Heimat des lokalen Wettergottes Bestand. 21 Tabelle 1: Die Herrscher Bīt Baḫiānis bzw. Gūzānas. 22 Herrscher von Gūzāna

Regierungszeit

Herrscher von Gūzāna

Regierungszeit

Großvater des Kapara Ḫadiānu Kapara

ca. 1. Hälfte des 10. Jh. ca. 2. Hälfte des 10. Jh.

Baḫiānu (?) Abi-salāmu

894

Šamaš-nūrī Hadd-yiṯ‘i Adad-rēmanni … Mannu-kī-māt-aššur Bur-saggilê Bēl-ḫarrān-bēlu-uṣur Mannu-kī-aššur-le’ī

866 ca. 850 841 782 763 727 vor 706 706

19 20 21 22

Dornauer 2010, S. 59. Katzy 2009, S. 92; dies. 2015, S. 142, 160, Tab. 34; Baghdo und Martin 2011, S. 188. Schwemer 2001, S. 618; Dornauer 2010, S. 66. Nach Novák 2009, S. 97; Dornauer 2010; Cholidis et al. 2010, S. 361, Tab. 9; Younger 2016, S. 255, Tab. 4.2.

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Tell Ḥalaf / Gūzāna Herrscher von Gūzāna Mutakkil-aššur … Nabû-mar-šarri-uṣur

3.1.1.3

Regierungszeit um 610

Wirtschaft und Gesellschaft

Trotz der Annalen Tiglatpilesers I., in denen er seine Kämpfe gegen die Mušku und andere Ethnien beschrieb, sowie der daran anschließenden These der Gründung Gūzānas durch eine Ansiedlung dieser mutmaßlich aus Anatolien stammenden Migranten, 23 muss betont werden, dass ein großer Teil der ansässigen Bevölkerung gegen Ende der Spätbronzezeit hurritische Wurzeln besessen haben dürfte, da das Ḫābūrdreieck das Zentrum des Mittani-Reiches gebildet hatte. Aufgrund der zwischenzeitlichen assyrischen Besetzung desselben, insbesondere des benachbarten (W)Aššukannis, der ehemaligen mittanischen Hauptstadt, dürfte zudem ein gewisser Anteil an assyrisch sprechender Bevölkerung verblieben sein. Spätestens mit der Machtübernahme durch eine aramäische Dynastie etwa in der Mitte des 10. Jh., die sich sicherlich auch auf aramäisch sprechende Bevölkerungsteile stützte, setzte ein Integrationsprozess ein, als dessen Resultat sich die in den Quellen belegte Bevölkerung Gūzānas in der ersten Hälfte des 8. Jh. mehrheitlich aus Personen mit aramäischem Namen zusammensetzte. Während der ersten Hälfte des 7. Jh. ist dagegen ein Anstieg der assyrischen Personennamen ebenso wie die Existenz von Namen aus Palästina zu verzeichnen, was möglicherweise auf die in 2. Kön. 17,6 beschriebenen Deportationen nach Gūzāna im Zuge der assyrischen Eroberung von Samaria zurückgeführt werden kann. 24 Nicht-semitische Namen sind während der Zeit von ca. 800 bis 650 insgesamt nur viermal bei 130 bekannten Individuen, d.h. etwa in 3 % aller Fälle, belegt. Bezogen auf das gesamte Gebiet von Bīt Baḫiāni scheinen sie etwas häufiger vorzukommen. Die Datenbasis des frühen 8. Jh. ist dafür allerdings mit zwei von 19 Belegen, was etwa 10 % entspräche, verschwindend gering. 25 Allgemein kann die wirtschaftliche Entwicklung der Region um Gūzāna in der Eisenzeit in drei Phasen eingeteilt werden: Die durch das mittelassyrische Reich organisierte, großflächige Landwirtschaft, die auf vielen kleinen Siedlungen beruhte, wurde in der Phase der Unabhängigkeit der regionalen Königreiche zugunsten einer Renaissance des Nomadismus, der symbiotisch mit den wenigen urbanen Zentren verbunden war, aufgegeben. Mit der Eingliederung ins neuassyrische Reich wurde die nomadische Nutzung 23 Novák 2009, S. 93–94; ders. 2013a, S. 295–297; Fuchs 2011, S. 353. Vgl. Grayson 1991, S. 14 (RIMA  2, A.0.87.1 i 62–88). 24 Allerdings ist die Größe des Korpus mit 17 Individuen bedeutend kleiner als die des 8. Jh. mit 109. Zadok 1995, S. 232. 25 Zadok 1995, S. 232–233.

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Bīt Baḫiāni

der Landschaft Stück für Stück wieder zurückgedrängt, insbesondere auch im Bereich der Kleinviehzucht. 26 Die wirtschaftliche Prosperität Gūzānas beruhte wahrscheinlich auf zwei, möglicherweise auch drei Schwerpunkten. Zum einen konnte aufgrund der zahlreichen Quellflüsse des westlichen Ḫābūrdreiecks sowie der hohen Niederschlagsmenge auf künstliche Bewässerungssysteme verzichtet werden. 27 Diese gewährleistete nicht nur hohe Erträge beim Ackerbau; Gūzāna war zudem für seine Viehzucht, insbesondere für Pferde und Schafe bekannt. 28 Darüber hinaus ist auch Weinanbau belegt. 29 Zum anderen verlief durch Gūzāna, zumindest in neuassyrischer Zeit, ein bedeutender Handelsweg von Nordmesopotamien zum Mittelmeer. 30 Angesichts der Namensgebung scheint die Stadt jedoch auch schon vorher eine wichtige Durchgangsstation auf dieser Ost-West-Route gewesen zu sein. Dagegen ist die Frage, ob Gūzāna neben Damaskus und Sam’al ein Zentrum der Elfenbeinverarbeitung bildete oder nicht, weiterhin strittig und könnte wohl erst mit umfangreichen Grabungen in der Unterstadt geklärt werden. 31

3.1.2

Gräber

3.1.2.1

Gräber innerhalb der Zitadelle

3.1.2.1.1 Südlicher Grabbau am Westpalast Der südliche und mutmaßlich ältere Grabbau 32 ca. 10 m nördlich der Nordwestecke des Westpalastes bestand aus einer rechteckigen, gemauerten und überdachten Kammer (Innenmaße 3,90 × 2,50 × ca. 2,10 m), die mit einer Abweichung von ca. 8° zwar annähernd ostwestlich ausgerichtet war, aber deutlich weniger exakt als alle sie umgebenden Strukturen (Abb. 4–5). 33 Sie war mit einer Schlupfpforte (1,59 × 0,79 m) in 50 cm Höhe an der östlichen Seite sowie einer kleinen Nische (20 × 30 × 25 cm) in geringerer Höhe (18 cm) an der westlichen Innenseite ausgestattet. Die umfangreiche Wandstärke von 1,80 m könnte darauf hindeuten, dass die Mauern eine beachtliche Höhe erreichten. Vor der Schlupftür, 26 27 28 29 30 31 32

Dornauer 2016, S. 126, 139–140. Bonatz 2001, S. 27. Weidner 1940, S. 2, 4; Dornauer 2016, S. 139–140 Dornauer 2016, S. 182. Weidner 1940, S. 3; Novák 2009, S. 96; Dornauer 2016, S. 217–219. Orthmann 2002, S. 95–99; Cholidis et al. 2010, S. 356–357. Oppenheim 1931, S. 191–194, Taf. 55.2.14, Taf. 57.7, 59.4, Bunttaf. III.1–8.10.13–14; Langenegger 1950, S. 100–103, Abb. 49–50, Taf. 22.1; Naumann 1950, S. 394; Moortgat 1955, S. 5–7, Abb. 1–3; Hrouda 1962, S. 3–4, 10, 19, 21, 41–45, 52–53, 55, 65–66, 69–70, 77, 92, Taf. 1.1–8, 11.76, 30.20–24, 33.61–63, 34.70–85, 43.271, 47.2, 48.1.3–8, 49.2–3.9–11, 50.1.271, 63.1–2; Orthmann 2001, S. 222– 223; ders. 2002, S. 47–49, Abb. 26–27; Niehr 2006, S. 123; ders. 2010a, S. 218; ders. 2014a, S. 144; Gilibert 2013, S. 52–53, Abb. 14; Dubiel 2014b, S. 143–144. 33 Westpalast, Nordbau, nördlicher Grabbau.

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Tell Ḥalaf / Gūzāna

Abb. 4: Westpalast, Skorpionentor und Grabbauten.

Abb. 5: Südlicher Grabbau.

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Bīt Baḫiāni

die nach einer unbestimmten Zeit nach der Bestattung zugemauert wurde, befand sich eine kleine Plattform aus gestampftem Lehm (4 × 2,50 m). Der Grundriss dieser Gruft ist von allen Grabbauten Gūzānas am ehesten mit assyrischen (Königs-) Grüften vergleichbar, weshalb es plausibel ist, anzunehmen, dass sich in der westlichen Nische eine Lampe befand oder für die Aufnahme einer solchen gedacht war. 34 Geographisch näher liegt jedoch der Vergleich mit dem Tell Faḫarīya, dessen nachmittelassyrische Lehmziegelkistengräber häufig entweder auf oder in einer Nische im Grab Schalen aufwiesen, deren Rußspuren ihre Nutzung als Lampe nahelegen. 35 Für das Platzieren einer Statue des Verstorbenen in der Gruft, vorgeschlagen von H. Niehr, gibt es bisher keine zeitgenössischen archäologischen Beispiele, aber einen neuassyrischen Textbeleg. 36 Zu einem unbekannten Zeitpunkt wurde die Anlage zugeschüttet und vom Vorplatz der Terrasse des Westpalastes vollständig überbaut. Entgegen der früher häufig vertretenen Ansicht, dass dies zeitgleich mit oder vor der Errichtung des Westpalastes und somit der Regierungszeit Kaparas stattgefunden haben müsse, ist die Aufschüttung wohl zu jedem beliebigen Zeitpunkt möglich gewesen, da der Vorplatz des Palastes mehrmals erweitert wurde. 37 Außerdem könnte eine von den Ausgräbern nicht erkannte Baugrube existiert haben, da sie die Baugrube des Westpalastes ebenfalls übersahen, d.h. die Gruft war eventuell unterirdisch angelegt. 38 In diesem Zusammenhang ist auf den fehlenden Außenputz der Gruft hinzuweisen, was entweder für eine sofortige Aufschüttung oder mangelnde Pflege der Gruft in der Zeit vor der Aufschüttung sprechen kann. 39 Von Marina Pucci ist vorgebracht worden, dass Bauten mit einer gewölbten Decke meist unterirdisch angelegt waren, was ebenfalls für eine sofortige oder zumindest eine von vornherein geplante Aufschüttung sprechen könnte. 40 In Anbetracht der Parallelen zu den Grüften aus Aššur ist demnach eine von vornherein unterirdisch angelegte Gruft eine plausible These. In diesem Fall könnte es sich bei der „Plattform“ vor dem Eingang um den Boden eines vertikalen Schachtes handeln, der bei den Altgrabungen möglicherweise nicht erkannt wurde. 41 Ob dieser dann für den Toten- bzw. Ahnenkult am Grab genutzt wurde, wie es in Bezug auf einen oberirdischen Grabbau vermutet wurde, 42 bleibt offen.

34 Naumann 1950, S. 394–395; Hrouda 1957–1971, S. 602. Nach Hauser 2012, S. 310–312 haben Nischen in den Grüften Aššurs zur Aufnahme von Lampen bzw. Schalen, die als Lampen fungierten, gedient, obwohl sie nur in einigen Fällen dort aufgefunden wurden. 35 Bartl 2011a, S. 2, Abb. 5. 36 Niehr 2006, S. 123. Die Textstelle legt die Existenz einer Statue im Grab eines assyrischen Königs nahe. Mofidi-Nasrabadi 1999, S.  28–30, Anm. 139; Kwasman 2009, S.  115 (K 6323  + K 7856  + K 14241 + 80-7-19, 122, III 21). Diese wäre nach Niehr 2001, S. 89 allerdings als Beigabe und nicht im Rahmen eines Kultes zu interpretieren. 37 Cholidis et al. 2010, S. 356. Vgl. jedoch Becker und Novák 2012, S. 226. 38 Becker und Novák 2012, S. 226, Anm. 45. 39 Langenegger 1950, S. 103. 40 Pucci 2008a, S. 123. 41 Freundlicher Hinweis von Prof. Mirko Novák. 42 Niehr 2014a, S. 144.

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Tell Ḥalaf / Gūzāna

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14 Abb. 6: Goldschmuck aus dem südlichen Grabbau.

Neben der Architektur ist das zahlreiche Inventar des Grabes bemerkenswert (Abb. 6). Die Skelettreste waren zwar nur sehr dürftig erhalten, ließen aber noch die Rückenlage und die Ausrichtung des Körpers mit dem Kopf nach Osten erkennen. 43 Bei der Ausstattung des Toten ist zunächst ein goldenes Mundblech zu nennen, auf dem Schnurr- und Kinnbart dargestellt sind, welche das Geschlecht des hier Begrabenen erkennen lassen und mittels zweier Ösen wahrscheinlich an seinem Mund befestigt war. Des Weiteren fanden sich goldene Besatzstücke sowie eine halbrunde, leicht gewölbte Plakette, die mittels der Ösen an ihren Seiten ursprünglich aufgenäht war. 44 Die fünf gleichartig verzierten Goldperlen bildeten vormals vermutlich eine Halskette. 45 Drei goldene Ohrringe vervollständigten den noch erhaltenen Schmuck des Toten. Die restlichen goldenen Bänder 43 Oppenheim 1931, S. 193. Langenegger 1950, S. 102 bemerkt, dass der Schädel gefehlt habe. Laut Oppenheim 1931, S. 193 waren jedoch noch Reste davon erhalten geblieben. Unerklärlicherweise behauptet Pucci 2008a, S. 123 dagegen, dass gar keine Knochen gefunden worden seien. 44 Hrouda 1962, S. 3 vermutet in Analogie zu Darstellungen assyrischer Könige und aufgrund der Wölbung ein auf dem Kopf zu tragendes Objekt, ein Stirnband oder eine Kegelmütze, als Träger dieser Plakette. 45 Hrouda 1962, S. 41.

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Abb. 7: „Bronzebecher“ aus dem südlichen Grabbau.

und Ringe waren wohl auf das Gewand, das der Verstorbene bei seiner Beisetzung trug, aufgenäht. 46 An keramischen Grabbeigaben fanden sich eine Schale mit drei Füßen, eine mit nur einem Fuß sowie zwei Fragmente einer oder mehrerer Dreifußschalen. 47 Daneben fanden sich acht Metallgefäße: Eine Schale aus Silber, sechs Schalen aus Bronze, 48 darunter zwei sog. Zungenphialen, sowie ein hohes, eiförmiges Gefäß mit einer langen Tülle, ebenfalls aus Bronze. 49 Von besonderer Bedeutung sind die in der Gruft gefundenen sog. „Bronzebecher“ (Abb. 7), die ebenso wie die Exemplare aus dem nördlichen Grab unter dem Lehmziegel-

46 Hrouda 1962, S. 42. 47 Hrouda 1962, S. 77, Taf. 63.1–2. 48 In diesem Kontext ist an die Grabinschrift Ši’gabbars aus Nayrab (KAI 226) zu erinnern, in der ausdrücklich verneint wird, dass Gefäße aus Silber oder Bronze dem Grab beigegeben wurden, woraus sich schließen lässt, dass eben diese häufig Bestandteile von Grabinventaren bildeten. Dieser Brauch war jedoch nicht auf Nordsyrien und Südostanatolien beschränkt: In Aššur existierten insgesamt 52 Gräber (31 Mehrfach- und 21 Einzelgräber) mit Metallschalen, die meisten davon aus Bronze, als Beigabe. Mofidi-Nasrabadi 1999, S. 123–124, Tab. 63. Hauser 2012, S. 266 geht jedoch davon aus, dass in Aššur allein die Objektkategorie „Schale“ von Bedeutung gewesen sei und je nach ökonomischen Möglichkeiten als Keramik-, Kupfer-, Silber- oder Goldschale (in Nimrūd / Kalḫu und vermutlich auch in den Königsgräbern von Aššur, vgl. Kwasman 2009, S. 114 (K 6323 + K 7856 + K 14241 + 80-7-19, 122, II 25´)) realisiert wurde. Zudem betrachtet Hauser 2012, S. 271 Kupferschalen tendenziell als Beigabe für Frauen, was im vorliegenden Fall, u.a. aufgrund von KAI 226 und den Gräbern von Ḥamā, eher auszuschließen ist. Siehe Abschnitt 8.1.3.2.4, S. 465, Anm. 115. 49 Oppenheim 1931, S. 194; Hrouda 1962, S. 65, Taf. 47.2, 48.1.3–8; Orthmann 2002, S. 48–49, Abb. 27.

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massiv besser als Beschläge für Möbelfüße bezeichnet werden sollten, wie Vergleiche mit assyrischen Exemplaren zeigen. 50 M. v. Oppenheim schreibt dazu: „Merkwürdig war eine Reihe an einer der Längsseiten des Grabes nebeneinander aufgestellter, etwa zehn Zentimeter hoher Kupferbecher mit ausholendem Rand […].“ 51 In der Veröffentlichung der Kleinfunde werden drei dieser „Becher“ aufgelistet, von denen aber nur einer einen ausholenden Rand aufweist. 52 Es ist demnach wahrscheinlich, dass während der Ausgrabung noch weitere „Becher“ mit ausholendem Rand gefunden worden sind, die in der Zwischenzeit verloren gingen, falls die Beschreibung von M. v. Oppenheim zutreffend war. Als Indiz für die tatsächliche Funktion kann der Fund eines Weidenholzkerns in einem der Objekte gelten, der sich exakt den Formen des Beschlags anpasste. Auf einem anderen befand sich der Abdruck eines Gewebemusters. 53 Unklar bleibt, welche Art(en) von Möbel dem Verstorbenen einst mitgegeben wurden und was damit geschah. Denn die Aufreihung der Beschläge nebeneinander erzeugt den Anschein, als hätte man das Möbelstück nicht im Originalzustand im Grab aufgestellt, sondern vorher zerlegt oder sogar verbrannt. Es wird zwar nichts von Brandspuren an den Bronzebeschlägen oder dem Weidenholzkern berichtet, aber M. v. Oppenheim hat vermutet, dass sie zur Verbrennung von Räucherwerk dienten, 54 was auf eventuell vorhandene Brandspuren hindeuten könnte. Dass das Holz nicht trotz, sondern wegen des Feuers konserviert worden sein könnte, zeigt das Beispiel einer Holzschale aus den Brandgräbern von Tell Šayḫ Ḥamad. 55 Aus dem Tumulusgrab MM der zweiten Hälfte des 8. Jh. aus Gordion ist dagegen belegt, dass der Holzsarkophag des dort Bestatteten im Grab nicht wieder zusammengesetzt wurde, obwohl alle Teile vorhanden waren, 56 so dass diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden kann. In beiden Fällen müssen die Begräbnishandlungen zumindest teilweise außerhalb der Gruft stattgefunden haben. Als Möbelstück(e) kommen sowohl Bett, Stuhl bzw. Thron als auch Tisch, vielleicht sogar in mehrfacher

50 Freundlicher Hinweis von Dr. Anja Fügert, Carolin Jauß und Peter V. Bartl. Vgl. Curtis 2013, S. 83, Taf. LI.580–587, LII.577. 51 Oppenheim 1931, S. 194. 52 Hrouda 1962, S. 65, Taf. 49.9–11. 53 Oppenheim 1931, S. 194; Hrouda 1962, S. 65, Taf. 49a. 54 Oppenheim 1931, S. 194; Hrouda 1962, S. 65. 55 Kreppner 2008, S. 271, Tab. 1, Grab 04/20. 56 Simpson 1996, S. 196; dies. 2010, S. 119–125; dies. 2012, S. 344–345.

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Ausführung infrage. 57 Im Gegensatz zum nördlichen Grab unter dem Lehmziegelmassiv gab es hierbei keine Elfenbeinappliken, die sich erhalten haben. 58 Eine rosettenförmige Schminkdose aus Elfenbein, die noch etwas Rouge enthielt, sowie ein silberner Schminkstift stellen wohl die bemerkenswertesten Objekte dieses Grabes dar. 59 Nicht zu vergessen ist ein Äffchenaufsatz aus Elfenbein. Es ist vermutet worden, dass es vormals den oberen Teil eines Zepters oder eines Stabes bildete. 60 Schließlich sollen mehrere Objekte aus Eisen bzw. ein kurzes Schwert gefunden worden sein, welche in den Grabungspublikationen als nicht zum Grab zugehörig dokumentiert wurden. 61 Auch Tierknochen sollen sich darin befunden haben. 62 Was die Identität des Bestatteten angeht, so dürfte es sich hierbei aufgrund der Qualität und Anzahl der Grabbeigaben sowie der unmittelbaren Nähe zum Westpalast um einen Angehörigen des lokalen Königshauses gehandelt haben. Das Grab ist aufgrund der Kleinfunde von mehreren Forschern im späten 10. oder im 9.  Jh. angesiedelt worden. Insbesondere die charakteristische dreiarmige Ohrringform, bekannt von den Reliefs Assurnasirpals II., wird häufig als Datierungskriterium herangezogen, obwohl ihr Entstehungsort möglicherweise in Nordsyrien zu suchen ist und eventuelle Vorläufer daher durchaus älter sein könnten. 63 Auch eine Zungenphiale begeg57 Zum Vergleich: Das Grab vom Tumulus MM in Gordion beinhaltete einen Stuhl, zwei Fußschemel, neun Tische sowie zwei sog. serving stands. Simpson 2010. In der Grabkammer von Tumulus P, ebenfalls in Gordion, in welcher ein kleines Kind bestattet wurde, befanden sich ein serving stand, vier Tische, acht oder mehr Hocker, ein kleiner Stuhl, zwei Fußschemel sowie ein Bett. Simpson 2012, S.  345–351. Aufgrund der mit den bronzenen Möbelbeschlägen aus Grab II in Nimrūd / K alḫu vergesellschafteten Gefäße vermutet John E. Curtis, dass sie ursprünglich Teile eines Tisches oder eines ähnlichen Objektes gewesen sein könnten. Curtis 2008b, S. 249–250. Die Inschrift des benachbarten Grabes III verflucht allerdings denjenigen, der den Thron oder Stuhl der Mullissu-mukannišat-Ninua von seinem Platz „vor den Totengeistern“ entfernt. Al-Rawi 2008, S. 124. Postgate 2008, S. 180 wähnt diesen Stuhl jedoch in dem Raum über der Grabkammer, u.a. da die kispu(m)-Zeremonie in Mari in einem „Haus der Stühle“ stattfand und Grab II eine sekundär (?) abgedeckte Libationsvorrichtung aufwies, die in den darüber liegenden Raum führte. Der fragmentarische Text über die Bestattung eines assyrischen Königs erwähnt sowohl ein „Bett aus Elfenbein und Silber“, einen „Thron mit Füßen“ als auch ein „Bronzebett mit Füßen“. Kwasman 2009, S. 114–115 (K 6323 + K 7856 + K 14241 + 80-7-19, 122, II 19´, 21´, 32´). Zur Rolle des Stuhls als temporären „Behälter“ des Totengeistes (eṭemmu) während des Bestattungsrituals in Mesopotamien, siehe Scurlock 2002, S. 1–4. Aus dem Grab des „Herrn der Capriden“ in Ebla, ca. 1750, sind ebenfalls Reste von Möbelstücken, darunter sehr wahrscheinlich ein Thron, geborgen worden. Matthiae 1982, S. 10–11. 58 Geht man jedoch von einer Verbrennung dieser Gegenstände aus, so zeigt der Befund aus dem nördlichen Kremationsgrab, wo sie zusammen mit der Asche in der Urne lagen, dass sie vermutlich zu klein waren, um sie gesondert aufzulesen wie die Füße, welche sich außerhalb der Urne befanden. 59 Oppenheim 1931, S. 194; Hrouda 1962, S. 52–53. 60 Hrouda 1962, S. 10, Taf. 11, Nr. 76. 61 Heitmann 2012, S.  71 mit Bezug auf den Grabungstagebucheintrag von F. Langenegger am 31.1.1912; Dubiel 2014b, S. 144 ohne Angaben von Quellen. 62 Dubiel 2014b, S. 143 ohne Angaben von Quellen. 63 Hrouda 1965, S. 42, 116–117; Orthmann 2002, S. 49; Cholidis et al. 2010, S. 356.

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net auf Reliefs des besagten Königs aus Nimrūd / Kalḫu in nahezu identischer Form. 64 Dagegen dienten die Metallgefäße Ekrem Akurgal aufgrund ähnlicher Keramikexemplare aus Phrygien als Argument für eine Datierung ins 8. Jh. Doch es existieren Gegenbeispiele des 9. Jh., darunter u.a. wiederum aus der Residenz Assurnasirpals II., aber auch aus Nordsyrien. 65 Bisher ist dieses Grab in der Literatur zumeist als das eines Herrschers einer aramäischen Dynastie aufgefasst worden. Nach neuerer Ansicht von M. Novák soll es sich dabei jedoch ebenso wie bei den Lehmziegelkistengräbern unter dem Westpalast um ein Grab der zweiten Hälfte des 11. oder der ersten Hälfte des 10. Jh. handeln, wobei er sich vor allem darauf beruft, dass die Gruft vom Westpalast überbaut worden sei und dass die Zerstörungsschicht von Gordion – und damit die phrygischen Keramikgefäße – seit neuerem um ca.  ein Jahrhundert vordatiert werden. 66 Abgesehen von der Problematik dieser Umdatierung 67 und der Relativierung der Aussagekraft der Metallgefäße durch W. Orthmann 68 schweigt M. Novák hinsichtlich der Komparanda aus der Zeit Assurnasirpals II. sowie der These zur mehrphasigen Erweiterung der Terrasse des Westpalastes, wonach die Überbauung auch nach dessen Errichtung hätte stattfinden können, so dass hier vorläufig weiterhin von der traditionellen Datierung ausgegangen werden soll. Auffällig ist die Absenz von Waffen in dem ungestörten Grab eines mutmaßlichen Herrschers, wofür drei Erklärungen angeboten werden können. Erstens könnte es sich bei den in der Publikation nicht zugeordneten Eisenobjekten, darunter auch Waffen, eventuell um Waffen aus diesem Grab gehandelt haben. 69 Ulrike Dubiel spricht von „einem kurzen Schwert“, 70 welches in der Gruft gefunden worden sein soll, ohne jedoch Angaben zu dessen Verbleib oder Dokumentation zu machen, während Raphaela Heitmann Eisenobjekte erwähnt. 71 Zweitens könnten manche königliche Insignien, darunter auch die Waffe(n) des verstorbenen Herrschers, zum Zweck ihrer kultischen Verehrung, wie es in mittelassyrischer Zeit für Aššur belegt ist, entnommen worden sein. 72 Eine dritte Mög-

64 Hrouda 1965, S. 65. 65 Hrouda 1965, S. 66; Orthmann 2002, S. 49. 66 Becker und Novák 2012, S. 226 bereits mit der vergleichsweise frühen Datierung, aber noch mit der Zuordnung zum aramäischen Königreich. Novák 2013a, S. 297, ders. 2013b, S. 266, ders. 2016, S. 125 ausdrücklich als voraramäisch, d.h. vor der Regierungszeit Kaparas und der Errichtung des Westpalastes. Zur Umdatierung von Gordion, siehe Rose und Darbyshire 2011; zur Kritik Muscarella 2012. 67 Vgl. Muscarella 2012. 68 Orthmann 2002, S. 49. 69 Vgl. Hrouda 1962, S. 54, Taf. 36 für eine große Zahl an Waffen aus Eisen ohne dokumentierten Kontext. 70 Dubiel 2014b, S. 144. 71 Heitmann 2012, S.  71 mit Bezug auf den Grabungstagebucheintrag von F. Langenegger am 31.1.1912. 72 Cancik-Kirschbaum 2012 (MARV IV, 138 und 140). Vgl. dazu das Bestattungsritual eines neuassyrischen Königs, dem mindestens eine Waffe sowie zwei Bögen aus Mandelholz mitgegeben wurden. Kwasman 2009, S. 115–116 (K 6323 + K 7856 + K 14241 + 80-7-19, 122, IV 3, 7). Andererseits wäre es dann eventuell zu erwarten gewesen, dass Zepter und Krone des Herrschers ebenfalls entfernt

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lichkeit wäre, dass die Waffen aus Holz bestanden und sich eventuell nicht erhalten haben oder rituell verbrannt wurden, so dass sie nicht mehr ins Grab gelegt werden konnten. 73 Mindestens ebenso auffällig wie die Absenz der Waffen ist die Existenz der goldenen Ohrringe, die in einem neuassyrischen Ersatzritual explizit zur Kennzeichnung des Abbilds eines weiblichen Totengeistes verwendet werden, während die Figur eines männlichen Totengeistes durch einen goldenen Rohrstab gekennzeichnet werden sollte. 74 Aufgrund der generellen Übereinstimmungen im assyrischen Bereich zwischen den imitativen Bestattungen auf der einen und den Texten tatsächlicher Bestattungen auf der anderen Seite, kann darauf geschlossen werden, dass beide Objekte auch in realen Gräbern Verwendung fanden. 75 Es ist zudem darauf hinzuweisen, dass das südliche Kremationsgrab unter dem Lehmziegelmassiv, über dem die Sitzstatue einer Frau errichtet wurde, ebenfalls goldene Ohrringe, ein goldenes Mundblech – allerdings ohne die Darstellung eines Bartes  –  sowie Bronzeschalen beinhaltete. Somit besteht theoretisch die Möglichkeit, dass es sich um das Grab einer Frau handeln könnte, da das einzige Indiz für einen männlichen Verstorbenen der Bart auf dem Mundblech ist. 76 Wahrscheinlicher ist jedoch die Annahme, dass das Grab ursprünglich Waffen enthielt und sich somit in

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wurden, wogegen aber die Existenz des Affenköpfchens sowie die vermutlich auf der Kopfbedeckung angebrachten Plakette spricht. Vgl. dazu das königliche hethitische Bestattungsritual, in welchem der König einen Bogen erhält, der vermutlich zusammen mit ihm verbrannt wird. Auch für die assyrischen Könige stellten – zum Teil mit Gold verzierte – Waffen aus Holz die einzigen im fragmentarischen Text überlieferten Waffen dar. Kwasman 2009, S. 115–116 (K 6323 + K 7856 + K 14241 + 80-7-19, 122, IV 3, 7). Mofidi-Nasrabadi 1999, S. 44–49 (VAT 8242 / K AR 184, Z. 80). Mofidi-Nasrabadi 1999, S. 60–61. Vgl. dazu die Elitegräber von Tell Šayḫ Ḥamad / Dūr-Katlimmu, wo mit Grab 06/12 ein goldener Ohrring im Grab einer weiblichen und mit Grab 03/26 Trinkhalme im Grab einer vielleicht männlichen Person beigegeben waren. Kreppner 2008, S. 271, Tab. 1; ders. 2014, S. 179, Abb. 14, Tab. 1. In Aššur wurden in 27 Gräbern bzw. Grüften goldene Ohrringe entdeckt, aber nur eine der damit bestatteten Personen konnte identifiziert werden, eine Frau in Grab 863. Haller 1954, S. 76. Aus den Bestattungen unter dem Palast von Nimrūd / Kalḫu ergibt sich folgendes Bild. Gruft I: 6 goldene Ohrringe neben dem Kopf. Damerji 1999, S. 5. Nach Hussein und Suleiman 2000, S. 97 ein Mann in den 40ern. Nach Müller-Karpe et al. 2008, S. 143 eine Frau von ca. 50 bis 55 Jahren. Gruft II: 2 weibliche Personen, 79 goldene Ohrringe. Damerji 1999, S. 7, 12. Gruft III: In jedem der drei Bronzesarkophage lagen die Überreste von mindestens einer Frau. Alle Personen waren sekundär bestattet, aber bei der 18 bis 20 Jahre alten Frau aus Bronzesarkophag 2 handelt es sich vermutlich um Mulissu-mukannišat-Ninua, für die das Grab und der Steinsarkophag bestimmt war. Hier fanden sich zahlreiche goldene Ohrringe. Damerji 1999, S. 12; Hussein und Suleiman 2000, S. 116; Müller-Karpe et al. 2008, S. 144–147. Gruft IV: 1 goldener Ohrring, aber eine Identifizierung des Toten nicht möglich. Hussein und Suleiman 2000, S. 133. Auch die vorhandenen Bronzeschalen könnten aufgrund des Vergleichs mit Aššur eventuell als Indizien für die Bestattung einer Frau geltend gemacht werden (Hauser 2012, S. 271); sie sind auch im südlichen Grab unter dem Lehmziegelmassiv vorhanden. Dagegen spricht jedoch u.a. KAI 226 (siehe Abschnitt 7.3.3.1.1) sowie der Befund in den Gräbern von Ḥamā. Siehe oben, S. 38, Anm. 48 sowie Abschnitt 8.1.3.2.4, S. 465, Anm. 115. Dessen Existenz könnte eventuell mit einer idealisierten Vorstellung einer Herrscherin erklärt werden. Allerdings hätten im Rahmen dieser Idealisierung auch Waffen ins Grab gelegt werden können.

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dieser Hinsicht weder von der – aus den Texten rekonstruierten – assyrischen Praxis noch von den westsyrischen Bestattungstraditionen, bspw. in Karkamiš, Tell Šiyuḫ Fawqānī und Ḥamā, in denen Waffen eine wichtige Rolle als Grabbeigabe spielten, abhob. 77 3.1.2.1.2 Nördlicher Grabbau am Westpalast Der nördliche Grabbau am Westpalast ist im Gegensatz zu seinem südlichen Nachbarn fast exakt nach Osten ausgerichtet und besteht aus zwei länglichen, annähernd gleich großen Kammern (Innenmaße 5,62 × 2,12 und 2 × mind. 2  m), wobei sich in der Nordwestecke der nördlichen Kammer ein Vorsprung von 3,40 × 1 m befindet (Abb. 4). 78 Der Grundriss des gesamten Bauwerks ist annähernd quadratisch. Das Gebäude war einen Meter in die Terrasse des Westpalastes eingetieft und daher im Gegensatz zu seinem südlichen Pendant stets sichtbar geblieben. Aus den zwei Breschen in der Westwand der nördlichen Kammer und in der Zwischenwand sowie dem Fehlen jeglichen Inventars lässt sich auf eine antike Plünderung schließen. Die sich wohl ehemals dort befindlichen Zugänge sind nicht mehr rekonstruierbar. Das einzige Fundstück, eine Tonwanne ohne Inhalt, stammt aus späterer, vermutlich neuassyrischer Zeit; eventuell handelte es sich hierbei um einen Sarkophag. Vor allem aufgrund der architektonischen Differenzen zum südlichen Grabbau – schmälere Wände, kein Fußboden, eine größere Fläche, die alltägliche Aktivitäten ermöglichte, vermutlich ein Flachdach – bezweifelt M. Pucci, dass es sich bei diesem Bau um ein Grab handelte, wie von den Ausgräbern angenommen. 79 Allerdings würde dies nicht die antike Plünderung erklären. 3.1.2.1.3 Nordbau Im Hinblick auf die Lokalisierung möglicher weiterer königlicher Gräber ist ferner der Nordbau auf der Zitadelle möglicherweise von Bedeutung (Abb. 8). 80 Da der Nordostpalast inzwischen in die neuassyrische Zeit umdatiert worden ist, „fehlen“ der aramäischen Phase die Wohnräume der Herrscher. N. Cholidis hat demzufolge den Nordbau, der von F. Langenegger als Priesterwohnung mit anschließender Nutzung im Rahmen eines Kultes betrachtet wurde, als möglichen Kandidaten dafür vorgeschlagen. Allerdings schloss letzterer eine zeitweise Nutzung als königliche Wohnstatt nicht aus. 81 A. Gilibert dagegen 77 In Ḥamā gilt dies nur bis ca. 800; danach finden sich dort keine Waffen mehr. Auch das „Goldgrab“ aus Karkamiš, das einzige Grab dieser Stadt, dessen Inhalt auf eine königliche Person schließen lässt, enthielt keine noch identifizierbaren Waffen. 78 Langenegger 1950, S. 103–104; Voos 1986, S. 38–39; Orthmann 2001, S. 223–224; ders. 2002, S. 50; Niehr 2006, S. 128; ders. 2010a, S. 218; ders. 2014a, S. 144–145; Pucci 2008a, S. 120. 79 Pucci 2008a, S. 120. 80 Langenegger 1950, S. 105, 110, Abb. 51–53, Taf. 22.2, 23.1; Pucci 2008a, S. 109; Cholidis in Cholidis und Dubiel 2010a, S. 70; Gilibert 2013, S. 54, Anm. 78. 81 Langenegger 1950, S. 105; Cholidis in Cholidis und Dubiel 2010a, S. 70.

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Abb. 8: Nordbau.

spricht sich für eine primäre Funktion als Grabbau im Zusammenhang mit dem Westpalast, welchen sie – hauptsächlich aufgrund der sich dort wohl nicht befindlichen Statuen – als Mausoleum deutet, aus. 82 Die These, dass es sich bei dem nordöstlichen Breitraum (9,80 × 3,40–3,50 m) mit einer 25 cm tiefen Nische in der Nordostecke um eine Gruft gehandelt haben könnte, geht auf F. Langenegger zurück. Seine Argumentation stützt sich dabei vor allem auf die Tatsache, dass es nur einen sehr schmalen und niedrigen Zugang (1,90 × 0,95 × 1,47 m) gab, der später, ähnlich wie bei den anderen Grüften des Tell Ḥalaf, zugemauert wurde. Auch die kaum betretene Oberfläche, die jedoch größtenteils zerstört war, könnte in diese Rich-

82 Gilibert 2013, S. 54, Anm. 78. Vgl. Abschnitt 3.1.3.1.2.

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tung deuten. Etwa mittig in der westlichen Hälfte des Raumes befand sich noch ein Tonkrug in situ. 83 Auch bei dem kaum noch erhaltenen nordwestlichen Breitraum könnte es sich ebenso wie bei der nachträglich eingebauten Kammer (Innenmaße 4,65 × 2,80 m) in der östlichen Hälfte des südlichen Breitraumes um einen schwer zugänglichen Raum gehandelt haben. Bemerkenswert an letzterer ist die Tatsache, dass nicht nur eine Trennwand eingezogen, sondern bis auf die Nordseite jeweils eine separate Mauer errichtet wurde. Im Inneren befanden sich fünf Löcher in dem nachträglich eingesetzten, 30 cm hohen „Stampfbeton“, vier davon etwa kreisrund (ø ca. 0,50–1 m), das fünfte länglich. Sie waren mit meist zunehmender Größe entlang der Nord- und Ostmauer angeordnet und konnten aufgrund von Lichtmangel im Gegensatz zu den Löchern des Hauptraumes nicht für das Einsetzen von Pflanzen gedient haben. 84 Somit kann auch in diesem Fall eine Nutzung als Grabstätte infrage kommen, eventuell für Kremationsurnen. Eine Schatzkammer oder ein Archiv bilden jedoch weitere Interpretationsmöglichkeiten. 85 In diesem Zusammenhang ist auf den Fund der Basaltstatuette eines stehenden bärtigen Mannes (Höhe 10 cm) im Nordbau zu verweisen, auch wenn aufgrund des nicht dokumentierten Fundkontextes sich weitere Interpretationen verbieten. 86 3.1.2.1.4 Grab 8 Im Zuge der wieder aufgenommenen Grabungen sind weitere Gräber entdeckt worden. Dazu gehört mit Grab 8 ein Lehmziegelkistengrab (ca. 1 × 0,50 × 0,50 m) am Nordausgang des später darüber errichteten Skorpionentores, in dem ein Kind von 3–4 Jahren unbestimmten Geschlechts bestattet wurde. 87 Das Grab ist nordöstlich-südwestlich ausgerichtet; allerdings wurde nicht angegeben, in welcher Richtung der Leichnam gebettet war. Obwohl das Kind in leichter Hockerstellung begraben wurde, lag der Hinterkopf auf dem Boden. Es wurde lediglich mit einer Muschel und einer Perle im Brustbereich sowie mit Armreifen an beiden Oberarmen bestattet.

83 Langenegger 1950, S. 105, 110, Abb. 51–53, Taf. 22.2, 23.1. 84 Langenegger 1950, S. 105, 110, Abb. 51–52. Pucci 2008a, S. 109 misst ihnen jedoch keine Bedeutung zu, da sie nach ihrer Ansicht durch Erosion entstanden sein könnten. 85 Cholidis in Cholidis und Dubiel 2010a, S. 70. 86 Oppenheim 1931, S. 174, Taf. 46.4; Hrouda 1962, S. 6, Nr. 34. 87 Becker 2009, S. 27–28; Baghdo und Martin 2011, S. 185; Heitmann 2012, S. 63–64; Partheil 2012, S. 235–236.

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3.1.2.1.5 Grab 15 Nördlich der Terrasse des Westpalastes befand sich das Erdgrab eines drei Jahre alten Kindes, das in ostwestlicher Richtung mit dem Kopf im Osten bestattet wurde. 88 Im Grab befanden sich außerdem viele, nicht spezifizierte Tierknochen. Die Zuordnung eines Anhängers mit Ritzverzierung aus der Ḥalaf-Zeit zu diesem Grab ist unsicher, da die Grenzen des Grabes nicht mehr erkennbar waren und sich über dem eine Verfüllung der Altgrabungen mit vielen Artefakten dieser Epoche befand. Das bedeutet, dass analog zu den anderen Gräbern in diesem Gebiet eine eisenzeitliche Datierung möglich wäre. 3.1.2.1.6 Grab 16 Nordöstlich des – damals noch nicht existierenden – Westpalastes befand sich ein weiteres Lehmziegelkistengrab mit dem Skelett eines 14–15jährigen Individuums, vermutlich eines Mädchens, Grab 16. 89 Das Grab orientierte sich an einer vermutlich etwas älteren, mindestens 9  m langen Mauer, die mit einer leichten Abweichung nordsüdlich verlief. Die Verstorbene wurde auf dem Rücken in gestreckter Lage, wobei der Kopf im Südende des Grabes zu liegen kam, mit den Händen auf der Brust und zahlreichem Schmuck am Körper bestattet. So fanden sich am Hals des Mädchens noch Reste einer Kette mit abwechselnd roten Karneolen und gelben Perlen in situ. Von besonderem Interesse ist dieses Artefakt im Hinblick auf die neuassyrischen Imitativbestattungen, in denen Karneolketten als explizite Grabbeigabe für Frauen bestimmt sind. 90 Die Fußgelenke des Skeletts waren von je zwei Reifen aus Bronze geschmückt, während das linke Ohr einen Kupferohrring trug. Im Bereich des rechten Unterarms fand sich darüber hinaus ein in der Levante angefertigter Skarabäus mit den Hieroglyphen der ägyptischen Gottheit AmunRe. Insgesamt belief sich die Anzahl der Perlen auf mehr als 200 Stück aus 15 verschiedenen Materialien, die alle im Umkreis der oberen Körperhälfte lagen. Dazu kam diverser Schmuck aus Bronze, Eisen und Knochen. Neben dem Skelett befand sich ein Körbchen mit blauen und grünen Azuritpigmenten sowie einem Reibstein und vier Bronzenadeln, die als Schminkset interpretiert werden. Am Kopfende war eine Nische angebracht, die eine kleine Schale enthielt. Analog zu den Gräbern des Tell Faḫarīya liegt eine Deutung als Lampe nahe. Außerdem lagen zu Füßen des Mädchens ein Topf mit einer kleinen Schüssel darin sowie eine weitere Schale, die von Tierknochen bedeckt war. Letztere sind bislang nicht genauer spezifiziert worden. Schließlich konnten sowohl Textilreste, 88 Heitmann 2012, S. 64–65; Partheil 2012, S. 238. 89 Baghdo und Martin 2011, S. 185–186, Abb. 122–123; Elsen-Novák 2011, S. 378, Abb. 295; Heitmann 2012, S. 65–87; Simons 2011; Martin et al. 2012, S. 49–50, Abb. 36; Partheil 2012, S. 241; Sievertsen 2012, S. 141–142, 151–152, Abb. 137. 90 Mofidi-Nasrabadi 1999, S. 44–49 (VAT 8242 / K AR 184, Z. 5, 81). Vgl. dazu das mittelassyrische Lehmziegelkistengrab C 33 aus Tell Ḫuwayra, in dem ebenfalls eine Frau mit einer Karneolkette bestattet wurde. Klein 1995, S. 187–188; Wahl 2010, S. 301, Tab. 3.

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Wolle und Leinen, sowie eventuell auch Leder sichergestellt werden. Von Interesse scheinen auch die östlich des Kopfes noch auszumachenden weißen Kalkreste zu sein, welche schwarz und rot bemalt waren, wobei der Kopf allerdings zur anderen Seite gedreht war. Was damit dargestellt werden sollte, ließ sich während der Bergung nicht mehr entschlüsseln. Ein weiteres Rätsel stellt die Tatsache dar, dass ein Teil des linken Oberschenkelknochens sich nicht im anatomischen Verband befand, sondern auf dem Schädel platziert worden war. Da das Grab ungestört war, muss dieser Knochen vor der Grabschließung von seinem ursprünglichen Platz entfernt worden sein, entweder gewaltsam, solange das Gewebe noch intakt war, oder – schwerer vorstellbar – ohne Gewalt, nachdem Muskeln und Sehnen vergangen waren. Außerdem befand sich auf dem Becken ein Ziegelstein, von dem nicht klar ist, ob er bewusst hier deponiert wurde. Eine Datierung des Grabes gestaltet sich schwierig, da die 14C-Analyse einer Holzkohleprobe eine Entstehung im 14. oder 13. Jh. ergab, während die Laufzeit der im Grab gefundenen Schalen allgemein von ca. 1270 bis 1050 reicht. Der hier vorliegende Typ wird von ca. 1120 bis 1050 populärer, so dass auch aufgrund der stratigraphischen Verhältnisse das 11. Jh. zu präferieren ist. Dabei kann ein älteres oder jüngeres Datum jedoch nicht ausgeschlossen werden. 91 3.1.2.1.7 Grab 22 Das mit Lehmziegeln eingefasste Grab 22 nördlich des Westpalastes enthielt die Knochen eines Kindes von etwa 18 Monaten sowie einen 2 cm langen, mondsichelförmigen Anhänger aus Gold. 92 Es war nordöstlich-südwestlich angelegt, wobei sich der Kopf des Kindes wahrscheinlich im nordöstlichen Teil befand. Außerdem lag es vermutlich in Hockerposition auf der rechten Seite. Der Anhänger aus Gold war ebenso wie das bronzene Exemplar aus dem „Kultraum“ perforiert, allerdings nicht in der Mitte, sondern an den Enden. Er wurde allerdings nicht von dem toten Kind getragen, sondern befand sich über den Füßen, am nördlichen Ende des Grabes. 3.1.2.1.8 Neuassyrische Wannensarkophaggräber Außerdem scheinen mehrere Wannensarkophage aus neuassyrischer Zeit auf der Zitadelle gefunden worden zu sein, welche allerdings nicht dokumentiert wurden. Darauf weist folgende Bemerkung K. Müllers hin: „Er [der Wannensarkophag von Grab 25] zeigte eine echte Wannenform […] ähnlich den übrigen auf Tell Ḥalaf gefundenen assyrischen Tonsärgen, wie solche auch 91 Heitmann 2012, S. 65–66, Tab. 1: 1373–1265 bzw. 1393–1214; Martin et al. 2012, S. 50, 52, Tab. 2; Sievertsen 2012, S. 141–142. 92 Heitmann 2012, S. 87; Partheil 2012, S. 242.

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Abb. 9: Baugruppen 1 bis 3 vor dem südlichen Tor der Zitadelle sowie beide Gräber unter dem Lehmziegelmassiv.

in Winkeln von Bauten auf der Burg, die der Kapara-Epoche zugehören, mehrfach gefunden wurden, und die sich in Ruinenzustand befanden, als die Beisetzung der assyrischen Wannen geschah.“ 93 Der Ort dieser Bestattungen wäre nicht als ungewöhnlich anzusehen, da zwei solcher Gräber auch innerhalb der Zitadelle von Zincirli belegt sind. 3.1.2.2

Die Gräber vor dem südlichen Burgtor

3.1.2.2.1 Baugruppe 1 Außerhalb des Südtores der Zitadelle, erhob sich die als Baugruppe 1 bezeichnete Anlage, deren L-förmiger Grundriss sich um den westlichen Torturm herumschmiegt, ohne ihn zu berühren (Abb. 9). 94 Sie erstreckt sich relativ genau von West nach Ost und ist in einen 93 Müller 1950, S. 366. 94 Langenegger 1950, S. 171–172, Abb. 85, Plan 6, 15–16.

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länglichen Vorraum (Innenmaße 10,70–10,86 × 3,43–2,95 m) und eine kleine, fast quadratische Kammer (2,75 × 2,65  m) unterteilt, die an der Nordostecke des Vorraums liegt und mit diesem durch einen Durchgang (1,10 × 0,92 m) verbunden ist. Dessen Schwelle befindet sich jedoch in 65  cm Höhe und nach der Bestattung wurde auch das verbliebene Schlupfloch noch zugemauert. Vor dieser ehemaligen Öffnung lagen ein breiter, niedriger Krug und eine schmale Flasche und in einer Ecke des Vorraums eine schwarze Schale. 95 Der Eingang zur Grabanlage muss sich im Westen des Vorraums, d.h. direkt vor dem südlichen Burgtor, befunden haben. Im Zuge der Errichtung von Baugruppe 3 oder danach wurde vom Hauptraum dieses Bauwerks die Westseite der Grabkammer durchbrochen und eine kleine Tür installiert. Wahrscheinlich gleichzeitig wurde eine runde Nische, 80 cm breit und 75 cm tief, in die Nordwestecke der Gruft geschlagen, in der sich menschliche Knochen und Asche fanden. Ob es sich dabei um die Reste einer oder mehrerer Brandbestattungen handeln könnte, ist ungeklärt. 96 3.1.2.2.2 Baugruppe 2 Parallel zur Südmauer der Baugruppe 1 und im Westen bündig mit dieser abschließend, wurde Baugruppe 2 errichtet. 97 Sie wurde von Westen her betreten und besteht aus einem zweigeteilten, länglichen Vorraum (Innenmaße 9,40 × 3,10–3,25 m), der nicht exakt von West nach Ost verläuft, sowie aus zwei separaten kleineren Räumen an der Ostseite, wobei der erste (3 × 1,65 m) der Achse des Vorraums folgt, der zweite (2,95 × 1,65 m) sich aber ungefähr rechtwinklig nach Süden an die erste Kammer anschließt und nur über diese durch einen kleinen Durchgang (70 × 80 cm) betretbar war. Beide waren mit Schutt verfüllt, wobei in der nördlichen Kammer auch menschliche Knochen zutage traten. Der Durchgang vom Vorraum zum ersten Raum (1,10 × 0,73 m) wurde nachträglich zugemauert, wobei eine Schwelle von 60 cm Höhe bereits vorher bestand. In der Nische, den dieser zugemauerte Zugang auf der Seite des Vorraums bildete, und davor wurden mehrere Keramikgefäße und -fragmente sowie ein Gefäßuntersatz aus Basalt entdeckt, die anscheinend nach der Schließung des Grabes hier deponiert wurden. 98 Nach der Entstehung von Baugruppe 3 wurde hier ebenfalls ein neuer Durchgang mit einer Tür geschaffen, der vom Vorraum der neuen Baugruppe zum südlichen Raum der Baugruppe 2 führte. Bemerkenswerterweise befand sich an der südlichen Außenseite der zweiten Kammer eine Regenrinne von der gleichen Art, wie sie auf der Zitadelle verlegt waren, die in eine nahe gelegene, ummauerte Sickergrube führte. Dies lässt darauf schließen, dass zumindest die Grabkammer überdacht war. 95 Hrouda 1962, S. 77. 96 Langenegger 1950 erwähnt nicht, ob die Knochen Brandspuren aufwiesen oder nicht. Hrouda 1957–1971, S. 602 nimmt an, dass die Asche nicht mit Kremationen zusammenhängt, führt aber keine Argumente dafür an. 97 Langenegger 1950, S. 172–175, Abb. 86–87, Taf. 31.2–32.1, Plan 6, 15–16. 98 Bei Hrouda 1962 nicht erwähnt.

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3.1.2.2.3 Baugruppe 3 Höchstwahrscheinlich nach den Baugruppen 1 und 2, aber noch gleichzeitig mit deren Benutzung bzw. Existenz, wurde östlich von diesen Baugruppe 3 angelegt. 99 Sie wird nicht direkt als Grabanlage angesehen, könnte aber aufgrund der nachträglich angelegten Zugänge zu den Grüften mit jenen in einem engen Zusammenhang gestanden haben. Außerdem muss sie noch vor dem Lehmziegelmassiv errichtet worden sein, da sich letzteres an ihrem Mauerverlauf orientierte. Baugruppe 3 setzt sich aus einem breiten rechteckigen Vor- (3,85 × 6 m) und einem unregelmäßigen Haupthof 100 (etwa 10,10 × 8 m) zusammen, der im Westen durch die Mauern der Baugruppen 1 und 2 begrenzt wird. Wie bereits erwähnt, führten nachträglich eingerichtete Zugänge, die jeweils mit einer Tür versehen waren, vom Vor- bzw. Hauptraum zur südlichen Grabkammer der Baugruppe 2 bzw. der Gruft der Baugruppe 1. Das charakteristische Merkmal dieses Bauwerks sind jedoch die Reste eines in den Fußboden eingetieften, großen Wasserbehälters aus Ton (max. ca. 1–1,10 m hoch, ø 86 cm, 60 cm tief im Erdboden, Platz für ca. 1 m3 Wasser) im Hauptraum, einer davor gelagerten Platte aus Kalkstein (99 × 70 cm) sowie einer Abflussröhre, die durch den Vorraum nach außen führte. Um das nötige Gefälle zu erzeugen, wurde der Fußboden um ca. 50 cm erhöht. Zusätzlich sorgte eine gesonderte Ableitung für die Entwässerung des Bodens, vermutlich aufgrund eines sich wiederholenden Prozesses, bei dem Wasser auf den Fußboden vergossen wurde. 3.1.2.2.4 Interpretation der Baugruppen 1–3 F. Langenegger sieht in Baugruppe 3 eine Waschvorrichtung im Zusammenhang mit dem Toten- oder einem anderen Kult. Gleichzeitig bezweifelt er aufgrund der Türen, dass die Gruft von Baugruppe 1 zu dieser Zeit noch als solche benutzt wurde. 101 W. Orthmann hält ebenfalls eine anderweitige, nicht sepulkrale Nutzung des gesamten Komplexes in späterer Zeit für möglich, nimmt aber an, dass die zugemauerten Kammern der Baugruppen 1 und 2 einst Gräber darstellten, da sie sehr klein und zu diesem Zeitpunkt noch unzugänglich waren. 102 Für diese skeptischen Haltungen spricht die Beobachtung, dass bei allen Grabbauten des Tell Ḥalaf das Innere des Grabes, in dem die sterblichen Überreste aufbewahrt wurden, sorgfältig versiegelt wurde, entweder durch Zumauern der Schlupfpforte oder durch Anlegen eines Fußbodens bzw. Positionieren einer Grabfigur über dem Grabschacht. Toten- oder Ahnenkult fand in allen dokumentierten Fällen vor oder über dem Grabinneren statt, im Falle des „Kultraums“ möglicherweise sogar unabhängig vom 99 Langenegger 1950, S. 175–177, Abb. 87a, Taf. 32.2, Plan 6, 15–16. 100 Orthmann 2002, S. 51. 101 Langenegger 1950, S. 169, 177. Für die Nutzung von Baugruppe 3 im Rahmen eines Toten- oder Ahnenkultes sprechen sich auch J. Voos und H. Niehr aus. Voos 1986, S.  37, Anm. 211; Niehr 2006, S. 128–129; ders. 2010a, S. 221. 102 Orthmann 2002, S. 51–52.

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Grab. Somit ist ein Funktionswandel der Baugruppen 1 und 2 im Zuge der Errichtung von Baugruppe  3 denkbar, aber letztlich nicht zu belegen. Zu beachten ist außerdem, dass Baugruppe 3 bei der Errichtung des Lehmziegelmassivs bewusst ausgespart wurde. Demzufolge scheint sie im Gegensatz zu den beiden überbauten Grabanlagen weiterhin genutzt worden zu sein. 3.1.2.2.5 Felsgrube Darüber hinaus befand sich südlich an die Baugruppe  2 angrenzend, als hätte man beim Bau dieser darauf Rücksicht genommen, eine in den Felsen gehauene große Grube (5 × 1,50–2,10 × 1,20 m), in der ein menschlicher Schädel gefunden wurde und die daher vor der Errichtung der nördlich gelegenen Baugruppen 1 und 2 als Begräbnisstätte gedient haben könnte. 103 3.1.2.3

Die Gräber unter dem Lehmziegelmassiv

Direkt östlich an das südliche Burgtor angrenzend erhob sich ein mächtiges Massiv aus Lehmziegeln, das in drei Etappen erbaut wurde und als Fundament für ein großes Haus diente. 104 Aufgrund datierbarer Funde in den Gebäuderesten muss es von etwa 733 bzw. 685 an bis in die neubabylonische Zeit hinein benutzt worden sein. 105 Die ehemals an dieser Stelle befindlichen Bauten wurden jedoch nicht unterschiedslos eingeebnet, sondern sorgsam überbaut. Dazu gehörten auch die vorher abgetragenen Mauerreste, die um je eine monumentale Skulptur in Form einer sitzenden Frau errichtet worden waren. Sie lagen beide außerhalb der Burgmauer, d.h. unter dem zuletzt erbauten Teilstück des Lehmziegelmassivs und waren mit dem Gesicht nach Osten aufgestellt worden. Unter ihnen konnten zwei bzw. einen Meter tiefe Schächte festgestellt werden, die jeweils eine Urne mit kremierten menschlichen Überresten sowie Grabbeigaben enthielten. Die etwa kreisförmigen Gruben waren von Mauerwerk umgeben und mit großen Steinplatten bedeckt. Während Sitzbild A, 1 direkt auf dieser Platte stand, befand sich Sitzbild A, 2 etwa einen Meter versetzt dahinter. An das Mauerwerk grenzten in beiden Fällen ca. 10 bzw. 15 cm starke Ascheschichten an, die jeweils vom Feuer zerstörte bzw. geschmolzene Gegenstände in sich bargen.

103 Langenegger 1950, S. 169, 178, Plan 6. 104 Langenegger 1950, S. 144–167; Orthmann 2002, S. 29–30; Martin und Fakhru 2009, S. 13–17; Martin 2010a. Von Nord nach Süd betrug die ursprünglich angenommene Größe der Teilstücke 51,5 × 20,5 m, 52 × 34,5 m und 30 × 34,5 m. Während der neuen Ausgrabungen stellte sich jedoch heraus, dass die Terrasse ca. 31 m weiter nach Osten reichte. Martin und Fakhru 2009, S. 17. 105 Martin und Fakhru 2009, S. 17; Dornauer 2010, S. 65, Anm. 194.

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3.1.2.3.1 Südliches Grab mit Sitzbild A, 1 Die 1912 gefundene Statue einer sitzenden Frau aus Basalt (1,92 × 0,82 × 1 m, Abb. 10) stellt wohl eines der bedeutendsten Bildwerke des Tell Ḥalaf dar. 106 Aufgrund seines quaderförmigen Aufbaus, der ebenen Flächen und der rechtwinkligen Kanten hinterlässt dieses Bildwerk einen sehr markanten Eindruck, der durch die strengen Züge des dreieckigen Gesichts sowie der großen und spitzen Nase noch verstärkt wird. Erkennbar ist eine auf einem Stuhl sitzende Frau, deren Füße auf einem vorgelagerten Schemel ruhen. Während die linke Hand auf ihrem Knie ruht, hält ihre rechte einen Becher. 107 Darüber hinaus sind die bis an die Brust reichenden Zöpfe hervorzuheben, die als einziges Element den blockartigen Aufbau negieren und frei von den Ohren nach unten fallen. Kopf- oder anderer Schmuck sind nicht dargestellt, waren aber möglicherweise einst vorhanden, wie die beiden Ohrlöcher nahelegen, und wurden dann wohl im Zuge der Überbauung entfernt. 108 Die Maße des dazugehörigen Grabbaus, falls ein solcher in Analogie zu dem um die Statue A, 2 existierte, sind nicht mehr zu ermitteln. 1,50 m hinter der Skulptur verlief jedoch ein 4 m langer Mauerrest von Nord nach Süd, von dem angenommen wird, dass er einst die Rückwand des fraglichen Gebäudes bildete (Abb.  9, 11). Dies würde allerdings implizieren, dass die Grabfigur im Fußboden ver-

Abb. 10: Sitzbild A, 1 aus dem südlichen Grab unter dem Lehmziegelmassiv.

106 Oppenheim 1931, S. 165–169, Taf. 42b, 43, 44a; Langenegger 1950, S. 159–161, Abb. 80, 82, Taf. 23.2, 29, Plan 6, 16; Moortgat 1955, S. 35–36, A 1, Taf. 1–5; Orthmann 1971, S. 126, Taf. 13f, T. Halaf A/1; Voos 1986, S. 34, Abb. 4, Kat.-Nr. 10; Bonatz 2000a, S. 15, 28–29, 154–155, Abb. 42, Taf. V, B 5; ders. 2014, S. 240; Orthmann 2002, S. 89–90, Abb. 74; Niehr 2006, S. 124, Abb. 6, Taf. 20 und 21.B; ders. 2010a, S. 219–220; ders. 2014, S. 145–146; Pucci 2008a, S. 118–119; Martin 2010a; ders. in Blanchard 2019, S. 374–375, Kat.-Nr. 245; Cholidis und Martin 2010, S. 425, Taf. 55–59 mit weiterer Literatur; Rehm 2014, S. 381; dies. 2016, S. 39–40; 113–114, Taf. 9, F 1. E. Rehm hält es für möglich, dass es sich hierbei um die Statue eines Mannes handelt. 107 Pucci 2008a, S.  119, Anm. 672 äußert den Verdacht, dass die dunklen Verfärbungen auf dem Schoß der Statue A 1, wie sie auf Oppenheim 1931, Taf. 42b oder Martin 2010a, Abb. VII.6. zu erkennen sind, von Flüssigkeiten herrühren könnten. 108 Oppenheim 1931, S. 166; Martin 2010a, S. 217, Anm. 536 contra Moortgat 1955, S. 36.

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◄ Abb. 11: Südliches Grab

unter dem Lehmziegelmassiv im Querschnitt.

▲ Abb. 12: Grabinventar des

südlichen Grabes unter dem Lehmziegelmassiv in situ.

senkt war oder im Laufe der Zeit eingesunken ist. Alle weiteren vorhandenen Mauern müssen spätestens bei der Errichtung des Lehmziegelmassivs abgetragen worden sein. 109 Die Statue stand direkt auf einer großen Steinplatte (1,30 × 1,30 × 0,25 m), welche gleichzeitig den Abschluss des zwei Meter tiefen, gemauerten und verputzten Grabschachtes bildete. Direkt im Westen an den Schacht angrenzend, etwa einen halben Meter unter der einstigen Erdoberfläche, erstreckte sich eine Ascheschicht, die 10 cm tief und mindestens 1,25 m lang war. 110 In ihr befanden sich eine Kalottenschale, Bronzestücke und -nägel, Blattgold und Glasperlen, die teilweise angeschmolzen oder zerstört waren. 111 Zu den Gegenständen, die am Boden des Grabschachtes gefunden wurden, gehören eine große eiförmige Flasche, die als Urne fungierte, eine Kanne mit Kleeblattmündung, eine weitere, gedrungene Flasche und zwei Schalen (Abb. 12). 112 Außerdem beinhaltete er einen Armreif aus Elfenbein, zwei Bronzeschalen, Knochen mit Ornamenten 113 sowie eine Dreifußschale aus Kalkstein, die mit figürlichen Ritzzeichnungen verziert ist, auf denen Jagdszenen zu sehen sind. Aufgrund der Brandspuren im Inneren der Schale ist sie von 109 So der Befund nach Langenegger 1950, S. 160. L. Martin schreibt dagegen unter Berufung auf die Grabungstagebücher, die in diesem Fall von F. Langenegger selbst geführt wurden: „Offenbar stand die Statue in einem Raum, dessen Wände verputzt waren“. Martin 2010a, S. 213. Unklar ist, ob sich dieser widersprüchliche Befund in den Tagebüchern findet oder ob dies eine implizite Schlussfolgerung L. Martins aufgrund des Befundes des zweiten Grabes ist, das erst neun Monate später gefunden wurde. 110 Langenegger 1950, S. 161, Abb. 80, Plan 16. 111 Oppenheim 1931, S. 195; Langenegger 1950, S. 161; Hrouda 1962, S. 77, Taf. 56, Nr. 10. 112 Hrouda 1962, S. 77, Taf. 56, Nr. 8, 57, Nr. 5–6, 63, Nr. 7. 113 Oppenheim 1931, S. 196; Hrouda 1962, S. 66, Taf. 49, Nr. 12–13.

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M. v. Oppenheim und B. Hrouda als Brandopferschale interpretiert worden. 114 Es ist jedoch mindestens ebenso plausibel, dass Weihrauch darin verbrannt wurde. 115 In der flaschenförmigen Urne befanden sich abgesehen von den Ascheresten ein goldener Ring, besetzt mit einem Onyx, vier goldene Ohrringe, ein goldenes Lippenblech sowie Gegenstände aus Elfenbein. 116 Ihre Öffnung war mit einer der beiden Bronzeschalen bedeckt. 117 Diese Form des Urnenverschlusses ist in der Kremationsnekropole Yunus bei Karkamiš mehrfach und in Ḥamā mindestens einmal belegt. 118 3.1.2.3.2 Nördliches Grab mit Sitzbild A, 2 Das aus Basalt gefertigte Sitzbild A,  2 (1,42 × 0,45 × 0,72  m, Abb.  13) stellt ebenfalls eine auf einem Hocker sitzende Frau dar, deren Füße auf einem Schemel ruhen und die einen Becher in der rechten Hand hält. 119 Die linke Hand ist auf dem Knie abgelegt; der Schoß ist als waagerechte Fläche gearbeitet. Die Statue behält den quaderförmigen Stil von A,  1 nur im unteren Bereich bei und zeichnet sich ansonsten durch lebendigere, rundlichere Formen aus. Im Unterschied zu A,  1 trägt die dargestellte thronende Frau auch eine oder drei Perlenketten sowie einen

Abb. 13: Sitzbild A, 2 des nördlichen Grabes unter dem Lehmziegelmassiv.

114 Oppenheim 1931, S. 180; Hrouda 1962, S. 7–8, Taf. 6–7, Abb. 1. 115 Oppenheim 1933, S. 205; Searight et al. 2008, S. 63. 116 Oppenheim 1931, S. 195–196; Langenegger 1950, S. 161; Hrouda 1962, S. 4, 41–42, Taf. 2, Nr. 9, Taf. 33, Nr. 50, 64–67. 117 Langenegger 1950, S. 161. 118 Siehe Abschnitte 4.1.5.3.4 und 8.1.3.2.4. 119 Oppenheim 1931, S.  168–169, Abb. 42b, 44b; Langenegger 1950, S.  161–163, Abb. 81–82, Taf. 29, 30.1, Plan 6, 16; Moortgat 1955, S. 36–37, A 2, Taf. 6–9; Orthmann 1971, S. 126, T. Halaf A/2; Voos 1986, S. 35, Abb. 5, Kat.-Nr. 11; Bonatz 2000a, S. 15, 28, 154–155, Abb. 42, Taf. V, B 4; ders. 2014, S. 240, Taf. XVIII; Orthmann 2002, S. 89–90, Abb. 75; Niehr 2006, S. 124, Abb. 5, Taf. 20, 21.A; ders. 2010a, S. 219–220; ders. 2014, S. 145–146, Taf. XVIII; Pucci 2008a, S. 118–119; Martin 2010a; Rehm 2016, S. 40, 115, Taf. 10, F 6.

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◄ Abb. 14: Nördliches Grab

unter dem Lehmziegelmassiv im Querschnitt.

▲ Abb. 15: Drei von ursprüng-

lich vier „Bronzebechern“ des nördlichen Grabes unter dem Lehmziegelmassiv.

Kopfschmuck, 120 der als Band 121 oder Krone 122 interpretiert wird. Bis auf die einfachere Ausführung ähnelt er dem der Statuen C, 1 und C, 2 aus dem „Kultraum“. Die Innenmaße des kaum erhaltenen, aber noch erkennbaren Grabbaus betrugen 3,65 × 2,30 m, wobei die Wände einen Meter oder stärker (Außenmaße 5,85 × 4,30 m) sowie sauber verputzt und geweißt waren (Abb. 9, 14). Das Sitzbild befand sich etwa zur Hälfte (40  cm) in die rückwärtige Westwand eingetieft. Ein kleines unschönes Detail bildeten die sichtbaren Steine, die dem Bildnis untergeschoben wurden, damit dessen unebene Basis auf dem waagerechten Untergrund stehen konnte (Abb. 14). F. Langenegger ist hier wohl zuzustimmen, wenn er annimmt, dass der Raum deshalb entweder dunkel war und / oder nur selten oder gar nicht betreten wurde. Der Blick der Figur richtete sich nach Osten, wo wahrscheinlich auch der eventuelle Eingang lag. Falls ein solcher existierte, muss es sich eher um ein Schlupfloch wie bei dem südlichen Grabbau am Westpalast gehandelt haben, da die Mauerreste keine Öffnung an dieser Stelle aufweisen. Dies stellt ein weiteres Indiz dafür dar, dass der Raum eher selten oder gar nicht betreten wurde. 123 Der hier nur einen Meter tiefe Grabschacht befand sich etwa einen Meter vor dem Sitzbild und war ebenso wie sein Pendant mit einer großen Steinplatte (50 × 60 × 15 cm) verschlossen. Darüber befanden sich vier Lehmziegelschichten und der Estrichboden, so 120 Er soll dem monumentalen Basaltfragment eines Kopfschmucks aus Tell Brak ähneln. Oates et al. 1997, S. 15–18, 105 (ohne Abbildung oder Größenangaben). 121 Moortgat 1955, S. 37. 122 Niehr 2006, S. 124; ders. 2010a, S. 219; ders. 2014, S. 145. 123 Langenegger 1950, S. 162.

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dass hier ebenso wie bei der südlichen Gruft keine Spuren des Grabes sichtbar blieben. Die Ascheschicht, die sich östlich des Mauerwerks vom Grabschacht erstreckte, war 15 cm stark und 75 cm breit. Die Länge kann auf etwa einen Meter oder etwas mehr geschätzt werden. In ihr fanden sich geschmolzene Bronze- und Goldreste und sie lag ursprünglich ebenfalls etwa einen halben Meter unter dem natürlichen Erdboden. 124 Am Boden des Grabschachtes befanden sich vier „Bronzebecher“ mit ausholendem Rand, die ebenso wie die des südlichen Grabes am Westpalast als Beschläge für Möbelfüße interpretiert werden müssen (Abb. 15). 125 Einer davon war zertrümmert, vielleicht infolge der Hitzeeinwirkung, auch wenn von Brandspuren nichts berichtet wird. Außerdem soll es angeblich mehrere Keramikgefäße gegeben haben, von denen jedoch in der Publikation der Kleinfunde allein eine eiförmige Flasche noch zweifelsfrei zugeordnet werden konnte. 126 In dieser befanden sich die verbrannten menschlichen Überreste zusammen mit mindestens drei Frauenköpfen und Reste von mindestens zehn Tierfiguren aus Elfenbein. Auf ersteren waren Goldfolien mit Haartracht und Kopfschmuck, auf letzteren Goldplättchen oder Bemalungen angebracht. 127 Anscheinend trugen alle oder zumindest ein Teil der Elfenbeinobjekte Brandspuren. 128 Wahrscheinlich waren sie ursprünglich auf einem Möbelstück oder einem Behälter angebracht, da sie Löcher für Nägel aufweisen. 129 Dabei könnte es sich bei dem Möbelstück um dasselbe, für das die bronzenen Beschläge vorgesehen waren, gehandelt haben. Das Verbrennen von Möbelstücken bei Kremationen ist sowohl in Ziyaret Tepe als auch in Tell Šayḫ Ḥamad mehrfach, jeweils neuassyrisch, und in Karkamiš einmal belegt. In den ersten beiden Fällen sind sowohl Bronzebeschläge für die Füße als auch zahlreiche Elfenbeinbeschläge – ohne Goldverzierungen –, in Karkamiš nur letztere sicher belegt. 130 Angesichts der Tatsache, dass auch in Tell Šayḫ 124 Langenegger 1950, S. 163, Abb 81, Plan 16. 125 Oppenheim 1930a, S. 61, Abb. M 218 (drei Exemplare abgebildet); ders. 1931, S. 196 („mehrere“); Langenegger 1950, S. 163 („drei gut erhaltene und ein zertrümmerter“); Hrouda 1962, S. 66, Taf. 49, Nr. 14–15 (zwei). Vergleichsbeispiele bei Curtis 2013, S. 83, Taf. LI.580–587, LII.577. Freundlicher Hinweis von Dr. Anja Fügert, Carolin Jauß und Peter V. Bartl. 126 Oppenheim 1931, S. 196; Langenegger 1950, S. 163; Hrouda 1962, S. 77. 127 Oppenheim 1931, S. 192, 196, Taf. 59, Nr. 2–3. Hrouda 1962, S. 9–10, Taf. 9. 128 Oppenheim 1931, S. 196. 129 Pucci 2008a, S. 119, Anm. 670. 130 Tell Šayḫ Ḥamad: Drei Gräber mit jeweils einem bis zu drei Bronzebeschlägen (03/26, 04/20, 92/87), fünf Gräber mit Elfenbeinbeschlägen (03/26, 92/86, 92/87, 04/24, 06/12) und somit zwei Gräber mit beiden Gruppen. Kreppner 2008, Tab. 1. Ziyaret Tepe: Einfache Bronzezylinder ähnlich zu denen aus Tell Ḥalaf befanden sich in A-242 (ZT 7296, eventuell ZT 7297/1), A-252 (ZT 6873), A-805 (ZT 9140) und N-212+N-249 (ZT 29560), verzierte Bronzebeschläge in N-070 (ZT 25603–25605, eventuell ZT 25472). Elfenbeinbeschläge fanden sich in allen Gräbern außer A-805 (allerdings wird vermutet, dass das neben A-805 gefundene Bronzegefäß ZT 29212, welches verbrannte menschliche Knochen und gravierte Elfenbeinartefakte enthielt, aus A-805 stammt). https://acsfm.uakron.edu/fmi/iwp/cgi?-db=Ziyaret%20Tepe%20Database&-loadframes (in der Datenbank firmiert A-805 unter A-806, zuletzt abgerufen am 18.04.2016). Vgl. Matney et al. 2002, S. 55–56; ders. und Rainville 2005, S. 44; Matney et al. 2009, S. 44–49; Wicke 2008b; ders. in Matney et al. 2011, S. 97–99. Für Karkamiš, siehe Abschnitt 4.1.4.1.

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Ḥamad ein Keramiktisch mit neun darin eingelassenen Schalen in Grab 06/12 aus der Zeit zwischen 823 und 722 entdeckt wurde, in welchem sich gleichzeitig keine Bronzebeschläge oder -fragmente befanden, 131 ist die Vermutung, dass es sich auch im Falle des hier diskutierten Grabes um einen Tisch handelte, die oberflächlich betrachtet naheliegendste. Alternativ könnte auch ein Bett oder ein Stuhl verbrannt worden sein. 132 Für die Verbrennung von Betten während einer Bestattungszeremonie kann als Beispiel ein Text aus dem hethitischen Kulturraum angeführt werden. 133 Ferner befanden sich ein Goldanhänger und ein silberner Ring in der Urne, 134 die mit einem vergänglichen Material verschlossen war, welches mithilfe von Asphalt am Hals der Flasche befestigt wurde. 135 3.1.2.3.3 Datierung der Gräber und Sitzbilder Die Nutzungszeit des Hauses auf dem Lehmziegelmassiv während der zweiten Hälfte des 8. Jh. bildet den terminus ante quem für die darunter liegenden Gräber, wobei man annehmen darf, dass zwischen der Anlage der Gräber und der Errichtung des Lehmziegelmassivs einige Zeit verstrichen sein dürfte, es sei denn, man geht davon aus, dass die Grabbauten lediglich eine Rolle im Bestattungsritual spielten, was angesichts des „Kultraums“ jedoch unwahrscheinlich ist. Bezüglich der relativen Datierung der beiden Grabmonumente herrscht weitgehend Einigkeit darüber, in Grabfigur A, 1 die ältere der beiden zu erblicken und die großen Bildwerke aus dem „Kultraum“, das Doppelsitzbild C, 1 sowie die Statue C, 2, etwa zeitgleich mit dem Sitzbild A, 2 anzusetzen. Außerdem können sie vielleicht gleichzeitig oder etwas später als die Kapara-zeitlichen Denkmäler angesetzt werden. 136 Diese Einschätzung bildet zusammen mit dem Fehlen assyrischer Einflüsse zwei der wenigen Anhaltspunkte für eine absolute Datierung der Bildwerke in das frühe 9. Jh., was ungefähr den Einordnungen der Kleinfunde aus den Gräbern entspricht. 137 Für J. Becker und M. Novák als Vertreter der Frühdatierung Kaparas kommt auch die zweite Hälfte des 10. Jh. in Betracht. 138 Allerdings ist die zeitliche Beziehung zur Kapara131 Kreppner 2008, S. 266, Tab 1, Abb. 12. Theoretisch könnte es sich auch um einen zweiten Tisch ohne Bronzebeschläge gehandelt haben. 132 Kreppner 2008, S. 266; ders. 2014, S. 179 vermutet, dass es sich bei den Möbelstücken aus Tell Šayḫ Ḥamad um Klinen oder Stühle gehandelt haben könnte. 133 Die Verbrennung eines Bettes im Rahmen der Begräbnishandlungen ist indirekt in einem hethitischen Orakeltext überliefert: „[Sein] Sohn ist verstorben. Das Bett, auf dem er gestorben ist, das hat er (wohl der Vater), dann nicht verbrannt, (sondern) er schläft auf jenem Bett Nacht für Nacht.“ Otten 1958, S. 9 (KUB 16.83 Vs. 26ff.). 134 Nach Oppenheim 1931, S. 196 im Schacht, nach Langenegger 1950, S. 163 in der Urne. Hrouda 1962, S. 41–42, Taf. 33, Nr. 51 führt nur den Silberring „aus dem zweiten Brandgrab“ auf. 135 Langenegger 1950, S. 163. 136 Cholidis et al. 2010, S. 354–362; Becker und Novák 2012, S. 227. 137 Moortgat 1955, S. 7–14; Hrouda 1962, S. 116–117; Orthmann 1971, S. 128–129; Martin 2010a, S. 218. 138 Becker und Novák 2012, S. 226–227; Novák 2013a, S. 298–299.

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Kunst nicht unwidersprochen geblieben. So datiert bspw. B. A. Brown sie in die erste Hälfte des 10. Jh., da sie seiner Meinung nach vor Kapara entstanden sein müssten. 139 Die Kleinfunde der Gräber stellen bei der Lösung dieser Fragen keine Hilfe dar. So handelt es sich beispielsweise bei den goldenen, sichelförmigen Ohrringen um eine vereinfachte Form der Exemplare aus der südlichen Gruft beim Westpalast. 140 3.1.2.3.4 Rekonstruktion

Bezüglich der Ascheschichten vermutete F. Langenegger, dass es sich dabei entweder um die Kremation einer anderen hochgestellten Person oder die Reste der Kremationsbestattung selbst handeln könnte. 141 Dass es sich dabei um eine separate Brandbestattung handeln soll, ist allerdings sehr fragwürdig. Diese These setzt voraus, dass entweder beide Personen etwa zur gleichen Zeit starben, eine Bestattung sehr lange hinausgezögert wurde oder der Grabbau erst nach dem zweiten Begräbnis errichtet wurde, da sich seine Mauern über der Ascheschicht befinden. Abzulehnen ist auch die These H. Niehrs und M.  Puccis, in den Ascheschichten Überreste eines hier praktizierten Ahnenkultes zu sehen, da die Schichten weit unter dem Begehungsniveau lagen und entsprechende Handlungen nur durchgeführt worden sein konnten, solange diese freilagen. 142 Alternativ kann eine Opferhandlung, möglicherweise im Rahmen der Grabschließung, in Betracht gezogen werden. 143 Am wahrscheinlichsten ist es jedoch, dass es sich hierbei um die Reste des Scheiterhaufens derjenigen Person handelt, die hier bestattet wurde. 144 Dafür sprechen die in Tell Šayḫ Ḥamad / Dūr-Katlimmu und Ziyaret Tepe / Tušḫan gefundenen Brandgrubengräber, wo der Ort der Kremation ebenfalls mit dem des Grabes identisch ist, 145 zumal sich in einem Fall wohl ursprünglich auch ein Bronzegefäß mit menschlichen Knochen in der Kremationsgrube befand. 146 Ausgehend von dieser Prämisse lässt sich folgender zeitlicher Ablauf rekonstruieren: Zunächst wurde eine flache Grube ausgehoben und ein Scheiterhaufen errichtet. Die Verstorbene und ein Teil der Beigaben wurden daraufgelegt. Bei der Errichtung des nördlichen Scheiterhaufens wurde für die Tote mindestens ein Möbelstück mitgegeben und verbrannt. Die Lippen der Frau, die über dem südlichen Grab verbrannt wurde, bedeckte ein goldenes Mundblech. Darüber hinaus scheinen beide Verstorbenen auch anderen Schmuck oder mit Gold verzierte Kleidung getragen zu haben. Im Anschluss 139 140 141 142 143 144 145

Brown 2008a, S. 413. Hrouda 1965, S. 42. Langenegger 1950, S. 161, 163. Niehr 2006, S. 127, ders. 2010a, S. 220; Pucci 2008a, S. 119. Voos 1986, S. 34–36; Bonatz 2000a, S. 154. Oppenheim 1931, S. 195, Langenegger 1950, S. 161. Kreppner 2008; ders. 2014; Matney et al. 2002, S. 55–56; Matney et al. 2009, S. 44–46; Wicke in Matney et al. 2011, S. 97–99; ders. 2013, S. 241–246. 146 Matney et al. 2009, S. 45. Es wurde zwar außerhalb des Grabes gefunden, von den Ausgräbern jedoch als sekundär aus dem Grab A-805 entfernt betrachtet.

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an die Kremation wurden die menschlichen Überreste sowie einige der Beigaben eingesammelt, in die Urne gelegt und darin verschlossen. Manche Objekte sowie die Schale mit Ausguss blieben in der Ascheschicht liegen, da sie entweder zu stark zerstört waren oder nicht mehr benötigt wurden. Nun wurde der Grabschacht, ausgehend von einer Seite der flachen Grube, ausgehoben und die Urne mit weiteren Beigaben hineingelegt. Dies erklärt, weshalb die Ascheschichten sich jeweils direkt an das Mauerwerk des Grabschachtes anschlossen und weshalb nichts von Brandspuren auf den Steinen des Grabschachtes berichtet wurde. Anschließend wurden Fundament, Statuen sowie die Grabbauten selbst errichtet. 147 Aufgrund der ausgearbeiteten Schalen in den Händen der Grabfiguren sowie der ebenen Flächen, die ihren Schoß bilden, liegt es nahe, eine zumindest einmalige oder auch regelmäßige Beopferung der Statuen in Form von Speise- und Trankopfern anzunehmen. 148 Gegen eine regelmäßige Darbringung von Opfern spricht die fehlende „normale“ Tür im nördlichen Grabbau. Dies könnte jedoch auch ein Indiz dafür sein, dass möglichst wenig Licht in den Raum hineinfallen sollte. Dafür sprechen die sorgfältige Verputzung der Wände im Gegensatz zur älteren südlichen Gruft am Westpalast 149 sowie die Analogie zum „Kultraum“ im Süden der Stadt, die sich nicht nur auf die Aufstellung eines Sitzbildes beschränkt, sondern sich auch auf Vorrichtungen zur Darbringung fester und flüssiger Opfermaterie erstreckt, wenn auch in anderer Form. Schließlich ist die Frage nach der Identität der hier dargestellten und beigesetzten Frauen zu stellen. 150 Bezüglich des sozialen Status ist aufgrund der Nähe zum Südtor der Zitadelle vermutet worden, dass es sich um königliche Tote gehandelt haben könnte. 151 Ungleich schwerer wiegt jedoch die Tatsache, dass beide Gräber letztlich außerhalb der Burg lagen und damit im Falle einer Belagerung weniger gut geschützt waren als die Gräber innerhalb derselben. Weshalb sollte man Verstorbene der königlichen Familie, denen zudem kultische Verehrung zuteilwurde, solch einem unnötigen Risiko aussetzen? Es war im Gegenteil in der Spätbronze- und Eisenzeit üblich, königliche Tote, auch Frauen, stets innerhalb der Oberstadt, meist unter dem Palast oder in dessen direkter Umgebung zu bestatten. 152 Aufgrund der räumlichen Distanz zum Westpalast erscheint eine Identifizie-

147 In diesem Zusammenhang könnte es von Bedeutung sein, die Position des Sitzbildes über dem ehemaligen Scheiterhaufen mit dem Text des hethitischen Bestattungsrituals in Beziehung zu setzen, in welchem eine Sitzstatue des oder der Toten am dritten Tag inmitten der Überreste des Scheiterhaufens platziert wird. Sie verbleibt jedoch nicht dort, sondern wird während anderer Tage ständig umhertransportiert. Kassian et al. 2002, S. 265 (KUB 30.15 + 39.11 + 39.19 + KBo 41.26). 148 Niehr 2006, S. 124. 149 Langenegger 1950, S. 163. 150 Die Tatsache, dass es sich bei den Sitzbildern um Verstorbene und nicht um Götter handelt, wurde bereits von Moortgat 1955, S. 8 erkannt. Aufgrund der individuellen Darstellungsweise kann man davon ausgehen, dass die Statuen die hier beigesetzten Verstorbenen zeigen, d.h. dass es sich um zwei Frauen handelte. 151 Langenegger 1950, S. 169–170; Niehr 2006, S. 124–127. 152 So bspw. in Aššur, Nimrūd / K alḫu und Gubla.

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rung dieser Gräber als „königlich“ daher als weniger plausibel, was auf eine Zugehörigkeit zur nicht-königlichen Oberschicht Gūzānas aufgrund der Ausstattung hindeutet. 153 Erwähnenswert ist darüber hinaus, dass beide Grabschächte sorgfältig vor den Augen möglicher Besucher verborgen wurden und in den fertigen Gebäuden nichts mehr darauf hinwies, wo die Gräber lokalisiert gewesen sein könnten. Zusätzlich geschützt wurden sie durch aufwändig konstruierte Grabschächte sowie im Fall des Sitzbildes A, 1 durch die tonnenschwere Figur selbst. 154 Beide Gräber stellen die bislang einzigen altorientalischen Beispiele dafür dar, dass Statuen einen individuellen Bestattungsort markieren können. Sie können daher als Orte angesehen werden, an welchen sowohl die Bestattung als auch der Ahnen- oder Totenkult gleichermaßen praktiziert worden sind. 155 3.1.2.3.5 Ostausrichtung der Statuen im Kontext neuassyrischer Ritualtexte Von Juliane Kutter ist vorgeschlagen worden, die Gräber unter dem Lehmziegelmassiv im Hinblick auf das neuassyrische taklimtu-Ritual, einer Zurschaustellung der Grabbeigaben und / oder des Leichnams, zu betrachten. 156 In ihrer Argumentation beruft sie sich auf den Zusammenhang zwischen Kremation und Ostausrichtung der Statuen bzw. der Grabbauten auf der einen und die Erwähnung des taklimtu im Kontext eines Verbrennungsritus in den neuassyrischen Texten K.  164, einem Ritualtext, und K.  12, der Beschreibung eines Rituals in einem Brief, auf der anderen Seite. 157 Gegen diese Verbindung sind mehrere Aspekte einzuwenden: Zunächst handelt es sich um ein aus assyrischen Texten belegtes Ritual, dessen Durchführung in einem aramäisch dominierten Königreich unbelegt ist, da keiner dieser Texte im Gebiet von Bīt Baḫiāni gefunden worden ist. 158 Die zitierten Fälle geben sehr wahrscheinlich Ersatzpersonenrituale wieder, da die Verbrennung von Gegenständen nur im Rahmen dieser belegt ist. 159 Unbekannt ist zudem, ob das taklimtu-Ritual bereits im frühen 9. Jh. in Gūzāna praktiziert worden sein konnte, da alle neuassyrischen Quellen dazu aus späterer Zeit, ab ca. 720, stammen. 160 Schließlich ist die automatische Gleichsetzung der Gegebenheiten nach der Bestattung, d.h. der Fundsituation der Statuen und der Grabbauten, mit den 153 Hrouda 1957–1971, S. 601; Voos 1986, S. 37; Pucci 2008a, S. 119. 154 Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass auch der „Kultraum“ keinerlei Spuren eines oder mehrerer Gräber, vom Begehungsniveau aus betrachtet, aufweist. 155 Pucci 2008a, S. 119. Die Königsgruft von Qaṭna mit zwei Statuen im Vorraum ist diesbezüglich differenziert zu betrachten, da sich mindestens 12 Bestattungen darin fanden. Mögliche andere Kandidaten, der „Kultraum“ aus der Unterstadt oder der ḫilāni-Bau aus Karkamiš, sind unzureichend dokumentiert bzw. gestört. 156 Kutter 2008, S. 307. 157 Mofidi-Nasrabadi 1999, S. 36–38, 64. 158 Freundlicher Hinweis von Prof. Peter Pfälzner. 159 Mofidi-Nasrabadi 1999, S. 38, Anm. 187, 57–58, 64. 160 Mofidi-Nasrabadi 1999, S. 243.

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davor stattfindenden Begräbnishandlungen zu kritisieren. Dass der Sonnengott bereits vorher eine Rolle gespielt haben könnte, lässt sich in diesen beiden Fällen mit der westöstlichen Ausrichtung der Ascheschichten, die wahrscheinlich die Positionen der Scheiterhaufen widerspiegelt, begründen. Andererseits zeigen die neuassyrischen Brandgruben aus Tell Šayḫ Ḥamad / Dūr-Katlimmu keine solche Ausrichtung, obwohl sie aus einer späteren Zeit, vor allem aus dem 7. Jh., stammen. Sie scheinen vielmehr parallel zu der bereits vorhandenen Bebauung angelegt worden zu sein, sowohl im Fall der Haus- als auch der Außenbestattungen. 161 Bezogen auf die Gräber unter dem Lehmziegelmassiv wäre demnach in der west-östlich verlaufenden Burgmauer möglicherweise der Grund für die Ostausrichtung der Grabbauten zu sehen. Dafür spricht auch die Anlage der Grabbauten 1 und 2, welche sich zwar deutlich an die Mauer der Zitadelle bzw. deren Torturm orientierten, aber nach Westen ausgerichtet waren. Da sich für diese aber aufgrund mangelnder Installationen kein regelmäßiger Kult nach dem Begräbnis konstatieren lässt, darf die Ostausrichtung des „Kultraumes“ inklusive des Doppelsitzbildes nicht ignoriert werden. Schließlich darf nicht übersehen werden, dass die Ostausrichtung memorialer Installationen in Westsyrien, sowohl in Sam’al als auch in Ugarit, eine wichtige Rolle spielte und eine diesbezügliche Verbindung wahrscheinlicher ist. 162 Auffällig ist jedoch der Gegensatz zu den imitativen Begräbnissen in assyrischen Ritualtexten, in denen die Ersatzstatuen schädlicher Totengeister jeweils nach Westen, der Richtung der Unterwelt, mit dem Ziel ihrer endgültigen Verbannung ausgerichtet wurden. 163 Dementsprechend war es bei Schadenzauberritualen üblich, die Figurinen am späten Nachmittag zu begraben, um zusammen mit der untergehenden Sonne / Šamaš den Eingang der damit verbundenen Totengeister in die Unterwelt zu gewährleisten. 164 Symbolisierte demnach die entgegengesetzte Orientierung der Statuen des Tell Ḥalaf die (periodische) Wiederkehr der Totengeister der Verstorbenen, eventuell am Morgen? Eine Anwort darauf könnte möglicherweise in einem altbabylonischen Gebet zu suchen sein, in dem Sîn wahrscheinlich am Morgen angefleht wird, die Totengeister freizulassen, damit sie am kispu(m) teilnehmen bzw. Wasser und Brot empfangen können. 165 3.1.2.3.6 Mögliche weitere Gräber Während der neuen Grabungen sind bei den Arbeiten an der Lehmziegelterrasse bis zu zwei Meter hohe Mauern zum Vorschein gekommen, die analog zu den beiden bisher bekannten Grabbauten vom Lehmziegelmassiv eingeschlossen wurden. Es könnte sich 161 Kreppner 2008, S. 274, Abb. 8. Meist nordwestlich-südöstlich und nordöstlich-südwestlich. 162 So blickten in Sam’al die Statue von Bau J sowie die KTMW-Stele nach Osten während in Ugarit (süd-) östlich des Eltempels Stelen aufgerichtet waren, die vermutlich ebenso wie die Stelen RS 6.021 und 6.028 memorialen Zwecken dienten. 163 Mofidi-Nasrabadi 1999, S. 10, 44–49 (VAT 8242 bzw. KAR 184), 53–54 (BM 42338). 164 Scurlock 2006, S. 21. 165 Wilcke 1983, S. 49–53 (CBS 473). Die Rekonstruktion dieser leider beschädigten Passage als „am Morgen“ ist „in der Steppe“ oder „auf dem Dach“ vorzuziehen. Jonker 1995, S. 227–228.

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deshalb auch hierbei eventuell um ein weiteres Grab handeln, welches bewusst nicht zerstört, sondern überbaut wurde. 166 3.1.2.4 Weitere Gräber der Unterstadt Einzelbestattungen in Wannensarkophagen von ca. 0,75–1 m Länge mit je einer abgesetzten Leiste am oberen Rand wurden in mehreren Teilen der Unterstadt gefunden und stammen aus einer Zeit, in der viele Kapara-zeitliche Häuser der Unterstadt bereits in Ruinen lagen, d.h. wahrscheinlich aus der neuassyrischen Periode. 167 Nach M. v. Oppenheim waren in ihnen die Toten in Hockerstellung beigesetzt und mit Bronzeschmuck ausgestattet. 168 Die fünf von K. Müller publizierten Gräber, Grab 21 bis 25, sind jedoch alle bis auf eines ohne Beigaben aufgeführt. 169 Für eine Kinderbestattung im Südosten der Stadt, Grab 21, wurde im Gegensatz zu den Wannensarkophagen der obere Teil eines Vorratsgefäßes verwendet. Es lag an der Westseite eines ehemaligen Hauses und enthielt keine Beigaben. Innerhalb desselben Hauses lag Grab 22, ebenfalls ein Kind, in Hockerstellung. Der Wannensarkophag dieses Grabes war exakt west-östlich ausgerichtet. Ein vergleichbares Exemplar aus dem Nordosten enthielt Grab 23, wiederum ein Kindergrab. Darin befanden sich ein Gefäßhals, ein Schalenfragment sowie zwei basaltene Klopfsteine. In einem der Häuser westlich gegenüber dem sog. „Kultraum“ befand sich Grab 24, dessen Knochenreste nicht identifiziert werden konnten. Gleiches gilt für Grab 25 aus einem Anbau westlich des assyrischen Stadttempels. Möglicherweise handelt es sich bei den letzten beiden Gräbern dieser Art ebenfalls um Kinderbestattungen.

3.1.3

Architektonische, ikonographische und epigraphische Befunde

3.1.3.1

Westpalast

Das eindrucksvollste Gebäude und den höchsten Punkt von Gūzāna bildete ohne Zweifel der im nordwestlichen Teil der Zitadelle gelegene sog. „Tempel-Palast“ oder Westpalast des Kapara (Abb. 4), 170 dessen genaue Funktion, wie der zunächst für ihn geprägte Kompromissname bereits andeutet, infrage stand, inzwischen jedoch meist als Palast 166 167 168 169 170

Martin et al. 2012, S. 61. Müller 1950, S. 361. Vgl. Lehmann 1996, Taf. 89, Form 470. Oppenheim 1931, S. 196. Müller 1950, S. 366, Abb. 180. Oppenheim 1931, S. 80–124; Langenegger 1950, S. 23–86; Orthmann 2002, S. 35–40; Martin und Fakhru 2009; Martin et al. 2012; Cholidis und Dubiel 2010a; Cholidis et al. 2010, S.  345–354; Gilibert 2013.

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interpretiert wird, wie es der zweite Name suggeriert. 171 Grund dafür sind neben dem palastartigen Aufbau, der Absenz von Inneninstallationen, Kultnische oder Altar – es fand sich aber auch kein Thron 172 –, die neuassyrischen Inschriften auf den Orthostaten und Skulpturen des Gebäudes, auf denen zum Teil von einem „Palast (=  Tempel) des Wettergottes“ und zum Teil von einem „Palast des Kapara“ die Rede ist. 173 Da erstere Inschriften manchmal ausradiert wurden und eine dabei durch letztere ersetzt wurde, 174 wird deutlich, dass ein Teil der Orthostaten ursprünglich von einem noch unentdeckten Wettergotttempel Gūzānas stammt. Ein weiteres Indiz dafür ist, dass von den Inschriften auf den Skulpturen und Fragmenten im Eingangsbereich keine den Palast des Wettergottes erwähnt. Einhellig ist die Meinung der Forscher ebenfalls darin, dass aufgrund des Grundschnitts des Gebäudes, sowie der Installationen auf der nördlich davon angelegten Terrasse öffentliche, zumindest teilweise rituelle Handlungen in Gegenwart eines großen Publikums stattgefunden haben müssen. 175 Der Grundriss des Westpalastes steht in der Tradition des als bīt ḫilāni bezeichneten Palasttyps und ist daher mit ähnlichen Gebäuden Nordsyriens, wie  u.a.  in Sam’al und Kunulua, in Beziehung zu setzen. 176 Das vermutlich einstöckige und annähernd west-östlich eingefluchtete Bauwerk misst maximal ca. 57 × 30 m (Süd- sowie Ostseite inklusive Turm). Dem Portal in der östlichen Hälfte der Nordseite ist eine ca. 2,50 m hohe Terrasse vorgelagert, 177 die durch einen tiefer gelegenen Vorhof sowie eine Treppe in zwei ungleiche Hälften geteilt wurde und mehrere Installationen aufwies. Etwa zwischen Treppe und Portal ist ein quadratisches Postament aus glasierten Ziegeln zu nennen, das vermutlich als Altar diente, während sich westlich davon eine etwas kleinere quadratische Basis aus Steinen erhob. 178 Ungefähr in der Mitte des 171 Orthmann 2011, S. 365. 172 Moortgat 1955, S. 26; Orthmann 2002, S. 39. 173 Abgesehen von den längeren Inschriften auf Skulpturen und Fragmenten im Eingangsbereich, auf denen stets die Rede von einem „Palast des Kapara“ ist, existieren neun verschiedene Varianten: „Palast (= Tempel) des Wettergottes“ (23 Stück), „Kapara“ (3), „Palast“ bzw. „Tempel“ (3), „Palast des Kapara“ (41), „Palast des Kapara, Sohn des Hadianu“ (42), „Palast des Sohnes des Hadianu“ (1) sowie die Kombinationen „Kapara, Sohn des Hadianu“ und „Palast des Kapara“ (2), „Palast des Kapara, Sohn des Hadianu“ und „Palast des Kapara“ (2), „Tempel des Wettergottes“ und „Palast des Kapara“ (2). Cholidis und Dubiel 2010a, S. 183–191. 174 Moortgat 1955, S. 67, Taf. 51b, A 3, 77. Daneben ist A 3, 94 zu nennen, auf welchem die zwei deutlich voneinander zu separierenden Inschriftentypen vorhanden sind, d.h. dass eine Wiederverwendung naheliegt, ohne dass die ursprüngliche Inschrift ausradiert wurde. Moortgat 1955, S. 71–72, Taf. 61a. 175 Langenegger 1950, S. 24; Cholidis in Cholidis und Dubiel 2010a, S. 70; Cholidis et al. 2010, S. 345; Pucci 2008a, S. 108; Gilibert 2013. 176 Vgl. dazu auch Özyar 2008, S. 404, Abb. 13, wonach einige Parallelen zum Tempel G-Komplex von Nuzi zu erkennen seien. Zu beachten ist außerdem, dass es sich bei dem sog. ḫilāni-Bau in Karkamiš wahrscheinlich um einen Tempel handelte. Siehe dazu Abschnitt 4.1.3.1. 177 Insgesamt betrug die Höhe der Terrasse und des Lehmziegelmassivs, auf dem sich das Gebäude erhob, ca. 5–5,50 m, was aufgrund des Gefälles jedoch nur an der Südseite sichtbar war. Von Langenegger 1950 wurden diese Fundamente für einen Vorgängerbau, den sog. „Altbau“, gehalten. Martin et al. 2012, S. 47–49. 178 Pucci 2008a, S. 107.

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westlichen Terrassenflügels befand sich eine Abflussvorrichtung im Boden. Links und rechts der Laibungssphingen, die das Eingangsportal flankierten, waren jeweils Orthostaten mit der Motivreihenfolge Löwe, Gottesdarstellung, Jagd angebracht, wobei sich im Osten die geflügelte Sonnenscheibe, d.h. ein Symbol für den Sonnengott und im Westen ein Wettergott mit Keule und Krummholz in den erhobenen Händen befand. Basaltene Opfersteine in situ konnten noch vor den beiden Sphingen und dem Sonnenscheibenorthostaten festgestellt werden, woraus zu schließen ist, dass auch der Wettergottorthostat und vielleicht weitere ebenfalls damit ausgestattet waren. 179 Der Westpalast wurde durch ein etwas mehr als 9 m breites Portal betreten, das durch drei Tierskulpturen und darüber befindlichen Säulen in vier Durchgänge unterteilt wurde und in eine breite Vorhalle führte. Direkt gegenüber dem Eingang lag der Zugang zur parallel gelegenen, ebenfalls breiten Mittelhalle (ca. 36,8 × 8,05 m), die aufgrund ihrer Lage und ihrer Dimensionen als Zentrum des Gebäudes betrachtet werden muss: Dort fand sich ein Metallwagen, vermutlich ein fahrbarer Herd, was einen deutlichen Hinweis auf die Funktion des Gebäudes als Palast darstellt. 180 Ausgehend von der Mittelhalle konnten kleinere Langräume im Süden, im Osten und vermutlich auch im Westen betreten werden. Im Norden des östlichen Langraums befanden sich eine Grube (65 cm breit, 50 cm tief), zwei soweit in den Boden eingelassene Vorratsgefäße, dass sie aufrecht stehen blieben, verschiedene Halbedelsteinperlen sowie eine mondsichelförmige Bronzestandarte. 181 Charakteristisch ist der festungsartige Charakter des Westpalastes, der sich in den Bastionen links und rechts neben dem Eingang sowie den südlichen Ecktürmen äußert, welche zusammen mit dem sich im Osten anschließenden Skorpionentor in die Begrenzung des nordwestlichen Teils der Zitadelle eingebunden sind, d.h. die südliche Gebäudeseite bildete einen leicht vorspringenden Teil der ost-westlichen Mauer. Geschmückt war das Gebäude an allen Seiten mit den o.g., ca.  200 bebilderten und zum größten Teil auch beschrifteten Orthostaten. 3.1.3.1.1 Anthropomorphe Statuen Vor dem Eingang des Gebäudes lagen neben den in situ befindlichen Tierskulpturen eines Löwen, einer Löwin und eines Stieres, welche als Basen für Säulen oder Karyatiden gedient haben müssen, die zerschlagenen Überreste dreier anthropomorpher Statuen. Während von den Statuen Bc, 4 und Bc, 6 nahezu alle Bruchstücke gefunden und wieder zusammengesetzt werden konnten, blieben von der Statue Bc, 5 nur Teile des Torsos und der Beine erhalten.

179 Langenegger 1950, S. 61–64. 180 Langenegger 1950, S. 45–50, Abb. 14–15. Freundlicher Hinweis von Prof. Peter Pfälzner. 181 Langenegger 1950, S. 50; Hrouda 1962, S. 49, 54 (Nr. 1), 78, 81, Taf. 41.

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Statue Bc, 4 mit Inschrift Betrachtet werden soll zunächst die Basaltstatue eines stehenden Mannes mit Plinthe und Einlasszapfen (2,92 × 0,86 × 0,59 m, Abb.  16). 182 Diese äußerst muskulös dargestellte Figur hält in der angewinkelten rechten Hand ein Krummholz, das auf der Schulter endet bzw. aufliegt. Die Linke umklammert den Griff eines am Gürtel befestigten Schwertes. Ihr Bart ist gewellt und endet in Spiralen über der Brust; sie trägt auf der Stirn ein mit Rosetten geschmücktes, breites Diadem, das wahrscheinlich von einem nach oben ragenden Hörnerpaar in der Mitte der Stirn überdeckt wird. 183 Zu Recht ist diese Statue mit der des stehenden Mannes aus dem sog. „Kultraum“ von Tell Ḥalaf verglichen worden, wobei sich die wesentlichen Unterschiede auf die Dimension, die dort absente Hörnerkrone sowie die fehlende Zapfengrube in der Kopfbedeckung der Figur aus der Unterstadt von Tell Ḥalaf beschränken, so dass sie ungefähr zur selben Zeit entstanden sein dürften. 184 Deshalb sollte die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass es sich bei beiden Statuen um dieselbe Entität handeln könnte. 185 Darüber hinaus bestehen Parallelen zu einem Hörnerkronenfragment aus Karkamiš, das zusammen mit anderen Fragmenten einer Monumentalstatue am oberen Ende des Great Staircase gefunden worden ist. 186 Abb. 16: Statue Bc, 4, gefunden vor dem Westpalast, nicht in situ. 182 Oppenheim 1931, S. 109–110, Taf. 13b; Moortgat 1955, S. 114–115, B c, 4, Taf. 130–132; Orthmann 1971, S. 119, 125–127, 150, 154, Anm. 37, 155, 181, 234, 242, Taf. 13a, T. Halaf Bc/4; ders. 2002, S. 65–69, Abb. 33, 42; Bunnens 2006, S. 60–61, 126, Abb. 98; Dubiel in Cholidis und Dubiel 2010a, S. 104–107, Abb. V.60–67; Cholidis et al. 2010, S. 346–354, Abb. XV.13–15, XV.25, Taf. 24–26; Niehr 2010a, S. 215; ders. 2014a, S. 129, 148; Bonatz 2014a, S. 220–221, 226; Cholidis in Blanchard 2019, S. 343, Kat.-Nr. 181. 183 Der Ansatz des Horns am linken Ohr ist deutlich zu erkennen (auch auf den Ausgrabungsfotos, denn nach der Kampagne von 1911–1913 ging diese, bereits vorher abgebrochene Partie wohl endgültig verloren. Dubiel in Cholidis und Dubiel 2010a, S. 106–107, Abb. V.61–63). Allerdings zeigen die Umzeichnungen von Langenegger 1950, S. 65, 67, Abb. 29–30 ein durchgehendes Diadem sowie einen darunter verlaufenden Wulst und auch Moortgat 1955, S. 115 verschweigt die Existenz eines Horns bzw. eines Hörnerpaares in seiner ausführlichen Bildbeschreibung. Vgl. dazu jedoch Orthmann 1971, S. 234, Anm. 2. 184 Orthmann 2002, S. 91; Bunnens 2006, S. 61 (praktischerweise sind auf S. 165, Abb. 98–99 beide Statuen nebeneinander abgebildet); Martin 2010b, S. 227. Bonatz 2014a, S. 226. 185 Bspw. Oppenheim 1931, S. 172 (bezieht den Vergleich auf alle drei Figuren); Bunnens 2006, S. 61; Bonatz 2014a, S. 226. 186 Orthmann 2002, S. 68, Anm. 17. Vgl. Woolley 1952, S. 175, 244, Taf. B. 63.

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Von der bewusst teilweise zerstörten Inschrift, 187 welche sich von der linken Schulter am Bart entlang nach bis zur Mitte der Brust erstreckt, sind nur noch die ersten vier Zeilen lesbar: 1. 2. 3. 4. 5–6.

„a-na-ku Ika-pa-ra a Iḫa-di-a-ni šá ad-ia ad.ad-ia [ti.meš] la e-pu-šú-ni a-na-ku e-tap-šá ma-nu ˻ša˼ mu i-pa-ši-ṭú-ú-ni šú-mu i-ša-ka-nu-ni x (x) x °i? šá-ana 30 e-pa-šú-ni […]

1. 2. 3. 4.

Ich bin Kapara, der Sohn des Ḫadiānu. Was mein Vater und mein Großvater [zu Lebzeiten] nicht taten, habe ich getan. Wer (meinen) Namen tilgt (und seinen) Namen hinsetzt, […], das ich für den Mondgott gemacht habe, […]“ 188

Der Beginn der Inschrift „Ich bin Kapara“ ist insofern bemerkenswert, als dass alle anderen in und um den Westpalast gefundenen Inschriften mit „Palast des Kapara“ oder „Palast (=Tempel) des Wettergottes“ beginnen. Angesichts der Tatsache, dass sich diese Inschrift auf einer männlichen Statue befindet, muss aufgrund der nordsyrisch-südostanatolischen Tradition, in welcher diese Formel die Statue identifiziert, zumindest in Betracht gezogen werden, dass die Statue Kapara selbst darstellt. 189 Dass die Hörnerkrone keinen unüberwindbaren Gegensatz zu dieser Interpretation darstellen muss, zeigt die Statue des Atrisuha aus Karkamiš aus dem 10. Jh., die einen verstorbenen und vergöttlichten König mit einer solchen versehen abbildet. 190 Außerdem ist in diesem Kontext zu berücksichtigen, dass die oben erwähnte Hörnerkrone aus Karkamiš eventuell einer Statue Suhis II. zugeordnet werden kann. 191 Statue Bc, 5 Von der Statue Bc, 5 existieren nur noch wenige Fragmente, die darauf hindeuten, dass sie ähnlich wie die Statue Bc, 4 einen stehenden Mann mit Krummholz und Schwert im

187 Moortgat 1955, S. 115. 188 Schwemer 2001, S. 616. 189 Gilibert 2013, S. 51. Bereits Orthmann 2002, S. 18–19 hat auf die Parallele zwischen dieser Formel und ihren aramäischen oder luwischen Pendants hingewiesen. Vgl. Aro 2013, S. 235–238. 190 Sie wurde lange Zeit für eine Götterstatue gehalten. Siehe Abschnitt 4.1.3.4.1. 191 An einem der zusammen damit gefundenen Armfragmente befand sich ein Armband, das dem der Herrscherstatue von Bau J in Sam’al gleicht. Aro 2013, S. 237–238, Anm. 21. Deshalb ordnet S. Aro die Armfragmente versuchsweise einer Statue Suhis II. zu, nicht aber den Kopf, da dieser eine „unpassende“ Hörnerkrone trug. Aufgrund der Statue des Atrisuha, eines vergöttlichten Suhi in Karkamiš, vermutlich Suhi I., könnte jedoch auch Suhi II. vergöttlicht und ebenso dargestellt worden sein. Siehe Abschnitt 4.1.3.2.3.

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Gürtel  –  dieses war noch erhalten  –  zeigen. 192 Auch die Dimensionen scheinen übereinzustimmen. Statue Bc, 6 mit Inschrift Die einzige weibliche Statue (2,73 × 0,83 m, Abb. 17) ist zugleich die am besten erhaltene der drei. 193 Obwohl sie keine Hörnerkrone oder andere göttliche Attribute, sondern lediglich ein Diadem, verschiedene Halsketten sowie ein Henkelgefäß in der linken Hand trägt, ist sie bis auf wenige Ausnahmen stets als Göttin identifiziert worden. 194 Das Motiv des Henkelgefäßes findet sich auch auf einigen Frauenstatuetten aus dem „Kultraum“ der Unterstadt von Tell Ḥalaf, die ebenfalls keine göttlichen Attribute aufweisen. 195 Die Inschrift auf der Statue, die vermutlich nachträglich durch drei senkrechte Striche unschädlich gemacht werden sollte, 196 lautet nach Lesung und Übersetzung von Hélène S. Sader wie folgt: Abb. 17: Statue Bc, 6, gefunden vor dem Westpalast, nicht in situ.



1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

„ekallim(É. GALlim) Ika-pa-ra apil (A I ḫa-di-a-ni šá abī (AD)-ia abi (AD) abī (AD)-ia balṭūte (TI.MEŠ) la e-pu-šú-ni a-na-ku e-tap-ša ma-nu šá šuma (MU) i-pa-ši-ṭu-ni šú-mu i-šá-ka-nu-ni 7 marē (DUMU.MEŠ)-šú pān (IGI) Adad (X) li8-ši-ru-pu 7 mārāt-te (DUMU. MUNUS.)-šú ana dištar munusḫa-ri-ma-tú lu-ra-me I ab-di-ili-mu um-man išṭur (IN.SAR)

1. Palais de Kapara fils de Ḫadianu 2. Ce que mon père et mon grand-père de leur vivant

192 Oppenheim 1931, S.  110; Moortgat 1955, S.  115–116; Orthmann 1971, S.  119, 125, 234, 242, T. Halaf Bc/5; Dubiel in Cholidis und Dubiel 2010a, S. 109–110, Abb. V.70–75, Taf. 27–31. 193 Oppenheim 1931, S. 110–111, Taf. 13a; Moortgat 1955, S. 116–117, Taf. 133–135; Orthmann 1971, S. 119, 125–126, 153, 181, Taf. 13b, T. Halaf Bc/6; ders. 2002, S. 65–68, Abb. 43. 194 Lipiński 2000, S. 131; Bunnens 2006, S. 61; Gilibert 2012, S. 122–123; dies. 2013, S. 50–51. 195 Hrouda 1962, S. 6; Martin 2010b, S. 230, Abb. VIII.14. 196 Moortgat 1955, S. 117.

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3. 4. 5. 6. 7. 8.

n’ont pas fait, moi je fis. Celui qui effacera (mon) nom (et son) nom mettra, que 7 de ses fils devant Adad soient brûlés, que 7 de ses filles soient mises à la disposition d’Ištar comme prostituées. Abdi-ilimu, l’artisan, a écrit.“ 197

J. Nicholas Postgate möchte in der zweiten Zeile „Säulen“ statt „zu ihren Lebzeiten“ lesen und sieht sich durch die zweite Zeile der Inschrift auf der östlichen Sphinx Bb, 1 bestätigt, die er ebenso deutet, 198 wo nach H. S. Sader stattdessen von einer Statue die Rede sein soll: 1. 2. 3.

„ekallim (É.GALlim) Ika-pa-ra apil (A) Iḫa-di-[a-ni] šá abī (AD)-ia abi (AD) abī (AD)-ia ṣalma (NA 4.NU) la e-pu-šú-ni a-na-ku e-tap-šá

1. 2.

Palais de Kapara fils de Ḫadianu ce que mon père (et) mon grand-père, notamment la statue, n’ont pas fait moi je fis.“ 199

3.

Durch die Nachuntersuchung der umstrittenen Keilschriftzeichen an der östlichen Sphinx hat die These von J. N. Postgate an Plausibilität hinzugewonnen. 200 Da im Zuge der Nachuntersuchungen Zweifel an der Karyatidenhypothese bezüglich der Statuen aufkamen, 201 werden für den Säulen-Verweis auf der Sphinx auch freistehende Steinsäulen auf dem Platz vor dem Westpalast in Betracht gezogen und nicht mehr die vormals als Karyatiden interpretierten Statuen. 202 Der Fluchteil der Inschrift auf der weiblichen Figur Bc, 6 203 macht eine weitere Betrachtung bezüglich des Umgangs mit den Toten nötig, obwohl das Verbrennen der Söhne eines potenziellen Vertragsbrechers sehr wahrscheinlich im Sinne einer Weihung der 197 198 199 200

Sader 1987, S. 11–12. Postgate 1983–1984. Sader 1987, S. 13. Vgl. dies. 1985, S. 62. Postgate 1983–1984; Cholidis in Cholidis und Dubiel 2010a, S. 88, Abb. V.32, festgestellt durch Hanspeter Schaudig. Die Übersetzung dieser Passage durch H. S. Sader geht auf Soden in Moortgat 1955, S. 20 zurück. 201 Siehe Abschnitt 3.1.3.1.2. 202 Cholidis 2010a, S. 304–305. 203 Moortgat 1955, S. 116–117, Bc 6, Taf. 133–135; Orthmann 2002, S. 23, Abb. 7. Ebenfalls am Eingangsportal des Westpalastes war die Löwenbasis Bc, 1 aufgestellt, deren Inschrift zusammen mit einer weiteren Inschrift aus drei Fragmenten von B. Meissner unter Typ III subsumiert worden ist und, was die „Verbrennung“ der Söhne anbetrifft, eine analoge Fluchformel enthält. N. Cholidis vermutet, dass ein Fragment der letzteren Inschrift von der mittleren Stierbasis Bc, 2 stammen könnte. Meissner 1933, S. 74–76; Cholidis in Cholidis und Dubiel 2010a, S. 97–98, Abb. V.50.

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Abb. 18: Rekonstruktionsvorschlag der Fassade des Westpalastes nach Felix Langenegger.

männlichen Nachkommen für den Dienst im Hadadtempel und nicht als reale Kremation von Kindern zu verstehen ist. 204 Denn diese Form der Vertragssicherung ist sowohl im assyrischen Kernland als auch in Verbindung mit anderen Gottheiten, Sîn und Bēlet-ṣēri, gut belegt, obwohl diese Klauseln ursprünglich vermutlich aus Nordsyrien stammen. 205 Ihre Parallelen lassen jeweils darauf schließen, dass es sich statt um Menschenopfer tatsächlich um Weihungen handelt. Zudem stellt diese Interpretation auch im vorliegenden Fall eine angemessene Analogie zum Schicksal der Töchter dar, die der Ištar geweiht werden sollten. Demgegenüber ist die These E. Lipińskis, der sowohl diesen Text als auch die assyrischen Belege in Beziehung zu den im Alten Testament genannten sowie den mutmaßlichen, in Karthago vollzogenen Kinderbrandopfern setzt, schwieriger aufrechtzuerhalten. 206

204 Deller 1965, S. 385; Radner 1997, S. 211–217; Schwemer 2001, S. 606–607, Anm. 4900. 205 Radner 1997, S. 211. 206 Lipiński 1988, S. 155–157. Die Wortwahl könnte entweder auf die Durchführung von Räucheropfern im Rahmen dieser Zeremonien oder auf Analogien zum Brandopfer im Allgemeinen zurückgehen.

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3.1.3.1.2 Rekonstruktion des Aufstellungsortes der Statuen Vormals scheinbar geklärt, aber durch Nachuntersuchungen wieder aufgeworfen worden ist die Frage nach dem Aufbau des Portikus, genauer, nach der Position und Verwendung der drei Statuen, zwei in Form eines stehenden Mannes, eine in Form einer Frau, mit Zapfen unter den Füßen und Einlasslöchern auf der Oberseite ihrer Köpfe. Nach der „kanonischen“, im ehemaligen Tell Ḥalaf-Museum sowie vor dem Museum von Aleppo nachgebildeteten, Rekonstruktion, fungierten sie auf einem Löwen, einem Stier bzw. einer Löwin stehend als Karyatiden (Abb. 18). Sie sind auf der Terrasse vor dem Gebäude, zum Teil in einiger Distanz zu den vorgeschlagenen Aufstellungsorten gefunden worden. So lag die weibliche Figur neben dem Stier und nicht neben der als Basistier vorgeschlagenen Löwin, während die männliche Figur Bc, 4 noch weiter abseits des ihr zugeordneten Löwen lag. 207 Als Hauptargument gegen den klassisch gewordenen Rekonstruktionsvorschlag – andere Möglichkeiten sind ebenfalls erwogen worden 208 – müssen die nicht zueinander passenden Maße der Plinthen und Zapfen der Statuen auf der einen und die Maße der Kuben auf den Tierbasen auf der anderen Seite gewertet werden, die massive statische Probleme bis hin zu einem Einsturz verursacht hätten müssen. 209 Mit Sicherheit feststellen lässt sich, dass die männliche Figur Bc,  4 weder zum Löwen Bc,  1 noch zur Löwin Bc, 3 passt, während die weibliche Figur Bc, 6 ebenfalls nicht zur Löwin passt. Ob der Kubus des Stiers Bc, 2 erhalten blieb, ist unklar. Es existieren zwei Teile von Basen, die zu ihm gehört haben könnten. 210 Es besteht theoretisch noch die Möglichkeit, dass die Statue Bc, 4 dem Stier und die weibliche Statue Bc, 6 dem Löwen Bc, 1 zugeordnet werden könnte, so dass die männliche Figur Bc, 5 zur verbliebenen Löwin Bc, 3 passen müsste, was aber aufgrund der publizierten Maße ebenfalls fragwürdig erscheint. 211 Da weder im Gebäude noch auf der Terrasse infrage kommende Basissteine oder Fundamente für die tonnenschweren Monumentalstatuen entdeckt worden sind, 212 wie sie unter den Tierbasen existierten und die auf der Terrasse gefundene, rechteckige Basaltplatte (1,95 × 0,90 × 0,50  m) eher für eine liegende Skulptur zu sprechen scheint, 213 erscheinen momentan zwei Szenarien möglich, wobei das letztere deutlich plausibler ist: Entweder ist der althergebrachten Rekonstruktion bzw. eventuell einer Variante davon mit einer anderen Basis-Statue-Kombination zu folgen, wobei zumindest erstere als akut einsturz207 208 209 210

Cholidis et al. 2010, S. 348, Abb. XV.9. Cholidis et al. 2010, Abb. XV.10–12. Cholidis et al. 2010, S. 350–353; Dubiel 2014a, S. 139. Cholidis et al. 2010, S. 346–348. Falls dies zutrifft, wäre er im Gegensatz zu den Kuben der beiden anderen Tierbasen nicht monolithisch gearbeitet gewesen. Nicht auszuschließen ist außerdem, dass der Stier keinen Aufsatz trug. 211 Cholidis et al. 2010 machen zu einer möglichen Anpassung von Bc, 6 und Bc, 1 keine Angaben. Breite und Tiefe des Kubus sind zwar angegeben (54 × 70 cm) – und scheinen nicht besonders gut zur Plinthe der weiblichen Figur (62 × 73 (?) cm) zu passen – nicht jedoch dessen Innenmaße (Maße des Zapfens: 20 × 30 cm, Höhe 15 cm). 212 Cholidis et al. 2010, S. 354; Dubiel 2014a, S. 139. 213 Langenegger 1950, S. 41, Taf. 5, Plan 4; Cholidis et al. 2010, S. 346.

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gefährdet betrachtet werden muss, oder es sollte eine Aufstellung an einem anderen, bisher nicht ergrabenem Ort erwogen werden, in welchem Fall die Tierbasen wohl einfache Säulen aus Holz oder Stein trugen. 214 Daran anschließend muss nach einer Erklärung für das Zusammentragen der Statuen an diesem Ort gefragt werden. Es könnte sich eventuell um ein Zerstörungsritual für mehrere Statuen gehandelt haben, da ja auch die Inschriften bewusst „unschädlich“ gemacht wurden, oder die Terrasse diente als Sammelstelle für wieder zu verwendendes Baumaterial. 215 Unabhängig von diesen Betrachtungen könnte es sich bei den Zapflöchern in den Poloi der Statuen um eine sekundäre Modifikation handeln, welche nahezulegen scheint, dass die Statuen vor ihrer Verwendung als tragende Elemente freistehend aufgestellt waren. 216 Als Alternative zur bisherigen Rekonstruktion des Portikus ist von U. Dubiel eine Kombination aus Tierfigur und Steinsäulen mit Blattkranzkapitellen vorgeschlagen worden. Dabei beruft sie sich zum einen auf Darstellungen auf anderen Medien als auch auf mögliche Fragmente entsprechender Säulen vom Tell Ḥalaf selbst. 217 3.1.3.1.3 Interpretation der Statuen Gemäß der alten Rekonstruktion des Portikus sind die Figuren als Göttertriade, meist mit dem Wettergott – wahlweise Adad, Hadad oder Teššub – auf dem Stier im Zentrum und anderen bedeutenden Göttern lokaler Panthea zu ihren Seiten, u.a. Ḫēbat, Šāla oder Ištar sowie Šarruma, gedeutet worden. 218 Es bleibt jedoch festzustellen, dass bei der Darstellung, abgesehen von der Hörnerkrone der Statue Bc, 4, die eventuell auch auf der nur fragmentarisch erhaltenen Figur Bc, 5 zu vermuten ist, und den Stier- bzw. Löwenfiguren, deren Interpretation als Basen der Statuen fraglich geworden ist, auf keine weiteren traditionellen Götterattribute zurückgegriffen wurde. 219 So wird das Krummholz zwar von zwei Wettergöttern auf den Orthostaten gehalten, beide tragen aber zudem eine Keule in der anderen Hand. 220 Abgesehen davon ist das Krummholz als Waffe in der Hand von mehreren, eindeutig nicht-göttlichen Figuren auf den Orthostaten dargestellt. 221 Auch die Statue C,  2 aus dem „Kultraum“ hält nur das Krummholz, nicht aber die Keule. Hierin sind die beiden Statuen am ehesten mit einem Orthostatenrelief aus Zincirli zu

214 Cholidis et al. 2010, S. 353–354; Dubiel 2014a, S. 140–141 (siehe unten); Novák 2014, S. 267, Anm. 54. 215 Cholidis et al. 2010, S. 353–354; Dubiel 2014a, S. 139–140. 216 Langenegger 1950, S. 65; Cholidis et al. 2010, S. 353. 217 Dubiel 2014a, S. 140–141. Vgl. Cholidis et al. 2010, S. 351. 218 Oppenheim 1931, S. 85; Moortgat 1955, S. 117; Orthmann 1971, S. 234; ders. 2002, S. 65; ders. 2013b, S.  535; Schwemer 2001, S.  484, Anm. 3960, 615; Dubiel in Cholidis und Dubiel 2010a, S. 104–110; Niehr 2010a, S. 215; ders. 2014a, S. 129; Bonatz 2014a, S. 220–221, 226. 219 Frankfort 1969, S. 175–176; Bunnens 2006, S. 60–61; Gilibert 2013, S. 50–51; Bonatz 2014a, S. 221. 220 A 3, 1, Ba, 5. Moortgat 1955, S. 37, 103–104, Taf. 10a, 107b, 108. 221 A 3, 21, 23, eventuell 25, 26, 28. Moortgat 1955, S. 44–46, Taf. 19b, 20b, 21b, 22a, 23a.

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vergleichen, auf dem ein Mitglied der Königsfamilie ein Krummholz hält. 222 Außerdem könnten, für den Fall, dass die Tierfiguren tatsächlich die Basen für die Statuen gebildet haben sollten, die Löwen gemäß altsyrischer und syro-hethitischer Konvention ein mögliches Indiz für die Abbildung eines verstorbenen und ggf. vergöttlichten Herrschers darstellen, 223 auch wenn hier keine der sonst üblichen Doppellöwenbasen vorliegt. Davon abgesehen ist zumindest eine Darstellung eines Königs auf einem Stier – Arnuwanti II. auf der Stele von İspekçür – erhalten. Dementsprechend haben inzwischen einige Forscher den Verdacht geäußert, dass es sich bei einer oder mehreren Statuen stattdessen um verstorbene und vergöttlichte Könige bzw. eine Königin handeln könnte. 224 Zu ihren weiteren Argumenten zählen die Eingangsformel der Statue Bc,  4 „Ich bin Kapara…“ im Gegensatz zu den anderen Inschriften sowie die nahezu identische Ausführung der Figur eines stehenden Mannes aus dem „Kultraum“, welche jedoch keine göttlichen Attribute aufweist. 225 Auch dass die Gottheiten in den Inschriften im Gegensatz zum König nicht identifiziert werden, stellt ein Indiz für diese These dar. 226 Nicht als Argument verwendet werden kann dagegen die Nähe zum südlichen Grabbau am Westpalast, da sich die Statuen nicht in situ befanden, ihre Rekonstruktion als Karyatiden bestenfalls zweifelhaft scheint und unklar ist, ob die Gruft gleichzeitig mit Kapara zu datieren ist oder nicht. 227 Auch die Tatsache, dass die Statue der Frau keine Hörnerkrone trägt, die des Mannes dagegen schon, könnte ein Hinweis auf ihre Identität sein, da bisher nur Abbilder von männlichen Herrschern mit Hörnerkrone – in Arslantepe und Karkamiš – gefunden worden sind. Dabei ist auch die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass allein die als Kapara bezeichnete Statue Bc, 4 einen Herrscher darstellte, während die beiden anderen Statuen Götter personifizierten und, falls sie tatsächlich zusammen aufgestellt waren, dem Kult Kaparas als auch des Wettergottes und seiner Paredra gewidmet war. Die enge Verbindung zwischen dem Kult für den Wettergott und dem für den toten Herrscher ist in den nordsyrisch-südostanatolischen Reichen sowie im benachbarten Sikāni inschriftlich und ikonographisch belegt. Auf der alternativen Interpretation der Bildwerke aufbauend ist die These geäußert worden, der Westpalast spielte primär eine Rolle im Totenkult. 228 Sie ist abzulehnen, da 222 Vgl. Gilibert 2012, S. 121–122, Abb. 14. Eventuell hält auch der Herrscher auf der daneben befindlichen Speisetischszene ein Krummholz und nicht einen geraden Stab in der Hand. 223 Gilibert 2013, S. 50–51. Vgl. Aro 2013, S. 237, Anm. 17; Matthiae 2013a, S. 378–380; Bonatz 2014a, S. 220. 224 Frankfort 1969, S.  175–176 (allerdings  u.a.  aufgrund der in der Umzeichnung von Langenegger 1950, S. 65, Abb. 29 fehlenden Hörnerkrone, vgl. S. 65, Anm. 183); Lipiński 2000, S. 131; Bunnens 2006, S. 60–61; Gilibert 2012, S. 122–123; dies. 2013; Kühne 2013, S. 481, Abb. 253; Dubiel 2014a, S. 135–139; Younger 2016, S. 257, Anm. 99 ; Elsen-Novák und Novák 2020, S. 157–158. Vgl. auch Novák 2014, S. 267, Anm. 54: „so-called gods“. 225 Bunnens 2006, S. 61; Dubiel 2014a, S. 135. Vgl. Niehr 2014a, S. 148. 226 Frankfort 1969, S. 176. 227 Contra Gilibert 2013, S. 52–53. 228 Bunnens 2006, S. 60–61; Gilibert 2013.

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Abb. 19: Orthostat A 3, 171 des Westpalastes.

sie ihr bedeutendstes Argument, eine gesicherte Aufstellung der Statuen am Westpalast, aufgrund der oben erörterten Statik- bzw. Fundamentprobleme entbehren muss. 229 3.1.3.1.4 Orthostat A 3, 171 Darüber hinaus ist der reliefierte Eckorthostat A 3, 171 (0,59–0,70 × 1,10 m, Abb. 19) von der Nordwand des südöstlichen Eckturms zu erwähnen. 230 Es zeigt auf der linken Seite einen mit einem langen Mantel bekleideten, bärtigen Herrscher auf einem Thron, der in der linken Hand eine auf sich gerichtete Lotusblüte in der Hand hält, an welcher er zu riechen scheint. 231 Die rechte Hand liegt auf dem Knie. Rechts neben ihm sind zwei Stiermenschen dargestellt, die jeweils ein Bein eines Schemels halten, auf welchem eine geflügelte Sonnenscheibe ruht. Am rechten Rand scheint sich eine Inschrift befunden zu haben. Auch ohne die häufig in einem solchen Zusammenhang erscheinende Speisetisch229 Gilibert 2013, S. 41, Anm. 26 ist sich dieser Problematik wohl bewusst, zieht daraus aber erstaunlicherweise keine Konsequenzen. 230 Oppenheim 1931, S. 157, Taf. 37a; Moortgat 1955, S. 94–95, Taf. 98; Orthmann 1971, S. 121, 287, 293–294, 306, 308, 364–365, 448, Taf. 10g, 76c, T. Halaf A3/171; ders. 2002, S. 87, Abb. 73; Keel 1993, S. 494–495, Abb. 29; ders. 2007, S. 302–303, Abb. 189; Özyar 2008, S. 418; Cholidis in Cholidis und Dubiel 2010a, S. 163, Tab. 2, 176, 195; Gilibert 2013, S. 52; Niehr 2010a, S. 215; ders. 2014a, S. 130; Martin in Blanchard 2019, S. 370, Kat.-Nr. 240. 231 Özyar 2008, S. 418; Gilibert 2013, S. 52, Anm. 67.

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szene kann angesichts der sonst vor allem in Zincirli abgebildeten Lotusblüte vermutet werden, dass es sich bei der sitzenden Figur um die Darstellung eines verstorbenen Königs handelt, 232 während Schemel und Sonnenscheibe als Symbol der Sonnengottheit identifiziert werden können. 233 Angesichts der in Tell Ḥalaf architektonisch häufig durch die Ostausrichtung zum Ausdruck gebrachten Beziehung zwischen Totenmonumenten und Sonnengott könnte auch in diesem Fall dem Symbol des Sonnengottes eine wichtige Rolle im Schicksal des verstorbenen Königs zugedacht worden sein. 3.1.3.2

„Kultraum“

3.1.3.2.1 Architektonischer Befund Im Jahr 1912 wurde unter dem Expeditionshaus M. v. Oppenheims zufällig eine architektonische Struktur entdeckt, die als „Kultraum“ bezeichnet wurde (Abb. 20). 234 Das mitten in der Unterstadt in der Nähe des südlichen Stadttores gelegene Gebäude (22 × max. 11 m) nimmt eine Fläche von 196 m2 ein und ist demnach etwa doppelt so groß wie die Baugruppen  1 und 2. Obwohl die Grundrisse dieser Strukturen nach R. Naumann grundsätzlich vergleichbar sind, zeichnet sich dieser sog. „Kultraum“ durch einige Besonderheiten aus. Er ist mit dem Eingang nach Osten ausgerichtet und besteht aus einem Vorraum (3 × 4 m), einem länglichen Hauptraum (15 × 4,50–4,80 m), häufig als Cella bezeichnet, sowie drei Nebenräumen südlich davon, von denen einer nur durch eine Nische betretbar ist. Diese Räume waren leer, blieben jedoch unter dem Begehungsniveau unerforscht. Der Hauptraum kann in zwei Abschnitte gegliedert werden. Der vordere Teil ist mit einer langen Mauer oder Bank (9 × 1 × 0,50 m) an der rechten, nördlichen Wand sowie einer Basaltschale (Höhe 16 cm, ø 30 cm) im hinteren Drittel ausgestattet. Neben 232 Gilibert 2013, S. 52, Anm. 67. Orthmann 1971, S. 293–294 und Niehr 2010a, S. 215; ders. 2014a, S. 130 sehen in der Darstellung lediglich einen König. Allerdings hält sich ersterer die Option eines mythischen Königs der Vergangenheit offen aufgrund der durch die Sonnenscheibe repräsentierten göttlichen Sphäre. Von diesem Standpunkt aus wäre zu fragen, ob nicht auch ein historischer Herrscher in einer göttlichen Sphäre dargestellt werden konnte, wenn man bedenkt, dass laut der Inschrift aus dem benachbarten Tell Faḫarīya die Zuteilung der Opfer für die königlichen Ahnen über göttliche Vermittlung geschah? Für eine solche Deutung spricht zudem der Vergleich mit dem ägyptisch beeinflussten Sitzbild aus Tel Ṣippōr bei Aschkelon aus der Spätbronzezeit II, welches als Darstellung eines verstorbenes Stadtfürsten interpretiert wird. Dieser hält ebenfalls eine Lotusblüte in der linken, aber keine Schale in der rechten Hand. Vgl. Schroer 2011, S. 388, Nr. 963. 233 Vgl. Keel 1993, S. 494–495; ders. 2007, S. 302–303, Abb. 189 zur Bedeutung des leeren Throns, auch auf Ba, 2 von der Vorderfront des Westpalastes zu sehen, wonach dieser auf einen leeren Thron des Sonnengottes in dessen Tempel schließen lasse. 234 Oppenheim 1931, S. 170–173, Taf. 45; Müller 1950, S. 357–360, Abb. 173, Taf. 70.2–74.1; Naumann 1950, S. 394–395, Abb. 185; Voos 1986, S. 44–48, 158–160, Abb. 9; Lehmann 1996, S. 148– 149; Bonatz 2000a, S. 152; Orthmann 2002, S. 90–92, Abb. 76–77; ders. 2009; ders. 2011, S. 366– 369, Abb. 286–288; Niehr 1994, S. 66–67; ders. 2006, S. 129–132, Abb. 7–8, Taf. 22–23; ders. 2010a, S. 221–223; Pucci 2008a, S. 116–117; Martin 2010b; Dubiel 2014b, S. 144–149.

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Abb. 20: „Kultraum“ in der südlichen Unterstadt.

dieser sind zwei kleine schlanke Basaltgefäße mit einem breiten schalenartigen Oberteil entdeckt worden, die B. Hrouda als „Opferständer“ bezeichnet, die aber, wie bereits M. v. Oppenheim richtig erkannte, als Weihrauchgefäße anzusprechen sind. 235 Im hinteren Teil der Cella befanden sich ein Altar mit einem Basaltblock davor sowie ein Postament, auf dem mittig im Raum ein Doppelsitzbild mit einem Mann und einer Frau (C, 1) sowie etwas links davon die Statue eines stehenden bärtigen Mannes (C, 2) aufgestellt waren, beide zum Eingang im Osten blickend. Außerdem sind zwei weitere, kürzere Bänke in der Nordwest- bzw. Südwestecke sowie links bzw. südlich des Eingangs zu den Nebenräumen festzustellen. Bei dem Altar handelt es sich um ein aus Lehmziegeln errichtetes Exemplar, deren Oberfläche starke Rußspuren aufwies und daher auf die Durchführung von Brandopfern schließen lässt. Ein auf dem Altar aufgemauerter Eckpfosten hatte sich noch erhalten und deutet eventuell auf die Verwendung eines Rostes hin. 236 Der sich direkt vor dem Altar befindliche Basaltblock ist ungefähr rechteckig und besitzt zwei annähernd gleich große quadratische Vertiefungen, von denen eine jedoch sehr flach ist. 237 Er ist von M. v. Oppenheim und im Anschluss auch von K. Müller als Schlachtopferal235 Oppenheim 1931, S. 180, Taf. 49a, Nr. 1; Hrouda 1962, S. 67, Taf. 52, Nr. 78, 98–99; Searight et al. 2008, S. 87–88. 236 Müller 1950, S. 357. 237 Oppenheim 1931, S. 170; Müller 1950, S. 360. Dieses Artefakt ist bei der Publikation der Kleinfunde leider unberücksichtigt geblieben. Am besten kann man seine Formen auf dem Foto des

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tar interpretiert worden, auf dem das Blut der geopferten Tiere von der oberen flachen Mulde durch eine Rinne in die untere größere Vertiefung abfließen konnte. 238 Allerdings könnte dieser auch für Libationsopfer 239 oder beides zugleich gedacht worden sein. 240 Zwei vergleichbare Exemplare wurden in den spätbronzezeitlichen Schichten (1A und 1B) des „Orthostatentempels“ von Hazor entdeckt und dort als Libationsplatte sowie / oder als Miniaturpresse für Weintrauben oder Oliven aufgefasst. 241 3.1.3.2.2 Doppelsitzbild C, 1 Den Bezugspunkt des Raumes stellte offensichtlich das Doppelsitzbild C, 1 (81 × 94 × 45 cm, Abb. 21) aus Basalt dar. 242 Die Gewänder des auf einer Bank ohne Lehne thronenden Paares sind sehr schlicht gestaltet. Während der Mann barhäuptig ist, trägt die Frau Kopfschmuck und zwei Halsketten. Der Kopfschmuck ist als alleinige „Federkrone“, 243 Diadem mit „Federkrone“ darüber, 244 Stirnband mit abstehenden Haaren 245 oder Krone 246 beschrieben worden, wobei angesichts des opulenten Kopfschmucks der Statuen am Westpalast die Bezeichnung Stirnreif oder -band wohl am gerechtfertigsten erscheint und die „Federkrone“ wohl als spezielle Haartracht erachtet werden kann. Fest steht, dass die stehende männlichen Figur C, 2 aus dem „Kultraum“ denselben Kopfschmuck trägt, 247 mit dem einzigen Unterschied, dass das Stirnband oder der Stirnreif dort ein anderes Muster als hier, nämlich einen waagerechten Streifen anstelle senkrecht nebeneinander angeordneter Rechtecke, aufweist. Eine einfachere Variante dieses Schmucks trägt die

238 239 240 241 242

243 244 245 246 247

rekonstruierten „Kultraums“ aus dem ehemaligen Tell-Ḥalaf-Museum erkennen, z.B. bei Martin 2010b, S. 226, Abb. VIII.10. Ähnlich Struble und Herrmann 2009, S. 35, Anm. 33. Bonatz 2000a, S. 152; Niehr 2006, S. 130–131. Voos 1986, S. 46–47. Er geht allerdings davon aus, dass die Verwendung im Rahmen einer Schlachtung Vorrang hatte. Yadin et al. 1961, Taf. CCLXXXIV, CCLXXVIII, CCCXXXII, Feldnr. H 137, H 777; Beck 1989, S. 330–332. Zum Vergleich mit Tell Ḥalaf: Voos 1986, S. 54. Oppenheim 1931, S. 170–171, Taf. 45b; Müller 1950, S. 359, Taf. 71–73; Naumann 1950, S. 395; Moortgat 1955, S. 28–30, 120–121, Taf. 146–148, C, 1; Orthmann 1971, S. 127, 378, Taf. 13e, T. Halaf C/1; Voos 1986, S. 44–45, Kat.-Nr. 20; Bonatz 2000a, S. 16, 29, Taf. VI, B 9; Orthmann 2002, S. 91, Abb. 77; Niehr 2006, S. 130, Taf. 22; ders. 2010a, S. 219; ders. 2014a, S. 147–148; Martin 2010b, S. 223–227, Abb. VIII.3–5.8–10; ders. in Blanchard 2019, S. 373, Abb. 244; Cholidis und Martin 2010, S. 425–426, Nr. 29, Taf. 60–64 mit weiterer Literatur; Dubiel 2014b, S. 146– 147; Rehm 2016, S. 40–41, 116–117, Taf. 10, F 11. Oppenheim 1931, S. 171; Martin 2010b, S. 227. Der Begriff „Federkrone“ bezieht sich darauf, dass diese Kopfbedeckung wie die abgeschnittenen Kiele eines vollständigen Federschmucks erscheinen. Moortgat 1955, S. 121. Moortgat 1955, S. 121 Bonatz 2000a, S. 29 Niehr 2010a, S. 219; ders. 2014a, S. 147. Freundlicher Hinweis von Birgül Öğüt.

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Statue A,  2. 248 Bemerkenswert ist, dass die rechte Hand beider Figuren zwar als Faust modelliert ist, sich darin aber kein Gefäß zur Aufnahme von Flüssigkeiten wie im Fall der Sitzbilder A, 1 und A, 2 befindet. Als Grund dafür könnte das Vorhandensein des Basaltblocks oder der Basaltschale eine Rolle gespielt haben, die wahrscheinlich stattdessen dafür vorgesehen waren. 249 Da Doppelsitzbilder eine seltene Erscheinungsform in der altorientalischen Kunst sind, können an dieser Stelle nur zwei Parallelen angeführt werden. Chronologisch ist zunächst Abb. 21: Doppelsitzbild C, 1 aus dem „Kultraum“. ein Werk zu nennen, das im Museum von Aleppo aufbewahrt wird und eventuell aus der Umgebung stammt. 250 Trotz des fehlenden Fundkontextes kann aufgrund der stilistischen Kongruenzen zu Sitzbildern aus Ebla ein mittelbronzezeitliches Entstehungsdatum 251 sowie ein sepulkraler Hintergrund für dieses Doppelsitzbild angenommen werden, wobei für letzteres auch die Darstellung von Schalen in den jeweils rechten Händen beider Personen spricht. Außer diesem kann eine halbplastische Stele des 9. Jh. aus Maraş als Variante eines Doppelsitzbildes gelten, da Mann und Frau eindeutig sitzend abgebildet worden sind. In ihren Händen halten sie jedoch keine Gefäße, sondern Trauben bzw. einen Spiegel. Auch hier ist die Tatsache, dass Tote abgebildet wurden, evident. 252 Trotz des Altersunterschieds weist das Sitzbild aus der Nähe von Aleppo die größte Ähnlichkeit zur Statue C, 1 auf. 253

248 Auch die Sphingen des Westpalastes (Bd, 3, Bd, 4) weisen eine ähnliche Form des Kopfschmucks auf. 249 Niehr 2006, S. 130. 250 Voos 1986, S.  41–42, Kat.-Nr. 21; Bonatz 2000a, S.  16, Taf. VI, B 10; Hempelmann 2003. Irrtümlicherweise geben sowohl Bonatz 2000a, S. 16 als auch Hempelmann 2003 an, dass die Statue in Taftanāz oder Umgebung bzw. in Taftanāz selbst gefunden worden sei, was auf der entsprechenden These von Voos 1986, S. 45 aufgrund ihrer Ähnlichkeit zur dort gefundenen Sitzstatue beruht. Es ist jedoch nach Voos 1986, Kat.-Nr. 21 lediglich bekannt, dass sie 1960, d.h. fünf Jahre vor der Publikation der drei Statuen aus Taftanāz durch Saouaf 1965, vom Nationalmuseum in Aleppo angekauft wurde. 251 Hempelmann 2003; Aro 2013, S. 260, Anm. 141. 252 Orthmann 1971, S. 524, Taf. 43h, Maraş A/1; Voos 1986, S. 60, Kat.-Nr. 22; Bonatz 2000a, S. 19, 37, Taf. XIII, C 29. 253 Bonatz 2000a, S. 29.

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In der Forschung herrscht weitestgehend Einstimmigkeit darüber, dass aufgrund der stilistischen Parallelen zu den beiden weiblichen Sitzbildern über den Grabschächten, insbesondere zwischen der Frau von C, 1 und der Statue A, 2, auf dem Doppelsitzbild ebenfalls Verstorbene oder auch Ahnen abgebildet wurden. 254 Was die Identität betrifft, möchten neuere Forschungsansätze die Dargestellten nicht mehr als Mitglieder der königlichen Familie, sondern lediglich als Angehörige der Oberschicht betrachten. 255 Schwierigkeiten bereitet dagegen nach wie vor, ebenso wie bei den Figuren über den Grabschächten, die Datierung des Sitzbildes. Aufgrund seiner deutlichen Parallelen zur Grabfigur A, 2 kann das Doppelsitzbild der gleichen Stilgruppe zugeordnet werden, die nach der Mehrzahl der Forscher wohl im frühen 9.  Jh. zu verorten ist. 256 B. A. Brown dagegen hält eine Entstehung der Sitzbilder in der ersten Hälfte des 10. Jh. für möglich. 257 Als sicher zur Statue gehörig kann eine Bronzekette mit einem Anhänger in Form einer Mondsichel betrachtet werden, deren Reste sich teilweise noch am Hals der weiblichen Figur befanden. Der Anhänger und weitere Bronzeglieder lagen zu ihren Füßen. 258 Da die Öse in der Mitte des äußeren Kreises angebracht war, deuteten die Spitzen der Sichel nach unten. Zudem befand sich ein rundes Steinamulett, in das eine Bronzeplatte eingelassen war, an unbekannter Position ebenfalls im „Kultraum“. 259 Auch dieses konnte mittels einer Öse an einer Kette befestigt werden. Der Verdacht liegt nahe, dass beide Amulette, falls sie in einem funktionalen Zusammenhang zueinander standen, Sonne und Mond oder Neu- und Vollmond symbolisiert haben könnten. Des Weiteren ist die Bergung von drei mondsichelförmigen, als Ohrringe klassifizierten Bronzegegenständen sowie einer halbmondförmigen Bronzeplatte in diesem Zusammenhang eventuell von Bedeutung. 260 Interessanterweise ist in Grab 22 ein mondsichelförmiger Anhänger aus Gold gefunden worden. Allerdings sind bei diesem die Enden perforiert.

254 Oppenheim 1931, S. 172 sah beide als Götterpaar, Voos 1986 S. 45, 47 die weibliche Figur als Göttin. Es fehlen jedoch beiden Figuren jegliche Attribute, die sie als göttlich kennzeichnen würden. Orthmann 2002, S. 91; Niehr 2006, S. 130. 255 Voos 1986, S. 47; Struble und Herrmann 2009, S. 39, Anm. 39; Orthmann 2011, S. 369. 256 Zuletzt: Martin 2010b, S. 227; Cholidis et al. 2010, S. 355, Tab. 8, 359; Cholidis und Martin 2010, S. 425. 257 Brown 2008a, S. 413. 258 Müller 1950, S.  359; Hrouda 1962, S.  41, Taf. 30.18; Martin 2010b, S.  224, Anm. 552, 231, Nr. 12–15; Dubiel 2014b, S. 146. Dieses Artefakt blieb bislang bei den Erörterungen zum „Kultraum“ unberücksichtigt, vermutlich da seine Zugehörigkeit zum Doppelsitzbild bis zur Publikation des Fundjournals durch L. Martin nicht gesichert war. 259 Martin 2010b, S. 232, Nr. 39. 260 Martin 2010b, S.  233, Nr. 58, 235, Nr. 91. Aufgrund mancher Parallelen des „Kultraums“ zum „Stelenheiligtum“ sowie dem „Orthostatentempel“ von Hazor soll diese Deutung in einem anschließenden Vergleich versucht werden. Die mondsichelartige Tonplatte dagegen (Martin 2010b, S. 232, Nr. 23), ebenfalls mit zwei Löchern versehen und abgerundeten Spitzen, gehört vermutlich in die Reihe der halbmondförmigen Tongeräte, die im gesamten Alten Orient vertreten sind und deren Deutung umstritten ist. Siehe bspw. die zahlreichen Exemplare aus Karahöyük bei Konya: Alp 1994, S. 73–105, Taf. 143–245. Freundlicher Hinweis von Dr. Anja Fügert.

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Schließlich sind die direkt zu Füßen des Doppelsitzbildes gefundenen vier kleinen Basaltstatuetten sowie eine Bronzeschale hervorzuheben. 261 3.1.3.2.3

Abb. 22: Statue C, 2 aus dem „Kultraum“

Statue C, 2

Auf einer Basaltplatte (70 × 65 cm) links des Doppelsitzbildes, auf dem südlichen Vorsprung desselben Podests, ist die zweite Großplastik des „Kultraumes“, die Basaltstatue eines stehenden bärtigen Mannes mit Krummholz in der rechten Hand und einem Schwert auf der linken Gürtelseite (Höhe: 1,09 m, Basisplatte 30 × 35 cm, Abb. 22) in situ gefunden worden. 262 Der Kopfschmuck besteht wie bei der weiblichen Figur des Doppelsitzbildes C, 1 und dem Sitzbild A, 2 aus einem Stirnreif oder -band mit darüber hochstehenden Haaren. Mit diesen beiden Exemplaren korrespondieren zudem Stil und damit auch die Datierung der Statue, was bedeutet, dass sie vermutlich etwas später als die am Westpalast gefundenen Statuen einzuordnen sind. 263 Während M. v. Oppenheim das Standbild noch mit dem Sonnengott identifiziert hat, 264 ist in der Folgezeit eine Interpretation als Wettergott weithin akzeptiert worden, u.a. aufgrund der korrespondierenden Attribute zur männlichen Statue Bc, 4 vom Westpalast, wie das Schwert am Gürtel oder Krummholz in der Rechten, wobei jene jedoch eine Hörnerkrone trug und nach der althergebrachten, aber anzuzweifelnden Rekonstruktion auf einem Stier gestanden haben soll. 265 Allerdings ist es, wie oben erörtert, äußerst unwahrscheinlich, dass jene Figur auf einem Stier stand

261 Hrouda 1962, S. 20, Taf. 4, Nr. 20, 24, 29, 31; Martin 2010b, S. 223–224, Abb. VIII.5, 231, Nr. 5–8, 15. 262 Oppenheim 1931, S.  171–172, Taf. 45a; Müller 1950, S.  358–359, Taf. 71, 73.2; Moortgat 1955, S. 29, 121, C, 2, Taf. 149; Orthmann 1971, S. 127, 378, T. Halaf C/2; ders. 2001, S. 240–241; ders. 2002, S. 90–92, Abb. 76; Bunnens 2006, S. 61, 126, Kat.-Nr. 42, Abb. 99; Niehr 2006, S. 130–131, Taf. 22.A, 23; ders. 2010a, S.  222; ders. 2014a, S.  147–148, Taf. IX; ders. 2014d, S.  90; Martin 2010b, S. 228, Abb. VIII.1.3–5.10–12; Bonatz 2014a, S. 226–227, Taf. IX. 263 Cholidis et al. 2010, S. 355, Tab. 8, 359–360. 264 Oppenheim 1931, S. 172. 265 Bspw. Orthmann 2001, S. 240–241; ders. 2002, S. 92; Niehr 2006, S. 131; Bonatz 2014a, S. 226. Weitere Argumente sind die fehlenden königlichen Attribute Stab und Gürtel (Bonatz 2000a, S. 152; Niehr 2006, S. 131) und die im Vergleich zum Doppelsitzbild kürzere Distanz zum Altar als

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und aufgrund der Inschrift möglich, dass sie den verstorbenen König Kapara darstellt. Ein Argument dafür bildete die fehlende Hörnerkrone der äußerlich vergleichbaren Statue C, 2, die in diesem Fall sicher auf eine nicht-göttliche Entität hinweist, weshalb sie als ein verstorbener König betrachtet werden könne. 266 Gegen die Identifizierung dieser Statue als Herrscher lässt sich zunächst einwenden, dass sie weder rituell zerstört noch begraben wurde, obwohl sie ungefähr in derselben Zeit angefertigt und offenbar kultisch verehrt wurde. Daraus folgt, dass mit der Statue keine politischen Aspekte (mehr) verbunden waren, d.h. dass sie vielleicht lediglich ein Mitglied der königlichen Familie darstellt, dass zur Zeit der Zerstörung der anderen Statuen eine Verehrung dieses Königs nicht mehr als Politikum betrachtet wurde oder dass die Statue nicht mehr mit einem bestimmten König verbunden, sondern allein in ihrer Funktion als Figur eines namentlich nicht mehr bestimmbaren Ahnen verehrt wurde, wozu auch die fehlende Inschrift beigetragen haben könnte. Außerdem fällt auf, dass die Statue im Gegensatz zu der Kaparas mit nur ca. einem Drittel der Größe wesentlich kleiner ausfällt – selbst im Vergleich zu den Sitzbildern des Lehmziegelmassivs sind ihre Dimensionen eher bescheiden zu nennen. Außerdem stünde sie in Diskrepanz zu anderen Herrscherstatuen im nordsyrisch-südostanatolischen Raum, welche zumeist lebens- bis überlebensgroß angefertigt wurden, während die Statuen nichtköniglicher Personen offenbar in gleichem Gestus bzw. mit denselben Attributen, aber deutlich kleiner angefertigt wurden. 267 Hinzu kommt, dass diese meist auf öffentlichen Plätzen, manche in Tempeln, nicht aber in Ahnenkultstätten aufgestellt wurden. 268 Des Weiteren ist die gleichzeitige Beopferung von königlichen und nicht-königlichen Toten andernorts nicht bezeugt. Die Indizien sprechen daher gegen eine Interpretation dieser Statue als die eines Herrschers.

Beleg einer höherrangigen Entität (Voos 1986, S. 46; Niehr 2006, S. 131), die jedoch auch auf dem Verhältnis eines verstorbenen Königs zu einem Paar nicht-königlicher Verstorbener beruhen kann. 266 Bunnens 2006, S.  61, 126; Messerschmidt 2011, S.  289–290; Gilibert 2013, S.  51. Niehr 2014a, S. 148; ders. 2014d, S. 90 hält sie für einen vergöttlichten König, eventuell zu identifizieren mit dem Dynastiegründer Baḫiānu. 267 Drei Beispiele vergleichbarer „Statuenpärchen“ liegen vor: Die Statue Halparuntiyas II. mit der Inschrift MARAŞ 4 (nur Unterleib erhalten, Höhe 89 cm) und die Statue des Obereunuchen Astiwasu mit der Inschrift MARAŞ 14 (nur Unterleib erhalten, Höhe 44 cm, vgl. Abschnitt 6.1.3.3.6), die Monumentalstatue aus Arslantepe und die Statuette mit der Inschrift MARAŞ 3 (vgl. Lange 2015) sowie die Statue Panamuwas II. mit der Inschrift KAI 215 und der Statuettentorso S 3687 aus Zincirli (siehe Abschnitt 6.1.3.4.4). Nur bei letzterem Paar besteht die Möglichkeit, dass es sich auch bei der kleineren Variante um eine Königsdarstellung handelt. 268 Ausnahmen davon bildeten der Ahnenkult für den verstorbenen Panamuwa I., welcher jedoch allein für den Ahnenkult durch den legitimen Nachfolger des Königs gedacht war (siehe Abschnitt 6.2.2.3) sowie Statuen in Tempeln (siehe Abschnitte 4.1.3.6.5 und 7.4.2).

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Abb. 23: Stele aus dem „Kultraum“.

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3.1.3.2.4 Kleinere Bildwerke aus Stein Neben den beiden relativ großen Bildwerken des stehenden Mannes und des sitzenden Paares befanden sich im „Kultraum“ eine kleine Stele (18,7 × 12  cm, Abb. 23), 269 die einen Mann in Grußhaltung zeigt, sowie insgesamt 20 Basaltstatuetten oder -fragmente. 270 Darunter werden auch die zwei Sitzbilder gezählt, eine weibliche und eine männliche Figur (20 × 8 cm bzw. 25,5 × 11 cm), die im Brunnenschacht des Expeditionshauses gefunden wurden, der anscheinend im Bereich des Vorraums gegraben wurde. 271 Die Basaltstatuetten können von ihrem äußeren Erscheinungsbild her in fünf Gruppen eingeteilt werden. Am zahlreichsten, insgesamt zehnmal vertreten, sind stehende weibliche Figuren, die in der linken Hand ein Henkelgefäß tragen und mit der rechten Hand die Brust bedecken (Abb. 24). Der Vergleich zur weiblichen Statue Bc,  6 vom Portikus des Westpalastes liegt nahe. Allerdings tragen die Frauen aus dem „Kultraum“ ein Kopftuch oder keine Kopfbedeckung. Daneben sind die Sitzbilder mit drei Exemplaren vertreten. Eine dritte GrupAbb. 24: Statuette einer Frau mit pe bilden zwei Frauenfiguren, die beide Hände zur Henkelgefäß aus dem „Kultraum“. Brust erheben und jeweils nur sehr grob ausgeführt worden sind. Außerdem kamen das Fragment eines bärtigen Mannes sowie jeweils zwei unbesprochene Fragmente mit und ohne Abbildung zutage. 272 Drei Exemplare der erstgenannten Gruppe sowie eines der dritten lagen direkt am Boden vor oder hinter dem Doppelsitzbild. 273 Sechs weitere Statuetten waren in der 269 Moortgat 1955, S. 122–123, Taf. 151, D, 3; Voos 1986, Kat.-Nr. 82. 270 Oppenheim 1931, S.  174, Taf. 46.6–7; Hrouda 1962, S.  5–7, Taf. 3–4, Nr. 16–33; Canby 1964, S. 72; Voos 1986, Kat.-Nr. 16–17; Bonatz 2000a, S. 15–16, Taf. V–VI, B 3 und B 8; Dubiel 2014b, S.  146–149, Kat.-Nr. 185, 188–192. Dazu kommen zwei sonst unpublizierte, nur im Fotoband dokumentierte Exemplare mit dem Vermerk „Kultraum“ mit den Inv.-Nr. 2108 und 2109 (Oppenheim 1930c, S. 94). Wahrscheinlich stammen sie aus der abschließenden Grabung von K. Müller, bei der weitere Statuetten entdeckt worden sein sollen. Martin 2010b, S. 224–225. Allerdings entspricht die Beschreibung der Inv.-Nr. 2108 im Fundjournal unter Martin 2010b, S. 232 Nr. 30 („Perle viereckig, flach, grauer Stein, mit Linearzeichnung“) nicht dem Objekt im Fotoband, dem Fragment einer anthropomorphen Figur. 271 Orthmann 2011, S. 369. 272 Oppenheim 1930c, S. 94, Inv.-Nr. 2108–2109; Hrouda 1962, S. 6, Taf. 4, Nr. 19–33. 273 Martin 2010b, S. 223, Abb. VIII.5, 231, Nr. 5–8.

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Nordwestecke des Raumes deponiert, 274 die zwei Sitzbilder aus dem Brunnenschacht wie bereits erwähnt vermutlich im Vorraum. Die exakte Fundstelle der anderen Figuren ist unbekannt. Bezüglich der Interpretation der Bildwerke, insbesondere der drei kleinen Sitzbilder, sind sich die meisten Forscher darüber einig, in ihnen die Abbilder von Verstorbenen oder Ahnen zu sehen. 275 Andere Ansichten werden lediglich von M. v. Oppenheim, der in allen Statuetten unterschiedslos die Darstellung von Hausgöttern sieht, welche den Göttern in Form der großen Bildwerke geweiht wurden, 276 sowie von D. Bonatz vertreten, der das weibliche Sitzbild aus dem „Kultraum“ als Göttin interpretiert, obwohl er die anderen beiden Sitzbilder aus dem Brunnenschacht als „Grabdenkmäler“ in seinen Katalog aufgenommen hat. 277 Abweichend davon hat B. Hrouda bezüglich aller zwölf stehenden weiblichen Figuren, d.h. Gruppe 1 und 3, die These geäußert, sie als Abbildungen von Dienerinnen oder Priesterinnen, die zuvor an den Sterbe- und Begräbnishandlungen der Verstorbenen teilgenommen hatten, aufzufassen. 278 Zumindest im Fall der zwei Basaltidole, die beide Hände zur Brust erheben, dürfte dies aufgrund des Vergleiches zu anderen grobschlächtigen altorientalischen Statuetten, die stets als Ahnen interpretiert werden, weiterer Argumente bedürfen. 279 Mit der Uminterpretation der monumentalen Frauenstatue Bc, 6 als verstorbene Königin wird zudem eine Interpretation der Statuetten mit Henkelgefäß als Repräsentationen verstorbener Frauen plausibler. Schließlich wird auch das Relief des Adoranten von manchen Forschern als memoriale Stele syro-hethitischen Stils angesehen. 280 Angesichts der Tatsache, dass ansonsten in Gūzāna und Umgebung keine Stelen, sondern stattdessen insgesamt 14 Sitzbilder gefunden wurden, ist es zwar eher wenig wahrscheinlich, dass diese nordwestsyrisch-südostanatolische Tradition soweit östlich vordrang, liegt aber im Bereich des Möglichen. 281 Die sitzenden Statuetten wurden in den einschlägigen Publikationen meist in Anlehnung an die größeren Bildwerke des „Kultraumes“ datiert. 282 Doch auch auf Gemeinsamkeiten mit syrischen Sitzbildern aus der zweiten Hälfte des 2. Jt., aus Hazor, Qaṭna und

274 Martin 2010b, S. 232, Nr. 31–34, 36–37: Das Sitzbild einer Frau, drei Frauen mit Henkelgefäß, eine Frau mit erhobenen Armen sowie ein Fragment. 275 Strommenger 1954, S. 178; Moortgat 1955, S. 30; Hrouda 1962, S. 6; Voos 1986, S. 42–43; Niehr 2010a, S. 223. 276 Oppenheim 1931, S. 170, 174–175; Auch Orthmann 2002, S. 54 möchte das nicht ausschließen. 277 Bonatz 2000a, S. 152. Sein Verweis auf Strommenger 1954, S. 178–179 ist in diesem Zusammenhang unklar. 278 Hrouda 1962, S. 6–7. 279 M. Lange 2012. 280 Moortgat 1955, S. 30, 122–123; Voos 1986, S. 43, 119, Kat.-Nr. 82. 281 Unter den von Bonatz 2000a behandelten Stelen wurde nur eine westlich von Samsat, in Tell alMaqir, gefunden, das ca. 100 km südöstlich des Tell Ḥalaf und ca. 200 km südöstlich von Samsat liegt. Siehe dazu die Karte bei Bonatz 2000a, S. 2, Abb. 1. Außerdem ist die Stele der sitzend abgebildeten Aššur-šarrat aus dem 7. Jh. zu nennen, welche unter den „Stelenreihen“ von Aššur platziert wurde. Bonatz 2000a, S. 63, 139. 282 Hrouda 1962, S. 7; Bonatz 2000a, S. 15–16.

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Alalaḫ, ist hingewiesen worden. 283 Darüber hinaus liegen deutlich engere Parallelen des männlichen Sitzbildes zu einer fragmentarischen Statuette (9,2 × 8 × 6 cm) aus Aššur vor, die zusammen mit Überresten des 2. Jt. gefunden wurde und von Walter Andrae in Analogie zu Funden aus dem Ištartempel Tukultī-Ninurtas I. etwa um 1200 datiert wurde. 284 3.1.3.2.5 Weitere Kleinfunde Des Weiteren konnte aus dem „Kultraum“, insbesondere in unmittelbarer Umgebung der beiden Statuen, eine große Anzahl an Kleinfunden geborgen werden. Zu nennen sind dabei sehr viele Perlen, Muscheln und ähnliche Ziergegenstände, von denen angenommen werden kann, dass sie ursprünglich Teile von Halsketten bildeten. 285 Außerdem wurden Ringe, Rollsiegel, verschiedene Amulette sowie Skarabäen entdeckt. Unter den publizierten Rollsiegeln ist eines mit dem Motiv einer Krankenbeschwörung hervorzuheben. 286 An Gefäßen konnten drei Schalen und ein Becher aus Basalt sowie zwei Becher, eine Schale, ein Teller und ein unbestimmtes Gefäß aus Ton sichergestellt werden. 287 Bemerkenswert ist deren geringe Anzahl, insgesamt waren es nur neun Stück. Unter den Metallgegenständen sind ein Messer aus Eisen sowie vier Bronzestatuetten, zwei Männer und zwei Frauen, erwähnenswert. 288 Ein kleines Steinidol (Höhe < 4 cm) stellt die Göttin Ištar dar. 289 Schließlich fand man auch Knochen im „Kultraum“, zu denen allerdings keine weiteren Informationen vorliegen. 290 Zu beachten ist dabei, dass bei den abschließenden Grabungen von K. Müller zwischen August und Oktober 1913 zahlreiche weitere Kleinfunde gemacht wurden, darunter „Hunderte von Perlen, einige Rollsiegel, Skarabäen und Steinstatuetten“. 291 Unklar ist, ob sie nur aus dem östlichen Vorraum oder auch aus den drei südlichen Räumen stammen. 292

283 Canby 1964, S. 72; Teinz 2014. 284 Andrae 1935, S. 85–86, Abb. 68a–c; Canby 1964, S. 72. Die stilistischen Vergleiche von W. Andrae mit Artefakten außerhalb Aššurs beziehen sich dagegen alle auf den Beginn des 1. Jt. (Statue des Atrisuha aus Karkamiš, Sitzbilder unter dem Lehmziegelmassiv von Tell Ḥalaf, archaische Torlöwen aus Zincirli). 285 Müller 1950, S. 359. Hrouda 1962, S. 41, Taf. 30, Nr. 17; Martin 2010b, S. 231–235; Dubiel 2014b, S. 149. 286 Hrouda 1962, S. 30, Taf. 23.9; Elsen-Novák 2011, S. 379–380, Abb. 297. 287 Oppenheim 1931, S. 261, Abb. 4.15, 55.7; Hrouda 1962, S. 77–78, Taf. 56, Nr. 19, 21, Taf. 63, Nr. 18, 20; Martin 2010b, S. 231–235. 288 Oppenheim 1931, S. 189, Taf. 57, Nr. 6, 9; Hrouda 1962, S. 27, Taf. 2, Nr. 11, 14; Martin 2010b, S. 235, Nr. 95–96; Dubiel 2014b, S. 146, 150, Kat.-Nr. 193–196. 289 Martin 2010b, S. 231, Nr. 11. 290 Martin 2010b, S. 235, Nr. 101. 291 Martin 2010b, S. 224–225. 292 Martin 2010b, S. 224 formuliert hier leider uneindeutig.

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3.1.3.2.6 Datierung Durch die Nachgrabung 2007 konnte W. Orthmann nachweisen, dass der „Kultraum“ die älteste Bebauung in diesem Bereich der Stadt darstellt. Vermutlich wurden die angrenzenden Wohnhäuser etwa zeitgleich errichtet und sind daher ebenfalls der ältesten Nutzungsphase zuzuordnen. Unklar bleibt, in welchem Verhältnis die Häuser zur Stadtmauer stehen. 293 Es ist aber am wahrscheinlichsten, dass diese zeitnah erbaut wurde. 294 Da die Ziegel der Mauern denen des Westpalastes entsprechen, wird eine etwa gleichzeitige Entstehung dieser Anlagen vermutet. 295 Die Anlage der Unterstadt und somit auch des „Kultraums“ wird allgemein während des 10. Jh. bzw. seiner ersten Hälfte angesetzt, 296 konnte bislang aber noch nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden. 297 Diese Einschätzung beruht auf der kunstgeschichtlichen Einordnung der Statuen in die Kaparazeit, d.h. ihren Parallelen zu den beschrifteten Statuen vom Westpalast. 298 Der Bau des „Kultraums“ in vorassyrischer Zeit stellt demnach bislang eine plausible Hypothese dar, die u.a. darauf beruht, dass die darin befindlichen großen Bildwerke speziell für den „Kultraum“ geschaffen wurden. Auf das Ende des „Kultraums“ weisen sicherere Indizien hin: Es wurde eine jüngere eisenzeitliche Begehungsfläche gefunden, die wesentlich über der Oberkante des „Kult­ raums“ liegt, so dass es zu einer Aufgabe des Gebäudes gekommen zu sein scheint. 299 Da eines der jüngsten darin gefundenen Objekte eine neubabylonische Tontafel ist, war er mindestens bis ins 6.  Jh. hinein betretbar und wurde möglicherweise weiterhin benutzt. 300 Dem entspricht auch der Keramikbefund der Altgrabungen, deren Laufzeiten bis ins 6. Jh. reichen. 301 3.1.3.2.7 Interpretation Das Inventar des „Kultraums“ verweist unzweideutig auf rituelle Handlungen, insbesondere Opfer verschiedener Art, die einst hier stattgefunden haben müssen. Während W. Orthmann eine Interpretation als nicht-sepulkrales Heiligtum letztlich nicht ausschlie293 294 295 296 297 298 299

Orthmann 2009, S. 64. Pucci 2008a, S. 99; Orthmann 2009, S. 64. Orthmann et al. 2012, S. 112. Baghdo et al. 2009, S. 121; Martin 2010b, S. 229. Orthmann et al. 2012. Orthmann 2002, S. 27–28. Orthmann 2009, S. 64. Eine vermutlich in einer damit verbundenen Auffüllung gefundene Flasche, erlaubt bislang keine besonders genaue Datierung dieses Zeitpunkts (ca. 8.–6. Jh.); die Datierung der Gefäße aus der jüngeren eisenzeitlichen Schicht ist noch nicht abgeschlossen. Sievertsen 2009, S. 73, 77–78, Anm. 40, Abb. 7–11. 300 Arthur Ungnad datiert ihn aufgrund fehlender assyrischer oder aramäischer Personennamen, aber vorhandener neubabylonischer Namen in die Zeit Nebukadnezars II. oder jünger. Ungnad 1940, S. 47–48, 66, Nr. 117; Martin 2010b, S. 230. 301 Lehmann 1996, S. 148–149 (ca. 650–580); Martin 2010b, S. 230 (ca. 7.–6. Jh.).

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ßen möchte, 302 kann mit der Mehrheit der Forscher ein ebensolcher Kontext postuliert werden. 303 Als Argumente für eine Interpretation als sepulkral konnotierten Kult können die Tradition der Sitzbilder in einem funerären Kontext, insbesondere die des Tell Ḥalaf selbst, sowie die Statue des Kapara im Verhältnis zur Statue C, 2 herangezogen werden. Auch sprechen manche, wahrscheinlich sogar alle der kleinen Basaltstatuetten für eine Interpretation als Ort eines Ahnenkultes. Ein mögliches weiteres Indiz für einen Zusammenhang mit der Verehrung von Toten stellt die kleine Stele dar, die als mortuäre Stele syro-hethitischen Stils interpretiert worden ist. Schließlich kann auch das mondsichelförmige Bronzeamulett der weiblichen Statue sowohl als Argument für einen Toten- als auch gegen einen Götterkult angeführt werden, da entsprechende Vergleiche zeigen, dass es stets auf Menschen-, nicht aber auf Götterstatuen dargestellt war. 304 Zu den Bestandteilen der Rituale, die im „Kultraum“ stattgefunden haben, können Brand-, Trank- und Räucheropfer aufgrund des archäologischen Befundes und der Ikonographie des Doppelsitzbildes gezählt werden. Angesichts der äußerst geringen Stückzahl an Gefäßen bzw. bestimmten Gefäßformen kann die Teilnahme von Lebenden an diesen Opfern im Sinne eines gemeinsamen Mahles als nahezu ausgeschlossen gelten. Davon ausgehend ist die Frage nach der Nutzung des „Kultraumes“ als Grabstätte anzusprechen, die R. Naumann durch den Vergleich mit den Grundrissen der Baugruppen 1 und 2 aufgeworfen hat, welche jedoch aufgrund der modernen Überbauung vermutlich nicht in absehbarer Zeit beantwortet werden kann. 305 Insbesondere die nur durch eine Nische zugängliche, aber leere Raumgruppe südlich des Hauptraumes rückte dabei ins Visier der Forscher. 306 Andererseits wies W. Orthmann darauf hin, dass die Baugruppen 1 und 2 – in ihrer ursprünglichen Konzeption – bar jeglicher Objekte waren, die auf einen regelmäßig stattfindenden Kult schließen lassen könnten, 307 was eine direkte Analogie unwahrscheinlich macht. Ungleich schwerer als Gegenargument wiegt jedoch die Beobachtung, dass in allen Gräbern Gūzānas die Schlupfpforte nach der Bestattung sorgfältig zugemauert wurde, was hier nicht der Fall war. Eine Ausnahme dazu stellt eventuell das nördliche Grab unter dem Lehmziegelmassiv dar, wobei dessen Innenraum nicht die sterblichen Überreste, sondern lediglich die Grabfigur barg. Da diese aber beopfert werden musste, ist die Existenz einer Schlupfpforte wahrscheinlich. Deshalb kann aufgrund ähnlicher Dimensionen vermutet werden, dass sich auch in den südlichen Räumen ursprünglich vielleicht ein oder mehrere Sitzbilder standen. Ein Grab wäre daher eventuell

302 Orthmann 2001, S. 226; ders. 2002, S. 54. 303 Strommenger 1954, S. 178–179; Voos 1986, S. 46; Bonatz 2000a, S. 152; Niehr 2006, S. 131, Struble und Herrmann 2009, S. 38–39. 304 Siehe unten. 305 Naumann 1950, S. 394–395. M. v. Oppenheim plante Grabungen unter dem Begehungsniveau, welche allerdings nicht zustande kamen. Oppenheim 1931, S. 173. 306 Überblick bei Niehr 2006, S. 129–130, Anm. 88. 307 Orthmann 2011, S. 366.

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unter dem dort befindlichen Fußboden zu lokalisieren, wo bisher nicht gegraben wurde, auch wenn im „Kultraum“ selbst unspezifizierte Knochen gefunden wurden. 308 Dagegen ist die These, dass die Anlage ausschließlich oder vornehmlich der königlichen Familie diente, als unsicher zu betrachten. 309 Argumente, die dafür angeführt worden sind, sind die Ähnlichkeit des Grundrisses zu den Baugruppen 1 und 2, die Qualität und Dimension der großen Bildwerke sowie die Interpretation des Standbildes als Wettergott 310 und die Konsequenz daraus, dass ein mit ihm verknüpfter Ahnenkult dem Königshaus vorbehalten gewesen sein müsste, wie es angesichts der Inschriften KAI 214 und 309 nahe gelegt wurde, welche aus dem royalen Milieu stammen. 311 Darüber hinaus ist die funktionale Übereinstimmung mit dem ḫilāni-Bau aus Karkamiš, dem Gebäude der KTMW-Stele sowie dem sanctuaire aux rhytons aus Ugarit von H. Niehr als Argument für eine Verehrung verstorbener Könige in der Unterstadt von Gūzāna vorgebracht worden. 312 Diese Vergleiche sind jedoch etwas problematisch, da es sich bei dem ḫilāniBau wahrscheinlich um einen „normalen“ Tempel handelte 313 und KTMW ein Vasall des Königs war. Während die Interpretation des sanctuaire aux rhytons als Verehrungsort der Könige Ugarits plausibel erscheint, ist aufgrund der relativ bescheidenen Dimensionen der in der Nähe gefundenen Statuette eines Königs (25 × 12 × 11 cm) 314 die Existenz einer oder mehrerer weiterer Kultbilder denkbar, bei denen es sich analog zur Szene auf der Baal au foudre-Stele auch um Götter gehandelt haben könnte. Gründe, die gegen eine Verehrung von Königen im „Kultraum“ sprechen, sind die Lage mitten in einem Wohnviertel am äußersten Rand der Unterstadt, die geringe Qualität der ebenfalls dort befindlichen Basaltstatuetten, 315 die somit der Unterschicht zuzuordnen sind und eine Verehrung zusammen mit Königsstatuen unwahrscheinlich machen, da keine Parallelen existieren, sowie fehlende eindeutige Hinweise auf die königliche Identität der auf dem Doppelsitzbild Dargestellten. 316 Dagegen kann die Statue C, 2 vielleicht als weniger bedeutendes Mitglied der königlichen Familie oder Angehöriger der städtischen Elite gedeutet werden. Da außerdem der Ahnenkult für Mitglieder der königlichen Dynastie Gūzānas von denjenigen unterbunden worden wäre, welche die anderen Königsstatuen so zielgerichtet zerstörten bzw. die Grabkapellen mit den Sitzbildern einmauern ließen, kann dies nur bedeuten, dass der „Kultraum“ nicht von einer der herrschenden Dynastien

308 309 310 311 312 313 314 315 316

Martin 2010b, S. 223, Anm. 550. So bspw. Hrouda 1962, S. 6–7; Voos 1986, S. 161–162; Niehr 2006, S. 131. Siehe oben. Strommenger 1954, S.  178–179, 192; Orthmann 1971, S.  378; Voos 1989, S.  159–162; Bonatz 2000a, S. 150–151. Davon abgesehen ist mit dem Fund der KTMW-Stele die Verbindung zwischen postmortalem Kult und Opfern für den Wettergott auch für nicht-königliche Verstorbene belegt. Niehr 2014a, S. 148; ders. 2014b, S. 60; ders. 2014c. Siehe Abschnitt 4.1.3.1. Außerdem ist die neben dem ḫilāni-Bau gefundene Statue wahrscheinlich der Mittelbronzezeit zuzurechnen. Yon 2006, S. 130–131, Abb. 13. Sie interpretiert die Statue allerdings als die des Gottes El. Moortgat 1955, S. 30. Struble und Herrmann 2009, S. 39, Anm. 39.

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genutzt wurde. 317 Die ungestörte Nutzung bis ins 6. Jh. hinein spricht jedoch dafür, dass kein nachfolgender Herrscher seine Ansprüche durch dieses Heiligtum bedroht sah, wofür mehrere Gründe ausschlaggebend gewesen sein könnten. Entweder wurde die Statue nicht mehr mit einem bestimmten König in Verbindung gebracht und als enthistorisierter Ahn betrachtet oder die kultische Verehrung dieses Königs im begrenzten Umfang wurde im Gegensatz zu den Monumentelstatuen, die vermutlich wie in anderen nordsyrisch-südostanatolischen Reichen von der gesamten Stadt verehrt wurden, nicht als Gefahr betrachtet. Schließlich besteht die Möglichkeit, dass die Statue nicht den König selbst, sondern ein Mitglied der Königsfamilie und / oder einen sehr hohen Beamten symbolisierte, was mit der deutlich kleineren Dimension und der fehlenden Hörnerkrone zu rechtfertigen wäre. Dass Ahnen- und Totenkulte durch Zerstörung von Bildwerken tatsächlich bedroht waren und diese politisch motiviert war, kann zum einen aus der rituellen Zerstörung der Königsstatuen des Tell Ḥalaf und der Statue des Kammaki – vermutlich ein „Fürst“ – sowie zum anderen aus der Inschrift des Kammaki geschlossen werden, in der potenzielle Täter davor gewarnt werden, einen solchen Akt zu begehen. 318 3.1.3.2.8 Exkurs: Vergleich mit zwei Kultstätten aus Hazor Der im 14. und 13. Jh. genutzte Schrein 6136 (Innenmaße 4,75 × 3,40 m) aus dem Bereich C der Unterstadt von Hazor, das sog. „Stelenheiligtum“ (Abb. 25), stellt eine bemerkenswerte Parallele zum „Kultraum“ des Tell Ḥalaf dar. 319 Dort fanden sich in einer erhöhten Nische gegenüber dem Eingang dieses einräumigen Hauses neben dem Sitzbild eines Mannes (Höhe 40 cm), in der Rechten eine Schale haltend, und einer Stele, auf der zwei erhobene Arme und darüber eine Mondsichel sowie eine Scheibe abgebildet waren, neun weitere, anikonische Stelen. 320 Alle diese Objekte waren um eine Basaltplatte herum gruppiert, die als Opfertisch betrachtet werden kann, da noch Gefäße in situ auf ihr lagen. 321 Des Weiteren fanden sich in der Nische drei grob gearbeitete, anthropomorphe Figurinen, eine davon verschüttet, sowie vor dem Gebäude 17 weitere anikonische, grob behauene Stelen. Außerdem war das „Stelenheiligtum“ mit Bänken an den Wänden ausgestattet. Ob ein Bezug 317 Selbst den Assyrer-freundlichen Herrschern Sam’als bereitete es Schwierigkeiten, ihren Ahnenkult im Falle des Bar-Rākib (KAI 215) gegenüber der Großmacht zu rechtfertigen. Bonatz 2000a, S. 165. Dort lässt sich zudem das rituelle Begräbnis eines alten einheimischen Totenmonuments feststellen. 318 Röllig 2003. Siehe Abschnitt 3.1.3.3.2. 319 Graesser 1972, S. 60–61; Bonatz 2000a, S. 152; Niehr 2014c, S. 76–77. Andere Vergleiche wurden zum Raum der KTMW-Stele sowie zur Königsgruft in Qaṭna gezogen, diese beruhen allerdings auf relativ allgemeinen Analogien: Gemeinsame Opfer an Götter und Tote, Ostausrichtung, kleines mehrräumiges Gebäude bzw. Sitzbildtradition. Struble und Herrmann 2009, S.  36; Martin 2010b, S. 229. 320 Yadin et al. 1958, S. 83–92, Taf. XXVIII–XXXI, CLXXX; Yadin 1972, S. 67–74, Abb. 15–17, Taf. XIII–XIVa. 321 Yadin 1972, S. 72.

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Abb. 25: „Stelenheiligtum“ in Hazor, Blick nach Nordwesten.

zu den mittelbronzezeitlichen Gräbern in diesem Bereich der Stadt vorlag, ist unklar, aber prinzipiell möglich. 322 Nach der Interpretation von Kurt Galling stellt die Sitzfigur einen Ahn des Königshauses dar, der zusammen mit weiteren verstorbenen Familienangehörigen, welche durch die neun anikonischen Stelen repräsentiert wurden, beopfert wurde. 323 Dieser höchste soziale Status ist aufgrund der Lage in der Unterstadt, der geringen Qualität der Statue, den bescheidenen Dimensionen des Raumes sowie der Stelen abzulehnen. 324 Auch die grobschematischen Figurinen passen weniger zu einem royalen Kontext, können aber als Ahnen betrachtet werden. 325 Überdies sieht William W. Hallo in der Anordnung Hinweise auf ein Totenmahl, vergleichbar mit dem mesopotamischen kispu(m). 326

322 Diesbezüglich etwas optimistischer ist Ornan 2012, S. 12–13. Zwar fanden sich unter den Böden der Schichten 3 und 4 Gräber, welche in die Mittelbronzezeit II datieren, diese bestanden aber in der großen Mehrzahl aus Kindergräbern, welche nicht für einen Ahnenkult infrage kommen. Eventuell könnten aber die Steinmarkierungen, welche drei Gräber von Erwachsenen umgaben, noch sichtbar oder die Erinnerung daran noch präsent gewesen sein. Yadin 1972, S. 29–30. 323 Galling 1959; Spycket 1981, S. 331 contra Yadin 1972, S. 73–74; Bonfil 1997, S. 100–101, welche den Schrein als Mondgottheiligtum interpretieren. Niehr 2014c, S. 76–77 betrachtet die Statue als königlich, die Stelen dagegen als die der einfachen Bevölkerung. 324 Graesser 1972, S. 60; Matthiae 1992, S. 118, Anm. 37. 325 Beck 1990. 326 Hallo 1992, S. 400; Ornan 2012, S. 12.

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Abb. 26: „Orthostatentempel“ in Hazor, Blick nach Südosten.

Auch im sog. „Orthostatentempel“ in Areal H (Abb. 26) finden sich Hinweise auf einen Ahnenkult, der möglicherweise mit dem des „Kultraums“ vergleichbar ist. Diese Vermutung stützt sich vor allem auf zwei dort gefundene Sitzbilder, jeweils mit einer Schale in der rechten Hand abgebildet. 327 Doch auch fünf anikonische Stelen sowie eine mit der Darstellung einer runden Scheibe könnten dafür sprechen. 328 Schließlich sind vier basaltene Libationsplatten zu nennen, die ihre Entsprechungen im „Kultraum“ und Karkamiš bzw. Yunus finden. Sie weisen jeweils zwei rechteckige Vertiefungen auf, eine flache und eine tiefe. In zwei Fällen ist die Aufteilung der Flächen etwa gleich und jeweils rechteckig, vergleichbar mit dem Exemplar aus dem „Kultraum“, bei den anderen beiden liegt die Vertiefung in einer Ecke und nimmt ca.  ein Viertel der Gesamtfläche ein, was an vergleichbare Basaltblöcke aus Karkamiš und Yunus erinnert, die in der Literatur meist als Opfertische bezeichnet werden. 329 Abschließend sei auf folgende Übereinstimmungen im Detail zwischen den Heiligtümern von Hazor und dem „Kultraum“ hingewiesen: Auch im und vor dem „Orthostatentempel“ fanden sich in verschiedenen Schichten (3 bis 1A, d.h. Mittel- bis Spätbronzezeit) 327 Canby 1976, S. 118; Beck 1989, S. 327; Ornan 2012, S. 13. 328 Yadin et al. 1961, Taf. CCCXXXIII, 2–6; Yadin 1972, S. 74, Anm. 5; Canby 1976, S. 118. 329 Yadin et al. 1961, Taf. CCLXXVIII, CCLXXXIV, CCCXXXII, Feldnr. H 137, 138, 777, 2126/1; Beck 1989, S. 330–334 ohne Verweis auf das im „Kultraum“ gefundene Exemplar, dass allerdings auch nicht unter den Kleinfunden katalogisiert ist. Für die Exemplare aus Karkamiš, siehe 4.1.5.3.8.

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mondsichelförmige Amulette, neun aus Bronze und eines aus Silber, die so perforiert waren, dass sie mit den Sichelenden nach unten wiesen. 330 Daneben wurden auch fünf runde Metallamulette gefunden, von denen mindestens zwei perforiert waren; eines aus Bronze, eines aus Bronze mit Silberüberzug, zwei aus Silber, eines aus Gold. 331 Die Hände der Sitzbilder von Hazor und Tell Ḥalaf – sowie außerdem der aus Tell Brak – halten die Schalen im Gegensatz zu Sitzbildern aus anderen Orten nicht mit den Handflächen nach oben, sondern umfassen diese von der Seite. 332 Die männliche Figur des Doppelsitzbildes C, 1 trägt ebenso wie zwei der Sitzbilder aus Hazor ein quer über die Brust verlaufendes Band oder einen Riemen, ein gestalterisches Element, dass von anderen Sitzbildern ebenfalls unbekannt ist. 3.1.3.2.9 Exkurs: Interpretation des Mondsichelanhängers Zur Deutung der Mondsymbolik im „Stelenheiligtum“ von Hazor existieren drei Ansätze. Neben Yigael Yadin, der einen direkten Bezug zum Mondgott herstellt,  d.h.  die Statue als Abbildung Sîns und das Gebäude als Tempel dieser Gottheit betrachtet, 333 interpretiert K. Galling die Sichel auf dem Sitzbild als Amulett mit schützender Wirkung, die von der symbolisierten Gottheit ausgeht und die Szene auf der Stele als Beleg dafür, dass alle in den anikonischen Stelen repräsentierten Verstorbenen Anhänger des Mondgottes waren, 334  u.a.  da die altorientalischen Darstellungen des Mondgottes sein Emblem stets auf der Hörnerkrone, aber nie auf der Brust zeigen. 335 Jüngst hat Tallay Ornan die Ikonographie der Stele – sie sieht die Scheibe darüber als Vollmond – und des Sitzbildes in Bezug zu einem lunar determinierten Totenmahl gesetzt, was eine Deutung des Schreines als Ahnenkultheiligtum weiter untermauern würde. 336 Da sich bei genauem Hinsehen auch 330 Yadin et al. 1961, Taf. CCLX, CCLXX, CCLXXVIII, CCCXLIII, Feldnr. H 598, 601, 661, 674/1, 674/2, 695, 776, 886, 1221, 1311. 331 Yadin et al. 1961, Taf. CCLXX, CCLXXVIII, CCCXLIII, Feldnr. H 419, 461, 831, 1105, 1356. Vgl. Bonfil 1997, S. 100. Auffällig ist hierbei die höhere Anzahl an Scheiben aus Silber bzw. mit Silberüberzug gegenüber der goldenen. Erstere könnten demnach vielleicht eher als Mond- denn als Sonnensymbole aufgefasst werden. 332 Ornan 2012, S. 5 (ohne den Verweis auf Tell Brak). Vgl. Oates et al. 1997, S. 255, Abb. 41, 92; Teinz 2014, S. 17–18, Abb. 11. 333 Zusammen mit einer Vorläuferin der karthagischen Tanit aufgrund der erhobenen Hände auf der Stele. Allerdings räumt er die Möglichkeit eines gleichzeitig hier ausgeübten Totenkultes in Bezug auf die anikonischen Stelen ein. Yadin 1972, S. 73–74. Bezüglich der Interpretation als Mondgott folgt Bonfil 1997, S. 100–101. 334 Galling 1959, S. 6–7. 335 Galling 1959, S. 5; Beck 1989, S. 324 mit Beispielen in Anm. 18. Dieses Argument wurde von Yadin 1972, S. 73, Anm. 1, 95 mit dem Verweis auf eine vor dem Tempel H gefundene fragmentarische Statue nicht akzeptiert, bei der es sich aufgrund des ihr zugeordneten Stieres um einen Gott handeln soll, welche ebenfalls eine nach unten gerichtete Mondsichel sowie einen Kreis mit einem vierstrahligen Stern darunter trägt (siehe unten). 336 Ornan 2012, S. 12.

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eine schwach ausgeprägte, runde Scheibe auf der Brust des Sitzbildes aus dem „Stelenheiligtum“ erkennen lässt, könnte es sich hierbei um dasselbe Symbol handeln. 337 Dass Feiern für die Verstorbenen an Neu- und Vollmondtagen nicht nur in Mesopotamien, u.a. in Mari und Lagaš, sondern auch im westsemitischen Sprach- und Kulturraum bekannt waren und vollzogen wurden, verdeutlichen Passagen aus dem Alten Testament (1Sam 20, 5–6, 25–29), Texte aus Ugarit (KTU 1.41 und 1.109) sowie eine phönizische Inschrift aus Zypern (KAI 43), wo entsprechende Opfer am 1. und am 15. Tag des Monats dargebracht wurden. 338 Möglicherweise können zwei weitere anthropomorphe Bildwerke aus Hazor zur Deutung dieses Symbols hinzugezogen werden, da auf ihrer Brust ebenfalls eine Sichel und eine Scheibe, mit einem vierstrahligen Stern darin, abgebildet sind. Die betroffenen Darstellungen sind jedoch weitaus kunstvoller ausgearbeitet und zudem mit zwei kleinen Kreisen, jeweils einer links und rechts der Neumondspitzen, versehen. Es handelt sich dabei zum einen um eine stehende Figur an einem Basaltbecken (Höhe 80 cm) aus dem Monumental Building, die eine Schale in der rechten Hand hält. 339 Zum anderen ist die fragmentarische Statue aus dem mittel- und spätbronzezeitlichen „Orthostatentempel“ zu nennen, wobei auch der meist als Altar gedeutete Steinblock aus dem Tempelinneren ein ähnliches Scheibensymbol mit vierstrahligem Stern darin, allerdings ohne Mondsichel, trägt. Das Symbol bzw. die Statue wird zumeist als göttlich bzw. Gott angesehen, so auch von Ruhama Bonfil. 340 Allerdings interpretiert sie das Mondsichel-und-Scheiben-Symbol auf der Figur mit dem Becken als Darstellung eines Amuletts, das seinem menschlichen Träger göttlichen Beistand und Schutz verleihen soll. 341 Zu den weiteren Belegen für mondsichelförmige Anhänger auf Bildwerken zählen Standbilder verstorbener nordsyrisch-südostanatolischer Herrscher aus den ersten Jahrhunderten des 1. Jt., die in der Nähe von Ṣrīn, in ‘Ayn at-Tall und in Tell Tayınat entdeckt wurden. 342 Zu beachten ist dabei, dass die Sichelenden jeweils nach oben weisen und nur auf der Statue von ‘Ayn at-Tall, die eine Mischung aus Stand- und Sitzbild darstellt, zusätzlich ein runder Anhänger darüber abgebildet ist. Eine Deutung dieses Anhängers steht noch aus. Zudem müssen die Amulette neuassyrischer Herrscher berücksichtigt werden, um deren Hals, neben anderen Anhängern, auch mondsichelförmige dargestellt wurden. Sie können aufgrund eines Orthostaten Assurnasirpals II. aus Nimrūd / Kalḫu eindeutig als 337 Voos 1986, S. 58 erkennt ebenfalls den Kreis, interpretiert ihn aber als Symbol der fragmentarischen Statue vor dem „Orthostatentempel“ und somit – nach Y. Yadin – als Wettergott (siehe unten). 338 Tsukimoto 1985, S. 58–65; Hallo 1992, S. 384–386; Ornan 2012, S. 12. Die Verwendung des Begriffs kispu(m) in diesem Kontext darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser Begriff im Nordwestsemitischen nicht belegt ist, vergleichbare Rituale am Voll- und Neumondtag hingegen schon. 339 Bonfil 2011; Ornan 2012, S. 5, Abb. 12. 340 Yadin 1972, S. 95, Taf. XXa; Bonfil 1997, S. 100 (mit Verweisen auf weitere Interpretationen). 341 Dies. 2011. 342 Orthmann 1971, S. 476, Taf. 4,b, Ain el Arab 1; Voos 1986, S. 31, Kat.-Nr. 9; Bonatz 2000a, S. 13, 16, 24–25, 31–32, Taf. I, A 1, VII, B 13; http://sites.utoronto.ca/tap/. Zuletzt abgerufen am 06.07.2015.

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Göttersymbole aufgefasst werden, da der König eine Kette mit Amuletten trägt, die den Göttersymbolen entsprechen, auf die sein Finger zeigt. 343 Allerdings entspricht die tatsächliche Ausführung eines dieser Mondsichelamulette nicht dem aus dem „Kultraum“, wie ein Beispiel aus altbabylonischer Zeit zeigt: 344 Die Sichel ist plastisch, d.h. nicht als platte Scheibe und zudem sehr schmal ausgearbeitet. Die Befestigung an der Kette ist nicht durch ein Loch sondern durch ein Verbindungsstück, wie es auch auf der Stele dargestellt ist, gelöst. Außerdem wären im Fall einer direkten Entsprechung Anhänger mit anderen Gottessymbolen im „Kultraum“ zu erwarten. 345 Schließlich darf der Befund eines Hauses (12,4 × 6,8 m), vermutlich eines Schreins, der Schicht V aus Alalaḫ nicht außer Acht gelassen werden, das mindestens zu Beginn der Phase IV noch weiter genutzt wurde, d.h. insgesamt von einem unbestimmten Zeitpunkt im 16. bis etwa zur Mitte des 15. Jh. 346 Im Ausgrabungsbericht werden lediglich zwei Artefakte aus dem Inneren des Schreins registriert: Eine „halb-betylische“ Stele (Kalkstein, Höhe 73 cm) mit einem Gesicht sowie einer Hörnerkrone im oberen Teil des ansonst nur sehr roh behauenen Steins und ein halbmondförmiger Anhänger aus Gold, der mit den Sichelspitzen nach unten weist. 347 Falls ein funktionaler Zusammenhang zwischen diesen beiden Objekten bestand und der Anhänger keine Votivgabe darstellt, sollte die Stele nicht als Gottesbild, sondern besser als vergöttlichter Ahn aufgefasst werden, da Götter nicht auf den schutzspendenden Charakter des Amuletts angewiesen waren. Alternativ könnte auch hier die Deutung als Mondgott herangezogen werden. Somit liegt es am nächsten, einen Zusammenhang zur Mondsymbolik des „Stelenheiligtums“, möglicherweise auch zu der des „Orthostatentempels“ in Hazor zu vermuten, nicht zuletzt angesichts der zahlreichen dort gefundenen, ähnlich gearbeiteten neumond-, aber auch vollmondförmigen Amulette. 348 d.h. der Anhänger aus dem „Kultraum“ kann als Symbol für den Mondgott und / oder ein vom Mond(gott) abhängiges Ritual gedeutet werden, wie es in Mesopotamien mit dem kispu(m)-Ritual vorliegt. Zu bedenken ist dabei, dass in neuassyrischer Zeit bisher nur der Vollmond-, nicht aber der Neumondtag als Datum für das kispu(m) belegt ist, 349 was eine Relation zum runden Amulett aus dem „Kultraum“ eventuell plausibler machen könnte. Eine direkte Verbindung des Mondgotts zum kispu(m) ist bislang allerdings nur in einem altbabylonischen Gebetstext aus Sippar belegt. 350 Interessanterweise wird Sîn dort am Morgen angerufen, die Totengeister

343 Black und Green 1992, S. 30, Abb. 21 unten. 344 Black und Green 1992, S. 30, Abb. 21 oben. 345 Anstatt des runden Anhängers wäre in diesem Fall auch ein „Malteserkreuz“ zu erwarten gewesen, wie es auf der o.g. Stele als Šamaš-Anhänger erscheint. 346 Woolley 1955, S. 174–175, Abb. 63; Fink 2010, S. 3, 78, 86, Plan 36. 347 Woolley 1955, S. 175, 238–239, Taf. XLIVc, LXIXt. 348 Drei der fünf runden Amulette sind silberfarben. 349 Tsukimoto 1985, S. 110 (ADD 1127). 350 Wilcke 1983, S. 49–54 (CBS 473). Allerdings erwägt Jonker 1995, S. 227 die Möglichkeit einer besonderen Verbindung dieser Familie zu Sîn, da dieser unter den Namen der angerufenen verstorbenen Angehörigen sechsmal vertreten ist, Šamaš aber nur zweimal. Dem widerspricht Toorn 1996,

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freizulassen, was in der Ostausrichtung des Doppelsitzbildes Niederschlag gefunden haben könnte. Eine weitere, allerdings eher unwahrscheinliche Möglichkeit ist die Deutung beider Amulette als Mond- und Sonnensymbol. Ein neuassyrisches Ritual könnte eventuell zur Erhellung dieser Verbindung beitragen, da es zur Vertreibung eines Totengeistes explizit am Vollmondtag durchgeführt werden musste, wenn „Sîn and Šamaš zusammen stehen“. 351 3.1.3.3

Funde aus sekundären Kontexten

3.1.3.3.1 Anikonische Stelen Jeanny V. Canby hat an drei Orthostaten des Westpalastes festgestellt, dass ihre Rückseiten geglättet, poliert und leicht konkav abgerundet waren. Auch manche Abb. 27: Rückseite des Orthostaten A 3, 176 vom Schmalseiten sind bearbeite und abgeWestpalast: Zuvor eine anikonische Stele. rundet, was darauf hinweist, dass diese zunächst als anikonische Stelen und erst später als Bildorthostaten verwendet wurden (Abb. 27). 352 15 weitere Orthostaten, die diese Rundungen aufweisen, konnte sie nicht untersuchen, vermutet aber, dass es sich aufgrund dieser Rundungen, die sich teilweise am unteren Ende des Bildorthostaten befanden, ebenfalls ursprünglich um Stelen handelte. 353 Zwei kleinere Exemplare anikonischer Stelen (Kalkstein, 32 × 24 cm; Basalt, 52 × 27 cm) haben sich auf dem Tell Ḥalaf erhalten. 354 Die besten Vergleichsbeispiele hinsichtlich Politur, Maßen und Formen stellen nach Ansicht von J. V. Canby Stelen aus Hazor dar. 355 u.a. aufgrund der Entsprechungen zwischen dem „Kultraum“ und dem „Stelenheiligtum“ kann vermutet werden, dass diese Stelen ursprünglich demselben Zweck dienten wie jene in Hazor: Sie symbolisierten Verstorbe-

351 352 353 354 355

S. 53, da Sîn hier eine analoge Rolle wie Šamaš, als Vermittler zwischen Lebenden und Unterwelt, zugestanden würde. Scurlock 2006, S. 21, Anm. 298 (Nr. 91, Z. 5). Siehe hierzu auch Hallo 1992, S. 398. Canby 1976, S. 114–121: A 3, 150, 166, 176; Cholidis in Cholidis und Dubiel 2010a, S. 137, Anm. 357; Özyar 2008, S. 407; Meyer 2017, S. 247. Canby 1976, S. 115, Anm. 10: A 3, 1, 3, 10, 12, 14, 45, 52, 108, 116, 144, 147–150, 153. Hrouda 1962, S. 51, 55, Taf. 38, Nr. 229–230; Canby 1976, S. 120. Canby 1976, S. 117–118.

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Tell Ḥalaf / Gūzāna

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ne oder Ahnen. 356 Eine Lokalisierung des ursprünglichen Aufstellungsortes ist ebenfalls spekulativen Charakters: J. V. Canby vermutet, dass sie um die Sitzbilder des Lehmziegelmassivs herum gruppiert gewesen sein könnten. 357 Dafür gibt es jedoch weder archäologische Indizien noch Parallelen. Wahrscheinlicher als dieses Szenario ist die Aufstellung in einem dem „Kultraum“ bzw. dem „Stelenheiligtum“ ähnlichen Kontext oder in einem Tempel, d.h. ähnlich der Fundsituation im „Orthostatentempel“ von Hazor oder dem vermuteten Aufstellungsort der Stelen aus Aššur in einem Tempel. 358 Die Errichtung einer Stele für den verstorbenen Vater in einem Heiligtum, wie sie im Aqhatu-Epos (KTU 1.17 I 26) geschildert wird, könnte auf eine vergleichbare Situation anspielen. Außerdem wurden im Bereich des Eltempels von Ugarit zwei Stelen mit kurzen Inschriften (KTU 6.13 und 6.14), aber ohne Abbildungen gefunden, Abb. 28: Statuentorso des Kammaki. deren Zweck vermutlich ebenfalls in der Erinnerung an die Stifter lag. 359 Schließlich sind die aus den Emartexten bekannten Stelen außerhalb der Stadt zu nennen, welche im Zentrum des alle sieben Jahre stattfindenden zukru-Rituals standen. Dieses Fest ist möglicherweise nicht allein mit dem Dagan-, sondern auch mit dem Ahnenkult zu verbinden und wurde von allen Stadtbewohnern begangen. 360 3.1.3.3.2 Sitzbild des Kammaki 1999 wurde in der Unterstadt des Tell Ḥalaf, nahe der späteren Grabungsstelle G, zufällig das teilweise zerstörte Sitzbild (55–45 × 37 × max. 31,5 cm, Abb. 28) eines Mannes aus schwarzem Basalt entdeckt, dessen Kopf und Schulterpartie abgebrochen sind. 361 Er trägt 356 357 358 359 360

Siehe Abschnitt 3.1.3.2.8. Canby 1976, S. 119. Miglus 1984. Niehr 2012. Fleming 2008, S.  53–54. Allerdings konnten Stelen in Emar auch im Kontext des Götterkultes gebraucht werden. Durand 2005, S. 26–27. 361 Röllig 2003; Niehr 2006, S. 132; ders. 2010a, S. 223; ders. 2014, S. 129, 148–150; Dornauer 2010, S. 64, Anm. 188; Sollee und Wartke in Orthmann et al. 2012, S. 123; Novák 2013b, S. 275–276,

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Bīt Baḫiāni

ein langes Gewand sowie einen Bart und umfasst mit seiner Rechten einen Becher, während die Linke auf dem entsprechenden Knie liegt. Eine direkte Anpassung an den Statuenkopf eines bärtigen Mannes im assyrischen Stil, E, 1 (Basalt, 30 × 33 × 17 cm), der über dem Nordostpalast gefunden wurde, kann zwar ausgeschlossen werden, aber K. Lawson Younger hält eine Zugehörigkeit dennoch für möglich, vermutlich da die Dimensionen beider Stücke relativ gut übereinzustimmen scheinen. 362 Aufgrund der assyrischen Inschrift, die sich auf der Vorderseite des Rockes befindet und etwa aus der Mitte des 8. Jh. stammt, 363 kann die Figur einem bislang unbekannten Kammaki zugeschrieben werden. Sie lautet: „Bildnis des Kammaki, Sohn des Ilu-lē’i, des Schreibers. Wer (auch immer) ein späterer Fürst (ist), einen Steinmetz sollst du nicht aufbieten, (denn es ist) eine Sünde (vor) Enmešara!“ 364 Unklar ist hierbei sowohl die Bedeutung und Herkunft des Namens Kammaki sowie dessen sozialer Status. Der Vater bzw. dessen Name ist vermutlich assyrischer Herkunft und eventuell mit einem in Kalḫu belegten Schreiber des späten 9. oder frühen 8. Jh. zu identifizieren. W. Röllig geht davon aus, dass Kammaki ebenfalls diesem Beruf nachging, aber andere Forscher sind der Überzeugung, dass die Bezeichnung „Fürst“ auch für Kammaki verwendet worden sein dürfte, da in assyrischer Zeit Adressaten den gleichen sozialen Rang wie der Auftraggeber einer Inschrift innehatten. Als Fürst wäre Kammaki nach A. Dornauer möglicherweise mit dem Aufstand von 759 / 758 zu verbinden. Der Verweis auf den aus mesopotamischen Quellen bekannten Gott Enmešara („Herr aller Riten“) kann auf dessen Verbindung zur Unterwelt zurückgeführt werden – u.a. wird er „Herr der Erde (d.h. Unterwelt)“ genannt – und findet eine mögliche Entsprechung im Fluch der Grabstele Zahananis des 8. Jh. aus Karkamiš, worin die „Herrin der Erde“ als Beschützerin der Stele angerufen wird (KARKAMIŠ A. 5a). 365 Ob auch hier ursprünglich ein Bezug zu einem Grab bestand oder ob die Sitzstatue vielleicht in einem dem „Kultraum“ ähnlichen Gebäude aufgestellt war, geht aus der Inschrift selbst nicht hervor. Festzuhalten bleibt, dass die Tradition der Sitzbilder in Gūzāna zur Mitte des 8. Jh. noch lebendig war und von der lokalen, assyrischen oder assyrisierten Oberschicht weiterhin gepflegt wurde. 366

362 363 364 365 366

Abb. 13; ders. 2016, S. 129–130, Abb. 7; Kühn 2014, S. 55–56; Rehm 2016, S. 40, 115, Taf. 10, F 5; Younger 2016, S. 266–268. Cholidis in Cholidis und Dubiel 2010b, S. 251–252, Abb. IX.23; Younger 2016, S. 266–267. Publikation: Moortgat 1955, S. 280–281, Taf. 158–159, 160b. Eine kunsthistorische Einordnung durch Hartmut Kühne steht noch aus. Röllig 2003, S.  424, Anm. 16. Röllig 2003, S. 422. Vgl. Abschnitt 4.1.3.6.1. Röllig 2003, S. 428; Novák 2013a, S. 301.

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Tell Faḫarīya / Sikāni

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3.1.3.3.3 Unterteil eines Sitzbildes (D 6) Zwei Hälften des unteren Teils eines weiteren Sitzbildes (Basalt, 25 × 30 × 23 cm) wurden an zwei verschiedenen Stellen sekundär auf bzw. in der Nähe des Tell Ḥalaf gefunden. 367 Hiervon sind nur noch Arme und Hände, mit einer Schale in der linken Hand, sowie der kubisch geformte Unterleib erhalten, an welchem der Gewandsaum des Kleides sowie die Füße erkennbar sind. Es kann in das frühe 9. Jh. datiert werden.

3.2

Tell Faḫarīya / Sikāni

3.2.1

Einleitung

3.2.1.1

Grabungsgeschichte

Abgesehen von den Vermessungsarbeiten von 1929 durch das Team M. v. Oppenheims führte eine amerikanische Equipe unter Calvin W. McEwan 1940 die erste reguläre Ausgrabung auf dem Tell Faḫarīya durch, die nach dem Weltkrieg aber keine Fortsetzung fand. 368 Eine deutsche Testgrabung unter Anton Moortgat wurde nach nur zwei Kampagnen 1955 und 1956 wieder eingestellt. 369 Das Interesse an diesem Tell flackerte erst mit den zufälligen Entdeckungen der Statue Hadd-yiṯ‘is 1979 sowie einer römischen Kaiserstatue 1996 wieder auf. Eine 2001 begonnene, syrisch-deutsche Kooperation musste jedoch wegen Finanznöten abgebrochen werden (Abb. 29). 370 Die vier Kampagnen eines weiteren syrisch-deutschen Teams von 2006 bis 2010 unter der Leitung von D. Bonatz und A. elM. H.  Baghdo wurden durch den Krieg in Syrien vorläufig beendet. 371 3.2.1.2

Historischer Kontext

Die früheste nachweisbare Besiedlung des Tell Faḫarīya reicht bis ins akeramische Neolithikum zurück. Weitere Ablagerungen aus der ersten Hälfte des 2. Jt., der Mittani- sowie der mittelassyrischen Zeit konnten festgestellt werden. Es ist schon lange vermutet worden, dass es sich hierbei um die mittanische Hauptstadt Waššukanni bzw. das mittelassyrische Aššukanni handeln könnte, wobei sich die Indizien aufgrund der Ergebnisse der 367 Die rechte Hälfte fand sich in einem späteren Gebäude über der Südwand des Westpalastes, die linke an der Ḫābūrquelle. Moortgat 1955, S. 123, Taf. 152b–c, D 6; Voos 1986, S. 40, Kat.-Nr. 13; Bonatz 2000a, S. 16, Taf. VII, B 11; Cholidis und Martin 2010, S. 378, Abb. 3, S. 459, Taf. 124; Rehm 2016, S. 40, 116, F 10. 368 McEwan et al. 1958. Vgl. Bonatz 2014c, S. 63. 369 Moortgat 1956; ders. 1957. 370 Pruß und Baghdo 2002. 371 Bonatz 2014c, S. 63.

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Bīt Baḫiāni

Abb. 29: Grabungen auf dem Tell Faḫarīya.

letzten Grabungen, vor allem der mittelassyrischen Textfunde, so weit verdichtet haben, dass dies als sehr wahrscheinlich erachtet werden kann. 372 Diese belegen u.a. eine voll entwickelte assyrische Verwaltung vor Ort ab ca. 1250, was eine Inkorporierung zu einem etwas früheren Zeitpunkt nahelegt. 373 Einige Dekaden später, nach dem Tod Tukultī-

372 Goren et al. 2004, S. 38–44; Bonatz et al. 2008 S. 92, 112; Chambon in Bonatz et al. 2008, S. 130– 131; Bonatz 2014c; Younger 2016, S. 242–244. 373 Bonatz 2014c, S. 74–75.

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Tell Faḫarīya / Sikāni

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Ninurtas I. 1198 / 1197, scheint der Verwaltungsbezirk aufgegeben worden zu sein. 374 Einhergehend damit folgte eine anhaltende Nutzung dieses Bereichs am Westhang der Oberstadt als Nekropole bis ca. 900. 375 Tell Faḫarīya war vermutlich während der aramäischen und neuassyrischen Zeit, nun (wieder?) 376 Sikāni genannt, besiedelt; Nachweise entsprechender Hinterlassenschaften konnten jedoch bislang nicht erbracht worden, eventuell da sich die Struktur der Stadt veränderte. 377 Einzig die Statue des Hadd-yiṯ‘i (KAI 309) aus der Mitte des 9. Jh., die laut ihrer Inschrift im Hadadtempel stand, sowie das als bīt ḫilāni interpretierte früheisenzeitliche Monumentalgebäude zeugen von der Bedeutung der Stadt während dieser Epoche. Letzteres befand sich im nordöstlichen Bereich der Oberstadt, erstere wurde im südlichen Teil entdeckt. In römischer Zeit wurde die Stadt Rhesaina gegründet, welche als Theodosiopolis im späten 4. Jh. n. Chr. zum Bischofssitz aufstieg. Während des islamischen Mittelalters verlagerte sich die Siedlung nördlich des Tell, wo das heutige Rās al-‘Ayn den antiken Namen „Kopf der Quelle“, der mindestens bis an den Beginn des 9. Jh. zurückreicht, 378 bewahrt hat.

3.2.2

Gräber

3.2.2.1

Gräberfeld am Westhang der Oberstadt

In dem Bereich, der aktuell unter der Bezeichnung Grabungsstelle C firmiert, kam bisher die große Mehrzahl der Gräber des Tell Faḫarīya ans Tageslicht, 49 von insgesamt 52 (Abb. 30). 379 Der nördliche Teil des Westhangs der Oberstadt kann daher zumindest in Bezug auf die Gräber der letzten Phase – insgesamt wurden bisher drei verschiedene stratigraphische Kontexte ermittelt – als Gräberfeld betrachtet werden. Zunächst ist das Erdgrab eines noch zu Lebzeiten schwer verletzten Mannes zu nennen, das unter der mittelassyrischen Bebauung gefunden wurde. 380 Es war beigabenlos, aber mit drei Lehmziegeln abgedeckt.

374 Bonatz 2014c, S. 79. 375 Bartl 2011a, S. 4. 376 Aus der Ur-III-Zeit ist die Göttin des Ḫābūrs mit dem Namen dḫa-bu-rí-tum si-ga-anki belegt, was angesichts der Lage von Sikāni / Tell Faḫarīya an der Quelle dieses Flusses auf denselben Namen schließen lässt. Durand 1988; Lipiński 2000, S. 120. 377 Bonatz 2014c, S. 64. 378 Bonatz 2014c, S. 61, Anm. 1; Grayson 1991, S. 153 (RIMA 2, A.0.99.2 101–102). 379 Unklar ist dabei, ob manche Gräber während späterer Grabungen doppelt ausgegraben und / oder doppelt gezählt wurden. Daher sind die Zahlen als Maximalwerte zu verstehen. Kantor 1958, S.  45–46, 93, Taf. 20 B–D, 45; Pruß und Baghdo 2002, S.  321; Bonatz et al. 2008, S.  109–110, 113–114, Abb. 12; Bartl 2011a. 380 Bonatz et al. 2008, S. 114.

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Bīt Baḫiāni

Abb. 30: Gräber in Areal C.

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Tell Faḫarīya / Sikāni

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Vom Ende der mittelassyrischen Zeit stammen sieben Doppeltopfgräber, 381 welche in die Fußböden der mittelassyrischen Häuser eingelassen waren. Sie müssen angelegt worden sein, als die Häuser noch benutzt wurden oder kurz darauf, noch bevor sich größere Mengen an Schutt darin sammeln konnten. In ihnen wurden ein oder zwei Individuen in Hockerstellung beigesetzt, wie die Bestattung eines Erwachsenen und eines Kindes 382 sowie das Doppeltopfgrab aus der Tiefengrabung an der Türbe 383 zeigen. Diese Form der Bestattung ist in mehreren nordmesopotamischen Orten gegen Ende der mittelassyrischen Periode gut dokumentiert. Die Ausstattung dieser Gräber variiert stark, aber die reichhaltigen Doppeltopfgräber sind mit wesentlich mehr Beigaben versehen als die späteren Lehmziegelkisten- und Topfgräber. Zu den Gräbern am unteren Ende des Ausstattungsspektrums zählen Grab 1 der amerikanischen Grabung mit drei Keramikschalen sowie Grab C-32, die Bestattung eines erwachsenen Mannes mit zwei Keramikgefäßen, von denen eines mit einer Schale bedeckt war. Ein reichhaltig ausgestattes Grab eines jugendlichen Individuums stellt dagegen C-191 dar, worin sich 16 goldene Ohrringe sowie über 100 Perlen und Anhänger fanden, die eventuell aufgrund von Tierstörungen nicht mehr direkt am Körper aufgefunden wurden. Nachweislich noch an Hand- und Fußgelenken befanden sich dagegen sechs Bronzereife. Die Innenseite der Grabbehälter war mit Stoff ausgeschlagen und außerhalb des Grabes wurde eine kleine Schale platziert. Im Grabschacht konnten zudem Reste eines kleinen Ovicapriden, Extremitäten, Schulterblatt und Schädel, sichergestellt werden. Diese spezielle Auswahl an Knochen stellt ein Charakteristikum Nordostsyriens dar, wie zeitgenössische Funde aus Tell Ṣabī Abyaḍ und Tell Muḥammad Ḏiyāb belegen, welche u.a. in Verbindung mit Kremationsgräbern gefunden worden sind. Eine Kremation aus Tell Ṣabī Abyaḍ macht den Verzehr des Tieres im Rahmen des Begräbnisses plausibel, da die Knochen ebenfalls auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden. Deshalb kann vermutet werden, dass es sich bei den Tierknochen um die Reste des Leichenschmauses handelte. 384 Im Gegensatz dazu stehen königliche kispu(m)-Opfer aus neuassyrischen Texten, nach denen hiervon abweichende Körperteile vor allem von Rindern und von Schafen am Grab nach der Bestattung dargebracht wurden. 385

381 In Bonatz et al. 2008, S. 113 wird das Grab 2 aus der amerikanischen Grabung als mittelassyrisches Doppeltopfgrab interpretiert, welches nach Kantor 1958, S. 45 als Topfgrab aufgenommen worden ist (siehe unten). 382 Bartl 2011b, S. 2–3. 383 Siehe unten. 384 Lange 2014. 385 Vorerst muss jedoch unklar bleiben, ob diese Unterschiede auf den sozialen Status, ethnische, regionale oder zeitliche Gegebenheiten zurückzuführen sind. Ebeling 1954, S. 19–20 (VAT 11114): „[…] Inneres, (4) Rindfleisch, linkes, Hüftfleisch, (5) 2(mal) Rückgratknöchel, (6) 4(mal) Rippenfleisch, (7) insgesamt (für) das ‚Haus der vielen Könige‘. (8) Schwanzfleisch, (9) (für) das Grabgewölbe der Ešar[-]ḫamat. […] (1) 2 Schafe von Ḫamat(?), (2) geteilte, (3) 2(mal) Fleisch von dem Schlussbein, Fleisch von der rechten (Seite), (4) Fleisch von der Rippe (und) vom Schwanz, (5) (bekommt) das ‚Haus der vielen Könige‘. (6) Rippenfleisch (bekommt) das Grabgewölbe (7) der Ešar-ḫamat.“ Tsukimoto 1985, S. 108–109 (ADD 1016): „Vs. 1. Zwei Lendenstücke, drei Schulterfleischstücke, 2. DIŠ-ḫāni-Fleisch, zwei rechte Beine(?) 3. von einem Rind, ein Magen, eine Leber, Nieren, ein Herz.

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Bīt Baḫiāni

Chronologisch jünger als die Doppeltopfgräber sind die insgesamt 31 Lehmziegelkistengräber sowie fünf Kinderbestattungen in Topfgräbern anzusehen, die aus einer späteren Epoche stammen müssen, da sie teilweise mittelassyrische Mauern schneiden und daher erst ausgehoben worden sein können, als die Hausruinen nicht mehr sichtbar waren. Diese Schlussfolgerung wird durch mittel- und neuassyrische Keramikformen sowie die Radiokarbondatierungen zweier Lehmziegelkistengräber und eines Topfgrabes unterstützt, die auf eine Zeitspanne zwischen etwa 1250 und 900 verweisen. Zwei Elemente der Lehmziegelkistengräber sind besonders stark ausgeprägt: Die Ausrichtung entlang einer Nord-Süd- oder Ost-West-Achse 386 und die Beigabe eines bestimmten Gefäßsets. Dieses bestand aus einem großen Krug, der eine Flüssigkeit enthielt, einem Schöpfgefäß am Boden des Kruges in Form eines Knopfbechers sowie einer Schale zum Abdecken des Krugs. Das Gefäßset wurde entweder neben oder über den Lehmziegeln, d.h. außerhalb des eigentlichen Grabes gefunden. Des Weiteren wurden regelmäßig kleine Schalen mit Rußspuren, in Nischen im Grab oder darüber deponiert, welche wahrscheinlich als Lampen benutzt worden sind. Nach Meinung der Ausgräber wurden sie zur Beleuchtung des Grabes während des Begräbnisses eingesetzt. Die Toten lagen, soweit dokumentiert, ausgestreckt auf dem Rücken oder auf der Seite, während die Ausrichtung des Kopfes variieren konnte. Über dem Grab, entweder im Grabschacht oder eventuell sogar an der Oberfläche sichtbar, waren häufig die gleichen Körperteile von Ovicapriden wie bei den Doppeltopfgräbern deponiert. Auch die Öffnungen mancher Krüge könnten nach dem Begräbnis noch aus dem Boden herausgeragt haben und nach der Grabschließung noch beopfert worden sein. Falls sich diese von Peter V. Bartl geäußerten Verdachtsmomente erhärten ließen, könnte damit auf kontinuierliche Handlungen am Grab nach dem Begräbnis geschlossen werden. 387 Allerdings gilt auch für diese Tierknochen aufgrund ihrer Auswahl die Vermutung, dass sie die Überreste eines Mahls dargestellt haben könnten. Außer Frage steht jedoch, dass der Ort des Grabes in einigen Fällen bekannt, wenn nicht sogar markiert gewesen sein muss. Darauf weist die Verteilung der Knochen im Grab C-151 hin, in dem zwei Individuen an den Rand geschoben wurden, als sich ihre Knochen bereits nicht mehr im anatomischen Verband befanden, während die Knochen eines dritten Skelettes noch korrekt angeordnet waren. 388 Als weitere Grabbeigaben sind vor allem Bronzenadeln und Fußreife aus demselben Material zu nennen. Andere Beigaben, wie Perlen, Schmuck oder Schalen sind selten. Letztere wurden entweder über der Brust oder in den Händen der Verstorbenen entdeckt. Im Falle der einzigen leeren Gräber B.1 und B.2 ist der originäre Zustand unbekannt bzw. Diskussionsgegenstand. 389

386 387 388 389

4. Sechs gesunde Schafe, ein weibliches Frühlingslamm, zwei Fleischstücke von einem Schaf, Bratfleisch eines Maultieres, 6. eine Ente, […] Rs. 4. Diese sind für das Mausoleum 5. in Assur.“ 14 Gräber in Ost-West- sowie 11 in Nord-Süd-Ausrichtung sind auf dem Plan in Bartl 2011a, S. 5 (hier: Abb. 30) erkennbar. Bartl 2011a. Bonatz et al. 2008, S. 109–110. Pruß und Baghdo 2002, S. 321 vermuten, dass B.1 bereits von den Amerikanern als Grab 3 geleert und B.2 antik geplündert wurde. Bonatz et al. 2008, S. 109, Anm. 21 äußern Zweifel an der Gleichsetzung.

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Tell Faḫarīya / Sikāni

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Von Bedeutung sind die Übereinstimmungen zwischen Doppeltopfgräbern und Lehm­ziegel­k istengräbern hinsichtlich der Beigabe von Tierresten sowie der Keramik. Sie weisen auf eine Kontinuität der Begräbnishandlungen während dieser beiden Phasen hin. 390 Über die fünf Topfgräber kann nicht viel mehr gesagt werden, als dass sie die Überreste von Kindern und nur sehr wenige oder keine Beigaben enthielten. 391 Unklar hinsichtlich ihrer Klassifizierung sind die Gräber 2 und 3 der amerikanischen Grabung. Ersteres enthielt zwei Eisenringe, Eisenfragmente, eine Kette bestehend aus 29 Perlen sowie mehreren Hundert Muschelscheiben. H. J. Kantor datiert es aufgrund von Vergleichsbeispielen in die neuassyrische Zeit, eventuell sogar etwas jünger. Ebenfalls der neuassyrischen Periode ordnet sie das nahe gelegene Grab 3 zu, welches 10 bronzene Lanzenspitzen, je zwei bronzene und eiserne Pfeilspitzen sowie drei Eisenklingen barg. Außerdem enthielt es ein gebogenes Bronzestück, eine Lampe, einen Becher sowie einen großen Topf. Schließlich sind drei weitere Erdgräber zu nennen, die aber aufgrund ihrer stratigraphischen Lage und des Fehlens von Beigaben schwierig zu datieren sind. Bemerkenswert ist bei einer dieser Inhumationen die aufrecht sitzende Haltung des Skeletts. 3.2.2.2 Grab im südlichen Bereich des Westhangs der Oberstadt Im südlichen Bereich der Oberstadt (Grabungsstelle D bzw. „Türbe-Schnitt“) wurde ein weiteres Doppeltopfgrab mit zwei Bestattungen darin entdeckt. 392 Verschiedene Schmuckgegenstände, darunter ein Ring, ein Reif, sowie verschiedene Perlen, waren in das Grab gelegt worden. Als weiteren Bestandteil dieses Grabes kann wohl ein Gefäßset betrachtet werden, dass von den Ausgräbern nicht als solches erkannt wurde und ebenso wie bei den anderen Gräbern aus einem großen Krug, einem Knopfbecher zum Schöpfen sowie einer Schale zum Verschließen bestand. 393 Das Grab kann ebenfalls in die ausgehende mittelassyrische Periode datiert werden. 3.2.2.3

Zwei Gräber am Osthang der Oberstadt

Am Osthang der Oberstadt sind bislang zwei Gräber, Grab 4 und A-101, freigelegt worden. 394 Bei letzterem handelt sich um denselben Typ des Lehmziegelkistengrabs wie in Grabungsstelle C, es liegt allerdings in einer Schicht über den Resten des früheisenzeitlichen Monumentalgebäudes, welches von den amerikanischen Ausgräbern als bīt ḫilāni 390 391 392 393 394

Bartl 2011a, S. 3. Bartl 2011a, S. 2: „poor inventories“. Moortgat 1956, S. 47, Taf. VII; ders. 1957, S. 22, Abb. 8; Hrouda 1961, S. 210, 217, Abb. 7d, 8a. Hrouda 1961, S. 208, Abb. 6a, 6i, 7; Bonatz et al. 2008, S. 110, Anm. 25. Bonatz et al. 2008, S. 99–100, Abb. 3.

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Bīt Baḫiāni

interpretiert wurde. Daher ist das genaue chronologische Verhältnis zu den Lehmziegelkistengrabes vom Westhang unklar, auch wenn die Merkmale des nord-südlich orientierten Grabes mit einem großen Krug und einem kleinen Gefäß zum Schöpfen sowie einem Skelett in Rückenlage jenen entspricht. Bei Grab 4 handelt es sich um ein einfaches Erdgrab, welches aber mit einigen Beigaben aufwarten konnte. 395 Die verstorbene Person wurde auf dem Rücken, in Hockerstellung und mit dem Kopf in östlicher Richtung und nach rechts gedreht, d.h. nach Norden schauend, zur letzten Ruhe gebettet. Der Körper war üppig geschmückt: Am Skelett befanden sich noch zwei Ohrringe, einer aus Gold, einer aus Bronze, ein Armreif am rechten Oberarm, ein Bronzering an der linken Hand, eine Perle auf Hüfthöhe sowie zwei Reife an den Füßen. Außerdem wurden acht weitere Perlen sowie ein Anhänger gefunden. Aufgrund eines Keramikanhängers, dessen Parallelen aus Rhodos und Megiddo stammen, kann das Grab möglicherweise ebenfalls ins 8. Jh. datiert werden.

3.2.3

Inschrift auf der Statue Hadd-yiṯ‘is (KAI 309)

Einen Hinweis darauf, welche Elemente der königliche Ahnenkult von Gūzāna umfasst haben könnte, lässt sich aus der assyrisch-aramäischen Bilingue auf der Basaltstatue des Königs bzw. Statthalters Hadd-yiṯ‘i (Höhe 1,65  m, Basis 0,35 × 0,46 × 0,45  m, Abb. 30), die 1979 im südlichen Bereich der Oberstadt von Tell Faḫarīya entdeckt wurde, entnehmen. 396 Die Statue stellt einen Beter im assyrischen Stil dar, kann wegen mancher Details aber einem lokalen Bildhauer zugeschrieben werden, der noch von den Kapara-zeitlichen Kunstformen beeinflusst war. 397 Die paläographischen Merkmale dieser Weihinschrift sprechen für eine Einordnung etwa in der Mitte oder der zweiten Hälfte des 9. Jh. 398 Im abschließenden Fluchteil des aramäischen Textes heißt es in Z. 16–18: „(16) […] Wer entfernt meinen Namen von den Gegenständen (17) des Tempels des Hadad, meines Herrn: Mein Herr Hadad möge sein Brot und sein Wasser nicht annehmen aus (18) seiner Hand. Šuwala, meine Herrin, möge sein Brot und sein Wasser nicht annehmen aus seiner Hand. […]“ 399 Da aufgrund der Opfermaterien Brot und Wasser eine ausschließliche Gabe an die genannten Gottheiten sehr unwahrscheinlich ist, muss es sich um ein Opfer für die könig395 Kantor 1958, S. 51, 94–95, Taf. 50.24–25, 52.12. 396 Abou-Assaf et al. 1982; Zadok 1982; Greenfield und Shaffer 1983; dies. 1985; Lipiński 1994, S. 19– 81; Toorn 1996, S. 166–167; Schwemer 2001, S. 408–410, 613–615; Schwiderski 2003; Niehr 2006, S. 133; ders. 2010a, S. 223–229; ders. 2014a, S. 130–132. 397 Orthmann 2002, S. 93–94. 398 Dornauer 2010, S. 55. 399 Niehr 2010a, S. 225–226 mit der Ergänzung „Šuwala“ statt „Šala“ nach ders. 2014a, S. 131. Z. 16– 18 im aramäischen entspricht Z. 26–30 im assyrischen Teil.

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Tell Faḫarīya / Sikāni

105

lichen Vorfahren gehandelt haben, anlässlich der Hadad und seine Paredra, die Unterweltsgöttin Šuwala – anstelle von Šāla im assyrischen Textteil – als Vermittler angerufen wurden, was den allein in der aramäischen Fassung erwähnten Nergal erklärte, welcher in den Texten aus Emar ebenfalls zusammen mit Šuwala erscheint. 400 Erstere Schlussfolgerung beruht auf einem Vergleich zu dem aus mesopotamischen Quellen bekannten Totenkultritual kispu(m), bei der Brot und Wasser als wichtige Bestandteile gelten. 401 Die Beopferung der königlichen Toten gemeinsam mit dem Wettergott ist auch in anderen Teilen Nordsyriens belegt. Als direkte Parallele ist der, bis auf die Einbeziehung Karḫuḫas als dritte Gottheit, nahezu identisch formulierte Fluch aus der Bauinschrift KARKAMIŠ A. 11a zu nennen, da auch hier der Wettergott Tarḫunza und dessen Paredra Kubaba demjenigen die Annahme von Brot und Libation verweigern sollen, der den Namen Katuwas auslöscht oder die von ihm errichtete Statue Atrisuhas, seines vergöttlichten Vorfahren, zerstört. 402 Auch der Text auf der Hadadstatue aus Gerçin (KAI 214) ist insofern vergleichbar, als dass der Totengeist Panamuwas I. von dessen Sohn und Thronfolger zum Essen und Trinken mit Hadad angerufen und eingeladen werden soll. 403 Während bezüglich Karkamiš unklar ist, ob diese Opfer vielleicht im Wettergotttempel der Stadt stattfanden, lässt sich der für den Ahnenkult Panamuwas I. designierte Platz in Gerçin, d.h. außerhalb der Hauptstadt Sam’al, an der Hadadstatue an dessen Grab lokalisieren. Anhand der Tell Faḫarīya-Inschrift kann nachvollzogen werden, dass in Gūzāna eine ältere Statue Hadd-yiṯ‘is aufgestellt war, auf der sich nur eine kürzere Version des assyrischen Textes befand. Ein zweiter Teil sowie die aramäische Übersetzung der gesamten Inschrift wurden erst bei der Herstellung der zweiten Statue hinzugefügt. Aus der ersten Zeile des aramäischen Textes, 404 die einen Zusatz zur aramäischen Übersetzung darstellt, wird deutlich, dass die Statue vor Hadad von Sikāni, d.h. im Wettergotttempel von Sikāni aufgestellt war. Da in der „ersten Inschrift“ der assyrischen Version (Z. 7) noch der Tempel des Wettergottes von Gūzāna erwähnt wird, scheint es plausibel anzunehmen, dass sich das ältere Pendant analog innerhalb des dortigen Tempels befand. Wo aber die Opfer für die königlichen Toten dargebracht wurden, bleibt unerwähnt. Hadd-yiṯ‘i ließ zwar jeweils eine Beterstatue in beiden Heiligtümern aufstellen, woraus sich allerdings nicht automatisch schließen lässt, dass diese auch als Fokus des königlichen Ahnenkultes dienten. 400 Lipiński 1994, S. 31–33; ders. 2009; ders. 2016a, S. 139–140; Niehr 2014a, S. 131–132; ders. 2014– 2016, S. 349 contra Greenfield und Shaffer 1983, S. 115; dies. 1985, S. 51; Schwemer 2001, S. 408– 410; ders. 2006–2008, S. 565; Trémouille 2011–2013; Zadok 1982, S. 120–121. Gegner dieser Interpretation nehmen an, dass die Schreibung swl an der Stelle von assyr. d ša-la (Z. 29) sich besser durch einen Schreibfehler (statt wsl „und Šāla“), eine veränderte Aussprache als Sū/ōla (Schwemer 2001, S. 408–410; ders. 2006–2008, S. 565) oder eine lokale Variante des Namens (Zadok 1982, S. 120–121) erklären ließe. 401 Greenfield und Shaffer 1985, S. 52–53; Tsukimoto 1985, S. 230; Toorn 1996, S. 166–167; Niehr 2006, S. 133. 402 Greenfield und Shaffer 1983, S.  115; dies. 1985, S.  52–53; Hawkins und Mopurgo Davies 1986, S. 77–78; Niehr 2006, S. 133. 403 Greenfield und Shaffer 1985, S. 52; Toorn 1996, S. 166–167; Niehr 2006, S. 133; ders. 2010a, S. 281. 404 Niehr 2010a, S. 225: „Die Statue des Haddayisi, welche er errichtet hat vor Hadadsikani […]“.

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106

Bīt Baḫiāni

3.3

Weitere Fundorte

3.3.1

Tell Ḥarba

Auf dem benachbarten Tell Ḥarba, unmittelbar nordwestlich des Tell Ḥalaf, fand sich der Torso eines Sitzbildes aus Basalt (56 × 32 × 29 cm). 405 Der Kopf fehlt und die Statue wurde möglicherweise nie fertiggestellt. Abgesehen davon lassen sich ein Gewand, eine Aussparung unter dem Hocker, in der die Füße erkennbar sind, die auf den Knien liegenden Arme, von denen der rechte eventuell ein Gefäß hält, sowie der Ansatz einer weiblichen Brust feststellen.

3.3.2

Bozhöyük

Ein weiterer Sitzbildtorso aus Basalt (60 × 35 × 30 cm) stammt aus einem sekundären Kontext im 32 km nordöstlich von Tell Ḥalaf gelegenen Bozhöyük. 406 Erhalten geblieben ist der Unterleib der Figur bis zum Schoß, die auf einem blockartig ausgeführten Hocker sitzt. Auffällig sind die starke Stilisierung sowie das Fehlen einer Schale in der rechten Hand; beide Hände ruhen auf den Knien. Die Verwandtschaft zu den Sitzbildern von Tell Ḥalaf wird vor allem durch den Vergleich mit drei weiteren Exemplaren aus Çakır deutlich, woraus sich ein ähnliches Entstehungsdatum im 10. oder 9. Jh. ableiten lässt.

3.3.3

Çakır

Drei Sitzbilder wurden angeblich zusammen, wiederum in einem sekundären Kontext, vermutlich in dem 46 km nordöstlich des Tell Ḥalaf gelegenen Ort Çakır (früher Girbel), vielleicht auf oder in der Nähe des dortigen Tell, gefunden. 407 Gemeinsame Merkmale dieser drei Sitzbilder sind die kubische Form sowie die auffallend geringe Plastizität der dargestellten Körperteile abgesehen von den Köpfen. Die Sitzstatue einer Frau aus Basalt (93 × 32 × 38 cm) ist dabei besonders bemerkenswert, da ihr Gesicht dem der Statue A, 2 nachempfunden zu sein scheint, auch wenn es etwas gröber ausgeführt wurde. Allerdings ist die Armhaltung verschieden: Der rechte Arm liegt auf der Brust und zeigt zum Gesicht,

405 Oppenheim 1931, S. 173; Moortgat 1955, S. 123, Taf. 153, D 5; Orthmann 1971, S. 486, T. Herbe 1; Voos 1986, S. 12, Kat.-Nr. 12; Bonatz 2000a, S. 15, Taf. VI, B 6; Rehm 2016, S. 40, 115–116, F 7. 406 Schachner et al. 2002, S. 114–117, Abb. 8–9. 407 Erkanal und Erkanal 1989, S. 133; Schachner et al. 2002, S. 108–115, Abb. 2–7; Rehm 2016, S. 40, 114–115, Taf. 9, F  4. Zur Problematik der Identifizierung des Fundortes, siehe Schachner et al. 2002, S. 107, Anm. 5.

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Weitere Fundorte

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während der linke abgewinkelt zum Ellenbogen des rechten führt. 408 Der Schoß der Figur ist nicht zur Ablage von Opfern geeignet, da er nur sehr schmal und nicht ganz waagerecht herausgearbeitet wurde. Ähnlich ist die Basaltfigur eines Mannes (1,05 × 0,36 × 0,51 m) gestaltet, dessen rechte Hand ebenfalls auf der Höhe der Brust nach oben weist, in diesem Fall aber den langen Bart berührt. Der linke Arm ist dagegen nicht abgewinkelt; er weist direkt nach unten. Der Unterleib ist hier nicht einmal mehr angedeutet, sondern besteht lediglich aus einer abgesetzten Kante für den Schoß. Im Gegensatz zu diesen beiden Figuren sind bei dem Sitzbild eines weiteren bärtigen Mannes (Basalt, 96 × 45 × 52 cm) die Bekleidung, zumindest im Bereich des Oberkörpers, sowie ein Kopfschmuck in Gestalt eines einfachen Stirnbandes dargestellt. Darüber hinaus hält er einen ausgehöhlten Becher mit der Rechten umfasst, während die linke Hand auf dem Knie ruht, und bietet mit seinem tiefen Schoß ggf. eine Ablagefläche für Opfer. Die Füße sind durch je fünf frontal dargestellte Zehen in einem „Fenster“ angedeutet, was an eine Variante der ausgehöhlten Fußräume unter den Torsi aus Tell Ḥalaf und Tell Ḥarba erinnert. Trotz ihrer gröberen Ausführung und der ikonographischen Unterschiede in Form der Armhaltung verweisen die Sitzbilder von Çakır deutlich auf ihre Pendants aus Tell Ḥalaf, so dass auch hier eine Nutzung in einem sepulkralen Rahmen angenommen werden kann. Auch die These, dass die soziale Schicht der dargestellten Personen niedriger anzusiedeln ist als die der größeren Sitzbilder aus Tell Ḥalaf, scheint aufgrund der künstlerischen Qualität plausibel. 409

3.3.4

Rabbat Kalesi

Wahrscheinlich ebenfalls an die Sitzbildtradition von Tell Ḥalaf anzuschließen ist ein Torso (30 × 30 cm) aus einer Höhle unterhalb von Rabat Kalesi, der römischen Festung Siphrios, 65 km nördlich des Tell Ḥalaf. 410 Er besteht aus Tuff und ist etwa bis zur Brust aufwärts erhalten. Weitere Funde aus der Höhle sind nicht bekannt. Was ihn mit den Sitzbildern des Tell Ḥalaf bzw. Tell Ḥarba verbindet, ist der ausgehöhlte Raum unter dem Schemel oder Thron, in dem sich die Füße befinden. Auch ist eine ausgehöhlte Schale in der rechten Hand noch deutlich erkennbar.

408 Als direkte Parallelen zu dieser Armhaltung kommen zwei Kalksteinstatuetten aus dem Nord­ irak infrage, von denen eine aus Tell Billa unter dem Verdacht der Fälschung steht, während eine zweite, angeblich 8 km südlich von Tell ar-Rimāḥ gefunden, im besten Fall einen Streufund darstellt. Howard Carter 1970, S. 22, 29, 35 (Sinjar #1, FAKE); Schachner et al. 2002, S. 120. Die von Schachner et al. 2002, S. 120 vorgeschlagene Parallele zur Armhaltung der Idrimistatue ist dagegen weniger direkt, da diese beide Unterarme in etwa parallel zueinander hält. 409 Schachner et al. 2002, S. 121–122; Niehr 2006, S. 132. 410 Wießner 1980, S. 34, Abb. 26; Voos 1986, S. 40, Kat.-Nr. 14; Bonatz 2000a, S. 16, Taf. VII, B 12; Rehm 2016, S. 40, 116, F 9.

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Bīt Baḫiāni

3.4

Zusammenfassende Rekonstruktion

3.4.1

Begräbnishandlungen

3.4.1.1

Begräbnishandlungen der Bevölkerung

Die ältesten Grabformen des Tell Ḥalaf in historischer Zeit stellen Lehmziegelkistengräber aus dem Bereich des späteren Westpalastes dar, welche vermutlich aus dem letzten Drittel des 2.  Jt. stammen. Es wird angenommen, dass diese Gräber Bestandteil eines Gräberfeldes gewesen sein könnten, das vor der Errichtung des Westpalastes existierte und zu dem möglicherweise auch die Grabbauten nordwestlich des Westpalastes in Verbindung standen. 411 Da momentan noch ungeklärt ist, ob Tell Faḫarīya zu dieser Zeit bewohnt war, könnte es sein, dass die dort vorgefundenen Gräber aus der Zeit von ca. 1250 bis 900 von den Einwohnern Gūzānas, anderer Orte oder von Nomaden angelegt wurden. Aber u.a. aufgrund der Distanz zum Tell Ḥalaf sowie der Existenz zeitgenössischer Gräber auf dem Tell Ḥalaf ist dies abzulehnen und eine Besiedlung von Tell Faḫarīya anzunehmen. 412 Fest steht, dass sich die Lehmziegelkistengräber des Tell Faḫarīya nicht nur zeitlich und bezüglich der Grabform mit ihren Pendants aus Tell Ḥalaf überschneiden, sondern ihnen auch hinsichtlich der Ausstattung nahestehen, was auf vergleichbare Bestattungsrituale hinweisen könnte. So fand sich in Grab 16 von Tell Ḥalaf mit einer Schale in einer Nische und einer anderen in einem Topf eine ähnliche Ausstattung mit Keramikgefäßen wie in vielen Lehmziegelkistengräbern von Tell Faḫarīya, die aus einer Schale oder Lampe in einer Nische, einem Vorratsgefäß mit einem Becher zum Schöpfen darin sowie einer Schale zum Abdecken des Gefäßes bestanden. Im Gegensatz zu Tell Faḫarīya fanden sich das Gefäßset und die Tierknochen jedoch nicht neben oder über dem Grab, sondern im Grab selbst. Auch die Beigabe von sowie das Anlegen der Toten mit Schmuck mit dem Fokus auf Perlen bzw. Ketten scheint übereinzustimmen. Bislang nur in Tell Faḫarīya dokumentierte Eigenheiten stellen die Ausrichtung der Gräber nach den Himmelsrichtungen, die Beschränkung auf bestimmte Gefäßsets – mit Flüssigkeit gefüllte Krüge, Schöpfgefäße und Deckel – sowie die Auswahl spezieller Körperpartien von Ovicapriden, Schädel, Schulterblatt und Extremitäten, dar. 413 Da manche der Krüge und Tierknochen nach der Grabschließung noch sichtbar gewesen sein könnten, scheint es, dass nach der Bestattung noch weitere Opfer am Grab dargebracht wurden. Neben Lehmziegelkistengräbern wurden in Tell Ḥalaf oberirdische Grabbauten im Bereich vor der Burgmauer errichtet, die teilweise zugänglich waren. Zwei verschiedene Typen existierten: Zum einen die Baugruppen 1 und 2, deren Vorraum betreten werden konnte, während die eigentlichen Grabkammern zugemauert wurden. Zum anderen wurden im Gebiet des späteren Lehmziegelmassivs kleine, vermutlich betretbare Räume

411 Baghdo und Martin 2011, S. 186; Novák 2013a, S. 297. 412 Bonatz 2014c, S. 82 contra Bartl 2011a, S. 4. 413 Die Tierknochen aus Grab 16 wurden noch nicht analysiert.

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Zusammenfassende Rekonstruktion

109

mit Sitzbildern über Grabschächten mit Kremationen angelegt; die Bestattungsart der Baugruppen 1 und 2 ist wegen ihrer sekundären Nutzung unbekannt. Schließlich ist die Bestattung in Wannensarkophagen während Gūzānas Zeit als assyrische Provinzhauptstadt belegt. Dem bisherigen Anschein nach handelt es sich dabei um eine Grabform, die Kindern vorbehalten blieb. Zumindest konnten in allen Fällen, wo entsprechende Einschätzungen noch möglich waren, die Knochen von Kindern festgestellt werden. Diese Beobachtung steht eventuell im Zusammenhang mit einem älteren Befund des Tell Faḫarīya, als Topfgräber ebenfalls nur Kindern als letzte Ruhestätten dienten (ca.  1250–900). Allerdings konnten Kinder auf dem früheisenzeitlichen Tell Ḥalaf auch in Lehmziegelkistengräbern beigesetzt werden. Bis zum heutigen Tag wird versucht, die verschiedenen Bestattungsformen des Tell Ḥalaf mit einem Rückgriff auf monokausale und dualistische, vorzugsweise ethnischkulturelle, Erklärungsmodelle zu reduzieren. So soll die „Einführung“ der Kremation auf die Aramäer bzw. Aramäer unter luwischem Einfluss zurückzuführen sein. 414 Wenn sich allerdings noch nicht einmal innerhalb Gūzānas aufgrund der geringen Anzahl an Gräbern eine klar ersichtliche Tendenz feststellen lässt und eine vermeintliche „Einführung“ auf der Grundlage von bislang zwei Gräbern postuliert wird, können keine belastbaren Aussagen über die mögliche Zugehörigkeit zu „der“ aramäischen Bestattungstradition getroffen werden. 415 Kandidaten für „aramäische“ Bestattungspraktiken stellen letztlich nur die Gräberfelder von Ḥamā, Tell an-Naṣrīya und Tell Šiyuḫ Fawqānī dar, deren „aramäischer“ Charakter aufgrund des starken luwischen Einflusses nicht über jeden Zweifel erhaben ist und zu deren besten Parallelen die Gräberfelder um Karkamiš zählen, 416 während die Gräber aus Tell Ḥalaf kaum mit den ersteren in Einklang zu bringen sind. Zu bedenken ist darüber hinaus, dass die Kremation vermutlich nicht in der frühen oder mittleren Eisenzeit „eingeführt“ wurde, sondern zumindest bereits seit der Spätbronzezeit in Nordostsyrien sporadisch praktiziert wurde, wie die spätbronze- bzw. frühei414 Kutter 2008, S.  305; Tenu 2009; Novák 2013a, S.  299; ders. 2013b, 271; ders. 2016, S.  125–128 (letzter Beitrag neutral formuliert, im Kern aber ähnlich). Zur Kritik vgl. Düring et al. 2015, S. 49, welche das Aufkommen der Kremation in Nordostsyrien / Tell Ṣabī Abyaḍ aufgrund mangelnder aramäischer Namen nicht mit diesen in Verbindung bringen. Vgl. auch Tenu 2013a, welche nun für einen luwischen Ursprung der Kremation plädiert. Vgl. außerdem Novák 2003, S. 66, der eine Differenz aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit (noch) verneint, sondern stattdessen eine aufgrund des Geschlechtes andeutet. 415 Entsprechende Ansätze werden bezüglich einer Reihe von Kulturen, insbesondere der römischen mit ihren häufigen Wechseln zwischen Kremation und Inhumation sowie der phönizischen, im Allgemeinen als wenig hilfreich erachtet. Kroeber 1927; Ucko 1969, S.  273–275; Aubet 2013, S.  79–80. Allerdings muss zugegeben werden, dass es in einigen Fällen tatsächlich möglich ist, Gesellschaften mithilfe ihrer Bestattungskultur zu charakterisieren. Ucko 1969, S. 275. Ähnlich nutzlos erweist sich ein solches Schema bei der Betrachtung der phönizisch-punischen Bestattungstraditionen. Aubet 2013; Dixon 2013, S. 568. 416 Die Kremationsgräber von Tell Šiyuḫ Fawqānī werden von Niehr 2014a, S. 150 implizit als aramäisch betrachtet, während im Falle Ḥamās dagegen keine ethnische Differenzierung möglich sei (Niehr 2014a, S. 190). Vielleicht bespricht Lipiński 2000, S. 636–638 deshalb die Gräber von Tell Ḥalaf, nicht aber die aus Ḥamā.

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Bīt Baḫiāni

senzeitlichen Kremationsgräber von Tell Ḫuwayra, Tell Ṣabī Abyaḍ, Tell Muḥammad Ḏiyāb, Tell Baydar, Giricano und Nemrik zeigen, ohne dass dafür vergleichbare Akkulturations- oder Migrationsmodelle herangezogen worden sind. 417 Diese Beispiele befanden sich bis auf die Ausnahmen von Tell Ṣabī Abyaḍ, eine Grube ohne Grabgefäß, und Tell Baydar, ein Keramiksarkophag, in Urnen. 418 Die neuassyrischen Kremationsgruben aus Tell Šayḫ Ḥamad sowie Ziyaret Tepe sind dagegen zunächst für Müllgruben bzw. metallurgische Installationen gehalten worden. 419 Innerhalb dieser Bandbreite nehmen die Kremationsgräber aus Tell Ḥalaf somit nicht nur chronologisch eine „Mittelposition“ ein, da sie sich in Urnen befanden, der archäologische Kontext jedoch eine Verbrennung an Ort und Stelle nahelegt. 420 Deshalb können die Kremationen von Gūzāna nicht mit der „Ankunft“ oder der Machtübernahme der Aramäer korreliert werden, 421 sondern müssen innerhalb ihres lokalen Kontextes betrachtet werden, welcher verdeutlicht, dass die Kremationen zum Teil dieselben Grabbeigaben aufwiesen wie der südliche Grabbau am Westpalast, was auf teilweise gleichartige Bestattungshandlungen  –  Bedecken des Mundes mit einem Goldblech, Verwendung von Möbelstücken – schließen lässt. Weitere Parallelen stellen die Begehbarkeit des Grabes sowie die Möglichkeit zur Durchführung von Ahnenkultritualen dar, welche im Falle des Grabes am Westpalast auf der davor angelegten „Plattform“ 422 bzw. im Grabschacht vollzogen werden konnten.

417 Wahl 2010, S.  295, 298; Düring et al. 2015; Sauvage 2005; Debruyne 2000, S.  297; Schachner 2003a, S. 161; Reiche 2014, S. 297, 326–327, Taf. 14.8. In diesem Zusammenhang ist nicht nur auf die Feuerrituale in der mittelbronzezeitlichen Nekropole von Tell Mūzān (Kharobi et al. 2014), sondern außerdem darauf hinzuweisen, dass das königliche hethitische Bestattungsritual zumindest in Teilen nordsyrische bzw. hurritische Einflüsse aufweist, insbesondere das Ritual der Leichenverbrennung. Haas 1994, S. 219; Bonatz 2000a, S. 171; Hutter 2003, S. 262. Vgl. dazu auch Kassian et al. 2002, S. 12–13. Unabhängig davon nehmen Düring et al. 2015, S. 49 aufgrund der geographischen Verbreitung der spätbronzezeitlichen Kremationen sowie der in Tell Ṣabī Abyaḍ belegten Namen an, dass der Hauptteil der Kremationen auf hurritische Bevölkerungsanteile entfällt, während die Doppelkremation eventuell Bezüge nach Westen aufweist. 418 Akkermans und Wiggermann 2015, S. 106; Düring et al. 2015, S. 41–42 (Grab BN02-15); http:// www.sabi-abyad.nl/Page.aspx?pageType=page&pageID=420. Zuletzt abgerufen am 06.07.2015. 419 Kreppner 2008; ders. 2014; Matney et al. 2002, S.  55–56; Matney et al. 2009, S.  44–49; Wicke 2008b; ders. in Matney et al. 2011, S. 97–99; ders. 2013, S. 241–246. Im neuassyrischen Tell Šayḫ Ḥamad gab es ebenfalls Kremationen in Urnen, während in Ziyaret Tepe nur eine Urne aus der frühen Eisenzeit geborgen worden ist. 420 Nicht zu vergessen ist das Bronzegefäß ZT 29212, das neben Grab A-805 aus Ziyaret Tepe gefunden worden ist. Es enthielt neben gravierten Elfenbeinartefakten auch verbrannte menschliche Knochen. Die Ausgräber vermuten, dass es ursprünglich im Grab A-805 selbst platziert war. Matney et al. 2009, S. 45. 421 Vgl. Düring et al. 2015, S. 49 für die in diesem (oder einem hethitisch-luwischen) Szenario weiterhin erklärungsbedürftigen Kremationen von Tell Ṣabī Abyaḍ. 422 Vgl. Niehr 2014a, S. 144.

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Zusammenfassende Rekonstruktion

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3.4.1.2 Königliche Begräbnishandlungen Bisher kann lediglich der südliche Grabbau am Westpalast aufgrund von Lage und Ausstattung relativ sicher als Grabstätte eines Angehörigen der königlichen Familie angesprochen werden, während dies für den nördlichen Grabbau nur vermutet werden kann. Dass manche Räume im Nordbau demselben Zweck dienten, kann momentan nur vermutet werden. Die Grabbauten vor der Zitadelle kommen aufgrund ihrer Position außerhalb der Oberstadt wohl ebensowenig dafür infrage wie die Gräber unter dem Lehmziegelmassiv. Als Bestattungsart für einen königlichen Toten wurde wohl im späten 10.  Jh. die Körperbestattung gewählt. Er wurde in einer Gruft mit gewölbter Decke auf dem Rücken mit dem Kopf nach Osten gebettet und von Kopf bis Fuß mit umfangreichem Goldschmuck ausstaffiert. Die Mitgabe von verschiedenen Gefäßen könnte auf eine Versorgung des Toten im Jenseits oder während der Reise dorthin schließen lassen. Die Funktion der Wandnische ist unklar, da sie leer blieb; eventuell war sie für eine Lampe gedacht, was Konnotationen zu den assyrischen Königsgrüften wecken würde. Als deutliche Unterschiede müssten allerdings die Lage innerhalb eines Palastes sowie die Bestattung in einem Steinsarkophag genannt werden. Weitere rituelle Handlungen lassen sich nicht feststellen, aber vermuten: So könnten die im Grab ineinander gesteckt gefundenen Möbelfüße nicht nur eine Rolle als Grabbeigabe, sondern auch während der Bestattungszeremonie gespielt haben, im Falle eines Bettes etwa zur Aufbahrung des Toten. Vermutlich fanden diese Handlungen entweder vor oder über dem Grab oder, falls er bereits existiert haben sollte, im Westpalast statt. Gleichzeitig könnte die „Plattform“ bzw. der Grabschacht für Handlungen nach der Grabschließung benutzt worden sein. Denn dass andererseits die Gruft von außen unverputzt blieb, sie eine gewölbte Decke aufwies und zu einem unbekannten Zeitpunkt überbaut wurde, lässt darauf schließen, dass die Gruft von vornherein unterirdisch konzipiert war, so dass eventuelle Handlungen vor dem Grab nur eine begrenzte Zeitspanne andauerten und Ahnen- oder Totenkultrituale an einem anderen Ort durchgeführt werden mussten. Im Gegensatz zu den Kremationsgräbern unter dem Lehmziegelmassiv konnten allerdings keine Sitzbilder oder Statuen im Umkreis des Grabes in situ festgestellt werden.

3.4.2

Toten- und Ahnenkult

3.4.2.1 Ahnenkult der Bevölkerung Angesichts der sekundären Verwendung anikonischer Stelen scheint es im Bereich des Möglichen zu liegen, dass sich die Bevölkerung Gūzānas in der Zeit vor der Errichtung des Westpalastes dieser zur Repräsentation ihrer Vorfahren bedient hatte. Falls dies zutreffend sein sollte, können daraus momentan keine Rückschlüsse über ein Verhältnis zu den ebenfalls im Ahnenkult verwendeten Sitzbildern und Statuetten geschlossen werden,

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Bīt Baḫiāni

obwohl eine chronologische Abfolge von anikonischer zu bildlicher Darstellung als naheliegendste, gleichzeitig aber auch als bequemste Lösung anzusehen ist. 423 Der „Kultraum“ des Tell Ḥalaf kann entgegen vorherrschender Meinung wahrscheinlich nicht als Verbindung eines Wettergottkultes mit dem Ahnenkult aufgefasst werden, sondern stellte vermutlich eine „reine“ Ahnenkultstätte dar. Als Rituale lassen sich dabei Libationen, Brand- und Räucheropfer archäologisch nachweisen. Der Fund eines Neumondanhängers am Doppelsitzbild, eventuell auch der eines Vollmondamuletts an anderer Stelle des „Kultraums“, kann vielleicht an eine in Syrien und Palästina belegte Symbolik angeschlossen werden und steht – neben anderen Aspekten – eventuell sinnbildlich für die Zeitpunkte, an denen der Ahnenkult im „Kultraum“ durchgeführt wurde, nämlich am Neu- und vielleicht auch am Vollmondtag. Während im eisenzeitlichen Palästina Ahnenkultfeiern wohl an beiden Tagen stattfinden konnten, 424 ist die Lage in Mesopotamien aufgrund spärlicher Quellen undurchsichtig. In neuassyrischer Zeit ist lediglich der Vollmondtag zur Durchführung des kispu(m)-Opfers belegt. Hingegen scheint in neu­ babylonischer Zeit wahrscheinlich der Neumondtag dafür vorgesehen gewesen zu sein. 425 Die Bedeutung der Sonnensymbolik im Zusammenhang mit dem Ahnenkult, die sich in der Ostausrichtung der Statuen und der sie umgebenden Gebäude manifestierte, ist gleichermaßen sowohl im Zweistromland als auch in Syrien und Palästina dokumentiert. Ob und in welcher Beziehung die hier dargebrachten Opfer zum mesopotamischen kispu(m)-Ritual stehen, ist schwierig zu deuten. Unabhängig davon, ob sich unter dem „Kultraum“ Gräber befanden oder nicht, ist wohl die Errichtung eines speziellen Gebäudes für den Ahnenkult als grundsätzliches Unterscheidungsmerkmal hervorzuheben, während das kispu(m)-Ritual im Wohnhaus oder am Grab vollzogen werden konnte, wobei sich die Gräber häufig direkt unter den noch bewohnten Häusern befanden. Im Gegensatz zum Ahnenkult im „Kultraum“ können die Grabbauten unter dem Lehmziegelmassiv als sichere Belege eines Ahnenkultes am Grab und die darin befindlichen Sitzbilder als Grab- und Ahnenkultmonumente gelten. 426 Auffällig ist dabei der Kontrast zwischen den Grabbauten der Sitzbilder und dem „Kultraum“ hinsichtlich La423 Falls die „Stelenreihen“ von Aššur ebenfalls in diesem Sinne gedeutet werden (zuletzt Meyer 2017, S.  249, Anm. 54), wurde dort das anikonische Paradigma mit der Errichtung der Stele Aššuršarrats im 7. Jh. durchbrochen. Bonatz 2000a, S. 63, 139. Vgl. jedoch Miglus 1984. In den meisten Publikationen unerwähnt bleibt die Tatsache, dass dort ebenfalls zahlreiche anikonische Stelen ohne Inschriften gefunden wurden. Meyer 2017, S. 247. Im spätbronzezeitlichen Hazor wurden anikonische Stelen und anthropomorphe Ahnenstatuen sowohl im „Stelenheiligtum“ als auch im „Orthostatentempel“ gleichzeitig verwendet. 424 Toorn 1996, S. 211–218. 425 Tsukimoto 1985, S. 110; 123–124. 426 Die Sitzbilder vor der Königsgruft von Qaṭna scheinen oberflächlich betrachtet eine ähnliche Doppelfunktion besessen zu haben, können aber im Gegensatz zu den Exemplaren des Tell Ḥalaf nicht als individuelle Grabmonumente angesprochen werden, da sie keine individuelle Bestattung markieren: In der Gruft befanden sich die Überreste von mindestens 20 bis 24 Personen, von denen nur eine sicher primär bestattet war. Pfälzner 2012, S.  207. Angesichts ihrer Ebenbildlichkeit – im Gegensatz zu den charakteristischen Gesichtszügen der Sitzbilder aus Gūzāna – muss damit gerechnet werden, dass sie zur Symbolisierung eines Kollektivs königlicher Ahnen oder zwei

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Zusammenfassende Rekonstruktion

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ge, Abschottung nach außen und Besucherkapazität. Offensichtlich fand der Ahnenkult im Rahmen einer bedeutend kleineren Gruppe statt, falls man angesichts der Dimensionen des nördlichen Grabbaus überhaupt noch von einer Gruppe sprechen kann. Vielmehr ist anzunehmen, dass nur wenige oder gar nur eine Person die Grabbauten gleichzeitig betrat, um die Ahnenkultrituale auszuführen, zu denen mindestens die Libation gezählt haben dürfte. Doch auch an anderen Gräbern scheinen regelmäßige Opfergaben dargebracht worden zu sein. Dies betrifft die Baugruppen 1 und 2 aus Tell Ḥalaf, wo Keramikgefäße vor den zugemauerten Grabkammern abgestellt und jederzeit zugänglich waren, sowie die Topf- und Lehmziegelkistengräber aus Tell Faḫarīya, wo Krüge mit Flüssigkeiten und Tierknochen eventuell nach der Bestattung noch zugänglich waren bzw. deponiert wurden. Schließlich ist auf die ausgeprägte Differenz zu der zeitgenössischen nordsyrischen und südostanatolischen Tradition aufmerksam zu machen, am Grab oder anderen Kultorten Stelen mit einer Speisetischszene aufzustellen. Im Gegensatz zu jenen erforderten die Statuen von Tell Ḥalaf die regelmäßige Darbringung von Opfern an oder vor der Statue, während die Stelen durch die Darstellung der Speisetischszene diesen Aspekt verewigten und die Verstorbenen daher wohl nicht zwangsläufig auf einen ständigen Kult angewiesen waren. 427 3.4.2.2 Königlicher Ahnenkult Die Inschrift des Tell Faḫarīya (KAI 309) weist darauf hin, dass zur Zeit Hadda-yi’ṯis etwa in der Mitte des 9. Jh. die Herrscher Gūzānas Ahnenkult praktizierten und dass dieser in Verbindung zu Opfern an Hadad und dessen Paredra Šuwala stand. Die Opfer bestanden laut dieser Inschrift aus Wasser und Brot. Sehr wahrscheinlich wurden dabei die Statuen verstorbener Herrscher durch ihre Nachkommen beopfert. Die Praxis, den königlichen Ahnenkult an die Verehrung der wichtigsten lokalen Gottheiten zu knüpfen, ist auch in Sam’al belegt und lässt sich in Ebla oder in Alalaḫ bis in die syrische Mittelbronzezeit hinein zurückverfolgen. 428 Die Statue C, 2 aus dem „Kultraum“ der Unterstadt ist vermutlich nicht als die eines Königs, sondern höchstens als die eines Mitglieds der königlichen Familie zu identifizieren, da  u.a.  aufgrund der etwa zeitgleichen Entstehung mit den Monumentalskulpturen Kaparas eine rituelle Zerstörung dieser Statue aus politischen Motiven ebenfalls zu erwarten gewesen wäre. Dagegen kann das Sitzbild des Kammaki aus der Mitte des

verschiedener Generationen von Ahnen errichtet wurden. Elsen-Novák et al. 2003, S.  161–162; Teinz 2014, S. 13. 427 Orthmann 1971, S. 378; Voos 1986, S. 168. 428 Für Ebla: Tempel P2 mit Sitzbildern der Könige. Vgl. Bonatz 2000a, S. 131–132 (contra Matthiae 2013a, S. 375–378, welcher die Sitzbildnisse als Votivgaben interpretiert). In Alalaḫ stand die Statue des Idrimi in einem Annexbau eines Tempels.

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Bīt Baḫiāni

8. Jh. möglicherweise als Beispiel einer Statue eines Herrschers, des eines „Fürsten“ von Gūzāna, interpretiert werden, die eventuell im Ahnenkult Verwendung fand. Im Gegensatz zu den Gräbern unter dem Lehmziegelmassiv lässt sich für die königliche Gruft keine nachträgliche Beopferung vor Ort nachweisen. Eventuell fand diese im benachbarten Westpalast statt. 429 3.4.2.3 Königlicher Totenkult Aufgrund ihrer Dimensionen können die drei vor dem Westpalast gefundenen Statuen als Zeugnisse eines königlichen Totenkultes in Gūzāna betrachtet werden, deren ursprünglicher Aufstellungsort unbekannt, aber mangels ausreichend starker Fundamente wohl nicht im Bereich des Westpalastes zu suchen ist. Allein die Statue Kaparas lässt sich anhand der Inschrift identifizieren. Sein postmortaler Status ist zwar ikonographisch durch eine Hörnerkrone realisiert, aber in der Inschrift wird er – im Gegensatz zur Statue des Atrisuha in Karkamiš – nicht als Gott gekennzeichnet. Gleichzeitig ist seine Statue die einzige in Gūzāna, die eine Hörnerkrone ziert. Eventuell trug die vergleichbare, aber nur fragmentarisch erhaltene Statue Bc,  5 ebenfalls eine Hörnerkrone. Da in anderen nordsyrisch-südostanatolischen Städten der Totenkult für die Könige mifhilfe von überlebensgroßen Statuen auf öffentlichen Plätzen abgehalten wurde, kann vermutet werden, dass die Statuen in Gūzāna aufgrund ihrer Dimensionen sowie bisher unentdeckten Aufstellungsmöglichkeiten in Gebäuden denselben Zweck erfüllten. Die Frauenstatue Bc, 6 ist besonders hervorzuheben, da in anderen nordsyrisch-südostanatolischen Orten bisher weder Stand- noch Sitzbilder von Frauen der Königsfamilie gefunden worden sind.

3.4.3

Sekundäre Begräbnisrituale

Möglicherweise können die Überbauung bzw. Zuschüttung von Gräbern auf dem Tell Ḥalaf, der Königsgruft und der Kremationsgräber, als sekundäre Begräbnishandlungen interpretiert werden. Allerdings ist in beiden Fällen ein pragmatischer Hintergrund wohl plausibler. Unklar und ohne jegliche Parallelen ist die Zugänglichmachung der Grabkammern in den Baugruppen 1 und 2 nach ihrer ursprünglichen Versiegelung. Der Zusammenhang mit der Errichtung der Baugruppe 3 ist offenkundig, nicht jedoch deren Funktion. Da aber keine Bestattungen gefunden wurden, scheint diese nicht in einem funerären Kontext angesiedelt gewesen zu sein, d.h. weder eine Nachbestattung noch andere Rituale, die das Verbleiben des Leichnams im Grab voraussetzen, kommen dafür infrage. Möglicherweise wurden die menschlichen Überreste daher an einem anderen Ort beigesetzt oder anderweitig „entsorgt“. Schließlich ist Grab C-151 von Tell Faḫarīya 429 Vgl. Gilibert 2013.

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Interpretation

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zu nennen, in welchem die ersten beiden Inhumationen mit dem Begräbnis eines dritten Individuums beiseitegeschoben wurden, als sie sich nicht mehr in einem anatomischen Verband befanden. Des Weiteren ist auf die mutwillige Zerstörung der Statuen vom Westpalast und die symbolische Auslöschung ihrer Inschriften hinzuweisen, die im Gegensatz zur Erhaltung der Statuen aus dem „Kultraum“ steht. Eventuell handelt es sich bei dem Sitzbild des Kammaki um ein weiteres Beispiel dieser Praxis. Ob die Überbauung der Sitzfiguren unter dem Lehmziegelmassiv als „rituelle Bestattung“ aufgefasst werden kann, bleibt unklar. Die teilweise Abtragung der Grabbauten und die damit einhergehende Verletzung der Integrität des Grabkomplexes scheinen zwar eher gegen die Anwendung eines solchen Konzepts in diesem Kontext zu sprechen, aber die Statuen verblieben unberührt – aber auch ohne letzte Opfergaben! – an Ort und Stelle. Angesichts ihrer Dimension und ihrer für die Weiterverarbeitung praktischen Form stellten sie wohl eine leicht zugängliche Quelle für das Rohmaterial Stein dar, so dass ihre Existenz auf weiterhin vorhandenen Respekt zur Zeit der Überbauung hinweist. Im Gegensatz dazu lässt die sekundäre Verwendung der anikonischen Stelen an der Fassade des Westpalastes, so sie denn ursprünglich Ahnenmonumente darstellten, eine deutlich pragmatischere Handschrift erkennen.

3.5

Interpretation

3.5.1

Religionssomatologische Interpretation

Religionssomatologisch können in Bīt Baḫiāni zwei verschiedene Traditionen festgestellt werden, die eventuell in einer chronologischen Abfolge stehen. Während bei der wahrscheinlich älteren Sitte die Verstorbenen direkt am Grab beopfert werden konnten, welches sich somit offenbar als „Vermittlungsstation“ zum Totengeist eignete oder als dessen Aufenthaltsort begriffen wurde, scheint sich in späterer Zeit eine Hinwendung zum Abbild des Körpers in Form von Statuen vollzogen zu haben. In beiden Fällen spielten die Himmelsrichtungen eine bedeutende Rolle und lassen eine religiöse Notwendigkeit erahnen. Gräber, und damit auch die Toten, sowie die Scheiterhaufen waren meist westöstlich ausgerichtet und Statuen blickten stets zur aufgehenden Sonne, standen demnach in Verbindung zum Sonnengott und wurden daher möglicherweise am Morgen beopfert. Die Sitzbilder können als Repräsentation einer verstorbenen Person aufgefasst werden, da sie zumindest teilweise über deren Gräbern errichtet wurden und ihre Gesichter, im Gegensatz zu den gleichartigen Sitzstatuen aus der Königsgruft von Qaṭna, individuell modelliert waren. Gleiches gilt für die Standbilder vor dem Westpalast, da sie alle rituell zerstört wurden und eine per Inschrift als Statue Kaparas zu identifizieren ist. Vermutlich kann dies auch für die kleinen Statuetten aus dem „Kultraum“ angenommen werden, zumal die Exemplare mit einem Henkelgefäß an die Monumentalstatue Bc, 6 erinnern. Welche Bedeutung das Sitzbild eines Toten in Gūzāna erlangt hatte, lässt sich daran ermessen, dass sich in der Inschrift des Kammaki aus der Mitte des 8. Jh. nicht um

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Bīt Baḫiāni

den Schutz des Grabes, sondern um den Schutz der Statue gesorgt wird, woraus entweder zu schließen ist, dass die Versorgung und die Weiterexistenz des Totengeistes durch die Ahnenstatue Vorrang gegenüber der direkten Versorgung der Gebeine am Grab erlangt haben könnte. Selbst bei einem Zusammenfall von Grab und Ahnenkultort wie bei den Grabbauten des Lehmziegelmassivs ist eine solche Gewichtung bemerkenswert, da ja das Grab bzw. die sterblichen Überreste nicht von der Überbauung betroffen waren. 430 Abgesehen vom Sonnengott spielten auch der Wettergott Hadad sowie seine Paredra Šuwala eine Rolle in der jenseitigen Existenz, nämlich bei der Zuteilung von Totenopfern eines Herrschers des 9.  Jh. Schließlich weist das Neumondamulett am Doppelsitzbild auf einen möglichen weiteren Vermittler zwischen den Lebenden und ihren Ahnen hin, nämlich Sîn.

3.5.2

Religionssoziologische Interpretation

Offensichtlich besteht trotz der Gemeinsamkeit der Sitzbildtradition eine Diskrepanz zwischen der Konzeption des Ahnenkultes im „Kultraum“ und dem der vier Grabbauten vor und unter dem Lehmziegelmassiv. Zunächst sind die unterschiedliche Lage sowie der Zugang von Bedeutung: Während die Gräber durch ihre Nähe zur Zitadelle ihre Ausnahmestellung bereits in der Topographie klar zum Ausdruck bringen, liegt der „Kultraum“ inmitten eines Wohnviertels am Rande der Unterstadt. Letzterer war über zwei Türen betretbar, die Grabbauten mit den Statuen wahrscheinlich nur über Schlupfpforten. Zusammen mit den Innenmaßen zeigt sich hier bereits ein qualitativer Unterschied in Form von Exklusivismus auf der einen und einer Form von Inklusivismus auf der anderen Seite. Dieser wird durch den Fokus des Kultes weiter verstärkt: Während der „Kultraum“ dem Ahnenkult von mindestens zwei, wahrscheinlich aber auch den zahlreichen, durch Statuetten repräsentierten Personen diente und vermutlich sogar die Statue eines Mitglieds der königlichen Familie enthielt, waren die Grabbauten unter dem Lehmziegelmassiv von vornherein für den Ahnenkult jeweils einer Person konzipiert, während die Zahl der Bestatteten in den Baugruppen 1 und 2 unklar ist. Dementsprechend differierte sowohl die Anzahl der potenziell teilnehmenden Personen, die in einem Bezug zu den Kultanlagen standen, als auch die tatsächliche maximale Teilnehmerzahl eines Rituals erheblich voneinander. Die Grabbauten können daher als Monumente einer städtischen Elite betrachtet werden, die auf eine Demonstration der Distinktion zur übrigen Bevölkerung bedacht war – vielleicht war dies auch ein Grund für die Wahl der Kremation als Bestattungsart –, der „Kultraum“ hingegen als Ahnenkultort für eine Bevölkerungsgruppe, deren ökonomische und politische Ressourcen nicht mit dieser konkurrieren konnte. Daran anschließend liegt es nahe, in der Überbauung des Lehmziegelmassivs ebenso wie in der Wiederzugänglichmachung 430 Als deutlichen Kontrast hierzu können die etwa ein halbes Jahrhundert jüngeren Inschriften aus Nayrab (KAI 225 und 226) zitiert werden, in denen sich um die Gebeine / Sarkophag bzw. um Gebeine / Sarkophag und Stele gesorgt wird.

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Interpretation

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und Umwidmung der Baugruppen 1 und 2 entweder eine Entmachtung zumindest eines Teils der Oberschicht zu erblicken oder einen Zerfall des für den Ahnenkult zuständigen „sozialen Rahmens“ zu konstatieren, der wesentlich kleiner gewesen sein dürfte, als der der Benutzer des „Kultraums“. 431 Somit könnte der „Kultraum“ als Heiligtum einer Großfamilie oder eines Clans betrachtet werden, deren / dessen Mitglieder vermutlich in den angrenzenden Häusern wohnten, während die Grabbauten für einen engeren Familienkreis der hier bestatteten Toten oder vielleicht nur für einen einzigen Nachkommen bestimmt gewesen sein könnten. Die Anzahl der Teilnehmer an den nachträglichen Beopferungen von Tell Faḫarīya ist u.a. mangels Endpublikation schwierig zu beurteilen. Falls die Mauern der Häuser während der Beopferung noch vorhanden waren, scheint auch hier die mögliche Anzahl der Teilnehmer begrenzt gewesen zu sein, allerdings wohl weniger restriktiv als bei den Grabbauten vor der Zitadelle von Tell Ḥalaf. Die am Westpalast gefundenen Statuen sind dagegen vermutlich als Bestandteile von größeren, vielleicht die ganze Stadtbevölkerung umfassenden Ritualen zu interpretieren. 432 Da sie wohl mangels infrage kommender Fundamente nicht im Zusammenhang mit diesem Gebäude bzw. dem bisher ergrabenen Bereich der Zitadelle standen, könnten sie eventuell mit dem Zentrum der Zitadelle, welches zugleich den höchsten Punkt der Stadt bildete, dessen eisenzeitliche Schichten aber bisher nicht erfasst wurden, assoziiert werden. Hier dürfte eines der wichtigsten Gebäude der Stadt vermutet werden, 433 welches durch seine Lage die Wirkung der Statuen und ihre Sichtbarkeit vermutlich nochmals steigerte. Auffälligerweise ist der nicht direkt nach Osten orientierte, südliche Grabbau am Westpalast auf eben diesen Punkt hin ausgerichtet. 434

3.5.3

Religionsökonomische Interpretation

Aus religionsökonomischer Perspektive verdient ein Aspekt des Ahnenkultes von Gūzāna besondere Aufmerksamkeit. Es handelt sich dabei um die zahlreichen Weihgaben, die zusammen mit dem Doppelsitzbild und den anderen Ahnenfiguren im „Kultraum“ aufgefunden wurden. Dies zeigt, dass neben den Speise- und Trankopfern, die wohl in erster Linie der Versorgung der Ahnen im Rahmen eines lunar determinierten Rituals, vermutlich in zwei- oder vierwöchigen Intervallen, gedient haben, auch Weihgaben eine Rolle im Ahnenkult Gūzānas spielten. Daraus lässt sich zum einen schließen, dass die Wirkmächtigkeit der Ahnen und ihr Einfluss auf die Lebenden außer Frage stand und es sich bei ihnen nicht lediglich um depotenzierte Totengeister handelte, welche „durchge431 432 433 434

Bonatz 2000a, S. 155. Gilibert 2012, S. 122–123; dies. 2013. Orthmann 2002, S. 28–29. Dies wirkt umso erstaunlicher, als dass alle ihn umgebenden Strukturen, nördlicher Grabbau, Nordbau und Westpalast, keine solche Abweichung zeigen, sondern sich „korrekt“ an den Himmelsrichtungen orientieren.

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Bīt Baḫiāni

füttert“ werden mussten. Zum anderen scheint es darauf hinzuweisen, dass der Ahnenkult sowohl regelmäßige als auch unregelmäßige Rituale beinhaltete, d.h. dass die Hinterbliebenen in speziellen Situationen ihren Ahnen Weihgaben darbringen konnten, um bspw. eine Gegenleistung zu erbitten, die über den durch die regelmäßige Ahnenpflege erworbenen Beistand hinausging, ihre individuelle Pietät gegenüber den Vorfahren herauszustellen oder andere religiöse oder magische Praktiken durchzuführen. In dieser Hinsicht ist auf den Kontrast zwischen der Situation im „Kultraum“ auf der einen sowie dem Fundort der KTMW-Stele und der Königsgruft von Qaṭna auf der anderen Seite aufmerksam zu machen. Während sich vor den beiden Statuen aus Qaṭna rituelle Handlungen in Form von Keramikschalen und Tierresten nachweisen ließen, können aus Sam’al lediglich einige Gefäßfragmente genannt werden, was aber der Fundsituation geschuldet sein kann. Allerdings wurde bereits auf den grundsätzlichen Unterschied zwischen den individuellen Grabfiguren des Lehmziegelmassivs und der kollektiven Natur der Statuen aus Qaṭna hingewiesen und es besteht die Möglichkeit, dass individualisierte Ahnenstatuen an anderer Stelle im Palast ebenfalls Weihgaben erhielten. Umgekehrt ist das Missverhältnis zwischen der Masse an Geschirr aus der Gruft in Tell Ḥalaf und den verhältnismäßig wenigen Gefäßen aus dem „Kultraum“ auffällig, obwohl aufgrund diverser Vorrichtungen wie dem Altar kein Zweifel daran bestehen kann, dass in letzterem regelmäßige Opfer stattfanden.

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4. Karkamiš

4.1

Karkamış bzw. Ǧarāblūs / Karkamiš

4.1.1

Einleitung

4.1.1.1

Grabungsgeschichte

Als eine der eindrucksvollsten archäologischen Stätten Nordsyriens zogen die nordöstlich des Dorfes Ǧarāblūs am Westufer des Euphrats gelegenen Ruinen bereits Ende des 17. Jh. die Aufmerksamkeit westlicher Reisender auf sich (Abb. 31). 1 Dass es sich dabei um das im Alten Testament erwähnte und aus assyrischen und ägyptischen Quellen bekannte Karkamiš handelte, wurde 1876 oder bereits zuvor von James H. Skene, dem britischen Konsul in Aleppo, und / oder dem Assyriologen George Smith, während dessen tragisch endender Reise eben dorthin, vermutet. 2 Dem Nachfolger des abberufenen Konsuls, Patrick Henderson, oblag die Durchführung der ersten sporadischen Ausgrabungen im Auftrag des British Museum von 1878 bis 1881, welche aufgrund der mangelhaften Ergebnisse eingestellt wurden. 3 Reguläre Ausgrabungen fanden erst wieder von 1911 bis 1914 zunächst unter David G. Hogarth, weitergeführt durch Reginald Campbell Thompson und schließlich geleitet durch C. Leonhard Woolley statt. Sie wurden jedoch ebenso vom Krieg unterbrochen wie der Versuch einer Fortsetzung unter C. L. Woolley 1920, wobei jeweils Grabungsnotizen und ausgegrabene Stücke teilweise verloren gingen. 4 Die türkisch-syrischen Spannungen verhinderten die Weiterführung der Grabungen in der Folgezeit. Das Land of Carchemish Project unter der Leitung von Tony J. Wilkinson, Edgar J. Peltenburg und Eleanor B. Wilkinson führte 2006 bis 2010 einen Survey im syrischen Teil des ehemaligen Einflussgebietes der Stadt durch und untersuchte die syrischen Teile der Außenstadt. 5 Mit der Räumung der Minenfelder hat 2011 eine türkisch-italienische Equipe unter Nicolò Marchetti die Arbeiten auf der türkischen Seite wieder aufgenommen. 6 Im Zuge der Altgrabungen wurde nur ein relativ kleiner Teil der Stadt wieder ans Licht gebracht: die Akropolis, die äußere und innere Stadtmauer inklusive eines Tores 1 2 3 4 5 6

Hogarth 1914, S. 3; Boese 2006; Gilibert 2011, S. 19, Anm. 38. Hogarth 1914, S. 6, 13; Panayotov 2014. Hogarth 1914, S. 8–12; Benati 2014, S. 52. Woolley 1952, Preface; Benati 2014, S. 52–63. Wilkinson et al. 2016. Marchetti 2012a.

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120

Karkamiš

Abb. 31: Karkamiš und Bīt ‘Adini.

Abb. 32: Grabungen in Karkamiš im frühen 20. Jh.

Abb. 33: Grabungen in Karkamiš bis 2015.

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Karkamış bzw. Ǧarāblūs / Karkamiš

121

Abb. 34: Innenstadt von Karkamiš in der Eisenzeit II.

zum Euphrat hin, des sog. Water-Gate, der zwei Westtore – Außen- und Innenstadt – sowie des Südtores der Innenstadt, einige Häuser der Außenstadt sowie drei Areale der Innenstadt, wobei in letzterem Bereich lediglich zwei Gebäude, der Wettergotttempel und der sog. ḫilāni-Bau, sehr wahrscheinlich ebenfalls ein Tempel, sowie ein Tor, das sog. King’s Gate, vollständig ausgegraben worden sind (Abb. 32). Überdies ist 1913 das extramurale Gräberfeld in der Nähe des Dorfes Yunus, soweit es der moderne Friedhof am selben Ort zuließ, erforscht worden. Grabungsareale der neuen Expedition sind u.a. der Wettergotttempel und das Great Staircase (Areal A), der ḫilāni-Bau (B), der Bereich des King’s Gate inklusive Royal Buttress und Processional Entry, der, wie sich herausgestellt hat, zum Palast Katuwas bzw. Sargons II. führte (C), 7 das Südtor der Innenstadt (D) sowie ein Teil der äußeren Stadtmauer (E), Haus A und ein Teil eines Gräberfeldes westlich davon in der Außenstadt (F), das Water-Gate (H), das ehemalige Expeditionshaus der Briten (L), Teile der nördlichen Befestigungsanlage (P), das King’s Gate (S) sowie das Gräberfeld von Yunus (Abb. 33–34). 8

7 Marchetti 2015, S. 44, Abb. 5. 8 Vgl. zuletzt Marchetti 2019, S. 156, Abb. 3.

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122 4.1.1.2

Karkamiš

Historischer Kontext

Die älteste Keramik des Burghügels von Karkamiš stammt aus neolithischer bzw. der späten Ḥalaf-Zeit. 9 Der Name der Stadt, wie er in den Ebla-Texten aus dem 24. Jh. normalerweise belegt ist, gàr-ga-mi-iš/suki, ist als kār-kamiš, „Kai des (Gottes) Kamiš“, interpretiert worden und würde auf die frühe Bedeutung von Karkamiš als Hafenstadt sowie auf eine Verbindung mit dem – erst eisenzeitlich belegten – moabitischen Gott Kemoš hinweisen. 10 Allerdings wird durch die bislang älteste Schreibung aus der Regierungszeit Igriš-Ḫalabs, gàr-gàr-mi-iški, diese etymologische Ableitung vielleicht falsifiziert. 11 Ein lokaler König aus dieser Zeit ist nicht belegt und besagter Text dokumentiert die Zugehörigkeit zum eblaitischen Einflussbereich, was darauf schließen lässt, dass die Stadt politisch nicht in der „ersten Liga“ spielte, sondern lediglich ein regionales Zentrum bildete. 12 Zur Besiedlung der späteren Innenstadt von ca. 42 ha zu dieser Zeit gibt es widersprüchliche Ergebnisse aus verschiedenen Grabungsarealen, die jeweils auf die gesamte Innenstadt ausgeweitet worden sind. 13 Aus den Archiven aus Mari und Tell Laylān, Siegelabdrücken aus Acemhöyük sowie einem beschrifteten Statuenfragment aus Karkamiš selbst lässt sich eine Abfolge der ersten bekannten Könige des 18. Jh. rekonstruieren: ‘Adnī-Anda (?), Aplaḫ-Anda I., YatarAmi, Yaḫdun-Līm, Aplaḫ-Anda II. 14 Unklar bleibt, ob Karkamiš zu dieser Zeit ein Vasall Yamḫads oder autonom war. In den Mari-Briefen erscheint die Stadt jedoch als gleichwertiger Handelspartner. Die Belege aus der Mitte des 2. Jt. sind spärlich, lassen aber dennoch auf eine kontinuierliche Besiedlung der Stadt mit wechselnder Zugehörigkeit zu den damaligen Großmächten, den Hethitern und Mittani, möglicherweise auch Ägypten, schließen. 15 Während Karkamiš den ersten Eroberungszügen des hethitischen Königs Šuppiluli­ uma  I. noch widerstehen konnte, fiel es im sog. „Hurritischen Krieg“ ca.  1340 wieder un­ter hethitische Vorherrschaft und wurde mit der Einsetzung Piyaššilis, einem Sohn Šuppiluliumas I. mit dem hurritischen Thronnamen Šarri-Kušuḫ, zum Vizekönigtum erhoben. Mit der Eroberung einher ging die Zerstörung der Innenstadt – die Tempel der Akropolis blieben laut den Texten verschont – sowie die Deportation von angeblich 3330 Einwohnern nach Anatolien. Nach Šarri-Kušuḫ regierten seine Nachkommen Šaḫurunawa, Ini-Tešub I. und Talmi-Tešub die Stadt Karkamiš sowie die ihnen unterstellte hethitische Einflusssphäre in Syrien, die im Westen bis ans Mittelmeer und im Süden bis nach Emar und Ḫalab reichte, bis zum Zerfall des hethitischen Reiches zum Ende der Spätbronzezeit.

9 10 11 12 13

Falsone und Sconzo 2007, S. 75, 78. Pettinato 1976; Hawkins 1976–1980b, S. 426. Biga 2014, S. 75 contra Bonechi 1998, S. 229 (ARET XIII 5), der einen Schreibfehler vermutet. Falsone und Sconzo 2007, S. 87; Biga 2014. Für eine Besiedlung im Bereich des Great Staircase ab der Mitte des 3. Jt.: Sconzo 2014 mit weiterer Literatur. Älteste Schicht in Areal G nach Marchetti 2016a, S. 364 ist dagegen die Mittelbronzezeit I. 14 Marchesi in Marchetti 2012a, S. 144; Marchesi 2014, S. 176–177. Yatar-Ami war aber nicht der Vater von Yaḫdun-Līm, sondern Bīn-Ami, eventuell ein Bruder von Aplaḫ-Anda I. Marchesi 2014, S. 176, Anm. 59. 15 Klengel 1965, S. 36–40; Hawkins 1976–1980b, S. 428.

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Karkamış bzw. Ǧarāblūs / Karkamiš

123

Dabei nahm die Sekundogenitur, insbesondere unter Ini-Tešub I. und Talmi-Tešub, immer mehr die Züge eines autonomen Staates an. 16 Kein archäologischer Beleg existiert für die Zerstörung von Karkamiš während des sog. „Seevölkersturms“ um ca. 1200 außer der Erwähnung von Karkamiš durch Ramses III. in einer Liste der durch die sog. „Seevölker“ zerstörten Städte im Tempel von Medinet Habu. Abgesehen von der generell fragwürdigen Historizität dieser Quelle 17 könnte dies auf eine Gleichsetzung der hethitischen Einflusssphäre in Nordsyrien mit Karkamiš zurückzuführen sein und muss nicht zwangsläufig mit der tatsächlichen Zerstörung der Stadt zusammenhängen, 18 zumal Karkamiš die Gebiete nördlich und südlich von Ugarit direkt kontrollierte. 19 Im Gegenteil: Die Aneignung des ursprünglich den hethitischen Herrschern vorbehaltenen Titels „Großkönig, Held“ durch Kuzi-Tešub, den Sohn TalmiTešubs und letzten gesicherten Nachfahren Šuppiluliumas I., deutet auf eine ungebrochene politische Kontinuität hin, die eine Eroberung oder gar Zerstörung der Stadt äußerst unwahrscheinlich erscheinen lässt. Als Beweis dafür ließe sich zudem die Inthronisation seines Sohnes im ca. 175 km nördlichen Malida anführen, wobei unklar bleibt, ob sich der Herrschaftsbereich Karkamiš’ bis dorthin erstreckte. 20 Bereits in den Annalen Tiglatpilesers I. um 1100 war keine politische Verbindung zwischen beiden Städten mehr ersichtlich, falls sie je bestand, und Ini-Tešub II., der als „König des Landes von Ḫatti“ bezeichnet wurde, leistete dem assyrischen König Tribut. 21 Ungeklärt ist das Machtverhältnis im 11. Jh. zum Königreich P/Walastina: War Karkamiš diesem territorial wohl größeren Reich untergeordnet oder sogar zugehörig? 22 Vermutlich im späten 11. und 10. Jh. folgten Sapaziti, dessen Sohn Ura-Tarḫunza sowie – in unbekanntem Abstand – Tudḫaliya einander auf dem Königsthron, wobei letzterer noch immer den Titel eines „Großkönigs“ trug. Seit der Regierungszeit Ura-Tarḫunzas scheint sich die eigentliche Macht in den Händen einer möglicherweise verwandten Dynastie konzentriert zu haben, die sich selbst als „Landesfürsten von Karkamiš“ und meist auch als „Herrscher“ bezeichneten und demnach als eine Art Regenten betrachtet werden können. 23 Zumindest eine Zeit lang existierten beide Häuser parallel zueinander, wie die Heirat zwischen einer Tochter Suhis II. und einem Tudḫaliya, vermutlich ein Nachfolger des gleichnamigen „Großkönigs“, belegt. 24 Eine kryptische Passage, die bis vor kurzem noch so gedeutet wurde, dass Katuwa, der Sohn Suhis II., mit den Nachkommen Ura-Tarḫunzas in Konflikt geriet, wird inzwischen als Auseinandersetzung zwischen Katuwa und dessen Verwandten gewertet, wobei es

16 17 18 19 20 21 22 23 24

Klengel 1965, S. 80–88. Middleton 2015, S. 47–48. Hawkins 1976–1980b, S. 434. Vgl. Klengel 1965, S. 79. Hawkins und Weeden 2016, S. 10. Hawkins 1976–1980b, S. 434. Hawkins und Weeden 2016, S. 11. Dinçol et al. 2012; Dinçol et al. 2014a mit der Übersetzung der neuen Stele Suhis I. Hawkins 1995a, S. 82–83 (KELEKLİ). Dieser Tudḫaliya wird nur als „König“ bezeichnet.

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Karkamiš

möglich erscheint, dass die Nachkommen Ura-Tarḫunzas Katuwa dabei unterstützten. 25 Bei einem weiteren Suhi (III.) handelt es sich vermutlich um den letzten bisher bekannten Spross dieser Dynastie. 26 Der vor allem aus assyrischen Quellen bekannte, nun aber auch in einem neu entdeckten Fragment der berühmten en face-Stele der Kubaba aus Karkamiš belegte Herrscher Sangara regierte mindestens von 870 bis 848. 27 Unter seiner Regierungszeit kam es wohl zu einem großen Gebietsverlust zugunsten Bīt ‘Adinis, dessen Herrschaftsbereich die von Karkamiš kontrollierten Ortschaften möglicherweise von allen Seiten umschloss. 28 Deshalb ist es keine Überraschung, dass Sangara 856 Salmanassar III. Tribut leistete, welcher das stark luwisch geprägte, 20 km südöstlich gelegene und zu diesem Zeitpunkt bereits zu Bīt ‘Adini gehörige Til Barsip (luwisch: Masuwara) nach zweijähriger Belagerung eroberte und in Kār-Salmanassar umbenannte. Die Vernichtung Bīt ‘Adinis ermöglichte vermutlich die Rückeroberung einiger verlorener Gebiete, so dass in zwei nachfolgenden Kampagnen 849 und 848 Karkamiš weiterhin das Ziel des assyrischen Königs bildete. 29 Aufgrund neuer luwischer Fragmente ist die Verwandtschaft von Sangara bis zu dessen Urenkel Kamani endlich geklärt. 30 Darauffolgende Herrscher waren Isarwilamuwa, Kuwalanamuwa, Astiru(wa) I. sowie Kamani, während dessen Kindheit der Regent Yariri, vermutlich ein Eunuch, die Amtsgeschäfte führte. 31 Astiru(wa) I. und Kamani wurden offiziell sowohl als „König“ als auch als „Landesfürst“ bezeichnet. Nach Kamani übernahm entweder Sastura, ein hoher Beamter („Wesir“) unter Kamani 32 oder dessen Sohn Astiru(wa) II. die Herrschaft. Merkwürdig zu beobachten ist, dass Kamanis Sohn Atika nicht regierte, sondern Astiru(wa)  II. als „Wesir“ diente, das Verhältnis beider Dynastien demnach umgekehrt wurde. 33 Der letzte unabhängige, nur aus assyrischen Texten bekannte Herrscher war Pisiri, dessen Herrschaft durch die Annexion von Karkamiš unter Sargon II. 717 beendet wurde. Bei seinem Sturz spielten vermutlich soziale Spannungen aufgrund der Ausbeutung der Bewohner eine große Rolle, da sonst eine mehrjährige Belagerung stattgefunden haben sollte. 34 In der Folgezeit wurde Karkamiš von assyrischen Gouverneuren regiert. Wegen des assyrisch-ägyptischen Bündnisses gegen die Babylonier und ihre Alliierten und spätestens mit der Expedition Psammetichs I. 616 dürfte Karkamiš von einer ägyptischen Garnison besetzt worden sein, deren Präsenz sich archäologisch im Inventar von Haus D niederschlug. Doch mit einem Überraschungs25 Hawkins und Weeden 2016, S. 12 contra Hawkins 2000, S. 97 (KARKAMIŠ A. 11a, KARKAMIŠ A. 11b+c). 26 Marchetti und Peker 2018, S. 97–98. 27 Marchetti und Peker 2018 (KH.15.O.690 + KARKAMIŠ A. 31 + KARKAMIŠ A. 30b 1–3) 28 Brown und Smith 2016, S. 25. 29 Hawkins 2000, S. 75; Brown und Smith 2016, S. 25. 30 Marchetti und Peker 2018, S. 95 (KH.15.O.690 + KARKAMIŠ A. 31 + KARKAMIŠ A. 30b 1–3 § 1), 97 (KARKAMIŠ A. 27c (= KH.14.O.859)). 31 Marchetti und Peker 2018. 32 Marchetti und Peker 2018, S. 98, Anm. 32. 33 Hawkins und Weeden 2016, S. 14–15. 34 Fuchs 2008a, S. 74.

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angriff gelang es den Kräften Nebukadnezars  II. 605 die nun von Necho  II. kommandierten Ägypter aus Karkamiš zu vertreiben und bei Ḥamat vernichtend zu schlagen. 35 Neun Jahre später wird Karkamiš noch einmal als Ziel einer Kampagne des babylonischen Königs erwähnt. 36 Die kontinuierliche Besiedlung der Stadt ist angesichts der umfangreichen archäologischen Befunde aus hellenistischer und römisch-byzantinischer Zeit wohl als gesichert zu betrachten, 37 nun unter dem Namen Europos. Auch nach der Eroberung durch ein arabisches Heer 636 blieb der Ort bis ins 19. Jh. / A nfang des 20. Jh. besiedelt, wie entsprechende Schichten auf der Akropolis sowie die Mühle westlich davon belegen. 38 Tabelle 2: Könige und Herrscher von Karkamiš. 39 Könige von Karkamiš

Regierungszeit

Šarri-Kušuḫ / Piyaššili Šaḫurunawa Ini-Tešub I. Talmi-Tešub Kuzi-Tešub Ini-Tešub II. Piyaššili II. (?) Tudḫaliya I. Sapaziti Ura-Tarḫunza

ca. 1340–Anfang 12. Jh.

„Landesfürsten“: Suhi I. Astuwalamanza Suhi II. Katuwa Suhi III.

Tudḫaliya II.

Sangara Isarwilamuwa Kuwalanamuwa Astiru(wa) (I.) Kamani

ca. 1100

ca. 10.–Anfang 9. Jh.

mind. 870–848 Ende 9. Jh.–Mitte 8. Jh. Regent: Yariri, Wesir: Sastura

35 Redford 1992, S. 446–454; Lipiński 2006, S. 155–158; Zecchi 2014, S. 204–205. 36 Hawkins 1976–1980b, S. 446. Während der neuen Ausgrabungen wurde ein Stelenfragment eines babylonischen Königs aus den britischen Grabungen wiederentdeckt, bei der es sich nach Marchetti ohne Jahr eventuell um eine Siegesstele Nebukadnezars II. handeln könnte. 37 Marchetti 2016a, S. 364. 38 Woolley in ders. und Barnett 1952, S. 211. 39 Nach Hawkins 2000; ders. und Peker 2014; Hawkins und Weeden 2016; Marchetti und Peker 2018. Vgl. den etwas höheren Datierungsansatz der Suhi-Dynastie bei Hawkins und Peker 2014, S. 108 ins 10. Jh.

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Karkamiš Könige von Karkamiš

Sastura (?) Astiru(wa) (II.)

Regierungszeit Wesir: Atika

Pisiri

4.1.1.3

Mitte 8. Jh. mind. 738–717

Gesellschaft und Wirtschaft

Es kann vermutlich nicht nachdrücklich genug darauf hingewiesen werden, dass die Bevölkerung von Karkamiš am Ende der Spätbronze- und mindestens noch während des Beginns der Eisenzeit größtenteils aus Hurritern bestanden haben muss. Als Beleg dafür können die hurritischen Thronnamen der Nachkommen des ursprünglich hethitischen Königshauses gelten, 40 die mindestens bis ca. 1100 unter Ini-Tešub II. Verwendung fanden. 41 Im Gegensatz dazu versuchte die zahlenmäßig sehr geringe anatolische Oberschicht, die sich vermutlich auf die oberste Ebene der Beamten und Kaufleute beschränkt haben dürfte – zweifelsfreie Belege für die Stationierung von Soldaten fehlen –, ihre Identität auch in der Fremde zu wahren und benutzte entsprechende Namen und Siegel. Somit kann der Ausbau von Karkamiš zu einer Sekundogenitur als eine Kontrolle der obersten Ebene der lokalen Verwaltung denn als eine „Hethitisierung“ oder gar eine Migration beschrieben werden. 42 In den darauffolgenden Jahrhunderten muss es dennoch zu einer Übernahme des Luwischen als Umgangssprache in weiten Teilen der Bevölkerung gekommen sein, da nicht nur die Regenten ihre Inschriften auf Luwisch verfassten, sondern auch nichtelitäre Kreise ihre Grabinschriften im 8. Jh. ebenfalls in dieser Sprache anfertigen ließen. Frühere, nicht-königliche Schriftzeugnisse sind bislang jedoch nicht auffindbar gewesen, so dass allein das Ende dieses Prozesses dokumentiert ist. Allerdings ist etwas zeitversetzt dazu anzunehmen, dass sich Aramäer bzw. aramäisch sprechende Personen, sowohl in der Umgebung als auch in Karkamiš selbst, (vermehrt) ansiedelten, was angesichts der Gründung und der Ausdehnung der benachbarten aramäischen Königreiche, insbesondere Bīt ‘Adinis, bis in Sichtweite der Stadt, zu vermuten ist. Mit der assyrischen Eroberung dürfte die Aramäisierung von Karkamiš einen letzten, bedeutenden Schub erhalten haben. Wirtschaftlich betrachtet fällt zunächst die Bedeutung des Namens Karkamiš, falls dessen Interpretation als „Kai des Kamiš“ korrekt ist, ins Auge, welcher auf den Charakter der Stadt als Handelsplatz bereits im 3.  Jt. hinweisen würde. Dieser Rolle wird Karkamiš zumindest seit dem 2. Jt. gerecht, wie aus den Archiven anderer überregiona-

40 Klengel 1965, S. 72. 41 Für eventuell hurritische Namen der Prinzen von Karkamiš Ende des 9. / Beginn des 8. Jh., siehe Hawkins 2000, S. 129 (KARKAMIŠ A. 7 § 7, 9–10, 13). 42 Liverani 1978, S. 153–155; Beckman 1992, S. 49; Genz 2006, S. 503–505.

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ler Handelszentren wie Mari oder Ugarit hervorgeht. 43 Im 1. Jt. illustriert die weite Verbreitung der lokalen Gewichtseinheit, der mina von Karkamiš, und deren Übernahme durch die Assyrer im 8. Jh. die ökonomische Bedeutung der Stadt. 44 Explizite Erwähnung verdient dabei der Metallhandel, insbesondere mit Eisen, da Karkamiš, den assyrischen Tributzahlungen Mitte des 9. Jh. nach zu urteilen, zu einem der Hauptumschlagplätze in ganz Syrien gerechnet werden kann. 45 Allerdings ist mit der Übernahme der Stadt durch die Assyrer 717 hinsichtlich der erbeuteten Edelmetalle kaum ein Unterschied zu anderen Königreichen der Levante mehr feststellbar, so dass Karkamiš nur mehr eines von mehreren Handelszentren Syriens darstellte, auch wenn als Eroberungsmotiv die Aussicht auf Beute vermutlich an erster Position genannt werden muss. 46 Dementsprechend kann mit der Existenz einer einflussreichen Schicht von Händlern in Karkamiš gerechnet werden. 47 Möglicherweise stellte die Stadt auch ein künstlerisches Produktionszentrum im 9. und 8. Jh. dar, wie aufgrund entsprechender Hinweise im Bereich der Bildhauerei sowie der Elfenbein- und Steinbearbeitung vermutet werden darf. 48 Die Textilindustrie scheint hingegen keine maßgebliche Rolle gespielt zu haben. 49

4.1.2

Befunde der Mittel- und Spätbronzezeit

4.1.2.1

Gräber

Aus der Mittelbronzezeit II stammt ein Felsgrab vom Fuß des Zitadellenhügels, welches innerhalb des Stadtgebietes an der Nordmauer lag und ursprünglich mit einem Kalksteinblock verschlossen war. Außer den Knochen von mindestens sieben Individuen, die sehr stark gestört waren, enthielt das Grab lediglich drei Keramikvasen. 50 Ungefähr zeitgleich können die Begräbnisse in drei Einbuchtungen innerhalb der Stadtmauer südlich des Water-Gate angesetzt werden, welche von der Stadtseite her zugänglich waren. 51 Die Überreste der Toten wurden dort dem Anschein nach nicht sanft zur Ruhe gebettet, sondern hineingeworfen, weshalb es sich vielleicht um Sekundärbestattungen handeln könnte. In der südlichen der drei Einbuchtungen lagen acht Indivi43 44 45 46 47 48 49 50

Winter 1983, S. 188–189. Winter 1983, S. 189; Hawkins und Weeden 2016, S. 16 Winter 1983, S. 187–188. Fuchs 2008a, S. 84–85, 87. Winter 1983, S. 189. Winter 1983, S. 185–186. Hawkins und Weeden 2016, S. 16 contra Burney 2004, S. 59. Woolley 1921, S. 133, Taf. 6. In der verfüllten Erde befanden sich Scherben, die C. L. Woolley als „mittelhethitisch“ (ca. 1750–1200) bezeichnet. Nach Falsone und Sconzo 2007, S. 78 kann es der Mittelbronzezeit II zugeordnet werden. 51 Woolley 1921, S. 133–134, Taf. 14, 27; ders. 1952, S. 214, Taf. 41a; Mellink 1954, S. 249; Paolo 2006, S. 151, Anm. 39; Falsone und Sconzo 2007, S. 78.

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Karkamiš

duen, in der mittleren fünf und in der nördlichen eine unbestimmte, geringe Anzahl. Zusätzlich befand sich in der ersten Kammer die Topfbestattung eines unverbrannten Kindes; dabei handelt es sich wohl eher um eine Primärbestattung. Trotz der achtlosen Beisetzungen befanden sich neben mehreren Töpfen, Krügen und Vasen aus Keramik auch Silber- und Bronzeschmuck sowie Perlen in den Kammern. Die von C. L. Woolley als mittel- und spätbronzezeitlich betrachteten Gräber von Tell ‘Amārna, ca.  8,5 km südlich von Karkamiš, die er als extramurale Nekropole von Karkamiš ansah, werden inzwischen der Frühbronzezeit III bis IV zugerechnet. 52 Somit existieren keine bekannten Gräber der Spätbronzezeit aus Karkamiš oder der näheren Umgebung, abgesehen von Tell Šiyuḫ Fawqānī. 4.1.2.2 Statue B. 48b An der südlichen Außenmauer des sog. ḫilāni-Baus (Abb. 34–35), inzwischen meist als Tempel interpretiert, ist die Basaltstatue (Höhe: 80 cm, Abb. 36) eines bärtigen, auf einem Thron sitzenden Mannes in einem sekundären Kontext gefunden worden. 53 Ihr Kopf fehlt, die Hände, welche auf den Knien ruhten, und eventuell auch die Füße sind bewusst verstümmelt worden. Zudem ist nicht mehr zu erkennen, ob die rechte Hand ein Gefäß hielt. Ursprünglich befand sich eine keilschriftliche Inschrift auf der Vorderseite des Gewandrocks sowie auf dem Rücken, welche ebenfalls unkenntlich gemacht wurde. Neben der Statue fanden sich das Fragment einer Löwenskulptur aus Basalt sowie etwas weiter entfernt ein sog. Opfertisch desselben Materials (85 × 50 cm, Abb. 58), der neben einer umrandeten Fläche einen Abfluss und zwei quadratische Segmente aufwies. Die hier gefundene Variante des Opfertisches gehört damit zu den einfach gestalteten Exemplaren aus Karkamiš, im Gegensatz zu denen mit abgesetzter Randleiste und meist drei runden Vertiefungen. 54 Dass sich direkt vor diesem Gebäude ein Sitzbild sowie ein Opfertisch befanden, ist häufig als ein weiteres Indiz für die früher vorherrschende Interpretation des ḫilāni-Baus als Grabkapelle der eisenzeitlichen Könige von Karkamiš gewertet worden. Allerdings mehren sich die Argumente, die ein mittelbronzezeitliches Alter dieser Statue – nach N. Marchetti in die frühe Mittelbronzezeit  II  –  im Gegensatz zu der zunächst angenommenen Eisenzeit II plausibler erscheinen lassen. 55 So können Vergleichsbeispiele aus dem 52 Woolley 1914, S. 91–92, Taf. 22–24; Woolley 1952, S. 214, 224–226; Güterbock 1954, S. 112; Falsone und Sconzo 2007, S. 77. 53 Woolley 1952, S. 181, 280, Taf. 38, 40a, B. 48b; Orthmann 1971, S. 515, Taf. 36,e Karkemis K/23; Mazzoni 1972, S. 180; Spycket 1981, S. 332–333; Voos 1986, S. 41, Kat.-Nr. 18; Bonatz 2000a, S. 15, 28, 154, Taf. V, B 2; Gilibert 2011, S. 53, Carchemish 95; Aro 2013, S. 259–260; Marchesi 2014a, S. 172–173, Taf. XIII–XIV; Marchetti 2016c, S. 379–380, Anm. 16. 54 Siehe Abschnitt 4.1.5.3.8. 55 Mazzoni 1972, S. 180; Spycket 1981, S. 332; Paolo 2006, S. 154, Anm. 47; Aro 2013, S. 259–260; Matthiae 2013a, S. 378; Marchesi 2014a, S. 172–173; Marchetti 2016c, S. 379–380 contra Orthmann 1971, S. 515; Voos 1986, S. 41; Bonatz 2000a, S. 15; Gilibert 2011, S. 53.

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Abb. 35: ḫilāni-Bau bzw. Tempel B.

Abb. 36: Sitzbild B. 48, gefunden neben dem ḫilāni-Bau, nicht in situ.

Tempel P2 in Ebla 56 sowie ein mittlerweile ebenfalls in die Mittelbronzezeit umdatiertes Sitzbild aus Taftanāz, deren Ähnlichkeit zur Statue B. 48b unabhängig davon hervorgehoben worden ist, 57 ebenso genannt werden wie das Sitzbild aus dem „Stelenheiligtum“ von Hazor 58 oder die Statuen aus der Königsgruft von Qaṭna. 59 Außerdem muss in Betracht gezogen werden, dass die Statue im Gegensatz zu den meisten beschrifteten Bildwerken aus Karkamiš keine luwischen Hieroglyphen trug, was darauf hinweist, dass sie aus einer Zeit stammt, in welcher das Luwische noch nicht oder nicht mehr benutzt wurde. Für ersteres sprechen einige paläographische Indizien. 60 Schließlich ist im Zuge der neuen Ausgrabungen das beschriftete Fragment einer Statue im Museum für anatolische Zivilisationen in Ankara entdeckt worden, welches einen König namens Bin-Ami erwähnt und ebenfalls aus der Mittelbronzezeit stammt. Ein weiteres Fragment dieser, mit der vorliegenden vergleichbaren Statue wurde 2011 vor Ort gefunden. 61 Auch für den

56 Paolo 2006, S. 154, Anm. 57; Aro 2013, S. 259; Matthiae 2013a, S. 378. 57 Bonatz 2000a, S. 28. Zur Frühdatierung von zwei Statuen aus Taftanāz sowie dem Doppelsitzbild aus dem Museum von Aleppo (Voos Kat.-Nr. 21), siehe Hempelmann 2003. Inzwischen dazu explizit Matthiae 2013a, S. 378. 58 Spycket 1981, S. 332–333. Dieses stammt allerdings aus der Spätbronzezeit. Siehe S. 89, Abb. 25. 59 Aro 2013, S. 259, 60 Marchesi 2014a, S. 172–173. 61 Siehe Abschnitt 4.1.2.4.

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Karkamiš

Opfertisch lässt sich aufgrund der Parallelen aus dem „Orthostatentempel“ von Hazor, mit nur einem kleineren Kompartiment, ein Entstehungsdatum im 2. Jt. vertreten. 62 Insgesamt scheint es nahezuliegen, dass die Statue zwar für eine Zeit lang in dem in oder nach der Spätbronzezeit I errichteten ḫilāni-Bau bzw. Tempel stand, aber es bleibt unklar, wo sie zuvor aufgestellt war – vermutlich in einem anderen Tempel – und wann sie bewusst zerstört und entsorgt wurde. N. Marchetti zufolge kämen dafür die Hethiter in Betracht. 63 Als mögliche Parallelen zu einer Vergesellschaftung von Sitzbild und Opfertisch während der Bronzezeit können der „Orthostatentempel“ aus Hazor sowie die Statue des Idrimi aus Alalaḫ, welche ebenfalls eine – sekundär angebrachte – umfangreiche keilschriftliche Inschrift trug, genannt werden. 4.1.2.3

Statuenkopf B. 67e

Das Fragment eines bartlosen Statuenkopfes aus Basalt stammt aus der Nähe des Great Staircase und wird von Sanna Aro aufgrund von Parallelen zu großreichszeitlichen Stücken aus Ḫattuša für spätbronzezeitlich gehalten. 64 Es könnte sich dabei um die Reste einer Herrscherstatue handeln, die analog zu den Exemplaren aus der hethitischen Hauptstadt bzw. den späteren eisenzeitlichen Statuen in Karkamiš eine Funktion im Rahmen des Totenkultes erfüllte. Gleichzeitig würde es sowohl in kunst- als auch in religionsgeschichtlicher Perspektive ein missing link darstellen. 65 4.1.2.4 Fragmente A. 33l* und A. 33k, k* Von Gianni Marchesi stammt der Vorschlag, die Fragmente A. 33l* und A. 33k, k* als Teile mittelbronzezeitlicher Sitzstatuen aufzufassen. 66 Dafür sprächen die Übereinstimmungen in der Gestaltung der Fragmente mit der der Statue B. 48b vom ḫilāni-Bau. Gleichzeitig läge mit dem Fragment A. 33k, k* ein Teil einer Statue des Königs Yaḫdun-Līm vor: „[Ya‘d]un-Li’im, [son of Bi]n-Ami, [king of (the city of)] Karkemish, …“ 67

62 Beck 1989, S. 333–334. 63 Marchetti 2016c, S. 380, Anm. 16. 64 Woolley 1952, S. 284, Taf. B. 67e; Aro 2013, S. 254, Abb. 15. Mellink 1954, S. 249 ordnet dieses Stück der Archaik zu; S. Aro widerspricht dieser Einschätzung jedoch aufgrund der Tatsache, dass bisher keine weiteren Funde aus dieser Epoche in Karkamiš gemacht worden sind. Aro 2013, S. 254. 65 Sonstige Statuen oder deren Fragmente aus der Spätbronze- und Eisenzeit I sind nicht vorhanden, obwohl die Geschichte von Karkamiš die Existenz dieser bedingt. Aro 2013, S. 248–251. 66 Woolley 1952, S. 279–280, Taf. A. 33k, k*, l*; Marchesi in Marchetti 2012a, S. 144, Abb. 24; Marchesi 2014a, S. 167–172, Taf. XI–XII. 67 Marchesi 2014a, S. 170.

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Auf A. 33l* ist zu lesen: „may (the god) Anda [… destroy] his name“ 68 Eventuell könnte es sich sogar um Teile derselben Statue gehandelt haben, da die Inschriften annähernd gleich groß ausgeführt wurden. Allerdings steht die unterschiedliche Schreibung des Zeichens im dem wohl entgegen. 69 4.1.2.5

Statuette B. 68c

Ein Sitzbild aus Kalkstein (ohne Maßangaben) stammt aus einer Abfallgrube ca. 18 m vor dem Great Staircase. 70 Aufgrund der Klassifizierung durch C. L. Woolley als „statuette“ ist es vermutlich etwas kleiner als die meisten anderen Denkmäler aus Karkamiš. J. Voos will bei dieser Figur einen Schleier erkennen und geht daher im Gegensatz zu D. Bonatz von einer Frau aus, was aufgrund des fehlenden Kopfes schwer zu entscheiden ist. Die Figur hält eine Schale, die wahrscheinlich zur Aufnahme von Trankopfern diente, in der linken Hand. D. Bonatz zufolge kann das Sitzbild in die Zeit zwischen ca. 950 und 800 eingeordnet werden und J. Voos hat sie in seinem Katalog eisenzeitlicher Monumente – im Gegensatz zu W. Orthmann – ebenfalls aufgenommen. Auch S. Mazzoni spricht sich gegen eine eisenzeitliche Einordnung aus und hält stattdessen eine Datierung in das 2. Jt. für angebracht.

4.1.3

Architektonische, ikonographische und epigraphische Befunde der Eisenzeit

4.1.3.1 ḫilāni-Bau Das von C. L. Woolley als ḫilāni bezeichnete Gebäude, im Rahmen der neuen Ausgrabungen Tempel B genannt, befindet sich im östlichen Teil der Innenstadt von Karkamiš (Abb. 34–35). 71 Es erstreckte sich parallel zur Straße zum Water-Gate in westnordwestlicher Richtung, war von ihr aber durch zwei Mauern getrennt, wobei die direkt nördlich vom ḫilāni-Bau verlaufende Mauer gleichzeitig die Mauer der aufgeschütteten Terrasse 68 Marchesi 2014a, S. 168. 69 Marchesi 2014a, S. 169, Anm. 10. 70 Woolley 1952, S. 174, Taf. B. 68c; Mazzoni 1972, S. 180; Voos 1986, S. 40–41, Kat.-Nr. 15; Bonatz 2000a, S. 15, Taf. VI, B 7; Rehm 2016, S. 116, F 8. 71 Woolley 1952, S. 176–184, Taf. 38–41; Voos 1986, S. 41, Abb. 8; Bonatz 2000a, S. 154; Niehr 2006, S. 131; Orthmann 2006, S. 223; Marchetti 2007, S. 154, Anm. 12; ders. 2012, S. 140; ders. 2013, S. 351–352; ders. 2014b, S. 305–310, Anm. 2, 315–317; ders. 2016c, S. 378–383, Abb. 13–32; Struble und Herrmann 2009, S. 37–38; Gilibert 2011, S. 53–54, Abb. 22.

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Karkamiš

bildete, auf der das Gebäude errichtet worden war. Der äußere Grundriss des ḫilāni-Baus entspricht einem Quadrat von ca.  18  m Seitenlänge, wobei die Innenwände sowie die nördlichen und südlichen Außenwände des Tempels sehr genau den Himmelsrichtungen angepasst waren (Abb. 34), im Gegensatz zu den etwas weniger genau orientierten Westund Ostaußenmauern. 72 Der Eingang lag mittig im Westen. Wie oben erwähnt befanden sich in einem sekundären Kontext an der südlichen Außenmauer eine Sitzstatue aus der Mittelbronzezeit, ein Opfertisch sowie ein Relieffragment eines Löwen. Im Inneren befand sich ein einzelner, rechteckiger Raum (14 × 6,5 m) mit einer Nische in der Nordwestecke, von der vermutlich eine Treppe in südlicher Richtung nach oben führte sowie einem mittig angelegten, breiten Zugang mit zwei Säulen (ø 95 cm) an der Ostseite, von wo aus eine nacheisenzeitliche 73 Rampe von der Terrasse zum Bodenniveau eines Hofes führte, dessen Begrenzung zumindest im Norden durch die fortlaufende Terrassenmauer sichergestellt werden konnte. Die ungewöhnlich breiten Mauern der West- und Ostfassade lassen einen Pyloneingang von großer Höhe sowie einen monumentalen Baustil vermuten. Sowohl von der Innen- als auch von der Außenseite des ḫilāni-Baus sind einige unreliefierte Orthostaten in situ erhalten geblieben. 74 Etwas südlich von der Mitte des einzigen Raumes befand sich ein in den Boden eingelassener, einfacher Krater (Höhe 52  cm, ø 58 cm), der von C. L. Woolley mit Exemplaren aus Yunus verglichen wurde, d.h. ins 8. oder 7. Jh. datieren könnte. Sein oberer Rand befand sich etwa auf derselben Höhe wie der Erdboden auf dem das Steinpflaster ruhte. Er enthielt Tierknochen und eisenzeitliche Keramikfragmente. An Kleinfunden sind aus dem Bereich des vermuteten Treppenaufgangs ein zoomorphes Gefäß sowie vermutlich ein Anhänger zu nennen. 75 Im übrigen Raum sind weitere Keramikfunde gemacht worden, insbesondere Kraterfragmente in der untersten ergrabenen Schicht, die ebenfalls den Exemplaren aus Yunus entsprechen, 76 während bei den wieder aufgenommen Grabungen das Siegel eines luwischen Beamten zutage gefördert worden ist. 77 Der Steinfußboden im Raumesinneren war größtenteils aufgerissen, während er im Eingangsbereich intakt blieb. Den neuen Ausgrabungen zufolge wurde das Gebäude in oder nach der Spätbronzezeit I gebaut, da unter den Fundamenten eine Schicht dieser Zeit entdeckt worden ist. 78 Außerdem muss die vormalige Behauptung C. L. Woolleys, wonach sich Skulpturenfragmente unter dem Gebäude befänden, revidiert werden, da diese lediglich gegen die Fundamente gedrückt wurden, sodass diese nun nicht mehr zwangsläufig vor dem Gebäude

72 Marchetti 2016c, S. 398–399, Abb. 13–14. Daraus ergibt sich, dass die Windrose auf Woolley und Barnett 1952, Taf. 41a nicht korrekt eingezeichnet ist. 73 Marchetti 2016c, S. 378. 74 Marchetti 2016c, S. 381 vermutet, dass drei reliefierte Stiermenschenorthostaten der Spätbronzezeit II an der Tempelfront verbaut waren. 75 Woolley 1952, S. 181. 76 Und deshalb von C. L. Woolley als „cinerary kraters“ bezeichnet werden. Woolley 1952, S. 177. 77 Marchetti 2012a, S. 140. 78 Marchetti 2014b, S. 310, Anm. 2; ders. 2016c, S. 378–379.

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entstanden sein müssen. 79 Der ḫilāni-Bau blieb bis mindestens zur späthellenistischen Zeit, als die letzten erkennbaren Umbaumaßnahmen durchgeführt wurden, vielleicht sogar länger, in Benutzung. 80 Bei der Interpretation dieses Gebäudes zieht C. L. Woolley zunächst einen Vergleich mit dem Schrein des Tarḫunzatempels: Beide befinden sich innerhalb eines abgesonderten Komplexes im Palastbereich der Stadt, 81 obwohl sie durch ihre Höhe eventuell gut sichtbar waren. Beide sind verhältnismäßig klein und besitzen aufgrund einer Treppe im hinteren Teil des Gebäudes wahrscheinlich zwei Stockwerke. Der teilweise gute bis sehr gute Erhaltungszustand der beiden Gebäude und der aufgerissene Boden stehen in beiden Fällen in einem starken Kontrast zueinander. 82 Aufgrund dessen nimmt er an, dass beide Gebäude dieselbe Funktion erfüllten und sich in ihren Fußböden wertvolle Gegenstände befanden, was seiner Ansicht nach für eine Interpretation als Begräbnisstätte der Könige von Karkamiš sprechen könnte, deren Statuen zur Verehrung der jeweiligen Tempelgottheit hier aufgestellt waren, womit er die Statue und wohl auch den Opfertisch neben dem ḫilāni-Bau in seine Überlegungen einbezieht. 83 Nach einer verwandten Auffassung diente das Gebäude lediglich der Verehrung der königlichen Toten, nicht aber als Grabstätte. 84 Beide Ansätze beruhen implizit auf der These, dass das Sitzbild eisenzeitlich datiert werden kann, obwohl es sehr wahrscheinlich der Mittelbronzezeit zuzurechnen ist. 85 Andere Forscher zögern, eine endgültige Entscheidung für oder gegen eine Interpretation des ḫilāniBaus als Grabanlage zu fällen. 86 Andererseits zeigen die Parallelen zum Tarḫunzatempel, dass eine Interpretation des ḫilāni-Baus als alleiniger Tempel mindestens ebenso plausibel ist. 87 Lediglich der im Boden versenkte Krater erscheint aus dieser Perspektive, oberflächlich betrachtet, weiterhin erklärungsbedürftig. Denn C. L. Woolley gesteht dem Krater keine Rolle in seiner o.g. Argumentationskette zu, da die für Yunus typische Keramik auch in nicht-funerären Kontexten auftritt, obwohl er im Anschluss an seine Ausführungen spekuliert, dass er als Urne verwendet worden sein könnte. 88 J. Voos dagegen wertet ihn lediglich als Zeugnis von Kulthandlungen, nicht jedoch als Grabgefäß. 89 Abgesehen davon ist eine solche Grabform, die Einbettung bis zum oberen Rand, bislang weder in Karkamiš noch in der weiteren Umgebung belegt. Stattdessen sind entweder ein Schacht wie bei dem 79 Marchetti 2016c, S. 379–380, Anm. 17 contra Mellink 1954, S. 248; Paolo 2006, S. 150–153; Gilibert 2011, S. 53–54. 80 Woolley 1952, S. 180. 81 Der Wettergotttempel selbst liegt zwar abgesondert, der Tempelkomplex jedoch nicht. 82 Woolley 1952, S. 184. 83 Woolley 1952, S. 184; Niehr 2006, S. 131–132; Struble und Herrmann 2009, S. 37–38. 84 Voos 1986, S. 41. 85 Siehe Abschnitt 4.1.2.2. 86 Bonatz 2000a, S. 154 (stellt zwar die Frage nach der Totenverehrung im Anschluss an die These von J. Voos, beantwortet sie jedoch nicht); Orthmann 2006, S. 223 (vgl. jedoch ders. 2013a, S. 508); Novák 2014, S. 269. 87 Naumann 1971, S. 472; Gilibert 2011, S. 52–54; Marchetti 2012a, S. 140; Orthmann 2013a, S. 508. 88 Woolley 1952, S. 184, 234; Moorey 1980, S. 5. 89 Voos 1986, S. 41. In Anm. 225 betrachtet er die zerbrochenen Gefäßteile im Kontext des hethitischen königlichen Bestattungsrituals.

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Karkamiš

„Goldgrab“ oder einfache Erdgruben gefunden worden, wobei in beiden Fällen große Keramikgefäße, zum Teil extra für Gräber gefertigt, über die Urne gestülpt wurden, was hier unmöglich gewesen wäre. Falls es sich dennoch um ein Grab gehandelt haben sollte, so finden sich in der gesamten Region, d.h. in Nordsyrien und Südostanatolien, vorerst keine Vergleichsbeispiele. 90 Als letztes Argument gegen die Existenz von Gräbern innerhalb des ḫilāni-Baus ist das Reinheitskonzept in den altorientalischen Religionen zu nennen, welches eine Verbindung zwischen den unreinen sterblichen Überresten sowie einem Tempel unplausibel erscheinen lässt. 91 Insgesamt ist es daher als wahrscheinlicher zu erachten, dass es sich bei dem ḫilāni-Bau um einen Tempel handelte, der weder für Begräbnisse noch für die Verehrung der königlichen Toten genutzt wurde, auch wenn letzteres nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Erstere Funktion wäre zudem eine einleuchtende Erklärung für die lang andauernde Nutzung des Gebäudes bis in die hellenistische Zeit hinein, was im Falle eines königlichen Grabbaus aufgrund der damit verbundenen politischen Konnotationen kaum zu erwarten gewesen wäre. Zwar liegt es weiterhin im Rahmen des Möglichen, dass dieses Heiligtum aufgrund der abgeschiedenen Lage östlich des Katuwapalastes neben den Götterkultbildern auch Statuen eisenzeitlicher Herrscher von Karkamiš beherbergte, allerdings konnten bisher keine Überreste entsprechender Figuren geborgen werden.

90 Lässt man geographische und chronologische Differenzen weitgehend außer Acht, so sind die einst oberirdischen Grabhäuser 15 und 85 aus Beşiktepe, nahe bei Hisarlık / Wilusa bzw. Troja, hier zu erwähnen, da sie die einzigen funerären Komparanda für das Gefäß im Boden des ḫilāni-Baus von Karkamiš darstellen. Während Grab 85 von Beşiktepe vermutlich durch ein Bachbett stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, konnten in Grab 15 zwei Gefäße sichergestellt werden, die etwa bis zum oberen Rand in den Boden eingetieft waren und von denen eines als Grabgefäß für den Leichenbrand zweier Individuen, eines davon weiblich, diente. Zudem befanden sich im Inneren verbrannte Beigaben bestehend aus zwei Spinnwirteln aus Ton, einem Bronzeschwert, einem Werkzeug desselben Materials, vermutlich einem Meißel, sowie mehreren Bronze- und Knochenfragmenten. Basedow 2000, S. 45–48, Abb. 1–2, Taf. III, IX, XXXII–XXXIV, CIX. Beide Gräber datieren in die Mitte des 14. Jh. und sind mit dem Bestattungsritual der hethitischen Könige in Zusammenhang gebracht worden, obwohl dieses die Bestattung auf einem Bett ohne Gefäß vorsah. Als Übereinstimmungen zum Bestattungsritual der hethitischen Könige werden die Kremation, die Bestattung in einem Gebäude sowie die Beigabe von Spinnwirteln gewertet (dies. 2000, S. 151–152), wobei die Differenzen jedoch deutlich überwiegen. Eventuell stellen manche der Bronzefragmente Überreste von Pfeilspitzen dar, welche zwar ebenfalls eine Rolle im hethitischen Bestattungsritual spielten, jedoch ebenso wie die Spinnwirtel nicht explizit verbrannt und mit ins Grab gegeben wurden. 91 Vgl. Scurlock 2002, S. 2; Taracha 2009, S. 162–163 in Bezug auf die während der Bestattungsrituale in Mesopotamien bzw. Anatolien benutzten Statuen und Ersatzkörper, die wahrscheinlich nicht in Heiligtümern aufgestellt wurden.

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Abb. 37: Tarḫunzatempel bzw. Tempel A, Long Wall of Sculpture und Great Staircase.

4.1.3.2

Long Wall of Sculpture und Great Staircase

Die südöstliche Fassade des Wettergotttempels, die von Suhi  II. erbaute Long Wall of Sculpture, setzte sich aus einer Reihe von Orthostaten zusammen, die eine Prozession von Göttern und Menschen darstellten und flankierte den Weg zum leicht ansteigenden Great Staircase (Abb. 37). 92 Über dieses gelangte man zu einem Tor, hinter dem C. L. Woolley einen Palastkomplex vermutete, während N. Marchetti das Tor als Eingang eines Antentempels des 8. Jh. interpretiert, wobei die Torkammer einer Antecella entspräche. Darüber 92 Woolley 1952, S. 157–167, 171–175, Taf. 29–32, B. 37 ; Marchetti 2019, S. 157, Abb. 4 (hier: Abb. 34); 161.

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Karkamiš

hinaus führte es etwa auf halber Strecke bzw. Höhe zu einem Seiteneingang des Tempels auf der linken und dem offenen Raum 1 auf der rechten Seite. Dieses architektonische Ensemble – Treppenanlage und Wettergotttempel – bezeichnete er als Lower Palace Area. 4.1.3.2.1 Orthostat B. 43b mit Inschrift KARKAMIŠ A. 1a Die fragmentarische Inschrift eines auf beiden Seiten abgebrochenen Orthostaten Suhis II. (1,35 × 2,65 × 0,13–0,15 m), d.h. vermutlich aus dem späten 10. Jh., der vor der südlichen Hälfte der Long Wall of Sculpture gefunden worden ist, enthält u.a. an die (männliche) Bevölkerung gerichtete Anweisungen zur Durchführung des Totenkultes für diesen Herrscher. 93 Aufgrund des Beginn des Textes oben rechts wird vermutet, dass sich auf dieser Seite des Orthostaten die Eingangsformel „Ich bin PN“ sowie eine amu-Figur Suhis II. befand. 94 Es erstaunt festzustellen, dass sich die Inschrift und eventuell auch das Bild des Herrschers deutlich hinter den Göttern an der Spitze der Prozession sowie seiner Frau BONUS-ti (B. 40) befand. In der Inschrift werden zunächst gegen die Götter verübte Gräuel, militärische Aktionen  –  drastisch in Szene gesetzt durch 16 abgeschlagene Hände und drei Köpfe unter der Inschrift – und daran anschließende Opferungen der Beute sowie die Errichtung einer Götterprozession genannt, womit allein die Long Wall of Sculpture gemeint sein kann, bevor die Einweihung seiner Statue und die ihr zustehenden Opfer erwähnt werden: § 28 § 29 § 30 § 31 § 32 § 33 § 34 § 35 § 36 § 37 § 38

„And for myself my statue 95 I [… …] he shall [ho]nour. (He) who (is a man) of sheep, let him offer a sheep to this statue. But (he) who (is a man) of bread, let him … bread and libation to it. (He) who shall honour (it), him these gods […] that food(?) [But (he) who against this statue(?) with malice] shall come, (that) which Saparkean Tarhunzas made attack Hatamanas, that may these gods make attack that man!“ 96

93 Hogarth 1914, S.  27, Taf. A. 1a; Woolley 1952, S.  166, Taf. AA., A. 1a*, B. 43b; Hawkins 1972, S. 88–94, 107–111, Abb. 1–2, 4; ders. 2000, S. 87–91, Taf. 6–7; Voos 1986, S. 150–151; Gilibert 2011, S. 31–32, Abb. 8, Carchemish 17; Aro 2013, S. 237–238, Abb. 4. 94 Hawkins 1972, S. 89, 107, Abb. 4; Gilibert 2011, S. 31, Abb. 8; Aro 2013, S. 237. 95 Das hier geschriebene Logogramm STATUA (*12) sieht aus wie das Logogramm COR (*341). Hout 2002b, S. 183. Ein Hinweis darauf, dass die Statue die atri- Suhis II. (normalerweise mit COR geschrieben) enthielt? 96 Hawkins 2000, S. 89.

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Die Annahme, dass es sich dabei um posthume Opfer handeln muss, gründet sich auf drei Argumenten, von denen zwei, der gemeinsame Kontext mit der nur wenige Meter weiter rechts angebrachten Darstellung und Inschrift der BONUS-ti 97 sowie inhaltliche Übereinstimmungen mit der Inschrift KAI 214 aus Gerçin in der Nähe von Sam’al, in welcher der Ahnenkult für Panamuwa  I. beschrieben wird, bereits von J. Voos vorgebracht worden sind. 98 Dem hinzuzufügen wäre die Bedeutung von Brot und Wasser als traditionelle Speise für die Toten. Die Anweisungen, wonach jede Person ihrem Besitzstand oder Einkommen nach entsprechende Opfer zu erbringen hat, findet sich in einer ähnlichen Form in der Inschrift Taitas I. im Wettergotttempel von Ḫalab, wobei die in KARKAMIŠ A. 1a aufgezählten Opferleistungen den beiden niederrangigen Kategorien von ALEPPO 6 entsprechen: Die Opferung eines Schafes wird dort von Königssöhnen, Landesfürsten und Flusslandsfürsten eingefordert und stimmt mit dem „Mann des Schafes“ überein, während die „niedere Person“ analog zum „Mann des Brotes“ ein Brot- und Libationsopfer darbringen soll. 99 Tabelle 3: Vergleich der Opfer von ALEPPO 6 mit KARKAMIŠ A. 1a. ALEPPO 6

KARKAMIŠ A. 1a

König

1 Ochse, 1 Schaf





Königssohn, Landesfürst, Flusslandsfürst

1 Schaf

Mann des Schafes

1 Schaf

Niedere Person

Brot und Libation

Mann des Brotes

Brot und Libation

Somit wird, bis auf den König, die gesamte männliche Bevölkerung zum Totenkult für die Statue Suhis II., vermutlich in prominenter Position aufgestellt, angehalten. Angesichts des Totenkultcharakters sowie der Einbeziehung eines großen Teils der Bevölkerung lässt sich der Zweck der Opfer nicht allein auf die Versorgung des Totengeistes reduzieren, sondern beinhaltet vielleicht eine politische und / oder ökonomische Komponente. Dass er dabei im Gegensatz zu Taita I. Könige unerwähnt lässt, sondern als Landesfürst vermutlich Gleichrangige („Männer des Schafes“) zum Opfern anhielt, lag wohl darin begründet, dass er sich (noch) nicht als unumschränkten Herrscher sah. Diese These wird durch die Heirat seiner Tochter und einem Tudḫaliya gestützt, der wahrscheinlich mit dem König Tudḫaliya II. identisch ist, was ebenfalls als Zeichen für eine aufgrund der

97 Siehe unten. 98 Voos 1986, S. 150–151. 99 Vgl. Hawkins 2009, S. 169; ders. 2011, S. 45, Abb. 7b. Siehe Abschnitt 7.2.2.

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Karkamiš

noch existierenden Großkönigslinie nicht unangefochtene Position Suhis II. sowie eine deshalb weiterhin notwendige Legitimierungsstrategie gewertet werden kann. 100 Da in der direkten Umgebung der Long Wall of Sculpture keine Statue gefunden worden ist, werden zum einen die Basis B. 34, eventuell zusammen mit dem Statuenfragment B. 67b, und zum anderen der Statuenkopf B. 54a mit der Basis B. 53 im Winkel des Royal Buttress als Überreste der Statue Suhis II. in Betracht gezogen. 101 Gegen erstere These spricht einerseits, dass es sich um eine Stier-, und nicht um eine Löwenbasis handelt, da Stierbasen meist Wettergottstatuen vorbehalten waren, während Herrscherbilder traditionell auf Löwenbasen platziert wurden 102 und andererseits, dass die Basis zeitlich eventuell etwas später als der Stil Karkemis III bzw. die Suhi-Katuwa-Dynastie anzusetzen ist. 103 Vom zeitlichen Rahmen würde der Statuenkopf B.  54a mitsamt der Löwenbasis B.  53 zwar zur Inschrift passen, aber die große räumliche Distanz sowie die Ausrichtung beider Monumente muss als Gegenargument gewertet werden, so dass sie wohl nur bei einer vorauszusetzenden sekundären Verlegung zu berücksichtigen wäre. 104 Außerdem scheint bei jener Statue aufgrund der räumliche Nähe zu Katuwas Inschrift KARKAMIŠ A. 13d inklusive einer entsprechenden Reliefdarstellung sowie zum Processional Entry, der nach neuesten Ergebnissen zu dessen Palast führte, eine Identifizierung mit Katuwa überzeugender zu sein. 105 Ein geeigneterer Kandidat könnte sich deshalb unter den monumentalen Statuenfragmenten verbergen, die am oberen Ende des Great Staircase gefunden worden sind. 106 So vergleicht S. Aro das Band des Armfragments mit dem der Königsstatue am Bau J von Zincirli, 107 während W. Orthmann den vorderen Teil einer Hörnerkrone mit einer Statue aus Tell Ḥalaf vergleicht, 108 welche als die eines divinisierten Herrschers gedeutet wird, 109 so dass eventuell beide Teile die Überreste einer Statue des vergöttlicht dargestellten Suhis II. gebildet haben könnten. 110 Für eine solche Interpretation spräche auch die Richtung der Prozession, welche sich auf das Great Staircase bzw. die Akropolis hin zu bewegen scheint. 111

100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111

KELEKLİ. Hawkins 1995a, S. 82–83; ders. 2000, S. 92–93, Taf. 9. Hawkins 1972, S. 96–97; ders. 2000, S. 77; Gilibert 2011, S. 34–35; Dinçol et al. 2014b, S. 66. Siehe unten. Orthmann 1971, S. 41; Gilibert 2011, S. 34–35. Aro 2013, S. 237. Hawkins 1972, S. 96–97. Aro 2013, S. 237 spricht sich für eine ursprüngliche Verbindung zwischen der fragmentarischen Inschrift KARKAMIŠ A. 25a und jener Statue aus, in der die Errichtung einer Statue für Katuwa durch ihn selbst beschrieben wird. Woolley 1952, S. 175, 244, Taf. B. 63. Aro 2013, S. 237–238, Anm. 21. Orthmann 2002, S. 68, Anm. 17. Siehe Abschnitt 3.1.3.1.3. Siehe unten. Vgl. Mazzoni 1997, S. 324.

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Karkamış bzw. Ǧarāblūs / Karkamiš

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4.1.3.2.2 Orthostat B. 40 mit Inschrift KARKAMIŠ A. 1b Der Orthostat BONUS-tis (Kalkstein, ca. 1,85 × 2,50 m, Abb. 38–39) – die Darstellung einer thronenden Frau mit einer links neben dem Kopf befindlichen hieroglyphenluwischen Inschrift – befindet sich etwa 15 m nordöstlich bzw. rechts der Inschrift KARKAMIŠ A. 1a, und damit „vor“ ihr, hinter einer Prozession von fünf Gottheiten, welche den Beginn der Bilderserie markieren. 112 Bei diesen handelt es sich um den in KARKAMIŠ A. 1a erwähnten Tarḫunza und wahrscheinlich Kubaba, Karḫuḫa und dessen Paredra sowie eine frontal dargestellte, nackte und geflügelte Göttin, welche schwierig zu interpretieren ist. 113 Wie bereits erwähnt, ist diese prominente Position im Vergleich zur Inschrift ihres Mannes unerwartet. BONUS-ti wurde auf einem Thron sitzend und mit einem Schleier abgebildet; ihre Füße ruhen auf einem Fußschemel. In ihrer rechten Hand hält sie eine Spindel, während ihre Linke in Imitation des hieroglyphenluwischen Zeichens für „ich“ (EGO bzw. amu) auf ihr Gesicht deutet. 114 Im Gegensatz zu den Gottheiten vor ihr ist sie ohne Hörner oder Polos dargestellt. Sie lässt sich aufgrund des beigefügten Textes als BONUS-ti identifizieren und muss daher etwa zeitgleich mit ihrem Mann Suhi II. ungefähr im späten 10. Jh. datiert werden: § 1 § 2 § 3

„I (am) BONUS-tis the Country-Lord Suhis’s dear wife Wheresoever my husband honours his (own) name, he shall honour my own also with goodness.“ 115

Die Darstellung BONUS-tis im Kontext einer Götterprozession, die Aufforderung, ihrer zu gedenken sowie die Spindel in ihrer Hand, die häufig auf syro-hethitischen Totenmonumenten in den Händen von Frauen dargestellt sind, 116 machen es sehr wahrscheinlich, dass es sich hierbei ebenfalls um ein mortuäres Monument handelt. 117 Aufgrund der zweiten Zeile der Inschrift lässt sich erschließen, dass BONUS-ti vor ihrem Mann verstarb und dass sich dieser noch keinen Platz für die „Ehrung seines Namens“ ausgesucht hatte, d.h. vermutlich für seine in KARKAMIŠ A. 1a genannte Statue. 118 Gleichzeitig 112 Hogarth 1914, Taf. A. 1b; Woolley 1952, S. 157, 165–166, Taf. AA. A. 1b*, B. 38–40; Orthmann 1971, S. 502, Taf. 24,b, Karkemis C/4; Hawkins 1972, S. 94–97, 111, Abb. 3–4; ders. 1984, S. 76, Abb. 112; ders. 2000, S. 91–92, Taf. 8; Voos 1986, S. 150–151, Kat.-Nr. 108; Brown 2008a, S. 166; Gilibert 2011, S. 31–32, Abb. 8, Carchemish 23; Payne 2012, S. 46–47. 113 Zu letzterer, vgl. Orthmann 1971, S. 279–285. 114 Hawkins 2000, S. 91; Payne 2012, S. 46. Bei Figuren mit amu-Geste handelt es sich meist um ein bis drei Zeilen große Figuren zu Beginn einer Inschrift. Ein weiteres Beispiel für eine ähnlich große Ausführung wäre die Inschrift Katuwas KARKAMIŠ A. 13d. 115 Hawkins 2000, S. 92. 116 Bonatz 2000a, S. 79–82. Dieses Attribut findet sich noch auf Grabstelen der römischen Zeit, bspw. aus Belkız / Seleukeia oder Gaziantep. 117 Orthmann 1971, S. 379, Anm. 51; Hawkins 1972, S. 95; ders. 1984, S. 76; ders. 2000, S. 92; Voos 1986, S. 150; Dion 1997, S. 270; Denel 2007, S. 190; Gilibert 2011, S. 31–32. 118 Hawkins 1972, S. 95; Denel 2007, S. 190.

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Karkamiš

Abb. 38: Orthostatenreihe der Long Wall of Sculpture (B. 38, B. 39b, B. 40) sowie Fragment B. 39a.

Abb. 39: Orthostat B. 40 mit Inschrift KARKAMIŠ A. 1b.

impliziert die Formulierung, dass es für diese Handlung keinen automatisch vorherbestimmten Ort gab und dass sie möglicherweise unabhängig vom Grab durchgeführt werden konnte. Zudem wird aus dieser Zeile ersichtlich, dass sich BONUS-ti nur zusammen mit ihrem Mann verehren lassen konnte, d.h. sie war nicht dazu in der Lage, einen eigen-

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Abb. 40: Statuenfragment B. 63a.

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ständigen Totenkult inklusive einer eigenen Statue einzurichten, 119 sondern blieb von den Kultteilnehmern zu Ehren Suhis II. abhängig. Wie Elif Denel zu Recht bemerkt, lässt sich die Einreihung seiner Frau unter die Götterprozession ebenso wie der Inhalt der Inschrift als Anspruch Suhis II. lesen, nach seinem Tod einen vergleichbaren – oder sogar höheren – Rang einzunehmen. 120 Denn die Einreihung unter die Gottheiten kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass BONUS-ti weder eine Hörnerkrone trägt noch inschriftlich göttlich attributiert wird, im Gegensatz zur Statue des Atrisuha. 121 4.1.3.2.3 Statuenfragmente B. 63a–b

Vom oberen Ende des Great Staircase sind die Reste mindestens einer Monumentalstatue geborgen worden, darunter einige Arm- bzw. Handfragmente sowie der vordere Teil einer Hörnerkrone (Abb.  40– Abb. 41: Statuenfragmente B. 63b. 41). 122 C. L. Woolley nimmt an, dass sie zu einer Götterstatue gehörten, während S. Aro aufgrund des übereinstimmenden Armbandes auf der Kolossalstatue aus Sam’al von Bau J es für wahrscheinlicher hält, dass es sich bei den Armfragmenten um Teile einer zweiten Statue, der eines Herrschers, handeln könnte. Außerdem ermangele der Inschrift KARKAMIŠ A. 1a die dazugehörige Statue Suhis II. 123 Da jedoch erstens die Statue eines vergöttlichten Suhis – vermutlich des ersten dieses Namens – mit einer Hörnerkrone am King’s Gate aufgestellt war und zweitens ein mit der Hörnerkrone B. 63a vergleichbarer Kopfschmuck eine Statue in Tell Ḥalaf schmückte, 124 von der vermutet wird, dass sie den divinisierten Herrscher Gūzānas, Kapara, darstellt und deren neuassyrische Inschrift mit 119 Unabhängig davon, ob es sich bei der Statue Suhis II. um ein Standbild handelte, fällt auf, dass in den nordsyrisch-südostanatolischen Königreichen, mit Ausnahme von Bīt Baḫiāni und Pattina / Unqi, keine Statuen weiblicher Personen gefunden worden sind. 120 Denel 2007, S. 190–191. 121 Contra Gilibert 2011, S. 32. 122 Woolley 1952, S. 175, 284, Taf. B. 63a–b; Aro 2003, S. 327–328; dies. 2013, S. 237–238, Abb. 6. 123 Aro 2013, S. 237–238, Anm. 21. 124 Orthmann 2002, S. 68, Anm. 17.

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der im Luwischen üblichen Formel „Ich bin PN“ beginnt, 125 die eine Gleichsetzung von Statue und der betreffenden Person impliziert, bietet sich eine dritte Interpretationsmöglichkeit an: Die Kopf- und Armfragmente bildeten einst die Statue eines vergöttlichten Herrschers. Da Suhi  II. in der Inschrift an der Long Wall of Sculpture die Errichtung seiner eigenen Statue beschreibt und die anderen Statuen in der Lower Palace Area nicht in direktem Sichtkontakt zur Inschrift stehen, stellen diese Fragmente den vermutlich geeignetesten Kandidaten für die Identifizierung der Statue dar. 126 4.1.3.2.4 Statuenfragment B. 67b Ein weiterer Kandidat für eine Statue Suhis II. an der Long Wall of Sculpture ist ein Fragment (Basalt, ohne Maßangaben), 127 auf dem lediglich die Konturen von Kopf und Schultern eines Mannes erkennbar blieben. 128 Es ist in Raum 1 östlich des Great Staircase in einer Schuttschicht hinter dem großen Relief B. 33 geborgen worden. Im Gegensatz zu D. Bonatz, der es als unvollendet betrachtet, sieht A. Gilibert es als Produkt eines Unfalls an, das entweder hier entsorgt oder vielleicht sogar begraben wurde. 129 Gleichzeitig vertritt sie die These, dass es ursprünglich zur Stierbasis B. 34 gehörte und entweder Suhi II. repräsentierte oder  –  aufgrund der eventuell auch etwas jüngeren Datierung der Basis durch W. Orthmann – einem König aus der Mitte des 9. Jh. zugeordnet werden kann. 130 Ähnlich datiert D. Bonatz es in die Zeit von ca. 925 bis 875 und vergleicht es aufgrund seiner Form mit der Herrscherstatue aus Ṣrīn. 131 4.1.3.2.5 Stierbasis B. 34 Der Interpretation A. Giliberts zufolge handelte es sich bei der Stierbasis B. 34 in Raum 1, die mit dem Rücken zum östlichen Flügel des Tores steht, welches sich im Norden an das Great Staircase anschließt, um die Basis einer Statue für Suhi II., der mittels eines darauf befindlichen Napfloches, einer flachen Mulde zur Aufnahme von Libationen, beopfert worden sein soll. 132 Dies ist zwar weniger wahrscheinlich, da es sich um eine Stier- und nicht um eine Löwenbasis handelt, aber nicht gänzlich auszuschließen. 133 Erstere waren 125 Siehe Abschnitt 3.1.3.1.3. 126 Aro 2013, S. 237–238, Anm. 21 nur in Bezug auf die Armfragmente. 127 Der beigelegte Maßstab in Woolley 1952, Taf. B. 67b lässt eine Schulterbreite von mehr als 30 cm erahnen. 128 Woolley 1952, S. 174, Taf. B. 67b; Bonatz 2000a, S. 14, 25, Taf. I, A 5; Gilibert 2011, S. 34. 129 Gilibert 2011, S. 34. 130 Orthmann 1971, S. 41, 501; Gilibert 2011, S. 35. 131 Bonatz 2000a, S. 14, 25. Siehe Abschnitt 5.3.2. 132 Woolley 1952, S. 159, Taf. B. 34a–b; Orthmann 1971, S. 41, 501, Karkemis Bb/2; Ussishkin 1975, S. 95–96, Abb. 16; Gilibert 2011, S. 34–35, 168, Carchemish 29. 133 Contra Aro 2013, S. 237, Anm. 17.

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in syrischer und syro-hethitischer Tradition normalerweise für Wettergötter reserviert, was wahrscheinlich auf hurritischen Einfluss zurückgeführt werden kann, 134 letztere tendenziell für Herrscher. Allerdings könnten im Zuge der Angleichung der Herrscheran Götterdarstellungen auch Stierbasen für (vergöttlichte) Herrscher verwendet worden sein, 135 zumal auch auf der Stele von İspekçür Arnuwanti II. auf einem Stier abgebildet wurde. 136 Datiert werden kann die Basis entweder ins ausgehende 10. oder das  beginnende 9. Jh. – W. Orth­manns Stilstufe Karkemis III – oder etwas später. 137 Eventuell gehörte das im selben Bereich, im Schutt in Raum 1, gefundene Statuenfragment B. 67b zu dieser Basis. 138 4.1.3.3

Tarḫunzatempel

Die Long Wall of Sculpture bildete die südöstliche Außenmauer des Komplexes des Tarḫunzatempels, im Rahmen der neuen Ausgrabungen Tempel A genannt, der sich mit seiner Nordostseite an den Torbau des Great Staircase anschloss (Abb. 37). 139 Bis auf diese Seite, die entsprechend angepasst war, lagen alle Außenmauern in einem Winkel von etwa 45° zur Nord-Süd-Achse. Im Inneren des Komplexes lassen sich ein unregelmäßiger Innenhof sowie sechs unterschiedlich große Räume unterscheiden, wobei der Antentempel mit der Cella im nördlichen Winkel lag und das größte Teilstück des Innenhofs südwestlich bzw. südlich von ihr mit einem erhöhten Podest an der südwestlichen Innenwand, auf dem sich ein Altar befand. Eine endgültige Datierung der Nutzungsdauer des Tempels liegt noch nicht vor, aber es scheint sich wie bei allen Gebäuden der Unterstadt um einen Neubau nach der hethitischen Eroberung zu handeln, der noch in der Eisenzeit III umgestaltet wurde. 140 4.1.3.3.1 Cella (Raum 9) Der Fußboden der Cella (ca. 8 × 8 m) war nach C. L. Woolleys Beschreibung größtenteils aufgerissen, was im Gegensatz zu den gut erhaltenen Ost- und Südwänden stünde. N. 134 Vgl.  Hutter 2003, S.  222: Während Teššubs Streitwagen von Stieren gezogen wird, ist der des Tarḫunza mit Pferden bespannt. 135 Vgl. dazu die Einschätzung der Statue von Çineköy durch Bunnens 2006, S. 62, 128, gefolgt von Mazzoni 2012, S. 29, Anm. 22, sowie die Beopferung der Stiere Teššubs, Šēri und Ḫurri, im Rahmen der Beopferung der Statuen verstorbener hethitischer Könige. Schwemer 2001, S. 481; Bunnens 2006, S. 62, Anm. 29. 136 Bonatz 2000b, S. 205 vermutet, dass es sich hierbei nicht um den zu Lebzeiten vergöttlichten, sondern den bereits verstorbenen Arnuwanti II. handelt. 137 Orthmann 1971, S. 41, 501; Gilibert 2011, S. 35. 138 Gilibert 2011, S. 34–35. 139 Woolley 1952, S. 167–171, Taf. 29, 34–37. 140 Marchetti 2014b, S. 305.

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Marchetti bemerkt jedoch, dass die nördliche Hälfte des Pflasters noch intakt war. Es ist nicht sicher, aber aufgrund einer Wandstärke von 3,85 m im Norden möglich, dass eine Treppe zu einem zweiten Stockwerk führte, auch wenn keine Spuren einer Treppenanlage entdeckt wurden. Im Inneren der Cella befand sich, abgesehen von einer Säulenbasis, einem sekundär verwendeten Orthostatenblock sowie einem vermutlich aus der Römerzeit stammenden Kalksteinblock, auch ein Teil eines Opfertisches. 141 Aufgrund der Parallelen des Baustils zum River Wall der Innenstadt hat C. L. Woolley eine Entstehung in der Spätbronzezeit vermutet. Diese Vermutung wird durch die neuen Grabungsergebnisse gestützt bzw. auf die Spätbronzezeit II präzisiert. 142 Ob die Ursache für den aufgerissenen Boden nach der These C. L. Woolleys tatsächlich in ehemals hier gelegenen Gräbern zu suchen und – nach ihm – mit dem ḫilāni-Bau vergleichbar ist, scheint sich als Spekulation zu entpuppen. Zumindest haben die neuen Ausgrabungen in diesem Areal bisher nichts Derartiges feststellen können. Allerdings ist die Stele mit der Inschrift KARKAMIŠ A. 4c, dem Text nach zu urteilen eine typisch luwische Grabinschrift, in Raum 3 an der Südecke des Tempelkomplexes gefunden worden, so dass diese Möglichkeit theoretisch besteht. 4.1.3.3.2 Orthostaten mit Inschrift KARKAMIŠ A. 2+3 Auf einem Orthostatenpaar, welches den Durchgang zum Schrein des Wettergotttempels bildete, befand sich eine Bauinschrift mit einer abschließenden Fluchformel, welche sich gegen diejenigen wendete, die versuchten, die von Katuwa dem Tarḫunzatempel von Karkamiš übereigneten Künstler wieder abspenstig zu machen. 143 Letztere enthält den einzigen, indirekten Beleg für eine Vorstellung vom Jenseits in Karkamiš. Aufgrund ihres Urhebers Katuwa können die Orthostaten in das ausgehende 10. oder das beginnende 9. Jh. datiert werden. § 19 a § 19 b § 20–21 § 22 § 23

„[…] – wether he (be) a king or wether he (be) a country-lord – […] When he shall be ‚out of the way(?)‘, let him not behold the faces of Tarhunzas and Kubaba, […].“ 144

141 Woolley 1952, S. 169–170; Marchetti 2014b, S. 305–310. 142 Woolley 1952, S. 169–170; Marchetti 2014b, S. 305–310, Anm. 2. Die Datierung der Stele mit der Inschrift A. 4a durch C. L. Woolley ist natürlich inzwischen obsolet geworden, da inzwischen bekannt ist, dass der Titel „Großkönig“ auch noch in der Eisenzeit verwendet wurde. 143 Hogarth 1914, S.  27, Taf. A. 2–3; Woolley 1952, S.  169–170, Taf. 29, 34a–37a; Hawkins 1989, S. 190; ders. 2000, S. 108–112, Taf. 18–21; ders. 2015, S. 50; Payne 2012, S. 73–76. 144 Hawkins 2000, S. 110.

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Aufgrund des Kontextes ist „out of the way“ als eine euphemistische Umschreibung für „tot“ anzusehen. 145 In einer vergleichbaren Passage aus hethitischer Zeit wird die Wendung „off the road“ benutzt. 146 Der Sinn der Inschrift tritt in jedem Fall zutage: Er betrifft das – in diesem Fall negative – Schicksal eines Menschen nach dem Tod, auch wenn der luwische Ausdruck für „Seele, Person“, atri-, hier nicht erscheint. 147 Das Schicksal ist, wie in § 23 zum Ausdruck kommt, nicht zwangsläufig vorherbestimmt gewesen, wobei dem Text nach zu urteilen mindestens zwei Möglichkeiten existierten: in die Sphäre der Götter zu gelangen oder nicht. Ein weiteres Indiz zu Vorstellungen des jenseitigen Schicksals in Karkamiš liefert die Inschrift KARKAMIŠ A. 4d, in welcher des zum Gott erhobenen Vorfahren Katuwas, Suhi, ebenfalls in Gegenwart anderer Götter gedacht wird. Eventuell muss hierbei auch die Statue des Yariri im Kubabatempel hinzugenommen werden, da die diesbezügliche Inschrift KARKAMIŠ A. 15b von der atri- Yariris in der Statue spricht und die Vergesellschaftung mit einer Statue Kubabas möglicherweise die postmortale Existenz Yariris in deren Gegenwart reflektiert. Im luwischen Königreich Tabāla existierten im 8. Jh. analoge Vorstellungen bezüglich nicht-königlicher Verstorbener vom Range eines tarwani, d.h. eines Gouverneurs (KULULU 1 § 15–16, KULULU 4 § 9). Eine negative postmortale Existenz, wie sie in Karkamiš angedeutet wird, ist weder aus den Inschriften von Tabāla noch aus anderen luwischen Texten bekannt. Eine solche ist jedoch in allen anderen altorientalischen Traditionen, insbesondere der hethitischen, der mesopotamischen sowie der westsemitischen, belegt. Positive Vorstellungen vom Leben nach dem Tod lassen sich zumindest für das Königshaus im spätbronzezeitlichen Anatolien nachweisen, im šalliš waštaiš, dem Bestattungsritual der hethitischen Könige. Hierbei stellte man sich das Jenseits als Wiese, d.h. als paradiesischen Zustand für Viehzüchter, vor. 148 Umstritten ist das Schicksal nicht-königlicher Verstorbener: Im Vergleich von zwei ähnlichen Ritualtexten, die in einer Version ein Ritual für den verstorbenen König (KUB 39.49) und in einer anderen Version ein Ritual für einen nicht genannten Toten (KUB 30.28 // KBo 34.80) beschreiben, kommt Theo van den Hout zu dem Schluss, dass es sich im letzteren Fall ebenfalls um König oder Königin 145 Hawkins 1989, S. 190; ders. 2000, S. 112. 146 „He who did this very deed of Danuhepa, he [Muwatalli II.] too has already become a god, he has stepped off from the road, and has already paid for it with his head“. Hawkins 2015, S. 50 (KUB 21.19(+), II 12–15). Vgl. Archi 2008, S. 173; Melchert 2010, S. 7 (KBo 22.178 + KUB 48.109 + 43.60 (CTH 457) I 26–29): „‚The soul is great! The soul is great!‘ ‚Whose soul is great?‘ ‚The mortal’s soul is great.‘ ‚What road does it have?‘ ‚It has the great road. It has the road that make things disappear.‘“ sowie die luwische Inschrift SÜDBURG § 18 „Here a Divine Earth-Road in that year (I) construct(ed).“ (Hawkins 1995b, S. 22–23, 44–45) in Kammer 2 der Südburg von Ḫattuša. Archi 2008, S. 187. 147 Hawkins 1989, S. 190. 148 Haas 2000, S. 52. Allerdings gehört nach Calvert Watkins eine Wiese zur Topographie der Unterwelt. Watkins 1995, S. 285–286, 289 (KUB 43.60 I 36): „Let [me] not [go?] to the meadow“. Vgl. dagegen die alternative Übersetzung von A. Archi, der die Wiese auch in diesem Kontext als positive Destination der Seelenwanderung betrachtet: „to the meadow let [me] tra[vel quickly“. Archi 2008, S. 173–174.

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gehandelt habe, während Alfonso Archi dies bestreitet und von einem nicht-königlichen Verstorbenen ausgeht. 149 Volkert Haas dagegen betrachtet die Beigabe von Equiden oder ihrer Schädel in den spätbronzezeitlichen Gräbern Anatoliens als Ausdruck einer allgemeinen Erwartung einer Weiterexistenz als Viehzüchter. 150 Mangels entsprechender Untersuchungen können die Gräber von Karkamiš diesbezüglich noch nicht eingeordnet werden. 151 Welchem Personenkreis könnte die Gegenwart der Götter in den Jenseitsvorstellungen von Karkamiš beschieden gewesen sein? Katuwa trug den Titel eines „Landesfürsten“ und nicht den eines Königs, bekämpfte aber, wohl zusammen mit den Nachkommen der offiziellen Könige von Karkamiš, Mitglieder seiner eigenen Familie. Unter diesem Blickwinkel ist es verständlich, dass Katuwa das ursprünglich königliche Privileg auf ein Zusammensein mit den Göttern beanspruchte, wie es in der Formulierung „wether he (be) a king or wether he (be) a country-lord“ zum Ausdruck gebracht wird, 152 ebenso wie sein Vater Suhi II. seine tote Gemahlin in einer Reihe unter den Göttern platzieren ließ. Die gleiche Formulierung findet sich auch in einer Fluchformel in § 14 derselben Inschrift, dort allerdings um einen Priester ergänzt. Die Nichtnennung des Priesters im Kontext der zweiten Fluchformel ist daher möglicherweise signifikant für den Personenkreis, der sich ein derart positives Jenseits erhoffen konnte. 153 Dass zu dieser Zeit bereits weitere Kreise der Oberschicht oder gar der einfachen Bevölkerung ähnliche Erwartungen pflegten, ist zwar unwahrscheinlich, angesichts der äußerst schlechten Quellenlage jedoch vorerst nicht auszuschließen. Denn in der darauffolgenden Zeit muss zumindest in Tabāla mit einem allmählichen Entprivilegisierungsprozess bezüglich des Aufenthaltsortes im Jenseits gerechnet werden, der im 8. Jh. deutlich vorangeschritten war und vielleicht auch Karkamiš erfasst hatte oder sogar von dort seinen Ausgang nahm. Schließlich ist zu bedenken, dass ein positiv gedachtes Jenseits, jedoch weniger privilegiert, d.h. ohne göttliche Gesellschaft, bereits gesellschaftliche Wirklichkeit gewesen sein könnte. 4.1.3.3.3 Stele mit Inschrift KARKAMIŠ A. 4b Aus dem Innenhof des Wettergotttempels stammt eine Basaltstele (1 × 0,40 × max. 0,29 m), die von einem Priester der Kubaba und Sohn Suhis, wahrscheinlich des ersten

149 Hout 1994, S. 42–44; Archi 2008, S. 189–190. 150 Haas 2000, S. 52–53. 151 Eine Analyse der (möglicherweise vorhandenen) Tierknochen in den neu entdeckten Kremationsgräbern von Karkamiš stellt u.a. deshalb ein Desiderat dar. Für einen Überblick, siehe Lange 2014. 152 Sie befindet sich außerdem auf den Fragmenten KARKAMIŠ A. 19c und A. 27s. Hawkins 2000, S. 202, 210–211. 153 In der fragmentarischen Inschrift KARKAMIŠ A. 19c wird ebenfalls eine zusätzliche dritte Personengruppe genannt, was die Beschränkung auf König und „Landesfürst“ in § 19 eine Nuance bedeutungsvoller erscheinen lässt. Vgl. Woolley 1952, S. 273, Taf. A. 19c*; Hawkins 2000, S. 202, Taf. 81c.

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dieses Namens, zu Ehren Ura-Tarḫunzas errichtet wurde. 154 Daher kann sie ins 10. oder 11. Jh. datiert werden, obwohl sie nicht zwangsläufig auch zu diesem Zeitpunkt angefertigt worden sein muss. 155 § 1 § 2 § 3 § 4 § 5 § 6

„(Great King) Ura-Tarhunzas, Great King, Hero, King of the land of Karkamiš, son of x-pa-zitis, Great King, Hero. Against him from the land Sura(?) a dispute came(?) forth, and one put the army against. (To) Ura-Tarhunzas the King the mighty Storm-God and Kubaba gave a mighty courage, and by (his) mighty [courage] he resolved the dispute. This stele Arnu-... erected, the ruler Suhis’s son, the priest of Kubaba.“ 156

Eine nahezu identische Inschrift, auf einer etwa doppelt so großen Stele, ist während der Grabungen 2011 am Abhang der Akropolis entdeckt worden und wurde von Suhi I. selbst gestiftet: 157 „Great King Uratarhunta, the Hero, king of the land of Karkemish, son of Sapaziti, Great King, the Hero–a dispute arose for him with the land Sura (= Assyria?), and he opposed the army. To King Uratarhunta the mighty storm-god and the goddess Kubaba gave a mighty courage, and he … and resolved the dispute. Suhi, King Uratarhunta’s dear kinsman (?), the ruler (tarwani), the Country Lord of the city of Karkemish, set up this stela. 158 Erstere Stele wurde bislang lediglich von A. Gilibert als Grabstele aufgefasst, 159 während B. A. Brown sie im Sinne eines konstruierten „Ahnenkultes“ sowie einer Glorifizierung der Vergangenheit und eines Anknüpfungspunktes an bedeutende Herrschaftsinstitutionen betrachtet, die sich u.a. im Großkönigstitel widerspiegeln. 160 Durch die Entdeckung der zweiten Stele wird deutlich, dass Suhi I. und somit auch Arnu-… wohl tatsächlich mit Ura-Tarḫunza verwandt und zudem wohl Zeitgenossen waren, 161 so dass hier keine „Ahnenschaft“ postuliert werden muss, andererseits aber kein Anlass besteht, des aller Wahrscheinlichkeit nach noch lebenden Ura-Tarḫunza zu gedenken. Ferner lässt die kurze Kernbotschaft der Inschriften, das Gedenken an den militärischen Triumph im Namen des Wettergottes und Kubaba, nur wenig Spielraum für davon abweichende Konnotationen. 154 Hogarth 1914, Taf. A. 4b; Woolley 1952, S. 167, 170, Taf. AB. A. 4b*; Hawkins 2000, S. 80–82, Taf. 1; Gilibert 2007, S. 54, Anm. 36; dies. 2011, S. 52; Brown 2008a, S. 168–169, 334–335. 155 Hawkins 2000, S. 80. 156 Hawkins 2000, S. 80. 157 Dinçol et al. 2012. 158 Dinçol et al. 2012. 159 Gilibert 2007, S. 54, Anm. 36. 160 Brown 2008a, S. 167–169. 161 Dinçol et al. 2012.

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4.1.3.3.4 Stele mit Inschrift KARKAMIŠ A. 4c Eine vollständig erhaltene Kalksteinstele (1,07 × 0,60  m) mit einer Zinnenfriesbekrönung und der hieroglyphenluwischen Inschrift KARKAMIŠ A.  4c ist in Raum 3 des Tarḫunzatempels, einem Anbau im südlichen Teil des Komplexes, der in etwa die gleichen Maße wie die Tempelcella aufwies (ca. 8 × 8 m), gefunden worden. 162 Sie stand noch aufrecht in der nördlichen Ecke des Raumes und war nach Südwesten hin ausgerichtet. Aufgrund des stark verwitterten Zustandes ist die Lesbarkeit des Textes deutlich beeinträchtigt. Wie andere Stelen ihres Typs, von denen die meisten im extramuralen Gräberfeld von Yunus entdeckt worden sind, kann sie ins 8. Jh. datiert werden. Eine archäologische Parallele zu diesem Fund in einem Tempelkomplex existiert jedoch nicht; es handelt sich um ein Unikat. Während Piero Meriggi meint, den Namen des Verstorbenen als Kubaba-Sarpa lesen zu können, 163 belässt es J. D. Hawkins bei einer namenslosen Fassung. Eventuell folgte darauf der manchmal verwendete Titel „sun-blessed person“, aber die Spuren dafür sind äußerst unsicher. § 1 § 2

„[This] stele (is) of So-and-so … I [receiv]ed my allocation of days …“ 164

Die Übersetzung der zweiten Zeile, einer sehr häufigen Wendung in luwischen Grabinschriften, folgt den Ausführungen H. C. Melcherts, demzufolge aufgrund von grammatikalischen und semantischen Argumenten das von J. D. Hawkins präferierte „I passed my days“ abzulehnen sei. 165 Zu bemerken ist, dass diese Formel in der Grabinschrift KARKAMIŠ A. 5b mit „My times I lived to the full“ fortgesetzt wird, 166 was ursprünglich auch hier der Fall gewesen sein könnte und die Tatsache betont, dass der oder die Verstorbene nicht nur lang, sondern zudem auch noch glücklich lebte, während nach J. D. Hawkins die Verstorbenen lediglich davon berichten, dass sie lebten, ggf. auch glücklich, aber nicht, wie lange. 167 Die Existenz einer typisch luwischen Grabstele in einem Tempel des Wettergottes wirft die Frage auf, ob sie entweder wie andere Stelen desselben Typs (ursprünglich?) über einem Grab stand und später hier aufgestellt wurde oder als Memorialstele unabhängig vom Grab diente. Da ein Grab innerhalb eines Tempels im nordsyrisch-südostanato162 Hogarth 1914, S. 28, Taf. A. 4c; Woolley 1952, S. 167, 272; Taf. 29, 36a; Voos 1986, S. 129–130, Kat.-Nr. 88; Hawkins 1989, S. 194, 196; ders. 2000, S. 186–187, Taf. 67; Gilibert 2011, S. 52; Marchetti 2016c, S. 376, Anm. 7. 163 Meriggi 1975, S. 111–112. 164 Hawkins 2000, S. 187 (erste Zeile). Zweite Zeile nach Melchert 2004, S. 376. 165 Melchert 2004, S. 375–377 contra Hawkins 2000, S. 185; Payne 2012, S. 47. 166 Siehe Abschnitt 4.1.5.2.7. 167 Analoge Bekundungen finden sich in der Grabinschrift des Ši’gabbar aus Nayrab (KAI 226, Abschnitt 7.3.3.1.1), der Grabinschrift der Adad-guppi sowie in einigen griechischen Grabinschriften (Melchert 2004, S. 376, Anm. 19), während die Grabinschrift Kupapiyas (SHEIZAR, Abschnitt 8.4.2) lediglich berichtet, wie lange sie lebte.

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Abb. 42: King’s Gate, Processional Entry, Royal Buttress und Herald’s Wall.

lischen Raum während der Eisenzeit noch nicht gefunden worden ist, kann in diesem Zusammenhang lediglich gemutmaßt werden, dass die Stele ähnlich wie eine Statue in einem Tempel aufgestellt worden sein könnte, um an den Opfern an den Wettergott zu partizipieren, etwa wie die Statue Yariris im Kubabatempel von Karkamiš. Möglicherweise ist hierin auch eine Parallele zur Aufstellung der KTMW-Stele in einem Raum an der Rückwand eines Gebäudes zu sehen, das als „Nachbarschaftstempel“ interpretiert wird, welcher ebenfalls kein Grab enthielt. 168 4.1.3.4 King’s Gate und Palast des Katuwa Das südwestlich gelegene Areal der Ausgrabungen C. L. Woolleys in der Innenstadt stellt das sog. King’s Gate, ein Torbau mit mindestens drei Torkammern dar, das seiner These nach von der Innenstadt zu einer südlich davon gelegenen Palastanlage führen sollte (Abb. 42). 169 Inzwischen zeigt sich, dass der Bereich direkt hinter dem King’s Gate in der Eisenzeit II wenig Bebauung aufweist (Abb. 34). Auf der nördlichen Seite bildeten zwei 168 Siehe Abschnitt 6.1.3.3.1. 169 Woolley 1952, S.  192–204, Taf. 43a–b. Zur Baugeschichte, siehe  u.a.  Pucci 2008b mit weiterer Literatur.

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Karkamiš

vom Tor wegführende, nicht parallele Mauern einen Hof, von denen nur die östliche mit Orthostaten aus der Zeit des Katuwa verziert war und nach etwa 12 m über mehrere Stufen zum Eingang eines größeren Gebäudes führte, dem sog. Processional Entry. Die Ausgräber der türkisch-italienischen Mission haben dieses Gebäude als Palast des Katuwa identifizieren können, der später von Sargon II. umgebaut wurde. 170 Nördlich dieser Treppe befand sich ein Royal Buttress getaufter Vorsprung, der vermutlich erst unter Yariri entstand, wobei auch die südliche Hälfte des Processional Entry entsprechend weit vorgezogen wurde, 171 bevor eine weitere Orthostatenfolge Katuwas auf die älteren Orthostaten des Herald’s Wall trifft, dessen Verlängerung am ḫilāni-Bau vorbei zum Water-Gate führt, dem östlichen Stadttor, hinter dem der Euphrat liegt. 4.1.3.4.1 Statue B. 25 mit Inschrift KARKAMIŠ A. 4d und Basis B. 26 bzw. 54b sowie Orthostat A. 8 mit Inschrift KARKAMIŠ A. 11a Zu den Baumaßnahmen Katuwas, wahrscheinlich während des 10. oder zu Beginn des 9. Jh., zählte auch die Renovierung des King’s Gate und die Errichtung der Basaltstatue B. 25 (ohne Maßangaben, Abb. 43) mit der Inschrift KARKAMIŠ A. 4d an der Innenseite dieses Tores, wie aus der Bauinschrift KARKAMIŠ A. 11a hervorgeht, die auf einem Orthostaten, der den westlichen Torpfosten des King’s Gate bildete, angebracht war. 172 Die Statue stellt einen sitzenden Mann mit einem langen Bart dar, der auf einer Doppellöwenbasis B. 26 (Höhe: 82 cm) thront und mit einem langen Gewand bekleidet ist. Er ist aufgrund der Hörnerkrone auf seinem Kopf als Gott zu identifizieren; zudem hält er eine Keule oder ein schweres Zepter sowie eine Doppelaxt in den Händen. Sein blockartig ausgeführter Unterleib erinnert stilistisch stark an die größere der beiden weiblichen Sitzbildfiguren unter dem Lehmziegelmassiv des Tell Ḥalaf. Im Gegensatz zu diesem ist hier auch der Oberkörper massiv und wuchtig ausgeführt; der Kopf ist direkt auf diesem angebracht, so dass der Hals lediglich zu erahnen ist. Die Statue steht mit dem Rücken zum King’s Gate und blickt ungefähr nach Norden, entlang der Reliefs des Processional Entry in Richtung des Tarḫunzatempels. Zwischen den ebenfalls nach Norden blickenden, halbplastischen Löwen, welche die Basis bilden, befindet sich die Reliefdarstellung einer menschlichen Gestalt, die ihren Vogelkopf nach rechts wendet und die Löwen am Kragen packt, wobei der Unterkörper im Profil und der Oberkörper en face dargestellt ist. Zudem ist auf die Existenz von zwei Kreisen mit jeweils elf Napflöchern, jeweils eines davon in der Mitte des Kreises, auf der Basis hinzuweisen, die als symbolische – aufgrund

170 Marchetti ohne Jahr; ders. 2014b, Abb. 2; Marchesi 2014b, S. 333. 171 Gilibert 2011, S. 47. 172 Hogarth 1914, S. 28, Taf. A. 4d; Woolley 1921, S. xi–xii, Taf. B. 25, B. 26a; ders. 1952, S. 193, 199, 283, Taf. B. 54b; Orthmann 1971, S. 41, 191, 243, 512, Taf. 32 c, e, Karkemis H/11; Hawkins 2000, S. 100–101, Taf. 12–13; Denel 2007, S. 193–194; Payne 2008, S. 65–69; dies. 2012, S. 72–73; Sanders 2013, S. 43–44; ders. 2014 [2012], S. 18–19, 33.

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Karkamış bzw. Ǧarāblūs / Karkamiš

Abb. 43: Statue B. 25 mit Inschrift KARKAMIŠ A. 4d.

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Karkamiš

ihrer geringen Ausmaße  –  Behälter für Libationsopfer interpretiert werden können, 173 auch wenn solche in der hieroglyphenluwischen Inschrift auf dem unteren Teil des Gewandes nicht explizit genannt werden: § 1 § 2

„For this god Atrisuhas with the gods (he) who does not [offer] annual bread, an ox and two sheep, against him may Atrisuhas come fatally!“ 174

Von besonderer Bedeutung ist die – bis auf die benachbarte Bauinschrift KARKAMIŠ A. 11a mit demselben Namen – unbelegte Kombination von atri-, hier ausnahmsweise ohne Logogram wiedergegeben, und einem Personennamen, Suhi, welche nach einem Vorschlag von J. D. Hawkins als Atrisuha, wörtlich „Seele des Suhi“, aufzufassen ist, womit die Statue einen divinisierten Herrscher bzw. einen Ahnen und Vorgänger Katuwas darstellen würde. 175 Hluw. atri- bezeichnet den immateriellen Teil eines Menschen, der nach dem Tod unabhängig vom Körper weiterexistiert und als „Person, Selbst, Seele“ übersetzt werden kann, wobei die Unterscheide zwischen diesen modernen Konzeptionen den Sprechern des Luwischen wohl fremd waren. 176 Da die hier vorliegende syntaktische Konstruktion indoeuropäischen Sprachen fremd ist, schlägt H. C. Melchert als alternative Übersetzung von Atrisuha „(für ihn) Suha ist die Person“ im Sinne von „er hat Suha als atri-“ vor. 177 Dagegen hält J. D. Hawkins eine aus dem Akkadischen entlehnte Genitivkonstruktion für plausibel. 178 Die Interpretation als vergöttlichter Ahn wird durch das Löwenpaar sowie das lange Gewand gestützt, die bei Abbildungen verstorbener Herrscher üblich waren. 179 Allerdings wurden diese normalerweise stehend, nicht sitzend auf einer Doppellöwenbasis dargestellt und die Axt in Verbindung mit der Keule könnte vielleicht auf einen Kriegsgott hinweisen. 180

173 174 175 176

177 178 179 180

Ussishkin 1975, S. 96–98. Hawkins 2000, S. 101. Hawkins 2000, S. 101. Melchert 2010, S. 9. Vgl. Hout 2002b; Yakubovich 2002, S. 194–197. Diese Bedeutung entspricht lyk. atra- / atla- „Selbst“ und kar. ot2r „Person, Selbst“ (Hajnal 1995, S. 110; Hout 2002b, S. 175; Yakubovich 2002, S. 197; ders. 2005, S. 87). Darüber hinaus vermutet Hajnal 1995, S. 244–245 einen direkten Zusammenhang mit griech. ἦτορ „Herz, Sitz der Gefühle“ sowie über ie. *(H)éh1tmit ved. ātmán „Atem, Seele, Selbst“, Kassian 2000, S. 81–82 mit heth. atteš „Seele“ und westgerm. *aðm- „Atem, Geist“. Hawkins 2015 dagegen hält nach wie vor an der von heth. eš(ša)ri abgeleiteten Bedeutungserweiterung im Sinne von „Form, Figur, Bild, Abbild“ fest, die sich auf andere Belegstellen von atri- stützt. Sanders 2013, S. 43, Anm. 41. Hawkins 2015, S. 54. Vgl. Bunnens 2006, S. 58: „In the tenth century, gods were normally shown wearing a kilt and rulers a robe.“ Orthmann 1971, S. 243; Bonatz 2000a, S. 105, Anm. 157.

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Karkamış bzw. Ǧarāblūs / Karkamiš

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Bezüglich der allgemeinen Bedeutung von atri-, das in Karkamiš insgesamt sechsmal belegt ist, zweimal in Form des Götternamens Atrisuha und viermal eigenständig, 181 herrschen, abgesehen von der von J. D. Hawkins vertretenen, zusätzlichen semantischen Konnotation im Sinne von „Statue, Bild, Figur“, 182 keine größeren Differenzen. Als Grundbedeutung kann demnach das Begriffsfeld „Person, Selbst, Seele“ als etabliert betrachtet werden, wobei diese Begriffe etische Kategorien darstellen, von denen nach H. C. Melchert nicht erwartet werden kann, dass zwischen ihnen unterschieden wurde: „What is to be retained is […] that in all its uses the Luvian word refers to that part of a human being that defines the individual, which the Luvians certainly thought outlives the physical body. It is questionable whether the modern distinctions of ‚soul, person, self ‘ existed for Luvian or Hittite speakers.“ 183 Es würde demnach naheliegen, in der Statue des Atrisuha die Statue eines verstorbenen und divinisierten Vorfahren des Katuwa zu sehen. Doch so begrenzt die Quellen zum luwischen Totenkult auch sein mögen, Statue und Inschrift des Atrisuha unterscheiden sich deutlich von anderen Zeugnissen des Totenkultes, insbesondere von KARKAMIŠ A. 1a, in der Suhi II. die Errichtung seiner eigenen Statue und der für sie vorgesehenen Opfer beschreibt. 184 Untypisch sind die fehlende Eingangsformel „Ich bin“, welche memorialen Inschriften aus Karkamiš zu eigen ist, 185 die explizite Kennzeichnung als „Gott“, die phonetische Schreibweise von atri- sowie das Schweigen Katuwas gegenüber seiner Verwandschaftsbeziehung in der daneben angebrachten Bauinschrift. 186 Doch am bemerkenswertesten sind der Fluch gegen jene, die sich nicht an den Opfern beteiligen wollten sowie die Waffen in den Händen der Statue, wo – wie im Falle „traditioneller“ Sitzbilder – eine Schale zur Aufnahme von Opfern zu erwarten gewesen wäre. Auch von den verhältnismäßig friedlich wirkenden Statuen verstorbener Herrscher, die meist einen Stab halten und ein Schwert im Gürtel tragen, hebt sich dieses aggressiv gestaltete Sitzbild ab. Angesichts dieser Diskrepanzen bzw. Merkmale lässt sich konstatieren, dass mit diesem Sitzbild ein klar von den „klassischen“ Statuen Verstorbener, sowohl der stehenden

181 KARKAMIŠ A. 2 § 3 und 5 (zu einer anderen Passage der Inschrift, siehe oben), A. 11a § 20 (siehe unten), A. 15b § 11 (vgl. Abschnitt 4.1.3.6.5) sowie A. 26f § 2. Vgl. Hout 2002b; Yakubovich 2002, S. 194–197 für einen Überblick über alle Belege sowie Hawkins 2011 (ALEPPO 6 § 2–3, vgl. Abschnitt 7.2.2) und Dinçol et al. 2014b (JISR EL HADID 4) für neue Inschriften mit diesem Lexem. 182 Hawkins 2000, S. 460; ders. 2015. Diese Einschätzung beruht auf einer Ableitung von dem heth. eš(ša)ri aufgrund der heth. Formel eššari É-ZU „(his) form (and) his house“ und ihrer möglichen Parallele in TOPADA § 38, apasan VAS-tarin apas-ha DOMUS-nanza „his ATRI and his house“. 183 Melchert 2010, S. 9. Vgl. Hout 2002b; Yakubovich 2002, S. 194–197; Sanders 2013, S. 43–44 sowie Dinçol et al. 2014b mit einem neuen Beleg. 184 Siehe oben. 185 Aro 2013, S. 236. 186 Sanders 2013, S. 43, Anm. 41.

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Karkamiš

Herrscherstatuen 187 als auch der vor allem in und um Tell Ḥalaf gefundenen Sitzbilder, abzugrenzendes Monument vorliegt. Als vorläufige Arbeitshypothese könnten diese sonst unbekannten Elemente der Atrisuhastatue und ihrer Inschrift auf den Einfluss der zawalli-Bildnisse der hethitischen Königsfamilie zurückgeführt werden. 188 Heth. zawalli ist ein stets mit DINGIR determinierter Begriff, der sich entweder auf den „Geist, Totengeist“ eines Individuums oder dessen Repräsentation beziehen kann 189 und aufgrund dessen sowohl von GIDIM = akkant„Tote(r), Totengeist“ 190 als auch von ZI = ištanza- „Seele“ zu differenzieren ist. Überdies erscheinen sie ruhelos und böswillig gegenüber aktuellen politischen Akteuren, was darauf zurückzuführen ist, dass es sich bei den namentlichen bekannten zawalli-Bildnissen zum Teil um zu Lebzeiten Erfolglose oder Entmachtete, wie etwa Muršili III. bzw. UrḫiTešub, handelte. 191 Urḫi-Tešubs zawalli-Bildnis ist deshalb erwähnenswert, da von Itamar Singer vermutet wird, dass er für den regulären königlichen Ahnenkult in Gestalt der königlichen Opferlisten nicht infrage kam und sie deshalb nicht weitergeführt, sondern „eingefroren“ wurden. 192 Sicher ist, dass er sich bis zuletzt im ägyptischen Exil aufhielt und weder Ḫattušili III. noch seine Nachkommen ein Interesse daran gehabt haben könnten, Urḫi-Tešub kultisch verehren zu lassen. Merkwürdigerweise geschah dies trotzdem, wenn auch in einer vernachlässigenden Weise, so dass die zawalli-Bildnisse mehrere Male für Flüche und Krankheiten des Königshauses verantwortlich gemacht wurden, die nur durch die Bereitstellung angemessener Opfergaben wieder besänftigt werden konnten. 193 Eine andere Interpretationsmöglichkeit wäre, dass das Schicksal des dargestellten Suhi von dem anderer Herrscher abwich, entweder durch einen außerhalb der Norm empfundenen Tod oder durch eine von der Norm abweichende oder nicht erfolgte Bestattung.

187 Dabei ist auffällig, dass die vermutlich Katuwa zuzuordnende und deshalb mutmaßlich etwa zeitgleich oder später entstandene Statue am Royal Buttress den etablierten Konventionen weiterhin folgt. 188 Vgl. dagegen die Interpretation von Sanders 2014 [2012], S. 18–19, 33, der das Monument des Atrisuha als radikalen Bruch mit den bronzezeitlichen Traditionen versteht. 189 Archi 1979; Xella 1981; Beal 2002, S.  25–26; Haas 2008, S.  72–75, 90, 96, 100, 102–103, 125; Kapełuś 2013, S. 97–102. Vgl. dazu jedoch Hout 1998, S. 81–83, der daran zweifelt, dass mithilfe der zawalli-Bildnisse ausschließlich Verstorbene repräsentiert wurden. 190 Archi 1979, S. 92. 191 Hout 1998, S. 81–82; Beal 2002, S. 26. 192 Singer 2009. Dies bedeutet nicht, dass die Beopferung der königlichen Ahnen bis einschließlich Muwatalli II. nicht mehr stattfand, sondern, dass die Listen lediglich nicht weiter aktualisiert wurden. Ders. 2009, S. 177. 193 Laut Orakeln waren Opfer zu gering ausgefallen oder wurden ganz ignoriert. Hout 1998, S. 138– 151; Beal 2002, S. 25; Haas 2008, S. 90–91 (KUB 16.16 Rs. 1–23, KBo 23.114, Rs. 25–28). Die Statue befand sich zusammen mit der eines Muršili (II.?) und der von Urḫi-Tešub protegierten Danuḫepa, eventuell dessen Mutter, nicht in der Hauptstadt Ḫattuša, sondern in Zitḫara. Kapełuś 2013, S. 97.

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Karkamış bzw. Ǧarāblūs / Karkamiš

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Unabhängig von dieser hypothetischen Verbindung wird deutlich, dass die Atrisuha­ statue weder dem Schema der in Ḫattuša noch der in Karkamiš aufgestellten Exemplare bzw. deren Inschriften folgt, 194 noch einem anderen bekannten Typus entspricht. Betreffend der Identität des Dargestellten ist zu sagen, dass Suhi II. seine eigene Statue noch zu Lebzeiten im Bereich der Long Wall of Sculpture errichten ließ, so dass es näher zu liegen scheint, die Statue mit dem Dynastiegründer Suhi I. zu identifizieren, da andernfalls zwei Statuen Suhis II. in der näheren Umgebung existiert hätten. 195 Was die Adressaten der Inschrift betrifft, so konnte sich die Aufforderung zum Opfern nur an die Oberschicht Karkamiš’ richten, da das Einkommen der Masse der Bevölkerung wohl bei etwa einem Šekel Silber lag, was ungefähr dem Wert eines Schafes entsprach. Ochsen waren im eisenzeitlichen Mesopotamien zwischen fünf bis hin zu 40mal so teuer, differierten jedoch chronologisch betrachtet im Preis. 196 Daher kann dieses Opfer auf mehr als die Hälfte des Jahreseinkommens der einfachen Bevölkerung taxiert werden. Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass die Adressaten von dem in KARKAMIŠ A.  1a genannten „Mann des Schafes“ zu differenzieren sind, da die Opfermenge ein Vielfaches des Wertes eines Schafes beträgt. Interessant ist dabei im Vergleich mit der Inschrift ALEPPO  6, in welcher drei verschiedene sozioökonomische Gruppen auf gleiche Art und Weise angesprochen werden, von denen zwei mit der Opfermenge von KARKAMIŠ A. 1a korreliert werden können, 197 dass die Adressaten von KARKAMIŠ A. 4d mit einem Fluch bedroht werden müssen, während dies bei den Adressaten von KARKAMIŠ A. 1a offenbar unnötig war. Dies kann entweder auf den besonderen religiösen Status des Atrisuha im Vergleich zu anderen Totenkultstatuen und / oder die herausragende sozioökonomische Stellung der Adressaten zurückgeführt werden. Andererseits sollte nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass die flachen Napflöcher darauf verweisen, dass auch untere Bevölkerungsschichten in der Lage waren, Opferhandlungen in Form von Libationen an der Statue dieser Gottheit zu vollziehen. Allerdings werden in der Inschrift, im Gegensatz zur daneben befindlichen Bauinschrift, auffälligerweise keine Trankopfer erwähnt. In erster Linie ist deshalb an die rebellierenden Verwandten Katuwas als Adressaten zu denken, die er, möglicherweise zusammen mit den Nachkommen Ura-Tarḫunzas, bekämpfte. Eine anderer Adressatenkreis wären eventuell noch amtierende (Groß-) Könige oder deren Nachfahren. Die Errichtung der Statue könnte demnach eine Demonstration der Stärke durch Katuwa gegenüber seinen Verwandten oder anderen politischen Gegnern, vielleicht mit königlichen Vorfahren, gewesen sein, indem er seinen Vorfahren vergöttlichen und Position gegen seine Feinde beziehen ließ, 198 ggf. auch gegen deren königliche und möglicherweise ebenfalls vergöttlichte Ahnen. An194 Aro 2013, S. 238. 195 Andererseits ist zu vermuten, dass ebenso wie die Inschrift auch das äußere Erscheinungsbild der Statue nicht mit der des Atrisuha übereinstimmte, so dass von zwei grundlegend verschiedenen konzeptionierten Statuen ausgegangen werden könnte und daher eventuell kein Argument gegen eine Identifikation mit Suhi II. darstellen würde. 196 Weszeli 2006–2008, S. 391. 197 Siehe oben. 198 Denel 2007, S. 194.

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Karkamiš

dererseits erscheint es merkwürdig, dass Katuwa die Verwandtschaftsbeziehung weder in der Inschrift noch in der daneben befindlichen Bauinschrift gebührend erwähnt. 199 Des Weiteren ist die Passage „mit den Gottheiten“ bedeutungsvoll. Damit könnte nicht allein eine Verbindung zu der Passage in KAI 214 gezogen werden, in der Panamuwa I. mit Hadad zu speisen gedenkt, 200 sondern auch zur Inschrift Katuwas im Tarḫunzatempel, KARKAMIŠ A.  2+3, in welcher die Destination der Verstorbenen die Gegenwart des Wettergottes und seiner lokalen Paredra Kubaba ist. Da es sich bei Suhi um einen vergöttlichten Verstorbenen handelte, könnten hiermit jedoch andere vergöttlichte Verstorbene, und nicht zwangsläufig Götter im engeren Sinn gemeint sein. 201 Gleichzeitig geht daraus hervor, dass der vergöttlichte Suhi sowohl in der Statue als auch in der göttlichen Sphäre weilend aufgefasst wurde, was wiederum eine Parallele zur Inschrift KAI 214 darstellt, wonach Panamuwa I. sowohl bei Hadad als auch in seiner Statue weiterexistierte. 202 Ein Unterschied besteht darin, dass sich in der Nähe der Atrisuhastatue keine andere Götterstatue (mehr?) befand, während sich die Hadadstatue in der Nähe der Statue Panamuwas I. befunden haben muss. Schließlich ist die Bauinschrift KARKAMIŠ A. 11a nicht zu vergessen, in der Katuwa u.a. die Aufstellung dieser Statue beschreibt. 203 Sie wurde als Westpfosten des King’s Gate direkt neben der Statue in situ vorgefunden: § 20 § 21 § 22 § 23 § 24 § 25 § 26 § 27

„[…] and this god Atrisuhas I seated at these gates with goodness. If in future they shall pass down to (one) who shall … , and shall overturn these orthostats from (their) place(s), or shall overturn this god from (his) place(s), or shall erase my name, against him may Tarhunzas, Karhuhas and Kubaba litigate! From him may they not take up bread and libation!“ 204

199 Sanders 2013, S. 43, Anm. 41. Auch dies könnte ein mögliches Indiz in Richtung der zawalli-Bildnisse darstellen, da deren Verwandtschaftsbeziehungen zur hethitischen Königsfamilie von Spannungen geprägt waren. S. L. Sanders zieht dagegen als Ursache den göttlichen Status allgemein in Betracht. 200 Sanders 2013, S. 43. 201 Der Plural von Gott wurde im Semitischen häufig als Synonym für Verstorbene gebraucht. Im Hethitischen (und in Tell Ḥalaf) wurde der Tod des Königs oder der Königin mit der Wendung „Gott werden“ umschrieben. Haas 2000, S. 53. 202 Vgl.  dagegen Hawkins 2015, der davon ausgeht, dass atri- mit dem Tod wieder in die göttliche Sphäre zurückkehrt und demzufolge weder in der KTMW-Stele noch in anderen Monumenten präsent sein kann. 203 Hogarth 1914, S. 28, Taf. A. 8, A. 11a; Woolley 1952, S. 193, 198–199, Taf. 43a, 46–47; Hawkins 2000, S. 94–100, Taf. 10–12; Payne 2012, S. 66–68. 204 Hawkins 2000, S. 96.

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Karkamış bzw. Ǧarāblūs / Karkamiš

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Der in der letzten Zeile angedrohte Entzug von Brot und Libation scheint sich wie die ähnlich formulierte Passage von KAI 309, 16–18 aus Tell Faḫarīya auf ein Opfer im Rahmen des Ahnenkultes der Könige zu beziehen, das im Normalfall durch die drei obersten Götter des Stadtpantheons vermittelt worden zu sein scheint. 205 Eine der Bedingungen für das Inkrafttreten des Fluches ist neben der Zerstörung der Statue des Atrisuha – wiederum ausdrücklich als Gott bezeichnet – die Löschung von Katuwas Namen. Zusammenfassend ist zu sagen, dass der Totenkult für die Statue des Atrisuha sich von dem von Suhi II. praktizierten sowohl hinsichtlich des Konzeptes von Inschrift und (vermutlich) Statue, als auch bezüglich der damit angesprochenen bzw. mit einem Fluch bedrohten Bevölkerungsgruppe unterscheidet. Eventuell könnte dieses Monument deshalb mit der hethitischen Tradition der zawalli-Bildnisse in Verbindung gestanden haben. Dies könnte jedoch nur in modifizierter Form erfolgt sein, da sie sich aufgrund ihrer prominenten Position am King’s Gate von diesen unterschied und deshalb vermutlich auch nicht Gefahr lief, vernachlässigt zu werden. 206 Oder der dargestellte Suhi starb einen unnatürlich empfundenen Tod und / oder konnte nicht ordnungsgemäß bestattet werden. 4.1.3.4.2 Statue B. 54a mit Basis B. 1b bzw. B. 53a–b Eine weitere Doppellöwenbasis aus Basalt (0,73 × 1,20 × 1 m, Abb. 44) ist im Winkel nördlich des Royal Buttress zusammen mit den zerschlagenen Resten einer Statue gefunden worden. 207 Die Basis weist ebenfalls zwei Ringe von jeweils elf zusätzlich zu drei davon separaten Napflöchern auf, die als symbolische Behälter von Libationen interpretiert werden. 208 Die sehr wahrscheinlich dazugehörige, 209 deutlich überlebensgroße Statue (Kopffragment: 49 × 35 × 33 cm) war zwar in Stücke zerschlagen, konnte jedoch von C. L. Woolley nahezu vollständig rekonstruiert werden. Es sind jedoch nur Fotos der Doppellöwenbasis und eines ihrer Köpfe sowie des Kopffragmentes der Statue publiziert worden. Zudem existieren Fotos aus dem Jahr 1919, die den rekonstruierten quaderförmigen Un-

205 Greenfield und Shaffer 1983, S.  115; dies. 1985, S.  52–53; Hawkins und Mopurgo Davies 1986, S. 77–78; Niehr 2006, S. 133. Siehe Abschnitt 3.2.3. 206 Freundlicher Hinweis von Prof. Peter Pfälzner. 207 Hogarth 1914, Taf. B. 1b; Woolley 1952, S. 192, 243, 283, Taf. B. 53a–b, B. 54a; Orthmann 1971, S. 40–41, 509 Karkemis F/17; Taf. 32, a–b.d; Hawkins 1972, S. 96–97; ders. 1984, S. 75–76, Abb. 111b; ders. 2000, S. 77; Voos 1986, Kat.-Nr. 6; Bonatz 2000a, S. 14, 25–26, Taf. II, A 7; Gilibert 2011, S.  45–47, 187, Carchemish 85–86; Dubiel 2014c, S.  154, 156–159; Marchetti 2014a, S. 27, Abb. 7–8, 38; Blanchard in ders. 2019, S. 166–169, Kat.-Nr. 61–64. 208 Ussishkin 1975, S. 99–100. 209 Irene J. Winter hält die Basis für eine frühere Schöpfung als die Statue, steht jedoch mit dieser Meinung allein. Winter 1975, S. 138.

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Karkamiš

Abb. 44: Fragmente der Statue B. 54a und Basis B. 53a–b.

terleib zeigen. 210 Auf den anderen erhaltenen Fragmenten sind ein Gürtel sowie ein daran befestigtes Schwert und eine Quaste zu erkennen. 211 Die Ausführung des Kopfes und der Basis weist so klare stilistische Parallelen zur Statue am Bau J von Sam’al auf, dass bereits C. L. Woolley die These eines gemeinsamen Urhebers aufgestellt, während J. D. Hawkins zudem eine Identität der dargestellten Person für möglich gehalten hat. 212 Während beide Statuen Schwert und Quaste am Gürtel tragen, ist auf beiden Basen zwischen den Löwen eine menschliche Gestalt, gewöhnlich als Held gedeutet, im Knielauf dargestellt. Die Existenz von drei Napflöchern auf jener Basis, wenn auch etwas größer ausgeführt, deutet darüber hinaus auch auf eine funktionale Übereinstimmung hin. Der Unterleib der Statuen ist jedoch unterschiedlich geformt. Aufgrund des Aufstellungsortes, der Dimensionen und der Parallelen der Statue zu der aus Sam’al handelte es sich auch bei der hier abgebildeten Person höchstwahrscheinlich 210 Marchetti 2014a, S. 27, Abb. 7–8, 38. Vgl. dagegen die zylinderförmige Rekonstruktion des Unterleibes von Blanchard in ders. 2019, S. 166. 211 Voos 1986, Kat.-Nr. 6, Bonatz 2000a, S. 185, Anm. 5. 212 Woolley 1952, S. 192; Hawkins 1972, S. 96–97. Orthmann 1971, S. 135 ist diesbezüglich skeptisch. In Dinçol et al. 2014b, S. 66, darunter auch J. D. Hawkins, wird lediglich von einer Arbeit der gleichen Werkstatt gesprochen.

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um einen Herrscher, der aufgrund ikonographischer Argumente in die Orthmannsche Stilgruppe Karkemis  III fällt, was etwa der Zeit Suhis  II. und Katuwas entspricht. 213 J. D. Hawkins hat dabei aufgrund der Reliefdarstellung Katuwas als amu-Figur im Rahmen der Inschrift KARKAMIŠ A. 13d, die sich nicht in situ im Bereich des Royal Buttress, d.h. zugleich in der Nähe des Eingangs seines Palastes, befand, und deutliche Parallelen zu beiden Statuen aufweist, 214 ursprünglich Katuwa und Suhi II. als Errichter der Statue in Betracht gezogen, tendiert inzwischen allerdings zu letzterem. 215 Angesichts der räumlichen Nähe zwischen Inschrift, Statue und Palast ist jedoch eine Identifikation mit Katuwa wahrscheinlicher, insbesondere da der Royal Buttress eine spätere Ergänzung ist und Inschrift mit der amu-Figur Katuwas sowie Statue direkt am Palasteingang platziert gewesen sein dürften. 216 Soweit lesbar, handelt es sich bei der Inschrift um eine Stiftung für die drei prominentesten Stadtgötter von Karkamiš, Tarḫunza, Kubaba und Karḫuḫa. 217 Dagegen nehmen A. Gilibert und S. Aro jeweils an, dass sich die in der Nähe gefundene fragmentarische Inschrift KARKAMIŠ A. 25a, in welcher der Autor, vermutlich Katuwa, die Errichtung seiner eigenen Statue beschreibt, auf die Statue am Royal Buttress beziehen könnte. 218 Soweit erhalten, kündet die Inschrift darüber hinaus von einem erfolgreichen Feldzug ihres Autors. 219 Unabhängig davon spricht die Tatsache, dass Suhi II. die Opferanweisungen für seine Statue in der Mitte der Long Wall of Sculpture anbringen ließ und die Statue am Royal Buttress keine räumliche Verbindung zu dieser Position aufweist, gegen eine Identifizierung mit Suhi II. 220 Insgesamt kann diese Statue demnach wohl als ein Abbild Katuwas angesprochen werden, das vermutlich den Bezugspunkt seines Totenkultes darstellte, 221 und der vermutlich einer der beiden genannten Orthostaten zuzuordnen ist und ursprünglich hier aufgestellt war.

213 Orthmann 1971, S. 291. 214 Woolley 1952, S. 203 (hier noch als Wettergott bezeichnet); Orthmann 1971, S. 291. 215 Hawkins 1972, S. 96–97; ders. 2000, S. 77. Dabei nennt er keine Argumente für seine Meinungsänderung. 216 Woolley 1952, S. 243; Gilibert 2011, S. 45; Dubiel 2014c, S. 159. 217 Hawkins 2000, S. 115–116, Taf. 24–25. 218 Gilibert 2011, S. 47; Aro 2013, S. 237. Vgl. Hawkins 2000, S. 121–122, Taf. 29. 219 Hawkins 2000, S. 121–122, Taf. 29. 220 Aro 2013, S. 237. 221 Theoretisch käme auch der Regent Yariri infrage, dessen Inschrift KARKAMIŠ A. 6 an der Ecke des Royal Buttress in situ gefunden wurde. Allerdings kontrastiert dessen Regierungszeit im späten 9. bis frühen 8. Jh. mit der Datierung der Statue sowie Yariris abweichend gestaltete amu-Figur mit der Ikonographie der Statue, so dass eine entsprechende Identifizierung nur im Falle einer archaisierenden Statue infrage käme, wofür allerdings keine Indizien vorliegen. Außerdem spricht ein anderer Text auf einer Statuenbasis, KARKAMIŠ A. 15b, von der Errichtung einer Statue Yariris „zu Füßen der Kubaba“, womit eventuell der Kubabatempel, aber vermutlich nicht der Winkel des Royal Buttress gemeint ist. Siehe Abschnitt 4.1.3.6.5.

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Karkamiš

4.1.3.4.3 Orthostat B. 19a Der Orthostat (0,93 × 1,31 × 0,52  m, Abb. 45) mit der Darstellung einer Musikantengruppe auf der längeren, B. 18b, und einer sitzenden Frau auf der kürzeren Seite, B. 19a, ist noch in situ auf der rechten Seite der Treppen zum Palast Katuwas gefunden worden. 222 Letztere ist mit einem langen Kleid inklusive Schleier und Polos bekleidet, während sie einen Spiegel und einen Granatapfel 223 oder einen Stab mit Granatapfelzepter 224 in den Händen hält und kann entweder als Kubaba oder als Königin angesprochen werden. Ihr Thron mit langer, gerader Lehne ruht auf einem kauernden Löwen. Das Bildwerk kann aufgrund des Stils Karkemis  III den Baumaßnahmen des Katuwa zugeschrieben werden, auch wenn es vermutlich sekundär durch Yariri versetzt wurde. 225 Wenn es sich um eine Königin handeln sollte, käme am ehesten Ana, die Frau Katuwas infrage, die hier analog zu BONUS-ti an der Long Wall of Sculpture verewigt worden sein könnte. 226 Gründe, die für letztere Interpretation sprechen könnten, sind die fehlende Hörnerkrone im Gegensatz zur Göttin an der Long Wall of Sculpture, die Darstellung auf einem Löwen sowie die Position am Beginn einer Prozession aus Gaben bringenden Frauen, deren Vergleichsbeispiele aus dem östlichen Mittelmeer häufig in Grabkontexten zu finden sind. 227 Gleichzeitig stellt die Tatsache, dass die Position der Frau den Gabenbringerinnen abgewandt ist, ein Problem für die Göttin-These dar. 228 Falls Ana ebenso wie BONUS-ti jedoch an der Statue ihres Mannes

Abb. 45: Orthostat B. 19a.

222 Woolley 1921, Taf. B. 18b, B. 19a; ders. 1952, S. 196–197; Orthmann 1971, S. 34, 48, 101, 275–276, 278, 357–358, 374, Anm. 21, 507, Taf. 29, f, Karkemis F/7; Gilibert 2011, S. 44–45, 47, Abb. 18, Carchemish 74. 223 Oder ein ähnliches Objekt. Orthmann 1971, S. 275, Anm. 2. 224 Gilibert 2011, S. 46, Abb. 18. 225 Gilibert 2011, S. 44, Anm. 92. 226 Gilibert 2011, S. 44–45, 47. Dies stünde im Widerspruch zur These von Bonatz 2000a, S. 158, der sie folgt. Gilibert 2011, S. 67, Anm. 124. 227 Gilibert 2011, S. 44, Anm. 93. 228 Orthmann 1971, S. 358.

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geehrt worden sein sollte, so wäre ihr Blick in der ursprünglichen architektonischen Formation genau auf die Statue B. 54a gerichtet gewesen, die wahrscheinlich Katuwa zuzurechnen ist. 4.1.3.5

Stadttore

4.1.3.5.1 Statuenfragment B. 27a mit Basis bzw. Inschrift KARKAMIŠ A. 13a–c Vom Südtor der Innenstadt (Abb. 46) stammen mehrere Fragmente einer kolossalen Statue, neben dem Kopf B. 27a (Höhe 85 cm, Abb. 47) auch Schulter- und Armpartien, sowie dazugehörige beschriftete Fragmente A. 13a–c, von denen alle bis auf c4 und c5, die vom unteren Teil des Gewandes der Figur herrühren, einer Basis zuzuordnen sind (Basis insgesamt vermutlich 75 × 75 × 25 cm). 229 Sie war zusammen mit der Basis von ihrem ursprünglichen Podest (1 × 1,25  m) an der Nordwand der hinteren rechten Torkammer gestürzt worden, wobei das Gesicht bewusst zerschlagen, der größte Teil des Körpers hingegen vermutlich verschleppt wurde, da er unauffindbar war. Da die meisten Fragmente unter der Begehungsfläche lagen, kann die Statue nicht erst mit der Aufgabe des Tores zerstört worden sein. Die Statue bestand aus einem sehr hochwertigen polierten weißen Kalkstein und weist eine bemerkenswerte künstlerische Ausführung auf. Während C. L. Woolley und D. Ussishkin sie für ein Sitzbild halten, haben sich J. Voos, D. Bonatz und A. Gilibert für ein Standbild ausgesprochen. 230 Die Inschrift begann vermutlich auf dem Gewand der Statue und endete auf der oberen Basis: § 1 § 2 § 3 § 4 § 5 § 6 § 7

„[... of] the city [Kar]ka[miš ... ] the beloved of Kubaba, [ ... ]’s son, [...–’s] grandson. [ ...] shall ... , or shall put it/them ZALAN, or shall erase my name, him [may] Kubaba eat [up], for him [may ... ] trample the ruins (/ruinously), (and) the Sun[ ... “ 231

Daraus geht hervor, dass es sich bei dem Dargestellten nicht um einen Gott, sondern nur um einen Herrscher handeln kann, der, in Analogie zu anderen Statuen dieses Typs, von 229 Woolley 1921, S. vii, xii, 92–93, Taf. 12, A. 13a–c, B. 27a; Orthmann 1971, S. 43, 142, 191, 512, Taf. 34 b, Karkemis J/1; Genge 1979, S. 167; Spycket 1981, S. 416–417; Hawkins 1984, S. 83, Abb. 120b; ders. 2000, S. 167–169, Taf. 54–55; Voos 1986, S. 26, Kat.-Nr. 3; Ussishkin 1989, S. 487; Bonatz 2000a, S. 15, Taf. IV, A 14; Gilibert 2011, S. 22–24, 159, Carchemish 1. 230 Woolley 1921, S.  vii; Voos 1986, S.  26, Kat.-Nr. 3; Ussishkin 1989, S.  487; Bonatz 2000a, S.  15; Gilibert 2011, S. 22, Anm. 45. 231 Hawkins 2000, S. 168.

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▲ Abb. 46: Südtor der Innenstadt. ▶ Abb. 47: Fragment der Statue B. 27a.

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denen zumindestens die aus Arslantepe ebenfalls im Tor aufgestellt war, wahrscheinlich bereits verstorben war. J. D. Hawkins hat die Inschrift ursprünglich Sasturas Sohn Pisiri, d.h. mindestens ca. 738 bis 717, zugeschrieben, tendiert aufgrund der möglichen Lesung von „Astiruwas Sohn“ in §  1 sowie paläographischen Argumenten inzwischen jedoch zu Kamani, d.h. etwa der Mitte des 8. Jh. 232 Auch die stilistische Zuordnung W. Orthmanns zum Stil Karkemis V bzw. Späthethitisch IIIb, was ungefähr der Zeit nach 750 entspricht, kann dieses Problem vorläufig nicht entscheiden. 4.1.3.5.2 Weitere Objekte vom Südtor In der südwestlichen Kammer des Südtores ist zudem eine umgestürzte Stele (1,05 × 0,47 m) „of the usual type“, 233  d.h.  eine beschriftete Stele vergleichbar mit den Grabstelen aus Yunus, entdeckt worden, die im Gegensatz zu ihren Pendants jedoch nicht aus Basalt, sondern aus weißem Kalkstein gefertigt ist. Ihre liegende Position mit einer Kante am Mauerwerk (Abb. 46) lässt darauf schließen, dass diese eine sekundäre Fundlage darstellt. Sie trug eine zweieinhalb Zeilen lange hieroglyphenluwische Inschrift, die nach C. L. Woolley bereits zu sehr verwittert war, um sie lesen zu können. Die Entstehungszeit der Stele kann aufgrund ihrer Parallelen vermutlich auf das 8. Jh. beschränkt werden. Ihre Aufstellung an diesem Ort ist auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich. Da sich jedoch entlang der vom Tor wegführenden Straße „altar-tombs“, d.h. Gräber mit luwischen Inschriftenstelen befunden haben sollen, 234 könnte sie ursprünglich über einem dieser Gräber gestanden haben. Diese lagen, falls die Außenstadt erst in der Zeit der assyrischen Besatzung errichtet wurde, ursprünglich außerhalb der Stadtmauer. Direkt neben der Stele, im Bereich vor dem östlichen Turm des Südtores lag außerdem ein Opfertisch mit drei kleinen runden und einer großen rechteckigen Vertiefung, von denen weitere Exemplare aus Yunus bekannt sind (Abb. 46, 58). 235 Laut C. L. Woolley war er aufgrund der Fundsituation in der Zeit vor 605 noch benutzbar. 236 Der neben ihm liegende Torlöwe B. 27b deutet in diesem Fall auf einen nicht-funerären Kontext hin. Ein funktionaler Zusammenhang mit diesem ist als wahrscheinlicher als mit der Statue B. 27a einzuschätzen. 237 Andererseits wäre in Analogie zu Yunus, und unter der Voraussetzung, dass die dort befindlichen Opfertische in einem Bezug zu den Gräbern standen, eine ursprüngliche Vergesellschaftung mit den außerhalb des Südtors befindlichen Gräbern ebenfalls denkbar. 232 Hawkins 2000, S. 168. 233 Woolley 1921, S. 93 bezieht sich hierbei auf die Stele mit der Inschrift A. 4c. Die Stele befand sich offenbar bis zur Wiederaufnahme der Grabungen an ihrem ursprünglichen Fundort. Marchetti 2013, S. 353, Abb. 11. 234 Hogarth 1909, S. 166–167. 235 Woolley 1921, S. 93–95. 236 Woolley 1921, S. 95. 237 Gilibert 2011, S. 24, Anm. 48 contra Ussishkin 1975, S. 102.

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Abb. 48: Water-Gate.

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Abb. 49: Orthostat B. 30b.

4.1.3.5.3 Orthostat B. 30b vom Water-Gate Der Kalksteinorthostat B. 30b (1,35 × 2,30 × ca. 1 m, Abb. 49) wurde in den Fundamenten des zentralen nördlichen Pfeilers des Water-Gate (Abb. 48), unter dem Niveau des hindurchführenden Straßenpflasters verbaut gefunden. 238 Im Rahmen einer Speisetischszene sind auf ihm von links nach rechts ein Wedelträger, ein sitzender 239 Mann mit einem Becher oder einer Schale in der erhobenen Linken, ein mit zwei Stapeln aus Broten und anderen Speisen sowie einem Pokal gedeckter Tisch, einem Mann auf einem Podest, der eine bauchige Flasche mit einem seitlichen Ausguss hält, sowie ein Lautenspieler zu erkennen. Es ist äußerst plausibel anzunehmen, dass dieses Exemplar zumindest zeitweise gleichzeitig mit dem ebenfalls aus Kalkstein gefertigten Orthostaten B. 30a, der Libationsszene eines Herrschers vor dem Wettergott, 240 mit den gleichen äußeren Maßen (1,35 × 2,30 × 0,75–0,80 m) 238 Woolley 1921, S. 113–114, Taf. B. 30b; Orthmann 1971, S. 39, 498, Taf. 21,c, Karkemis Ab/4; Voos 1986, S. 142, 155–157, Kat.-Nr. 102; Özyar 1991, S. 27–30; Mazzoni 1997, S. 316–318; Brown 2008a, S. 325–327, 341; ders. 2010, S. 18, Abb. 9a; Gilibert 2011, S. 25–30, Abb. 6, 161, Carchemish 7. 239 Ein interessantes Detail des Bildes, eventuell auch im Hinblick auf die Datierung, ist die Darstellung eines Stuhls mit gekreuzten Beinen ohne Lehne, welcher sonst nicht eisenzeitlich belegt ist. Auf den syro-hethitischen Reliefs wurde dagegen meist ein Sitzmöbel mit geraden Beinen abgebildet. Vgl. die Darstellungen aus Arslantepe (Orthmann 1971, S. 93, 96, 522, Taf. 42, c, f, Malatya B/3 und Malatya B/4) sowie Darende (Orthmann 1971, S. 117, 481, Taf. 6, a, Darende 1), deren Stühle zwar gekreuzte Beine aufweisen, aber Lehnen besitzen. Vgl. auch Abschnitt 8.1.2.2. 240 Woolley 1921, S. 112–113, Taf. 16, 17a, B. 30a; Orthmann 1971, S. 498, Taf. 20,d, Karkemis Aa/4; Voos 1986, S. 155–157, Kat.-Nr. 113; Gilibert 2011, S. 25–30, Abb. 6, 160, Carchemish 6. Der Or-

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aufgestellt war, vermutlich diesem gegenüber, d.h. am nordwestlichen Vorsprung des Torkomplexes, falls sich B. 30a noch in situ befunden haben sollte. 241 Die Datierung des Orthostaten B. 30b ist umstritten. Nach W. Orthmann stellt er eine Schöpfung ungefähr aus der Zeit Suhis II. und Katuwas dar, was seiner Stilgruppe Karkemis III bzw. dem späten 10. und dem frühen 9. Jh. entspricht. 242 Eine wachsende Zahl von Forschern plädiert dagegen für eine Entstehung etwa im 11. Jh. 243 Auch bezüglich der Interpretation dieses Bildwerks herrscht in der Forschung Uneinigkeit. Während W. Orthmann für eine höfische Szene oder eine nicht-funeräre Kulthandlung optiert, betrachten es J. Voos und B. A. Brown als ein Totendenkmal im Sinne der syro-hethitischen Stelen mit einer Speisetischszene und auch A. Gilibert möchte funeräre Bezüge nicht ausschließen. 244 Aslı Özyar hält das Relief für das Abbild einer tatsächlich stattfindenden, nicht-funerären Kulthandlung, als Teil einer sog. „Heiligen Hochzeit“, ebenso wie Stefania Mazzoni, die Feierlichkeiten zum Wohl der Stadt darin zu erkennen glaubt. 245 Nach der Interpretation von D. Bonatz zählen Speisetischszenen auf Orthostaten generell zunächst als Darstellung von Festmählern, um nach ca. drei Generationen zu Ahnen zu werden, die bereits vergessen worden sind und in ihrer Gesamtheit zum Schutz der Stadt als Teil einer „dynastischen Parade“ beitragen. 246 Diesbezüglich sei auf die Tatsache aufmerksam gemacht, dass ein Steinblock mit solch großen Dimensionen normalerweise wiederverwendet, und nicht in einem Fundament „verschwendet“ worden wäre. Dies hätte entweder durch Umdrehen oder Ausmeißeln und Neugestalten geschehen können, da das Format des Orthostaten bereits passend zu dem des Orthostaten B.  30a war. Die Ursache dafür, dass das nicht geschah, ist wahrscheinlich in einer Art rituellem Begräbnis zu suchen, wie es auch den Statuen der Könige zuteil wurde. 247 Ebenso wie das Relief der BONUS-ti an der Long Wall of Sculpture scheint demnach der Orthostat B.  30b ebenfalls darauf hinzudeuten, dass nicht ausschließlich Stelen in einem direkten Bezug zu einer bestimmten verstorbenen Person

241 242 243 244 245 246

247

thostat B. 30a wird bislang lediglich von J. Voos ebenfalls als memorial konnotiert betrachtet. Falls man diesen Gedanken weiterverfolgt, ist dabei eventuell an die hethitische Tradition der NA4ḫekurRituale im Hintergrund, in deren Verlauf der hethitische König verschiedenen Gottheiten im Tor opferte, zu denken. Vgl. Haas 1994, S. 282. Voos 1986, S. 155–157, Kat.-Nr. 113; Özyar 1991, S. 29; Gilibert 2011, S. 29. Orthmann 1971, S. 39. Özyar 1991, S. 29–30 (Ende 2. Jt.); Mazzoni 1997, S. 316–318 (zeitgleich mit dem Tor in Arslantepe); Brown 2008a, S. 341 (spätes 12.–Mitte 11. Jh.); ders. 2010, S. 18 (Mitte 11. Jh.); Gilibert 2011, S. 161 (11.–frühes 10. Jh.). Orthmann 1971, S. 379 (lies „Karkemis Ab/4“ anstelle von „Karkemis Aa/4“); Voos 1986, S. 155– 157; Brown 2010, S. 18; Gilibert 2011, S. 28, Anm. 65. Özyar 1991, S. 28; Mazzoni 1997, S. 316–318. Bonatz 2000a, S. 158; ders. 2014a, S. 211. Mazzoni 1997, S. 316–318, auf die sich Bonatz 2000a, S.  158 beruft, bezieht sich bei Beispielen für eine solche „dynastische Parade“  u.a.  auf die Long Wall of Sculpture, welche mit dem Orthostaten der BONUS-ti ein Totendenkmal beinhaltet, nicht jedoch auf das Water-Gate, das bei ihr unter der Rubrik „The gate as a ceremonial passage“ behandelt wird. Gilibert 2011, S. 29–30.

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stehen konnten und er somit keinen inzwischen unbekannten Ahnen im Rahmen einer „dynastischen Parade“ repräsentierte, sondern dass er weiterhin der Erinnerung an eine bestimmte Person diente, und dementsprechend behandelt wurde. Ein weiteres Indiz für diese Sichtweise stellt ein Speisetischszenenorthostat aus Arslantepe dar, auf welchem die beiden Figuren explizit mit ihren Namen in der hieroglyphenluwischen Inschrift MALATYA 2 gekennzeichnet werden: „Good! This (is) Zitis, this (is) Lu… This […“. 248 Demnach scheint es sich auch hier zumindest um die Kommemoration, wenn nicht um den Kult eines verstorbenen Monarchen gehandelt zu haben, auch wenn andere Möglichkeiten nicht ausgeschlossen werden können. Aufgrund der Anbringung im Tor ist der öffentliche Charakter eventuell damit verbundener Ritualhandlungen augenscheinlich. 4.1.3.6 Funde aus sekundären Kontexten Die Existenz von zwei Grabstelen aus sekundären Kontexten auf der Zitadelle von Karkamiš stellt eine gewisse Schwierigkeit dar, was die logische Erklärung ihrer Fundlage betrifft. Denn entgegen der Erwartung, auf dem Burghügel Gräber und Denkmäler der Herrscherdynastien vorzufinden, sind sie nicht-königlichen Personen zuzuordnen. Aufgrund ihrer Dimensionen ist es jedoch nach C. L. Woolley unwahrscheinlich, dass sie der Nekropole von Yunus entnommen wurden. 249 Andererseits stellt die Existenz eines eisenzeitlichen Topfgrabes unter dem sog. „Kubabatempel“ ein weiteres Indiz in dieser Richtung dar. 4.1.3.6.1 Stele mit Inschrift KARKAMIŠ A. 5a Die vollständig erhaltene Basaltstele mit der Inschrift des Zahanani, KARKAMIŠ A. 5a, sowie dem charakteristischen Zinnenfries (1,03 × 0,55  m) wurde in sekundärer Verwendung innerhalb einer hellenistischen Mauer beim sog. „Kubabatempel“ auf der Akropolis geborgen und kann etwa ins 8. Jh. datiert werden. 250 Die Existenz eines solchen Tempels auf der Akropolis ist zwar schriftlich bezeugt, 251 aber die genaue Funktion dieses annähernd quadratischen Gebäudes mit den ungewöhnlich strukturierten Innenräumen ist trotz des in zweierlei Hinsicht suggestiven Namens momentan nicht zweifelsfrei zu eruieren, zumal die Argumentation C. L. Woolleys zum Teil darauf beruht, dass ein „Altar“, eben die hier behandelte Grabstele, dort gefunden worden sei. 252 Die Inschrift lautet:

248 Hawkins 2000, S. 327. Zur Deutung, vgl. Hawkins 2000, S. 282: „funerary“. 249 Woolley 1952, S. 211. 250 Hogarth 1914, S. 28, Taf. A. 5a, a*; Woolley 1952, S. 213, 262, Taf. 49, 50a, 51a; Voos 1986, Kat.Nr. 90; Hawkins 1989, S. 194, 196–197; ders. 2000, S. 181–184, Taf. 64–65; Hutter 2001, S. 173. 251 Klengel 1965, S. 42–43 (KBo 5.6). 252 Woolley 1952, S. 213; Orthmann 2006, S. 228.

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Karkamiš

§ 1 § 2 § 3 § 4 § 5 § 6 § 7 § 8 § 9 § 10 § 11 § 12 § 13 § 14

„This stele (is) of Zahananis, Zitis’s son, the Sun-blessed person. When I myself was in life, I by no means ... ed to/for(?) the elder brother, nor ... did I smite. And for me ... my father (and) mother(?) stood for TARPU-LAHI, and for me the [...]ed they ARHA PU-ed the NAHUTI-, and for me my times [I/they] did not rec[all(?)], ... I myself recalled(?) there. And by the oath ... hereafter my TARPUNALA’s shall be to stand before the divine Lady of the Earth and the ... Sun. And (for) me because …, for me my TARPUNALI’s hereafter shall come well(?). But [(he) who shall] stand for TARPI(WA) against [this] stele, for him (may) the divine Lady of the Earth stand TARPIWA, and [may she] destroy [his …] for him!“ 253

Die Formulierung „sun-blessed person“ deutet vermutlich nicht auf eine religiöse Affiliation, sondern auf ein weltliches Amt hin, nämlich das eines hohen Beamten bzw. eines Gouverneurs, der von der Sonne im übertragenen Sinn, seinem König, gesegnet, d.h. befördert wurde, wie sich aus anderen Kontexten dieses Titels schließen lässt. 254 Manfred Hutter übersetzt das von J. D. Hawkins ausgeklammerte tara/i-pu-na-la-zi-i (§ 9, § 11) als Widersacher, die Zahanani zu Lebzeiten Unrecht zugefügt haben. Sogar seine Eltern scheinen sich gegen ihn gewandt zu haben (§ 5–6). Die Intention der Inschrift könnte daher nach M. Hutter darin liegen, die Götter wegen der Unschuld Zahananis dazu anzuhalten, das Unrecht der Widersacher zu vergelten. Diese Vergeltung impliziert gleichzeitig eine Wiedergutmachung für Zahanani (§ 10–11) und wird u.a. von einer chthonischen Gottheit, der „Herrin der Erde“, veranlasst (§ 9). Man kann demnach in dieser Grabinschrift Anzeichen für eine Vorstellung von postmortaler Gerechtigkeit erkennen, unabhängig davon, ob die Widersacher Zahananis bereits ebenfalls tot waren oder nicht. 255 Im abschließenden Fluchteil lässt sich eine Parallele zur Inschrift des Kammaki aus Tell Ḥalaf erkennen, wo ebenfalls eine Unterweltsgottheit als Beschützer des Sitzbildes eine Rolle spielt. Der ursprüngliche Aufstellungsort der Stele kann aufgrund ihrer sekundären Fundlage nicht ermittelt werden. Zwar liegt mit Topfgrab 15 in diesem Bereich der Akropolis, d.h. in der näheren Umgebung des „Kubabatempels“, ein Grab, welches mittlerweile eisenzeitlich datiert wird, allerdings ist eine weitere Grabstele mit diesem Titel, die eventuell dem Vater Zahananis, Ziti, zuzurechnen ist, in der Nähe des West Gate Cemetery, außerhalb der Stadtmauern gefunden worden (KARKAMIŠ A. 18h). Ein Transport der 253 Hawkins 2000, S. 182. 254 Lipiński 1974, S. 45–47; Goedegebuure 2009; Weeden 2010, S. 45. 255 Hutter 2001, S. 173.

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Karkamış bzw. Ǧarāblūs / Karkamiš

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Stele von einem anderen Ort, vielleicht einer der extramuralen Gräberfelder, aufgrund von Baumaßnahmen ist demnach nicht auszuschließen. 4.1.3.6.2 Stele mit Inschrift KARKAMIŠ A. 18a Eine nach oben schmaler werdende Stele aus Basalt (max. 57 × 45 cm,) mit der Inschrift KARKAMIŠ A. 18a, ist an einem unbekannten Ort innerhalb der Lower Palace Area gefunden worden. 256 Der erhaltene Beginn dieser Inschrift lautet: 1. 1. 1. 2.

„I (am) Pisamitas the Ruler. … “ 257

In Zeile 2 ist ein Verb in der 3. Person Singular zu finden, eventuell „machen, tun“ oder „ehren“. 258 Sie kann einem ansonsten unbekannten Herrscher zugeschrieben werden, welcher aufgrund der paläographischen Merkmale im 9. oder 8.  Jh. regiert haben dürfte, und stellt möglicherweise ebenfalls eine Grabstele – so die Vermutung von J. D. Hawkins – dar. 259 Die Verwendung der Floskel „Ich (bin) …“ anstelle von „Diese Stele (ist) von PN…“ ist in Karkamiš und Umgebung bislang nur auf dem Fragment einer Bildstele aus Yunus gefunden worden und könnte darauf hindeuten, dass diese Stele eventuell zu einer Statue gehörte, auf welche sich die Inschrift bezog. 260 4.1.3.6.3 Inschrift KARKAMIŠ A. 25a Die fragmentarische Inschrift KARKAMIŠ A. 25a (Basalt, 21 × 17  cm, 33 × 49  cm, 9 × 11  cm), deren inzwischen verlorene Überbleibsel keine Rückschlüsse auf den Inschriftenträger zulassen, ist im Bereich der Lower Palace Area gefunden worden und berichtet außer von historischen Ereignissen kriegerischen Charakters von der Aufstellung einer Statue des Auftraggebers: 261 § 7

„…] my statue in that year I set up.“ 262

Woolley 1921, S. x, Taf. A. 18a, a*; Hawkins 2000, S. 193–194, Taf. 74. Hawkins 2000, S. 194. Hawkins 2000, S. 194. Hawkins 2000, S. 194. Vgl. Aro 2013, S. 237. Woolley 1952, S. 266, 275, Taf. A. 25a; Hawkins 2000, S. 121–122, Taf. 29; Gilibert 2011, S. 47; Aro 2013, S. 237. 262 Hawkins 2000, S. 122.

256 257 258 259 260 261

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Karkamiš

J. D. Hawkins ist der Meinung, dass als Autor Katuwa infrage kommt, 263 so dass hiermit ein Hinweis auf eine Statue dieses Herrschers vorliegen könnte. A. Gilibert sowie S. Aro vermuten, dass sich die Inschrift auf die Statue am Royal Buttress, B. 54a mit Basis B. 53a–b, bezog und eventuell ursprünglich dort angebracht war. 264 Als Begleitinschrift zu dieser Statue kommt jedoch auch KARKAMIŠ A. 13d infrage, welche direkt am Processional Entry gefunden worden ist und als amu-Figur eine ähnliche Gestalt wie die Statue bzw. ihre Parallele aus Sam’al zeigt. 265 4.1.3.6.4 Inschrift KARKAMIŠ A. 27mm Im Gegensatz dazu kann die Existenz einer Statue eines Astiru(wa) als gesichert gelten, wie ein Fragment aus Basalt (10 × 11 cm) belegt, dessen Inschrift KARKAMIŠ A. 27mm möglicherweise zu KARKAMIŠ A. 24 gehört: 266 (1.2)

„… ] … this statue of Astiruwas not […“ 267

4.1.3.6.5 Basis mit Inschrift KARKAMIŠ A. 15b Zwischen dem ḫilani-Bau und dem Herald’s Wall fand sich eine Hälfte einer trommelförmigen Statuenbasis (Höhe 43 cm, ø 80 cm) innerhalb der römischen Schichten, die aufgrund ihrer Inschrift KARKAMIŠ A. 15b Yariri, d.h. chronologisch dem späten 9. bis frühen 8. Jh., zugeordnet werden kann. 268 In ihr beschreibt dieser in den Zeilen der Außenseite, von denen Beginn und Ende erhalten sind, neben seinen Taten die Errichtung eines Bildes sowie dessen Aufstellung zu Füßen der Kubaba, d.h. wahrscheinlich innerhalb ihres Tempels: § 10–12

„I built the temple of the Harmanaean god and made my person into a portrait and Kubaba will take me (i.e. my portrait) placed at (her) foot.“ 269

263 Hawkins 2000, S. 121. 264 Gilibert 2011, S. 47; Aro 2013, S. 237. 265 Orthmann 1971, S. 291; Hawkins 1972, S. 96–97. Vgl. jedoch ders. 2000, S. 77. Siehe Abschnitt 4.1.3.4.2. 266 Woolley 1952, S. 277, Taf. A. 27mm, mm*; Hawkins 2000, S. 213, Taf. 82mm, 83mm. 267 Hawkins 2000, S. 213. 268 Woolley 1921, S. VIII, Taf. A. 15b; Hawkins 2000, S. 130–133, Taf. 36–37; ders. 2015, S. 52–53; Hout 2002b; Yakubovich 2002, S. 194–197; Payne 2012, S. 85–86; Goedegebuure 2017, S. 179; Hogue 2019, S. 199. 269 Hout 2002b, S. 185.

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Bei dem „Porträt“ handelt es sich wohl um etwas aus einem Stein Ausgemeißeltes, da SCALPRUM(-)i-ara/i-za eventuell von dem Verb iti-, „löschen, zerstören“ abgeleitet werden kann, 270 wobei die Materialart gesichert ist, während sich hinter „Person“ der Begriff atri- verbirgt. Auf der Oberseite der Basis ist eine weitere Textzeile angebracht, in welcher wahrscheinlich zweimal in verschiedener Weise auf das „Porträt“-Objekt rekurriert wird: § 23 § 24

„This ZAMATI stone (or: stone ZAMATI) I found(?) and for my statue … [ I …-ed].“ 271

Zwei Gesichtspunkte der Inschrift verdienen besondere Betrachtung: Die Frage nach einer möglichen Inkorporierung der atri- in der Statue sowie nach der genauen Funktion der Statue im Tempel. Die Inschrift stellt den vielleicht deutlichsten Ausdruck dafür dar, dass Statuen als „Container“ der atri- dienen konnten. Dies gilt jedoch nur unter der Voraussetzung, dass atri- hier tatsächlich als „Person, Selbst, Seele“ und nicht als davon abgeleitete Bedeutung im Sinne von „Form, Figur, Bild, Abbild“ betrachtet werden kann. Während Th. van den Hout, I. S. Yakubovich, H. G. Melchert und Petra Goedegebuure ersteres für zutreffend erachten, 272 verteidigt J. D. Hawkins weiterhin seine Lesart. Demnach deute das „Ausgemeißelte“ eher auf die letztere Bedeutungsnuance hin. 273 Für die Etablierung einer erweiterten Semantik im vorliegenden Fall erscheint dies jedoch nicht ausreichend. 274 Die Lokalisierung der atri- in einer Statue steht dabei nicht zu der postmortalen Lokalisierung der atri- bei den Göttern 275 im Widerspruch, da hier die göttliche Präsenz aufgrund des Tempels tatsächlich gegeben war. 276 Für einen Zusammenhang mit Opfern für Yariri, die Totenkultcharakter haben, sprechen der Memorialcharakter der Inschrift inklusive der Einleitungsformel „Ich bin“ sowie die explizit erwähnte Anwesenheit der atri- in der Statue. Dagegen spricht die sonst gebräuchliche Definition der darzubringenden Opfer, die aber möglicherweise in der unvollständigen Zeile auf der Oberseite zu finden waren, eventuell als Nachsatz zu „und für meine Statue“. 277 Falls die Statue vorrangig dazu diente, über die Vermittlung der Kubaba Opfer zu empfangen, könnte dies als ein „klassischer“ Fall der Notwendigkeit eines Totenkultes betrachtet werden, da für den mutmaßlichen Eunuchen keine eigenen Nachkommen für regelmäßige Opfer sorgen konnten, es sei denn durch Adoption. Demzufolge sollte die Platzierung seines Bildnisses 270 271 272 273 274 275 276 277

Hout 2002b, S. 185; Hawkins 2015, S. 52. Hawkins 2000, S. 131. Hout 2002b, S. 185; Yakubovich 2002, S. 196; Melchert 2010, S. 8; Goedegebuure 2017, S. 179. Hawkins 2015, S. 52: „I made my likeness (as) a stone carving.“ Ähnlich Payne 2012, S. 86: „[…] and I made my own statue […]“. Für Argumente bezüglich weiterer Belegstellen, siehe Hawkins 2015, S. 51–53. KULULU 4 § 9. Vgl. KULULU 1 § 15–16 und KARKAMIŠ A. 2+3 § 22–23 ohne Nennung von atri-. Bei der Atrisuhastatue war dies dem archäologischen Kontext nach nicht der Fall, aber laut Inschrift weilt er bei (unbestimmten) Gottheiten. Vgl. dagegen Hawkins 2015. Hawkins 2000, S. 130 vermutet hier allerdings eine Fluchformel.

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Karkamiš

im bedeutendsten Tempel der Stadt vermutlich die postmortale Versorgung Yariris sicherstellen. 278 Dabei mag die Tatsache, dass Kubaba in Karkamiš neben Tarḫunza als eine mögliche Destination der „Seele“ der Verstorbenen galt, eine Rolle bei der Wahl dieses Aufstellungsortes gespielt haben. 279 Die bislang engste Parallele zur Errichtung einer Statue für die atri- einer Person findet sich in JISR EL HADID 4, einer ebenfalls auf einer Statuenbasis befindlichen Inschrift, in welcher Runtapi vermutlich im 8. Jh. die Errichtung einer Statue für seinen Vater Sami(ya) beschrieb. 280 Außerdem richtete er regelmäßige Opfer für Tarḫunza und wahrscheinlich im fehlenden Teil der Inschrift auch für seinen Vater ein. 281 Geographisch und chronologisch deutlich entfernt stellt eine Passage der Inschrift TL 44b auf der Stele von Xanthos ein mögliches weiteres Komparandum dar, bei der es sich um ein um ca. 400 in drei Sprachen, Griechisch, Lykisch und Milyisch (früher: Lykisch B), beschriftetes Monument über dem Grab eines Ringers auf der Akropolis der Stadt handelt. In Z. 43 dieses Textes, dem milyischen Abschnitt, ist die Phrase „tukedri: atrã:“ zu lesen, wobei nach Günter Neumann atrã- entweder als Apposition oder als direktes Objekt, „als Statue (seinen) Körper, (seine) Gestalt“, 282 aufzufassen sei. Aufgrund der Entsprechungen zu lyk. atla-, zum Luwischen und zum Karischen ist jedoch hier semantisch ebenfalls eher die immaterielle Bedeutungsebene, d.h. „Person, Selbst“ in Betracht zu ziehen. 283

278 Vgl. die Statue mit der Inschrift MARAŞ 14, die ebenfalls einem Eunuchen, Astiwasu, zuzuordnen ist. Zur Notwendigkeit und Bedeutung eines Totendenkmals für Eunuchen vgl. Jes 56,5; Loretz 1989, S. 245. 279 KARKAMIŠ A. 2+3, siehe Abschnitt 4.1.3.3.2. 280 Dinçol et al. 2014b. 281 Die Autoren versuchen zwar, atri- im Sinne eines „Bildes“,  d.h.  einer Statue, zu interpretieren, aber eventuell kann hier, wie von Yakubovich 2002, S.  196 für ALEPPO 2 § 11 vorgeschlagen, eine metaphorische Verwendung des Begriffes im Sinne einer Statue, ähnlich wie ein „Name“ als Metapher für eine Inschrift gebraucht werden kann, vorliegen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass atri-, ebenso wie npš / nbš im Nordwestsemitischen, zur Bezeichnung eines mortuären Monumentes geworden ist. 282 Neumann 2007, S. 30. 283 Vgl. Hout 2002b, S. 172–173; Neumann 2007, S. 29. In der lykisch-griechischen Bilingue TL 25a auf einer (Doppel-) Statuenbasis wird im Zusammenhang mit der Errichtung von zwei Statuen ebenfalls atra- verwendet (mit Possesivpronomen: atru: ehb[i]), wobei im griechischen Teil ἑαυτὸν „sich“ erscheint. Bryce 1986, S. 90; Hout 2002b, S. 173; Neumann 2007, S. 30. Vermutlich die jüngere Variante dieses Wortes bildete das manchmal in lykischen Grabinschriften benutzte atla-, welches als Dat. Sg. des Substantivs „Person“ betrachtet und als „(für) sich selbst“ übersetzt wird. Neumann 2007, S. 29.

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4.1.3.6.6 Stele B. 62a mit Inschrift KARKAMIŠ A. 31 + A. 30b1–3 Auch der von Yariri erzogene Kamani ließ sich eine Statue errichten, anscheinend jedoch vor dem Kubabatempel, wie aus der Inschrift KARKAMIŠ A.  31  + A.  30b1–3 hervorgeht: 284 § 3 § 4

„Kubaba’s temple [… ] I built, I myself set up my statue in front.“ 285

Sie war auf der Rückseite der bereits 1754 auf der Zitadelle gefundenen Basaltstele B. 62a (1,62 × 1,03–0,76 m), welche die Göttin Kubaba zeigt, angebracht. Der Anfang des Textes ist nicht erhalten; danach folgen historische Notizen, der Ausbau des Kultzentrums, darin auszuführende Handlungen sowie eine Fluchformel. 4.1.3.6.7 Relief B. 64b–c Zudem sieht A. Gilibert in der thronenden weiblichen Figur, die auf den Basaltfragmenten B. 64b–c in Hochrelief dargestellt ist (Höhe ca. 90 cm), eine Verstorbene. 286 W. Orth­ mann hält sie dagegegen für eine Göttin. Allerdings fehlt die Kopfbedeckung, auf der ein eventuell angebrachtes Horn eine eindeutige Zuordnung erlauben würde. Erkennbar sind lediglich eine schleiertragende Figur auf einem Stuhl mit Lehne, die ein reich verziertes Kleid trägt sowie ein Spiegel in ihrer vorgestreckten rechten Hand. Das Stück stammt aus einer Schuttansammlung in der Lower Palace Area und wird von W. Orthmann in die letzte seiner lokalen Stilphasen, Karkemis V, eingeordnet. 4.1.3.6.8 Fragment einer Stele mit Zinnenfries Schließlich sei das mit Rosetten sowie treppenartigen Zinnen verzierte Fragment erwähnt, das im Bereich des Nordwestforts in den Fundamenten eines frühklassischen Gebäudes zu Tage gekommen ist. 287 Dass es sich hierbei sehr wahrscheinlich um den Überrest einer Totenstele handelte, verdeutlichen zwei vergleichbare Funde aus Yunus, die beschriftete Stele aus Ekinveren (TİLSEVET) sowie zwei mortuäre Bildstelen aus Maraş, 288 welche ebenfalls treppenartige Zinnen aufweisen. Ein ursprünglicher Aufstellungsort an einem 284 Woolley 1952, S. 254, Taf. A. 30b 3, b*1–3; A. 31–32; B. 62a; Orthmann 1971, S. 512, Taf. 34,e Karkemis K/1; Hawkins 2000, S. 140–143, Taf. 40–41. 285 Hawkins 2000, S. 141. 286 Woolley 1952, S. 174, Taf. 64b–c; Orthmann 1971, S. 36, 275–277, 513, Karkemis K/6, Taf. 34,f; Gilibert 2007, S. 54, Anm. 36. 287 Woolley 1921, S. 151, Abb. 56. 288 Orthmann 1971, S. 88, 527, Maraş B/24, Taf. 46,g; Schachner und Schachner 1996; Bonatz 2000a, S. 22, 59, Taf. XX, C 59.

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Karkamiš

Grab ist daher zu vermuten. Der These Sebastiano Soldis zufolge handelt es sich um ein Element, das eine altarähnliche Funktion impliziert. 289 4.1.3.6.9 Stelenfragment KH.12.O.35 Im Zuge der wieder aufgenommenen Ausgrabungen in Karkamiš sind drei weitere Stelenfragmente gefunden worden. Bei dem ersten, KH.12.O.35 (Kalkstein, 28 × 32 × 34 cm), 290 handelt es sich wohl um den oberen Teil einer Stele, denn es ist noch ein kleiner Teil des überstehenden Zinnenfrieses erhalten geblieben. Der Text nennt den Verstorbenen sowie dessen Vater: „[This stele (is) of] Surawani (?), son [of] Huhawarpi, […“ 291 Es wird ins 8. Jh. datiert und wurde am südlichen Abhang der Akropolis an der Oberfläche gefunden. Aufgrund der Übereinstimmung der Inschrift und des Zinnenfrieses mit anderen, nachweislich über Gräber errichteten Stelen, könnte auch diese Stele über einem Grab aufgestellt gewesen sein. 4.1.3.6.10 Stelenfragment KH.13.O.2 Ein weiteres Stelenfragment, bei dem es sich vielleicht einst um eine Grabstele handelte, ist KH.13.O.2 (Basalt, 15 × 13 × 16 cm) von der Oberfläche des Nordwestbezirks. 292 Gestalterische Elemente lassen sich nicht mehr ausmachen. Zu lesen ist noch: 1. „This stele (is)] of [PN], the Sun-blessed [man. 2. … who (?)] know[s / known by …“ 293 Somit handelt es sich um eine weitere Inschrift, bei dem der Verstorbene als „sun-blessed person“, d.h. als hoher Beamter angesprochen wird. Als Datierung wird von Hasan Peker das 8. Jh. angegeben.

289 290 291 292 293

Soldi 2019, S. 210–211. Peker 2016, S. 36–37, Abb. 21, Taf. XXVI.1–2. Peker 2016, S. 36. Peker 2016, S. 37–38, Abb. 22, Taf. XXVII. Peker 2016, S. 38.

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Karkamış bzw. Ǧarāblūs / Karkamiš

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4.1.3.6.11 Stelenfragment KH.14.O.520 Das letzte der neuen Fragmente, KH.14.O.520 (Basalt, 6,2 × 14 × 5,2 cm), ebenfalls aus dem 8. Jh., stammt aus einer Verfüllung in Areal C. 294 „This] stele my [child]ren […“ 295 Diese Formulierung ist auf der Stele der Uwawa (TİLSEVET) ebenfalls zu lesen und deutet auf eine Passage im Rahmen einer Grabinschrift hin.

4.1.4

Intramurale Gräber der Eisenzeit

4.1.4.1 „Goldgrab“ in der nördlichen Innenstadt Die einzige Kremation, die sicher innerhalb des Stadtgebietes von Karkamiš deponiert wurde, stellt das von C. L. Woolley als „Gold Tomb“ bezeichnete Grab dar (Abb. 50– 51). 296 Dabei handelt es sich um einen einfachen Topf mit einer Kremationsbestattung sowie zahlreichen Grabbeigaben, der sich in einer runden Grube (Tiefe > 1 m, ø 0,75 m) in Raum E auf dem Gelände der bronzezeitlichen Nordwestzitadelle der Stadt befand, aber vermutlich nicht zur eisenzeitlichen Befestigung gehörte. Da das architektonische Umfeld aufgrund der einschneidenden römischen Bebauung nur sehr lückenhaft rekonstruierbar ist, ließ sich nicht mehr feststellen, ob Raum E ein selbstständiges Gebäude oder einen Teil einer komplexeren Struktur bildete. Lediglich die Fortsetzung des Kieselpflasters nach Südwesten hin, d.h. ein zweiter Raum oder ein Zugang, konnte für den annähernd quadratischen Raum E (ca. 5 × 5 m) nachgewiesen werden; die Ecken des Raumes weisen ungefähr in die vier Himmelsrichtungen. In dem von dem möglichen Zugang und der südöstlichen Wand gebildetem Winkel liegt mit Raum F eine etwas größere Struktur (ca. 6 × 5,5 m), die subterran angelegt wurde, d.h. etwa zur Hälfte unter dem Begehungsniveau der vierten lokalen Bauphase lag, welche nach C. L. Woolley etwa dem 7. Jh. entspräche. Für diese sorgfältig verputzte Kammer mit weißem Boden konnte jedoch kein Zugang ausgemacht werden. Raum F bildete hier jedoch nicht den eigentlichen Grabbau; seine Funktion und sein Verhältnis zum Grab sind unklar. 297 Des Weiteren ist ein direkt nördlich an Raum E angrenzender, acht Meter tiefer Schacht oder Brunnen erwähnens294 Peker 2016, S. 38, Abb. 23, Taf. XXVIII.1–2. 295 Peker 2016, S. 38. 296 Woolley 1921, S. 67–69, Taf. 8; ders. 1952, S. 250–257, Taf. 63–64; Marchetti 2016a, S. 365–366, Abb. 5–6. 297 Woolley 1921, S. 67–69. Gregorio del Olmo Lete stellt diesen Raum in einen Zusammenhang mit der KTMW-Inschrift, in der nach seinem Vorschlag von einem „verputzten Grab“ die Rede sei. Olmo Lete 2011, S. 309.

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Karkamiš

Abb. 50: Nordwestzitadelle mit „Goldgrab“.

wert, der ebenfalls der vierten Bauphase zuzurechnen ist und neben zeitgenössischer Keramik auch drei Kalksteinplatten enthielt. Diese wurden von C. L. Woolley als Spielbretter interpretiert, so dass zu vermuten ist, dass sie mehrere kleine Mulden aufwiesen. 298 Zurück zum eigentlichen Grab in der östlichen Ecke des Raumes: Das Grabgefäß stand in einem großen, vierhenkligen Krater und war mit einem weiteren, umgedrehten Krater bedeckt, wobei alle drei gröber gearbeitet als die Keramik von Yunus und unbemalt wa298 Woolley 1921, S. 67–69. Vgl. Lehmann 1996, S. 138, 298, 401, 425.

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Karkamış bzw. Ǧarāblūs / Karkamiš

Abb. 51: Krater und Urnengefäß aus dem „Goldgrab“.

ren. 299 Vor allem das Grabgefäß selbst (Höhe ca. 70 cm) war äußerst schlecht, d.h. sehr unregelmäßig, gearbeitet. Im Innern des Gefäßes befanden sich neben den kremierten Knochen ein Griff aus Lapislazuli sowie vier goldene Quasten. Die Grube war mit Holzasche gefüllt worden, die sich rings um den äußeren Krater und über ihm befand. In ihr lagen geschmolzene Bronzeklumpen und verbrannte Elfenbeinüberreste. Erstere sind von C. L. Woolley als Waffen, letztere als Überbleibsel von Möbeln oder eines vermeintlichen Schwertgriffes interpretiert worden. 300 Seinen Namen verdankt das Grab jedoch, abgesehen von den Quasten, der großen Anzahl winziger Goldperlen, insgesamt ca. 300 g, die einst ein sehr feines „cloth of gold“, d.h. ein Goldvlies bildeten, neun Nägeln, davon drei vollständig aus Gold und sechs aus Bronze mit goldenem Kopf, den Resten einer Goldscheibe sowie eines Streifens aus Gold, beide mit ausgesägten menschlichen Figuren und Tieren in à jour Technik verziert, 39 kleinen, in Gold eingefassten Figuren aus Lapislazuli 301 sowie einer gravierten Figur aus demselben Material, wobei bei etwa der Hälfte der Figuren nur mehr die Goldfassung vorhanden war. Die Figuren sind zum größten Teil anthropomorph, einige davon sicher Gottheiten, aber auch Mischwesen und Pflanzen befinden sich darunter. 302 Viele dieser Objekte, darunter zumindest alle Figuren, die Scheibe sowie eine große Anzahl der Goldperlen, trugen verschieden intensive Spuren von Feuer, manche aber auch gar keine, wie die Gegenstände aus der Urne. C. L. Woolley schlussfolgert aus den verschiedenartigen Verbrennungsspuren, dass manche Gegenstände mit dem Toten zusammen verbrannt wurden, während andere erst nachträglich 299 Woolley 1952, S. 250. 300 Woolley 1952, S.  250. Vgl.  dazu British Museum, Inventarnummer 116311 (https://www. britishmuseum.org/collection/object/W_1922-0511-444) und vermutlich auch Inventarnummer 116313 (https://www.britishmuseum.org/collection/object/W_1922-0511-446, beide ab­gerufen am 08.03.2021), beschrieben als „[p]ortion of an ivory foot of a stool, damaged by fire“ ohne Angabe des Fundkontextes sowie die Inventarnummern 116312, 116314–116317, alles Teile eines verbrannten Elfenbeinstabes. Bis auf die Gegenstände aus dem „Goldgrab“ sind jedoch keine verbrannten Elfenbeinobjekte aus den Ausgrabungen in Karkamiš bekannt. 301 Seidl 1972, S. 16. 302 Seidl 1972.

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Karkamiš

hinzugefügt wurden. Zur ersteren Kategorie zählen auch die Bronzeklumpen und die Elfenbeinobjekte, die nach C. L. Woolley ursprünglich die Waffen bzw. Appliken des Schwertgriffes des Toten dargestellt haben sollen. Es ist jedoch angesichts der Befunde aus Tell Ḥalaf, Tell Šayḫ Ḥamad und Ziyaret Tepe sehr viel wahrscheinlicher, dass es sich bei den Bronzeklumpen um die Füße eines oder mehrerer Möbelstücke handelte, welche vermutlich ebenfalls mit Elfenbeinappliken versehen waren. Nach C. L. Woolleys stratigraphischer Beschreibung soll das Grab während der vierten und letzten vorrömischen Bauphase der Umgebung, d.h. etwa im 7. Jh., angelegt worden sein. 303 Die zeitliche Einordnung des Grabes ins 7. Jh. ist bislang überwiegend geteilt worden. 304 Probleme hinsichtlich der Chronologie bereitet vor allem der Goldschmuck, da die Figuren und teilweise auch die Goldbleche stilistisch und motivlich auf die hethitische Großreichszeit des 13. Jh., insbesondere die Götterdarstellungen von Yazılıkaya, verweisen. Nachdem die Möglichkeit der Imitation dieses Stils in den nachfolgenden Jahrhunderten verworfen wurde, muss von einer Herstellung im 13. Jh., vielleicht sogar in Karkamiš selbst, ausgegangen werden. 305 Dass die Weitergabe dieser Preziosen über mehr als 500 Jahre hinweg erfolgreich gewesen sein soll, wäre erstaunlich, angesichts der langen Kontinuität der ursprünglich hethitischen Dynastie bis in das 10. Jh. hinein jedoch eventuell vorstellbar. 306 Wenig hilfreich hinsichtlich der Datierung ist die Absenz von Eisenobjekten sowie das Keramikinventar des Grabes, dessen vorläufig bestes Vergleichsbeispiel aus der ältesten Periode der eisenzeitlichen Kremationsgräber von Ḥamā (ca. von 1175 / 1150 bis 1050 / 950) stammt, 307 während von der Gefäßform und den vier mit dem Rand verbundenen Griffen her ähnliche Kratere aus Yunus und Tell Šiyuḫ Fawqānī statt einem flachen Boden drei Schlaufen aufweisen. 308 Zudem gibt die Tatsache zu denken, dass als Grabgefäß keine in den eisenzeitlichen Gräberfeldern außerhalb von Karkamiš benutzte Urne verwendet wurde, sondern ein unbemaltes Gefäß mit spitz zulaufendem Boden, breiter Öffnung und anscheinend mit einem Schnurabdruck im unteren Bereich. Zusätzliche Zweifel kom303 Er datiert es ins Jahr 605, zur Zeit der Schlacht um Karkamiš. Zu seinen Argumenten zählt die Verwendung von groben Keramikgefäßen trotz der prachtvollen Ausstattung des Grabes sowie die Wahl des Bestattungsplatzes, der möglicherweise durch die Angreifer eingeschränkt wurde und im Normalfall an einem anderen, außerhalb der Stadt gelegenem Ort stattgefunden hätte. Woolley 1952, S. 251. Ein solches Szenario ist jedoch unwahrscheinlich, nicht zuletzt da 605 wohl ein Überraschungsangriff und keine Belagerung stattfand. Redford 1992, S. 453–454 (BM 21946). 304 Mit Ausnahme von Loon 1985, S. 34. 305 Woolley 1952, S. 255–257; Güterbock 1954, S. 113–114; Mellink 1954, S. 250; Bittel 1964, S. 127– 128; Seidl 1972, S. 41–43. 306 Eine weitere Erklärung für die Überbrückung dieses Zeitraums bietet Seidl 1972, S. 43 an, nach der sie Bestandteile eines Tempelschatzes gewesen sein könnten. Alternativ wäre ein geplündertes Herrschergrab im Zuge der assyrischen Übernahme der Stadt 717 als Quelle des Schmucks denkbar. 307 Seidl 1972, S. 16, Anm. 5; Loon 1985, S. 34, Anm. 131. Vgl. Riis 1948, S. 29, Abb. 17, 59, Abb. 61 (hier: Abb. 100). Siehe außerdem Lehmann 1996, S. 139, der die Funde älter als die von ihm behandelten (ab ca. 800) einschätzt und nicht in seinen Katalog aufnimmt. Mellink 1954, S. 250 spricht sogar von „pre-1200 phase“, nennt aber keine Vergleichsbeispiele. 308 Vgl. Woolley 1939, Taf. XXII, K 1; Al Bahloul et al. 2005, S. 1002–1004, Taf. 5a, 6b, 12c; Tenu et al. 2005, Abb. 10.

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men mit den neuen Grabungen auf, während der in der unmittelbaren Umgebung des „Goldgrabes“ ein Fußboden der Spätbronzezeit II gefunden wurde, in welchem sich eine umgedrehte Schale sowie ein in Stücke gehauenes Pferdeskelett befanden, welche möglicherweise dem Kontext des Grabes zuzurechnen sind. Nach Meinung des Ausgräbers N. Marchetti bedarf es jedoch weiterer Beweise, um die Datierung C. L. Woolleys revidieren zu können. 309 Demnach verbleibt vorläufig als einziges Argument für eine Entstehung des Grabes im 7. Jh. die stratigraphische Zuordnung durch C. L. Woolley. Im archäologischen Befund zeigen sich mehrere Parallelen zu eisenzeitlichen Elitegräbern des östlichen Syriens: Die Anlage des Grabes in einem kleinen, vermutlich aus einem Raum bestehenden Gebäude innerhalb der Stadtmauern, die Verbrennung eines oder mehrerer Möbelstücke zusammen mit der verstorbenen Person sowie die Absenz von Waffen und Spinnwirteln bilden Parallelen zu den Gräbern des Tell Ḥalaf. Im Gegensatz dazu fehlen das Sitzbild über dem Grab, welches eventuell zerstört oder verschleppt worden sein könnte, sowie die Kremation an Ort und Stelle. Allerdings war der Grabschacht noch mit Asche gefüllt, was sonst nicht von den Kremationsgräbern außerhalb von Karkamiš berichtet wird. Mit der Einbettung in bzw. der Abdeckung des Grabgefäßes durch je einen Krater zeigt sich jedoch ein charakteristisches Element der lokalen, auf die Stadt Karkamiš sowie die nähere Umgebung beschränkten Bestattungstradition. Die Abdeckung mit einem Krater weist nach Ansicht der Ausgräber von Tell Šiyuḫ Fawqānī dort auf die Bestattung einer erwachsenen Person hin, 310 und könnte nach bisherigem Kenntnisstand auch auf die Gräber in Yunus zutreffen. Die Kalksteinplatten aus dem Schacht könnten dagegen eventuell mit den Steinen mit Napflöchern aus Maskana oder Tell an-Naṣrīya verglichen werden, wobei letzterer nach Ansicht von A. Tenu entweder divinatorischen Praktiken oder Libationszwecken diente. 311 4.1.4.2 Topfgrab 15 auf der Akropolis Im Gegensatz zu diesem spät in der Eisenzeit zu datierendem Grab stammt das antik gestörte Topfgrab 15 auf der Nordwestseite der Akropolis wahrscheinlich aus einer früheren eisenzeitlichen Epoche, falls sich die Rekonstruktion von Gioacchino Falsone und Paola Sconzo anhand der stratigraphischen Angaben C. L. Woolleys als zutreffend erweist. 312 Demnach lassen sich unter dem als „Kubabatempel“ bezeichneten Gebäude zwei weitere Bauphasen nachweisen, wobei sich das Topfgrab in der unteren der beiden Schichten befand. C. L. Woolley ordnete das Gebäude der Zeit Kamanis, d.h. dem 8. Jh., und das Grab der chalkolithischen Periode zu  –  was nach heutigem Forschungsstand als frühbronzezeitlich zu betrachten wäre –, doch die Existenz eines eisernen Nagels an der Außenseite des Gefäßes kann nicht ohne Weiteres durch das von ihm vorgebrachte Infiltra309 310 311 312

Marchetti 2016a, S. 366, Abb. 5–6. Bachelot et al. 2002, S. 20. Tenu 2012. Siehe Abschnitte 5.3.3 und 8.2.2.8. Woolley 1952, S. 216, Taf. 54b, 55a–b, 62a 6; Falsone und Sconzo 2007, S. 76.

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Karkamiš

tionsargument beiseite geschoben werden, 313 zumal er zugeben muss, dass der Nagel sich unwiderruflich unterhalb der Schicht befand, die von den antiken Störungen betroffen war. 314 Lediglich ein weiteres frühbronzezeitliches Topfgrab, Nr. 14, ist in diesem Bereich gefunden worden, während alle weiteren aus dem Südwestteil der Akropolis stammen. 315 Der Boden des Grabes war mit Steinen bedeckt. Aufgrund antiker Störungen, vermutlich durch die zweite eisenzeitliche Bauphase an dieser Stelle, waren der Topf selbst und eine darin gefundene Schale zerbrochen. Außerdem enthielt der Topf neben den Rippenknochen und Schlüsselbeinen der verstorbenen Person Fragmente eines möglichen dritten Keramikgefäßes, zwei Spinnwirtel aus Ton, zwei bronzene Armbänder sowie eine große Anzahl von Perlen. Diese Beigaben sind – bis auf das Material der Spinnwirtel 316 – für die eisenzeitlichen Gräber von Yunus und Tell Šiyuḫ Fawqānī typisch, nicht jedoch für die frühbronzezeitlichen Gräber von Karkamiš, und scheinen auf die Bestattung einer weiblichen Person hinzudeuten. Zudem verweist auch die Form des Topfes auf eine eisenzeitliche Entstehung des Grabes. 317 4.1.4.3 Vermutetes Grab am Herald’s Wall Ein weiteres eisenzeitliches Grab im Stadtgebiet von Karkamiš sollte sich einer These A. Giliberts nach unter den fünf massiven Basaltzylindern am Herald’s Wall befinden. Dafür sprächen architektonische Indizien, die hohe Dichte an Totendenkmälern in der Innenstadt sowie vor allem die Parallelen zum Steinkistengrab auf dem Burghügel von Sam’al. 318 Da sich jedoch inzwischen herausgestellt hat, dass das Grab aus Sam’al sehr wahrscheinlich bronzezeitlich zu datieren ist, 319 handelt es sich demzufolge bei der Struktur von Karkamiš aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls nicht um ein eisenzeitliches, sondern

313 314 315 316

Falsone und Sconzo 2007, S. 76. Woolley 1952, S. 216. Woolley 1952, S. 214, 216. Die Spinnwirtel aus Yunus bestehen, sofern angegeben, alle aus Steatit. Woolley 1939, S. 21–37. Die Spinnwirtel aus den bereits publizierten Gräbern von Tell Šiyuḫ Fawqānī sind aus Stein gefertigt, darunter vermutlich mehrere Exemplare aus Kalkstein, ebenso wie die aus Rās al-Bassīṭ, wo Steatit und Hämatit verwendet wurden. Al-Bahloul et al. 2005, S. 1015–1016; Courbin 1993, S. 72. Für die Spinnwirtel aus Ḥamā wurde dagegen meist Knochen sowie manchmal Stein, insbesondere Steatit, verwendet. Es existiert jedoch ein Exemplar aus Ton aus der Sondage 3 in Ḥamā, welches vermutlich in die Eisenzeit datiert werden kann. Zwar wurden in dieser Sondage ähnliche Funde gemacht wie in den Kremationsnekropolen, es kamen jedoch keine verbrannten Knochen zutage. Riis 1948, S. 16, 171, 258. Eisenzeitliche Spinnwirtel aus Ton in nicht-funerären Kontexten konnten bspw. in Tell Sūkās, Ḥamā und Zincirli geborgen werden. Buhl 1983, S. 97, Nr. 619–620; dies. 1990, S. 210–212, Nr. 757, 760, 776; Herrmann 2011, S. 372. 317 Falsone und Sconzo 2007, S. 76. 318 Gilibert 2007, S. 54. 319 Siehe Abschnitt 6.1.2.1.

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um ein bronzezeitliches Grab. Allerdings befanden sich alle bisher entdeckten Steinkistengräber von Karkamiš unter frühbronzezeitlichen Häusern auf der Akropolis. 320

4.1.5

Extramurale Gräber der Eisenzeit

4.1.5.1

Gräber vor dem Süd- und Westtor der Innenstadt

Bereits bei seiner ersten Besichtigung von Karkamiš 1908 registrierte D. G. Hogarth „altar-tombs“ entlang der Straße vor dem Südtor der Innenstadt. 321 Da mit den „Altären“ nachweislich luwisch beschriftete Stelen mit Zinnenfries gemeint sind, 322 kann vermutet werden, dass es sich bei diesen „Altar-Gräbern“ um eisenzeitliche Gräber mit entsprechenden Stelen handelte. Ein Indiz für diese Vermutung stellt die Erwähnung von „altartombs“ sowie unbeschrifteten Sarkophagen auf dem Gelände von Yunus dar, 323 wo während der regulären Ausgrabungen luwisch beschriftete Grabstelen sowie eisenzeitliche, hellenistische und spätrömisch-byzantinische Gräber gefunden worden sind. 324 Allerdings ist auch die Wiederbenutzung einer dieser Stelen in byzantinischer Zeit dokumentiert. Für die Existenz vergleichbarer Stelen und vermutlich auch Gräber vor dem Südtor spricht die an diesem Tor gefundene Stele mit luwischer Inschrift. 325 In einem späteren Artikel beschreibt D. G. Hogarth, dass sich auch entlang der Straße vor dem Westtor der Innenstadt Gräber befunden haben sollen. 326 Aufgrund der vermutlichen Errichtung der Außenmauer während der neuassyrischen Zeit, 327 wäre es plausibel anzunehmen, dass diese Gräber zum Zeitpunkt ihrer Entstehung außerhalb der Stadt lagen. Ein dokumentiertes Grab dieses Gebietes stellt eine Erdgrube am äußeren Turm des Westtors der Innenstadt dar, bei dem es sich um die Körperbestattung eines Kindes handelt. 328 Aufgrund der Fundsituation kann das Grab erst nach der Zerstörung des Lehmziegelmauerwerks des Torturms entstanden sein. Diese Zerstörung steht jedoch vermutlich nicht in einem direkten zeitlichen Zusammenhang mit der Blockierung des Durchgangs durch ein unsorgfältig angelegtes Lehmziegelmauerwerk, welches die Zahl der Tore der inneren Stadtmauer von Karkamiš auf zwei reduzierte, da innere und äußere Torkammer zu diesem Zeitpunkt bereits verfallen waren und unterhalb der späteren Blockademauer eine Wasserleitung angelegt wurde. 329 Keramikscherben vom Bau dieser Leitung spiegeln nach 320 321 322 323 324 325 326 327 328 329

Woolley 1952, S. 218. Hogarth 1909, S. 166–167. Hogarth 1914, S. 28. Hogarth 1909, S. 172. Woolley 1939; Wolley 1952, S. 214. Siehe Abschnitt 4.1.3.5.2. Hogarth 1911–1912, S. 363. Marchetti 2012a, S. 142. Woolley 1921, S. 80. Woolley 1921, S. 79.

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Karkamiš

C. L. Woolley sowohl die Keramik aus der späten Phase von Karkamiš als auch die von Deve Höyük II (ca. 5. Jh.), aber auch älterer Phasen wider. 330 Trotzdem nimmt C. L. Woolley aufgrund der differierenden Pfeilspitzen aus dem Torbau an, dass dies nicht während der Eroberung durch neubabylonische Truppen von 605 passiert sein kann, sondern bereits früher geschehen sein muss und datiert die Zerstörung des Außenturms sowie die Anlegung des Grabes in das 7. Jh, 331 was angesichts des widersprüchlichen Keramikbefundes jedoch fraglich erscheint. Die Knochen des Kindes wurden disartikuliert aufgefunden, was auf eine antike Störung hindeuten könnte. 332 Neben vier Rollsiegeln enthielt das Grab eine Anzahl von Perlen, deren Anordnung anscheinend noch nachvollziehbar war, einen Ring, einen Ohrring, eine Scheibe aus Bronze ebenso wie eine Muschel und eine Knochennadel. Darüber hinaus könnte die kleine Kalksteinstele (Höhe 9,5 cm) am äußeren Torturm mit der geritzten Darstellung einer sitzenden Figur diesem Grab zugeordnet gewesen sein. 333 Sie ist jedoch ins 9.  Jh. datiert worden 334 und stellt vermutlich einen Mann auf einem Hocker dar, wobei der linke Arm erhoben ist und der rechte ein Objekt, eventuell einen Dolch, hält. 335 Ihr Stil erinnert stark an eine kleine Stele mit Ritzzeichnung aus Yunus, die ebenfalls ins 9. Jh. datiert worden ist. 336 Falls sie nicht zu diesem Grab gehört haben sollte, was aufgrund der Diskrepanz zwischen C. L. Woolleys Datierung und der der Stele wahrscheinlich ist, könnte sie eine Grabstele der von D. G. Hogarth registrierten Gräber gewesen sein. 4.1.5.2

West Gate Cemetery

Der sog. West Gate Cemetery ist, wie der Name impliziert, im Bereich vor dem äußeren Westtor während des Baus der Bagdadbahn zufällig gefunden worden. Zwar konnten dort keine regulären Ausgrabungen stattfinden, da das Gelände außerhalb der Konzession C. L. Woolleys lag, 337 was diesen jedoch nicht davon abhielt, einige Fundgruppen zu erwerben. Im Rahmen der wieder aufgenommenen Grabungen sind in diesem Bereich fünf weitere Gräber gefunden worden, mindestens drei davon Kremationen. Im Zuge dessen ist erkannt worden, dass sich die Fläche des Gräberfeldes wohl vom Gebiet außerhalb des Stadttores bis zum ursprünglich innerhalb der Stadtmauern errichteten Haus A erstreckte, in dessen Ruinen ebenfalls Gräber, allerdings Körperbestattungen, gefunden

330 331 332 333 334 335 336 337

Woolley 1921, S. 80; ders. 1952, S. 234–235. Woolley 1921, S. 78–81. Lehmann 1997, S. 139. Woolley 1921, S. 80, Abb. 18; Orthmann 1971, S. 516, Karkemis K/32; Genge 1979, S. 116; Voos 1986, S. 101, Kat.-Nr. 53. Genge 1979, S. 116. Voos 1986, Kat.-Nr. 53. Woolley 1939, S. 14; Orthmann 1971, S. 517, Karkemis L/2; Bonatz 2000a, S. 18, Taf. XX, C 18. Siehe Abschnitt 4.1.5.3.7. Woolley 1939, S. 12.

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worden sind. Es ist daher mit einer Benutzung des Gräberfeldes ca. vom späten 8. bis mindestens zum 6. Jh. zu rechnen. 338 4.1.5.2.1 Kremationsgräber Unter den von C. L. Woolley erworbenen Objekten befand sich das Grabinventar einer von ihm als Jungen eingeschätzten Person, welches neben der Urne ein Albarelloförmiges Gefäß,  d.h.  zylindrisch mit leicht konkaver Wandung, enthielt, der mit zwei Pfeilspitzen, drei Waffen- und Werkzeugminiaturen aus Eisen, drei Fibeln sowie zwei Bronzeornamenten gefüllt war. Um die Urne herum waren vier Pferdefigurinen und zwei Miniaturtöpfe gruppiert. 339 Angesichts der Korrelation von Pfeilspitzen und – fortgeschrittenem – Alter der Bestatteten in Tell Šiyuḫ Fawqānī und Ḥamā überrascht die o.g. Altersbestimmung, da stattdessen ein Jugendlicher oder Erwachsener zu erwarten gewesen wäre. Außerdem stammen ein Urnendeckel, bemalt mit Zeichen, die C. L. Woolley für eine hieroglyphenluwische Inschrift hielt, sowie eine Steatitschale mit Rosette auf der Basis vom West Gate Cemetery. 340 Festzuhalten bleiben die ungefähr gleiche Datierung des Gräberfeldes im Verhältnis zu Yunus, d.h. ins 8. bis 7. Jh. 341 Des Weiteren sind drei der fünf neu entdeckten Gräber, G.456a, G.456b und G.461, publiziert worden, die alle ins 7. Jh. datiert werden. 342 Grab G.456 bestand aus zwei übereinander gesetzen Töpfen als Urne, welche die Kremationsbestattung eines Kindes sowie die eines 30 bis 35 Jahre alten Erwachsenen enthielt. Zum Grabinventar des Kindes gehörten ein großer sowie ein Miniaturkrug, eine Miniaturschale, zwei Bronzefibeln und ein goldener Ohrring, während das Grab des Erwachsenen zwei Krüge, eine Basaltschale sowie 40 kugelförmige Steine, vielleicht Gewichte oder Werkzeuge, enthielt. 343 Das Grabgefäß von G.461 dagegen, ein Krater, befand sich unter einer Keramikwanne und war mit einer Schale abgedeckt. An Beigaben für den vermutlich 40–60 Jahre alten Mann konnten lediglich ein Kalksteinwerkzeug sowie ein Bronzehaken festgestellt werden. 344 Somit unterscheiden sich die hier gefundenen Gräber bislang nicht von den Gräbern in Yunus.

338 Bonomo und Zaina 2014, S. 137; dies. 2016. Bonomo und Zaina 2016, S. 11 beziehen auch das 5. Jh. mit ein. 339 Woolley 1914, S. 95. 340 Woolley 1914, S. 97; ders. 1939, S. 18, 20, Taf. XVII, a; Mazzoni 2005, S. 58. 341 Woolley 1939, S. 18. 342 Bonomo und Zaina 2016, S. 10, Anm. 17. 343 Bonomo et al. 2012; Bonomo und Zaina 2014, S. 141, Abb. 4.7–8; dies. 2016, S. 3–8, Abb. 2–3, Taf. III, V–VI. 344 Bonomo und Zaina 2014, S. 138, Abb. 7; dies. 2016, S. 9–10, Abb. 2, 4–6, Taf. IV, VII–VIII.

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Karkamiš

4.1.5.2.2 Inhumationsgräber In und am Haus A im nordwestlichen Bereich der Außenstadt von Karkamiš, von N. Marchetti als elitäres Anwesen bezeichnet, sind zwei Topfgräber entdeckt worden. 345 Das im Raum 2 des Hauses befindliche enthielt die unverbrannten Überreste eines Erwachsenen in einer großen, handgefertigten Urne, die nach C. L. Woolley relativ kurz nach der Zerstörung des Hauses – d.h. wahrscheinlich im Anschluss an die neubabylonische Eroberung von 605 – hier deponiert worden sein soll. Beigaben werden nicht erwähnt. Dagegen ist es, wiederum nach Meinung des britischen Archäologen, für die Urne vor dem Haus, die die unverbrannten Knochen eines Kindes barg, weniger eindeutig, aber immer noch sehr wahrscheinlich, dass sie ebenfalls aus der Zeit nach der Zerstörung des Hauses stammt. Sie war an den Mauern und teilweise darunter platziert und beinhaltete zwei eiserne Armspangen, zwei Bronzeohrringe, einige Perlen sowie ein Augenamulett. Bei dem Gefäß handelt es sich um einen „typically late type of urn“, 346 was für ein Entstehungsdatum etwa analog zu den Gräbern von Yunus sprechen könnte. Dem kann jedoch entgegengehalten werden, dass sie bereits vor ihrer endgültigen Verwendung zerbrochen und notdürftig mit den Scherben anderer Urnen wieder zusammengesetzt worden war. Etwa 15 m entfernt von Haus A in Richtung Ostnordost fand sich ein Doppelwannengrab mit zwei auf der Seite liegenden, gegeneinander gelegten Wannen des gleichen Typs wie in Yunus. 347 Die Gesamtlänge des darin entstandenen Hohlraumes betrug 1,95 m. Im Inneren befanden sich ein großer Topf oder eine Urne, ein leicht gebrannter Ziegel, eine Glasperle sowie ein unverbrannter Schädel, der am östlichen Ende lag. Neben dem Grab stand ein Tonkrug, der mit einer Schale bedeckt war. C. L. Woolley schreibt dieses Grab der Phase nach dem Fall von Karkamiš 605 zu. Da es sich bei den Wannen um speziell für Gräber hergestellte Keramik handelte, sollte aber die Möglichkeit einkalkuliert werden, dass die Verwendung der Wannen zeitgleich zu ihrer Verwendung in den Kremationsgräbern erfolgt sein könnte. Einer der aktuellen Ausgräber, Federico Zaina, geht ebenfalls von einer postassyrischen Datierung ins 6. Jh. oder sogar bis ins 5. Jh. aus, äußert sich jedoch nicht zum Problem der Parallelen der Keramik aus den Kremationsgräbern. 348 4.1.5.2.3 Stele mit Inschrift KARKAMIŠ A. 18h Die Basaltstele des Ziti mit der Inschrift KARKAMIŠ A. 18h (1,25 × 0,64 m, Abb. 52) ist verbaut in einem römischen Haus in der Nähe des Bahnhofs der Bagdadbahn, außerhalb der äußeren Stadtmauer, gefunden worden und stammt daher vielleicht aus dem West 345 Woolley 1921, S. 118–119, Abb. 36; Lehmann 1996, S. 139; Marchetti 2012a, S. 142; Zaina 2019, S. 901, 909. 346 Woolley 1921, S. 119. 347 Woolley 1921, S. 119, Taf. 20, Abb. c. 1, 3; Lehmann 1996, S. 140. 348 Zaina 2019, S. 901 (6. Jh.), 909 (5.–6. Jh.).

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Abb. 52: Stele mit Inschrift KARKAMIŠ A. 18h vom West Gate Cemetery.

Gate Cemetery. 349 Sie ist bis auf den abgeschlagenen Zinnenfries am oberen Rand vollständig erhalten: §1 §2 §3 §4 §5

„This stele (is) of Zitis the Sun-blessed person. I received my allocation of days, and ... I went away WAWARAMIS (dead?). (He) who stands for TARPI-, against him (may) the gods litigate!“ 350

Die Umschreibung in Zeile drei ist als eine euphemistische Umschreibung für „ich starb“ aufzufassen und findet sich ebenfalls in KULULU 1, § 15. 351 Falls der hier genannte Ziti mit dem in der Inschrift KARKAMIŠ A. 5a als Vater bezeichneten identisch sein sollte, so ist die Stele dementsprechend früher im 8. Jh. anzusiedeln. Auch hier gilt wie bei der Inschrift des potenziellen Sohnes Zahanani, dass „sun-blessed person“ als gouverneurs-

349 Woolley 1921, S. xi, 50, Anm. 1, Taf. A. 18h; Voos 1986, S. 129–131, Kat.-Nr. 89; Hawkins 1989, S. 193, 196 (lies KARKAMIŠ A. 18h); ders. 2000, S. 180–181, Taf. 63; Klinger 2011, S. 74–75. 350 Hawkins 2000, S. 181, § 2 nach Melchert 2004, S. 376. 351 Hawkins 2000, S. 181; ders. 2015, S. 51 (lies KARKAMIŠ 18h).

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Karkamiš

ähnlicher Titel aufzufassen ist. 352 Der Fund der Stele in der Nähe des West Gate Cemetery deutet darauf hin, dass zumindest ein Teil der Oberschicht von Karkamiš außerhalb der Stadtmauern bestattet wurde. 4.1.5.3

Yunus

Auf dem ca. 100 m nordwestlich des Stadtgebietes von Karkamiš gelegenen Hügel, nach dem damaligen Namen des nahegelegenen Dorfes Yunus (heute Eminlik) genannt, 353 getrennt durch zwei kleine Euphratzuflüsse, konnte bereits von D. G. Hogarth 1908 ein weiteres eisenzeitliches Gräberfeld mit 136 Gräbern lokalisiert werden. Er bezeichnete die Gräber als „altar-tombs“, wobei mit „Altären“ Stelen mit luwischen Inschriften gemeint sind, d.h. die Beziehung zwischen Grab und Stelen ist für ihn zweifelsfrei erkennbar gewesen. 354 Aufgrund des dort gelegenen modernen Friedhofs sind hauptsächlich die unteren Bereiche des südlichen und westlichen Abhangs sowie manche Zwischenräume der Gräber im oberen Bereich des Hügels untersucht worden. Erschwerend hinzu kam das Ausgreifen des türkischen Unabhängigkeitskrieges auf die Region 1921 in dessen Zuge die geplante Aufnahme der noch vor Ort verbliebenen – und teilweise verloren gegangenen – Objekte mithilfe von Fotografien unvollständig blieb, weshalb auch die endgültige Publikation von 1939 mit Lücken behaftet ist. 355 Seit Aufnahme der neuen Grabungen sind in Yunus bisher weitere 30 Gräber auf dem Hügel (G.1221–6102) gefunden worden. 356 4.1.5.3.1 Datierung Die Datierung der von der britischen Expedition untersuchten Gräber ist umstritten. C. L. Woolley hat sie vom Ende des 8. bis zum Ende des 7. Jh., einige davon möglicherweise bis zu einem Jahrhundert früher, datiert. 357 Die spätere Analyse der Siegel ergab ein Alter von ein oder zwei Generationen um 700, 358 während Gunnar Lehmann die Keramik bis maximal um 700 eingeordnet hat. 359 Laut den frühen Grabungsergebnissen aus Karkamiš fand sich jedoch in den Häusern der Außenstadt, von denen angenommen wird, dass sie erst 605 zerstört wurden, keine zu Yunus passende Keramik, welche aber keine reine Grabkeramik darstellte, wie Funde an anderen Stellen von Karkamiš belegen. Demzufolge müssten die 352 Lipiński 1974, S. 45–47; Goedegebuure 2009; Weeden 2010, S. 45. 353 Da in der Forschung jedoch bisher nur von Yunus gesprochen bzw. geschrieben wird, wird der alte Name beibehalten, um Missverständnisse zu vermeiden. 354 Hogarth 1909, S. 172. 355 Woolley 1939. Zur Lage, siehe Woolley 1920 zwischen S. 80 und S. 81. Vgl. Bonomo 2016, S. 10–68, 219–373. 356 Marchetti ohne Jahr; Bonomo 2016, S. 69–109. 357 Woolley 1939, S. 17–19. 358 Boardman und Moorey 1986. 359 Lehmann 1996, S. 26, Tab. 2.4.1., 34, 96, 140.

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Karkamış bzw. Ǧarāblūs / Karkamiš

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Gräber eine gewisse Zeitspanne vor der letzten Belegungsphase dieser Wohnhäuser datieren. 360 Antonio Bonomo aus der türkisch-italienischen Mission ordnet sowohl von den neu gefundenen Gräber als auch von den bereits bekannten 5 bzw. 36 der Eisenzeit II und 23 bzw. 100 der Eisenzeit III zu; zwei der neuen Gräber bleiben undatiert. 361 Da die Gräber hügelaufwärts älter zu werden schienen, ist C. L. Woolley davon ausgegangen, dass die Nekropole bereits vor der Zeit, aus der die von ihm gemachten Funde stammen, etwa von 1200 an, benutzt wurde, vor allem da er die Einführung der Kremation als „Mitbringsel“ der sog. „Seevölker“ betrachtet hat, 362 wobei die Ergebnisse der 14 C-Analysen aus dem benachbarten Tell Šiyuḫ Fawqānī, dessen Gräber bis weit in die Spätbronzezeit hinein reichen, dies plausibel erscheinen lassen. 363 Während der neuen Ausgrabungen sind aber bisher keine älteren Gräber gefunden worden. 4.1.5.3.2 Bestattungsformen Insgesamt konnten während der Altgrabungen 136 Gräber entdeckt werden, von denen alle bis auf eines, YC 72, ein Erdgrab mit einer Körperbestattung, Kremationen enthielten. Unter den 135 Kremationsgräbern, deren verbrannte Überreste in Urnen oder anderen Keramikgefäßen deponiert waren, waren zwei Fälle, die unter einer Grababdeckung jeweils zwei Urnen enthielten (YB 29, YC 26) und eine Urne, die die Überreste von zwei Individuen, einem Kind und einem Erwachsenen, barg (YC 50). Die 30 publizierten neuen Gräber 364 enthielten soweit feststellbar jeweils nur ein Grabgefäß, aber in drei Gräbern fanden sich je zwei Bestattungen. Demzufolge ergibt sich eine Gesamtzahl von 171 Brandbestattungen. 365 Der Befund des Grabes YC 72 zeigt, dass direkt auf dem körperbestatteten Leichnam, der einem erwachsenen Individuum zuzuordnen ist, eine sehr kleine Urne ohne Inhalt, abgedeckt mit einer Schale aus Keramik, sowie eine feeding-bottle deponiert waren, so dass eine zufällige Gruppierung von Gefäßset und den sterblichen Überresten auszuschließen 360 Woolley 1952, S. 234; Moorey 1980, S. 5. 361 Bonomo 2016. Vgl. auch Marchetti 2016a, S. 364, Anm. 2. Die Periodisierung der Eisenzeit durch Bonomo 2016, S. 134 scheint durcheinander geraten zu sein: „Le tombe sono datata tra Ferro II (1300–1000 a.C.), Età del Ferro III (1000–700 a.C.) e fine Età ellenistica (500–300 a.C.).“ Vermutlich setzt er die Eisenzeit II 1000–700 und die Eisenzeit III 700–500 an. 362 Woolley 1939, S. 17–19. 363 Tenu 2013a, S. 424, Anm. 7. 364 Unklarheit herrscht bezüglich Grab G. 4032, da es nicht im Beschreibungs- und Katalogteil von Bonomo 2016 aufgeführt, aber auf S. 138 die Urne darin als intakt beschrieben wird und sowohl die Menschen- als auch die Tierknochen daraus eingehend analysiert werden. Es sind demnach wohl 31 Gräber gewesen. 365 Bezüglich der Altgrabungen: Aufgelistet sind 128 Gräber. Zu diesen sind 8 Gräber zu addieren, die sich anbei befanden und subsumiert wurden (YB 10, YB 49, 2 bei YC 7, YC 41, YC 59, YC 73, YH 3). Die beiden Gräber mit jeweils zwei gefüllten Urnen (YB 29 und YC 26) werden als distinkte Bestattungen gewertet, da im Gegensatz zu Tyros al-Baṣṣ in Nordsyrien und Südostanatolien Bestattungen mehrerer Individuen in einer Urne belegt sind (in Yunus YC 50), Bestattungen von einem Individuum in zwei Urnen bislang hingegen nicht.

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Karkamiš

ist. 366 Ein vergleichbarer Fall liegt mit Grab 2592 im benachbarten Tell Šiyuḫ Fawqānī vor, mit dem Unterschied, dass sich in jener Urne verbrannte Überreste befanden. Ähnlich wie bei Topfgrab 15 auf der Akropolis können bei YC 72 typische Elemente einer Brandim Kontext einer Körperbestattung beobachtet werden, was eine zumindest kurzfristige Gleichzeitigkeit der unterschiedlichen Bestattungsformen nahelegt, ohne dass der von den Ausgräbern Tell Šiyuḫ Fawqānīs geäußerte Verdacht einer Vorzeitigkeit der Körperbestattungen verifiziert oder falsifiziert werden kann. 367 Zum Zeitpunkt der Abfassung der Endpublikation konnte sich C. L. Woolley nicht mehr daran erinnern, ob die verschiedenen Bezeichnungen für den Zustand der verbrannten Knochen – „burnt“, „charred“, „calcined“ sowie „ashes“ – in den Grabungsnotizen von Yunus den tatsächlichen Grad der Verbrennung reflektieren, wie es in dem ebenfalls von ihm dokumentierten Yurtbağı der Fall war. 368 Da sich ähnliche Erscheinungen in Yurtbağı, Tell Šiyuḫ Fawqānī, Tell an-Naṣrīya sowie in Rās al-Bassīṭ 369 feststellen lassen, reflektieren diese Beschreibungen wohl tatsächlich die jeweiligen Verbrennungsgrade: Demnach wären 42 der Urneninhalte „verbrannt“ (ca. 55 %), 12 „verkohlt“ (ca. 16 %), 7 „kalziniert“ (ca. 9 %) und 15 „Asche“ (ca. 20 %). Bedeutet dies, dass sich auch hier manche der Leichname noch im anatomischen Verband befanden, als sie bestattet wurden? Unklar ist, ob es sich dabei um bewusste Abweichungen von der vollständigen Kremation handelte und falls ja, ob diese auf religionssomatologische Aspekte zurückzuführen sind. Daneben könnten auch technologische oder ökonomische Gründe eine Rolle gespielt haben. Die unterschiedlichen Farben der verbrannten Knochen aus den neuen Ausgrabungen werden nicht als Ausdruck verschiedener Verbrennungstemperaturen aufgefasst, sondern bei einer Temperatur von über 600°  C über einen längeren Zeitraum hinweg als Resultat von Körperlage, Körperbedeckung sowie Nähe zu Körperteilen mit hohem Gewebeanteil. 370 Außerdem fehlten die Knochen in vier Grabgefäßen, inklusive der Urne über der Körperbestattung, vollständig. 4.1.5.3.3 Alter und Geschlecht Der Befund zeigt, dass Kinder und Erwachsene gleichermaßen verbrannt wurden. Insgesamt 24 Kremationsbestattungen konnten bezüglich ihres ungefähren Alters identifiziert werden: Davon waren 13 Kinder und 11 Erwachsene, wobei im Fall von YC 50, G. 1705 und G. 1746 die Bestattung von einem Kind und einem Erwachsenen in derselben Urne nach-

366 367 368 369 370

Woolley 1939, S. 34. Tenu 2013a, S. 425. Woolley 1939, S. 20. Le Goff 1993, S. 128. Für die anderen Gräberfelder, siehe die Abschnitte 4.2.1, 5.2.3.2 und 8.2.2.2. Bonomo 2016, S. 148.

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gewiesen wurde, während G. 4063 zwei erwachsene Bestattungen enthielt. 371 Das jüngste Individuum wurde zwischen 0 und 3 Jahren bestimmt, d.h. ob Neugeborene ebenfalls kremiert wurden, bleibt vorläufig unklar. Allerdings wäre zu erwarten, dass mehr Kleinkinder identifiziert worden hätten müssen, falls Neugeborene ebenfalls kremiert wurden. Auch im Brandgräberfeld des benachbarten Tell Šiyuḫ Fawqānī sind Kinder, insbesondere Säuglinge, vermutlich unterrepräsentiert, d.h. an anderer Stelle bestattet. Das älteste Individuum, eine Frau, war älter als 50 Jahre. Betreffend des Geschlechts konnten vier oder fünf erwachsene Frauen und vielleicht ein Mann identifiziert werden. In der einzigen sicheren Frauenbestattung der Altgrabungen (YC 62) fanden sich drei Spinnwirtel als Beigaben, die insbesondere im eisenzeitlichen Nordsyrien und Südostanatolien als spezifische Beigabe für weibliche Personen angesehen werden. Insgesamt fanden sich in 25 Gräbern mindestens 77 Spinnwirtel. 372 Dies ist zusammen mit Tell Šiyuḫ Fawqānī prozentual die höchste Anzahl von Gräbern mit Spinnwirteln in diesem Gebiet in der Eisenzeit. 373 Davon ausgehend, dass die Hälfte der Gräber Frauen zuzuordnen ist, hätten mehr als ein Drittel der Bestatteten Spinnwirtel erhalten. Im Gegenzug befanden sich jedoch in zwei Fällen Spinnwirtel in einem Grab zusammen mit Pfeilspitzen, die, ebenso wie andere Waffen oder Rüstungsteile, als Indikator für die Anwesenheit männlicher Verstorbener betrachtet werden. Da eines dieser zwei Gräber (YC 50) jedoch zwei Individuen enthielt, ist es möglich, dass auch in der Urne des Grabes YB  9 zwei Personen verschiedenen Geschlechts bestattet worden sein könnten. Lediglich das Grab YB 31 enthielt mit einer Speerspitze eine Waffe ohne gleichzeitig Spinnwirtel zu beherbergen. Aufgrund der in Yunus gefundenen Stelen kann jedoch geschlussfolgert werden, dass es sich bei mindestens drei der hier Bestatteten um Männer handelte, auch wenn ihre Gräber natürlich nicht zwangsläufig im veröffentlichten Korpus enthalten sein müssen. 374 Auf mindestens zwei in Yunus gefundenen Stelen ist ein Mann dargestellt. Bisher sind keine Stelen vor Ort gefunden worden, die eine Frau darstellen oder nennen. Allerdings liegt mit dem Stelenfragment mit der Inschrift KARKAMIŠ A. 16f ein Exemplar der Grabstelen mit treppenartiger Zinnenbekrönung vor, welche bislang nur auf Grabstelen von Frauen gefunden worden ist.

371 Bonomo 2016, S. 140, Tab. 3. Nicht verwendet wurden die anthropologischen Daten zu acht Individuen der Verfüllungen, bei denen nicht klar ist, ob sie zu einem Grab gehören oder nicht, und falls ja, zu welchem. Es handelt sich um zwei Kinder, vier Jugendliche und zwei Erwachsene, von denen ein Individuum vermutlich weiblich war. Hinzugezählt wurde dagegen Grab G. 4032, das im Beschreibungs- und Katalogteil fehlt. 372 Die Zahl der Spinnwirtel aus Grab YB 52 („several“) und YC 50 wird nicht angegeben und daher jeweils als mindestens 2 gewertet. Woolley 1939, S. 31. 373 Yunus: 15 % (25 von 165 Gräbern), Tell Šiyuḫ Fawqānī 15 % (2 von 13 Gräbern), Rās al-Bassīṭ 11 % (5 von 47 Gräbern), Ḥamā 3 % (54 von 1674 Gräbern). 374 Da C. L. Woolley jedoch erwähnt, eine der Bildstelen mit der Darstellung eines Mannes während der Ausgrabungen gefunden zu haben, wäre es möglich, dass das Grab dieses Mannes ebenfalls ausgegraben wurde. Woolley 1939, S. 14, Taf. III, 2.

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4.1.5.3.4 Grabgefäße und -abdeckungen Neben den mehrheitlich benutzten, häufig bemalten Urnen sind auch Kratere, ebenfalls häufig bemalt, Krüge, Töpfe und Schalen als Behälter für die Kremationen in Yunus verwendet worden. Die Urnen waren relativ gleichförmig gestaltet und lassen sich typologisch durch das Vorhandensein von Henkeln sowie der Form ihrer Basis unterscheiden. 375 Das Grabgefäß war in 62 Fällen (ca. 40 %) direkt „verschlossen“, d.h. die Urnenöffnung wurde mit einem Objekt, meistens einem Teller oder einer Schale, bedeckt. In einem Fall muss der Deckel der Urne aus einem Holzstück bestanden haben, welches mit Steinen bedeckt wurde und im Laufe der Zeit zerfiel (YB 49); 376 eventuell war dies auch bei dem mit Steinen „versiegelten“ Gefäßen des Grabes G. 1908 der Fall. 377 Manche Schalen bestanden aus Kupfer bzw. Bronze und waren in zwei Fällen noch mit Leinen umwickelt (YC 50, 58). Die insgesamt sechs Metallschalen werden von C. L. Woolley in vier Fällen als „goldfarben“ beschrieben, 378 an früherer Stelle aber als vergoldet bezeichnet, 379 so dass eventuell die Möglichkeit besteht, dass die vier Exemplare, ähnlich wie eines aus Ḥamā, tatsächlich vergoldet waren. 380 Das Umwickeln der Urne mit Stoff wurde wohl häufiger praktiziert und ist im benachbarten Tell Šiyuḫ Fawqānī drei- oder viermal belegt, ohne dass dort Bronzeschalen zum Einsatz kamen. In Tell Ḥalaf dagegen war das Grabgefäß des südlichen der beiden Kremationsgräber mit einer Bronzeschale ohne Spuren von Stoff bedeckt. Die Kombination aus Bronzeschale und Stoffumwicklung ist nur noch in Ḥamā belegt. Aufgrund der Vergänglichkeit des Gewebes ist auch in Yunus mit weiteren stoffumwickelten Urnen als nur den damit dokumentierten zu rechnen. Außerdem ruhte das Grabgefäß in 70 Fällen (ca. 45 %) in einer Schale aus Basalt oder Keramik oder in einem zusätzlichen, aufrecht stehendem Krater, über den dann die umgedrehten Grababdeckungen gestülpt wurden. Eine solche Praxis ist lediglich hier und in Yurtbağı, nicht aber in anderen Brandgräberfeldern dokumentiert. Umgedrehte Keramikgefäße wie Kratere, Bassins 381 oder Wannen wurden über die Urne und manchmal das bzw. einen Teil des Grabinventars gestülpt, zum Teil auch in 375 376 377 378

Woolley 1939, S. 14. Woolley 1939, S. 15. Bonomo 2016, S. 94–95. YB 41, 47, YC 50, 58. Nicht bei YB 31, 37. Ähnlich die Beschreibung bei Moorey 1980, S. 148, Nr. 570 für eine Schale aus Yeşerti: „bronze; golden coloured surface“. Auch aus Deve Höyük berichtet C. L. Woolley von vergoldeten Bronzeschalen, die jedoch nicht mehr auffindbar bzw. identifizierbar sind. Siehe Abschnitt 4.2.4. 379 Woolley 1914, S. 95. 380 Siehe Abschnitt 8.1.3.2.4. 381 Bezüglich der Bassins, vgl. Abschnitt 5.2.3.4, S. 265, Anm. 118: In Tenu 2013a, S. 428 bezeichnet A. Tenu diese tiefen runden Gefäße aus Tell Šiyuḫ Fawqānī als „bath tubs“, ebenso wie Al-Bahloul et al. 2005. Hier wird dagegen die Bezeichnung „Bassin“ vorgezogen, um Verwirrungen mit den Bezeichnungen der Gefäße in Yunus – Woolley 1939 unterscheidet vor allem zwischen wannenförmigen „baths type A“ und den gerundeten „baths type B“ mit elliptischer Grundfläche – zu vermeiden, die von Tenu 2013a, S. 428 beide unter dem Begriff „bath tubs“ subsumiert werden. Wannenförmige Grababdeckungen („baths type A“) sind im Gegensatz zu Bassins in Tell Šiyuḫ

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Karkamış bzw. Ǧarāblūs / Karkamiš

Abb. 53: Grab YB 47 aus dem Gräberfeld von Yunus.

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Abb. 54: Grab YB 19 aus dem Gräberfeld von Yunus.

mehrfacher Ausführung. Insgesamt waren 110 (ca.  71  %) Gräber damit bedeckt, wobei sich darunter zweimal je zwei Urnen nebeneinander befanden (YB 29, YC 26), eine Praxis, die in Tell Šiyuḫ Fawqānī ebenfalls belegt ist (Grab 4026). 382 Sowohl die rechteckigen Wannen (Abb. 53) als auch die runden Bassins (Abb. 54) sind ausschließlich für ihre Nutzung als Grababdeckung hergestellt worden und ihre Produktion war angesichts ihrer Größe vermutlich sehr aufwändig und kostspielig. 383 Dabei steht weder die Mehrfachabdeckung eines Grabes noch die Verwendung einer Bronzeschale als Abdeckung in Relation zur Ausstattung des Grabes: Es wurden sowohl Gräber mit zahlreichen und / oder wertvollen Objekten als Grabbeigaben (YC 50, 58) als auch solche mit wenigen (YB  13, YC  71) oder gar beigabenlose Gräber (YC  57, 73) mit mehrfachen Grababdeckungen versehen. Eine analoge Verteilung zeigt sich bei den Gräbern mit Bronzeschalen. Auch bezüglich der Gräber mit Spinnwirteln, d.h. vermeintlich weiblichen Verstorbenen, lässt sich keine besondere Verteilung feststellen. Alle Typen von Grababdeckungen, Grabgefäßen und Basen finden sich auch über Gräbern mit SpinnFawqānī nicht belegt. Bassins waren häufig mit zwei Henkeln an den schmaleren Seiten versehen. Siehe Abb. 53–54. 382 Tenu und Bachelot 2005, S. 164. 383 Tenu 2013a, S. 428, 432. Die durchschnittliche Größe der Wannen betrug nach Woolley 1939, S. 15 130 × 60 × 50 cm, die der Bassins 120 × 80 × 60 cm.

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Karkamiš

wirteln als Beigabe, inklusive Mehrfachabdeckungen. Hinsichtlich des Materials konnten sowohl eine Metallschale (YB 41) als auch Basaltgefäße als Basen (YB 6, 41, YC 51, 62, 81) für diese Gräber verwendet werden. Die von C. L. Woolley aufgestellte Unterscheidung der Gräber in pot und bath burials ist, da er das Fehlen eines Abdeckungsgefäßes unberücksichtigt lässt, teilweise aufzugeben und durch eine modifizierte Variante des Modells zu ersetzen, das in Tell Šiyuḫ Fawqānī zur Anwendung kam, bei dem zwischen Urnen ohne Abdeckung, Urnen mit einem Verschluss – nur mit Schalen oder Tellern – sowie Urnen, die zusätzlich mit einem Krater, einem Bassin oder einer Wanne bedeckt sind, unterschieden wird. 384 Insgesamt sind lediglich 19 Grabgefäße (ca. 12 %) ohne Verschluss oder Abdeckung gefunden worden, was neben den Basisgefäßen den größten Unterschied zur Bestattungspraxis von Tell Šiyuḫ Fawqānī darstellt, wo von 139 Gräbern 79 unbedeckt waren (ca. 57 %). 385 Zudem ist die dortige Absenz einer wannenförmigen Abdeckung signifikant. Die Grababdeckung mithilfe eines Kraters stellte wahrscheinlich einen Indikator für das Alter der bestatteten Person dar, da er nie im Zusammenhang mit „reinen“ Kindergräbern auftritt. 386 Besser belegt ist dieses Verhältnis jedoch in Tell Šiyuḫ Fawqānī, wo eine entsprechende These von den Ausgräbern aufgestellt wurde. 387 Dies könnte möglicherweise auch auf die Begräbnisse unter Wannen zutreffen, nicht jedoch auf Bassins, unter denen sich auch zwei Kinderbestattungen fanden (YB 10, YC 74 B). Tabelle 4: Grababdeckungen in Yunus. Weder Verschluss noch Grababdeckung

19

Nur Verschluss ohne Grababdeckung

25

Kratere

32

Wannen

29

Bassins

26

Kombination mehrerer Grababdeckungen

7

384 Al-Bahloul et al. 2005, S. 999. Darüber hinaus müssen die weiteren Gefäßarten von Yunus sowie die Kombinationen von mehreren Grababdeckungen beachtet werden. Leider geht aus dieser Einteilung nicht direkt hervor, ob ein Grabgefäß mit einer Abdeckung einen Verschluss besaß oder nicht. 385 Siehe Abschnitt 5.2.3.4. 386 Bestattungen von Erwachsenen unter Krateren: YB 22, YB 37, YC 62. Alle 5 Kindergräber unter Nicht-Krateren: YB 10, YB 21 B, YB 41, YC 41, YC 74 B. Ausnahme: Krater über Urne mit Kind und Erwachsenem (YC 50). Natürlich können auch die vermeintlich unbedeckten Grabgefäße durch Objekte aus vergänglichem Material bedeckt worden sein. 387 Bachelot et al. 2002, S. 20.

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Karkamış bzw. Ǧarāblūs / Karkamiš Andere Keramikformen als Grababdeckungen Grababdeckungen insgesamt Ohne Angaben/Zerstört Insgesamt

193 16 110 11 165

4.1.5.3.5 Grabbeigaben Beigabenlose Gräber Insgesamt wurden 50 Gräber ohne zusätzliche Grabbeigaben,  d.h.  abgesehen von den Keramik- oder Bronzegefäßen zur Ummantelung der Urne, in Yunus entdeckt, was ca. 32 % aller Gräber entspricht. 388 Im benachbarten Tell Šiyuḫ Fawqānī liegt diese Zahl bei etwa 50 % und ist somit deutlich höher. 389 Unter den beigabenlosen Urnen von Yunus fanden sich nur Erwachsenen-, aber keine Kindesbestattungen – in Tell Šiyuḫ Fawqānī bislang eine –, während Urnen von Kindern grundsätzlich zahlreicher mit Grabbeigaben versehen wurden als die Erwachsener. 390 Des Weiteren ist auf die unverhältnismäßig hohe Zahl von beigabenlosen Gräbern mit einer Wannenabdeckung hinzuweisen (15 von 34, d.h. ca. 44 %), während die von Bassins bedeckten Gräber nur in 19 % der 26 Fälle sicher keine Beigaben enthielten. 391 Behandlung Bei einem Großteil der Gräber wurden Schmuck- und Kosmetikgegenstände, Siegel und Skarabäen, Waffen und Werkzeuge sowie andere kleinteilige Beigaben in der Urne gefunden. Sie wurden nach Ansicht C. L. Woolleys nicht mit dem Toten zusammen verbrannt, sondern auf der noch heißen Asche platziert, so dass sie zwar Brandspuren aufwiesen, aber nicht zerstört wurden. 392 Gegen diese Ansicht ist einzuwenden, dass die Asche beim Einsammeln wieder so weit abgekühlt sein müsste, dass sie keine Brandspuren mehr hinterlassen haben könnte. 393 Infolgedessen ist anzunehmen, dass die Objekte in der Urne zusammen mit dem Leichnam verbrannt wurden, was bislang den neueren Ergebnissen

388 Zu einem (kleinen) Teil kann dies auf Plünderungen oder spätere Gräber zurückgeführt werden. 389 Siehe Abschnitt 5.2.3.5. 390 Woolley 1939, S. 16. Eine Ausnahme von dieser Regel bildet dabei YC 50 (mit Kind und Erwachsenem). 391 In drei Fällen war das Grab zumindest teilweise zerstört (G. 4087, G. 6102, G. 1221), 18 mit Bassin bedeckte Gräber enthielten Grabbeigaben. 392 Woolley 1939, S. 16. 393 Riis 1948, S. 30.

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Karkamiš

aus Tell Šiyuḫ Fawqānī entspricht. 394 Vor allem Gegenstände aus Keramik, d.h. Gefäße und Figurinen, sind meist neben der Urne unter der Abdeckung gefunden worden, insgesamt 34-mal, in einigen Fällen aber auch außerhalb davon, ganz selten in der Urne. Auf der anderen Seite konnten nur bei acht Gräbern Gegenstände neben der Urne festgestellt werden, die nicht aus Keramik bestanden. Repertoire Zu den in den Gräbern von Yunus gefundenen Grabbeigaben zählen vor allem Keramikgefäße, aber auch Figurinen, Spinnwirtel, Astragali und Würfel, Schreibgriffel, selten Angriffs- und Verteidigungswaffen, Siegel, Schmuck, Kosmetikobjekte, Fibeln und Nadeln, Gewichte und Spielsteine sowie Skarabäen. Tierknochen sind nicht festgestellt worden, könnten jedoch aufgrund der einfacheren Untersuchungsmethoden jener Zeit trotzdem vorhanden gewesen sein. Keramikgefäße Keramikgeschirr stellt dabei die bei den meisten Gräbern (58) vorhandene Grabbeigabe dar. Am häufigsten waren darunter Krüge (16-mal), Flaschen (15-mal) Schalen (13-mal) und Teller (12-mal) zu finden, während Becher (5-mal), Töpfe, Kratere (je 4-mal) und andere nur eine untergeordnete Rolle spielten. Insgesamt scheint der Befund darauf hinzuweisen, dass vor allem flüssige Materie darin gelagert wurde bzw. zu den Grabbeigaben zählte. Bezüglich der sog. feeding-bottles, kleinen Krügen mit Ausguss im Bauchbereich, hat C. L. Woolley die Behauptung aufgestellt, dass sie auf die Bestattung eines Kindes hindeuten. 395 Diese These kann jedoch anhand des publizierten Materials weder bewiesen noch widerlegt werden, da von den acht Gräbern, in oder bei denen sie sich fanden, das Alter der Individuen bis auf die des körperbestatteten Individuums unter YC 72 nicht bestimmt werden konnte; letzteres erwies sich als erwachsen. 396 Nach dem Befund von Ḥamā zu urteilen, scheint es gut möglich zu sein, dass die drei hier betroffenen Gräber ebenfalls Erwachsenen zuzuordnen sind. 397 Zum Alter der kremierten Individuen des Tell Šiyuḫ Fawqānī, die mit einer feeding-bottle bestattet waren, wurden dagegen bislang keine Angaben gemacht. Die Ausgräber halten eine Interpretation als Libationsgefäß im Rahmen der Begräbnishandlungen für wahrscheinlich. 398 Falls man dieser Interpretation folgt, muss diese jedoch vor der Grabschließung stattgefunden haben, da sich in Yunus feeding-bottles viermal zusammen mit dem Grabgefäß unter der Grababdeckung

394 Im Gegensatz zum französischen Team (bspw. Tenu 2013a, S. 430–431) kamen Al-Bahloul et al. 2005, S. 1010 zu dem Schluss, dass nur manche der von ihnen untersuchten Objekte Brandspuren tragen und übernehmen C. L. Woolleys Interpretationsmodell für die 14 bereits vollständig publizierten Gräber. Siehe Abschnitt 5.2.3.5. 395 Woolley 1939, S. 16 396 YC 23, YC 24, YC 25, YC 27, YC 34, YC 35, YC 72 war je eine feeding-bottle beigelegt, YB 29 (zwei Urnen) zwei. Woolley 1939, Taf. XXIV, J2–J5. 397 Riis 1948, S. 66. 398 Tenu und Bachelot 2005, S. 167, Abb. 7.

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befanden. 399 Außerdem scheint zumindest ein Teil der Flüssigkeit dem Verstorbenen noch mitgegeben worden zu sein, wie die Schale auf der feeding-bottle 4044 impliziert. 400 Möglicherweise zeigt die Speisetischszene des Orthostaten B.  30b vom Water-Gate die Abbildung einer solchen Flasche. Spinnwirtel Höchstwahrscheinlich zu Recht vermutet C. L. Woolley, dass alle Gräber, in denen sich Spinnwirtel befanden, dem weiblichen Geschlecht zuzurechnen sind. 401 Dies betrifft 24 der 166 Gräber, wobei sich bis zu 24 Spinnwirtel in einer Urne befinden konnten (YB 25). Die bisherigen Erkenntnisse aus Tell Šiyuḫ Fawqānī, Ḥamā, und Rās al-Bassīṭ bestätigen bzw. plausibilisieren diese Deutung. 402 Dabei ist die Tatsache bemerkenswert, dass die Beigabe von Spinnwirteln weder in Yunus (YB 41), noch in Rās al-Bassīṭ oder Ḥamā ein Privileg erwachsener Frauen gewesen zu sein scheint. 403 Einen literarischen Hinweis dieser Tradition ist aus dem hethitischen Bestattungsritual bekannt, wo den königlichen Toten am zweiten Tag geschlechtsspezifische Gegenstände in die Hände gelegt wurden: Den Männern Pfeil und Bogen, den Frauen Spinnwirtel und Spindel. 404 Zudem wurden letztere häufig auf syro-hethitischen Totendenkmälern als Gegenstände in den Händen weiblicher Verstorbener dargestellt. 405 Somit stimmen ikonographische, philologische und archäologische Befunde darin überein, Spindeln bzw. Spinnwirtel als exklusive Grabbeigabe für Frauen anzusehen. Waffen Versucht man jedoch, diese Übereinstimmungen zwischen philologischen und archäologischen Befund auf Pfeilspitzen in Yunus auszudehnen, stößt man sehr schnell an Grenzen: Nur zwei Gräber enthalten ein bzw. zwei Exemplare (YB 9, YC 50), wobei beide zudem Spinnwirtel und demnach (auch) weibliche Bestattungen enthalten haben dürften. Andererseits handelt es sich bei letzterem Grab um die bereits erwähnte Doppelbestattung in einer Urne, die dementsprechend auch für YB 9 postuliert werden müsste, um an diesem Schema festzuhalten. Andererseits gibt es keinen Beleg für Waffen als Grabbeiga-

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YB 29, YC 25, YC 27, YC 34. Tenu und Bachelot 2005, S. 163. Woolley 1939, S. 33. In Tell Šiyuḫ Fawqānī allgemein und mindestens zwei konkrete Übereinstimmungen (Grab Nr. 892, 2635.4), in Rās al-Bassīṭ zwei (Grab Nr. 7, 34). Vgl. Abschnitt 5.2.3.3; Courbin 1993, S. 13. In Ḥamā konnte das Geschlecht nur aufgrund der Grabbeigaben bestimmt werden, die Spinnwirtel überschnitten sich jedoch nicht mit männlich konnotierten Beigaben (Waffen); in Tell an-Naṣrīya gibt es keine Spinnwirtel. Siehe Abschnitt 8.1.3.2.3 bzw. 8.2.2.3. 403 Rās al-Bassīṭ Grab 8 11–13jährig, Grab 15 unbestimmbar, eventuell Neugeborenes. Ḥamā G VIII 337 (jugendlich), 455 (Kind), 572 (Kind), GIX 145 (jugendlich), 174 (2–13jährig). Courbin 1993, S. 13; Riis 1948, S. 233, 236, 240, 246–247. 404 Kassian et al. 2002, S. 24. 405 Bonatz 2000a, S. 79–82.

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be in hethitischen Gräberfeldern. 406 In Tell Šiyuḫ Fawqānī oder Ḥamā sind sie dagegen häufiger anzutreffen und ihre Verteilung stimmt mit der von erwachsenen oder jugendlichen männlichen Individuen überein. 407 Lediglich Grab YB 31 enthielt mit einer eisernen Speerspitze eine weitere Angriffswaffe, so dass die Anzahl der Gräber mit Waffen sehr gering ausfällt (2 %). Während der neuen Ausgrabungen sollen weitere Waffen aus Bronze in den Gräbern entdeckt worden sein; jedoch nicht in den bisher publizierten. 408 Astragali Astragali als Grabbeigabe sind in Yunus in fünf Gräbern (ca. 3 %) nachgewiesen worden, darunter das eines Kindes. 409 Zu Beginn des 20. Jh. n. Chr. war es (noch?) üblich, Astragali in die Gräber von Kindern in Yurtbağı zu legen. 410 Diese Verbindung zwischen Kindern und Astragali ist durch die Ausgräberinnen von Tell Šiyuḫ Fawqānī und Tell an-Naṣrīya, Isabelle Le Goff und Aline Tenu, infrage gestellt worden, welche die häufigen Funde in Frauengräbern betonen und eher einer Interpretation als Divinationsutensilien zuneigen, obwohl inzwischen im Grab eines Mannes ebenfalls Astragali entdeckt worden sind. 411 Auch in Yunus waren Spinnwirtel und Astragali vergesellschaftet, so dass hier ebenfalls mindestens ein Frauengrab (YB 9) betroffen ist. Andererseits ist vermutet worden, dass bereits auf einem Orthostatenrelief des späten 9. oder frühen 8. Jh. die Brüder Kamanis beim Spielen mit Astragali abgebildet wurden. 412 Weitere, in diesem Kontext allerdings unwahrscheinlichere, Interpretationsmöglichkeiten stellen Opfer, Zahlungsmittel sowie – bei durchbohrten Astragali – Amulette, d.h. eine beschützende Funktion, dar. 413 Figurinen Was die Figurinen anbetrifft, sind in oder bei 12 der 136 Gräber der Altgrabungen 22 Terrakottafigurinen oder deren Fragmente 414 und bei einem der 30 Gräber der neuen Ausgrabungen 10 Figurinen gefunden worden. 415 Insgesamt stellen sie jedoch sowohl quantitativ wie den Motivschatz betreffend nur einen kleinen Ausschnitt der in Karkamiš gefundenen Figurinen dar. Die Exemplare von Yunus setzen sich aus fünf Frauen-, acht Reiter406 Emre 1991, S. 6. Dies betrifft Yanarlar, Ilıca, Gordion und Osmankayası. 407 Da ihre Verteilung sich dort nicht mit weiblich konnotierten Beigaben überschneidet, auch wenn vermutlich nur ein Teil davon in identifizierbaren Männergräbern gefunden wurde. In Ḥamā sind diese Gräber 11-mal erwachsenen und einmal einem jugendlichen Individuum zuzuschreiben. Siehe Abschnitt 8.1.3.2.5. 408 Bonomo et al. 2012. Vgl. Bonomo 2016, wo keine Angaben zu Waffen gemacht werden. 409 YB 21 B. Die anderen sind YB 9, YB 29, YB 29 (2), G.1908. 410 Woolley 1939, S. 20, Anm. 1. 411 Le Goff 2005, S. 27; Tenu 2012, S. 137; dies. 2013a, S. 434, Anm. 92. Vgl. auch Ḥamā, wo ebenfalls eine Tendenz zu Frauen und Kindern feststellbar ist. 412 Affanni 2008, S. 83–84. 413 Affanni 2008, S. 84–85. 414 YB 8 B, YB 10, YB 29, YB 38, YC 27, YC 35, YC 41, YC 54, YC 73, YC 74, YC 80, YH 3. Eine Frauenfigurine mit Kind auf dem Arm ist ohne Grabzuweisung, stammt aber von Yunus. Woolley 1939, Taf. XVIII, a, 1. 415 G. 1751. Bonomo 2016, S. 94.

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und 17 Pferdefigurinen sowie einem Pferdekopffragment zusammen; eine Figurine der neuen Grabungen (YU.13.O. 01) wird lediglich als „antropomorph“ beschrieben. 416 Die Frauen werden dabei mit Kind auf dem Arm (YB 38?), 417 mit beiden Armen vor der Brust (YB 38?, YC 27, YC 74) oder mit einem erhobenen, am Kopf anliegenden Arm (YC 27) dargestellt. 418 Was die Deutung des zweiten Typs anbetrifft, so ist festzustellen, dass diese im Vergleich mit den judäischen pillar figurines weniger Wert auf eine Betonung der Brust legen, 419 was eine Gleichsetzung mit diesen erschwert bzw. eine gesonderte Betrachtung erfordert. 420 Einen weiteren Gegensatz stellt die gemeinsame Gruppierung von Frauen- und Reiterfigurinen im Rahmen einer Einzelbestattung dar (YB 38), 421 was eventuell als Eltern- oder Götterpaar gedeutet werden könnte. 422 Die Beigabe von Pferdefigurinen im Grab eines Kindes ist in Yunus zweimal dokumentiert. 423 Im benachbarten Tell Šiyuḫ Fawqānī wurde eine Pferdefigurine auf drei noch intakten Rollen neben der Urne eines Kindes oder Jugendlichen entdeckt. 424 Auch in der weiteren Umgebung von Karkamiš ist die Beigabe von Terrakotten in Gräbern gut belegt, wobei stets die gleichen Typen – Reiter- / Pferde- und Frauenfigurinen – auftreten. 425 Jeweils zwei Exemplare davon fanden sich auch im Brandgräberfeld von Ḥamā. 426 Bezüglich der Interpretation sind Tierfigurinen, vor allem Pferde, in Karkamiš so zahlreich gefunden worden, dass R. Campbell Thompson und im Anschluss daran C. L. Woolley ihnen jegliche symbolische Bedeutung absprachen und sie als Spielzeug oder eine Art Spielsteine betrachteten, 427 was durch den Fund des Pferdes mit Rollen aus einem Grab von Tell Šiyuḫ Fawqānī unterstützt wird. 428 Dabei sollen Reiter- und Pferdefigurinen den Jungen, Frauenfigurinen aber den Mädchen vorbehalten gewesen sein, 429 was jedoch wie oben erwähnt mit Grab YB 38 schwierig zu vereinen ist, es sei denn, man geht von einer Doppelbestattung zweier Kinder unterschiedlichen Geschlechts aus. 430 A. Pruß 416 Bonomo 2016, S. 87, 94. 417 Woolley 1939, Taf. XVIII, a, 1. 418 Letztere Haltung erinnert an die der Frauenfigurine eines Grabes in Azor, die als ikonographische Umsetzung eines Trauerritus gelten kann und in Südpalästina mehrfach belegt, aber mykenischen Ursprungs ist. Dothan 1982, S. 237–249; Podella 1986, S. 265. 419 Moorey 2005, S. 221. 420 Pruß 2010, S. 216–225 („Nordsyrische ‚Pfeilerfigurinen‘“). 421 Wenning 1991, S. 90; Keel und Uehlinger 2010, S. 391–392. 422 Moorey 2005, S. 221. 423 YB 10: 3 Pferde, YC 41: 1 Pferd, 1 Reiter. 424 Bachelot et al. 2001, S. 15. 425 Yeşerti (2.2.2.), Deve Höyük (2.2.3.), und Kāwur Allī (2.2.7.). 426 In allen Fällen jedoch ohne einem bestimmten Grab zugeordnet werden zu können. Riis 1948, S. 185–186. 427 Darunter allein neun Pferde aus einem Haus. Woolley 1921, Taf. 20a–b; Woolley 1952, S. 257–258, Taf. 70, 71a. 428 Bachelot et al. 2001, S. 15. 429 Woolley 1939, S. 16. 430 Woolley 1939, S. 24–25; Pruß in ders. und Novák 2000, S. 187; Pruß 2010, S. 225. Andererseits ist C. L. Woolley nicht dem von A. Pruß unterstellten Zirkelschluss (Pruß in ders. und Novák 2000,

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indes vertritt eine Interpretation der Reiter- und Frauenfigurinen als Vermittler zwischen menschlicher und göttlicher Sphäre, etwa Dämonen oder Genien, welche dem Verstorbenen bei seiner Reise ins Totenreich behilflich sein sollten oder ähnliche Kräfte aufwiesen, wofür jedoch keine Indizien vorliegen. Aufgrund der Anzahl der Figurinen pro Grab in Karkamiš – bis zu vier Stück in Yunus als auch im West Gate Cemetery – verwirft er eine Gleichsetzung mit dem Verstorbenen. 431 Allerdings scheint er bei seiner Deutung der Reiter erstens zu sehr von den Fundlagen außerhalb Syriens an kultischen Plätzen, zweimal in Palästina und einmal in Zypern, beeinflusst zu sein, denn in Syrien selbst wurden sie vor allem in Wohnhäusern oder in Gräbern gefunden. 432 Zweitens erliegt er einem Fehlschluss, da er fälschlicherweise annimmt, dass die Figurinen stets außerhalb der Urne deponiert wurden und betrachtet sie deshalb primär als Bestandteil des Bestattungsrituals und nicht als Grabbeigaben. 433 Peter R. S. Moorey lässt diese Frage grundsätzlich offen, vermutet aber, dass es sich dabei wahrscheinlich um menschliche Verehrer oder aber eine unbekannte Gottheit handeln könnte. 434 Der assyrische Befund zeigt ebenfalls eine weite Verbreitung von Pferd- und Reiterfigurinen, die jedoch nur äußerst selten in einem funerären Kontext gefunden worden sind. 435 Zusammenfassend ist zu sagen, dass bisher keine schlüssige und widerspruchsfreie Interpretation der Reiter-, Pferde- und Frauenfigurinen existiert, der Befund in Karkamiš und Umgebung jedoch eher auf eine Verwendung als Spielzeug für Kinder hinzuweisen

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S. 187; Pruß 2010, S. 218) erlegen, er habe von dem Vorhandensein von Figurinen auf das Alter oder gar das Geschlecht der bestatteten Person geschlossen, denn nur in oder bei zwei der sechs von C. L. Woolley explizit als Kinder identifizierten Kremationen fanden sich auch Figurinen, während die anderen zehn Gräber mit Figurinen nicht als Kindergräber klassifiziert werden. Pruß in ders. und Novák 2000, S.  187–188; Pruß 2010, S.  224–225, 245–246. Dagegen könnte eingewendet werden, dass sich bis auf eine Ausnahme mit zwei Frauenfigurinen (YC 27) stets nur eine anthropomorphe Figur unter den Ensembles befand und die weiteren Figurinen aus reiterlosen Pferden bestehen, so dass diese Möglichkeit der Darstellung eines Verstorbenen nicht per se ausgeschlossen werden kann, auch wenn sie unplausibel erscheint. Pruß 2010, S. 246. Doch selbst dort wird das plötzliche Auftreten von Pferd- und Reiterfigurinen im Palästina der Eisenzeit II C weiterhin kontrovers diskutiert, wobei verschiedene Deutungen als Gottheiten – Sonnen- oder Wetter-, Familien- oder Nationalgott –, Elitesymbole aufgrund der neu eingeführten Kavallerie oder eben auch Spielzeuge vorgeschlagen worden sind. Vgl. Cornelius 2007 mit weiterführender Literatur. Dabei scheint es sogar innerhalb engster kultureller Verwandtschaft Unterschiede zu geben, wie man am Beispiel der Reiterfigurinen von Tyros al-Baṣṣ (mit Hörnerkrone) und Aḵzīv (mit Schild) sehen kann, die aller Wahrscheinlichkeit nach einer Gottheit respektive einen Kavalleristen darstellen. Generell zur Frage Götter- vs. Spielzeugfigurinen in Gräbern, vgl. auch Wenning 1991, S. 91 und Hübner 1992, S. 92–93. Ersterer verwirft jeglich Interpretation als Spielzeug, wohingegen Ulrich Hübner von einer Multifunktionalität der meist attributarmen Figurinen ausgeht, aufgrund dessen eine sekundäre Verwendung von Götterfigurinen als Spielzeug grundsätzlich möglich scheint. Pruß in ders. und Novák 2000, S. 186–187; Pruß 2010, S. 225. Im Fall von YB 9, YB 38 und YC 73 wird das Gegenteil berichtet. Vgl. Woolley 1939, S. 25, 34. Moorey 2005, S. 221. Klengel-Brandt 1978, S. 19, 59–62.

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scheint, insbesondere wenn man den Negativbefund dieser Objekte innerhalb kultischer Stätten in ganz Syrien hinzuzieht. Tierknochen Bei den Altgrabungen wurden in Yunus keine Tierknochen, abgesehen von Astragali, gefunden. 436 Bei den neuen Ausgrabungen konnten neben Astragali in G. 1908 vermutlich in drei Urnen Tierknochen festgestellt werden. Das Grab G. 4067 enthielt Fragmente einer oder mehrerer Ovicapridenphalangen, wovon eines mit einem Stück Holz umgeben war. In Grab G.  4032 befanden sich sieben Ovicapridenphalangen vermischt mit den menschlichen Knochen. Sie waren von Keramikscherben sowie einer Schicht weißen Kalks bedeckt worden. 437 Weder die Bedeckung von Tierknochen innerhalb der Urne noch die weiße Kalkschicht sind in den Urnen anderer Brandgräberfelder bisher festgestellt worden, aber es erinnert an die in der Nekropole al-Ḫamīs in Ḥamā übliche Praxis, die Urne mit einer Schicht Kalk zu umgeben, was mit der Aufgabe dieser Nekropole ab ca.  800 vermutlich ebenfalls aufgegeben wurde. 438 Außerdem scheint Grab G.  1708 ebenfalls Tierknochen enthalten zu haben. 439 Die Tatsache, dass ausschließlich Phalangen gefunden worden sind, lässt vermuten, dass es sich in erster Linie um Schlachtabfälle handelte und die Toten die weniger genießbaren Teile der Tiere erhielten, während die Lebenden die fleischreichen Partien der Tiere verzehren konnten. 440 Salbschalen Eine weitere Gruppe von Artefakten aus Yunus, die Erwähnung verdienen, stellen die sog. „lion/hand bowls“ bzw. „syrischen Salbschalen“ dar. Zwei Exemplare mit den Ortsangaben Yunus / Marǧ Ḫamīs, d.h. dem heutigen Yurtbağı, sind angekauft, 441 zwei weitere in Karkamiš gefunden geworden, eines davon bereits 1882, ohne dass weitere Angaben zu ihnen vorliegen. 442 Zudem behauptet C. L. Woolley, dass eine ganze Serie dieser Objekte, von denen einige in direkter Verbindung mit Kremationsgräbern gefunden worden sein sollen, existiere. 443 Auf eine Vergesellschaftung mit einem Kremationsgrab weisen

436 In dem Urnen-ähnlichen Gefäß im ḫilāni-Bau fanden sich zusätzlich zu eisenzeitlichen Keramikscherben ebenfalls nicht näher spezifizierte Tierknochen, wobei jedoch aus der Beschreibung nicht hervorgeht, ob diese Knochen vielleicht erst sekundär in das Gefäß gelangten. Woolley 1952, S. 180. 437 Bonomo 2016, S. 149. 438 Da das Grab G. 4032 im Katalogteil von Bonomo 2016 nicht erwähnt wird, ist unklar, wie es datiert. 439 Bonomo 2016, S. 96. Die Rubrik „Animal bones“ ist aufgeführt, aber dahinter steht kein „Yes“. Da die Rubrik sonst nur aufgeführt wird, falls auch Tierknochen vorhanden waren, dürfte dies hier der Fall gewesen sein. In der Beschreibung des Grabes auf S. 92 werden keine weiteren Informationen genannt. 440 Vgl. Lange 2014. 441 Woolley 1914, S. 96, Taf. XXVII M; Searight et al. 2008, S. 72, Abb. 46, Nr. 503–504. 442 Woolley 1952, Taf. 71.g; Searight et al. 2008, S. 71, Abb. 46, Nr. 499. 443 Woolley 1914, S. 96. In seiner Beschreibung der Grabinventare von Yunus (Woolley 1939) werden sie nicht erwähnt. Dies könnte auf die während der Kriege verloren gegangenen Unterlagen zurückzuführen sein.

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auch die Verformungen auf der Lippe einer der beiden angekauften Salbschalen hin, die als Resultat eines Brandes gedeutet werden. 444 Bei Salbschalen handelt es sich um flache Schalen mit einer kurzen röhrenförmigen Öffnung am Rand, die vermutlich dem Eingießen einer Flüssigkeit diente, die wahrscheinlich aus einem außen an der Röhre befestigten Behälter floss. Auf der Rückseite sind sie meist mit einer Hand oder Palmetten verziert, während als Öffnung der Innenseite manchmal Löwenappliken angebracht wurden, so dass die Flüssigkeit aus dem Maul des Löwen fließen konnte. Von den Exemplaren aus Karkamiš sind zwei mit einer Hand, eine mit einer Palmette und eine mit einer Löwenapplike geschmückt. Drei bestehen aus einem bräunlichen Stein, eventuell Steatit, wobei zum Teil auch wertvolleres Material, Ägyptisch Blau oder Elfenbein, dafür verwendet werden konnte. 445 Die meisten der regulär ausgegrabenen Exemplare stammen aus Nordsyrien, so dass davon auszugehen ist, dass sie hier ihren Ursprung haben, wo sie vom 9. bis zum 7. Jh. produziert wurden. 446 Die Gefäße werden meist als Salb- oder als Libationsschalen interpretiert. 447 Abgesehen von Yunus bzw. Yurtbağı sind bisher lediglich zwei Salbschalen aus Grabkontexten bekannt, eine aus dem nahe gelegenen Deve Höyük 448 und eine aus Maraş. 449 Andere Salbschalen stammen überwiegend aus Wohnhäusern, was ihre hauptsächliche Nutzung im Rahmen privater Religiosität und / oder der rechtlichen Sphäre wahrscheinlich macht. 450 Falls dennoch ein direkter Zusammenhang zwischen dem Fund der Salbschalen in oder bei den Gräbern und dem Umgang mit den Toten in Karkamiš vorliegen sollte, könnte an Salbungen zur Reinigung der Toten, der an den Begräbnishandlungen betei444 Searight et al. 2008, S. 72, Nr. 503. 445 Muscarella 2014, S. 176. 446 Muscarella 2014, S. 177, 179. Die meisten, mindestens 74, stammen aus dem ‘Amūq-Gebiet, sind bislang aber bis auf drei unpubliziert. Muscarella 2014, S. 178–179. Dagegen können von den 67 angeblich in Rasm aṭ-Ṭanǧara gefundenen Salbschalen ein Teil als Fälschungen und alle weiteren als geplündert betrachtet werden. Athanassiou 1977; Lehmann 1996, S.  210; Muscarella 2000, S. 190–191; ders. 2014, 176. Dementsprechend ist die Existenz der angeblich dort ausgegrabenen Kremationsnekropole (angeblich ca. 13. bis Ende 10. Jh.) mehr als fragwürdig. 447 Während die frühere Forschung sie noch in Verbindung mit den ägyptischen Räucherarmen betrachtete, setzte sich nach und nach die Einsicht durch, dass sie besser ihren hethitischen Verwandten, den sog. armförmigen Libationsgeräten entsprechen. Inzwischen gilt diese These ebenfalls als überholt, wie Hampe 1969 anhand eines kretischen Exemplars aus dem 7. Jh. zeigte, bei dem die Schale mit einem Gefäß zur Aufbewahrung einer ölhaltigen Substanz eine Einheit bildete. Vgl. Fritz 1987; Muscarella 2014, 176. 448 Moorey 1980, S. 140. Auch hier kann es keinem bestimmten Grabinventar zugeordnet werden, was in Deve Höyük jedoch auf die meisten Objekte zutrifft. 449 Turajew 1901, S. 243–244, Abb. S. 246. Zusammen mit einem Gefäß mit Asche, 9 bis 10 Pfeilspitzen sowie einer Stele mit Speisetischszene und hieroglyphenluwischer Inschrift (MARAŞ 2). Vgl. Lange 2015. 450 Hübner 1985, S. 312; Alfred Hoerth in Muscarella 2014, 176. Darüber hinaus ist möglichweise auf der Grabstele des Ba‘alyaton aus dem 4. Jh. aus Umm al-‘Awāmīd eine Salbschale zu erkennen. Aufgrund seines Priesteramtes können daraus jedoch keine Rückschlüsse auf eine Funktion im funerären Kontext gezogen werden. Galling 1969–1970, S. 105–106.

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ligten Personen 451 oder rechtliche Handlungen gedacht werden. Eine weitere Möglichkeit wäre das Salben der Grabstelen in Analogie zum Salben von Statuen, wie es in Mari belegt ist. 452 4.1.5.3.6 Mögliche weitere Objekte des Bestattungsrituals Vermutlich wurden wie in Tell Šiyuḫ Fawqānī auch in Yunus Gegenstände auf dem Scheiterhaufen verbrannt, die nicht mit ins Grab gelangten. Auffälligerweise gehören in Yunus Waffen und Tierknochen zu den selten belegten Grabbeigaben, während in Tell Šiyuḫ Fawqānī Metallobjekte und Tierknochen zum Teil verbrannt wurden, aber nicht ins Grab gelangten. Es wäre demnach vorstellbar, dass in den Bestattungsritualen von Karkamiš diese und vielleicht auch weitere Beigaben auf dem Scheiterhaufen platziert wurden, mit ihnen jedoch zum großen Teil anders verfahren wurde. Andererseits ist der chronologische Aspekt zu berücksichtigen. Denn da in Ḥamā nach dem 9. Jh. den Gräbern keine Waffen mehr beigegeben wurden, könnte eine ähnliche Entwicklung auch in Karkamiš stattgefunden haben und nur das „Endstadium“, weitgehend waffenlose Gräber, archäologisch fassbar sein. Eine sehr interessante Beobachtung konnte bei der Untersuchung der menschlichen Überreste gemacht werden: Eine grünliche Verfärbung im Brustbereich der Person aus Grab G. 1703 wird als Beleg dafür betrachtet, dass ihr auf dem Scheiterhaufen ein Kupferobjekt auf die Brust gelegt wurde, das im Grabinventar nicht mehr vorhanden war. 453 Zu ähnlichen Fällen in Tyros al-Baṣṣ ist eine andere These aufgestellt worden, wonach Kupferobjekte Spuren hinterließen, sobald Bekleidung und Hautgewebe vergangen waren, so dass das Kupferobjekt für eine längere Zeit direkt auf dem Knochen liegen und die grünliche Verfärbung hinterlassen konnte. 454 Diese These konnte bei den nächsten Grabungskampagnen nicht bestätigt werden, da die verbrannten Knochen kurz nach dem Tod verbrannt wurden. Andererseits sind aber auch keine grünlichen Verfärbungen mehr festgestellt worden. 455

451 In diesem Zusammenhang sind eventuell die in den Ebla-Texten belegten Kopfsalbungen von Personen anlässlich des Todes eines Angehörigen von Bedeutung (MEE XII 35, 100). Waetzoldt 2001, S. 316, 389–390 mit Verweis auf weitere Beispiele; Archi 2012, S. 25–26. 452 Worthington 2006–2008, S.  575. Außerdem konnten in mesopotamischen Ritualen der Spätbronzezeit die Augen der Totengeister durch den Salbungsakt sichtbar gemacht werden. 453 Bonomo 2016, S. 149–150. 454 Trellisó 2004, S. 251, 262. 455 Trellisó 2014, S. 453, 470.

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Karkamiš

4.1.5.3.7 Grabmarkierungen Im Areal von Yunus sind bisher mindestens elf Grabstelen bzw. deren Fragmente gefunden worden. 456 Davon waren mindestens sieben Exemplare mit luwischen Hieroglyphen beschriftet – eines davon weist zusätzlich ein Bild auf –, während sich auf zwei Stelen eine Darstellung ohne Text findet; eine davon trägt allerdings eventuell ein luwisches Zeichen. Bei vier Stelen ist zudem noch der charakteristische Zinnenfries zu erkennen, in zwei Fällen mit abgetreppten Zinnen – ein neuassyrisches Dekorelement, welches hauptsächlich in Karkamiš und Umgebung sowie in Maraş auf Totenstelen auftritt und von S. Soldi als Indiz für eine altarähnliche Funktion interpretiert wird. 457 Zu einer möglichen Funktion der einfachen Zinnen äußert er sich allerdings nicht. Angesichts der mehrfachen Wiederbenutzung des Hügels als Nekropole in der postassyrischen Geschichte, belegt sind bisher hellenistisch, römisch-byzantinisch und rezent, lässt sich vermuten, dass ursprünglich eine weitaus größere Zahl von Gräbern mit Stelen versehen war, diese jedoch sekundär verwendet und ggf. umgearbeitet wurden. 458 Über dem Grab YC 63, das als einziges Grab von Yunus mit Steinplatten eingefasst und bedeckt war, fanden sich die Fragmente einer Grabstele, die aus Kreide gearbeitet war. Das Grab wurde bis auf die Abdeckung geplündert und die Fragmente der Stele, zu der keine weiteren Details vorliegen, blieben unpubliziert. 459 Die zwei untersten Fragmente (zusammen 95 × 73 cm, Abb. 55) einer überlebensgro­ ßen Stele oder eines Orthostaten aus Basalt stellen eine nach links gewandte menschliche Figur, nach W. Orthmann die eines Mannes, dar. 460 Sie trägt ein langes Gewand, über dem zwei unterschiedlich lange Quasten sowie eine verzierte Schwertscheide zu erkennen sind, sowie Schnürschuhe. Vermutlich war die rechte und kleinere der beiden Quasten analog zu den Statuen mit den Inschriften MARAŞ  13 und 14 an der Schwertscheide angebracht. Auch die links neben der Figur angebrachte Inschrift KARKAMIŠ A. 15c ist unvollständig:

456 Wie viele D. G. Hogarth bei seinem Besuch 1908 noch vorfand, wird nicht angegeben, aber sie waren noch sichtbar: „[W]e noted remains of many late uninscribed sarcophagi and altar tombs, on the summit of the slope north of the stream which flows into Euphrates beside Jerablus.“ Hogarth 1909, S. 172. 457 Auf den beiden Stelen aus Maraş ist der Zinnenfries über einer bildlichen Darstellung und nicht, wie in Karkamiš üblich, über einer hieroglyphenluwischen Inschrift angebracht. Orthmann 1971, S. 88, 527, Maraş B/24, Taf. 46,g; Schachner und Schachner 1996; Bonatz 2000a, S. 22, 59, Taf. XX, C 59; Soldi 2019, S. 210–211. Zur Interpretation von Maraş B/24 als Totenstele: Schachner und Schachner 1996, S. 213–214; Lange 2015 contra Garbini 1959; Orthmann 1971, S. 527, Maraş B/24; Bonatz 2000a, S. 189, Anm. 79; Soldi 2019, S. 210. 458 Dass Stelen in späterer Zeit wiederverwendet werden konnten, zeigt in Yunus die Stele mit der Inschrift KARKAMIŠ A. 5b, welche in byzantinischer Zeit umgestaltet wurde. 459 Woolley 1939, S. 33. 460 Woolley 1921, S. viii, Taf. A. 15c*; ders. 1952, S. 273, Taf. AC, A. 15c, c*; Orthmann 1971, S. 39, 517, Taf. 37, d, Karkemis L/3; Hawkins 2000, S. 189, Taf. 70; Marchetti 2016b.

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Karkamış bzw. Ǧarāblūs / Karkamiš

203

Abb. 55: Stele mit Inschrift KARKAMIŠ A. 15c aus dem Gräberfeld von Yunus.

1. 2. 3.

§1 § 2a § 2b

…] I SUNALA-ed. But the child … [ … by my […] he/they will overlook(?). 461

Eine Interpretation dieses Monuments als Grabmonument ist nicht zwingend, kann jedoch aufgrund des Fundortes plausibel vertreten werden. 462 Neben der Lage können zudem die mit rundplastischen Figuren aus Maraş und Zincirli übereinstimmenden Attribute als Argumente für eine funeräre Deutung dieses Objektes hinzugezogen werden. 463 Ein auf jenen Monumenten sichtbarer Stab könnte sich ursprünglich im linken Bildteil befunden haben. Aufgrund stilistischer Kriterien kann es etwa der Regierungszeit des Yariri, d.h. der Orthmannschen Stilgruppe Karkemis IV zugeordnet werden, was ungefähr dem frühen 8. Jh. entspricht. W. Orthmann tendiert aufgrund der rechten Kante und der fehlenden Rundung der Hinterseite eher zu einer Deutung als Orthostat, vermutet aber einen Aufstellungsort ganz in der Nähe, ohne auf diesen oder eine mögliche

461 Hawkins 2000, S. 189. 462 Woolley 1939, S. 14; Hawkins 2000, S. 189 (mit Fragezeichen); Peker 2016, S. 46. Marchetti 2016b äußert sich in dieser Hinsicht jedoch nicht. 463 Die Statuen mit den Inschriften MARAŞ 4, 13 und 14 sowie die Statue vom Bau J aus Zincirli.

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Karkamiš

Abb. 56: Bildstele aus dem Gräberfeld von Yunus.

Abb. 57: Bildstele vom West Gate Cemetery.

Funktion dieses Denkmals bzw. der damit dekorierten Mauer einzugehen. 464 Fest steht, dass das vollständige Bildwerk eine Höhe von 2 m überschritten und sich im Verhältnis zu den weiteren Grabstelen vor Ort monumental ausgenommen haben dürfte. Dies steht im Einklang mit den erkennbaren Statussymbolen und deutet darauf hin, dass es sich um das Monument eines Angehörigen der Elite von Karkamiš handelt, der sich hiermit verewigte, nach N. Marchetti vielleicht eines sehr hohen Beamten und / oder Prinzen. 465 Von einem kürzlich gefundenen Fragment (YU.12.O.3  =  YUNUS  3, Basalt, 37 × 13 × 20 cm) wird aufgrund des Fundortes, der Größe sowie der zeitlichen Einordnung vermutet, dass es ursprünglich zu dieser Stele gehört haben könnte. 466 Darauf erkennbar ist die rechte Hand einer nach links gewandten Person, die einen Stab hält sowie die hieroglyphenluwische Zeichenfolge „I (am) [PN …“. 467 Es ist am südlichen Fuß des Hügels an der Oberfläche gefunden worden, was aufgrund des Fotos der unteren Teile der Monumentalstele auch deren Fundort gewesen sein dürfte. 468 Dagegen kann das Fragment einer Stele aus Kalkstein (18 × 17 cm, Abb. 56) mit einer Ritzzeichnung aufgrund der noch zu erkennenden Speisetischszene und des Fundortes wohl sicher als Grabstele angesprochen werden. 469 Auf ihrer rechten Seite ist eine sitzende Figur zu erkennen, die einen Stab hält, auf der linken ein Tisch. Unter diesem meint 464 465 466 467 468 469

Orthmann 1971, S. 39, Anm. 63. Marchetti 2016b, S. 62. Peker 2016, S. 45–46, Taf. XXXII.2, XXXV; Marchetti 2016b. Peker 2016, S. 46. Marchetti 2016b, S. 61. Woolley 1939, S. 14, Taf. III, 4; Orthmann 1971, S. 517, Taf. 37, g, Karkemis L/2; Genge 1979, S. 116; Voos 1986, S. 103–104, Kat.-Nr. 58; Bonatz 2000a, S. 18, Taf. XI, C 18; Rehm 2016, S. 90– 91, Taf. 3, A 10.

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Karkamış bzw. Ǧarāblūs / Karkamiš

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J. Voos ein dem hieroglyphenluwischen Zeichen für „Gott“ ähnliches Symbol zu erkennen. 470 Sie wird vorsichtig in das 9. Jh. datiert 471 und wäre somit etwa zeitgenössisch mit den ältesteten bisher dokumentierten Gräbern anzusehen. Eine weitere Kalksteinstele (21 × 19 cm, Abb. 57) mit einer Darstellung, die vermutlich als Speisetischszene geplant war, stammt etwa aus der Zeit zwischen 720 und 700. 472 Die thronende männliche Figur auf der linken Bildhälfte mit Dolch und Becher in den Händen ist nur zum Teil fertig gestellt worden: Der obere Teil des Throns, die Figur und der Schemel für die Füße sind lediglich geritzt, während der untere Teil des Throns bereits teilweise im Relief ausgeführt worden war. Außerdem deutet die durchgängige untere Linie darauf hin, dass auf der leeren rechten Seite weitere Elemente, wahrscheinlich ein Speisetisch oder eventuell eine zweite Figur vorgesehen waren. Bemerkenswert sind in diesem Fall die beiden Gegenstände in der Hand des Verstorbenen, die hervorragend zum archäologischen Befund von Yunus passen, da Messer zu den häufigsten Metallobjekten und Becher zu den häufigsten Grabbeigaben überhaupt zählen. Während die meisten Exemplare der Grabstelen mit hieroglyphenluwischer Inschrift eine einfache, rechteckige Zinnenverzierung am oberen Rand aufweisen, sind auch mehrere Exemplare gefunden worden, welche wie die Stele mit der Inschrift TİLSEVET und zwei Bildstelen aus Maraş abgestufte, treppenartige Zinnen aufweisen. 473 Zu den in Yunus gefundenen Beispielen für diese Verzierung gehört eine Stelenfragment mit einer einzeiligen hieroglyphenluwischen Inschrift (Inschriftgröße: 49 × 9  cm, ursprüngliche Höhe: ca. 70 cm, KARKAMIŠ A. 16f ). Zwar ist sie nicht mehr lesbar, jedoch lässt der Fundort sowie die treppenartige Zinnenbekrönung den Schluss zu, dass es sich bei diesem Fragment aus weißem Kalkstein einst um eine Grabstele handelt, wie sie vor allem aus dem 8. Jh. bekannt ist. Sie wird von J. D. Hawkins mangels eindeutiger Kriterien ins 9. oder 8. Jh. datiert. 474 Auf einem weiteren Fragment ohne Inschrift ist jeweils eine Rosette auf sowie unter den abgetreppten Zinnen erkennbar. 475 Auch hier liegt die Vermutung nahe, dass es sich um die Verzierung bzw. den oberen Abschluss einer Grabstele handelte. 476 Ebenfalls aus Yunus stammt ein kleines, mit einer Rosette verziertes Stelenfragment (8 × 4 cm) aus Kalkstein, auf welchem der Bestandteil einer Fluchformel „… may] the gods litigate […“ 477 zu erkennen ist, was, abgesehen von dem Fundort, die von C. L. Woolley

470 Voos 1986, S. 206, Anm. 569. 471 Genge 1979, S. 116; Bonatz 2000a, S. 18. 472 Woolley 1939, S.  14, Taf. III, 2; Orthmann 1971, S.  517, Taf. 37, f, Karkemis L/1; Genge 1979, S. 122–123; Voos 1986, S. 98, Kat.-Nr. 42; Bonatz 2000a, S. 21, Taf. XVII, C 45; Rehm 2016, S. 113, Taf. 8, E 1. 473 Woolley 1921, S. 151. Zu den Stelen aus Maraş, siehe Schachner und Schachner 1996. 474 Woolley 1921, S. ix, Taf. A. 16f, f *; Hawkins 2000, S. 187. 475 Woolley 1921, S. 151, Abb. 57. 476 Woolley 1921, S. 151 bezeichnet sie ebenso wie die anderen Grabstelen als „altar“. 477 Hawkins 2000, S. 187.

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Karkamiš

vorgeschlagene Deutung als Grabstele unterstützen könnte. Die chronologische Einordnung ins 9. bis 8. Jh. durch J. D. Hawkins ist den Umständen entsprechend vorsichtig. 478 Eine weitere Stele aus Kalkstein (60 × 10 cm) diente zweimal, einmal in syro-hethitischer und einmal in römisch-byzantinischer Zeit, als Grabstein. 479 Infolgedessen ist nur noch eine von den vier ursprünglichen Zinnen erkennbar. Die sich darauf befindliche Inschrift KARKAMIŠ A. 5b hält J. D. Hawkins den Umständen zum Trotz für vollständig. 480 Die Übersetzung nach Annick Payne lautet: „ I, Nunuras, passed (my) days, and I enjoyed (my) times to the full.“ 481 Sie ist auf der Hügelkuppe von Yunus gefunden worden 482 und wird ebenso wie ihre Gegenstücke in das 8. Jh. datiert. Hervorzuheben ist die auf H. C. Melchert zurückgehende, von J. D. Hawkins „I recalled my times“ 483 abweichende Übersetzung des zweiten Teils der Inschrift, die das durch den Verstorbenen aktiv positiv gestaltete Diesseits anstelle einer Rückschau auf das Leben zum Ausdruck bringt. 484 Außerdem ist das Basaltfragment (14 × 12 cm) mit der Inschrift KARKAMIŠ A. 19b zu nennen, welches an der Oberfläche von Yunus gefunden wurde und möglicherweise ebenfalls einen Teil einer Grabstele bildete. 485 Dabei handelt es sich um die untere linke Ecke eines ansonsten unbekannten Monuments, vermutlich einer Stele. Die sinistroverse Inschrift endet hier mit den Worten „… I made“, was sich möglicherweise darauf bezog, dass der Verstorbene die Stele noch zu Lebzeiten anfertigen ließ. Des Weiteren ist im Jahr 2010 ein römisches Kammergrab (G. 1200) am südlichen Abhang des Hügels von Yunus entdeckt worden, das 2012 im Rahmen der türkisch-italienischen Mission ausgegraben wurde und eine weitere Stele (Basalt, 1,07 × 0,64 × 0,37 m, Breite des Zapfens 0,18 m) mit der Inschrift YUNUS  1 enthielt, welche hier sekundär verbaut war und vermutlich aus dem 8. Jh. stammt. 486 Bis auf einen Teil der unteren Seite – sogar die Reste des Zapfens sind noch erkennbar – ist die Stele erhalten geblieben und die Inschrift am oberen Rand ist vollständig. Der Text lautet nach H. Peker:

478 Woolley 1921, S. x, Taf. A. 18b; Hawkins 2000, S. 199, Taf. 78. 479 Hogarth 1914, S. 28, Taf. A. 5b, b*; Voos 1986, Kat.-Nr. 91; Hawkins 1989, S. 194, 196; ders. 2000, S. 185, Taf. 66; Melchert 2004, S. 376; Payne 2012, S. 47; dies. 2015, S. 163–164. 480 Hawkins 2000, S. 185. 481 Payne 2012, S. 47. Vgl. dies. 2015, S. 164, wo die Klammern um das erste Possessivpronomen fehlen. 482 Obwohl Hogarth 1914, S. 28 keinen Fundort angibt, kann die Stele aufgrund der Erwähnung bei Woolley 1939, S. 13, die sich auf Taf. III, 3 und nicht wie angegeben auf Taf. III, 2 bezieht, Yunus zugeordnet werden. 483 Hawkins 2000, S. 185. 484 Melchert 2004, S. 376 gefolgt von Payne 2012, S. 46–47; dies. 2015, S. 164. Bonatz 2000a, S. 204, Anm. 39 hat bezüglich der Übersetzung von J. D. Hawkins vermutet, dass diese die Aufstellung der Stele noch zu Lebzeiten implizieren könnte. 485 Woolley 1952, S. 273, Taf. A. 19b*; Hawkins 2000, S. 202, Taf. 81b. 486 Peker 2014; ders. 2016, S. 44. Zur Lage des Grabes, siehe Bonomo und Zaina 2016, Taf. I (hier: Abb. 33).

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Karkamış bzw. Ǧarāblūs / Karkamiš

§1 §2 §3 §4

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„This stele (is) of Tasa and Sarpuwani, interpreters. (and) for them, they set up this stele for goodness. And before us sons (and) interpreters libated. He who will stand up to harm (this stele), (against him may) the god(s) litigate(!).“ 487

Zur Übersetzung ist zu sagen, dass das Verb suni- im Luwischen selten belegt ist und J. D. Hawkins es im Kontext von KARKAMIŠ A. 1a § 19–20 mit „verehren“ wiedergibt. 488 H. Peker entscheidet sich hier für „libieren“, da er eine Ableitung von heth. šun(n)i(ya)- „ausgießen, vergießen“ in Betracht zieht. 489 Die Passage kann demzufolge nicht als gesicherter Beleg für Libationen in diesem Gräberfeld betrachtet werden, würde aber die Existenz und vermutliche Funktion der Opfertische 490 bestens erklären können. Außerdem scheint die Handlung abgeschlossen zu sein, da sie in der Vergangenheit liegt. Schwierig zu interpretieren ist auch die vorangehende Passage, die nach Ansicht von H. Peker auch als Dolmetscher- oder Übersetzerlehrling aufgefasst werden könnten und nicht als Söhne und Dolmetscher. 491 Dennoch stellt diese Inschrift eine kleine Sensation dar, da sie die einzige ist, die eindeutig zwei verschiedenen Individuen gewidmet ist, deren eventuelle familiäre Beziehung verschwiegen wird und die stattdessen allein durch ihren Beruf verbunden zu sein scheinen. Gleichzeitig stellt diese Inschrift ein weiteres Indiz für die These D. Bonatz’ dar, dass die Stelen mit Speisetischszenen zweier sitzender Figuren wohl als eine Stele für zwei Individuen aufgefasst werden können. 492 Naheliegend ist außerdem der Verdacht, dass die Stele über einem Grab stand, dessen Grababdeckung zwei Urnen barg oder dass die dazugehörige Urne eventuell die Überreste der beiden Individuen beinhaltete. Schließlich kann mit dem ebenfalls während der neuen Grabungen gefundenen Fragment YU.12.O.2 (= YUNUS 2, Kalkstein, 52 × 42 × 43 cm) sehr wahrscheinlich ein weiteres Beispiel für eine Grabstele genannt werden. 493 Es befand sich an der Oberfläche zu Füßen der Südseite des Hügels. 494 Zu erkennen sind noch die folgenden Zeichen: § 1 § 2

„[This stele (is) of PN, the Sun-blessed ma]n. To me the gods [gave] food to eat.“ 495

Das Stelenfragment wird von H. Peker ins 8. Jh. datiert. 487 Peker 2014, S. 190. Yakubovich 2016, S. 481 analysiert das dritte Lexem der zweiten Zeile als Adjektiv: „they erected for them this good stele“. 488 Hawkins 2000, S. 88, 90. 489 Peker 2014, S. 192. 490 Siehe unten. 491 Peker 2014, S. 191. 492 Bonatz 2000a, S. 115. 493 Peker 2016, S. 44–45, Taf. XXXIII–XXXIV. 494 Peker 2016, Taf. XXXVI, Nr. 30. 495 Peker 2016, S. 44.

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Karkamiš

Zusammengefasst lassen sich die Stelen, abgesehen von dem Exemplar aus Kreide, in drei verschiedene Gruppen einteilen: zwei kleine Bildstelen mit Speisetischszene ohne Text, sechs hieroglyphenluwische Inschriftenstelen mit (abgestuften) Zinnen und / oder Rosetten als vermutlich einziger Verzierung sowie eine wohl überlebensgroße Monumentalstele mit Bild und beigefügter Inschrift. Auch die Bandbreite bei der Größe der Stelen, die Verwendung von verschieden schwierig zu bearbeitenden Materialien – Kreide, Kalkstein, Basalt – sowie die unterschiedlichen Techniken der Steinbearbeitung sind bemerkenswert. Ob die unterschiedliche Ausführung auf einem ungleichen sozioökonomischen Hintergrund beruht, muss vorläufig offenbleiben. 496 Da die Gräber ansonsten jedoch einen homogenen Eindruck erwecken, 497 könnte dies auf andere Aspekte zurückzuführen sein. Aufschlussreich ist die Tatsache, dass alle Inschriften in Hieroglyphenluwisch  –  und keine in Aramäisch  –  abgefasst waren und sich somit vermutlich eine Beziehung zwischen einer mehrheitlich luwischsprachigen Bevölkerung und den hier vorgefundenen Gräbern konstatieren lässt. 4.1.5.3.8 Opfertische Im Zusammenhang mit den Grabstelen von Yunus sind zudem die an der Oberfläche gefundenen, sog. Opfertische zu diskutieren, von denen auch mehrere Exemplare im Stadtgebiet von Karkamiš lokalisiert worden sind (Abb. 58). Insgesamt sind 12 Stück dieser großen, bis zu einem Meter im Quadrat in der Grundfläche messenden Basalt- oder Kalksteinblöcke dokumentiert worden, 498 von denen drei oder vier in Yunus noch an der Oberfläche sichtbar gewesen sein sollen. 499 An anderer Stelle schreibt C. L. Woolley, dass die in Yunus gefundenen, verglichen mit der Anzahl aus dem Stadtgebiet, zahlreicher seien, 500 was auf mindestens sieben Exemplare schließen ließe. Im Laufe der neuen Ausgrabungen sollen insgesamt 30 Exemplare oder deren Fragmente dokumentiert worden sein. 501 Aus dem Stadtgebiet werden die Fundorte von vier Opfertischen angegeben: In der Cella des Wettergotttempels, in einer Grube neben dem ḫilāni-Bau zusammen mit 496 Im Gegensatz dazu stehen bspw. die nahezu uniformen Grabsteine von Tyros al-Baṣṣ, deren Einheitlichkeit, die sich auch in den Grabinventaren widerspiegelt, von María E. Aubet sozioökonomisch interpretiert wird. Aubet 2004, S. 61. 497 Woolley 1939, S. 16. 498 Woolley 1921, S. 93–95, Abb. 27a-h, Taf. 12; ders. 1939, S. 14, Taf. III, 1; ders. 1952, S. 159, 170, 181–182, Abb. 69, Taf. 31a, 35a; Ussishkin 1975. Falls der in Woolley 1952, S. 170 erwähnte und auf Taf. 35a abgebildete Opfertisch aus dem Wettergotttempel nicht mit Woolley 1921, Abb. 27a identisch sein sollte, wären es 13 Exemplare. Zusätzlich könnte es sich bei dem neben dem Great Lion Slab befindlichen Steinblock mit einer großen, quadratischen Vertiefung in der Mitte (45 × 45 × 14 cm) und einer flachen Mulde daneben entweder um eine Statuenbasis oder einen weiteren Opfertisch gehandelt haben. Woolley 1952, S. 171; Gilibert 2011, S. 34, Anm. 75. 499 Woolley 1939, S. 14. 500 Woolley 1921, S. 93–94. 501 Marchetti 2016b, S. 61, Anm. 14.

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Karkamış bzw. Ǧarāblūs / Karkamiš

a

f

d

b g

h c

e

Abb. 58: Opfertische aus Karkamiš und aus Yunus.

der mittelbronzezeitlichen Sitzstatue eines Königs, vor dem Südtor der Innenstadt und in situ direkt vor dem sog. Great Lion Slab, auf dem Sonnen- und Mondgott dargestellt sind. Morphologisch lassen sich die Opfertische in drei Gruppen einteilen: Die erste Variante ist durch drei kleine, flache und runde Mulden, den sog. „cup-hollows“ (C. L. Woolley) bzw. „cup-marks“ (D. Ussishkin), zu deutsch Napflöcher, gekennzeichnet, die auf einer abgesetzten Randleiste angebracht und manchmal durch eine Umrandung von der Leistenfläche abgesetzt worden sind. 502 Bis auf eine Ausnahme befindet sich zudem in der Mitte der Fläche eine quadratische oder rechteckige Vertiefung, ca. 20 bis 30 cm tief, die manchmal von einer kleinen Leiste umgeben war. Von ihnen sind mindestens sechs Stück gefunden worden, wovon mindestens ein Exemplar aus Yunus und eines vom Süd502 C. L. Woolley schreibt zwar, dass „three […] the normal number, but not the invariable number“ sei, aber auf allen sechs publizierten Exemplaren dieser Variante sind es drei. Möglicherweise bezieht er sich hierbei auf die dritte Variante der Opfertische. Woolley 1921, S. 94, Abb. 27e, h.

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Karkamiš

tor stammt. Die zweite Variante ist dreimal dokumentiert, darunter auch das Exemplar neben dem ḫilāni-Bau. Bei ihr befindet sich stets eine rechteckige Vertiefung in einer Ecke und der größte Teil des Tisches wird von einer eingefassten und mit einem Ausfluss versehenen, abgeschrägten Fläche eingenommen. 503 Diese drei Charakteristika sprechen für die Verwendung einer flüssigen Opfermaterie. Zusätzlich bei zwei Exemplaren eine zweite, gleich gearbeitete Vertiefung am selben Rand wie die erste, gegenüber vom Ausfluss, eingearbeitet. Die rechteckigen Vertiefungen an den Rändern sind ca. 9 bis 9,5 cm tief und somit im Vergleich zur ersten Variante deutlich flacher und deshalb vielleicht in einer anderen Funktion genutzt worden. Im Fall der dritten und letzten Kategorie sind die „cupmarks“ auf kleineren Steinblöcken, genauer, auf deren halbrunden, ovalen oder dreieckigen Erhöhungen angebracht. 504 Sie weisen kein offensichtlich inhärentes Muster oder Schema hinsichtlich ihrer Anordnung auf. Während C. L. Wolley zunächst für die Opfertische insgesamt angenommen hat, dass sie entweder ohne dazugehörige Objekte verwendbar waren oder vor Statuen und Schreinen standen, da er im Fall des ersten Typs das mittige Loch eher für ein Bassin als für einen Sockel hielt, hat er es später ohne Angabe von Argumenten vorgezogen, die Opfertische aus Yunus als Basen für die dort gefundenen Grabstelen zu betrachten. 505 Die kleineren Mulden werden von D. Ussishkin als Behälter zur Aufnahme von flüssigen Opfergaben oder Libationen gedeutet. 506 C. L. Woolley möchte eine Halterfunktion für Töpfe, in denen sich dann die Opfergaben befanden, in manchen Fällen nicht ausschließen. 507 Wie bereits erwähnt, befand sich je ein Exemplar in der Cella des Wettergotttempels bzw. vor dem Great Lion Slab, d.h. sie erfüllten ihren Zweck demnach im Tempel- bzw. Götterkult. Vermutlich ist hierzu auch der Opfertisch vom Südtor zu rechnen, der zur Beopferung des neben ihm liegenden Löwenorthostaten gedient haben könnte. 508 Ein länglich geformtes Exemplar, welches aufgrund seiner Beschaffenheit jedoch eine ähnliche Funktion erfüllt haben dürfte, existierte mit dem Basaltblock aus dem „Kultraum“ von Tell Ḥalaf und kann als Libationsplatte interpretiert werden. 509 Weitere Vergleichsbeispiele bilden vier als Libationstische bezeichnete Objekte des „Orthostatentempels“ in Area H von Hazor aus der Schicht 1A bzw. 1B, d.h. aus der Spätbronzezeit II, deren Vorbild, der Altar aus Area F, aus Schicht 3 bzw. der Mittelbronzezeit II stammt. 510 Insbesondere im Falle der Exemplare H 2126/1 und H 138, deren tieferes Kompartiment kleiner ist und in der Ecke der Blöcke liegt, ist die Verbindung zu dem Exemplar aus Karkamiš mit nur einer Vertiefung kaum übersehbar. 511 Weitere Exemplare stammen aus Alalaḫ, 503 504 505 506 507 508 509 510 511

Woolley 1921, S. 94, Abb. 27a–b; ders. 1952, S. 181–182, Abb. 69. Woolley 1921, S. 94, Abb. 27e, h. Woolley 1921, S. 94; ders. 1939, S. 14. Ussishkin 1975, S. 101–102 tut dies am Beispiel einer Gruppe von Statuen bzw. deren Basen (B. 34), bezog im Folgenden jedoch Opfertische ebenfalls mit ein. Woolley 1921, S. 94. Gilibert 2011, S. 24, Anm. 48. Beck 1989, S. 332, Anm. 82. Vgl. Abschnitt 3.1.3.2.1. Beck 1989, S. 330–334, Taf. CCLXXXIV, 6, CCCXXXII, 5–6, Feldnr. H 2126/1, H 138. Woolley 1921, Abb. 27a.

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Karkamış bzw. Ǧarāblūs / Karkamiš

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aus den Schichten III bzw. 0 des Tempels, 512 weisen dieselben Elemente wie in Karkamiš, rechteckige und runde Vertiefungen, dazwischen aber auch zusätzliche Kanäle auf. 513 Ein längliches Exemplar aus dem Tempel D in Ebla, Schicht IVB, d.h. um ca. 1250 datierend und vor zwei Betylen liegend, besteht dagegen lediglich aus zwei runden Vertiefungen. 514 Daraus ergäbe sich nach P. Beck die Schlussfolgerung, dass unstratifizierte Opfertische aus Karkamiš tendenziell (spät-) bronzezeitlich datieren und vor Stelen oder Statuen platziert wurden. 515 Allerdings muss auf einen wichtigen Unterschied hingewiesen werden: Im Gegensatz zu den Vergleichsbeispielen stammen mindestens zwei Opfertische nicht aus Gebäuden, sondern befanden sich unter freiem Himmel, was auch auf die Opfertische aus Yunus zugetroffen haben dürfte, falls es sich dabei um ihren originären Aufstellungsort handelte. Bezüglich der Funktion der Opfertische aus Yunus gibt es somit letztlich drei Möglichkeiten. Falls sie dort aktiv benutzt wurden, dienten sie entweder zusammen mit Stelen oder separat Opferzwecken, wobei ersteres aufgrund der Kontexte anderer Opfertische wahrscheinlicher ist. Eine zweite Möglichkeit stellt die Entsorgung von Opfertischen aus Karkamiš dar, wobei die Grube mit dem Opfertisch neben dem ḫilāni-Bau gegen einen solchen Arbeitsaufwand spricht. Ausgeschlossen werden kann dagegen wohl die Verwendung im Rahmen eines Götterkultes, da sich bis dato keine archäologischen Spuren eines Heiligtums nachweisen lassen und die parallele Existenz von Nekropolen und Heiligtümern aufgrund der kultischen Unreinheit der menschlichen Überreste vermutlich ein schwer zu überwindendes Hindernis darstellte. 516 Erstere Deutung findet Unterstützung durch die Libationsplatte aus dem „Kultraum“ von Tell Ḥalaf, die wahrscheinlich im Rahmen des dort praktizierten Ahnenkultes verwendet wurde, sowie durch das Steinbassin vor den Stelen von Altıntepe, welche sich in unmittelbarer Nähe der Gräber erhoben. 517 Speziell für eine Deutung der Opfertische zur Aufnahme von Libationen im Kontext der Begräbnishandlungen spricht die Inschrift YUNUS 1. Ihre gegenüber den kleinen Stelen mit Ritzzeichnungen sowie dem Stelenzapfen der Stele mit der Inschrift YUNUS 1 deutlich größeren Maße und die schmalen Leisten um manche Vertiefungen der ersten Variante der Opfertische lassen eine Verwendung als Basen für Stelen unwahr512 In einer der Vertiefungen des Opfertisches aus Tempel III befanden sich noch Tierknochen; allerdings handelte es sich nach der Interpretation C. L. Woolleys bei diesem Fundort, südöstlich des Schreins B um die Müllgrube des Tempels, inklusive vieler anderer Tierknochen, so dass dies eher kein belastbares Argument für die Opferung von Tieren mithilfe dieses Opfertisches darstellt. Woolley 1955, S. 77 contra Beck 1989, S. 334. 513 Beck 1989, S. 332. Vgl. Woolley 1955, S. 77, 89, Anm. 3, 405, Abb. 79, Taf. XIIIb, eventuell auch Abb. 80h ohne weitere Informationen zum Objekt. 514 Matthiae 1980, S. 132, Taf. 36. 515 Beck 1989, S. 334. 516 Vgl. Scurlock 2002, S. 2. Eine Ausnahme zu dieser Regel scheint die Grablege Panamuwas I. von Sam’al in Gerçin darzustellen, die sich laut Inschrift KAI 214 in der Nähe einer Hadadstatue befand. 517 Das Bassin unterscheidet sich zwar in seiner Form erheblich von den syrischen Opfertischen, seine Funktion ist jedoch vergleichbar. Vgl. Özgüç 1969, Abb. 33.

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Karkamiš

scheinlich erscheinen, ohne dass dies ausgeschlossen werden kann. Außerdem liegt sowohl bei der Stele mit der Inschrift YUNUS  1 als auch bei einigen der Stelen anderer Fundorte mit erhaltenem Zapfen meist ein quaderförmiger und höchstens zweimal ein kubischer Zapfen vor, so dass eine quadratische Form der Vertiefung unpassend wäre. 518

4.2

Weitere Fundorte

4.2.1

Yurtbağı

Von der kleinen und größtenteils geplünderten Begräbnisstätte bei Yurtbağı (früher Mercihamiş bzw. Marǧ Ḫamīs), 4 km nördlich von Karkamiš, wurden acht Gräber wissenschaftlich erfasst und eines davon in Form einer Beschreibung publiziert. C. L. Woolley schätzt anhand der Berichte der Dorfbewohner, die von ca. 100 Vasen, die meisten davon in großen Wannen, berichteten, dass etwa 30 weitere Gräber mit einer Wannenabdeckung vor Ort existiert haben könnten. Außerdem ist die Existenz von einer als Basis verwendeten Basaltschale dokumentiert. 519 Der Ort wurde 2011 von der italienisch-türkischen Mission im Rahmen eines Surveys erneut besucht, wobei unklar ist, was damit gemeint ist, dass die Nekropole „sicuramente parte di un complesso sacro extraurbano“ 520 gewesen sei. Ebenfalls unklar ist, ob dieser Ort identisch mit der 0,8 ha großen archäologischen Stätte ist, die vom Tigris-Euphrates Archaeological Reconaissance Project unter Guillermo Algaze untersucht wurde und ca. 100 m südlich von Yurtbağı liegt, wo kein solcher Komplex identifiziert werden konnte. 521 Unterschiedlich starke Verbrennungsspuren zeigen deutlich, dass der Kremationsprozess hier nicht einheitlich verlief. Auf der einen Seite gab es menschliche Überreste, die kaum Brandspuren aufwiesen, d.h. sich vermutlich noch im anatomischen Verband befanden, während der Inhalt anderer Urnen nur noch aus Ascheresten bestand. 522 Ungleichmäßige Verbrennungen bzw. partielle Kremationen sind außer in Yurtbağı in Tell Šiyuḫ Fawqānī, Tell an-Naṣrīya, Rās al-Bassīṭ sowie vermutlich in Yunus belegt und demnach keine untypische Erscheinung. Ebenfalls im Einklang mit den Funden aus dem Brandgräberfeld von Yunus steht das Fragment einer Grabstele (18 × 14 cm) aus Kalkstein, bei dem die typische Zinnenfriesbe-

518 Bonatz 2000a, Taf. VIII, C 3 aus Samsat, C 4 aus Arslān Ṭāš (erkennbar bei Bonatz 2000b, S. 200, Abb. 12), Taf. IX, C 11 aus Nayrab, Taf. XIII, C 30 wohl aus der Gegend von İslahiye, Taf. XIV, C 32 aus der Nähe von Karaburçlu, Taf. XVII, C 46 aus Zincirli. Taf. XIX, C 53 aus Maraş und Taf. XXII, C 67 aus Nayrab (vgl. Abschnitt 7.3.3.3) könnten dagegen einen etwa kubischen Zapfen gehabt haben. 519 Woolley 1939, S. 20, 37; Bonomo 2016, S. 171–172. 520 Bonomo 2016, S. 171. 521 Algaze et al. 1994, S. 83. 522 Woolley 1939, S. 20.

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Weitere Fundorte

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krönung ohne Stufen noch auszumachen ist. 523 Von der Inschrift dieses Fragmentes ist folgender Beginn noch lesbar: § 1

„This stele (is) of Astitarhunzas the S[un-blessed man …]“ 524

Aufgrund der Ähnlichkeit zu anderen Grabstelen aus und um Karkamiš ist auch hier ein Entstehungsdatum innerhalb des 8. Jh. angenommen worden. 525 Der kaum noch lesbare Titel scheint wie bei den Grabstelen auf der Akropolis von Karkamiš auf einen hohen Beamten des Königs, eventuell den lokalen Herrscher, hinzuweisen. An Kleinfunden aus Yurtbağı sind abgesehen von den Grabgefäßen und Abdeckungen 20 Astragali in einem Grab, die Bronzefigurine eines Gottes, ein Siegel sowie ein Eisenfragment zu nennen. 526 Die Figurine könnte ein weiteres Indiz für die Verbindung zwischen dem Umgang mit den Toten und dem Wettergott in der Eisenzeit darstellen. 527 Außerdem wurde neben fünf Siegeln 528 ein zoomorphes Räuchergefäß vor Ort angekauft, das eventuell ebenfalls aus den Gräbern stammen könnte. 529 Entsprechende Gegenstücke aus Karkamiš und Tell Šiyuḫ Fawqānī stammen allerdings aus dem Stadt- bzw. Wohngebiet. 530 Bezüglich der Datierung hegt C. L. Woolley zwar den Verdacht, dass die Gräber aus Yurtbağı älter sein könnten als die aus Yunus; als Argumente liegen jedoch nur die archaische Bronzefigurine sowie ein frühes Keramikgefäß vor, so dass er davon letztlich Abstand nimmt. 531 Eventuell könnte auch der hohe Prozentsatz an Wannen zur Abdeckung der Gräber als Argument genannt werden, da C. L. Woolley sie in Yunus für die ältere Grabform hält. 532 Ebenso hat bereits D. G. Hogarth in Form und Bemalung eine leichte Vorzeitigkeit der Keramik aus Yurtbağı erkannt. 533 Zudem sind die fünf angekauften Siegel aus Yurtbağı von Dominique Collon mit einer gewissen Unsicherheit ins 9. bis 10. Jh. eingestuft worden; drei davon weisen Brandspuren auf. 534 Deshalb ist eine Tendenz zu einer früheren Datierung der Gräber von Yurtbağı im Verhältnis zu den Yunus-Gräbern nicht gänzlich von der Hand zu weisen.

523 Woolley 1921, S. x, Taf. A. 18f *; ders. 1952, S. 273, Taf. AC, A.18f; Voos 1986, Kat.-Nr. 92; Hawkins 1989, S. 193–194; ders. 2000, S. 186, Taf. 67. 524 Hawkins 2000, S. 186. 525 Hawkins 2000, S. 186. 526 Woolley 1939, S. 20, 37, Taf. XVI, c, XX, d, XXI, 9; Marchetti 2014b, S. 314, Taf. XXVIII. 527 Voos 1986, S. 162. 528 Hogarth 1920, S. 79–80; Collon 2001, S. 35–37, 64, 67, Nr. 1, 6, 8–9, 103. 529 Searight et al. 2008, S. 66, Abb. 37, Nr. 468. 530 Woolley 1952, Taf. 69d (ohne Angabe des genauen Fundortes); Makinson 2005, S. 424–425, 547, Taf. 37, Nr. 248, 43, Nr. 282–283. 531 Woolley 1939, S. 20. Auch Ora Negbi sieht die Figurine als Produkt der Eisenzeit I an, wobei dieser Typ bereits in der Spätbronzezeit II ausgebildet ist. Negbi 1976, S. 36, Nr. 1394. 532 Woolley 1939, S. 17. 533 Hogarth 1920, S. 9, 79. 534 Collon 2001, S. 35, 64.

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Karkamiš

4.2.2

Gürçay

In der Nähe des Dorfes Gürçay, 6 km nördlich von Karkamiš, wurden zwei nicht zusammenhängende Fragmente (A: 0,71 × 0,42 × 0,40 m, B: 1,12 × 0,54 × 0,39 m) einer Basaltstele an der Oberfläche gefunden, bei der es sich eventuell um eine funeräre Stele handeln könnte (vermutete Originalgröße ca. 2,10–2,20 × 0,85 m). 535 Ihre Zugehörigkeit scheint jedoch durch das identische Material, die annähernd gleiche Tiefe, die Proportionen der Ellenbogen sowie die vergleichbare Größe der Schrift gesichert zu sein. 536 Während auf dem ersten Fragment die linke Schulter und der linke Arm einer bekleideten menschlichen Figur mit einem geschulterten Bogen noch gut zu erkennen ist, wurden auf dem zweiten Exemplar der rechte Ellenbogen sowie ein Teil des Gewandes abgeschlagen. Sowohl zwischen Schulter und Bogen als auch unter dem Ellenbogen bzw. links des Gewandes befinden sich luwische Hieroglyphen: A B

1´ §1´ 2´ 3´ §2´ 4´ 5´

„… my … … destroys / erases and against him may Tarhunta and g[oddess Kubaba] be the prosecutors!“ 537

Die Inschrift lässt demnach keinen Schluss auf die Verwendung der Stele zu. Ikonographisch sowie paläographisch kommt eine Entstehung im 9. oder 8. Jh. in Betracht. 538 Aus der Abbildung einer antropomorphen Figur mit einem Bogen schließt N. Marchetti auf eine Interpretation als Gott, da Bogenträger von hethitischer bis zur mittleren Eisenzeit, angeblich „almost without exceptions“, 539 Götter seien. Diese Behauptung ist jedoch äußerst problematisch, da aus der Eisenzeit fünf Götterdarstellungen mit geschultertem Bogen bekannt sind, 540 während 10 oder 11 Abbildungen auf Stelen bogentragende Menschen sind, die alle bis auf eine von D. Bonatz als Grabdenkmal betrachtet werden. 541 Entgegen der Darstellung von N. Marchetti und H. Peker sind Götter mit einem geschulterten Bogen in der hethitischen Großreichszeit seltener belegt. 542 Von den von ihnen angeführten Beispielen kann keines eindeutig als Gott angesprochen werden: Das Relief in 535 Marchetti und Peker 2014. Vergleicht man Taf. XV, Foto 2 mit den auf S. 183 angegebenen Maßen, so scheinen Höhe und Breite jeweils vertauscht worden zu sein. 536 Marchetti in ders. und Peker 2014, S. 182. 537 Peker in Marchetti und Peker 2014, S. 185. 538 Marchetti und Peker 2014, S. 184–185. 539 Marchetti in ders. und Peker 2014, S. 184. 540 Orthmann 1971, Hacı Bebekli 1 (Stele), Karasu 1 (Felsrelief), Malatya A/9b (Orthostat) sowie zwei Orthostaten aus dem Wettergotttempel von Aleppo. Gonnella et al. 2005, Abb. 131, 137. 541 Bonatz 2000a, S. 78–79: C 4–8, 53–55, 58 (?), 69 ohne die Berücksichtigung einer Stele aus Maraş, auf der u.a. ein Reiter einen Bogen trägt. Vgl. Voos 1985, S. 65–68, Abb. 1; ders. 1986, S. 111–114, Kat.-Nr. 76. 542 Marchetti und Peker 2014, S. 184, Anm. 3.

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Weitere Fundorte

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Kammer 2 der Südburg von Ḫattuša stellt einen vergöttlichten Herrscher dar und dem Relief aus dem Gebäude  D in Ortaköy / Šapinuwa fehlt die obere Hälfte, so dass eine Identifizierung nicht möglich ist. Alle anderen jedoch – die Felsreliefs von Karabel, Hemite, Hanyeri sowie İmamkulu – stellen nachweislich Könige bzw. Prinzen dar 543 und können daher nicht als Argumente für eine Interpretation der Relieffigur von Gürçay als Gott angeführt werden. Abgesehen von diesen Beispielen sind die Reliefs aus Hatip und Fıraktın zu nennen, die jeweils einen König bzw. einen Prinzen mit Bogen zeigen, während die Stele aus Altınyayla den Gott Kurunti / Runtiya abbildet. 544 Die Begründung steht demnach auf wackligen Füßen, insbesondere wenn das quantitative Verhältnis zwischen Menschen- und Götterdarstellungen auf Stelen beschränkt wird (10 / 11 : 2), so dass eine Interpretation der Darstellung als die eines verstorbenen Menschen nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern präferiert werden sollte. Des Weiteren vermutet N. Marchetti, dass die Stele an der Straße stand, die am Euphrat entlang aus Karkamiš heraus nach Norden führte, da Spuren einer Siedlung nicht zu finden waren. 545 Dass luwische Totendenkmäler bewusst an extramuralen und „verkehrsgünstigen“ Plätzen an Flüssen aufgestellt wurden, kann mit dem Fund der Statuenbasis mit der Inschrift JISR EL HADID 4, die sich explizit an Reisende richtete, als gesichert gelten. 546

4.2.3

Yeşerti

In Yeşerti, früher Kefrik, von C. L. Woolley als Kourik bezeichnet, 15 km westlich von Karkamiš, haben C. L. Woolley und T. E. Lawrence Objekte aufgekauft, welche die Existenz von eisenzeitlichen Kremationen nahelegen und – bis auf eine mittelalterliche Bronzeschale sowie eventuell einer Bronzepyxis und zwei Kajalstiften – aus einem Grab stammen sollen. 547 Falls dies zutreffend sein sollte, handelt es sich um ein insgesamt 40-teiliges Grabinventar, dass den Vergleich mit den reichhaltigsten Urneninhalten aus Yunus nicht zu scheuen bräuchte. Abgesehen von der Urne gehören dazu u.a. fünf Krüge, eine Henkeltasse und drei Schalen aus Keramik, eine aus Bronze, aber als „goldfarben“ 548 beschrieben, zwölf bronzene Armreifen, ein Paar Bronzeohrringe, ein Siegel und zwei Skarabäen, zwei Terrakottafigurinen, stehende Frauen mit Händen über der Brust, sowie mindestens vier dekorierte Röhren aus Knochen, fast alle mit starken Brandspuren. Nach G. Lehmann lässt sich die Keramik analog zu Deve Höyük I und Yunus bis ca. 700 datieren. 549 543 Börker-Klähn 1982, S. 255–256, 258–260 (Nr. 311, 314–316), Süel 2009, S. 202, Abb. 12. Vgl. Bonatz 2000b, S. 207. 544 Ehringhaus 2005, S. 59–65, 80–83, 101–107, Abb. 113, 148, 184–186. 545 Marchetti in ders. und Peker 2014, S. 184. 546 Vgl. Dinçol et al. 2014b. 547 Hogarth 1920, S. 41, Nr. 241; Moorey 1980, S. 146–152; ders. 2005, S. 229–230; Lehmann 1996, S. 161. 548 Moorey 1980, S. 148. 549 Lehmann 1996, S. 96.

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216 4.2.4

Karkamiš

Deve Höyük

Die Gräber von Deve Höyük, 26 km westlich von Karkamiš im Sāǧūrtal, aber abseits des Flusses, wurden 1913 beim Bau der Bagdadbahn, im Zuge dessen sie aufgrund der Erdarbeiten zum Vorschein kamen, systematisch geplündert, wobei ein Teil der Objekte von T. E. Lawrence und C. L. Woolley, die zu dieser Zeit in Karkamiš Ausgrabungen durchführten, für europäische Museen aufgekauft wurde. Beide waren teilweise Augenzeugen dieser Schatzsuche. 550 Die Objekte lassen sich grob in mindestens zwei größere Fundgruppen einteilen, in die eines eisenzeitlichen Brandgräberfeldes, als Deve Höyük I bezeichnet, und die einer achämenidenzeitlichen Nekropole, in der die Toten unverbrannt in Steinkistengräbern beigesetzt wurden, Deve Höyük II. Möglicherweise existierte zudem ein partherzeitlicher Friedhof, welcher konsequenterweise die Bezeichnung Deve Höyük  III erhielte. 551 Die Kremationsgräber von Deve Höyük I befanden sich jenseits einer flachen Senke, die den Tell umgibt, auf der Nordostseite. 552 P. R. S.  Moorey hat zunächst vermutet, dass die Mehrheit der Gräber von Deve Höyük I wahrscheinlich aus dem 8. Jh. stammt, mit einigen Ausnahmen aus dem 7. Jh. Danach vertrat er allerdings die Ansicht, dass diese größtenteils in das 7. Jh. zu datieren seien. 553 G. Lehmann bleibt dagegen aufgrund der großen Ähnlichkeit zu den Objekten aus Yunus und somit auch zu denen aus Ḥamā bei einer Datierung bis ca.  700. 554 Die jüngeren Gräber sind der Achämenidenzeit zuzuordnen und werden von ca. 480 bzw. 520 bis ca. 380 datiert. 555 Allerdings fallen nicht alle Objekte in einen dieser beiden zeitlichen Rahmen. Bei einigen Bronzenadeln vermutet P. R. S. Moorey, dass sie aus der Spätbronzezeit stammen könnten, während Harald Klein sich dessen sicher ist und zwei davon sogar in die Früh- und Mittelbronzezeit datiert. 556 Außerdem stammen zwei Fibeln aus dem 11. bis 10. Jh, 557 andere aus den Jahrhunderten zwischen Deve Höyük I und II, so dass eine weitgehend kontinuierliche Besiedlung des Ortes zwischen dem 8. und dem 4. Jh. potenziell vorstellbar ist. 558 Die Urnen waren meistens unbemalt und mit einem Keramikteller oder einer goldfarbenen Schale aus Bronze bedeckt. Darüber wurde entweder ein Glockenkrater oder häufiger eine Keramikwanne gestülpt. Kleine Objekte befanden sich im Inneren der Urne, während weitere Keramikgefäße oder -figurinen um die Abdeckungen herum gruppiert

550 551 552 553 554 555 556

Woolley 1914, S. 87; ders. 1914–1916, S. 116; Moorey 1980, S. 1–2. Moorey 1980, S. 10. Moorey 1980, S. 5. Moorey 1980, S. 5; ders. 2005, S. 228. Lehmann 1996, S. 26, Tab. 2.4.1., 34, 96, 133. Moorey 1980, S. 8: ab 480; Nunn 2001, S. 421: ab 520. Moorey 1980, S. 92; Klein 1992, S. 11, 338. Aus der Mittelbronzezeit stammen auch zwei Keramikgefäße: Moorey 1980, S. 12, die P. R. S. Moorey als „survivors“ interpretiert. 557 Pedde 2000, S. 48, Nr. 36–37. 558 Pedde 2000, S. 49.

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Weitere Fundorte

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wurden. 559 Von Stelen wird nichts berichtet, ein Opfertisch dagegen ist in sekundärer Fundlage gefunden worden. Im Repertoire von Deve Höyük I finden sich Keramikkrüge, -flaschen und -schalen, Terrakottafigurinen, Fibeln, Siegel, Kosmetikartikel, Schmuck, aber keine Waffen. Die Zuordnung der wenigen Spinnwirtel ist unklar; es scheinen sich jedoch keine Brandspuren zu manifestieren. 560 Der Befund entspricht demnach zu einem überwiegenden Teil dem Schema der Gräber aus Karkamiš und der näheren Umgebung und weist darüber hinaus trotz des Übergangs von Kremation zu Inhumation eine weitgehende Übereinstimmung mit dem Grabinventar von Deve Höyük II auf. 561 Unter den herauszuhebenden Funden befinden sich zwei Stempelsiegel aus Steatit mit luwischer Inschrift, die als Produkte der Spätbronzezeit aufgefasst werden müssen und entweder Erbstücke darstellten oder wiederverwendet wurden. 562 Eines dieser sowie ein weiteres Siegel aus dem 8. oder 7. Jh., die sicher den Kremationen zugeordnet werden können, trugen ebenso wie manch andere Kleinfunde Brandspuren, was ein Indiz dafür darstellt, dass sie entweder mit dem Toten zusammen verbrannt oder auf die noch heiße Asche in der Urne gelegt wurden. 563 Darüber hinaus ist ein Rollsiegel mit einer Speise­ tischszene und einer Flügelsonne bemerkenswert, da es die gleiche Kombination wie auf manchen Grabdenkmälern wiedergibt. 564 Vorausgesetzt, dass es sich bei der Darstellung um ein funeräres Mahl handelt, könnte es ein weiteres Indiz dafür darstellen, dass die Speisetischszene sich auch in den unteren Bevölkerungsschichten einer gewissen Beliebtheit erfreute. 565 Auch ein Salbschalenfragment sowie ein Keramikgefäß, das einer feedingbottle ähnelt und von P. R. S. Moorey mit dem entsprechenden Gefäß auf dem Speise­ tischszenenorthostaten des Water-Gate verglichen wurde, lassen Parallelen zu Yunus bzw. Karkamiš erkennen. 566 An Terrakotten aus Deve Höyük sind eine Pferde- und vier Reiterfigurinen sowie vier stehende Frauen zu nennen. Eine Frauenfigurine wurde mit Händen vor der Brust und eine mit Kind auf dem Arm dargestellt; letztere wurde angeblich in der Urne selbst gefunden. 567 Wie erwähnt, scheint in Deve Höyük keine Grabstele gefunden worden zu sein, was die Bedeutung des Siegels mit der Speisetischszene betont. Dagegen ist ein mit den Exemplaren aus Karkamiš vergleichbarer Opfertisch in sekundärer Verwendung in einem 559 Woolley in Moorey 1980, S. 5. Auch hier muss offenbleiben, ob es sich um goldfarbene oder vergoldete Bronzeschalen handelte. Keine der von P. R. S.  Moorey veröffentlichten Bronzeschalen konnte sicher Deve Höyük I zugeordnet werden und keine wird wie das Exemplar aus Yeşerti als „goldfarben“ bezeichnet. Moorey 1980, S. 28–32, 148. 560 Moorey 1980, S. 127; Klengel-Brandt 1990, S. 145. 561 Woolley 1914, S. 96, 98. 562 Woolley 1939, S. 18; Moorey 1980, S. 111, Nr. 463–464. 563 Moorey 1980, S. 111–112. 564 Woolley 1914, S. 96, Taf. XXVII, g; Moorey 1980, S. 108, Taf. I, 449. 565 Voos 1986, S. 106–107. 566 Moorey 1980, S. 18, 46–47, Abb. 3 26, 8 140. Das Salbschalenfragment ist jedoch nicht explizit den Kremationsgräbern zugeordnet. 567 Moorey 1980, S. 100–101, Abb. 17; ders. 2005, S. 229, Nr. 358–359; Klengel-Brandt 1990, S. 143– 144, Nr. 84–86. An einer Reiterfigurine ist bemerkenswert, dass sich vor dem Reiter zwei große Behälter auf dem Pferd befinden.

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Karkamiš

Kistengrab der Achämenidenzeit von C. L. Woolley gesichtet worden. Dieser wies drei flache Mulden auf und ist daher dem oben beschriebenen Typ 1 zuzurechnen. 568

4.2.5

Abb. 59: Stele mit Inschrift EKİNVEREN bzw. TİLSEVET.

§§ 1–7

Ekinveren

Die Basaltstele der Uwawa (1,31 × 0,47 × 0,13  m, Abb. 59) mit der Inschrift TİLSEVET bzw. EKİNVEREN und einer abgestuften Zinnenfriesbekrönung stammt aus der Nähe des heutigen Dorfes Ekinveren (früher Tilsevet), 32 km westlich von Karkamiš und ebensoweit in südöstlicher Richtung von Gaziantep. 569 Sie war zum Zeitpunkt ihrer Auffindung in einem Steinkistengrab einer römischen Nekropole verbaut, etwa 1,5 km südlich des modernen Dorfes, das sich auf einem Tell befindet. Der Vermutung von J. D. Hawkins zufolge könnte es sich angesichts des funerären Kontextes bei dieser Stele um einen in situ-Fund gehandelt haben, was angesichts der Position der Stele in der Seitenwand des Steinkistengrabes jedoch zweifelhaft erscheint. 570 Zudem ist kein weiteres Steinkistengrab aus der Eisenzeit bekannt, aber in persischer Zeit sind diese im nicht weit entfernten Deve Höyük belegt. Die Inschrift lautet:

„This stele was erected as Uwawas’s. I enjoyed my womanly times fully. I pledged (male) issue, but I gave female issue. This stele my children erected for me in goodness. Who(soever) tramples on this stele, may the gods litigate against him!“ 571

568 Woolley 1914–1916, S. 116; ders. in Moorey 1980, S. 7. 569 Kalaç 1968; Voos 1986, S. 130–131, Kat.-Nr. 93; Hawkins 1989, S. 193–196; ders. 2000, S. 178–180, Taf. 62; Klinger 2011, S. 74; Payne 2012, S. 45–46; dies. 2015, S. 163–164. Hawkins 2000 bezeichnet die Inschrift auch als EKİNVEREN, aber in der wissenschaftlichen Literatur wird sie noch als TİLSEVET angegeben. 570 Klinger 2011, S. 74, Anm. 1 contra Hawkins 2000, S. 178. 571 Payne 2012, S. 46.

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Weitere Fundorte

219

Interessant ist die Nennung der Kinder anstelle des zu erwartenden – ältesten – Sohnes als Errichter der Stele, was in diesem Fall eventuell auf die Tatsache zurückgeführt werden kann, dass es sich bei der verstorbenen Person um eine Frau handelte. 572 Ein weiteres Merkmal der Stele sind die reliefierten abgestuften Zinnen über der Inschrift. S. Soldi deutet diese ähnlich wie drei Stelenfragmente aus Karkamiš, zwei davon aus Yunus, und zwei Bildstelen aus Maraş, als altarähnliche Elemente. 573 Auffällig ist, dass es sich bei der verstorbenen Person der Stele aus Ekinveren sowie den abgebildeten Personen auf den Bildstelen aus Maraş jeweils um Frauen handelt.

4.2.6 Gaziantep Zwei stehende Figuren, eine größere und eine kleinere, sind auf einer im 62  km nordwestlich von Karkamiš gelegenen Gaziantep gefundenen Basaltstele (Höhe ca. 1 m) dargestellt. 574 Die Bildkomposition verweist deutlich auf eine ähnliche Stele aus Tell Aḥmar. 575 Beide zeigen zwei nach links gewandte Personen. Die größere, mit einem langen Schleiergewand bekleidete und somit weibliche Figur hält beide Arme parallel nach vorne ausgestreckt, während die kleinere, männliche Figur unter den Armen dargestellt ist und eine Schale in der zur linken Seite hin erhobenen Hand hält. Der andere Arm ist nicht sichtbar. Einzuordnen ist die Stele nach D. Bonatz ungefähr in die Zeit von 925 bis 850, während der Bildinhalt wahrscheinlich auf eine verstorbene Frau und einen Hinterbliebenen rekurriert. 576 Unabhängig von der umstrittenen Identifizierung von Gaziantep mit Paqarḫubuni oder einer Stadt in der Nähe und der Tatsache, dass diese Stadt im Jahr 858 unter der Herrschaft Aḫunis von Bīt ‘Adini stand, 577 stand dieses Gebiet wohl nur kurzzeitig unter der Herrschaft Bīt ‘Adinis in der Mitte des 9. Jh. 578 Ob dadurch die Ähnlichkeit zur Stele aus Tell Aḥmar bedingt ist, kann nicht abschließend beantwortet werden.

572 Ähnlich bei der Grabinschrift Kupapiyas (SHEIZAR), die von ihren Kindern bestattet wurde, während ihre Enkel, Urenkel und Ururenkel sich um die Errichtung der Stele sorgten. Siehe Abschnitt 8.4.2. 573 Soldi 2019, S. 210–211. Vgl. Orthmann 1971, S. 88, 527, Maraş B/24, Taf. 46,g; Schachner und Schachner 1996; Bonatz 2000a, S. 22, 59, Taf. XX, C 59. 574 Bonatz 2000a, S. 23, 45, 118, Taf. XXIII, C 71. 575 Bonatz 2000a, S. 45. 576 Bonatz 2000a, S. 23, 118. 577 Für eine Identifizierung mit Gaziantep u.a. Younger 2016, S. 316–317; Simon 2019, S. 135–136 mit weiterer Literatur. Dagegen u.a.: Streck 2003–2005; Brown und Smith 2016, S. 29–30 (nördlich von Karkamiš). 578 Brown und Smith 2016, S. 25.

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220 4.2.7

Karkamiš

Çapalı

Aus dem Dorf Çapalı, 23  km südlich von Gaziantep, kommt eine weitere Stele bzw. deren erhaltene obere zwei Drittel mit der Darstellung einer Speisetischszene (Basalt, 84 × 78 × 25 cm), die dort nicht in situ gefunden worden ist. 579 Sie zeigt einen sitzenden Mann in der linken Bildhälfte, der aufgrund des Stabes in seiner Rechten als Herrscher anzusprechen ist. In seiner linken Hand hält er eine Schale. Ihm gegenüber befindet sich ein Mann mit einem Wedel, eventuell ein Bartträger, der zum Teil von einem kleinen Tisch verborgen wird, auf welchem ein Gefäß zu erkennen ist. Die Stele kann nach W. Orthmann der Stilstufe Späthethitisch III zugeordnet werden, was inzwischen dem 8. Jh. entspricht. 580

4.2.8

Unpublizierte Fundorte

Im Zusammenhang mit den Ausgrabungen in Karkamiš hat C. L. Woolley die Namen von drei weiteren Orten entlang des Euphrat- und des Sāǧūrtals, bei denen Kremationsgräber gefunden worden sein sollen, erwähnt: Gaiourilla (Kāwur Allī), Karadashli (Qara Tašlī) und Shebib. 581 Kāwur Allī liegt ca. 29 km und Qara Tašlī etwa 25 km südwestlich von Karkamiš. 582 Seiner Einschätzung nach sollen die dortigen Gräberfelder aus derselben Epoche wie die von Karkamiš stammen, d.h. sie könnten etwa dem 9. bis 7. Jh. zugerechnet werden, was wohl zum Teil mit der Herrschaft Bīt ‘Adinis über dieses Gebiet im mittleren 9. Jh. zusammenfällt. 583 Die Zugehörigkeit dieses Gebietes nach der assyrischen Eroberung von Til Barsip ist dagegen unklar, vermutlich gerieten sie wieder unter die Herrschaft Karkamiš’. Zwei Terrakottafigurinen mit der Herkunftsangabe Kāwur Allī, eine Frau, deren Hände auf ihrer Brust ruhen sowie ein Reiter, sind publiziert worden. 584 In Qara Tašlī fand sich u.a. ein Objekt in Form eines Granatapfels aus Elfenbein, das mit einem Loch durchbohrt war und deshalb als Amulett interpretiert wird. 585 Es könnte sich jedoch ebenso wie in Ḥamā um das Kopfstück eines Zepters handeln. Aus Shebib hat C. L. 579 Bossert 1959, S. 276–277, Taf. LI, Abb. 14; Orthmann 1971, S. 52, 366, 373, 375, 481; Taf. 5,f, Çapalı 1; Voos 1986, S. 94; Kat.-Nr. 46; Bonatz 2000a, S. 20, 39, 116, Taf. XVI, C 43; Rehm 2016, S. 93, B 6. 580 Orthmann 1971, S. 481; ders. 2013b, S. 531. Vgl. Bonatz 2000a, S. 20, ca. 850–750, was ebenfalls der Stilstufe Späthethitisch III nach früherer Auffassung entspricht. 581 Woolley 1914, S. 87–88. 582 Lehmann 2002, Karte 14. Leider scheint keiner dieser Fundorte während des Land of Carchemish Project untersucht worden zu sein. Vgl. Brown und Smith 2016, S. 24, Abb. 3.2. 583 Brown und Smith 2016, S. 25; Simon 2019, S. 136. 584 Lehmann 1996, S. 160; Moorey 2005, S. 230, Nr. 365, 369. 585 British Museum, Inventarnummer 116140 (https://www.britishmuseum.org/collection/ object/W_1922-0511-273, abgerufen am 08.03.2021).

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Zusammenfassende Rekonstruktion

221

Woolley einige flache Wurfspeer- oder Pfeilspitzen aus Eisen erworben, die vermutlich ebenso aus lokalen Gräbern stammen wie ein Rollsiegel. 586 In Birecik, 22 km nördlich von Karkamiš, ist ein Siegel des 9. oder 10. Jh. mit Brandspuren erworben worden, weshalb es eventuell aus einem zeitgenössischen Kremationsgrab stammen könnte. 587 Weitere angekaufte Siegel aus der Gegend um Karkamiš, aus Daud Oğlu und Göldık, weisen dagegen keine Brandspuren auf, so dass eine funeräre Fundlage nicht zwingend erscheint, aber natürlich auch nicht ausgeschlossen werden kann. 588

4.2.9

„Borowski“-Stele

Der Vollständigkeit halber erwähnt werden soll die sog. „Borowski“-Stele, die angeblich in der Umgebung von Karkamiš gefunden worden sein soll. 589 Sie ist als moderne Fälschung zu betrachten. 590

4.3

Zusammenfassende Rekonstruktion

4.3.1

Begräbnishandlungen

4.3.1.1

Begräbnishandlungen der Bevölkerung

Im eisenzeitlichen Karkamiš lassen sich mehrere Bestattungstraditionen der Bevölkerung feststellen, von denen die extramurale Beisetzung von Kremationen in Urnen, verteilt auf mindestens zwei Nekropolen die quantitativ herausragende darstellt. Vermutlich entstanden die von D. G. Hogarth entdeckten Gräber in der Außenstadt in der Zeit vor der Errichtung der Außenmauer, so dass es sich hierbei ebenfalls um ursprünglich extramurale Gräber gehandelt haben dürfte. Daneben treten vereinzelte Inhumationen in und außerhalb der Stadt, in Topf-, Wannen- bzw. einfachen Erdgräbern sowie eine Brandbestattung eines Angehörigen der Elite, das sog. „Goldgrab“ auf, die in mancher 586 Hogarth 1920, S. 37, Nr. 187; Moorey 1980, S. 64. 587 Collon 2001, S. 37, Nr. 12. 588 Collon 2001, S. 36–37, Nr. 4, 10. Die nach Collon 2001 geschriebenen Orte oder zu erwartende Varianten davon konnten auf modernen Karten nicht lokalisiert werden; vermutlich wurden beide umbenannt. Außerdem ist die Schreibweise „Göldık“ aufgrund der fehlenden Vokalharmonie höchst unwahrscheinlich, findet sich aber ebenso im Onlinekatalog des British Museum (https:// www.britishmuseum.org/collection/object/W_1912-0711-22; https://www.britishmuseum.org/ collection/object/W_1912-0711-21, abgerufen am 08.03.2021). 589 Genge 1982; Voos 1986, Kat.-Nr. 44; Bonatz 2000a, S. 20, Taf. XVI, C 41; Rehm 2016, S. 91–92, B 2. 590 Muscarella 2000, S. 192.

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Karkamiš

Hinsicht deutliche Unterschiede zu den extramuralen Kremationen aufweist. Doch auch innerhalb der Urnenkremationen lassen sich verschiedene Varianten unterscheiden, die besonders im Vergleich mit dem nahegelegenen Gräberfeld von Tell Šiyuḫ Fawqānī deutlich hervortreten: Tabelle 5: Vergleich der Grababdeckungen von Yunus und Tell Šiyuḫ Fawqānī. Yunus

Tell Šiyuḫ Fawqānī

Weder Verschluss noch Grababdeckung

19

79

Nur Verschluss ohne Grababdeckung

25

31

Kratere

32

17/18

Wannen

29



Bassins

26

7/8

7



16



110

25

11

2

165

139

Kombination mehrerer Grababdeckungen Andere Keramikformen als Grababdeckungen Grababdeckungen insgesamt Ohne Angaben/ Zerstört Insgesamt

So können bspw. Gräber mit einer Wannenabdeckung in Karkamiš, Yurtbağı und Deve Höyük nachgewiesen werden, während sie im nahe gelegenen Tell Šiyuḫ Fawqānī vollständig fehlen. Bei diesen handelte es sich ebenso wie bei den Bassins um speziell für Bestattungen angefertigte Objekte. Doch auch Kratere, vermutlich nur im Falle Erwachsener, und andere Keramikgefäße konnten zum Zwecke der Abdeckung des Grabes genutzt werden. Insgesamt waren mehr 70 % aller erhaltenen Gräber mit einem solchen Schutz versehen, im Gegensatz zu Tell Šiyuḫ Fawqānī mit nur knapp 20 %. Abgesehen davon ist die Kombination mehrerer Grababdeckungen bemerkenswert, da sie – in geringer Anzahl – bislang nur in Karkamiš belegt ist. Ebenfalls charakteristisch für Karkamiš und Yurtbağı war die Platzierung von Urnen in Gefäßen, wobei Basaltschalen das bevorzugte Objekt dieser Praxis gewesen zu sein scheinen. Auch in diesem Fall konnten mehrere Behälter miteinander kombiniert werden. Die Bedeutung dieser beiden, häufig miteinander kombinierten Praktiken für die damalige Bevölkerung lässt sich daran ermessen, dass mit dem intramuralen „Goldgrab“ ein Elitegrab trotz zahlreicher Differenzen derselben Tradition folgte.

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Zusammenfassende Rekonstruktion

223

Betreffend der Grabbeigaben zeigen sich keine größeren Differenzen zu den anderen Kremationsnekropolen Nordsyriens und Südostanatoliens, bis auf die Tatsache, dass prozentual deutlich mehr Gräber (ca. 68 %) Beigaben enthielten, wobei die ältesten Gräber aus Ḥamā zum Teil signifikant reichhaltiger ausgestattet waren. Die relativ zahlreichen Spinnwirtel sowie die seltenen Waffen stehen im Einklang mit den Gräbern des 8.  Jh. aus der Stadt am Orontes und denen aus Rās al-Bassīṭ, d.h. den westsyrischen Kremationsnekropolen. Möglicherweise entsprechen die jüngeren Gräber aus Tell Šiyuḫ Fawqāni ebenfalls diesem Muster. 591 Wenig überraschend ist die Tatsache, dass die häufigste Grabbeigabe Keramikgefäße waren (ca. 38 %), die zumeist außerhalb der Urne, unter der Grab­abdeckung platziert wurden. Ebendort konnten im Falle der eher seltenen Kinderbestattungen – Säuglinge fehlen ganz oder wurden nicht identifiziert – auch Figurinen, Reiter, Pferde und Frauen, deponiert werden. Kleinteilige Grabbeigaben, die zusammen mit den Verstorbenen verbrannt wurden, wurden offenbar mit den sterblichen Überresten aufgesammelt und in die Urne gelegt, wobei analog zu Tell Šiyuḫ Fawqānī mit einem gewissen Anteil an verbrannten Gegenständen zu rechnen ist, der nicht aufgesammelt wurde. Bemerkenswert sind zudem zahlreiche Flaschen als Bestandteile der Grabinventare, der Fund sog. Salbschalen sowie die Existenz mehrerer Opfertische in Yunus. Alle drei Objektkategorien implizieren das Vorhandensein und die Verwendung von Flüssigkeiten, insbesondere die beiden letzteren in Verbindung mit kultischen Handlungen, d.h. vermutlich Libationen, während erstere, aufgrund der Abbildung einer entsprechenden Flasche auf dem Orthostaten B. 30b des Water-Gate, im Rahmen von Bestattungs- oder Totenmählern verwendet worden sein könnten. Diese archäologischen Erkenntnisse scheinen durch die Übersetzung der neuen Inschriftenstele bestätigt zu werden, in welcher vermutlich geschildert wird, dass Söhne und Kollegen der Dolmetscher vor den Verstorbenen libierten. Der Zeitpunkt ist dabei allerdings unklar: Fand die Libation noch vor den Leichnamen, den Scheiterhaufen oder bereits vor der Stele bzw. über dem Grab statt? Nach der Inschrift zu urteilen, scheint es sich um ein einmaliges, abgeschlossenes Ritual zu gehandelt zu haben. Desweiteren wurden offenbar, vermutlich im Kontext der Bestattungsrituale, Totenmähler abgehalten, worauf zwei Urnen mit mehreren Phalangenknochen von Ovicapriden hinweisen. Wie bei zahlreichen anderen Gräbern 592 lässt sich ausgehend von den Resten auf den Verzehr der an Fleisch reicheren Partien der Ovicapriden durch die Teilnehmer der Rituale schließen. Ein weiteres Kennzeichen der Begräbnisse im Königreich von Karkamiš stellen die bildlosen Grabstelen mit luwischen Inschriften und Zinnenverzierung dar, die bisher nur hier gefunden worden sind, genauer: in und um Karkamiš selbst, in Yurtbağı sowie in Ekinveren, aber nicht in Deve Höyük oder dem benachbarten, aber zumindest später zu Bīt ‘Adini gehörendem Tell Šiyuḫ Fawqānī. Weitere Vertreter dieser Gattung ohne Zinnen existierten in den geographisch deutlich weiter entfernten Reichen Ḥamat und Tabāla. Auffällig ist dies im Zusammenhang mit der Verteilung von Stelen mit Speisetischszenen: Ein reliefiertes Exemplar des Landes Karkamiš findet sich nur im äußersten Westen, aus 591 Zu den bislang vorliegenden Informationen, siehe Abschnitt 5.2.3.3. 592 Vgl. Lange 2014.

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224

Karkamiš

der Hauptstadt stammen dagegen zwei kleine und handwerklich schlechte Exemplare mit Ritzzeichnungen. 593 Auch in Bīt ‘Adini fand sich nur eine geritzte Speisetischszene, allerdings auch keine Grabstele mit luwischer Inschrift. Weder in Ḥamat noch in Tabāla fanden sich Stelen mit einer Speisetischszene; dasselbe gilt für Bīt Baḫiāni, wo stattdessen Sitzbilder über Gräbern errichtet wurden. Reliefierte Stelen mit Speisetischszenen stammen praktisch ausschließlich aus Kurkuma, Sam’al und Bīt Agūsi, während aus Pattina / Unqi bisher keine Grabstelen bekannt sind. Nach Maraş / Kurkuma stellt Karkamiš unangefochten die Stadt mit der zweitgrößten Anzahl von Grabstelen bzw. deren Fragmente in der nordsyrisch-südostanatolischen Eisenzeit dar: 594 Insgesamt sind bisher 21 Stelen bzw. deren Fragmente 595 dokumentiert worden, wobei zumindest eine Stele aus dem Tarḫunzatempel in situ, aber nicht über einem Grab gefunden wurde. Allerdings sind mindestens 11 in der extramuralen Nekropole Yunus und eine im West Gate Cemetery gefunden worden. Hinzu kommen noch fünf weitere Stelen aus dem Herrschaftsbereich der Stadt. 4.3.1.2

Königliche Begräbnishandlungen

Über königliche Begräbnishandlungen ist aufgrund entsprechender Texte aus dem 2. Jt. mehr bekannt als aus dem 1. Jt. So wurde der Tod des Königs Aplaḫ-Anda I. zunächst für vier Tage geheimgehalten oder dessen Bestattung vier Tage verschoben, da zuerst das Opfer an den Gott Nubandag stattfinden musste. Anschließend wurde eine öffentliche Trauerzeremonie abgehalten. 596 Darüber hinaus sind die Todesumstände des ersten hethitischen Herrschers von Karkamiš, Šarri-Kušuḫ bzw. Piyaššili, bekannt: Er verstarb während eines Festes zu Ehren der Ḫēbat von Kummani in Kizzuwatna, das er mit seinem Bruder Muršili II. (1322–1295) beging. 597 Die sterblichen Überreste von ŠarriKušuḫ / Piyaššili wurden nach Ḫattuša überführt, wo auch die Bestattungsrituale durchgeführt wurden: „Šarrikušuh, [m]y [brother … fe]ll ill and died. They [b]rought him to Hattuša and such as are the rit[es] for the dead, [these] they performed in Hattuša.“ 598

593 Diese Verteilung stellt ein weiteres Argument gegen die Authentizität der „Borowski“-Stele dar, die aus der Gegend von Karkamiš stammen soll und eine reliefierte Speisetischszene aufweist. 594 Auch wenn nicht alle Stelen aus Maraş / Kurkuma am Grab gestanden haben müssen, wie das Gegenbeispiel der KTMW-Stele aus Sam’al nahelegt, dürfte die Mehrheit wohl aus einem oder mehreren Gräberfeldern stammen. Hawkins 2000, S. 249. Vgl. Lange 2015. Vgl. dazu auch die Inschrift der Stele von İncirli (Abschnitt 6.5.10). 595 Unter der Annahme, dass die von Marchetti 2016b vermutete Zuordnung des Fragments YU.12.O.3 zur Stele mit der Inschrift KARKAMIŠ A. 15c korrekt ist. 596 Charpin 2008, S. 72–73; Jacquet 2012, S. 127 (ARM XXVI/1 281). 597 Klengel 1999, S. 197. 598 Hout 1994, S. 56 (KBo 4.4 I 5’–8’//KUB 14.29 I 28’–30’//KBo 10.38, 2’–8’).

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Zusammenfassende Rekonstruktion

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Diese Überführung des Toten nach Ḫattuša war kein einmaliger Vorgang, wie eine Passage des königlich hethitischen Bestattungsrituals enthüllt, in welcher die Opfer an verschiedene Götter sowie den Totengeist beschrieben werden, die während einer solchen Reise durchgeführt werden mussten. 599 Anscheinend wurde in besagtem Fall ein alternatives Ritual durchgeführt, was eventuell darauf hinweisen könnte, dass ein Teil der Riten bereits am Sterbeort durchgeführt wurde. 600 Außerdem muss im Fall des Todes eines Prinzen wie Šarri-Kušuḫ / Piyaššili hinzugefügt werden, dass es sich bei der Art der Bestattung nicht zwangsläufig um eine Kremation gehandelt haben muss, falls folgende Passage in den Ritualanweisungen im Falle des Todes eines Prinzen bzw. einer Prinzessin tatsächlich dahingehend interpretiert werden kann: 14. 15. 16. 17.

„But if a son (i. e. a prince) or a daughter (i. e. a princess) becomes a god (i. e. dies) and if he/she was already grown-up, they set up all figurines for him/her. Wood is not (used).“ 601

Falls sich das hier erwähnte Holz auf den Scheiterhaufen bezieht, wäre es vorstellbar, dass es sich bei der hier beschriebenen Bestattung um eine Körperbestattung handelte. 602 Somit hinge die Bestattungsweise vom Alter des Prinzen bzw. der Prinzessin ab, d.h. erwachsene Mitglieder der Königsfamilie erhielten eine Körperbestattung. 603 Im Gegensatz zur 14-tä599 Otten 1958, S. 98–99; Hout 2002a, S. 85; Archi 2007, S. 50–51 (KUB 30.27 Vs. 7). 600 Hout 2002a, S. 85. 601 Kassian et al. 2002, S. 617 (KUB 39.6 III 14–17). Vgl. Hout 1994, S. 56, Anm. 77 der für die königlichen Nachkommen dasselbe Ritual wie für Könige / Königinnen ansetzt. 602 Kassian et al. 2002, S. 622–623. 603 Unverständlicherweise ziehen Kassian et al. 2002, S. 622–623 hieraus den – auf nicht-königliche Individuen erweiterten – Schluss, dass möglicherweise nur Verstorbene ab einem bestimmten Alter kremiert wurden, was sowohl dem Text wie auch dem archäologischen Befund des bronzezeitlichen Zentralanatolien widerspricht: In den Gräberfeldern von Osmankayası und Ilıca sind die Körperbestattungen zu erheblich größeren Teilen Jugendlichen oder Erwachsenen als Kindern zuzuordnen, während sich die Kremationen aus allen Altersgruppen zusammensetzen. Körperbestattungen mit Individuen ab 14 Jahren: 23 aus Osmankayası, 6 aus Ilıca. Unter 14 Jahren: 3 aus Osmankayası (Grab VI, 5 und 13 mit einem Alter von 3 bis 6, 13 bzw. 7 Jahren). Alexei S. Kassian et al. versuchen, dies mit der angeblich hohen Anzahl junger Personen unter den Körperbestattungen von Osmankayası mit einem entsprechenden Verweis auf Hout 1994, S. 55 zu begründen. Dieser Verweis ist jedoch in zweifacher Hinsicht fehlerhaft: Erstens bezieht sich Th. v. d. Hout mit seiner Aussage „the predominant age group is between 14 and 20 years old“ nicht explizit auf das Alter der Körperbestattungen, wie der Bezug bei Kassian et al. 2002 vermuten lässt, sondern offensichtlich auf alle Bestattungsarten, wie sich aus seinem Verweis auf sämtliche Untersuchungen bei Schaeuble 1958 ergibt. Zweitens ist diese Behauptung falsch, da nur 3 Körperbestattungen jünger als 14 Jahre, 9 zwischen 14 und 20 Jahren, aber 14 älter als 20 Jahre sind. Auch wenn man die Kremationen (6 Kinder, 5 Erwachsene) einbezieht, ergibt sich eine 9 / 9 / 19 Aufteilung. Auch sein Postulat, in Ilıca wären keine Über-35-jährigen bestattet, ist falsch, da mindestens 6 Individuen als matur oder senil eingestuft worden sind. Vgl. Helmuth 1967.

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Karkamiš

gigen Bestattung eines Königs oder einer Königin währte das Zeremoniell in diesem Fall nur vier Tage. 604 Unklar bleibt, ob für Šarri-Kušuḫ analog zu den Königen ein „Steinhaus“ in Kummani errichtet wurde, in dem seine Gebeine nach einem temporären Aufenthalt in der Hauptstadt endgültig beigesetzt wurden oder ob sie in Ḫattuša blieben. 605 Spätestens mit der Aufgabe der hethitischen Hauptstadt bzw. dem Ende des hethitischen Großreiches müssen die Könige von Karkamiš innerhalb ihres Herrschaftsgebietes bestattet worden sein, wobei vermutet werden könnte, dass sie – zumindest anfänglich – dem königlich hethitischen Bestattungsritual entsprechend beerdigt wurden, um ihren Anspruch als Großkönige, d.h. als Rechtsnachfolger der hethitischen Könige, gerecht zu werden. 606 Dem gegenüber steht jedoch der archäologische Befund des „Goldgrabes“, das nach der stratigraphischen Analyse C. L. Woolleys ins 7. Jh. datiert werden kann oder nach dem Inventar sowie den vorläufigen Indizien der Nachuntersuchungen vielleicht doch in die Spätbronzezeit II gehört. In ersterem Fall können die kaum überbrückbaren Diskrepanzen zum hethitischen Bestattungsritual mit der erheblichen Zeitdifferenz erklärt werden, während dies andernfalls auf eine relativ zügige Übernahme lokaler und / oder Etablierung neuer Elemente hinweisen würde. Insbesondere werden im hethitischen Bestattungsritual weder Urnen verwendet noch Gegenstände erwähnt, die zusammen mit dem Toten verbrannt und dann ins Grab gelegt wurden, wie es offenbar in Karkamiš geschah. Stattdessen wurden die Knochen sorgfältig eingesammelt, in Öl getaucht, in ein Tuch gehüllt und auf einem Bett im Mausoleum (É.NA 4, „Steinhaus“) beigesetzt, was noch eine Reminiszenz an die vormals praktizierte Körperbestattung darstellte. 607 Von den im späteren Verlauf des Bestattungsrituals verbrannten Gegenständen, deren Zweck es war, sie dadurch den Toten im Jenseits zur Verfügung zu stellen, wurde keiner ins Grab gebracht, sondern ausnahmslos auf den Verbrennungsplatz, an dem zuvor die Köpfe von Pferden und Ochsen verbrannt worden waren. Allein einige unverbrannte Objekte, meist an später zu verbrennenden Ritualgegenständen angebrachter Schmuck bzw. die Goldund Silbereinlagen bestimmter Objekte, wurden ins „Steinhaus“ gebracht. 608 Die Beigabe von Intarsien, d.h. der mit Gold eingefassten Lapislazulifigürchen, stellt demnach

604 Kassian et al. 2002, S. 40, 617 (KUB 39.6 iii 18). Nach einem fragmentarisch erhaltenen Bestattungsritual, das nicht zum šalliš waštaiš gehört, werden für einen solchen Fall jedoch mindestens fünf Tage angegeben. Otten 1958, S. 98–101 (KUB 30.27). 605 Kassian et al. 2002, S.  26. Vgl.  jedoch Singer 2009, S.  171–172, der die Praxis der auswärtigen (End- ) Bestattung anzweifelt. 606 Orthmann 1971, S. 377–378. 607 Haas 2000, S. 65–66. 608 Tag 3: Der Thron (König) bzw. Schemel (Königin), auf dem der Leichenbrand liegt (vermutlich zugleich ein „Behälter“ für den Totengeist, Taracha 2009, S. 162). Bett und Lampe sind bereits vor Ort. Am 8. Tag: Eine Schweineschnauze aus Silber vom Schwein, 4 Silber- und ein Goldgefäß von den Vögeln, die Silbereinlage vom GIŠŠEN-Gefäß. Am 10. Tag: Bronzene und silberne aramni-Objekte, die vorher an den Köpfen bzw. Hörnern von Ochsen angebracht waren sowie deren Hörner selbst. Tag 12: Silber- und Goldeinlagen vom GIŠtarše-Objekt. Tag 13: Die Gold- und Silbereinlagen der lahhanza-Enten-Figurinen, ein Baum, neben dem diese verbrannt wurden. Kassian et al. 2002, S. 22–40; Hout 2002a, S. 86.

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die einzige erkennbare Parallele zum Bestattungsritual der hethitischen Könige dar. 609 Zudem fehlt der einzige weitere Anknüpfungspunkt des hethitischen Bestattungsrituals an die nordsyrisch-südostanatolischen Bestattungstraditionen der Eisenzeit, Pfeile (und Bogen) oder Spindeln, die zwar nicht explizit verbrannt wurden, aber am zweiten Tag in die Hände der verstorbenen Person gelegt wurden und möglicherweise bis zur Kremation am Abend des zweiten Tages dort verblieben. 610 In dieser Hinsicht hebt sich dieses Grab auch deutlich von den extramuralen Gräbern des 8. und 7. Jh. um Karkamiš ab, während den eisenzeitlichen (Kremations-) Gräbern aus dem Osten Syriens zum größten Teil diese beiden Grabbeigaben ebenfalls fehlen. Dagegen knüpfen jedoch die Platzierung des Grabgefäßes in einem Krater sowie die Abdeckung mit einem zweiten Krater deutlich an diese Tradition der lokalen Bestattungen an, die nicht im Osten Syriens belegt ist. Die das Grab umgebende architektonische Struktur, das Anlegen eines Grabschachtes unter dem Fußboden innerhalb derselben sowie die Verbrennung von Möbelstücken erinnern wiederum an die Kremationsbestattungen aus Tell Ḥalaf. Hinzuzufügen ist schließlich, dass es sich im Falle einer Entstehung im 7. Jh. – und somit tendenziell zur Zeit der assyrischen Herrschaft ab 717 – nicht um ein Königs-, sondern um ein Grab der lokalen Elite gehandelt haben könnte. Möglicherweise lag ein Teil der königlichen Gräber von Karkamiš ursprünglich außerhalb der Stadt wie in Sam’al, dessen mortuäre Kultur zumindest teilweise von Karkamiš beeinflusst wurde. 611 Die extramurale Lage königlicher Gräber Ende des 9. bis Mitte des 8. Jh. an mindestens zwei verschiedenen Orten, in Gerçin und bei Ördekburnu, könnte aufgrund dessen ältere Zustände in Karkamiš reflektieren. Hierbei mag auch die Lage der hethitischen Königsgräber eine Rolle gespielt haben. Zwar ist zu vermuten, dass bis zum 13. Jh. eine zentrale Königsnekropole an einem noch unbekannten Ort existierte, 612 aber beginnend mit Ḫattušili III. ist das Anlegen separater Gräber zu konstatieren. 613 Dies geschah – ebenso wie im Fall Panamuwas I. von Sam’al – noch zur jeweiligen Lebzeit. 614 Verschiedene Forscher halten dabei die Kammer B von Yazılıkaya, vor den Toren der Hauptstadt Ḫattuša, für das Grab Tutḫaliyas IV., manche stattdessen für seine Gedenkstätte 609 Marchetti 2016a, S. 366, Anm. 5 nach einem Hinweis von H. Peker. Vgl. Kassian et al. 2002, S. 381 (KUB 30.24+), 487 (KUB 30.19+). Allerdings werden dort Objekte, aus denen Intarsien herusgelöst werden, nicht mit ins Grab gelegt, wie in diesem Fall mit den beiden Goldblechen. Der Hinweis von Marchetti 2016a, S. 366, Anm. 5 auf das Begräbnis eines Pferds als Teil des hethitischen Bestattungsrituals ist dagegen schwierig, da in den überlieferten Texten Pferde nicht explizit geopfert, geschweige denn begraben werden. Allerdings gibt es einen Platz vor den Toren der Stadt, auf dem (vorher?) die Köpfe von Pferden und Ochsen verbrannt wurden, der im Ritual häufig bei der Verbrennung von anderen Gegenständen genannt wird (der Verweis auf Osmankayası besitzt dagegen seine Berechtigung). 610 Kassian et al. 2002, S. 24. Allerdings wird nicht beschrieben, dass sie am dritten Tag wieder aufgesammelt wurden. Nach Haas 2000, S. 61 wird zudem am 8. Tag der Statue des / der Verstorbenen entweder Pfeil und Bogen oder eine Spindel in die Hand gegeben. 611 Die Statue am Bau J von Sam’al und ihre Parallelen zur Statue B. 54a. Siehe Abschnitt 4.1.3.4.2. 612 Hout 2002a, S. 86; Singer 2009, S. 171–172. 613 Hout 2002a, S. 86; Singer 2009, S. 177 614 Taracha 2009, S. 164–165.

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(NA 4ḫekur sag.uš „beständige Felsanlage“). 615 Ein letztes Indiz für eine extramurale Lage der Königsgräber stellen eventuell die unter Antiochos  I. errichteten hierothesia, Grab und Kultstätte für den verstorbenen König zugleich, aus dem 1. Jh. v. Chr. dar, womit im nördlich von Karkamiš gelegenen Kommagene eine lokale Tradition bewahrt worden sein könnte. 616

4.3.2

Ahnen- und Totenkult

4.3.2.1 Ahnen- und Totenkult der Bevölkerung Angesichts der Existenz von mindestens elf Stelen, eine davon mit einer Speisetischszene, sowie mindestens drei oder vier Opfertischen in Yunus liegt es im Rahmen des Möglichen, dass postmortale kultische Handlungen für die dort Begrabenen zumindest teilweise an diesem Ort stattgefunden haben könnten. Da vergleichbare Opfertische bereits in der Mittel- und Spätbronzezeit existierten, ist nicht auszuschließen, dass die ältesten Gräber sowie die damit verbundenen Opferhandlungen älter als die bislang entdeckten Stelen, welche aus dem 8., maximal aus dem 9. Jh. stammen, sind. Auffällig ist dabei, dass in Deve Höyük ein Opfertisch, aber keine Grabstelen und in Tell Šiyuḫ Fawqānī weder Opfertische noch Grabstelen entdeckt worden sind. Angesichts der Inschrift YUNUS 1, in der eine oder mehrere Libationshandlungen in der Vergangenheit stattgefunden haben, sowie der für Libationen geeigneten Flaschen in den Grabinventaren desselben Gräberfeldes schließt eine Rolle der Opfertische im Rahmen regelmäßige Kulthandlungen zwar nicht aus, unterstützt sie aber auch nicht. Aufgrund der meist quadratischen Beschaffenheit der Vertiefungen, ihrer Maße sowie der schmalen Leisten um manche Vertiefungen ist eine Verwendung als Basen für Stelen unwahrscheinlich, kann aber nicht ausgeschlossen werden. Falls regelmäßige Rituale stattfanden, dann vermutlich separat an Stelen oder Opfertischen. Der Gegensatz zum nach neueren Methoden untersuchten Gräberfeld von Tell Šiyuḫ Fawqānī, wo keine Spuren ritueller Handlungen gefunden werden konnten, allerdings auch weder Stelen noch Opfertische vorhanden waren, ist evident.

615 Für ein Grab votieren u.a. Hout 2002a, S. 80; Taracha 2009, S. 164; Seeher 2011a, S. 159–164. Für eine Gedenkstätte u.a. Neve 1989, S. 352; Hawkins 1998, S. 72–73; Singer 2009, S. 182–183. 616 Zu den vielfach übersehenen syro-hethitischen Wurzeln des kommagenischen Ahnenkultes, siehe Messerschmidt 2011. Zu den luwischen Wurzeln des Ausdrucks hierothesion, siehe Watkins 2008, S. 137–139.

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4.3.2.2 Königlicher Ahnenkult Der erste hethitische Herrscher von Karkamiš, Šarri-Kušuḫ bzw. Piyaššili, wurde nicht nur nach Ḫattuša überführt und wahrscheinlich auch dort begraben, sondern – ebenso wie sein Bruder Telipinu, der König von Ḫalab – in der hethitischen Hauptstadt beopfert, wie aus zwei der hethitischen Königslisten hervorgeht. In einer dieser Listen, die sich auf den 32. Tag des nuntarriyašḫa-Festes bezieht, wurde ein Tisch für Šarri-Kušuḫ aufgestellt und dieser mit Broten, Früchten sowie einem Schaf verköstigt. In einer weiteren Liste, vielleicht wieder im Rahmen eines Festrituals, wird ebenfalls auf einen Tisch Bezug genommen. 617 I. Singer und A. Archi sind der Ansicht, dass diese umfangreichen Opfer in unmittelbarer Nähe des É.NA 4, des „Steinhauses“, im Sinne einer gemeinsamen Nekropole der hethitischen Könige, stattfanden, wobei letzterer annimmt, dass sich das ÉḫeštāHaus direkt neben der königlichen Grablege befunden haben muss, da verschiedene Rituale eine enge Verbindung zwischen beiden Institutionen nahelegen. 618 Nach Detlev Groddek verweisen zwei mögliche Erwähnungen von Éḫeštā im Kontext der Königslisten eine Durchführung in diesem Lelwani und anderen chthonischen Gottheiten gewidmeten Tempel. 619 Unabhängig davon ist die Existenz mehrerer Statuen, darunter die des Ašmi-Šarruma, eines Sohnes Arnuwandas I., im „Haus der Gebeine“, É.ŠÀ ḫaštiyaš, inschriftlich belegt, 620 wobei es sich ebenso wie bei dem damit verwandten Begriff ḫaštiyaš pir um eine königliche Grablege gehandelt haben muss, die entweder identisch mit É.NA 4 war oder vielleicht einen Teil des „Steinhauses“ bildete. 621 Falls die späteren Könige von Karkamiš an diese Traditionen anküpften, könnten Ahnenkultrituale demnach während

617 Otten 1951, S.  49, 67–70; Nakamura 2002, S.  137–138, 268–275; Archi 2007, S.  51–52 (KUB 11.8+9 III 3–5, V 16; KUB 36.124 I 6–7). In KUB 11.8+9 wird Telipinu als Priester und ŠarriKušuḫ als König von Karkamiš bezeichnet. Weder Šarri-Kušuḫ noch andere Personen der Listen wurden mit einem Gottesdeterminativ gekennzeichnet. Daneben existierte mit dem É(.GAL) ḫuḫḫaš (DUTUŠI), „Haus (oder Palast) der Großväter (Seiner Majestät)“, eine weitere Institution des königlichen Ahnenkultes in Ḫattuša, Šamuḫa und Katapa, die in verschiedenen Festen, darunter auch im nuntarriyašḫa-Fest in Katapa, eine Rolle spielte. Vgl. Kapełuś 2007. 618 Archi 2007, S. 50–52; Singer 2009, S. 174–175. 619 Groddek 2001, S. 216; Haas 2011, S. 217 ([É]ḫé-eš-t[a? in KUB 36.120 Rs.? 5’; É ḫi[- in KUB 11.8+9 Rs. iv 9’). Vgl. jedoch Nakamura 2002, S. 271–272, der an letzterer Stelle einen „Torbau“ (É ḫi[-lamni) vermutet. 620 Otten 1958, S. 112; Haas und Wäfler 1977, S. 116–117; Taracha 2000, S. 198 (Bo 3826 Rs. III 1–13). 621 Groddek 2001, S. 216; Haas 2011, S. 216. Singer 2009, S. 179 dagegen vermutet hinter diesem Begriff eine Kombination aus einem Grab und einem NA4ḫekur. Eine ebenfalls von ihm vorgeschlagene Verbindung zwischen É.ŠÀ ḫaštiyaš und dem in dem Brief Ḫattušili III. an den babylonischen König Kadašman-Enlil II. benutzten Term bīt kimti (KBo 1.10, Rs. 58–61) im Sinne einer Familiengruft, ist jedoch ebenso fragwürdig wie ein Bezug zu anderen hethitischen Institutionen, da angenommen werden muss, dass Kadašman-Enlil II. um hethitische Bildhauer bat und nicht umgekehrt. Vgl. Mora 2013.

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bestimmter Feste entweder am Grab oder in Tempeln chthonischer Gottheiten stattgefunden haben. 622 Nach der Machtergreifung Ḫattušilis III. scheint es jedoch zu einer Neukonzeptionierung des Kultes für verstorbene hethitische Könige gekommen zu sein, um die Söhne Muwatallis II., Urḫi-Tešub / Muršili III. und Kurunta, von der Beopferung und somit der Legitimierung durch die Linie Ḫattušilis  III. auszuschließen. Vermutlich deshalb wurden den Listen der zu beopfernden Könige nach Muwatalli  II. kein weiterer Name hinzugefügt. 623 Dass der Ahnenkult dennoch, in anderer Art und Weise, weitergeführt wurde, zeigt sich  u.a.  bei Šuppiluliuma  II., der umfangreiche Baumaßnahmen für sich und seinen Vater – nach I. Singer je eine „beständige Felsanlage“ NA 4ḫekur sag. uš – durchführen ließ. Die Maßnahmen dieses Königs gipfelten in der Abgabenfreiheit aller Institutionen, die mit den Toten im Zusammenhang standen, sowie der Vereidigung der gesamten Bevölkerung, ihrer Verpflichtung gegenüber den Toten 624 nachzukommen, da ihre Ignoranz gegenüber den Toten ursächlich für den Niedergang des hethitischen Reiches sei. 625 Ob damit auch die Verehrung verstorbener Könige durch die einfache Bevölkerung, d.h. die Einführung eines oder gar die Umwandlung zu einem Totenkult, einherging, ist ungewiss. 626 Unterschiede und Gemeinsamkeiten mit dem eisenzeitlichen Karkamiš lassen sich daher aufgrund der unzureichenden Quellenlage nicht herausarbeiten. Dies gilt auch für die ältere Praxis des Ahnenkultes der hethitischen königlichen Familie, wie sie in den Opferlisten belegt ist. Denn archäologische Hinweise auf einen königlichen Ahnenkult von Karkamiš sind äußerst spärlich. Angesichts der Inschrift KAI 309 aus Sikāni bei Gūzāna, die Handlungen aus dem königlichen Ahnenkult im Zusammenhang mit dem Kult für Hadad erwähnen, ist eine Lokalisierung im Tarḫunzatempel denkbar, aber dafür lassen sich keine Spuren finden. Andererseits steht der in KAI 214 beschriebene Ahnenkult für Panamuwa I. nicht nur in Zusammenhang mit einer Hadadstatue, sondern auch mit dessen Grab. In dieser Hinsicht ist daher eher an den Raum, in dem das „Goldgrab“ gefunden wurde, als möglichen Ahnenkultort zu denken, der somit zudem in Analogie zu den Gräbern unter

622 Eine einseitige Übernahme muss aufgrund der vermutlichen Herkunft des Ahnenkultes in der Form von Königslisten aus Mesopotamien und / oder Nordsyrien (Taracha 2000, S. 197) nicht postuliert werden. Allerdings scheint es sich bei dem ugaritischen Begriff ḫšt um ein Lehnwort von É ḫeštā zu handeln, welches wiederum aus dem Protohattischen stammen könnte. Groddek 2001, S. 216–218; Loretz 2001. 623 Singer 2009, S. 176–177. 624 Damit waren wohl die „Häuser der Toten“ sowie die „Stadt der Toten“  –  vermutlich eine oder „die“ königliche Nekropole – oder die Orte gemeint, deren Einwohner für die Kulte der verstorbenen Könige aufzukommen hatten und institutionell an diese gebunden waren. 625 Otten 1958, S. 102–105; Singer 2009, S. 177–186 (ABoT 1.56). Allerdings muss das Postulat von der Einführung einer neuen kultischen Institution, dem „Beinhaus“ (ḫaštiyaš pir) durch Ḫattušili III. kritisch betrachtet werden, da es sich ebenso wie bei É.ŠÀ ḫaštiyaš („Beinkammer“) um einen Teil eines „Steinhauses“ (oder ein Synonym dafür) gehandelt haben kann. Der Grabcharakter steht dabei außer Frage. Groddek 2001, S. 216; Singer 2009, S. 179. 626 Aro 2013, S. 242.

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dem Lehmziegelmassiv in Tell Ḥalaf stünde, obwohl die Beigaben des „Goldgrabes“ eher mit denen der Königsgruft neben dem Westpalast von Tell Ḥalaf harmonieren. Eine patrilineare Struktur im Umgang mit den Toten von Karkamiš lässt sich u.a. an der Aussage BONUS-tis erkennen, welcher, obwohl sie inmitten einer Götterprozession thronend dargestellt ist, am Ort des Totenkultes für ihren Mann Suhi II. gedacht werden soll. Innerhalb dieser spielte wohl der Großvater eine besondere Rolle im Rahmen des Ahnenkultes, wie sich an der Namensgebung der nordsyrisch-südostanatolischen Könige beobachten lässt. In Karkamiš selbst sind Suhi  II. und dessen Großvater Suhi  I. zu nennen. Es ist zu vermuten, dass Suhi III. wiederum der Enkel Suhis II. war, da er nach Katuwa regierte. Die mit den ersten Königen von Karkamiš verwandte Linie der Könige von Malida pflegte im 12. und 11. Jh. ebenfalls diese Tradition: PUGNUS-mili I. und II. sowie Arnuwanti I. und II. waren jeweils Großvater und Enkel zueinander. 627 Auch innerhalb der Dynastie von Sam’al wurde im 8. Jh. Panamuwa II. nach seinem Großvater benannt und die Inschrift PANCARLI scheint sich ebenfalls auf die Beziehung zwischen Großvater und Enkeln (wörtlich: Nachkommen), vielleicht im Rahmen des Ahnenkultes zu beziehen. 628 Die kultischen Aspekte dieser Beziehung verdeutlicht die Stele Arnuwantis II. aus İspekçür, auf welcher dieser seine Großeltern, Arnuwanti I. und dessen Frau, durch Libationen verehrte. Eventuell spricht die an dieser Stelle unvollständig erhaltene Inschrift auch von einer Vergöttlichung seiner Ahnen, 629 welche sich ikonographisch in der Darstellung der entsprechenden Figuren auf einem Berg bzw. einer Stadt widerspiegelt. 630 Arnuwanti  I. wiederum war der Enkel Kuzi-Tešubs von Karkamiš, so dass vermutet werden kann, dass vergleichbare Traditionen auch in Karkamiš existierten. Obwohl der Großvater sich auch bei den Hethitern einer gewissen Wertschätzung erfreute, lässt sich die syro-hethitische Praxis der Namensgebung dort nicht nachweisen. 631 Diese findet sich hingegen in der späteren hurritischen Geschichte wieder, wahrscheinlich im Fall von Šattuara I. und II., sowie eventuell bei Šattiwaza / Wasašatta oder sogar bei Artatama I. / II. 632 Im Zusammenhang damit könnte die Ankündigung Tušrattas im sog. Mittani-Brief an den ägyptischen Hof, ein als karašk- bezeichnetes Gebäude für seinen Großvater zu errichten, bei dem es sich vermutlich um ein Mausoleum und / oder einen Ahnenkultort handelte und für dessen Finanzierung oder Ausstattung eine große Menge ägyptischen Goldes vonnöten gewesen zu sein scheint, als Indiz für eine gewisse Prominenz des Großvaters im hurritischen Ahnenkult gewertet werden. 633 Vielleicht ist es

627 628 629 630 631

Hawkins 1995a, S. 74. Vgl. Abschnitt 6.5.1. Hawkins 2000, S. 304. Bonatz 2000a, S. 137. Haas 1994, S. 238. Zum hethitischen „Haus des Großvaters“, das eine Rolle im königlichen Ahnenkult spielte und  u.a.  im Zusammenhang mit dem hurritischen (ḫ)išuwa-Fest, dessen Anlass unbekannt ist, sowie in der Mantik erwähnt wird, vgl.  Haas 1994, S.  246–247; Taracha 2000, S. 199–202. 632 Wasašatta ist eine Inversionsform von Šattiwaza. Wilhelm 1982, S. 54. 633 Vgl. Wilhelm 1982, S. 48, 105.

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deshalb kein Zufall, dass ausgerechnet im religionspolitischen Bereich stark hurritisch geprägten Malida 634 die Stele mit der Inschrift İSPEKÇÜR aus dem frühen 11. Jh. stammt, auf welcher Arnuwanti II. seinem Großvater Arnuwanti I. sowie dessen Frau libiert. Alle Personen sind dabei auf Attributen stehend dargestellt, d.h. vergöttlicht, wobei sich jedoch keine Hörnerkronen erkennen lassen. Vermutlich entsprach der Status der königlichen Ahnen von Karkamiš zu Beginn der Eisenzeit einer Zwischenstellung zwischen Göttern und Menschen, da (verstorbene) Könige im bronzezeitlichen Anatolien sowie im früheisenzeitlichen Malida zwar als Götter dargestellt, 635 aber in Texten nicht als solche bezeichnet wurden. Auffälligerweise zeigt das bronzezeitliche Syrien den umgekehrten Befund: In Texten konnten verstorbene Könige als Götter bezeichnet werden, während ihre Darstellungen – abgesehen von den drei Löwenbasen aus Ebla – keine göttlichen Attribute aufwiesen. 636 Als mögliches Beispiel für eine solche Konzeption drängt sich das Relief BONUS-tis inmitten der Götterprozession an der Long Wall of Sculpture förmlich auf. Auch die Statue am Royal Buttress mit ihrer Löwenbasis könnte als ein Beleg dafür betrachtet werden. Die Statue des Atrisuha stellt in dieser Hinsicht eine Besonderheit dar, da sie in Text und Bild auf einen Gott hinweist. Da Suhi jedoch trotz seiner Verwandtschaft mit Katuwa nicht als dessen Vorfahre bezeichnet wird und zweitens zumindest oberflächliche Gemeinsamkeiten zu den hethitischen zawalli-Gottheiten aufzuweisen scheint, die weniger als königliche Ahnen, sondern eher als böswillige Totengeister definiert werden können, deren Unbill sich gegen die königliche Familie richten konnte, handelt es sich bei dieser Statue wohl nicht um die typische Darstellung eines verstorbenen Königs, sondern um eine typologisch andere Darstellungsform. 4.3.2.3 Königlicher Totenkult Wie beschrieben, lassen sich die Totenkultmonumente aus Karkamiš zumindest zum Teil auf bereits unter den späten hethitischen Königen etablierte Traditionen zurückführen, zu denen das Errichten von Statuen sowie mit diesen in einem engen räumlichen Zusammenhang stehenden hieroglyphenluwischen Texten zu zählen sind. 637 Bislang können sieben Zeugnisse dem Totenkult der Herrscher von Karkamiš zugeschrieben werden. Dazu zählen der Orthostat B. 43b mit der Inschrift KARKAMIŠ A.  1a von Suhi  II. sowie der dazugehörigen, im Text erwähnten Statue, das ebenfalls an der Long Wall of Sculpture befindliche Relief B. 40 der BONUS-ti mit der Inschrift KARKAMIŠ A.  1b, die Statue des Atrisuha (B.  25) am King’s Gate mit der Inschrift KARKAMIŠ A. 4d, die Statue B. 54a mit der Löwenbasis B 53a am Royal Buttress, die wahrscheinlich Katuwa zugeschrieben werden kann und zu der vermutlich die Inschrift 634 635 636 637

Hutter 2004. Hout 1995; Bonatz 2000a, S. 137–138. Ornan 2012, S. 14–15. Aro 2013, S. 242.

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A. 13d oder A. 25a gehörte sowie die Statue B. 27a im Südtor und der Orthostat B. 30b im Water-Gate. Schließlich könnte die Statue des Yariri im Kubabatempel, die dessen atri- barg, ebenfalls dem Totenkult gedient haben. Außerdem ist inschriftlich belegt, dass Statuen von Astiru(wa) I. und Kamani existierten, die möglicherweise ebenfalls im Totenkult Verwendung gefunden haben könnten. Falls die Statue am Südtor ebenfalls Kamani zuzurechnen wäre, müssten demnach zwei Statuen für ihn existiert haben, da die andere vor dem Kubabatempel aufgestellt war. Von den Ritualen, die der Totenkult der Könige bzw. Herrscher in Karkamiš umfasste, können die folgenden rekonstruiert werden: Ein jährliches Opfer von Brot, einem Ochsen und zwei Schafen für Atrisuha, das aufgrund seines Wertes wohl nur von der Elite der Stadt, vielleicht den rebellischen Verwandten Katuwas, zu erbringen war. 638 Die Rituale für die Statue Suhis II., die die Ehrung des Namens sowie das Opfer eines Schafes vom „Mann des Schafes“ sowie das Darbringen von Brot und Libation vom „Mann des Brotes“ umfassten, fanden vermutlich ebenfalls jährlich statt und blieben auf die männlichen Einwohner von Karkamiš beschränkt. Am gleichen Ort sollte zudem der Name BONUS-tis von denjenigen geehrt werden, die Suhi II. beopferten, weshalb es sich hierbei vielleicht ebenfalls um eine jährliche Zeremonie handelte. Außerdem wird daraus deutlich, dass BONUS-ti keine eigene Statue erhielt, sondern lediglich ein Reliefbild. Hinter der „Ehrung des Namens“ verbarg sich möglicherweise eine Rezitation des Namens der Verstorbenen. Von besonderer Bedeutung ist der Unterschied zwischen dem Totenkult für Suhi II. und dem Kult für Atrisuha bzw. der Ikonographie der syro-hethitischen Herrscherstandbilder, insbesondere der aus Karkamiš und Sam’al, und der Statue des Atrisuha. Bereits anhand der Basen heben sie sich voneinander ab, da die Löwen der Standbilder von einem nach rechts gewandten „Held im Knielauf“ gehalten werden, mit einem Schwert im Gürtel wie die Statuen selbst, 639 während bei der Basis der Atrisuhastatue ein nach links gewandter vogelköpfiger Genius ohne Schwert den Platz zwischen den Löwen einnimmt. Dass es sich dabei nicht um einen „Ersatz“ der Heldenfigur, eventuell als Träger einer Maske, handelt, scheint aus der übereinstimmenden Darstellung des Kopfes mit anderen vogelköpfigen Genien hervorzugehen. 640 Im Gegensatz zum Löwenpaar und seiner Funktion als Basis für Standbilder verstorbener Könige scheint jedoch keines dieser beiden Motive auf das mittelbronzezeitliche Ebla zurückzugehen, wo sitzende Könige zwischen den Löwen porträtiert wurden, einer davon mit mindestens einem in einem

638 Als ungefähre Einschätzung ist hier auf ALEPPO 6 zu verweisen, laut der Könige einen Ochsen und ein Schaf opfern sollten, während die weiteren sozioökonomischen Gruppen mit denen aus KARKAMIŠ A. 1a korrelieren. 639 Eine in Tell Tayınat entdeckte fragmentarische Basis scheint ebenfalls dieser Kategorie anzugehören, allerdings ist kein Schwert zu erkennen. Gehörte der in der Nähe situierte Statuentorso eines königlichen Standbildes zu ihr? Harrison et al. 2013, S. 108, Abb. 6; Harrison 2014, S. 408. Aro 2013, S. 245 vermutet zudem, dass zwei Löwenprotome aus Tell Tayınat ebenfalls eine Doppellöwenbasis gebildet haben könnten. 640 Orthmann 1971, S. 323.

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Netz gefangenen Feind. 641 Mehr als deutlich treten die Unterschiede der Statuen selbst zutage. Neben der unterschiedlichen Haltung und den Attributen ist jedoch darauf hinzuweisen, dass beide Typen ein für Herrscher übliches langes Gewand und nicht den kurzen Rock der Gottheiten tragen. Bezüglich des Kultes fällt zunächst ins Auge, dass die Adressaten der Atrisuhastatue weder genannt noch differenziert werden. Es scheint sich demnach um eine homogene Gruppe gehandelt zu haben, die aufgrund des Opferwertes der städtischen Elite entstammen bzw. mit ihr identisch gewesen sein dürfte. Im Gegensatz dazu wurden die Opfer für Suhi II. nicht vom obersten Spektrum der Einwohner erbracht. Den gravierendsten Unterschied stellt jedoch die Erwartungshaltung gegenüber den Kultteilnehmern dar. Während offensichtlich vorausgesetzt wurde, dass der „Mann des Schafes“ bzw. der „des Brotes“ ihrer Pflicht nachkommen würden, scheint von den Adressaten der Atrisuha-Inschrift das Gegenteil erwartet worden zu sein, weshalb sie prophylaktisch mit einem Fluch bedroht wurden, diesem verstorbenen Herrscher zu opfern. Dieser negative Impetus ist mangels anderer Parallelen vielleicht mithilfe eines möglichen Bezuges zu den hethitischen zawalli-Gottheiten zu erklären, deren Kult insbesondere dann gefördert wurde, wenn sich das Königshaus durch die jeweiligen Verstorbenen akut bedroht fühlte. Eine andere Möglichkeit wäre, dass der in der Statue repräsentierte Suhi nicht den kulturellen Normen entsprechend gestorben ist oder bestattet werden konnte und seine „Seele“ bzw. sein Totengeist deshalb böswillig konzeptioniert wurde. Unabhängig davon ist jedoch zwischen zwei verschiedenen Ausdrucksformen des königlichen Totenkultes in Karkamiš zu differenzieren, die offenbar gleichzeitig existierten, d.h. falls die Statue am Royal Buttress Katuwa zuzuschreiben ist oder falls die Statue des Atrisuha noch zu einer Zeit aufgestellt wurde, als die Statue Suhis II. aktiv beopfert wurde. Ob die nicht geringe Anzahl der Totenkultmonumente im Gebiet zwischen Great Staircase und King’s Gate den hauptsächlich dort vorgenommenen Ausgrabungen zuzuschreiben ist oder ob sie sich dort tatsächlich konzentrierten, lässt sich ohne Grabungen in anderen Arealen der Stadt nur vermuten. Ein weiterer Fokus des königlichen Totenkultes bzw. der des Regenten könnte der Kubabatempel gewesen sein, falls die Aufstellung der Statuen Yariris und Kamanis diesem Zweck diente. Zwar konnte das Aufstellen von Statuen in Tempeln auch der Stiftung einer Votivstatue dienen, aber die Tatsache, dass es sich bei Yariri um einen Eunuchen handelte, spricht ebenso wie die Lokalisierung seiner atri- in der Statue eher für die Kompensation fehlender Nachkommen durch einen Totenkult. Demnach ließe sich eine Verlagerung des Totenkultes vom Platz zwischen dem Wettergotttempel und dem Palast Katuwas hin zum Kubabatempel auf der Akropolis konstatieren, deren Ursachen eventuell politisch bedingt waren, da Astiru(wa)  I. und 641 Mazzoni 1997, S. 330–331; Bonatz 2000a, S. 105–106; Matthiae 2000; ders. 2010, S. 283–290, Abb. 144, 150; ders. 2013a, S. 378–380, Abb. 203; Aro 2013, S. 245. Von den Doppellöwenbasen stand eine in einem Raum über den königlichen Hypogea des Westpalastes und zwei auf dem Platz vor dem Ištartempel P2 in der Unterstadt. Bonatz 2000a, S. 105–106, 137–138 führt die Darstellung verstorbener Könige auf Löwenbasen dagegen über die Stele von İspekçür vor allem auf hethitische Ursprünge zurück. Möglicherweise existierte dort zwar ebenfalls diese Tradition (Aro 2013, S. 245, Anm. 62), die syrische muss jedoch als die ältere sowie geographisch und kulturell näherstehende betrachtet werden.

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Zusammenfassende Rekonstruktion

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Kamani wieder den Königstitel führten, welcher der Suhi-Dynastie fehlte. Als Vorläufer eines solchen Totenkultes könnte eventuell der ḫilāni-Bau während der Mittelbronzezeit gelten, als das neben dem ḫilāni-Bau gefundene Sitzbild mit getilgten Keilschriftzeichen sowie der Opfertisch vielleicht noch im Tempel standen. Auch die zahlreichen antropomorphen Statuen im Tempel P2 von Ebla, die von P. Matthiae allerdings votivisch interpretiert werden, könnten dem Totenkult gedient haben. 642 Gleiches gilt für die Sitzbilder aus dem „Orthostatentempel“ von Hazor sowie die Statue des Idrimi aus Alalaḫ. 643 Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Verehrung hethitischer Könige in Tempeln, obwohl hier nur die Bildnisse der bedeutendsten Vertreter der Dynastie, Ḫattušili  I., Tutḫaliya  I., Šuppiluliuma I. und Muršili II. im Tempel des Wettergottes aufgestellt wurden, die im Rahmen eines oder mehrerer Feste, darunter das AN.TAḪ.ŠUMSAR-Fest, mit Brotstücken beopfert wurden. 644 Vor diesem Hintergrund sind zudem die drei Schreine im Temenos des Tempels 5 in Ḫattuša zu betrachten, von denen Haus A das hieroglyphenluwisch beschriftetete Relief eines Tutḫaliya, wahrscheinlich des I., barg. 645 Einen weiteren topographischen Aspekt des königlichen Totenkultes von Karkamiš stellt die Platzierung von Totendenkmälern in oder bei Toren dar, die jedoch in anderen nordsyrisch-südostanatolischen Städten ebenfalls belegt ist. 646 Zu nennen sind hierbei die Statue Atrisuhas B. 25 am Kings-Gate, die Statue B. 27a am Südtor sowie der Orthostat B. 30b vom Water-Gate. Die Errichtung von Totendenkmälern in oder bei Toren ist kein Novum der Eisenzeit; in Syrien existiert mit einem königlichen Sitzbild aus Ebla allerdings lediglich ein Beispiel aus der Mittelbronzezeit I. 647 Edgar J. Peltenburg möchte noch weiter zurückgehen und sieht die frühbronzezeitliche Anlage von Gräbern in der Nähe der Tore von Ǧarāblūs Taḥtānī als möglichen Ursprung dieser im eisenzeitlichen Karkamiš sowie anderen nordsyrisch-südostanatolischen Städten praktizierten Sitte. 648 Diesbezüglich dürfen die mittelbronzezeitlichen Gräber des River-Wall, d.h. am Water-Gate sowie die Gräber direkt vor den Toren der Stadt nicht unerwähnt bleiben. Aus dem bronzezeitlichen Anatolien ist die Aufstellung von königlichen Statuen in Tornähe ebenfalls belegt. Nördlich des Sphinxtores von Alaca Höyük befand sich eine antropomorphe, aber kopf642 Bonatz 2000a, S. 131–132 contra Matthiae 2013a, S. 375–378. 643 Bonatz 2000a, S. 132–133 contra Torri 2008, S. 185. 644 Taracha 2000, S. 197, Anm. 141; Torri 2008, S. 173–177; Singer 2009, S. 180. Torri 2008, S. 177– 178 zählt außerdem die Statue des Ḫattušili im Tempel des Zababa hinzu, den sie im Gegensatz zu den meisten anderen Forschern für den dritten Vertreter dieses Namens hält, da Ḫattušili I. bereits durch die andere Statue dargestellt wäre und es keiner zweiten bedürfe. 645 Torri 2008, S. 176 (BOĞAZKÖY 19). G. Torri verweist in diesem Zusammenhang auf die Möglichkeit, dass ALAM sowohl eine Statue als auch ein Relief bezeichnen kann. Dies. 2008, S. 176, Anm. 15. Bezüglich der Identität optieren die meisten Forscher für Tutḫaliya I.: Neve 1987, S. 64, 67–68; Gonnet in Neve 1987, S. 70–71; Hawkins 1995b, S. 19; Bonatz 2000a, S. 152; ders. 2008, S. 119; Torri 2008, S. 176 (I. oder II.); Singer 2009, S. 180. Für Tutḫaliya IV.: Hout 1995, Sp. 556– 557; ders. 2002a, S. 89; Martino 2010, S. 90, Anm. 31. Unentschieden Schachner 2011, S. 192. 646 Arslantepe, Karatepe, Zincirli, Tell Tayınat. Siehe Ussishkin 1989. 647 Ussishkin 1989, S. 485. 648 Peltenburg 2006 zitiert nach Brown 2008a, S. 165, Anm. 59; Peltenburg 2007–2008, S. 231–232. Ǧarāblūs Taḥtānī liegt 4,5 km südlich von Karkamiš.

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Karkamiš

lose überlebensgroße Statue (Kalkstein, 2,10 × 1 × 0,58 m), die vermutlich als Statue eines Königs angesehen werden kann. 649 Die vor der Brust verschränkten Hände erinnern ebenso wie der von ihnen gehaltene Stab als Statussymbol des Herrschers an die Statue aus der Nähe von Maraş mit der fragmentarischen Inschrift MARAŞ 13. 650 Ein unpublizierter „Reliefblock“ vom Sphinxtor aus Ḫattuša wird von D. Ussishkin ebenfalls für die Statue eines Königs gehalten, wobei hier zunächst zu klären wäre, ob es sich überhaupt um eine Statue handelt. 651 Zusätzlich ist inschriftlich belegt, dass sowohl während des šalliš waštaiš als auch im Zusammenhang mit der Institution des NA4ḫekur Ritualhandlungen im Tor stattfanden. 652 Angesichts dieses Befundes kann bezüglich der Stadttore von Karkamiš eine Fortsetzung syrischer und hethitischer Traditionen der Bronzezeit vermutet werden.

4.3.3

Sekundäre Begräbnisrituale

Sekundäre Begräbnishandlungen sind in Karkamiš kaum dokumentiert. Abgesehen von den eventuellen Sekundärbestattungen der Mittelbronzezeit im River-Wall kann höchstens die Verwendung des Speisetischszenenorthostaten B. 30b in den Fundamenten des Water-Gate in dieser Hinsicht, d.h. als eine Variante der rituellen Bestattung von Statuen, auf die sich in Karkamiš kein Hinweis finden lässt, interpretiert werden.

4.4

Interpretation

4.4.1

Religionssomatologische Interpretation

Die bedeutsamsten Erkenntnisse aus religionssomatologischer Perspektive liefern die Inschriften, die Aussagen über postmortale Vorstellungen erlauben. Ihnen zufolge konn649 Koşay und Akok 1973, S. 19, 78–79, Taf. XL–XLI; Hawkins 1980, S. 214; Voos 1986, S. 65–66; Ussishkin 1989, S. 486; Bonatz 2007, S. 118–119. Neve 1989, S. 351, Abb. 3 rekonstruiert anhand dieser Statue die zur Basis in Yazılıkaya passende Statue Tutḫaliyas IV., bezieht sich aber bei der Hörnerkrone explizit auf das Relief aus Haus A im Temenos von Tempel 5 in Ḫattuša. 650 Vgl.  Bonatz 2000a, S.  13, Taf. I, A 3; Hawkins 2000, S.  276–277, Taf. 128 (die Herkunft aus Hasanlı, ca.  35 km nordwestlich von Maraş, laut der Beschriftung im Archäologischen Museum von Maraş. https://de.wikipedia.org/wiki/Statue_Mara%C5%9F_13. Zuletzt abgerufen am 04.03.2016.). Ussishkin 1989, S. 486 vergleicht sie mit der Monumentalstatue vom Bau J aus Sam’al. 651 Ussishkin 1989, S. 486; Aro 2013, S. 243, Anm. 52. 652 Am Abend des achten Tages des šalliš waštaiš wurde im Torhaus Getreide aufgeschichtet, um darauf ein Bild des Verstorbenen aus Früchten zu bilden. Außerdem wurde das Ritualzelt, in dem u.a. Handlungen im Zusammenhang mit dem „Bild“ des Verstorbenen stattfanden, in der Nacht vom 13. zum 14. und letzten Tag hierhin verlegt, wahrscheinlich zusammen mit dem „Bild“. Voos 1983, S. 151. Zu NA4ḫekur-Ritualen, siehe Haas 1994, S. 282.

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Interpretation

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ten zumindest die postmortalen Existenzformen der Herrscher, hluw. atri- „Seele“, in die Sphäre der Götter gelangen, welche zugleich – zumindest nach der tabālischen Inschrift KULULU 4 – ihr pränataler Aufenthaltsort war. Es ist nicht auszuschließen, dass die Elite oder sogar die gesamte Bevölkerung den Glauben an dieses Schicksal teilte. Gleichzeitig lag es im Rahmen des Möglichen, dass der „Seele“ der Aufenthalt in der Gegenwart der Götter versagt blieb. Der bislang einzig bekannte Grund dafür ist auf eine Verfluchung zurückzuführen, so dass der Normalfall die positive Variante gewesen zu sein scheint. Aus den Inschriften von Karkamiš geht nicht direkt hervor, wie die atri- zu den Göttern gelangen konnte. Laut besagter Fluchformel scheint aber eine Wanderung auf einer Straße darin eine Rolle zu spielen, wie es auch aus dem hethitischen Kulturraum bekannt ist. Bezüglich der mortuären Steleninschrift KULULU  4 aus Tabāla hat A. Payne zudem den vorsichtigen Verdacht geäußert, dass die atri- zu den Göttern aufsteigen könnte, 653 was äußerst weitreichende Implikationen nach sich ziehen würde, bspw. die Frage nach einer symbolischen Bedeutung der Kremationsbestattung, aber von Petra Goedegebuure aufgrund eines grammatikalischen Argumentes zurückgewiesen worden ist. 654 Parallel zur Existenz in der Sphäre der Götter konnte die atri- hochrangiger, männlicher Individuen in Statuen lokalisiert und divinisiert werden, wobei hier zumindest teilweise andere Gottheiten ebenfalls physisch vorhanden waren. 655 Auch das Reliefbild BONUS-tis war in einer Reihe von Gottheiten platziert, so dass auch hier trotz der äußerst knappen Inschrift eine jenseitige Destination ihrer atri- im Beisein dieser Gottheiten nahe liegt. Ungeklärt bleibt dagegen vorläufig das Verhältnis zwischen atri- und anderen menschlichen Bestandteilen sowie zwischen atri- und dem Verstorbenen bzw. dessen Körper. Hethitische Aussagen zu diesem Themenkomplex können nur mit Fragezeichen einbezogen werden, nicht zuletzt, da eine Ableitung des luwischen atri- von dem hethitischen Begriff ZI = ištanza- problematisch ist. 656 Zumindest existierte in beiden Traditionen die „Seele“ nach dem Tod eines Menschen weiter. Im hethitischen Denken wurde ištanza- zu einem Bestandteil des GIDIM = akkant-, des „Toten“, nicht jedoch synonym mit diesem. Allerdings wurde im Bestattungsritual manchmal auch akkant- beopfert, meistens jedoch ZI oder akkantaš ZI, so dass dieses Lexem auch die Konnotation „Totengeist“ zu beinhalten 653 Payne 2012, S. 51, Anm. 52; dies. 2015, S. 166 (KULULU 4 § 9): „And the gods received the beloved soul which was put in(side), [risen up]“ („rise up“ anstelle des sonst übersetzten „exalt“ oder „raise“). Falls sie dennoch zutreffen sollte, wäre eine entsprechende Passage aus der Felsinschrift MALPINAR (§ 11) aus dem benachbarten Kummaḫa daraufhin ebenso zu überprüfen wie die Inschrift JISR EL HADID 4 (D 1 § 3). In ersterer wird derjenige gesegnet, der für den Verstorbenen ein Ritual ausführt: „for him … may the Sun-God exalt the person(?)“ (Hawkins 2000, S. 342) und in der Inschrift aus dem Hatay verhülfe Runtapi seinem Vater (mittels eines entsprechenden Rituals) zu einer Existenz bei den Göttern: „For his fathers’ gods I exalted him (as) the ATNI“. Dinçol et al. 2014b, S. 65. 654 Goedegebuure 2017, S. 178. 655 Dies trifft zumindest auf die Statuen im Zusammenhang mit dem Kubabatempel zu, während Atrisuha zwar „mit den Gottheiten“ existierte, aber archäologisch keine Spuren jener vorhanden waren, so dass sich diese Aussage wohl eher auf die göttliche Sphäre bezieht. 656 Melchert 2010, S. 8; Hawkins 2015, S. 53 contra Hout 2002b.

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Karkamiš

scheint. 657 Nach anderer Interpretation bezieht sich akkant- auf die Toten, deren „Seele“ (noch) nicht gelöst ist und die den Lebenden gefährlich werden können. 658 Ištanza- steht demgegenüber für die immateriellen, geistigen Aspekte eines Menschen im Gegensatz zum Körper, heth. tuekka-, wobei dieser Begriff nur für einen lebendigen, nicht für einen toten Körper benutzt werden konnte. 659 Vermutlich wurde der Seele ebenso wie im Luwischen eine Zugehörigkeit zu den Göttern attestiert, 660 wobei sie gleichfalls von den Göttern zur Geburt in den Körper eingesetzt worden zu sein scheint. 661 Es existiert bislang kein Beleg im Hethitischen dafür, dass ištanza- ebenso wie im Luwischen atri- in die Gegenwart der Götter gelangen oder in einer Statue existieren konnte. Im Gegensatz dazu war ein zawalli, heth. „Geist, Totengeist“, als verstorbener Angehöriger der hethitischen Königsfamilie dazu in der Lage, in den ebenso benannten Bildnissen zu existieren. 662 U.a. deshalb erscheint es denkbar, die Atrisuhastatue hinsichtlich mancher Aspekte mit den zawalli-Bildnissen in Bezug zu setzen und somit als eine spezielle Funktion im Totenkult erfüllend zu begreifen, während die Ursprünge anderer Monumente, deren Inschriften meist mit der Formel „Ich bin PN“ beginnen, wohl auf die Statuen der späten hethitischen Herrscher Tutḫaliya IV. und Šuppiluliuma II. zurückzuführen sind und den verhältnismäßig zahlreichen Standbildern zugeordnet werden können. 663 Da auch die Inschrift auf der Statuenbasis des Yariri mit dieser Formel beginnt und keine Bezüge zur Atrisuhastatue erkennbar sind, könnte es sich auch hier um eine Statue der letzteren Kategorie gehandelt haben, von der gesagt wird, dass sie die atri- ihres Auftraggebers in sich barg. Schwierig bzw. nicht zu beantworten ist hingegen die Frage, ob die atri- auch in Grabbzw. Totenstelen, analog zur nbš des KTMW in Sam’al, existieren konnte. Aus Karkamiš liegen dazu keine Indizien vor und von den Inschriften auf mortuären Stelen, die dieses Wort erwähnen, ist MARAŞ 2 unklar, während sich KULULU 4 auf andere Vorgänge bezieht. 664 Bezüglich der Gräber ist die Frage zu stellen, ob die charakteristischen, teilweise multiplen Grababdeckungen eventuell im Zusammenhang mit bestimmten somatologischen Vorstellungen standen. So könnten sie bspw. als Schutz vor den unreinen sterblichen 657 658 659 660

661

662 663 664

Otten 1958, S. 123; Kammenhuber 1964, S. 160–162. Archi 2008, S. 183; Steinert 2012, S. 367, Anm. 261. Kammenhuber 1965, S. 181–186. Watkins 1995, S. 285–286 (KUB 43.60 I 31–32): „To the gods (Mothers?) belongs the soul“, wobei erwähnt werden soll, dass die Mutter(gottheit) eine wichtige Rolle innerhalb der vorangehenden Passage spielt. Unkritisch gegenüber der Lesung als „Götter“ Archi 2008, S.  172–173; Steinert 2012, S. 367, Anm. 262. Otten 1958, S. 123–124; Kammenhuber 1964, S. 156–157; Ünal 1975, S. 178; Hawkins 1989, S. 190, Anm. 7 (KUB 31.127 + IV 24–25). Dort heißt es nach Kammenhuber 1964, S. 157: „Sobald ich ehedem aus dem Mutterleib geboren worden war, setzte mir mein Gott danach jene Seele ein“. Vgl. dazu KULULU 4 § 4: „and they [the gods] put into me a beloved soul.“ Hawkins 1989, S. 190; ders. 2000, S. 445. Archi 1979. Haas 2008, S. 72 spricht allerdings von der „Seelensubstanz des verstorbenen Menschen“. Aro 2013. Zu MARAŞ 2, vgl. Lange 2015, S. 103–106.

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Interpretation

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Überresten oder den eine Zeit lang oder für immer innewohnenden Totengeistern fungiert haben. Eine andere Interpretationsmöglichkeit stellt den Schutz der verstorbenen Person bzw. ihrer Überreste dar. Dazu passt, dass die meist unter der Grababdeckung befindlichen Keramikgefäße, die wahrscheinlich dazu dienten, Nahrung aufzunehmen, eine Rolle für die Versorgung des Totengeistes gespielt zu haben scheinen. In diesem Kontext könnte auch die Frage nach der Bedeutung der Basaltschalen als Basis bzw. der goldfarbenen Kupferschalen als Verschluss der Urnen angesiedelt werden, hinter denen sich möglicherweise bestimmte symbolische Verweise auf Jenseitsvorstellungen verbergen, eventuell im Sinne einer kontrastierenden Farbsymbolik, unten schwarz – oben gold. Schließlich ist die Frage zu stellen, inwieweit die verschiedenen Bestattungsformen, die dominante Kremation und die seltene, aber u.a. in demselben archäologischen Kontext anzutreffende Inhumation, unterschiedliche Konzeptionen hinsichtlich der postmortalen Existenz reflektieren könnten. Im Gegensatz zu Grab 2592 aus Tell Šiyuḫ Fawqānī existiert in Karkamiš kein sicher als birituell anzuerkenndes Grab, was als Indiz einer „gleichberechtigten“ Koexistenz beider Bestattungsformen gedeutet werden könnte. Denn bei Grab YC 72 aus Yunus könnte es sich aufgrund der verschlossenen, aber leeren Urne über der Körperbestattung um einen Kenotaph oder eine Imitation der äußeren Erscheinungsform einer normalen Kremation gehandelt haben. Somit könnte im zweiten Fall ein qualitativer Unterschied zwischen beiden Bestattungsformen bestanden haben, der durch die nachträgliche Hinzufügung der Urne zu überwinden getrachtet wurde.

4.4.2

Religionssoziologische Interpretation

Angesichts der Zugehörigkeit mancher extramural gefundener Grabstelen zur Elite von Karkamiš, erkennbar an Monumentalität oder des inschriftlich genannten Titels, kann angenommen werden, dass sich diese zumindest zum Teil eben dort, d.h. in Yunus und im West Gate Cemetery, begraben ließen. Fraglich ist dabei, ob die unteren Schichten der Bevölkerung ebenfalls dort bestattet wurden, wobei manche der beigabenlosen Gräber ohne größere oder speziell für funeräre Zwecke hergestellte Abdeckungen hierbei geeignete Kandidaten darstellten. Die verhältnismäßig hohe Anzahl an Grabstelen könnte zwar als Gegenargument gewertet werden, doch auch unter diesen bestehen erhebliche Qualitätsund Größenunterschiede. Auf der anderen Seite existierten wohl mindestens zwei Gräber innerhalb der Innenstadtmauern, von denen das „Goldgrab“ der Elite von Karkamiš zugerechnet werden muss, während das Topfgrab  15 auf der Akropolis im Vergleich dazu bescheiden wirkt. Des Weiteren weisen zwei Grabstelen sowie das Fragment einer dritten eventuell auf weitere intramurale Begräbnisse hin, wobei zwei dieser Artefakte jeweils in der näheren Umgebung eines der beiden Gräber, aber nicht in situ gefunden worden sind, während die dritte Stele aus dem Wettergotttempel stammt. Es ist demnach nicht auszuschließen, dass kleinere Areale innerhalb der Stadt für Begräbnisse reserviert waren, ähnlich wie der Bereich vor der Zitadelle in Tell Ḥalaf. Die Stele von der Akropolis bezeugt dabei ebenfalls aufgrund des genannten Titels einen Auftraggeber der Elite von Karkamiš.

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Karkamiš

Angesichts der architektonischen Struktur, in der das „Goldgrab“ sich befand, ist es vorstellbar, dass der Raum über dem Grab analog zu den Grabbauten mit Sitzstatuen von Tell Ḥalaf zur Durchführung von Ahnenkultritualen genutzt wurde. Allerdings war Raum E mit ca. 5 × 5 m deutlich größer, so dass im Gegensatz zur Stadt im Ḫābūrdreieck mehr als nur ein oder zwei Personen an einer solchen Zeremonie hätten teilnehmen können. Falls die Grabstele mit der Inschrift KARKAMIŠ A. 4c in einem Zusammenhang mit postmortalen Ritualen für die verstorbene Person stand, lässt sich Raum 3 des Wettergotttempels (ca. 8 × 8 m), in welchem sie sich befand, nicht sicher dem Ahnenkult zurechnen, da dessen Größe und Lage eine Teilnahme von über die Nachkommenschaft hinausgehenden Personen deutlich erleichtert haben müssen. Der Befund aus Yunus deutet dagegen bisher nicht auf Ahnen- oder Totenkultrituale hin, so dass hierfür an die jeweiligen Häuser der Nachkommen oder speziell dafür geschaffene Räumlichkeiten gedacht werden muss. Was die Rolle der Frauen in der Bestattungstradition von Karkamiš anbetrifft, so kann kein bedeutender Unterschied zu Gräbern ohne Spinnwirtel, weder in Bezug auf Quantität und Qualität der Grabbeigaben noch in punkto Grababdeckung festgestellt werden. Obwohl aus Karkamiš selbst bislang keine Grabstelen gefunden worden sind, die zweifelsfrei Frauen zugeordnet werden können, legt die Stele aus Ekinveren die Existenz eben solcher nahe. Auffällig ist jedoch, dass sich keine bildlichen Darstellungen von Frauen auf Grabstelen der Stadt, sondern nur aus dem weit entfernten Gaziantep erhalten haben. Selbiges gilt für rundplastische Darstellungen, während Totenkultstatuen von Männern sowohl als Artefakt als auch inschriftlich bezeugt sind. Als ein Grund dafür kann die in der Inschrift der BONUS-ti zum Ausdruck gebrachte Unterordnung der Frau unter ihren Mann im Rahmen dessen Totenkultes genannt werden. Mögliche Ursachen dieser Diskrepanz sind momentan nicht zu ergründen. Inschriftlich belegt ist die Einbeziehung vermutlich der gesamten männlichen Unterund Oberschicht, als Männer „des Brotes“ und „des Schafes“ bezeichnet (KARKAMIŠ A. 1a), in den Totenkult für Suhi II., und somit indirekt auch in den für seine Frau BONUS-ti. Der „Mann des Brotes“ entspricht dabei vermutlich dem „niederen Mann“ in ALEPPO 6, während der „Mann des Schafes“ von der Opfermenge her der in ALEPPO 6 genannten zweiten Gruppe der Prinzen, Landes- und Flusslandsfürsten zugeordnet werden kann. 665 Erstere Gruppe sollte jeweils Brot und Libation, letztere je ein Schaf opfern. Im Gegensatz zur Inschrift Taitas I. aus dem Wettergotttempel von Ḫalab verzichtete Suhi II. darauf, die höchste gesellschaftliche „Schicht“, den König, seinem Kult zu verpflichten, wofür vielleicht politische Gründe ausschlaggebend gewesen sein könnten, d.h. er fühlte sich möglicherweise noch nicht stark genug, den König von Karkamiš auf diese Weise herauszufordern. Erst mit der Aufstellung der Atrisuhastatue durch den Sohn Suhis II., Katuwa, wurden Opfer verlangt, die deutlich über die des „Mann des Schafes“ hinausgehen und in etwa denen der Könige in ALEPPO 6 entsprechen. Daher darf angenommen werden, dass die Adressaten dieses Kultes der König bzw., da in Katuwas Inschriften keine Könige genannt werden, vielleicht dessen rebellische Verwandten waren. Andererseits er665 Siehe Abschnitt 7.2.2.

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Interpretation

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scheint Suhi II. in den Quellen bereits als ein weitgehend unumschränkter Herrscher, so dass es ebenfalls vorstellbar ist, dass er bereits eine vergleichbare Statue für den gleichen Adressaten (-kreis) aufstellen ließ. Deutlich wird aufgrund des Vergleichs mit der Inschrift aus Aleppo außerdem, dass diese sozioökonomische Differenzierung in „Mann des Brotes“, „Mann des Schafes“ sowie die Adressaten der Atrisuhastatue etablierten Traditionen folgte, die mindestens bis zum 11. Jh. zurückreichen und deshalb bereits von früheren Herrschern Karkamiš’ praktiziert worden sein konnten. Die Einbeziehung eines Großteils der städtischen Bevölkerung hingegen muss wohl im Zusammenhang mit der Proklamation Šuppiluliumas II. betrachtet werden, in welcher die Einwohner zum absoluten Gehorsam gegenüber den (königlichen) Toten verpflichtet bzw. eingeschworen wurden. 666 Der vermutlich durch Yariri im Kubabatempel institutionalisierte Totenkult hingegen dürfte sich auf eine kleinere Personengruppe beschränkt haben. Unter diesem Aspekt ist möglicherweise auch die Aufstellung der Statue Kamanis vor dem Kubabatempel zu betrachten, bei der es sich ebenfalls um eine Totenkultstatue gehandelt haben mag, die aufgrund ihrer Position jedoch vielleicht ebenso wie die Suhis II. an jeden männlichen Bewohner von Karkamiš adressiert gewesen sein könnte.

4.4.3

Religionsökonomische Interpretation

Des Öfteren wird die Meinung vertreten, dass extramurale Bestattungen die Norm für die unteren Schichten und intramurale ein Privileg mancher Angehöriger der Oberschicht sei bzw. dass die bisher entdeckten Gräberfelder den unteren Schichten zuzurechnen seien und die der oberen noch gefunden werden müssten. 667 Im Falle von Karkamiš werden dabei die verhältnismäßig bescheidenen Grabinventare sowie die zwei Stelen mit Ritzzeichnungen angeführt. 668 Diese oberflächliche Betrachtung lässt jedoch verschiedene Aspekte außer Acht. Generell lässt sich bei jeder Bestattung konstatieren, dass nicht zwangsläufig jedes im Bestattungsritual verwendete und danach dem alltäglichen Kreislauf entzogene Objekt ins Grab gelegt werden muss. Im Fall einer Kremation wird die Möglichkeit einer Absenz im Grabinventar durch die dem Feuer inhärente Zerstörungskraft sowie ggf. durch die separate Behandlung der Objekte nach der Verbrennung vergrößert. Nachgewiesen werden konnte eine solche Praxis in Tell Šiyuḫ Fawqānī und Tell an-Naṣrīya, was es plausibel erscheinen lässt, dass auch in Karkamiš nicht alle Objekte eingesammelt und in Urnen gelegt wurden. Neben der grundsätzlich aufwändigeren Kremation im Vergleich zur Körperbestattung kommt in Karkamiš die Tradition der speziell für Gräber hergestellten Abdeckungen in Form von großen Wannen und Bassins, welche ebenfalls eine nicht 666 Vgl. Singer 2009, S. 184–185 (ABoT 1.56). 667 Riis 1948, S. 37, 203; Bonatz 2000a, S. 156; Struble und Herrmann 2009, S. 40–41. Vgl. dagegen Bonomo et al. 2012; Tenu 2013b. 668 Schachner und Schachner 1996, S. 213, Anm. 14; Bonatz 2000a, S. 156; Struble und Herrmann 2009, S. 40–41.

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Karkamiš

geringe Investition, gemessen an Arbeitszeit und Transportaufwand, darstellen. 669 Das Erstaunliche daran ist, dass diese größten und wahrscheinlich kostspieligsten Formen der Abdeckungen überproportional viele beigabenlose Gräber schützten. 670 In Kombination mit der Vermutung, dass nicht alle verbrannten Gegenstände als Grabbeigaben endeten, deutet diese Verteilung darauf hin, dass die Bestattungen von Karkamiš aufwändiger waren, als das Grabinventar zunächst vermuten lässt. Außerdem ist die Anzahl der beigabenlosen Gräber die niedrigste der Kremationsnekropolen Nordsyriens und die am West Gate Cemetery gefundene Inschriftenstele sowie das Fragment eines Monumentalreliefs aus Yunus legen die hohe soziale Position der hier Bestatteten nahe. Auf der anderen Seite liegt mit einem Topfgrab auf der Akropolis ein relativ einfach ausgestattetes, vermutlich eisenzeitliches Grab vor, während die bescheiden anmutende Keramik des „Goldgrabes“ nicht vermuten ließe, welche Schätze sich in dessen Inneren befanden. Angesichts des öffentlichen Totenkultes der Inschriften KARKAMIŠ A.  1a und A. 4d fällt ins Auge, dass sie im Gegensatz zu ALEPPO 6 die verschiedenen Bevölkerungsschichten nicht nach ihrem sozialen Rang, sondern nach ihren ökonomischen Möglichkeiten bzw. der ihnen zugewiesenen Opfermenge einteilen, wobei KARKAMIŠ A. 4d sogar diesen Begriff vermeidet. Eventuell könnte dies darauf hinweisen, dass sich manche Elemente der Bevölkerung, vielleicht Kaufleute, großer Prosperität erfreuten und mit dieser neuen Einteilung höher eingestuft werden sollten als zuvor. Daran anschließend wäre zu fragen, ob diese Form der Anerkennung eher als Privileg oder als Strafe aufgefasst wurde. Letzteres war definitiv für diejenigen der Fall, die Atrisuha einen Ochsen und zwei Schafe opfern mussten. Aber da die Opferrituale für Suhi  II. wie es scheint für die gesamte männliche Bevölkerung gedacht waren, könnte eine Absonderung von der Mehrheit in diesem Fall durchaus positiv aufgefasst worden sein, da sie vermutlich nicht allein eine engere Beziehung zum verstorbenen Herrscher, sondern auch zu dessen Nachkommen versprach. Wiederum davon ausgehend, dass der „Mann des Schafes“ in Bezug zu der in ALEPPO 6 an zweiter Stelle genannten Gruppe der Königssöhne, Landes- und Flusslandsfürsten steht, fällt auf, dass für die Totendenkmäler dieser sozialen Gruppe ebenfalls jeweils ein Schaf geopfert werden soll. Dazu zählen die als Flusslandsfürsten bezeichneten Autoren der Inschriften PALANGA und MALPINAR, aus den Königreichen Malida bzw. Kummaḫa, eventuell aber auch KTMW aus Sam’al, bei dem es sich ebenfalls um einen solchen Vasallenfürsten gehandelt haben könnte. Im Unterschied zu KTMW, für dessen jährliches Schaf die Erträge eines vermutlich gestifteten Weinberges vorgesehen waren, richteten sich die beiden anderen Inschriften an die „Ersten, Führenden“ oder ein ähnlich

669 Tenu 2013a, S. 432. 670 Von Wannen bedeckte Gräber 14 von 31 (ca. 45 %), von Bassins bedeckte Gräber 3 von 15 (20 %), zusammen ca. 37 %, während 32 % aller Gräber keine Beigaben enthielten. Vgl. dafür den ähnlichen Befund für Gräber mit Bassins aus Tell Šiyuḫ Fawqānī. Tenu 2013a, S. 433.

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Interpretation

243

bezeichnetes Kollektiv, 671 womit entweder ranggleiche oder etwas rangniedere Personen gemeint waren, die sich aber immer noch von der Mehrheit der Bevölkerung abhoben. Deshalb stellt sich die Frage nach der chronologischen und eventuell kausalen Beziehung der Opferanweisungen zueinander. Nach derzeitiger Quellenlage sind die Inschriften älter, in welchen Königssöhne et al. den Königen opfern müssen. Demnach könnten sie sich bei der Errichtung ihrer eigenen Monumente an diesen Opfern orientiert und für sich selbst in Anspruch genommen haben, was mit der zunehmenden Verbreitung syrohethitischer Totenkultstatuen, zunächst ausschließlich für Könige, später auch für hohe Würdenträger belegt, im Einklang stünde.

671 Hawkins 2000, S.  343 (MALPINAR § 4, PALANGA § 2). Nach Ansicht von Hawkins 2000, S. 344 muss sich eine zweite Erwähnung eines Schafopfers in derselben Inschrift, MALPINAR § 26, auf eine davon zu differenzierende Gruppe (in § 25) beziehen.

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5. Bīt ‘Adini

5.1

Tell Aḥmar / Til Barsip bzw. Masuwara

5.1.1

Einleitung

5.1.1.1

Grabungsgeschichte

Die ersten Informationen über den Siedlungsort am Nordufer des hier gen Osten fließenden Euphrat hat D. G. Hogarth 1908 gesammelt und gleichzeitig die sich als zutreffend erweisende Identifizierung mit Til Barsip vorgeschlagen. 1 Mit den Schürfungen von 1927 und 1928 sowie den darauffolgenden Grabungen von 1929 bis 1931 erforschten zunächst François Thureau-Dangin und sein französisches Team den 20 km südöstlich von Karkamiš situierten Tell eingehend. 2 Ein australisches und später belgisches Team, jeweils geleitet von Guy Bunnens, hat die Grabungen von 1988 bis 2010 auf dem mittlerweile stark bewohnten Tell wieder aufgenommen (Abb. 60). 3 1999 wurden jedoch durch die Fertigstellung des Tišrindamms zwei Drittel der antiken Stadtfläche von ca. 60 ha geflutet. 4 Von den Arbeiten sind bislang nur die erste Kampagne sowie die neuassyrische Keramik von Areal C im Detail veröffentlicht. 5 Die antiken Überreste verteilen sich auf drei verschiedene Gebiete bzw. Höhenstufen: Die Akropolis, ursprünglich 25 m hoch, die Mittelstadt, westlich der Akropolis und ca. 10–15 m hoch gelegen, sowie die halbkreisförmige Unterstadt mit einem Radius von etwa 600 m. 6 Zu den Funden der französischen Expedition zählen neben dem berühmten Hypogäum der Frühbronzezeit  u.a.  der neuassyrische Provinzpalast mit seinen Wandfresken sowie zwei darunter befindliche Monumentalbauten. 7

1 2 3 4 5

Hogarth 1909, S. 177–183. Thureau-Dangin und Dunand 1936. Bunnens 2003; ders. 2014–2016, Abb. 2; ders. 2018. Bunnens 2001, S. 65; ders. 2006, S. XIV. Bunnens 1990; Jamieson 2012. In Bunnens 2006 – als Tell Ahmar II in die Serie der Publikationen aufgenommen – wird dagegen die unabhängig von den Ausgrabungen gefundene Monumentalstele eines Wettergottes behandelt. 6 Bunnens 1990, S. 2. 7 Dunand 1936a; ders. 1936c, S. 84–96.

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Bīt ‘Adini

Abb. 60: Grabungen in Tell Aḥmar.

5.1.1.2 Historischer Kontext Bis zum Anbruch der Eisenzeit liegen für die Rekonstruktion der Geschichte Tell Aḥmars lediglich archäologische Spuren vor. Aufgrund dessen kann eine kontinuierliche Besiedlung von der Ubayd- bis mindestens zur Frühbronzezeit IV, vielleicht sogar bis zur Mittelbronzezeit II nachgewiesen werden. 8 Während es sich zu Beginn der Frühbronzezeit noch um ein kleines Dorf handelte, zeigen das Hypogäum sowie ein etwa zeitgenössisches Monumentalgebäude die gestiegene Bedeutung von Tell Aḥmar in der Mitte des 3. Jt., 9 welche auch in der Mittelbronzezeit II mit ihren zahlreichen befestigten Lagerhäusern, die auf eine fortschrittlich organisierte Verwaltung schließen lassen, nachgewiesen werden kann. 10 Spuren der Spätbronzezeit sind etwas spärlicher, aber vorhanden. 11 Auch während der Eisenzeit I war Tell Aḥmar besiedelt (Stratum 6), wobei mittelassyrische Keramik und ein entsprechendes Siegel auf einen Außenposten der Stadt am Tigris schlie 8 9 10 11

Bunnens 1990, S. 3, 17; Roobaert und Bunnens 1999, S. 164–167. Roobaert und Bunnens 1999, S. 164–166. Bunnens 2010, S. 115. Roobaert und Bunnens 1999, S. 166; Bunnens 2010, S. 117–118. Es wird hierbei von einer Mauer aus Lehmziegeln und Steinen sowie einem Wohnhaus berichtet.

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Tell Aḥmar / Til Barsip bzw. Masuwara

247

ßen lassen. 12 Auf diese Schicht mit relativ bescheidener Architektur auf der Akropolis (Stratum 5) folgte eine Phase umfangreicher Bautätigkeit in größeren Dimensionen als bisher, die erstmals auch auf die Mittelstadt ausgedehnt wurde und die letzte Bauphase vor der Errichtung des assyrischen Palastes darstellt. 13 Im Zuge dieser wurden sowohl die von der französischen Equipe freigelegten „Bâtiment Est“ und „Ouest“, die Mauern oder Fundamente östlich davon als auch ein Mosaikboden – ohne erhaltene zugehörige Mauern – im Westen der Akropolis errichtet. 14 Abgesehen von einer möglichen Erwähnung im Vertrag zwischen Šuppiluliuma  I. und Šattiwaza, in welchem Mazuwati, eine Stadt am östlichen Euphratufer Karkamiš unter Piyaššili zugeschlagen wurde, 15 setzen schriftliche Quellen zur Geschichte Til Barsips / Masuwaras um 900 ein. Während sich durch die einheimischen luwischen Inschriften eine Abfolge von sechs lokalen Königen rekonstruieren lässt, die wohl mindestens ein Jahrhundert lang die damals Masuwara genannte Stadt regierten, berichtet ein assyrischer Text 899 von einem Königreich Bīt ‘Adini am Ufer des Euphrats, das zu diesem Zeitpunkt offenbar noch nicht Masuwara umfasste. 16 Aus den luwischen Texten lässt sich folgende Königsabfolge rekonstruieren: Zunächst waren Hapatila, dessen Sohn nicht regiert zu haben scheint, und dessen Enkel Ariyahina an der Macht, bevor eine andere Dynastie den Thron Masuwaras besteigen konnte. Von dieser ist nur der Name des zweiten von drei Königen, Hamiyata, bekannt. Im Gegenzug ist es dann Ariyahinas Sohn gelungen, Hamiyatas Sohn wieder abzulösen. Chronologisch sind die letzten drei Könige aufgrund des Stils ihrer Bildwerke sowie der Paläographie etwa in der Zeit von Suhi II. und Katuwa von Karkamiš, d.h. dem Ende des 10. oder dem Beginn des 9. Jh. einzuordnen. 17 Wann und unter welchen Umständen Masuwara in die Hände von Bīt ‘Adini fiel, ist in der Forschung umstritten. Da Til Barsip in der Inschrift Assurnasirpals II. noch nicht erwähnt wird, ist davon auszugehen, dass es König Aḫūni erst danach gelang, die Kontrolle über die Stadt zu übernehmen, 18 nur um sie kurz darauf, 856, wieder an Salmanassar III. zu verlieren, wobei er vorläufig fliehen konnte, bevor er 855 auf dem Berg Šītamrat, im Nordwesten seines ehemaligen Reiches, endgültig gefasst wurde. 19 Aḫūnis Regierungszeit muss spätestens zwischen 876 und 868 begonnen haben, da er Assurnasirpal II. in besagtem Zeitraum Tri12 Bunnens 2009, S. 68–71. 13 Bunnens 2009, S. 73–74. 14 Dunand 1936c; Bunnens 2009, S. 73–74. Vormalig hat G. Bunnens vermutet, dass diese Gebäude der Bronzezeit zuzurechnen seien, da ein Raum des „Bâtiment Est“ exakt dem Mauerverlauf des Hypogäums folgte und die Kleinfunde keine sichere Datierung zulassen. Bunnens 1990, S. 16–17; Roobaert und Bunnens 1999, S. 167. 15 Hawkins 1983, S. 135–136. 16 Grayson 1991, S. 150 (RIMA 2, A.0.99.2 48); Hawkins 2000, S. 225. 17 Hawkins 2000, S. 225–226. 18 Hawkins 2000, S. 224–226; Dion 2002, S. 56; Bachelot und Fales 2005, S. XXXIII, Anm. 173; Sader 2014a, S. 30 contra Lipiński 2000, S. 183–187; Bunnens 2006, S. 85–87; Brown 2008a, S. 197–198; Niehr 2010a, S. 235, die unter anderem davon ausgehen, dass nicht nur die Namen der Herrscher Masuwaras teilweise aramäischen Ursprungs sind, insbesondere Hamiyata, sondern die Herrscher selbst ebenfalls. 19 Grayson 1996, S. 21–22 (RIMA 3, A.0.102.2 66b–75a); Lipiński 2000, S. 193.

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Bīt ‘Adini

but und Heerfolge leistete, nachdem die assyrische Armee Kaprabu im Osten des Landes eingenommen hatte. 20 Salmanassar III. benannte Til Barsip offiziell in Kār-Salmanassar um – der aramäische Name wurde aber ebenso wie der luwische weiterhin benutzt –, siedelte Assyrer an und versuchte, die Handelsströme von und nach Karkamiš umzuleiten, was jedoch scheiterte. 21 Dennoch bildete Til Barsip in der Folgezeit ein regionales Zentrum sowie einen wichtigen Stützpunkt bei der Westexpansion des assyrischen Reiches, wie sich u.a. am „faktischen Herrscher Assyriens“, 22 dem turtānu Šamšī-ilu, mindestens 796 bis 752, zeigt, der die Inschriften auf den beiden Torlöwen ohne die Nennung des assyrischen Königs anbringen ließ und Til Barsip als Stadt unter seiner Kontrolle bezeichnete. 23 Als zweifelsfreier Sitz eines assyrischen Provinzgouverneurs kann Til Barsip jedoch erst im Jahr 701 gelten. 24 Im Anschluss an die assyrische Epoche, die hier bis mindestens 612 andauerte, 25 d.h. in persischer, hellenistischer und römischer Zeit, blieb Til Barsip besiedelt, wie entsprechende Funde belegen. 26 Im 2. Jh. n. Chr. wird es als Bersiba noch bei Ptolemaios erwähnt. 27 Tabelle 6: Die Herrscher von Masuwara bzw. Bīt ‘Adini. 28 Könige

Regierungszeit

Hapatila [Hapatilas Sohn] Ariyahina Hamiyatas Vater Hamiyata Hamiyatas Sohn

ca. spätes 10.–frühes 9. Jh. ca. spätes 10.–frühes 9. Jh.

Ariyahinas Sohn

ca. spätes 10.–frühes 9. Jh.

Aḫūni

ca. 870–856

20 21 22 23 24 25 26 27 28

Grayson 1991, S. 216 (RIMA 2, A.0.101.1 50b–56a); Lipiński 2000, S. 189. Fuchs 2008a, S. 89, Anm. 126. Fuchs 2008b, S. 130. Grayson 1996, S. 231–233 (RIMA 3, A.0.104.2010). Bunnens 2009, S. 79 vermutet, dass dies nicht seine Residenzstadt war. Green und Hausleiter 2001, S. 145, Anm. 1. Green und Hausleiter 2001, S. 148. Dunand 1936b; Roobaert und Bunnens 1999, S. 167. Thureau-Dangin 1936a, S. 7. Hawkins 2000, S. 226–225, 239–240.

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Tell Aḥmar / Til Barsip bzw. Masuwara

5.1.1.3

249

Gesellschaft und Wirtschaft

Wie so häufig im Fall der nordsyrisch-südostanatolischen Königreiche kreist auch der Til Barsip bzw. Bīt ‘Adini betreffende Diskurs um die Frage nach der Ethnizität seiner Bewohner und Herrscher. Ohne diese Frage hier abschließend klären zu wollen bzw. zu können, sollen zwei Diskussionspunkte angesprochen werden. Erstens sind die einzigen namentlich bekannten „Bewohner“ der Stadt bzw., falls Aḫūni nicht in Til Barsip residierte, des Landes Könige. Ihre Namen, selbst wenn sie korrekt der einen oder der anderen Sprache zugeordnet werden könnten, 29 sagen vermutlich wenig bis nichts über die tatsächliche Identität des Königs, der Elite oder der Bevölkerung aus, nicht zuletzt deshalb, da in Nordsyrien und Südostanatolien nicht nur Herrscher sondern auch die Bevölkerung verschiedene Namen in den verschiedenen Sprachen tragen konnten. Der zweite Punkt betrifft die Tatsache, dass aus der vorassyrischen Epoche der Stadt bislang allein luwische Inschriften gefunden wurden, aramäische Schriftzeugnisse dagegen erst lange nach der assyrischen Eroberung. Das Luwische fand jedoch ebenso wie der luwische Name Til Barsips, Masuwara, zumindest bis in die erste Hälfte des 8. Jh. hinein Verwendung, wie eine Trilingue auf den Torlöwen aus Arslān Ṭāš / Ḫadattu zeigt. 30 Dies ist zwar ein Indiz für eine starke luwische Prägung der Stadt und zum Teil auch des Landes; letztlich können daraus jedoch keine sicheren Rückschlüsse auf die Bevölkerung, ihre Mutter- oder gesprochene Sprache gezogen werden, da diese Denkmäler der Oberschicht zuzuordnen sind und ihren Repräsentationszwecken dienten. Über die wirtschaftlichen Verhältnisse Til Barsips bzw. Bīt ‘Adinis können mangels Quellen kaum Aussagen getroffen werden. Zurzeit der Bildwerke mit luwischen Inschriften dürften nicht allein Bildhauer bzw. Aufträge für Bildwerke zwischen Masuwara und Karkamiš ausgetauscht worden sein, 31 sondern anderweitige Handelskontakte bestanden haben. Mit der Besetzung und der Umbenennung durch Salmanassar  III. wurde ein Handelskrieg gegen Karkamiš eröffnet, der letztlich jedoch verloren ging. 32 Zu den im aramäischen Königreich vorhandenen Gütern,  d.h.  vermutlich produziert oder erhandelt, gehörten Silber, Gold, Zinn, Bronze, mehrfarbige Leinenkleider, Zedernstämme sowie Geschirr, Liegen, Kisten und Throne aus Elfenbein, Goldschmuck in verschiedenen Variationen, Rinder, Schafe und Wein, wie aus den Tributslisten Assurnasirpals II.

29 Vgl. u.a. Bunnens 1999, S. 613; ders. 2006, S. 86–87; ders. 2009, S. 75. 30 Hawkins 2000, S. 246–248 mit dem luwischen Teil des Torlöwen A 2 (Südlöwe des Osttores) nach Galter’scher Zählung (Galter 2004; ders. 2007). Dieser Torlöwe sowie B 2 (Südlöwe des Westtores, von dem nur die aramäische Inschrift erhalten war), waren am Eingang eines Parks in Raqqa aufgestellt und wurden im April 2014 von IS-Anhängern zerstört. http://de.wikipedia.org/wiki/Arslan_Tash (zuletzt abgerufen am 20.03.2016). Eventuell befand sich ein weiterer luwischer Text bzw. eine Trilingue auf dem Löwen A 1 (Nordlöwe des Osttores), der in Aleppo steht. Die Schriftzeichen sind jedoch mittlerweile zu schwach, um sie zu entziffern. Röllig 2009, S. 266–267. Vgl. Abschnitt 5.3.1, S. 273, Anm. 176. 31 Orthmann 1971, S. 48. 32 Fuchs 2008a, S. 89, Anm. 126.

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Bīt ‘Adini

hervorgeht. 33 Es könnte demnach neben der Landwirtschaft eine elfenbein- 34 und goldverarbeitende Industrie im Königreich existiert haben.

5.1.2

Mittel- und spätbronzezeitliche Gräber

Mehrere Gräber der mittleren Bronzezeit wurden in Areal S, einem Tiefschnitt auf dem Tell, entdeckt. Von diesen wird zum einen ein Erdgrab mit dem Körper eines Jugendlichen in Hockerstellung, anscheinend ohne Beigaben, erwähnt. 35 Ausführlicher ist das Topfgrab F 167 derselben Schicht IX unter einem Wohnhaus dokumentiert, in dem sich entweder eine Kremation und eine Körperbestattung oder eine partielle Kremation befand, da sich sowohl ein unverbrannter Schädel als auch verbrannte Knochen und Holzkohle in verschiedenen Bereichen des Topfes (max. 1 × 0,70 m) befanden. 36 Zudem barg es zwei Becher und eine Schale aus Ton, jeweils kopfüber und zerbrochen, eine Bronzenadel und ein Rollsiegel. 37 Letzteres ist von Adelheid Otto dem dritten Viertel des 18. Jh. zugeschrieben worden, so dass dies einen vorläufigen terminus post quem darstellt. 38 Ob ein Zusammenhang zwischen diesem Grab und den späteren, spätbronze- und eisenzeitlichen Kremationsnekropolen nördlich von Tell Aḥmar bestand – in und um Karkamiš sowie in Tell Šiyuḫ Fawqānī –, kann mangels entsprechender Gräber aus der dazwischen liegenden Zeit nicht gesagt werden. Fest steht, dass das älteste datierbare Grab aus Tell Šiyuḫ Fawqānī (Nr. 2592) aus der zweiten Hälfte des 13. Jh. sich aus einer Kremation und einer Körperbestattung zusammensetzte, wobei die Urne auf den Beinen des inhumierten Individuums platziert wurde. 39 Besonders rührend ist die letzte Ruhestätte eines vermutlich heterosexuellen Liebespaares, das sich seit einigen tausend Jahren gegenüber lag und umarmt hielt, bis Archäologen sie 2001 entzweiten. Das Grab schnitt die schwierig zu datierende Lehmziegelstruktur südlich des assyrischen Palastes, „pilier de soutènement“ getauft, und beinhaltete nichts außer einer ungewöhnlichen Bronzenadel, so dass eine genauere chronologische Einordnung sich diffizil gestaltet. 40 Darüber hinaus wurden bis zu sieben Kindergräber der Mittelbronzezeit entdeckt. 41

33 34 35 36 37 38 39 40 41

Grayson 1991, S. 216–217 (RIMA 2, A.0.101.1 iii 55–56a und 60–64). Bonatz 2014a, S. 246. Roobaert und Bunnens 1999, S. 166. Roobaert 1998, S. 97. Maße des Topfes bei Jamieson 1998, S. 106, Anm. 1. Jamieson 1998; Otto 1998; Roobaert 1998. Otto 1998, S. 129. Siehe Abschnitt 5.2.3.2. Bunnens 2003, S. 41. Bunnens 2003, S. 41–42.

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Tell Aḥmar / Til Barsip bzw. Masuwara

5.1.3

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Lehmziegelgruft und Statue

Während der Grabungen von 1993 ist in Tell Aḥmar zufällig eine aus Lehmziegeln gemauerte Gruft außerhalb des regulären Ausgrabungsgeländes im westlichen Bereich der Unterstadt in Areal C entdeckt worden (Abb.  60). 42 Sie bestand aus einer ca.  4,50 × 2,70  m großen Kammer, die sich von Südwesten nach Nordosten erstreckte, mit einer gewölbten Decke und einem siebenstufigen Dromos an der Südostecke. An der Nordwestseite befand sich eine aus Lehmziegeln errichtete, rechteckige Struktur, die wohl einst den darauf entdeckten Tonsarkophag in sich barg oder in sich bergen sollte. Dieser enthielt nämlich keinen einzigen Knochen, so dass spekuliert werden kann, ob er überhaupt benutzt wurde oder ob der Leichnam vollständig entwendet wurde, d.h. mutmaßlich solange sich die Knochen noch im Verband befanden. Das Grab enthielt trotz der antiken Plünderung, auf die vermutlich das Loch in der Decke zurückgeht, ein paar Keramikgefäße sowie eine „double-saucer lamp“, nach Meinung von Andrew Jamieson speziell für den Grabgebrauch hergestellt, 43 und wurde vermutlich zeitgleich mit dem Gebäude C1 im 7. Jh., möglicherweise als ein Abb. 61: Rekonstruierte Statue Teil dessen, errichtet. 44 Lehmziegelgrüfte aus aus Tell Aḥmar. neuassyrischer Zeit sind in Obermesopotamien vielfach dokumentiert; 45 es handelt sich hierbei um das am weitesten westlich gefundene Exemplar dieser Grabform und zeugt somit vom starken und lang anhaltenden assyrischen Einfluss in Til Barsip. Gleichzeitig stellt es abgesehen von zwei Hausgräbern mit Inhumationen aus Elbistan Karahöyük 42 Bunnens 1997a, S. 23–25; Roobaert und Bunnens 1999, S. 172, Abb. 7; Fuchs 2008b, S. 96–98; Jamieson 2012, S. 10, 176, 180. 43 Jamieson 2012, S. 176. 44 Jamieson 2012, S. 180. 45 Bspw. Aššur, Nimrūd / Kalḫu, Tell Šayḫ Ḥamad / Dūr-Katlimmu. Kreppner 2008, S. 264.

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Bīt ‘Adini

sowie einem Grab in Tell Masṭūma 46 das bislang einzige Grab im nordsyrisch-südostanatolischen Raum dar, dass sich unter einem noch bewohnten Haus befand. In der unmittelbaren Umgebung des Grabes, aber ohne stratifizierten Kontext, fanden sich zwei fragmentarische Elfenbeinfriese mit Palmettenmotiv, von denen eines an verschiedenen Stellen mit aramäischen Buchstaben (b, g, h) beschriftet war. Ob sie ursprünglich zum Grabinventar zählten, lässt sich nicht mehr eruieren. 47 In einer Grube, welche in die westliche Mauer des Grabes hineingetrieben wurde, fand sich eine rituell „getötete“ und möglicherweise „begrabene“ Basaltstatue eines stehenden, bartlosen Mannes (max. Höhe 1,45 m, Abb. 61), 48 die vermutlich im 8. Jh. angefertigt wurde. 49 Die rituelle „Tötung“ wurde äußerst gründlich durchgeführt und manifestierte sich wie folgt: Die Statue wurde entlang des Halses und des Gürtels in drei Teile zertrümmert, das Gesicht unkenntlich gemacht sowie ein großes Loch in die Brust und ein kleines in die Schädeldecke hineingetrieben. Als Indizien für eine rituelle Bestattung kann sowohl die Platzierung aller drei Statuenteile auf dem Rücken, die Nähe zum Grab als auch der Aushub einer Grube generell angeführt werden. Allerdings wurde nicht versucht, die Statuenteile so aneinander zu legen, dass sie wieder eine Einheit bildeten. Bei der dargestellten Person handelt es sich vermutlich um einen hohen assyrischen Eunuchenbeamten, möglicherweise den Statthalter von Til Barsip selbst, 50 der seine linke Hand in die rechte legt und mit einem einfachen langen Gewand sowie einem Schal über der linken Schulter bekleidet ist. Nach der These von A. Fuchs handelt es sich um keinen geringeren als Šamšīilu selbst. 51 Unabhängig davon zählt die Statue zu den bisher vier assyrischen Exemplaren nicht-königlicher Personen, darunter auch die des Hadd-yiṯ‘i aus Tell Faḫarīya. 52 G. Bunnens vermutet, dass das Begräbnis der Statue wegen der Nähe zum Grab hier stattfand 53 und darüber hinaus als ursprünglichen Aufstellungsort der Statue ein in der Nähe gelegenes Heiligtum, auf das die zahlreichen Stelen in diesem Gebiet hinzudeuten scheinen. 54

46 47 48 49 50 51 52

Özgüç und Özgüç 1949, S. 68–69; siehe Abschnitt 8.4.5. Bunnens 1997b, S. 438, 447–448, Abb. 1, 13–15, Nr. 10–11. Roobaert 1996; Jamieson 2012, S. 10; Bonatz 2014a, S. 237, Anm. 150. Roobaert 1996, S. 83. Roobaert 1996, S. 87; Bonatz 2014a, S. 237. Fuchs 2008b, S. 96–98. Roobaert 1996, S. 83. Die beiden anderen Statuen sind die einer Frau aus Aššur sowie eine unvollendete Statue aus Nimrūd / K alḫu. Roobaert 1996, S. 83. 53 Bunnens 1997a, S. 24–25. 54 Außerdem umfasste der neuassyrische Palast die gesamte Akropolis, so dass sich dort, vermutlich auch in vorassyrischer Zeit, kein Tempel befand. Bunnens 1996–1997, S. 62–65.

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Tell Aḥmar / Til Barsip bzw. Masuwara

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5.1.4 Ikonographische Zeugnisse Unabhängig von diesem Grab konnten in Til Barsip zwei mortuäre Stelen aus vor- und eine aus assyrischer Zeit geborgen werden; zwei davon nicht in situ. Über den Kontext der dritten Stele sind außer dem ungefähren Fundort keine Details bekannt. 5.1.4.1 Stele mit stehender Figur Die älteste dieser Stelen (1,17 × 0,61 × 0,29  m, Abb. 62) ist aus Basalt gefertigt und stammt nach W. Orthmann aus der Stilgruppe Späthethitisch  II,  d.h.  etwa aus der Zeit zwischen 950 und 850, was D. Bonatz auf die Zeit um 900 präzisiert hat. 55 Sie wurde einige Meter östlich des Westfriedhofes, in einer späteren Mauer verbaut, geborgen. Auf ihr ist eine stehende, Stab und Trinkschale haltende bärtige Figur dargestellt, die sich nach links wendet; vermutlich handelt es sich wegen des Stabes um die Abbildung eines Abb. 62: Stele eines Herrschers Herrschers, eventuell eines verstorbenen. Aufaus Tell Aḥmar. grund ihres Alters und der ikonographischen Übereinstimmungen mit einer Stele aus Maraş mit der hieroglyphenluwischen Inschrift MARAŞ 8 56 wäre sie vielleicht eher einem der luwischen Herrscher von Masuwara als einem König von Bīt ‘Adini zuzuordnen, was aber letztlich Spekulation bleibt. Der Unterschied zwischen beiden Abbildungen ist das Fehlen der Schale bei der Stele aus Maraş sowie die Haltung des Stabes: bei der Stele aus Maraş senkrecht nach unten und den Boden berührend, hier in die Höhe gehalten ohne Kontakt zur unteren Stelenkante. In dieser Hinsicht und bezüglich der beiden Attribute Schale und Stab ist sie deshalb mit der Statue aus Taftanāz vergleichbar, die vielleicht in das 9. Jh. datiert.

55 Thureau-Dangin 1929, S. 200, Taf. XXXV, 3; ders. 1936b, S. 163, Taf. XI, 7; Orthmann 1971, S. 46, 536, Til Barsib B/5; Voos 1986, S. 120, Kat.-Nr. 83; Bonatz 2000a, S. 16, 32, Taf. VIII, C 2; ders. 2014a, S. 238. 56 Bonatz 2014a, S. 238. Vgl. Bonatz 2000a, S. 16, 32, Taf. VIII, C 1.

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Bīt ‘Adini

5.1.4.2 Stele mit zwei stehenden Figuren Eine weitere Basaltstele (93 × 65 × 31 cm) zeigt eine größere, weibliche Figur mit Schleiergewand und eine kleinere, männliche Figur; beide stehend und nach links blickend. 57 In den Händen des Jungen sind möglicherweise eine Schale und ein Schreibgriffel zu erkennen. Die Entstehungszeit dieser Stele kann D. Bonatz und W. Orthmann zufolge etwa zwischen 925 und 850 eingegrenzt bzw. als der Stilstufe Späthethitisch II zugehörig angesehen werden. Diese Stele wurde zwischen dem modernen Dorf und dem Westfriedhof in drei Metern Tiefe aufgefunden. Bei dem Bildmotiv handelt es sich um eine eher seltene Szene, die in dieser Form bislang lediglich auf einer Stele aus Gaziantep in ähnlicher Weise erscheint. 58 Sie wird von J. Voos und D. Bonatz dem Kreis der Grabdenkmäler bzw. einer verstorbenen Frau zugeordnet. 5.1.4.3

Stele mit Speisetischszene

Die jüngste Stele ist aus Kalkstein (31 × 18 × 7 cm) und in ihren Dimensionen, dem verwendeten Material sowie teilweise auch vom Aufbau her – eine Speisetischszene – mit den kleinen Kalksteinstelen aus Karkamiš bzw. Yunus vergleichbar und stammt wohl aus dem 8. Jh. 59 Links von dem in der Mitte abgebildeten Tisch sitzt ein bärtiger Mann auf einem Hocker, eventuell mit einer Schale oder einem Becher in der rechten Hand, während die linke auf seinem Knie ruht. Ein etwas kleiner dargestellter, rechts vom Tisch befindlicher Mann fächert ihm dabei Luft mit einem großen, quadratförmigen Wedel zu. Aufgrund der Kontinuität luwischer und aramäischer Kultur im assyrisch besetzten Til Barsip sowie der vergleichbar angefertigten Stelen aus Yunus wird angenommen, dass die Stele einem Angehörigen der einheimischen Bevölkerung zuzuordnen ist. 60 Allerdings ist eine solche Zuordnung ca. 50 bis 150 Jahre nach der assyrischen Eroberung kritisch zu hinterfragen.

5.1.5

Stele mit der Inschrift ALEPPO 2

Auf der Stele mit der Darstellung eines nur sehr schlecht erhaltenen Wettergottes (90 × 63 × 22 cm) findet sich die Inschrift ALEPPO 2, welche auf den Bruder eines Hamiyata, Arpa, zurückgeht und sich deshalb wahrscheinlich an den aus anderen Inschriften 57 Ploix de Rotrou 1932, S. 41, Abb. 4; Thureau-Dangin 1936b, S. 137, Taf. VII, 3; Orthmann 1971, S. 46, 48, 536, Til Barsib B/4, Taf. 54,d; Genge 1979, S. 93–95, Abb. 48; Voos 1986, S. 80–85, Kat.Nr. 34; Bonatz 2000a, S. 23, 45, C 70, Taf. XXIII. 58 Bonatz 2000a, S. 45. Vgl. Abschnitt 4.2.6. 59 Thureau-Dangin 1936b, S.  159–160, Taf. XIV, 3; Orthmann 1971, S.  46, 369, 373, 375, 536, Til Barsib B/6, Taf. 54,e; Voos 1986, S. 100, Kat.-Nr. 48; Bonatz 2000a, S. 20, 39, Taf. XV, C 39; Rehm 2016, S. 93, B 5. 60 Bunnens 1995, S. 24–25, Anm. 6; Bonatz 2000a, S. 179, 207, Anm. 91.

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Tell Aḥmar / Til Barsip bzw. Masuwara

255

bekannten König gleichen Namens von Masuwara anschließen und somit ins späte 10. oder frühe 9. Jh. datieren lässt. 61 Der Fundort der Stele lässt sich nicht mehr rekonstruieren, ist aber wahrscheinlich Tell Aḥmar selbst. Die in diesem Kontext zu betrachtende Passage der hieroglyphenluwischen Votivinschrift an den ranghöheren Bruder lautet: § 9 § 10 § 11 § 12

„I did not […] my brother Hamiyatas, I established his name with Tarhunzas, but I did not set him up (as) any figure, and he gave … to me with goodness.“ 62

Hinter der Übersetzung „figure“ verbirgt sich der Terminus atri-, der grundsätzlich als „Seele, Person“ zu betrachten ist, was jedoch in diesem Kontext offensichtlich mit Problemen behaftet ist. Als Lösung dafür kann der Vorschlag I. Yakubovichs gelten, atri- hier als Metapher für eine Statue zu verstehen. 63 Dies wäre in Übereinstimmung zu der aus Karkamiš und anderen luwischen Zentren bekannten Vorstellung, dass atri- in Statuen existieren kann, welche demnach auch für Masuwara angenommen werden darf, ebenso wie die Praxis, Statuen für den postmortalen Kult des Königs zu errichten. In der vorliegenden Inschrift ist Hamiyata jedoch noch am Leben, so dass hier wohl ähnlich wie in anderen Fällen auf die – (noch) nicht erfolgte – Errichtung eines Monuments zu Lebzeiten angespielt wird.

5.1.6

Spätere intramurale Gräber

Da bislang keine weiteren Gräber aus der vorangehenden Eisenzeit in Tell Aḥmar gefunden worden sind, sollen einige Aspekte der dürftig publizierten sieben Gräber der Achämenidenzeit angesprochen werden, welche über dem assyrischen Palast angelegt wurden. 64 Diese sind in vier Pithos- sowie zwei Tonsarkophaggräber aufzuteilen, während von dem siebten Grab nur Reste erhalten geblieben sind. Die im Kontext des siebten Grabes gefundenen Knochen und Brandspuren werden einem späteren Herd an derselben Stelle zugeschrieben, könnten eventuell jedoch auch aus dem Grab selbst stammen. Beachtenswert ist dabei, dass alle Gräber mit mindestens einer bronzenen Schale – bzw. einmal stattdessen einer „Dose“ – ausgestattet waren und drei der sieben Grabinventare einen Schreibgriffel, jeweils mit einem Knochengriff beinhalteten. Die Schreibgriffel selbst waren zweimal aus Bronze und einmal aus Eisen gefertigt. Darüber hinaus ist zu 61 Hawkins 2000, S. 235–238, Taf. 98; ders. 2015, S. 52–53; Yakubovich 2002, S. 195–196; Bunnens 2006, S. 112, Abb. 61. 62 Hawkins 2000, S. 236. 63 Yakubovich 2002, S. 196 contra Hawkins 2015, S. 52–53. Vgl. dazu den Gebrauch von nbš in der KTMW-Inschrift Z. 11. 64 Dunand 1936b, S. 75–80; Nunn 2001, S. 412–413.

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256

Bīt ‘Adini

erwähnen, dass einer dieser Griffel, aus Grab C, direkt neben der linken Hand gefunden worden ist und dem Grab gleichzeitig zwei Spinnwirtel mitgegeben wurden, d.h. dass es sich vermutlich um eine weibliche Person handelte. Vielleicht ebenfalls weiblich war die Person aus Grab B, welches den bronzenen Griff eines Spiegels enthielt. Allerdings befand sich auch ein Dolchgriff unter den Beigaben.

5.2

Tell Šiyuḫ Fawqānī / Burmar’ina

5.2.1

Einleitung

5.2.1.1

Grabungsgeschichte

14,5 km nordwestlich von Tell Aḥmar sowie 5 km südöstlich von Karkamiš, am östlichen Ufer des Euphrats, befindet sich Tell Šiyuḫ Fawqānī, dessen antiker Name Burmar’ina lautete. Während der französisch-italienischen Ausgrabungen von 1994 bis 1998 auf dem Tell unter der Leitung von Luc Bachelot und Frederick M. Fales wurde 1997 ein Brandgräberfeld 70 m östlich der Unterstadt entdeckt (Abb. 63). Während einer ersten Sondage 1998 wurden 14 Urnengräber in Areal H gefunden und vollständig publiziert. 65 Im Jahr 2000 wurde ein 80  m2 großer Teil dieser Nekropole einer systematischen Ausgrabung unter der Leitung von A. Tenu unterzogen, wobei weitere 106 Urnengräber gefunden worden sind (Abb. 64). 66 Dieser Kampagne folgte 2003 eine weitere, bei der mithilfe von 16 Sondagen die Grenzen des Gräberfeldes bestimmt und die bisherigen Grabungsergebnisse vervollständigt werden sollten. 67 Dabei stellte sich heraus, dass der Umfang der Nekropole mindestens etwa dreimal so groß sein muss wie das Grabungsareal der Kampagne des Jahres 2000. 68 Vergleichbare Funde der Anwohner, die etwa 200 m entfernt entdeckt wurden, lassen sogar eine Ausdehnung von mehr als einem Hektar erwarten. 69 Obwohl die Endpublikation dieser beiden Kampagnen bislang noch aussteht, kann die Bedeutung dieser Funde aufgrund der geographischen Nähe zu den Gräberfeldern von Karkamiš sowie der Tatsache, dass zuletzt in den 1930er Jahren ein Brandgräberfeld dieses Ausmaßes in Syrien untersucht worden ist, kaum überschätzt werden. 70

65 66 67 68 69 70

Al-Bahloul et al. 2005. Bachelot et al. 2001; Le Goff 2001. Tenu und Bachelot 2005, S. 159–163, Abb. 1. Tenu und Bachelot 2005, S. 167. Bachelot et al. 2002, S. 17. Zum Vergleich: Das Brandgräberfeld von Rās al-Bassīṭ umfasst lediglich 47 Gräber mit 61 Bestattungen. Courbin 1993.

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Tell Šiyuḫ Fawqānī / Burmar’ina

257

Abb. 63: Grabungen in Tell Šiyuḫ Fawqānī 1998.

5.2.1.2

Historischer Kontext

Insgesamt 14 vormoderne Siedlungsschichten konnten auf dem Tell festgestellt werden, die eine weitgehend kontinuierliche Besiedlung vom Spätchalkolithikum bis zum islamischen Mittelalter offenlegen. 71 So kann argumentiert werden, dass der in einem mittelassyrischen Brief im Zusammenhang mit Karkamiš genannte Stadtname Marina ša šadê vermutlich Tell Šiyuḫ Fawqānī bezeichnet, wo zudem eine begrenzte Menge an mittelassyrischer Keramik gefunden worden ist. 72 Falls diese Gleichsetzung korrekt ist, wäre ein voraramäischer, eventuell hurritischer Ursprung des später dann zu Burmar’ina, aramäisch „Būr ist unser Herr“, gewordenen Stadtnamens denkbar. 73 Vermutlich im Ge71 Bachelot und Fales 2005, S. XLII. 72 Luciani 2000; Morandi Bonacossi 2000; Fales et al. 2005, S. 654. 73 Fales et al. 2005, S. 654. Die mit dem Wettergott eng verbundene Stiergottheit Būr(u) ist vor allem in den neuassyrischen Texten aus Tell Šayḫ Ḥamad zahlreich im Onomastikon belegt. Vgl. Schwemer 2001, S. 487–489.

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Bīt ‘Adini

Abb. 64: Gräber in Areal H im Jahr 2000.

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Tell Šiyuḫ Fawqānī / Burmar’ina

259

gensatz zu Til Barsip gehörte es bereits während der Feldzüge Assurnasirpals II. zu Bīt ‘Adini und war Schauplatz eines Gefechts, wie aus der Inschrift und der Darstellungen auf den Balawat-Toren hervorgeht. 74 Eventuell bezeichnet auch das dort genannte „Mari[…] des Landes Ḫatti“ dieselbe Stadt, welche aufgrund der Nähe zu Karkamiš leicht den Besitzer hätte wechseln können. 75 856 wurde die Stadt unter dem Namen Burmar’ina jedoch als Teil Bīt ‘Adinis im Anschluss an Til Barsip von der assyrischen Armee unter Salmanassar III. erobert, wobei ein zahlenmäßig eher kleines Aufgebot von 300 Verteidigern ums Leben gekommen sein soll. 76 Der Fund eines lokalen Archivs aus dem 7. Jh. in aramäischer und assyrischer Sprache wirft darüber hinaus ein begrenztes Licht auf die juristischen und wirtschaftlichen Aktivitäten dieser Zeit. 77

5.2.2

Intramurale Gräber

Die 14 intramuralen Gräber aus Tell Šiyuḫ Fawqānī stammen allesamt aus dem 6. bis 5. Jh. und wurden in einem Areal am Rande der Siedlung entdeckt, die in der vorangehenden Phase Produktionszwecken diente. 78 Sie bestehen ausnahmslos aus einfachen Erdgräbern mit Körperbestattungen, die meist mit Lehmziegeln, einem oder mehreren Steinen und / oder Keramikscherben bedeckt waren. Ihnen ist zum größten Teil die Bestattung mit dem Kopf nach Südosten sowie mit angezogenen Beinen gemeinsam. Die Armhaltung sowie die Seite, auf der der Körper lag, variieren jedoch stärker. Bezüglich der Grabbeigaben sind zum einen die Unterschiede zu den früheren Brandbestattungen zu nennen, die bis auf Keramikgefäße und Schmuck keine Schnittmengen aufweisen. Den intramuralen Gräbern, die keine oder bis zu acht Objekten enthielten, „fehlten“ im Vergleich zu den älteren Urnengräbern außerhalb der Stadt insbesondere Spinnwirtel, Astragali, Waffen und Tierknochen, während mit zwei Bronzeschalen und einer Fibel desselben Materials Objekte vorhanden waren, welche nicht in den lokalen Kremationsgräbern enthalten waren, aber an anderen Orten regelmäßig gefunden wurden. Darüber hinaus sind der Nachweis von Stoffspuren an einem Messer sowie das Vorhandensein eines Silberrings mit Elfenbeineinlage erwähnenswert, da Edelmetalle in der Kremationsnekropole fehlen. 79 Begraben wurden hier sowohl Frauen, Männer als auch Kinder, einmal auch eine Frau zusammen mit einem Kind, ohne dass sich geschlechtsspezifische Differenzierungen erkennen lassen.

74 Grayson 1991, S. 345–346 (RIMA 2, A.0.101.81); Morandi Bonacossi 2000, S. 224–226; Davies et al. 2008a, S. 31; dies. 2008b, S. 63. 75 Grayson 1991, S. 349 (RIMA 2, A.0.101.90); Morandi Bonacossi 2000, S. 226; Davies et al. 2008a, S. 45. 76 Grayson 1996, S. 15 (RIMA 3, A.0.102.0 i 29b–36a). Vgl. Fales 2005, S. 618–619. 77 Fales et al. 2005. 78 Luciani 2005. 79 Luciani 2005, S. 952–953.

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260 5.2.3

Bīt ‘Adini

Extramurale Gräber

Das Gräberfeld von Tell Šiyuḫ Fawqānī liegt außerhalb des Siedlungshügels in nordöstlicher Richtung, etwa 70 m vom Fuße des Tell entfernt auf der nördlichen, d.h. der von der Stadt abgewandten, Seite eines Wadis, von den Ausgräbern als Areal H gekennzeichnet. Aufgrund seiner geringen Distanz zu Karkamiš wird das dortige Gräberfeld auf dem Hügel Yunus im Folgenden besonders berücksichtigt. 5.2.3.1

Datierung

Detaillierte Ansätze zur Datierung des Gräberfeldes von Tell Šiyuḫ Fawqānī sind bislang nur für die 14 vollständig publizierten Gräber ausformuliert worden, deren Ergebnisse jedoch teilweise durch die weiteren Gräber ergänzt werden müssen. Was erstere Gruppe anbetrifft, so lässt sich aufgrund der Absenz von neuassyrischen Keramikformen die Zeit um 700 als terminus ante quem für die Anlegung der Gräber feststellen. Die kontinuierliche Praxis der Kremation während des 7. Jh. ist jedoch durch einen entsprechenden Zufallsfund aus der näheren Umgebung des Brandgräberfeldes gesichert, welcher möglicherweise demselben Gräberfeld zuzurechnen ist. 80 Spätestens im 6. und 5. Jh. scheint diese Tradition zugunsten der Körperbestattung ebenso wie der Begräbnisplatz aufgegeben worden zu sein, wie die 14 Gräber in Sektor G am Rande der Siedlung vermuten lassen. 81 Die Anfänge der 14 Kremationsgräber sind aufgrund der Keramik ins 10. Jh. datiert worden. 82 Mittlerweile liegen jedoch 14C-Analysen für vier später ausgegrabene Urnen vor, die auf ein bedeutend höheres Alter dieser, von der zweiten Hälfte des 13. bis zum Ende des 12. Jh., hinweisen. 83 Eine weitere, bislang unveröffentlichte Radiokarbondatierung eines Grabes soll einer Entstehungszeit im 9. Jh. entsprechen. 84 Somit kann das Gräberfeld insgesamt momentan von der zweiten Hälfte des 13. bis zum Ende des 8. Jh. datiert werden. 85 5.2.3.2

Bestattungsformen

Aus dem Gräberfeld von Tell Šiyuḫ Fawqānī sind mittlerweile zusätzlich zu den bisher publizierten 14 Kremationsgräbern 86 weitere 111 oder 112 Kremations- und Inhumationsgräber

80 81 82 83

Al-Bahloul et al. 2005, S. 1013. Luciani 2005. Al-Bahloul et al. 2005, S. 1013–1015. Die Proben ergaben für Grab 2503 1306–1094 oder 1383–1016, für Grab 2528 1251–1051 oder 1306–981, für Grab 2584 1192–1008 oder 1260–936 sowie für Grab 2592 1367–1124 oder 1395– 1041. Tenu 2009, S. 84–85, 90, Anm. 52, 92; dies. 2013a, S. 424, Anm. 7. 84 Faivre 2013, S. 329, Anm. 90. 85 Tenu 2013a, S. 424. 86 Al-Bahloul et al. 2005.

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Tell Šiyuḫ Fawqānī / Burmar’ina

261

während der Grabung von 2000 87 sowie mindestens 25 weitere Kremationsgräber aus der Sondage von 2003 ausgegraben worden, 88 so dass sich eine Gesamtzahl von mindestens 150 Gräbern ergibt. Die Ausgräber erwarten jedoch bei einer ähnlichen Gräberdichte in den nicht untersuchten Bereichen der Nekropole eine Gräberzahl von insgesamt über 1000. 89 Die meisten Gräber beinhalten nur eine Kremationsbestattung, doch es gibt Ausnahmen. Im Fall des Bassins 4026, unter dem sich zwei Grabgefäße befanden, handelt es sich um die Bestattungen von zwei verschiedenen Individuen, vermutlich Mann und Frau. 90 Bestattungen von zwei Individuen in einem Grabgefäß sind in sechs Fällen dokumentiert, wobei die Überreste viermal jeweils einem Kind und einem Mann zugeordnet werden können. 91 Darüber hinaus ist inzwischen auch die Existenz von einer Drei- sowie einer weiteren Drei- oder Vierfachbestattung innerhalb einer Urne nachgewiesen. 92 Interessanterweise wurden dabei nur in einem Fall die menschlichen Überreste vermischt, d.h. normalerweise wurde die Urne zuerst mit den verbrannten Überresten eines Individuums befüllt, bevor die eines zweiten hinzugegeben wurde. A. Tenu führt dies auf eine Tendenz zur Individualisierung zurück. 93 Wenn trotz des Willens zur Individualisierung allerdings nicht einmal die sonst sehr viel häufiger belegte Einzelbestattung in einer Urne realisiert wurde, wäre die pragmatischere Erklärung indes, dass die Individuen nicht zur selben Zeit verstarben, kurz nach ihrem jeweiligen Tod verbrannt wurden, aber trotzdem zusammen 87 Die Angaben zur Gesamtzahl der Gräber und zur Anzahl der Kremationsgräber, die nur mit einer Schale oder einem Teller bedeckt waren, sind in den verschiedenen Publikationen widersprüchlich: Bachelot et al. 2001, S. 13–14 geben 18 Gräber vom Typ 2 an. Bachelot et al. 2002 S. 17–18 rechnen einmal mit 106 und einmal mit 108 Gräbern. Bachelot et al. 2003 geben auf S. 97 120 Gräber an (eventuell mit den ersten 14 zusammen?), kommen aber bei der Summe der einzelnen Grabtypen eine Seite später auf 107, 26 davon vom Typ 2. Tenu 2009, S. 91 zählt nur 95 Gräber. Im Folgenden wird von dem Plan Tenu et al. 2005, S. 11, Abb. 2 (hier Abb. 64) ausgegangen, wo insgesamt 106 Gräber der Grabung des Jahres 2000 mit einer Nummer eingezeichnet sind. 24 davon waren mit einer Schale oder einem Teller bedeckt. Zusätzlich erwähnt wird die Existenz von insgesamt fünf oder sechs Körperbestattungen, von denen fünf auf der Zeichnung eingetragen sind. Nur eine davon trägt eine separate Nummer (2532), eine andere bildete zusammen mit einer Urne ein birituelles Grab (2592-1). Somit sind drei oder vier Gräber mit Körperbestattungen hinzuzurechnen. In der Zeichnung fehlen die in der Literatur genannten Gräber 2565 (Bachelot et al. 2001, S. 14–15) sowie 2663, die vermutlich außerhalb des dargestellten Geländes geborgen worden sind, so dass sich die Gesamtzahl der Gräber auf 111 oder 112 beläuft. 88 Von diesen können nur die 18 Gräber aus den Sektoren H 9, 11 und 12 aufgrund der publizierten Pläne typologisch eingeordnet werden (Locus 4048 ist nach Tenu 2009, S. 85, Abb. 2 nicht als Grab anzusehen). Daneben werden ein Grab im Westen von Sektor H 16 sowie mindestens sechs in den nordöstlich der ursprünglichen Grabungsfläche gelegenen Schnitten erwähnt. Tenu und Bachelot 2005, S. 162, Abb. 2–3. 89 Bachelot et al. 2002, S. 18. 90 Tenu und Bachelot 2005, S. 164; Tenu 2013a, S. 429. 91 Grab Nr. 894 (Erwachsene(r) und Kind), 2502 (Mann und Frau), 2584, 2589, 2591, 2635-6 (je Mann und Kind). Bachelot et al. 2002, S. 18; Al-Bahloul et al. 2005, S. 1000; Tenu 2009, S. 92; dies. 2013a, S. 429. 92 Grab Nr. 4042 (Mann mit 2 Kleinkindern, weniger als ein bzw. drei Jahre alt), 2448 (Mann, Frau, Fötus, eventuell ein weiteres, vier- bis achtjähriges Kind). Tenu 2013a, S. 429. 93 Tenu 2013a, S. 429.

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262

Bīt ‘Adini

bestattet werden sollten, und die Urne solange aufgehoben oder das Grab gekennzeichnet wurde, bis auch die zweite Person verstarb und zusammen mit der ersten beerdigt werden konnte. Hinter dieser Erscheinung verbirgt sich demnach nicht zwangsläufig der Wunsch nach Individualisierung, sondern eher das Gegenteil, nämlich nach Zusammengehörigkeit über den Tod hinaus. In diesem Zusammenhang ist auf die Stele mit der (Grab-) Inschrift YUNUS 1 aus Karkamiš zu verweisen, welche zwei verstorbene Personen erwähnt. Möglicherweise wurden diese in demselben Grab oder in derselben Urne bestattet. 94 Außerdem wurde eine Brandbestattung ohne Grabgefäß, aber mit Grabbeigaben in Form von Steinen und einem Spinnwirtel während der Sondage entdeckt. Hierfür könnte nach Meinung der Ausgräber ein Behälter aus vergänglichem Material oder das Ausleeren einer Urne verantwortlich sein. 95 Allerdings sind an anderen Orten im Osten Syriens Kremationen ohne Grabgefäße belegt, so dass auch diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden sollte. Schließlich fanden sich fünf oder vielleicht auch sechs Fälle von Körperbestattungen, denen ein einfaches Erdgrab beschieden war. 96 Der Erhaltungszustand dieser Knochen ist jedoch schlecht. Eine Ausnahme davon bilden die sich unter dem Grabgefäß 2592 befindlichen Gebeine. Hierbei wurde der unverbrannte Körper eines Jugendlichen auf der rechten Seite liegend – wie später in Tell Mišrīfa – bestattet. Auf die stark angewinkelten Beine wurde die Urne mit der Kremation eines Erwachsenen platziert. 97 Generell stellen die Körperbestattungen vermutlich eine der Kremation vorausgehende Bestattungstradition dar, da sie bis auf den letzten Fall stark von den Kremationsgräbern gestört waren. 98 Außerdem stellt die birituelle Bestattung das bisher älteste aller mit Radiokarbondatierungen getesteten Kremationsgräber dar, 99 weshalb auf die Existenz eines möglicherweise ebenfalls birituellen Topfgrabes aus dem mittelbronzezeitlichen Tell Aḥmar hingewiesen werden soll. 100 Somit summieren sich die bisher geborgenen „reinen“ Kremationsgräber auf mindestens 145 und Inhumationsgräber auf vier bis fünf. Hinzu kommt ein birituelles Grab. Die verbrannten Individuen belaufen sich auf mindestens 157 und die Bestattungen insgesamt auf mindestens 162.

94 95 96 97 98 99 100

Vgl. Abschnitt 4.1.5.3.7. Tenu und Bachelot 2005, S. 163. Tenu 2013a, S. 425. Le Goff 2001, S. 19–20. Bachelot et al. 2003, S. 97; Tenu 2013a, S. 425. Tenu 2013a, S. 425. Siehe Abschnitt 5.1.2. Eine eisenzeitliche Kombination von Brand- und Körperbestattung liegt in Aḵzīv vor, wo in einem Fall der Schädel eines unverbrannten, auf dem Rücken liegenden Körpers auf einer Kremationsurne zur letzten Ruhe gebettet wurde. Allerdings wurde die Körperbestattung in Aḵzīv weitaus häufiger praktiziert als in Tell Šiyuḫ Fawqānī. Prausnitz 1982, S. 36, Taf. 2e.

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Tell Šiyuḫ Fawqānī / Burmar’ina

263

Tabelle 7: Bestattungsformen der Gräber von Tell Šiyuḫ Fawqānī. Gräber mit einer Brandbestattung mit Gefäß

≥ 135

Gräber mit zwei Brandbestattungen

7

Gräber mit drei Brandbestattungen

2

Gräber mit Brandbestattung ohne Keramikgefäß

1

„Reine“ Kremationsgräber Gräber mit je einer Brand- und Körperbestattung Erdgräber mit einer Körperbestattung

≥ 145 1 4–5

Gräber insgesamt

≥ 150

Brandbestattungen

≥ 157

Körperbestattungen Bestattungen insgesamt

5–6 ≥ 162

Die Kremation wurde auf vollständige Körper, nicht auf Skelette angewendet 101 und hinterließ unterschiedlich starke Spuren, die sich bisher nicht mit einem anderen Schemata, wie bspw. Alter, Geschlecht oder Grabtypologie, in Übereinstimmung bringen lässt. 102 Auch wurden, wie in den meisten Gräberfeldern, nicht alle Körper vollständig verbrannt, wie u.a. ein Fuß aus Grab 2440 beweist, der sich noch im anatomischen Verbund befand. Auffällig ist zudem, dass sich in den Urnen weder Asche- noch Kohlereste befanden, so dass von einer genauen Einsammlung der zumeist verbrannten Knochen ausgegangen werden kann. 103 Vom Einsammeln wurden prinzipiell keine Körperteile ausgenommen. Allerdings variiert die Menge der erhaltenen Knochen so stark, dass nicht in allen Fällen alle erhaltenen Knochen in die Urne gelangt sein können, wofür möglicherweise Form und / oder Größe des Grabgefäßes ausschlaggebend waren. 104 5.2.3.3

Alter und Geschlecht

Unter den Bestatteteten befanden sich nach bisherigen Erkenntnissen sowohl Erwachsene als auch Kinder, Säuglinge und Föten, wobei Kinder erst ab zwei oder drei Jahren ein 101 102 103 104

Le Goff 2001, S. 20; Tenu 2013a, S. 429. Bachelot et al. 2003, S. 100; Canci 2005, S. 1110. Bachelot et al. 2002, S. 19. Le Goff 2001, S. 20–21.

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Bīt ‘Adini

eigenes Grab erhielten. 105 Kinder unter zwei Jahren sind nur selten angetroffen worden, so dass vermutet worden ist, dass sie im Normalfall an einer anderen Stelle beigesetzt wurden. 106 Da innerhalb der Siedlung aber keine entsprechenden Kleinkindergräber existieren, besteht zudem die Möglichkeit, dass sie im Normalfall so bestattet wurden, dass sie keine Spuren hinterließen oder dass sie verbrannt wurden, aber keine Gräber erhielten. Über die Anzahl der Kindergräber im Verhältnis zu Erwachsenengräbern sind keine Angaben gemacht worden, so dass abzuwarten bleibt, ob sie eventuell, wie in Ḥamā, unter- oder überrepräsentiert sind. Aus der kleinen Menge der bereits publizierten Gräber, wobei das Alter von 13 Individuen bestimmt werden konnte, ergibt sich ein Verhältnis von Kindern zu Erwachsenen von 2:11, d.h. ein Anteil von Kindern in Höhe von etwa 15 %. 107 Aus den vorläufig publizierten Angaben der später entdeckten Gräber lassen sich 22 weitere, nicht repräsentative Altersbestimmungen gewinnen, von denen 13 als erwachsen gelten können (ca. 59 %). Zusammen genommen kämen Kinder demnach auf 33 %, Erwachsene auf 67 %. Dieser Wert ist in etwa mit Ḥamā vergleichbar (61 %). Berücksichtigt man, dass die erste Gruppe von Gräbern etwa dem 10. bis 8. Jh. zugerechnet worden ist und sich in der zweiten Gruppe eher ältere Gräber finden, wie die bisherigen Radiokarbondatierungen vermuten lassen, könnte dies ein momentan noch sehr schwaches Indiz dafür sein, dass hier eine ähnliche Entwicklung wie in Ḥamā stattgefunden hat, d.h. dass der Anteil der Nichterwachsenen im Laufe der Zeit deutlich zurückgegangen ist. In diesem Zusammenhang ist auffällig, dass eines der beiden Gräber mit Kindern der publizierten Urnen das am reichhaltigsten ausgestattete dieser Gruppe ist; eine Kette mit 80 Elementen, darunter auch ein Siegel, sowie ein bronzener Armreif. 108 Ähnliches lässt sich bei den später ausgegrabenen Urnen feststellen: Kinder wurden im Normalfall mit Schmuck, d.h. Perlen, Armreifen oder Ringen bestattet. 109 Oberflächlich betrachtet scheinen beide Tendenzen in einem gewissen Widerspruch bezüglich der Wertschätzung von Kindern zu stehen. Unter den bereits publizierten Gräbern finden sich vermutlich drei weibliche und drei männliche Personen, wobei in einem Fall die Überreste einer vermutlich weiblichen Person mit der Grabbeigabe von Spinnwirteln korrespondieren. 110 Aus den verstreuten Informationen der späteren Ausgrabungen lässt sich auf die Existenz von mindestens elf männlichen und sieben weiblichen Personen schließen. 111 Außerdem konnten anhand des anthropolo105 Bachelot et al. 2003, S. 102; Tenu 2013a, S. 428–429. 106 Bachelot et al. 2003, S.  102. Siehe auch Canci 2005, S.  1109–1110. Angesichts der Tatsache, dass mindestens zwei Kinder dieser Altersstufe verbrannt wurden, gibt es  –  im Gegensatz zu Ḥamā – bisher keinen Anlass zu vermuten, dass sie unverbrannt beigesetzt worden sein könnten. 107 Al-Bahloul et al. 2005, S. 1000–1001. Vgl. dagegen Canci 2005, S. 1110, Tab. 1. 108 Al-Bahloul et al. 2005, S. 1001. 109 Tenu 2013a, S. 430. 110 Canci 2005, S. 1110. Al-Bahloul et al. 2005, S. 1001 geben für Grab 1466.4 eine weibliche Person an, was jedoch nicht mit der anthropologischen Untersuchung übereinstimmt und die Einschätzung daher wohl auf den Fund von Spinnwirteln in der Urne zurückzuführen ist. 111 Männlich: 2441.1, 2448, 2502, 2520, 2528, 2584, 2589, 2591, 2635.6, 4026.4, 4042. Weiblich: 2441.3, 2448, 2502, 2516, 2529, 2635.4, 4026.2.

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gischen Befundes die Existenz von geschlechtsspezifischen Gegenständen – Spinnwirtel für Frauen sowie Pfeilspitzen für Männer – nachgewiesen werden. 112 Im Gegensatz dazu ließ sich ein entsprechender Verdacht bezüglich der Astragali nicht erhärten. 113 5.2.3.4 Grabgefäße und -abdeckungen Die verbrannten Überreste der Verstorbenen von Tell Šiyuḫ Fawqānī wurden bis auf eine Ausnahme in Keramikgefäßen beigesetzt, der größte Teil davon in Urnen mit einem Durchmesser von 20 bis 30 cm und einer Höhe von 40 bis 50 cm. 114 Eine Ausnahme davon bildeten die Gräber 2446, 2565 und 2668, in denen die menschlichen Überreste in dreifüßigen Gefäßen aufbewahrt wurden, wobei ersteres zerschlagen war. 115 Auch im Fall von Locus 4044, einer feeding-bottle, scheint es sich aufgrund der darüber gestülpten Schale um ein Grab und nicht um eine Beigabe gehandelt zu haben. 116 Die Grabgefäße waren in der Mehrzahl der Fälle – 79 von 139 117 – unbedeckt bzw. sind so gefunden worden. Eine Abdeckung aus vergänglichem Material sollte dabei stets in Betracht gezogen werden. Alle weiteren Grabgefäße waren entweder mit einem Teller oder einer Schale (32), einem Krater (17 oder 18) oder einem Bassin (respektive 7 oder 8), tiefen und runden Gefäßen mit einer Höhe und einem Durchmesser von je ca. einem Meter, bedeckt. Zwei Fälle sind unklar. 118 Von den Ausgräbern wurde letzterem Typ ein besonderes Prestige zugesprochen. 119 Da diese Form der Grababdeckung in Yunus allerdings mindestens zweimal bei Gräbern von Kindern verwendet wurde, ist davon auszugehen, dass dies nicht auf die Zurschaustellung von selbst erworbenem Prestige zurückgeführt werden kann. Es handelte sich bei diesen Bassins um speziell für Begräbnisse angefertigte Gefäße, da keines von ihnen außerhalb von Gräbern aufzufinden war. 120 Eine weitere Erkenntnis der Ausgräber betrifft Urnen, die mit einem Krater bedeckt waren. In diesen wurden in Tell Šiyuḫ Fawqānī nur Erwachsene, aber keine

112 113 114 115 116 117

Tenu 2013a, S. 430. Le Goff 2005, S. 27; Tenu 2012, S. 137; dies. 2013a, S. 434, Anm. 92. Bachelot et al. 2003, S. 98. Bachelot et al. 2001, S. 14–15. Tenu und Bachelot 2005, S. 163, Abb. 5. Abzüglich der nicht dokumentierten sieben Gräber aus dem Jahr 2003 und zuzüglich des birituellen Grabes. 118 Al-Balouhl et al. 2005, S. 1000–1001; Bachelot et al. 2001, S. 14; Tenu und Bachelot 2005, Abb. 2–3 ; Tenu 2013a, S. 428. In Tenu 2013a bezeichnet A. Tenu die tiefen runden Gefäße als „bath tubs“ (und lässt die bereits publizierten Gräber mit ein oder zwei weiteren solcher Gefäße außen vor), ebenso wie Al-Bahloul et al. 2005. Hier wird dagegen die Bezeichnung „Bassin“ vorgezogen, um Verwirrungen mit den Bezeichnungen der Gefäße in Yunus  –  Woolley 1939 unterscheidet zwischen den runden „bassins“ und den wannenförmigen „bath tubs“, die in Tell Šiyuḫ Fawqānī nicht belegt sind – zu vermeiden, die von Tenu 2013a, S. 428 beide unter dem Begriff „bath tubs“ subsumiert werden. Vgl. Abschnitt 4.1.5.3.4, S. 190, Anm. 381. 119 Tenu et al. 2005, S. 12. 120 Tenu 2013a, S. 428.

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Kinder beigesetzt. 121 Diese Praxis deckt sich, soweit bekannt, mit dem Befund aus Yunus und wurde dort möglicherweise ebenfalls angewendet. 122 Im Gegensatz zum Gräberfeld von Yunus wurden in Tell Šiyuḫ Fawqānī allerdings keine wannenförmigen Grababdeckungen benutzt. Kombinierte Abdeckungen wie in Yunus sind ebenfalls nicht belegt. Unter dem Bassin 4026 wurde die bisher einzige Bestattung von zwei Grabgefäßen unter einer Grababdeckung entdeckt, was in Yunus ähnlich selten belegt ist (YB 29, YC 26). 123 In mindestens drei Fällen waren die Urnen mit Stoff umgeben, eine weitere Urne ist diesbezüglich verdächtig. Da die drei sicheren Fälle unter einem Bassin ruhten, könnten diese ausschlaggebend für die Konservierung des Stoffes gewesen sein. 124 Bei den älteren Grabungen von Yunus und Ḥamā konnten Stoffreste nur noch auf Metallschalen festgestellt werden, welche in Tell Šiyuḫ Fawqānī vollständig fehlen. Die in Yunus häufig belegte Sitte, Grabgefäße in oder auf Keramik- oder Basaltgefäße als deren Basis zu stellen, kann hier immerhin einmal beobachtet werden. Allerdings fußte der Krater, auf dem die Urne 4036 stand, auf einer Plattform aus Kieseln, was in Yunus wiederum bislang unbekannt ist. 125 Tabelle 8: Grababdeckungen in Tell Šiyuḫ Fawqānī. Weder Verschluss noch Grababdeckung

79

Nur Verschluss ohne Grababdeckung

31

Kratere

17/18

Wannen



Bassins

7/8

Kombination mehrerer Grababdeckungen



Andere Keramikformen als Grababdeckungen



Grababdeckungen insgesamt Ohne Angaben/ Zerstört/Inhumation Insgesamt

25 2 139 126

121 Eine Ausnahme bildet Grab 2584, in dem sich die Überreste eines Erwachsenen und eines Kindes befanden. Bachelot et al. 2002, S. 20. 122 Auch hier bildet ein Grab (YC 50), in dessen Urne ein Erwachsener und ein Kind zusammen bestattet wurden, eine Sonderstellung. Woolley 1939, S. 31. 123 Tenu und Bachelot 2005, S. 164; Woolley 1939, S. 23–24, 28. 124 Tenu 2013a, S. 427. 125 Tenu und Bachelot 2005, S. 165–166, Abb. 10. 126 Abzüglich der nicht dokumentierten sieben Gräber aus dem Jahr 2003 und zuzüglich des birituellen Grabes.

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5.2.3.5

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Grabbeigaben

Behandlung Nach der Aussage des Anthropologen Alessandro Canci scheint von den Grabbeigaben der 14 publizierten Gräber keine von Feuer in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein, was ebenso auf die von ihm untersuchten Tierknochen zuzutreffen scheint. 127 Im Gegensatz dazu steht die Aussage der Ausgräber, welche manchen Beigaben in den Urnen Brandspuren attestieren. Sie folgen dabei der Interpretation C. L. Woolleys für die Grabbeigaben in Yunus und vermuten, dass die Beigaben im Allgemeinen nicht verbrannt wurden, sondern erst nachträglich in die Urne gelangten und dort von der noch heißen Asche in Mitleidenschaft gezogen wurden. 128 Anders verhält es sich mit der bronzenen Speerspitze aus Grab 893, die „heavily burnt“ 129 gewesen sein und sich demzufolge mit auf dem Scheiterhaufen befunden haben soll. In den Vorberichten zu den später freigelegten Gräbern sind folgende Beobachtungen gemacht worden: Demnach weisen Gegenstände in der Urne meistens Brandspuren auf, 130 während Objekte außerhalb der Urne durch Hitze unbeeinträchtigt blieben. Schwierigkeiten bereitet die Interpretation der Gegenstände aus Eisen, bei denen unklar ist, ob sie Spuren von Feuer tragen bzw. die nur erhitzt, aber nicht verbrannt zu sein scheinen. Da sie meist gehäuft im oberen oder unteren Bereich der Urne auftreten und eventuell in einem Behälter aus vergänglichem Material deponiert waren, müssen sie, falls sie zusammen mit den Toten verbrannt wurden, im Gegensatz zu den anderen Objekten, die mit den menschlichen Überresten vermischt waren, separat in der Urne platziert worden sein. 131 Die weiteren Möglichkeiten bestehen in einer separaten Erhitzung oder einer schlichten Deponierung, ohne sie dem Feuer auszusetzen. Doch auch andere Objekte, die normalerweise mit dem / der Toten verbrannt wurden, gelangten manchmal in größeren Stückzahlen unverbrannt in die Urnen, so 34 Perlen (Grab 2441.3) oder 35 Astragali (Grab 2642), von denen nur eines Brandspuren trug. 132 Die Bedeutung dieser Handlung ebenso wie eine möglicherweise dahinterstehende Bedeutungsverschiebung ist bislang unklar. Es könnte sich dabei nach I. Le Goff um eine Signalfunktion handeln, welche auf die Verteilung von geschlechtlichen Rollenbildern in der Gesellschaft hinweist und in der sich die Absicht ausdrückt, die Beziehung zwischen den sterblichen Überresten und der sozialen Identität während der Bestattung zu verdeutlichen und über den Tod

127 128 129 130

Canci 2005, S. 1110. Siehe unten. Al-Bahloul et al. 2005, S. 1010. Al-Bahloul et al. 2005, S. 1011. Nach Le Goff 2007, S. 282 wurden alle Objekte in der Urne, bis auf die aus Eisen, verbrannt. Tenu 2013a, S. 430 bezieht sich jedoch ebenfalls auf erstere, erwähnt dabei jedoch auch die Notwendigkeit, „separately burnt and non-burnt objects“ zu berücksichtigen. Dabei scheint sie sich jedoch auf den ungeklärten Status der Eisenobjekte zu beziehen und nicht auf ggf. weitere, ebenfalls unverbrannte Objekte innerhalb der Urnen. 131 Le Goff 2005, S. 25; dies. 2007, S. 282–283; Tenu 2013a, S. 430–431. 132 Tenu et al. 2005, S. 13, Abb. 8; Le Goff 2005, S. 24–25; Tenu 2013a, S. 431, 434.

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hinaus aufrechtzuerhalten. 133 Eine weitere, ggf. zusätzliche Möglichkeit wäre ihr zufolge die Zurschaustellung von Reichtum. 134 Aus Karkamiš und der näheren Umgebung sind nur zwei Fälle von ähnlich hohen Stückzahlen bekannt: Aus Grab YB 25 von Yunus sind 24 Spinnwirtel und aus Grab 3 aus Yurtbağı 20 Astragali geborgen worden. Diese Praxis scheint demnach entweder auf Tell Šiyuḫ Fawqānī beschränkt gewesen zu sein oder wurde im Laufe der Zeit aufgegeben. Beigabenlose Gräber Sieben der veröffentlichten 14 Gräber enthielten keine Beigaben. Das gleiche gilt für mehr als die Hälfte von 50 untersuchten Urnen der späteren Ausgrabung 135 und scheint sich insgesamt zu bestätigen. 136 An anderer Stelle heißt es dagegen, dass von 95 Gräbern aus dem Jahr 2000 41 Grabbeigaben enthielten. 137 Dies entspräche einem Durchschnitt von ca. 56 %. In jedem der beiden Fälle läge der Anteil beigabenloser Urnen deutlich über dem Schnitt von Karkamiš / Yunus (ca. 32 %), etwa so hoch wie in Tell an-Naṣrīya (ca. 50 %) und etwas unter dem von Ḥamā (ca. 66 %). Repertoire Zum Beigabenrepertoire der Gräber von Tell Šiyuḫ Fawqānī gehören neben Spinnwirteln, Waffen in Form von Pfeilen, Äxten und Speeren, Schmuckgegenständen wie Armreifen, Ringe und Perlenketten auch Keramikgefäße, Astragali, Figurinen sowie Tierknochen. 138 Bis auf Tierknochen und Äxte sind alle Objektgruppen in Yunus ebenfalls vorhanden, während gleichzeitig viele in Yunus belegte Grabbeigaben, bspw. Siegel, Amulette, Rüstungsteile sowie Materialien, Gold und Silber, hier bislang nicht geborgen worden sind. Darüber hinaus fehlen Fibeln und Kosmetikgegenstände, die in Yunus und Ḥamā relativ häufig belegt sind, vollständig, ebenso wie die in Yunus und Tell Aḥmar belegten Schreibgriffel. Spinnwirtel In Tell Šiyuḫ Fawqānī stellen die 59 Spinnwirtel Grabbeigaben dar, die bisher ausschließlich in Gräbern gefunden wurden, welche anthropologisch nachweisbar weibliche Verstorbene beinhalteten. 139

133 134 135 136

Le Goff 2005, S. 27. Le Goff 2005, S. 27; Tenu 2013a, S. 431. Bachelot et al. 2003, S. 99; Le Goff 2005, S. 24. Tenu 2013a, S. 430: „At Tell Shiukh Fawqani […] about half the jars contained items directly associated to the ossuary.“ 137 Tenu 2009, S. 91. 138 Al-Bahloul et al. 2005; Tenu 2013a, S. 430–431. 139 Tenu 2013a, S. 430, 433. Bei den publizierten Gräbern trifft dies vermutlich allein auf Grab Nr. 892 zu, da das Individuum aus Grab 1466.4 im anthropologischen Report unbestimmt ist. Al Bahloul et al. 2005, S. 1000–1001; Canci 2005. Mindestens eine weitere konkrete Übereinstimmung liegt mit Grab 2635.4 vor. Bachelot et al. 2003, S. 102.

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Astragali Insgesamt sind in 12 von (mindestens) 150 Gräbern von Tell Šiyuḫ Fawqānī Astragali gefunden worden, 140 was 8 % und damit einem weit höheren Wert als bei zeitgenössischen Nekropolen entspricht. 141 Auch die maximale Anzahl dieser Gegenstände in einem Grab, 35, ist die mit Abstand höchste im eisenzeitlichen Nordsyrien und Südostanatolien. 142 Dies weist auf eine bedeutende Rolle von Astragali im Bestattungsritual von Tell Šiyuḫ Fawqānī hin und ist insofern überraschend, als dass die mit Astragali in Verbindung gebrachten Steine mit Napflöchern 143 weder in der Nekropole noch in der Siedlung lokalisiert worden sind, im Gegensatz zu den anderen Fundorten. 144 Zwar zeigt sich im Befund, dass sich Spinnwirtel und Astragali sowie Waffen und Werkzeuge aus Eisen in den Grabinventaren gegenseitig ausschließen. Allerdings lässt sich die im Anschluss an diese Beobachtung geäußerte These von I. Le Goff, dass Astragali ausschließlich Frauen als Grabbeigabe mitgegeben wurden, nicht mehr halten, da im Grab eines Mannes (2520) ebenfalls zwei Astragali gefunden worden sind. 145 Alle weiteren Grabinventare mit Astragali scheinen jedoch entweder Frauen oder Kindern zuzuordnen zu sein. 146 Als Stückzahlen pro Urne wird, wie bereits erwähnt, von 35 in Grab 2642, 34 davon ohne Brandspuren, sowie von ein, zwei oder acht berichtet, 147 die häufig mit ein bis drei Löchern perforiert gewesen sein sollen. 148 Die Existenz einer Durchbohrung wird in der Diskussion um die Deutung der Astragali als Argument für eine Verwendung als Amulett betrachtet, 149 wobei in diesem Fall das Vorhandensein von weiteren Löchern erklärungsbedürftig erscheint. Da sich neben Grab 2642 außerdem unverbrannte menschliche Knochen befanden, 150 könnte eventuell ein Zusammenhang mit divinatorischen und / oder nekromantischen Praktiken vermutet werden, obwohl die einfachere Erklärung dafür zunächst die einer gestörten Körperbestattung ist. Im benachbarten Karkamiš wurde der Gebrauch von Astragali als Spielsteine vermutlich bereits während der Eisenzeit II dargestellt, während C. L. Woolley noch zu Beginn des 20. Jh. beobachten konnte, dass Astragali in die Gräber von Kindern gelegt worden sind. 151 Somit wären eine Verwendung als Amulett und / oder als Spielzeug die Erklärungen mit der momentan 140 Tenu 2012, S. 137. 141 Yunus: 4 von 136 (ca. 3 %), Ḥamā: 11 von 1674 (ca. 0,7 %), Rās al-Bassīṭ: keine, Tell an-Naṣrīya: Vorhanden, Zahl unbekannt. Eine Ausnahme stellt Yurtbağı dar, wo aber nur acht Urnen ausgegraben wurden (12,5 %). 142 Tenu 2013a, S. 434. Auf Platz 2 folgt Grab 1 aus Yurtbağı mit 20 Stück. 143 Tenu 2012. 144 Auch hier wieder die Ausnahme Yurtbağı, wo allerdings keine regulären Ausgrabungen stattfanden. 145 Le Goff 2005, S. 27; Tenu 2012, S. 137; dies. 2013a, S. 434, Anm. 92. 146 Tenu 2012, S. 137; dies. 2013a, S. 434. 147 Bachelot et al. 2003, S. 99, 102; Le Goff 2005, S. 25, 27; Tenu 2013a, S. 434. Nach Tenu 2013b, S. 43 sollen in Grab 2642 jedoch 31 verbrannte und ein unverbranntes Astragal gewesen sein. 148 Bachelot et al. 2003, S. 99. 149 Affanni 2008, S. 84 mit Verweis auf weitere Literatur. 150 Tenu et al. 2005, Abb. 2. 151 Affanni 2008, S. 83–84; Woolley 1939, S. 20, Anm. 1.

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größten Überzeugungskraft, obwohl ein divinatorischer Einsatz nicht ausgeschlossen werden sollte. Waffen Drei verschiedene Kategorien von Waffen sind in Tell Šiyuh Fawqānī geborgen worden: Äxte, Speer- und Pfeilspitzen. Während von den beiden ersteren jeweils nur ein Exemplar existiert, 152 konnten bisher mindestens 79 Pfeilspitzen identifiziert werden, die jeweils mit einem maskulinen Individuum assoziiert waren. 153 Auch die beiden anderen Waffentypen fanden sich in Männergräbern. Indes zeigt der Fund einer Bronzeklinge im Grab einer weiblichen Person (2516), dass sich diese Korrelation auf Waffen beschränkte. 154 Der Behauptung von I. Le Goff, dass die Pfeilspitzen meist in Gruppen von drei, sechs oder neun aufträten, ist mit Vorsicht zu begegnen, da die Identifizierung dieser Objekte große Probleme bereitet und noch nicht abgeschlossen ist. 155 Zumindest die Gräber 2443, 2445.1 und 2584 stellen diesbezüglich mit mehr als 30, 25 bzw. 8 Exemplaren eine Ausnahme dar. 156 Wie bereits erwähnt waren Waffen aus Eisen nur leicht oxidiert und nicht mit den Knochen vermischt, sondern entweder davor oder danach in der Urne deponiert, was auf einen besonderen Stellenwert dieser Objekte hinzuweisen scheint. 157 In vergleichbaren Stückzahlen (1–25) tauchen Pfeilspitzen in 43 Brandgräbern von Ḥamā, nicht jedoch in denen von Yunus auf, in YB 9 und YC 50 je eine. Dies könnte auf eine synchrone Entwicklung zurückzuführen sein: In Ḥamā stammen die Pfeilspitzen nur aus den Perioden I–III, was etwa dem Zeitraum von ca. 1175 / 1150 bis 800 entspricht, während die wissenschaftlich belegte Nutzung von Yunus ungefähr zum letzteren Zeitpunkt erst begann. Da Tell Šiyuh Fawqānī, zusammen mit Tell an-Naṣrīya, die ältesten Gräber barg, würde dies die hohen Stückzahlen erklären können, allerdings ohne ein Argument für die Seltenheit dieser Grabbeigabe in Tell an-Naṣrīya vorzubringen. Figurinen Die Beigaben außerhalb der Urne bestanden häufig aus einer Schale oder aus einer Terrakottafigurine. 158 Eine der beiden gefundenen Tierfigurinen, ein Pferd, besaß Rollen, von denen drei noch vorhanden waren. Es war neben dem Grab eines Kindes oder eines Jugendlichen (2531) deponiert und kann daher sehr wahrscheinlich als Spielzeug angesehen werden. 159 Ein weiteres Indiz für diese Interpretation ist ihre gleichzeitige Existenz 152 Grab 893 und 2528. Al-Bahloul et al. 2005, S. 1000; Tenu 2009, S. 92, Abb. 10. 153 Contra Tenu 2013a, S. 433, deren genannte Gesamtzahl von 60 durch die Zahlen bzw. Bilder von 25 Pfeilspitzen in Grab 2445.1 (Tenu 2013a, S. 433), mehr als 30 in Grab 2443 (Tenu 2009, S. 91), 6 in Grab 2591 (Tenu 2013a, Abb. 11), (mindestens) 6 in 2528 (Tenu 2009, S. 92, Abb. 10), 8 in 2584 (Tenu et al. 2005, Abb. 10) und 3 in 2640 (Bachelot et al. 2001, S. 15) übertroffen wird. 154 Bachelot et al. 2002, S. 20. 155 Le Goff 2005, S. 25; Tenu 2013a, S. 433, Anm. 74. 156 Tenu 2009, S. 91–92; dies. 2013a, S. 433. 157 Le Goff 2005, S. 25; Tenu 2013a, S. 430–431. 158 Tenu und Bachelot 2005, S. 164. 159 Bachelot et al. 2001, S. 15.

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auf dem Tell in Sektor F, einem Wohnviertel, 160 was mit dem Befund und R. Campbell Thompsons Interpretation der Pferde- und Reiterfigurinen von Karkamiš übereinzustimmen scheint. 161 Schmuck Schmuck, d.h. Perlen, Ringe oder Armreifen, im Grabinventar von Tell Šiyuḫ Fawqānī kann meist mit den Gräbern von Kindern assoziiert werden. 162 Gefäße Zu den Keramikgefäßen, die im Normalfall unverbrannt neben den Urnen deponiert waren, gehören Becher, Schalen, zoomorphe Gefäße und Flaschen. 163 Des Weiteren sind bei mindestens zwei Grabgefäßen dreibeinige Mörser aus Basalt gefunden worden. 164 Der Fund von drei feeding-bottles, welche direkt an die Grabgefäße angelehnt waren und von denen mindestens zwei nicht als Urne verwendet wurden – Nr. 4044 war mit einer Schale bedeckt und deshalb vielleicht ein Grab –, hat die Ausgräber veranlasst, sie als Behälter für Libationen zu betrachten. 165 Auch wenn eine solche Verwendung nicht zweifelsfrei zu beweisen ist, muss es als plausibel erachtet werden, dass sie entweder vor oder noch während ihrer Deponierung mit einer Flüssigkeit gefüllt waren. Allerdings fanden sich, im Gegensatz zu Yunus, wo acht Exemplare dieser Flaschen vorliegen, bislang keine speziell dafür geeigneten Empfangsbehälter in Tell Šiyuh Fawqānī. Tierknochen Abgesehen von den Artefakten, die die Toten von Tell Šiyuḫ Fawqānī begleiteten, konnten in und zum Teil auch neben den Brandgräbern die Existenz von Tierknochen festgestellt werden. Dabei ist unter den bereits publizierten Gräbern die Urne 1466.6, die einem Erwachsenen, vermutlich einem Mann zuzuordnen ist, zu nennen, welche die unverbrannten Knochen – ein oberes Schienbeinköpfchen sowie eine Rippe – eines oder mehrerer Ovicapriden enthielt. 166 Zum einen bargen weniger als zehn Urnen geringfügige Spuren von meist verbrannten Tieren, die stark mit den menschlichen Knochen vermischt waren. Sie waren zu klein, um sie näher zu analysieren; ein zufälliges Eindringen nach der 160 161 162 163 164 165 166

Bachelot et al. 2001, S. 15. Siehe Abschnitt 4.1.5.3.5. Tenu 2013a, S. 430. Al-Bahloul et al. 2005, S. 1006–1008; Tenu und Bachelot 2005, S. 163–164, 167, Abb. 5, 7. Tenu und Bachelot 2005, S. 164, 166, Abb. 8 (Grab 4026, 4036). Tenu und Bachelot 2005, S. 163–164, 167, Abb. 5, 7. Al-Bahloul et al. 2005, S. 1001; Canci 2005, S. 1110. Widersprüchlich sind dabei die Angaben zur Nummer des Gefäßes, in dem die Knochen gefunden worden sind: 1466.6 bzw. 1466.5. Während es sich bei ersterem um das Grabgefäß eines erwachsenen Mannes ohne Verschluss oder Abdeckung handelt, stellt letzteres ein zoomorphes Gefäß dar. Al-Bahloul et al. 2005, S.  1001, 1007–1008, Taf. 10–12. Da A. Canci jedoch von einem „jar H 1466.5“ spricht, handelt es sich dabei vielleicht um einen Schreibfehler. Auch die Angabe in der Tabelle 1, in der beide Gefäße zusammengefasst werden, hilft diesbezüglich nicht weiter.

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272

Bīt ‘Adini

Beisetzung kann jedoch ausgeschlossen werden. Ihre Funktion ist daher schwierig zu bestimmen; sie dürfte aber von den oben beschriebenen Tierresten differieren, so dass ein Totenmahl der Hinterbliebenen, eine Art „letzte Ölung“ oder Haustiere der verstorbenen Person als Alternativen vorgeschlagen worden sind. 167 Demzufolge würde es sich dabei nicht um eine Grabbeigabe im Sinne einer Gabe oder eines Opfers handeln. Zum anderen waren neben dem oberen Teil mancher Urnen, die lediglich mit einer Schale oder einem Teller bedeckt waren, verbrannte Tierknochen deponiert, z.B. bei Grab 4033. Dabei soll es sich nach Meinung der Ausgräber um ein Speiseopfer gehandelt haben, welches den Toten begleiten sollte. 168 Darüber hinaus fanden sich Teile der Wirbelsäule und ein Kiefer eines Schafes in der Nähe der Brandbestattung ohne Grabgefäß. Ob es sich dabei tatsächlich um einen Abfallplatz handelt, wie von A. Tenu und L. Bachelot vorgeschlagen, ist jedoch fraglich. 169 Es könnte sich dabei um eine Beigabe bzw. ein Opfer für den Toten oder um die Überreste eines Totenmahls gehandelt haben, vorausgesetzt, eine Beisetzung konnte ohne ein – unvergängliches – Grabgefäß erfolgen. 5.2.3.6

Objekte des Bestattungsrituals

Die außerordentlich sorgfältigen Untersuchungen der Urnen von Tell Šiyuḫ Fawqānī ermöglichen es, Reste von Gegenständen aufzuspüren, die zwar mit dem Toten zusammen verbrannt, aber nicht bewusst zusammen mit den menschlichen Überresten aufgesammelt wurden, so dass sich von ihnen nur noch kleine Reste in den Urnen erhalten haben. Dazu gehören zunächst Metallartefakte. Von ihnen wird angenommen, dass sie sichtbar auf dem Scheiterhaufen platziert wurden, im Anschluss jedoch an Teilnehmer des Bestattungsrituals bzw. Trauernde gegeben oder an speziellen Erinnerungsorten abseits der Gräber platziert wurden. 170 Als weitere Möglichkeit ist außerdem eine Entsorgung einzukalkulieren, für den Fall, dass besagte Gegenstände als unrein angesehen wurden oder dass sie nur im Rahmen von Bestattungen Verwendung fanden. Da sich in Tell anNaṣrīya ebenfalls solche kleinen Metallpartikel nachweisen ließen, 171 muss angenommen werden, dass das Grabinventar aller eisenzeitlichen nordsyrisch-südostanatolischen Kremationen nur einen Ausschnitt der Objekte widerspiegelt, die während der Bestattung verwendet wurden Vermutlich ebenfalls unbewusst wurden kleine Tierknochen eingesammelt, die in einer einstelligen Anzahl von Urnen festgestellt werden konnten. Sie dienten deshalb wahrscheinlich nicht als Gabe an die Verstorbenen, sondern erfüllten andere Zwecke. 172 I. Le 167 Siehe oben; Le Goff 2005, S. 25; Tenu 2013a, S. 431. 168 Tenu und Bachelot 2005, S. 163; Tenu et al. 2005, S. 12; Tenu 2013a, S. 431. Zur Spezies sind keine Angaben gemacht worden. 169 Tenu und Bachelot 2005, S. 163. 170 Bachelot et al. 2002, S. 20; Tenu 2013a, S. 432. 171 Tenu 2013a, S. 432. 172 Le Goff 2005, S. 25; Tenu 2013a, S. 431.

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Weitere Fundorte

273

Goff hat dementsprechend ein Totenmahl der Hinterbliebenen, eine „letzte Ölung“ oder Haustiere der verstorbenen Person in Betracht gezogen. 173 5.2.3.7

Grabmarkierungen

In Anbetracht zahlreicher Grabstelen aus Karkamiš und in geringerem Maße aus Tell Aḥmar ist es erstaunlich, dass bisher keine Stele in Tell Šiyuḫ Fawqānī gefunden worden ist. Zwar legen die Positionen der ersten 14 Grabgefäße zueinander den Schluss nahe, dass die Gräber zumindest in manchen Fällen nicht durch Grabmarkierungen gekennzeichnet waren. 174 Allerdings wurde im Gegensatz dazu bei den später ausgegrabenen Urnen keine einzige gestört vorgefunden, was A. Tenu zu der Überzeugung kommen ließ, dass die Position der Gräber bekannt war. 175 Eventuell lässt sich aufgrund dieser voneinander abweichenden Beobachtungen darauf schließen, dass in den ersten Benutzungsphasen die Positionen der Urnen zunächst noch gekennzeichnet wurden, später jedoch nicht mehr oder weniger häufig.

5.3

Weitere Fundorte

5.3.1

Arslān Ṭāš / Ḫadattu

Aus Arslān Ṭāš, dem antiken Ḫadattu, 32  km nordöstlich von Tell Aḥmar, stammen Torlöwen aus der ersten Hälfte des 8. Jh., welche dem Ort seinen modernen Namen verliehen („Stein des Löwen“) und auf denen sich verschiedene Inschriften, darunter eine assyrisch-aramäisch-luwische Trilingue des Statthalters von Kār-Salmanassar, Ninurtabēlu-uṣur, befanden. 176 173 174 175 176

Le Goff 2005, S. 25. Al-Bahloul et al. 2005, S. 1000–1001. Tenu 2013a, S. 425. Hawkins 2000, S.  246–248, Taf. 103–106; Galter 2004; ders. 2007; Röllig 2009. Die von J. D. Hawkins publizierte hieroglyphenluwische Inschrift ARSLANTAŞ befand sich zusammen mit einer aramäischen und einer assyrischen Inschrift auf dem Löwen A 2 (Zählung nach Galter 2007), südlich des Osttores der Stadt, und wurde vor einem Park in Raqqa aufgestellt, wo er im April 2014 von IS-Anhängern gesprengt wurde. https://de.wikipedia.org/wiki/Arslan_Tash (zuletzt abgerufen am 20.03.2016). Nach Hannes D. Galter befand sich auch auf dem nördlich dieses Tores gefundenen Löwen, A 1, ursprünglich eine assyrisch-aramäisch-luwische Trilingue, deren Reste jedoch so stark verwittert waren, dass keine Einzelheiten mehr auszumachen sind (Galter 2004, S. 175). Zuletzt, d.h. vor dem Krieg in Syrien, stand er vor der Direktion des Aleppiner Museums. Vom Löwen nördlich des Westtores, B 1, sind nur Fragmente erhalten, die sich im Museum von Raqqa befinden (nach https://de.wikipedia.org/wiki/Arslan_Tash jedoch zumindest teilweise in Aleppo). Ein Teil der assyrisch-aramäischen Bilingue, wahrscheinlich ebenfalls von Ninurtabēlu-uṣur verfasst, kann jedoch gelesen werden. Der südlich des Westtores gefundene Löwe B 2

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274

Bīt ‘Adini

Außerdem soll bereits im Jahr 1901 eine Stele (Basalt, 1,53 × 0,55 × 0,33 m) aus diesem Ort nach Istanbul gebracht worden sein, deren genaue Fundumstände unbekannt geblieben sind. 177 Auf ihr ist ein nach links gewandter, stehender Mann zu erkennen, der mit Bogen und Lanze sowie einem Schwert im Gürtel bewaffnet ist. Abgesehen davon sind keine Attribute vorhanden, die einen funerären Kontext bedingen, weshalb die Einstufung als Toten- bzw. Grabdenkmal durch J. Voos und D. Bonatz nicht zweifelsfrei, aber dennoch wahrscheinlich ist, obwohl der Fundkontext ungeklärt bleiben wird. 178 Ersterer vermutet aufgrund der Waffen, die denen des Rašap entsprechen, dass sich der Dargestellte in den Bereich dieser Unterweltsgottheit begeben hat. 179 Bei der Datierung von ca. 925 bis 875 bleibt D. Bonatz innerhalb des Rahmens der von W. Orthmann vertretenen Stileinordnung als Späthethitisch II. Vermutlich wurde sie demnach noch vor der assyrischen Eroberung hergestellt. Die Stele kann typologisch zwar mit der Stele C 2 aus Tell Aḥmar verglichen werden, unterscheidet sich jedoch hinsichtlich der dargestellten Symbole sowie der Tracht. 180

5.3.2

Ṣrīn

Aus einem Ort namens Ṣrīn soll die etwa lebensgroße Basaltstatue (1,77 × 0,47 m, Abb. 65) eines Herrschers ohne Basis stammen, deren genaue Fundumstände unbekannt sind. 181 Ṣrīn befindet sich in der Umgebung der Stadt ‘Ayn al-‘Arab, welches 32 km nordöstlich von Tell Aḥmar, 6,5 km nordwestlich von Arslān Ṭāš und direkt an der syrisch-türkischen Grenze liegt. Da sich die Statue demnach mutmaßlich auf dem ehemaligen Territorium von Bīt ‘Adini befand – über die Ausdehnung von Masuwara ist kaum etwas bekannt, während Bīt ‘Adini zu den größten Königreichen dieser Epoche gehörte und das betreffende Gebiet zumindest zu einem späteren Zeitpunkt umfasste –, liegt hiermit vielleicht

177 178 179 180 181

trug vermutlich denselben aramäischen Text wie der Löwe B 1 und deshalb eventuell auch eine entsprechende assyrische Inschrift. Er teilte das Schicksal des Löwen A 2. Vgl. Abschnitt 5.1.1.3, S. 249, Anm. 30. Unger 1925, S. 7, 14; Orthmann 1971, S. 49–51, 480, Taf. 4,e, Arslan Tash 2; Voos 1986, S. 113, Kat.Nr. 75; Bonatz 2000a, S. 16–17, 32–33, 178–179, Taf. VIII, C 4; Blanchard in ders. 2019, S. 424, Kat.-Nr. 275. Zur Darstellung von Figuren, die einen Bogen tragen und deren Interpretation, siehe Abschnitt 4.2.2. Voos 1986, S. 113. Bonatz 2000a, S. 32–33. Saouaf 1965, S. 188–189, Abb. 121; Orthmann 1971, S. 50, 139, 152, 156, 287, 291, 476, Taf. 4,b, Ain el Arab 1; Hawkins 1982, S. 385, Taf. 109b; ders. 1984, S. 75, Abb. 109b; Voos 1986, S. 31, Kat.-Nr. 9; Bonatz 2000a, S. 13, 24–25, 185, Anm. 3, Taf. I, A 1; ders. 2014a, S. 236–237, Taf. XVI. Manchmal wird anstelle von ‘Ayn al-‘Arab auch ‘Arab Būnār oder Arab Pınar angegeben. Orthmann 1971, S. 476; Lehmann 2002, S. 39.

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Weitere Fundorte

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die bislang einzige Statue des aramäischen Königreiches vor. 182 Nach W. Orthmann muss sie aufgrund der bildhauerischen Ausführung etwa zur gleichen Zeit wie die Stele aus Arslān Ṭāš entstanden sein; auch D. Bonatz datiert sie analog in das letzte Viertel des 10. oder das erste Viertel des 9. Jh. Während der fast quadratische und sich nach oben leicht verjüngende Querschnitt des Unterteils der Statue mit Exemplaren aus Maraş übereinstimmt, 183 verweist die Modellierung des Kopfes und der Schultern in aller Deutlichkeit auf das Kopf- und Schulterfragment B. 67b aus Karkamiš. 184 Hinsichtlich ihrer Attribute  –  Schwert, Stab, Quaste am Gürtel sowie Haartracht – steht die Statue jedoch der vom Bau J in Zincirli äußerst nahe. 185 Mit der fragmentarischen Statue B. 54a aus Karkamiš, welche deutliche stilistische Parallelen zur Statue aus Zincirli aufweist, stimmt sie jedoch in Bezug auf den quaderförmigen Unterleib überein. Allerdings weicht die Statue aus Ṣrīn in einem Punkt von der aus Sam’al ab: Sie weist einen halbmondförmigen Anhänger auf der Brust auf. Dieser findet sich auf anderen eisenzeitlichen Statuen wie der aus ‘Ayn at-Tall und der des Suppiluliuma II. aus Tell Tayınat. Da die zum Vergleich herangezogenen Statuen wahrscheinlich dem königlichen Ahnen- und / oder Totenkult dienten, ist selbiges auch für das Exemplar aus Ṣrīn anzunehmen.

5.3.3

Abb. 65: Statue aus Ṣrīn.

Maskana

Obwohl die Ausgrabungen von Maskana, dem spätbronzezeitlichen Emar, ca.  80  km südlich von Tell Aḥmar, keine Spuren einer eisenzeitlichen Siedlung, die vielleicht den aramäischen Namen *Bēt Ba‘lit oder *Bēt Ba‘lat trug, 186 gefunden haben, könnte der Fund des Un-

182 Bonatz 2014a, S. 237 contra Hawkins 1982, S. 385; ders. 1984, S. 75; Voos 1986, S. 31, die für die Statue eines luwischen Königs aus Masuwara optieren. 183 Vgl. die Statuen Halparuntiyas II. und Astiwasus mit den Inschriften MARAŞ 4 bzw. 14. Orthmann 1971, S. 88, 524; Taf. 44,c Maraş B/3; Voos 1986, S. 30, Kat.-Nr. 7; Bonatz 2000a, S. 13, Taf. I, A 2; Hawkins 2000, S. 255–258, 265–267, Taf. 108–109, 114–115. 184 Bonatz 2000a, S. 25. Vgl. Abschnitt 4.1.3.2.4. 185 Bonatz 2014a, S. 236. 186 Lipiński 2000, S. 181.

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Bīt ‘Adini

Abb. 66: Stele aus Maskana.

terteils eines sehr kleinen, stelenartigen Objektes (Kalkstein, 8,2 × max. 7,6 (an der Basis, oben schmaler) × 4 cm, Abb. 66) in einer nicht zu datierenden Schicht auf die Existenz einer solchen hindeuten. 187 Auf den Schmalseiten des Steins sind jeweils das Unterteil eines Gewandes sowie ein Paar Füße einer wohl stehenden anthropomorphen Figur und darunter einige aramäische Buchstaben eingeritzt worden. Jeweils darunter lässt sich eine waagerechte, durchgezogene Linie erkennen, vielleicht eine Art Rahmen. Auf den Breitseiten des Objektes sind dagegen zumeist regelmäßig angeordnete, runde Vertiefungen zu erkennen. Auf einer Seite befinden sich drei vertikal in einer Linie und ein viertes, größtenteils weggebrochenes darüber. Auf der anderen Seite dagegen befindet sich ein Karree von 3 × 3 Napflöchern mit der Andeutung einer vierten Reihe darüber. Unter der mittleren Reihe des Karrees ist ein weiteres Napfloch in regelmäßigem Abstand sowie schräg rechts darunter eines in unregelmäßigem Abstand. Zusätzlich befinden sich auf einer der beiden Schmalseiten, ein ganz sowie ein teilweise erhaltenes Napfloch innerhalb des Gewandes der besser erhaltenen Figur. Aufgrund der Einbettung in das Gewand müssen diese beiden Napflöcher sowie eventuell auch alle anderen entweder gleichzeitig oder vor 187 Margueron und Teixidor 1983; Lipiński 2000, S. 181.

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Zusammenfassende Rekonstruktion

277

der Ritzzeichnung entstanden sein. Die Inschrift, die sich offenbar auf die Figur(en) bezieht, kann aufgrund ihrer Paläographie vermutlich in die Mitte des 8. Jh., d.h. in die Zeit der assyrischen Vorherrschaft, datiert werden. 188 Sie lautet: „ṣlm’ znh pr‘ bdy Baday has paid this image.“ 189 Die alternative Übersetzung von Javier Teixidor zieht pr‘ zum Namen hinzu – wonach die Inschrift „cette image (est celle) de Pir‘abdy“ 190 lauten würde –, welche nach E. Lipiński aber keinen Sinn ergäbe. Angesichts der Verwendung von ṣlm auf den Stelen von Nayrab (KAI 225–226) kann gemutmaßt werden, dass es sich hier ebenso um eine (Miniatur-) Grabstele handelt und dass sich der Stifter, wie häufig in luwischen Steleninschriften, ebenfalls verewigen wollte. Außerdem ist in diesem Fall anzunehmen, dass zumindest der Name des oder die Namen der Verstorbenen im oberen Teil der Stele genannt wurden. Kleine Grabstelen mit Ritzzeichnungen ohne Inschrift sind in Karkamiš und Tell Aḥmar belegt und werden ins 9. bis 8. Jh. datiert. 191 Die Darstellung auf der Stele von Maskana ist im Verhältnis allerdings graphisch noch anspruchsloser. Unklar bleibt das Verhältnis zwischen Abbildung / Inschrift und Napflöchern. Eine aktive Verwendung der Napflöcher ist bei einer aufgerichteten Stele nahezu ausgeschlossen, so dass sie eine andere Verwendung des Objekts vor dessen Umfunktionierung zur Grabstele nahezulegen scheinen. Da Napflöchern eine Bedeutung im Bestattungsritual, im Totenkult (der Könige) sowie vielleicht auch in anderer Hinsicht zukommt, 192 könnte er vorher ebenfalls in einem Zusammenhang mit Gräbern oder dem Totenkult gestanden haben. Eine nicht-funeräre Verwendung als Spielbrett o.ä. kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. 193

5.4

Zusammenfassende Rekonstruktion

5.4.1

Begräbnishandlungen

Abgesehen von der in assyrischer Bestattungstradition stehenden und geplünderten Lehmziegelgruft aus Tell Aḥmar stammen die einzigen erhaltenen Gräber auf dem Gebiet von Bīt ‘Adini bzw. der späteren assyrischen Provinz aus Tell Šiyuḫ Fawqānī, wobei 188 189 190 191 192

Teixidor in Margueron und Teixidor 1983, S. 78; Dion 1997, S. 91, Anm. 33; Lipiński 2000, S. 181. Lipiński 2000, S. 181. Teixidor in Margueron und Teixidor 1983, S. 78. Siehe Abschnitte 4.1.5.1, 4.1.5.3.7 und 5.1.4.3. So ist der Fund eines Steins mit unregelmäßigen Napflöchern innerhalb der Nekropole von Tell an-Naṣrīya vielleicht als divinatorisches Element zu deuten. Tenu 2012. Siehe Abschnitt 8.2.2.8. 193 Vgl. dazu die als „Spielbretter“ deklarierten Kalksteinobjekte in einem Schacht in der Nähe des „Goldgrabes“ von Karkamiš.

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Bīt ‘Adini

aufgrund der geringen geographischen Distanz zu Karkamiš gewisse Übereinstimmungen mit diesem kulturellen Zentrum ebenso wie lokale Eigenheiten zu beobachten sind. Bei ersteren wird zwar davon ausgegangen, dass bei ihnen der Einfluss von Karkamiš ausging; dies kann jedoch nur eine Hypothese darstellen bis spätbronze- oder früheisenzeitliche Kremationsgräber aus Karkamiš gefunden werden. Während an beiden Orten Körperbestattungen unterhalb der Kremationsbestattungen liegen, in Yunus nur eine, kann allein Tell Šiyuḫ Fawqānī mit einer birituellen Bestattung aufwarten, die aufgrund eines Grabfunds aus Tell Aḥmar eventuell eine länger existierende lokale Tradition darstellt. Abgesehen von diesen chronologisch sehr frühen Belegen für Körperbestattungen ist die fast durchweg praktizierte Kremation an beiden Orten die Norm. Wie aus den Rückständen in manchen Urnen von Tell Šiyuḫ Fawqānī hervorgeht, wurden zumindest in einigen Fällen Metallobjekte und Tiere oder deren Knochen zusammen mit dem / der Toten auf dem Scheiterhaufen verbrannt, ohne dass diese zusammen mit den anderen Beigaben und den menschlichen Überresten aufgesammelt und in das Grabgefäß gelegt wurden. Auch ihre weitere Verwendung, falls es eine gab, ist ungeklärt. Umgekehrt gelangten manche Gegenstände unverbrannt in die Urne, so dass mit den neben der Urne befindlichen Beigaben insgesamt vier verschiedene Behandlungen von Objekten während des Bestattungsrituals konstatiert werden können, wobei die Gründe für diese differierenden Behandlungen noch im Dunkeln liegen. Auch über eine weitere Behandlungsform, die einer separaten Verbrennung oder Erhitzung, wird im Fall der Eisenwaffen diskutiert, die vor oder nach den kremierten Überresten in der Urne deponiert wurden. 194 Schließlich wurden manchmal Gegenstände, die gewöhnlich mit dem Leichnam verbrannt wurden, in der Urne in größeren Stückzahlen deponiert, ohne dass – bis auf Ausnahmen – Brandspuren feststellbar waren, so bspw. Astragali und Perlen. Zu den Beigaben, die normalerweise unverbrannt neben der Urne platziert wurden, gehören Keramikgefäße und Figurinen. Da sich unter diesen Gefäßen auch Flaschen befanden, könnten Libationen am noch offenen Grab stattgefunden haben. Im Gegensatz dazu wurde einmal ein verbranntes Tier um den Urnenhals herum platziert. Nichtsdestoweniger ist zu beachten, dass sich in etwa der Hälfte aller Gräber keine Beigaben befanden. Auffälligerweise ist die Errichtung von Grabstelen in Tell Šiyuḫ Fawqānī trotz der relativ großen Anzahl von Gräbern, im Gegensatz zu den drei Exemplaren aus Tell Aḥmar, einem aus Arslān Ṭāš, einem aus Maskana sowie Karkamiš und Umgebung, nicht belegt. Allerdings scheint es zumindest teilweise eine Kennzeichnung der Gräber gegeben zu haben, da die Urnen selten einander störten.

194 Le Goff 2005, S. 25; Tenu 2013a, S. 430.

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Interpretation

5.4.2

279

Ahnen- und Totenkult

Ebensowenig wie in Karkamiš und Umgebung fanden sich im Gräberfeld von Tell Šiyuḫ Fawqānī trotz modernster Untersuchungsmethoden keine Belege für regelmäßig dort stattfindende Ritualhandlungen. Lediglich die Existenz der Stelen in Tell Aḥmar, Arslān Ṭāš und Maskana könnte ein Indiz dafür an jenen Orten darstellen. Aufgrund der ikonographischen und stilistischen Parallelen der Statue aus Ṣrīn zu anderen Königsstatuen kann jedoch vermutet werden, dass zumindest die aramäischen Herrscher von Bīt ‘Adini nach ihrem Tod ebenfalls beopfert wurden, auch wenn momentan keine weiteren Hinweise, wie etwa eine dazugehörige Basis mit Libationsmulden, dafür vorliegen. Darüberhinaus kann vermutet werden, dass auch die luwischen Könige von Masuwara Statuen für den postmortalen Kult errichten ließen, auf deren Existenz aus der Passage der Inschrift ALEPPO 2 geschlossen werden kann.

5.4.3

Sekundäre Begräbnisrituale

Auch in der assyrischen Provinz Til Barsip, oder möglicherweise sogar in postassyrischer Zeit, scheint die rituelle Bestattung einer Statue an der Außenseite eines „echten“ Grabes durchgeführt worden zu sein, ohne dass sich aus der Fundsituation eventuelle weitere Rituale ableiten lassen.

5.5

Interpretation

5.5.1

Religionssomatologische Interpretation

Zumindest gegen Ende der Spätbronzezeit spielte die Wahl der Bestattungsform in Tell Šiyuḫ Fawqānī noch eine untergeordnete Rolle – oder unterlag nicht mehr nachzuvollziehenden Kriterien –, wie sich aus dem birituellen Grab 2592, wo beide Bestattungsweisen in demselben Grab angewandt wurden sowie weiteren Körperbestattungen auf demselben Areal wie die Kremationen schließen lässt. Deutlich ausgeprägt scheint hingegen das Bedürfnis gewesen zu sein, die Toten von den Lebenden zu trennen, da sich in den zeitgenössischen Schichten der Siedlung ähnlich wie in Ḥamā keine Anzeichen von Gräbern fanden. Erst mit der Aufgabe der Kremationsbestattungen im 6. Jh. wurde dieses Paradigma durch die Umwandlung eines ehemaligen Produktionsviertels in ein Grabareal weniger streng gehandhabt. Interessant ist der Gegensatz zwischen Tell Šiyuḫ Fawqānī und Ḥamā hinsichtlich der Bestattungsart der Neugeborenen. Denn im Gegensatz zur Metropole am Orontes wurden hier alle Altersstufen gleichermaßen der Kremation unterzogen, auch wenn die Jüngsten noch keine eigenen Gräber erhielten und zum überwiegenden Teil vermutlich

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Bīt ‘Adini

an anderer Stelle beigesetzt wurden. Dies könnte darauf hindeuten, dass hinsichtlich der Bestattung bereits mit der Geburt ein mit älteren Mitgliedern der Gesellschaft vergleichbarer Status erreicht war oder dass ggf. dafür notwendige Initiationsriten bereits mit der Geburt vollzogen wurden, um das Neugeborene in die Gemeinschaft zu integrieren. Eventuell könnte dabei die in Tabāla im 8. Jh. und bereits bei den Hethitern im 15. Jh. belegte Vorstellung, dass die Seele eines Menschen bereits bei der Geburt in den Körper eingesetzt wurde, eine Rolle gespielt haben. 195 Wie es scheint, galten zur Zeit der luwischen Könige die gleichen Vorstellungen hinsichtlich atri- wie in anderen luwischen Zentren. Zumindest von einem Charakteristikum, der Existenz in einer Statue, kann ausgegangen werden, was u.a. in Karkamiš ebenfalls belegt ist.

5.5.2

Religionssoziologische Interpretation

Trotz der relativ hohen Zahl von beigabenlosen Gräbern von etwa 50 % kann aufgrund mehrerer Indizien nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Gräbern von Tell Šiyuḫ Fawqānī ausschließlich um die der einfachen Bevölkerung handelt. Diesbezüglich ist auf die zahlreiche Mitgabe von Eisenobjekten, insbesondere Waffen, hinzuweisen, die bspw. deutlich häufiger als in Yunus bei Karkamiš auftreten. Die symbolische Bedeutung dieser Kategorie wird durch die Datierung der älteren Gräber unterstrichen, die bis in die Spätbronzezeit reichen und eine solche Beigabe umso prachtvoller erscheinen lassen. Demnach sollten zumindest diese Gräber der lokalen Oberschicht zugeordnet werden. Einen weiteren Aspekt stellt die Verbrennung von Gegenständen dar, welche nicht für den Urneninhalt wieder aufgesammelt wurden. Neben kulturellen und / oder religiösen Gründen für eine solche Praxis könnte es sich hierbei um eine Strategie zur Verschleierung der Statusunterschiede der Bevölkerung gehandelt haben, die sich nicht im Grabinventar widerspiegeln sollte. Ein besonderes Merkmal der Gräber von Tell Šiyuḫ Fawqānī stellt die Tatsache dar, dass alle bisher gefundenen Föten und Säuglinge kremiert wurden, wohingegen diese Altersgruppe in Ḥamā bis auf zwei Ausnahmen unverbrannt beigesetzt wurde. Übereinstimmend ist dagegen die verhältnismäßig geringe Anzahl dieser Altersgruppe, so dass auch hier vermutet werden kann, dass sie im Normalfall an einem anderen Ort beigesetzt wurden. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass sie im Normalfall gar nicht bestattet wurden und die Ausnahmen nur deshalb, weil auch ihre Mutter starb.

195 Vgl. Hawkins 2000, S. 446; Melchert 2010, S. 7 (KULULU 4, § 4 (Grabstele des Ruwa, Diener des Königs Tuwati); KUB 30.10 iv 24–25 (Gebet des Kantuzzili)).

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Interpretation

5.5.3

281

Religionsökonomische Interpretation

Aus religionsökonomischer Perspektive sind zwei Aspekte zu bedenken. Zum einen kann angesichts der Praxis, nicht alle im Bestattungsritual verwendeten Objekte in die Gräber zu legen, ein Grab ohne Grabbeigaben nicht zwangsläufig mit einer schwachen ökonomischen Stellung der Verstorbenen bzw. der Hinterbliebenen korreliert werden, zumal jede Kremation einen größeren „Basisaufwand“ als eine Körperbestattung in einem Erdgrab erfordert. Daher müssen andere Indikatoren herangezogen werden, die den relativen Auf­wand für ein Grab bzw. eine Grabausstattung bemessen. Im Falle der Gräber von Tell Šiyuḫ Fawqānī – sowie in der Region von Karkamiš generell – bietet es sich daher an, die Verwendung von Bassins und Wannen aus Keramik heranzuziehen, da diese erstens ausschließlich in Grabkontexten in Erscheinung treten, d.h. extra für die Bestattung produziert wurden, zweitens ihre Herstellung sowie ihr Transport mit großen technischen Schwierigkeiten verbunden war und drittens insbesondere in Tell Šiyuḫ Fawqānī nur wenige Exemplare dieser speziellen Grabkeramik gefunden worden sind, während sie in Karkamiš und Yurtbağı sehr viel häufiger belegt sind. Im Zusammenhang damit ist die teils geringe Anzahl von Grabbeigaben bis hin zur Beigabenlosigkeit in diesen Gräbern auffällig, während Gräber, die nur aus einer einfachen Urne ohne Abdeckung bestanden, teilweise Objekte in großen Stückzahlen enthalten konnten. 196 Diese könnten daher eine Form von Kompensation darstellen, wobei schwer zu sagen ist, ob diese lediglich auf der Ebene der Zurschaustellung von Reichtum verhaftet blieb oder ob nicht auch religiöse Gründe, eventuell im Sinne des Jenseitsschicksals des Totengeistes oder dessen Befriedung, dabei eine Rolle gespielt haben könnten. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie die Beigabe von Objekten in auffällig hohen Stückzahlen, über 20, interpretiert werden können. Von I. Le Goff sind zum einen die Präsentation von Überfluss sowie eine symbolische Verdeutlichung des jeweiligen sozialen Status in Betracht gezogen worden.

196 Tenu 2013a, S. 433.

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6. Sam’al / Y’DY

6.1

Zincirli / Sam’al

6.1.1

Einleitung

6.1.1.1

Grabungsgeschichte

Das moderne Dorf Zincirli liegt auf dem Hügel des antiken Sam’al am östlichen Fuße des Amanus (Abb. 67). Nach der Entdeckung und ersten Freilegung eisenzeitlicher Reliefs durch Osman Hamdi Bey im Jahr 1883 fanden fünf Grabungen des Orient-Comité zunächst unter Carl Humann, dann unter der Leitung von Felix von Luschan in den Jahren 1888, 1890, 1891, 1894 und 1902 statt. 1 Dabei konzentrierten sich die Ausgräber vor allem auf den Burghügel und die Befestigungsanlagen, während die Unterstadt nur mit einem unpublizierten Schnitt bedacht wurde. 2 Die Mehrzahl der dabei entdeckten Objekte und architektonischen Strukturen, vor allem Paläste auf dem Burghügel und innere sowie äußere Befestigungsanlagen, stammen aus der Eisenzeit  II. Erwähnenswert sind darüber hinaus die Erkundung des Hügels Gerçin, bei der u.a. eine monumentale Hadadstatue sowie Fragmente von rundplastischen Objekten geborgen werden konnten, 3 der Fund des Statuentorsos Panamuwas II. bei Tahtalı Pınar 4 sowie die bisher vergebliche Suche nach einer Nekropole inner- oder außerhalb der Stadt. 5 Der erste Weltkrieg verhinderte eine geplante sechste Expedition, so dass die Grabungen erst 104 Jahre später durch die seit 2006 jährlich stattfindenden Ausgrabungen des Museums Gaziantep und des Chicagoer Oriental Institute aufgenommen worden sind, woran sich seit 2014 auch die Universität Tübingen beteiligt. Im Zuge der neuen Ausgrabungen werden folgende Areale untersucht: Ein nordöstlich der Stadt vorgelagertes Gebäude (Area 0), das nordöstliche Stadttor (1), die östliche Zitadelle inklusive des äußeren Burgtores (2), der südliche Teil der Burg 1 Luschan et al. 1893; Luschan et al. 1898; Luschan 1902; ders. und Jacoby 1911; Luschan und Andrae 1943. 2 Schloen und Fink 2009a, S. 3. Ein weiterer unpublizierter Schnitt dürfte im direkt benachbarten Pancarlı Höyük angelegt worden sein, wie die Beschreibungen zweier Fundstücke nahelegen: ein Knochengerät (S 2398) „[a]us Pandscharly-Hüjük, 2,5 m tief“ (Luschan und Andrae 1943, S. 173) sowie ein Henkelfragment (S 2392) „[a]us Pandscharly Hujük [sic], 1,5 m tief.“ Luschan und Andrae 1943, S. 154. 3 Luschan 1893b, S. 44–53. 4 Luschan 1893b, S. 53–54; Sachau 1893. 5 Luschan in ders. und Andrae 1943, S. 137.

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284

Sam’al / Y’DY

Abb. 67: Sam’al und Bīt Agūsi.

(3), ein Teil der südlichen Unterstadt und das entsprechende Stadttor (4), umfangreiche Gebiete in der nördlichen Unterstadt (5 und 6), den Tempel vor der südlichen Stadttor (7), ein Teil der südöstlichen Stadtmauer (8) sowie der südöstlichen Unterstadt (9) (Abb. 68). 6

6 Schloen 2011; ders. 2014, S. 32, Abb. 2.4; ders. und Fink 2009b, S. 216.

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Zincirli / Sam’al

285

Abb. 68: Grabungen in Zincirli.

6.1.1.2

Historischer Kontext

Ausgehend von Keramikfunden aus der Frühbronzezeit II und III kann der Beginn der Besiedlung auf dem Burghügel von Sam’al mindestens in die Mitte des 3. Jt. datiert werden, auch wenn entsprechende architektonische Strukturen, abgesehen von frühbronzezeitlichen Befestigungsanlagen, dort bislang fehlen. 7 Auch die südlichen Bereiche der Un7 Bossert 1958, S. 401; Wartke 2005, S. 74–75; Schloen 2014, S. 29, 34.

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286

Sam’al / Y’DY

terstadt waren in der Frühbronzezeit bereits besiedelt. 8 Spuren eines typischen Erdwalls der Mittelbronzezeit haben sich erhalten und deuten auf eine zeitgenössische Siedlung hin, 9 von der inzwischen Gebäude und Keramik im östlichen Teil der Zitadelle gefunden und der das als ḫilāni I bezeichnete Gebäude zugeordnet werden konnte. 10 Ob die Stadt in einem Text aus Kültepe / Kaniš aus dem 19. Jh. bereits genannt wird, 11 ist unklar, aber aufgrund der früh- und mittelbronzezeitlichen Schichten denkbar. In der Spätbronzezeit war das Gebiet von Sam’al als Teil Südostanatoliens den machtpolitischen Gezeiten der hethitischen, ägyptischen und hurritischen Expansion ausgesetzt. 12 Aus dieser Zeit sowie aus der frühen Eisenzeit bis ca. 900 lassen sich laut J. D. Schloen und V. R. Herrmann weder Keramik noch sonstige archäologische Spuren finden, so dass eine Besiedlung ausgeschlossen werden könne. 13 Aufgrund der politischen Entwicklungen der folgenden Zeit ist mit einem Erstarken des luwischen Einflusses während der Eisenzeit I im Gebiet des späteren Sam’al zu rechnen, ausgeübt vor allem durch Karkamiš. 14 Eventuell sind Luwier auch für den nichtsemitischen 15 Namen der Stadt und des Landes, Y’DY, verantwortlich, 16 der jedoch nur in Inschriften aus Sam’al von ca. 830 bis ca. 730 sowie im benachbarten Arpad / Bīt Agūsi in der Mitte des 8. Jh. (KAI 222 B, 9) belegt ist. Aufgrund des letzten Konsonanten könnte es 8 9 10 11 12 13

Schloen und Herrmann 2017. Schloen 2014, S. 34; ders. und Fink 2009a, S. 6. Schloen und Herrmann 2017, S. 174–175; Schloen et al. 2020, S. 529–530. Nashef 1987, S. 18–20 (c/k 441); Schloen und Fink 2009a, S. 6. Wartke 2005, S. 57; Schloen und Fink 2009a, S. 6. Schloen 2014, S. 34; Herrmann 2019, S. 405. Im Gegensatz dazu steht die Untersuchung von Lehmann 2006 zitiert nach Gilibert 2011, S.  14, Anm. 34, wonach spätbronzezeitliche Keramik aus Zincirli vorhanden sei. 14 Schloen und Fink 2009a, S. 7–8 vermuten, dass das Machtzentrum während dieser Zeit an einem anderen Ort zu suchen ist und schlagen hierfür Pancarlı Höyük, 1 km südöstlich von Zincirli, wo jüngst eine hieroglyphenluwische Inschrift gefunden worden ist (PANCARLI), oder Gerçin, 7 km nordöstlich, vor. Desweiteren stammen aus Pancarlı Höyük ein Relief mit einer Tierkampfszene, welches der ältesten Periode der eisenzeitlichen sam’alischen Bildkunst zuzuordnen ist (Stilgruppe Zincirli 1), ein Löwenkopf im Hochrelief sowie ein Skulpturenfragment einer menschlichen Figur, das ebenfalls zu den älteren Bildwerken Sam’als gehört. Osten 1930, S. 62, Abb. 63; Orthmann 1971, S. 77, 529, Taf. 48,h Pancarlı 1. Mögliche weitere Funde aus Pancarlı Höyük sind ein in moderner Zeit nach Zincirli gebrachter Orthostat mit der Darstellung eines Reiters (Zincirli K/4) sowie ein Sphinxprotom. Herrmann 2017a, S. 261. 15 Tropper 1993, S. 7–8; Starke 1999, S. 525 contra Lipiński 2000, S. 235; Gilibert 2011, S. 15. 16 Tropper 1993, S. 7–8 contra Donner und Röllig 1964, S. 216, die Y’DY allein als Namen des Landes betrachten. Interessanterweise wird der Titel „König von Y’DY“ von Kulamuwa für Gabbār (KAI 24, 2; er selbst bezeichnet sich lediglich als „Sohn des Ḥayyā“, auch in der Goldhülseninschrift), von Panamuwa I. für sich selbst (KAI 214, 1) und von Bar-Rākib für Panamuwa II. (KAI 215, 1), gebraucht, während dieser sich an anderer Stelle als „König von Sam’al“ vorstellt (KAI 216, 1; 217, 1). Im Gegensatz dazu werden sowohl Ḥayyā als auch Panamuwa II. von den Assyrern mit dem Zusatz „der Stadt Sam’al“ bedacht. Grayson 1996, S. 16 (RIMA 3, A.0.102.2 i 42); Tadmor und Yamada 2011, S. 47, 70, 77, 87, 122 (TP III 14, 12; 27, 4; 32, 4; 35, iii 17; 47, Rs. 8´). Der von Schramm 1983 als Uša gelesene Landesname (Keilschrift auf einer zufällig gefundenen Steatittafel) ist nach Hawkins 2006–2008, S. 601 in mehrerer Hinsicht spekulativ.

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Zincirli / Sam’al

287

sich um die luwische Bezeichnung eines Landes gehandelt haben (*yādiya-, „das Jadäische (Land)“), welches dementsprechend mit *yāda- anzusetzen wäre. 17 Bei dem Fragment einer mutmaßlichen Königsstatue mit der Inschrift PANCARLI aus dem 1 km südöstlich von Zincirli liegenden Pancarlı Höyük könnte es sich um ein Zeugnis dieser luwisch geprägten Epoche oder der Adaption der luwischen Schrift durch die ersten aramäischen Könige handeln, da sie aus dem 10. oder frühen 9. Jh. stammt. 18 Etwa um 900 ist wohl der erste namentlich bekannte König von Sam’al mit dem semitischen Namen Gabbār anzusetzen, 19 der Sam’al wieder besiedeln ließ und zu seinem Regierungssitz machte, was inzwischen durch entsprechende 14C-Proben von der Zitadelle und der nordöstlichen Stadtmauer erhärtet werden konnte, 20 wobei die Orthostaten des südlichen Stadttores eventuell ins späte 11. oder frühe 10.  Jh. datieren und hier vielleicht wiederverwendet wurden. 21 Der erste inschriftlich bezeugte Palastbau fand erst in der zweiten Hälfte des 9. Jh. statt. 22 Der semitische Name des Landes und der Stadt, Sam’al / šm’ l, kann „Nordstadt“ oder „nördlicher Distrikt“ (wörtlich „linke Seite“) bedeuten. 23 Im Gegensatz zu den meisten anderen aramäisch dominierten Königreichen ist bisher keine Bezeichnung nach dem Schema Bīt PN, d.h. Bīt Gabbāri, belegt. 24 Aufgrund der unterschiedlichen Schutzgötter Gabbārs, Ba‘al-Ṣemed, 25 seines Nachfolgers BN/MH, Ba‘al-Ḥammān, sowie aller anderen Könige, Rākib-El, ist darauf zu schließen, dass keiner der ersten beiden Könige den Grundstein zu einer längerfristigen Dynastie legen konnte, 26 obwohl Ḥayyā noch zu Zeiten Salmanassars III. als mār Gabbāri bezeichnet wurde, 27 was jedoch auch als eine Referenz an den Gründer des Königreichs aufgefasst werden kann. 28 Erst diesem dritten inschriftlich belegten König Sam’als, dessen Regierungsantritt wohl gegen 870 / 860 datiert und aus dessen Geschlecht wahrscheinlich 17 18 19 20 21

22 23 24 25 26 27 28

Starke 1999, S. 525, ders. 2019, S. 613–615; Niehr 2013, S. 185; Younger 2016, S. 383–384. Herrmann et al. 2016. Lipiński 2000, S. 238, Anm. 43; Hawkins 2006–2008, S. 602 contra Landsberger 1948, S. 37, 40. Herrmann 2017a, S. 245; dies. 2019, S. 408. Herrmann 2017a, S.  260; dies. 2019, S.  410. Vgl.  jedoch Pucci 2015, S.  58–59, die aufgrund der Konsistenz des einheitlichen Bildprogramms sowohl des äußeren Burgtores als auch des südlichen Stadttores eine Wiederverwendung für fraglich und eine gleichzeitige Errichtung für wahrscheinlich hält, sowie Marchetti 2019, S. 158, der ein vergleichbares Bildprogramm in Karkamiš (Processional Entry, King’s Gate, Herald’s Wall) feststellt, dieses aber für Katuwa-zeitlich – und nicht für wiederverwendet – hält und gegen Ende des 10. Jh. datiert, so dass die Orthostaten im kulturell von Karkamiš stark beeinflussten Zincirli nicht älter sein könnten. Nach Herrmann 2019, S. 411 sollten in diesem Fall die Orthostaten des Südtors ins frühe bis mittlere 10. Jh. datieren. Schloen und Fink 2009a, S. 8. Tropper 1993, S. 7. Sader 2014a, S.  23–24. Allerdings wird Ḥayyā durch Salmanassar III. als mār Gabbāri bezeichnet, was eventuell auf Bīt Gabbāri als Namen für das Staatswesen schließen lassen könnte. Grayson 1996, S. 18, 23 (RIMA 3, A.0.102.2 ii 24, 83); Hawkins 2006–2008, S. 600. Niehr 2010a, S. 271 zum ugaritischen Ursprung dieses Namens. Tropper 1993, S. 10, Anm. 41. Grayson 1996, S. 18, 23 (RIMA 3, A.0.102.2 ii 24, 83); Hawkins 2006–2008, S. 600. Lipiński 2000, S. 239.

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288

Sam’al / Y’DY

die Könige Sam’als bis zur Eingliederung ins assyrische Reich hervorgingen, scheint dies gelungen zu sein. 29 Gleichzeitig ist er der erste Herrscher, von dem nach dem erfolglosen Widerstand von 858, inklusive der Schlacht bei Lutibu auf sam’alischem Territorium, Tributzahlungen an Salmanassar III. in den Jahren 857 und 853 dokumentiert sind. Noch weiter in dessen Abhängigkeit begab sich dessen Sohn Kulamuwa, der seinem Bruder Ša’īl auf dem Thron folgte und die Hilfe Assyriens gegen den westlichen Nachbarn Ḫiyawa / Que in Anspruch nahm. 30 Nach der darauffolgenden Schwächephase Assyriens und einer Zeit relativer Unabhängigkeit für Sam’al wurden Panamuwa I. sowie dessen Sohn Bar-Ṣūr vermutlich um 745 durch einen unbekannten Usurpator ermordet, der wohl im Rahmen der allgemeinen antiassyrischen Erhebung Syriens und Südostanatoliens agierte. 31 Die darauffolgende assyrische Intervention der Jahre 743 bis 740 wendete jedoch das Blatt zugunsten der gestürzten Dynastie in Gestalt Panamuwas  II., einem Sohn Bar-Ṣūrs, der wohl zunächst geflohen war, möglicherweise aber bereits 743 als König installiert wurde. 32 Er starb als treuer Vasall Tiglatpilesers III. während dessen Belagerung von Damaskus in den Jahren 733 / 732 und wurde von seinem Sohn Bar-Rākib beerbt, dessen zahlreiche Bau- und Bildwerke in der Stadt darauf schließen lassen, dass seine Regierungszeit zumindest einige Jahre andauerte. Spätestens jedoch 713 dürfte seine Herrschaft beendet gewesen sein, da Sam’al in einer Liste genannt wird, die augenscheinlich Provinzen assyrischer Statthalter auflistet, die für Sargon II. nach Tabāla zogen. 33 Aufgrund fehlender Siegesberichte in den vorliegenden assyrischen Quellen vermutet A. Fuchs die Eroberung oder Inkorporierung in den letzten beiden Regierungsjahren Tiglatpilesers  III. (728–727) oder während der Regierungszeit Salmanassars V. (726–722), aus welchen entsprechende Quellen fehlen. 34 Andere Forscher sehen dagegen kein passendes Zeitfenster für eine solche Unternehmung und tendieren deshalb zu Sargon II. 35 oder gehen grundsätzlich von einer länger andau29 Die genealogische Verbindung zwischen Kulamuwa und QRL ist nicht bekannt. Da beide Dynastien jedoch Rākib-El als Schutzgott nennen, kann von einer Kontinuität ausgegangen werden. Lipiński 2000, S. 243. 30 Kulamuwa war eventuell ein Halbbruder Ša’īls, falls sich seine Selbstbezeichnung als br tm*l* in KAI 24 auf die Mutter beziehen sollte (Lidzbarski 1915, S.  227; Gibson 1982, S.  36) und könnte daher mütterlicherseits aus einer luwischen Familie stammen. Es könnte jedoch auch für einen Stammesnamen stehen. Tropper 1993, S. 33. 31 Tropper 1993, S. 14. Die Authentizität des Siegels, das die Regentschaft Bar-Ṣūrs zu belegen scheint, ist ungesichert. Lipiński 2000, S. 243; Hawkins 2006–2008, S. 604 (nach persönlicher Kommunikation mit B. Sass). 32 Tropper 1993, S. 14–16. 33 Fuchs 2008a, S. 65, Anm. 74; Bagg 2011, S. 238, Anm. 282; Faist 2013–2014, S. 42. Abgesehen davon liegen Verwaltungstexte vor, die vermutlich aus der Zeit Sargons II. stammen. Radner 2006–2008, S. 62; Faist 2014, S. 42. 34 Fuchs 2008a, S. 65, Anm. 74; ders. 2014, S. 247–249. 35 Bagg 2011, S. 231–232 (mit Verweis auf die lange Belagerung von Samaria, die eine andere Operation unwahrscheinlich mache); Faist 2014, S. 42. Vgl. dazu die Replik von Fuchs 2014, S. 248–249, der diesem Argument mit der Belagerungstaktik der Assyrer begegnet, die Burgen mit kleinen Garnisonen um die belagerten Städte herum errichteten, da sich das vollzählige Heer nicht so lange an einem Ort, noch dazu ohne einen größeren Fluss, versorgen hätte können.

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Zincirli / Sam’al

289

ernden Herrschaft Bar-Rākibs aus, 36 wobei jedoch zu fragen ist, weshalb sich aus dieser gut dokumentierten Epoche, der Regierungszeit Sargons II., keine Erfolgsnachrichten erhalten haben. 37 Ebenso wie von A. Fuchs in Karkamiš vermutet, könnte diese Übernahme zumindest teilweise friedlich abgelaufen sein, da die Inschriften Panamuwas II. und BarRākibs darauf schließen lassen, dass sie ihr Volk rücksichtslos ausbeuteten, welches daher die Aussicht auf assyrische Oberherrschaft begrüßt haben dürfte. 38 Der Einflussbereich Sam’als wurde bis zu diesem Zeitpunkt im Westen von Ḫiyawa / Que, im Norden von Kurkuma, im Süden von Pattina / Unqi, im Südwesten von Bīt Agusī sowie im Osten durch Kummaḫa und / oder Karkamiš begrenzt. 39 Von der assyrischen Provinz Sam’alla ist lediglich bekannt, dass mit Nabû-aḫḫē-ēreš ein sam’alischer Gouverneur 681 das Amt des Eponymen bekleidete und dass mit Bēl-usāti vermutlich zu Assurbanipals Zeit (669–631 / 627) ein weiterer Gouverneur belegt ist. 40 Außerdem ist davon auszugehen, dass die erste der zwei Zerstörungsschichten 41 nach der Aufstellung der Stele Asarhaddons im äußeren Burgtor 671 / 670 zu datieren ist, da ansonsten die Rückeroberung und / oder der Wiederaufbau der Stadt auf ihr Erwähnung hätte finden müssen. 42 Gleichzeitig ist eine Keilschrifttafel aus dem Brandschutt des Nordwestpalastes in den Sommer 671 zu datieren; 43 ein bislang nicht ausreichend präzise datiertes Bronzeband mit einer spätbabylonischen Weihinschrift stammt aus demselben Kontext. 44 In der darauffolgenden Aufbauphase, für die zumeist die Assyrer verantwortlich gemacht werden, wurde abgesehen vom Neubau des Palastes den Befestigungen besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Allerdings lässt sich assyrischer Einfluss letztlich schwer nachweisen. 45 Auch der Zeitpunkt der zweiten Zerstörung ist unbekannt, wird aber traditionell mit dem Ende des assyrischen Reiches in Verbindung gebracht. Über dieser Schicht lassen sich Spuren für eine partielle Besiedlung des Burghügels bis in persisch-hellenistische, vielleicht sogar in die römische und frühbyzantinische Zeit hinein finden. 46

36 37 38 39 40 41 42 43 44

45 46

Hawkins 1982, S. 416 (> 10 / 11); Faist 2014, S. 42 (> 6 / 7). Fuchs 2014, S. 248. Landsberger 1948, S. 79–80; Lipiński 2000, S. 246; Fuchs 2008a, S. 68–71. Hawkins 2006–2008, S. 601; Niehr 2010a, S. 267. Radner 2006–2008, S. 62; Bagg 2011, S. 260; Faist 2013–2014, S. 42, 44, Anm. 28. Lehmann 1994; ders. 1996, S. 273–274. Bagg 2011, S. 260; Faist 2013–2014, S. 44 contra Lehmann 1994, der die Zeit zwischen 676 und 671 / 670 vorschlägt. Faist 2013–2014. Hans Ehelolf nimmt als frühestmögliches Entstehungsdatum Asarhaddons Regierungszeit an. Das Entstehungsdatum kann jedoch nicht mit der Deponierung in Sam’al gleichgesetzt werden, da das Band mutmaßlich aus Babylonien nach Sam’al gelangt sein dürfte. Außerdem sind Gebrauchsspuren zu erkennen, die auf eine länger andauernde Verwendung schließen lassen. R.-B. Wartke datiert es ins 8. bis 7. Jh. Andrae in Luschan und Andrae 1943, S. 96–97, 165; Wartke 2005, S. 78, Abb. 89; Pucci 2008a, S. 37. Pucci 2008a, S. 27–28, 39. Wartke 2005, S. 66. Schloen und Fink 2009a, S. 9 haben keine Siedlungsspuren nach dem 4. Jh. feststellen können.

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290

Sam’al / Y’DY

Tabelle 9: Die Herrscher von Sam’al. 47 Herrscher von Sam’al Gabbār

Regierungszeit ab ca. 900

BN/MH Ḥayyā Ša’īl Kulamuwa (Unbekannter König) QRL Panamuwa I. (ermordet) Bar-Ṣūr (ermordet)

ab ca. 870 / 860

Unbekannter Usurpator

ca. 745–743 (?)

Panamuwa II. (auf assyrischem Feldzug gestorben) Bar-Rākib

743 (?)–733 / 732

Nabû-aḫḫē-ēreš

681

Bēl-usāti

um ca. 650 / 646

6.1.1.3

ca. 840 / 835–815 / 810 bis ca. 745 bis ca. 745

733 / 732–728 / 722 / 718 / 717 (max. 713)

Gesellschaft und Wirtschaft

Während der zweiten Hälfte des 2. Jt. setzte sich die Bevölkerung in der Region des späteren sam’alischen Königreiches wohl zu großen Teilen aus Hurritern zusammen oder präferierte zumindest deren Namensgebung. 48 Mit dem Anbruch der späten Eisenzeit finden sich jedoch ausschließlich Zeugnisse in phönizischer, sam’alischer bzw. aramäischer oder luwischer Sprache, wobei die Personennamen entweder als aramäisch oder luwisch betrachtet werden können. Die klassische Einwanderungshypothese geht deshalb von einem Vordringen der im 13. Jh. in den assyrischen Quellen erscheinenden Aramäer vom Euphrat bis nach Sam’al aus, wo sie in der Person Gabbārs um ca.  900 über genügend Macht und Einfluss verfügten, um die Vorherrschaft der bereits dort sesshaften Luwier

47 Nach Tropper 1993, S. 19, ergänzt durch Lipiński 2000, S. 247 und Fuchs 2008a, S. 65, Anm. 74 sowie Faist 2013–2014. Alternativ dazu Lipiński 2000, S. 247 und Kombination aus Lipiński und Tropper bei Wartke 2005, S. 90. 48 Alkım 1968, S. 247.

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Zincirli / Sam’al

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zu brechen und einen eigenen Staat zu gründen. 49 Diese These läuft jedoch ebenso wie die von J. David Schloen und Amir S. Fink verfochtene Alternative, dass die Nachkommen der bronzezeitlichen amurritischen Bevölkerung für diese Neugründung bzw. die Abschüttelung der luwischen Herrschaft verantwortlich gewesen wären, 50 Gefahr, einen komplexen Sachverhalt auf ein Schwarz-Weiß-Schema zu reduzieren. So werden bspw. das potenzielle hurritische Erbe, die Veränderungen in der materiellen Kultur der südwestlich angrenzenden ‘Amūq-Ebene – Stichwort „Seevölker“ – ebenso wie die Zerstörung der einflussreichen Küstenstädte Alalaḫ und Ugarit und das Einsetzen des phönizischen Handels ausgeblendet. Vielmehr muss unter Berücksichtigung der Differenzierung zwischen Ethnos und Kultur auf die Präferenz aramäischer und luwischer kultureller Komponenten sowohl durch Herrscher als auch der Bevölkerung unabhängig von deren ethnischem Hintergrund verwiesen werden. 51 Als Beispiel dafür ist der Orthostat mit der phönizischen Inschrift KAI 24 zu betrachten, der phönizische, luwische und assyrische Elemente in sich vereint, aber den König einer aramäischen Dynastie mit dem luwischen Namen Kulamuwa darstellt. 52 Eine Passage der Inschrift ist in der Forschung lange Zeit als Ausdruck sozialer Spannungen zwischen den unterdrückten und verarmten muškabīm sowie den bisher begünstigten ba‘rīrīm interpretiert worden, die von Kulamuwa gelindert bzw. gelöst worden sein sollen. Zumeist ist diesbezüglich vermutet worden, dass mit den muškabīm die mutmaßlich länger ansässigen Luwier (abgeleitet von škb „niederlegen“, wörtlich „die Gelegten“,  d.h.  „die Eingesessenen“) und mit den ba‘rīrīm (von syr. ba‘rar, „wild“,  d.h.  „die Wilden“, „die Umherstreifenden“) die als ursprünglich nomadisch betrachteten Aramäer gemeint seien 53 und sich Kulamuwa als aussöhnende Instanz zwischen beiden Bevölkerungsgruppen inszenierte, wozu die Annahme eines luwischen Namens durch einen aramäischen Herrscher sowie dessen Distanzierung von seinen Vorgängern nicht unwesentlich beigetragen haben mag. Dies könnte somit zum einen illustrieren, dass, unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit, zumindest im Rahmen der Elite weitestgehende kulturelle und politische Wahlmöglichkeiten bestanden und ausgeschöpft wurden. 54 Zum anderen präsentiert sich Kulamuwa als „Vater“, „Mutter“ und „Bruder“ der muškabīm (KAI 24, 10–11), d.h. er identifiziert sich gegenüber der Elite Sam’als mit einer Bevölkerungsgruppe, der er selbst vielleicht gar nicht angehörte. Diese Sichtweise ist jüngst durch Philip C. 49 50 51 52 53

Bspw. Tropper 1993, S. 10. Schloen und Fink 2009a, S. 9 im Anschluss an Huehnergard 1995. Brown 2008a, S. 189–204. Brown 2008a, S. 235–250. Vgl. Abschnitt 6.1.3.1.2. Tropper 1993, S. 12–13, 41, 45; Lipiński 2000, S. 236. Dass sich auch die Luwier in der Spätbronzezeit in Anatolien zu großen Teilen aus viehhaltenden Nomaden zusammensetzten, wird in dieser Diskussion meist übersehen. Siehe dazu Bryce 2003, S. 31; Brown 2008a, S. 188 und im Detail Simon 2010. Letzterer vermutet bezüglich der spätbronzezeitlichen Luwier im Taurus „vertikale[n] Nomadismus mit Transhumanz“ (Simon 2010, S. 553). 54 Vgl.  dazu die Goldhülse Kulamuwas, deren Inschrift im Gegensatz zu KAI 24 in sam’alisch abgefasst war, da sie wahrscheinlich in einem intimeren Rahmen Verwendung fand. Tropper 1993, S. 50–53.

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Sam’al / Y’DY

Schmitz in Frage gestellt worden, der mškbm und ‘rrm als Begriffe im Kontext der aktuellen politischen Situation Kulamuwas zwischen den Danunäern und den Assyrern deutet, wonach sich hinter mškbm zu Kulamuwa gleichrangige, den Assyrern loyal ergebene „Eroberer“ („suzerain“) und hinter ‘rrm vertragsbrüchige assyrische Vasallen bzw. deren negatives Schicksal („destitute“) infolge der assyrischen Bestrafung verbergen. 55 Unbestritten bleibt das Amalgam zwischen aramäischer und luwischer Kultur im eisenzeitlichen Sam’al, wie es sich auf höchster Ebene in den abwechselnd luwischen und semitischen Königsnamen sowie möglicherweise in den beiden Bezeichnungen für das Staatswesen, Y’DY und Sam’al, sowie der Tatsache ausdrückt, dass noch der letzte unabhängige König, Bar-Rākib, einen goldenen Siegelring mit luwischen Hieroglyphen verwendete. 56 Allerdings muss hinzugefügt werden, dass in den königlichen Inschriften aus Sam’al selbst bisher keine luwischen Gottheiten genannt werden, obwohl die Götterdarstellungen auf dem äußeren Burgtor offensichtlich Einflüssen aus Karkamiš geschuldet sind. 57 Mit der Ördekburnu-Stele ist jedoch zumindest außerhalb der Stadt eine Inschrift königlichen Ursprungs vorhanden, die Opfer an Kubaba erwähnt. 58 Ein weiteres, bedeutendes Indiz für die Lebendigkeit des Luwischen sowie die kulturelle Vielfalt in Sam’al stellt der Fund eines noch unpublizierten, luwisch beschrifteten Bleistreifens aus einer Schicht des späten 8. oder frühen 7. Jh. dar. 59 Vermutlich ebenfalls in die Eisenzeit II scheint ein Elfenbeinfragment mit vier luwischen Hieroglyphen aus dem östlichen Teil der Zitadelle zu datieren. 60 Wirtschaftlich betrachtet gilt Sam’al als eines der zwei oder drei Zentren der syrischen Elfenbeinschnitzerei neben Damaskus und eventuell Gūzāna. 61 Passend dazu wurden im Bau J von Zincirli ein Elefantenzahn sowie ein -stoßzahn entdeckt, 62 welche ebenso auf eine Existenz dieses Tieres in diesem Gebiet hinweisen könnten wie die entsprechenden Tributleistungen an die Assyrer 63 und die Terrakottafigurine eines Elefanten aus dem „Oberen Palast“. 64 Gleichzeitig zeichnete sich Sam’al durch eine umfangreiche Aktivität

55 Schmitz 2013. Vgl. jedoch Röllig 2016, S. 253, der diese Uminterpretation aufgrund der seiner Ansicht nach gesicherten Semantik der Begriffe für unwahrscheinlich erachtet. 56 Andrae in Luschan und Andrae 1943, S.  95–96, Taf. 45l, 47i; Hawkins 2000, S.  576, Taf. 329 (ZİNCİRLİ signet); Schloen und Fink 2009a, S. 10; Herrmann et al. 2016, S. 68. Nicht erwähnt bei Tropper 1993, S. 5–6. Während der neuen Grabungen wurde zudem ein wahrscheinlich bronzezeitliches Siegel mit luwischen Hieroglyphen in einer Schicht des 7. Jh. entdeckt. Schloen und Fink 2009a, S. 10. 57 Hawkins 1984, S. 76–77; ders. 2006–2008, S. 605; Voos 1986, S. 151; Brown 2008a, S. 202–203; Orthmann 2013b, S. 529. Vgl. Abschnitt 6.1.3.2.3. 58 Siehe unten. 59 Herrmann et al. 2016, S. 68, Anm. 82. 60 Schloen und Herrmann 2017, S. 174. Eine Datierung wird im Text nicht direkt angegeben, aber der Kontext lässt darauf schließen. 61 Bonatz 2014a, S. 248–249. 62 Barnett 1982, S. 50, 88, Anm. 73; Lipiński 2000, S. 533, Anm. 124. Diese Information stammt aus einem teilweise unveröffentlichten Manuskript von G. Jacoby. 63 Lipiński 2000, S. 532. 64 Luschan in ders. und Andrae 1943, S. 68, Abb. 80–81, Taf. 35a–b.

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Zincirli / Sam’al

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im Bereich der Metallverarbeitung aus, insbesondere aus Kupfer bzw. Bronze und Silber, 65 und stellte aufgrund seiner Lage am nördlichen Pass des Amanus eine wichtige Station auf der Handelsroute vom Mittelmeer und Kilikien zum oberen Euphrat dar. 66 Daher ist nicht sicher, ob alle in den assyrischen Tributlisten aufgezählten Waren tatsächlich aus Sam’al stammen oder erhandelt wurden. Geliefert wurden Silber, Bronze, Eisen, Kleider, Ochsen, Schafe sowie Zedernbalken und -harz. 67

6.1.2

Mögliche Befunde der Bronzezeit

6.1.2.1

Steinkistengrab

Im östlichen Teil des Burghügels, an der südlichen Ecke des ḫilāni  I, befand sich eine nordwestlich-südöstlich ausgerichtete Grabkammer (2,36 × 1,39 × 1,40  m), die zwar aus großen Basaltblöcken gemauert, aber sehr sorgfältig verarbeitet war. 68 Sie wurde mit sieben großen, nicht ganz quaderförmigen Blöcken verschlossen, die mit ihrer glatten Unterseite das Grab vollständig versiegelten. Die Oberseiten waren dagegen unregelmäßig gearbeitet. Ein ähnlicher Block befand sich auf dem ḫilāni I, so dass dieses Gebäude möglicherweise als Steinbruch für das Grab diente. 69 Zwei dieser Blöcke waren zur Seite geschoben, was auf eine antike Plünderung schließen lässt. Der einzige noch vorhandene Gegenstand im Inneren des Grabes war ein verziertes, auf einer Seite mit Zähnen versehenes Knochenplättchen (ca. 9,4 × 3 × 0,5 cm), möglicherweise ein Lautensteg. 70 Trotz intensiver Suche gelang es den Ausgräbern nicht, menschliche Überreste in der Grabkammer zu entdecken. Möglicherweise kann daraus geschlossen werden, dass sich der Körper zum Zeitpunkt der Plünderung noch im anatomischen Verband befand, mit Tüchern eingehüllt war, die noch nicht zerfallen waren 71 oder dass es sich hierbei um eine Bestattung in einem Grabgefäß handelte, das ebenfalls ohne Rückstände entfernt werden konnte. M. Pucci vermutet, dass die verstorbene Person umgebettet worden sein könnte. 72 Eine Parallele zur charakteristischen Grababdeckung könnte möglicherweise in den fünf zylinderförmigen Steinblöcken am Herald’s Wall von Karkamiš vorliegen. 73 65 66 67 68 69 70 71 72 73

Bonatz 2014a, S. 250–251. Schloen und Fink 2009a, S. 6. Grayson 1996, S. 18 (RIMA 3, A.0.102.2 ii 24b–27a). Koldewey 1898, S. 140–141, Abb. 44–45; Taf. XX–XXI; Luschan in ders. und Andrae 1943, S. 137– 138; Pucci 2008a, S. 25–26, 28, 58; Gilibert 2011, S. 93–94. Luschan in ders. und Andrae 1943, S. 57 gibt an, dass auch Asphalt zwischen den Steinblöcken verwendet wurde. Koldewey 1898, S. 141. Luschan 1911b, S. 325; ders. in ders. und Andrae 1943, S. 138; Andrae in Luschan und Andrae 1943, S. 124, 172 (S 1942), Taf. 59 o. Luschan in ders. und Andrae 1943, S. 138. Pucci 2008a, S. 58. Gilibert 2007. Siehe Abschnitt 4.1.4.3.

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Sam’al / Y’DY

Neuesten Untersuchungen zufolge datiert ḫilāni I jedoch nicht wie ursprünglich vermutet in die Eisen-, sondern mindestens in die Mittelbronzezeit II. 74 Demzufolge ist die eisenzeitliche Datierung des Steinkistengrabes, die aufgrund der ursprünglichen Datierung des Gebäudes sowie der nicht in situ befindlichen Grabstele daneben erfolgte, ebenfalls infrage gestellt. Denn erstens sind bis dato weder in Nordsyrien noch in Südostanatolien eisenzeitliche Steinkistengräber gefunden worden und zweitens stellen sie eine häufige Bestattungsform dieser Region während der Frühbronzezeit dar. 75 Aufgrund dessen wäre eine früh- oder mittelbronzezeitliche Datierung des Grabes momentan mit deutlich weniger Fragezeichen zu versehen als eine eisenzeitliche. Eine sekundäre eisenzeitliche Nutzung als Grab, die mit der Errichtung der daneben gefundenen Stele verbunden werden könnte, ist zwar denkbar, aber, da sich diese nicht in situ befand, spekulativ. Eine dritte Option wäre die Anlage des Steinkistengrabes in persischer Zeit, da diese in Deve Höyük belegt sind. 6.1.2.2 Kammergrab Ein weiteres Grab ähnlich dem großen Steinkistengrab südlich des ḫilāni  I, aber von anspruchsloserer Konstruktion, befand sich östlich eines anderen Gebäudes als ḫilāni I und wurde von F. v. Luschan als „Kammergrab“ bezeichnet. 76 Es war von zwei Steinen bedeckt, von denen einer vormals vielleicht als Ölpresse diente, und barg kein Skelett, sondern lediglich eine Steinaxt. Mangels weiterer Funde sowie einer genaueren Lokalisierung ist eine Datierung dieses Grabes momentan nicht möglich. Aufgrund der Umdatierung des Steinkistengrabes am ḫilāni I liegt auch hier eine bronzezeitliche Einordnung nahe.

6.1.3

Architektonische, ikonographische und epigraphische Zeugnisse der Eisenzeit

6.1.3.1

Zitadelle

Der 8 ha große Burghügel von Sam’al erhebt sich etwa 15 bis 18 m hoch über der Ebene und liegt zentral inmitten einer elliptischen Unterstadt, 77 die erst im Laufe der Eisenzeit  II angelegt wurde. Aufgrund der Konzentration der Ausgrabungen des 19. Jh. und des beginnenden 20. Jh. auf diesen Bereich der Stadt stammen die meisten archäologischen Indizien zum Umgang mit den Toten ebenfalls von hier (Abb. 69).

74 Schloen et al. 2020, S. 529–530. Vgl. dazu auch die vorläufigen Überlegungen von Bachhuber 2012; ders. ohne Jahr. 75 Duru 2006, S. 171. 76 Luschan 1894, S. 493. Dieses Grab wird in den Ausgrabungspublikationen nicht erwähnt. 77 Lehmann 2006 zitiert nach Brown 2008a, S. 469, Anm. 188.

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Zincirli / Sam’al

Abb. 69: Zitadelle von Sam’al.

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Sam’al / Y’DY

Abb. 70: Räume J 1 und J 2 sowie Torhaus Q.

6.1.3.1.1 Statue mit Doppellöwenbasis Als imposantestes und ältestes Monument des königlichen Totenkultes von Sam’al ist eine Statue (2,50 × 0,60 m) mit einer Doppellöwenbasis (0,72 × 1,20 × 1,10 m, Abb. 70–71) zu nennen. 78 Die Basis wurde im nordwestlichen Teil der Zitadelle, in situ an der südöstlichen Außenmauer des Gebäudes J, etwa 10 m nordöstlich des Torbaus Q, beides Teile des Nordwestpalastes, gefunden und war auf die aufgehende Sonne ausgerichtet. Einen Meter südöstlich befand sich die Statue eines Mannes, eindeutig als Herrscher und nicht als 78 Luschan 1911a, S. 253–254, Abb. 162, 173; ders. 1911b, S. 362–369, Abb. 262–268, Taf. LXIV; Jacoby 1911, S. 288–289, Abb. 194, Taf. IL; Ussishkin 1970, S. 127; ders. 1975, S. 95, Abb. 14; Orthmann 1971, S. 40, 69, 73–76, 135, 139–140, 142, 154, 156, 160, 289, 291, 301, 305, 440, 442, 545, Taf. 62,c-e, Zincirli E/1; Genge 1979, S. 83, 87–88, Abb. 103; Hawkins 1984, S. 75, Abb. 111a; Voos 1986, S. 28– 29, 32, Kat.-Nr. 5; Niehr 1994, S. 58; ders. 2006, S. 114–115; ders. 2010a, S. 279–280; ders. 2014, S. 183, Taf. XV; Bonatz 2000a, S. 14, 25–26, Taf. II, A 6; ders. 2014a, S. 235–236, Taf. XV; Pucci 2008a, S. 36; Gilibert 2011, S. 76–79, 130, Abb. 41–42, Zincirli 63–64; Younger 2016, S. 398–400, Abb. 6.5; Blanchard in ders. 2019, S. 247, Kat.-Nr. 105; Cornelius 2019, S. 199–200, Abb. 12.

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Zincirli / Sam’al

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Gott dargestellt, 79 die einst unzweifelhaft zu ihr gehörte. Die auf dem Rücken liegende, mit den Füßen zur ca.  50  cm tiefer liegenden Basis weisende Figur war regelrecht „bestattet“: Von allen Seiten umgaben sie große Steine und bedeckt wurde sie nicht mit gewöhnlichem Bauschutt, sondern mit Schwarzerde. Mithilfe der Fixpunkte der Errichtung des Baus J unter Kulamuwa um 830 sowie seiner Zerstörung nach 671 lässt sich der Aufstellungszeitraum der Statue an dieser Position bemessen. Die Statue zeigt einen stehenden Mann mit Bart, der einen Stab in der rechten Hand hält und ein Schwert sowie eine Quaste am Gürtel trägt. Die Nase, die Hände, das Oberteil eines Stabes sowie das Gesicht eines Löwen wurden bereits in antiker Zeit zerstört. Nach der Analyse von A. Gilibert lassen sich diese Zerstörungen nur mit einer absichtlichen Handlung in Einklang bringen und sind nicht auf zufällige Schäden wie bspw. im Zuge des Stürzens der Statue zurückzuführen. 80 Hinweise für die Existenz eines Kultes an der Statue stellen die drei napfartigen Löcher auf der Basis dar, die auf den Köpfen der zwei Löwen und dem des Helden im Knielauf angebracht worden und für Libationen gedacht waren. Die charakteristische Darstellungsweise dieser Statue birgt einige Entsprechungen zur nordsyrischsüdostanatolischen Umwelt. Neben dem nicht ganz so streng wirkenden Exemplar aus ‘Ayn al-’Arab, 81 ist auf die Kopffragmente aus Kululu 82 und İvriz, 83 den Torso aus Tahtalı Pınar 84 sowie die Hadadstatue aus Abb. 71: Statue mit Gerçin 85 hinzuweisen. Am deutlichsten sind jedoch Doppellöwenbasis. die stilistischen Parallelen zum Kopf der Statue B. 54a aus Karkamiš mit der dazugehörigen Basis B. 53a–b, welche aus der Epoche Suhis II. bzw. Katuwas, d.h. aus dem ausgehenden 10. oder dem beginnenden 9. Jh., stammt. Möglicherweise handelte es sich dabei um den Versuch einer 79 Orthmann 1971, S. 291. 80 Gilibert 2011, S. 77 contra Niehr 2006, S. 115. 81 Orthmann 1971, S. 50, 139, 152, 156, 287, 291, 476, Taf. 4,b, Ain el Arab 1; Voos 1986, S. 31, Kat.-Nr. 9; Bonatz 2000a, S. 13, 24–25, Taf. I, A 1. 82 Özgüç 1971, S. 105–106, Taf. XL, 2; Aro 2003, S. 332, Taf. XXIVa. 83 Dinçol 1994, S. 125–128, Abb. 7–8; Bonatz 2000a, S. 15, 26, 49, 189, Anm. 80, A 16. 84 Bonatz 2000a, S. 26. 85 Luschan 1911b, S. 365.

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Kopie der Statue aus Karkamiš, zwei Produkte derselben Werkstatt, desselben Bildhauers oder eventuell sogar um die gleiche dargestellte Person. 86 Ein wichtiger Unterschied zwischen beiden Statuen ist jedoch der Unterleib: Dieser war bei der Statue aus Karkamiš quader- und nicht zylinderförmig. 87 Dennoch kann die Anfertigung der Statue vom Bau J ebenfalls an das Ende des 10. oder den Beginn des 9. Jh. datiert werden, womit es sich um das älteste Indiz für die Existenz eines königlichen Totenkultes in Sam’al handelt. Daraus folgt, dass die Statue älter als der von Kulamuwa errichtete Bau  J sein muss und ursprünglich an einem anderen Ort gestanden haben könnte oder bereits im Zuge der Errichtung des Torbaus Q sowie der daran anschließenden Mauer hier aufgestellt wurde. 88 Unabhängig von ihrem tatsächlichen Aufstellungsort kann angenommen werden, dass sie in Analogie zu ihrem späteren Verbleib und zur Statue B. 54a aus Karkamiš auf einem öffentlichen Platz errichtet und im Rahmen eines königlichen Totenkultes beopfert wurde. Aus diesen Indizien ergeben sich mehrere Möglichkeiten zur Identifizierung des hier dargestellten Herrschers. Da die Statue älter als Bau J und dessen Bauherr Kulamuwa sein muss, ist eine Identifizierung mit einem Vorgänger Kulamuwas, etwa dem Dynastiegründer Ḥayyā oder eventuell sogar dem Namenspatron des Stadtstaates, Gabbār selbst, denkbar. 89 Für letztere Interpretation sprechen die Nennung Gabbārs in der Palastinschrift Kulamuwas (KAI 24) und die insbesondere von den Assyrern beibehaltene Bezeichnung des Königs als mār Gabbāri, die auf eine fortdauernde Wertschätzung Gabbārs hindeuten. 90 J. D. Hawkins dagegen ging von einem rein kunsthistorischen Ansatz aus und identifizierte die Statue vormals mit Suhi II. oder Katuwa, was u.a. angesichts des wahrscheinlich nicht mehr allzu engen politischen Verhältnisses zwischen Karkamiš und Sam’al zu Kulamuwas Zeiten – Stichwort assyrische Intervention – wohl ausscheiden dürfte. 91 Neben der Identifizierung ist nach den Urhebern und den Beweggründen der „Bestattung“ der Statue zu fragen. Aufgrund der Lage der Statue 50 cm über der Basis und der darüber liegenden Schicht aus Schwarzerde – und nicht aus Bauschutt – hat die Bestattung der Statue vermutlich nach dem Brand und dem Zerfall des Gebäudes J, d.h. nach der ersten Zerstörungsschicht Sam’als vermutlich nach 671 stattgefunden. Daran anschließend können in diesen antiassyrischen Invasoren eventuell auch die Schänder der 86 U.a. Woolley 1952, S. 192; Hawkins 1972, S. 97; Genge 1979, S. 87; Blanchard in ders. 2019, S. 247. 87 Der aus Fragmenten rekonstruierte Unterleib der Statue war 1919 noch vor Ort vorhanden. Marchetti 2014a, S. 27, Abb. 7–8, 38. 88 Gilibert 2011, S. 78. Voos 1986, S. 28 zieht eine vorhergehende Aufstellung in einem Raum innerhalb eines Palastes in Erwägung, was angesichts der Größe der Statue und dem Aufstellungsort der vergleichbaren Statue aus Karkamiš unplausibel erscheint. Außerdem kann nach Schloen und Fink 2009a, S. 8 die Existenz eines älteren Palastes als der des Kulamuwa in Sam’al bislang archäologisch nicht belegt werden. 89 Genge 1979, S. 87; Voos 1986, S. 28–29; Bonatz 2000a, S. 187, Anm. 41; Lipiński 2000, S. 239; Niehr 2006, S. 114; Younger 2016, S. 398; Cornelius 2019, S. 200. 90 Niehr 2006, S. 114. 91 Hawkins 1972, S. 97. Inzwischen betrachtet er sie lediglich „vielleicht“ als Produkt einer Werkstatt aus Karkamiš. Ders. 2015, S. 50. Gilibert 2011, S. 83–84 dagegen interpretiert die Statue als die Kulamuwas.

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Statue gesehen werden. 92 Daher scheint es, dass die Statue – und somit vermutlich auch ihr Kult – im Gegensatz zur Vorgehensweise in Karkamiš und anderen Städten, wo praktisch alle Statuen gründlich zerstört wurden, von den Assyrern toleriert wurde. Eine plausible Erklärung dafür könnte in der traditionellen Ergebenheit der sam’alischen Könige gegenüber den Assyrern gesucht werden, die sie von den meisten anderen nordsyrischsüdostanatolischen Königen unterschied. Zusammenfassend lässt sich anhand dieser Statue ein langanhaltender Totenkult für einen König von Sam’al konstatieren, dessen Ursprünge weit, möglicherweise bis in die Zeit des Dynastiegründers Gabbār zurückreichen. Bereits zu dieser ersten Phase dürften Libationen für den Verstorbenen stattgefunden haben, wie sie u.a. auch aus Karkamiš belegt sind. Spätestens in ihrer zweiten Nutzungsphase unter Kulamuwa wurde die Statue zumindest für die Elite der Stadt öffentlich zugänglich und ihr Kult solar konnotiert. Dies kann aufgrund mangelnder einheimischer Quellen möglicherweise auf die Bedeutung der Sonnengottheit im Zusammenhang mit spätbronzezeitlichen Totenmahlzeiten bzw. -opfern aus Kizzuwatna und Ugarit zurückgeführt werden, die jedoch innerhalb eines Ahnenkultes anzusiedeln sind. 93 Mit der Schändung der Statue endete zwar der Totenkult, nicht aber der Respekt vor dem Toten und seinem Kult: Ähnlich wie bei der Statue am Löwentor von Arslantepe fand hier eine sekundäre Begräbnishandlung statt, die den Totenkult „offiziell“ beendete. 94 6.1.3.1.2 Orthostat aus Gebäude J mit Inschrift Kulamuwas (KAI 24) Auf der nordwestlichen Seite des Eingangs zum Palast Kulamuwas, von den Ausgräbern als Gebäude J bezeichnet, war ein Orthostat (Basalt, 1,56 × 1,30 m, Abb. 70, 72) mit einer phönizischen Inschrift Kulamuwas (KAI 24) sowie der Darstellung dieses Königs und vier Göttersymbolen im oberen linken Bereich angebracht. 95 Der Text lässt sich sowohl graphisch als auch inhaltlich in zwei Teile gliedern. Während im ersten Abschnitt die Aktivität Kulamuwas im Gegensatz zu seinen untätigen Vorgängern sowie außenpolitische Veränderungen angesprochen werden, rückt im zweiten Teil zunächst die Innenpolitik 92 Gilibert 2011, S. 76–77. 93 Aus Ugarit ist eine Manifestation der Sonnengöttin als špš pgr („Šapšu der Totenopfer“) bekannt (KTU 1.39, 12.17; KTU 1.102, 12), während in einem Ritualtext des Arztes Zarpiya aus Kizzuwatna (KUB 9.31 II 1–2) der Sonnengott des Himmels zusammen mit den Ahnen zu einer Mahlzeit eingeladen wird. Niehr 2006, S. 113–114; Kutter 2008, S. 305–306. 94 Ussishkin 1970, S. 126–127; Niehr 2006, S. 115. 95 Luschan 1911b, S. 374–377, Abb. 273; Donner und Röllig 1964, S. 30–34; Orthmann 1971, S. 66– 68, 74, 76, 135, 144, Anm. 63, 148–149, 151, 153, 155–157, 160–161, 202, 220, 289–290, 292, 351– 352, S. 545, Taf. 63,a, 73,a Zincirli E/2; Loon 1986, S. 247, Taf. 59, Abb. 3; Tropper 1993, S. 27–46, Abb. 5–8; Czichon 1995; Bonatz 2000a, S. 102, 148, 162–163, 167, 177, 187, Anm. 41, 189, Anm. 81, 205, Anm. 56–57, 207, Anm. 88; Brown 2008a, S. 235–250; ders. 2008b; Gilibert 2011, S. 79–84, Abb. 43–45, Zincirli 65; Niehr 2018, S. 311–313, Abb. 3; Cornelius 2019, S. 190–193, Abb. 5; Wartke in Blanchard 2019, S. 252, Kat.-Nr. 109.

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oder die Frage nach der Loyalität der assyrischen Vasallenstaaten 96 in den Mittelpunkt bevor die Inschrift mit mehreren Flüchen abgeschlossen wird. Darüber hinaus kommt ihm vermutlich auch eine Rolle im Umgang mit den Toten zu, worauf nicht allein die Gedenkinschrift, sondern auch die nach unten gesenkte Lotusblüte in der linken Hand des Herrschers, wohl im Sinne eines Regenerations- oder Unsterblichkeitssymbols zu deuten, hinweist. 97 Trotz mancher Eigentümlichkeiten des Textes, deren Parallelen aus aramäischen Königsinschriften, 98 assyrischen oder biblischen Texten bekannt sind, weist die allgemeine Konzeption des Textes ebenso wie die Darstellungsform Abb. 72: Orthostat mit Inschrift KAI 24. einen starken luwischen Einfluss auf, wie der Vergleich mit den Inschriften MARAŞ 1, 4 und 8 zeigt, bei denen es sich um Gedenkinschriften, sehr wahrscheinlich für verstorbene Herrscher, handelt, ohne dass explizit auf den Tod der Monarchen hingewiesen wurde. 99 In Übereinstimmung mit diesen und anderen luwischen Herrscherinschriften mortuärer Natur beginnt die Inschrift Kulamuwas ebenfalls mit „Ich bin“. 100 Zudem ist auf die im Profil dargestellte Figur Kulamuwas hinzuweisen, welche als Ganzes an die Erweiterung des hieroglyphenluwischen Zeichens amu bzw. EGO, „ich (bin)“, in Gestalt einer vollständigen menschlichen Figur, EGO2 statt EGO, angelehnt ist, aber nicht kopiert. 101 Denn interessanterweise zeigt diese nicht wie im luwischen Milieu mit 96 Schmitz 2013. 97 Bonatz 2000a, S. 102; ders. 2014a, S. 213 („It emphasizes the posthumous commemorative character of the depicted person […].“); Gilibert 2011, S. 82. Vgl. Cornelius 2019, S. 192, Anm. 63. 98 Bspw. das von Kapara bekannte Motiv „was meine Vorgänger nicht vollbracht haben, habe ich vollbracht.“ Tropper 1993, S. 35. 99 Zumindest nicht in den erhaltenen Passagen. Interessant sind die unterschiedlichen Träger, auf denen diese Texte gefunden wurden: Statue, Stele und Löwenorthostat. Vgl. Bonatz 2000a, S. 66– 67; Hawkins 2000, S. 252–258; 261–265. Die Inschrift auf dem Löwen ist aufgrund der dort abgebildeten amu-Figur hervorzuheben: Es handelt sich um einen auf einem Löwen stehenden Herrscher, was Assoziationen zu den Statuen mit Löwenbasen aus Zincirli, Karkamiš und Tell Tayınat hervorruft und vermuten lässt, dass neben dem Löwen, an oder in einem Tor, eine vergleichbare Statue inklusive Basis gestanden haben könnte. Unabhängig davon ist der mortuäre Charakter der Darstellung und damit auch der Inschrift wahrscheinlich. Hawkins 2000, S. 262, Taf. 112–113. 100 Vgl. Aro 2013, S. 234–238. 101 Orthmann 1971, S. 66; Brown 2008a, S. 239–240; Gilibert 2011, S. 82; Cornelius 2019, S. 192. Möglicherweise stellt die Stele aus Eğrek, zu damaliger Zeit tabālisch, eine Grabstele dar, bei der

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der Hand auf sich selbst, sondern deutet im ubāna tarāṣu-Gestus, assyr. „den Finger ausstrecken“, auf die Symbole der Gottheiten hin. 102 Falls die Figur Kulamuwas die luwische Hieroglyphe imitiert, ohne dass sie selbst zum Substitut Kulamuwas, d.h. zum „Ich“ wurde, wäre es vorstellbar, dass eine dazugehörige, unbeschriftete Statue ein Ensemble mit der Orthostateninschrift bildete, wie es in luwisch dominierten Städten, insbesondere in Karkamiš, belegt ist. 103 Für eine solche Interpretation in Verbindung mit der vor dem Gebäude J aufgestellten Monumentalstatue hat sich A. Gilibert ausgesprochen. 104 Allerdings dürfte in diesem Fall eine in unmittelbarer Nähe errichtete Statue, deren Zugehörigkeit zum Orthostaten klar erkennbar war, wahrscheinlicher gewesen sein. Angesichts der sekundären Errichtung der Statue eines verstorbenen Königs vor dem Gebäude J, deren engste Parallele aus Karkamiš stammt, 105 sowie des erstmaligen Belegs eines luwischen Königsnamens in Sam’al stellt der Rückgriff auf luwische Traditionen keine Überraschung dar. Andererseits rekurrieren Kleidung sowie die ubāna tarāṣu-Geste auf die Göttersymbole hin in aller Deutlichkeit auf assyrische Herrscherbilder bzw. religiöse Praktiken, was durch den außenpolitischen Schwenk Kulamuwas zu erklären ist. 106 Während J. Tropper den Orthostaten aufgrund der in der Inschrift beschriebenen historischen Ereignisse um 825, d.h. noch zu Lebzeiten Kulamuwas datiert, zieht A. Gilibert daneben eine posthume Errichtung in Betracht, was ca. 810 entspräche. 107 Fest steht, dass er zusammen mit dem Palast während der ersten Zerstörung Sam’als nach 671 in Schutt und Asche versank. Da sich aber der letzte feststellbare Fußboden des Palastes ungefähr auf der halben Höhe des Orthostaten befand, konnte der zweite Teil der Inschrift zum Zeitpunkt der Zerstörung des Palastes bereits nicht mehr gelesen werden. 108 Angesichts der außenpolitischen Neuinterpretation des Textes durch Ph. C. Schmitz 109 könnte ein solches „Verschwindenlassen“ eventuell im Interesse der Assyrer gewesen sein.

102 103 104

105 106 107 108 109

diese Technik in einer ähnlichen Form angewendet wurde. Etwas anders gestaltet, aber wohl dem gleichen Gedanken der Verbindung von Schrift und Bild entsprungen und geographisch näher ist die Stele mit der Inschrift MARAŞ 8, bei der die Inschrift über die dargestellte Figur verläuft. Voos 1986, S. 129. Diese Geste ist in späterer Zeit, im 8. Jh., in Zincirli und Umgebung ausschließlich zusammen mit einer Trinkschale belegt: KTMW-Stele (Abschnitt 6.1.3.3), Orthostatenfragment mit der Inschrift KAI 217, Stele aus Gözlühöyük (Abschnitt 6.5.9). Vgl. Aro 2013. Gilibert 2011, S. 83–84. Danach sollen lediglich die Leser des Orthostaten in der Lage gewesen sein, die Statue mit Kulamuwa zu identifizieren, während die restliche Bevölkerung ihn für einen unbekannten Ahn des Königshauses gehalten haben soll. Der Sinn dieser Verschleierungstaktik ist jedoch unklar. Gilibert 2011, S. 83–84 betont dagegen den komplementären, d.h. letztlich gegensätzlichen Charakter von Orthostat und Statue, aufgrund einer bewussten Mischung verschiedener Traditionen, die sich in der komplexen Struktur des Orthostaten und seiner Inschrift niederschlugen. Brown 2008a, S. 241–242. Tropper 1993, S. 27; Gilibert 2011, S. 79. Jacoby 1911, S. 276–277. Schmitz 2013.

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6.1.3.1.3 Goldanhänger aus Raum J 2 Ein ungewöhnliches Objekt aus Sam’al, welches möglicherweise in einem funerären Bezug Verwendung fand, stellt der fast quadratische Anhänger aus Gold (4,5 × 4,4 × 0,15 cm) mit einer Speisetischszene dar. 110 Er wurde in Raum  2 des Gebäudes  J zusammen mit einem weiteren Anhänger aus Gold und Silber sowie Gegenständen aus Elfenbein in einer Ascheschicht gefunden und zeigt eine sitzende Frau auf der rechten Seite des mit vier Broten und einem weiteren Gegenstand gedeckten Tisches. In ihrer Rechten hält sie ein schwierig zu identifizierendes Objekt, eventuell eine Blume. Eine genauere zeitliche Einordnung ist angesichts der einfachen Herstellungstechnik, fehlender Vergleichsstücke und des späten Zerstörungshorizonts des Palastes zwischen 676 und 671 / 670 nicht möglich und kann daher nur sehr grob mit dem 9. oder 8. Jh. angegeben werden. Auch die Frage nach dem Zweck des Anhängers bleibt aufgrund fehlender Parallelen weitestgehend ungeklärt: Wurde er ursprünglich für eine Bestattung als Teil einer Totentracht hergestellt, diente er einem oder einer Hinterbliebenen als Erinnerung an die Mutter, einem religiösen Spezialisten als Teil seiner Amtskleidung oder schmückte er eine Totenstatue? 111 Angesichts der Tatsache, dass die weibliche Figur des Doppelsitzbildes C,  1 aus dem „Kultraum“ von Tell Ḥalaf ein Bronzeamulett trug, dass entweder als Schutzsymbol und / oder als Hinweis auf ein lunar konnotiertes Totenmahl betrachtet werden kann, könnte dies theoretisch auch hier der Fall gewesen sein. Allerdings ist bisher lediglich ein Sitzbild aus der näheren Umgebung von Sam’al, aus Yesemek, bekannt. 6.1.3.1.4 Raum J 2 Der Raum J 2 (10,7–10,8 × 6–6,2 × mind. 2,3 m) bildete zusammen mit dem vermutlich später durch eine Doppeltür mit Schwelle abgegrenzten Raum J  1 (13,65 × 6,15  m) den Eingangsbereich des Gebäudes J (Abb. 70). 112 Weitere Zugänge stellen die Öffnungen in den Nordostwänden von J 1 und J 2, letztere etwas schmaler, dar. In der Nordwestwand von J 2 befanden sich zudem zwei Nischen (1,10–1,12 × 1,56–1,65 m), wobei zumindest die Bodenfläche der südlichen Nische um 30 cm erhöht war, und in denen nach M. Pucci Schätze oder Statuen zu Repräsentationszwecken ausgestellt gewesen sein könnten, 113 worauf nicht zuletzt die vielen Edelmetall- und Elfenbeinobjekte in den Ascheschichten des Raumes J 2 hindeuten. Angesichts der Positionierung des Kulamuwa-Orthostaten an der nordwestlichen bzw. linken Seite des Eingangs, der überdimensionalen Herrscherstatue mit Löwenbasis direkt an der östlichen Verlängerung der Wand zwischen J 1 / J 2 und J 3, 110 Luschan in ders. und Andrae 1943, S. 99–100, 166, Taf. 46 g, 47 d (S 3625); Wartke 2005, S. 82, Abb. 85. 111 Contra Pucci 2008a, S. 61, die allen in Raum J 2 gefundenen Gegenständen aufgrund ihres Materials eine religiöse zugunsten einer repräsentativen Funktion abspricht. 112 Jacoby 1911, S. 274–277, Taf. IL–L. 113 Pucci 2008a, S. 61. Ähnlich bereits Jacoby 1911, S. 272: „Prachtzimmer“.

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außerhalb des Nordwestpalastes, sowie dem Fund des Speisetischszenenanhängers in J 2 könnte jedoch auch eine teilweise Nutzung als Ahnen- oder Totenkultstätte im Bereich des Möglichen liegen. Innerhalb dieses hypothetischen Szenarios ist die Aufstellung einer Statue Kulamuwas sowie ggf. anderer Angehöriger des Königshauses von Sam’al in den Nischen plausibel, da sie, ebenso wie die Statue vor dem Palast und der Orthostat, nach Osten ausgerichtet gewesen wären. Eventuell könnte auch die Funktion des südwestlich an das Gebäude  J anschließenden Ganges Gk in einem mortuären Kontext zu suchen sein, da er parallel zu Nischen, Orthostat und Statue ebenfalls nach Osten ausgerichtet war und dessen östlicher Zugang sich direkt zur Linken des Orthostaten befand, während sich auf der westlichen Seite ebenfalls eine Nische befand. Abgesehen von zahlreichen Keramikgefäßen sowie zwei Ziegeln an seinem nordöstlichen Ende, 114 ist an einer undefinierten Stelle des Ganges auch ein Siegel mit einer Stierdarstellung in einer Goldfassung gefunden worden. 115 6.1.3.1.5 Orthostat des nördlichen Hallenbaus Durch die Rekonstruktion von J. Voos lassen sich fünf Fragmente aus dem nördlichen Hallenbau zu einem Orthostaten mit einer Speisetischszene (Basalt, 1,13 × 1,16 m) zusammensetzen, der von fünf weiteren eingerahmt wurde. 116 Sie alle waren am Pfeiler zwischen der westlichen und der östlichen Halle angebracht. Auf dem eigentlichen Speisetischszenenregister ist ein elaboriert ausgeführter Thron samt Fußschemel zu erkennen, auf dem ein Mann mit Bart und Kopfbedeckung Platz genommen hat. Von seinen Armen ist nur die Daumenspitze der linken Hand übriggeblieben. Etwas darüber lässt sich möglicherweise ein Blütenansatz erkennen. Ebenso kunstfertig wie der Thron sind der Tisch und der darauf befindliche Pokal dargestellt. Von einem weiteren Gefäß, vermutlich einer Brotschale, ist nur der untere Teil auszumachen. Links vom Tisch steht ein Diener, dessen noch erhaltene linke Hand leer ist. Auf den Orthostaten zur rechten Seite sind drei Diener, ein Wedler, ein Gefäßträger sowie ein Bogenschütze abgebildet. Zur Linken tummeln sich zehn weitere, davon sieben Musikanten, ein Doppelflöten-, zwei Leiern- und vier Tamburinspieler, sowie zwei Waffenträger. Die ikonographischen und stilistischen Merkmale zeigen eindeutig an, dass das gesamte Relief der Kunst aus der Zeit Bar-Rākibs, d.h. den Jahren ab 733 / 732, zugeordnet werden kann. Somit handelt es sich bei dem dargestellten König sehr wahrscheinlich um Bar-Rākib selbst. 117 Eine möglicherweise mortuäre Bedeutung dieser Szene ist fraglich: Handelte es sich hierbei um eine 114 Jacoby 1911, S. 273–274. 115 Andrae in Luschan und Andrae 1943, S. 101 (S 3704), Taf. 45 n. 116 Luschan 1911b, S. 350–358, Abb. 259, Taf. LXI–LXII; Orthmann 1971, S. 63, 85, Anm. 2, 143, 369, 393–394, 462, 546–547, Taf. 63,d,f–h, 64,a Zincirli F/3–8; Voos 1985, S. 71–86, Abb. 4–15; ders. 1986, S.  142–145, Kat.-Nr. 104; Gilibert 2011, S.  86–87, 130, Abb. 48, 64, Zincirli 68–73; Bonatz 2014a, S. 214–215; Niehr 2018, S. 314–316, Abb. 6. 117 Voos 1985, S. 82; Gilibert 2011, S. 86; Niehr 2018, S. 314.

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Speisetischszene, die den dargestellten König kommemorierte oder wurden diesem gar Opfer gebracht? Hinweise für eine solche Interpretation lassen sich keine finden, aber eine Interpretation der Szene als Darstellung einer Audienz- und Bankettszene im höfischen Rahmen aufgrund der anderen Orthostaten bzw. des Bildprogramms von ḫilāni IV erscheint plausibler, u.a. da dieser Orthostat genau gegenüber des sog. „Schreiberorthostaten“ Bar-Rākibs mit der Inschrift KAI 218 platziert wurde. Da beide Orthostaten beim Betreten von ḫilāni IV passiert werden mussten, ist von A. Gilibert die These aufgestellt worden, dass hier zwei funktionale Aspekte dieses Palastes dargestellt wurden, die Bar-Rākib dort wahrnahm: die Verwaltung des Reiches sowie höfische Feste. 118 6.1.3.2

Tore

6.1.3.2.1 Orthostat vom äußeren Burgtor (Speisetischszene) Auf einem Orthostaten (Basalt, 1,15 × 0,96 m), der ursprünglich auf der Westseite des äußeren Burgtores angebracht war, ist eine weitere Speisetischszene abgebildet. 119 Aufgrund einer größeren Lücke von drei bis vier Orthostaten in der Außenmauer kann die genaue Platzierung dieses Exemplars nicht mehr ermittelt werden; gefunden wurde er unmittelbar daneben. Daher kann auch nicht mit letzter Sicherheit bestimmt werden, ob die nördlich daran anschließenden, in situ gefundenen Figuren 120 sich an die Speisetischszene anschlossen oder nicht, auch wenn dies recht plausibel erscheint. Die Darstellung zeigt einen Mann und eine Frau, die jeweils sitzend einen Becher zum Mund führen. In ihren Händen im Bildvordergrund halten sie zudem einen langen Stab mit einer deutlichen Krümmung / ein Krummholz bzw. zwei Spindeln. Der scheinbar in der Luft schwebende Tisch ist mit vier überdimensionalen Broten sowie einem kleinen Gefäß und einem großen Fisch beladen. Der plausible Verdacht, dass es sich bei dieser Szene um die Darstellung eines Totenmahles handelte bzw. irgendwann als eine solche betrachtet wurde, nachdem der möglicherweise ursprüngliche Sinn eines Festmahls nicht mehr gegeben war, wird überwiegend geteilt. 121 Allerdings kann das im Vorhof des Tores befindliche, nicht datierbare Steinkistengrab eines Kindes kaum als Indiz für den Charakter der Darstellung gewertet werden, da es sich um ein Herrscherpaar handelte und Mitglieder der

118 Gilibert 2011, S. 85–88; 130; Niehr 2018, S. 316. 119 Luschan 1902, S.  215, Abb. 105, Taf. XXXVII c; Orthmann 1971, S.  61, 73, 76, 134, 138, 276, 292, 369, 373–374, 376, 466, Anm. 1, 539, Taf. 57,c Zincirli B/3; Genge 1979, Abb. 37; Voos 1986, S. 139–140, Kat.-Nr. 98; Brown 2008a, S. 149; Gilibert 2011, S. 67, 195, Abb. 31 Zincirli 14; Bonatz 2014a, S. 211; Pucci 2015, S. 53. 120 Siehe unten. 121 Voos 1986, S. 139–140, Kat.-Nr. 98; Brown 2008a, S. 149; Gilibert 2011, S. 67; Bonatz 2014a, S. 211 contra Pucci 2015, S. 53, welche diese Darstellung als eine Illustration der Macht und Beständigkeit der Dynastie auffasst.

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königlichen Familie sicherlich nicht hier bestattet wurden. 122 Der Orthostat wird wie die anderen Orthostaten des äußeren Burgtores Ende des 10. oder Anfang des 9. Jh. datiert. 123 6.1.3.2.2 Zwei Orthostaten vom äußeren Burgtor (drei stehende Männer) Auf den rechts neben bzw. nördlich der Speisetischszene in situ gefundenen zwei Orthostaten (Basalt, 1,19 × 1 m; 1,17 × 0,71 m) sind drei stehende Männer abgebildet, wovon mindestens zwei einen Bart tragen. 124 Fest steht, dass sie aufgrund ihrer Ausrichtung nach links zu ein und derselben Szene gehörten oder den Abschluss einer größeren Szene bildeten. Alle drei tragen ein Schwert am Gürtel, die ersten beiden hinten, der letzte vorn, und halten den rechten Arm ausgestreckt und erhoben. Die zweite Figur hält nichts darin, ein mögliches Attribut der ersten ist nicht erkennbar und die dritte hält einen langen Stab. Auch aufgrund der anderen Merkmale ist die dritte und letzte Figur als Herrscher zu identifizieren: Sie ist die größte, legt die andere Hand um den Schwertknauf und trägt eine Quaste am Gürtel. d.h. sie ist ähnlich wie die Herrscherstatue am Bau J dargestellt. Die zweite Figur dagegen hält ebenso wie der Mann der Speisetischszene ein Krummholz in seiner rechten, allerdings erhoben über die Schulter gelegt, und erinnert demnach an die Herrscherstatuen aus Tell Ḥalaf, auch wenn er nicht die Hand um seinen Schwertknauf legt. Die erste und kleinste Figur hält dagegen nichts in der Rechten und stellt allem Anschein nach die rangniederste Figur der drei dar. Der Interpretation A. Giliberts zufolge besteht erstens ein Bezug zur Speisetischszene und zweitens zum Ahnenkult nach ihrer Definition. Ein mortuärer Zusammenhang ergibt sich aus der Darstellung der dritten Figur sowie aus dem wahrscheinlichen Anschluss an die Speisetischszene. Demnach deutet sie die stehenden Figuren als Nachkommen des sitzenden Herrscherpaares, womit sie wohl die zum Zeitpunkt der Errichtung noch lebenden meint. 125 Anderen Interpretationen nach spielte die Frage nach mortuär oder nicht-mortuär nur eine Nebenrolle; entscheidend war die Darstellung des Fortdauerns und der Beständigkeit der Dynastie, wobei der mortuäre Aspekt möglicherweise erst im Laufe der Zeit hinzutrat. 126

122 Contra Gilibert 2011, S. 67, Anm. 125. Diese These steht im Widerspruch zu ihrer an D. Bonatz orientierten Definition des Ahnenkultes. Gilibert 2011, S. 67, Anm. 124. 123 U.a. Bonatz 2014a, S. 211; Pucci 2015, S. 58–59; Herrmann 2017a, S. 260. 124 Luschan 1902, S. 215–216, Abb. 106–107, Taf. XXXVII c; Orthmann 1971, S. 61–62, 69, 77–78, 134–135, 142–143, Anm. 69, 152, 154, 156, 288, 291, 466, Anm. 1, 539, Taf. 57,d–e, 72,c Zincirli B/4 und B/5; Hawkins 1984, S. 75, Abb. 110; Voos 1986, S. 140; Gilibert 2011, S. 67, 195–196, Abb. 31, Zincirli 15–16 (sowie auf dem Buchcover); dies. 2012, S. 121–122, Abb. 14; Bonatz 2014a, S. 211; Pucci 2015, S. 53. 125 Gilibert 2012, S. 121. 126 Bonatz 2014a, S. 211; Pucci 2015, S. 53.

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Sam’al / Y’DY

6.1.3.2.3 Orthostat vom äußeren Burgtor (sitzende Frau) Ein weiterer Orthostat vom äußeren Burgtor (Basalt, 1,25 × 0,80 m, Abb. 73), der dritte von Süden auf der östlichen Hälfte, zeigt eine sitzende Frau inmitten einer Götterprozession. 127 Leider ist von ihr aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes nicht mehr viel zu erkennen: Eine Polos-artige Kopfbedeckung, ein Schleier sowie die Arme, einer erhoben, sind ebenso wie der Stuhl noch auszumachen. Gesicht und Körperpartien sowie eventuelle Objekte in ihren Händen sind zerstört. In der Prozession vor ihr befinden sich ein Wettergott mit Axt und Blitzbündel – aller Wahrscheinlichkeit nach Hadad – eine stehende Göttin mit Schleier, die einen Spiegel sowie einen Granatapfel in den Händen hält, 128 während sich auf der anderen Seite desselben Eckorthostaten ein Schild und Speer tragender Gott befindet. Hinter ihr befindet sich ein Vogelmensch. 129 Im Gegensatz zur Interpretation der sitzenden Frau als Göttin, bspw. als Ḫēbat, 130 können sowohl in der Ausführung selbst als auch in der Komposition der Götterprozession Parallelen zu BONUS-tis Bildnis inmitten der Long Wall of Sculpture von Karkamiš festgestellt werden (Abb. 38–39), so dass die Identifizierung als Verstorbene wahrscheinlicher zu sein scheint, obwohl Reihenfolge und Anzahl der Gottheiten differieren. 131 In Sam’al zeigen die Reliefs einen speertragenden Gott, eine verschleierte Göttin, einen Wettergott, die sitzende Frauengestalt sowie einen Vogelmenschen, während die Prozession in Karkamiš mit Tarḫunza und dessen unverschleierter Paredra, sehr wahrscheinlich Kubaba, beginnt. Darauf folgen Karḫuḫa mit Speer, eine Lücke, die geflügelte, sog. Naked Goddess und BONUS-ti mit der Inschrift KARKAMIŠ A.  1b. Auf dem von C. L. Woolley für die Lücke vorgeschlagenem Fragment, das in der Nähe gefunden wurde, ist eine verschleierte Göttin mit einem Granatapfel in der rechten Hand zu erkennen, 132 so dass diese mit der stehenden Göttin aus Sam’al in ihrer Position hinter dem speertragenden Gott sowie hinsichtlich der Attribute – Schleier und Granatapfel – übereinstimmen würde, während Kubaba bzw. die Paredra des Tarḫunza aus Karkamiš kein Pendant zu besitzen scheint, 133 da der hier besprochene Orthostat zusammen mit dem der BONUS-ti die einzigen sit-

127 Luschan 1902, S. 219, Abb. 115; Orthmann 1971, S. 61, 239, 275–277, 361, 462, 541, Taf. 59,c Zincirli B/15; Hawkins 1984, S. 76–77, Abb. 113; Voos 1986, S. 150–151, Kat.-Nr. 109; Wartke 2005, S. 87; Niehr 2010a, S. 277; Gilibert 2011, S. 65, Zincirli 27. 128 Orthmann 1971, S. 275 contra Luschan 1902, S. 218. 129 Der daneben gefundene Doppelorthostat mit Lebensbaum und zwei Ziegen gehört wohl nicht mehr zur Prozession. 130 Orthmann 1971, S. 276–277; Wartke 2005, S. 87; Niehr 2010a, S. 277. 131 Hawkins 1984, S. 76–77; ders. 2006–2008, S. 605; Voos 1986, S. 151; Brown 2008a, S. 202–203; Orthmann 2013b, S. 529. Vgl. Bonatz 2014a, S. 211–212, Taf. II, der nur auf die ersten drei Figuren aus Sam’al , aber weder auf diese Abbildung noch die der BONUS-ti eingeht. 132 Woolley 1952, S. 165, Taf. B. 39a. Die hieroglyphenluwische Inschrift darauf ist nicht mehr entzifferbar. Hawkins 2000, S. 199–201, Taf. 79 (KARKAMIŠ B. 39a). Zur kunstgeschichtlichen Einordnung, vgl. Orthmann 1971, S. 33, 45, 274, 276, 361, 501, Taf. 23,b Karkemis C/3. 133 Vgl. dagegen Bonatz 2014a, S. 212, der die Figur als „Kubaba-like goddess“ bezeichnet und damit eine größere Ähnlichkeit zur zweiten Figur aus Karkamiš suggeriert.

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Zincirli / Sam’al

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Abb. 73: Orthostatenreihe des äußeren Burgtores, östliche Seite.

zenden Frauen zeigt. 134 J. D. Hawkins nimmt aufgrund der verschiedenen Reihenfolge an, dass bei der Übernahme der Sinn der Darstellung verloren ging und die Gestaltung des Tores ausschließlich auf dekorativen Gesichtspunkten beruhte. 135 Ein von ihm in diesem Kontext vorgebrachtes Argument, die Absenz von Göttinnen im Pantheon von Sam’al, muss jedoch zumindest teilweise revidiert werden, da mit der KTMW- sowie der Ördekburnu-Stele zumindest Kubaba inzwischen belegt ist, einmal davon sogar auf einer königlichen Grabstele, während alle anderen königlichen Inschriften keine Göttinnen, sondern nur Götter auflisten. Diese Inschriften stammen jedoch bis auf KAI 24 (spätes 9. Jh.) alle aus dem mittleren bis späten 8. Jh., während die Orthostaten ins ausgehende 10. oder beginnende 9. Jh. datiert werden, so dass zur Zeit der Errichtung des äußeren Burgtors möglicherweise auch eine Göttin eine tragende Rolle im Staatspantheon gespielt haben könnte. Im Gegensatz zu Karkamiš, wo die Prozession auf die Akropolis, d.h. das Stadtinnere ausgerichtet ist, scheint sich die Götterprozession hier allerdings aus der Innenstadt heraus zu bewegen. Das Material, die Maße sowie der Erhaltungszustand des Orthostaten mit der thronenden Frau unterscheiden sich beträchtlich von den benachbarten Orthostaten, die aus einem qualitativ hochwertigen Basalt bestehen, höher und deutlich besser erhalten sind. Angesichts dessen ist bereits von F. v. Luschan vermutet worden, dass er entweder mit Stuck überzogen war oder von einem anderen Gebäude stammt und sekundär hier eingesetzt wurde. 136 Die Vermutung, dass Orthostaten bei Bedarf ausgetauscht werden konn134 Auch Hawkins 1984, S.  76–77 geht davon aus, dass die sitzende Figur aus Sam’al das Pendant zur (seiner Meinung nach unverstandenen) Abbildung der BONUS-ti darstellt. Da der Orthostat vermutlich erst sekundär hier platziert wurde (siehe unten), könnte an der Position hinter dem Wettergott ursprünglich dessen Paredra platziert worden sein. 135 Hawkins 1984, S. 76–77. 136 Luschan 1902, S. 219.

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Sam’al / Y’DY

ten, ist auch bezüglich eines Exemplars aus Karkamiš geäußert worden. 137 Dann stellte sich die Frage, ob der Orthostat hier eingesetzt wurde, weil das Beispiel der BONUS-ti aus Karkamiš als Inspiration diente und eine namentlich noch bekannte Verstorbene in die Sphäre der Götter erhoben wurde oder ob ihr Orthostat erst dann hier eingesetzt wurde, als die Frau bereits zu einer – eventuell namentlich nicht mehr bekannten – Ahnenfigur geworden war und deshalb von einem anderen Ort entfernt und in die Götterprozession eingereiht wurde. 138 Aufgrund der zahlreichen Befunde aus anderen nordsyrisch-südostanatolischen Städten, die letzterer These widersprechen – prominentestes Beispiel dafür sind die Orthostaten KARKAMIŠ A. 1a und b –, ist ersteres vorzuziehen. Doch auch der Kulamuwa-Orthostat weist manche memoriale Konnotierungen auf, um als Gegenbeispiel zu dienen. 6.1.3.2.4 Orthostat des südlichen Stadttores (zwei stehende Männer) Ein weiterer Orthostat (Basalt, 1,24 × 0,84 m), von der Ostseite des Innentores des südlichen Stadttores, zeigt eine annähernd spiegelbildliche Darstellung zweier sich gegenüber stehender Männer. 139 Er befand sich nicht mehr in situ, sondern lag wie die weiteren sieben Orthostaten dieses Tores vor der 63 cm hohen Sockelleiste, auf welcher diese ursprünglich gut sichtbar angebracht waren. 140 Einzig durch die Quaste am Gürtel des linken Mannes unterscheiden sich die Figuren: Beide halten jeweils Stäbe und zum Trinken erhobene Schalen in den Händen. Ebenso tragen beide dieselbe Kleidung und dieselbe Frisur; auch die Gesichter ähneln einander. Bezüglich der Spiegelbildlichkeit kann er mit der Stele aus Karaburçlu verglichen werden; auch dort halten beide Männer Stäbe in den Händen, sitzen allerdings um einen Speisetisch herum. Unklar ist die Frage nach dem mortuären Hintergrund dieser Darstellung: Da alle weiteren Orthostaten des Tores Kriegs- und Jagdszenen aufweisen, ist die Trinkszene vielleicht ebenfalls innerhalb eines entsprechenden Festrituals anzusiedeln. 141 Andererseits zeigt der Vergleich mit dem Bildprogramm des äußeren Burgtores durch M. Pucci, dass die Darstellung der Speisetischszene sowie den drei stehenden Männern zu entsprechen scheint und demzufolge auch mortuär interpretiert werden könnte, wobei die Betonung der Beständigkeit der Dynastie ebenfalls eine wichtige Rolle zu spielen scheint. 142 Der Orthostat wird ebenso wie die anderen Exemplare des Südtores der ältesten Stilgruppe von Zincirli zugerechnet. Nach der These V. R. Herrmanns ist diese jedoch von der Stilgruppe des äußeren Burgtores zu unterscheiden und bereits ins späte 11. oder frühe 10. Jh. vorzudatieren, woraus sich ergäbe, dass es 137 Der Orthostat B. 30b mit einer Speisetischszene vom Water-Gate. Siehe Abschnitt 4.1.3.5.3. 138 Für letztere These im Allgemeinen, vgl. Bonatz 2000a, S. 158. 139 Luschan 1902, S. 206–207, Abb. 98, Taf. XXXIV f; Orthmann 1971, S. 60, 62, 77, 138, 142, 154, 156, Anm. 60, 538, Taf. 56,a Zincirli A/6; Voos 1986, S. 141–142, Kat.-Nr. 101; Gilibert 2011, S. 60, Zincirli 7; Pucci 2015, S. 51–53. 140 Koldewey 1898, S. 113. 141 Vgl. Gilibert 2011, S. 60–61. 142 Pucci 2015, S. 51–53.

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Zincirli / Sam’al

Abb. 74: KTMW-Stele.

sich nicht um den primären Aufstellungsort dieser Orthostaten handeln könne, da die Gründung Sam’als im späten 10. Jh. angesetzt wird. 143 6.1.3.3

KTMW-Stele und Gebäude A/II

Seit dem Beginn der neuen Ausgrabungen 2006 sind erstmalig auch Teile der Unterstadt Sam’als abgesehen von den Befestigungsanlagen systematisch untersucht worden. In deren Verlauf wurde 2008 eine Stele (Basalt, 99 × 72 × 25 cm inklusive eines Zapfens mit den Maßen 16 × 29 cm, Abb. 74) mit einer Inschrift entdeckt. 144 Sie zeigt eine Speisetischszene 143 Herrmann 2017a; dies. 2019, S. 410. Ähnlich bereits Orthmann 2013b, S. 529–530: „[…] which are somewhat earlier than those from the citadel gate and might go back to the Neo-Hittite I period.“ Ablehnend dagegen u.a. Pucci 2015, S. 58–59; Marchetti 2019, S. 158. 144 Pardee 2009; ders. 2014; Schloen und Fink 2009a; Struble und Herrmann 2009; Masson 2010; Niehr 2010a, S. 282–284; ders. 2014a, S. 188–190; ders. 2014b; Gilibert 2011, S. 95–96; Kottsieper 2011; Olmo Lete 2011, Younger 2011; ders. 2020; Lemaire 2012; Sanders 2013; Bonatz 2014a,

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Sam’al / Y’DY

mit einem gedeckten Tisch auf der rechten und einem sitzenden, bärtigen Mann auf der linken Bildhälfte. Er hält einen Pinienzapfen oder einen Schafsschenkel 145 in seiner linken und eine Trinkschale, eine sog. Zungenphiale, in seiner rechten Hand, die zugleich in der aus Assyrien und Zincirli belegten ubāna tarāṣu-Geste („den Finger ausstrecken“) dargestellt ist. 146 Auf dem Tisch befinden sich drei Brote und ein ovales Objekt, eine Schale mit einem Wasservogel sowie eine kleine Pyxis. Mit Ausnahme des Rahmens und der beschädigten geflügelten Sonnenscheibe über der Szene nimmt der Text in reliefierter Alphabetschrift den Rest der Bildfläche ein. Die Darstellung des Mannes inklusive Kleidung, Arm- und Handhaltung sowie des Thrones und Schemels ähnelt stark den späteren Darstellungen des Königs Bar-Rākib auf den Orthostaten des ḫilāni IV. 147 Der Autor der Inschrift, KTMW, bezeichnet sich selbst als „‘bd des Panamuwa“ und erleichtert damit maßgeblich die Datierung der Stele. Aufgrund stilistischer und paläographischer Merkmale kann sie der Zeit des zweiten Königs dieses Namens zugeordnet werden, der von ca. 743 bis 733 / 732 regierte. 6.1.3.3.1 Archäologischer Kontext Das Gebäude A/II (ca. 9 × 12–13 m, ca. 113 m2) befindet sich im als Areal 5 designierten Teil der nördlichen Unterstadt, etwa 50 m von der Stadtmauer und 200 m vom Nordosttor der Stadt entfernt und bestand aus vier Räumen; der Zugang lag in der südlichen Hälfte der Südostmauer (Abb. 75). Es lassen sich drei verschiedene Bauphasen des nordwestlichen Raumes unterscheiden, in welchem sich die Stele befand. 148 Während der ersten Phase befanden sich im nordwestlichen Raum zwei Öfen, die auf eine Nutzung zur Speisevorbereitung und damit als Küche schließen lassen. Das Gebäude insgesamt scheint daher Wohnzwecken gedient zu haben. In der zweiten Phase wurde der Boden erhöht, die Öfen außer Betrieb gesetzt und eine neue Mauer eingezogen, die einen der Öfen verbarg und das Innere des Raumes im Süden um mehr als 1 m auf etwa 3 × 3,75 m verkleinerte. Dies wurde vermutlich etwa parallel zur Einsetzung der Stele in den Boden der Nordwestecke des Raumes durchgeführt, die mit der Bildfläche nach Osten errichtet wurde. Dazu wurde eine Tür eingesetzt, die vermutlich mittels eines eisernen Riegels verschlossen werden konnte. Auf der rechten bzw. nördlichen Seite vor der Stele befand sich eine niedrige Basaltplatte (95 × 35 cm) und

145 146 147 148

S. 240–241; ders. 2014b; ders. 2016; Herrmann 2014a; dies. 2014b; dies. 2014c; Moor 2014, S. 381– 382; Schloen 2014; Suriano 2014a; Hawkins 2015; Patrier 2015; Steiner 2015, S. 128–162; Lipiński 2016b, S. 11–18; Rehm 2016, S. 87, Taf. 2, A 1; Hogue 2019. Patrier 2015. Struble und Herrmann 2009, S. 23. Andere Belege aus dem Königreich Sam’al sind der KulamuwaOrthostat aus Gebäude J (Abschnitt 6.1.3.1.2), das Orthostatenfragment mit der Inschrift KAI 217 sowie die Stele aus Gözlühöyük (Abschnitt 6.5.9). Struble und Herrmann 2009, S. 16–29; Gilibert 2011, S. 95; Niehr 2014b, S. 60. Struble und Herrmann 2009, S. 33–36, Abb. 9; Herrmann 2014a, S. 75, Abb. 2–3; dies. 2014b, S. 162, Abb. 6.3.

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Zincirli / Sam’al

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Abb. 75: Gebäude A/II und A/III.

zu ihrer Linken ein kleiner Steinhaufen (Höhe: 65 cm, Breite: 40 cm), von dem bislang jedoch nicht klar ist, zu welcher Phase er gehört. Einige größere Steine direkt vor der Stele bildeten womöglich eine Art Pflaster oder Plattform (95 × 70 cm). Diese spartanischen Installationen stehen in einem deutlichen Kontrast zum hohen künstlerischen Niveau der Stele, 149 dem sozialen Rang ihres Urhebers sowie zu den umfangreichen Opfern des noch zu besprechenden „Einweihungsfestes“, welche eine anspruchsvollere Gestaltung der Umgebung sowie einen größeren Raum für die Kultteilnehmer erwarten ließen. In der dritten Phase der Baugeschichte von A/II, die vermutlich der Zeit der assyrischen Herrschaft über Sam’al zugeordnet werden kann, wurde der Boden des Raumes mit der Stele wiederum erhöht. Die Stele selbst wurde zwar an ihrem Platz belassen, aber ob sie sichtbar war, ist unsicher. 149 Struble und Herrmann 2009, S.  33. Als Parallele ist hierbei an den vergleichsweise opulenten „Kult­raum“ in Tell Ḥalaf zu denken.

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Sam’al / Y’DY

Im Raum der Stele sowie in deren Vorraum wurden fünf Fragmente von Basaltgefäßen gefunden, die jedoch aus sekundären Kontexten stammen und daher nicht eindeutig der zweiten Phase zugeordnet werden können. 150 Des Weiteren wurden in anderen Teilen des Hauses A/II zwei blaue Perlen, eine fragmentarische Tierfigurine, ein Bronzenagel, zwei Bronzefragmente und ein silberner Finger- oder Ohrring gefunden, denen V. R. Herrmann die Möglichkeit einräumt, in einer Verbindung zur Stele gestanden zu haben. Eine weitere Gruppe von Artefakten, wiederum aus dem Haus, nicht dem Raum der Stele, weist auf eine Nutzung zur Vorbereitung sowie Lagerung von Nahrung hin, was nach V. R. Herrmann auf eine Verwendung im Totenkult schließen lassen könnte. Zu diesen gehören ein Kochtopf, drei Schlagsteine, ein Mörser, zwei Krüge oder Krugständer, drei Olivenkerne sowie eine Anzahl großer Vorratsgefäße. Schließlich können weitere im Gebäude gefundene Objekte, ein Spinnwirtel, ein Webgewichtfragment, der Boden eines großen Keramikgefäßes, drei Stücke Metallschlacke sowie acht Feuersteinfragmente, nicht mit einem funerären Kontext in Verbindung gebracht werden, da sie auf Textilherstellung, metallurgische und vielleicht landwirtschaftliche Aktivitäten zu rekurrieren scheinen. 151 Das Fragment einer glasierten Hand ist zwar in der Füllschicht auf dem Fußboden der Schicht vor der Errichtung KTMW-Stele in einem benachbarten Raum gefunden worden, könnte aber gleichzeitig mit der KTMW-Stele als Architekturdekoration angebracht worden sein, da sich auf einer Totenstele aus Maraş ähnliche Dekorationen an der Decke eines Raumes befinden, in welchem die Verstorbene auf einem Bett dargestellt ist. 152 Ursprünglich grenzten zwei ähnliche, ebenfalls relativ kleine Gebäude des Komplexes A, A/I und A/III, östlich bzw. westlich an A/II an. Davon wurde das angrenzende Gebäude A/I vermutlich ebenfalls in der zweiten Phase des Gebäudes A/II abgerissen. Das Gebäude A/III wird von V. R. Herrmann aufgrund seines irregulären Grundschnitts und indirekten Zugangs, welchen dieses mit anderen Kultgebäuden der Levante teilt, als „Nachbarschaftstempel“ interpretiert und stellt ihr zufolge einen Grund für die Aufstellung der KTMW-Stele im angrenzenden Gebäude A/II dar. Allerdings fanden sich dort bis auf eine als Opfertisch aufgefasste Vorrichtung keine Hinweise auf einen Kult; insbesondere Götterdarstellungen oder Weihgaben fehlen. 153 Auf dem Hof und der Straße vor dem Tempel wurden zahlreiche Überreste vor allem von Ovicapriden gefunden, die von V. R. Herrmann als Überreste der hier stattfindenden Opfer gedeutet werden. 154 Insgesamt betrachtet, d.h. bis auf die Gebäude A/II und A/III, handelte es sich bei dem Gebäudekomplex A um ein kleinparzelliges Wohngebiet, in welchem sowohl Viehzucht betrieben als auch in kleinem Umfang produziert wurde. 155 Die Häuser auf den gegenüberliegenden Straßenseiten nördlich und östlich des Komplexes A scheinen dagegen 150 Schloen und Fink 2009a, S. 5, Abb. 4; Struble und Herrmann 2009, S. 34–35; Herrmann 2014a, S. 76; dies. 2014b, S. 164. 151 Herrmann 2014a, S. 76; dies. 2014b, S. 164. 152 Soldi 2019, S. 211–212, Abb. 17–18. Vgl. Bonatz 2000a, S. 22, Taf. XX, C 59. 153 Herrmann 2014a, S. 77–82, Abb. 4; dies. 2014b, S. 167–172. 154 Herrmann 2014c, S. 55–56; Marom und Herrmann 2014. 155 Herrmann 2014b, S. 162, Abb. 6.3; Marom und Herrmann 2014, S. 303, Abb. 3.

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Zincirli / Sam’al

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fünf- bis zehnmal größere Anlagen mit jeweils ein oder zwei Innenhöfen gewesen zu sein, was auf ein Wohnviertel der Oberschicht hindeutet. 156 6.1.3.3.2 Inschrift Die Sprache der Inschrift kann als ein lokaler Dialekt des Altaramäischen angesprochen werden, der entweder dem archaischen Sam’alisch der Inschriften KAI 214 und 215 relativ nahe steht 157 oder mit ihm identisch ist. 158 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.

„’nk . ktmw . ‘bd . pnmw . zy . qnt . ly . nṣb . b ḥyy . wšmt . wth . bsyr/d . ‘lmy . wḥggt . s yr/d . zn . šwr . lhdd . qr/dpd/rl . wybl . lng d/r . ṣwd/rn . wybl . lšmš . wybl . lhdd . krmn wybl . lkbbw . wybl . lnbšy . zy . bnṣb . zn . w‘t . mn . mn . bny . ’w . mn bny ’š . wyhy . lh . nsyr/d . znn . wlw yqḥ . mn ḥyl . krm . znn . š’ . ywmn . lywmn . wyh rg . bnbšy wyšwy ly . šq“ 159

1.

„I am Katumuwa, servant of Panamuwa, who created a stele for myself in my lifetime; and I placed it in the eternal chamber; and I sacralized with a feast this chamber: a bull for Hadad QR/DPD/RL, a ram for NGD/R ṢWD/RN, a ram for Šamaš, a ram for Hadad of the Vineyards, a ram for Kubaba/u, and a ram for my ‚soul‘ that is in this stele. And now, whoever of my sons, or of the sons of anyone should come into possession of this chamber, let him take from the wealth of this vineyard a ewe each anniversary, and let him slay (it) for my soul,

2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.

156 Herrmann 2014a, S. 76–77; dies. 2014b, S. 164; Marom und Herrmann 2014, S. 303, Abb. 3. 157 Pardee 2009, S. 66–69; Kottsieper 2011, S. 322; Noorlander 2012, S. 228–229. 158 Lemaire 2013a schlägt für die von D. Pardee als Plural aufgefassten Endungen auf -n nicht-pluralische Alternativen vor, womit der Text klassischem Sam’alisch entspräche. 159 Pardee 2009, S. 53.

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Sam’al / Y’DY

12. 13.

and let him assign for me a thigh.“ 160

Der Text gliedert sich sowohl inhaltlich als auch strukturell in zwei Teile. Im ersten Teil (Z. 1–5), der mit einer Selbstvorstellung und einer anschließenden Weiheformel eingeleitet wird, werden die Handlungen KTMWs noch zu seinen Lebzeiten beschrieben, was sich sowohl in der Verwendung der ersten Person als auch durch die Zeitangabe bḥyy („zu meiner Lebzeit“) ausdrückt. Interessanterweise orientiert sich die Satzstruktur der Weihe­formel dabei nicht an KAI 215, sondern an der Inschrift der Hadadstatue. 161 Auch die Selbstvorstellung vor der Weiheformel entspricht dieser. Im zweiten Teil (Z. 6–13) legt KTMW weitere Einzelheiten seines Totenkultes fest. Abgesehen von den strukturellen Parallelen orientiert sich der Text auch inhaltlich stark an Teilen von KAI 214, 162 wie folgende Übereinstimmungen nahelegen: 1. E rrichtung eines Denkmals (beide als nṣb bezeichnet) an einem bestimmten Ort zu Lebzeiten. 2. Eingrenzung des für den Kult infrage kommenden Personenkreises, ohne letztliche Festlegung. 3. Detaillierte Anweisungen für die Durchführung des Toten- bzw. Ahnenkultes. Aufgrund dieser Übereinstimmungen können sowohl die KTMW-Inschrift als auch die entsprechenden Teile aus KAI 214 inhaltlich als Leitfäden für bzw. als Erinnerung an den Ahnenkult des Sohnes bzw. den Totenkult des „Erben“ betrachtet werden. 163 Formal stellen sie jedoch Weihinschriften dar. Diese sonst nicht belegte Kombination eines mortuären Inhalts mit einer weihinschriftlichen Form könnte eine genuine Eigenart Sam’als darstellen. 164 6.1.3.3.3 Diskussion Der Text beginnt mit der Selbstvorstellung des KTMW als ‘bd des Panamuwa. Wie Emilia Masson darlegt, ist dieser Terminus als der eines Vasallen (-fürsten) zu begreifen, ebenso wie sich Bar-Rākib in KAI 216, 3 als „Diener“ Tiglatpilesers III. bezeichnete, und in etwa mit dem luwischen Titel eines tarwani oder tapariyali vergleichbar. 165 Man beachte 160 Younger 2020, S. 7–8. 161 Relativpronomen, Verb, Objekt, Demonstrativpronomen (fehlt bei KTMW-Inschrift), indirektes Objekt (Hadad, Personalpronomen). Vgl. Al-Ghul 1991, S. 126. 162 Gilibert 2011, S. 95, Anm. 153. 163 Zusätzlich dazu beinhaltet KAI 214 Elemente einer Gedenkinschrift sowie innenpolitische Richtlinien für den Thronfolger. 164 Al-Ghul 1991, S. 139–140. Röllig 2004, S. 23 bescheinigt auch KAI 215 diesen Mischcharakter. 165 Masson 2010, S. 51.

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zudem die Tatsache, dass sich Ruwa in KULULU 1 als „Diener Tuwatis“, d.h. als Vasall des Königs von Tabāla, und in KULULU 4 als tarwani bezeichnet. 166 Darauf folgt die Beschreibung von der Errichtung eines Denkmals, welches als nṣb bezeichnet wird. Dieses Wort ist von der gleichlautenden Verbalwurzel abgeleitet und bedeutet „das Aufgerichtete“. Aus dem Kontext kann in vielen Fällen anderer nordwestsemitischer Sprachen auf die Bedeutung „Stele“ geschlossen werden. Im Sam’alischen war es bisher lediglich als „Statue“ belegt. 167 Auffällig ist dabei das fehlende Demonstrativpronomen, welches in zeitgenössischen Grab- und Gedenkinschriften, insbesondere in KAI 214, 1 und 215, 1, von der Inschrift auf das Monument verweist. 168 Bei der zweiten Erwähnung von nṣb (Z. 5) ist es vorhanden, wo es sich auf die vorangegangene Nennung in Z. 1 rückbezieht. Die KTMW-Stele kann trotzdem mit dem als nṣb bezeichneten Monument identifiziert werden, da diese Bedeutung aufgrund der Zeugnisse aus anderen nordwestsemitischen Sprachen nahe liegt. Zu beachten ist, dass der erste Satz der KTMW-Inschrift syntaktisch und größtenteils auch inhaltlich dem ersten Satz auf der Hadadstatue von Gerçin (KAI 214, 1) entspricht. 169 Das abschließende bḥyy „zu meinen Lebzeiten“ findet dabei seine Entsprechung in der Phrase b’ lmy, die von manchen Forschern als „in meiner Jugend“, von anderen als „an meinem Grab“ übersetzt wird. 170 Ein problematischer Terminus ist das im Sam’alischen bisher unbekannte syr/d (Z. 2), welches sich auf den Ort bezieht, an dem die Stele aufgestellt wurde. Im Falle eines rein komparatistischen Zugangs, d.h. unter Vernachlässigung des archäologischen Kontexts, könnte nach D. Pardee eine Beziehung zu hebräisch sr „(sich) abwenden (von)“, arabisch syr „gehen“ und ähnlichen in Betracht gezogen werden, die der Ableitung von hebräisch sīr „Gefäß“, was auf eine Kremationsurne verwiese, vorzuziehen wäre. Dennoch übersetzt er in Anlehnung an den Fundort der Stele syr frei mit „Kammer“. 171 Andere Forscher dagegen bringen das westsemitische swd mit den Bedeutungen „(Audienz-), (Empfangs-) Halle“ sowie, wahrscheinlich davon abstrahiert, „Zusammenkunft“ ins Spiel, welche bspw. als ugarit. sd „Versammlung“ belegt ist. Aufgrund des architektonischen Kontextes der Stele sowie der funerären Implikationen der Inschrift ist eine Übersetzung 166 Weeden 2010, S. 44–45. 167 Tropper 1993, S. 273; Hoftijzer und Jongeling 1995, S. 750 (KAI 214, 1, 14 und 215, 1, 20). Zudem müsste eventuell berücksichtigt werden, dass sich nṣb entweder auf die ursprünglich jeweils ca. 4 m hohen Statuen Hadads und Panamuwa II. sowie als Verb auf die Errichtung von Mauern, also verhältnismäßig hohe Objekte im Vergleich zur KTMW-Stele, bezog. Margalit 1995, S. 185. KAI 214,10: „[…] lnṣb. ṭ*yr*t. wlnṣb. zrry. […] Umfriedungen aufzurichten und Umwallungen (?) aufzurichten […]“. Tropper 1993, S. 67. Auch das Verb ŠYM wird dort, wo es sich auf die Aufstellung eines Objektes bezieht, nur in Bezug auf die Statue Panamuwas II. verwendet (KAI 215, 1, 20). Im Gegensatz dazu wird die Errichtung des Bildnisses für Panamuwa II. am Wegesrand, das wohl eher den Dimensionen der KTMW-Stele entsprechen könnte, durch den H-Stamm von QWM ausgedrückt (KAI 215, 18). 168 Pardee 2009, S. 59. 169 Pardee 2009, S. 59; Masson 2010, S. 51, Anm. 33. 170 Siehe Abschnitt 6.2.2.2. 171 Pardee 2009, S. 60.

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als „(Gast-) Kammer“, im Altsüdarabischen, als ms3wd realisiert, vorzuziehen, was großen Anklang gefunden hat. 172 In altsüdarabischen Grabinschriften bezeichnete ms3wd den äußeren, den Besuchern zugänglichen Bereich eines Grabes. 173 Weitere Möglichkeiten stellen eine ebenfalls aus dem Altsüdarabischen belegte Bedeutung von syr im Sinne von „Gebiet, Territorium, Bezirk“ 174 sowie eine Bezeichnung ursprünglich hethitischer Begriffe, NA4ḫekur, „beständige Felsanlage“, einem Memorialkomplex der hethitischen Könige, oder Éḫeštī, dem Tempel der Lelwani, in dem auch königliche Ahnen beopfert werden konnten, im Semitischen dar. 175 Schließlich schlägt Gregorio del Olmo Lete, unter Bezugnahme auf das „Goldgrab“ von Karkamiš, dessen angrenzender Raum mit Gips verputzt war, eine Übersetzung als „plastered chamber“, ausgehend von mhebr. / aram. sîd, „Gips“, vor, was aber nicht mit dem archäologischen Kontext der KTMW-Stele im Einklang steht. 176 Gleiches gilt für den Ansatz E. Lipińskis, wonach darunter eine hölzerne Urne zu verstehen sei. 177 Die nähere Bestimmung zu syr/d, ‘ lmy, lässt sich nach D. Pardee und I. Kottsieper als „meine Ewigkeit“ bzw. „Fortdauer“ übersetzen. E. Masson schlägt in Anlehnung an D. Pardee vor, dass es sich bei dieser um eine Reminiszenz an die Memorialstätte der hethitischen Könige, NA4ḫekur „Felsanlage“, handeln könnte, die manchmal ebenfalls durch ein angehängtes sa.guš „ewig“ näher bestimmt werden konnte. 178 Ähnlich äußert sich André Lemaire, der allerdings an eine Institution denkt, die auf das hethitische Éḫeštī zurückgehen könnte. 179 Seth L. Sanders dagegen geht von der Bedeutung „Grab“ aus und übersetzt die Passage als „guest-chamber of my tomb“, 180 während H. Niehr „mortuary cult chamber“ ohne Bezug zu einem Grab bevorzugt. 181 Da erstere Übersetzung mit dem archäologischen Befund nicht in Übereinstimmung gebracht werden kann, ist letztere, d.h. „Totenkultkammer“, oder die Bedeutung „ewig“ vorzuziehen. Die Bedeutung des folgenden wḥggt lässt sich mit einem Vergleich zum Altsüdarabischen erschließen. Neben hebräischen und aramäischen Parallelen, in denen ḥgg das Feiern eines Festes bezeichnet, welches eine Pilgerung miteinschließt, 182 konnte das entsprechende Substantiv im Altsüdarabischen im Kontext einer rituell-legalen Aneignung bzw. Einweihung von Gräbern verwendet werden, wobei ḥg die göttliche Anweisung dieses Schrit172 U.a. Mazzini 2009; Masson 2010, S.  52; Sanders 2013, S.  38–40; Herrmann 2014a, S.  77; dies. 2014b, S. 165; Pardee 2014, S. 46–47; Suriano 2014a, S. 395; Younger 2020, S. 8. 173 Sanders 2013, S. 38. 174 Kottsieper 2011, S. 322. Vgl. Bron und Lemaire 2009, S. 14. Damit ergäbe sich eine Parallele zu MARAŞ 14 (siehe unten). 175 Masson 2010, S. 52, Lemaire 2012, S. 134. Zum königlichen Ahnenkult im É ḫeštī, vgl. u.a. Haas 2011, S. 217. 176 Steiner 2015, S. 130, Anm. 4; Younger 2020, S. 8 contra Olmo Lete 2011. 177 Younger 2020, S. 8 contra Lipiński 2016b, S. 13. 178 Masson 2010, S. 52. 179 Lemaire 2012, S. 134. 180 Sanders 2013, S. 50. 181 Niehr 2014a, S. 188; ders. 2014b, S. 60: „The burial is not critical“. 182 Pardee 2009, S. 60.

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tes kennzeichnete. 183 Ausgehend von den Formeln „zu meinen Lebzeiten“ (Z. 1–2) bzw. „und für meinen Totengeist, der in der Stele (Statue) ist“ (Z. 5) ergibt sich ein Widerspruch bezüglich des Zeitpunkts dieses Festes, vor oder nach dem Tod KTMWs, so dass es D. Pardee und anderen plausibel erscheint, hier einen D-Stamm anzusetzen. 184 Damit hätte KTMW noch zu Lebzeiten ein Fest oder ein Ritual 185 eingerichtet, das erst nach seinem Tod regelmäßig begangen wurde. 186 Einer überzeugenden These K. L. Youngers zufolge lässt sich ḥgg, wiederum ausgehend vom Altsüdarabischen, besser als „weihen“ oder „heiligen“ übersetzen, woraus sich ergäbe: „Ich weihte diese Kammer mit einem Fest.“ 187 In beiden Fällen ist davon auszugehen, dass es sich um ein Einweihungsfest / bzw. -ritual handelte, welches von den später im Text genannten Opfern zu differenzieren ist. 188 Im Folgenden werden die Empfänger verschiedener Opfer aufgezählt, die offensichtlich während des Festes bzw. der Einweihung dargebracht werden bzw. wurden. Als einzige Gottheit erhält der erstgenannte Hadad qr/dpd/rl einen Stier. Nach A. Lemaire sollte nicht allein dieses, vermutlich nicht-semitische, sondern alle nachfolgend genannten Epitheta der Inschrift ebenfalls als Toponyme interpretiert werden. Als Argument dafür verweist er auf die Tatsache, dass Götter in aramäischen Listen häufig durch ein Toponym spezifiziert werden. 189 Ilya Yakubovich vermutet im Gegensatz dazu, dass es sich bei der Bezeichnung qr/dpd/rl um ein luwisches Epithet, den – bislang nur im Hethitischen belegten – Titel harpatalli „Gefährte“, handeln könnte. 190 Hinter der nächsten Gottesbezeichnung, ngd/r ṣwd/rn, scheint sich entweder ein luwischer Gott, „Nikarawa / Nikaruha der Jagden“, 191 oder ein „Vorsteher des Mahles“, 192 zu verbergen. Möglich wäre auch ein ngd/r „der Berge“. 193 Indes stellt A. Lemaire eine Verbindung zur in KAI 222, A10 genannten Gottheit nkr her. 194 K. L. Younger hält einen Bezug zu Nikarawa aus orthographischen Gründen für unwahrscheinlich, da bei einer Übernahme aus dem Luwischen im Aramäischen ein k zu erwarten sei. 195 Diese Gottheit sowie alle weiteren Entitäten, 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193 194 195

Sanders 2013, S. 38–40; Suriano 2014a, S. 395. Pardee 2009, S. 60; Suriano 2014a, S. 394, Anm. 41; Younger 2020, S. 8–10. Masson 2010, S. 52, Anm. 42; Sanders 2013, S. 40. Wenn syr/d tatsächlich von syr abzuleiten wäre, würde es in diesem Kontext den Ort bezeichnen, zu dem man reist und ḥgg könnte im Sinne einer Pilgerreise gedeutet werden. Pardee 2009, S. 60. Younger 2020, S. 10. Niehr 2010a, S. 282–284; Lemaire 2012, S. 134; Suriano 2014a, S. 395. Lemaire 2012, S. 134; ders. 2013a, S. 147–148. Yakubovich 2010b, S. 396, Anm. 7; Suriano 2014a, S. 394. Von Sanders 2013, S. 44–45 weiter elaboriert im Sinne eines „Tischgenossen“. Diese Ableitung wird von Younger 2020, S. 10–11 bezweifelt. Masson 2010, S. 53; Niehr 2014a, S. 189; Suriano 2014a, S. 394. Auch Pardee 2009, S. 61 zieht den „officer […] of the hunts“ in Betracht, zweifelt aber im Folgenden stark an der Übertragung dieses Berufsbildes auf die metaphysische Ebene. Pardee 2009, S. 61; Sanders 2013, S. 45. Kottsieper 2011, S. 323, Anm. 9 sieht darin eine individuelle oder eine Familiengottheit, welche für das Fest verantwortlich ist. Pardee 2009, S. 61. Lemaire 2013a, S. 147–148. Younger 2020, S. 11.

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Šamaš, „Hadad der Weinberge“– wohl eine Parallele zum „Tarḫunza des Weinbergs“ aus SULTANHAN § 8 196 –, Kubaba sowie der Totengeist (nbš), welcher sich in der Stele (nṣb) befinden soll, werden mit einem Widder bedacht. Von den genannten Gottheiten sind allein Šamaš und Kubaba als sicher und ausschließlich aramäischen bzw. luwischen Ursprungs zu betrachten, während alle weiteren luwisch oder luwisch beeinflusst sein könnten, was die synkretistischen Züge des sam’alischen Pantheons ebenso offenbart wie den Gegensatz zu den Königsinschriften der zweiten Hälfte des 8. Jh., in denen ausschließlich aramäische Gottheiten eine Rolle spielten, was vor allem der politischen Lage Sam’als geschuldet sein dürfte. 197 Es wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass die genannten Gottheiten zum Zeitpunkt des beschriebenen Opfers in materieller Form anwesend gewesen sein müssen. 198 Allerdings wurden wie bereits erwähnt im Umfeld der Stele bzw. des Gebäudes A/II bisher keine entsprechenden Spuren entdeckt. Als eine mögliche Lösung dieses Problems kann die These V. R. Herrmanns, das westlich angrenzende, zweiräumige Gebäude A/ III (ca. 6 × 9 m) mit indirektem Zugang als „Nachbarschaftstempel“ zu identifizieren, betrachtet werden. Dabei stützt sie sich aufgrund mangelnder kultspezifischer Kleinfunde aus dem Gebäude jedoch ausschließlich auf einen architektonischen Vergleich mit anderen, unregelmäßig aufgebauten Tempeln der Levante. 199 Da jedoch auch dieses Gebäude keinen Altar aufweist, stellt sich die Frage, wo die umfangreichen Opfer stattfanden. 200 Die Verortung der nbš in der Stele ist von J. D. Hawkins angegriffen worden, da er es für eine Übersetzung des luwischen atri- hält, welches neben den Konnotationen „Seele, Person“ auch „Gestalt, Bild“ bedeuten kann. 201 Daher sollte nbš in diesem Kontext in letzterem Sinne aufgefasst werden, womit die Präposition b anstatt als „in“ mit „auf“ übersetzt werden müsste. Als Argumente für diese Position bringt er neben dem generell starken luwischen Einfluss in Sam’al die luwische Tradition des Grabdenkmals, die besonders im benachbarten Kurkuma ausgeprägt war, sowie luwische Vorstellungen vom Leben nach dem Tod vor, wonach die „Seele“ in die Gegenwart der Götter zurückkehrt, welche mit KAI 214 auch in Sam’al präsent gewesen sei. 202 Dem ist  u.a.  entgegenzuhalten, dass die nbš-Konzeption in Sam’al durchaus mit hluw. atri- vergleichbar ist, da sowohl die Textbelege zu hluw. atri- als auch zu sam’alisch nbš anders interpretiert werden können als J. D. Hawkins dies tut. Denn aus KAI 214 geht – ebenso wie aus KAI 215 – hervor, dass die nbš in einer Statue anwesend war. Ein Widerspruch zur Anwesenheit Panamuwas I. bei Hadad bestand dabei nicht, denn die Statue Panamuwas I. stand vermutlich in der näheren Umgebung der Hadadstatue. 203 Auf der anderen Seite ist bezüglich der Atrisuhastatue 196 Pardee 2009, S. 62; Yakubovich 2010b, S. 396. Vgl. Haas 1994, S. 328. A. Lemaire dagegen spricht sich für einen Ortsnamen des Königreiches Malida aus. Lemaire 2013a, S. 148–149. 197 Pardee 2009, S. 62. 198 Schloen und Fink 2009a, S. 11; Niehr 2010a, S. 284. 199 Herrmann 2014a, S. 77–82; dies. 2014b, S. 167–171. 200 Pardee 2014, S. 48, Anm. 10. 201 Hawkins 2015. 202 Hawkins 2015, S. 50–51. 203 Vgl. Abschnitt 6.2.2.

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aus Karkamiš Ähnliches festzustellen: Atrisuha, d.h. die „Seele des Suhi“, befindet sich in der Statue, die sicher beopfert wurde, während Atrisuha gleichzeitig als in der Gegenwart mehrerer ungenannter Gottheiten beschrieben wird, wobei hier archäologisch keine Götterstatuen in der Nähe nachgewiesen werden konnten, so dass hier kein Gegensatz zwischen den Aufenthaltsorten in der irdischen und göttlichen Sphäre festzustellen ist. 204 Mit dem in Zeile 5 bereits in der Stele lokalisierten Totengeist KTMWs ergibt sich ein Widerspruch zur Behauptung aus den Zeilen 1–2, dass das Fest noch zu Lebzeiten KTMWs stattgefunden habe. Aus dieser Passage geht hervor, dass die Opfer erst nach dem Tod KTMWs durchgeführt wurden, er demnach lediglich das Fest vorbereitete. Durch die Konjunktion w‘t wird der Beginn des zweiten Teils der Inschrift signalisiert, der im Nordwestsemitischen meist kommentierender Art ist. Dies kann darauf hinweisen, dass die nun folgenden Anweisungen sich in irgendeiner Form auf den ersten Teil der Inschrift,  d.h.  die zuvor genannten Opfer, beziehen. In der vorliegenden Inschrift ist dies jedoch nicht der Fall, da sich die Opferhandlungen des ersten und des zweiten Teils voneinander unterscheiden und nicht aufeinander Bezug nehmen, wie D. Pardee dies ursprünglich postuliert hat. Dieser Idee zufolge wären die im ersten Teil der Inschrift genannten Opfer von einem Stier und fünf Widdern jährlich erfolgt. 205 Zunächst wurde festgelegt, wer für den Kult „Jahr für Jahr“ verantwortlich sein sollte. Zur Wahl standen einer der Söhne KTMWs oder die Söhne eines (anderen) Mannes, d.h. eine andere männliche Person, 206 welche in den Besitz des syr/d gelangt. Somit kann der Charakter des jährlichen Opfers als eine Form des Totenkultes definiert werden, da eine Familienzugehörigkeit nicht notwendig war, obwohl KTMW dem Text nach zu urteilen mehrere Söhne zu haben schien. Gleichzeitig bedeutet dies, dass KTMW das syr/d nicht weitervererben konnte, was eigentlich zu erwarten gewesen wäre, falls es sich dabei um sein Grab oder eine von ihm errichtete und nur für sich selbst gedachte Memorialstätte gehandelt hätte. In der nun folgenden Passage, ḥyl krm znn, wird entweder nach D. Pardee und I. Kottsieper ein weiteres Opfer genannt. 207 D. Pardee denkt hier im Sinne des „Besten des Weinbergs“ an den Bestandteil des Opfers in Form von Trauben, Wein oder anderem. Passender scheint die auf H. Niehr zurückgehende Interpretation als Wert des Ertrags und nicht des Produktes an sich, so dass vom Ertrag des Weinbergs die regelmäßigen Opfer bezahlt werden sollten. 208 Allerdings muss hier auf die häufige Darstellung von Trauben auf mortuären Stelen dieser Epoche sowie den Fund von Trauben in den Kremationsgräbern von 204 Vgl. Abschnitt 4.1.3.4.1. Weitere Argumente gegen die Position J. D. Hawkins’ bei Younger 2020, S. 11–12. 205 Niehr 2010a, S. 282–284; Lemaire 2012, S. 133–135; Pardee 2014, S. 48; Younger 2020, S. 12 contra Pardee 2009, S. 63. 206 Im Gegensatz zu MARAŞ 14 (siehe unten), wo an dieser Stelle Adoptivsöhne als „Ersatz“ für die fehlenden Nachkommen des Obereunuchen Astiwasu genannt werden, fehlt hier ein entsprechender Hinweis, was demnach auch dagegen sprechen könnte, dass hiermit ein Rechtsnachfolger KTMWs genannte wird. 207 Pardee 2009, S. 65; Kottsieper 2011, S. 323. 208 Niehr 2010a, S. 282; Lemaire 2012, S. 134; Younger 2020, S. 13.

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Karkamiš verwiesen werden, 209 was eine Verwendung dieser im Totenkult für KTMW prinzipiell möglich erscheinen lässt. Die Verwendung des Demonstrativpronomens im Anschluss an krm, „Weinberg“, deutet nach D. Pardee auf die topographische Nähe der Stele zum Weinberg hin. Dies könnte eventuell nahelegen, dass aufgrund des etwa zeitgleichen Abrisses des Gebäudes östlich von A/II, die freie Fläche neben dem Gebäude zum Weinanbau genutzt wurde. 210 Darauf folgt ein weiterer viel diskutierter Begriff: š’. D. Pardee zufolge seien allein „Geschenk, Opfer“, vielleicht im Anschluss an KAI 214, 18, oder einem von der Wurzel nš’ abgeleiteten Substantiv, ungefähr im Sinne von „(Hinauf-) Bringen“, nicht aber die naheliegendste Option, „Schaf“, möglich. 211 Als Begründung nennt er die Absenz eines postpositiven Artikels im restlichen Teil der Inschrift, keinen Beleg einer maskulinen Form zu š’h „weibliches Schaf“ im Sam’alischen und im Altaramäischen sowie einen unpassenden Kontext. Das letztgenannte Argument verliert angesichts des folgenden hrg „schlachten“ jegliche Kraft. Des Weiteren sei die Annahme eines Artikels unnötig, da dieser erstens im Sam’alischen grundsätzlich nicht vorhanden ist und zweitens š’ mit der Bedeutung „männliches Schaf“ nach einer alternativen Lesung von KAI 214, 18 sowie der Ördekburnu-Inschrift Z. 7–8 im Sam’alischen tatsächlich belegt sei. 212 K. L. Younger lehnt wie D. Pardee „männliches Schaf“ ab, stattdessen sei, ebenso wie in der Ördekburnu-Inschrift, „weibliches Schaf“ zu lesen, defektiv oder als orthographische Variante zu š’h, da sonst der Kontrast zu den zuvor als ybl bezeichneten Schafböcken sinnlos sei. 213 Deshalb sollte š’ als „Schaf“, wahrscheinlich ein weibliches, übersetzt werden. 214 Die Frequenz dieses Opfers wird als ywmn lywmn (Z. 10) bestimmt, was von D. Pardee mit Verweis auf andere Texte als Plural betrachtet und als „Jahr für Jahr“ übersetzt wird. 215 A. Lemaire schlägt als Erklärung für das finale -n entweder eine auf dem Plural 209 Bonatz 2000a, S. 88–90; Bonomo und Zaina 2016, S. 11–12. Vgl. Abschnitt 4.1.5.2.1. 210 Pardee 2009, S. 65; Struble und Herrmann 2009, S. 34; Kottsieper 2011, S. 321–322. Alternativ könnte eventuell in Betracht gezogen werden, die Lesung krm zu überdenken und stattdessen kdm, was im Reichsaramäischen vermutlich von akk. kutimmu abzuleiten ist und „Silber-, Goldschmied“ bedeutet (Kaufman 1974, S. 66; Hoftijzer und Jongeling 1995, S. 498), zu lesen. Dafür könnte die Beobachtung sprechen, dass r in den etwa zeitgenössischen Inschriften Panamuwas II. und Bar-Rākibs stets senkrecht erscheint, während d nach links neigend realisiert wird. Tropper 1993, S. 339, Abb. 3. Auch wenn dies innerhalb der KTMW-Inschrift generell eine untergeordnete Rolle gespielt zu haben scheint, ist die Neigung des r von krm ähnlich stark ausgeprägt wie bei manchem d derselben Inschrift. So ist das r von šwr in Z. 3 ähnlich geneigt wie beide d von hdd in Z. 3. Pardee 2009, S. 56, Abb. 4. Ein zweites Indiz stellen die metallurgischen Aktivitäten innerhalb des Gebäudes A/II dar, auf die wegen des folgenden Demonstrativpronomens im Text möglicherweise Bezug genommen wurde. 211 Pardee 2009, S. 65. 212 Lemaire 2012, S. 135. Siehe Abschnitt 6.2.2.2. Lipiński 2000, S. 233, Anm. 6; Lemaire und Sass 2012, S. 236; dies. 2013, S. 122. Siehe Abschnitt 6.4.2. 213 Younger 2020, S. 12–15. 214 Niehr 2010a, S. 283; Lemaire 2012, S. 135; ders. und Sass 2013, S. 129, Anm. 176; Younger 2020, S. 12–15. 215 Pardee 2009, S. 65 (KAI 26, AIII, 1; 1Sam 1, 3).

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basierende Adverbialendung oder ein Nominalaffix vor. Letzteres könnte dafür benutzt worden sein, einen speziellen Tag der jährlichen Opfer – nach A. Lemaire den Neujahrstag – zu kennzeichnen. 216 Nach der Festlegung dieses Intervalls wird die Opferhandlung spezifiziert: Der nächste Besitzer des syr/d soll an oder bei dem „Totengeist“ KTMWs schlachten. 217 Das nach D. Pardee fehlende Objekt zu hrg führt ihn zu der Annahme, dass hier ein Rückbezug auf die Opferungen in Z. 3–5 vorliegt, 218 was wie erwähnt nicht zwingend erscheint. H. Niehr geht davon aus, dass nbš zum Zeitpunkt der Abfassung der Inschrift bereits eine semantische Erweiterung erfahren hat und im Gegensatz zu Z. 5 im Sinne eines Totenmonuments verstanden werden kann, 219 was sowohl aufgrund der Inschrift KAI 214, in welcher der beopferte Totengeist Panamuwas I. die Anwesenheit einer Statue erforderlich macht, 220 als auch der etwa zur selben Zeit entstandenen İncirli-Inschrift, in der Grabmonumente, vermutlich Stelen, als bt npš bezeichnet werden, 221 als plausibel erachtet werden kann. Schließlich ist die Bedeutung des finalen šq diskutierbar. D. Pardee lehnt eine Bildung von šqy und damit eine Semantik im Sinne von „Libation“ ab. 222 Mit einer Übersetzung als „Schenkel“ und D. Pardees ursprünglicher Annahme von der Parallelität der zwei Textteile wäre jedoch eine Inkonsistenz bezüglich des Opfers für KTMW die Folge, der bei den zuerst beschriebenen Handlungen einen Widder, nun aber lediglich einen Schafsschenkel erhielte. Es kann demnach nur zwei inhaltlich sinnvolle Deutungen geben: Entweder man übersetzt mit „Schaf“ und „Schenkel“, 223 was gleichzeitig erfordert, den ersten Teil als Beschreibung eines einmaligen Ereignisses zu interpretieren, wofür bereits der Umfang der Opfer spricht. Eine Alternative wäre, dieselben Opfer im zweiten Teil der Inschrift anzusetzen, welche durch zusätzliche Opfer bzw. Rituale ergänzt wird. 224 Beispielsweise könnte nach E. Masson šq als Bestandteil einer symbolischen oder magischen Handlung betrachtet werden, die sich auf die Bedeutung des rechten Schenkels im Hethitischen bzw. Indoeuropäischen bezieht, wo dieser sowohl für Fruchtbarkeit als auch Festigkeit oder Stabilität stehen kann und hier die sichere und fortwährende Existenz des Totengeistes KTMWs garantieren könnte. 225 Die erstgenannte Version stellt jedoch die deutlich wahrscheinlichere der beiden dar, von der im Weiteren ausgegangen werden soll.

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Lemaire 2013a, S. 149–150. Pardee 2009, S. 66. Pardee 2009, S. 66. Niehr 2010a, S. 283; ders. 2014a, S. 189, Anm. 307. Niehr 1994, S. 64, 71. Siehe Abschnitt 6.2.2.3. Siehe Abschnitt 6.5.10. Entsprechende Formen enden im Sam’alischen normalerweise auf -y oder -’. Dion 1974, S.  129; Pardee 2009, S. 66. 223 Niehr 2010a, S. 283; Lemaire 2012, S. 133–135; ders. und Sass 2012, S. 236, Anm. 52; dies. 2013, S. 129, Anm. 176; Pardee 2014, S. 48. 224 Pardee 2009, S. 65. 225 Masson 2010, S. 55–56.

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6.1.3.3.4 Rekonstruktion Anhand der Inschrift kann folgendes Szenario rekonstruiert werden: Zunächst wird der Auftrag für die Herstellung einer Stele sowie die Errichtung derselben durch KTMW beschrieben. Aus dem Text geht nicht hervor, ob der als syr/d bezeichnete Ort, an dem KTMW die Stele aufstellen ließ, ebenfalls von ihm errichtet wurde. Es scheint aber nicht der Fall gewesen zu sein, was in Übereinstimmung mit dem archäologischen Kontext stünde. Für den Zeitpunkt des Opfers an die fünf Gottheiten sowie den Totengeist KTMWs lassen sich aus dem Text zwei Möglichkeiten herauslesen: KTMW weist zwar eingangs ausdrücklich darauf hin, dass dies noch zu seinen Lebzeiten geschah, andererseits kann sein Totengeist erst nach seinem Tod beopfert worden sein. 226 Deshalb ist anzunehmen, dass KTMW die Veranstaltung des Festes bzw. der Einweihung noch zu Lebzeiten festgelegt hatte, es jedoch erst nach seinem Tod durchgeführt wurde. Somit können diese Vorbereitungen eher den Begräbnis- als den Sterbehandlungen zugeschlagen werden. Nach seinem Tod sollten dann die jährlichen Opfer einsetzen, die aus einem Schaf bestanden, von dem ihm jeweils ein Schenkel zugeteilt werden sollte. Hierbei stellt sich die Frage, ob der Rest des Schafes den im ersten Teil genannten Gottheiten zugute kam oder ob er anderweitig, d.h. an die Lebenden verteilt wurde. Somit ergibt sich folgender zeitlicher Ablauf: 1. A uftrag zur Anfertigung der Stele sowie Errichtung derselben durch KTMW im syr/d. 2. [Tod KTMWs.] 3. Einweihung des Monuments durch Opfer an fünf Gottheiten und den Totengeist KTMWs. 4. [Transfer von syr/d, Weinberg, Stele und Totenkultpflicht an eine noch unbestimmte Person, entweder einen Sohn KTMWs oder eine andere männliche Person.] 5. Jährlich stattfindendes Schafsopfer an der Stele, wovon der Totengeist KTMWs einen Schenkel erhalten sollte. Für die Rekonstruktion der Jenseitsvorstellungen von Sam’al ist besonders die Erwähnung von Bedeutung, dass der Totengeist KTMWs im nṣb-Monument weiterexistiert. Auf den ersten Blick scheint dies den bisher bekannten luwischen Konzeptionen zu widersprechen, nach denen der unsterbliche Teil des Menschen die Möglichkeit hat, in die Präsenz der Götter zurückzukehren. 227 Allerdings muss angesichts der zumindest einmaligen Beopferung von fünf Gottheiten gemeinsam mit dem Totengeist KTMWs analog zu KAI 214 eventuell auch in diesem Fall eine gemeinsame Existenz von Gottheiten und Totengeist sowohl in einem dies- als auch in einem jenseitigen Raum in Betracht gezogen werden. Der Unterschied zu den mesopotamischen und levantinischen Konzeptionen einer qualitativ eingeschränkten Weiterexistenz in einer Unterwelt scheint dagegen weitaus deutlicher ausgeprägt. 226 Pardee 2009, S. 60. 227 Melchert 2010, S. 7.

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Was den archäologischen Kontext anbetrifft, so wird der Raum der Stele im Zusammenhang mit dem angrenzenden Tempel bzw. dem gesamten Areal von A/II und A/III inklusive des südlichen Hofes als während der Kulthandlungen zusammen benutzes Ensemble aufgefasst.  228 Dabei kann entweder der Raum der Stele oder das gesamte Gebäude A/II als syr/d im Sinne von KTMWs „mortuary chapel“ interpretiert werden. Dennoch erscheint es trotz des „Nachbarschaftstempels“ zumindest merkwürdig, dass ein Vasall des Königs seinen Totenkultort in diesem eher bescheidenen Viertel einrichtete, da eigentlich zu erwarten wäre, dass er in Häusern wie die des gegenüberliegenden Komplexes B residierte und sich entweder dort oder an / in einem bedeutenderen Tempel hätte beopfern lassen können. Außerdem ist das Schweigen des Textes zur Bestattung KTMWs, bei der es sich vermutlich um eine Kremation handelte, auffällig sowie die damit verbundene Tatsache, dass sein Grab sich an einem anderen Ort als dem der Stele und somit räumlich getrennt von ihr befand. 229 Wahrscheinlich kann dies darauf zurückgeführt werden, dass die Durchführung der Bestattung für KTMW eine geringere Gefahr des Scheiterns in sich barg als die anhaltende Beopferung seiner Stele bzw. seines Totengeistes. Gleichzeitig lässt sich daraus schließen, dass das Grab KTMWs für dessen Totenkult keine Bedeutung hatte. 230 Dies steht im Gegensatz zur Inschrift der Ördekburnu-Stele sowie zu der in KAI 214 erwähnten Statue Panamuwas I. aus Gerçin, welche jeweils einen Grabbezug nahelegen. Eventuell könnte dies auf ein Privileg der königlichen Familie auf intramurale Bestattungen zurückzuführen sein. Schließlich ist auf zwei wissenschaftsgeschichtliche Aspekte hinzuweisen, die abschließend mithilfe der Inschrift beantwortet werden können: Zum einen die Tatsache, dass der Totengeist, sam’alisch nbš, Stelen und somit ohne Zweifel auch Statuen innewohnen konnte, wie es aus KAI 214 zu schließen ist und wie es die Stele aus İncirli ebenfalls nahelegt. Zweitens ist bislang davon ausgegangen worden, dass die syro-hethitische Speise­tischszene in einem fundamentalen Gegensatz zur in KAI 214 geschilderten Kultpraxis stehe, da in diesem Text Götter mitbeopfert wurden, auf den Speisetischszenen jedoch niemals Götter bildlich in Erscheinung treten. 231 6.1.3.3.5 Text-Bild-Verhältnis Bezüglich einer Analyse des Text-Bild-Verhältnisses ist vorauszuschicken, dass aufgrund der geradezu „organischen“ Einrahmung des Bildes durch den Text beide wahrscheinlich gleichzeitig und nicht nacheinander angebracht wurden. 232 Dies ist umso erstaunlicher, 228 Sanders 2013, S. 48; Herrmann 2014a; dies. 2014b (die These geht auf V. R. Herrmann zurück, wurde aber erst nach Sanders 2013 publiziert). 229 Freundlicher Hinweis von Prof. Herbert Niehr. 230 Freundlicher Hinweis von Prof. Herbert Niehr. 231 Orthmann 1971, S. 378; Niehr 1994, S. 61–62. 232 Sanders 2013, S. 45.

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als dass der Inschrift Verweise auf viele oder eventuell sogar alle Elemente der Speisetischszene fehlen: Weder Brote noch das ovale Objekt, vielleicht ein Kuchen, 233 oder Wasservögel werden erwähnt. Auch die Pyxis könnte eine Speise enthalten haben, die keine Entsprechung im Text findet. 234 Zudem bleibt eine Trankspende unerwähnt, so dass für die Schale in der Hand KTMWs ebenfalls keine Parallele im Text vorliegt. Umgekehrt scheinen der Darstellung auf den ersten Blick die Fleischopfer zu fehlen. Nach Ansicht von Julie Patrier stellt jedoch das von E. Struble und V. R. Herrmann als Pinienzapfen gedeutete Objekt den in der Inschrift erwähnten Schenkel dar. 235 Dass die Bildhauer Sam’als imstande gewesen wären, Widder oder Schafe darzustellen, ohne den Maßstab der Komposition zu „sprengen“, zeigt das Stelenfragment aus Gözlühöyük mit einem Miniaturrind auf einer Schale. 236 S. L. Sanders führt diese Diskrepanzen darauf zurück, dass der primäre Zweck des Bildes nicht in der Darstellung ritueller Handlungen, sondern in der „Selbstthematisierung“ KTMWs im Rahmen eines Festes lag. 237 Für D. Bonatz handelt es sich um eine allgemeine Darstellung eines Festes, die nichts mit den beschriebenen Opfern zu tun habe. 238 Weitere Deutungsmöglichkeiten wären eine Ergänzung der Inschrift, so dass man mit zusätzlichen, vielleicht weniger bedeutsamen Opfern für KTMW im Rahmen von dessen Totenkult rechnen muss, oder die Darstellung von Elementen der Jenseitsvorstellungen oder des Begräbnisrituals. Konsistent sind dagegen das äußere Erscheinungsbild KTMWs sowie die Nennung seines Titels, beide implizieren die zweifelsfreie Zugehörigkeit zur Oberschicht Sam’als. 239 6.1.3.3.6 Vergleiche Vergleich mit hethitischen Traditionen Aus der Interpretation des „Einweihungsfestes“ als möglicherweise letzten Teil des Bestattungsrituals sowie des nachfolgend genannten jährlichen Schafopfers ergeben sich Übereinstimmungen zu hethitischen Traditionen, die jedoch aufgrund des Umfangs der dortigen Quellen im Vergleich zu anderen Traditionen nicht überbewertet werden dürfen. So werden in den verschiedenen hethitischen Bestattungsritualen  –  dem šalliš waštaiš der Könige und Königinnen, dem Ritual der Prinzen und Prinzessinnen (KUB 39.6) sowie dem Bestattungsritual KUB 30.27 im Falle eines auswärtigen Todes – jeweils ebenfalls mehrere Schafe sowie ein Ochse verschiedenen Gottheiten sowie der „Seele“ der verstorbenen Person dargebracht, allerdings nicht einmalig, sondern an mehreren Tagen. Das Opfer für die „Seele“ bestand dabei zumeist aus einem Ochsen und einem 233 Im königlichen hethitischen Bestattungsritual šalliš waštaiš werden Kuchen auf Broten erwähnt. Hout 1994, S. 60; Struble und Herrmann 2009, S. 28, Anm. 18. 234 Struble und Herrmann 2009, S. 30. 235 Patrier 2015. 236 Bonatz 2000a, S. 37, Taf. XIII, C 28. Siehe Abschnitt 6.5.9. 237 Sanders 2013, S. 47–48. Vgl. Bonatz 2000a, S. 159–161. 238 Bonatz 2016, S. 186; Younger 2020, S. 15–16. 239 Herrmann 2014b, S. 170.

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Schaf. Gleichzeitig ist bekannt, dass zum jeweiligen Zeitpunkt bereits eine Statue des / der Verstorbenen angefertigt war und die Opferungen zumindest teilweise vor diesem stattfanden. Zudem zeigen die sog. Königslisten (CTH 661), dass die regelmäßigen Opfer für die verstorbenen Mitglieder der Königsfamilie ebenfalls zumeist aus einem Ochsen und einem Schaf bestanden,  d.h.  identisch zu dem während des Begräbnisrituals durchgeführten Opfers waren. Die Frequenz dieser Opfer ist allerdings unbekannt. Betrachtet man dies vor dem Hintergrund der kispu(m)-Tradition, z.B. in Mari, wo jeweils zweimal im Monat Brot und Öl geopfert wurden, so wird deutlich, dass die hethitische Tradition der KTMW-Inschrift deutlich nähersteht als die mesopotamische. Vergleich mit den ugaritischen Stelen RS 6.021 und 6.028 Mit den Stelen RS 6.021 und 6.028 sowie den darauf befindlichen Inschriften KTU 6.13 und 6.14 aus dem Eltempel von Ugarit – in welchem Dagan vermutlich mitverehrt wurde – vom Beginn des 12. Jh., existieren zwei Belege für postmortale Opfer, die geographisch und sprachlich deutlich näher zu verorten sind. Sie beziehen sich auf die Einrichtung eines regelmäßigen pgr-Opfers für den Gott Dagan. Nach der These von H. Niehr diente ihre Aufrichtung nicht allein dazu sowie der Aufrechterhaltung der Erinnerung an die Stifter nach deren Tod, sondern gleichzeitig auch zur Einsetzung eines Opfers in Form eines Rindes für die zum Zeitpunkt der Errichtung noch lebenden Stifter Ṯarriyelli, Königin und Königsmutter, bzw. Uzzīnu, vermutlich ein hoher Beamter am Königshof. 240 Gemäß dieser Interpretation stellen beide Stelen in mehrfacher Hinsicht Vorläufer der KTMW-Stele dar: Zum einen wegen ihrer prämortalen Aufstellung, der Stiftung eines – vielleicht regelmäßigen – Opfers und des memorialen Charakters, welcher der Stifterin bzw. dem Stifter zugute kommen sollte. 241 Der Grund für ihre Aufstellung im Eltempel lag außerdem in der Funktion des Gottes als Beschützer der Totenopfer: „In the case of RS 6.021 and RS 6.028 we are dealing with texts which comprise a protocol documenting the legacy of a person, made for the time following his death. The proof for this legacy was erected in a public place and stood under the protection of a god, in this case under the protection of the god Daganu who also participated in the mortuary offerings.“ 242 Demnach ist ihnen ebenso wie der KTMW-Stele der rechtliche Aspekt inhärent. Unklar ist, ob die Durchführung des Opfers an die Stele oder den El- bzw. Dagantempel gebun-

240 Niehr 2012. Der vorherrschenden Meinung nach ist das Opfer für die verstorbenen Familienmitglieder der beiden Stifter bestimmt. H. Niehrs Argument, dass kein anderer Rezipient der Rinder außer diesen genannt wird, begegnet S. Lange 2012, S. 172–173 mit der These, dass der Gott Dagan, ähnlich wie der Begriff der rāpi’ūma in KTU 1.161, als Repräsentant für ein Kollektiv von Totengeistern gebraucht worden sein könnte. 241 Niehr 2012, S. 155. 242 Niehr 2012, S. 154.

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den war. Im Fall Ṯarriyellis ist es wahrscheinlicher, dass diese im Königspalast oder in ihrem Haus stattfand. 243 Auch hier ist das Intervall zwischen den Opferungen unbekannt. Vergleich mit dem Fragment einer Statue Astiwasus (MARAŞ 14) Außerdem ist auf das Statuenfragment mit der Inschrift MARAŞ 14 (Basalt, 44 × 23 × 25 cm) aufmerksam zu machen, welches angeblich am Fuß der dortigen Zitadelle, dem ehemaligen Kurkuma, gefunden wurde und etwa in die Zeit um 800 oder später datiert werden kann. 244 Hierbei handelt es sich um den Unterleib einer menschlichen Figur, auf der neben dem langen Gewand noch die Gürtelquaste, die Schwertscheide sowie die Reste eines Stabes erkennbar sind. Deutlich ausgeprägt sind die stilistischen und ikonographischen Parallelen zur fragmentarischen Statue mit der Inschrift MARAŞ 4, als deren kleinere Ausgabe sie gelten kann. 245 Während es sich bei jener um die Statue des Königs Halparuntiya handelt, stellt die kleinere Variante den Obereunuchen Astiwasu dar. Im Gegensatz zu MARAŞ 4 kommt der memoriale Charakter in MARAŞ 14 deutlich zum Ausdruck: § 1 § 2 § 3 § 4 § 5 § 6 § 7 § 8 § 9 § 10 § 11 § 12 § 13 § 14

„I (am) [Astiwasus …], Chief Eunuch of [So-and so] the Ruler, the Hero. To me my lord gave this precinct, and I myself built these craft-houses, and I set up my stele. (He) who shall become (‚be made‘) my son, or grandson, or greatgrandson, I …ed forth in heaven and earth(?). To this statue of Astiwasus let there be this performance (and let not (one) erase it!): three breads … … … who shall speak thus: ‚This stele here I shall overturn out of the precinct‘, and shall go forth … , or [text breaks off ].“ 246

Abgesehen von dem für die zeitgenössischen Jenseitsvorstellungen möglicherweise wichtigen, aber schwierig zu lesendem § 6 ist in diesem Kontext § 9 interessant, da es sich bei dieser Handlung trotz der ungewöhnlichen Zeichenform möglicherweise um eine Libation handeln könnte. 247 243 244 245 246 247

Niehr 2012, S. 157. Kalaç 1998; Hawkins und Kalaç in Hawkins 2000, S. 265–267, Taf. 114–115. Hawkins und Kalaç in Hawkins 2000, S. 265; Gilibert 2011, S. 77. Hawkins und Kalaç in Hawkins 2000, S. 265–266. Hawkins und Kalaç in Hawkins 2000, S. 267.

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Zwar ist in diesem Text der abwechselnde Gebrauch der Begrifflichkeiten „Stele“ und „Statue“ auffällig, aber aus dem Kontext ergibt sich, dass damit dasselbe Objekt, die beschriftete Statue, gemeint sein dürfte. 248 Die Statue wurde in einem Bezirk der Stadt aufgestellt, den Astiwasu als Geschenk seines Herrschers erhielt und in welchem er Häuser, möglicherweise für Handwerksarbeiten, errichten ließ. Darauf folgen die Anweisungen für einen noch zu bestimmenden Adoptivsohn  –  der diese Pflicht weitervererben sollte – die Ahnenkultrituale gegenüber der Statue Astiwasus durchzuführen, wozu die Darbringung von drei Broten sowie wahrscheinlich auch Libationen zählten. 249 Der Text wird von einer Fluchformel beschlossen, die sich wiederum auf das Entfernen „dieser Stele“,  d.h.  der Statue, bezieht. Der Verbleib der Statue im Handwerkerviertel könnte den Besitzanspruch des Astiwasu und damit vielleicht auch den seines Adoptivsohnes auf diesen Bereich der Stadt legitimiert zu haben. Parallelen zur KTMW-Inschrift sind die Selbstvorstellung sowie die Beschreibung der Errichtung einer Stele / Statue in einem speziellen Bezirk, die genaue Regelung der Kultverantwortlichkeit sowie detaillierte Opferanweisungen. Die Reihenfolge dieser Textbausteine entspricht denen der KTMW-Inschrift, wobei MARAŞ 14 keine rituelle Einweihung der Statue – im Gegensatz zu JISR EL HADID 4 – schildert und stattdessen einen Fluchteil anfügt. Außerdem fällt auf, dass der sonst häufig in mortuären luwischen Inschriften biographische Teil ebenso wie in der KTMW-Inschrift fehlt und dass auch hier, zumindest im erhaltenen Text, kein Bezug zu einem Grab zu erkennen ist. Somit ist die Auffassung, dass KAI 214 die größte Parallele zur KTMW-Inschrift darstellt, zugunsten von MARAŞ 14 aufzugeben. 250 Differenzen ergeben sich aus dem Umstand, dass die Beopferung Astiwasus – soweit erkennbar  –  ohne einen Bezug zu einer Gottheit ausgeführt werden sollte. Außerdem werden die Verantwortlichen für den postmortalen Kult adoptiert, d.h. rechtlich als die Nachfahren Astiwasus betrachtet, während diese in der KTMW-Inschrift explizit als Söhne anderer bezeichnet werden, was eine gleichzeitige Ahnenkultpflicht für KTMW ausschließt. Im Gegensatz zu KTMW scheint er darüber hinaus in der Lage gewesen zu sein, den Aufstellungsort seiner Statue an seinen Adoptivsohn und dessen Nachkommen zu vererben. Schließlich lässt sich auch auf der Ritualebene ein Unterschied in der Opfermaterie – Brot statt oder zusätzlich zu Fleisch – feststellen. Allerdings zeigt das Bild auf der KTMW-Stele auffälligerweise genau drei Brote, welche von Astiwasu als Teil der Opfer beschrieben werden.

248 Dabei handelt es sich aber nicht um ein auf das Luwische beschränktes Phänomen, da nṣb im Sam’alischen ebenfalls für Statue (KAI 214, 215) oder Stele (KTMW) gebraucht werden konnte. 249 Vgl. den (zu) kurzen Überblick bei Sanders 2013, S. 43, der den Eindruck erweckt, dass keine luwischen Inschriften existierten, die die Versorgung eines Toten mit Opfern beschreiben, was für die von ihm untersuchten 16 Inschriften zwar zutrifft, aber nicht für KARKAMIŠ A. 1a, ALEPPO 6 und eben MARAŞ 14. 250 Contra Sanders 2013, S. 43; Suriano 2014a, S. 402–403.

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Vergleich mit der Inschrift der Statuenbasis JISR EL HADID 4 Vom Orontesufer bei Demirköprü, nahe Antakya, 100 km südlich von Zincirli, stammt eine jüngst entdeckte Statuenbasis, deren Inschrift JISR EL HADID 4, vermutlich aus dem 8. Jh., ebenfalls interessante Parallelen zur KTMW-Stele, aber auch signifikante Differenzen aufweist. 251 A D 1. D 2.

§ 1 § 2 § 3 § 1 § 2 § 3 § 4 § 5 § 6 § 7

„[…] he/they […]ed and he/they raised my brother and sister. … […]ed, but I, Runtapi, made him (as) his image, and for his fathers’ gods I exalted him (as) an image and for the travellers I …ed this for him: for Tarhunta one ram will always KUWAZA, and afterwards one ox (and) one gazelle will stand. And before my father Sami(ya)’s statue […“ 252

atri- bzw. atni- (D 1. § 2, 3) wird hier im Sinne von J. D. Hawkins mit „Bild“ wiedergegeben, ist aber als „Person, Selbst, Seele“ aufzufassen 253 und kann in D 1. § 2 vielleicht als Metapher für Statue 254 oder – ähnlich wie npš / nbš im Nordwestsemitischen – als „memoriales Monument“ betrachtet werden. Zwar handelt es sich nicht um eine Stele, die Runtapi zum Andenken und zum Totenkult für seinen Vater Sami(ya) errichtete, sondern um eine Statue (D 2. § 7), aber aus dem Kontext geht hervor, dass sich atri- bzw. atni- ebenfalls auf diese Statue bzw. den darin innewohnenden Totengeist beziehen und somit ein vergleichbares Verhältnis wie das zwischen nṣb und nbš aus der KTMW-Inschrift aufweist. Auch hier steht die Beopferung des Toten im Zusammenhang mit Opfern für eine Gottheit, Tarḫunza, der im Gegensatz zu den Gottheiten der KTMW-Inschrift jedoch sowohl ein einmaliges als auch regelmäßige Opfer erhielt. Eventuell spielten auch die „Götter des Vaters“ eine Rolle im Kult. Es kann demnach hier ebenfalls die materielle Anwesenheit des Gottes sowie eine Verbindung zwischen Götter- und Totenkult postuliert werden. Leider bricht die Inschrift ab, bevor die Opfer für Sami(ya) genannt werden, aber dass dessen Statue beopfert wurde, kann als relativ sicher betrachtet werden. Die Rolle des Sohnes als Kultverantwortlicher entspricht dabei den Söhnen des sam’alischen Vasallen. In den vermutlich mehr oder weniger öffentlich zugänglichen Kult werden allerdings auch Reisende einbezogen, die vermutlich hier den Orontes überquerten. 255 Schließlich lässt der Umfang der regelmäßigen Opfer für Tarḫunza alleine darauf schließen, dass die ökonomische Position Runtapis besser als die KTMWs gewesen sein dürfte. Angesichts 251 252 253 254 255

Dinçol et al. 2014b. Dinçol et al. 2014b, S. 63–64. Hout 2002b, S. 185; Yakubovich 2002, S. 196; Melchert 2010, S. 8 contra Hawkins 2015. Vgl. Yakubovich 2002, S. 196; Hawkins 2015, S. 53. Dinçol et al. 2014b, S. 65.

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des Fundortes, der Erwähnung der Reisenden sowie der vermutlich hohen sozialen Position des Runtapi ist es nicht unvorstellbar, dass er Zölle für den Orontesübergang erheben durfte und einen Teil dieser Einnahmen in den Kult für Tarḫunza und seinen Vater fließen ließ, was der Stiftung eines Weinbergs durch KTMW entsprechen würde. Ebenso wie bei KTMW ist ein Grabbezug nicht auszumachen, aber in diesem Fall aufgrund der Fundsituation nicht auszuschließen. Fest steht, dass das Monument im Gegensatz zu dem des KTMW von zahlreichen Personen wahrgenommen werden sollte und speziell zu diesem Zweck hier errichtet wurde. 256 Vergleich mit der Felsinschrift des Nanašt (KAI 258) Im Tal des Berdan Çayı / Kydnos, etwa 35 km nordöstlich von Tarsus, ist nahe dem Dorf Kesecek Köyü eine aramäische Felsinschrift des 5. oder 4. Jh. gefunden worden. 257 Die Inschrift lautet: 1. 2. 3. 4. 5.

„ptkr znh hqm nnšt qdm ’d/rm/rsw/pk/n/r wnwh npšy zylh wmn byš y‘bd ‘m ptkr znh wyb‘ylh šhr wšmš

1. 2. 3. 4. 5.

Ce relief, Nanasht (l)’a érigé devant/en faveur de ’D/RM/RSW/PN/R et la demeure funéraire qui est à lui. Et quiconque ferait du mal à ce relief, alors que le recherchent Sahar et Shamash.“ 258

Hinter dem Verfasser dieser Inschrift, Nanašt, verbirgt sich aller Wahrscheinlichkeit nach ein indoeuropäischer Name, vielleicht mit luwischen Wurzeln. 259 ptkr stellt ein Lehnwort aus dem Altpersischen dar und kann „Bildnis, Standbild, Relieffigur“ bedeuten. Da sich in der Nähe der Inschrift kein Felsrelief befindet, 260 verweist dieser Begriff vermutlich auf eine Statue oder eine Stele, eventuell mit einer bildlichen Darstellung, die ursprünglich in der unmittelbaren Umgebung der Inschrift gestanden haben muss. 261 Des Weiteren ist aus der Inschrift zu entnehmen, dass dieses Objekt für eine andere Person und

256 Swartz Dodd 2012, S. 227. 257 Torrey 1915; Donner und Röllig 1964, S. 304–305; Hanson 1968, S. 3–5; Gibson 1975, S. 153–154; Lipiński 1975, S. 146–150; Teixidor 1979, S. 392–393; Lemaire 2000; Suriano 2014a, S. 401–402. 258 Lemaire 2000. 259 Donner und Röllig 1964, S. 304; Lipiński 1975, S. 147–148. 260 Torrey 1915, S. 371–372. 261 Lipiński 1975, S. 147 contra Hoftijzer und Jongeling 1995, S. 952, welche „clearly a bas-relief“ darunter verstehen.

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ihr „Grab“ 262 oder vielleicht besser ihren „funerären Bezirk“ 263 bestimmt war, da in der Inschrift kein Fluch gegen potenzielle Grabschänder, sondern allein gegen Schänder des Monuments ausgesprochen, welches der npš zugeordnet wurde. 264 Falls letzteres zutreffend sein sollte, ergäbe sich eine Verbindung zur syd ‘ lm aus der KTMW-Inschrift, welche ebenfalls den rituellen Raum beschreibt, innerhalb dessen das Totenmonument (ptkr / nṣb) inklusive der npš / nbš situiert war. 265 Passend zu dieser Interpretation erscheint die Tatsache, dass von einem Grab im Zusammenhang mit dem Inschriftenfund ebenfalls nichts berichtet wurde. Im Unterschied zur KTMW-Inschrift war es extramural gelegen und wurde eventuell von einer anderen Person als der verstorbenen errichtet. 266 Vergleich mit altsüdarabischen Grabinschriften Um die Bedeutung des Wortes syr/d zu erhellen, haben G. Mazzini und S. L. Sanders auf das im Altsüdarabischen belegte ms3wd hingewiesen, welches etymologisch dem sam’alischen Begriff entsprechen könnte. 267 Darüber hinaus bieten vor allem qatabānische Grabbauinschriften möglicherweise weitere Anküpfungspunkte zur KTMW-Inschrift. Während ms3wd den äußeren Teil des Grabes oder des Hauses bezeichnet, wird nfs1 für den jeweils inneren Teil verwendet. Allerdings steht nfs1 in anderen Kontexten für einen „Gedenkstein“ der verstorbenen Person. 268 Auch bezüglich der rituellen Einweihung altsüdarabischer Gräber wird mit dem Lexem ḥg auf einen vergleichbaren Akt der Einweihung von KTMWs Kultstätte zurückgegriffen. 269 Zur Illustration ist u.a. die qatabānische Inschrift AM 60.1284 (= CSAI I, 64) 270 auf einem Steinblock, wahrscheinlich aus dem 3. Jh. geeignet, deren Herkunft jedoch unbekannt ist: 1. 2. 3. 4. 5.

„Hr‘ d w-Mhr‘ dm bnw ‘m‘ ly w-’b‘m bn ’s1mr ḏtw Wqht w-Lḥy‘m bn ‘mṣdq w-Hwf‘ṯt bn ‘ms2bm ḏ-Wq[h]t ‘s1yw ẓrbw qbr-s1m ’s1dḥrm w-ms3wd-s1 w-nfs1h-s1yw glm b-ḥg’nby w-’ l t‘ ly w-qny Hr‘ d rb‘m w-Mhr‘ dm w’b‘m rb‘m w-Lḥy‘m rb‘m w-Hwf‘tṯ rb’m

1. 2.

Hr‘d and Mhr‘dm, sons of ‘m‘ly, and ’b‘m son of ’s1mr, the ones of the family Wqht, and Lḥy‘m son of ‘mṣdq, and Hwf‘tṯ son of ‘ms2bm of the family Wq[h]t, made and gained legal possession of their grave (named) ’s1dḥrm and its outer hall and its inner rooms in its entirety by order of (the god)

3.

262 263 264 265 266 267 268 269 270

Teixidor 1979, S. 393. Er interpretiert den Namen jedoch als Gottesbezeichnung. Suriano 2014a, S. 401. Suriano 2014a, S. 402. Suriano 2014a, S. 401–402. Im Gegensatz dazu Suriano 2014a, S. 401–402. Mazzini 2009; Sanders 2013, S. 38–40. Stein 2011, S. 388. Sanders 2013, S. 38–40. AM=Aden Museum, CSAI=Avanzini 2004.

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4. 5.

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’nby and let there be no violation thereof; and Hr‘d possessed one fourth and Mhr‘dm and ’b‘m one fourth and Lḥy‘m one fourth and Hwf‘tṯ one fourth.“ 271

Darüber hinaus ergeben sich möglicherweise strukturelle Parallelen: Während die altsüdarabischen Gräber meist erworben / gebaut und rituell in Besitz genommen wurden, ließ KTMW seine Stele anfertigen, aufstellen und durch ein Fest einweihen. 272 Angesichts dieser – in Anbetracht des dazwischen liegenden Raumes und der Zeit – deutlichen Berührungspunkte stellt sich die Frage nach dem Ort und der Bedeutung des Grabes KTMWs im Verhältnis zu dessen Kultort umso dringlicher. Weitere Vergleiche Das jährlich stattfindende Totenopfer für KTMW in Form eines Schafes erinnert zunächst an das in KAI 214, 18 im Rahmen des königlichen Ahnenkultes für Panamuwa I. zu opfernde Schaf, dessen Intervall ungenannt blieb. Da Panamuwa von der Zuteilung durch Hadad abhängig war und mit dem Schaf auch El, Rākib-El und Šamaš mitbeopfert werden sollten, ist es naheliegend, auch im Fall KTMWs anzunehmen, dass die im ersten Teil der Inschriften genannten Gottheiten ebenfalls einen Teil des Schafes erhielten. Berücksichtigt werden muss jedoch die Möglichkeit, dass weitere Opfer in den zerstörten Passagen von KAI 214, 16 genannt werden. In diesem Zusammenhang ist auf die zwei fragmentarischen Inschriften MALPINAR 273 und PALANGA 274 hinzuweisen, die sich auf einem Felsen bzw. einem Statuentorso (Höhe ca. 1,30 m, ø ca. 1,37 m) befanden, sich jeweils einem Vasallenfürsten, „Flussfürst“ genannt, zuordnen lassen und ebenso wie KTMW jeweils ein Schaf als regelmäßiges Opfer erhielten. Beide datieren ins 8. Jh. Verglichen mit dem mesopotamischen kispu(m) zeichnen sich dagegen starke Diskrepanzen ab. Denn nicht nur Frequenz und die Einbeziehung der Götter in den Totenkult stellen gravierende Differenzen zum kispu(m) dar. 275 Den bedeutendsten Unterschied, der letztlich auch die Trennung zwischen Toten- und Ahnenkult bedingt, stellt die Kultverantwortlichkeit dar, welche nicht allein der Familie bzw. den männlichen Nachkommen, sondern letztlich den zukünftigen Besitzern des syr/d oblagen, die nicht mit den männlichen Nachkommen identisch sein mussten. In der syrischen Tradition dagegen war zumindest die Einbeziehung von Gottheiten in den Ahnenkult gegeben, wie u.a. Textbelege aus Ugarit und archäologische Funde, bspw. aus Hazor oder Ebla, zeigen. 271 Sanders 2013, S. 38–39 nach Avanzini 2004, S. 98. Vgl. Stein 2011, S. 395, der ms3wd mit „Eingangsbereich“ und nfs1 mit „Grabstelle“ übersetzt. 272 Sanders 2013, S. 38. 273 Kalaç und Hawkins 1989; Hawkins 2000, S. 340–344, Taf. 166–168; Blömer und Winter 2011, S. 159; Payne 2015, S. 117–118. 274 Özgüç 1971, S. 102–105, Taf. XXXIX; Dinçol 1994, S. 127–128; Bonatz 2000a, S. 49–50; Hawkins 2000, S. 325–327, Taf. 161–162. 275 Vgl. Niehr 1994, S. 60–61 in Bezug auf KAI 214.

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Sam’al / Y’DY

Die Stiftung eines Weinbergs zur Finanzierung der Totenopfer ist angesichts des luwischen Einflusses in Sam’al wenig überraschend, da ähnliche Formen von Stiftungen für Memorialstätten und / oder Gräber sowohl für die hethitische Institution des NA4ḫekur sag.uš als auch für den Ahnenkomplex Antiochos I. auf dem Nemrud Dağ belegt sind. Allerdings war bisher unbekannt, dass solche Institutionen nicht nur von Königen, sondern auch von Angehörigen der Oberschicht eingerichtet werden konnten. 6.1.3.4 Funde aus sekundären Kontexten 6.1.3.4.1 Stele aus Raum P 1 Eine weitere, in zwei Teile zerbrochene Stele (Basalt, Höhe 57  cm, Abb.  76) auf der zwei stehende männliche Figuren abgebildet sind, stammt aus dem sekunAbb. 76: Stele aus Raum P 1. dären Kontext einer Schuttschicht aus dem nördlichen Teil des Raums P 1, dem Ostflügel des südlichen Hallenbaus. 276 Dies lässt keinerlei Aussagen über ihren ursprünglichen Aufstellungsort zu, obwohl sich dieser wohl innerhalb der Burgmauern befunden haben dürfte. Sie zeigt einen Herrscher in der ubāna tarāṣu-Geste, d.h. mit einem ausgestreckten Zeigefinger, der in der herabhängenden linken eine waagerecht dargestellte Lotusblüte hält. Die kleinere Gestalt hinter ihm dagegen hält eine senkrecht stehende Lotusblüte in der erhobenen rechten und ein Henkelgefäß in der gesenkten linken Hand. Sie wird traditionell als Diener, inzwischen allerdings auch als Thronfolger interpretiert. Die Darstellung zeichnet sich durch einen assyrisierenden Stil aus, der der Figur des Kulamuwa auf dessen Orthostaten nahe zu stehen scheint, aber die verschiedenen Datierungsansätze reichen von einer Gleichzeitigkeit bis zur Regierungszeit Bar-Rākibs. 277

276 Luschan 1911b, S. 372–374, Taf. LXVI; Orthmann 1971, S. 67–68, 76, 135–136, 139, 144, Anm. 63, 149, 151, 153, 155, 157, 289, 292, 351–352, 549, Taf. 66,b, 73,b Zincirli J/2; Genge 1979, Abb. 112; Loon 1986, S. 247, Taf. 59, Abb. 4; Czichon 1995; Bonatz 2000a, S. 23, 45–46, 60, 118–119, Taf. XXIII, C 72; Cornelius 2019, S. 193, Abb. 6; Wartke in Blanchard 2019, S. 254–255, Kat.-Nr. 112. 277 Orthmann 1971, S. 67–68: zwischen Zincirli II und III; Bonatz 2000a, S. 23: 825–730; Wartke in Blanchard 2019: Darstellung Panamuwas II. oder Bār-Rakibs.

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Zincirli / Sam’al

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Die Stele wird aufgrund der ubāna tarāṣu-Geste meist als Votivstele vor einer Gottheit interpretiert. Im Anschluss an D. Bonatz ist jedoch von einem mortuären Zusammenhang auszugehen. Das überzeugendste Argument diesbezüglich ist die Bildkonzeption sowie die Symbolik der Lotusblüte, welche dem Bild auf der Oberseite des Aḥīrōmsarkophags entsprechen. Dort stehen sich Thronvorgänger und -nachfolger zwar gegenüber, aber halten gleichermaßen Lotusblüten in ihren erhobenen bzw. gesenkten Händen. Die Intention des Bildes ist somit in beiden Fällen die Legitimierung des Sohnes durch den König, der vermutlich auch in Sam’al zum Zeitpunkt der Errichtung der Stele bereits gestorben war. 278 Daneben ist zu berücksichtigen, dass die Lotusblüte als Regenerationssymbol bei einer Votivstele unnötig wäre und vor allem auf Totenstelen in Sam’al und Umgebung abgebildet ist. Zudem stellt sich die Frage nach dem Zweck eines Thronfolgers auf einer Votivstele; auf einer Totenstele garantiert er dem verstorbenen König die Durchführung der Totenopfer, d.h. dessen Existenz im Jenseits. Gleichzeitig wird der Thronfolger durch diese Darstellung, wie auch auf dem Aḥīrōmsarkophag, legitimiert. 6.1.3.4.2 Stele neben dem Steinkistengrab Unmittelbar neben dem Steinkistengrab am ḫilāni I befand sich – nicht mehr in situ – eine auf ihrer Bildfläche liegende, aufgrund ihrer Dimensionen monumental zu nennende Stele (Basalt, 1,52 × 1,20 × 0,13 m, Abb. 77) mit einer Speisetischszene, auf der eine sitzende Frau und ein Diener mit Wedel unter einer geflügelten Sonnenscheibe dargestellt sind. 279 Die weibliche Figur hält ein Trinkgefäß in der erhobenen rechten und eine horizontal abgeknickte Blüte in ihrer linken Hand. Auf dem Tisch befinden sich je zwei offene und geschlossene Behälter, wobei erstere mit Speisen – ein Fisch sowie vier Brote und zwei ovale Gegenstände  –  beladen sind. Abgesehen vom Palmwedel hält der Diener ein gekrümmtes Messer in der nach unten gerichteten linken Hand. Attribute wie Schmuck, Thron, Blüte und Diener weisen die weibliche Figur als Mitglied der königlichen Familie

278 Bonatz 2000a, S. 118–119. In Bezug auf den Aḥīrōmsarkophag, siehe Chéhab 1970–1971. 279 Luschan 1911b, S. 325–328, Abb. 236, Taf. LIV; Orthmann 1971, S. 65, 369, 373–376, 549, Taf. 66,d Zincirli K/2; Genge 1979, Abb. 54; Loon 1986, S.  246–247, Taf. 60, Abb. 5; Voos 1986, S. 104–107, Kat.-Nr. 60; Bonatz 2000a, S. 21, 39–40, 100, 102–103, 116, 156, Taf. XVII, C 46; ders. 2014a, S. 240; Ornan 2005, S. 225; Wartke 2005, S. 72, Abb. 69; Kutter 2008, S. 307–308, 349; Gilibert 2011, S. 93–94, 220, Zincirli 90; Rehm 2016, S. 97–98, Taf. 4, B 17. Die genauen Maßangaben widersprechen sich. F. v. Luschan gab keine Maße an, die meistens zitierte Maßangabe beträgt 152 × 120 × 13 cm (u.a. bei W. Orthmann, J. Voos, D. Bonatz), ob mit oder ohne Zapfen ist nicht angegeben. Wartke 2005 misst 146 × 126 cm ohne Zapfen, was angesichts des Verhältnisses von Höhe zu Breite der Stele auf den Fotos (ca. 1,25:1) jedoch so nicht stimmen kann. Aufgrund dessen wird hier von den Maßen 152 × 120 ohne Zapfen ausgegangen, was bei dem Verhältnis von Höhe des Zapfens zur Höhe der Stele ohne Zapfen (ca. 1:6,5), das nur bei Luschan 1911b, Taf. LIV erkennbar ist, auf einen Zapfen von ca. 23 cm Länge (mindestens: das Bild könnte am unteren Ende abgeschnitten worden sein) und eine Gesamthöhe der Stele von ca. 175 cm schließen lässt. Die Zapfenbreite entspräche dann ca. 43 cm.

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Sam’al / Y’DY

Abb. 77: Stele aus der Nähe des Steinkistengrabes.

von Sam’al aus. 280 Interessant ist die spezielle Ausführung der Flügelsonne: Es handelt sich um ein Exemplar, in dessen Sonnenscheibe eine Rosette sowie über und unter der Sonnenscheibe eine Blüte dargestellt ist. Dieser von ihm erstaunlicherweise unerwähnte Aspekt untermauert die Deutung der Flügelsonnen auf Memorialstelen durch D. Bonatz als Regenerationssymbole und wird durch die Lotusblüte in der Hand der Frau nochmals verstärkt. 281 Vergleichbare Flügelsonnen sind allein auf zwei Orthostaten Bar-Rākibs mit den Inschriften KAI 216–217 in einer Reihe mit anderen Gottessymbolen überliefert und unterstreichen somit auch den königlichen Charakter der Stele. 282 Nach J. Kutter wird durch die Flügelsonne allerdings vornehmlich der Schwellencharakter zum Jenseits aus-

280 Orthmann 1971, S. 292; Loon 1986, S. 246; Voos 1986, S. 105–106; Bonatz 2000a, S. 102; Niehr 2006, S. 116 contra Gilibert 2011, S. 93. 281 Bonatz 2000a, S. 102–103. Ornan 2005, S. 225 möchte aufgrund der Rosette eine weibliche Gottheit in der Flügelsonne erkennen. 282 Vgl.  im Gegensatz dazu die Flügelsonnen auf dem Kulamuwa-Orthostaten, dem Siegelabdruck Bar-Rākibs (Luschan 1943, S. 73–74, Taf. 38 b), der Stele Asarhaddons, einem Bronzehelm (Luschan 1943, S. 75, Abb. 85) sowie die drei deutlich anders bzw. komplexer gestalteten Flügelsonnen auf den Orthostaten aus Coba Höyük (raffiniertere Rosetten anstelle der Sonnenscheibe, darunter ein Halbmond auf Orthmann 1971, Sakçagözü A/1, A/9, schlichter auf Sakçagözü B/1). Von der Flügelsonne auf der Stele KTMWs (Struble und Herrmann 2009, S. 20, Abb. 4) ist zwar nur wenig zu erkennen, aber zumindest im unteren Teil scheint sich keine Lotusblüte anzudeuten.

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Zincirli / Sam’al

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gedrückt, da die Sonnengottheit diese jeden Tag passiere. 283 Insgesamt wird die Flügelsonne auf syro-hethitischen Grabstelen jedoch nur viermal abgebildet, was sie relativ exklusiv erscheinen lässt. 284 Stilistisch fällt die Stele in das späte 8. Jh. 285 Dagegen vermutet A. Gilibert eine Entstehungszeit im 7. Jh. aufgrund von fünf Argumenten: Die Ausrichtung des Grabes nach ḫilāni  I, das nach G. Lehmann zur Bauphase nach 671 / 670 gehöre, 286 eine alternative Interpretation der Datierung der Stilgruppe, welcher die Stele zuzurechnen sei, die Datierung der darauf dargestellten Fibel, die Existenz der königlichen Grablege in Gerçin, die eine Bestattung von königlichen Verstorbenen in Sam’al unwahrscheinlich mache sowie das Fehlen eindeutiger königlicher Attribute. 287 Da ḫilāni I sowie vermutlich auch das Grab bronzezeitlich zu datieren sind, 288 entfallen zwei dieser Argumente. Zudem ordnet Friedhelm Pedde die Fibeln der Gruppe B2.4 entgegen der Angabe bei A. Gilibert nicht ausschließlich dem 7., sondern auch dem ausgehenden 8. Jh. zu, betont aber, dass „viele Fibeln dieser Gruppe nicht direkt zeitlich einzuordnen“ 289 seien. Darüber hinaus besteht entgegen ihrer Interpretation der stilistischen Einordnung nach W. Orthmann keine Notwendigkeit, die Anfertigung der Stele ins 7. Jh. hinein zu verlängern, da dieser selbst einen Entstehungszeitraum der Stilgruppe Zincirli IV vor der assyrischen Eroberung für unproblematisch hält. 290 Außerdem findet sich die spezielle Form der Flügelsonne mit Blüte bisher ausschließlich in der Zeit Bar-Rākibs. R. Koldewey und F. v. Luschan haben vermutet, dass die Basis (1,60 × 1,11 × 1,15 m) der Siegesstele Asarhaddons, genauer gesagt, die ungewöhnliche Vertiefung auf ihrer Vorderseite (49 × 36 × 5–6 cm) ursprünglich als Sockel der Grabstele diente. 291 Ein Vergleich der entsprechenden Maße macht dies jedoch unwahrscheinlich: Die Vertiefung ist angesichts einer Stelentiefe von 13 cm mit 36 cm fast dreimal so breit ausgeführt und der Zapfen der Stele ist mit ca. 23 cm etwa viermal so lang wie der Sockel tief (5–6 cm). Allein die Länge der Vertiefung (49 cm) und die Breite des Zapfens (ca. 43 cm, aber an der rechten Seite abgebrochen) könnten übereinstimmen. 292 Angesichts des Fundkontextes der KTMWStele wäre es zudem überlegenswert, ob nicht auch diese Stele direkt in den Erdboden

283 Kutter 2008, S. 308. Vgl. jedoch dies. 2008, S. 349. 284 Bonatz 2000a, S. 102. Die drei weiteren Exemplare stammen aus İslahiye (C 30, siehe Abschnitt 6.5.6), d.h. die Stele stammte einst vermutlich ebenfalls aus dem Gebiet von Sam’al, Maraş (C 34) und Yumurtalık am Golf von İskenderun, ca. 80 km südöstlich von Adana (C 58). Vgl. jedoch den Orthostaten A 3, 171 aus Tell Ḥalaf mit der Darstellung eines verstorbenen Königs neben einer Flügelsonne. Siehe Abschnitt 3.1.3.1.4. 285 Orthmann 1971, S. 549: Zincirli IV bzw. Späthethitisch IIIb; Bonatz 2000a, S. 21: 730–700. 286 Lehmann 1994, S. 110. Im Gegensatz dazu geht Pucci 2008a, S. 2 8 von einer Entstehung des ḫilāni I während der ersten größeren eisenzeitlichen Bauphase aus. 287 Gilibert 2011, S. 93. 288 Siehe Abschnitt 6.1.2.1. 289 Pedde 2000, S. 133. Siehe auch ders. 2000, S. 88. 290 Orthmann 1971, S. 221. 291 Luschan 1893a, S. 12, Anm. 3, S. 29, Abb. 10; Koldewey 1898, S. 140; Luschan 1911b, S. 325. 292 Ähnlich bereits Pucci 2008a, S. 26.

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Sam’al / Y’DY

eingelassen war. 293 Somit können nicht zwangsläufig die Assyrer unter Asarhaddon für das Umstürzen der Stele verantwortlich gemacht werden. Zudem ist aufgrund des traditionell guten Verhältnisses zwischen der Dynastie von Sam’al und Assyrien eine Plünderung im Rahmen der Eingliederung ins assyrische Reich zwischen 728 und 722 von Seiten der Assyrer möglich, aufgrund der proassyrischen Politik Sam’als tendenziell aber eher unwahrscheinlich. Deshalb kommen die unbekannten Eroberer der Stadt zwischen 676 und 671 / 670 dafür wohl eher infrage. Ob die Stele als Grabstele fungierte oder allein dem Andenken und / oder der Beopferung der verstorbenen Frau diente, ist aufgrund der Umdatierung des Grabes ebenso so wenig zu eruieren wie der ursprüngliche Aufstellungsort. Als Argument gegen einen funerären Kontext kann die KTMW-Stele aus der Unterstadt Sam’als betrachtet werden, während die Ördekburnu-Stele einen Grabkontext nahelegt. Aufgrund der Tatsache, dass eine Nekropole der Könige Sam’als bei Ördekburnu zu suchen ist und sich das Grab Panamuwas I. wahrscheinlich in Gerçin befand, stellt sich daher die Frage, ob sich überhaupt königliche Gräber in Sam’al selbst befanden. 6.1.3.4.3 Statuentorso Panamuwas II. (KAI 215) Auf einem islamischen Friedhof an einer Quelle namens Tahtalı Pınar, 1,9 km nordöstlich von Zincirli, wurde ein als Grabstein verwendeter Statuentorso (Basalt, Höhe 1,93 m, ø 0,90–0,75 m, Abb. 78) im ersten Jahr der deutschen Ausgrabungen entdeckt. 294 Seine ursprüngliche Höhe dürfte etwa 3,50 m betragen haben. Erkennbar ist davon noch der Unterleib einer Person, die Schnürschuhe und ein Quastengewand trägt. Außerdem ist das Ende eines dreieckigen Gewandzipfels – vermutlich eines über der Schulter getragenen Umhangs – zu erkennen. Das beste Vergleichsstück zu dieser Statue stellt die ebenfalls nur als Torso erhaltene Statuette aus dem Raum K 2 dar, die ebenfalls keine Herrschafts­ attribute aufweist. Der charakteristische zylinderförmige Torso monumentalen Ausmaßes ist mit der Hadadstatue aus Gerçin sowie mit der Statue vom Bau J vergleichbar. 295 Im Gegensatz zu letzterer und zu den Herrscherstatuen aus Maraş „fehlen“ hier jedoch der lange gerade Stab, Schwert und Gürtelquaste als Herrschaftsattribute. Deshalb ist der Torso Panamuwas II. besser mit der Statue vom Löwentor in Arslantepe, der Statuette mit der Inschrift MARAŞ 3, dem Herrscherorthostaten von Coba Höyük und eventuell der Statue aus Yesemek vergleichbar. Diesen ist gemein, dass sie im jeweils unteren Teil der 293 Gilibert 2011, S. 93, Anm. 149. 294 Luschan 1893b, S. 48, 53–54, Abb. 16–17; Sachau 1893, S. 55–84, Taf. VIII; Donner und Röllig 1964, S. 223–232; Orthmann 1971, S. 76, 288, 290, 534, Taf. 52,c Tahtalı Pınar 1; Gibson 1975, S. 76–86, Taf. IV; Voos 1986, S. 22–24, Kat.-Nr. 1; Tropper 1993, S. 98–131; Margalit 1994, S. 303– 315; Niehr 1994, S. 67–68; ders. 2001, S. 93–94; ders. 2006, S. 118–119, Taf. 18; ders. 2010a, S. 282; Bonatz 2000a, S. 14, 26, 49, 66, 146, 151, 161, 183, Anm. 1, 187, Anm. 43, 202, Anm. 18, Taf. II, A 8; Wartke 2005, S. 26–27, 62–64, Abb. 62; Green 2010, S. 194–219; Lemaire 2012, S. 132–133. 295 Luschan 1893b, S. 48; Orthmann 1971, S. 76; Bonatz 2000a, S. 26; Gilibert 2011, S. 77.

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Zincirli / Sam’al

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Statue keine Herrschaftsattribute aufweisen, 296 und – bis auf das dort zerstörte Sitzbild aus Yesemek – in der rechten Hand eine Schale und mit der linken Hand das über die Schulter reichende Ende eines Umhangs halten. Dementsprechend ist angesichts der weitgehenden übereinstimmenden zeitlichen Einordnung dieser Bildwerke in das letzte Drittel des 8. Jh. anzunehmen, das die Statue Panamuwas  II.  –  wie auch die Bar-Rākib-zeitlichen Darstellungen auf den Orthostaten des ḫilāni  III  –  mit der linken Hand den Umhang hielt, dessen Zipfel noch erkennbar ist, während die rechte Hand vermutlich eine Schale umfing. Auf dem Torso befindet sich eine Inschrift Bar-Rākibs im regionalen Dialekt des Aramäischen, dem Sam’alischen, welcher die dargestellte Person als seinen verstorbenen Vater Panamuwa  II. identifiziert. Aufgrund der Erwähnung Tiglatpilesers III. als Lehnsherr BarRākibs kann die Entstehung dieses Denkmals Abb. 78: Statuentorso Panamuwas II. zwischen dem Tod Panamuwas II. 733 / 732 und dem Tiglatpilesers III. 727 angesiedelt werden. Strittig ist bislang die ursprüngliche Herkunft des Monuments. Bereits F. v. Luschan schwankte zunächst zwischen Zincirli (1,9  km) und Şişmez Höyük (2,9  km), zwischen Tahtalı Pınar und Gerçin (5 km) gelegen, entschied sich jedoch aufgrund der in Gerçin entdeckten Skulpturen und ihrer Ähnlichkeit zum Torso letztendlich für Gerçin. 297 Auch der Fund der Statue am Bau J im Jahr 1902 änderte nichts an dieser Ansicht, obwohl der walzenförmige Unterleib dieser Statue dem Torso näher steht als der blockhafte Unterleib der Hadadstatue von Gerçin. Gegen die Gerçin-These spricht außerdem die Entfernung sowie das Gelände: Tahtalı Pınar liegt nur 1,9 km nordöstlich von Zincirli, aber 5 km südwestlich von Gerçin, 298 wobei letztere Wegstrecke hauptsächlich aus Sumpflandschaft bestand, die dem Bericht F. v. Luschans zufolge sehr selten einmal so austrocknet wie im Winter 1890 und unter gewöhnlichen Umständen große Umwege erforderlich macht. 299 Schließlich ist auf eine Notiz Leopold Messerschmidts in dem Exemplar der Ausgra296 Aus den in MARAŞ 3 für Tarḫunza gestifteten Opfern, zwei Schafe und ein Ochse sowie jährlich ein Schaf, ist klar ersichtlich, dass es sich bei dem Stifter um einen Angehörigen der Elite gehandelt haben muss. 297 Luschan 1893b, S. 48. 298 Luschan 1893b, S. 48 nennt hier irrtümlich 2,9 km. 299 Luschan 1893b, S. 45–46. Er legte bei seiner Erstbesichtigung 1888 ca. 15–16 km zurück, um den Hügel zu erreichen. Zugegebenermaßen stellen die Entstehungszeit des Sumpfes sowie der Zeitpunkt der Verschleppung des Monuments unbekannte Variablen dar.

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Sam’al / Y’DY

bungen von Sendschirli, Bd. 1 des Vorderasiatischen Museums Berlin bzw. der Bibliothek des Archäologischen Zentrums Berlin aufmerksam zu machen, nach der ein zum Torso passendes Stück in Zincirli entdeckt wurde: „[J]etzt 1905: wohl sicher aus Sendschirli stammend, da dort ein anpassendes Stück ausgegraben wurde. Messerschmidt“. 300 Ein weiteres Indiz für eine Herkunft aus Zincirli könnte das Statuettenfragment S 3687 (Höhe 11,5 oder 12,5 cm) aus der Ascheschicht des Raums K 2 darstellen, welches mit seinem zylinderförmigen Unterleib sowie einem vergleichbaren Quastengewand eine sehr große Ähnlichkeit zum Statuentorso Panamuwas II. aufweist. 301 Somit sprechen alle Indizien dafür, dass die Statue ursprünglich in Sam’al aufgestellt war, wahrscheinlich innerhalb der Zitadelle. Als einzige andere Möglichkeit käme angesichts der damaligen Grabungsstellen eine Errichtung in oder in der Nähe eines Tores infrage. Der Text stellt formal eine Weih-, inhaltlich aber eine Gedenkinschrift für Panamuwa II. dar. 302 Seine für das Königreich positive Herrschaft wird von den beiden Thronwechseln eingerahmt, die jeweils eine kritische liminale Phase für das Königreich Sam’al darstellten: 303 Die negativen Begleitumstände der Thronbesteigung Panamuwas II. durch die Hilfe der Assyrer (Z. 2–8) sowie der Tod Panamuwas II. und die daran anschließenden Sterbe- und Begräbnishandlungen durch den assyrischen König und Bar-Rākib (Z. 15–20). Gleichzeitig wird das Chaos der unrechtmäßigen mit der Ordnung der rechtmäßigen Thronübernahme antithetisch kontrastiert. 304 Der heilsgeschichtliche Impetus ist hier, wie auch in der Inschrift der Hadadstatue (KAI 214), evident. 305 Nur der rechtmäßige Thronerbe kann den Segen der Götter und das Wohlergehen seines Königtums garantieren. Hierin zeigt sich die Absicht des Autors, Bar-Rākib als den neuen Garanten der Ordnung darzustellen, der seine Position Rākib-El und Tiglatpileser III. aufgrund seiner Loyalität (ṣdq) verdankt (Z. 19). ṣdq kann sich jedoch auch auf das korrekte Verhalten gegenüber Göttern und Toten beziehen, 306 weshalb Bar-Rākib die Handlungen anlässlich des Todes Panamuwas II. ausführlich schildert:

300 Luschan 1893b, S. 48 in der Bibliothek des Archäologischen Zentrums Berlin. Hervorhebung im Original. Bereits Voos 1986, S. 23–24; ders. 1988b, S. 350, Anm. 10 hatte darauf hingewiesen, was Bonatz 2000a, S. 151, 202, Anm. 18 jedoch nicht verifizieren konnte (vgl. Niehr 2001, S. 93, Anm. 60). Nach Voos 1986, S. 178, Anm. 137 ist das in Zincirli gefundene Fragment nicht im Vorderasiatischen Museum zu finden, könnte allerdings bei der Restaurierung des Statuentorsos bereits verwendet worden sein. Eine andere Möglichkeit wäre, dass sich dieses Fragment eventuell noch in den Beständen des Archäologischen Museums Istanbul befindet. 301 Luschan in ders. und Andrae 1943, S.  31–32, Abb. 26, 64–65, 148, Taf. 12i. Vgl.  Abschnitt 6.1.3.4.4. 302 Al-Ghul 1991, S. 141–152; Röllig 2004, S. 23; Green 2010, S. 196. Die Weihformeln finden sich in Z. 1 und 20. Green 2010, S. 198–199. 303 Kratz 2007, S. 300. 304 Tropper 1993, S. 100. 305 Kratz 2007, S. 299. 306 Tropper 1993, S. 100.

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Zincirli / Sam’al

1. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 1. 15. 16.

17. 18. 19.

339

„nṣb. zn. šm. brrkb. l’bh. lpnmw. br. brṣr. mlk. y’ dy. bm---.šnt [m] wt[h.] […] […] w[’]by. pnmw. br. b[rṣr] … (ca. 18 Zeichen) … š(.?)mrg. wgm. mt. ’by. pnmw. blgry. mr’h. tgltplsr. mlk. ’šwr. bmḥnt. gm [. bkyh. mr’h. tgltplsr. mlk. ’šwr.] wbkyh. ’yḥh. mlkw. wbkyth. mḥnt. mr’h. mlk. ’šwr. klh. wlqḥ. mr’h. mlk. [’]šwr [-----------] [wh’kl. whšq] 307 y nbšh. whqm. lh. mšky. b’rḥ. wh’rb. ’by. mn. dmšq. l’šw. bywmy[.] (-)šr … (ca. 21 Zeichen) … [wbk] yh. byth. klh. w’nky. brkb. br. pnm[w. bṣ]dq. ’by. wbṣdqy. hwšbny. mr’[y. rkb’l. wmr’y. tgltplsr. ’l. mšb.] ’by. pnmw. br. brṣr. wšmt./y nṣb. zn. [l’]by. lpnmw. br. brṣr. wš/q x k/t t/n b ṭ/š/‛ 308… (ca. 24 Zeichen) … w’mr. bmšwt. w‘l. ybl. ’mn. ysmk. mlk[. ydyh]. wybl. ywq’. qdm qbr. ’by. pnm[w] … (ca. 22 Zeichen) … wzkr. znh. h’. p’. hdd. w’l. wrkb’ l. b‘l. byt. wšmš. wkl. ’lhy. y’dy [. yrqw. wty. br. pnmw. wytn. rkb’l. ḥn] y. qdm. ’lhy. wqdm. ’nš. Diese Statue hat Bar-Rākib aufgestellt für seinen Vater Panamuwa, den Sohn des Bar-Ṣūr, den König von Y’DY, im Jahr [seines To]des(?). […] […] Und was meinen [Va]ter Panamuwa, den Sohn des Bar-Ṣūr betrifft … … er wurde krank(??) und mein Vater Panamuwa starb gar zu Füßen seines Herrn Tiglatpilesar, des Königs von Assur, auf den Feldzügen. [Da beweinte ihn] fürwahr [sein Herr Tiglatpilesar, der König von Assur], und es beweinten ihn seine Brüder, die Könige, und es beweinte ihn das ganze Heerlager seines Herrn, des Königs von Assur. Und sein Herr, der König von Assur, nahm … [Und er ließ essen und trink] en seine Seele. Und er richtete für ihn ein Bildnis am Wege auf. Und er führte meinen Vater von Damaskus hinein nach Assu. In meinen(?) Tagen… [Und es bewein] te ihn seine ganze Familie. Ich aber (bin) Bar(r)ākib, Sohn des Panamuwa - [aufgrund der Lo]yalität meines Vaters und aufgrund meiner

307 In Analogie zu KAI 214 rekonstruiert Gibson 1975, S. 81 hier eine direkte Rede: [t’ kl. wtšt]y. nbšh „[may] his soul [eat and drink]“. 308 Tropper 1993, S. 129 zieht folgende Lesungen in Betracht: a) wšmt. nbš[. lh] „und ich stellte ein Memorialgrab für ihn auf“ b) wšpkt. bšm(y) „und ich goß Spezereien aus“. c) wqbr!t. bṭ/š… „und ich begrub …“. d) wqbr!. nbš[h] „und ein Grab für seinen Totengeist“. e) wmnmn. bn![y] „und wer auch immer von meinen Söhnen ([nach mir] das Zepter ergreifen wird …)“.

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Sam’al / Y’DY

20. 21. 22.

23.

eigenen Loyalität setzten mich [mein] Herr [Rākib-El und mein Herr Tiglatpilesar auf den Thron] meines Vaters Panamuwa, des Sohnes des Bar-Ṣūr. Und ich habe diese Statue [für] meinen [Va]ter aufgestellt, für Panamuwa, den Sohn des Bar-Ṣūr. Und … … und ein Lamm in gebratenem Zustand(?). Und auf einen zuverlässigen(?) Widder soll der König [seine Hände] stützen, und den Widder soll er hinausschicken, (hin) vor das Grab meines Vaters Panamu[wa]. … und dieses Denkmal/Andenken. Siehe(?), so [mögen] denn Hadad und El und Rākib-El, der Herr der Dynastie, und Šamaš sowie alle Götter von Y’DY [Gefallen haben an mir(?), dem Sohn des Panamuwa(?). Und es möge Rākib-El] mich [Gnade finden lassen] vor den Göttern und vor der Menschheit.“ 309

Aus diesem Teil der Inschrift können verschiedene Sterbe- und Begräbnishandlungen rekonstruiert werden. Unmittelbar auf den Tod Panamuwas wird ein Trauerritus beschrieben, das Beweinen, an dem alle Angehörigen des assyrischen Heeres, von Tiglatpileser III., den gleichrangigen Vasallenkönigen bis hin zu den einfachen Soldaten, teilnehmen, welches eine besondere Ehre für den Verstorbenen dargestellt haben muss, falls dies den Tatsachen entspräche. 310 Im Anschluss daran erfolgte möglicherweise eine erste Speisung des Totengeistes, die wohl von Tiglatpileser III. selbst vorgenommen wurde. Diese stünde in der Tradition der Speisung der nbš Panamuwas I. durch dessen Nachfolger im Ahnenkultritual aus KAI 214. Ihre Funktion ist es, die Bedeutung Panamuwas II. für Tiglatpileser III. zu unterstreichen, da die Totenspeisung eigentlich einem Sohn Panamuwas vorbehalten war. 311 Sie scheint noch am Leichnam selbst stattgefunden zu haben, da die Errichtung eines Bildnisses durch den assyrischen König erst im folgenden Satz beschrieben wird, und die Statue erst nach dem Eintreffen der Nachricht in bzw. der Überführung der sterblichen Überreste nach Sam’al angefertigt und aufgestellt worden sein dürfte. 312 Falls die Rekonstruktion dieser Totenspeisung in Z. 17–18 von J. Tropper korrekt ist, und nichts deutet auf das Gegenteil hin, unterscheidet sie sich signifikant von dem in der KTMW-Inschrift geschilderten, ebenfalls postmortalen „Einweihungsfest“. Denn in der teilweise zerstörten Z. 17 würden nur ca.  11 Zeichen fehlen, wobei bereits ein Objekt zum vorangehenden Verb lqḥ „nehmen“ in dieser Lücke Platz finden müsste; eventuell handelt es sich dabei um die sterblichen Überreste Panamuwas II. Eine zusätzliche Beopferung von Gottheiten innerhalb der Schilderung dieses Rituals ist demnach 309 310 311 312

Tropper 1993, S. 102–130. Green 2010, S. 218. Green 2010, S. 218, Anm. 84. Auch der Leichnam des hethitischen Königs im šalliš waštaiš konnte bereits mit Trinken versorgt werden (Tag 1), bevor seine Statue angefertigt wurde (vermutlich an Tag 2). Die Versorgung mit Essen ist dagegen erst nach Anfertigung der Statue belegt. Andererseits wird nicht die Statue versorgt, sondern explizit der Verstorbene (KUB 39.1 Rs. III 14). Kassian et al. 2002, S. 22–23, 57.

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Zincirli / Sam’al

341

unwahrscheinlich. KTMWs nbš dagegen wurde zusammen mit fünf Gottheiten beopfert. Allerdings befand sie sich bereits in einer Stele, während ein Monument für Panamuwa II. erst nach diesem Ritual errichtet wurde. Die sterblichen Überreste KTMWs und ihre mögliche Rolle beim „Einweihungsfest“ bleiben unerwähnt. Strittig ist die Funktion des von Tiglatpileser III. im Anschluss an diese Zeremonie aufgestellten Monumentes. Während D. Bonatz aufgrund des hier verwendeten Begriffs mšky einen kultischen Zusammenhang bezweifelt und ein Denkmal nach assyrischen Vorbildern, welches die Erfolge und Treue Panamuwas  II. honorierte, darin zu sehen glaubt, betont H. Niehr die Notwendigkeit des postmortalen Kultes, welche nur durch ein entsprechend geeignetes Monument gewährleistet worden sein könnte. 313 Ein weiteres Argument geht aus der von D. Bonatz herausgearbeiteten Natur der syro-hethitischen Stelen im Zusammenhang mit der Inschrift hervor. Da diese keine Kultbilder sondern Denkmäler darstellen, stellt sich die Frage, ob das Monument nicht im Kontext der zuvor beschriebenen Totenspeisung am Leichnam, d.h. als Abbild des Toten während des Mahls, verstanden werden kann. 314 Zudem kann die Errichtung des Bildnisses als ein zusätzliches Motiv der Sohnespflichten gegenüber dem verstorbenen Vater aufgefasst werden, die hier Tiglatpileser  III. übernahm, um das Ansehen Panamuwas  II. gegenüber dessen Bevölkerung propagandistisch aufzuwerten. Ob der assyrische Großkönig tatsächlich diese Handlung vornehmen ließ, muss wie im Falle der zuvor beschriebenen Geschehnisse jedoch letztlich unklar bleiben. 315 In der einschlägigen Literatur wird teilweise davon ausgegangen, dass der Leichnam Panamuwas  II. von Damaskus nach Aššur überführt und dort auch begraben wurde. Diese Vermutung stützt sich auf die Interpretion des Wortes ’šr in Zeile 18 als defektive Schreibweise für ’šwr („Aššur“). Dem ist zu entgegnen, dass Aššur stets ’šwr geschrieben wurde und ’šr daher nicht als eine spezielle Ortsbezeichnung, sondern als Begriff für „(das) (Heimat-) Land“ oder „(den) Ort“ aufgefasst werden sollte und sich demnach auf Sam’al bezieht. 316 Allerdings ist diese Übersetzung seit J. Troppers Untersuchung, der an der dritten Position dieses Wortes r zugunsten von w oder ḥ vehement ausschließt, wieder anfechtbar geworden. Erstere Variante fasst er als Schreibfehler für ’šwr auf und votiert damit ebenfalls für ein Begräbnis Panamuwas II. in Aššur. Indes muss er zugeben, dass für das Begräbnis eines assyrischen Vasallen in der Hauptstadt seines Lehnsherrn keine Parallelen existieren. 317 Alles andere als ein Begräbnis in der eigenen Hauptstadt wäre aber

313 Niehr 1994, S. 67–68; ders. 2014a, S. 187; Bonatz 2000a, S. 146. 314 Vgl. dazu folgende Beobachtung: „Passagen dieses Rituals [des šalliš waštaiš] lassen sich wie Beschreibungen zu den syro-hethitischen Stelen lesen […].“ Bonatz 2000a, S.  157. Für diese These könnte außerdem die Tatsache sprechen, dass das Bildnis erst nach der mutmaßlichen Totenspeisung aufgestellt wurde. 315 Green 2010, S. 218. 316 Sachau 1893, S. 77; Landsberger 1948, S. 70; Sader 1987, S. 168, Anm. 47; Niehr 1994, S. 71. 317 Tropper 1993, S. 126.

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Sam’al / Y’DY

unüblich 318 und müsste eher als Strafe denn als Ehrung betrachtet werden. 319 Insbesondere die Legitimation seines Sohnes und Nachfolgers Bar-Rākib hätte ohne die Möglichkeit, seinen Vater ordnungsgemäß bestatten (und verehren) zu können, wohl dramatisch gelitten. 320 Darüber hinaus ist das im Anschluss geschilderte Widder-Ritual nur mit der Existenz des Grabes vor Ort durchführbar. 321 Infolgedessen ist die Existenz des Grabes Panamuwas II. in Sam’al plausibler als in Aššur. 322 Daran anschließend werden vermutlich die Trauerhandlungen Bar-Rākibs geschildert (Z. 18), die aus dem Zufügen von Schnittwunden sowie dem Beweinen bestanden haben könnten. 323 Letzteres wurde dann vermutlich von der gesamten Familie praktiziert (Z. 19). Darauf folgen die Thronbesteigung Bar-Rākibs sowie die Aufstellung der Statue für seinen Vater. J. Tropper vermutet aufgrund von Z. 1, dass letztere möglicherweise erst ein Jahr nach seinem Tod errichtet worden sein könnte. 324 Dies kann jedoch angezweifelt werden, da die Errichtung der Statue vermutlich deshalb im Anschluss an die Thronbesteigung genannt wird, da ihre Stiftung als „erste Amtshandlung“ ebenso wie die Loyalität Bar-Rākibs gegenüber Tiglatpileser III. und seinem Vater ein legitimierendes Element für dessen Herrschaftsantritt dargestellt haben dürfte. Vom logischen Standpunkt aus betrachtet, müssten anschließend der Bau eines Grabes und die Beisetzung Panamuwas II. ihren Platz finden, da nach der Textlücke bereits ein Grab für ihn existiert (Z. 21). Deshalb können die entsprechenden Vorschläge J. Troppers als berechtigt angesehen werden. 325 Andernfalls könnte auch schon in Z. 18 von der Grablegung berichtet worden sein und nun lediglich die Opfer gegenüber der Statue Erwähnung finden. Nach einer Lücke folgt die Erwähnung eines gebratenen Lammes, welches Bestandteil einer (zweiten) Totenspeisung oder eines Opfers für Panamuwa II. gewesen sein könnte. Bei dem Subjekt der letzten beschriebenen Handlung handelt es sich merkwürdigerweise nicht um Bar-Rākib, sondern um einen nicht näher bestimmten König. Die Anweisung könn318 Sader 1987, S. 168. Anm. 47. Vgl. dazu allgemein die hethitische Praxis, den Leichnam eines Angehörigen der Königsfamilie nach Ḫattuša zu transportieren, speziell den Transport des Šarri-Kušuḫ aus Karkamiš. 319 Vgl.  den Fall des Šamaš-ibni, dessen Gebeine als zusätzliche Strafe ca.  50 Jahre in Assyrien verblieben, bevor sie in seine Heimat Bīt Dakkūri zurückgeschickt und ordnungsgemäß begraben wurden. 320 Vgl. Suriano 2014b, S. 111–112 am Beispiel von Aḥīrōm und Ittoba‘al (KAI 1). 321 Niehr 1994, S. 71, Anm. 88. 322 Alternativ könnte der Leichnam erst nach Aššur und dann nach Sam’al gebracht worden sein. Diese Notiz hätte am Ende von Z. 18 den nötigen Platz, wo ca. 21 Zeichen fehlen. 323 Tropper 1993, S. 127 schlägt aufgrund von Lev 21,5 vor: bywmy. šr[ṭt. šrṭh/t. bbšry. wgm. bkyt. ’by.] „In meinen Tagen schn[itt ich mir (zum Zeichen der Trauer) Einschnitte in die Haut und ich beweinte meinen Vater gar sehr]“. 324 Tropper 1993, S. 102–103 hält eine Ergänzung der Z. 1 mit bml[’t]. šnt. mwth „bei der ‚Füllung‘ seines Todesjahres“ für möglich. 325 Tropper 1993, S. 129: wšmt. nbš[. lh] „und ich stellte ein Memorialgrab für ihn auf“, wqbr!. nbš[h] „und ein Grab für seine Seele“ oder wqbr!t. bṭ/š… „und ich begrub …“. Darüber hinaus hält er auch diese Lesungen für möglich: wšpkt. bšm(y) „und ich goß Spezereien aus“ sowie wmnmn. bn![y] „und wer auch immer von meinen Söhnen ([nach mir] das Zepter ergreifen wird…)“.

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Zincirli / Sam’al

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te sich daher auch an den Nachfolger Bar-Rākibs gerichtet haben und demnach in den Bereich des Ahnenkultes fallen. V. Haas hält es für einen Substitutionsritus, bei dem der Verstorbene sich seiner Unreinheit mittels eines „Sündenbocks“ in Gestalt des Widders entledigt. 326 Dagegen wendet H. Niehr ein, dass die ausdrückliche Aussendung des Tieres zum Grab desselben Königs dann keinen Sinn ergäbe und schlägt im Gegenzug vor, in dem Widder ein Opfer des Königs an Panamuwa II. oder ein Reinigungsritual für BarRākib zu sehen. 327 Schließlich benennt die Phrase wzk*r. znh. in Z. 22 möglicherweise die Funktion dieser Statue als „Denkmal, Andenken“, 328 was aber angesichts der kultischen Beopferung vieler Statuen in der Eisenzeit unglaubwürdig scheint, so dass ein anderer Bezug wahrscheinlicher ist. Demnach können folgende Handlungen aus dem Text rekonstruiert werden: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Beweinen durch Tiglatpileser III. und sein Heer Speisung (?) des Totengeistes Panamuwas II. durch Tiglatpileser III. Errichten eines Bildnisses durch Tiglatpileser III. Trauerhandlungen (?) Bar-Rākibs Beweinen durch die Familie Panamuwas II. Thronbesteigung Bar-Rākibs Errichtung der Statue [Bau eines Grabes und Begräbnis (?)] Lammopfer (?) Widderopfer für Panamuwa II. oder Reinigungsritual für Panamuwa II. oder Bar-Rākib (?)

Für den konkreten Aufstellungsort und damit gleichzeitig die Funktion der Statue wird meist eine Verbindung zwischen Grab und Statue oder – bei einem Grab in Aššur – zwischen Scheingrab und Statue vorausgesetzt. Bislang ist jedoch kein eisenzeitliches Herrscherstandbild in einem Grabkontext gefunden worden. Deshalb schlägt J. Voos die Lokalisierung an einem Tor oder einem anderen öffentlichen Platz unabhängig von einem Grab vor, was durch die eventuelle Funktionsbeschreibung in Z. 22 als „Denkmal“ unterstützt wird. 329 In diesem Zusammenhang ist auf die Ähnlichkeit des Torsos zu anderen Standbildern verstorbener Herrscher, bspw. aus Zincirli, Karkamiš, Arslantepe und Tell Tayınat zu verweisen, die an öffentlichen Plätzen oder in / bei Toren aufgestellt waren. 330 Darüber hinaus sind die Parallelen des Textes zu Inschriften auf luwischen Herrscher326 Haas 2000, S. 54–55; ders. 2003, S. 43, 783. 327 Niehr 2010a, S.  282; ders. 2014, S.  187–188. Vgl.  dazu den Tod eines assyrischen Königs, nach welchem der Statthalter und seine Frau aus dem Palast hinaustreten, um ein Zicklein zu opfern. Ebeling 1931, S. 58–59; Hrouda in Haller 1954, S. 184 (ABL 473, 1–5). 328 Tropper 1993, S. 130; Bonatz 2000a, S. 146. 329 Voos 1986, S. 24, 178, Anm. 133; Niehr 1994, S. 68 contra Genge 1979, S. 145; Bonatz 2000a, S. 146, die aufgrund der Erwähnung des Grabes in der vorherigen Zeile die Statue am Grab lokalisieren möchten. 330 Voos 1986, S. 23–24, 32, 178, Anm. 133.

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Sam’al / Y’DY

standbildern, insbesondere einer Redewendung aus MARAŞ 4, 331 hervorgehoben worden. Dieser Vergleich wird durch den Inhalt des vorliegenden Textes, einer Gedenkinschrift mit innenpolitischer Agenda, die auf die Bevölkerung Sam’als als Adressaten hinweist, gestützt. 332 Zusammen genommen ist es damit unwahrscheinlich, dass es sich bei dem Kult für die Statue lediglich um einen auf die Familie beschränkten Ahnenkult handelte. Somit kann sie vermutlich als Bestandteil des königlichen Totenkultes zur Zeit Bar-Rākibs betrachtet werden. 6.1.3.4.4 Statuettentorso aus Raum K 2 In der modernen Forschung zumeist nicht beachtet wird die untere Hälfte einer Statuette (S 3687, roter Serpentin, Höhe 11,5 oder 12,5  cm, Abb. 79) aus der Ascheschicht des Raums K  2, welche eine so große Ähnlichkeit zum Statuentorso Panamuwas  II. aufweist, dass sie von F. v. Luschan für eine Vorlage zu diesem gehalten wurde. 333 Übereinstimmend ausgeführt sind der zylinderförmige Unterleib, das Quastengewand sowie der Zipfel eines Umhangs. Zudem sind auch bei der Statuette keine anderen Attribute Abb. 79: Statuettentorso wie Stab, Gürtelquaste oder Schwert zu erkennen. Soaus Raum K 2. mit kann analog zu den obigen Ausführungen auch hier vermutet werden, dass die Statuette mit der linken Hand den Umhang und in der rechten vielleicht eine Schale hielt. Der Interpretation F. v. Luschans als Vorlage ist angesichts der Parallelen zwischen größeren und kleineren Statuen im nordsyrisch-südostanatolischen Raum – die Tell Ḥalaf-Statuen Bc, 4 und C, 2, die Monumentalstatue vom Löwentor aus Arslantepe und die Statuette mit der Inschrift MARAŞ 3 sowie die Statuen Halparuntiyas II. mit MARAŞ 4 und Astiwasus mit MARAŞ 14 – eine Interpretation als „vollwertige“ Statuette nicht nur hinzuzufügen, sondern zu bevorzugen. Analog zu den jeweils kleineren Statuen mit den Inschriften MARAŞ 3 und MARAŞ 14 ist auch hier tendenziell ein elitärer, aber wohl nicht-königlicher Kontext zu erwarten.

331 Meriggi 1967, S. 128; Masson 2010, S. 52, Anm. 41. 332 Parker 1999, S. 56–57. 333 Luschan in ders. und Andrae 1943, S. 31–32, Abb. 26, 64–65, 148, Taf. 12i. Vgl. Abschnitt 6.1.3.4.3.

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Zincirli / Sam’al

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6.1.3.4.5 Pferdebasis in der Nähe von ḫilāni II Außerdem ist der hintere Teil einer monumentalen Pferdebasis aus der unmittelbaren Umgebung von ḫilāni II zu erwähnen, die zum Zeitpunkt ihrer Auffindung noch mehr als einen Meter aus dem Erdboden ragte. 334 In der Nähe der Basis sind zudem mehrere Bruchstücke einer antropomorphen Statue gefunden worden, von denen ein unverziertes zylinderförmiges Stück (Höhe 60  cm, ø 70  cm) sowie ein Teil eines Gewandsaumes im Ausgrabungbericht erwähnt werden, aber bis heute unpubliziert blieben. 335 Dabei könnte es sich um die Statue eines Herrschers auf einem Pferdegespann gehandelt haben, wobei eine solche Konzeption bislang in Nordsyrien nicht belegt ist. 336 Analog zur Statue vom Nordwestpalast wäre demnach in diesem Fall die Möglichkeit eines mortuär konnotierten Kultes ebenfalls gegeben, 337 zumal es scheint, dass die Statue auf einem Fundament an der Außenseite der Ostmauer von ḫilāni II aufgestellt war. Angesichts der Datierung von ḫilāni II in die letzte Bauphase der Zitadelle, d.h. in die Zeit der assyrischen Herrschaft, könnte dieses Monument das jüngste Artefakt des Totenkultes von Sam’al darstellen. Andererseits könnte die Basis natürlich auch als Gespann einer Götterstatue gedient haben. Hierbei wäre eventuell an die luwische Konzeption des Wettergottes zu denken, dessen Streitwagen, im Gegensatz zum hurritischen, nicht von Stieren, sondern von Pferden gezogen wurde. 338 Allerdings ist die Realisierung dieser Vorstellung in der Bildkunst bisher nicht belegt. Des Weiteren sind drei Bruchstücke von zwei verschiedenartig gestalteten Pferdeköpfen an der Oberfläche gefunden worden. Ihre Differenzen lassen die Existenz von mindestens einer weiteren Pferdebasis erwarten. 339 6.1.3.4.6 Orthostat mit Speisetischszene Im sog. „Oberen Palast“ wurde ein Orthostat mit einer Speisetischszene (Höhe 70 cm) verbaut, wobei dessen Bildfläche vorher nahezu vollständig abgearbeitet wurde. 340 Somit 334 Koldewey 1898, S. 153, Taf. IX (fälschlicherweise als „Stiergespann“ eingetragen); Luschan 1911, S. 333–338, Abb. 243–249; Orthmann 1971, S. 73, 279, 281–282, 285, 291, Anm. 8, 549, Taf. 66,f Zincirli K/3; Gilibert 2011, S. 91–92, Zincirli 89. 335 Luschan 1911, S. 335. 336 Orthmann 1971, S. 291, Anm. 8 verweist diesbezüglich auf den Bericht des 8. Feldzugs von Sargon II. nach Urartu, wonach die Statue des urartäischen Königs Rusa I. aus dem Ḫalditempel in Muṣaṣir, eines von Urartu unabhängigen Stadtstaates, geplündert worden sein soll. Diese bestand aber aus Bronze und bildete zusätzlich den Wagenlenker ab (TCL 3, Z. 403). Vgl.  Mayer 1979, S.  590–591. Interessanterweise soll im selben Tempel neben zwei weiteren Statuen urartäischer Könige eine des Argišti in Beterhaltung existiert haben, die mit einer sonst den Göttern vorbehaltenen Sternenkrone geschmückt war (Z. 402). 337 Gilibert 2011, S. 92. 338 Vgl. Hutter 2003, S. 222. 339 Luschan 1911, S. 335–337, Abb. 245–249. 340 Koldewey 1898, S. 141, Abb. 46b; Luschan 1911a, S. 242, Abb. 149; Orthmann 1971, S. 550, Zincirli K/5.

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346

Sam’al / Y’DY

ist lediglich noch zu erkennen, dass links eine Frau sitzt, rechts eine kleinere Gestalt sowie ein bärtiger Mann steht. Dazwischen ist vermutlich ein mit Speisen bedeckter Tisch dargestellt. Eine moderne Untersuchung dieses Objektes, falls es noch vorhanden ist, insbesondere eine Umzeichnung, wäre wünschenswert, da eine solche Figurenkonstellation einer Speisetischszene bislang nicht bekannt ist, obwohl sich aus dem benachbarten Kurkuma mehrere Reliefs mit drei Figuren erhalten haben. 6.1.3.4.7 Statuenfragmente Zu den Fundstücken aus Zincirli zählen außerdem zwei Statuenfragmente aus Basalt, möglicherweise derselben, überlebensgroßen Statue, welche die damalige Direktorin des Museums Gaziantep, Sabahat Göğüş, in den 1950er Jahren unter unbekannten Umständen in Zincirli fand. 341 Es handelt sich um ein Kopf- (H. 30 cm, ø 52 cm) und ein Armfragment (L. 45 cm). Ersteres ist nach W. Orthmann vermutlich in die letzte Stilgruppe Zincirlis, IV, d.h. ca. in die Regierungszeit Bar-Rākibs, 733 / 732 bis maximal 713, zu datieren. Angesichts der Größe des Kopffragments liegt hiermit wohl eine Königs- oder die Statue eines Gottes vor.

6.1.4

Intra- und extramurale Gräber

6.1.4.1

Wannensarkophaggräber

Eines der beiden auf dem Burghügel entdeckten Gräber aus neuassyrischer Zeit  –  das Kindergrab ist hellenistisch 342 – bestand aus einem mit sekundärem Schutt angefüllten Wannensarkophag (86 × 39 × 55 cm), welcher in der Umgebung des inneren Burgtores beigesetzt war. 343 Ihre Form kann aufgrund der charakteristischen Strickwulst sowie der jeweils zwei Henkel an beiden Enden auf assyrische Vorbilder zurückgeführt werden. Eine Abdeckung fehlte. Ebenso wie in Aššur lag der Kopf des äußerst schlecht erhaltenen Skelettes im schmalen Wannenende. Am linken Arm des Toten befand sich ein detailliertes und mit Keilschrift versehenes Rollsiegel, auf dem eine Gottheit, ein Lebensbaum und ein Adorant unter einer geflügelten Sonnescheibe dargestellt sind, welches ungefähr in die Zeit Sargons II. datiert werden kann. 344 Die weiteren Beigaben bestanden aus einer 341 Bossert 1958, S. 402, Taf. LVII, 5–6; Orthmann 1971, S. 550, Zincirli K/9. 342 Lehmann 1996, S. 280. 343 Luschan in ders. und Andrae 1943, S.  139, Abb. 192–193; Lehmann 1996, S.  281; Pedde 2000, S. 89; Herrmann 2011, S. 202. 344 Pedde 2000, S. 89. Ähnlich bereits Luschan in ders. und Andrae 1943, S. 140: um 700. Dagegen Andrae in Luschan und Andrae 1943, S. 162 (S 2147), Taf. 39 n: Beginn des 1. Jt. Die Inschrift nennt vermutlich einen Personennamen, ein Abstammungsverhältnis sowie einen Titel.

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Zincirli / Sam’al

347

Bronzeschale und einer Fibel, welche aus dem beginnenden 7. Jh. stammt, und somit auch das Grab etwas jünger datiert. 345 Das zweite, besser erhaltene Wannensarkophaggrab befand sich ebenfalls noch in situ direkt an der östlichen Außenmauer des Raumes 3 des nördlichen Hallenbaus. 346 Da dieser unter Bar-Rākib erbaut wurde, muss das Grab während oder nach dessen Regierungszeit entstanden sein. G. Lehmann datiert es aufgrund der Keramik zwischen ca. 700 und 580. Der oder die Tote ist im Sitzen und mit verschränkten Armen und Beinen bestattet worden 347 und blickte entsprechend der Ausrichtung des Sarges mit dem Kopf nach Süden. Auch hier fand sich keine Sargabdeckung, so dass man annehmen muss, dass es keine gab oder dass sie aus organischem Material gefertigt war. Im Inneren des Sarges befanden sich zwei oval geformte Keramikgefäße sowie eine Perle. Am Kopf des Sarkophages war ein Becher aus Bronze, am Fuß der Wanne ein weiteres eiförmiges Keramikgefäß sowie eine Bronzeschale mit einem Omphalos platziert. Abgesehen davon wurden zwei etwas stärker verzierte Fragmente am inneren Burgtor gefunden, die möglicherweise Reste von weiteren Wannensarkophagen darstellen. 348 Da beide Gräber sicher in die Zeit der assyrischen Vorherrschaft über Sam’al datiert werden können, bleibt weiterhin unklar, welche Bestattungsarten und Grabformen, abgesehen vom Steinkistengrab, in der Periode der politischen Unabhängigkeit existierten. Hinsichtlich der Bestattung in Wannensarkophagen, vor allem im Bereich der Zitadelle, bietet das assyrische Gūzāna eine Parallele, während die Beigabe eines Bronzegefäßes in der Grabinschrift KAI 226,6–7 aus Nayrab belegt ist. 6.1.4.2 Raum L 6 An der Nordostmauer des Raums L 6, der als Badezimmer interpretiert wurde, fand sich eine Bronzewanne, die wohl als Sarkophag zu deuten ist (1,29 × 0,62 × 0,59 m). 349 Während ein Ende des Sarkophags rechteckig abschließt, ist das andere Ende abgerundet. An beiden Enden befinden sich jeweils zwei vertikal angebrachte Henkel. Die obere Kante ist eine nach außen überstehende, ursprünglich vielleicht horizontale Leiste. Der Sarkophag kann daher als „Metallversion“ des Wannensarkophags S 1708 vom inneren Burgtor angesehen werden.

345 Pedde 2000, S. 89. 346 Koldewey 1898, S.  166, Taf. XXIV–XXV; Andrae in Luschan und Andrae 1943, S.  117, Abb. 163–164; Luschan in ders. und Andrae 1943, S.  140; Lehmann 1996, S.  281; Herrmann 2011, S. 202–203. 347 Eine sitzende Körperhaltung mit angezogenen Beinen ist von einem Grab aus Tell Faḫarīya bekannt. Bartl 2011a, S. 2, Abb. 8. Vgl. Abschnitt 3.2.2.1. 348 Andrae in Luschan und Andrae 1943, S. 140, Abb. 194–195, Taf. 24 p. 349 Jacoby 1911, S. 303–305, Taf. IL; Andrae in Luschan und Andrae 1943, S. 118–119, 171, Taf. 57 b–d (S 3809); Curtis 1983; ders. 2008a, S. 165–166, Abb. 20-h; Jendritzki und Martin 2001; Wartke 2005, S. 79, Abb. 83.

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348

Sam’al / Y’DY

Aufgrund dessen sowie ähnlicher Bronzesarkophage aus Ur und Nimrūd / Kalḫu, welche in die zweite Hälfte des 8. Jh. oder die erste Hälfte des 7. Jh. datiert werden können, dürfte der Sarkophag aus Sam’al ebenfalls dieser Zeit zuzurechnen sein. 350 Zudem wurde der Bau  L vermutlich erst unter Bar-Rākib errichtet. Wegen der Zerstörungsschichten von Zincirli ist eine Entstehung dieses Sarkophags vor 670 gesichert, so dass der Sarkophag zwischen ca. 720 und 670 hier seine vorerst letzte Ruhestätte fand. 351 Da sich im Sarkophag keine Funde feststellen ließen, muss unklar bleiben, ob mit der Deponierung des Sarkophags im Raum L 6 eine Bestattung verbunden war oder ob er sekundär hierher gelangte. Aufgrund der Erdschichten von 17 bis 23 cm zwischen dem Fußboden und dem Niveau des Sarkophags ist ein Begräbnis in einem nicht mehr genutzten Gebäude vorstellbar, was den Gebräuchen der neuassyrischen Zeit entspräche. 352 6.1.4.3 Grubengrab Während der neuen Grabungen ist zudem ein einfaches Grubengrab in Areal 4, d.h. im Bereich des südlichen Stadttores, aber innerhalb der Stadtmauern entdeckt worden, welches eine Bronzeschale, eine Fibel, einen Dolch sowie mehrere Pfeilspitzen aus Eisen enthielt und aufgrund der Stratigraphie in die Eisenzeit II oder III datiert werden kann. Es handelt sich um eine Körperbestattung. Zwar ist kein Geschlecht angegeben worden, aber es dürfte sich aufgrund der Pfeilspitzen wohl um eine männliche Person gehandelt haben, die mit dem Kopf nach Osten und den Blick nach Süden bestattet wurde. 353 6.1.4.4 Kremationsbestattung Auf einem der vielen kleineren Hügel außerhalb des Westtores ist eine Kremationsbestattung gefunden worden, zu der, abgesehen von ihrer Existenz und ihrem Fundort, jedoch keine weiteren Informationen publiziert wurden. 354 Die Suche nach weiteren Gräbern blieb bislang erfolglos. 355 Zwar liegt der Verdacht nahe, dass sich dort analog zum West Gate Cemetery von Karkamiš eine eisenzeitliche Kremationsnekropole befunden haben könnte, 356 allerdings ist angesichts der Nähe zu Gedikli Karahöyük und dessen Gräberfeldes sowie der Ausdehnung der frühbronzezeitlichen Unterstadt die Existenz einer frühund / oder mittelbronzezeitlichen Kremationsnekropole ebenso plausibel.

350 351 352 353 354 355 356

Curtis 1983, S. 92–93; ders. 2008a, S. 169. Curtis 1983, S. 86; ders. 2008a, S. 165–166; Jendritzki und Martin 2001, S. 186. Jendritzki und Martin 2001, S. 186. Schloen und Herrmann 2017, S. 178. Luschan 1894, S. 493. Luschan in ders. und Andrae 1943, S. 137. Voos 1986, S. 193, Anm. 375.

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Gerçin

6.2

Gerçin

6.2.1

Einleitung

6.2.1.1

Grabungsgeschichte und Beschreibung

349

Ca. 7 km nordöstlich von Zincirli liegt der bis zu 77 m aus der Ebene aufragende Hügel namens Gerçin, der aus einer langgestreckten südwestlichen Kuppe und einer fast kreisförmigen nordöstlichen Kuppe besteht (Abb. 80). Der Hügel wurde 1888 und 1890 von F. v. Luschan untersucht, wobei vier Statuen bzw. deren Fragmente geborgen wurden. 357 Aus diesen frühen Untersuchungen müssen zudem die zwei unpublizierten Löwenköpfe stammen, die im Vorderasiatischen Museum Berlin an der Basis der Statue angebracht sind. 358 Zumindest sechs Kleinfunde hat F. v. Luschan in Gerçin geborgen; weitere vier stammen vielleicht ebenfalls von dort. 359 Zwischen 1958 und 1960 ist der Ort durch U. Bahadır Alkım im Rahmen seines Amanus-Surveys untersucht worden, ohne Publikation der Ergebnisse. Möglicherweise zurückgehend auf diesen Survey werden an anderer Stelle Keramik der chalkolithischen bis mindestens zur Eisenzeit sowie nicht weiter spezifizierte „Grabreste“ unbestimmten Alters als Funde in Gerçin erwähnt. 360 Während des Surveys des University College London 1994 ist Keramik von der Ubayd- bis zur römischen Zeit vor Ort festgestellt worden. 361 Den Geländebegehungen von D. Bonatz und M. Pucci in den Jahren 2011–2016 zufolge war Gerçin in der Früh- und wahrscheinlich auch in der Spätbronzezeit besiedelt, wobei die größte Ausdehnung erst während der Eisenzeit erreicht wurde. Dieser Zeit lassen sich ein Sphinxfragment sowie vermutlich die an der Oberfläche erkennbaren Orthostatenreihen zuordnen. Daneben haben sie hellenistische Siedlungsaktivitäten sowie umfangreiche Schäden durch Raubgrabungen festgestellt. 362 Laut dem Plan von R. Koldewey aus dem Jahr 1890 wurde die flach abfallende südöstliche Hügelseite von einer Mauer von mindestens 1,1 km Länge geschützt (Abb. 80). 363 Die nordöstliche Kuppe war von einer zweiten, elliptisch geformten Mauer – mit Halbachsen von ca.  70 bzw. 42  m  –  umgeben, die noch auf drei Seiten zu erkennen war und eine Fläche von ca. 1 ha einnahm. Ausgehend davon, dass die stark abfallende nordwestliche 357 Luschan 1893b. 358 VA 3002.1–2. Aro 2013, S. 245, Anm. 60. 359 Luschan in ders. und Andrae 1943, S. 11. Bei diesen sechs handelt es sich um Lithik. Vielleicht ebenfalls aus Gerçin stammen das Amulett S 2882 (Luschan in ders. und Andrae 1943, S. 25–26, 146–147, Taf. 9b, 10f; Wartke 2005, S. 79, Abb. 79), die bronzene Hirschfigurine S 3522 (Luschan in ders. und Andrae 1943, S. 114, 168, Taf. 49d), das Siegel S 3521 (Luschan in ders. und Andrae 1943, S. 158, Taf. 37p) und das Scheibenfragment S 3541 (Luschan in ders. und Andrae 1943, S. 32, 147, Taf. 9f). 360 Alkım 1969, S. 281, Nr. 24 („Büyük Gerçin“); Önal et al. 2007, S. 335; Üngör 2011, S. 144. Allerdings wird der Survey U. B. Alkıms nicht als Quelle angegeben. 361 Garrard et al. 1996, S. 61, Tab. 1. 362 Bonatz und Pucci ohne Jahr a; dies. ohne Jahr b. 363 Wartke 2005, S. 25, Abb. 24.

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350

Sam’al / Y’DY

Abb. 80: Gerçin.

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Gerçin

351

Seite ebenfalls eine Begrenzung darstellte, wie die antiken Häuserreste auf der südlichen Kuppe vermuten lassen, dürfte die ehemalige maximale Nutzungsfläche zwischen Mauer und Abhang etwa 15 ha betragen haben. 364 D. Bonatz und M. Pucci setzen eine Siedlungsfläche von ca. 2,2 ha auf der nordöstlichen Kuppe und 8,8 ha auf der südöstlichen an, wobei hierbei noch die Fläche vor der heute teilweise noch erkennbaren südöstlichen Mauer – von ihnen mit ca. 965 m Länge angegeben – hinzukäme. 365 Obwohl letztlich der Beweis in Form von regulär ausgegrabenen eisenzeitlichen Architekturresten fehlt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass es sich bei den archäologischen Hinterlassenschaften auf Gerçin nicht nur um einen Tempel und / oder eine Nekropole, sondern um eine Stadt dieser Epoche handelte. Diese ist vielleicht mit Lutibu zu identifizieren, welches laut Salmanassar III. im Jahr 858 durch Ḥayyā von Sam’al kontrolliert wurde. 366 6.2.1.2

Bisherige Interpretationen

Im Gegensatz zu diesen Erkenntnissen wird Gerçin in erster Linie als Fundort der monumentalen Hadadstatue mit der Inschrift KAI 214 sowie der zwei Statuentorsi und dem Relief einer Doppelfigur wahrgenommen und demzufolge meist als Nekropole der Könige von Sam’al betrachtet, eine Interpretation, welche auf Benno Landsberger zurückgeht. 367 Allerdings hat er diese These explizit unter der Prämisse aufgestellt, dass der Statuentorso aus Tahtalı Pınar tatsächlich aus Gerçin stamme, was, wie oben erwähnt, als unwahrscheinlich erachtet werden kann. 368 Erst in zweiter Linie bezieht er sich auf den in KAI 214 beschriebenen Ahnenkult, da er implizit davon auszugehen scheint, dass dieser am Grab stattgefunden haben muss. Unterstützung erfährt diese These vor allem durch die neueren Übersetzungen dieses Textes durch John C. L. Gibson und J. Tropper, die an einer bzw. drei Textstellen einen Grabbezug rekonstruieren. 369 Eine Variante der Nekropolenthese hat H. Niehr aufgestellt, der in Gerçin den Zusammenfall einer Grabund einer Ahnenkultanlage, letztere in Anlehnung an die Tradition des hethitischen NA4 ḫekur, sieht. 370 E. Lipiński sowie J. D. Schloen und A. S. Fink vermuten dort lediglich einen Hadadtempel. 371 D. Bonatz und M. Pucci vertreten die These, dass sich in Gerçin sowohl der sam’alische Haupttempel des Hadad als auch die königliche Nekropole und die königliche Ahnenkultstätte befunden haben. 372 364 365 366 367 368 369 370 371 372

Ausgehend von einem Trapez mit den Maßen a = 900 m, c = 600 m, h = 200 m. Bonatz und Pucci ohne Jahr a. Herrmann und Schloen 2016, S. 267 (RIMA 3, A.0.102.1 53’–64’a, A.0.102.2 i 41b–51a). Landsberger 1948, S. 65–66, Anm. 167. Siehe Abschnitt 6.1.3.4.3. Niehr 1994, S. 70–71 betrachtet diesen Punkt lediglich als Argument gegen eine Nekropole aller sam’alischen Könige in Gerçin, was durch die neue Lesung und Übersetzung der Ördekburnu-Stele (Lemaire und Sass 2012; dies. 2013) unterstützt wird. Gibson 1975, S. 67, 72; Tropper 1993, S. 5, 60–61, 75–76. Niehr 2001, 94; ders. 2006, S. 116–117. Lipiński 2000, S. 634; Schloen und Fink 2009a, S. 7, 11. Bonatz und Pucci ohne Jahr b.

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352 6.2.2

Sam’al / Y’DY

Hadadstatue mit Inschrift KAI 214

Auf seiner zweiten Exkursion nach Gerçin fand bzw. identifizierte F. v. Luschan 1890 die in mehrere Fragmente zerbrochene Hadadstatue (Basalt, Höhe 2,85 m, Abb.  81) mit der sam’alischen Inschrift KAI 214. 373 Diese war unterhalb des Gürtels des ursprünglich wohl vier Meter hohen Standbildes angebracht, welches bis auf die Füße und die Unterarme vollständig erhalten ist. Die Darstellung des Wettergottes entspricht den Statuen aus Ḫiyawa / Que in Karatepe und in Çineköy, welche ebenfalls mit langen Roben, im Gegensatz zu den auf Stelen üblichen kurzen Röcken, bekleidet sind und auf einem Stierpaar bzw. auf einem von zwei Stieren gezogenen Wagen stehen. 374 Die Wahl dieser Kleidung sowie die fehlenden Hörner der Wettergottstatue aus Karatepe hat G. Bunnens zu der Vermutung geführt, dass es sich bei dieser kleinen Gruppe entweder um Wettergottheiten oder um Könige handeln könnte, die sich wie einen Wettergott darstellen ließen, 375 was sich aber ohne überzeugendere Beispiele nicht verifizieren lässt. Während der untere Teil der Statue auf der nordöstlichen Kuppe von Gerçin, innerhalb des zweiten Mauergürtels,  d.h.  im Zentrum der Siedlung, geborgen wurde, lagen die Kopf- und Brustfragmente zu Füßen dieser Erhebung. Dass sie ursprünglich auf dieser aufgestellt wurde, ist mehr als wahrscheinlich, auch wenn bislang keine eventuell dazugehörige Basis entdeckt

Abb. 81: Hadadstatue aus Gerçin.

373 Tatsächlich hatte er den Unterleib bereits 1888 entdeckt, aber nicht den tatsächlichen Charakter der „Dolerit-Walze“ erkannt. Luschan 1893b, S.  49–52, Taf. VI–VII; Donner und Röllig 1964, S. 214–223; Orthmann 1971, S. 53, Anm. 1, 75–76, 135, 139, 157, 202, 234, 243, 360, 483–484, Taf. 7,d Gerçin 1; Gibson 1975, S. 60–76, Taf. III; Genge 1979, S. 143–145, Abb. 104; Voos 1986, S. 159– 161; Tropper 1993, S. 54–97, Abb. 4, 9–11; Niehr 1994; ders. 2001; ders. 2006, S. 117–118; ders. 2010a, S. 278, 280–281; ders. 2014a, S. 184–187, ders. 2014b, S. 58–59; Toorn 1996, S. 166–167; Dion 1997, S. 265–267; Bonatz 2000a, S. 25, 69–70; 74–75; 112, 134, 146, 151–152, 164–167, 178, 202, Anm. 22, 204, Anm. 39; Younger 2000, S. 156–158; Kottsieper 2005; Wartke 2005, S. 33–36, 61–62, Abb. 25–26, 44, 61; Bunnens 2006, S. 56–58, 120; Green 2010, S. 175–193; Lemaire 2012, S. 130–132. 374 Bunnens 2006, S. 56–58; Bonatz 2014a, S. 227. 375 Bunnens 2006, S. 56–58, 120, 128. Ein weiteres Argument wäre das Vorhandensein eines Stabes in der rechten Hand der Statue aus Karatepe, der auf syro-hethitischen Bildwerken vor allem als Attribut von Herrschern und nicht von Gottheiten belegt ist. Vgl. Çambel und Özyar 2003, S. 115.

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Gerçin

353

werden konnte. Laut der Inschrift wurde die Statue von Panamuwa I. noch zu dessen Lebzeiten errichtet, was bedeutet, dass sie in der Zeit vor ca. 745 entstanden sein muss. H. Genge kommt aufgrund stilistischer Kriterien zu einer Datierung zwischen 775 und 750, während J. Tropper sie paläographisch zwischen 770 und 760 einstuft. Inschrift und Statue müssen jedoch nicht gleichzeitig entstanden sein, da die erste Zeile gegenüber den anderen deutlich vertieft ist und eventuell auf eine frühere Inschrift, die später getilgt wurde, hindeutet. 376 6.2.2.1

Inschrift

Die in diesem Zusammenhang aussagekräftigen Zeilen lauten: 1. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 1. 14. 15.

„’nk pnmw. br. qrl. mlk. y’dy. zy.hqmt. nṣb. zn. lhdd. b‘lmy […] w[h]qmt. nṣb. hdd. zn. wmqm. pnmw. br. qrl. mlk. y’dy. ‘m. nṣb. hd[r.] wmnmn. bny. y’ḥz[. ḥṭ]r. wyšb. ‘l. mšby. wys‘d. ’brw. wyzbḥ. hdd. zn[.] ’b/ry------(-)nšy. wyzbḥ. ---(-)[z]n. --- yzbḥ. hdd. wyzkr. ’šm. hdd. ’w. -’. p’. y’mr. [t’kl n]bš. pnmw. ‘mk. wtš[ty.] nbš. pnmw. ‘mk. ‘d. yzkr. nbš. pnmw. ‘m[.] [hd]d. … (10–11 Zeichen) … [z]bḥh. z’. [y]tn[.] l[hdd. wy]rqy. bh. š’. 377 lhdd. wl’l. wlrkb’l. wlšmš[.] [wlršp. ’]n[k. p]nm[w. ---]b[y]t[. l’lh]y. qr[.] z’. pb[nyt]h. whwšbt. bh. ’ lhy. wbḥlbbty/h. hn’t. [’lhy p’(?).] ntnw. ly. zr‘. ḥb’-------y--’[.] m[nmn.] bny. y’ḥz. ḥṭr. wyšbl. ‘l. mšby. w[y]mlk. ‘l. y’[dy]. wys‘d. ’brw. wy[zbḥ. hdd. zn. wl’. yzk]r. ’šm. pnmw. y’mr. t[’] kl. nbš. pn[mw.] ‘m. hdd. tšty. nbš. pnmw. ‘m. h[d]d. h’. … (14–15 Zeichen) … ḥ.(?)hn. zbḥh. w’l[.] yrqy.bh[.] wmz. yš’l. ’l. ytn. lh. hdd. […] Ich bin Panamuwa, Sohn des QRL, König von Y’DY, der ich diese Statue aufgerichtet habe für Hadad an meiner ewigen (Grab-) Stätte. […] Und (zwar) [ri]chtete ich diese Hadad-Statue auf und die Nekropole des Panamuwa, des Sohnes des QRL, des Königs von Y’DY, nebst der Statue (in) der Grabkam[mer](?). Und wer auch immer von meinen Söhnen das [Zep]ter ergreift und sich auf meinen Thron setzt und seine Machtposition festigt und

376 Tropper 1993, S. 54, Anm. 13. 377 Euting in Luschan 1893b, S. 51; Lemaire 2012, S. 132.

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354

Sam’al / Y’DY

16. 17.

18.

19.

20. 21. 22.

23.

dieser Hadad(statue) opfert … und opfert [di]es… opfert dem Hadad und (ob er) den Namen des Hadad anruft oder … – dann soll er sprechen: ‚[Der To]tengeist 378 des Panamuwa [soll] zusammen mit dir [essen], und der Totengeist des Panamuwa soll zusammen mit dir tri[nken].‘ Immerfort soll er den Totengeist des Panamuwa zusammen mit [Had]ad anrufen. … (10–11 Zeichen) … Dies sei die [Op]ferung, die er dem [Hadad dar]bringen soll. [Und er (: Hadad) möge Wohl]gefallen an ihr finden. Es sei ein Schaf 379 für Hadad, für El, für Rākib-El, für Šamaš [und für Rašap. I]c[h, Pa]namu[wa(?) gelobte(??)] einen Te[mpel für die Göt]ter der Stadt. Und ich baute ihn und ich ließ darin die Götter wohnen. Und in meiner Regierung(szeit) teilte ich [den Göttern] einen Ruheplatz zu, [und(?)] sie gaben mir (dafür) Nachkommen als Geschenk(?)… We[r auch] immer von] meinen Söhnen das Zepter ergreift und sich auf meinen Thron setzt und als König [h]errscht über Y’[DY] und seine Machtposition festigt und [diesem Hadad] op[fert, ohne] den Namen Panamuwas [anzuru]fen, indem er sagt: ‚Der Totengeist des Pana[muwa] soll mit Hadad [e]ssen, der Totengeist des Panamuwa soll mit Ha[da]d trinken.‘  –  Was ihn betrifft/Siehe … Opferung. Und nicht soll er (: Hadad) Wohlgefallen daran (: an der Opferung) finden. Und was er (: Panamuwas Nachfolger) auch erbittet, soll ihm Hadad nicht geben. […]“ 380

Im Vergleich zur Tropperschen Übersetzung wird hier der religionsgeschichtlich neutralere Begriff „Totengeist“ anstelle von „Seele“ ebenso bevorzugt 381 wie die neue und gleichzeitig alte Lesung von š’* anstelle von šy* (Z. 18), welche bereits der Erstbearbeiter Julius Euting präferiert hat. Da sich das vorangehende zbḥ im Hebräischen stets auf lebendige Opfermaterie, d.h. auf Tiere bezieht, stellt ein Schaf eine passende Spezifizierung dieses Opfers dar. 382 Die Inschrift im Ganzen kann keinem einzelnen Genre zugeordnet werden. Sie enthält Elemente einer Gedenk- und einer Weihinschrift ebenso wie Anweisungen an den Thronfolger, den Ahnenkult Panamuwas I. sowie die Rechtssprechung innerhalb der kö378 Niehr 1994, S. 63–65. In der Diskussion verwendet J. Tropper diesen Begriff ebenfalls. Tropper 1993, S. 78. 379 Euting in Luschan 1893b, S. 51; Lemaire 2012, S. 132. 380 Tropper 1993, S. 74–82. 381 Niehr 1994, S. 63–65. In der Diskussion verwendet J. Tropper diesen Begriff ebenfalls. Tropper 1993, S. 78. 382 Euting in Luschan 1893b, S. 51; Lemaire 2012, S. 132. Vgl. dagegen jedoch Younger 2020, S. 14.

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Gerçin

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niglichen Familie betreffend. Panamuwa stellt sich im autobiographischen Teil als Liebling der Götter sowie Urheber des wirtschaftlichen Aufschwungs im Land dar (Z. 2–13). Darauf folgen der Bau eines architektonischen Komplexes inklusive der Errichtung der Statue und detaillierte Vorschriften zum königlichen Ahnenkult (Z. 13–19). Nach einem kurzen Einschub, in dem der Bau eines Tempels durch Panamuwa I. beschrieben wird (Z. 19–20), werden die negativen Konsequenzen für den Thronfolger, sollte er den Ahnenkult ignorieren, in Form mehrerer Flüche aufgelistet (Z. 20–24). Der Text endet mit einem juristischen Leitfaden für gewaltsame Auseinandersetzungen innerhalb der königlichen Dynastie, nicht ohne diese vorher zu verurteilen (Z. 24–34). 6.2.2.2 Diskussion Die in der Inschrift genannten architektonischen Begriffe werden in der Forschung auf verschiedene Weise übersetzt und damit interpretiert. Anhänger der Landsbergerschen These fassen die Zeilen 1, 14 und 15 respektive die Lexeme ‘ lm, mqm sowie das teilweise zu rekonstruierende ḥd[r] als direkte Bezüge zu einem Grab Panamuwas I. auf. 383 Allerdings existiert keine Passage im Text, die unzweideutig auf ein solches oder die Beisetzung eines Leichnams rekurriert, wie der Terminus qbr in KAI 215, 21, weshalb die Inschrift auch ohne einen Bezug zu einem Grab übersetzt worden ist. 384 Es gilt daher, die Bedeutung der Lexeme sowie ihrer Kontexte genau zu evaluieren. Bereits in der Einleitung schildert Panamuwa die Errichtung der Hadadstatue gefolgt von b‘ lmy. ‘ lm bedeutet im Nordwestsemitischen wörtlich „unbegrenzte Zeitdauer, Ewigkeit“ und ist im vorliegenden Fall als „Fortdauer“, „Jugend“ sowie „Grab“, sowohl im übertragenen als auch im wörtlichen Sinn, interpretiert worden. Erstere Deutung könnte sich auf die Lebenszeit des Königs oder seinen Ruhm beziehen, wie Herbert Donner und Wolfgang Röllig vorschlagen, 385 oder im Zusammenhang mit der Weiterexistenz des Totengeistes stehen. Eine Alternative stellt die Übersetzung mit „von Jugend an“ dar, wobei dieser Ausdruck nach gängiger Meinung nicht an den ersten Satz angeschlossen werden, sondern den Beginn des zweiten Satzes bilden soll. 386 Gegen die Umgruppierung werden von J. Tropper syntaktische und epigraphische Argumente vorgebracht, gegen die Übersetzung der Präposition b als „von … an“ semantische. 387 Von ihm und anderen For383 Gibson 1975, S. 67, 72; Tropper 1993, S. 5, 60–61, 75–76; Niehr 1994, S. 68–71; ders. 2001, S. 83– 85, 89–90; ders. 2006, S.  116–117; ders. 2010a, S.  280–281; Toorn 1996, S.  166; Bonatz 2000a, S.  69–70, Younger 2000. Landsberger 1948, S.  65–66, Anm. 167 erwägt lediglich für mqm die Bedeutung „Grabstele“, übersetzt es aber mit „Standort“. 384 Bspw. Donner und Röllig 1964, S. 214–223; Kottsieper 2005. 385 Donner und Röllig 1964, S. 217. Auch Tropper 1993, S. 60–61 akzeptiert dies als Alternative. 386 Unter Bezug auf aram. ‘ lym „Kind“ (KAI 222 A, 22, Tell Faḫarīya 21), hebr. ‘ălûmîm („Jugend“) sowie die akk. Phrase ina/ištu ṣeḫrūti („von Jugend an“). Tawil 1974, S. 42–43; Gibson 1975, S. 65; Sader 1987, S. 163, Anm. 29; Hoftijzer und Jongeling 1995, S. 862; Kottsieper 2005, S. 309; Green 2010, S. 177, Anm. 12. 387 Tropper 1993, S. 61.

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Sam’al / Y’DY

schern wird ‘ lm dagegen entweder als „ewige (Grab- / Wohn-) Stätte“ aufgefasst und als elliptischer Ausdruck für Grab interpretiert 388 oder direkt als „Grab“ ausgelegt, 389 meist unter Bezugnahme auf die Inschrift des Aḥīrōm-Sarkophags (KAI 1, 1) des beginnenden 10.  Jh. 390 Außerdem sind zahlreiche, meist jüngere Belege anderer nordwestsemitischer Sprachen zu nennen, in denen b(y)t ‘ lm(n) als „Grab“ übersetzt werden kann. 391 Allerdings stellt der zweite Beleg dieses Begriffes im Sam’alischen, in der Verbindung syr/d ‘ lm in der KTMW-Inschrift, ein Argument gegen die Bedeutung „Grab“ dar, da er sich auf die direkte Umgebung der Stele bezieht, dort aber keine Anzeichen für sterbliche Überreste oder ein Grab gefunden worden sind. Zu den Argumenten für seine letztendliche Entscheidung zugunsten der Interpretation von ‘ lm als „Grab“ in diesem Fall nennt J. Tropper ausdrücklich „die Tatsache, daß die vorliegende Statue tatsächlich in der Königsnekropole von Gerçin gefunden wurde“, 392 was jedoch ohne wissenschaftliche Ausgrabungen vor Ort eine unbewiesene These aufgrund eben dieser Inschrift und somit einen Zirkelschluss darstellt. Das zweite von J. Tropper vorgebrachte Argument ist die Analogie zu Zeile 14, wo die Hadadstatue im Zusammenhang mit einer Nekropole (mqm) genannt sei. 393 Unabhängig davon, ob sich mqm, wörtlich „Platz“, auf ein Heiligtum, einen Tempel, einen Ahnenkultort oder ein Grab bzw. Nekropole beziehen sollte, ist dieses Argument allein nicht ausreichend. Denn unter Berücksichtigung der zeitnahen, ebenfalls sam’alischen KTMW-Inschrift, deren erster Satz syntaktisch und größtenteils auch inhaltlich dem ersten Satz der Hadadstatue entspricht, 394 sollte die Phrase b‘ lmy analog zur gleichermaßen gebildeten Konstruktion bḥyy „zu meinen Lebzeiten“ aufgefasst, als „in meiner Jugend“ übersetzt und zum ersten Satz hinzugezogen werden. Zu beachten ist dabei, dass keine der von J. Tropper gegen die Übersetzung mit „von Jugend an“ und die Hinzuziehung zum zweiten Satz vorgebrachten Argumente gegen die hier vertretene Interpretation spricht. Dass die Formel „zu meinen Lebzeiten“ noch auf einer aramäischen Grabstele des 4. Jh. aus dem benachbarten Kilikien in vergleichbarer Form am Ende des ersten Satzes auf einer Grabstele verwendet wurde, weist sowohl auf die Langlebigkeit als auch auf die Bedeutung dieser Floskel hin. 395 388 Tropper 1993, S. 60–61; Younger 2000, S. 156. 389 Als semantische Verengung von „Unterwelt“,  u.a.  im Ugaritischen. Niehr 1997, S.  299; Kutter 2008, S. 229–230. 390 Tropper 1993, S. 60: kšth b‘ lm „als er ihn hinlegte ins Grab“. Ebenso Niehr 1997, S. 297–298. Dafür spricht die vorangestellte Präposition b, die zusammen mit ‘ lm sonst allein in KAI 1, 1 bezeugt ist. Kutter 2008, S. 230. 391 Tropper 1993, S. 60; Hoftijzer und Jongeling 1995, S. 160; Niehr 1997, S. 298–301. Andererseits konnte, allerdings erst in römischer Zeit, bt ‘ lm auch als „Tempel“ aufgefasst werden. Hoftijzer und Jongeling 1995, 159. Vgl. auch Drijvers und Healey 1999, S. 40, was im Raum Edessa in nachchristlicher Zeit einen häufig verwendeten Terminus für „Grab“ in Grabinschriften darstellte. 392 Tropper 1993, S. 60. 393 Tropper 1993, S. 60–61. 394 Pardee 2009, S. 59; Masson 2010, S. 51, Anm. 33. 395 Lemaire 1994, S. 96–98 (Kumkulluk). Vgl. auch die Grabstele aus Göller bei Bostanlar, in deren Inschrift die Phrase „in seiner Jugend“, realisiert als b‘ lmtwhy, in einem anderen Kontext verwendet wird. Lemaire 1994, S. 91–96.

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Gerçin

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Die Bedeutung von mqm, vermutlich ein phönizisches Lehnwort, 396 ist im Kontext dieser Inschrift ebenfalls als „Grab“ interpretiert worden. 397 Ab etwa 500 ist es in Sidon (KAI 14, 4) und in Byblos (KAI 9 A, 3) im Sinne einer architektonischen Struktur in einem funerären Zusammenhang, eines „Grabes“, „Grabkomplexes“ oder einer „Nekropole“ belegt. 398 In der phönizisch-luwischen Bilingue KAI 26 A, I 14, 17, II 3 aus dem unweit gelegenen Karatepe wird es zwischen ca. 720 und dem Beginn des 7. Jh. dagegen als „Ort“ im topographischen Sinn verwendet. Daneben existieren auch die Bedeutungen „Heiligtum“ sowie „Platz“. 399 Vor allem ist jedoch die sam’alische Verwendung dieses Lexems zu berücksichtigen, d.h. neben KAI 214 auch die Inschrift der Ördekburnu-Stele. Dort ist die Übersetzung von mqm mlky (Z. 9) als „Platz der Könige“ im Sinne einer „Nekropole der Könige“ die einleuchtendste Erklärung. 400 Demnach stellt sie aufgrund des übereinstimmenden königlichen Milieus und der Institutionalisierung von regelmäßigen Opfern zugleich die plausibelste Interpretation für den Kontext von KAI 214 dar. Desweiteren ist zu fragen, ob die Passage vom Bau der Hadadstatue und mqm (Z. 13– 15) eine Parallele zum Bau eines Tempels „für die Götter dieser Stadt“ (Z. 19) darstellt, so wie die ihnen jeweils nachfolgenden Abschnitte über den Ahnenkult des „guten“ (Z. 15–18) sowie des „bösen“ Nachfolgers (Z. 20–24) dasselbe Motiv ebenfalls aus zwei verschiedenen Perspektiven beleuchten. Falls von einem separaten Bau ausgegangen wird, ließ Panamuwa I. zusätzlich zu seinem Grab in der Nähe der Hadadstatue diesen Tempel in Gerçin errichten. V. R. Herrmann hält dies für unwahrscheinlich und nimmt aufgrund der Tatsache der direkt aufeinander folgenden Passagen der beopferten Götter in den Zeilen 18–19 und der Beschreibung des Tempelbaus in Zeile 19 sowie der Parallelen zur KTMW-Inschrift, wo ebenfalls fünf Gottheiten beopfert wurden, an, dass Panamuwa I. nur einen Tempel errichten ließ, in welchem er seinen Ahnenkult – mit oder ohne Grab – institutionalisierte. 401 Mit nṣ*b* ist wahrscheinlich eine Statue Panamuwas gemeint, deren Existenz durch die Anrufung der nbš Panamuwas bedingt wird. 402 Vermutlich auf den Standort be396 Tropper 1993, S. 76. 397 Gibson 1975, S. 67, 72; Tropper 1993, S. 75; Hoftijzer und Jongeling 1995, S. 679–680; Margalit 1995, S. 179; Niehr 2006, S. 117; ders. 2010a, S. 280; ders. 2014a, S. 185; Lemaire 2012, S. 130; Sanders 2013, S. 38, Anm. 14, 48–49: „Grab“ bzw. „Nekropole“. Niehr 1994, S. 69; Toorn 1996, S. 166; Dion 1997, S. 266, Anm. 107: „Totenkapelle“ bzw. „funerary shrine“ bzw. „lieu saint“, von dem das Grab jeweils einen Teil bildete. Niehr 2001, S. 84–85: „Memorialstätte“ ohne Grabbezug. Donner und Röllig 1964, S. 215; Kottsieper 2005, S. 310; Green 2010, S. 184, Anm. 45: „Platz“; „Ort“; „Kultplatz“. Younger 2000, S. 157 übersetzt mqm mit „Platz“, fasst jedoch das nachfolgende ḥd[r] als Bezeichnung für das architektonische Ensemble auf und übersetzt es mit „Grabkammer“. 398 Hoftijzer und Jongeling 1995, S. 680. Die Aufzählung in KAI 14, 3–4 scheint von der kleineren zur größeren Sinneinheit voranzuschreiten: Sarkophag, Grab, mqm, was einer Gleichsetzung mit „Grab“ entgegenzustehen und auf einen größeren Komplex als das einzelne Grab bzw. die einzelne Grabkammer zu rekurrieren scheint. 399 Hoftijzer und Jongeling 1995, S. 680; Dion 1997, S. 266, Anm. 107. 400 Lemaire und Sass 2012; dies. 2013. 401 Herrmann 2014a, S. 84. 402 Niehr 1994, S. 64–65. Skeptisch ist Bonatz 2000a, S. 202, Anm. 20.

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Sam’al / Y’DY

sagter Statue (nṣ*b*) bezogen finden sich zwei Buchstaben, die wahrscheinlich zu ḥ*d*[r],  d.h.  „Kammer, Inneres“, zu ergänzen sind. 403 In einem Grabkontext, wie er etwa in der zweiten Inschrift von Ḫirbat al-Qom gegeben ist, entspricht es der Bedeutung „Grabkammer“. Aufgrund des vorher genannten mqm, das wohl als Nekropole oder Grab zu interpretieren ist, bezieht sich der Begriff auch hier vermutlich auf das Innere eines Grabes oder Grabbaus. Deshalb wäre es aufgrund der kultischen Unreinheit ungewöhnlich, wenn sich nṣ*b* auf eine Statue Hadads bezöge. 6.2.2.3 Rekonstruktion Zwei verschiedene Adressaten der Inschrift lassen sich aus dem Text herausfiltern: Zum einen ist dies die Bevölkerung oder die Elite Sam’als, die durch die heilsgeschichtlichen Züge der Herrschaft Panamuwas I. angesprochen werden. 404 Auf der anderen Seite sind es dessen eigene Nachkommen, deren Machtkämpfe untereinander wahrscheinlich schon begonnen hatten. 405 Dabei zeigt sich die Unentschlossenheit Panamuwas I., der einerseits eine friedliche Koexistenz zwischen seinen Söhnen stiften möchte, andererseits ausdrücklich denjenigen für seinen Ahnenkult vorsieht, der sich im Machtkampf unter den Söhnen durchsetzt, anstatt das Risiko einzugehen, sich bereits auf einen Sohn festzulegen und zu riskieren, auf den falschen Sohn gesetzt zu haben und nicht beopfert zu werden. Zusammengefasst überwog die Sorge um die Pflege seines Totengeistes letztlich die Angst vor den Erbfolgestreitigkeiten. Im Mittelpunkt des Textes steht ein komplexes Ahnenkultritual. Zunächst listet Panamuwa I. die beiden Voraussetzungen auf, die erfüllt sein müssen, um es durchzuführen. Dazu gehört zum einen, dass einer seiner Söhne die Macht ergriffen und den Thron bestiegen hat sowie seine Herrschaft sichern konnte (Z. 15). Eine zweite Vorraussetzung stellt die Durchführung von Opfern zugunsten von sowie die Anrufung Hadads durch den Thronfolger dar. Erwähnt werden ein oder mehrere Opfer an Hadad (Z. 15–16), von denen aufgrund der Textlücken unklar ist, ob sie mit den später genannten Handlungen identisch oder ob sie davon unabhängig sind. Fest steht, dass innerhalb dieser Passage zweimal die Phrase „(und) opfert dem Hadad“ sowie ein weiteres Mal „und opfert“ erscheint. Im Anschluss daran soll zunächst Hadad allein angerufen werden. Daraufhin legt Panamuwa die Einbettung des Kultes für seinen Totengeist, darunter auch die Worte, die der Sohn sprechen soll, genau fest. Dieser soll den Totengeist Pana403 Tropper 1993, S.  75–76; Niehr 1994, S.  68–69; ders. 2001, S.  83–85; ders. 2010a, S.  280–281; ders. 2014a, S. 185; Toorn 1996, S. 166; Kottsieper 2005, S. 310. Vgl. dagegen Sanders 2013, S. 49, welcher die hier rekonstruierte Passage ignorierend sich aufgrund der direkten Adressierung Hadads – aber nicht Panamuwas – im Ritual explizit gegen die Präsenz einer Statue Panamuwas I. positioniert. Abgesehen davon besteht theoretisch auch die Möglichkeit, dass es sich bei nṣ*b*, wie in der KTMW-Inschrift, um eine Stele handelt. Vgl. dazu die Stele aus Gözlühöyük mit Elementen königlicher Ikonographie. 404 Younger 1986. 405 Lipiński 2000, S. 243.

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Gerçin

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muwas anrufen, mit Hadad zu essen und zu trinken, was darauf schließen lassen könnte, dass in der vorangehenden Passage Speise- und Trankopfer genannt wurden. Die in direkter Rede wiedergegebene Anrufung des letzteren setzt aller Wahrscheinlichkeit nach die materielle Gegenwart des Königs, vermutlich in einer Statue, voraus, um den Totengeist verköstigen zu können. 406 Die Einladung zum Essen und Trinken mit Hadad ist nicht als Zeichen einer Erhebung des verstorbenen Königs in einen göttlichen Rang, sondern in den der privilegierten Existenz eines verstorbenen Königs aufzufassen, insbesondere da Panamuwa letztlich von den Opferzuteilungen an Hadad abhängig bleibt. 407 Darauf folgt die Anweisung, dieses Ritual „immerfort“, d.h. periodisch, zu wiederholen (Z. 17–18). 408 Die nächste Passage von 10 bis 11 Zeichen ist schwierig zu entziffern (Z. 18). 409 Im Anschluss daran heißt es, dass dies die Opferung für Hadad sei und dass er daran Wohlgefallen finden möge (Z. 18). Daraufhin wird ein Schaf als Opfer an Hadad, El, Rākib-El und Šamaš spezifiziert, wobei eventuell eine weitere Gottheit, vielleicht Rašap, ergänzt werden muss (Z. 18–19). Ob hier ein Rückbezug auf das bzw. die in Zeile 16 genannten Opfer vorliegt, ist schwer zu sagen. Dagegen spräche, dass die Opfer in Zeile 16 explizit Hadad, sowie indirekt Panamuwa, dargebracht werden, während in Zeile 18 mindestens vier Gottheiten geopfert wird. Somit könnte es sein, dass das Schaf für die vier oder fünf Gottheiten eventuell nur einen Teil der tatsächlich darzubringenden Opfer darstellte. Wie lässt sich die Umgebung der Statue aus dem Text heraus rekonstruieren? Einem früheren Vorschlag H. Niehrs zufolge bildeten die Hadadstatue am Grab (‘ lm) sowie die Panamuwastatue im „inneren Gemach“ (ḥdr) einer „Memorialstätte“ (mqm) eine architektonische Einheit. 410 Allerdings existieren bislang keine archäologischen Parallelen zu Götterstatuen an Gräbern, was generell durch die Aversion der Gottheiten gegenüber der Unreinheit der Toten erklärt werden kann. 411 Inzwischen hat H. Niehr sein Modell revidiert und lokalisiert die Hadadstatue auf einem Kultplatz und die Statue Panamuwas I. im Grab. 412 Dies würde, nimmt man die Torsi B und C aus Gerçin als nächste Anhaltspunkte für eine Statue Panamuwas I., 413 eine Mindesthöhe von ca. zwei Metern – ohne die übliche Statuenbasis  –  sowie eine begehbare Grabkammer erfordern. Die einzige chronologisch und räumlich in etwa vergleichbare Grabkammer, die südliche Gruft am Westpalast von Tell Ḥalaf, war dagegen max. 2,10  m hoch, verschlossen und nicht für den regelmäßigen Besuch konzipiert. Regelmäßig beopferte Grabstatuen waren zwar in zwei der überirdischen Grabanlagen derselben Stadt vorhanden, aber deutlich kleiner als 406 Niehr 1994, S. 63–65; Bonatz 2000a, S. 146 contra Dion 1997, S. 266, Anm. 108, der den Totengeist Panamuwas in der Hadadstatue anwesend hält. Einer der Statuentorsi B und C könnte eben diese Statue darstellen. Niehr 2006, S. 117. 407 Niehr 2010a, S. 281. Vgl. Pardee 2009, S. 63. 408 Tropper 1993, S. 78. 409 Gibson 1975, S. 73 schlägt als Ergänzung „Throughout the days of his rule let him“ vor. Vgl. Tropper 1993, S. 78. 410 Niehr 2001, S. 89–90. 411 Vgl. Scurlock 2002, S. 2. 412 Niehr 2010a, S. 280–281; ders. 2014a, S. 185. Vgl. ders. 1994, S. 69. 413 Siehe unten.

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Sam’al / Y’DY

zwei Meter. Möglicherweise handelt es sich deshalb bei ḥ*d*[r] um einen dazugehörigen, aber vom eigentlichen Grab räumlich getrennten Bereich, eventuell vergleichbar mit den einräumigen Bauten über den Kremationsgräbern von Tell Ḥalaf oder dem „Goldgrab“ in Karkamiš, jedoch größer, oder den Räumen über den königlichen Gräbern im Westpalast von Ebla, wo die Statue eines Königs mit Löwenbasis aufgestellt war. 414 Ähnliches könnte für Raum 28 der zone funéraire über den königlichen Gräbern im Palast von Ugarit gegolten haben. 415 Mit mqm ist wohl der Grabkomplex als Ganzes gemeint, wie die Bezeichnung mqm mlky aus der Ördekburnu-Inschrift nahelegt. Dieser stand vermutlich in direkter Verbindung zur Hadadstatue oder bezog diese mit ein, eventuell in einem Annexbau. 416 Unabhängig davon lassen sich aus der Tempelbaupassage (Z.  19–20) zwei mögliche Szenarien für die Bautätigkeit Panamuwas I. ableiten: Entweder sind Hadad- und Panamuwastatue sowie dessen Grab innerhalb des bzw. in Verbindung zum Tempel der „Götter dieser Stadt“ zu lokalisieren oder es existierte zusätzlich zum mqm pnmw inklusive der Hadadstatue ein separater Tempel. Erstere Möglichkeit wird von V. R. Herrmann aufgrund der Textstruktur als die plausiblere erachtet, während H. Niehr sich für die zweite Variante ausgesprochen hat und diesen Tempel in Sam’al lokalisiert. 417 Zusammenfassend lässt sich angesichts der archäologischen und philologischen Indizien mit einiger Sicherheit konstatieren, dass sich in Gerçin das Grab und die Memorialstätte Panamuwas I. – sowie eventuell weiterer Könige – befanden, die in einem engen architektonischen und kultischen Zusammenhang mit der dort gefundenden Hadadstatue standen, wobei die Statue Panamuwas I. vielleicht in einem Raum über dem eigentlichen Grab aufgestellt wurde. 6.2.2.4 Vergleiche Die naheliegendsten Vergleiche zum mqm Panamuwas I. stammen aus dem Königreich Sam’al selbst. Sowohl für manche seiner Vorgänger als auch wahrscheinlich für die weiblichen Angehörigen der Dynastie existierte eine weitere, ebenfalls als mqm mlky bezeichnete Grab- und vielleicht auch Ahnenkultstätte südlich der Hauptstadt. Da in Gerçin eine Hadadstatue mit dem mqm pnmw verbunden war, wäre es möglich, dass mit dem mqm mlky der Ördekburnu-Inschrift ebenfalls Götterstatuen assoziiert waren, zumal in der Inschrift ebenfalls zwei Gottheiten, Rākib-El und Kubaba, eine prominente Rolle spielen. Des Weiteren sind die Parallelen zur KTMW-Stele und ihrem architektonischen Umfeld herauszustellen. In beiden Fällen partizipierten jeweils fünf Gottheiten an den Opferritualen, sind aber räumlich vermutlich getrennt von der Statue / Stele des Verstorbenen gewesen. Während es sich im Falle Panamuwas I. um die fünf wichtigsten Götter der 414 415 416 417

Matthiae 2013a, S. 378–380. Niehr 2004b, S. 81. Herrmann 2014a, S. 84. Herrmann 2014a, S. 84; Niehr 2014a, S. 177.

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Gerçin

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offiziellen Religion Sam’als handelte, 418 folgt KTMW diesem Vorbild nur zum Teil und veranlasst die Beopferung von weniger bedeutenden Gottheiten wie Kubaba. Ein Vergleich der Opferrationen gestaltet sich problematisch, da in manchen zerstörten Passagen von KAI 214 (Z. 16) eventuell noch weitere Opfer, abgesehen von dem einen genannten Schaf, aufgeführt worden sein könnten. Ein jährlich zu opferndes Schaf ist ebenso in der nicht-königlichen KTMW-Inschrift aufgeführt, wobei die nbš KTMWs davon nur einen Schenkel erhielt. Ebenfalls schwierig zu bestimmen ist das Verhältnis zum Statuentorso Panamuwas II. mit der Inschrift KAI 215 aus Tahtalı Pınar, da die Statue nicht in situ gefunden worden ist und die räumliche Umgebung im Text keine Erwähnung findet. Es könnte sich daher sowohl um eine Statue an einem Grab als auch um eine Memorialstatue wie die vom Bau J in Sam’al gehandelt haben. 419 Aufgrund der Unsicherheit bezüglich des fragmentarisch beschriebenen Widderopfers bleibt offen, ob hiermit ebenfalls ein jährliches Opfer im königlichen Ahnenkult beschrieben wird. Wahrscheinlicher ist ein Reinigungs- oder Ersatzritual. 420 Vielleicht am nächsten zu der in KAI 214 beschriebenen Kultarchitektur steht der Kult für die Statue Idrimis in dem Annexbau eines Tempels von Alalaḫ, der etwa vom frühen 15. Jh. bis etwa in die Mitte des 14. Jh. anhielt. 421 Bezeichnenderweise handelte es sich bei diesem Kult ebenfalls um einen königlichen Ahnenkult, dessen Verantwortung vom Vater auf den Sohn allerdings noch zu Idrimis Lebzeit übertragen wurde. Laut Aussage des Textes umfasste dieser Libationen; der Altar des Annexbaus ermöglichte jedoch wohl auch Speiseopfer. Ein ähnliches Arrangement lässt sich in einer ugaritischen Textstelle (KTU 1.17 I 26) wiederfinden, in welcher allerdings eine Stele für den verstorbenen König durch dessen Sohn in einem Heiligtum aufgestellt wurde. 422 Umstritten ist dabei, ob dieses Heiligtum mit dem Eltempel gleichgesetzt werden kann, in dessen Temenos entsprechende Stelen gefunden worden sind, oder ob im Fall des Königs ein Heiligtum im Palast als Aufstellungsort gedient haben könnte. 423 Angesichts der geographischen Lage von Alalaḫ, Ugarit und Sam’al bzw. Gerçin ist eine Aufstellung in einem Tempel, und somit eine diesbezügliche Kontinuität, als wahrscheinlicher anzusehen. Der „Kultraum“ des Tell Ḥalaf stellt zwar eine vielzitierte Parallele der gemeinsamen Beopferung von Ahnen und Wettergott dar, allerdings ist die Identifikation der Statue 418 Tropper 1993, S. 20–23; Niehr 2014a, S. 160–163. 419 Die Passage in KAI 215, 21 „und den Widder soll er hinausschicken, (hin) vor das Grab meines Vaters Panamu[wa]“ könnte für eine Trennung von Statue und Grab sprechen. 420 Niehr 2014a, S. 188. Siehe Abschnitt 6.1.3.4.3. 421 Voos 1986, S.  56; Niehr 1994, S.  70. Zur Reevaluierung der Stratigraphie und damit auch dem Endzeitpunkt des Kultes: Fink 2008. 422 Mit dem Begriff bqdš „im Heiligtum“ wird der Ort bezeichnet, an welchem der ugaritische Königssohn eine Stele für den Totengeist seines Vaters aufstellen soll. Gegen eine Interpretation von qdš an dieser Stelle als „Nekropole“ spricht der archäologische Befund Ugarits, wo Stelen meist in der Nähe von Tempeln gefunden wurden. Toorn 1996, S. 161, Anm. 42; Wyatt 1998, S. 256, Anm. 27. 423 Niehr 2004a, S. 74; ders. 2012, S. 156.

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Sam’al / Y’DY

C, 2 als Wettergott wohl nicht aufrechtzuerhalten. 424 Dagegen kann der Bezirk des Tempels 5 aus der Oberstadt von Ḫattuša zusammen mit drei Schreinen innerhalb seiner Temenosmauern als Parallele gewertet werden, da in einem dieser Schreine (10 × 12,5 m), die jeweils nur aus einem großen Raum bestanden, der verstorbene hethitische König Tutḫaliya auf einem Wandrelief (Kalkkonglomerat, 91 × 79 × 45 cm, Relief je 7 cm in der Breite und 6 cm tief davon abgesetzt) mit göttlichen Attributen dargestellt und wahrscheinlich auch kultisch verehrt worden ist. 425 Schließlich ist auf die wohl in der ersten Hälfte des 5. Jh. entstandene Inschrift aus Pyrgi (KAI 277) zu verweisen, die zwischen zwei Tempeln derselben Zeit gefunden wurde und sich auf die Errichtung eines Schreins zu Ehren eines vergöttlichten Verstorbenen, vermutlich des Kronprinzen, innerhalb eines Astartetempels bezieht, ohne dass in den Tempeln oder in ihrer Nähe ein Grab entdeckt werden konnte. 426 Zum anderen liegt mit KAI 214 eine Verknüpfung des Wettergottkultes mit dem königlichen Ahnenkult vor. Eine enge Beziehung zwischen dem Wettergott und verstorbenen Herrschern ist vor allem im spätbronzezeitlichen Ugarit dokumentiert. So verweist der Ausdruck, die „Jahre mit Ba‘al zu zählen“, auf die Vorstellung, aufgrund der engen Verbindung des verstorbenen Königs zum Wettergott an dessen Unsterblichkeit zu partizipieren. 427 Außerdem ist die Stele des sog. Baal au foudre zu nennen, auf der neben dem Wettergott ein deutlich kleinerer König dargestellt wurde, der offensichtlich zusammen mit Ba‘al beopfert werden sollte. 428 Eine weitere Parallele zum ugaritischen Ahnenkult findet sich in der Schwurformel in Gestalt des ’ lh. ’bh (Z. 29–30); eine Bezeichnung, die hier nicht als „Gott“ sondern als „Totengeist seines Vaters“ aufgefasst werden sollte. In der Küstenmetropole beschrieb dieser Begriff (ugarit. ilib) ebenfalls den Totengeist des Vaters, für den der Königssohn eine Stele errichten soll. 429 Das Relief Taitas I. im Wettergotttempel von Aleppo ist zwar dem Totenkult zuzuschreiben, stellt jedoch ebenfalls eine Verbindung zwischen verstorbenem König und dem Wettergott her. 430 Darüber hinaus werden immer wieder Parallelen zum mesopotamischen kispu(m)Ritual gezogen, da hier wie dort die Anrufung und Speisung eines Toten im Mittelpunkt steht. 431 Insbesondere der akkadische Ausdruck šuma zakāru, „den Namen anrufen / beschwören“, spiegelt sich hier in der sam’alischen Floskel [yzk]r. ’šm (Z. 21) bzw. ihrem Pen424 Siehe Abschnitt 3.1.3.2.3. 425 Neve 1987, S. 60–71, Abb. 14–17; Bonatz 2007, S. 119–120, Abb. 5. Während es sich bei der Deutung ein weitgehender Konsens abzeichnet, die Person mit Tutḫaliya I. zu identifizieren, ist die Entstehungszeit ungeklärt und rangiert von Tutḫaliya I. oder II. (spätes 15. bzw. Mitte 14.  Jh.; Schachner 2011, S. 192) bis zu Tutḫaliya IV. (ca. 1240–1215; Neve 1987, S. 68; Bonatz 2007, S. 119). 426 Knoppers 1992; Kutter 2008, S. 269–272. Vgl. zuletzt Bellelli und Xella 2015–2016. 427 Nelis 1970, S. 364–365; Spronk 1986, S. 207; Bonatz 2000a, S. 166 (KTU 1.17 VI 28–29). 428 Bonatz 2000a, S. 134–135, 166, Abb. 38. 429 Toorn 1993, S. 387; ders. 1996, S. 167; Niehr 2010a, S. 281 (KTU 1.17 I 27). 430 Dieses lässt sich vielleicht mit der Existenz von Statuen vier verschiedener Könige im Wettergotttempel von Ḫattuša verbinden. Vgl.  Torri 2008, S.  173–175. Vgl.  dazu auch den Wettergotttempel neben der Gedenkstätte (NA4ḫekur) Muwatallis II. Otten 1988, S. 14–15; Niehr 2001, S. 88–89 (Bronzetafel Kol. I., § 10). 431 Bspw. Greenfield 1973, S. 46–50; ders. 1987, S. 70–71.

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Gerçin

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dant yzkr nbš (Z. 17) wider. 432 Es gilt jedoch, auch die Unterschiede zu bedenken, die sich in der Einbeziehung des Gottes Hadad, der Opferung vor seiner Statue, der Präsenz des Totengeistes bei Hadad sowie der – aufgrund der KTMW-Inschrift vermutlich – jährlichen Frequenz dieses Opfers im Vergleich zum monatlichen bzw. zweiwöchigen kispu(m)Intervall äußern. Schlussendlich zeigt die Inschrift, dass der königlichen Ideologie von Sam’al zufolge sich der Totengeist des verstorbenen Herrschers aufgrund des gemeinsamen Mahls zumindest zeitweise in der Gegenwart Hadads befunden haben muss, eventuell sogar kontinuierlich. Belege für eine allgemeine Präsenz bei den Göttern liegen aus Karkamiš und Tabāla vor. So erwarteten zumindest die Könige von Karkamiš um ca. 900 in die Gegenwart des Wettergottes Tarḫunza und dessen Paredra Kubaba zu gelangen. 433 Ähnliches erwartet Mitte des 8. Jh. der Vasall Tuwatis, Ruwa, in Tabāla, ohne dass die Gottheiten explizit genannt werden (KULULU 1). Eventuell muss die Anbringung des Reliefs Taitas I. im Wettergotttempel von Ḫalab vis-à-vis mit Tarḫunza ebenfalls als Fingerzeig auf eine solche Existenz gewertet werden. Der Spezialfall, dass Verstorbene in Gegenwart der Götter essen und trinken konnten bzw. von diesen versorgt wurden, ist sowohl in der Inschrift aus Tell Faḫarīya (KAI 309) als auch auf einer mortuären Stele aus Tabāla (KULULU 2) belegt. 434 Da sich Indizien für die Präsenz der Verstorbenen in Gegenwart der Götter jedoch allein im hethitischen, 435 nicht aber im spätbronzezeitlich-syrischen Kulturraum finden, ist davon auszugehen, dass es vor allem luwische Traditionen waren, die das eisenzeitliche Sam’al in dieser Hinsicht prägten. 436

6.2.3

Statuentorsi B und C

Außer der Hadadstatue sind die Torsi von zwei weiteren Statuen aus Basalt zu erwähnen, die jeweils eine stehende Figur darstellen (ca. 1,52 × 0,94 m, ca. 1,54 × 0,86 m). 437 Beide Statuen halten die Arme über dem Körper verschränkt, während bei einer zusätzlich ein langer Bart sowie ein Gewand mit einem dreieckigen Ausschnitt über der Brust erkenn432 Greenfield 1973, S. 49–50; Lewis 2002, S. 194–196. Vergleichbare Begrifflichkeiten sind in 2Sam 18, 18 sowie in den Emar-Texten zu finden. Lewis 2002, S. 194–196. 433 Siehe Abschnitt 4.1.3.3.2. 434 Niehr 2014a, S. 186–187, Anm. 290; Hawkins 2015, S. 51. 435 Als Indizien betrachtet werden können die gemeinsame hethitisch-luwische Vorstellung, dass die Götter die „Seele“ bei der Geburt eines Menschen einsetzten (Hawkins 2015, S.  15 (CTH 372, IV 24)), eine Passage des fragmentarischen Ritualtextes, der die Reise der „Seele“ nach dem Tod beschreibt: „To the gods belongs the soul.“ Archi 2008, S. 173 (KBo 22.178 + KUB 48.109 + 43.60, I 31) sowie die Divinisierungstendenzen unter den letzten hethitischen Königen seit Tutḫaliya IV. Nach Hout 2015, S. 304 wurden aufgrund dessen sogar die Passagen des königlichen hethitischen Bestattungsrituals getilgt, die die „Seele“ des Königs in der Unterwelt zum Thema hatten. 436 Melchert 2010; Hawkins 2015. 437 Luschan 1893b, S. 44, Abb. 13–14, S. 52.

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bar ist. Diese dürfte angesichts der Größe der erhaltenen Körperpartie in ihren ursprünglichen Dimensionen mit der Hadadstatue vergleichbar gewesen sein; die zweite fiel wesentlich kleiner aus, da sie relativ vollständig erhalten ist. Es kann jedoch aufgrund ihres schlechten Erhaltungszustandes nicht mehr entschieden werden, was die Figuren darstellen. Eventuell handelt es sich bei einer dieser beiden Statuen um eine Statue für Panamuwa I., auf die möglicherweise in KAI 214, 15 Bezug genommen wird. 438 Dafür spricht die vergleichbare Armhaltung der memorial zu deutenden Basaltstatue aus der Nähe von Maraş mit der Inschrift MARAŞ 13 aus dem 9. Jh. 439 Ein weiteres Indiz mag die Tatsache darstellen, dass in Gerçin zwei unpublizierte Löwenköpfe gefunden worden sind, die inzwischen die Basis der Hadadstatue im Vorderasiatischen Museum Berlin schmücken, nach Ralf-Bernhard Wartke aber vermutlich nicht zu dieser Statue gehören. 440 In diesem Zusammenhang ist darauf aufmerksam zu machen, dass bislang allein Doppellöwenbasen als Sockel für Herrscherstatuen im eisenzeitlichen Nordsyrien und Südostanatolien bzw. im mittelbronzezeitlichen Ebla belegt sind. 441 Andernfalls könnten die Torsi eventuell den in KAI 214, 19 genannten „Göttern dieser Stadt“, falls Panamuwa ihnen hier einen Tempel errichtete, zuzuordnen sein.

6.2.4

Doppelfigur D

Des Weiteren wurde an einer unbekannten Stelle auf dem Hügel von Gerçin ein zweifiguriges Relief (Basalt, ca. 55 × 60 cm), möglicherweise die Reste eines Orthostaten, gefunden. 442 Erkennbar sind nurmehr ein und ein halber Torso sowie die Reste von drei Armen, von denen zwei in angewinkelter Position am Körper anzuliegen scheinen. Mehrere unfertige Orthostaten aus dem 23 km südlich von Zincirli gelegenen Steinbruch Yesemek können mit dieser fragmentarischen Skulptur verglichen werden. 443 Die von U. B. Alkım vorgeschlagene Interpretation der Yesemek-Orthostaten als Berggötter wird von R. Duru und S. Mazzoni unterstützt. Angesichts der Tatsache, dass sowohl die Darstellung der Figuren als auch die Form deutlich von den zwei bisher bekannten Doppelsitzbildern aus Tell Ḥalaf und dem Museum von Aleppo sowie der zweifigurigen Stele aus Maraş abweichen, kann die Gegenthese D. Bonatz’ und H. Niehrs, es handele sich hierbei

438 Niehr 2006, S. 117; ders. 2014, S. 185. 439 Vgl. Bonatz 2000a, S. 13, 25, Taf. I, A 3; Hawkins 2000, S. 276–277, Taf. 128. Laut der Beschriftung im Archäologischen Museum von Maraş ist die Herkunft der Statue Hasanlı, ca. 35 km nordwestlich von Maraş. https://de.wikipedia.org/wiki/Statue_Mara%C5%9F_13. Zuletzt abgerufen am 04.03.2016. 440 Aro 2013, S. 245, Anm. 60. 441 Aro 2013, S. 245 contra Bonatz 2000a, S. 105–106. 442 Luschan 1893b, S. 53, Abb. 15; Orthmann 1971, S. 79, 484; Alkım 1974, S. 83; Bonatz 2000a, S. 29; Niehr 2001, S. 94; ders. 2006, S. 117; ders. 2010a, S. 280; ders. 2014a, S. 185; Duru 2004, S. 98. 443 Luschan 1893b, S. 53; Orthmann 1971, S. 79; Alkım 1974, S. 83 contra Duru 2004, S. 98.

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Coba Höyük

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möglicherweise um ein Doppelsitzbild, wohl ausgeschlossen werden. 444 Falls es sich bei diesem Bildwerk tatsächlich um die Darstellung von Berggöttern handeln sollte, ist anzunehmen, dass sie wie in der hethitischen Bildkunst üblich als Träger des Wettergottes fungiert haben könnten. 445

6.3

Coba Höyük

6.3.1

Einleitung

Am Westhang des Kurt Dağ, ca. 21 km nordöstlich von Zincirli und ca. 35 km südlich von Maraş liegt das Dorf Sakçagöze (früher Sakçagözü), dessen Name meist anstelle der eigentlichen Ausgrabungsstätte, des 3 km nordwestlich gelegenen Coba Höyük verwendet wird. Dort befand sich neben neolithischen bis frühbronzezeitlichen Siedlungsresten eine mit einer Mauer befestigte Palastanlage (ca. 65 × 50 m) der Eisenzeit vom ḫilāni-Typ, deren Reste 1883 von C. Humann entdeckt, 1908 und 1911 durch John Garstang sowie 1949 durch John d’Arcy Waechter ausgegraben worden sind. 446 Über die Einteilung der Bildwerke des Komplexes, vor allem Orthostaten, in zwei Phasen, die etwa in die erste bzw. zweite Hälfte des 8. Jh. datiert werden können, herrscht weitgehend Einigkeit. 447 Unklar bleibt dagegen aufgrund fehlender Indizien die politische Zuordnung, auch wenn die sam’alische Herrschaft über das Gebiet, spätestens mit der Erweiterung auf Kosten Kurkumas unter Panamuwa II., wahrscheinlich ist. Dafür sprechen die größere Nähe sowie kunsthistorische und architektonische Aspekte, wobei aus Maraş bislang kaum Orthostaten, aber viele mortuäre Stelen vorliegen. 448 Möglicherweise ist Coba Höyük mit der befestigten Stadt Lutibu aus den Annalen Salmanassars  III. zu identifizieren, welches 858 dem sam’alischen Reich unter Ḥayyā angehörte, 449 wobei eine Besiedlung im 9. Jh. archäologisch nicht nachgewiesen ist. Eine Identifizierung von Lutibu mit Gerçin ist daher mindestens genauso plausibel, wird aber

444 Duru 2004, S. 98; Mazzoni 2011, S. 141, Anm. 23 contra Bonatz 2000a, S. 29; Niehr 2001, S. 94; ders. 2006, S. 117; ders. 2010a, S. 280; ders. 2014a, S. 185. Vorsichtig Orthmann 1971, S. 264. 445 Vgl. Novák 2012, S. 49 in Bezug auf die Berggötter des Tempels von ‘Ayn Dārā, der u.a. aufgrund dessen vermutet, dass es sich bei jenem nicht um einen Ištar-, sondern um einen Wettergotttempel handelt. 446 Garstang 1908; ders. 1913; ders. et al. 1937; Plat Taylor et al. 1950. 447 Ussishkin 1966; Orthmann 2006–2008, S. 558–559; ders. 2013b, S. 533–534; Bonatz 2014a, S. 210. 448 Orthmann 2006–2008, S. 559. 449 Kraeling 1918, S.  69, Anm. 1; Sader 1987, S.  173, Anm. 57; Lipiński 2000, S.  237; Hawkins 2006–2008, S. 601; Bonatz 2014a, S. 210; Younger 2016, S. 386–387 (RIMA 3 A.0.102.1 53’–64’a, A.0.102.2 i 41b–51a).

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Sam’al / Y’DY

in der Forschung bisher nur selten erwogen, da dieser Hügel meist nur als Nekropole, aber nicht als Stadt betrachtet wird. 450

6.3.2

Stele mit Speisetischszene

Am östlichen Fuße des Coba Höyük wurde eine Stele (Basalt, 80 × 76 cm) in sekundärer Verwendung in einer Reihe von Trittsteinen durch sumpfiges Gelände gefunden. 451 Bei der Darstellung handelt es sich um eine zweifigurige Speisetischszene mit einem stehenden und einem sitzenden Mann. Details sind aufgrund des verwitterten Zustandes nur schwer auszumachen. Dies betrifft die Objekte auf dem Tisch, vermutlich ein Brotkorb sowie ein weiteres Objekt, und einen Gegenstand in der rechten Hand des Stehenden. Ob es sich dabei eventuell um einen Wedel, und somit bei der Person um einen Diener gehandelt haben könnte, ist fraglich, da die stehende Person größer als die sitzende dargestellt wurde und nicht kleiner, wie es bei den Dienerdarstellungen auf anderen syrohethitischen Stelen üblich war. Die Stele stammt etwa aus der ersten Hälfte des 8. Jh.

6.3.3

Orthostat eines Herrschers

Aus der zweiten Hälfte des 8.  Jh. stammt ein Orthostat mit der Abbildung eines stehenden bärtigen Herrschers (Basalt, 86 × 48  cm, Abb.  82) von der westlichen Seite des Eingangs zum Palast. 452 Hinter ihm sind zwei weitere männliche Figuren abgebildet, die als Diener zu klassifizieren sind, während sich vor ihm eine männliche Sphinx sowie ein teilweise plastisch dargestellter Löwe befinden. Aufgrund der typologischen Übereinstimmungen ist vorgeschlagen worden, dass hier die gleiche Person wie auf der Statue vom Löwentor in Arslantepe (Abb. 83), dem antiken Malida, d.h. ein luwischer König wiedergegeben worden ist. 453 Die vollplastische Statue gleicht ihrer flachbildlichen Entsprechung in der Darstellung des Gewands, der Krone, der Haltung der Arme und sogar in den Gesichtszügen. 454 Hier wie dort fordert der Becher in der rechten Hand zur stetigen 450 Ausnahme: Herrmann und Schloen 2016, S. 267. So ist für Lipiński 2000, S. 237 Coba Höyük die einzige befestigte Stadt des 9.  Jh. in dieser Region, während Younger 2016, S.  386–387 nur Yesemek als Alternative in Betracht zieht (aufgrund der Abgelegenheit dieses Ortes aber wieder verwirft). 451 Garstang 1908, S. 101–102, Taf. XXXV, Abb. 1; Orthmann 1971, S. 82, 369, 373, 375, 533, Taf. 51,f Sakçagözü C/1; Voos 1986, Kat.-Nr. 47; Bonatz 2000a, S. 20, Taf. XV, C 37; Rehm 2016, S. 94, B 8. 452 Garstang 1908, S. 107–110, Taf. XL, Abb. 1; Orthmann 1971, S. 36, 80–82, 138, 153, 211, 288, 292, 340, Anm. 6, 530, Taf. 49,d, 73,d Sakçagözü A/5; Hawkins 1984, S. 82–83, Abb. 119b; Voos 1986, S. 151–153, Kat.-Nr. 110; Bonatz 2000a, S. 27, 99, 104. 453 Garstang 1937, S. 120; Delaporte 1940, S. 38; Plat Taylor et al. 1950, S. 71; Bonatz 2000a, S. 27. 454 Güterbock 1961, S. 49.

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Coba Höyük

Abb. 82: Orthostat von Coba Höyük.

Abb. 83: Statue vom Löwentor aus Arslantepe.

Beopferung auf. Aufgrund des Vergleiches der Statue mit anderen lässt sich erschließen, dass es sich bei der Darstellung um einen verstorbenen Herrscher gehandelt haben dürfte, was demnach auch für den Orthostaten zutreffen könnte. Andererseits liegt mit der Statuette mit der Inschrift MARAŞ 3 (Abb. 84) eine vergleichbare Darstellung aus einem nicht-königlichen Kontext vor, welche nach J. D. Hawkins als Beterfigur für ein Kultbild Tarḫunzas, nach G. Bunnens als Statue dieses Wettergottes – in dem Gewand eines Herrschers – diente, hier aber als eine zusammen mit Tarḫunza zu beopfernde Statuette eines Verstorbenen aufgefasst wird, 455 ähnlich wie bei der KTMW-Stele oder der Statuenbasis mit der Inschrift JISR EL HADID 4, wo Gottheiten jeweils zusammen mit der verstorbenen Person bzw. deren Totengeist beopfert wurden. Außerdem ist auf die möglichen ikonographischen Parallelen dieses Orthostaten zur Statue Panamuwas II., dem Statuettentorso aus Raum K 2 von Zincirli sowie dem Sitzbild aus Yesemek hinzuweisen, die jeweils einen Umhang bzw. dessen Zipfel aufweisen und ihn (wahrscheinlich) ebenfalls mit der linken Hand hielten. Dementsprechend liegt die Vermutung, dass die rechte 455 Lange 2015, S. 99–102 contra Hawkins 2000, S. 267–269; Bunnens 2006, S. 120–121.

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Sam’al / Y’DY

Hand dieser Monumente eine Schale gehalten haben könnte, ebenfalls nahe. Als deutlich weiter entfernte Parallelen, sowohl zeitlich, geographisch als auch ikonographisch, können die Statue aus Taftanāz sowie die Statue des Adūnī-abīya aus Tell as-Safīra gelten, die ebenfalls einen stehenden Herrscher bzw. ein stehendes Mitglied der Elite darstellen und in der rechten Hand eine Schale halten. 456 Bezüglich der Identifizierung dieses Herrschers hat B. Landsberger die These aufgestellt, nach der es sich bei der dargestellten Person um den letzten König von Kummaḫa, Muttallu, handeln müsse, der von Sargon II. 712 für seine Loyalität mit der Übergabe der Stadt Malida belohnt wurde und demzufolge der einzig denkbare Herrscher ist, dessen Bilder gleichermaßen in Arslantepe und in Coba Höyük errichtet worden sein könnten. 457 Trotz der bildlichen Übereinstimmung ist die Identität der Personen jedoch nicht zwingend und eine Aus- Abb. 84: Statuette mit Inschrift MARAŞ 3. dehnung von Kummaḫa unter Muttallu bis nach Coba Höyük nicht belegt. 458 Aus diesem Grund müssen auch lokale sam’alische 459 oder – aufgrund der Statuette mit der Inschrift MARAŞ 3 – kurkumäische Könige in Betracht gezogen werden. Der Orthostat kann dennoch analog zur Statue etwa in das letzte Viertel des 8. Jh. datiert werden. Als archäologischen Nachweis für die Existenz eines dem Herrscherorthostaten geltenden Kultes hat J. Voos die Knochen- und Aschereste östlich der mittig im Eingang stehenden Sphingenbasis angeführt, deren Beopferung ihm zufolge auszuschließen wäre. Allerdings gilt es zu beachten, dass nach Meinung des Ausgräbers J. Garstang erstens diese Beopferung erst in der Phase nach der Zerstörung der Palastanlage stattgefunden haben soll und zweitens ursprünglich eine säulenförmige Statue auf der Basis gestanden haben könnte. 460 Demnach ist eine Verbindung zwischen den möglichen Opferresten und dem Orthostaten als unwahrscheinlich anzusehen.

456 Siehe Abschnitte 7.4.2 und 8.4.4. 457 Landsberger 1948, S. 76–79. Vgl. Hawkins 1975, S. 9; ders. 1984, S. 83; ders. 2000, S. 332; Lipiński 2000, S. 237–238. 458 Orthmann 1971, S. 211; Hawkins 1975, S. 9. 459 Genge 1979, S. 152; Hawkins 1982, S. 423; Voos 1986, S. 152. 460 Garstang 1908, S. 109; ders. 1910, S. 310–311; ders. 1929, S. 274–275; Voos 1986, S. 152–153.

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Ördekburnu

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6.4 Ördekburnu In der Ebene zwischen den Hügeln Ördekburnu und Karanlıdağ sowie dem Wasserlauf des Karasu, ca.  18 km südlich von Zincirli, 461 ist eine Stele aus Basalt (1,20 × 0,54 × 0,21  m, Abb.  85) gefunden worden, 462 die zur Zeit ihrer Entdeckung als Filzklopfunterlage diente.

6.4.1 Ikonographie

Abb. 85: Stele von Ördekburnu.

Der obere Teil dieser nach unten schmaler werdenden Stele zeigt eine Speisetischszene mit einer stehenden und einer sitzenden Person auf einem Thron mit Schemel. Die links stehende Figur hält in ihrer erhobenen Hand einen und die rechte zwei glockenförmige Gegenstände, möglicherweise (Lotus-) Blüten. Zudem hält sie in der gesenkten Rechten einen langen Stab mit einer runden Fläche am unteren Ende, eventuell eine Laute, eine Keule oder eine Schöpfkelle. 463 Sie wird manchmal als Diener aufgefasst, 464 ist jedoch größer als die sitzende Person dargestellt, was im Gegensatz zu anderen Dienerdarstellungen der eisenzeitlichen Speisetischszenen steht, die,

461 Luschan 1911b, S. 329 spricht irrtümlich von 12 km, was aber weder mit den Karten von R. Koldewey in Luschan et al. 1893 oder Alkım und Alkım 1966, S. 48, Karte 2 noch der Beschreibung bei Humann 1898, S. 101 („1 ½ Stunden südlich von Islahïé“, welches bereits 10 km südwestlich von Zincirli liegt) übereinstimmt. Siehe auch Lemaire und Sass 2012, S. 227, Anm. 1. 462 Peiser 1898; Luschan 1911b, S. 329–330, Abb. 239; Lidzbarski 1915, S. 192–206, Taf. XIII–XV; Bossert 1932, S. 35–36, 87; Landsberger 1948, S. 49, 64–65, Anm. 166; Orthmann 1971, S. 78, 369, 373–377, 529, Taf. 48,g Ördekburnu 1; Meriggi 1975, S. 219–221, Taf. XXXIX, Nr. 287; Genge 1979, S.  101–102; Sader 1987, S.  171–172; Tropper 1993, S.  6; Bonatz 2000a, S.  21, 59, 68, Taf. XIX, C 52; Lipiński 2000, S. 233, Anm. 6; Karg 2003–2005; Niehr 2010a, S. 276–277; ders. 2014a, S. 183–184; Lemaire 2012, S. 130, 136; ders. und Sass 2012; dies. 2013; Brandl 2016; Rehm 2016, S. 98–99, Taf. 4, B 19; Younger 2016, S. 411–413; ders. 2020. 463 Letzteres Bonatz 2000a, S. 40. 464 Bspw. Bonatz 2000a, S. 59.

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Sam’al / Y’DY

bis auf die der Stele aus Coba Höyük, meist bedeutend kleiner als die sitzende Person ausgeführt sind. Außerdem trägt sie ein langes Gewand mit Gürtel, woran eine Quaste mittig herabhängt, was ein Herrschaftsattribut darstellt. Aufgrund des Textes kann die Person als Sohn, eventuell auch als Gemahl der linken Person identifiziert werden. 465 Das Objekt in der linken Hand der sitzenden Person ist schwierig zu identifizieren; es könnte sich um zwei Spindeln, 466 zwei Pfeilspitzen oder vegetative Symbole handeln. 467 Das Geschlecht der linken Person ist vermutlich männlich; das der rechten ist schwieriger ersichtlich. Da sie am wahrscheinlichsten Spindeln in ihren Händen hält und in der Gruppe der Stelen mit Speisetischszenen, die eine sitzende und eine stehende Person ohne Wedel zeigen, die Mehrheit der sitzenden Personen weiblich ist, handelt es sich hier wohl ebenfalls tendenziell um eine Frau. 468 Beide Figuren sind zweifelsfrei als Menschen zu identifizieren; es fehlen jegliche göttlichen Attribute. 469 Zwischen den beiden ist ein Speisetisch mit Broten oder einem runden Gefäß dargestellt. Durch eine Linie abgesetzt befanden sich am oberen Rand der Stele drei oder mehr Göttersymbole, von denen heute nur eines mit Sicherheit ausgemacht werden kann: das Joch Rākib-Els. Links und rechts davon sind heute nach A. Lemaire und B. Sass nur noch zwei runde Objekte zu erkennen, was aufgrund der Analogien auf Bildwerken aus Zincirli auf Himmelskörper, d.h. einen Stern in einem Kreis oder eine Mondsichel in einer Mondscheibe, hindeuten könnte, was vermutlich Rašap bzw. dem Mondgott von Ḫarrān entspräche. 470 Frühere Bearbeiter glaubten dagegen in dem rechten Symbol eine einfache Sonnenscheibe 471 oder eine Hörnerkrone 472 erkennen zu können. Die Stele kann aufgrund der besonderen Stellung Rākib-Els in die Zeit der Dynastie Ḥayyās datiert werden. Der Regierungsantritt dieses Herrschers um ca. 870 / 860 stellt somit einen terminus post quem, das Regierungsende Bar-Rākibs am Ende des 8. Jh. den terminus ante quem für die Anfertigung der Stele dar. Während die Obergrenze von kunsthistorisch Argumentierenden favorisiert wird, setzen manche Epigraphiker den Spielraum für die Entstehung der Stele bis ins 8. Jh. hinein an, wonach sie zu Zeiten Kulamuwas oder eines seiner Nachfolger zu datieren wäre. 473 Die Mitte dieser Zeitspanne, vom Ende des 9. bis in die erste Hälfte des 8. Jh., deckt sich mit der zweimaligen Nennung 465 Younger 2016, S. 413; ders. 2020, S. 2. 466 Bonatz 2000a, S. 79 mit Fragezeichen; Lemaire und Sass 2012, S. 227; dies. 2013, S. 72; Younger 2020, S. 2. 467 Lidzbarski 1915, S. 194. 468 Bonatz 2000a, S. 40–41, 79, 116; Lemaire und Sass 2013, S. 72. Vgl. Luschan 1911b, S. 330; Lidzbarski 1915, S. 193–194; Genge 1979, S. 101: Mann. Orthmann 1971, S. 369: Frau. 469 Contra Brandl 2016. U.a. tragen beide Figuren keine Hörnerkronen und eine Speisetischszene mit einer oder gar zwei Gottheiten ist aus syro-hethitischer Zeit bisher unbekannt. 470 Lemaire und Sass 2012, S. 236, Abb. 5; dies. 2013, S. 74, Abb. 13; Younger 2016, S. 411–412; ders. 2020, S. 2, Anm. 9. 471 Lidszbarski 1915, S. 196. 472 Yadin 1970, S. 210, Abb. 7; Tropper 1993, S. 24–26. 473 Genge 1979, S.  102; Tropper 1993, S.  6; Bonatz 2000a, S.  21; Karg 2003–2005, S.  39: ḤayyāZeit. Orthmann 1971, S. 529: Späthethitisch IIIa (?) (nach Orthmann 2013b, S. 531 entspräche dies etwa der ersten Hälfte des 8. Jh.). Sader 1987, S. 171; Pardee 2009, S. 62: 8. Jh. Landsberger

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Ördekburnu

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der bedeutenden Göttin aus Karkamiš als Ausdruck einer verhältnismäßigen Unabhängigkeit von Assyrien. 474

6.4.2

Inschrift

Unterhalb der Bildfläche sowie am linken Rand befinden sich noch neun respektive eine erkennbare Zeile semitischer Alphabetschrift. 475 Über die sprachliche Zuordnung wird diskutiert, was vor allem auf den schlechten Erhaltungszustand zurückzuführen ist. Zur Auswahl stehen Aramäisch bzw. Sam’alisch oder eine nicht-semitische Sprache, vorzugsweise Luwisch oder eine andere zeitgenössische anatolische Sprache, inklusive einiger semitischer Einsprengsel, wobei sich in den neueren Forschungsarbeiten die Meinungen stärker zugunsten der nordwestsemitischen Option neigen. 476 Aufgrund ihrer Lesung der Inschrift und dem daran anschließenden ersten vollständigen Übersetzungsversuch kommen A. Lemaire und B. Sass ebenfalls zu dem Schluss, dass es sich bei der darin benutzten Sprache um Sam’alisch handeln müsse: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

„[’]n[k]-----n-------------y------bny.blḥ(btḥ)---wbḥlbbh ----ys‘ d.h---.‘ l.znn lyh ny.’š[m]--s---bḥrb.wbny --h--.h’.lrkb’l.’lh y n‘m.wḥny.h’.lkbb.’rm ly sl’ mnḥ- brkl’l.š’ yn.lym.wbkbb.š’yn.lym wbmqm.mlky.š’yn.ly wzyhny.’šm.py--thy.nbšh---l-

1. 2.

I? [am PN].......................... ...... my sons in ...... and in (the) kingship/succession

1948, S. 64: um 800. Lemaire und Sass 2012, S. 237; dies. 2013, S. 126: zwischen KAI 24 und KAI 214, d.h. ca. von 820 bis 760. 474 Tropper 1993, S. 12. 475 Nach der Untersuchung von Przeworski 1928 sollen darüber hinaus Zeilen auf der verwitterten Rückseite der Stele erkennbar gewesen sein, was bislang nicht verifiziert werden konnte. Außerdem wären aufgrund der vertikal verlaufenden Randzeile keine umlaufenden Zeilen möglich. Landsberger 1948, S.  65, Anm. 166. Lemaire und Sass 2012; dies. 2013 konnten offensichtlich ebenfalls nichts dergleichen mehr feststellen. 476 Sader 1987, S. 172; Lipiński 2000, S. 233, Anm. 6; Lemaire und Sass 2012; dies. 2013; Niehr 2014, S. 183–184 contra Tropper 1993, S. 1; Dion 1997, S. 102; Schwiderski 2004, S. XII, Anm. 16. Unentschieden Gzella 2014, S. 75. Vgl. Lemaire und Sass 2012, S. 231–232; dies. 2013, S. 59–66 für weitere Literaturverweise.

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Sam’al / Y’DY

3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

...... he will affirm ............ on this. Let him do good for the na [me]...... by the sword. And my sons .......... (be) he to Rakib’il the/my god; agreeable and gracious / well placed (be) he to Kubaba of Aram. Let him present an offering: for Rakib’il, two sheep for the Day, and for Kubaba two sheep for the Day, and in the royal necropolis (‚[resting] place of the kings‘) two sheep for me. And he who will do good for the name of Piya-X let his ‚soul‘ be ......“ 477

Trotz aller Unklarheiten lässt sich die Inschrift danach vermutlich in mindestens vier verschiedene Abschnitte einteilen. Zu Beginn darf wohl die Selbstvorstellung des Autors oder der Autorin vorausgesetzt werden (Z. 1). Der daran anschließende Part ist etwas weniger lückenhaft, aber schwieriger zu deuten. Es könnte sich hierbei um die Festsetzung des für den Kult verantwortlichen Sohnes sowie einen expliziten Hinweis auf diese göttergefällige Aufgabe handeln (Z.  2–6). Nun folgen detaillierte Opferanweisungen (Z. 6–9). Abgeschlossen wird der Text durch eine Segensformel (Z. 10). Bei dem von A. Lemaire und B. Sass als „zwei Schafe“ übersetzten š’yn handelt es sich vermutlich um zwei weibliche Schafe. 478

6.4.3

Rekonstruktion

Mit Rākib-El wird der Schutzgott der Dynastie Ḥayyās erwähnt, was ebenso wie das vermutlich ihn kennzeichnende Symbol des Jochs darauf hinweist, dass die Stele im Bezug zur königlichen Familie von Sam’al stand. 479 Dafür spricht außerdem die Tatsache, dass die Opfer für den Autor bzw. die Autorin der Stele an einem Ort durchgeführt werden sollten, der wahrscheinlich als mqm mlky, „Nekropole der Könige“, zu lesen ist. Interessanterweise stellt die Inschrift gleichzeitig als bislang einzige eine Verbindung zwischen Kubaba und der sam’alischen Königsdynastie her, 480 die vielleicht mit dem als Adjektiv gebrauchten Namen des luwischen Mondgottes Arma 481 oder mit dem Toponym Aram

477 Lemaire und Sass 2013, S.  124. Kursiv gesetzte Buchstaben entsprechen schwach gedruckten, d.h. den vermuteten, im Original. Vgl. Lemaire und Sass 2013, S. 120 zur Lesung mit allen zu berücksichtigenden Möglichkeiten. 478 Younger 2020, S. 7, 13–15. 479 Tropper 1993, S. 24–25. 480 Ihre Absenz in den anderen königlichen Inschriften kann möglicherweise, im Gegensatz zur Stele KTMWs, mit der Rücksichtnahme auf die engen Beziehungen zu den Assyrern erklärt werden. Pardee 2009, S. 62. 481 Landsberger 1948, S.  49, Anm. 124; Meriggi 1975, S.  220; Lipiński 2000, S.  234, Anm. 9. Der Grund dafür könnte eventuell an der Assoziation Kubabas mit dem Mondgott von Ḫarrān liegen,

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Ördekburnu

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spezifiziert wurde, 482 welches demzufolge wohl auf Kubaba von Bīt Agūsi / Arpad verwiese, da Aram auch anstelle von Bīt Agūsi benutzt werden konnte, Damaskus aber deutlich weiter entfernt ist und von dort keine Belege für die Verehrung der Kubaba vorliegen. 483 Ihre Assoziation mit Rākib-El stellt aufgrund dessen Eigenschaft als Gott der lokalen Dynastie demzufolge ebenfalls eine Novität dar, ihr Bezug zu den Toten dagegen nicht; er kommt auch in der KTMW-Inschrift zum Ausdruck. Angesichts der Fluchformel KARKAMIŠ A.2+3, § 23, in welcher Könige und Landesfürsten damit bedroht werden, die Gesichter Tarḫunzas und Kubabas im Jenseits nicht zu erblicken, sowie der Tatsache, dass Rākib-El neben Kubaba als einziger Gott beopfert wird, wäre es denkbar, dass Rākib-El in diesem Fall an Tarḫunzas Stelle trat, da er ebenfalls wettergottartige Züge aufweist. Unabhängig davon legt der Vergleich mit KAI 214 nahe, dass der verstorbenen Person der Ördekburnu-Inschrift die Ehre zuteilwurde, im Jenseits zusammen mit Rākib-El und Kubaba zu speisen, während Panamuwa I. die Gegenwart Hadads genoss. A. Lemaire und B. Sass gehen bezüglich des geschilderten Opfers davon aus, dass es sich um ein regelmäßiges handeln müsse und vermuten ein jährliches Opfer am Neujahrstag. 484 Der funeräre Bezug geht zwar aus der Bezeichnung mqm mlky sowie der Speisetischszene über der Inschrift hervor; als Zeitpunkt des Opfers wird jedoch allein „der Tag“ genannt, so dass hiermit auch ein bestimmter Tag des Begräbnisrituals, etwa der des Eintritts in die jenseitige Welt, oder der Todestag selbst gemeint sein könnte. Der Vergleich mit KAI 214 sowie der KTMW-Inschrift legt jedoch nahe, dass hiermit tendenziell eine einmalige Handlung beschrieben worden sein könnte, da die Opfermenge andernfalls das Sechsfache dessen betragen würde, was Panamuwa I. und KTMW empfingen, letzterer jährlich, ersterer in einem unbekannten Intervall. Angesichts der grob gefertigten Stele sowie der wahrscheinlichen Assoziierung dieser mit einer Frau wäre eine solche regelmäßige Opfermenge als durchaus ungewöhnlich zu betrachten, zumal weder die Opferlisten des königlichen hethitischen Ahnenkultes (CTH 661) noch das Bestattungsritual šalliš waštaiš einen quantitativen Unterschied zwischen Frauen und Männern machten. Legt man dagegen das „Einweihungsfest“ des KTMW zugrunde, bei dem fünf Gottheiten sowie die nbš KTMWs mit jeweils einem Opfertier bedacht wurden, so ergibt sich in etwa dasselbe Niveau. Ein weiterer möglicher Vergleich wird von A. Lemaire und B. Sass selbst ins Spiel gebracht: Sie beziehen sich auf das Bestattungsritual eines hethitischen Prinzen bzw. einer hethitischen Prinzessin, in welchem an den ersten vier Tagen jeweils fünf Schafe und ein Ochse der Sonnengöttin der Erde, der Sonnengöttin des Himmels, den Ahnen, der „Seele“ der verstorbenen Person sowie dem günstigen Tag geopfert werden. 485 Die zahlreichen Tieropfer des šalliš waštaiš folgen grundsätz-

482 483 484 485

welcher in den hieroglyphenluwischen Inschriften SULTANHAN, KAYSERİ und KARABURUN zum Ausdruck kommt. Vgl. Hawkins 1981, S. 150. Lemaire und Sass 2012, S. 236; dies. 2013, S. 122; Brandl 2016; Younger 2020, S. 5–7. Younger 2020, S. 6–7. Aus Bīt Agūsi / A rpad gibt es mit dem Stelenfragment aus Tell Sifr sowie der Schwurliste aus dem Vertrag zwischen Mati‘-’El und Aššur-nērārī V. zwei Belege. Younger 2020, S. 6–7, Anm. 26. Lemaire und Sass 2012, S. 236–238; dies. 2013, S. 129. Lemaire und Sass 2013, S. 129, Anm. 175 (KUB 39.6 iii 18–24). Vgl. Kassian et al. 2002, S. 619.

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Sam’al / Y’DY

lich demselben Muster, beinhalten jedoch sieben bis neun Schafe zusätzlich zu je einem Ochsen. 486 Die hethitischen Königslisten, die dem Ahnenkult der königlichen Familie dienten, beschränkten sich dagegen jedoch meist auf ein Rind und ein Schaf, es sei denn, die Beopferung fand im Rahmen von Festritualen statt. 487 Andere Resultate zeitigt der Vergleich mit Opferlieferungen für das Mausoleum der assyrischen Könige in Aššur bzw. dem Grab der Ešarra-ḫamat, unterstützt jedoch aufgrund der verhältnismäßig geringen Quantität sowohl für die Königin als auch die Könige die hier vertretene These ebenfalls: Während eine unbekannte Anzahl von Königen insgesamt Rationen von mindestens einem Rind sowie mehreren Schafen erhielten, verblieben für Ešarra-ḫamat lediglich zwei einzelne Fleischstücke. 488 Des Weiteren scheinen die zweimalig genannten Söhne der zu beopfernden Person eine Rolle gespielt zu haben, was mit der Darstellung der stehenden männlichen Figur übereinstimmen würde. Neben ihrer Rolle als Verantwortliche für den Ahnenkult waren Söhne bzw. Kinder allgemein auch für Aufgaben innerhalb der Begräbnishandlungen verantwortlich, so u.a. Bar-Rākib für seinen Vater Panamuwa II. (KAI 215) oder in der Inschrift SHEIZAR die Kinder der verstorbenen Königin Kupapiya. Die spärlichen Indizien weisen demnach eher darauf hin, dass es sich hierbei um ein Opfer im Rahmen königlicher Begräbnishandlungen und nicht um ein regelmäßiges Ritual des königlichen Ahnenkultes handelte. Der Fundort der Stele liegt verhältnismäßig weit von der Hauptstadt des sam’alischen Königreiches entfernt, was einen nachträglichen Transport von Sam’al oder gar Gerçin unwahrscheinlich macht, so dass von einer Errichtung der Stele im Süden des Landes ausgegangen werden kann. 489 Dies spricht dafür, dass die in Zeile 9 genannte königliche Grablege sich nicht an einem dieser beiden Orte, sondern im Süden des Landes befunden haben muss und vielleicht mit Karapınar Höyük oder dem 2 km entfernten Karapınar Mezarlık identifiziert werden könnte. 490 Fest steht, dass mit der Grabstätte Panamuwas I. (KAI 214, 14) ein zeitlich späterer Referenzpunkt gegeben ist, der außerhalb von Sam’al in Gerçin liegt und mit einer monumentalen Hadadstatue zu verknüpfen ist. In Analogie dazu dürfte die „Nekropole der Könige“ die ebenfalls im Text genannten Rākib-El und Kubaba in Form von Statuen beinhaltet haben. Gleichzeitig muss von einer Relokalisie-

486 Eine Ausnahme bildet der dritte Tag, an dem die Sonnengöttin der Erde sowie die „Seele“ der verstorbenen Person jeweils neun Schafe sowie einen Ochsen erhalten, während später letztere noch einmal ein Schaf und einen Ochsen erhält. Kassian et al. 2002, S. 26. Vgl. auch das hethitische Begräbnisritual bei einem Tod fern der Heimat, in welchem teilweise andere Gottheiten wie Allani und Āra beopfert wurden. Otten 1958, S. 98–101 (KUB 30.27). 487 CTH 661. 488 Ebeling 1954, S.  18–20 (VAT 11114); Tsukimoto 1985, S.  108–109 (ADD 1016). Für den Text, vgl. Abschnitt 3.2.2.1, S. 101, Anm. 385. 489 Niehr 2010a, S. 276. 490 Lemaire und Sass 2012, S. 240; dies. 2013, S. 129–130. Ördekburnu und Karapınar Höyük wurden während eines Surveys durch U. B. Alkım in den Jahren 1958–1960 untersucht, aber die Ergebnisse nicht publiziert. Alkım 1969, S. 281, Nr. 39, 44.

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rung der königlichen Grabstätte von der Umgebung Ördekburnus nach Gerçin ausgegangen werden, deren Gründe jedoch nicht zu eruieren sind. Schließlich ist auf zwei Aspekte zu verweisen, welche im Kontrast zu dieser Interpretation stehen. Erstens ist mit der Stele des KTMW die einzige in situ gefundene Stele Sam’als, welche ein vergleichbares Opferritual beschreibt, in einem unzweifelhaft nichtfunerären Kontext gefunden worden. Zweitens steht die äußerst grob ausgeführte Darstellung in einem deutlichen Widerspruch zur Zuordnung ins königliche Milieu, der insbesondere im direkten Vergleich mit den vermutlich ebenfalls königlichen Stelen der Zitadelle von Sam’al und Gözlühöyük, aber auch mit der nicht-königlichen Stele KTMWs deutlich hervortritt.

6.5

Weitere Fundorte

6.5.1

Pancarlı Höyük

Bei Pancarlı Höyük handelt es sich um einen ca. 6 ha großen, 1 km südöstlich von Zincirli gelegenen Siedlungshügel, wo bislang keine publizierten archäologischen Untersuchungen stattgefunden haben. Zumindest ein unpublizierter Schnitt scheint während der frühen deutschen Grabungskampagnen in Zincirli hier angelegt worden zu sein. 491 Im Laufe der Zeit sind unabhängig von dieser möglichen frühen Grabung mindestens vier, wahrscheinlich aber sechs oder mehr Bildwerke der Eisenzeit gefunden worden. Dies lässt darauf schließen, dass die Quelle dieser Monumente nicht Zincirli, sondern Pancarlı Höyük selbst gewesen sein könnte. 492 Nach der These V. R. Herrmanns, wonach zwei dieser Bildwerke ins späte 11. oder frühe 10. Jh. heraufdatiert werden sollten 493 und das zu besprechende Statuenfragment eine hieroglyphenluwische Monumentalinschrift vermutlich des 10. Jh. oder frühen 9. Jh. aufweist, wird Pancarlı Höyük als Kandidat für das Zentrum eines luwisch dominierten Königreiches vor der Gründung von Sam’al durch Gabbār betrachtet. 494 Unabhängig davon kann eine spätrömisch-byzantinische Besiedlung dieses Ortes als gesichert betrachtet werden. 495 Das hieroglyphenluwisch beschriftete Fragment (PANCARLI, 62 × 46 × 32  cm), wahrscheinlich das einer Statue, ist 2006 in einer Feldbegrenzung aus Basaltsteinen ent-

491 Zwei Funde werden in Luschan und Andrae 1943 erwähnt: ein Knochengerät (S 2398) „[a]us Pandscharly-Hüjük, 2,5 m tief“ (Luschan und Andrae 1943, S. 173) sowie ein Henkelfragment (S 2392) „[a]us Pandscharly Hujük [sic], 1,5 m tief.“ Luschan und Andrae 1943, S. 154. Außerdem wurde der Ort auch durch den Survey von U. B. Alkım 1958–1960 erfasst. Alkım 1969, S. 281, Nr. 28. 492 Herrmann 2017a, S. 260–262, Abb. 18. 493 Herrmann 2017a, S. 261. 494 Schloen und Fink 2009a, S. 7–8; Herrmann 2017a, S. 263–264. Vgl. dagegen Pucci 2015, S. 57–58. 495 Herrmann et al. 2016, S. 55; Herrmann 2017a, S. 261.

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Sam’al / Y’DY

deckt worden. 496 Der Querschnitt des Fragments erscheint an den nicht abgebrochenen Seiten grundsätzlich viereckig mit deutlich abgerundeten Ecken, ähnlich des unteren Teils der Hadadstatue aus Gerçin. Es sind jedoch keine Spuren einer etwaigen künstlerischen Gestaltung des Steins zu erkennen. Aufgrund der Paläographie kann die Inschrift etwa ins 10. oder frühe 9. Jh. datiert worden. 497 Sie lautet: § 1 § 2 § 3 § 4 § 5 § 6

„[This stele(?) is of PN1 (title?), PN2’s (title?)] s[o]n. When (it?) [pas]ses(?) down from the grandfather to [o]ne of the [desc]endants(?)– The Storm-God raised the hand for me (or: raised me to plenty of fullness(?)), And he exalted me– (He) shall offer (to) this stele out of(?) respect, And a mea[l(?)]…[…“ 498

Die Bestandteile der Inschrift – Genealogie, Erwähnung einer Amtsnachfolge, Schilderung des göttlichen Beistands, Opferanweisungen – deuten darauf hin, dass es sich um eine Memorialinschrift handelt und die Statue nach dem Tod des Auftraggebers von einem noch zu bestimmenden Nachfolger beopfert werden sollte. 499 Aufgrund der Dimensionen des Fragments und vergleichbarer Statuen aus Sam’al, der Nennung der Genealogie – unüblich bei nicht-königlichen Personen –, sowie der Formulierung in § 3 ist eine Spezifizierung als Herrscherstatue plausibel, 500 was angesichts der unsicheren Datierung die Frage aufwirft, ob es sich um eine Statue eines luwischen Potentaten handelte oder ob sich aramäische Herrscher vielleicht zunächst der luwischen Hieroglyphenschrift bedienten. Die fehlenden Inschriften an den ältesten Monumenten aus Sam’al, insbesondere der Statue vom Bau J, scheinen jedoch für erstere Möglichkeit zu sprechen. 501 Abgesehen von den je nach Datierung möglichen Konsequenzen für die politische Geschichte Sam’als sind die religionsgeschichtlichen Implikationen dieser Inschrift evident, da sie die aufgrund anderer fragmentarischer luwischer Inschriften aus dem Gebiet von Sam’al aus Karaburçlu und Yesemek sowie der ikonographischen Parallelen zu Bildwerken aus Karkamiš vermuteten Bezüge zu luwischen Traditionen der Verehrung verstorbener Personen, insbesondere der Könige, zu bestätigen scheint. Aspekte dieser Beziehung stellen die Bedeutung der Nachkommenschaft, insbesondere die zwischen Großvater 496 Herrmann et al. 2016. Das Material des Steins ist nicht explizit angegeben. Die Formulierungen auf S. 55 scheinen zwar nahezulegen, dass es sich um den ortstypischen dunkelgrauen Basalt handelt, aber Abb. 2a auf derselben Seite zeigt, dass der Stein deutlich heller ist als alle anderen ihn umgebenden Steine. 497 Herrmann et al. 2016, S. 60. Simon 2019, S. 134 zufolge ist das frühe 9. Jh. etwas wahrscheinlicher. 498 Herrmann et al. 2016, S. 61. 499 Herrmann et al. 2016, S. 64–65. 500 Herrmann et al. 2016, S. 65. 501 Herrmann et al. 2016, S. 68–70. Die Autoren vermeiden es jedoch, einer Option den Vorzug zu geben.

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Weitere Fundorte

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und Enkel, eine mögliche Rolle des Wettergottes im königlichen Ahnenkult sowie die Beopferung der Statue dar.

6.5.2

Fevzipaşa

In Fevzipaşa, ehemals Keller, 4 km westlich von Zincirli, wurde das untere Fragment einer Stele (Basalt, 68 × 60 × 12  cm) noch während der ersten Kampagne 1888 angekauft; die ursprünglichen Fundumstände sind unbekannt. 502 Darauf sind ein Diener mit Wedel, ein Speisetisch sowie eine gegenüber sitzende Frau – am Rock erkennbar – abgebildet. Auch wenn die Ausführung gröber, der obere Teil abgebrochen und die obere Bildfläche zerkratzt ist, können die Parallelen dieser Abbildung zur monumentalen Stele vom Burghügel Sam’als nicht verleugnet werden. Dazu zählen die Bildkomposition an sich, die Darstellung des Rocks der Frau sowie des Tisches. Dementsprechend muss die vorliegende Stele etwa in dieselbe Zeit, d.h. in das späte 8. Jh., datiert werden. 503 Somit kann die Stele neben der des KTMW als exemplarisches Beispiel dafür betrachtet werden, dass nicht-königliche Bevölkerungsschichten sich an den Sterbe- und Begräbnishandlungen der königlichen Familie orientierten, indem sie auf vergleichbare Traditionen zurückgriffen bzw. die königlichen Gepflogenheiten teilweise zu übernehmen versuchten.

6.5.3

Karaburçlu

Eine weitere Stele (Basalt, Stele ohne Zapfen 1,09 × 0,90 × 0,45  m, Zapfenlänge 0,10  m) aus unbekanntem archäologischen Kontext in der Umgebung von Zincirli, einem Waldstück oberhalb des 4 km nördlich von Zincirli gelegenen Karaburçlu, stellt ebenfalls eine Speise­tischszene dar. 504 Auf dieser sind neben dem obligatorischen Tisch mit einer Schüssel und vier Broten sowie zwei eierförmigen Objekten darüber zwei fast spiegelbildliche, sitzende Männer gruppiert, die jeweils in der vorderen Hand einen Stab halten und mit der hinteren ein Trinkgefäß erheben. Im Gegensatz zu anderen Vertretern der Region 502 Humann 1898, S. 94, 98; Orthmann 1971, S. 367, 375, 517–518 Keller 1; Voos 1985, S. 68–71, Abb. 2; Voos 1986, S. 107, Kat.-Nr. 61; Bonatz 2000a, S. 21, 39–40, Taf. XVII, C 47; Rehm 2016, S. 98, B 18. 503 Voos 1985, S. 71. 504 Luschan 1911b, S. 328–329, Abb. 237–238; Bossert 1958, S. 403; Orthmann 1971, S. 76, 200, 367, 373, 376, 388, 487, Taf. 14,d Karaburclu 1; Meriggi 1975, S. 94, Nr. 146; Meriggi und Poetto 1980, S. 258–259, Taf. XX; Voos 1986, S. 88, 90–91, Kat.-Nr. 39; Bonatz 2000a, S. 19, 59, 67, 166, 188, Anm. 73, Taf. XIV, C 32; Hawkins 2000, S. 276, Taf. 127; Rehm 2014, S. 383, Anm. 96; dies. 2016, S. 105, D 3. Unerklärlicherweise interpretiert Bossert 1958, S. 403 die Stele als königliche Grabstele und lokalisiert an diesem Ort entsprechende Gräber. Angesichts fehlender Argumente bzw. Funde könnte dies eventuell auf eine Verwechslung mit Gerçin zurückzuführen sein.

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Sam’al / Y’DY

von Sam’al trägt diese Stele hieroglyphenluwische Zeichen auf der linken, rechten und oberen Schmalseite ihrer Oberfläche, von denen nicht bekannt ist, ob sie einen zusammenhängenden Text bildeten. Es ist nur noch ein Bruchteil des ursprünglichen Textumfangs, von der linken Seite, lesbar: l. 3 l. 4

„… I seated with … … let him/them not come down(?).“ 505

Darüber hinaus ist möglicherweise in der ersten Zeile das Wort für „Sohn“ zu lesen, was auf eine Filiation des Verstorbenen hindeuten könnte. 506 Trotz der Tatsache, dass beide Verstorbenen einen Stab in ihren Händen halten, kann die Stele wohl nicht als königliches Exemplar betrachtet werden, da erstens Stäbe im benachbarten Kurkuma sehr zahlreich auf Speisetischszenen erschienen und zweitens meist ohne die von königlichen Statuen her bekannte Quaste auskommen mussten. 507 Zudem scheint sich mit dem Lotus / der Blüte ein anderes Symbol als genuin königlich in Sam’al durchgesetzt zu haben. 508 Stilistisch kann die Stele nach W. Orthmann und D. Bonatz in das ausgehende 10. oder die erste Hälfte des 9.  Jh. eingeordnet werden, da sie der Stilgruppe Zincirli II angehört, 509 d.h. die Inschrift dürfte während der Regierungszeit einer aramäischen Dynastie in Sam’al angefertigt worden sein. E. Rehm ordnet sie stilistisch dem benachbarten Kurkuma zu. 510

6.5.4

Örtülü

In der Nähe von Örtülü, ca. 5 km südöstlich von Zincirli, ist im Januar 1970 ein Relieffragment (Basalt, 56 × 90 × 50 cm) beschlagnahmt worden, dessen ursprüngliche Herkunft ungewiss bleibt. 511 Ebenfalls fraglich ist die ursprüngliche Verwendung; infrage kommen Stele oder Orthostat. Das Relief zeigt eine zweifigurige Speisetischszene mit einem nach oben versetzten Tisch, auf dem vier Brote und zwei ovale Objekte lie505 Hawkins 2000, S. 276. Im Gegensatz dazu liest P. Meriggi in der dritten Zeile „[…] al dio Tarhui … ho collocato“. Meriggi 1975, S. 94, Nr. 146. 506 Meriggi und Poetto 1980, S. 259. 507 Bonatz 2000a, S. 76. 508 Bonatz 2000a, S. 102; ders. 2014a, S. 238. 509 Orthmann 1971, S. 487; Bonatz 2000a, S. 19. 510 Rehm 2014, S. 383, Anm. 96. Auch Hawkins 2000, S. 251–252 ordnet die Stele aufgrund ihrer Speisetischszene den Stelen aus Maraş zu, obwohl im Gebiet von Sam’al ebenfalls zahlreiche Stelen mit Speisetischszenen gefunden worden sind, akzeptiert aber die stilistische Einordnung von W. Orthmann. 511 Kalaç 1975, S. 188–189, Taf. 43, Abb. 9; Voos 1986, S. 140, Kat.-Nr. 99; Bonatz 2000a, S. 19, 36, Taf. XIII, C 26; Balcıoğlu 2009, S. 27; Rehm 2016, S. 110, D 11; Herrmann 2017a, S. 243, Abb. 6.

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Weitere Fundorte

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gen. An ihm sitzen sich ein Mann mit Trinkgefäß und Stab sowie eine Frau mit Spiegel und zwei schmalen Objekten mit Spitzen am oberen Ende in ihren Händen gegenüber. J. Voos erwägt diesbezüglich Pfeilspitzen, 512 doch auch D. Bonatz schreibt von „Pfeilen ähnelnde[n] Attributen“ 513 ohne eine alternative Interpretation anzuführen, was bedeutet, dass die Ähnlichkeit zu Pfeilen unübersehbar ist, aber deren Existenz in den Händen einer Frau nicht in das klassische Schema der Attributs- bzw. Grabbeigabenzuordnung passt. Das Bildwerk wird von D. Bonatz ins 9. Jh., aber von V. R. Herrmann aufgrund seiner Ähnlichkeit zur ältesten Stilgruppe bzw. den Orthostaten des Südtors von Zincirli ins späte 11. oder frühe 10. Jh. datiert. 514 Die Abbildung von Pfeilen in den Händen einer Frau stellt ein herausforderndes Detail dar, da Pfeilspitzen in nordsyrisch-südostanatolischen Gräbern fast ausschließlich als Grabbeigaben für Männer belegt sind und in den Fällen, in denen keine anthropologischen Untersuchungen durchgeführt wurden, als Indizien für die Identifikation von Männergräbern gelten. 515 Dementsprechend könnte vermutet werden, dass die in der Hand der Frau befindlichen Pfeilspitzen für den Mann im Sinne einer Übereignung während der Begräbnishandlungen gedacht sind. Andererseits hält sie in ihrer anderen Hand einen Spiegel, der auf Stelen als genuin weibliches Attribut belegt ist und mutmaßlich auch als ausschließlich feminin konnotierte Grabbeigabe gelten kann. 516 Mindestens eine dieser beiden Annahmen bedarf daher einer Reinterpretation, falls die Interpretation dieser beiden Objekte als Pfeilspitzen korrekt ist.

6.5.5

Elbistan Höyük

1888 fand F. v. Luschan 8 km östlich von Zincirli, auf dem Elbistan Höyük, einen Orthostaten (Basalt, 88 × 82 cm) mit der Abbildung eines Mannes und einer Sphinx an der Oberfläche. 517 Dieser Fund kann stilistisch in die jüngste Epoche der Bildkunst von Sam’al eingeordnet werden, d.h. etwa ins letzte Viertel des 8. Jh. 518 Die Sphinx, deren vorderer 512 513 514 515

Voos 1986, Kat.-Nr. 99. Bonatz 2000a, S. 36. Bonatz 2000a, S. 19; Herrmann 2017a, S. 243. In einem, eventuell auch in einem zweiten Fall sind Pfeilspitzen in nordsyrisch-südostanatolischen Frauengräbern gefunden worden: Im Grab 4 von Nayrab (Abel und Barrois 1928, S. 196) sowie in der zusammen mit der Stele mit der Inschrift MARAŞ 2 gefundenen Urne mit 9 oder 10 Lanzenoder Pfeilspitzen darin. Auf der Stele sind zwei Frauen abgebildet. Humann und Puchstein 1890, S. 387; Turajew 1901, S. 243–244; Voos 1986, Kat.-Nr. 38; Bonatz 2000a, S. 19, Taf. XIV, C 33; Lange 2015, S. 103–104. 516 Bonatz 2000a, S. 82–85. Andererseits ist in Grab 4 von Nayrab eine vermutlich weibliche Person mit einer Pfeilspitze sowie einem Spiegel gefunden worden. Abel und Barrois 1928, S. 196. 517 Luschan 1911b, S. 332–333, Abb. 241; Orthmann 1971, S. 77, 118, 155, 339, 483, Taf. 7,a Elbistan 1; Voos 1986, S. 151–153, Kat.-Nr. 111. 518 Orthmann 1971, S. 77.

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Sam’al / Y’DY

Teil abgebrochen ist, wendet sich nach rechts, die stehende männliche Figur nach links, so dass sie sich gegenseitig den Rücken zukehren. Der Mann hält in der vorgestreckten rechten Hand eine Schale; am Gürtel sind zwei Knäufe sowie eine Messerscheide zu sehen. Leider sind der Kopf und die linke Hand des Mannes zu stark verwittert, um Details zu erkennen. Die stehende Figur erinnert an den etwa zeitgenössischen Orthostaten eines Königs aus Coba Höyük, aus dem letzten Viertel des 8. Jh., ebenfalls direkt neben einer Sphinx. Es könnte sich demnach hier gleichermaßen um ein königliches Monument handeln. Falls dies zutrifft, ist aufgrund der kürzeren Distanz zu Zincirli im Vergleich zu Maraş wohl von einem sam’alischen Ursprung auszugehen.

6.5.6

İslahiye

Eine weitere Stele (Basalt, 70 × 50 cm) ist inmitten eines islamischen Friedhofes auf dem Gipfel des Kazdağı bei İslahiye, ca. 10 km südwestlich von Zincirli, zusammen mit einer Wettergottstele gefunden worden. 519 Bei der Interpretation der Darstellung gibt es, abgesehen vom Stab in der linken Hand, verschiedene Ansichten: Nach W. Orthmann handelt es sich um einen sitzenden, bartlosen Mann. J. Voos hält die Person für eine Frau, die einen gewellten Stab mit einem Tierkopf in ihrer Linken hält. Zudem umfasse sie in der Rechten ein Gefäß, was einen Hinweis auf eine Funktion als Totenstele darstellen könne. Es ist jedoch V. R. Herrmann zuzustimmen, die ebenfalls von einer weiblichen Figur ausgeht und zwei Spindeln in ihrer Hand erkennt, was ebenfalls eine Interpretation als Totenstele nahelegen würde. Zudem scheint die Person einen Schleier zu tragen, der fließend in die Stuhllehne übergeht. Mit der Identifizierung der Person als Frau ergäbe sich das Problem, dass Frauen auf syro-hethitischen Bildwerken mit einem Stab, der als Herrschafts- bzw. Statussymbol gilt, bisher nicht belegt sind. Allerdings unterscheidet sich dieser Stab deutlich von den sonst üblichen geraden Stäben, die am oberen Ende des Stabes gehalten werden: Er ist deutlich länger, mehrfach gekrümmt, wird etwa bei etwa 2/3 der Länge gehalten und am oberen Ende befindet sich ein zusätzliches Element, das von J. Voos als Tierkopf interpretiert wird. Somit kann dieser Stab als grundsätzlich verschieden von den anderen Stäben dieser Zeit aufgefasst werden. W. Orthmann ordnet die Stele unter Vorbehalt in der Stilgruppe Zincirli II zu, was etwa der zweiten Hälfte des 10. und der ersten Hälfte des 9. Jh. entspräche. V. R. Herrmann dagegen sieht klare Parallelen zu den nach ihrer These ins späte 11. oder frühe 10. Jh. datierenden Orthostaten des Südtors von Zincirli. In İslahiye selbst wurde 1971 eine Stele mit Speisetischszene (Basalt, 95 × 62 × 39 cm) beschlagnahmt und stammt eventuell ebenfalls aus dem ehemaligen Gebiet Sam’als, auch wenn dies nicht als gesichert betrachtet werden kann. 520 Dabei sitzen sich ein größerer 519 Orthmann 1971, S. 78, 369, 376, 486, Taf. 14,b Islahiye 1; Voos 1986, S. 109, Kat.-Nr. 67; Çambel in dies. und Özyar 2003, S. 119, Anm. 631, Abb. 143; Herrmann 2017a, S. 243. 520 Kalaç 1975, S. 189, Taf. 43, Abb. 10; Voos 1986, Kat.-Nr. 26; Bonatz 2000a, S. 19, Taf. XIII, C 30; Balcıoğlu 2009, S. 19.

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Weitere Fundorte

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Mann und eine kleinere Frau, jeweils mit erhobenem Trinkgefäß und einer Ähre in den Händen, gegenüber. Der Tisch ist mit zwei Gefäßen, einer Schale mit mehreren Broten sowie einer Frucht gedeckt. Die eingerahmte Bildfläche wird von einer dicht über dem Kopf und dem Becher des Mannes schwebenden Flügelsonne beherrscht. 521 Sie kann ins 8. oder an den Anfang des 7. Jh. datiert werden.

6.5.7

Taşlı Geçit Höyük

Ein relativ kleiner Siedlungshügel ca.  20  km südlich von Zincirli, Taşlı Geçit Höyük, ca. 3,5 ha groß und am Ostufer des Karasu gelegen, könnte eventuell das einzige bisher bekannte Gräberfeld des eisenzeitlichen sam’alischen Reiches bergen. Refik Duru schreibt dazu unter Berufung auf İlhan Temizsoy, welcher zu Beginn der 1990er Jahre Grabungen im nahe gelegenen Yesemek durchführte und auch diesen Ort besuchte: „[…] in the necropolis area [von Taşlı Geçit Höyük, Anm. des Autors], there were a number of small ‚cup marks - hollows‘ on the main rock surface that appeared to have been placed on either side of a road approaching the höyük.“ 522 Als Ergebnis von zwei Rettungskampagnen einer türkisch-italienischen Equipe unter Nicolò Marchetti in den Jahren 2009 und 2010 konnte festgestellt werden, dass der Ort während des 3. Jt., der Mittelbronzezeit I, Spätbronzezeit I (ca. 1600–1400) sowie der Eisenzeit III (ca. 700–550) besiedelt war. 523 Die beiden letzteren Phasen konnten durch Radiokarbondatierungen des 15. bzw. 7. Jh. bestätigt werden. 524 Aufgrund der Tatsache, dass die Anbringung von Napflöchern meist als eine hethitische Tradition betrachtet bzw. hethitischem Einfluss zugeschrieben wird, insbesondere bei den Gräbern von Osmankayası, aber auch über der königlichen Grablege von Ugarit, 525 könnte die Nekropole von Taşlı Geçit Höyük eventuell der Spätbronzezeit I zugerechnet werden, 526 wobei andere Datierungen 521 Mit Federn über und unter der Sonnenscheibe. Zur mit einer Blüte verzierten Flügelsonne auf der Stele, die neben dem Steinkistengrab von Sam’al gefunden worden ist, siehe Abschnitt 6.1.3.4.2. 522 Duru 2004, S. 93, Anm. 57. Der Name des Ortes wird nur im türkischen Textteil (Duru 2004, S.  43) genannt. Daher kann auch die widersprüchliche Beschreibung, er läge 5 km nordöstlich (tatsächlich nordwestlich) von Yesemek, geklärt werden. 523 Marchetti 2011a; ders. 2011b; ders. 2012b. 524 Marchetti 2012b, S. 536, Anm. 7: Kalibrierte Werte von 1530–1380 und 800–520 bzw. 800–540. 525 Niehr 2004b, S. 80–81. 526 Mit dem Verweis auf die hethitische Tradition soll lediglich auf die zeitliche Koinzendenz, nicht auf die Anwesenheit derselben hingewiesen werden. Im Vergleich dazu fehlen entsprechende Vorrichtungen im extramuralen Gräberfeld von Gedikli Karahöyük, 18,5 km nordöstlich von Zincirli, welches neben verschiedenen Grabformen – Erd-, Pithos-, Kammer- und Kistengräber – mit Körperbestattungen auch 271 vollständig erhaltene Kremationen aufweist. Es wird insgesamt von der Frühbronzezeit II bis in die Mittelbronzezeit II / Spätbronzezeit I (ca. 2600 / 2500 bis ca. 1500) datiert. Alkım und Alkım 1966; Duru 2006; ders. 2010.

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Sam’al / Y’DY

mangels weiterer Informationen ebenfalls möglich wären. Das sich beidseitig der Straße zur Siedlung befindliche Gräberfeld erinnert dagegen an die eisenzeitlichen Gräberfelder vor den Toren von Karkamiš. Es ist jedoch hinzuzufügen, dass in den Publikationen der türkisch-italienischen Mission dieses Fundortes weder Napflöcher noch Gräberfeld erwähnt werden, obwohl N. Marchetti die oben zitierte Textstelle bekannt ist. 527 Der Grund dafür dürfte in der durch den jahreszeitlich anschwellenden Stausee Tahtaköprü verursachten Erosion zu suchen sein, welche u.a. zunächst die imposanten Stadtmauern freilegte, von denen İ. Temizsoy berichtete, um sie dann nach und nach zum Einsturz zu bringen, 528 so dass von der Nekropole zu Beginn der Rettungsgrabungen wohl nichts mehr erhalten geblieben war.

6.5.8

Yesemek

Aus der Nähe des 23 km südsüdöstlich von Zincirli gelegenen Steinbruchs von Yesemek kommt die bisher einzige Plastik aus dem Königreich Sam’al, die aller Wahrscheinlichkeit nach eine sitzende Person darstellt. 529 Der genaue Fundort liegt ca.  800  m östlich des Steinbruchs. Die heute als Yesemek Höyük bezeichnete, wohl dazugehörige Siedlung, mindestens während des ersten Viertels des 1. Jt. und während der Mittel- und Spätbronzezeit, eventuell auch zuvor bewohnt, lag ca. 1,5 km westlich des Steinbruchs. 530 Laut den Angaben von İ. Temizsoy soll sich zudem eine Siedlung im Bereich des Fundortes des Torsos befunden haben, die R. Duru jedoch nicht finden konnte. 531 Der fragmentarische Torso besteht aus Basalt (27 × 27 cm, Abb. 86), dem Kopf, rechter Arm und der Unterleib fehlen. Der linke Arm ist angewinkelt, so dass der Unterarm waagerecht auf dem Oberkörper aufliegt. R. Duru schreibt zwar, dass die Hände vor der Brust ineinandergelegt seien, aber in der Umzeichnung und auf den Fotos lässt sich eine solche Haltung bzw. die rechte Hand nicht erkennen. Vielmehr scheint es eher so, als würde die linke Hand einen über die Schulter verlaufenden Umhang halten, ähnlich wie bei der Statue vom Löwentor aus Arslantepe, der Statuette mit der Inschrift MARAŞ 3 oder dem Orthostaten eines Herrschers aus Coba Höyük. Dementsprechend könnte sich – analog zu diesen – in der rechten Hand ein Gefäß befunden haben. Im Bereich der Hüfte befinden sich vor- und rückseitig luwische Hieroglyphen. Die auf der Vorderseite befindlichen Zeichen sind nach Ali M. Dinçol einmal als „Königssohn“ sowie dreimal als „Gott“ zu lesen, 532 wobei auf dem publizierten Foto das Zeichen für „König“ fehlt. 533 527 528 529 530

Marchetti 2011b, S. 298, Anm. 4. Duru 2004, S. 93, Anm. 57; Marchetti 2011b, S. 298. Duru 2004, S. 35–37, 44, 87, 94–95, Abb. 21, Taf. 46, 47.1; Herrmann et al. 2016, S. 68–69. Alkım 1957, S. 385; ders. 1963, S. 80–81; Duru 2004, S. 71–72. Vgl. Karte bei Alkım 1969, S. 281, Nr. 45. 531 Duru 2004, S. 72, 87. 532 Duru 2004, S. 87. 533 Herrmann et al. 2016, S. 69.

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Weitere Fundorte

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Abb. 86: Statue aus der Nähe von Yesemek.

Es wird vermutet, dass sich ursprünglich die Namen dieser Entitäten darunter befanden. Die Hieroglyphen auf der Rückseite des Torsos sind dagegen unlesbar. Einige Vorsprünge und waagerechte Kerben scheinen darauf hinzuweisen, dass die Person auf einem Stuhl oder Thron dargestellt war und die Statue somit als Sitzbild bezeichnet werden könnte. 534 Ein Sitz- und Standbildhybrid, wie die Statue aus ‘Ayn at-Tall, liegt jedoch ebenfalls im Rahmen des Möglichen. Aufgrund der Fundsituation, etwa 800  m östlich des antiken Steinbruchs an der Oberfläche, sowie der Tatsache, dass es sich bei der Statue offensichtlich um ein fertiges Produkt in einem gänzlich anderen Stil als dem der Bildwerke von Yesemek handelt, kann die nun etwas ältere Datierung der Bildwerke des Steinbruchs, wohl ins 13. und 12. Jh. oder allein ins 12. Jh., 535 nicht zur chronologischen Einordnung der Statue herangezogen werden. Es ist sogar infrage gestellt worden, ob sie überhaupt hier entstand. 536 Nach A. M. 534 Duru 2004, S. 87. 535 Mazzoni 1997, S. 318; dies. 2000, S. 32–33; Orthmann 2013b, S. 526: 12. Jh. Herrmann et al. 2016, S. 66; Herrmann 2017a, S. 262–263; dies. 2019, S. 411–412: 13.–12. Jh. (unklar ist in diesem Kontext die Datierung Herrmann et al. 2016 S. 54, Tab. 1: „Yesemek sculptures? ca. 1200–920“). Während S. Mazzoni und W. Orthmann davon auszugehen scheinen, dass die vergleichbaren Sphingen- und Löwenprotome aus Zincirli im 12. Jh. vor Ort verwendet wurden, nehmen V. R. Herrmann et al. eine sekundäre Verwendung im späten 10. Jh. an. Andere Datierungsansätze: Alkım 1968, S. 247: ca. 1250–750. Genge 1979, S. 185–186; Duru 2004, S. 99: erste Hälfte des 9. Jh. 536 Duru 2004, S. 94–95.

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Sam’al / Y’DY

Dinçol könnte die erhabene Inschrift für das 1. und gegen das 2. Jt. sprechen. 537 Vergleichbare Sitzbilder gibt es bislang nicht. Bezüglich der Handhaltung bzw. des Haltens eines Umhangs sind die Statue vom Löwentor in Arslantepe, die Statuette mit der Inschrift MARAŞ  3 sowie die Darstellung eines Herrschers auf einem Orthostaten aus Coba Höyük vergleichbar, was eine Datierung ins 8. Jh. nahelegen würde, aber in Anbetracht der luwischen Inschrift nicht ohne Weiteres zu erklären wäre. Insgesamt ist ein Bezug dieses Torsos zum Toten- oder Ahnenkult relativ wahrscheinlich, 538 was angesichts des Fundes des ebenfalls luwisch beschrifteten Statuenfragments aus Pancarlı Höyük plausibler geworden ist.

6.5.9

Gözlühöyük

Abschließend ist aus Gözlühöyük, ca. 2,5 km westlich von Gerçin und ca. 9,5 km nordöstlich von Zincirli, ein Stelenfragment (Basalt, 72 × 73 × 37 cm, Abb. 87) zu nennen, auf dem eine äußerst bemerkenswerte Speisetischszene abgebildet ist. 539 Eine Inschrift ist nicht erkennbar. 540 Sie zeigt zwei sitzende Personen, wobei von der Frau zur Linken lediglich noch die Arme sowie ein Zweig mit Lotusknospen in ihrer linken Hand erkennbar sind. Der Bartträger zur Rechten formt mit seiner rechten Hand die ubāna tarāṣu-Geste, in der er gleichzeitig einen Becher hält, ähnlich wie KTMW und Bar-Rākib auf dem Fragment mit der Inschrift KAI 217. 541 In seiner Linken hält er, damit auf sein Gesicht zeigend, eine Lotusblüte mit langem Stiel. Dominiert wird diese Abbildung jedoch von einer weiteren, überdimensionalen Lotusblüte, die sich aufrecht über dem Stapel mit Broten, hier sechs Stück, in einer Linie mit der mittleren Strebe des Speisetisches erhebt, auf dem sich bemerkenswerterweise auch eine Schale mit einem Miniaturrind befindet. Der Lotus verweist dabei nicht nur auf Regeneration und Unsterblichkeit, sondern stellt auch ein Kennzeichen der Herrschaft dar. 542 Zudem trägt der Mann eine Haube nach dem Vorbild der ägyptischen „Blauen Krone“ inklusive der Uräusschlange. Dieselbe Kopfbedeckung findet sich ebenfalls auf der Wettergottstele aus dem gleichen Ort. 543 Beide Merkmale 537 Duru 2004, S. 94–95. Diese zeitliche Einordnung übernimmt auch Marchetti 2007, S. 157, Anm. 36. 538 Diese Armhaltung ist auch auf Bildwerken belegt, die nicht im Zusammenhang mit Toten- oder Ahnenkult stehen, wie die Darstellung höfischer Beamter des späten 8. Jh. auf einigen Orthostaten des ḫilāni III in Zincirli. 539 Temizsoy 1989, Abb. 52; Bonatz 2000a, S. 19, 36–37, 67, 100–101, 177, Taf. XIII, C 28; Balcıoğlu 2009, S. 26; Rehm 2016, S. 107, Taf. 7, D 7. 540 Die entsprechende Notiz bei Bonatz 2000a, S. 67 bezieht sich offensichtlich auf die Stele C 27 mit der Inschrift MARAŞ 12. Vgl. Hawkins 2000, S. 275, Taf. 126. 541 Vgl. Abschnitt 6.1.3.3. Diese Geste ohne Trinkschale ist in Zincirli sonst nur auf dem KulamuwaOrthostaten belegt. Siehe Abschnitt 6.1.3.1.2. 542 Bonatz 2000a, S. 102. 543 Bunnens 2006, S. 114, Kat.-Nr. 11, Abb. 66 (8.–7. Jh.).

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Weitere Fundorte

Abb. 87: Stelenfragment aus Gözlühöyük.

weisen daher einerseits den Mann eindeutig als Herrscher aus und andererseits auf einen starken ägyptischen Einfluss unter phönizischer Vermittlung hin. 544 Unterstützt wird erstere Interpretation durch die Darstellung des Rindes auf dem Speisetisch, das als Opfer im Totenkult laut ALEPPO 6 und KARKAMIŠ A. 4d von Königen für Könige vorgesehen ist. Nach D. Bonatz datiert die Stele ungefähr in die ersten drei Viertel des 8. Jh., d.h. noch in die Zeit der Autonomie Sam’als. Die geringe Entfernung zu Gerçin, die königlichen Attribute, das Rind als Opfertier sowie der Zeitrahmen für die Entstehung der Stele, die auch die Zeit der Einrichtung eines Grabes Panamuwas I. in Gerçin umfasst, könnten darauf hindeuten, dass die Stele ursprünglich ebenfalls dort aufgestellt war oder zumindest einem König von Sam’al zuzurechnen ist. Andererseits stellt Gözlühöyük, wie der Name bereits impliziert, einen antiken Siedlungshügel dar, so dass eine Aufstellung vor Ort ebenfalls denkbar ist. 545 In beiden Fällen wäre sie die bislang einzig bekannte syrohethitische Stele mit einer Speisetischszene, die einen König darstellt. 546 Eventuell stand sie, wie die Inschrift der Stele aus Ördekburnu nahelegt, an einem Grab oder wie die Stele KTMWs an einem speziell dafür eingerichteten Totenkultort. .

544 Bonatz 2000a, S. 177. 545 Auch dieser Hügel wurde im Rahmen des Surveys von U. B. Alkım untersucht, ohne dass die Ergebnisse veröffentlich wurden. Alkım 1969, S. 281, Nr. 20. 546 Contra Niehr 2014a, S. 190.

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386 6.5.10

Sam’al / Y’DY

Exkurs: İncirli

Aus der Nähe von İncirli, einem Dorf 30 km nordöstlich von Zincirli und 36 km südlich von Maraş, stammt eine Stele (Basalt, 1,15 × 0,48 × 0,22 m) mit einer bildlichen Darstellung des Königs von Ḫiyawa bzw. Que, Warika, in der oberen linken Ecke. 547 Sie soll den Angaben der lokalen Bevölkerung nach während Erdarbeiten an einem Höyük 3,8 km nördlich von İncirli (Surveynr. KM 51) gefunden worden sein; die Leiterin des Surveys, während dem die Stele aufgenommen wurde, Elizabeth Carter, vermutet dagegen das ca. 3,5 km nördlich gelegene Dorf Emirler, in welchem sich ebenfalls ein Siedlungshügel befindet, als Quelle. 548 Das Bild stellt einen nach rechts schreitenden König in assyrischem Stil im Profil dar, der einen Stab in der rechten und ein kleineres Objekt in der linken Hand trägt, bei dem es sich um ein vegetatives Zeichen, eventuell eine (Lotus-) Blüte handeln könnte, einem in Sam’al weit verbreiteten Symbol, das sich vor allem auf Stelen mit Speisetischszenen wiederfindet, hier aber insbesondere an die Darstellung Kulamuwas auf dem Orthostaten mit der Inschrift KAI 24 erinnert. 549 Die Stele ist auf allen vier Seiten mit zum größten Teil nur noch mit technischer Hilfe zu entziffernden Inschriften versehen. Auf der Front- (= Bildseite) sowie der rechten Seite wurden Inschriften mit Trennlinien zwischen den Zeilen angebracht: Rechts neben dem Königsbild in luwischen Hieroglyphen, darunter zwei Zeilen sowie in der oberen Hälfte der rechten Seite in assyrischer Keilschrift. Die restliche Fläche der Stele, d.h. die linke und die Rückseite ausschließlich, die Vorder- und die rechte Seite nur zum Teil, war mit phönizischer Schrift versehen. Später wurde auf der oberen Hälfte der Rückseite davon unabhängig eine griechische Inschrift angebracht, die auf eine sekundäre Verwendung der Stele als Grenzstein schließen lässt. 550 Doch bereits ursprünglich war die Stele als Grenzstein gedacht: Der phönizische Text erläutert die politischen Ereignisse, die zur Schenkung des Gebiets führten, in welchem die Stele errichtet wurde. Aufgrund dessen kann sie in die Zeit nach der erfolgreichen Niederschlagung der Revolte von 740 durch Tiglatpileser III. bzw. die daran anschließende Schenkung dieses Teils des kurkumäischen Reiches an Warika infolgedessen Loyalität gegenüber Tiglatpileser III. datiert werden. 551 Obwohl die Errichtung der Stele abseits des sam’alischen Gebietes im ehemaligen Kurkuma erfolgte, hat sich gezeigt, dass zumindest einer von zwei Aspekten dieser Inschrift

547 Carter 1995, S. 335, Abb. 3–4; Kaufman 2007; Swartz Dodd 2012; Na’aman 2019. 548 Carter 1995, S. 335. Bei einer Überprüfung der Karte Abb. 1 von Carter 1995, S. 338 mithilfe von www.wikimapia.org (zuletzt abgerufen am 20.08.2015) zeigt sich, dass es zu einer Verwechslung der Surveynummern KM 52 und KM 40 (angeblich Emirler) gekommen zu sein scheint. Demnach würde KM 52 Emirler darstellen und KM 40 einen Ort im nördlich davon gelegenen Höhenzug. 549 Swartz Dodd 2012, S.  215, Abb. 2–4 contra Carter 1995, S.  335, welche eine Keule oder einen Schwertgriff vermutet. 550 Kaufman 2007, S. 8. 551 Kaufman 2007, S. 9; Swartz Dodd 2012, S. 214.

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Weitere Fundorte

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hinsichtlich des Umgangs mit den Toten auch in Sam’al von Bedeutung war, die Verwendung des Begriffs npš im Zusammenhang mit einem Totenmonument: Rs. Z. 20–21 „wkrt b.. ’rṣt ’ṣr wtḥt kl bt npš Then I mined the treasure lands and beneath every tombstone.“ 552 Die Übersetzung von Steven A. Kaufman geht aufgrund des Zusammenhangs zu Recht von einem Grabkontext von npš aus, da sich darunter wertvolle Objekte, d.h. Grabbeigaben, befunden haben dürften, die im ersten Teil des Satzes ebenfalls eine Rolle spielen. Es steht in einer Konstruktusverbindung mit bt, welches er hier im Sinne einer Stele / eines funerären Monuments begreift. 553 Somit bildet die Stele zusammen mit der KTMW-Inschrift und KAI 214 das früheste Indiz dafür, dass npš / nbš sich auf funeräre Monumente beziehen konnte. Aufgrund des architektonischen Kontextes der KTMW-Stele bzw. die Beschreibung von der Errichtung einer syr/d ‘ lm genannten Struktur, welche die Stele bzw. die nbš KTMWs enthielt, bestünde eventuell die Möglichkeit, bt npš nicht als Monument, sondern als (Grab-) Bau, in welchem die Stele aufgestellt wurde und demzufolge als Äquivalent zu syr/d ‘ lm zu begreifen. Allerdings spricht die Tatsache, dass sich unter dem Haus A/II kein Grab nachweisen ließ, gegen diese These, während der Kontext der Zeilen 20–21 jedoch ein solches bedingt. Unabhängig davon scheint die Passage zu implizieren, dass die sterblichen Überreste unter dem bt npš separat von diesem betrachtet wurden,  d.h.  die npš wurde allem Anschein nach in der Stele, aber nicht mehr im nunmehr leblosen und bestatteten Körper lokalisiert. Diese Vorstellung harmoniert mit den bisherigen Erkenntnissen aus Sam’al, wonach Panamuwa  I. um ca.  760 für seinen Totengeist wahrscheinlich eine Statue an seinem späteren Grab aufstellen ließ, während in der zwischen ca. 743 und 733 / 732 entstandenen KTMW-Inschrift explizit ausgedrückt wird, dass sich die nbš in der Stele befand, wobei sie in diesem Fall unabhängig vom Ort des Grabes existierte. Darüber hinaus wird in den Zeilen 11–15 der Vorderseite Bezug auf ein Menschenopfer in Form des königlichen Nachwuchses genommen, das von Mati‘-’El von Arpad durch ein Tieropfer ersetzt worden sein soll. 554 Es ist nicht auszuschließen, dass entsprechende Opferpraktiken auch in Sam’al – oder anderen Königreichen – zur Anwendung kamen.

552 Kaufman 2007, S. 14, 17. 553 Kaufman 2007, S. 25. Vgl. Hoftijzer und Jongeling 1995, S. 160, 748. 554 Kaufman 2007, S. 9–10, 15; Niehr 2014a, S. 152–153, 181.

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Sam’al / Y’DY

6.6

Zusammenfassende Rekonstruktion

6.6.1

Sterbe- und Begräbnishandlungen

6.6.1.1

Sterbe- und Begräbnishandlungen der Bevölkerung

Der wissenschaftliche Wert der vor dem Westtor von Sam’al gefundenen Kremationsbestattung wird durch die Nähe zu Gedikli Karahöyük und dessen früh- bis mittelbronzezeitlicher Kremationsnekropole sowie die Besiedlung weiter Teile der südlichen Unterstadt von Zincirli in der Frühbronzezeit relativiert. d.h. es kann keine eindeutige Zuordnung vorgenommen werden, solange das entsprechende Gefäß nicht publiziert ist. Die Existenz eisenzeitlicher Gräberfelder, wie sie aufgrund der vielfältigen Beziehungen zu Kurkuma und Karkamiš zu vermuten wären, bleibt somit hypothetisch. Als Ursachen für die fehlenden vorassyrischen Gräber kommen entweder Zerstörungen, Kremationen ohne Urne 555 – wobei dann auch die Absenz von Grabstelen auffällig wäre – oder andere Formen „spurenloser“ Bestattungen sowie Bestattungen in einiger Entfernung von Sam’al, ähnlich wie im Fall der vermuteten Königsgräber in Gerçin und Ördekburnu, infrage. Innerhalb der Stadt sind bisher zwei vermutlich bronzezeitliche Steinkistengräber sowie neuassyrische Gräber entdeckt worden, wobei das neu entdeckte Grubengrab eventuell auch vorassyrisch datiert. Die zwei Körperbestattungen in Wannensarkophagen können trotz ihrer Deponierung auf der Zitadelle von Sam’al aufgrund der Beigaben sowie des Kontextes als Gräber der einfachen Bevölkerung im beginnenden 7.  Jh. angesehen werden, die übereinstimmend mindestens jeweils eine Bronzeschale beinhalteten, so dass hier vielleicht auf eine Versorgung der Toten mit Nahrung geschlossen werden kann. Der Sarkophag aus Bronze hebt sich allein durch sein Material und die damit verbundenen Kosten sowie seinem – vermutlich sekundären – Fundort im Inneren des Palastes von den Exemplaren aus Keramik ab, so dass die Zuordnung zu einer anderen sozialen Schicht möglich ist, aber nicht bewiesen werden kann. Fest steht, dass er aufgrund desselben assyrischen Einflusses gefertigt und benutzt wurde. Auch Statuen nicht-königlicher Personen sind im Gegensatz zum benachbarten Kurkuma bislang nicht im Gebiet von Sam’al gefunden worden. Als prämortale Sterbehandlung kann demnach bisher nur die Errichtung von Stelen, in Anlehnung an die königlichen Gebräuche, belegt werden. So erweist sich die Stele aus Fevzipaşa als Imitation der monumentalen Stele aus der Zitadelle von Sam’al. Ob sie an einem Grab stand, muss jedoch offenbleiben. Auch der archäologische Kontext der Stele des KTMW weist keinen direkten funerären Bezug auf. Laut ihrer Inschrift ließ KTMW noch zu seinen Lebzeiten eine Stele in einem vermutlich an ein Heiligtum angrenzenden Raum errichten. Die in diesem Zusammenhang geschilderten Opfer von einem Stier und fünf Widdern an fünf verschiedene Gottheiten sowie die nbš KTMWs lassen jedoch darauf schließen, dass diese erst nach dessen Tod durchgeführt werden sollten, um seinen „ewigen“ Totenkultort 555 Vgl. Seeher 2015 für das spätbronzezeitliche Zentralanatolien.

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Zusammenfassende Rekonstruktion

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einzuweihen. Unklar ist dabei, ob die sterblichen Überreste KTMWs eine Rolle in diesem Ritual gespielt haben könnten oder bereits bestattet waren. Denn im Gegensatz zu diesem Ritual nahm Tiglatpileser III. eine erste Totenspeisung wahrscheinlich allein in Gegenwart des Leichnams Panamuwas II. vor und errichtete erst danach ein Bildnis am Wegrand, während Bar-Rākib erst sehr viel später, nach der Rückführung der sterblichen Überreste nach Sam’al, eine Statue für seinen Vater anfertigen und aufstellen ließ. Ein weiterer Unterschied zu jenem in KAI 215, 17–18 nur lückenhaft erhaltenen Ritual stellt die Beopferung der nbš KTMWs zusammen mit Gottheiten dar. 556 Die hierbei bedachten Gottheiten können als Beleg für das luwisch-aramäische Amalgam in Sam’al angeführt werden, da sie sowohl semitischen als auch luwischen bzw. ehemals hurritischen Panthea angehören. Die Stele aus İncirli scheint jedoch ein Indiz dafür zu liefern, dass als (phön.) bt npš bezeichnete Stelen im Allgemeinen über Gräbern errichtet wurden. Im Gegensatz zu den königlichen Monumenten mit mortuären Bezügen ist mit der Stele von Karaburçlu die Errichtung luwisch beschrifteter Totenstelen im nicht-königlichen Milieu bereits Ende des 10. oder in der ersten Hälfte des 9. Jh. belegt, wobei bezüglich des Bildrepertoires kaum Unterschiede zu königlichen Stelen festgestellt werden können. So verlor der Stab aufgrund seiner Häufigkeit seine Funktion als Herrschaftssymbol und wandelte sich zu einem allgemeinen Status- und Würdesymbol. 557 Eine Ausnahme davon stellte in Sam’al der Lotus bzw. die Blüte dar, die als königliches und vermutlich auch als mortuäres bzw. regenerierendes Attribut wahrgenommen wurde. 558 6.6.1.2

Königliche Sterbe- und Begräbnishandlungen

Die Stele von Ördekburnu vom Ende des 9. oder der ersten Hälfte des 8. Jh. stellt den ältesten schriftlichen Beleg einer königlichen Begräbnishandlung im Gebiet von Sam’al dar – leider bietet das Statuenfragment mit der Inschrift PANCARLI keine diesbezüglichen Informationen – und diente vermutlich einer weiblichen Person als Grabstele. Neben der verstorbenen Person erhielten sowohl Rākib-El als auch Kubaba Opfer in Form von jeweils zwei Schafen, dargebracht vielleicht von einem hinterbliebenen Sohn. Das Opfer fand an einem als mqm mlky bezeichneten Ort statt, bei dem es sich um die Nekropole und zugleich die Ahnenkultestätte der sam’alischen Königsfamilie gehandelt haben dürfte, die sich wohl in der Nähe des Fundortes der Stele, ca. 18 km südlich von Sam’al, befand.

556 Falls die Rekonstruktion J. Troppers korrekt ist – und nichts spricht dagegen – bleiben lediglich ca. 11 Zeichen für ein Objekt der Handlung Tiglatpilesers III. zum Verb lqḥ „nehmen“ und ggf. andere Textelemente, was für ein zusätzlich erwähntes Opfer an einen Gott oder mehrere Götter vermutlich zuwenig Platz ließe. Vgl. Tropper 1993, S. 125, darin gefolgt u.a. von Niehr 2014a, S. 187. 557 Bonatz 2000a, S. 76. 558 Bonatz 2000a, S. 102; ders. 2014a, S. 238. Vgl. Lange 2015.

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Sam’al / Y’DY

Das Steinkistengrab am ḫilāni I hat vormals zusammen mit der in der Nähe gefundenen Monumentalstele das einzige archäologische Indiz für ein königliches Begräbnis in Sam’al dargestellt, was inzwischen aufgrund der Umdatierung des ḫilāni I in die Mittelbronzezeit II nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Aufgrund der Inschrift KAI 214 dürfte sich das mqm pnmw, das Grab Panamuwas I. mit dessen Statue, in Gerçin befunden haben. Die Existenz eines Grabes für Panamuwa II. ist ebenfalls nur in einer Inschrift, KAI 215, nachgewiesen, ohne dass es genauer lokalisiert werden könnte. Falls die Statue dieses Königs mit dieser Inschrift am oder in der Nähe des Grabes stand, was im Falle Panamuwa  I. aufgrund von KAI 214 plausibel erscheint, befand sich das Grab Panamuwas II. vielleicht in Sam’al, da seine Statue ursprünglich dort aufgestellt war. 559 Auch die monumentale Stele mit einer Speisetischszene neben dem sog. ḫilāni  I von Sam’al könnte auf die Existenz königlicher Gräber innerhalb der bis heute nicht vollständig archäologisch erforschten Zitadelle von Sam’al hindeuten, 560 wie die Ördekburnu-Stele bzw. deren Inschrift nahelegt. Da mit der KTMW-Stele ein Gegenbeispiel – allerdings nicht aus einem königlichen Kontext – vorliegt, ist jedoch auch hier eine alleinige Kultstätte ohne Grab denkbar. Die Grabstätten der königlichen Familie außerhalb von Sam’al erinnern an die Bestattungspraktiken zur Zeit der Ebla-Archive, wo zumindest eine Vielzahl der Könige, wenn nicht sogar alle, außerhalb der Hauptstadt, in Binaš und Darib, beigesetzt wurde. 561 Allerdings änderte sich dies mit dem Bau des – aufgrund der Zerstörung der Stadt nicht mehr benutzten – Hypogäums G4 gegen Ende der Frühbronzezeit IVA. 562 Eine Bestattung der Könige außerhalb der Hauptstadt war vermutlich auch für das amurritische Mari kennzeichnend, wo keine Königsgräber des 2. Jt. gefunden worden sind, Texte aber auf andere Begräbnisorte hinzuweisen scheinen. 563 Aber auch der 5 km von Ugarit entfernte Palast in Rās Ibn Hānī enthielt ein königliches Grab. 564 Dagegen konnte für eine Weiterführung der deutlich überwiegenden Tradition der bronzezeitlichen Levante, die königliche Familie in der Nähe des oder unter dem Palast zu bestatten, wie in Ugarit, Rās Ibn Hānī, Alalaḫ, Qaṭna, Kumidi, Ebla und vermutlich auch Gubla, bislang keine Indizien gefunden werden. Als Parallelen zur Aufstellung einer Statue am Grab Panamuwas I. nach KAI 214 können, abgesehen von den Statuen über den Kremationsgräbern aus Tell Ḥalaf, deren königlicher Kontext nicht gesichert ist, eine Königsstatue über den Gräbern des Westpalastes von Ebla 565 sowie die Statuen im Haus der Gebeine (É.ŠÀ ḫaštiyaš) in

559 Niehr 1994, S. 70–71. 560 Luschan in ders. und Andrae 1943, S. 138. 561 Überdies ist in at-Tarib, vermutlich identisch mit dem antiken Darib, ein Kopffragment einer anthropomorphen Statue derselben Zeit gefunden worden, bei dem es sich um die Statue eines verstorbenen Königs gehandelt haben könnte. Vgl.  Archi 2012, S.  7–9, 12–14; Matthiae 2012, S. 953–957, Anm. 18–19. 562 Matthiae 2013b, S. 50. 563 Jacquet 2012, S. 131–134 vermutet die Gräber in Der, Charpin und Durand 1989 dagegen in Terqa. 564 Niehr 2004b, S. 83. 565 Matthiae 2013a, S. 378–380.

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Zusammenfassende Rekonstruktion

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Ḫattuša genannt werden, 566 während die Aufstellung einer Stele an einem königlichen Grab bisher nicht belegt ist. Schließlich ist in Byblos zwar eine äußerst geringe räumliche Distanz – weniger als 40 m – zwischen dem Tempel der Ba‘alat Gubla und der jüngeren Königsnekropole festzustellen, vermutlich ähnlich wie es KAI 214 für das Grab Panamuwas I. und die Hadadstatue beschreibt, jedoch ist diese wohl lediglich der Position des Palastes geschuldet und nicht auf eine bewusste Bestattung im Umkreis eines Heiligtums zurückzuführen. Aus den inschriftlichen Quellen geht hervor, dass die Errichtung einer Statue im Idealfall noch zu Lebzeiten des Königs eine der ersten königlichen Sterbe- und Begräbnishandlungen darstellte. Sie war im Fall Panamuwas I. dafür bestimmt, in der Gegenwart des Wettergottes Hadad im Jenseits speisen zu können. Einer weiblichen Angehörigen des Königshauses genügte dagegen die Errichtung einer Stele, um vermutlich von RākibEl und / oder Kubaba vermittelte Totenmähler empfangen zu können. Nach dem Tod des Königs erfolgte wohl zunächst das Beweinen durch die Familie. Daraufhin fand wahrscheinlich eine erste Speisung des Toten(geistes)  –  im Gegensatz zu KTMW anscheinend ohne die gleichzeitige Beopferung von Gottheiten  –  statt. Denn dass allein das Pech Panamuwas II., in der Fremde zu sterben, Tiglatpileser III. dazu veranlasste, die Speisung / das Opfer noch in alleiniger Gegenwart des Leichnams vorzunehmen, ist fraglich. Dagegen ist möglicherweise die Errichtung eines Bildnisses des Toten am Sterbeort zusätzlich zu einer Statue in der Hauptstadt auf den Tod Panamuwas II. in der Fremde zurückzuführen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass im Fall eines auswärtigen Todes des Königs die sterblichen Überreste nach Sam’al überführt wurden, woraufhin vermutlich ein Teil oder alle der auswärts vollzogenen Handlungen von der Familie des Verstorbenen wiederholt wurden. Die daran anschließende Thronbesteigungszeremonie des neuen Königs, im vorliegenden Fall Bar-Rākibs, scheint eng mit den Sterbe- und Begräbnishandlungen für den verstorbenen König verknüpft gewesen zu sein. Auch die Einweihung der Statue Panamuwas  II. könnte noch im Kontext der Thronbesteigung stattgefunden haben. Ob die in KAI 215 genannten Lamm- und Widderopfer noch zu den Begräbnishandlungen oder bereits zum Ahnenkult zu rechnen sind, ist unklar. Die in der Ördekburnu-Inschrift erwähnten Opfer von je zwei Schafen für Rākib-El, Kubaba und die Verstorbene gehören dagegen höchstwahrscheinlich noch zu den Begräbnishandlungen, ebenso wie das einmalige „Einweihungsfest“ des Vasallen KTMW, so dass dies eventuell auch auf KAI 215 zutrifft.

566 Taracha 2000, S. 198 (Bo 3826, Rs. III 1–13).

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Sam’al / Y’DY

6.6.2

Ahnen- und Totenkult

6.6.2.1

Totenkult der Bevölkerung

Die Inschrift der KTMW-Stele zeigt, dass zumindest ein Teil der Elite Sam’als während der zweiten Hälfte des 8. Jh. bestrebt war, einen dauerhaften Totenkult für sich einzurichten. Ob dieser zusätzlich zu einem Ahnenkult institutionalisiert wurde, wie er bspw. in Kurkuma oder für das sam’alische Königshaus nachgewiesen werden kann, ist aufgrund fehlender Quellen unbekannt. Gemäß KTMWs Willen sollte der zukünftige Besitzer des als syr/d ’ lm bezeichneten Ortes, wahrscheinlich identisch mit dem Raum der Stele oder dem Gebäude A/II und in KTMWs Besitz, für den Kult zugunsten von KTMWs nbš verantwortlich sein. Dieser umfasste die einmal im Jahr stattfindende Opferung eines Schafes sowie die Zuteilung eines Schenkels für den Totengeist KTMWs. Angesichts der Parallelen zum königlichen Ahnenkult von Sam’al (KAI 214) kann vermutet werden, dass es sich wie bei dem vorangegangenen Einweihungsfest um ein gemeinsames Mahl zwischen den Göttern und KTMW handelte, zumal der Raum mit der Stele wahrscheinlich an einen kleinen Tempel angrenzte. Somit blieb eine – zumindest temporäre – Gemeinschaft von Toten und Gottheiten nicht auf das Königshaus beschränkt, 567 auch wenn das Privileg eines Mahles mit dem Oberhaupt des sam’alischen Pantheons, Hadad, dem Herrscher(haus) verblieben zu sein scheint. 568 Unklar bleibt dagegen der Teilnehmerkreis dieses jährlichen Rituals abgesehen vom jeweiligen Verantwortlichen, bei dem es sich entweder um einen Sohn KTMWs oder einen anderen Mann handeln sollte. Dieser sollte als Eigentümer des syr/d die Erträge eines Weinbergs zur Bezahlung des jährlichen Schafopfers nutzen. Es steht daher anzunehmen, dass der Besitz des Weinbergs an den Besitz des syr/d gekoppelt war. Neben der KTMW-Stele fand möglicherweise auch die Statuette aus dem Raum K 2 im Rahmen eines Toten- oder auch Ahnenkultes für einen Angehörigen der Elite Verwendung, bei der es sich um eine Miniaturversion der Statue Panamuwas II. handelt. 6.6.2.2 Königlicher Ahnenkult Spannend bleibt die Frage nach der Zuordnung der Statuenfragmente aus Pancarlı Höyük und Yesemek: Zwar ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass sie einer luwischen Dynastie zuzurechnen sind, aber u.a. aufgrund der Datierung der Karaburçlu-Stele ist die Verwendung des Luwischen als Monumentalschrift vermutlich nach der Gründung der ersten aramäischen Dynastie zu belegen. PANCARLI selbst – 10. oder frühes 9. Jh. – könnte eventuell bereits unter aramäischer Herrschaft entstanden sein. Fest steht, dass es in den Rahmen des später belegten königlichen Ahnenkultes passt, da Genealogie, Amtsnachfolge, und – nicht mehr erhaltene – Opferanweisungen Bestandteile der Inschrift waren. 567 Kottsieper 2011, S. 322. 568 Dion 1997, S. 268–269; Struble und Herrmann 2009, S. 31, Anm. 28.

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Zusammenfassende Rekonstruktion

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Der einzige Unterschied zum Ahnenkult der aramäischen Könige ist der göttliche Beistand in Form des Tarḫunza anstelle von Hadad. Wohl ca. zwischen 820 und 760 ist die Anfertigung der Ördekburnu-Stele und somit die Existenz der mqm mlky, der „Nekropole der Könige“, im Süden des Königreiches anzusetzen. Analog zum späteren mqm pnmw und dem dort stattfindenden Ahnenkultritual für Panamuwa I. könnten im Bereich des mqm mlky ebenfalls Ahnenkultrituale für mehrere Könige und vielleicht weitere Familienangehörige der Dynastie stattgefunden haben, wobei auch die Ördekburnu-Stele selbst eine Rolle gespielt haben könnte. Zeitlich etwa um 760 anzusetzen ist der Ahnenkult für Panamuwa I. in Gerçin, welcher ausdrücklich von seinem Sohn und Amtsnachfolger durchgeführt werden sollte. Zusätzlich zu einer Statue für Hadad ließ Panamuwa I. wahrscheinlich auch ein Exemplar für sich selbst anfertigen und in einem speziellen Bereich innerhalb oder in der Nähe des als mqm pnmw bezeichneten Ortes errichten, d.h. an seinem Grab und wahrscheinlich zugleich seiner Ahnenkultstätte. Mithilfe dieser Maßnahmen war die Weiterexistenz seines Totengeistes bei Hadad in Gestalt einer Statue oberflächlich betrachtet gesichert. Doch das Vorhandensein der Statue stellte lediglich eine Grundvoraussetzung dar: Ohne eine kontinuierliche Beopferung mussten sich diese Vorbereitungen als vergebens erweisen, wie die Drohungen und Flüche Panamuwas zeigen, welche dazu dienen sollten, den zukünftigen Thronfolger zum Ahnenkult anzuhalten. Bestandteile des Ahnenkultes waren in erster Linie die Opfer für Hadad, welche durch die Anrufung des verstorbenen Königs und über die Vermittlung Hadads auch der Totengeist Panamuwas I. erhielt. Allerdings wurden neben Hadad zumindest El, Rākib-El und Šamaš ebenfalls bedacht. Diesen vier Gottheiten wurde zusammen ein Schaf geopfert, wobei Hadad vermutlich mit weiteren Opfern bedacht wurde oder den größten Teil davon erhielt. Unerwähnt bleibt die flüssige Opfermaterie – denn Panamuwa soll ja mit Hadad essen und trinken – ebenso wie das Intervall dieses Rituals. Andere Rituale, die eventuell ebenfalls im Rahmen des königlichen Ahnenkultes verortet werden können, sind ein Lammopfer sowie das Hinaussenden eines Widders ans Grab Panamuwas II. (KAI 215, 21), falls sie keine einmaligen Handlungen darstellen und ersteres ebenfalls vom König dargebracht werden sollte. Schließlich besteht die Möglichkeit, dass im Palast oder an einem anderen Ort innerhalb der Zitadelle von Sam’al weitere Ahnenkultrituale praktiziert wurden. Mögliche Kandidaten in dieser Hinsicht stellen die Statue Panamuwas  II., die Monumentalstele vom ḫilāni I, die Stele des Raumes P 1, welche wahrscheinlich einen verstorbenen König und seinen Nachfolger zeigt, sowie eventuell der Raum J  2 des Nordwestpalastes dar, wobei die ursprüngliche Größe der Statue Panamuwas II. eher eine Rolle in einem öffentlichen Totenkult vermuten lassen würde. Dass der königliche Ahnenkult außerhalb der Hauptstadt stattfinden konnte, war in Syrien und vermutlich auch Anatolien nicht ungewöhnlich, wie Beispiele aus Ebla und dem hethitischen Reich bezeugen. 569 Die in KAI 214 erwähnten Opfer wurden ver569 Für Ebla sind vor allem Binaš und Darib zu nennen, wo sich jeweils sicher bzw. wahrscheinlich Gräber befanden. Archi 2012, S. 7–9, 12–14; Matthiae 2012, S. 953–957, Anm. 18–19. Allerdings

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Sam’al / Y’DY

mutlich analog zur KTMW-Inschrift jährlich durchgeführt und hoben sich sowohl dadurch als auch durch die gleichzeitige Beopferung der Gottheiten vom mesopotamischen kispu(m) deutlich ab. 6.6.2.3 Königlicher Totenkult Mindestens fünf verschiedene Orte kommen aufgrund entsprechender Monumente im öffentlichen Raum für die Durchführung eines Totenkultes sam’alischer Könige infrage: Die Statue außerhalb des Nordwestpalastes, eventuell im Zusammenspiel mit dem hinter ihr gelegenen Raum J 2, die in der Nähe von ḫilāni II gefundene Statuenbasis, das äußere Burgtor und das südliche Stadttor sowie der Palasteingang von Coba Höyük. Zu diesen kann vielleicht die aus Zincirli stammende Statue Panamuwas II. gerechnet werden, deren ursprünglicher Aufstellungsort noch nicht geklärt ist, aber vermutlich öffentlich zugänglich war, wie die ikonographischen Parallelen zur Statue vom Löwentor in Arslantepe nahelegen. Abgesehen von den Napflöchern an der Statue vor dem Bau J, die wahrscheinlich als Indizien für Libationen zu bewerten sind, sind die Bestandteile des öffentlichen Kultes für die verstorbenen Könige von Sam’al unbekannt. Möglicherweise war auch die Statue Panamuwas II. analog zu anderen Statuen dieser Zeit bzw. der Darstellung auf dem Orthostaten von Coba Höyük mit einer Schale in der rechten Hand versehen, so dass hier ebenfalls Trankopfer eine Rolle gespielt haben könnten. Auch die Rolle der Orthostaten im königlichen Totenkult ist letztlich unklar. 570 Die Tatsache, dass das Südtor als einziges der Stadttore mit Orthostaten verziert und ungefähr auf das Burgtor ausgerichtet war, könnte als Indiz für eine Prozessionsstraße gewertet werden. 571 Ein weiteres Indiz stellt der neugefundene Orthostat außerhalb des Südtors dar, der vermutlich neben weiteren Exemplaren den Weg zu einem extramuralen Tempel markiert zu haben scheint. 572 Ob diese hypothetische Prozessionsstraße im Rahmen eines Totenkultes genutzt wurde, ist derzeit nicht zu beantworten; andererseits konnten verstorbene Könige auch während anderer religiöser Feste beopfert werden, wie es vor allem bei den Hethitern belegt ist. Inwieweit die unsicher zu deutenden Opferreste in Coba Höyük Rückschlüsse auf vergleichbare Rituale in Sam’al erlauben, muss angesichts der unterschiedlichen architektonischen Komplexe – Tore versus Palasteingang – ebenfalls vorläufig offenbleiben. waren die Speiseopfer nie für die Gräber selbst bestimmt. Biga 2007–2008, S. 267. Bezüglich der Hethiter vermuten mehrere Forscher, dass in Yazılıkaya Kammer B Opfer für verstorbene Könige dargebracht wurden. Darüber hinaus ist zu vermuten, dass im Falle des auswärtigen Todes eines Königs und der daran anschließenden Errichtung eines „Steinhauses“ in der jeweiligen Stadt, auch in diesem „Steinhaus“ Opfer dargebracht wurden. 570 Voos 1986, S. 166; Pucci 2008a, S. 55–57; Gilibert 2011, S. 60–61, 67 sprechen sich für eine „aktive“ Rolle der Orthostaten im Kult aus, während Bonatz 2000a, S. 158 sie im Anschluss an Mazzoni 1997, S. 318–329 lediglich als symbolisch ansieht. 571 Casana und Herrmann 2010, S. 65. 572 Schloen 2011.

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Interpretation

395

Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Königsstatue am Bau J mit der Machtübernahme der Assyrer nicht zerstört und entfernt wurde, so dass spekuliert werden kann, dass auch der Kult an der Statue weiterhin praktiziert wurde. Eine mögliche Erklärung für diese Toleranz stellt die traditionelle Unterwürfigkeit des sam’alischen Königshauses gegenüber dem assyrischen Reich dar, so dass eventuell mit dem Kult für den verstorbenen König zugleich die proassyrische Politik des Königshauses evoziert wurde. Ein weiteres Indiz in dieser Hinsicht stellt der memorial konnotierte Kulamuwa-Orthostat dar, der zu diesem Zeitpunkt noch zur Hälfte sicht- bzw. lesbar war und eventuell die Beischrift zur Statue darstellte. Die Inschrift stellt den ersten erhaltenen Beleg aus Sam’al für die guten sam’alisch-assyrischen Beziehungen dar, die bereits mit den Tributzahlungen Ḥayyās begannen.

6.6.3

Sekundäre Begräbnisrituale

Sekundäre Begräbnishandlungen können in Sam’al aufgrund fehlender Gräber nur an der Statue vom Bau J festgestellt werden. Auf den Rücken gedreht und von einer improvisierten Steinsetzung umgeben wurde das zuvor verstümmelte Monument in pietätvoller Weise zu einer Ruhe gebettet, die sich einer mindestens ca. 200 Jahre andauernden kultischen Verehrung anschloss. 573

6.7

Interpretation

6.7.1

Religionssomatologische Interpretation

Die Weiterexistenz des Totengeistes, sam’alisch nbš, ist nach Ausweis sam’alischer Quellen von mehreren Faktoren abhängig: Von der Versorgung mit Essen und Trinken direkt nach dem Tod, einem ordnungsgemäßen Begräbnis, wenn möglich in der Heimat, der Bereitstellung eines „Ersatzkörpers“, entweder in Form einer Statue – wohl meist im Falle von Königen – oder einer Stele, sowie von der regelmäßigen Anrufung und Speisung des Totengeistes durch Hinterbliebene mithilfe göttlicher Vermittlung. 573 Formal, aber nicht inhaltlich übereinstimmend, da als eine „primäre“ Bestattung zu betrachten, ist die Beisetzung oder vielleicht sogar „rituelle Kremation“ der Torlöwen zwischen den Burgtoren. Koldewey 1898, S. 128–130, Abb. 35–37; Ussishkin 1970, S. 125–126; Orthmann 1971, S. 18, 70– 73, 79, 138–140, 144, 160, 544, Taf. 61,d-e Zincirli C/1–5; Pucci 2008a, S. 20–22, 56–57; Gilibert 2011, S. 68–74, Abb. 33–38, Zincirli 52–56. Aufgrund der möglichen zeitlichen Distanz zwischen beiden „Bestattungen“ erscheint es verführerisch, die „Kremation“ der Phase der sam’alischen Selbstbestimmung zuzuordnen, während die „Körperbestattung“ der Statue allem Anschein nach der Epoche der assyrischen Vorherrschaft zuzuschreiben ist. Doch ohne Gräber oder genauer datierbare, rituell bestattete Herrscherstatuen der erstgenannten Zeit muss dies Spekulation bleiben.

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Sam’al / Y’DY

Für die Schlussfolgerung, dass Statuen als „belebt“,  d.h.  von einem Totengeist bewohnt galten, kann erstens das „Begräbnis“ der Statue am Bau J 574 und zweitens die logische Konsequenz aus KAI 214, dass nach der Errichtung der Statue Panamuwas I. die Anrufung, die nbš Panamuwas möge mit Hadad essen und trinken, sich im Kultvollzug allein auf dessen Statue beziehen kann, angeführt werden. 575 Drittens kann ausgehend von der Tatsache, dass die nbš laut der KTMW-Inschrift einer Stele mit einer Speisetischszene innewohnen konnte sowie laut der İncirli-Inschrift phön. bt npš als Bezeichnung für Totenmonumente, sehr wahrscheinlich Stelen, verwendet wurde, was ebenfalls auf eine innewohnende np/bš zu rekurrieren scheint, darauf geschlossen werden, dass dieses sehr wahrscheinlich ebenso für anthropomorph gestaltete Statuen gelten konnte. Abgesehen von der Fähigkeit zur Existenz in Statuen und Stelen besaß die sam’alische nbš die Fähigkeit zum Konsumieren von flüssiger und fester Nahrung, die sie wohl über eine göttliche Vermittlung, d.h. im Rahmen eines Rituals erhielt, bei dem Götter mitbeopfert wurden. Allerdings könnte mit der mutmaßlichen Beopferung der nbš Panamuwas II. nach dessen Tod ein Beispiel für eine Beopferung ohne göttliche Vermittlung vorliegen, 576 was sich wohl auf den Zeitpunkt dieser Totenspeisung zurückzuführen ließe: Panamuwas nbš befand sich offenbar noch nicht in der Gegenwart der Götter, sondern noch in dessen sterblicher Hülle. Im Gegensatz dazu könnte zum Zeitpunkt des „Einweihungsfestes“ KTMW bereits bestattet worden sein, da seine nbš zusammen mit fünf anderen Gottheiten beopfert wurde. Andernfalls wäre eine Aufbahrung des Leichnams KTMWs in der Nähe der Stele theoretisch denkbar. Aber da relativ wenig Platz im Raum der Stele vorhanden war und keine Installationen auf eine entsprechende Deponierung hinzuweisen scheinen, ist das zuerst genannte Szenario als das plausiblere anzusehen. Davon ausgehend lassen sich zwei postmortale Stadien postulieren: Während der ersten Phase im Anschluss an den physischen Tod verblieb die nbš zunächst im Körper der verstorbenen Person, wo sie beopfert werden konnte. Nach einem oder mehreren Ritualen, wobei die Bestattung gewiss eine Rolle spielen dürfte, aber auch das „Einweihungsfest“ KTMWs eventuell von Bedeutung ist, wohnte die nbš einer Statue oder Stele inne, während sie gleichzeitig in der Sphäre der Götter gedacht wurde, welche die Vermittlung der Opfer sicherstellten. Auch wenn im Falle KTMWs die Stele nicht am Grab aufgestellt war, scheint dies in der Regel der Fall gewesen zu sein, wie es die Ördekburnu- und İncirliInschrift nahelegen. Zudem war auch die Statue Panamuwas I. in der Nähe seines Grabes errichtet.

574 Eventuell ist es sogar denkbar, dass mit der etwa zeitgleich errichteten Statue am ḫilāni II ein neuer „Ersatzkörper“ für den Totengeist dieses Herrschers bereitgestellt wurde. Gilibert 2011, S. 92. Eine solche Behandlung ist bislang ebenso wenig wie ihr Pendant, die mutwillige Zerstörung, bei keiner einzigen Stele nachgewiesen worden. 575 Niehr 1994, S. 64–65. 576 Vor der vermuteten Speisung der nbš ist zwar noch Platz für ca. 11 Zeichen, aber darin muss noch das Objekt zum Verb lqḥ, der Handlung Tiglatpilesers III., enthalten sein, eventuell der Leichnam Panamuwas II.? Die verbleibenden Zeichen sind vermutlich zuwenige, um mit ihnen die Beopferung einer oder mehrerer Gottheiten zu schildern. Tropper 1993, S. 125 (KAI 215, 17–18).

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Interpretation

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Die regelmäßige Beopferung der nbš ist durch die Belege aus KAI 214 sowie der KTMW-Inschrift gesichert, wobei ausgehend von letzterer auf ein ebenfalls jährliches Ritual der anderen Opferung geschlossen werden kann. Andererseits wäre es hinsichtlich der genannten Opfermenge auch vorstellbar, dass die Opferung eines Schafes für Panamuwa I. monatlich durchgeführt worden sein könnte, da sich die Opfermenge andernfalls auf demselben Niveau wie die des Vasallenfürsten KTMW bewegte. Eine Anrufung der nbš ist dagegen lediglich in KAI 214 belegt, kann aber für die anderen Opferrituale ebenso postuliert werden, da sich die Rituale nur wenig voneinander unterschieden. Darüber hinaus lässt sich in Zincirli – ebenso wie in Tell Ḥalaf – eine Ostorientierung an mehreren memorial konnotierten Bauten und Objekten feststellen. Dazu gehören die Statue am Bau J, der Kulamuwa-Orthostat, die KTMW-Stele, der potenzielle Aufstellungsort der Statue mit Pferdebasis sowie ein Teil der Orthostaten vom äußeren Burgtor. Ebenso wie in Gūzāna ist daher damit zu rechnen, dass der aufgehenden Sonne in Sam’al ein großer Stellenwert in den Jenseitskonzeptionen beigemessen wurde, obwohl bisher kein dementsprechend ausgerichteter Grabbau entdeckt worden ist. Die topographisch nächstliegendsten sicheren Belege für entsprechende Konzeptionen stammen aus dem spätbronzezeitlichen Ugarit. 577 Im Anschluss an die Vermischung luwischer und semitischer Traditionen in Sam’al sowie deren Aktualität aufgrund des Fundes der KTMW-Stele sollen im Folgenden die Differenzen zu und die Gemeinsamkeiten mit dem luwischen Begriff at(a)ri- „Seele“ skizziert werden: 578 Unter at(a)ri kann sowohl „Seele, Person“ als auch ein materielles Objekt, insbesondere eine Statue, verstanden werden. Im Gegensatz dazu wird nbš ausschließlich mit Stelen gleichgesetzt, obwohl KAI 214 eine Existenz in einer Statue nahelegt. at(a)ri kann Statuen und vermutlich auch Stelen (MARAŞ 2) postmortal innewohnen, gleichzeitig ist jedoch eine Existenz in der Gegenwart von Gottheiten belegt (KULULU 4). Die Fähigkeit zum Konsumieren von Speisen geht nicht direkt aus Texten hervor; es kann aber aus dem Kontext darauf geschlossen werden (JISR EL HADID  4, KARKAMIŠ A.  4d). Nicht zu belegen ist eine Speisung der at(a)ri in einem toten Körper. 579 Auch eine Vergesellschaftung von Statuen mit einer innwohnenden at(a)ri mit einem Tempel ist inschriftlich belegt, allerdings wird im Gegensatz zu KAI 214 das Grab Yariris (KARKAMIŠ A. 15b) nicht erwähnt. Es zeigen sich demnach gewisse Übereinstimmungen zwischen beiden Konzepten. Wie weit diese gehen, und ob es gegenseitige Beeinflussungen gegeben haben könnte, ist angesichts der äußerst kleinen Korpora jedoch bislang nicht einzuschätzen. Falls es 577 Im Zusammenhang damit ist zu bemerken, dass die Formulierung šmš ‘ lm im benachbarten Karatepe (KAI 26 A III, 19) nicht als „Šamaš der Unterwelt“ zu interpretieren ist. Vielmehr ist an dieser Stelle von einem „Sonnengott der Beständigkeit“ auszugehen. Auch diese Vorstellung lässt sich bereits in Ugarit in Form der špš ‘ lm belegen (KTU 2.42, 7). Kutter 2008, S. 230–236 contra Niehr 1997, S. 298. 578 Vgl. vor allem Sanders 2013; Hawkins 2015. 579 Für eine Speisung des noch lebenden Panuni in seinem Totenbett, siehe KULULU 2.

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Sam’al / Y’DY

Berührungspunkte gegeben haben sollte, wäre Sam’al als Kandidat für solche Kontakte jedoch aufgrund seines gemischten kulturellen Umfeldes prädestiniert gewesen.

6.7.2

Religionssoziologische Interpretation

Im Umgang mit den Toten von Sam’al lässt sich der Unterschied zwischen öffentlichem Toten- und privatem Ahnenkult der Könige anschaulich illustrieren. So zeigen die Aufstellungsorte der Statuen auf dem Burghügel von Sam’al ebenso wie die Platzierung von Orthostaten an den Burg- und Stadttoren von Sam’al bzw. am Palasteingang von Coba Höyük, dass Zeremonien im öffentlichen Raum durchgeführt wurden, höchstwahrscheinlich unter Teilnahme von Nicht-Familienangehörigen, d.h. der allgemeinen Bevölkerung. Letzteres ist zwar in Sam’al selbst nicht schriftlich belegt, darf aber aufgrund der kulturellen Einflüsse, insbesondere der aus Karkamiš, vorausgesetzt werden, wo die männliche Bevölkerung nachweislich am herrschaftlichen Totenkult aktiv partizipieren musste. Die Durchführung des Ahnenkultes der königlichen Dynastie war dagegen auf den männlichen Thronfolger beschränkt und sollte an einer als mqm bezeichneten Grabstätte Panamuwas I. außerhalb der Hauptstadt in Gerçin im Zusammenhang mit der ebenfalls von ihm errichteten Hadadstatue stattfinden. Unabhängig vom Aufstellungsort der Hadadstatue, in einem Tempel oder an einem anderen Ort, ist davon auszugehen, dass der Ahnenkult in einer separaten, aber nahebei gelegenen Kammer an der Statue Panamuwas I. vollzogen wurde. Es ist zu vermuten, dass der in der Ördekburnu-Inschrift genannte mqm mlky einen vergleichbaren Kultort der – bis dahin – gesamten Herrscherfamilie darstellte, da es sich erstens um eine Grabstätte gehandelt zu haben und zweitens ebenfalls Gottheiten mitbeopfert wurden. Bei den königlichen Sterbe- und Begräbnishandlungen lassen sich dagegen drei verschiedene Gruppen differenzieren, die vermutlich unterschiedlich stark in die Riten eingebunden waren: Der auf dem Thron nachfolgende Sohn, in KAI 215 in Gestalt von Bar-Rākib, sowie in dessen Abwesenheit durch Tiglatpileser III. „vertreten“, ist der erste Beweinende, für die erste Totenspeisung zuständig, errichtet ein Monument für die nbš des Verstorbenen, mšky bzw. eine Statue, besteigt den sam’alischen Thron und führt weitere Rituale durch, von denen bei einem der Kontext unklar ist (Z. 21), und zwei aufgrund des Erhaltungszustandes nicht mehr rekonstruiert werden können (Z. 18, 20). Als zweite Gruppe tritt die königliche Familie in Erscheinung, die Panamuwa II. ebenfalls betrauert (Z. 18–19). Eventuell ist die Erwähnung der trauernden Vasallenkönige, die als „Brüder“ Panamuwas II. bezeichnet werden, als ein Verweis auf die nicht anwesende Familie zu verstehen (Z. 17). Schließlich tritt das gesamte Heer Tiglatpilesers III. als dritte Gruppe von Beweinenden in Erscheinung. Auch wenn im nachfolgenden Text kein Bezug darauf enthalten ist, kann vermutet werden, dass es an die Stelle der gesamten Bevölkerung Sam’als getreten ist, die ebenfalls um ihren König trauerte. Nach KAI 215 unterschieden sich die Rollen der königlichen Familie und der Bevölkerung zwar nicht, da sie beide nur

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Interpretation

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als Trauernde auftreten, aber es muss davon ausgegangen werden, dass die königliche Familie bei einem Großteil oder allen der vom Sohn ausgeführten Begräbnishandlungen zugegen war, insbesondere bei der Thronbesteigung. 580 Zu den Monumenten aus Sam’al, bei denen der regelmäßige Kult für Verstorbene eine größere Gruppe als die der Familie umfasste, können außerdem die Tororthostaten sowie die Statue am Bau J gezählt werden, an deren Kult vermutlich alle diejenigen teilnahmen, die neben der königlichen Familie Zugang zu diesem Bereich der Zitadelle hatten. Bezüglich der Orthostaten lässt sich vermuten, dass ihnen nicht ausschließlich anlässlich von Prozessionen, sondern insbesondere im alltäglichen Leben Verehrung erwiesen wurde. Schwierig zu erörtern ist das soziale Umfeld der Opferhandlungen für KTMW, da sich aus der Inschrift selbst nur indirekte Rückschlüsse ziehen lassen, der archäologische Kontext jedoch mehrdeutig ist. Die in der Inschrift genannten Gottheiten gehören mit der Ausnahme von Šamaš nicht dem religiösen „Mainstream“, d.h. dem bedeutendsten, in den Königsinschriften genannten Göttern an, was mit dem angrenzenden, als „Nachbarschaftstempel“ gedeuteten Gebäude A/III in Übereinstimmung stehen könnte. Zudem erscheinen mehrere Gottheiten mit einem luwischen Hintergrund, was ebenfalls auf die Ebene der Volksreligiosität verweist. Doch bereits mit dem Gebäude A/II und dem Raum mit der Stele beginnen die interpretativen Schwierigkeiten: Wurde das gesamte Gebäude oder nur der Raum der Stele für den Totenkult genutzt? Denn nach gängiger Interpretation bezieht sich syr/d nur auf einen Teil des Gebäudes. Zwar könnte das gesamte Gebäude A/II für den postmortalen Kult für KTMW vorgesehen gewesen sein, aber dies ist archäologisch nicht gesichert, da u.a. auch handwerkliche Aktivitäten darin stattfanden, die keinen direkten Bezug zum Totenkult erkennen lassen. Des Weiteren besteht eventuell die Möglichkeit, dass KTMW Mitglied eines religiösen Kultvereins war, vergleichbar mit einem ugarit. marziḥu, hebr. marzēaḥ, dem das Haus gehörte und dessen Aktivitäten vor allem in der rituellen Konsumierung von Flüssigkeiten im Kontext der Verehrung einer ausgewählten Gottheit bestanden, wobei manche Quellen auch funerär konnotierte Assoziationen erkennen lassen. 581 Eine solche Interpretation hätte den Vorzug, dass sie die Zugehörigkeit des Weinbergs zum syr/d ebenso wie die Regelung der zukünftigen Verantwortlichkeit für den Totenkult KTMWs erklären könnte, da dafür entweder ein Sohn oder ein anderer Mann bestimmt war, dem das syr/d gehörte. d.h. es könnte sich um das Oberhaupt einer solchen Vereinigung gehandelt haben. 582 Allerdings wäre dann zu fragen, wie KTMW die syr/d als „seine ewige“ syr/d bezeichnen konnte. Andererseits leitet V. R. Herrmann aus der Größe des Gebäudes A/II und des davor liegenden Hofes ab, dass der Totenkult für KTMW eine größere Gruppe als den der engeren 580 Vgl. dazu bspw. die Stele mit der Inschrift SHEIZAR, bei der die Kinder der Königin für die Begräbniszeremonie, vermutlich eine Kremation, während die Familienmitglieder der nachfolgenden Generationen für die Errichtung der Stele zuständig waren. 581 Vgl. KTU 1.114, 22, wo El in seinem marziḥu-Haus betrunken zu Boden stürzt, „wie die, die in die Unterwelt hinabsteigen“ oder Jer 16, 5–9, wo ein marzēaḥ-Haus als Ort der Trauerriten geschildert wird. McLaughlin 2001, S. 24–31, 185–195. 582 Herrmann 2014b, S. 173–175.

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Verwandtschaft umfasst haben mag, d.h. sie interpretiert den gesamte Gebäudekomplex als potenziellen Totenkultort. Gleichzeitig zieht sie die umfangreichen Opfer des „Einweihungsfestes“ zur Stützung dieser These heran, da diese nur von entsprechend zahlreichen Kultteilnehmern verspeist werden konnten. 583 Dies ist zweifellos korrekt, aber bei dem „Einweihungsfest“ handelte es sich noch um ein Ritual, das im chronologischen Zusammenhang mit dem Tod und der Bestattung KTMWs gestanden haben muss, d.h. noch zu den Begräbnishandlungen gehörte und gleichzeitig den Beginn der regelmäßigen Opferungen, des Totenkultes, anzeigte. Diese bestanden jedoch allein aus einem Schaf, so dass die Teilnehmerzahl des jährlichen Totenkultes vermutlich nicht mit der des „Einweihungsfestes“ gleichgesetzt werden darf. Zudem musste der für den Kult Verantwortliche nicht der Familie KTMWs angehören, sondern lediglich Besitzer des syr/d sein, so dass die Teilnahme eines Nachkommen KTMWs am jährlichen Opfer unsicher ist. Gesetzt den Fall, dass keiner von KTMWs Söhnen das syr/d übernahm, stellt sich die Frage nach der Rolle der männlichen Nachkommen im Kult KTMWs: Wurden sie trotzdem an den Opfern im syr/d beteiligt? Oder praktizierten sie stattdessen einen separaten Ahnenkult, vielleicht im Wohnhaus oder am Grab KTMWs? Nach Ausweis von MARAŞ 14 richtete der Eunuch Astiwasu aus dem benachbarten Kurkuma einen (Adoptiv-) Ahnenkult für sich an einer Statue ein, der zumindest drei Generationen lang andauern sollte. Im Gegensatz dazu zeigen die Inschriften JISR EL HADID 4 und MALPINAR, dass nicht auf die Familie beschränkte Totenkulte in der weiteren Umgebung ebenfalls existierten. Sollte KTMW aus dem Schicksal Panamuwas I. und dessen während der Herrschaft des Usurpators möglicherweise unterbrochenen Ahnenkultes den Schluss gezogen haben, dass eine Fixierung auf die Familie zu stark von kurzfristigen politischen Entwicklungen abhing und deshalb der „unabhängigen“ Institution des syr/d die Sorge für seinen Kult anvertraut haben?

6.7.3

Religionsökonomische Interpretation

Betrachtet man das Verhältnis zwischen den Aufwendungen KTMWs für dessen „Einweihungsfest“ sowie den in der Ördekburnu-Inschrift genannten Opfern für Piya…, so zeigen sich zwar Inkongruenzen im Detail – u.a. dass Piya… selbst zwei Schafe anstatt eines wie KTMW erhielt, dieser jedoch insgesamt etwas mehr aufwendete – aber es ist deutlich, dass die Opfer insgesamt durchaus vergleichbar sind und KTMWs Aufwendungen auf einem ähnlichen Niveau wie eine vermutliche Angehörige der Königsfamilie lagen. Das regelmäßige Opfer für Panamuwa I. entsprach zwar oberflächlich betrachtet ebenfalls dem des KTMW, allerdings gibt es zuviele Unbekannte in dieser „Gleichung“: So ist die Frequenz des Opfers für Panamuwa ebenso wenig zu beantworten wie die Frage nach möglichen weiteren Opfern innerhalb dieses fragmentarischen Textes. 583 Herrmann 2014b, S. 170.

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Interpretation

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Bemerkenswert ist darüber hinaus die Einrichtung einer Art Stiftung nicht-königlicher Personen zur finanziellen Absicherung des eigenen Totenkultes. In Ergänzung zu diesem „Stiftungsmodell“ des Totenkultes für KTMW lassen sich zeitgenössische Alternativen herausarbeiten. Zum einen lässt sich das traditionelle do ut des- oder Reziprozitätsmodell, wie es im „Kultraum“ von Tell Ḥalaf praktiziert worden scheint und wohl allgemein im häuslichen oder lokalen Ahnenkult zu suchen ist, nennen: Hierbei werden die Ahnen als wirkmächtige Entitäten mit einem erheblichen Einfluss auf den Alltag ihrer Nachkommen begriffen und sowohl mit Nahrungsmittel als auch mit anderen Objekten beopfert, um im Gegenzug ihren Segen und ihren positiven Einfluss zu erlangen. Möglicherweise in Übereinstimmung damit ist es auffällig, dass in der direkten Umgebung der KTMW-Stele – im Raum selbst sowie im Vorraum allein sekundäre Reste von Basaltgefäßen gefunden worden, während andere Objektkategorien sich auf die anderen Räume des Hauses verteilten. d.h. KTMW scheint tatsächlich nur die Opfer empfangen zu haben, die er einforderte und für die er finanziell vorgesorgt hatte, während im „Kultraum“ von Tell Ḥalaf bspw. zahlreiche Schmuck- und Ziergegenstände geopfert wurden. Ein weiteres Modell stellt der königliche Totenkult für Atrisuha und Suhi II. in Karkamiš sowie Taita I. im Wettergotttempel von Aleppo dar. Hierbei wurde von den Bewohnern der Stadt bzw. den Besuchern des Tempels ein Opfer gefordert; im Falle des Atrisuha sollten Weigerungen gar mit dem Tod bestraft werden. 584 Der Besitzer des syr/d dagegen könnte zwei Motivationen zur Beopferung KTMWs gehabt haben: Einerseits eventuelle Überschusserträge des Weinbergs, welche ihm als Belohnung zugute kamen und andererseits die damit verbundene juristische Verpflichtung, welche durch die Errichtung der Stele nach außen kommuniziert werden sollte. Zu fragen ist schließlich: Welche Gründe könnten hinter der Einführung bzw. der Übertragung dieses Stiftungsmodells stehen? Wurden lediglich die königlichen Stiftungen, wie sie zumindest in hethitischer Zeit belegt sind, nachgeahmt oder spielte dabei die „Entprivilegisierung“ des Totenkultes eine Rolle? Analog zu einer These Hans-Peter Müllers bezüglich der nordwestsemitischen Grabinschriften insgesamt 585 könnte die Beopferung der nordsyrisch-südostanatolischen Eliten als weniger notwendig erachtet worden sein als die der Könige, da die Wirkmächtigkeit ihrer Totengeister geringer eingestuft wurde. Dieser Fehlentwicklung konnte eventuell durch die Übernahme des Stiftungsmodells angemessen begegnet werden.

584 Unklar bleibt dabei, ob die Adressaten aufgrund der metaphysischen oder einer parallel dazu ausgesprochenen physischen Gewaltandrohung ihre Pflichten erfüllten. Eine Variante aus beiden Modellen stellte übrigens der sehr viel spätere Totenkult für Antiochos I. dar, für den die Bewohner der Dörfer, die als „Stiftungen“ für den materiellen Aufwand des Totenkultes zu sorgen hatten, zweimal im Monat auf den Nemrud Dağ pilgern mussten, d.h. zur Teilnahme gezwungen wurden, dabei allerdings keine Aufwendungen zu bestreiten hatten. 585 Müller 1975.

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7. Bīt Agūsi / Arpad

7.1

Tell ar-Rif‘at / Arpad

7.1.1

Einleitung

7.1.1.1

Grabungsgeschichte

Sowohl die Geschichte als auch die Forschungsgeschichte des ca.  35  km nördlich von Aleppo gelegenen Tell ar-Rif‘at (Abb.  67) ist aufgrund der ausstehenden Publikation der Ausgrabungsergebnisse bruchstückhaft. Die in der Forschung nahezu unbestrittene Identifizierung mit dem aus dem Alten Testament und neuassyrischen Inschriften bekannten Arpad geht mindestens auf das Jahr 1860 zurück 1 und stützt sich sowohl auf den damaligen Namen Tell Arfād als auch auf die Größe des Tell, die mit 89 oder 120 ha angegeben wird. 2 Der einzig vergleichbar große Siedlungshügel im Gebiet von Bīt Agūsi ist Tell ‘Arāna, der meist wohl zu Recht mit der – laut assyrischen Inschriften – „königlichen Stadt“ Arnē identifiziert wird. 3 Inzwischen ist als Argument für die Identifizierung 1 Kiepert 1860, S. 3, Taf. IV. u.a. vertreten von Seton-Williams 1961, S. 70; Matthers in ders. et al. 1978, S. 144; Dion 1997, S. 114, Anm. 11; Lipiński 2000, S. 208; Younger 2016, S. 509–510. Einer These Eugène Warmenbols zufolge handelt es sich dagegen bei Tell as-Safīra um Arpad, da die dort gefundenen Stelen seiner Meinung nach allein in einer der Hauptstädte der beiden Vertragspartner aufbewahrt wurden. Warmenbol 1985, S. 180. Karen Radner zufolge kam es bei der Aufteilung des Gebiets Bīt Agūsis durch die Assyrer in zwei Provinzen und der wahrscheinlichen Grenzziehung entlang des Quwayq dazu, dass Tell ar-Rif‘at in der neugeschaffenen, westlich des Flusses liegenden Provinz namens Tu’ammu lag, was demzufolge die Haupstadt dieser Provinz war, während innerhalb der östlichen Provinz mit der Bezeichnung Arpadda Tell as-Safīra lag, welches demzufolge als Provinzhauptstadt infrage käme. Radner 2006–2008, S. 58. Diese These hat Jan Dušek aufgegriffen und erweitert: Er identifiziert Tell ar-Rif‘at mit der aus neuassyrischen Texten bekannten Stadt Mūru. Dušek 2019, S. 184–191. Der Fluss muss aber nicht zwangsläufig die Provinzgrenze dargestellt haben. Younger 2016, S. 547. 2 Seton-Williams 1961, S. 70; Lipiński 2000, S. 208; Pruß 2006–2008; Younger 2016, S. 509–510: 89 ha; Casana 2013, S. 261 (anhand von CORONA-Satellitenbildern): mehr als 120 ha. Die Angaben bei Lipiński 2000, S. 527; Kühn 2014, S. 43 (48 ha) sind wohl auf einen Schreibfehler E. Lipińskis zurückzuführen. 3 Seton-Williams 1961, S. 72, Anm. 19; Matthers in ders. et al. 1978, S. 144; Lipiński 2000, S. 198, 203, 208, 210; Fales und Mazzoni 2009–2011, S. 342; Younger 2016, S. 509. Tell ‘Arāna liegt ca. 6 km nordwestlich von Tell as-Safīra, ist ca. 30 m hoch und weist ca. 20 m starke Mauern auf der Zitadelle auf. Auch in der Beschaffenheit soll eine starke Ähnlichkeit zum Tell ar-Rif‘at bestehen. Matthers in ders. et al. 1978, S. 144.

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Bīt Agūsi / Arpad

mit Arpad die nachgewiesene Besiedlung der Eisenzeit II sowie die große Menge an Keramik des 8. Jh., der sog. Red-Slipped Burnished Ware, hinzugetreten. 4 Ein früher westlicher Besucher der Stätte war der Botaniker Carl Haussknecht im Jahr 1867, 5 wobei aufgrund der o.g. These von früheren Reisenden auszugehen ist. F. v. Luschan zufolge hatten bereits 1888 oder davor Grabungen auf dem Tell ar-Rif‘at stattgefunden, 6 was sich bislang ebenfalls nicht bestätigen lässt. Von den tschechoslowakischen Kampagnen 1924 und 1925 unter Bedřich Hrozný wurden nur einige wenige Funde bzw. Fundgruppen publiziert. 7 Seinen Angaben zufolge soll während dieser ein Palast der syro-hethitischen Zeit gefunden worden sein, bei dem es sich jedoch wahrscheinlich um einen hellenistischen Tempel handelte, der vielleicht auf einen älteren Vorgängerbau an dieser Stelle zurückgeht und deshalb auch einige eisenzeitliche Siegel enthielt. 8 An Schriftfunden entdeckte er: „[…] Fragmente neuassyrischer Keilschrifturkunden, viele Fragmente mit aramäischen Zeichen auf Stein und Keramik, eine phönizische Inschrift, hethitische Siegel (eines mit luwischen Hieroglyphen) […].“ 9 Erwähnenswert sind darüber hinaus einige Objekte, die B. Hrozný in seinen Tagebüchern erwähnte und grob skizzierte: Bei einem als „kleines Basaltbassin mit Stier(?)-Köpfen“ 10 bezeichneten Objekt könnte es sich um einen Räucherständer handeln, von dem mindestens zwei ähnliche Exemplare in Karkamiš existierten. 11 Außerdem waren zwei Gefäße, die Kremationsurnen der Nekropolen von Ḥamā und Yunus entsprechen, sowie eventuell ein Teil einer (Grab-) Stele mit einer Zinnenverzierung vorhanden. 12 D.h. es wurden 4 5 6 7

8 9 10 11 12

Matthers in ders. et al. 1978, S. 144; Younger 2016, S. 510, 520–521. Hellwig et al. 2017–[Work in Progress], Tagebuch 2, Heft 1, S. 25–26. Luschan 1888, S. 1, hier „Tell Rfad“ geschrieben. Sehr kurze Vorberichte: Hrozný 1926a; ders. 1926b; Originalnotizen B. Hroznýs: Vavroušek und Nováková 2002, S. 115–419; Zusammenfassung: Nováková 2015. Terrakotten: dies. 1971; Bronzefigurine: dies. 1979; Keramik, vor allem hellenistisch-römische, und ebensolche Lampen: Boháč et al. 1997; Glas: Boháč und Bouzek 1999; Münzen: Militký und Novák 2002. Eine Auswahl teils publizierter, teil zuvor unpublizierter Funde in Součková 1979 und Meynersen in dies. und Kulakoğlu 2015, S. 241–243. Eine vollständige Publikation der noch vorliegenden Aufzeichnungen B. Hroznýs bereitet momentan Šárka Velhartická vor. Seton-Williams 1967, S. 17–18; Matthers 1981e, S. 415; Nováková 2015, S. 185. Nováková 1971, S. 94, Anm. 7 übersetzt nach Lehmann 1996, S. 213. Aus den fragmentarischen neuassyrischen Inschriften lassen sich keine Informationen gewinnen, außer, dass sie in dem regionalen Duktus abgefasst wurden. Dušek 2019, S. 190–191, Abb. 8.3. Vavroušek und Nováková 2002, S. 127. Übersetzung durch Šárka Velhartická. Siehe die Skizzen bei Vavroušek und Nováková 2002, S. 127. Vgl. Woolley 1952, Taf. 69d; https:// www.britishmuseum.org/collection/object/W_1922-0511-308. Zuletzt abgerufen am 08.03.2021. Vavroušek und Nováková 2002, S. 130, 324. Es handelt sich um ein Fragment eines größeren Reliefs, von dem lediglich ein „Quadrat“ mit einer Rosettenverzierung darin sowie eine angrenzende Linie, die auf ein weiteres „Quadrat“ schließen lässt, erhalten blieb. Dazu schreibt B. Hrozný: „Grabstein (?), Kalkstein“. Übersetzung durch Šárka Velhartická. Zu den Gefäßen, vgl. Abschnitt 7.1.3.3.

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Tell ar-Rif‘at / Arpad

405

Abb. 88: Grabungen in Tell ar-Rif‘at 1964.

eventuell Spuren typischer Elemente der syro-hethischen materiellen Kultur in Tell arRif‘at gefunden, von denen die späteren Grabungen wenig Vergleichbares fanden. Diese wurden 1956, 1960 und 1964 von einem britischen Team unter M. Veronica Seton-Williams unternommen, von denen zwei Vorberichte sowie die an der Oberfläche

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Bīt Agūsi / Arpad

gefundenen Münzen publiziert wurden (Abb. 88). 13 Während dieser kamen u.a. das mit blanken Orthostaten verkleidete Osttor des 9. bis 7. Jh. sowie zwei unveröffentlichte aramäische Inschriften des 8. Jh. zutage. 14 Zusätzlich führte John Matthers 1977 bis 1979 einen Survey in der Region nordöstlich von Aleppo durch; 15 die im Anschluss daran geplanten Ausgrabungen auf dem Tell selbst konnte er aufgrund seines vorzeitigen Todes leider nicht mehr in Angriff nehmen. Zuvor arbeitete er an der Veröffentlichung der früheren britischen Grabungen, wobei ein Teil dieser Ergebnisse durch Gunnar Lehmann verwendet und publiziert werden konnte. 16 Einen Beitrag anderer Art hat Jesse Casana mit der Analyse von CORONA-Satellitenbildern geleistet. Demnach verliefen von Tell ar-Rif‘at ausgehend zahlreiche sog. hollow ways, deren Interpretation als Spuren von Viehherden größtenteils akzeptiert ist. 17 7.1.1.2

Historischer Kontext

Tell ar-Rif‘at war bereits während des Chalkolithikums sowie der Frühbronzezeit besiedelt. Für die darauffolgende Zeit bis etwa zum 14. Jh. sind bisher keine Siedlungsspuren, sondern nur Gräber und Kleinfunde bezeugt. Die Stadt des 14. bis 12. Jh. blieb jedoch nur eine kurze Episode. 18 In der drei bis vier Meter starken Schicht zwischen Spätbronze- und Früheisenzeit traten, abgesehen von einer Mauer und einem Fußboden, keine architektonischen Strukturen zutage, 19 was darauf schließen lässt, dass sie nach ihrer Zerstörung über längere Zeit hinweg verwaist war. Eine Neuansiedlung erfolgte im 10. Jh., archäologisch vor allem durch starke Befestigungsanlagen dokumentiert. Wahrscheinlich handelte es sich dabei um Arpad, eine Stadt, die in assyrischen und aramäischen Quellen als Hauptstadt des aramäischen Königreiches Bīt Agūsi belegt ist. Bevor es zur Gründung Bīt Agūsis kam, lässt sich aufgrund luwischer Inschriften die territoriale Vorherrschaft Taitas  I., König von P/Walastina, bis nach Ḫalab rekonstruieren, der im 11.  Jh. vermutlich von Tell Tayınat / Kunulua aus ein Reich kontrollierte, das sich über Teile oder die gesamten späteren Gebiete von Pattina / Unqi und Bīt Agūsi erstreckte. Spätestens unter Taita II. kam im 10. Jh. das Gebiet von Ḥamat hinzu. 20 Bīt 13 Seton-Williams 1961; dies. 1967; Clayton 1967. 14 Lehmann 1996, S.  214 nach dem unveröffentlichten Manuskript von J. Matthers, welcher diese stratigraphisch ins 8. Jh. datiert hat. Dort ebenfalls erwähnt ist die paläographische Analyse Alan Ralph Millards, wonach eine Inschrift auf einem Keramikgefäß nach 730 und eine auf einer Kalksteinplatte ins 8. Jh. datiert. Bei der Inschrift auf dem Gefäß handelt es sich vermutlich um das von Seton-Williams 1961, S. 79 erwähnte Graffito. 15 Matthers et al. 1978; Matthers 1981a. 16 Lehmann 1996, S. 211–218. 17 Casana 2013, S. 261, Abb. 4. 18 Seton-Williams 1967, S. 17. 19 Seton-Williams 1961, S. 82. 20 Sowie unter Suppiluliuma I. (ebenfalls 10. Jh.) wohl der südöstliche Teil von Ḫiyawa / Que. Dinçol et al. 2015, S. 61–63. P/Walastina stellt die vereinfachte Schreibweise der möglichen Lesungen

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Tell ar-Rif‘at / Arpad

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Agūsi selbst wurde in Gestalt seines gleichnamigen Gründers Gūsi erstmalig in den assyrischen Annalen ca. 870 als Tributär Assurnasirpals II. erwähnt, hier noch unter der Spezifizierung „Mann des Landes Yaḫan“, 21 einem Begriff, dessen genaue Beziehung zum augenscheinlich noch im Entstehen begriffenen Bīt Agūsi im Ungewissen bleibt. Etwas mehr Verwirrung stiften die assyrischen Texte betreffend des Jahres 858, in denen sowohl „Arame, Sohn des Gūsi“ 22 als auch ein gewisser „Adānu der Yaḫaniter“ genannt werden, 23 was darauf hinweist, dass Bīt Agūsi und Yaḫan zu dieser Zeit separate politische Entitäten bildeten. 24 Ersterer zahlte Tribut, ebenso 857 und 853, letzterer stemmte sich im Rahmen einer nordsyrischen Allianz gegen Salmanassar III. Doch auch Arame bewies in der Folgezeit größeren Mut und scheint zumindest teilweise Tributzahlungen an die Assyrer verweigert zu haben, was im Verlauf der Feldzüge von 849 und 848 zum Verlust mehrerer Städte führte, darunter auch das als „königliche Stadt“ bezeichnete und von vielen Forschern wohl zu Unrecht als erste Hauptstadt Bīt Agūsis betrachtete Arnē. 25 Falls die Übernahme und der Ausbau der aramäischen Stadt Mūru 833 in gegenseitigem Einvernehmen zwischen Arame und Salmanassar III. geschah, da nichts von Kämpfen berichtet wird, muss Arame wieder zu einem Vasallen Assyriens geworden sein. 26 Ataršumki  I., aller Wahrscheinlichkeit nach der Sohn Arames, 27 nahm den vormaligen Konfrontationskurs seines Vaters jedoch wieder auf und kämpfte zusammen mit anderen nordsyrischen Königen 805 gegen Adad-nērārī III. sowie 796 gegen Zakkūr von Ḥamat, der im späteren Verlauf der Auseinandersetzung von den Assyrern militärisch unterstützt wurde. Aufgrund neuer Vorschläge zur Lesung der sog. Melqart-Stele (KAI 201), die in al-Brayǧ arRīḥ, ca. 7 km nördlich von Aleppo gefunden wurde, gehen die meisten Forscher inzwischen davon aus, dass der dort als Stifter erscheinende Bar-Hadad ein Sohn Ataršumkis I. war und sich hinter der von ihm verwendeten Formulierung „König von Aram“ Bīt Agūsi verbirgt. 28 Dass der ab 754 belegte, letzte König Bīt Agūsis, Mati‘-’El, ebenfalls als Sohn Ataršumkis bezeichnet wurde, deutet entweder darauf hin, dass ein zweiter Herrscher dieses Namens in der ersten Hälfte des 8. Jh. regiert haben könnte oder dass Bar-Hadad und Mati‘-’El Brüder waren. Letzterer erscheint in den Verträgen mit Aššur-nērārī V. und Bar-Ga’yah von KTK (KAI 222–224) als schwächerer Partner; andererseits weisen die

21 22 23 24 25 26 27 28

P/ Wal(a)stin(a/i) dar (Weeden 2015; Starke 2019, S. 622–631; vgl. Simon 2018, S. 124, Anm. 11). Die Alternation zwischen pa- (11. Jh. / Taita I.) und wa/i- (10. Jh. / Taita II.) ist vermutlich auf die Entstehungszeit zurückzuführen. Dinçol et al. 2015, S. 61. Grayson 1991, S. 218 (RIMA 2, A.0.101.1 iii 77–78). Grayson 1996, S. 17 (RIMA 3, A.0.102.2 ii 12), 25 (RIMA 3, A.0.102.3 96–97). Grayson 1996, S. 10 (RIMA 3, A.0.102.1 69’), 17 (RIMA 3, A.0.102.2 i 54–ii 1). Lipiński 2000, S. 212. Fuchs 2008a, S. 48–49 weist zu Recht darauf hin, dass in diesem Fall die Weiterexistenz des Königreiches äußerst unwahrscheinlich gewesen wäre. Lipiński 2000, S. 214; Yamada 2000, S. 219. Millard und Tadmor 1973, S. 61 (RIMA 3, A.0.104.4). In der Inschrift einer Stele, die bei Maraş gefunden wurde (RIMA 3, A.0.104.3), wird anstelle von Arame Adramu als Vater Ataršumkis genannt, wobei es sich wahrscheinlich um ein und dieselbe Person handelt. Pitard 1988; Puech 1992; Lipiński 2000, S. 215; Kahn 2007, S. 79; Niehr 2010a, S. 243–244 contra Dion 2002, S. 57; Sader 2014a, S. 15.

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Bīt Agūsi / Arpad

Städtelisten der Inschriften von Tell as-Safīra und die Tiglatpilesers III., sowie eventuell die Inschrift aus Būkān (KAI 320), Bīt Agūsi als ein zu der Zeit expandierendes Reich aus. 29 Die Armee Tiglatpilesers III. leitete 743 trotz der Allianz nordsyrischer und südostanatolischer Staaten, der Mati‘-’El vorstand, sowie dem verbündeten Urartu, den Untergang Bīt Agūsis ein. Arpad wurde im Anschluss daran belagert, 740 erobert und in das assyrische Reich inkorporiert. Auch der von Ḥamat initiierte Aufstand von 720, an dem sich die Provinz Arpad beteiligte, wurde niedergeschlagen. Die zweite „aramäische“ bzw. letzte vorassyrische Bauphase des Tell ar-Rif‘at weist deutliche Brandspuren auf, aber Arpad wurde 740 nicht verlassen, sondern blieb bis mindestens ins 4.  Jh. n.  Chr. hinein nachweislich besiedelt. 30 Darauffolgende Epochen bis zum 14. Jh. n. Chr. sind lediglich durch Gruben und Kleinfunde, vor allem in Form von Münzen, präsent. 31 Tabelle 10: Die Herrscher von Bīt Agūsi bzw. Arpad. 32 König (A)Gūsi Arame Ataršumki (I.) Bar-Hadad Ataršumki (II.?) Mati‘-’El

7.1.1.3

Regierungszeit ca. 870 mind. 858–mind. 834 mind. 805–mind. 796 1. Hälfte 8. Jh. 1. Hälfte 8. Jh. mind. 754–740

Gesellschaft und Wirtschaft

Als Wirtschaftszweige in Bīt Agūsi waren neben der Landwirtschaft mit Viehzucht von Schafen und Rindern – heute noch an den sog. hollow ways von Tell ar-Rif‘at erkennbar 33 – sowie Weinanbau die Textilverarbeitung und die Luxusgüterherstellung vertreten. Für Elfenbein-, Gold- und Silberverarbeitung sprechen die assyrischen Tributlisten, die je ein Bett aus Gold und Silber und eines aus Gold, Elfenbein und Buchsbaum erwähnen. Außerdem stammt eine in Nimrūd / Kalḫu gefundene Elfenbeinpyxis aus Bīt Agūsi. 34

29 Kahn 2007, S. 76–77; Niehr 2010a, S. 244. 30 Seton-Williams 1961, S. 79; dies. 1967, S. 16–17. 31 Seton-Williams 1961, S. 76; dies. 1967, S. 21 (mit Erwähnung glasierter islamischer Keramik). Jüngster Glasfund der Grabungen B. Hroznýs: 7.–10.  Jh. n. Chr. Bouzek in Boháč und Bouzek 1999, S. 52. Münzen der byzantinischen und islamischen Zeit: Clayton 1967; Militký und Novák 2002; Heidemann 2003. 32 Nach Lipiński 2000, S. 219. 33 Casana 2013, S. 261, Abb. 4. 34 Grayson 1991, S. 218 (RIMA 2, A.0.101.1 iii 77–78); ders. 1996, S. 17, 25 (RIMA 3, A.0.102.2 12– 13a und A.0.102.3 96–98).

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Tell ar-Rif‘at / Arpad

7.1.2

Befunde der Bronzezeit

7.1.2.1

Gräber

409

Abgesehen von den fünf Gräbern der Schicht IVa, welche in die Frühbronzezeit datieren, 35 fanden sich mit den Gräbern 1 und 2 auch zwei Beispiele aus der in dieser Region nur spärlich belegten Spätbronzezeit (Schicht IIIb). Grab 1 war in die nordwestliche Stadtmauer eingetieft und beinhaltete offenbar eine Körperbestattung. Abgesehen davon befanden sich darin 10 Keramikgefäße bzw. deren Fragmente, fünf Perlen, eine Knochennadel, einige weitere kleine Gegenstände sowie ein Mittani-zeitliches Rollsiegel, dessen Parallelen aus Nuzi aus der zweiten Hälfte des 15. Jh. stammen. Von dem zweiten, darüber befindlichen Grab, sind neun Beigaben aus Keramik publiziert. 36 7.1.2.2

Anthropomorphe Statuetten

Außerdem konnten in Tell ar-Rif‘at zwei Objekte geborgen werden, die nach Theresa Howard Carter als sog. „stone spirits“, d.h. als sehr grob gearbeitete anthropomorphe Statuetten, die ihr zufolge als Schutzgeister zu interpretieren sind, gelten könnten. Die von Anwohnern am Fuße des Tell geborgene Basaltstatuette (ca. 25 × 15 cm) zeigt sowohl das Gesicht, die rechteckig angewinkelten Arme als auch den schematischen Unterleib eines bärtigen Mannes. 37 Sie ist am besten mit einem Exemplar aus der Vorkammer des Tempels von Tell ar-Rimāḥ aus der späteren Nuzi-Zeit vergleichbar. 38 Daher ist nicht auszuschließen, dass es sich um ein spätbronzezeitliches Stück handelt. Aus der ältesten eisenzeitlichen Schicht IIc, die nach M. V. Seton-Williams ins 10. bis 9. Jh. datiert werden kann, stammt die Statuette (Diorit, ca. 25 × 18 cm), die sich aufgrund der Größe des dargestellten Kopfes als Büste beschreiben lässt. 39 Ausgearbeitet sind lediglich die Augenhöhlen, Nase, Mund sowie das spitz zulaufende Kinn; Geschlechtsmerkmale fehlen. Die Statue verbreitert sich allmählich zur Basis hin, so dass das beste Parallelbeispiel eine ähnlich modellierte, aber noch weniger ausgearbeitete Statue aus Tell Açana, Schicht IV bis V, darstellt. 40 Aufgrund der Tatsache, dass sie in einer Mauer verbaut war, kann geschlossen werden, dass sie für die Erbauer dieser Phase keine Relevanz mehr besaß. Demzufolge ist die gleiche Annahme für die erstgenannte Statuette plausibel. Bei beiden Statuetten, insbesondere der letzteren, scheint die Vermutung nahezuliegen, dass es sich um Bildnisse von Ahnen handelt. Eine Interpretation als Schutzgeist ist 35 Seton-Williams 1961, S. 85, 87, Taf. XL, 8, 10–14, 16; Matthers 1981c, S. 328–329, 332–333, Abb. 204. 36 Seton-Williams 1967, S. 21, 26, Taf. X, 5; Matthers 1981d, S. 370, 378–381, Abb. 220–221. 37 Seton-Williams 1961, S. 70, Taf. XXXIIIb; Matthiae 1962, S. 28. 38 Howard Carter 1970, S. 36–37, Rimah #2. Zur Datierung ins 2. Jt. vgl. auch Matthiae 1962, S. 28. Meyer 1997, S. 306–307 nimmt dagegen eine Zugehörigkeit zu den Gräbern des 3. Jt. an. 39 Seton-Williams 1967, S. 19, Taf. IXa. 40 Woolley 1955, S. 239, Taf. XLIVh; Seton-Williams 1967, S. 19.

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Bīt Agūsi / Arpad

ebenfalls möglich, aber die feste Verankerung des Ahnenkultes in der Spätbronzezeit, wie sie die Texte aus Nuzi und Emar nahelegen, unterstützt eine Deutung als Ahnen ebenso sowie das Alte Testament, in welchem transportable Ahnenfigurinen ebenfalls erwähnt werden. 41

7.1.3

Befunde der Eisenzeit

7.1.3.1

Haus G 4:200

In Haus G 4:200 am Nordrand des Tell, das zur ältesten eisenzeitlichen Bebauung gehört, fanden sich die sterblichen Überreste von acht Individuen, zwei davon erwachsen und sechs jugendlich. 42 Aufgrund von Schnitten an den Schädeln und den Halswirbeln kann geschlossen werden, dass sie eines unnatürlichen Todes starben bzw. ihnen vermutlich die Köpfe abgetrennt wurden. Die Ausgräberin gibt leider nicht explizit an, ob die Körper eventuell bestattet wurden oder nicht. Da sie vermutet, dass die Ermordung im Zusammenhang der darüber liegenden Zerstörungsschicht bzw. der Eroberung der Stadt stand, ist jedoch davon auszugehen, dass keine Anzeichen einer Bestattung vorliegen. 43 7.1.3.2

Stele mit Speisetischszene

Mit dem Fund einer Stele mit Speisetischszene aus Kalkstein (57 × 37 × 16 cm, Abb. 89) liegt das vorerst einzige Indiz auf die Bestattungssitten während der Eisenzeit in Tell arRif‘at vor. 44 Auf ihr ist ein in der linken Bildhälfte sitzender, bartloser Mann abgebildet, der mit seiner Rechten eine Schale zum Mund führt. Der linke Arm ruht ausgestreckt auf den Knien. Zur Ausstattung des Tisches vor ihm gehören drei Objekte: eine Schale mit Brotfladen, eine Ente und in der Mitte ein Granatapfel oder eine Flasche. 45 Sie wurde bereits vor 1956 von Dorfbewohnern gefunden, nach der Beschreibung von M. V. Seton-Williams an einem „aramäischen Grab“ in der Nähe der äußeren Stadtmauer. Falls sich die Stele tatsächlich einst über einem Grab erhob, kann sie mit den Stelen aus Yunus und Nayrab, die ebenfalls über Gräbern errichtet und mit einer Speisetischsze-

41 Toorn 1994, S. 54–59; ders. 1996, S. 218–225. 42 Seton-Williams 1967, S. 19. 43 M. V. Seton-Williams setzt diese Zerstörung mit der des East Gate gleich. Aufgrund der dort vorhandenen und hier fehlenden Red-Slipped Burnished Ware ist dies jedoch fraglich. Lehmann 1996, S. 214–215 unter Berufung auf das unpublizierte Manuskript von J. Matthers. 44 Seton-Williams 1961, S. 70, Taf. XXXIII, b; Orthmann 1971, S. 56, 369, 373, 529, Taf. 48,i T. Rifa’at 1; Genge 1979, S. 121–122; Voos 1986, S. 102, Anm. 565, Kat.-Nr. 51; Sader 1987, S. 151–152; Bonatz 2000a, S. 17–18, 35, 156, 179, Taf. X, C 14; Rehm 2016, S. 88, A 4. 45 Bonatz 2000a, S. 35.

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Tell ar-Rif‘at / Arpad

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ne versehen waren, verglichen werden. 46 Darüber hinaus könnte der Befund ein weiteres Indiz dafür sein, dass die eisenzeitlichen Nekropolen oftmals vor den Mauern der Städte angelegt wurden, wie in Karkamiš, Tell Šiyuḫ Fawqānī und Ḥamā. Offen bleibt, worauf sich die Bezeichnung „aramäisch“ in diesem Kontext beziehen soll. Ist hiermit die chronologische und / oder regionale Einordnung der Keramik des Grabes angesprochen? Oder soll damit, vielleicht in Analogie zu den Kremationsgräbern von Ḥamā und Tell Ḥalaf, die Tatsache hervorgehoben werden, dass es sich um eine Kremation handelte? Letzteres ist angesichts der Funde B. Hroznýs zumindest im Bereich des Möglichen. Die Stele selbst wird von W. Orthmann als vermutlich Späthethitisch  III,  d.h.  aus dem 8.  Jh. stammend, angesehen, gefolgt von D. Bonatz, der sie etwa zwischen 800 und 725 datiert, wähAbb. 89: Stele aus Tell ar-Rif‘at. rend H. Genge sie für ein Werk aus der Zeit Ende des 8., Anfang des 7. Jh. hält. 47 Schließlich ist bezüglich des Materials der Stele zu bemerken, dass im Museum von Aleppo mindestens vier weitere Stelen aus Kalkstein mit Speisetischszene existieren, der in Bīt Agūsi vorzugsweise verwendet worden zu sein scheint, möglicherweise aufgrund eines Mangels an lokalen Basaltvorkommen. 48 7.1.3.3

Kremationsurnen?

Unter den von B. Hrozný in Tell ar-Rif‘at gemachten Funden zählt Nea Nováková auch „burial urns“ auf, ohne eine zeitliche Einordnung dieser zu nennen. 49 Aufgrund der Skizze zweier Keramikgefäße in den Notizen B. Hroznýs, welche sowohl in der Form als auch in der Bemalung Kremationsurnen aus Ḥamā, Yunus und Deve Höyük des 8.

46 Bonatz 2000a, S. 156. 47 Orthmann 1971, S. 529; Genge 1979, S. 122; Bonatz 2000a, S. 17–18. 48 Voos 1986, Kat.-Nr. 52; Bonatz 2000a, S. 18, 20–21, 23 (C 15, C 40, C 48, C 67). C 67 kann inzwischen als Herkunftsort Nayrab zugewiesen werden. Siehe Abschnitt 7.3.3.3. 49 Nováková 2015, S. 184.

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Bīt Agūsi / Arpad

bis 7. Jh. entsprechen, 50 ist eine Interpretation dieser Gefäße als eisenzeitliche Kremationsurnen prinzipiell möglich. Allerdings fehlen entsprechende schriftliche Hinweise B. Hroznýs auf menschliche Überreste. Da bis auf einen kleinen Abschnitt des Schnitts D (D I–II) wohl alle Schnitte B. Hroznýs innerhalb des zweiten Mauerrings angelegt wurden (Abb. 88), 51 sind die Gefäße demnach intramural, wahrscheinlich in der Oberstadt, gefunden worden. Zeitgenössische Bestattungen in Oberstädten sind bisher nur in Karkamiš und Tell Ḥalaf belegt. Andererseits wurde ein urnenähnliches Gefäß ohne Kremation auf dem Tell von Ḥamā geborgen. 52 Angesichts dieser nur sehr schwachen Indizien ist es momentan nicht möglich, die Existenz eisenzeitlicher Kremationen auf dem Tell ar-Rif‘at zu postulieren, wobei eine solche Praxis im Rahmen des Erwartbaren wäre.

7.2

Aleppo / Ḫalab

7.2.1

Einleitung

7.2.1.1

Grabungsgeschichte

In den Jahren 1929 bis 1932 ließ George Ploix de Rotrou mit einer Tiefsondage die erste und lange Zeit einzige Grabung auf der Zitadelle von Aleppo durchführen, die vorislamische Schichten erreichen konnte. 53 Dies gelang erst wieder der syrisch-deutschen Mission unter Wahid Khayyata, H. Zeineddin und Kay Kohlmeyer, die von 1996 an den bronze- und früheisenzeitlichen Wettergotttempel von Ḫalab finden und zu großen Teilen freilegen konnte. 54 Die heutige Zitadelle bildete wohl die einstige Oberstadt, welche sich innerhalb des östlichen Teils der Stadt befand. 55 7.2.1.2

Historischer Kontext

Ḫalab war in altorientalischer Zeit vor allem für den dort beheimateten Wettergott weithin berühmt. Dementsprechend stellte der dortige Tempel eine der bedeutendsten Kult50 Vavroušek und Nováková 2002, S. 130, die beiden unteren Gefäße. Vgl. Lehmann 1996, Taf. 51, Formen 313, 314 und 316. 51 Allerdings konnte der östliche Schnitt B. Hroznýs nicht identifiziert werden und lag vielleicht ebenfalls außerhalb der Oberstadt. Seton-Williams 1967, Taf. V (A–D) (hier Abb. 89); Nováková 2015, S. 184. 52 Riis und Buhl 1990, S. 138, Nr. 426, Abb. 63; Lund in Blanchard 2019, S. 290, Kat.-Nr. 143. Theoretisch könnte es sich um das Resultat einer Grabstörung handeln: Das Gefäß ist in vier Teile zersprungen. 53 Khayyata und Kohlmeyer 1998, S. 73–74; Kohlmeyer 2000, S. 17–18; ders. 2012, S. 55. 54 Kohlmeyer 2012, S. 55, Anm. 3. 55 Fabbro 2014, S. 184.

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Aleppo / Ḫalab

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stätten (Nord-) Syriens dar, was sich nicht allein an seinen gewaltigen Ausmaßen, vermutlich 42 × 42 m, 56 sondern auch in der Qualität und Quantität seiner Bildkunst ermessen lässt. 57 Die Spuren dieses Heiligtums lassen sich bis in die Frühbronzezeit zurückverfolgen, sowohl in Texten aus Ebla 58 als auch archäologisch. Im 18. Jh. gelang es der amurritischen Dynastie unter Yarīm-Līm I., aus dem bescheidenen Stadtstaat das bis nach Mesopotamien ausgreifende Königreich Yamḫad zu schmieden. Die hethitische Eroberung der Stadt durch Muršili I. im 16. Jh. tat dem Einfluss Ḫalabs vorerst jedoch keinen Abbruch. Erst im 14. Jh. konnte es – nach mittanischen und ägyptischen Intermezzi – unter dauerhafte hethitische Kontrolle gebracht werden. Damit verlagerte sich das politische Zentrum Nordsyriens nach Karkamiš, während das religiöse Ansehen Ḫalabs durch die Einsetzung des hethitischen Prinzen Telipinu als obersten Priester des Wettergottes untermauert wurde. In der Eisenzeit setzte sich der Bedeutungsschwund fort: Ḫalab war zunächst Teil des Königreiches P/Walastina im 11. Jh. unter Taita I., 59 wurde aber zu einem unbekannten Zeitpunkt dem aramäischen Königreich Bīt Agūsi bzw. Arpad einverleibt. Ob dies erst nach dem Besuch Salmanassars III. 853 auf dessen Weg nach Ḥamat geschah, 60 der einen an anderer Stelle errichteten Nachfolgerbau besucht haben muss, ist unklar. Eine vorherige Inkorporierung in das Königreich Bīt Agūsi bleibt aber eine Möglichkeit. 61 Einer weiteren These zufolge konnte Ḥamat im späten 9. Jh. seine Herrschaft auf Ḫalab ausdehnen, da in HAMA 1 genannte, aus Ḫalab stammende Einwohner anscheinend Arbeitskräfte dieses Königreiches darstellten. 62 Spätestens 754 gehörte Ḫalab sicher zu Bīt Agūsi 63 und stellte neben Arpad das Zentrum des aramäischen Staates dar, wie die Bezeichnung „König von Arpad und Ḫalab“ in der Inschrift aus İncirli (Vs. Z. 14) verdeutlicht, 64 bevor es vermutlich mit der Eroberung der Hauptstadt Arpad 740 unter assyrische Vorherrschaft fiel. 7.2.1.3

Gesellschaft und Wirtschaft

Im Moment gibt es keine Hinweise auf die Zusammensetzung der Aleppiner Bevölkerung der Eisenzeit. Ähnlich wie in Karkamiš ist jedoch davon auszugehen, dass sich mit der Er56 Kohlmeyer 2012, S. 58. 57 Khayyata und Kohlmeyer 1998; Kohlmeyer 2000; ders. 2009; ders. 2012; ders. 2013a; ders. 2013b; Gonnella et al. 2005; Brown 2008a, S. 278–292; Niehr 2010a, S. 249–253. 58 Schwemer 2001, S. 108–111. 59 Trotz des Namens des Königreiches sollte es weder als „palästinisch“ noch als „philistäisch“ bezeichnet werden, da die Schichten der Zeit, in welcher auf dem Tell Tayınat repräsentative Gebäude entstanden, die als Beleg einer Residenz interpretiert werden können, erst nach der ägäisch dominierten Besiedlungsphase einsetzten. Singer 2012, S. 466–468. 60 Dion 1997, S. 121; Kahn 2007, S. 68; Younger 2016, S. 509 (RIMA 3, A.0.102.2, ii 86–87). 61 Hawkins 2000, S. 389. 62 U.a. Hawkins 2000, S. 414; Lipiński 2000, S. 207; Dušek 2019, S. 192–193; Richelle 2019, S. 217; Simon 2019, S. 139–140. Kritisch Younger 2016, S. 504–505. 63 Hawkins 2000, S. 389–390. 64 Kaufmann 2007, S. 12, 15. Diese Bezeichnung erscheint allerdings nur einmal, während „König von Arpad“ viermal in dieser Inschrift verwendet wird.

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Bīt Agūsi / Arpad

oberung des hethitischen Königs Šuppiluliuma I. zu den bereits ansässigen Westsemiten und Hurritern eine hethitische, demnach möglicherweise luwisch sprechende, Elite ansiedelte. 65 Außerdem könnten die hier stationierten Garnisonssoldaten, die sich allerdings wohl nur zu kleinen Teilen aus Hethitern und in nicht unerhebliche Maße aus Bewohnern des westlichen Kleinasiens zusammensetzte, ebenfalls sesshaft geworden sein. 66 Ob sich mit dem Anbruch der Eisenzeit und insbesondere der Herrschaft Taitas I., einem Namen mit ungeklärter Etymologie, 67 der nur indirekt mit den „Seevölkern“ in Verbindung zu bringen ist, 68 die Bevölkerungsstruktur grundlegend änderte, darf bezweifelt werden, obwohl dies letztlich nicht festgestellt werden kann. Allerdings ist in den nachfolgenden Jahrhunderten ebenso wie in anderen Regionen Nordsyriens und Südostanatoliens mit einer Zunahme des aramäischen Bevölkerunganteils bzw. einer Aramäisierung zu rechnen. Dennoch zeigen die vermutlich beide aus dem Aleppiner Wettergotttempel stammenden Steinschalen mit hieroglyphenluwischen Weihinschriften (BABYLON 2 und 3), dass das Luwische im 8. Jh. in der Region noch lebendig war. 69 Außerdem muss aufgrund der in al-Brayǧ ar-Rīḥ, ca. 7 km nördlich von Aleppo, gefundenen Melqart-Stele ein gewisser phönizischer bzw. tyrischer Einfluss um 800 konstatiert werden. Was die ökonomische Situation Ḫalabs anbetrifft, so war es bereits während der Zeit der Ebla-Archive ein Umschlagplatz für Metall und Textilien. 70 In den Mari-Texten ist von Importen aus Yamḫad die Rede, die aus Äpfeln, Wein, Honig, Getreide, Olivenöl und Holz bestanden. 71 Im Gegenzug bezog Ḫalab Zinnlieferungen über Mari und Elam aus noch weiter östlich gelegenen Regionen. 72

7.2.2

Orthostat Taitas I. mit der Inschrift ALEPPO 6

Im Zuge der Baumaßnahmen während der hethitischen Großreichszeit wurde die ursprünglich in der nördlichen Mauer gelegene Kultnische der Früh- und Mittelbronzezeit 65 Aro 2010. 66 Singer 2005, Sp. 447–451; Aro 2010, S. 4. 67 Nach Hawkins 2011, S. 52 ist das nächstliegendste Vergleichsbeispiel der Name eines Königs von Nuhašše, Tette, dessen Dynastie zwar hurritisch geprägt zu sein scheint, dessen Name aber bisher ebenfalls etymologisch nicht zu erklären ist. Für den eventuell mit Taita II. zu verbindenden To‘i aus dem Alten Testament (2Sam 8, 9–10; 1Chr 18, 9–10) ist eine Ableitung von hurr. taḫḫe = „Mann“ vorgebracht worden. Knudtzon 1915, S. 1103; Collins 2007, S. 198, Anm. 4; Steitler 2010; Singer 2012, S. 468, Anm. 77. Von Simon 2014, S. 725 werden sowohl Ableitung von hurr. taḫḫe zu Taita als auch die Gleichsetzung von To‘i mit Taita abgelehnt. Eine Ableitung von hurr. taḫḫe zu hebr. To‘i wäre zwar möglich, aber To‘i müsste von Taita abgeleitet worden sein, was seiner Meinung nach ebenfalls nicht möglich sei. 68 Singer 2012, S. 466–468. 69 Hawkins 2000, S. 391, 394–397. 70 Klengel 1997, S. 362. 71 Klengel 1997, S. 366; Fabbro 2011, S. 209. 72 Klengel 1997, S. 366.

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Aleppo / Ḫalab

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Abb. 90: Orthostaten des Wettergottes und Taitas mit Inschrift ALEPPO 6.

durch eine Reihe von Orthostaten verdeckt und der ca. 2 m hohe Orthostat des Wettergottes, gekennzeichnet durch erhabene luwische Hieroglyphen, stattdessen an der Ostseite platziert, was auf einen hethitischen Einfluss zurückzuführen ist. 73 Im Zuge des Wiederaufbaus im 11. Jh. wurde der sich rechts neben dem Wettergott befindende Orthostat durch den des Königs von P/Walastina, Taita I. (1,98 × 0,55 m, Abb. 90) ersetzt, 74 und die ursprünglich axiale Ausrichtung des Tempels wiederhergestellt, wie u.a. ein sekundär als Basis verwendeter Block mit zwei fußähnlichen Einlässen vor den beiden Orthostaten der Nordmauer vermuten lässt, über dem sich wahrscheinlich die metallene, anthropomorphe Götterstatue erhob. 75 Der rechte Orthostat zeigt einen nach links gewandten Mann mit einfachem kurzem Rock, kurzärmeligem Gewand, einer Kappe ohne Hörner und langen Haaren, der den Wettergott um etwa einen halben Kopf überragt. Der linke Unterarm ist oberhalb des Gürtels nur leicht angewinkelt, während der rechte Arm erhoben ist und den linken Arm des Wettergottes zu imitieren scheint. In den zu Fäusten geballten 73 Kohlmeyer 2012, S. 62. 74 Gonnella et al. 2005, S. 92, Abb. 126; Brown 2008a, S. 561; Hawkins 2009, S. 169–172; ders. 2011, S.  40–44, Abb. 3–7; ders. 2013b; ders. 2015, S.  53–54; Kohlmeyer 2009, S.  197–200; ders. 2012, S. 64–65, 68, Taf. 15; ders. 2013a, S. 202–204, Abb. 21; ders. 2013b, S. 518, Abb. 281. 75 Dieser Block wurde zu einem späteren Zeitpunkt jedoch gewendet. d.h. dass die Götterstatue vermutlich ebenfalls ein letztes Mal versetzt wurde. Kohlmeyer 2012, S.  65, Taf. 14A; ders. 2013a, S. 203, Abb. 9.

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Bīt Agūsi / Arpad

Händen befinden sich analog zur Darstellung des Wettergottes keine Objekte. Die auf dem abgestuften Rahmenstein (1,93 × 0,55 m) rechts neben dem Relief befindliche, eingeritzte hieroglyphenluwische Inschrift ALEPPO 6 lautet: 76 § 1. § 2. § 3. § 4. § 5. § 6. § 7. § 8. § 9. § 10. § 11. § 12.

„King Taita (am) I, the Hero, Palistin-ean King. For my lord the Halabean Storm-God I honoured the image, the Halabean Storm-God made me … . (He) who comes to this temple to celebrate the god, if he (is) a king, let him sacrifice an ox and a sheep. On the other hand if he is a … king’s son, or if he (is) a country lord, or if he (is) a river-country lord, let him too sacrifice a sheep. On the other hand if he (is) an inferior man, (there shall be) bread, oblation and … .“ 77

Zu dieser Übersetzung fügt J. D. Hawkins aufgrund eines von Th. van den Houts geäußerten Vergleichs mit einer hethitischen Textpassage folgende Modifikation der Zeilen 2 und 3 hinzu: § 2. § 3.

„For my lord the Halabean Storm-God I honoured the desire (literally ‚soul‘), and for me the Halabean Storm-God did (that) of the desire (i.e. ‚[that] of my soul‘).“ 78

Eine mit der letzten Passage (§ 11–12) vergleichbare Inschrift befindet sich zusätzlich auf einem nicht näher spezifizierten Fragment aus Aleppo, das vermutlich ebenfalls im Tempel oder in dessen Nähe gefunden wurde. 79 Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die in Z. 12 als „oblation“ erscheinende Opferhandlung, hluw. sarli-, hier aber ohne die Silbe -la- / -ligeschrieben, auch als „Libation“ übersetzt werden kann, 80 insbesondere im Zusammenhang mit einem zuvor genannten Brotopfer wie in der Inschrift KARKAMIŠ A. 1a § 31. Ikonographisch bemerkenswert ist, dass die Darstellung Taitas I. aufgrund des kurzen Rocks und der kegelförmigen Kopfbedeckung eine Angleichung des Königs an Gottheiten und andere übernatürliche Entitäten durch die Übernahme ihrer Attribute offenbart, welche in hethitischer Tradition wurzelt. 81 Insgesamt wird sie von K. Kohlmeyer 76 77 78 79 80 81

Zu fragen wäre, ob die Inschrift vielleicht nachträglich eingeritzt worden sein könnte. Hawkins 2011, S. 45, Abb. 7b. Hawkins 2011, S. 45, Abb. 7b. Hawkins 2011, S. 43–44. Hawkins 2011, S. 44. Vgl. ders. 2000, S. 147 (CEKKE § 5) mit allen weiteren Belegen. Kohlmeyer 2009, S. 197–198.

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Aleppo / Ḫalab

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als „Adorations- und Stifterszene“ interpretiert. 82 B. A. Brown erwägt dagegen die These einer politischen Vereinnahmung des Tempels durch den König, nachdem er der Alternative einer möglichen posthumen Errichtung infolge eines Vergöttlichungsprozesses nach dem Tode Taitas I. aufgrund mangelnder Indizien eine Absage erteilt hat. 83 Dennoch legen drei Argumente eben diese posthume Beopferung des verstorbenen Königs nahe: Dabei muss vor allem die bereits oben erwähnte Darstellung mit gottähnlichen Zügen inmitten von tatsächlichen Gottheiten, insbesondere die direkte Gegenüberstellung mit dem Wettergott hervorgehoben werden, welche nicht auf Augenhöhe oder darunter realisiert wurde, sondern Taita I. erkennbar, etwa einen halben Kopf über den Wettergott von Aleppo erhebt. 84 Der Orthostat der BONUS-ti in Karkamiš sowie ein vergleichbares Exemplar vom äußeren Burgtor in Zincirli, die jeweils in einer Götterprozession dargestellt sind, dienten ebenfalls dem posthumen Gedenken. 85 Außerdem ist auf die Phrase aus der Inschrift KARKAMIŠ A. 2+3 zu verweisen, in der der Verstorbene die Gesichter Tarḫunzas und Kubabas nicht erblicken soll. 86 Zweitens könnte die Nennung von Brot und Libation ein Indiz dafür sein, dass die genannten Opfer nicht an Tarḫunza, sondern an Taita I. gerichtet waren und dass es sich dabei um Opfer für einen Toten handelte. Diese Gaben lassen sich mit den von Hadd-yiṯ‘i erwähnten Opfern, der sich in der Gegenwart des Wettergottes von Sikāni mit Wasser und Brot beopfern ließ, sowie den in den Inschriften KARKAMIŠ A. 1a und A. 11a belegten vergleichen, in denen Brot und Libation der Statue Suhis II. geopfert bzw. durch einen Fluch den Zerstörern der Atrisuhastatue entzogen werden sollten. Bezeichnenderweise befand sich die Inschrift Suhis II. auf der Außenmauer des Wettergotttempels. Ein weiteres Indiz ergibt sich aus der Position der Inschrift, die sich ausschließlich neben Taita I. befindet, nicht aber auf der Seite des Wettergottes. Schließlich kommt drittens eine Übereinstimmung der Opfergaben im Detail hinzu, da zwischen dem Königssohn / Landesfürst / Flusslandsfürst und dem „Mann des Schafes“ ebenso wie zwischen dem „niederen Mann“ und dem „Mann des Brotes“ aus KARKAMIŠ A. 1a eine Korrelation besteht, während das von einem König verlangte Opfer in Form von einem Ochsen und einem Schaf eventuell mit dem (jährlichen) Opfer für die Statue des Atrisuha, bestehend aus Brot, einem Ochsen und zwei Schafen, vergleichbar ist. 87 Dass enge Beziehungen zwischen Taita I. und Karkamiš bestanden, ergibt 82 Kohlmeyer 2012, S. 65; ders. 2013a, S. 203–204. 83 Brown 2008a, S. 175–176. 84 Kohlmeyer 2012, S. 68; ders. 2013a, S. 204; ders. 2013b, S. 518 führt die Tatsache, dass Taita über den Wettergott hinwegsieht, auf das neue Proportionsschema nach dem Zerfall des Hethiterreiches zurück. Wäre dies der einzige Grund, hätten den damaligen Architekten oder Steinmetzen jedoch auch andere Mittel zur Verfügung gestanden, eine gleichwertige oder niedrigere Rangfolge abzubilden, bspw. durch Weglassen des Ornamentstreifens unter den Füßen des Königs. 85 Siehe Abschnitte 4.1.3.2.2 und 6.1.3.2.3. 86 Siehe Abschnitt 4.1.3.3.2. 87 KARKAMIŠ A. 4d. Allerdings fehlt hier wie bei anderen Opfern für Götter die Libation (vgl. z.B. KARKAMIŠ A. 11b+c, § 18 oder KARKAMIŠ A. 13d, § 10). Auch wenn es wahrscheinlicher ist, dass es sich bei Atrisuha um den vergöttlichten Dynastiegründer Suhi I. handelte, ist es letztlich nicht vollständig auszuschließen, dass sich Suhi  II. hinter diesem verbirgt, da diese Statue nicht

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Bīt Agūsi / Arpad

sich aus der Inschrift ALEPPO 7 am Südeingang des Tempels. Sie reichten eventuell bis hin zu einer politischen Kontrolle. 88 Außerdem ist anzumerken, dass der untere Teil einer vermutlich früheisenzeitlichen, mehr als lebensgroßen Statue aus Kalkstein in einer Schuttschicht über der östlichen Mauer des Tempels gefunden worden ist, welche mit dem Ausdruck „kubisch“ beschrieben wird. 89 Eventuell könnte es sich hierbei um die Statue Taitas I. gehandelt haben, an welcher die Opferhandlungen vollzogen wurden. Für die Existenz einer Statue Taitas I. spricht, dass während dieser Nutzungsphase der Wettergott wahrscheinlich in Form einer überlebensgroßen Statue aus Metall präsent war, deren Basis sich vor den beiden Reliefs befand. 90 Hinsichtlich dessen wäre es zudem interessant zu erfahren, in welchem Kontext das o.g. Fragment mit der zu § 11–12 ähnlichen Passage gefunden worden ist, d.h. ob es eventuell zu dieser Statue gehört haben könnte oder nicht. Da es sich aber nicht um eine exakt gleiche Formulierung zu handeln scheint, ist es eher vorstellbar, dass es sich um Opferanweisungen eines weiteren Königs handeln könnte. Außerdem ist danach zu fragen, was unter § 2 und 3 zu verstehen sein könnte, in denen die „Begierden“ bzw. „Seelen“ Tarḫunzas und Taitas I. wechselseitig „geehrt“ wurden. Das dafür gebrauchte hluw. COR-na bzw. COR-…-i-sa ist als (COR) at(a)ri- nach J. D. Hawkins als „Form, Figur, Bild“ zu interpretieren und auf die Reliefs zu beziehen. 91 Aus den hethitischen Quellen geht jedoch hervor, dass neben einem immateriellen Seelenbegriff Objekte aus Metall existierten, die als „Seele“ (heth. ištanza(n)-/ZI) bezeichnet werden konnten, nicht mehr als ein Kilogramm wogen, sowohl für Götter als auch für Verstorbene existierten und während desselben (Ahnenkult-) Rituals benutzt wurden. 92 Nach einer These von Th. van den Hout wurde heth. ištanza(n)-/ZI sekundär an at(a)riangeglichen, 93 so dass hiermit vielleicht ebenfalls eine solche Statuette aus Metall gemeint sein könnte. Solange jedoch keine weiteren Beispiele für eine solche Ritualhandlung aus dem eisenzeitlichen Nordsyrien oder Südostanatolien existieren, ist eine solche Interpretation vorläufig als Hypothese zu betrachten. 94 Die Inkorporierung der menschlichen at(a)ri- im Sinne von „Seele“ in einer Statue aus Stein wird dagegen in den eisenzeitlichen Inschriften KARKAMIŠ A. 4d, A. 15b und JISR EL HADID 4 nahegelegt und kann

88 89 90 91 92 93 94

von ihm, sondern von seinem Sohn Katuwa errichtet wurde. Besonders im Lichte der Auseinandersetzungen zwischen Katuwa und seinen Verwandten, d.h. anderen Mitgliedern der „Landesfürstendynastie“, könnte der Opfermenge, die noch über die in Ḫalab von einem König geforderten hinausgeht, eine politische Funktion zukommen: die der offziellen Anerkennung Katuwas als unumschränkten Herrscher Karkamiš’. Siehe Abschnitt 4.1.3.4.1. Hawkins 2011, S. 51; ders. 2013, S. 500. Kohlmeyer 2012, S. 72; ders. 2013a, S. 214; ders. 2013b, S. 522. Kohlmeyer 2012, S. 65. Hawkins 2011, S. 41. Kapełuś 2010 (KUB 55.54). Hout 2002b, S. 178–181. Nach Melchert 2010, S. 8–9 ist diese Ableitung jedoch wenig wahrscheinlich und (a)tan(i)- muss ebenso wie atli- als Variante von at(a)ri- aufgefasst werden. Vgl.  Hajnal 1995, S. 244–245. Vgl. dazu den Tempel B2 neben dem Westpalast von Ebla mit vergöttlichten Herrscherfigurinen aus Metall, die vermutlich dem königlichen Ahnenkult dienten. Matthiae 1990.

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Nayrab / Nirabu

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vermutlich bereits hier geltend gemacht werden. Hinzu kommt, dass laut KARKAMIŠ A. 15b die Statue Yariris explizit zu Füßen Kubabas, d.h. wahrscheinlich in ihrem Tempel, aufgestellt werden sollte. Falls dies für einen Regenten möglich war, weshalb sollte sich Taita I. mit einem Orthostaten zufriedengeben? Das Verb „ehren“, hluw. izista-, in diesem Kontext lässt sich dagegen mit einer Handlung in Beziehung setzen, die auch Suhi  II. und BONUS-ti in ihren Inschriften KARKAMIŠ A.  1a und A.  1b erwähnen. 95 Allerdings handelt es sich bei den Subjekten dieser Handlungen nicht um Gottheiten, sondern um die (männliche) Bevölkerung von Karkamiš und das Objekt der Ehrungen ist nur im Fall von Suhi II. (vermutlich) die Statue, während BONUS-ti ihren Namen verehrt wissen möchte. Letzteres kann jedoch darauf zurückgeführt werden, dass sie keine eigene Statue besessen zu haben scheint, sondern an der Statue ihres Mannes mitverehrt wurde. Zum weiteren religionsgeschichtlichen Vergleich ist darüber hinaus auf die Aufstellung von vier Statuen verstorbener Könige im Wettergotttempel von Ḫattuša zu verweisen. 96 Ihnen wurde im Rahmen des AN.TAḪ.ŠUMSAR-Festes, zwischen den Opfern an den Wettergott, jeweils ein kleines Stück Brot dargebracht. 97 Davon abgesehen wurden den verstorbenen hethitischen Königen und ihren Angehörigen von ihren Nachkommen regelmäßig ein Schaf und ein Rind geopfert, 98 was in der Aleppiner Inschrift den Opfergaben entspricht, die einem König abverlangt wurden. Auch die oben erwähnten ikonographischen Merkmale sowie die Positionierung von Angesicht zu Angesicht mit dem Wettergott, verdeutlichen den halbgöttlichen Status, der den königlichen Toten in Syrien und Anatolien in der Bronzezeit ebenfalls zukam.

7.3

Nayrab / Nirabu

7.3.1

Einleitung

7.3.1.1

Grabungsgeschichte

Das moderne Dorf Nayrab lag gegen Ende des 19. / zu Beginn des 20. Jh. ca. 7 km südöstlich von Aleppo, bildet inzwischen aber einen Vorort dieser Großstadt. Nachdem die Dorfbewohner 1889 zufällig auf einen Sarkophag aus Basalt und 1891 auf zwei Stelen mit altaramäischen Inschriften gestoßen waren, 99 besuchte Sébastien Ronzevalle 1908 den 95 Eventuell könnte diese Handlung auch mit einer aus dem spätbronzezeitlichen Emar bekannten Bedeutungsnuance von „ehren“ (palāḫu) verbunden werden, die als „versorgen“ aufgefasst werden kann und sowohl im Bereich des Ahnenkultes als auch im alltäglichen Leben so verwendet wurde. Vgl. Toorn 1994, S. 47. 96 Haas 1994, S. 247. 97 Haas 1994, S. 804–805. 98 Otten 1968; Haas 1994, S. 247–248. 99 Clermont-Ganneau 1897; Fauveaud-Brassaud und Lozachmeur 2013.

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Bīt Agūsi / Arpad

Ort und erwarb einige geplünderte Artefakte. 100 Erst 1926 und 1927 fanden die ersten und nach wie vor einzigen Ausgrabungen auf dem Tell statt, die von der École Biblique aus Jerusalem durchgeführt und von Georges A. Barrois, André Parrot, B. M. Carrière, Félix-Marie Abel und J. Darrous geleitet wurden. 101 Dabei kamen neben spärlichen eisenzeitlichen Siedlungs- und Mauerresten darüber liegende Gräber zutage, die von der neubabylonisch-achämenidischen bis zur römischen Epoche zu datieren sind. 102 Außerdem fand sich ein kleines Keilschriftarchiv einer Händlerfamilie aus neubabylonischer bis persischer Zeit. 103 7.3.1.2

Historischer Kontext

Die meisten spätbronzezeitlichen Belege aus ägyptischen und keilschriftlichen Texten Ugarits und Alalaḫs auf eine Stadt namens Nirabu, „Pass“, werden als Verweise auf einen Ort im Gebiet von Mukiš, im Nordwesten Syriens interpretiert, so dass die Existenz von Nayrab während dieser Zeit nicht gesichert ist. 104 Vor der assyrischen Eroberung Bīt Agūsis in den Jahren 743 bis 740 durch Tiglatpileser III. wird Nayrab als Stadt dieses Königreiches aufgelistet. 105 Um 700 dokumentieren beschriftete Grabstelen (KAI 225–226) aus Nayrab selbst die Existenz eines Heiligtums des aramäischen Mondgottes Śahr. 106 Schließlich belegt das ebenfalls vor Ort entdeckte Keilschriftarchiv des Nusku-gabbē die kaufmännischen Aktivitäten seiner Familie von der Regierungszeit Neriglissars (559–556) bis zu der Dareios I. (521–486), d.h. mindestens von 556 bis 521. 107 Vermutlich wurde die Familie zunächst nach Nippur zwangsdeportiert, bevor sie einige Zeit später wieder nach Nayrab zurückkehren durfte. Das möglicherweise älteste bei den Grabungen in Nayrab entdeckte archäologische Fundstück ist eine im Museum von Aleppo befindliche Dioritsphinx des Pharaos Amenemḥēt  III., der von ca.  1842 bis 1797 regierte, die jedoch nicht in den offiziellen Grabungspublikationen erwähnt worden ist. 108 U.a. deshalb vertritt Gabriella Scandone Matthiae die Ansicht, dass sie stattdessen in Aleppo, vermutlich in einem Tempel, ge-

100 Ronzevalle 1909; ders. 1914–1921; ders. 1927, S. 169–172. 101 Carrière und Barrois 1927; Abel und Barrois 1928. 102 Lehmann 1996, S. 179–192; Nunn 2001, S. 390, Anm. 4 (ab ca. 550), 436 contra Niehr 2014a, S. 192 (7. Jh.). 103 Dhorme 1927. 104 Röllig 1998–2001, S.  214; Belmonte Marín 2001, S.  209–210. Dass es sich bei dem von ihm in KTU 1.131:6, einem hurritischen Ritualtext, als nr[b] gelesene Lexem um Nayrab handeln könnte, ist unsicher. Siehe auch Olmo Lete und Sanmartín 2003, S. 642. 105 Tadmor und Yamada 2011, S. 109 (RINAP 1, TP III 43 ii 3). 106 Siehe unten. 107 Nunn 2001, S. 436. 108 Porter und Moss 1951, S. 395; Helck 1976, S. 104.

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Nayrab / Nirabu

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funden worden sein könnte. 109 Dass sie als Beleg für eine Besiedlung des Ortes bereits zu dieser Zeit oder sogar direkte Beziehungen zwischen Nayrab und dem Mittleren Reich gelten kann, ist in ersterem Fall jedoch fraglich, da die Möglichkeit existiert, dass sie erst in späterer Zeit, vielleicht während der Amarna-Epoche, exportiert wurde. 110 Der weitere archäologische Befund des Ortes ist schwierig zu interpretieren. Möglicherweise können zwei verschiedene Besiedlungsperioden vor der neubabylonischen differenziert werden, deren Ende jeweils mit einer Ascheschicht, d.h. einer Zerstörung, einhergegangen zu sein scheint. Aufgrund des Mangels an sicher zu datierenden Artefakten und vor allem der sehr unsicheren stratigraphischen Verhältnisse muss die Zuordnung der Zerstörungshorizonte jedoch spekulativ bleiben. 111 Von der neubabylonischen Zeit an scheint der ergrabene Teil des Hügels vor allem als Gräberfeld genutzt worden zu sein.

7.3.2

Gräber

Das vielleicht einzige Grab von Nayrab, welches noch in die Eisenzeit II datieren könnte, ist die Körperbestattung eines zwei oder drei Jahre alten Kindes in einem Kochtopf ohne Beigaben. Es ist zwar inmitten von vermutlich zeitgenössischen Siedlungsresten gefunden worden, aber die stratigraphische Beziehung zu diesen ist unklar. Im Gegensatz zu den restlichen Gräbern kann es wohl nicht als Bestandteil der späteren Nekropole angesehen werden. 112 Im Zusammenhang mit dem späteren Stelenfund wird häufig der bereits 1889 entdeckte schwarze Basaltsarkophag (2,31 × 1,20–1,17 × 1 m, Bodenplattenhöhe 0,36 m, Seitenbreite 22–20 m) mit weißem Kalksteindeckel zitiert. 113 Letzterer wurde zerschlagen, ersterer bei den Grabungen in den 1920er Jahren wieder gefunden. Zu den am 16. November 1891 gefundenen Stelen gibt es widersprüchliche Angaben hinsichtlich ihrer Lage relativ zum Sarkophag. Während ein Brief sie als nördlich des Sarkophags beschreibt, sollen sie laut einem anderen zwei bis drei Meter östlich des Sarkophags gefunden worden sein. 114 Darin sollen sich ein vergoldetes Rollsiegel, eine Halskette sowie andere Beigaben befunden haben, wobei es auch hier wieder verschiedene Angaben waren, die Charles Clermont-

109 Scandone Matthiae 1989; Wastlhuber 2011, S.  59, 145. Vgl.  jedoch Scandone Matthiae 2013, S. 412–413: „from Neirab near Aleppo“ ohne Angabe von Gründen. 110 Forstner-Müller et al. 2002, S. 165–166. Wastlhuber 2011, S. 59 geht jedoch von einem Export während der 12. Dynastie aus. 111 Sader 1987, S. 150. Sie ordnet versuchsweise die erste aramäischen Eroberern und die zweite Tiglatpileser III. zu. 112 Carrière und Barrois 1927, S. 129, Abb. 1A, Taf. XXXV, 4; Lehmann 1996, S. 180, 182, 188. 113 Clermont-Ganneau 1897, S. 183–184, Abb. IV; Carrière und Barrois 1927, S. 129–130, Taf. XXXV, 1–2, 5; Voos 1986, S. 93–96; Lehmann 1996, S. 180, 182. 114 Clermont-Ganneau 1897, S. 183–184: „vers la partie nord du sarcophage“ (Brief vom 4.11.1892). „Elles se trouvaient plus à l’est, à deux ou trois métres du sarcophage“ (Brief vom 8.4.1892).

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Ganneau erreichten. 115 Übereinstimmend wird dagegen berichtet, dass zwei Schädel oder Skelette ebenfalls zum Inventar gehörten. 116 In der unmittelbaren Umgebung des Sarkophags soll zudem schwarzgefirnisste griechische Keramik gefunden worden sein, 117 die ungefähr in der Mitte des 6. Jh. zu erscheinen begann und häufiger Bestandteil der Gräber von Nayrab war. Für eine ungefähre chronologische Einordnung wiegt jedoch schwerer, dass die Oberkante des Sarkophags 4,60 m 118 über dem Bodenniveau des Vorratsgefäßes J2 lag, welches nach G. Lehmann ebenso ins 8. Jh. datiert wie das darin befindliche Gefäß mit Ausgusstülle. 119 Somit kann eine ursprüngliche Vergesellschaftung von Sarkophag und den Stelen nahezu ausgeschlossen werden, da letztere sicher dem späten 8. bzw. dem frühen 7. Jh. zuzurechnen sind. 120 Ein weiteres Argument mag die Tatsache darstellen, dass die Stelen erst zwei Jahre nach dem Sarkophag gefunden wurden, was tendenziell auf eine größere Tiefe bzw. eine nicht unmittelbare Vergesellschaftung hindeutet. Denn falls sie ursprünglich zeitgleich und zudem unmittelbar über dem Sarkophag aufgestellt wurden, hätte man sie tendenziell zuerst oder gleichzeitig finden sollen, 121 es sei denn, sie wurden bereits in antiker Zeit von ihrem Aufstellungsort über dem Sarkophag entfernt. Alle weiteren Gräber verteilen sich von der spätbabylonischen über die achämenidische und hellenistische bis hin zur römischen Epoche und bleiben deshalb im Folgenden weitestgehend unberücksichtigt. 122

7.3.3

Ikonographische und epigraphische Befunde

7.3.3.1

Stele des Ši’gabbar (KAI 226)

Bei der vermutlich etwas älteren der beiden Stelen handelt es sich um die des Ši’gabbar (Basalt, 95 × 45 × 22 cm, Abb. 91). 123 Der abgerundete obere Teil der Stele fungiert als Textfeld, während das rechteckige eingetiefte Bildfeld etwa die unteren zwei Drittel einnimmt. 115 116 117 118 119 120 121

122 123

Clermont-Ganneau 1897, S. 183–184. Ronzevalle 1909, S. 786–787. Lehmann 1996, S. 180, 182. Die relativen Angaben in Carrière und Barrois 1927, S. 27 (5,60 m) und auf Taf. XXXIII (2,70 m) sind inkorrekt und jeweils 1 m zu hoch, wie sich aus den absoluten Höhen auf derselben Tafel ersehen lässt. Carrière und Barrois 1927, S. 127–128, Abb. 1, Taf. XXXV, 3, LV, A; Lehmann 1996, S. 180, 182, 322, Taf. 47, 63. Contra Voos 1986, S. 95–96; Niehr 2010b, S. 50. Man darf angesichts der (verschollenen) Funde aus dem Sarkophag wohl davon ausgehen, dass die Dorfbewohner in der Umgebung des Sarkophags unmittelbar nach dessen Fund nach weiteren Gräbern bzw. Schätzen gesucht haben werden und dabei offensichtlich nicht auf die Stelen stießen. Siehe dazu Lehmann 1996, S. 179–192; Nunn 2001, S. 436–439. Donner und Röllig 1964, S. 274, 276; Kaufman 1970; ders. 1974, S. 49–50, Anm. 89; Gibson 1975, S. 93–98; Voos 1986, S. 93–98, Kat.-Nr. 41; Hrouda 1990, S. 111, Taf. 25; Bonatz 2000a, S. 20,

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In diesem ist eine typische zweifigurige Speisetischszene abgebildet: Links vom Betrachter sitzt der bartlose, mit einer runden Kopfbedeckung versehene Ši’gabbar und hält mit seinem rechten Arm einen Becher vor seinem Mund. Seine linke Hand berührt beinahe den Tisch; seine Füße ruhen auf einem Schemel. Deutlich kleiner ist der rechts neben dem Tisch stehende Wedelträger abgebildet. Auf dem Tisch befinden sich neben einem Gefäß eine Schale mit zwei Broten und darüber ein Tier, bei dem es sich wohl um einen Vogel handelt. 124 7.3.3.1.1 Inschrift und Diskussion Die aramäische Inschrift und ihre Übersetzung nach H. Niehr lauten: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

„š’gbr kmr šhr bnrb znh ṣlmh bṣdqty qdmwh šmny šm ṭb wh’rk ywmy bywm mtt pmy l’t’ḥz mn mln wb‘yny mḥzh ’nh bny rb‘ bkwn y whwm ’thmw wlšmw ‘my m’n ksp wnḥš ‘m lbšy šmwny lm‘n l’ḥrh lthns ’rṣty mn ’t t‘šq wthnsny šhr wnkl wnšk yhb’šw mmtth w’ḥrth t’bd

1. 2. 3.

Si’gabbar war Priester des Śahr in Neirab. Dies ist sein Bild. Aufgrund meiner Loyalität vor ihm hat er mir einen guten Namen verschafft und meine Tage lang sein lassen. Am Tag, da ich starb, war mein Mund von Worten nicht verschlossen und mit meinen Augen sah ich Söhne der vierten (Generation). Sie beweinten mich und sie waren sehr verwirrt. Doch haben sie zu mir kein Gefäß aus Silber oder Bronze gelegt. (Nur) mit meinem Gewand haben sie mich niedergelegt, damit

4. 5. 6. 7.

38–40, 44, 68, 90, 116, 140, 146, 150, 156–157, 165, 167, 179, 183, Anm. 1, 189, Anm. 77, 197, Anm. 191, 200, Anm. 259, 202, Anm. 16, Taf. XV, C 35; ders. 2014a, S. 241–242; Lipiński 2000, S. 507, 621, 623, 640; Röllig 2004, S. 30; Sherrifs 2004, S. 8–10; Niehr 2010a, S. 254, 257–258; ders. 2010b; ders. 2014a, S. 190–192; Cathcart 2012; Rehm 2016, S. 91, Taf. 3, B 1; Blanchard in ders. 2019, S. 427, Kat.-Nr. 278. 124 Hrouda 1990, S. 111, Anm. 16 nach persönlicher Kommunikation mit Agnès Spycket.

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8. 9. 10.

du in Zukunft nicht wegschleppst [meine Gebeine]. 125 Wer immer du seist, der du Gewalt anwendest und mich wegschleppst: Śahr, Nikkal und Nusku mögen elend sein lassen sein Sterben und seine Nachkommenschaft möge zugrunde gehen.“ 126

Einen strittigen Punkt beider Inschriften stellt bis heute vor allem das hapax legomenon ’rṣt dar. Zur Interpretation dieses Begriffes liegen mittlerweile vier verschiedene Ansätze vor. 127 Der erste Deutungsversuch stammt von C. Clermont-Ganneau. Er bezieht sich dabei auf hebr. ‘ereś, akk. eršu – inzwischen auch ugar. ‘rš – „Bett“ und übersetzt es als „lit funéraire“,  d.h.  als Kline. 128 Andere übersetzen aufgrund derselben Ableitung mit „Sarkophag“. Wegen der beiden notwendigen, aber nicht zu rechtfertigenden Lautwandel wird diese Herkunft heute überwiegend abgelehnt. 129 Einen weiteren Ansatz stellt die Beziehung zu akk. erṣetu „Erde, Unterwelt“ mit einer Übersetzung als „Grab“ oder „Sarkophag“ dar. 130 Daraus resultieren jedoch etymologische bzw. semantische Probleme: Zunächst wäre als Entsprechung zu erṣetu im Aramäischen ’rq zu erwarten, dessen Bedeutung sich im Nordwestsemitischen auf „Erde“ beschränkt. Demnach muss eine direkte Entlehnung von erṣetu vorausgesetzt werden, welches aber lediglich mit der Bedeutung „Begräbnisplatz“ belegt ist. 131 Somit ist eine semantische Verengung auf „Grab“ bzw. „Sarkophag“ schwierig zu begründen. Abgesehen davon ist ein Grab unbeweglich und wird daher dem Kontext in Zeile 8 nicht gerecht. Im Gegensatz dazu böte sich der Sarkophag als mobiler Gegenstand an, denn trotz ihres erheblichen Gewichts wurde das Fortschleppen von Sarkophagi aus Stein regelmäßig mit Flüchen belegt. 132

125 126 127 128 129 130 131 132

Anstelle von „meinen Sarkophag“. Zur Begründung dieser Übersetzung, siehe unten. Niehr 2010b, S. 47. Überblicke bei Yun 2006, S. 23–24 und Cathcart 2012. Clermont-Ganneau 1897, S. 193. Marcus 1975, S. 91; Yun 2006, S. 23; Cathcart 2012, S. 72. Gibson 1975, S. 96; Röllig 2004, S. 30; Niehr 2010b, S. 45. Marcus 1975, S. 86, 91; Yun 2006, S. 23. Das Volumen des immer wieder mit den Stelen in Verbindung gebrachten Basaltsarkophags beträgt 1.812.006 cm3 (berechnet mit den bei Carrière und Barrois 1927, S. 129 angegebenen Außenmaßen von 2,31 × 1,185 × 1 m, Höhe der Bodenplatte 36 cm, Breite der Seiten 21 cm). Bei einer für Basalt sehr gering angesetzten Dichte von 2,9 g/cm3 ergibt sich ein Mindestgewicht von ca. 5,25 t. Aufgrund teilweise fehlender Innenmaße und der unregelmäßigen Form lässt sich das Gewicht der beiden deutlich kleineren Kalksteinsarkophage (Carrière und Barrois 1927, S. 135–136: 135 × 61,5– 41 × 63 cm, Höhe innen 49 cm; Abel und Barrois 1928, S. 202: 118 × 52–46 cm, durchschnittliche Höhe innen 50 cm) nicht berechnen. Sie dürften zwar leichter als der Basaltsarkophag, aber immer noch deutlich schwerer als bspw. die Stelen gewesen sein. Sarkophage aus Ton wurden nicht vor Ort gefunden. Zum Vergleich: Der Steinsarkophag (eine genauere Bezeichnung des Materials fehlt) der Mullissu-mukannišat-Ninua aus Grab III in Nimrūd / Kalḫu maß 2,38 × 1,32 × 1,25 m (Damerji 1999, S. 8, Anm. 17) und auch hier wurde das praktisch unmögliche Fortschleppen mit einem Fluch belegt. Al-Rawi 2008, S. 124.

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Allerdings kann auch die auf G. R. Driver zurückgehende Alternative, eine Ableitung von akk. eṣemtu / eṣittu „Knochen, Gebeine“ für sich beanspruchen, den semantischen Zwängen, insbesondere denen von KAI 226, genüge zu tun. 133 Denn bei dem beschriebenen, potenziellen Grabraub war vermutlich weniger der Sarkophag als vielmehr der Leichnam von der Verschleppung oder zumindest Störung bedroht, da man an ihm die wertvollsten Beigaben in Form von Körperschmuck und Kleidung erwarten durfte. Dies galt auch für den Fall von verbrannten Überresten in Urnen, bei denen Gegenstände aus Edelmetall am häufigsten im Inneren zu finden waren und eine Plünderung auch den Verbleib des Leichenbrands gefährdete. Gegen diese These ist das Erscheinen des r im Aramäischen anzuführen. 134 Dem kann zwar mit einem Verweis auf die Entlehnung des aram. krs’ von akk. kussū „Thron“ begegnet werden, allerdings existiert mit kursē eine weitere akkadische Form und bei eṣemtu / eṣittu liegt keine Gemination vor. 135 Da diese These im Vergleich zur Sarkophagthese momentan geringere Probleme aufwirft, Abb. 91: Stele des Ši’gabbar aus Nayrab. ist sie vorläufig zu präferieren. Der neueste Ansatz zur Lösung dieses Problems stammt von Kevin J. Cathcart, der eine Übernahme des assyrischen Begriffes uṣurtu „Relief, Bild, Gravierung, Zeichnung“ befürwortet. 136 Doch unabhängig davon, wie sehr diese Übersetzung semantisch auch zu KAI 225 passen mag, so fehl am Platze ist sie in KAI 226: Weshalb sollten fehlende Schätze im Grab Diebe davon abhalten, die Grabstele zu entwenden? 137 133 134 135 136 137

Driver 1935, S. 49; Kaufman 1974, S. 49–50, Anm. 89; Yun 2006, S. 23–24; Kutter 2008, S. 316. Kaufman 1974, S. 49–50, Anm. 89; Yun 2006, S. 24; Niehr 2010b, S. 45. Yun 2006, S. 24 nach persönlicher Kommunikation mit P.-E. Dion. Cathcart 2012. Andererseits existiert mit der frühneubabylonischen Stele Adad-ēṭirs ein Beleg für einen ähnlichen Gebrauch des Begriffspaares ṣalmu und narû, die einige Parallelen zur Stele Šīn-zēr-ibnis aufweist. Siehe unten.

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Ein weiterer Begriff, der eine große Rolle bei der Interpretation beider Monumente spielt, ist die Bezeichnung für die Stele oder das auf ihr befindliche Bild, ṣlm, das nicht im Sinne eines Abbildes, sondern – in Analogie zur KTMW-Inschrift – als Repräsentation des Verstorbenen verstanden werden kann. 138 Andererseits scheint sich der Autor in Zeile 9 mit seinen „Gebeinen“ und nicht mit der Stele zu identifizieren, die im Gegensatz zu KAI 225 nicht weiter erwähnt wird. 139 Dass die Inschrift Ši’gabbars im Gegensatz zur Stele des Šīn-zēr-ibni der Verschleppung der Stele keine Bedeutung zumisst und allein das Verbleiben der Gebeine am Ort eine Rolle spielt, könnte sich eventuell dadurch erklären lassen, dass es sich bei Šīn-zēr-ibni um einen Eunuchen handelte oder dieser zumindest keine Nachkommen hatte 140 und die Weiterexistenz seines Namens allein von der Stele abhing. Das Andenken Ši’gabbars scheint dagegen bereits durch dessen zahlreiche Nachkommen gesichert gewesen zu sein. 141 Bemerkenswert ist die Darstellung von Geflügel auf dem Speisetisch des Verstorbenen im Lichte des Befundes der späteren Gräber von Nayrab: In sechs von 73 Gräbern fanden sich Tierknochen, wobei sich in fünf Fällen Vogel- bzw. Taubenknochen identifizieren ließen. 142 Es sollte demnach in Betracht gezogen werden, dass die Speisetischszene Ši’gabbars bestimmte Elemente der Bestattungszeremonie widerspiegeln könnte und dass die Provisionierung der Toten mit Tauben- oder Vogelfleisch von ca. 700 bis zur neubabylonischen Zeit oder länger in Nayrab praktiziert wurde. Im Gegensatz dazu fanden sich in der Inschrift genannte „Gefäß[e] aus Silber oder Bronze“ lediglich in vier der späteren Gräber, wovon alle aus Bronze und keines aus Silber bestand. 143 Daher kann Zeile 6–7 ebenso als Beschreibung tatsächlicher Sterbe- und Begräbnishandlungen interpretiert werden wie die Bekleidung des Toten mit einem Gewand. Gleichzeitig impliziert die Nennung des Gewandes in Verbindung mit zweiten Satzteil („damit du nicht wegschleppst“), dass es üblich war, den Toten abgesehen vom Gewand mit wertvolleren Objekten auszustaffieren. Wahrscheinlich wird demnach hiermit auf die Absenz von Schmuck angespielt, welcher in den späteren Gräbern von Nayrab relativ zahlreich vertreten war. 144

138 Bonatz 2002a, S.  13–14; ders. 2014a, S.  241–242 contra Bonatz 2000a, S.  146–147. Vgl.  Niehr 2010b, S. 44–45. 139 Contra Bonatz 2014a, S. 241. Eventuell liegt ein Flüchtigkeitsfehler vor oder geht D. Bonatz tatsächlich davon aus, dass das enklitische Personalpronomen in Z. 9 auf die Stele und nicht auf das Grab rekurriert? Abgesehen davon ist die Wiedergabe von’rṣt in KAI 226 als „grave“ und in KAI 225 als „sarcophagus“ (Bonatz 2014a, S. 242) inkonsistent. 140 Zu dieser nicht unproblematischen These von Niehr 2010b, S. 43, 51 siehe unten. 141 Dass Eunuchen besonders von dieser Problematik betroffen waren, zeigt Jes 56, 5. Siehe dazu Loretz 1989, S. 245–246. Zu den Argumenten gegen die Eunuchen-These, siehe unten. 142 Grab 10: Taubenknochen, Grab 14: 3 Taubenschädel, Grab 18: Vogelknochen, Grab 22: Vogelknochen, Grab 58: Tierknochen, Grab 64: Vogelknochen. 143 Grab 32: Bronzeschale, Grab 53: Bronzeschale, Bronzedose, Grab 67: Bronzeschale, Grab 69: Bronzekästchen. 144 Vgl. Nunn 2001, S. 437–438.

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Bezüglich des Text-Bild-Verhältnisses ist zu vermerken, dass der Inhalt der Inschrift keinen Bezug auf die Speisetischszene nimmt, 145 vielleicht mit Ausnahme des Wedelträgers, der als Nachkomme Ši’gabbars, eventuell als dessen ältester Sohn, interpretiert werden kann. Aufgrund eines fragmentarischen Briefes an Sargon II., in welchem Ši’gabbar in seiner Funktion als Priester von Nayrab genannt wird, ist er als Zeitgenosse des Verfassers Nabûpašir aus Ḫarrān zu betrachten, womit der Brief um 710 und die Stele von ca. 710 bis 700 datiert werden kann. 146 7.3.3.1.2 Vergleiche Die Inschrift stimmt inhaltlich sowie formal mit der hieroglyphenluwischen Inschrift SHEIZAR für Kupapiya, der Frau Taitas II., aus dem frühen 10. Jh. überein und weist darüber hinaus inhaltliche Anklänge an die Inschrift Nabonids aus Ḫarrān für seine Mutter Adad-guppi auf zwei Stelen aus der Mitte des 6. Jh. auf. 147 Beide Vergleichstexte betonen, dass das – als maximal anzusehende – Alter der verstorbenen Person nur aufgrund ihrer Gerechtigkeit bzw. Frömmigkeit erreicht wurde. Verglichen mit der Grab- oder Gedenk­ stele aus Šayzar entsprechen sich zudem die Angabe des Namens, der sozialen Stellung, der Herkunft, der Erwähnung des Todes bzw. der Bestattungsart, die Beschreibung von postmortalen Sterbe- und Begräbnishandlungen (Errichten einer Stele, Beweinen), der Verweis auf die zahlreiche Nachkommenschaft (Kinder der fünften bzw. Kinder / Söhne der vierten Generation) sowie der Fluchformel. Abgesehen von diesen engen Parallelen ist auffällig, dass keine der beiden Inschriften genealogische Informationen enthält. Angesichts der neuen Inschriftenfunde aus Aleppo sind diese Übereinstimmungen wohl kaum zufällig zu nennen, da Nirabu wohl ebenfalls wie Ḫalab zum Herrschaftsbereich von P/Walastina gehörte. Im Unterschied zur Adad-guppi-Inschrift fehlt KAI 226 ein umfassender biographischer Bericht, was sich vermutlich auch in der Bildauswahl der Stele aus Ḫarrān niederschlug, die Adad-guppi sehr wahrscheinlich bei der Verehrung des Mondgottes der nordsyrischen Stadt zeigt und wohl als historisierend anzusehen ist. Zudem weist auch das Bestattungsritual den Unterschied auf, dass die öffentliche Beweinungszeremonie erst nach der Beisetzung stattfand, 148 bei welcher der Leichnam Adad-guppis ebenso wie der Ši’gabbars mit einem Gewand bekleidet wurde. Entgegen dem Text Nabonids führte nicht dieser selbst, da er in Tayma weilte, sondern vermutlich dessen Erbsohn die Bestat145 Voos 1986, S. 97. 146 Parpola 1985 (ABL 1227 + CT 53, 923). Gleichzeitig geht daraus hervor, dass sich Ši’gabbar während der Abfassung des Briefes in Ḫarrān aufgehalten haben muss. 147 Hawkins 1980, S. 218–219; Bonatz 2000a, S. 140; Schaudig 2001, S. 501; Niehr 2010b, S. 48–49. Für erstere, siehe Abschnitt 8.4.2. 148 Nach einer zeitgenössischen Chronik wurden jedoch zwei Trauerfeiern für Adad-guppi durchgeführt, wobei die zweite erst ca. zwei Monate später stattfand. Daher könnte sich der Text auf diese Zeremonie beziehen. Grayson 1975, S. 107; Mofidi-Nasrabadi 1999, S. 32–33 (Chron. 7, ii, 13–15).

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tungszeremonie durch. 149 Doch während der erhaltene babylonische Text nur kostbare Edelsteine als Grabbeigaben erwähnt, scheint Ši’gabbar – falls die Inschrift Grabräuber irreführen sollte – mit metallenen Gefäßen bestattet worden zu sein. Abgesehen von der Langlebigkeitsformel sowie der auf die biographischen Umstände zurückzuführenden Bedeutung des Mondgottes lassen sich demnach erhebliche Differenzen zwischen der aramäischen und den beiden babylonischen Stelen feststellen. Interessanterweise sind die Gegenstände auf dem Speisetisch analog zu denen auf der ca. 30 Jahre älteren KTMW-Stele aus Zincirli gestaltet: Auch dort finden sich ein Behälter sowie ein Stapel mit Broten und einem Stück Geflügel darauf. Dennoch ergeben sich inhaltlich keine Anknüpfungspunkte: Die KTMW-Inschrift enthält im Gegensatz zu KAI 226 keine biographischen, anagogischen oder chronologischen Codes nach D. Bonatz. Des Weiteren kann die Stele KTMWs nicht als Grabstele im strengen Sinne bezeichnet werden, es sei denn, es läge eine sekundäre Verwendung vor. Insgesamt betrachtet muss eine primäre Abhängigkeit sowohl der Inschrift als auch der Abbildung von luwischen Traditionen konstatiert werden. Dies ist umso erstaunlicher, als dass zum Zeitpunkt der Errichtung der Stele bereits ein deutlicher assyrischbabylonischer Einfluss vorlag, der sich in den inschriftlich erwähnten Gottheiten Nikkal und Nusku ebenso niederschlug, wie in dem Namen des Priesters der zweiten Stele, Šīnzēr-ibni. 7.3.3.2

Stele des Šīn-zēr-ibni (KAI 225)

Auf der Stele des Šīn-zēr-ibni (Basalt, 92 × 36 × 13 cm inkl. Zapfen, Abb. 92) ist ein vom Betrachter aus gesehen nach rechts blickender, stehender, bartloser Mann dargestellt, der den rechten Arm mit der ausgestreckten flachen Hand erhebt und in der linken Hand ein zusammengelegtes Band oder Seil mit Fransen an jedem Ende hält. 150 Der stark abgesetzte Rahmen verläuft durchgehend und bildet im unteren Teil den Boden, auf dem die unbedeckten Füße der Figur stehen, während er im oberen Teil ähnlich wie die Kopfbedeckung gerundet ist. Das lange Gewand reicht von den Schultern bis zu den Knöcheln. Eine aramäische Inschrift ist links und rechts neben dem Kopf sowie im unteren Teil der Stele quer über das Gewand verlaufend angebracht: 1. 2.

„šnzrbn kmr šhr bnrb mt

149 Grayson 1975, S. 107; Mofidi-Nasrabadi 1999, S. 32–33 (Chron. 7, ii, 13–15). 150 Clermont-Ganneau 1897; Donner und Röllig 1964, S. 274–276; Gibson 1975, S. 93–97; Voos 1986, S. 93–97, 117–119, Kat.-Nr. 81; Bonatz 2000a, S. 17, 44, 34, 67, 98, 104, 114, 140, 146, 150, 156–157, 167, 179, 183, Anm. 1, 186, Anm. 22, 197, Anm. 191, 198, Anm. 215, 199, Anm. 237, 202, Anm. 16, Taf. IX, C 11; ders. 2014a, S. 241–242; Lipiński 2000, S. 507, 621, 623; Röllig 2004, S. 29–30; Sherrifs 2004, S. 8–10; Yun 2006; Kutter 2008, S. 315–320; Niehr 2010a, S. 254, 256–257; ders. 2010b; ders. 2014a, S. 190–192; Cathcart 2012; Blanchard in ders. 2019, S. 426, Kat.-Nr. 277.

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Nayrab / Nirabu

Abb. 92: Stele des Šīn-zēr-ibni aus Nayrab.

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Bīt Agūsi / Arpad

3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14.

wznh ṣlmh w’rṣth mn ’t thns ṣlm’ znh w ’rṣt’ mn ’šrh šhr wšmš wnkl wnšk ysḥw šmk w ’šrk mn ḥyn wmwt lḥh ykṭlwk wyh’bdw zr‘k whn tnṣr ṣlm’ w’rṣt’ z’ ’ḥrh ynṣr zy lk

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Sin-zera-ibni war Priester des Śahr in Neirab. Er ist gestorben. Und dies ist sein Bild und [seine Gebeine]. Wer immer du seiest, der du wegschleppst dieses Bild und [die Gebeine] von seinem Ort: Mögen Śahr und Šamaš und Nikkal und Nusku herausreißen deinen Namen und deinen Ort aus den Lebenden und mit einem üblen Tod mögen sie dich töten und mögen zugrunde richten deine Nachkommenschaft. Wenn du aber bewahrst das Bild und [diese Gebeine], soll auch zukünftig bewahrt sein, was dir gehört.“ 151

11. 12. 13. 14.

Im Vergleich zur Inschrift Ši’gabbars fällt zunächst auf, dass Nachkommen in keiner Form erwähnt werden. In Verbindung mit der Darstellung nur einer Figur mit relativ weichen Gesichtszügen ist daher vermutet worden, dass es sich bei Šīn-zēr-ibni um einen Eunuchen handeln könnte. 152 Der hier abgebildete Adorations- oder Segensgestus richtet sich nach H. Niehr an den Beschützer des Grabes aus Zeile 11–14. 153 Er ist von anderen Stelen des nordsyrisch-südostanatolischen Raumes her unbekannt und kann am besten mit zwei Darstellungen des mesopotamischen Raumes verglichen werden: der Stele der sit151 Niehr 2010b, S. 43. Anstelle von „sein Sarkophag“ wurde „seine Gebeine“ übersetzt. Zur Begründung, siehe oben. 152 Niehr 2010b, S. 43, 51. 153 Niehr 2010b, S. 51–52 contra Voos 1986, S. 119, der annimmt, dass dieser einer – nicht dargestellten – Gottheit gilt.

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Nayrab / Nirabu

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zend dargestellten Libbāli-šarrat aus Aššur 154 sowie der Gedenkstele Adad-ēṭirs (Granit, 38 × 27 × 12,7 cm) aus frühneubabylonischer Zeit. 155 Auf der letzteren, kudurru-artigen Stele ungeklärten Fundkontextes – K. Radner vermutet einen Tempel 156 ebenso wie P. Miglus für die Stelenreihen von Aššur 157 – stehen sich eine größere und eine kleinere Gestalt, Adadēṭir und sein ältester Sohn Marduk-balāssu-iqbir, gegenüber und erheben die Hand in gleicher Weise zueinander. 158 Da sie zudem für die Nachkommen Marduk-balāssu-iqbirs als „Gedächtnisanker“ 159 dienen sollte, sind wohl auch diese als Rezipienten des Gebets oder Segens anzusehen. Adad-ēṭir und Marduk-balāssu-iqbir wurden ebenso wie Šīn-zēr-ibni und Ši’gabbar bartlos dargestellt. Aufgrund der Tatsache, dass zudem die letzteren beiden ein Priesteramt bekleideten, sollte bezüglich Šīn-zēr-ibni trotz fehlender Hinweise in Betracht gezogen werden, dass er (Adoptiv-) Kinder besessen haben könnte, die als Adressaten der Segensgeste infrage kommen. Der Bildinhalt kann aufgrund der Bestimmung der Stele „für ewige Tage“ 160 tendenziell als eschatologisch interpretiert werden. Unabhängig von der tatsächlichen Vergleichbarkeit beider Monumente kann diese Deutung aufgrund des Gestus Šīn-zēr-ibnis auch für dessen Stele geltend gemacht werden. Abschließend sei vermerkt, dass KAI 225 als eine der wenigen Inschriften Nordsyriens und Südostanatoliens 161 und als einzige Steleninschrift eine Segensformel aufweist, was sie wiederum mit der babylonischen Stele verbindet, die gleichermaßen Fluch- und Segensformel enthält. 162 154 Andrae 1913, S. 6–8, Abb. 3–4; Bonatz 2000a, S. 63, 139–140, Abb. 40. 155 King 1912, S.  115–116, Taf. XCII (BM 90834); Radner 2005, S.  127–129. Die darauf befindliche akkadische Inschrift lautet: „Bild des Adad-ēṭir, Metzgers des Marduk, der Sîn, Šamaš und Nergal zur Ehre gereicht, Adorant des Nabû und des Marduk, Verehrer des Königs, seines Herrn – Marduk-balāssu-iqbi, sein ältester Sohn, hat (das Bild) hergestellt und für ewige Tage für seinen Samen und seinen Sproß beständig gemacht. Wer auch immer es später ist, der dieses Bild und Monument zerstört oder durch eine List verschwinden läßt, den soll Marduk, der große Herr, zornig anblicken und seinen Namen und seinen Samen verschwinden lassen; Nabû, der Schreiber des Universums, soll die Anzahl seiner langen Tage verkürzen! Der, der es (d.h., das Bild) bewahrt, soll sich an der Fülle des Lebens sättigen!“ Radner 2005, S. 128. Einzig die Darstellung des Königs auf der spätbronzezeitlichen Ba‘al au foudre-Stele aus Ugarit weist eine ähnliche Haltung sowie einen vergleichbaren – funerären und / oder memorialen – Kontext auf. Bonatz 2000a, S. 135, 199, Anm. 235; Niehr 2010b, S. 52. 156 Radner 2005, S. 128. 157 Miglus 1984; Radner 2005, S. 128. Diese Annahmen stehen im Kontrast zu der Annahme, dass sich die Stele des Šīn-zēr-ibni einst über einem Grab befand und könnten ein weiteres Indiz für die o.g. These von K. J. Cathcart darstellen, statt „Gebeine“ oder „Sarkophag“ „Relief“ zu übersetzen, falls sie sich erhärten ließen. 158 King 1912, S. 115, Anm. 3 contra Sheriffs 2004, S. 7–8, welcher die kleinere Gestalt als Vater identifizieren möchte. 159 Radner 2005, S. 129. 160 Radner 2005, S. 128. 161 Außerdem bei KARKAMIŠ A. 1a (Orthostat) und MALPINAR (Felsinschrift). 162 Segensformeln sind außerdem in mesopotamischen Grabinschriften belegt: einer „Standardgrabinschrift“ auf Tonkegeln des 12. bis 10. Jh., von der mehrere Exemplare erhalten sind sowie in den Grabinschriften des Chaldäers Šamaš-ibni aus dem 7. Jh., die sich auf zwei Tonfässchen und einer Tontafel befinden. Hecker 1988, S. 478–479; Bonatz 2000a, S. 70.

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Wie in KAI 226 fehlt auch hier eine Aufforderung zum Ahnen- oder Totenkult, was angesichts des Eunuchenverdachts und der fehlenden Speisetischszene, welche auf der Stele Ši’gabbars als „Ersatz“ interpretiert worden ist, umso augenfälliger scheint. 163 Analog zur Inschrift Adūnī-abīyas aus Tell as-Safīra, aus der hervorgeht, dass dieser eine Statue für seinen Totenkult in einem Tempel aufstellen ließ, könnte auch der Ahnen- oder Totenkult für Šīn-zēr-ibni im Tempel des Mondgottes von Nayrab institutionalisiert worden sein. Im Gegensatz zur relativ genau zu datierenden Stele Ši’gabbars ist eine chronologische Einordnung der Stele Šīn-zēr-ibnis etwas schwieriger. Die meisten Philologen datieren sie aufgrund der paläographischen Übereinstimmungen etwa zeitgleich mit der Stele Ši’gabbars, d.h. absolut an den Beginn des 7. Jh. 164 7.3.3.3

Stelenfragment mit Speisetischszene

Auf eine weitere Stele aus Nayrab bzw. deren Fragment (Kalkstein, 40 × 38 × 12  cm, Abb.  93), hat zuerst S.  Ronzevalle 1909 aufmerksam gemacht. 165 Das Fragment gelangte später ins Museum von Aleppo und wurde dort von D. Bonatz ohne Kenntnis der ursprünglichen Herkunft bzw. des Berichtes von S.  Ronzevalle dokumentiert. 166 Von der abgebildeten Speisetischszene ist lediglich die untere Hälfte erhalten, wobei sich der Tisch mit zwei Broten auf der linken Seite des Bildes befindet. Vor ihm steht ein Kind, auf dessen Kopf die Hand der sitzenden Person ruht; D. Bonatz hält sie aufgrund der Analogie zu anderen Stelen des gleichen Typs für eine Frau. 167 Ikonographische Indizien gibt es dafür jedoch nicht. Abgesehen von der Tatsache, dass die Stele Ši’gabbars einen anderen Typ der Speisetischszene, mit Wedelträger, darstellt und sorgfältiger ausgearbeitet wurde, ist die Ähnlichkeit auf den ersten Blick erkennbar: 168 Hervorzuheben sind dabei die Möbelstücke, die sich bis in kleinste Details wie dem Tischtuch, den Möbelfüßen und den Verbindungsstücken unter Tisch- und Stuhlplatten ähneln. Die Kopfbedeckung der kleineren Figur ist mit denen der beiden anderen Stelen aus Nayrab verglichen worden. 169 Auch auf der technischen Ebene zeigt sich übereinstimmend, dass der Hintergrund der Darstellung eingetieft war und der Rahmen an den Seiten schmäler und am Boden etwas stärker ausgeführt wurde. D. Bonatz datiert das Stelenfragment in die zweite Hälfte des 8. Jh. Angesichts der gesicherten Herkunft aus Nayrab sowie der Parallelen zur Ši’gabbar163 Niehr 2010b, S. 47, 49. 164 Gibson 1975, S. 94; Gropp 1997, S. 128; Yun 2006, S. 40; Niehr 2010b, S. 42: beide Stelen letztes Viertel 8. Jh., aber Šīn-zēr-ibnis Stele als die ältere. Im Gegensatz zu Naveh 1970, S. 17–18, der eine genauere Einschätzung als das 7. Jh. nicht für möglich hält. Kunsthistorisch orientierte Forscher sprechen sich für das 7. Jh. aus. Genge 1979, S. 124: beide Stelen ca. 660–620. Bonatz 2000a, S. 17, 58: 7. Jh. 165 Ronzevalle 1909. 166 Bonatz 2000a, S. 23, 44, Taf. XXII, C 67. Vgl. auch Rehm 2016, S. 100–101, B 25. 167 Bonatz 2000a, S. 43 (Stelenbildtyp 4). 168 Ronzevalle 1909, S. 789. 169 Bonatz 2000a, S. 44 (lies C 67 anstelle von C 64).

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Nayrab / Nirabu

Ab. 93: Stelenfragment aus Nayrab.

Stele sollte diese als ungefähr zeitgenössisch,  d.h.  mit einer Entstehungszeit zwischen ca. 720 und 700, betrachtet werden. 7.3.3.4 Anthropomorphe Figurinen Des Weiteren sind zwei grobe anthropomorphe Basaltfigurinen (Höhe 16 bzw. 23  cm) zu erwähnen, die vielleicht im Ahnenkult Verwendung gefunden haben könnten. 170 Die größere der beiden Statuetten stellt bis auf den angedeuteten Kopf mit überdimensionierter Nase einen rechteckigen Steinblock dar, während der Körper der kleineren Figur mit verkürztem Unterleib, Hüften und anscheinend erhobenen Armen sowie dem Kopf erkennbar gegliedert ist. Ein genauer Fundort wurde nicht angegeben. Aufgrund entsprechender Vergleiche können sie wahrscheinlich in die Mittel- oder Spätbronzezeit datiert werden, 171 wobei eine Weiter- oder Wiederverwendung in der Eisenzeit zwar nicht auszuschließen, angesichts des Fundes einer Statuette in Tell ar-Rif‘at, die in eine Mauer des 10. oder 9. Jh. verbaut war, tendenziell jedoch unwahrscheinlich ist.

170 Carrière und Barrois 1927, S. 212, Taf. LV, 122–123; Howard Carter 1970, S. 25. 171 Matthiae 1962, S. 28; Howard Carter 1970, S. 25.

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7.4

Tell as-Safīra

7.4.1

Einleitung

7.4.1.1

Grabungsgeschichte

Am ca.  23 km südöstlich der Zitadelle Aleppos gelegenen Tell as-Safīra fand bis heute mutmaßlich nur eine Ausgrabung im Anschluss an den Fund der hier zu besprechenden Statue 1928 durch C.-Léonce Brossé statt, von der lediglich in einem Reiseführer berichtet wird. Darin wird der Fund eines Höhlengrabes mit einer Treppe und 20 Skeletten sowie einer runden Stadtanlage mit regelmäßigen Türmen und einem monumentalen Tor beschrieben. Letztere wird in die Spätbronzezeit datiert. 172 Eugène Warmenbol und F. M. Fales vermuten, dass es sich bei diesem Bericht um eine Verwechslung mit C.-L. Brossés Kampagne am Tell Baydar handeln könnte, da sich Details ähneln und in den einschlägigen Publikationen dieser Zeit keine Hinweise zu dessen Kampagne am Tell as-Safīra finden lassen. 173 Andererseits verließ C.-L. Brossé kurz darauf den Antikendienst und 1930 erschienen drei aramäische Vertragsstelen aus der Mitte des 8.  Jh. (KAI 222–224) im Kunsthandel, deren Fundort angeblich nahe bei Tell as-Safīra lag. 174 Diese wiederum riefen S. Ronzevalle auf den Plan, der im selben Jahr auf Anraten der Dorfbewohner hin ca. 1,3 km nordöstlich von as-Safīra, an einem Ort namens Sūǧīn graben ließ, vielleicht mit Absicht auf eine falsche Fährte gelockt. Da er aber dort keine zeitlich korrespondierenden Schichten finden konnte, zog er erfolglos wieder ab. Demnach erscheint es plausibler, anzunehmen, dass die Stelen aus Tell as-Safīra stammen und, inspiriert durch die Arbeiten C.-L. Brossés, von Ortsansässigen ebendort gefunden wurden. 175

172 „A la suite de cette trouvaille, une prospection systématique du tell fut effectuée par M. C.-L. Brossé. Des sépultures furent rencontrées dans les couches inférieures, à côté d’un curieux caveau à escalier possédant une source et dans lequel furent trouvés 20 squelettes. Quelques mètres plus à l’E. furent découvertes, enfouies sous cinq mètres de terres détritiques, les ruines presque intactes d’une grande porte fortifiée, édifiée en blocs de lave taillés qui atteignent jusqu’à 2 m 50 de longueur. Cette œuvre d’architecture militaire est du type déjà connu par les fouilles de Zendjirli, mais de plus grandes dimensions: le couloir fermant la porte, avec 3 élargissements successifs, a 24 m de long, et la largeur du monument atteint 14 m. Cette porte est située au N. d’une enceinte de forme à peu près circulaire, formée d’un mur de briques de terres non cuites, de plus de 4 m d’épaisseur. Des tours semicirculaires font saillie sur la face extérieure de cette puissante muraille: elles sont espacées de 40 m en moyenne. C’est la première fois qu’était découvert en Syrie une ville fortifiée de ce type assyro-hittite; les ruines de Sfiré constituent en même temps le site du pays le mieux conservé du IIe millénaire avant notre ère.“ Syrie-Palestine. Les guides bleues, Paris, 1932, S. 159 zitiert nach Lemaire und Durand 1984, S. 4–5. 173 Warmenbol 1985, S. 165–166, Anm. 10; Fales in Fales und Mazzoni 2009–2011, S. 342; Fabbro 2014, S. 180. 174 Lemaire und Durand 1984, S. 5. 175 Ronzevalle 1930–1931, S. 248; Dupont-Sommer und Starcky 1960, S. 200–201; Hawkins 1980– 1983, S. 254; Lemaire und Durand 1984, S. 5; Warmenbol 1985, S. 166.

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Tell as-Safīra

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Mithilfe von CORONA- und Google Earth-Satellitenbildern hat Roswitha del Fabbro die ungefähren Umrisse der einstigen Siedlung rekonstruieren können. 176 Demnach war die Siedlung annähernd kreisrund und erstreckte sich über eine Fläche von ca. 28 ha, wobei in der östlichen Hälfte die eher ovale Oberstadt mit einer Fläche von ca. 5 ha lag. Eventuell sind auf den CORONA-Fotos – entstanden zwischen 1959 und 1972 – sogar noch die Stadtmauern erkennbar. Demzufolge würde zumindest die äußere Form der Stadt der Beschreibung C.-L. Brossés entsprechen. 7.4.1.2 Historischer Kontext Der antike Name des Hügels ist ebenso umstritten wie die Zugehörigkeit der Stadt zu Bīt Agūsi oder dem immer noch nicht sicher lokalisierten bzw. identifizierten Königreich KTK. Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass es sich um eine Stadt im Grenzgebiet zwischen den beiden Reichen handelte, eventuell auf Seiten von KTK, das sich wohl in südlicher und östlicher Richtung von Tell as-Safīra aus erstreckte. 177 Darüber hinaus ist für eine Identifizierung mit der Hauptstadt Bīt Agūsis, Arpad, plädiert worden, welche sich bislang jedoch nicht durchsetzen konnte. 178

7.4.2

Statue des Adūnī-abīya

Am oder auf dem Tell selbst  –  genauere Fundumstände sind unbekannt  –  wurde wie erwähnt im Winter 1927–1928 der fragmentarische Torso einer Statue aus Basalt (Höhe 42 cm, Abb. 94) gefunden, die sich aufgrund ihrer keilschriftlichen Inschrift als Adūnīabīya identifizieren lässt. 179 Dieser ist in stehender Haltung – Kopf und Unterleib fehlen – mit angewinkelten Oberarmen dargestellt. Während er seinen linken Unterarm etwa waagerecht hält und mit der Hand eine Faust bildet, ist der rechte Unterarm so erhoben, 176 Fabbro 2014, S. 182–184, Abb. 3–4. 177 Alt 1934 S. 237–239; Fales 1990, S. 154–157, 172–173; ders. in ders. und Mazzoni 2009, S. 344; Fuchs 2008b, S. 93, Anm. 108; Niehr 2010a, S. 207, Abb. 1, 263. Forschungsgeschichtliche Überblicke zur Lage von KTK: Fales in ders. und Mazzoni 2009, S. 342–344; Bagg 2011, S. 41–52. 178 Warmenbol 1985, S. 178–180; Dušek 2019, S. 184–188 gehen davon aus, dass eine Aufbewahrung der Vertragsstelen in der Hauptstadt Bīt Agūsis am wahrscheinlichsten ist. Dies ist jedoch nicht zwingend; außerdem könnten die Stelen auch in der Hauptstadt von KTK gelagert worden sein. Ein weiteres Argument betrifft die Grenzziehung der assyrischen Provinzen, wobei Bīt Agūsi zweigeteilt wurde. In der als Arpadda bezeichneten Hälfte lag aber vermutlich nicht das meist als Hauptstadt angesehene Tell ar-Rif‘at, falls man von einer hypothetischen Grenzziehung entlang des Quwayq ausgeht. Radner 2006–2008, S. 58. 179 Dussaud 1928; Dossin 1930; ders. 1933; Ploix de Rotrou 1932, S. 76–78, Abb. 48; Matthiae 1962, S. 31–33; ders. 2013a, S. 389, Abb. 219; Warmenbol 1985; Voos 1986, S. 60; Arnaud 1987; Dion 1997, S. 135; Bonatz 2000a, S. 177; Lipiński 2000, S. 206, Abb. auf S. 209, 213; Mazzoni in Fales und Mazzoni 2009–2011, S. 344; Fabbro 2014, S. 181; Younger 2016, S. 510–511.

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dass er in Richtung Schulter zeigt. Außerdem hält er in dieser Hand eine Schale. Bekleidet ist die Statue Adūnī-abīyas mit einem gefalteten Gewand in ägyptisierendem Stil und einem Gürtel, an dem ein großes Messer oder ein Schwert in einer Scheide befestigt ist. Was die Haltung der Statue anbetrifft, so ist sie der Interpretation von J. Voos zufolge nicht als Libationen spendend, sondern als aufnehmend aufzufassen, wonach die Statue vermutlich im Totenkult Anwendung gefunden haben dürfte. 180 Dem ist hinzuzufügen, dass sich die Hand mit der Schale nur wenig unterhalb des nicht mehr vorhandenen Halses befindet und aufgrund des dynamischen Ausdrucks der Statue, in erster Linie wegen der angewinkelten Arme, den Eindruck erweckt, die Schale Abb. 94: Statuentorso des Adūnī-abīya soeben zum Mund befördern und zum aus Tell as-Safīra. Trinken ansetzen zu wollen. In der Geste der zum Mund geführten Schale gleicht sie einem Standbild aus Taftanāz, der einzigen der dort gefundenen Statuen, die nicht in die Bronzezeit umzudatieren ist, auch wenn die Schale bei dieser nicht vom Oberkörper abgesetzt realisiert wurde. 181 Die ursprünglich als Produkt des 15. oder 14. Jh. eingestufte Statue kann auf Grundlage sprachlicher sowie ikonographischer Gesichtspunkte inzwischen als Werk des zweiten Viertels des 1. Jt. betrachtet werden. 182 Insbesondere das Gewand weist deutliche Parallelen zur phönizischen Bildkunst dieser Zeit auf, lässt sich aber auch mit dem einer Königsstatue aus Arslantepe vergleichen. 183 Darüber hinaus kann der Name des Stifters wohl als phönizisch interpretiert werden. 184 Die auf dem Rücken der Statue angebrachte Inschrift lautet:

180 Voos 1986, S. 60. Vgl. auch Arnaud 1987, welcher im Fluchteil Konnotationen von Totenopfern erkennt. 181 Voos 1986, S. 60. Vgl. Abschnitt 8.4.4. 182 Warmenbol 1985; Dion 1997, S. 135 (spätes 8. Jh.); Bonatz 2000a, S. 177; Lipiński 2000, S. 206 (750–500); Mazzoni in Fales und Mazzoni 2009–2011, S. 344; Fabbro 2014, S. 181; Younger 2016, S. 510–511 contra Matthiae 1962, S. 31–33, Taf. VI; ders. 1975, S. 479, Taf. 403 (um 1350); ders. 2013a, S. 389; Spycket 1981, S. 333–334 (zweite Hälfte des 15. oder Anfang 14. Jh.); Voos 1986, S. 60; Arnaud 1987, S. 144 (zweite Hälfte des 2. Jt.); Beck 1989, S. 326 (14. Jh.). 183 Warmenbol 1985, S. 171. 184 Dion 1997, S. 135.

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Tell as-Safīra

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

„a-na-ku a-du-ni-a-bi-ia mār Ien-na a-pi il ner-rú-bik[i] aṭ-m[an] é[(x) dingi]r-ti-šú ab-ni ṣalmi-ia pa-ni-šú ul-zi-iz ša ṣalmi-ia ú-na-qa-rù šum-šu ul-tu erṣe-ti lu-ú la-a e-li

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Moi, Adûni-abia, fils d’Enna-Api, au dieu de Nêrab, une demeure divine j’ai construit; une statue devant lui j’ai dressé. Celui qui détruirait ma statue, que son nom de la terre disparaisse.“ 185

437

Wie aus dem Text hervorgeht, ließ Adūnī-abīya für den Stadtgott von ner-rú-bi einen Tempel oder eine Cella erbauen, wobei mit diesem Vorgang auch eine Renovierung impliziert sein kann. Zusätzlich wurde vor der Statue der Gottheit die Statue Adūnī-abīyas aufgestellt. In der Forschung wird dieser Ort meist mit Nayrab und der Stadtgott mit dem Mondgott identifiziert, dessen Tempel der einzige, indirekt belegte aus Nayrab ist. Dagegen soll ner-rú-bi einer Hypothese E. Lipińskis zufolge auf *Marrube zurückgehen und in der Form mrbh (KAI 222, B, 12) vielleicht als einer von zwei Aufbewahrungsorten der Vertragsstelen neben mṣr belegt sein. 186 In diesem Kontext muss auf einen späteren Namen Tell as-Safīras aus römischer Zeit verwiesen werden, Bersera, der sich vermutlich auf *Bēr Śehr, „Brunnen des Śehr“, zurückführen und auf einen lokalen Tempel des aramäischen Mondgottes schließen lässt. 187 Demnach ist letztlich nicht auszuschließen, dass die Statue ursprünglich in Tell as-Safīra aufgestellt wurde. Ein Vorteil dieser These ist es, dass der nachträgliche Transfer der Statue von Nayrab nach Tell as-Safīra nicht begründet werden muss. Aufgrund des Namens Bersera kann darüber hinaus vermutet werden, dass es sich, egal an welchem der beiden Orte sich die Statue ursprünglich befand, bei dem Aufstellungsort mit großer Wahrscheinlichkeit um ein Śahrheiligtum handelte. 188 Darüber hinaus ist anzunehmen, dass die Statue Adūnī-abīyas, analog zu anderen Inschriften Nordsyriens und Südostanatoliens, einen Teil der an die Gottheit gerichteten Opfer durch deren Vermittlung erhielt. Da Adūnī-abīya weder für sich noch für seinen Vater einen Titel angibt, könnte auf den ersten Blick ausgeschlossen werden, dass es sich 185 Dossin 1930, S. 87–92 ergänzt durch Warmenbol 1985, S. 173–174; Lipiński 2000, S. 206, Anm. 66. 186 Lipiński 2000, S. 204–207. 187 Lipiński 2000, S. 204. 188 Ein weiteres Mondgottheiligtum in dieser Region existierte sehr wahrscheinlich auf dem Tell ‘Arāna, ca. 5 km nordwestlich von Tell as-Safīra. Kohlmeyer 1992, S. 91–94.

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438

Bīt Agūsi / Arpad

bei ihm um einen Angehörigen einer herrschenden Dynastie handelte. Andererseits weist der Bau oder die Renovierung einer Cella oder eines Tempels der Stadtgottheit auf einen nicht unbeträchtlichen Wohlstand sowie ausgeprägten politischen Einfluss hin, so dass Adūnī-abīya vermutlich der lokalen Oberschicht, wenn nicht sogar der Herrscherfamilie zuzurechnen ist.

7.5

Weitere Funde

7.5.1

‘Ayn at-Tall

‘Ayn at-Tall lag zu Beginn des 20. Jh. noch wenige Kilometer nördlich von Aleppo, wurde inzwischen jedoch von der modernen Stadt überbaut. 189 Der Ort wurde bislang im Rahmen von zwei Surveys, 1912 durch Neophytus und Paul M. Pallary sowie 1977 bis 1979 unter der Leitung von John Matthers untersucht, wobei allerdings nur Keramik aus dem Neolithikum, Chalkolithikum sowie der Frühbronzezeit festgestellt werden konnte. 190 Unabhängig davon soll unter unbekannten Umständen eine Basaltstatue (2,14 × 0,78 × 0,48  m, Abb.  95) an diesem Ort gefunden worden sein, die sich inzwischen im Museum von Aleppo befindet. 191 Das Bildnis stellt einen sitzenden, bärtigen Herrscher Abb. 95: Statue aus ‘Ayn at-Tall. auf einem Thron dar, dessen Arme angewinkelt sind. Bekleidet ist er mit einem Gewand, das ihm bis zu den Knien reicht sowie einem Gürtel, von dem eine große Quaste senkrecht herabhängt. Eine zweite, kleinere, schräg nach unten verlaufende Quaste ist am Schwert befestigt, das im Gegensatz zu den meisten anderen syro-hethitischen Darstellungen nicht am Gürtel getragen wird, sondern von einem über die rechte Schulter verlaufenden separaten Riemen gehalten wird. 192 Kopfschmuck fehlt; stattdessen trägt er zwei Halsketten mit jeweils 189 Gonnella et al. 2005, S. 11. 190 Neophytus und Pallary 1914, S. 12–17, 22–23; Mellaart 1981, Abb. 201. 191 Saouaf 1965, S. 63, Abb. 53–54; Orthmann 1971, S. 55, 287, 291, 479; Matthiae 1975, S. 482, Taf. 411; Spycket 1981, S. 405–406; Bonatz 2000a, S. 16, 31–32, 179, Taf. VII, B 13; Meyer 2011, S. 92, Abb. 4. 192 Vgl. Meyer 2011, S. 92, Abb. 3 für ähnliche Darstellungen auf den Orthostatenreliefs von KaratepeAslantaş.

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Weitere Funde

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einem Anhänger: einen kleinen kreisförmigen und darunter einen mehr als doppelt so großen halbmondförmigen. Das Besondere bzw. Einzigartige an dieser Statue ist, dass die Darstellung eines sitzenden Herrschers, deutlich hervorgehoben durch den Schemel unter seinen Füßen, 193 in der Form eines Standbildes reliefartig ausgeführt wurde, d.h. dass der Großteil der Körperpartien eine flache Ebene bildet. D. Bonatz hat versucht, diese Kombination im Rahmen seines phänomenologischen Ansatzes als Verbindung zwischen der „erhabene[n] Ruhe und [der] erdrückende[n] Macht“ 194 zu erklären, die jeweils von einem Sitz- bzw. einem Standbild ausgehe. Andererseits könnte es dafür aber auch eine rein praktische Erklärung geben, nämlich dass für ein benötigtes Sitzbild nicht genügend Platz zur Verfügung stand. Sowohl vom Stil, insbesondere der Frisur, als auch von den ikonographischen Merkmalen, abgesehen von einem fehlenden Stab in der Hand, stimmt diese Statue mit anderen Statuen u.a. aus Zincirli, Karkamiš, Ṣrīn sowie der neu gefundenen Statue aus Tell Tayınat überein, 195 so dass es sich hier wahrscheinlich ebenfalls um einen verstorbenen Herrscher handelt. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass zusätzlich zum halbmondförmigen Anhänger ein zweites, rundes Amulett die Brust des Fürsten schmückt. Wie an anderer Stelle dargelegt, handelt es sich dabei vermutlich entweder um eine Sonnenscheibe, womit beide Amulette wohl als Schutzsymbole zu deuten wären oder um eine Vollmondscheibe und somit einen Verweis auf die Opfer (-frequenz), die der Statue dargebracht werden sollten. 196 S. Mazzoni hält dagegen eine Interpretation als Stern für möglich, womit ein Verweis auf den aramäischen Mondgott Sîn aus Ḫarrān vorläge. 197 Die Datierung dieser Statue ist umstrittten: Während W. Orthmann sie als Späthethitisch II (ca. 950–850) betrachtet, P. Matthiae sie um 800 datiert, ordnet sie D. Bonatz dem 8. Jh. zu. 198

7.5.2

Elfenbeinpyxis aus Nimrūd / Kalḫu

In Nimrūd / Kalḫu wurde eine Elfenbeinpyxis (Höhe 6,7 cm, ø 9,5 cm) geborgen, die eine Inschrift auf der Unterseite trägt, welche als „l[…] [b]yt[g]š“ zu entziffern ist und daher wohl aus dem aramäischen Königreich Bīt Agūsi stammt. 199 Die Darstellung zeigt eine sitzende Person, von der jedoch nur das Gewand sowie die Füße erkennbar sind, in einer komplexen Speisetischszene. Sicher rekonstruiert werden kann der Tisch vor ihr, von wel193 In ähnlicher Weise ausgeführt wie der Schemel Zakkūrs auf dessen Stele mit der Inschrift KAI 202 aus Tell Afis. Mazzoni 1998, S. 14; Niehr 2010a, S. 294, Anm. 127; ders. 2014a, S. 168, Anm. 205. 194 Bonatz 2000a, S. 32. 195 Orthmann 1971, S. 291. 196 Vgl. Abschnitt 3.1.3.3.9. 197 Mazzoni 1998, S. 13–14. 198 Orthmann 1971, S. 479; Matthiae 1975, S. 482; Bonatz 2000a, S. 16. 199 Orthmann 1971, S. 166, 365, Anm. 2, 369, 393–394, Taf. 69a–b; Barnett 1975, S. 78–79, 161, 191, S 3, Taf. XVI–XVII, CXXXII; Puech 1978; Mitchell 1996; Wicke 2008a, S. 297, Nim. 20, Taf. 56b; Caubet 2013, S. 456, Abb. 4.

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Bīt Agūsi / Arpad

chem nur die (Löwen-) Füße erhalten sind. Ihr gegenüber sind zwei Personen abgebildet, von denen die erste ein Gefäß mit Henkel hochhält. Hinter der sitzenden Figur spielen vier Personen verschiedene Instrumente, während auf der gegenüberliegenden Seite, eventuell getrennt von der restlichen Szene, die untere Hälfte einer Figur mit langem Kleid zu erkennen ist. Über einen möglichen mortuären Charakter der Hauptszene kann nur spekuliert werden. Während paläographische Beobachtungen sowohl das 9. als auch das 8. Jh. als Entstehungsdatum der Pyxis erlauben, kann sie aufgrund ihres bildlichen Stils im 9. Jh. verortet werden. 200

7.6

Zusammenfassende Rekonstruktion

7.6.1

Sterbe- und Begräbnishandlungen der Bevölkerung

Aufgrund der wenigen Quellen für Bīt Agūsi lassen sich nur vereinzelte Sterbe- und Begräbnishandlungen rekonstruieren. Zu nennen ist das Beweinen durch die Familienangehörigen, wie auf der Stele Ši’gabbars geschildert. Anschließend scheinen die Toten mit einem Gewand bekleidet, wahrscheinlich auch mit Schmuck ausgestattet, ins Grab gelegt worden zu sein. Hervorzuheben ist, dass die Erwähnung des Mitgebens eines Gewandes und dessen potenziellen Diebstahls eher auf eine Körperbestattung Ši’gabbars hinzuweisen scheint, obwohl letztlich auch eine Kremation nicht auszuschließen ist, da das Gewand unverbrannt ins Grab gelegt worden sein könnte. Dass Verstorbene im Königreich Bīt Agūsi verbrannt wurden, lässt sich aufgrund der Funde B. Hroznýs in Tell ar-Rif‘at mutmaßen, aber momentan nicht belegen. Die Körperbestattung eines Kleinkindes aus Nayrab spricht nicht gegen die Verbreitung dieser Bestattungsform im 8. Jh., da das Alter dieses Kindes, zwei bis drei, mit dem unverbrannter Kleinkinder in den Kremationsnekropolen von Ḥamat übereinstimmt. Die einzige gesicherte Kremation dieses Gebietes ist aus späterer Zeit: Eine zweihenklige Urne mit einer Brandbestattung vom Abhang des Tell in Nayrab ist in die persische Zeit oder jünger zu datieren. 201 Da die Behauptung der Inschrift Ši’gabbars, es seien ihm weder Silber- noch Bronzegefäße mitgegeben worden, im Gegensatz zum – späteren – archäologischen Befund steht, kann vermutet werden, dass dies zum einen üblich war und zum anderen, dass diese Ši’gabbar als Angehörigem der Elite mit ins Grab gegeben wurden. In Übereinstimmung mit der Darstellung auf Ši’gabbars Stele fanden sich ebenfalls in späteren Gräbern auch Vögel bzw. deren Knochen. Ob sie eine eigenständige Rolle während der Begräbnisriten spielten oder ob sie lediglich zum Gebrauch in der postmortalen Existenz im Grab deponiert wurden, ist nicht zu entscheiden. Da sie häufig auf Grabstelen abgebildet wurden, deren Errichtung ein weiteres Begräbnisritual darstellt, scheint ihre Funktion tendenziell 200 Mitchell 1996; Wicke 2008a, S. 297. 201 Abel und Barrois 1928, S. 188, Taf. LIV, h; Lehmann 1996, S. 187.

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Zusammenfassende Rekonstruktion

441

darin gelegen zu haben, die Reise ins Jenseits erfolgreich zu bestreiten und / oder die Versorgung im Jenseits sicherzustellen. Als prämortale Begräbnishandlung kann die Anfertigung einer Statue für den Totenkult durch Adūnī-abīya angesehen werden.

7.6.2

Totenkult

7.6.2.1

Totenkult der Bevölkerung

Die Statue Adūnī-abīyas stellt einen Beleg für den Totenkult in der Zeit nach etwa 750 dar. Dazu ließ dieser eine Cella oder einen Tempel der Stadtgottheit errichten oder renovieren und zusätzlich seine eigene Statue in Gegenwart dieser aufstellen. Ausgehend von der Ikonographie der Statue kann davon ausgegangen werden, dass zu den geplanten posthumen Opfern zumindest Libationen zählten. Dem Text zufolge scheint es sich bei dieser Gottheit um den aramäischen Mondgott Śahr gehandelt zu haben, was ein weiteres Indiz für eine Verbindung zwischen Mondgott und postmortalem Kult in der aramäischen Tradition darstellen könnte. 202 Erstaunlicherweise findet sich in der Inschrift Šīn-zēr-ibnis kein Hinweis auf eine Regelung bezüglich seines Totenkultes. Dabei wäre eine solche aufgrund seines vermutlichen Eunuchenstatus eher zu erwarten gewesen als bei Ši’gabbar, insbesondere da auf der Stele keine Speisetischszene dargestellt war, die als Substitut für tatsächliche Opfer hätte fungieren können. 7.6.2.2 Königlicher Totenkult Ein königlicher Totenkult ist bislang nur im Wettergotttempel von Ḫalab nachzuweisen, und auch dort nur für den König von P/Walastina, Taita I. Da dieser Tempel jedoch um 900 zerstört und an anderer Stelle wiederaufgebaut wurde, Bīt Agūsi jedoch erst ab ca.  870 im Entstehen begriffen war, liegt es im Bereich des Möglichen, dass sich auch aramäische Könige im dortigen Heiligtum verehren ließen. Als Indiz für die kultische Verehrung der aramäischen Könige kann die Statue aus ‘Ayn at-Tall gewertet werden, die einen unbekannten Herrscher des 9. oder 8. Jh. zeigt, wobei der genaue Rang des Dargestellten, König oder lokaler Herrscher, nicht ermittelbar ist. In einem engen Zusammenhang mit dem Totenkult für Taita stand der Kult des Wettergottes von Ḫalab, dessen Abbild zusammen mit dem des Königs den Fokus der früheisenzeitlichen Anlage bildete. Besucher des Tempels wurden laut der beigefügten 202 Vgl. dazu nicht nur das Mondamulett der Doppelsitzstatue aus dem „Kultraum“ von Tell Ḥalaf, sondern auch die mögliche Bedeutung der Stelen am Tor von at-Tall / Betsaida im Ahnen- oder Totenkult. Bernett und Keel 1998, S. 93–94; Niehr 2014a, S. 198.

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Bīt Agūsi / Arpad

Inschrift dazu angehalten, Tarḫunza bzw. den verstorbenen Herrscher je nach ökonomischer Stellung mit Nahrung zu versorgen und ihm entweder ein Rind und ein Schaf, ein Schaf oder Brot und Libationen zu entrichten. Die bildliche Ausgestaltung des Tempels lässt im Lichte verschiedener zeitgenössischer Texte kaum einen Zweifel daran, dass Taita dieses Mahl zusammen mit Tarḫunza im Jenseits entgegennahm. Während der Totenkult für Taita zusammen mit dem Wettergott erfolgte, rekurriert das Symbol auf der Statue von ‘Ayn at-Tall auf den Mond(gott).

7.7

Interpretation

7.7.1

Religionssomatologische Interpretation

Unabhängig von der Übersetzung von ’rṣt als „Gebeine“ oder „Sarkophag“ in den Inschriften aus Nayrab zeigt sich, dass sich die beiden Śahr-Priester Ši’gabbar und Šīn-zēribni gleichermaßen um ihre sterblichen Überreste sorgten. Im Gegensatz zum Familienvater mit Nachkommen in vierter Generation war für den vermutlichen Eunuchen Šīn-zēr-ibni die Weiterexistenz der eigenen Stele jedoch von elementarer Bedeutung, während sie im Fluchteil der Inschrift Ši’gabbars erstaunlicherweise gar nicht mehr erwähnt wird. Erstaunlich deshalb, weil die Stele als Sitz des Totengeistes genauso viel Fürsorge verdienen sollte wie das Grab. Für Adūnī-abīya hingegen genoss allein der Schutz seiner Statue im Śahrtempel Priorität, wobei dessen Grab durch weitere Fluch- oder Segensformeln beschützt worden sein mag. Deshalb lässt sich vermuten, dass die Ungestörtheit der sterblichen Überreste neben einer Stele oder Statue einen wesentlichen Aspekt der postmortalen Existenz in Bīt Agūsi bildete und vermutlich für die Beopferung des Totengeistes notwendig war. Sowohl für Taita  I. als auch für Adūnī-abīya kann eine postmortale Versorgung in einem Tempel als wahrscheinlich bzw. gesichert gelten, die zumindest bei letzterem gegenüber einer Statue durchgeführt wurde. Leider geht aus der Inschrift nicht hervor, ob Adūnī-abīyas Totengeist in der Statue verortet wurde oder nicht. Bezüglich Taita ist zwar von einem mit der „Seele“ verknüpften Ritual die Rede, deren Natur oder Aufenthaltsort bis auf weiteres jedoch unklar bleibt. Da im gleichen Zusammenhang auf die „Seele“ des Wettergottes Bezug genommen wird, ist es immerhin vorstellbar, dass sich auch Taitas „Seele“ zumindest zeitweilig im Tempel befand. Dass es sich dabei um eine Statue gehandelt haben könnte, legt u.a. eine Inschrift an der Außenmauer des Wettergotttempels in Karkamiš nahe, in der vergleichbare Opfer für eine Statue Suhis II. dargebracht wurden.

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Interpretation

7.7.2

443

Religionssoziologische Interpretation

In religionssoziologischer Hinsicht lassen sich in Bīt Agūsi folgende Tendenzen feststellen. Zum einen differenziert die Inschrift Taitas bei den Besuchern des Aleppiner Tempels zwischen Königen, Prinzen und Vasallenkönigen sowie dem „niederen Mann“. Daraus ergibt sich zunächst, dass Frauen vom Totenkult für diesen Herrscher ausgeschlossen waren, was eine Parallele zu KARKAMIŠ A. 1a sowie zur KTMW-Inschrift darstellt, in denen ebenfalls nur Männer für den Totenkult infrage kamen. 203 Die sozioökonomische Differenzierung ist in ALEPPO 6 im Vergleich zu KARKAMIŠ A. 1a größer, was vermutlich darauf zurückgeführt werden kann, dass es sich bei Suhi II. offiziell um einen sog. „Landesfürsten“ handelte, während Taita I. einen Königstitel trug. Dies legt gleichzeitig den Verdacht nahe, dass Totenkultopfer nur von gleich- oder niederrangigen Personen gefordert werden konnten. Im Gegensatz zu Suhi II., dessen Statue wohl außerhalb des Wettergotttempels auf einem öffentlichen Platz im Stadtzentrum stand, war der Anblick des Orthostaten – oder auch einer Statue? – Taitas I. ausschließlich denjenigen vorbehalten, die das Innere des Tempels betraten. Demnach kann der Totenkult für Taita I. ebenso wie der des Adūnī-abīya zwar grundsätzlich als öffentlich betrachtet werden, dennoch sind beide noch weit entfernt von der – theoretisch möglichen – Reichweite des Totenkultes in Karkamiš. Andererseits genoss der Wettergotttempel von Ḫalab eine enorme Strahlkraft, vermutlich im Sinne eines überregionalen Pilgerzentrums, so dass mit einem konstant hohen Besucheraufkommen gerechnet werden muss. Für das Begräbnis von Ši’gabbar waren offenbar seine männlichen Nachkommen verantwortlich. Ob sich dies tatsächlich allein auf die inschriftlich genannten Ururenkel bezog, ist fraglich, aber nicht unvorstellbar, da auch Kupapiya sich von ihren Kindern bestatten ließ, alle anderen Generationen sich dagegen um die Stele kümmerten (SHEIZAR). 204 Da auch andere luwische Inschriften Kinder anstelle von Söhnen im Zusammenhang mit den Bestattungszeremonien erwähnen (TİLSEVET, KULULU 2–3), in KAI 215 dagegen nur Bar-Rākib auftritt, könnte dies eventuell mit einer regional oder kulturell davon zu unterscheidenden syrischen oder aramäischen Tradition begründet werden. 205

7.7.3

Religionsökonomische Interpretation

Die Einrichtung eines Totenkultes für Taita I. im Wettergotttempel von Ḫalab kann religionsökonomisch betrachtet als eine win-win-Situation für die beiden daran beteiligten Parteien angesehen werden. Während sich Taita I. der mehr oder minder regelmäßigen Opfer der Besucher bis zur Zerstörung des Tempels ca. 900 versicherte, erschlossen sich 203 Dass Frauen im Ahnenkult dagegen eine wichtige Rolle einnehmen konnten, zeigen u.a. die Stelen Nabonids aus Ḫarrān, die allerdings erst ca. 500 Jahre später entstanden. 204 Siehe Abschnitt 8.4.2. 205 Allerdings scheint die quantitative Basis für eine solche These noch nicht tragfähig genug zu sein.

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444

Bīt Agūsi / Arpad

dem Tempel dadurch neue Einkommensquellen zusätzlich zu den Gaben für Tarḫunza. Zudem dürfte Taita I. auch durch die Vermittlung des Wettergottes indirekt an den täglichen Opfern für diesen beteiligt gewesen sein, ebenso wie bei Adūnī-abīya. Im Fall des letzteren scheint es dagegen oberflächlich betrachtet bei der einmaligen Errichtung oder Renovierung des Tempels geblieben zu sein. Wenn es sich allerdings um einen Neubau oder eine Erweiterung gehandelt haben sollte, ist davon auszugehen, dass die für die Versorgung des Tempels benötigten Mittel ebenfalls von Adūnī-abīya bestritten wurden, 206 die letztlich ihm selbst teilweise wieder zugute gekommen wären, was demnach mit den ugaritischen und sam’alischen Verhältnissen, wie sie in KTU 6.13 und 6.14 207 bzw. der KTMW-Inschrift dokumentiert sind, verglichen werden könnte. Aus dieser Perspektive wäre es interessant zu erfahren, ob die Initiative bezüglich der in ALEPPO 6 genannten Opfer von der Priesterschaft oder Taita I. ausging. Da bei memorialen Inschriften meist entweder der Autor sich selbst als Baumeister oder zumindest Auftraggeber rühmte oder die stiftende Person im Text genannt wurde, könnte ein Indiz dafür sein, dass der Tempel in diesem Fall einen aktiveren Part übernahm. Was die Opfermenge anbetrifft, die von Königssöhnen, Landes- und Flusslandsfürsten eingefordert wird, ein Schaf, fällt auf, dass dies exakt dem entspricht, was Vasallenkönige des 8. Jh. für ihren Totenkult selbst in Anspruch nehmen, wie es bspw. in KARKAMIŠ A.  1a, PALANGA, MALPINAR und eventuell auch in der KTMWInschrift dokumentiert ist, der vermutlich ebenfalls ein Vasall Panamuwas II. war. Ein ähnlicher Zusammenhang besteht eventuell zwischen dem zu leistenden Opfer eines Königs und den hethitischen Königslisten oder, leicht davon abweichend, den Opfern, die Katuwa für die Statue des Atrisuha einforderte.

206 Vgl. Sallaberger und Huber Vulliet 2003–2005, S. 625. 207 Nach der Interpretation von Niehr 2012, S. 154.

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8. Ḥamat

8.1

Ḥamā / Ḥamat

8.1.1

Einleitung

8.1.1.1

Grabungsgeschichte

Auf dem 46 m hoch aufragenden Zitadellenhügel im Herzen der modernen Stadt Ḥamā (Abb. 96) wurden 1931 bis 1938 großflächige Ausgrabungen von einer dänischen Expedition unter der Leitung von Harald Ingholt durchgeführt (Abb. 97). 1 Die dabei freigelegten Schichten reichen von der Schicht M aus dem 5. Jt. bis zur Schicht A der islamischen Zeit, die mit der timuridischen Eroberung 1401 endete und bestehen demzufolge aus 13 Schichten bzw. 42 Phasen. Da die Stadt anschließend nicht aufgegeben, sondern südlich des Tell verlagert wurde, ist Ḥamā eine der am längsten kontinuierlich besiedelten Städte Südwestasiens. Allerdings war sie zwischen der neuassyrischen und der hellenistischen Zeit möglicherweise nicht oder nur spärlich besiedelt. 2 Zum Vorschein kamen u.a. eisenzeitliche Befestigungen inklusive eines Tores, Bâtiment 1, sowie mehrere große bis monumentale Gebäude, Bâtiments 2–5, deren Funktion umstritten ist. Der Tell war während der Eisenzeit vermutlich etwas runder geformt als heute und dürfte 650 m Durchmesser nicht überschritten haben, was eine etwas geringere Größe als Sam’al nahelegt. 3 Es ist vermutet worden, dass sich südlich der Stadtmauern ebenfalls Häuser befunden haben könnten. 4 U.a. deshalb wurden 30 Schnitte und 19 Sondagen außerhalb der Zitadelle angelegt, die jedoch keine Belege dafür erbrachten. Diese konzentrierten sich vor allem auf die Gebiete südlich und westlich des Tell, ohne das gegenüberliegende Ufer des Orontes einzubeziehen, an dessen Verlauf sich die Ausrichtung des Tell orientiert: Seine nördliche und östliche Flanke ist vom gekrümmten Flußlauf geschützt. Dabei wurden an drei verschiedenen Punkten eisenzeitliche Gräber (Schicht F und E) lokalisiert: im Gebiet des Sūq al-Ḫamīs, südöstlich davon in Sondage 12 und im Sūq aš-Šaǧara. 5 Die Gesamtzahl der 1 U.a. Riis 1948; ders. und Buhl 1990; Fugmann 1958. 2 Diese Einteilung beruht auf Ingholt 1940. Zusätzlich muss mit einer Schicht E/D gerechnet werden, die die neuassyrische, neubabylonische und achämenidische Zeit umfasst und in mindestens vier Sektoren festgestellt werden konnte. Riis 1990a, S. 18. 3 Riis 1990a, S. 9. Zum Zeitpunkt der Ausgrabungen war er 336 m lang und 215 m breit. 4 Fugmann 1958, S. 265. 5 Riis 1948, S. 1–26; Fugmann 1958, S. 1–11.

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446

Ḥamat

Abb. 96: Ḥamat und Umgebung.

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Ḥamā / Ḥamat

447

Abb. 97: Grabungen in Ḥamā.

Gräber, 1674, übersteigt jedes andere bisher entdeckte eisenzeitliche Gräberfeld Nordsyriens und Südostanatoliens mindestens um den Faktor 11 und stellt somit die quantitativ bedeutendste Quelle zum Umgang mit den Toten in Nordsyrien und Südostanatolien dar. 8.1.1.2 Historischer Kontext Die Ausgrabungen auf dem Tell von Ḥamā haben gezeigt, dass dieser seit dem 5. Jt. besiedelt war. Inschriftlich erwähnt wird Ḥamat möglicherweise während der Mitte des 3. Jt. in den Archiven von Ebla, in den Ächtungstexten des frühen 2. Jt. sowie in einer geographischen Liste Thutmosis III., 6 danach allerdings erst wieder im 1. Jt., was auf eine eher untergeordnete Rolle der Stadt während des 2. Jt. hindeutet und angesichts der Nähe zu Qaṭna nicht überrascht. Zu erwähnen ist außerdem, dass der hieroglyphenluwische Name der Stadt, Imadu, nicht auf den aramäischen Namen Ḥamat zurückgehen kann. 7 6 Hawkins 2000, S.  399–400; Lipiński 2000, S.  249–250; Younger 2016, S.  425–427. Starke 2019, S. 616 geht nur von einer Erwähnung in den Ebla-Texten aus. 7 Starke 2019, S. 615–616.

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448

Ḥamat

Archäologisch lässt sich konstatieren, dass die Schicht J 5 ebenso wie Ebla im 23. Jh. zerstört wurde und die Stadt einen schleichenden Niedergang in den folgenden Epochen der Bronzezeit erlebte. 8 Die Mittelbronzezeit (Schicht H) ist durch die Errichtung von runden favissae 9 innerhalb und Kammergräbern außerhalb der Stadt gekennzeichnet, von denen vier bis in die Spätbronzezeit I (Periode G 2) und zwei bis in die Spätbronzezeit II (Periode G  1) benutzt wurden. Eine weitere Zerstörungsschicht zum Ende der Mittelbronzezeit zog jedoch keine Veränderungen in der materiellen Kultur nach sich. Im Gegensatz dazu steht der Übergang zur frühen Eisenzeit (Schicht F 2), welche Kremationsgräber, Eisen als Werkstoff, Fibeln als Teil der Bekleidung sowie einen neuen Keramikstil, dessen Vorbilder aus Griechenland und Zypern stammen, aber keine sichtbare Zerstörung mit sich brachte. 10 Anzeichen von Gewalteinwirkung fanden sich dagegen am Ende der Schicht F 2, was je nach chronologischem Ansatz in die Zeit zwischen ca. 1075 / 1050 und ca. 950 fällt. 11 Was die Frage nach dem Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit anbetrifft, so ist P. J. Riis von seiner ursprünglich geäußerten These einer direkten Kontrolle Ḥamats durch die „Seevölker“ abgerückt und reduziert den ägäischen Einfluss inzwischen auf eine indirekte Verbindung durch zypriotische Händler. 12 Generell positionieren sich Forscher in der Frage nach der Art der zweifellos existierenden Kontakte zwischen Nordsyrien und Zypern sowie dem Ägäisraum derzeit entweder als Befürworter von intensiven Handels- und Kulturkontakten, insbesondere mit Zypern und den ägäischen Inseln, 13 während andere weiterhin ein Migrationsmodell bevorzugen. 14 Als Variante des Migrationsmodells kann die These, dass die „Seevölker“ temporäre militärische Stützpunkte in den von ihnen zerstörten Küstenstädten unterhielten, gelten, 15 was jedoch kaum auf die in Ḥamā vorgefundenen archäologischen Hinterlassenschaften zuzutreffen scheint. Was die nachfolgende frühe Eisenzeit anbetrifft, ist die Rekonstruktion der politischen Geschichte Nordsyriens und Ḥamats durch einige neue hieroglyphenluwische Inschriften bereichert worden. Diese implizieren die Existenz eines Königreiches namens P/Walastina unter Taita I., das im 11. Jh. wohl mindestens das spätere Pattina / Unqi mit der Hauptstadt Tell Tayınat / Kunulua sowie zumindest Teile des späteren Bīt Agūsi / Arpad umfasste und spätestens zu Beginn des 10. Jh. unter Taita II. bis nach Ḥamat reichte bzw. dieses wohl ebenfalls kontrollierte. 16 Taita II. ist versuchsweise mit Davids Allianz-

8 9 10 11 12 13 14 15

Buhl 1992, S. 34. Thuesen 2000. Die Ausgräber haben sie als Getreidesilos interpretiert. Buhl 1992, S. 34. Ausführlich zur Herkunft der Fibeln Pedde 2000, S. 54–55, 100–102. Siehe Abschnitt 8.1.3.2.1. Riis 1948. Ders. 1973, S. 205 nennt außerdem – fragwürdige – südpalästinische Siedler. Bspw. Lehmann 2008, S. 516–517; Faivre 2013, S. 345. Bspw. Singer 2012. Vgl. Janeway 2006–2007, S. 140–141 für Tell Tayınat und Umgebung. So die These von Jung 2007, S. 565–567, Anm. 92; ders. 2011, S. 129–130 für das ca. 85 km südöstlich von Ḥamā gelegene Tell Kazal. 16 Hawkins 2011, S. 53; Dinçol et al. 2015, S. 61–63; Younger 2016, S. 123–135; Welton et al. 2019, S. 294–295. Sass 2010a; ders. 2010b geht nur von einem Vertreter dieses Namens aus und datiert ihn in die zweite Hälfte des 10. Jh.

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Ḥamā / Ḥamat

449

partner, To‘i von Ḥamat, eventuell ein hurritischer Name, identifiziert worden, 17 wobei ein direkter Kontakt zwischen beiden Königreichen aufgrund der Distanz sowie der geringen Ausdehnung des davidischen Reiches im 10. Jh. unwahrscheinlich ist. 18 Die neue Lesung P/Wal(a)stin(a/i) 19 anstelle des ursprünglich gelesenen P/Wadas(a)tini hat Assoziationen zu den Philistern des Alten Testamentes, Pelištīm, bzw. den P-w2-r'-śꜢ-tỉ aus den Inschriften Ramses III. aus Medinet Habu evoziert. 20 Allerdings bereitet die Endung -in Probleme, da sie in Texten in den letztgenannten Sprachen fehlt. 21 In diesem Zusammenhang ist das früheisenzeitliche Tell Tayınat aufgrund des ägäisch beeinflussten Materials häufig als eine mehr oder minder vollständig durch Neuankömmlinge geprägte Siedlung betrachtet worden, obwohl den neuen Ausgrabungsergebnissen zufolge die lokalen Elemente der materiellen Kultur, nicht zuletzt auf dem Gebiet der meist als konservativ gedeuteten Kochwaren, überwogen. 22 Andere gehen von einer Herkunft der Philister und anderer „Seevölker“ im heutigen Albanien bzw. im adriatischen Raum aus 23 und verweisen diesbezüglich u.a. auf italisch beeinflusste, aber lokal hergestellte Keramik wie in Tell Kazal und in Tell ‘Arqa. 24 Historisch belastbarer Boden wird erst mit einer späteren Dynastie betreten, die sich ebenfalls des Luwischen als Sprache ihrer Inschriften bediente und von Ḥamat aus das gleichnamige und im Vergleich zu P/Walastina sehr viel kleinere Königreich während des 9. Jh. regierte. Der erste Vertreter mit dem luwischen Namen Parita ist bislang nur in den Inschriften seines Sohnes Urḫilina erwähnt und muss vor 853 datiert werden. Urḫilina, möglicherweise ein hurritischer Name, 25 kontrollierte 853 bereits das nördlich gelegene 17 Steitler 2010. Sowohl To‘i / ‫( ּוע ֹת‬2Sam 8, 9–10; 1Chr 18, 9–10) als auch Taita wären demnach abgeleitet von hurr. taḫḫe = „Mann“. Knudtzon 1915, S. 1103; Hawkins 2000, S. 400; Collins 2007, S. 198, Anm. 4; Steitler 2010; Singer 2012, S. 468, Anm. 77; Younger 2016, S. 146. Strenggenommen müsste To‘i jedoch direkt von Taita abgeleitet worden sein und nicht von hurr. taḫḫe. Die Ableitung des Namens Taita von hurr. taḫḫe ist nach Ansicht von Simon 2014, S. 725 nicht im Rahmen des Möglichen. Lipiński 2000, S. 339–340; ders. 2006, S. 212 geht von einem zweiten Ḥamat (Tell alḤamma) im Jordantal und demzufolge von einem semitischen Namen aus. 18 Niehr 2019, S. 378. Dementsprechend wäre der Bezug auf eine andere Stadt dieses Namens, Tell al-Ḥamma im Jordantal, nach E. Lipiński vermutlich plausibler. Lipiński 2000, S. 339–340; ders. 2006, S. 212. 19 Weeden 2015; Starke 2019, S. 622–631: P/Walastina. 20 Hawkins 2011, S. 52; Starke 2019, S. 626–630. 21 Younger 2016, S. 129–131, 134; vgl. Starke 2019, S. 629–630. 22 Welton et al. 2019, S. 325–326 contra bspw. Singer 2012, S. 466–468; Younger 2016, S. 131–132. 23 Starke 2019, S. 623–624 mit weiterer Literatur. 24 Jung und Mehofer 2005–2006, S. 135; Strobel 2011; Jung 2012; ders. 2017. 25 Es wurde bislang in der Forschung angenommen, dass es sich bei Urḫilina um einen hurritischen Namen handelt. Liverani 1962, S.  68; Hawkins 1976–1980a; ders. 2000, S.  400; Younger 2016, S. 146. Yakubovich 2010b, S. 396, Anm. 9 liest den Namen dagegen als Uraḫilina und tritt für eine luwische Etymologie im Sinne von „(ein) großes Tor (habend)“ ein. Da keine anderweitigen Belege für den Gebrauch des Hurritischen in dieser Zeit vorliegen und sowohl der Vater als auch der Sohn Urḫilinas luwische Namen trugen, böte diese Lesung Vorteile. Younger 2016, S.  146, Anm. 111 verweist jedoch auf die konsequente assyrische Schreibung ohne a sowie die konsequente Differenzierung in der hieroglyphenluwischen Schreibweise von Urḫilina und Uratami.

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Ḥamat

Land Lu‘aš mit dessen Hauptstadt Ḫaḏarik (assyr. Ḫattarika), dem heutigen Tell Afis, 26 und teilte sich in jenem Jahr die Führung der antiassyrischen Koalition, die Salmanassar III. bei Qarqar mindestens ein Unentschieden abringen konnte, mit Hadadezer von Damaskus. Denn da er bzw. Ḥamat bis zum Jahr 845 das Ziel mehrerer assyrischer Kampagnen blieb, kann die entsprechende Siegesbotschaft der assyrischen Propaganda zugeschrieben werden. Diese scheinen dem Herrscherhaus zunächst wenig geschadet zu haben, da Uratami – sicher ein luwischer Name – seinem Vater auf dem Thron nachfolgte. Es ist aufgrund der Inschrift auf einem Beutestück aus Unqi vermutet worden, dass Hazael von Damaskus zuvor das dazwischen liegende Ḥamat erobert haben muss, etwa in den 820er Jahren. 27 Aus dieser Perspektive hätte die Usurpation des Aramäers Zakkūr wohl erst nach dem Tod Hazaels 803 und nicht, wie meist angenommen, 807 stattgefunden. 28 Fest steht, dass spätestens um ca. 800 die luwische Königslinie endete. In seiner Inschrift (KAI 202) bezeichnete sich Zakkūr als König von Ḥamat und Lu‘aš und erhob Ḫaḏarik anstelle von Ḥamat zu seinem Regierungssitz, wo er eventuell 796 von einem Bündnis mehrerer nördlicher Königreiche belagert und durch „göttlichen Beistand“, aller Wahrscheinlichkeit nach in Gestalt der assyrischen Armee, gerettet wurde. 29 Mehr als ein halbes Jahrhundert später annektierte Tiglatpileser III. 738 neben Pattina / Unqi die nördlichen Teile Ḥamats, die sich unter einem ‘Azriyau erhoben hatten. Umstritten ist, ob es sich dabei um einen jahwistischen Namen sowie bei ihm um einen lokalen Herrscher oder den König von Ḥamat selbst handelte. 30 Als solcher ist dagegen Eni-ilu sicher belegt, der im gleichen Jahr sowie 732 Tribut entrichtete. Das vorerst letzte historische Schlaglicht fiel nicht direkt auf Ḥamat, sondern auf dessen König Yau-bi’di, – dieses Mal sicher ein jahwistischer Name, da manchmal Ilu-bi’di geschrieben –, welcher im Verbund mit mehreren anderen Provinzen, darunter Arpad, Damaskus und Samaria, die assyrische Oberherrschaft abzuschütteln suchte. Dieser Versuch endete 720 mit der Niederlage gegen Sargon II. in der zweiten Schlacht von Qarqar und der anschließenden Häutung Yau-bi’dis. 31 Die Forschung geht seit Ejnar Fugmann nahezu einhellig davon aus, dass die Zerstörungsspuren am Ende der Schicht E 1 mit dieser Kampagne in Verbindung zu bringen sind, sprich: dass Ḥamat im Anschluss daran erobert und zerstört wurde. 32 Gegen diese These hat A. Fuchs eingewendet, dass Ḥamat 26 Hawkins 2000, S. 399; Lipiński 2000, S. 258; Younger 2016, S. 448 (RIMA 3, A.0.102.2, Z. 86b– 88a). 27 Younger 2016, S. 475–476, 627–630. Etwas zurückhaltender: Niehr 2011, S. 349–351 („militärisch operiert“). 28 Younger 2016, S. 475–476, 627–630. Kahn 2007, S. 81–82 zieht aus den Vertragsstelen aus Tell asSafīra den Schluss, dass Bīt ṢLL das aramäische Königshaus von Ḥamat bezeichnete und daher ṢLL ein bereits inthronisierter Vorfahre Zakkūrs sein muss, während die Mehrzahl der Forscher davon ausgeht, dass Bīt ṢLL die Bezeichnung des Herrscherhauses von KTK sei. 29 Hawkins 2000, S. 400–401. 30 Hawkins 2000, S. 401; Younger 2016, S. 492–495 (unentschieden); Lipiński 2000, S. 314–315 (König); Bagg 2011, S. 215–216 (lokaler Herrscher). 31 Lipiński 2000, S. 316–318; Bagg 2011, S. 227–236; Frahm 2013, S. 49–51. 32 Fugmann 1958, S. 277; Lipiński 2000, S. 317, Anm. 449.

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Ḥamā / Ḥamat

schon in den Jahren zuvor (728–722) durch die Assyrer erobert worden sein muss und während des Aufstands keine Rolle mehr spielte, da nur noch das Land und nicht mehr die Stadt in den späteren Aufzeichnungen erwähnt würde. 33 Fest steht, dass Ḥamat auch im Anschluss an die Eroberung zunächst bewohnt blieb, wie archäologische und schriftliche Quellen bezeugen. 34 Nach dem üblichen Schema der assyrischen Eroberungspolitik wurden Teile der einheimischen Bevölkerung deportiert und durch Siedler aus anderen Reichsteilen ersetzt. 35 Ḥamat wurde Teil der assyrischen Provinz Manṣuāte, benannt nach einer vermutlich 38 km westlich gelegenen Stadt, 36 die 680 den Eponymen stellte. 75 Jahre später wurde das aus Karkamiš vertriebene ägyptische Heer durch Nebukadnezar II. in der Nähe von Ḥamat vernichtet. 37 Danach betrat der Ort erst mit der Umbenennung durch Antiochos IV. in Epiphaneia – dessen Beiname – wieder die Bühne der Historie. Zugleich dokumentieren umfangreiche archäologische Spuren eine Besiedlung im 2. Jh. v. Chr. 38 Für die dazwischen liegenden Jahrhunderte, provisorisch als Schicht E/D bezeichnet, existieren jedoch ebenfalls Spuren in mindestens vier Sektoren. 39 Tabelle 11: Die Herrscher von Ḥamat. 40 Herrscher

Regierungszeit

Taita II.

frühes 10. Jh.

To‘i

frühes 10. Jh.

Parita Urḫilina Uratami

ca. 900–ca. 870 ca. 870–ca. 840 ca. 840–807

Zakkūr

807–ca. 780

?

ca. 780–ca. 750

‘Azriyau (?)

ca. 750–738

33 Fuchs 2008a, S. 65, Anm. 74; ders. 2014, S. 249–250. Nach Hawkins 2000, S. 399 sind jedoch alle Verweise auf Ḥamat als Stadt fragwürdig. Siehe auch Hawkins 2000, S.  401, Anm. 58, in der er erwägt, ob nicht Manṣuāte der Name der Stadt gewesen sein könnte, das als Sitz des Provinzgouverneurs im Jahr 680 bezeugt ist. 34 Fugmann 1958, S. 263–264, 269; Buhl 1992, S. 35; Dornemann 1997, S. 468; Lipiński 2000, S. 317; Pedde 2000, S. 55; Younger 2016, S. 499. 35 Hawkins 2000, S. 401; Lipiński 2000, S. 317. 36 Lipiński 2000, S. 317; Radner 2006–2008, S. 61. 37 Redford 1992, S. 453–454 (BM 21946). 38 Fugmann 1958, S. 269. 39 Riis 1990a, S. 18. 40 Nach Lipiński 2000, S. 318; Younger 2016, S. 497, Tab. 7.3.

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Ḥamat Herrscher

Regierungszeit

Eni-ilu

738–ca. 730

Yau- / Ilu-bi’di

ca. 730–720

8.1.1.3

Wirtschaft und Gesellschaft

Obwohl die materielle Kultur Ḥamās zu Beginn der Eisenzeit gewissen Veränderungen unterworfen war, ist bis heute umstritten, inwieweit diese auf Bevölkerungsverschiebungen, und falls ja, aus welchen Gebieten und in welchem Umfang, zurückgeführt werden können. Die Existenz von Kremationsgräbern zu Beginn der Eisenzeit in der Stadt Ḥamat und ihren möglichen Implikationen ist ein Bestandteil dieses Diskurses und wird abwechselnd den „Seevölkern“ bzw. der Urnenfelderkultur, 41 den Hethitern bzw. Luwiern 42 oder den Aramäern 43 zugeschrieben. Ein wachsender Teil der Forscher nimmt jedoch von solch direkten Zuschreibungen aufgrund der schwierig zu interpretierenden Beweislage Abstand und / oder distanziert sich generell von einer Gleichsetzung zwischen Ethnos und Bestattungsritual. 44 Nicht zuletzt aufgrund der Datierung der ältesten Urnen aus Tell an-Naṣrīya ins 14. Jh. erscheint diese Option angebracht. Fest steht, dass aufgrund der schriftlichen Funde des Alltagslebens des 9. und 8. Jh.  – Graffiti, Ostraka, Siegel und Bullen – Teile der Bevölkerung luwisch und / oder

41 Riis 1948, S. 200–202; Fugmann 1958, S. 274–275; Hencken 1968, S. 627–628; Wachsmann 2000, S. 123–130; ders. 2013, S. 59–64. Als Argumente dienen ihnen neben der Einführung der Kremationen in Gestalt eines Urnenfeldes vor allem die Einführung von Fibeln, Naue-II-Schwertern (vgl.  Abschnitt 8.1.3.2.5) sowie die Darstellung eines vogelköpfigen Schiffes der Urnenfelderkultur auf einer Urne (Grab G VIII 551, Periode I). Zur Kritik an diesem Ansatz generell Bachhuber 2013, S. 29. Der vermeintliche Vogelkopf lässt sich jedoch insbesondere aufgrund des nach oben gerichteten Vorsprungs auf der Nase besser mit den von Assaf Yasur-Landau versuchsweise als „Seedrachen“ bezeichneten Stevenköpfe aus Skyros, Tragana und Kynos vergleichen, d.h. als ägäischen und nicht europäischen Ursprungs klassifizieren. Vgl. Yasur-Landau 2010, S. 400–402, Abb. 7, 9, 10B.D.F. 42 Dunbabin 1950 (korrekterweise „Ostanatolien“); Albright 1951, S. 106; Singer 2005, Sp. 439–440; ders. 2006, S. 741–742; Aro 2010, S. 3; Tenu 2013a. 43 Tenu 2009. Es ist in diesem Zusammenhang trotz aller gebotenen methodologischen Vorsicht zu kritisieren, dass Lipiński 2000, S. 636–640 in seiner Diskussion der aramäischen Bestattungssitten die über 1600 Gräber von Ḥamā nicht erwähnt, während er stattdessen auf sieben Gräber aus Tell Ḥalaf eingeht. 44 Bieńkowski 1982; Seeher 1993; Collins 2007, S. 89; Niehr 2010a, S. 299; ders. 2014a, S. 190; Simon 2012, Sp. 100.

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Ḥamā / Ḥamat

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aramäisch schreiben konnten. 45 Zwei Bullen mit luwischen und aramäischen Inschriften, von denen eine eventuell den gleichen Namen in beiden Sprachen enthält, könnten darüber hinaus auf eine Beherrschung beider Alphabete und Sprachen durch dieselbe Person hindeuten, was allerdings zum Berufsbild des mutmaßlichen Schreibers passen würde. Zumindest ist davon auszugehen, dass beide Sprachen aktiv und wohl zeitgleich in Ḥamat gesprochen wurden. 46 Allerdings konnten in Ḥamā selbst keine Monumente mit aramäischer Inschrift geborgen werden, im Gegensatz zu den zahlreichen hieroglyphenluwischen Monumentalinschriften sowohl innerhalb der Stadt als auch in der Region. 47 Die einzigen aramäischen Monumentalinschriften des Königreiches sind die wahrscheinlich aus Tell Afis / Ḫaḏarik stammende Inschrift Zakkūrs (KAI 202) sowie das 2003 dort gefundene Stelenfragment. 48 Abgesehen davon sind auch ca. 20 akkadische Keilschrifttexte in Ḥamat geborgen worden. 49 Wirtschaftlich betrachtet kommt Ḥamat aufgrund der geographischen Lage große Bedeutung als Handelsplatz und als Erzeuger von landwirtschaftlichen Produkten zu. Ersteres ist durch die Lage an der Handelsroute zwischen der Beqa bzw. Damaskus und Aleppo bedingt, letzteres durch die fruchtbare Landschaft des Orontestals. 50 Dieses bildete zudem eine bedeutende Elfenbeinquelle, da sich die letzten syrischen Elefanten hierhin zurückzogen. Infolgedessen überrascht es nicht, dass entsprechende Werkstätten in Ḥamat existierten, die den kostbaren Rohstoff weiterverarbeiteten. 51 In neuassyrischer Zeit spielten in Lu‘aš Pferde und Wolle eine wichtige Rolle. 52 Eine große Bedeutung im Agrar- und Textilsektor kam Tell Mišrīfa in der Eisenzeit II zu. 53 Die kommerzielle Bedeutung lässt sich anhand des Fundes vieler Gewichte, die als „Schekel von Ḥamat“ ausgewiesen sind, ermessen. 54 Drei davon, die diesen Schriftzug in wahrscheinlich phönizischer Schrift tragen, bezeugen enge Handelskontakte mit den phönizischen Stadtstaaten

45 Lipiński 2000, S. 266 möchte an den aramäischen Buchstaben teilweise südarabischen Einfluss erkennen. 46 Ingholt 1940, S. 115–117; Donner und Röllig 1962, S. 211–213 (KAI 203–213); Riis 1990c, S. 89–96; Otzen 1990, S. 267–318; Hawkins 2000, S. 403, 419–423, HAMA fragments 1–10; Singer 2005, Sp. 438. Bei den Bullen mit aramäischer und luwischer Inschrift handelt es sich um HAMA fragment 7 (mit dem Personennamen Alani, der eventuell dem in der aramäischen Inschrift erscheinenden ’ l’n entspricht, Hawkins 2000, S. 422) und 9. 47 Hawkins 2000, S. 398–423; Gonnet 2010. Die meisten und vor allem vollständigen Inschriften sind allerdings unabhängig von den Grabungen in Ḥamā gefunden worden, die nur Fragmente zutage fördern konnten. 48 Amadasi Guzzo 2009; Younger 2016, S. 474–475, Abb. 7.8. 49 Darunter ein Gebet, zwei Briefe, einer davon an König Uratami, sowie medizinische, magische, astrologische und Wirtschaftstexte. Ingholt 1940, S. 115; Læssøe 1956; ders. in Fugmann 1958, S. 190; Parpola 1990, S. 257–265. 50 Kraeling 1918, S. 95. 51 Bernhardt 1976, S. 104. 52 Hawkins 1987–1990, S. 160 (ADD 951; ABL 395). 53 Morandi Bonacossi 2019, S. 185–197. 54 Bordreuil 1995, S. 13–15.

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Ḥamat

während der ersten Hälfte und der Mitte des 8. Jh. 55 Dass diese Kontakte nicht auf den Handel beschränkt blieben, zeigt die Verehrung der Ba‘alat von Gubla, die unter ihrem luwischen Namen Pahalati in einem eigenen Tempel in Ḥamat verehrt wurde sowie Belege für zwei weitere Gottheiten aus Gubla, die in Ḥamat verehrt wurden, Adonis und Ba‘alšamin. 56 Für enge Beziehungen mit Palästina sprechen dagegen ein weiteres Gewicht aus dem 9. oder dem Beginn des 8. Jh., das wohl zur Umrechnung des Schekels von Juda und / oder Israel diente 57 sowie die Verwendung von Yahwe als Teil von Personennamen in Ḥamat.

8.1.2

Befunde der Mittel- und Spätbronzezeit

8.1.2.1

Gräber

Insgesamt sind in Ḥamā sechs in den Felsen gehauene Kammergräber gefunden worden, die während der mittleren Bronzezeit (Periode H) angelegt, in vier Fällen bis in die Spätbronzezeit I (Periode G 2) und in zwei Fällen bis in die Spätbronzezeit II (Periode G 1) hinein benutzt wurden. 58 Zwei der Gräber, G II und III, wiesen zudem eisenzeitliche Keramik auf. Sie alle stammen aus Bereichen außerhalb des Tell, zwei davon in unmittelbarer Nachbarschaft zur späteren Kremationsnekropole des Sūq al-Ḫamīs (G I, G III). 59 Das Grabinventar bestand in erster Linie aus Keramikgefäßen in Form von Krügen, Schalen, Tellern, Flaschen und Bechern. Daneben scheinen anthropomorphe und zoomorphe Figurinen beliebt gewesen zu sein. Abgerundet wurde das funeräre Repertoire durch Waffen in Form von Äxten, Speeren, Dolchen und Pfeilen, Ringen sowie Nadeln. 60 In der Sondage 15, 2 m westlich des Sektors G VII, wurden unverbrannte menschliche Überreste entdeckt, die unter der Schicht mit Kremationsgräbern lagen. Der dabei ebenfalls entdeckte Kopf einer Tierfigurine entspricht  –  entgegen der vormaligen Bestimmung – nicht denen aus Schicht H, sondern denen der Eisenzeit (F 1 oder E 2). 61 P. J. Riis geht davon aus, dass die Knochen aus antik beraubten Kammergräbern der Bronzezeit stammen und demzufolge auch kein Bezug zu eisenzeitlichen Bestattungen besteht, gibt

55 56 57 58 59

Heltzer 1995. Niehr 2010a, S. 293–294. Heltzer 2001. Fugmann 1958, Taf. X; Riis und Buhl 2007, S. 49, Abb. 16. Ingholt 1940, S. 50; Riis 1948, S. 6, 17; Fugmann 1958, S. 9–10, Taf. X. Die von Tenu 2009 aufgestellte These, dass die Verlagerung von Gräbern in Gebiete außerhalb der Städte mit dem Einsetzen der Eisenzeit bzw. dem Erscheinen der Aramäer gleichzusetzen sei, trifft demnach zumindest nicht in vollem Maße auf Ḥamā zu, wo zudem bislang keine Gräber auf dem Tell selbst gefunden worden sind. 60 Fugmann 1958, Taf. X; Riis und Buhl 2007, S. 51–54, 59–61, 65, 68–70, 74–75, 77, Taf. I–XXIV. 61 Riis 1948, S. 22, 259; ders. und Buhl 2007, S. 42, 80–81, Taf. XVIII.d.

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Ḥamā / Ḥamat

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aber nicht an, ob die Knochen anatomisch inkorrekt aufgefunden wurden, so dass eisenzeitliche Bestattungen letztlich nicht ausgeschlossen werden können. Schließlich ist ein mögliches Grab innerhalb der Stadt zu nennen, von dem nur der Boden eines Kruges mit Asche- und Knochenresten in Quadrant I 10 erhalten blieb. Es stammt aus der Schicht H 1, d.h. vom Ende der Mittelbronzezeit II. Könnte es sich aufgrund der Aschereste dabei eventuell um eine Kremation gehandelt haben? 62 8.1.2.2 Stele mit Speisetischszene Eine der wenigen bildlichen Darstellungen aus Ḥamā, die eventuell in einem mortuären Zusammenhang stand, ist die monumentale Basaltstele 6B599 (2,85 × 0,52–0,90 × 0,24– 0,58 m), die in Bâtiment 3 (Schicht E) sekundär als Türschwelle verwendet wurde. 63 Auf ihr ist eine Speisetischszene über einem doppelköpfigen Wesen, vermutlich einem Adler, abgebildet. Eine größere sitzende Figur auf der rechten Seite und eine kleinere stehende Figur auf der linken sind um einen gedeckten Tisch herum gruppiert. Beide halten Becher in ihren erhobenen Händen, während die größere Figur zusätzlich einen Stab geschultert hat. 64 Über ihnen sind eine Mondsichel und die Reste einer Sonnenscheibe oder eines Sterns erkennbar. 65 Meist ist aufgrund ihrer sekundären Verwendung eine Entstehungszeit gegen Ende des 10. Jh. angenommen worden. 66 Aufgrund ihres Motivschatzes scheint es jedoch angebrachter, sie in die mittlere Bronzezeit heraufzudatieren. 67 Auch die Darstellung eines Hockers mit gekreuzten Beinen ohne Lehne verweist auf das 2. Jt., 68 wie bspw. ein Elfenbeinplättchen aus dem Grab des „Herrn der Capriden“ in Ebla 69 oder das 62 Fugmann 1958, S. 101. 63 Ingholt 1940, S. 79–81, Taf. 26; ders. 1942, S. 472, Abb. 10; Riis 1948, S. 200; Fugmann 1958, S. 181, Abb. 229; Orthmann 1971, S.  104–105, 367, 373–374, Anm. 18, 485, Taf. 7,b Hama B/4; Genge 1979, S. 183, Abb. 41; Riis 1990b, S. 56–58, Abb. 26; Voos 1986, S. 92–93; Pinnock 1992; Mazzoni 1998, S. 11–12, Taf. IV,1; Bonatz 2000a, S. 51–52, 132; Paolo 2006, S. 145, Taf. 2b; Brown 2008a, S. 425–426, 428–429, Abb. 106; Matthiae 2013a, S. 383, Abb. 209. 64 Bonatz 2000a, S. 51. Paolo 2006, S. 145 hält das Objekt dagegen für eine Axt. 65 Bonatz 2000a, S. 51; Mazzoni 1998, S. 11. 66 Bspw. Genge 1979, S. 183; Riis 1990b, S. 58. 67 Pinnock 1992; Bonatz 2000a, S. 51–52; Paolo 2006, S. 145, Taf. 2b; Matthiae 2013a, S. 383 (späte Mittelbronzezeit I); Porter 2018, S. 391. Voos 1986, S. 93 und Brown 2008a, S. 425–426, 428–429, Abb. 106 halten dagegen eine spätbronzezeitliche Datierung für möglich. 68 Symington 1996, S. 120–121; Bonatz 2000a, S. 51. In Arslantepe (Orthmann 1971, S. 522, Taf. 42, c, f, Malatya B/3 und B/4) sowie Darende (Orthmann 1971, S. 481, Taf. 6, a, Darende 1) sind Abbildungen von Stühlen mit gekreuzten Beinen in der frühen Eisenzeit belegt; sie weisen jedoch eine Rückenlehne auf. Auf dem Orthostaten B. 30b vom Water-Gate in Karkamiš, welcher vermutlich ins 11. Jh. datiert, ist dagegen ein Stuhl mit gekreuzten Beinen ohne Lehne abgebildet. Dies ist möglicherweise damit zu erklären, dass der Orthostat einen älteren mit dem gleichen Motiv ersetzte, da sein ursprünglich gegenüber platziertes Pendant, ein Orthostat mit Libationsszene (B. 30a), früher zu datieren scheint. Özyar 1991, S. 29. Siehe auch Abschnitt 4.1.3.5.3. 69 Bonatz 2000a, S. 51. Vgl. Matthiae 1982, S. 12, Abb. 29.

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Relief aus Yağrı, ein Werk der hethitischen Großreichszeit, vermutlich des 14. Jh., 70 auf denen jeweils ein vergleichbares Möbelstück im Kontext einer Speisetischszene erkennbar ist. Im Hinblick auf die mortuären Konnotationen der etwa zeitgenössischen Abbildungen von Speisetischszenen auf Kultbecken sowie der Sitzstatuen aus Ebla, könnte eventuell auch die Stele aus Ḥamā eine Rolle im postmortalen Kult eines Herrschers gespielt haben. 71 D. Bonatz betrachtet sie trotz der Interpretationsschwierigkeiten hinsichtlich ihrer Ikonographie – bis auf den Adler – als einen Vorläufer der eisenzeitlichen Stelen mit Speisetischszene. 72 Allerdings muss dem hinzugefügt werden, dass bis auf vorliegendes Exemplar und der problematischen Stele aus Tell Frayǧī keine weiteren Stelen mit Speise­ tischszene in der Region um Ḥamā gefunden worden sind und dass die Mehrzahl dieser Stelen aus dem weit im Norden gelegenen Maraş / Kurkuma stammen. 8.1.2.3 Torso einer Sitzstatuette Der Torso einer kleinen Statue aus Basalt (19 × 12 × 15  cm) weist große Ähnlichkeit mit bronzezeitlichen Bildwerken aus Qaṭna, Karkamiš und Hazor auf, ist jedoch in einer Zisterne der mittelalterlichen Schicht gefunden worden. 73 Er zeigt eine mit einer langen Robe bekleidete Person auf einem Sitzmöbel ohne Lehne, das mit diagonalen Streben verstärkt ist. Auch die Tradition der Sitzbilder endet in dieser Region mit der Bronzezeit.

8.1.3

Extramurale Gräber der Eisenzeit

8.1.3.1 Die Kammergräber 8.1.3.1.1 G II Das Kammergrab G II wurde von der Mittel- bis zur Spätbronzezeit I (Periode H 3–G 2) und während der Eisenzeit II (Periode E) genutzt. 74 Das Grab liegt etwa 200 m östlich der Kremationsgräber des Sūq al-Ḫamīs. Es ist schlecht dokumentiert, so dass nur ein Foto, aber kein Plan des Grabes oder Angaben zu Knochenfunden vorliegen, was aber auch daran liegen könnte, dass es beraubt wurde. Dies ist zwar ebenfalls nicht angegeben, liegt aber nahe, da alle anderen Kammergräber ebenfalls bereits geplündert waren. Im Grab 70 71 72 73 74

Bittel 1976, S. 201, Abb. 230. Pinnock 1992, S. 120; Bonatz 2000a, S. 132; Matthiae 2013a, S. 383. Bonatz 2000a, S. 52. Riis 1990b, S. 56, Abb. 26. Riis 1948, S. 6, 27; Fugmann 1958, S. 9, Taf. X; Riis und Buhl 2007, S. 19–21, 59–64, Taf. IV–VII. Es wird der modifizierten chronologischen Einordnung nach Riis und Buhl 2007, S. 49, Abb. 16 gefolgt.

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befanden sich abgesehen von den bronzezeitlichen Funden eine Schale und ein Krug der Red-Slipped Burnished Ware sowie fünf rot polierte Ziegel derselben Art,  d.h.  der Eisenzeit II bzw. der Periode E. Außerdem sind eine weitere Schale der Periode E und ein Becher den Perioden F–E zuzuordnen. 75 Unklar ist, wie die eisenzeitlichen Funde zu interpretieren sind: Handelt es sich um Grabbeigaben für Körper- oder Brandbestattungen oder um Utensilien für einen Totenoder Ahnenkult? P. J. Riis scheint letzterem zuzuneigen, vermutlich aufgrund der Ziegel, die auf eine Installation innerhalb des Grabes hindeuten könnten. 76 Eine andere Möglichkeit wäre es, die Existenz von Ziegeln im Zusammenhang mit den Körperbestattungen in Tell Mišrīfa zu betrachten, wo die Erdgräber von Frauen mit Lehmziegeln verschlossen wurden. 77 8.1.3.1.2 G III Im Gegensatz zu G II war das Kammergrab G III vielleicht durchgängig von der Mittelbronzezeit  II bis zur Eisenzeit  II in Benutzung, auch wenn dies nur durch wenige Artefakte der späteren Epochen belegt werden kann. 78 Knochen wurden in diesem geplünderten Grab keine gefunden, aber es wurde auch aus unbekannten Gründen nicht vollständig ausgegraben. Von den eisenzeitlichen Funden stammen eine Schale aus Periode E 79 sowie ein Flaschenfragment aus Periode E 2 oder F. 80 Analog zu Grab G II ist jedoch auch hier vorstellbar, dass es sich bei den späteren Keramikgefäßen um Objekte eines Ahnen- oder Totenkultes handelte, der hier vielleicht kontinuierlich praktiziert wurde. Es liegt unmittelbar östlich an das Kremationsgräberfeld des Sūq al-Ḫamīs angrenzend. 8.1.3.2 Die Kremationsgräberfelder al-Ḫamīs und aš-Šaǧara Angrenzend an die bronzezeitlichen Kammergräber G  I und III und somit ca.  300  m südsüdwestlich des südlichen Endes der ehemaligen Oberstadt liegt das größere der beiden eisenzeitlichen Brandgräberfelder von Ḥamā, nach dem modernen Stadtviertel (Sūq) al-Ḫamīs benannt (Abb.  98). Das Gräberfeld (Sūq) aš-Šaǧara liegt ca.  600  m weiter in gleicher Richtung,  d.h.  fast 1  km vom Siedlungshügel entfernt (Abb.  99). Dass es sich dabei um zwei räumlich getrennte Nekropolen gehandelt haben muss, geht aus den Abschnitten hervor, die etwa in der Mitte zwischen den beiden Gräberfeldern liegen (G X, XII, XXIX, Sondage 5, 14), jedoch keine Kremationsgräber enthielten. Beide Nekropolen 75 76 77 78 79 80

Riis und Buhl 2007, S. 20–21, 59–63. Riis 2007, S. 21. Siehe Abschnitt 8.3.2.1. Riis und Buhl 2007, S. 22–24, 65–67, Taf. VIII–X. Buhl 2007, S. 66. Riis 2007, S. 24: E 2; Buhl 2007, S. 67: F.

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Abb. 98: Gräberfeld (Sūq) al-Ḫamīs.

Abb. 99: Gräberfeld (Sūq) aš-Šaǧara.

wurden extramural angelegt. Umgekehrt konnten weder auf dem Tell noch direkt südlich oder westlich davon eisenzeitliche Gräber lokalisiert werden, 81 was jedoch der vermuteten ehemaligen Form des Siedlungshügels geschuldet sein mag. Was den Umfang des Gräberfeldes al-Ḫamīs anbetrifft, so beläuft sich die Ausgrabungsfläche ohne die benachbarten Sondagen auf ca. 120 m2. Geschätzt wird jedoch, dass die Nekropole mindestens 2,25 ha umfasste, jeweils 150 m entlang der Nord-Süd- sowie der Ost-West-Achse, da wohl nur im Westen, und auch dort nicht hundertprozentig sicher, die Grenzen der Nekropole erreicht worden sind. 82 Hinzu kommt, dass die ca. 400 m südöstlich des Gräberfeldes al-Ḫamīs durchgeführte Sondage 12 entweder eine noch größere Ausdehnung erwarten lässt oder ein separates drittes Gräberfeld darstellt, da auch hier Reste von Kremationsdepots sichergestellt werden konnten. Die Leichenverbrennung fand möglicherweise zumindest einmal innerhalb der Nekropole selbst statt. So deutet P. J. Riis eine 5 bis 10 cm dicke Schicht schwarzer Asche in Sektor G VII als Überreste eines Scheiterhaufens. 83 Spuren von anderen Scheiterhaufen wurden jedoch nicht entdeckt, so dass sich angesichts von 1275 Gräbern in diesem Bereich die Frage stellt, ob es sich bei diesem Scheiterhaufen nicht um eine Ausnahme handelte und die Kremierung entweder außerhalb der Nekropole und / oder stets am gleichen Ort durchgeführt wurde. 81 Riis 1948, S. 27. Das einzige Grab in diesem Bereich war das bronzezeitliche Kammergrab G VI. 82 Im westlichen Bereich des Sektors G XII wurden vermutlich aufgrund des dortigen Abhangs keine Urnen gefunden, ebensowenig wie im südlichen Teilstück der Sondage 3, die direkt westlich davon liegt. Andererseits wurden im Nordwesten (mittleres Teilstück von Sondage 3) und im Südwesten (Sondage 10) Kremationsdepots festgestellt. Riis 1948, S. 27, Taf. 1 (hier: Abb. 98). Um das Ausmaß dieser Fläche zu verdeutlichen: Sollte die Urnendichte vergleichbar zu den Ausgrabungen sein (1279 Kremationsgräber auf einer Fläche von ca. 120 m2, mehr als 10 Urnen pro m2), wären mehr als 225.000 Urnen in diesem Areal zu erwarten. 83 Riis 1948, S. 8.

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Das Ausgrabungsareal im Sūq aš-Šaǧara war kleiner als in al-Ḫamīs, was jedoch nichts über die antike Ausdehnung aussagt, da in der näheren Umgebung nur zwei Sondagen (7 und 11) angelegt wurden, die jeweils Kremationsmaterial enthielten. 84 Somit konnten hier keine ungefähren Grenzen dokumentiert werden. Eine vergoldete Wettergottfigurine aus Bronze ist ca. 200 m nordöstlich dieser Nekropole entdeckt worden und könnte, falls die Interpretation von P. J. Riis zutrifft, dass sie aus einer Urne stammen soll, auf eine entsprechend große Ausdehnung dieser Anlage hindeuten. 85 8.1.3.2.1 Datierung Hinsichtlich der internen Chronologie der Gräberfelder ist es unumgänglich, sich des fließenden Übergangs zwischen den Kremationsgräbern der verschiedenen Schichten bewusst zu werden. Die Periodisierung in vier Abschnitte stellt lediglich ein notwendiges Hilfskonstrukt dar, um die relativ große Zeitspanne von nahezu 500 Jahren genauer fassen zu können. 86 Dabei entsprechen Periode I und II der Schicht F auf dem Tell, III und IV der Schicht E, die in einer Zerstörung endete, wobei sich die Gräber der Perioden I bis III auf das Gebiet um al-Ḫamīs beschränken und Urnen der Zeitstufe IV allein in aš-Šaǧara zu finden sind. Allerdings muss hinzugefügt werden, dass sich über manchen östlichen Abschnitten der älteren Nekropole Keramik befand, die zweifellos der Periode IV zuzurechnen ist, ohne dass sich funeräre Kontexte feststellen ließen. 87 Es wird daher angenommen, dass es sich trotz fehlender Architektur um Anzeichen einer Besiedlung handeln könnte. 88 Angesichts des Profils in den westlichen Abschnitten von al-Ḫamīs, aus dem ersichtlich wird, dass die moderne Begehungsfläche meist weniger als einen Meter über den eisenzeitlichen Gräbern liegt, teilweise über Funden der ältesten Periode, stellt sich allerdings die Frage, ob potenziell vorhandene jüngere Gräber nicht zu einem späteren Zeitpunkt abgetragen worden sein könnten. 89 Was die absolute Datierung anbetrifft, so wird das Ende der Kremationsnekropolen von Ḥamā einhellig mit der assyrischen Eroberung, vermutlich im Jahr 720, gleichgesetzt, ohne dass ein letztgültiger Beweis dafür vorliegt. Allein der Beginn sowie die Dauer der einzelnen Phasen sind weiterhin umstritten. Dies liegt jedoch nicht an der Fundsituation in Ḥamā, sondern hängt von der Periodisierung der syrischen, zypriotischen und palästinischen Keramik während der Eisenzeit I und II ab. Die Diskussionsgrundlage bildet die Einteilung in vier verschiedene Schichten durch P. J. Riis, welche inzwischen von P. J. Riis und M.-L. Buhl zwar leicht gesenkt wurde, von manchen Forschern jedoch noch 84 Sondage 7 befand sich nur 3–4 m östlich von Sektor G IX. Sondage 11 befand sich maximal 20 m nördlich davon. Riis 1948, Taf. 7, Abb. 1. 85 Riis 1948, S. 24, Abb. 1: wohl mit einem Punkt ohne Zahl markiert. 86 Riis 1948, S. 4. 87 Riis 1948, S.  27. Vgl.  das Material aus den Sondagen 8, 15, 16 und 19. Ders. 1948, S.  19, 22, 24, 258–260. 88 Fugmann 1958, S. 265. 89 Riis 1948, Taf. 9.

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verwendet wird. 90 P. J. Riis und M.-L. Buhl datieren die Periode I zwischen 1175 / 1150 und 1075 / 1050, Periode II zwischen 1075 / 1050 und 900, Periode III von 900 bis 800 sowie Periode IV von 800 bis 720. 91 S. Mazzoni stimmt der Datierung des Beginns in die Mitte des 12. Jh. zwar grundsätzlich zu, datiert aber den größten Teil der Keramik dieser Phase in die Eisenzeit IB, insbesondere aufgrund der Übereinstimmungen der Painted Ware zu der aus Tell Afis. Einen noch späteren Ansatz hält sie für möglich, falls sich die Absenz der Warengruppen Proto-White Painted, White Painted I und Späthelladisch IIIC:1b nicht anders erklären lassen. 92 G. Lehmann lässt Periode I im dritten Viertel des 11. Jh. beginnen. 93 Beide Ansätze verkürzen demnach die von den Ausgräbern vertretenen Daten für die Perioden II bzw. II und III entsprechend. Im Gegensatz zu dieser neuen Tendenz der Spätdatierung wurde in früheren Publikationen wiederholt für einen Beginn um ca.  1250 plädiert. 94 Unabhängig vom Datierungsansatz dürfte die Zeitspanne zwischen den bronzezeitlichen Gräbern und den Kremationen relativ gering gewesen sein, da das Grabinventar typologisch vergleichbar ist. 95 Tabelle 12: Absolute Datierung der Perioden der Gräberfelder. Datierung nach

Periode I

Periode II

Periode III

Periode IV

Riis

1200–1075

1075–925

925–800

800–720

Buhl und Riis

1175/1150– 1075/1050

1075/1050– 900

900–800

800–720

Mazzoni

1150/1100– 1000

1000–900

900–800

800–720

Lehmann

1150/1125–950

950–850

850–800

800–720

90 Bspw. Faivre 2013, S. 320 als Orientierung für die Datierung der Gräber von Tell an-Naṣrīya. 91 Riis 1948, S. 4, 192–202; ders. 1990a, S. 16–18. 92 Mazzoni 2000, S. 34, Anm. 15. Im Widerspruch dazu verlegt sie sich allerdings auf die Einführung der Kremation in Ḥamat bereits während der Spätbronzezeit II, ohne weitere Argumente dafür anzuführen: „Whatever date can be assumed for the initial use of the Ḥamā cemeteries, the documentation argues for an introduction of this practice in the course of the Late Bronze II, at least at Ugarit, Alalaḫ, Tell Sukas and Ḥamā […].“ Mazzoni 2000, S. 35. Siehe auch Übersicht auf S. 56–57. Hinzugefügt werden muss dabei, dass keine Kremationen in Ugarit nachgewiesen werden konnten und auch die vermeintlichen, spätbronze- bis früheisenzeitlichen Kremationen von Tell Sukās von den Ausgräbern nicht mehr als solche interpretiert werden. Riis 1996; Buhl 1996, S. 27. Zur Problematik des Begriffs „Späthelladisch“, siehe Middleton 2015, S. 50–51. 93 Lehmann 2008, S. 530, Taf. 1. 94 Albright 1951; Hanfmann 1952, S. 28. 95 Riis 1948, S. 36; Hanfmann 1952, S. 28.

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8.1.3.2.2 Bestattungsformen In den Kremationsnekropolen von Ḥamā fanden sich 1682 sog. Grabdepots. Unter Berücksichtigung der eindeutig nicht als Gräber anzusehenden Depots 96 sowie zwei sicher als Grab zu klassifizierende Depots ohne eigene Nummer (G  VIII ad 468, G  XII ad 55) ergibt sich eine Gesamtzahl von 1674 Gräbern. Im Normalfall wurde nur ein Individuum in einer Urne bestattet. Die wenigen Ausnahmen dazu bestehen entweder aus zwei Kremationen in einer Urne (G IV 60, 310, G XII 15) oder aus der Kremation eines Erwachsenen und der Körperbestattung eines Fötus oder Neugeborenen (G  VIII 184, 629). 97 27 Grabgefäße enthielten dagegen allein die körperbestatteten Überreste von Föten und Neugeborenen, wobei in zwei Fällen auch Neugeborene kremiert wurden (G IV 327, G VIII 318). Insgesamt sind in Ḥamā 1679 Bestattungen zu verzeichnen, die sich auf 1652 Kremations- und 27 Körperbestattungen verteilen. Tabelle 13: Verteilung der Gräber und Grabformen nach Perioden. Periode I

Periode II

Periode III

Periode IV

Gräber

610 98 (36 %)

Kremationsbestattungen Körperbestattungen

Insgesamt

494 99 (30 %)

171 (10 %)

399 (24 %)

1674

596 (36 %)

491 (30 %)

167 (10 %)

398 (24 %)

1652

16 (59 %)

6 (22 %)

4 (15 %)

1 (4 %)

27

Das wohl erstaunlichste Merkmal der Kremationen von Ḥamat ist die Gleichförmigkeit des Kremationsprozesses. Während in allen anderen Kremationsnekropolen Unterschiede bis hin zu letztlich nur leichten Brandspuren an Körpern im anatomischen Verband festgestellt werden konnten, wie etwa im unweit entfernten Tell an-Naṣrīya, wurden die sterblichen Überreste hier beinahe standardisiert bei einer Temperatur von 600 bis 800° C verbrannt. 100

96 G IV 102, 201, G V 38, 62, G VIII 402, 585, G IX 227, 241, 263, 277. 97 Diese seltene Form der birituellen Bestattung findet sich auch in Grab 57 von Beşiktepe (Westtürkei) aus der Mitte des 14. Jh., in dem die verbrannten Überreste von zwei erwachsenen Frauen sowie die unverbrannten Knochen eines Neugeborenen bestattet waren. Basedow 2000, S. 41. 98 Inklusive zweier Gräber der Periode I–II sowie G VIII ad 468. 99 Inklusive G XII ad 55. 100 Riis 1948, S. 30.

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8.1.3.2.3 Alter und Geschlecht der Bestatteten Aus den anthropologischen Untersuchungen der Gräber von Ḥamā ist bekannt, dass von Neugeborenen (G IV 327, G VIII 318) bis hin zu Greisen (G V 6) Menschen aller Altersklassen verbrannt und (meist) in Krügen beigesetzt werden konnten. Einschränkend hinzugefügt werden muss, dass Neugeborene sowie Föten im Normalfall (zu ca. 93 %) unverbrannt beigesetzt wurden. Daraus ergibt sich folgende Altersverteilung: 101 Tabelle 14: Verteilung der Altersgruppen nach Perioden. Periode I

Periode II

Periode III

Periode IV

Insgesamt

altersbestimmte Individuen

145

108

41

48

342

Neugeborene Kinder Jugendliche

17 (12 %) 40 (28 %) 20 (14 %)

7 (6 %) 15 (14 %) 14 (13 %)

4 (10 %) 6 (15 %) 1 (2 %)

1 (2 %) 5 (10 %) 5 (10 %)

29 (8 %) 66 (19 %) 40 (12 %)

Nichterwachsene

77 (53 %)

36 (33 %)

11 (27 %)

11 (23 %)

135 (39 %)

Erwachsene

68 (47 %)

72 (67 %)

30 (73 %)

37 (77 %)

207 (61 %)

Von besonderer Bedeutung ist das Verhältnis zwischen Erwachsenen und Nichterwachsenen. Ist es während der ersten Periode noch ausgeglichen und entspricht damit in etwa einer statistisch erwartbaren Verteilung von 1:1, 102 erhöht sich der Anteil Erwachsener in den nachfolgenden Perioden signifikant, wobei der Unterschied zwischen den Perioden I und II am deutlichsten ausfällt, da das Verhältnis in Periode II bereits bei 2:1 lag und später dann auf etwa 3:1 stieg. Eine Geschlechtsbestimmung war in den meisten Fällen unmöglich und musste sich an den Grabbeigaben orientieren. 103 Die Kriterien von P. J. Riis sollen dabei im Folgenden leicht verschärft werden, um falsche Zuordnungen so weit wie möglich auszuschließen. Daher werden nur Waffen, Pfeil- und Lanzenspitzen sowie Schwerter, jedoch keine Messer oder Miniaturäxte, bzw. Spinnwerkzeuge, Spinnwirtel und Spindelnadeln, aber kein Schmuck, als Geschlechtsmarker angesehen, da ihre Verteilung in anderen Gräberfeldern des Alten Orients in vielen, wenn auch nicht allen Fällen mit Bestattungen maskuliner bzw. femininer Individuen übereinstimmt. 104 Diese Annahme wird durch die Beobach101 102 103 104

Nur Gräber mit eindeutigem Analyseergebnis wurden berücksichtigt. Snodgrass 2013, S. 312. Riis 1948, S. 31. Eine Ausnahme stellt bspw. das Grab einer Frau, Nr. 4, aus Nayrab dar, in dem eine bronzene Pfeilspitze gefunden wurde.

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tung aus Ḥamā insofern gestützt, als dass sich hier die Mengen der Gräber mit Textilwerkzeugen und solche mit Waffen als Grabbeigaben zueinander disjunkt verhalten. Tabelle 15: Verteilung der männlich und weiblich konnotierten Grabbeigaben nach Perioden. Periode I

Periode II

Periode III

Periode IV

Insgesamt

Gräber insgesamt

610

494

171

399

1674

Gräber mit geschlechtsspezifischen Grabbeigaben

41 (7 %)

27 (5 %)

24 (14 %)

10 (3 %)

102 (6 %)

männlich konnotierten Grabbeigaben weiblich konnotierten Grabbeigaben

10 (2 %) 105

18 (4 %)

20 (12 %)

0 (0 %)

48 (3 %)

31 (5 %)

9 (2 %)

4 (2 %)

10 (3 %)

54 (3 %)

Hierbei zeichnen sich zwei Tendenzen ab: Eine leichte Zunahme von männlich konnotierten Grabbeigaben in Periode III sowie das Verschwinden derselben in Periode IV. Im Gegensatz dazu bleibt die relative Anzahl der Gräber mit weiblich konnotierten Grabbeigaben nahezu konstant. Insgesamt wurden jedoch nur in 102 Gräbern, was etwa 6 % aller Gräber entspricht, geschlechtsspezifische Grabbeigaben entdeckt; keine davon in einem Grab mit einer Doppelbestattung. 8.1.3.2.4 Grabgefäße und -abdeckungen Bei den Grabgefäßen von Ḥamā handelt es sich in den meisten Fällen um Krüge, meist ohne Henkel, manchmal auch bis zu vier, sowie um Amphoren oder Kannen. Bei Neugeborenen wurden dagegen fast ausschließlich, zu 93 %, Kratere als Grabgefäße verwendet (Abb. 100) und nur in einem einzigen Fall wurde eine erwachsene Person in einem Krater bestattet (G VIII 464). Die Urnen wurden in einer kleinen Grube platziert und häufig mit einer Schicht aus Kalk umgeben. Letzteres scheint jedoch nur während der Perioden I bis III angewendet worden zu sein. 106 Bei der Grabschließung wurde die übriggebliebene Erde über dem Grab aufgehäuft, so dass kleine Hügel entstanden und das Niveau der Nekropole über die Jahrhunderte hinweg langsam ansteigen ließen. 107 Andererseits waren diese Erhebungen nicht markant genug, um zu verhindern, dass ältere Gräber regelmäßig 105 Prozentangaben jeweils von der Gesamtzahl der Gräber. 106 Riis 1948, S. 27. 107 Riis 1948, S. 28.

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Abb. 100: Grabgefäß und Abdeckung von Grab G IV 62.

Abb. 101: Grabgefäß und Abdeckung von G VIII 114.

beim Ausheben von neuen Gräbern gestört wurden und daher wohl keine (langfristigen) Grabmarkierungen bildeten. Es könnte jedoch auch bei mindestens einer Urne der Fall gewesen sein, dass die Kalkschicht sichtbar blieb. Manchmal wurden jedoch auch Steinblöcke verwendet, um das Grab zu bedecken. 108 In vielen Fällen wurden die Grabgefäße mit umgestülpten Tellern, flachen oder tiefen Schalen (Abb. 101), manchmal auch Krateren oder Schalen aus Stein bedeckt. Es existieren keine Hinweise darauf, dass die Keramik speziell für funeräre Zwecke angefertigt wurde. 109 In der Auflistung der Grabinventare fehlen jedoch Hinweise auf eine diesbezügliche Funktion, so dass das Vorhandensein eines entsprechenden Gefäßes stets die Frage aufwirft, ob es als Abdeckung verwendet wurde oder nicht. Teilweise konnten Abdeckungen auch in Kombination – das einzig sicher dokumentierte Beispiel hierfür ist G VIII 114 aus Periode III 110 – verwendet werden, wie es auch in Yunus bei Karkamiš praktiziert wurde. Dass es sich bei dieser Analogie vielleicht nicht um einen Zufall handelt, verdeutlicht der Verschluss der Urne G VIII 522 aus Periode II. Die über die Urne gestülpte Bronzeschale war nicht nur in ein Stück Stoff eingewickelt, wie es auch in Yunus zweimal belegt

108 Riis 1948, S. 28. 109 Riis 1948, S. 27–28. 110 Riis 1948, S. 28–29, 227, Abb. 14 (hier: Abb. 101).

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ist, sondern zusätzlich noch vergoldet. 111 Zudem scheint es plausibel anzunehmen, dass der im Grabinventar von G VIII 522 aufgeführte Krater ebenfalls dem Schutz der Urne diente. 112 Nach der Beschreibung von P. J. Riis zu urteilen, scheint es sich bei dieser Bronzeschale um die einzige gehandelt zu haben, die als Urnenabdeckung diente. 113 Dafür spricht die Tatsache, dass die meisten anderen Bronzeschalen entweder fragmentiert oder „recroqueville“ aufgefunden wurden, d.h. vermutlich zusammen mit der oder dem Toten verbrannt wurden. Es ist jedoch nicht vollständig auszuschließen, dass weitere Fälle existiert haben mögen, die entweder nicht genau dokumentiert worden sind oder so gestört waren, dass die Funktion der Bronzeschalen als Abdeckung nicht mehr ersichtlich war. Insgesamt wurden in al-Ḫamīs 29 Bronzeschalen gefunden, die überwiegende Mehrheit aus Periode I, in aš-Šaǧara keine. 114 Unterschiede zwischen den Geschlechtern scheinen dabei nicht gemacht worden zu sein. 115 Ein Blick auf die zeitliche Einordnung enthüllt, dass die als Grabgefäßabdeckungen infrage kommenden Gefäße relativ und absolut am häufigsten in Phase II vertreten sind (ca. 12 %), etwas seltener in III (ca. 10 %), während Phase I und IV mit jeweils ca. 4,5 % die wenigsten dieser Objekte enthalten. Eine weitere Unregelmäßigkeit stellt die Verwendung von Abdeckungen bei den verschiedenen Geschlechtern dar. Sie werden außergewöhnlich häufig bei Männern, insbesondere in Phase II gebraucht. Alterstechnisch betrachtet sind sie mit der Ausnahme von Neugeborenen etwa gleich verteilt. Deren höherer Anteil während Periode I ging jedoch im Laufe der Zeit wieder zurück. Insgesamt waren 12 von 27 ihrer Kratere potenziell damit bedeckt. Sicher als Grababdeckung wurden die 58 Steinverschlüsse verwendet, da sie in der Dokumentation als solche bezeichnet werden (Abb.  102). Bemerkenswert ist auch hier 111 Riis 1948, S. 28, 116, 136–137, 149, Abb. 182, 238. Vier der sechs Bronzeschalen aus Yunus werden als goldfarben beschrieben bzw. in einer früheren Publikation als vergoldet bezeichnet. Auch in Deve Höyük und Yeşerti wurden goldfarbene Bronzeschalen über die Urnen gestülpt. Siehe Abschnitte 4.1.5.3.4, 4.2.3 und 4.2.4. 112 Die Verwendung einer vergoldeten Schale als alleinige Grababdeckung ist im eisenzeitlichen Syrien-Palästina bislang nicht nachweisbar; die Exemplare aus Karkamiš und Umgebung sind vermutlich nur goldfarben. Der Befund erinnert zwar an die in der Ilias geschilderten Begräbnisse Patroklos und Hektors, deren verbrannte Überreste in eine goldene Urne gelegt und mit Stoff umhüllt wurden (Ilias 23, 243–254, 24, 782–802), aber diese Beschreibungen können weder mit den mykenischen noch mit den (proto-) geometrischen Befunden Griechenlands oder der Ägäis in Einklang gebracht werden, so dass die Historizität dieser Bestattungsrituale nicht verifiziert werden kann. Das oftmals damit verglichene Bestattungsritual der hethitischen Könige beinhaltet dagegen keinerlei Hinweise auf ein Grabgefäß, sondern kennt allein die Deponierung in einem Stück Stoff in einer wohl hausähnlichen Grabkonstruktion. 113 Riis 1948, S. 28. 114 Riis 1948, S. 136–137. 115 Weibliche Personen: G IV 18, G XII 138, G XIV 3. Männliche Personen: G IV 244, G VII 25, G VIII 98, G VIII 392, G VIII 522 (als Abdeckung), G XII 152. Vgl. dazu den Verdacht von Hauser 2012, S. 271, wonach Bronzeschalen in Gräbern von Aššur auf Frauen hinweisen könnten sowie KAI 226, nach welcher Silber- und Bronzegefäße im Grab eines Mannes oder generell als Beigaben erwartet wurden. Vgl. Abschnitt 3.1.2.1.1, S. 38, Anm. 48, S. 42, Anm. 75.

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die chronologische Verteilung: Steinverschlüsse wurden lediglich während der Perioden  I und II benutzt, nur noch einmal in Periode  III und nicht mehr in Periode IV. 116 Im Gegensatz zu den potenziellen Keramikverschlüssen finden sich ihre Pendants aus Stein nicht bei Neugeborenen, aber dafür häufig bei Kindern und Jugendlichen, während der Anteil der Erwachsenen insgesamt unterrepräsentiert ist. Nur in einem Fall kann aufgrund der Beigaben das Geschlecht vermutet werden; es handelte sich demnach um eine weibliche Person (G IV 177). Angesichts dieser Verhältnisse lässt sich ein Wandel in der Bestattungstradition Ḥamats feststellen: Während in den Phasen I bis III noch größerer Wert auf die Urnenverschlüsse gelegt wurde, Abb. 102: Grabgefäß und Abdeckung seien es Steinverschlüsse oder Keramik, von Grab G IV 305. verschwanden die Steinverschlüsse und etwas später gehen auch die Zahlen der Schalen und Teller in den Grabinventaren wieder zurück und damit zwangsläufig auch die Zahl der möglichen Abdeckungen. Die größten Parallelen zu Yunus weisen in dieser Hinsicht die Phasen II und III auf, in der die Abdeckung mit Bronzeschale sowie die mehrfache Abdeckung sicher dokumentiert und Verschlüsse generell am häufigsten sind. Keramikabdeckungen waren in I und IV etwa gleich häufig, allerdings gab es in Periode IV keine Verschlüsse aus Stein. Andere Traditionen, wie die Reservierung von Krateren für Neugeborene, blieben hingegen über die Zeit hinweg erhalten, auch wenn die Exemplare aus Periode IV nicht mehr wie ihre früheren Pendants mit Schalen bedeckt waren. 8.1.3.2.5 Grabbeigaben Beigabenlose Gräber Nur 578 von 1674 Gräbern in Ḥamā enthielten Beigaben, was ca. einem Drittel entspricht. Somit kann Ḥamā bislang als die Stadt mit dem größten Prozentsatz von beigabenlosen Gräbern im eisenzeitlichen Nordsyrien und Südostanatolien gelten. Beigabenlose Gräber verteilen sich folgendermaßen auf die Zeitabschnitte der Nekropolen: 116 Riis 1948, S. 183.

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Tabelle 16: Verteilung der Gräber ohne Beigaben nach Periode. Periode I

Periode II

Periode III

Periode IV

Insgesamt

Gräber insgesamt

610

494

171

399

1674

Gräber ohne Beigaben

383 (63 %)

305 (62 %)

105 (61 %)

303 (76 %)

1096 (66%)

Es zeigt sich, dass die relative Anzahl der Gräber mit Beigaben zwischen ca. 1150 und 800 nahezu konstant bleibt, während dieser ohnehin bereits niedrige Prozentsatz von ca. 38 % im 8. Jh. noch einmal stark auf ca. 24 % zurückgeht. Die „Dunkelziffer“ liegt dabei insofern noch höher, als wie bereits erwähnt ein Teil des Keramikinventars zum Abdecken der Urne diente. In jedem Fall ergibt sich, abgesehen von den Neugeborenen, eine relativ gleichmäßige Altersverteilung leerer Gräber über alle Zeitspannen hinweg,  d.h.  Kinder und Jugendliche wurden im Schnitt genauso häufig mit Grabbeigaben ausgestattet wie Erwachsene. Einzeln bestattete sowie unverbrannte Neugeborene stellen dagegen eine Ausnahme von dieser Regel dar. Sie erhielten, abgesehen von Keramikschalen, die vermutlich alle als Verschluss angesehen werden können, keinerlei Beigaben. 117 In dieser Hinsicht ist die Urne des einen der zwei verbrannten Neugeborenen hervorzuheben, da sie Perlen enthielt (G IV 327); die andere war ebenfalls leer. Behandlung Die in Ḥamā geborgenen Grabbeigaben weisen zum großen Teil Brandspuren auf und wurden demnach wohl zusammen mit den menschlichen Überresten auf dem Scheiterhaufen verbrannt und aufgesammelt. Dies zeigt sich insbesondere an den Tierknochen, die meist ebenfalls verbrannt und mit den menschlichen vermischt waren. Daneben gab es jedoch auch Beigaben, die aufgrund ihres hohen Schmelzpunktes keine entsprechenden Schäden aufwiesen, wie Gold-, Silber- und zum Großteil auch Bronzeobjekte. 118 Dennoch ließen sich auch an einigen anderen Objekten keine Brandspuren feststellen und wurden entweder den Toten unverbrannt mitgegeben oder lagen vielleicht an weniger stark vom Feuer betroffenen Stellen des Scheiterhaufens. 119 Angesichts des Befundes aus dem benachbarten Tell an-Naṣrīya, wo eine Perlenkette noch in aufgereihtem Zustand

117 Riis 1948, S. 29, Abb. 17 mit einem Beispiel (G IV 62). 118 Riis 1948, S. 30. 119 Eine vollständige Auflistung oder Kennzeichnung der unverbrannten Beigaben fehlt. Als Beispiele hierfür werden die Gräber G IV 99, 338, G VIII 268, 521 und G XII 124 genannt. Riis 1948, S. 30.

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in eine Urne gelegt wurde, gewinnt die erstgenannte Interpretation etwas an Überzeugungskraft. 120 Auffälligerweise war die Mehrzahl der in Ḥamā gefundenen Schwerter, 11 von 21, verbogen. 121 Vier weitere Exemplare sind nur fragmentarisch erhalten, während von vier anderen nur der Griff ins Grab gelangte und von einer dritten Gruppe allein die Klinge überdauerte. 122 Mindestens zwei der verbogenen Exemplare waren zusätzlich zerbrochen. 123 Keines der Schwerter ist somit unversehrt in die Urne gelangt. Deshalb ist wohl davon auszugehen, dass auch Pfeile nur in zerbrochenem Zustand, falls der Schaft nicht bereits vorher verbrannt worden war, in den Urnen deponiert wurden. Bei Speeren war dies aufgrund ihrer Länge zwangsläufig der Fall. Auch andere Artefakte, wie Arm- und Fußreifen sowie Nadeln, wurden den Verstorbenen in verbogenem Zustand mitgegeben. 124 Darüber hinaus waren einige der Keramikgefäße, die häufig neben den Urnen platziert waren, zerbrochen oder nur in Fragmenten erhalten. 125 Bei diesen lässt sich jedoch nicht entscheiden, ob sie bewusst zerstört wurden oder ob dieser Zustand durch eine sekundäre Störung hervorgerufen wurde. Da das Verbiegen von Schwertern in griechischen Kremationsnekropolen, beginnend etwa mit der mittleren Phase der Protogeometrischen Zeit, d. h ca. 1000 bis 950, praktiziert wurde, ist dies von Eugène Warmenbol zum Anlass genommen worden, einen direkten Einfluss in Gestalt von griechischen Kriegern zu postulieren. 126 Gegen eine solche Annahme spricht jedoch die Tatsache, dass erstens das älteste verbogene Schwert aus Ḥamā aus der mittleren Schicht der Periode I stammt und daher entweder älter als die griechischen Gräber oder zeitgleich zu diesen ist sowie zweitens, dass verbogene Waffen auf Zypern bereits seit der Frühbronzezeit 127 und in der Levante seit der Mittelbronzezeit II, bspw. in Ugarit und Megiddo, attestiert sind. 128 Zudem befand sich in Megiddo ein verbogenes goldenes Medaillon in Grab 39 aus der frühen

120 Tenu und Rottier 2010, S. 25. Siehe Abschnitt 8.2.2.6. 121 G IV 315, G VIII 57, 147, 202, 299, 322 (zwei Stück), 392, 522 (eins von zwei), ad 250–316, G XII ad 2–5. 122 Fragmentarisch: G VIII 114, 223, 271, 522 (eins von zwei). Nur der Griff: G IV 301, G VIII 140, G VIII ad 475–519 (Fragmente), G XII 66 (Fragmente). Nur die Klinge: G VIII 191, G XII 159. Mögliche weitere Schwertfragmente in G IV 94. 123 Riis 1948, Abb. 136. 124 G VIII 57, 93, 268, 459, G IX 159, 295, G XII 66, 87, 100, 134. 125 G IV ad 172, ad 230, G VIII ad 4–10, 137, 147, 210, G XXX 8, 18, 22, 79. 126 Warmenbol 1983. 127 Stewart 1962, S. 294–295. 128 Grab 65 (Nummerierung nach Marchegay 1999, alte Bezeichnung LIV) aus Ugarit (Mittelbronzezeit II–III) sowie die Gräber 911 A 1 (Mittelbronzezeit II), 1100 D (Spätbronzezeit I, 2 Exemplare zusammen verbogen) und 1101 B Upper (frühe Eisenzeit I) aus Megiddo. Schaeffer 1938, S. 219, Taf. XXII.1, Abb. 23; Guy 1938, S. 26, 67, 88, Taf. 87.5, 118.1, 149.6–7. Vgl. Warmenbol 1983, S. 86. Darüber hinaus war bspw. auch der Golddolch aus dem „Obeliskentempel“ von Byblos in einem Krug deponiert. Dunand 1958, S. 696, Taf. CXIV.4, CXVIII.

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Eisenzeit, welches ein Motiv der anatolischen Mittel- und Spätbronzezeit trägt. 129 Auch das Gräberfeld von Tell as-Sa’īdīya am Ufer des Jordan aus dem späten 13. bis 10. / 9. Jh. enthielt mehrere verbogene und zerbrochene Waffen, oft in der Nähe des Kopfes. 130 Vermutlich stammen die verbogenen Griffzungenschwerter, die E. Pélagaud angeblich aus der Umgebung von Tyros mitbrachte, ebenfalls aus Bestattungen, eventuell sogar aus Kremationsurnen. 131 Das jüngste Zeugnis dieser Tradition, ein verbogenes Eisenschwert aus Grab 1 in Tell ‘Arqa, einer Kremation in einer mit großen Steinen ausgelegten Grube, stammt vom Ende des 8. oder Anfang des 7. Jh., ist allerdings unpubliziert. 132 Verbogene Waffen im Grab können als Ausdruck einer „rituellen Tötung“ der Waffe aufgefasst werden, welche die Macht des Totengeistes bannen soll, 133 während verbogene oder zerbrochene Gegenstände insgesamt Indikatoren für ein „verkehrt“ gedachtes Jenseits (mundus inversus) darstellen können, in der diese Objekte durch die Überschreitung der Schwelle zum Jenseits wieder funktionstüchtig werden, während funktionsfähige Gegenstände sich als dysfunktional erweisen würden. 134 Aufgrund mangelnder Indizien für eine solche Jenseitsvorstellung im 1. Jt. in Nordsyrien und Südostanatolien erscheint die erstgenannte Interpretation deutlich plausibler. Eine weitere Interpretationsmöglichkeit stellt die Steigerung des Prestiges durch die Lebenden oder die Durchführenden der Rituale dar, da sie in der Lage waren, diese Status- und / oder Machtsymbole zu zerstören. 135 Repertoire Aufgrund der letztlich immer noch sehr zahlreichen Gräber mit Grabbeigaben überrascht die Vielfalt des Grabinventars von Ḥamā nicht. Sie enthielten verschiedene Arten von Keramik- und anderen Gefäßen aus Bronze, Elfenbein und Basalt, Waffen (Schwerter, Speerspitzen, Pfeilspitzen, Rüstungsschuppen, Miniaturäxte) sowie deren Zubehör (Wetzsteine), Schmuck (Fingerringe, Ohrringe, Armreifen, Fußreifen, Perlenketten), an der Kleidung befestigte Objekte (Fibeln, Nadeln, Knöpfe), Siegel und Bullen, Skarabäen, 129 Guy 1938, S. 163, Anm. 146, Abb. 179, Taf. 166.8. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch in den Gräbern der Urnenfeldkultur in Istrien häufig verbogener Schmuck in den Urnen gefunden wurde. Žeravica 2013, S. 140. 130 Green 2014, S. 161. 131 Sie können ca. ins 11. bis 10. Jh. datiert werden. Warmenbol 1983, S. 79; Aubet 2004, S. 12. Die ältesten Kremationen aus wissenschaftlichen Ausgrabungen von Tyros al-Baṣṣ stammen aus der zweiten Hälfte des 9. Jh. Ein spätbronzezeitlicher, zweihenkliger Krug aus einer Raubgrabung in Tyros, eventuell bedeckt von einer spätbronzezeitlichen Schale, enthielt jedoch ebenfalls eine Kremation. Seeden 1991, S. 75, Abb. 45–46. Dies ist von M. E. Aubet allerdings als Beweis dafür betrachtet worden, dass der Krug wiederverwendet wurde, da ihrer Ansicht zufolge Kremationen offensichtlich grundsätzlich eisenzeitlich zu datieren sind. Aubet 2004, S. 12. Falls es sich allerdings tatsächlich um eine spätbronzezeitliche Brandbestattung gehandelt haben sollte, wäre es sehr gut möglich, dass die verbogenen Schwerter aus Kremationsurnen stammen, die zeitlich zwischen den Kremationen aus der Spätbronze- und denen der Eisenzeit II anzusiedeln wären. 132 Thalmann 1978, S. 73–75, Abb. 17–19; Warmenbol 1983, S. 79. 133 Vgl. Trachsel 2005 in Bezug auf früheisenzeitliche Gräber der Hallstattkultur. 134 Duerr 2013. 135 Green 2014, S. 161.

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Amulette, Landwirtschaftsgeräte (Sicheln), Textilwerkzeug (Spinnwirtel, Spindeln), Astragali, Spielbretter (darunter das sog. „20-Felder-Spiel“) 136 und Spielsteine, Messer, Löffel / Spatel, Kämme, Waagschalen und Gewichte, Figurinen, Beschläge von Kästchen und Möbeln aus Knochen oder Elfenbein, Schminkstifte sowie deren Etuis. Der Fund von Möbelbeschlägen legt nahe, dass nicht nur sie, sondern auch die Möbelstücke, an denen sie befestigt waren, verbrannt wurden. Spinnwirtel und Spindeln Die 132 in Ḥamā gefundenen Spinnwirtel und Spindeln sollen hier per Definition einen Indikator für das Grab einer weiblichen Person darstellen und können in 54 Fällen (ca. 3 %) sicher einer Urne zugewiesen werden. 137 Diese waren in etwa proportional zwischen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen verteilt. Spinnwirtel bestanden meist aus Knochen oder Stein, konnten jedoch auch aus Ton oder sogar Bronze gefertigt sein, während die Spindeln meist aus Knochen bestanden. 138 Waffen In gleicher Weise werden Waffen,  d.h.  Pfeil- und Lanzenspitzen sowie Schwerter, jeweils aus Bronze oder Eisen, im Rahmen dieser Arbeit als Identifikationsmerkmal für das Begräbnis eines männlichen Individuums festgelegt. Insgesamt 48 Urnen (ca.  3  %) können auf diese Weise zugeordnet werden. Überschneidungen mit Spinnwerkzeugen im Grabinventar gibt es keine. In Periode IV bzw. in aš-Šaǧara wurden allerdings überhaupt keine Waffen gefunden. Insgesamt beinhalteten die Gräber von al-Ḫamīs 303 Pfeilspitzen, 21 Schwerter und zwei Lanzenspitzen bzw. deren jeweilige Fragmente. Von den 48 Individuen konnten 14 als erwachsen und eines als jugendlich bestimmt werden, was darauf hinzuweisen scheint, dass Waffen erwachsenen Männern vorbehalten waren, die diese bereits einzusetzen wussten bzw. schon eingesetzt hatten. Angesichts der insgesamt geringen Anzahl (2,9 %) ist jedoch nicht davon auszugehen, dass die Beigabe von Waffen den vermutlich weit verbreiteten Status eines Kämpfers kennzeichnete, sondern entweder herausragenderen Positionen wie der eines Anführers vorbehalten war oder gänzlich andere Vorstellungen ausdrückte, zumal die Mehrheit der Schwerter vor der Deponierung verbogen wurde und alle weiteren Exemplare unvollständig waren. 13 bis 15 der 21 Schwerter stehen in der Tradition des Naue II-Typs, welcher ursprünglich ca. im 13. Jh. in Italien entwickelt wurde und sich von dort aus über Griechenland ins

136 Vgl. Fugmann 1958, S. 236, Abb. 310 für ein Exemplar aus der Stadt und Voogt et al. 2013 für die Verbreitung dieses Spiels im Alten Orient. 137 Riis 1948, S. 35, 171–174, 208–260, Abb. 208–217. 138 Riis 1948, S. 171–174. Die Exemplare aus Ton und Bronze wurden in den Sondagen 3 und 4 neben dem Gräberfeld al-Ḫamīs entdeckt und gehörten nach Meinung von P. J. Riis ursprünglich zu Kremationsgräbern, da das dort entdeckte Material dem aus den Nekropolen entspricht. Allerdings wurden in Sondage 3 keine verbrannten Knochen entdeckt. Riis 1948, S. 16, 258. Siehe auch Abschnitt 4.1.4.2, S. 180, Anm. 316 zu Topfgrab 15.

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östliche Mittelmeergebiet verbreitete. 139 Sie fallen in die Kategorie der Hieb- und Stichschwerter und weisen zusätzlich zu den charakteristischen Griffzungen lange, parallelseitige Klingen sowie einen verdickten Querschnitt auf. 140 Allerdings wurden vermutlich bereits im späten 13. Jh. in Ugarit lokale Varianten dieses Typs angefertigt, eines davon für den Pharaoh Merenptah und somit zwischen 1213 und 1204 zu datieren, 141 so dass ihre Existenz in den Gräbern von Ḥamā, die zeitlich etwas später anzusetzen sind, kein zwingendes Argument für die Anwesenheit von Griechen 142 oder Angehörigen der „Seevölker“ darstellt. Metallobjekte allgemein Definitionsgemäß fanden sich aufgrund der Waffen mehr Eisen- und Bronzegegenstände in Männer- als in Frauengräbern. Allerdings ist diese Verteilung nicht allein auf diese Objektgruppe beschränkt. Urnen mit Waffen enthielten zudem überproportional häufig Schmuckgegenstände aus Metall im Vergleich zu Urnen mit Spinnwerkzeug, vor allem in Periode III. Darunter fallen Ringe, Ohrringe sowie Fuß- und Armreifen. Im Gegensatz dazu ist die Verteilung von Perlen, welche ebenfalls als Schmuckgegenstände zu betrachten sind, unter den Frauengräbern noch etwas stärker ausgeprägt: 76 % aller Urnen mit weiblichen Verstorbenen enthielten sie. In beiden Fällen waren sie etwa gleichmäßig über alle Altersstufen hinweg verteilt. Metallschuppen Eine sehr seltene Grabbeigabe stellen Metallschuppen von Rüstungen dar. In Ḥamā existieren davon zwei Exemplare, eine aus Eisen (G VIII 269, Periode II) und eine aus Bronze (G XXX 20, Periode IV). 143 Aufgrund ihres Auftretens einzeln oder in kleinen Stückzahlen, nicht nur in Grabkontexten, sondern u.a. auch an Kultstätten, wird ihnen generell eine apotropäische Bedeutung zugeschrieben. Unklar ist, ob sie bereits zu Lebzeiten aus diesem Grunde getragen wurden oder ob sie zu diesem Zweck nur ins Grab mitgegeben wurden. Die Verwendung einzelner Schuppen scheint sich im 13. und 12.  Jh. von der Levante und Zypern bis nach Griechenland ausgebreitet zu haben und kann in SyrienPalästina auch in den folgenden Jahrhunderten noch beobachtet werden. 144 Vereinzelte Schuppen in Gräbern wurden hauptsächlich im spätbronze- und früheisenzeitlichen Pa-

139 Steinmann 2012, S. 33, 535–536. In Ḥamā liegen 12 Exemplare dieses Typs aus Eisen (G IV 315, G VIII 57, 114, 140, 147, 191, 202, ad 250–316, 322, 392, G XII ad 2–5, 66 (mit Bronzenieten)) und drei aus Bronze (G VIII 299, 322, 522) vor, wovon eines aus Periode I, 10 aus Periode II und vier aus Periode III stammen. Riis 1948, S. 121. Bei den Exemplaren aus G VIII 191 und G XII 66 ist nach P. J. Riis die Zuordnung zu diesem Schwerttyp fraglich. 140 Jung und Mehofer 2005–2006, S. 123; Schrakamp 2009–2011, S. 335. 141 Jung und Mehofer 2005–2006, S. 126, 133–134; Jung in Bietak und Jung 2007–2008, S. 215; Schrakamp 2009–2011, S. 335. 142 Contra Warmenbol 1983. 143 Riis 1948, S. 124. 144 Maran 2004, S. 18–24.

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lästina, aber auch auf Zypern gefunden. 145 Allerdings existiert mit Grab YC 50 aus Yunus ein weiteres Grab in Nordsyrien, aus welchem mehrere eiserne Metallschuppen geborgen werden konnten. 146 Behälter- und Möbelbeschläge Beschläge aus Knochen oder Elfenbein, die auf das Vorhandensein von Behältern oder Möbelstücken hinweisen, wurden erst in Periode IV zu einer relativ häufigen Grabbeigabe. Während sie vorher insgesamt nur 13-mal belegt sind, konnten sie in Urnen des 8. Jh. ganze 33-mal, was mehr als 8 % aller Gräber der Periode IV entspricht, festgestellt werden. Diese „substituierten“ demnach fehlende Waffen und Edelmetalle vielleicht bis zu einem gewissen Grad. Diese Funde sind nur kursorisch illustriert und beschrieben worden. Fest steht, dass sich darunter auch mehrere Spielbretter befanden, die wohl auf Kästchen montiert waren. 147 Im Gegensatz zu den Elfenbeinbeschlägen in den Gräbern aus Karkamiš, Tell Ḥalaf und Ziyaret Tepe fanden sich keine Metallbeschläge oder -reste, die entsprechend gedeutet werden können, in denselben Gräbern. Astragali In Ḥamā sind 11 Gräber mit Astragali gefunden worden, darunter drei mit Spinnwirteln (G VIII 101, 629, G XII 10), aber keines mit Waffen. Von besagten drei Gräbern wurden in zwei Fällen die Knochen einer sicher erwachsenen Person entdeckt und einmal die einer vermutlich erwachsenen. Zusätzlich befanden sich in G VIII 629 die Knochen eines Neugeborenen sowie in G XII 15 die eines Kindes. Insgesamt befanden sich in den Gräbern mit Astragali fünf Erwachsene, zwei Jugendliche, fünf Kinder sowie ein Neugeborenes. Daher ist sowohl eine Tendenz zu Frauen als auch zu Kindern erkennbar. 148 Somit kann auch hier kaum entschieden werden, ob eine der beiden wahrscheinlichsten Deutungen, Spielsteine oder Divination, oder beide, hier zutreffend sein mögen. 149 Zepter Ein weiteres interessantes Artefakt stellt ein Knochenstab aus Urne G VIII 458, Periode I, dar, der von P. J. Riis zunächst als Spindel interpretiert worden ist. Cheryl Ward dagegen identifiziert ihn als spätbronzezeitliches Granatapfelzepter aus Elfenbein. In der Urne befanden sich außerdem die verbrannten Überreste einer jugendlichen Person sowie drei 145 Grab 206 in Nekropole 200 von Tell al-Far‘a (Süd), sechs in einem Grab in Ma’dabā, in Lachisch Grab 224 und 1102, einzelne in der Höhle I.10A in Gezer, Grab III von Tel Zeror sowie eine in einem Grab in Tel Nam‘i Ost. Das unvollständig geplünderte Grab 12 von Gastria-Alaas enthielt noch drei Schuppen. Maran 2004, S. 21–22, Anm. 12. Ein vermutlich vollständiger Schuppenpanzer ist dagegen im sog. „Schatzhaus“ von Kāmid al-Lawz gefunden worden, tatsächlich handelt es sich dabei jedoch um ein Grab, und datiert ins 15. Jh. Ventzke 1983; Miron 1990, S. 65–86, Kat.-Nr. 144–345, Abb. 12–15, Taf. 15–18. 146 Woolley 1939, S. 31. 147 Riis 1948, S. 174–176, Abb. 218–219. 148 Vgl. Tenu 2013a, S. 434. 149 Vgl. Affanni 2008, S. 83–85; Tenu 2013a, S. 434.

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Klumpen miteinander verschmolzener Perlen. 150 Vergleichbare Zepter, d.h. aus Elfenbein mit einem Granatapfel, finden sich nach C. Ward außerdem in vier Gräbern des 14. bis 13. Jh. auf Zypern – zwei in Enkomi Grab 3, je eines in Lapithos Grab 403, Ayios Iakovos Grab 8 und Kition Grab 9 –, zwei Exemplare im Grabentempel von Lachisch (13. Jh.) sowie zwei Endstücke auf dem Schiff von Uluburun (14. Jh.). 151 Bei all jenen ist jedoch erstens der Granatapfel detaillierter und kugelförmiger ausgearbeitet als bei dem Exemplar aus Ḥamā. Zweitens ist es aus einem Stück gearbeitet, was zumindest bei den UluburunStücken nicht der Fall war, so dass diese Interpretation vorläufig mit einem Fragezeichen versehen werden sollte. Im Gegensatz dazu ist die Identifizierung der Aufsätze aus Grab G VII 3 und G XII 142, beide aus Periode I, in Form eines Granatapfels bzw. einer Blume als Endstücke von Zeptern plausibler, die bereits P. J. Riis mit den Stücken von Lachisch verglichen, jedoch als Teile von Behältern aufgefasst hat. 152 Interessanterweise befand sich in letztgenanntem Grab eine „Spindel“ mit einem Zapfen für einen Aufsatz am schmalen Ende, eine von insgesamt drei dieser Art in Ḥamā, so dass die Möglichkeit besteht, dass beide Objekte ursprünglich miteinander verbunden waren. 153 Figurinen Außerdem fanden sich in Gräbern verschiedener Perioden sechs Terrakottafigurinen, drei davon anthropomorph, sowie eine sog. „Astarteplakette“ und ein Kopf aus Kalkstein. 154 Zwei der anthropomorphen Figurinen ähneln denen aus Karkamiš; sie wurden außerhalb der Urnen gefunden. Lediglich das Kalksteinköpfchen befand sich in einer Urne. Zusätzlich ist eine mit Goldfolie überzogene Bronzestatuette (Höhe 9,5 cm) einer sitzenden männlichen Figur mit Hörnerkrone zu nennen, die mit einem Zapfen für die Befestigung auf einem Thron ausgestattet war und möglicherweise einen Stab in der Hand hielt. 155 Sie wurde nicht im Rahmen der Ausgrabung, sondern etwa 200 m südwestlich des Gräberfeldes aš-Šaǧara gefunden und von der dänischen Equipe angekauft. P. J. Riis vermutet aufgrund der geringen Entfernung, dass sie Teil eines Grabinventars der Periode IV gewesen sein könnte, womit sie das einzige Edelmetallobjekt aus aš-Šaǧara bzw. Periode IV wäre. P. Matthiae dagegen vermutet ein lokales Heiligtum als „Sitz im Leben“ dieser Figur, was eine sekundäre Verwendung als Grabbeigabe unwahrscheinlich machen würde. 156 Weitgehende Einigkeit besteht dagegen in der Datierung in die Eisenzeit II. 157 150 Ingholt 1940, S. 77, Anm. 5, Taf. XXIV, 2; Riis 1948, S. 173, Abb. 217 A, 236 (5 E 106); Ward 2003, S. 533, Tab. 1. 151 Ward 2003, S. 533–534, Tab. 1. Vgl. Gjerstad et al. 1934, S. 187, 331, 483, Taf. XLII.3.5, LXIII.1.13,32, LXXVIII.1.240–241; Tufnell et al. 1940, S. 62, Taf. 20.25–26; Buchholz und Karageorghis 1971, S. 163, 479, Nr. 1746. 152 Riis 1948, S. 178, Abb. 227, 221, 254 (5 E 226 und 6 B 861). 153 Riis 1948, S. 173, Abb. 217 C, 254 (6 B 886). 154 Riis 1948, S. 185–186. 155 Ingholt 1940, S. 114–115, Taf. 38.2–3; Riis 1948, S. 24, 138, Abb. 186, 260. 156 Matthiae 1975, S. 482. 157 Matthiae 1975, S. 482, Taf. XLVIII (ca. 1000–850); Spycket 1981, S. 406–407; Moorey und Fleming 1984, S. 74 contra Bossert 1951, S. 41–42, Nr. 606 (Neues Reich). Vgl. dazu auch Negbi 1976,

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Die Existenz eines Heiligtums in der Nähe eines Gräberfeldes wäre ungewöhnlich, da eine vergleichbare Konstellation bisher archäologisch nicht belegt ist. Dies würde bedeuten, dass auch in nicht-königlichen Kontexten Gottheiten und vermutlich gleichzeitig Verstorbene beopfert und damit auch versorgt werden konnten. War diese Figurine dagegen eine Grabbeigabe, so ließe sie sich im Sinne einer besonderen Beziehung zu dieser Gottheit oder als Hoffnung einer Existenz bei dieser Gottheit nach dem Tod interpretieren. Tierknochen In den Gräberfeldern von Ḥamā konnten in 20 Urnen (ca. 1,2 %) aus allen vier Perioden tierische Überreste diagnostiziert werden, die mit den menschlichen vermischt waren. 158 In 17 Fällen enthielten sie allein die kalzinierten Knochen von Ovicapriden. Urne G IX 88 war zusätzlich zu den verbrannten Überresten von Ovicapriden mit den Knochen eines Hundes oder Schakals gefüllt, welche ebenfalls Brandspuren aufwiesen. Unverbrannte Reste von Schaf oder Ziege sowie Pferd oder Esel fanden sich dagegen in Kremationsgrab G IV 99. Schließlich ist das einzige Grab ohne Ovicapridenreste zu erwähnen: G VIII 139 wies lediglich die verbrannten Knochen eines Boviden auf. Die einzigen spezifizierten Überreste stellen vier Zähne eines Ovicapriden aus Grab G V 8 dar. Chronologisch verteilen sich diese Funde wie folgt: Neun aus Periode I, acht aus Periode II, einer aus Periode III und zwei aus Periode IV. Bei der Verteilung von tierischen Überresten zeigt sich, dass sie etwas häufiger bei Erwachsenen zu finden waren, als es statistisch zu erwarten gewesen wäre (71 % vs. 61 %). Dementsprechend seltener sind sie bei Minderjährigen vertreten. Hinsichtlich des Geschlechts konnte nur eine weibliche Person aufgrund der Beigaben als solche identifiziert werden (G VIII 172). Zusammengefasst lassen sich in ca. 85 % der Gräber mit Tierknochen nur verbrannte Ovicapriden und in 95 % der Gräber mit Tierknochen Ovicapriden feststellen, was auf eine regelmäßige, kaum veränderte Praxis schließen lässt. 159 Da das Fleisch bereits vor dem Abbrennen des Scheiterhaufens auf diesem platziert worden sein dürfte, kann vermutet werden, dass es sich entweder um den Anteil der verstorbenen Person an einem Totenmahl der Hinterbliebenen, eine Mitgabe für das Jenseits bzw. den Weg dorthin oder um ein Opfer handelte. 160 Insbesondere der Fund der Zähne scheint aufgrund der Vergleichs-

S. 52–53, Nr. 1460. 158 Riis 1948, S. 30. Dabei muss in Betracht gezogen werden, dass mit heutigen Untersuchungsmethoden u.U. eine höhere Anzahl nachgewiesen werden könnte. 159 In dieser Hinsicht sind die Gräber von Ḥamā lediglich mit den Kremationsgruben von Tell Šayḫ Ḥamad sowie der Grube 30 von Kavuşan Höyük vergleichbar. Kreppner 2008, S. 271, Tab. 1; Kozbe 2010. Vgl. Lange 2014. 160 Im Gegensatz zu den „Head-and-hoofs“-Beigaben der Gräber Nordostsyriens, die vermutlich Überreste eines Totenmahls der Hinterbliebenen darstellen. Akkermans und Smits 2008, S. 252– 253. Vgl. Lange 2014.

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beispiele aus Rās al-Bassīṭ und Tyros alBaṣṣ nahezulegen, dass es sich hierbei um ersteres gehandelt haben könnte. 161 8.1.3.2.6 Grabmarkierungen Als Grabmarkierungen wurden in Ḥamā schmucklose und äußerst grob bearbeitete Stelen verwendet. Es sind insgesamt drei Stück gefunden worden, welche aus aš-Šaǧara stammen,  d.h.  der Periode  IV von ca.  800 bis 720 zugewiesen werden können (G  IX ad 3?, 103, G  XXII 18, Abb.  103). 162 Sie messen in der Höhe zwischen etwa 0,60 und 1 m sowie in der Breite ungefähr 0,30 bis 0,50 m. Darüber hinaus könnte bei der letztgenannten Stele auch die Kalkschicht noch sichtbar Abb. 103: Grabstelen in Ḥamā. gewesen sein. 163 P. J. Riis misst der Tatsache, dass die Stelen allein im jüngeren Gräberfeld gefunden wurden, jedoch keine größere Bedeutung zu und vermutet, dass sie auch über älteren Gräbern errichtet worden sein könnten und bei der Anlage von jüngeren Gräbern gestört wurden. 164 Angesichts der Tatsache, dass häufig kleine Erdhügel über den Gräbern errichtet wurden, die zumindest eine Zeit lang den Ort des Grabes markierten, könnten Stelen jedoch auch eine spätere Entwicklung darstellen. Außerdem überschneidet sich die Urnenverteilung der oberen Schichten häufig mit der der unteren, d.h. es existierten vermutlich keine sichtbaren Überreste mehr, als neue Gräber direkt über den alten angelegt wurden und jene dabei teilweise gestört wurden, 165 was auf die Absenz oder eine begrenzte Anzahl von Stelen in der älteren Nekropole hindeutet. Somit ist es plausibel anzunehmen, dass die Mehrzahl der Gräber unmarkiert blieb bzw. erst dann neue Gräber angelegt wurden, als die Erdhügel nicht mehr von ihrer Umgebung differenziert werden konnten. 161 Die Zähne von Ovicapriden und Rind aus Urne 8 in Tyros al-Baṣṣ weisen zusätzlich zu den Brandspuren Spuren einer Essenszubereitung (Kochen bzw. Braten) auf und werden als Reste einer Mahlzeit interpretiert. Millán et al. 2004, S. 229–230. Dagegen war der Milchzahn eines Ovicapriden aus Grab 39 von Rās al-Bassīṭ gekocht, aber nicht verbrannt. Er wird als Rest eines zweiten Totenmahls gedeutet, im Gegensatz zu den verbrannten Tierknochen, welche Spuren des ersten sein sollen. Courbin 1993, S. 41, 91, 95–96. Vgl. Lange 2014. 162 Riis 1948, S. 28, 31, Abb. 18. 163 Riis 1948, S. 28. 164 Riis 1948, S. 28. 165 Riis 1948, S. 4.

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Abb. 104: Grabungen in Tell an-Naṣrīya 2010.

Abb. 105: Gräberfeld von Tell an-Naṣrīya.

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Tell an-Naṣrīya

8.2

Tell an-Naṣrīya

8.2.1

Einleitung

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Bereits während der dänischen Grabungen in Ḥamā ist eine Sondage an einem Hang des Tell an-Naṣrīya, ca.  13  km nordwestlich von Ḥamā, durchgeführt worden, bei der vier eisenzeitliche Kremationsurnen sowie 99 Keramikfragmente geborgen werden konnten. 166 Im Zuge der syrisch-französischen Ausgrabungen, die hier von 2008 bis 2010 unter der Leitung von Michel al-Maqdissi und Dominique Parayre stattgefunden haben (Abb. 104), 167 sind am südlichen Abhang der Unterstadt 52 weitere Kremationsurnen zum Vorschein gekommen und zum Teil vorläufig publiziert worden (Abb. 105). 168 Siedlungsspuren bezeugen eine Nutzung des mehr als 70 ha großen, annähernd quadratischen Tells am Ufer des Orontes mindestens von der Frühbronzezeit IV bis zur Eisenzeit II sowie im Mittelalter. Allerdings konnten trotz der relativ umfangreichen Ausgrabungen mit acht Grabungsstellen in der Ober-und Unterstadt bislang weder spätbronze- noch früheisenzeitliche Schichten identifiziert werden. 169

8.2.2

Kremationsgräberfeld

Das Gräberfeld von Tell an-Naṣrīya befindet sich am südlichen Rande der Unterstadt, am Abhang des heutigen Tell zum Ufer des Orontes hin, was deshalb bemerkenswert ist, da sich alle bisher entdeckten Brandgräberfelder Nordsyriens und Südostanatoliens außerhalb der Siedlungen befanden. Andererseits konnten wie erwähnt bei den Ausgrabungen keine zeitgenössischen Siedlungsspuren gefunden werden, so dass eine gleichzeitige Nutzung von Nekropole und Stadt noch unsicher ist. Der Zugang zum Gräberfeld scheint von Nordwesten her erfolgt zu sein, wo sich Stufen befanden, während im Süden eine Mauer gefunden worden ist, die eine Begrenzung des Areals impliziert. 170 Insgesamt wurden hier bisher 52 Urnen entdeckt; ein genauerer Ort der vier von der dänischen Mission entdeckten Gräber ist nicht angegeben, so dass diese eventuell von einem anderen Gräberfeld stammen könnten. Beiden gemeinsam ist die Lage an einem Hang. 171 166 Riis 1948, S. 26, 260. 167 Nach einer Oberflächenbegehung 2007, die als erste Kampagne gezählt wird. Al-Maqdissi et al. 2009; dies. 2010a; dies. 2010b; dies. 2011; Al-Maqdissi et al. 2012. 168 Faivre 2010; ders. 2013; Parayre 2011; Tenu und Rottier 2010; dies. 2014; Tenu 2013a. 169 Al-Maqdissi et al. 2012; Tenu 2013a, S. 426. 170 Parayre 2011, S. 2. 171 Riis 1948, S. 26. In Tenu und Rottier 2014, S. 124 wird eine Gesamtzahl von 54 Gräbern genannt, aber in Tenu und Rottier 2014, S. 132, Abb. 2 sind 26 Gräber von 2008 und 24 Gräber von 2009– 2010 eingezeichnet, wobei zwei (nicht eingezeichnete) Gräber von dem Felsblock in der Mitte zerstört wurden (Nr. 435 und Nr. 437, Tenu und Rottier 2014, S. 125). Allerdings ist an anderer Stelle

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8.2.2.1 Datierung Die vier von P. J. Riis datierten Gefäße weisen Parallelen zu allen vier Phasen der Nekropolen von Ḥamā auf. Allerdings scheint bei diesen eine gewisse Tendenz zur jüngsten Periode IV, ca. 800 bis 720, zu bestehen. 172 Bezüglich der jüngst ausgegrabenen Urnen ist Xavier Faivre zunächst zu dem Schluss gekommen, dass die von ihm analysierten Grabgefäße ihren Gegenstücken aus Perioden I–III von Ḥamā entsprechen und demnach ein zeitliches Spektrum vom Beginn der Eisenzeit bis zum Beginn der Eisenzeit II abdecken könnten, d.h. von ihm absolut zwischen ca. 1150 bis ca. 850 angesiedelt worden sind. 173 A. Tenu dagegen hat zunächst lediglich eine Zeitspanne vom Ende der Spätbronzezeit sowie der (beginnenden) Eisenzeit I in Betracht gezogen. Als Beleg dafür hat sie sowohl auf die Keramikformen als auch auf die charakteristischen Fayenceperlen verwiesen. 174 Mittlerweile hat X. Faivre seine Einschätzung revidiert. In seinem jüngsten Beitrag teilt er die Urnen nach wie vor typologisch in drei Gruppen ein – lokal produzierte Krüge ohne Henkel, mit zwei Henkeln, jeweils mit relativ grober roter Bemalung im Stile der ägäischen Späthelladisch IIIC-Periode oder mit einem Henkel, ohne Bemalung – datiert aber die zweite Gruppe vom Ende des 13. bis zum Beginn des 10. Jh., was er durch die 14 C-Untersuchungen der darin befindlichen Knochen unterstützt sieht. 175 Gruppe 3 wird von ihm als unmittelbarer, spätbronzezeitlicher Vorläufer der Gruppe 2 betrachtet, vor allem aufgrund des Vergleichs mit Keramik aus Tell Afis. 176 Von 35 vorläufig publizierten Urnen gehören jedoch nur zwei diesem Typ an und bilden somit (noch) die kleinste Gruppe. 177 Schwierigkeiten bereitet die zeitliche Einordnung der Gruppe  1, die bis auf die fehlenden Henkel dem äußeren Erscheinungsbild der Gruppe 2 entspricht, deren 14 C-Analysen jedoch in zwei von drei Fällen ein bedeutend höheres, spätbronzezeitliches Alter ergaben: Die älteste Probe, von Urne 212, ergab einen Wert von 1445 bis 1320 (± 30

172 173 174 175 176 177

von 35 Urnen der Grabung von 2008 (Faivre 2010), 18 „Depots“ aus der Grabung 2009 und 11 „Strukturen“ aus der Grabung 2010 (Tenu et al. in Maqdissi et al. 2012, S. 207) die Rede, was insgesamt 64 ergäbe, falls die Urnen aus jeweils einem Grab stammen (allerdings wird nirgendwo auf Mehrfachurnengräber hingewiesen) bzw. mit den Begriffen „Depot“ und „Struktur“ ausschließlich Gräber bezeichnet werden. Nasriyé 1: I–III, Nasriyé 2: I–IV, Nasriyé 3: IV, Nasriyé 4: II, IV. Riis 1948, S. 49–50, 56, 61, 79, 84, 260. Faivre 2010, S. 38–39. Tenu und Rottier 2010, S. 26, Anm. 16; Tenu in Al-Maqdissi et al. 2011, S. 10. Urne 201: 1263–1052, Urne 233: 1389–1212 (jeweils ± 30 Jahre). Faivre 2013, S. 327–328; Tenu und Rottier 2014, S. 125, Anm. 4. Faivre 2013, S. 329, 345. Von dieser Gruppe wurden keine Radiokarbondatierungen gemacht, was angesichts der relativ langen Laufzeit dieser Keramikform wünschenswert gewesen wäre. Faivre 2010, S. 38.

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Tell an-Naṣrīya

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Jahre). 178 Darüber hinaus konnte für eine Probe aus der Kremationsschicht, 179 worin sich eine sehr große Anzahl ungleichmäßig verbrannter Knochen befand, eine Entstehungszeit zwischen 1003 und 841 (± 30 Jahre) ermittelt werden. 180 Somit kann die Nutzung des Grabareals momentan mindestens vom 14. Jh. bis zum 10. oder 9. Jh. bestimmt werden, wobei die nachgewiesenen Bestattungen in den Urnen bereits im 11. Jh. oder zu Beginn des 10. Jh. abbrechen, 181 während die als Scheiterhaufen gedeutete Kremationsschicht aus dem 10. oder 9. Jh. eine Weiterführung der Brandbestattung impliziert. Insgesamt stellt diese Datierung insofern ein Problem dar, als dass aus der Spätbronze- bis frühen Eisenzeit bisher keine Besiedlungsspuren identifiziert werden konnten. 182 8.2.2.2 Bestattungsformen Eine Eigenheit der Gräber von Tell an-Naṣrīya stellt die vermutlich angewandte Verbrennungsmethode dar, die wohl nicht mittels eines Scheiterhaufens durchgeführt wurde, worauf zwei Indizien hindeuten: Erstens sind die erhaltenen Knochen weniger kleinteilig als bei herkömmlichen Kremationen mittels Scheiterhaufen und zweitens scheinen menschliche Überreste in Urne 214 eingebracht worden zu sein, während sie sich noch im anatomischen Verband befanden. 183 Unvollständige bzw. partielle Kremationen sind auch in Yunus, Yurtbağı, Tell Šiyuḫ Fawqānī sowie in Rās al-Bassīṭ belegt, wobei die Körper mit den geringsten Verbrennungsspuren wohl hier und in Yurtbağı zu finden sind. Aufgrund der relativ frühen Datierung der Gräber von Tell an-Naṣrīya könnte hier das technologische Argument als Ursache für diese Erscheinung am stärksten zu gewichten sein; es erklärt aber nicht den Befund aus Yurtbağı. Eine zweite Eigenheit stellt die Tatsache dar, dass im Gegensatz zu allen anderen archäologisch erforschten Kremationsnekropolen bisher keine einzige Körperbestattung gefunden werden konnte. Eventuell ist dies jedoch mit der Absenz von Neugeborenen und Kleinkindern zu erklären.

178 Urne 210: 1257–1021, Urne 230: 1417–1269 (ebenfalls jeweils ± 30 Jahre). Faivre 2013, S. 327–328, 334–335, 345; Tenu und Rottier 2014, S. 125, Anm. 4. Diese Diskrepanz könnte in Anbetracht der Tatsache, dass die Urnen möglicherweise teils frei zugänglich auf dem Felsen standen, eventuell dadurch erklärt werden, dass die körperlichen Überreste umgebettet oder erst sekundär verbrannt wurden. 179 Siehe Abschnitt 8.2.2.7. 180 Tenu 2012, S. 130–131. 181 Tenu und Rottier 2014, S. 125. 182 Al-Maqdissi et al. 2012; Tenu 2013a, S. 426. 183 Tenu und Rottier 2010, S. 24.

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8.2.2.3 Alter und Geschlecht der Bestatteten Nach der anthropologischen Untersuchung von fünf Urnen hat sich gezeigt, dass alle Altersgruppen ab etwa fünf Jahren unter den kremierten Individuen vertreten sind. 184 Aufgrund der geringen Anzahl analysierter Urnen bleibt daher vorläufig abzuwarten, ob wie in Ḥamā Neugeborene ebenfalls unverbrannt bestattet wurden und ob ihre Absenz auf einen separaten Bestattungsplatz hinweist. 185 Bezüglich der Verteilung von Männern und Frauen liegen bislang keine Informationen vor. Es scheinen jedoch beide Geschlechter vertreten zu sein und es wird zumindest eine, aufgrund ihrer anthropologischen Merkmale vermutlich weiblich einzuschätzende Person erwähnt. 186 An möglicherweise geschlechtsspezifischen Grabbeigaben sind wenige eiserne Pfeilspitzen, aber keine Spinnwerkzeuge gefunden worden. 8.2.2.4 Grabgefäße und Grababdeckungen Die Grabgefäße von Tell an-Naṣrīya erscheinen in drei verschiedenen Variationen: Unbemalt mit einem Henkel sowie rot bemalt ohne oder mit zwei Henkeln. Die bemalten Grabgefäße verweisen auf ägäische Vorbilder der Periode Späthelladisch IIIC, sind aber ebenso wie vergleichbare Exemplare aus Ḥamā lokal hergestellt. 187 Die Urnen wurden zum größten Teil in natürlichen Felsmulden platziert, welche teilweise erweitert und anschließend mit Steinen und Lehmziegelfragmenten bedeckt wurden; nur eine Urne wurde im Erdboden versenkt angetroffen. 188 Manche Indizien weisen darauf hin, dass eine dritte Gruppe von Urnen auf dem Felsen abgestellt wurde, unbedeckt und somit aufgrund der Lage des Gräberfeldes über dem Fluss weithin sichtbar blieb. 189 Erstaunlicherweise wurden trotz der Nähe zu den Gräberfeldern von Ḥamā, auf dem häufig Grab­abdeckungen verschiedener Art verwendet wurden, bisher nur zwei in der Nekropole von Tell an-Naṣrīya gefunden, die sich im Verhältnis sehr einfach ausnehmen: Es handelt sich dabei um einen Stein sowie um eine Scherbe. 190 Andererseits ist es möglich, dass dieser Umstand durch die Fundsituation, d.h. den schlechten Erhaltunsgzustand der Urnen, bedingt ist. 191

184 185 186 187 188 189 190 191

Tenu und Rottier 2010, S. 24–25. Parayre 2011, S. 2. Grab 201. Tenu 2013a, S. 434. Faivre 2010; ders. 2013. Zur Diskussion des problematischen Begriffs „Späthelladisch“, siehe Middleton 2015, S. 50–51. Al-Maqdissi et al. 2009, S. 11; Tenu und Rottier 2010, S. 22; Tenu 2013a, S. 426. Parayre 2011, S. 2; Tenu 2013a, S. 426. Tenu et al. in Al-Maqdissi et al. 2012, S. 207; Tenu 2013a, S. 427. Tenu und Rottier 2010, S. 22.

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8.2.2.5 Objekte des Bestattungsrituals In den Urnen von Tell an-Naṣrīya konnten Metallpartikel nachgewiesen werden, die darauf hindeuten, dass bestimmte Objekte zwar auf dem Scheiterhaufen verbrannt, aber nicht mit aufgesammelt und in das Grabgefäß gelegt wurden. Wie im Fall von Tell Šiyuḫ Fawqānī wird von A. Tenu vermutet, dass diese den Trauernden gegeben oder in Erinnerungsstätten aufbewahrt wurden. 192 Deshalb soll hier ebenfalls ergänzt werden, dass diese Objekte vielleicht speziell für das Bestattungsritual gedacht waren und keine weitere Verwendung für sie vorgesehen war. 8.2.2.6 Grabbeigaben Beigabenlose Gräber Bei den Gräbern ohne Grabbeigaben zeigt sich ein gewisser Unterschied zu den Urnenfeldern von Ḥamā: Von den 2010 vorläufig publizierten 35 Urnen enthielten 17 keine Grabbeigaben. 193 Rechnet man die von P. J. Riis veröffentlichten vier beigabenlosen Urnen hinzu, ergibt sich ein Anteil von ca. 54 %, was einen etwas geringeren Anteil als bei den Gräbern von Ḥamā darstellt (63 % in Periode I). Behandlung Aus dem Zustand eines Teils der Grabbeigaben geht hervor, dass diese nur zum Teil mit verbrannt wurden. Insbesondere der Fund einer oder mehrerer Perlenketten, die sich in ihrem Originalzustand befunden haben müssen, als sie in die Urne gelegt wurden, d.h. noch aufgereiht waren, spricht für eine Deponierung ohne vorherige Verbrennung. 194 Repertoire Zu den Grabbeigaben zählen Perlen in großer Anzahl, u.a. aus Fayence, perforierte Knochenplättchen, Astragali, eiserne Pfeilspitzen sowie ein bronzener Fingerring. 195 Im Vergleich zu den Beigaben in Ḥamā ist das Repertoire demnach deutlich eingeschränkter, was zum einen auf die geringere Urnenanzahl und zum anderen auf den Erhaltungszustand zurückgeführt werden könnte. Das bislang auffälligste Merkmal – auch im Vergleich mit anderen nordwestsyrischen Urnengräbern – stellt die Absenz von Spinnwir192 Tenu 2013a, S. 432. 193 Tenu und Rottier 2010, S. 25, Anm. 14. Da Abb. 9 eine Perle aus Urne 233 zeigt, welche jedoch nicht in der Liste mit Urnen, die Grabbeigaben enthielten, erscheint, und mehr als die Hälfte der Urnen Grabbeigaben enthalten haben sollen (Tenu und Rottier 2010, S. 25, Anm. 14), wird hier davon ausgegangen, dass Urne 233 in dieser Aufzählung vergessen wurde. Die andere Möglichkeit wäre eine falsche Bildunterschrift. 194 Tenu und Rottier 2010, S. 25. 195 Tenu und Rottier 2010, S. 25; Tenu 2013a, S. 430.

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Ḥamat

teln und Fibeln dar. Erstaunlicherweise wurde auf Keramikgefäße neben den Urnen ebenfalls verzichtet. 196 Tierknochen Die bisherigen Aussagen zu den Tierknochen der Kremationsgräber von Tell an-Naṣrīya sind hinsichtlich des Ortes ihrer Deponierung widersprüchlich. Einerseits sollen sich Überreste von Tieren in der Nähe der Urnen befunden haben. 197 An anderer Stelle heißt es dagegen, dass keine Tierknochen in der Umgebung der Urnen gefunden worden seien. 198 Laut einem dritten Bericht sollen sie stets mit den menschlichen Knochen vermischt gewesen sein. Außerdem seien sie Schafen oder Rindern zuzuordnen und repräsentierten jeweils nur Teile, aber kein vollständiges Skelett. 199 Dem zweiten Bericht nach zu urteilen, entspricht dieser Befund weitestgehend dem der Urnengräber von Ḥamā, ebenso wie die übereinstimmende Beobachtung beider Berichte, dass sowohl verbrannte als auch unverbrannte Tierknochen gefunden worden sind. 8.2.2.7 Kremationsschicht In Sektor 79/74 wurde eine Schicht aus verbrannten menschlichen Knochen gefunden, deren stratigraphische Beziehung zu den Kremationsgräbern unklar bleibt, da in den Zwischenräumen nicht gegraben worden ist. Im Gegensatz zu den Knochen der Urnen, die überwiegend weiß waren, sind die Knochen dieser 10 cm starken und 1,50 m langen Schicht weiß und schwarz. Womit diese Schicht bedeckt war, konnte wegen der direkt darüber einsetzenden mittelalterlichen Schichten nicht ermittelt werden; unter den verbrannten Knochen befand sich eine Schicht, die sich aus Kieseln, Kalksteinen und einigen Scherben zusammensetzt. Der Befund wird als Scheiterhaufen gedeutet. 200 Vielleicht handelt es sich jedoch auch um ein Brandschüttungsgrab. Der vorläufige Befund erinnert entfernt an Grab 4 am Rand der „Coupole de Loth“ von Qaṭna, wo ebenfalls eine Kieselschicht angelegt wurde, um darüber Knochen zu verbrennen. Allerdings ist unklar, ob es sich um eine Kremation oder um ein Ritual im Zusammenhang mit Feuer handelte. 201 Wie bereits oben erwähnt, ist die Schicht nach den 14C-Datierungen jünger als die untersuchten Urnen (1003 und 841 ± 30 Jahre) einzuschätzen. 202

196 197 198 199 200 201 202

Tenu et al. in Al-Maqdissi et al. 2012, S. 207. Tenu und Rottier 2010, S. 22. Tenu et al. in Al-Maqdissi et al. 2012, S. 207. Tenu 2013a, S. 431. Parayre 2011, S. 2. Tenu et al. in Al-Maqdissi et al. 2012, S. 209. Siehe Abschnitt 8.3.2.3, S. 489, Anm. 239. Tenu 2012, S. 130–131.

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Tell an-Naṣrīya

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8.2.2.8 Steinblock mit Napflöchern Etwa in der Mitte des erforschten Gräberfeldes befand sich ein unregelmäßig geformter, grob behauener Kalksteinblock (Länge ca. 1 m, Breite ca. 0,80 m), dessen südliche Spitze abgerundet und auf dessen Oberfläche ungefähr 50 kleine, sehr flache Vertiefungen angebracht waren. 203 Tatsächlich war der Steinblock bereits so erodiert, dass die ursprüngliche Anzahl der Löcher nicht mehr feststellbar ist. Auch ein Muster in der Anordnung lässt sich nicht erkennen. 204 Er war nicht von Beginn an Teil des Gräberfeldes, sondern wurde erst nach einiger Zeit hier aufgestellt, da er mindestens zwei Urnen störte. 205 Aufgrund von Vergleichen mit ähnlichen Steinen in der altorientalischen, ägäischen und ägyptischen Hemisphäre erwägt A. Tenu zwei verschiedene Hypothesen: Entweder diente der Steinblock zur Aufnahme von Libationen oder als Spielstein, der aufgrund seines funerären Kontextes wohl im Sinne magischer, insbesondere divinatorischer oder nekromantischer Praktiken betrachtet werden muss. Aufgrund der verhältnismäßigen Seltenheit solcher Steine sowie weiterer Indizien zu ihrer Funktion, sieht sie allerdings davon ab, sich für eine dieser beiden Interpretationen zu entscheiden. 206 Hervorzuheben ist jedoch die Möglichkeit, dass die Astragali aus dem Grab 201 zusammen mit dem Stein verwendet worden sein könnten, 207 während Indizien für die Existenz oder die Verwendung von Libationsgefäßen bisher fehlen. Zwei vergleichbare, aber kleinere Steine sind im Stadtgebiet von Ḥamat entdeckt worden und vermutlich der Periode F zuzuordnen,  d.h.  zum Teil zeitgleich mit der späteren Phase des Gräberfeldes von Tell anNaṣrīya. 208 Ihr Fundkontext, unter einer Mauer, hilft bezüglich der Interpretation jedoch nicht weiter. Ebenfalls schwierig zu interpretieren sind die drei als Spielbretter deklarierten Kalksteinplatten aus einem tiefen Schacht neben dem sog. „Goldgrab“ in Karkamiš, die vermutlich ebenfalls zahlreiche kleine Napflöcher aufweisen. 209 Im Gegensatz dazu sind die Opfertische aus den Gräberfeldern von Yunus und Deve Höyük sowie dem Stadtgebiet von Karkamiš von diesem Steinblock zu differenzieren. 210

203 204 205 206 207

Tenu 2012. Tenu 2012, S. 136. Tenu 2012, S. 131. Tenu 2012, S. 137–138. Tenu 2012, S. 136–137. Während in Tell an-Naṣrīya Astragali bislang nur in einem Grab (201) gefunden worden sind, konnten sie in Yunus / K arkamiš in drei (außerdem je ein Grab mit einem Würfel bzw. Spielsteinen), in Yurtbağı in einem, in Ḥamā in 11 (außerdem enthielten zwei der Gräber auch Spielsteine und ein Grab Spielsteine ohne Astragali) und in Tell Šiyuḫ Fawqānī in 12 Gräbern festgestellt werden. Vgl. Tenu 2013a, S. 434. 208 Fugmann 1958, S. 261, Abb. 343, 346–347; Tenu 2012, S. 133. 209 Siehe Abschnitt 4.1.4.1. 210 Tenu 2012, S. 133.

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Ḥamat

8.2.2.9 Interpretation Die Lage der Gräber von Tell an-Naṣrīya im Gegensatz zu anderen, vor allem in die Eisenzeit zu datierenden, Kremationsgräberfeldern intramural am Rande der Unterstadt trotz bisher unentdeckter zeitgenössischer Siedlungsspuren könnte ein Anzeichen dafür darstellen, dass sich die spätbronzezeitliche Stadt entweder an einer anderen Stelle des Tell oder sogar abseits des Ortes befand. Falls die Stadt jedoch kontinuierlich besiedelt blieb, können die Gräber trotz ihrer verhältnismäßig kargen Ausstattung sowie ihres limitierten Beigabenspektrums aufgrund ihrer prominenten Lage potenziell der Oberschicht zugeordnet werden.

8.2.3

Extramuraler Doppeltumulus Tell Zūr an-Naṣrīya

Unter der Bezeichnung Tell Zūr an-Naṣrīya verbergen sich zwei Tumuli, die einige hundert Meter östlich von Tell an-Naṣrīya errichtet wurden. 211 Teile des östlichen der beiden Grabhügel, dessen größte Erhebung sich im nordöstlichen Bereich befindet und sich dann ca. 180 m gen Südwesten erstreckt, sind ergraben worden, wobei mindestens drei verschiedene Bauphasen differenziert werden konnten. Über der ersten ca. 5 m hohen Struktur im Südosten, von der außer Lehmziegelresten wenig erhalten blieb, wurde während der Frühbronzezeit I V ein bedeutend größerer Hügel errichtet. 212 Der nördliche Abschnitt, mit seinen eindrucksvollen Fundamenten aus großen Kalkstein- und Basaltblöcken, die wohl vormals die Grabkammern bildeten, stammt aus der Mittelbronzezeit IB–II. 213 Zusätzlich wurde auf einer Länge von über 50 m in südwestlicher Richtung von dieser neuen Erhebung aus eine Lehmziegelplattform errichtet, die mit zahlreichen Knochen von Equiden, Boviden, Capriden und Wildtieren sowie Keramik- und Steinobjekten bedeckt und von zwei Mauern umschlossen war. Die Spuren sind vorläufig als Anzeichen dafür gedeutet worden, dass an diesem Ort rituelle Aktivitäten in Zusammenhang mit den Gräbern durchgeführt und / oder Totenmähler abgehalten wurden. 214 Über diesen Mauern ist eine große eisenzeitliche Konstruktion aus Lehmziegeln und Trockenmauerwerk gefunden worden, die eingestürzt war. Dass diese Struktur, ebenso wie die vorherigen, funerären Zwecken diente, liegt trotz des zeitlichen Abstands im Bereich des Möglichen, kann ohne weitere Verdachtsmomente derzeit jedoch nicht erhärtet werden. 215

211 Parayre 2011, S. 2–3, Abb. 15–20; Sévin-Allouet und al-Sheikh Ibrahim in Al-Maqdissi et al. 2012, S. 205–207, Abb. 15–18. 212 Parayre 2011, S. 3. 213 Parayre 2011, S. 3; Sévin-Allouet und al-Sheikh Ibrahim in Al-Maqdissi et al. 2012, S. 205. 214 Parayre 2011, S. 3; Sévin-Allouet und al-Sheikh Ibrahim in Al-Maqdissi et al. 2012, S. 205–206. 215 Sévin-Allouet und al-Sheikh Ibrahim in Al-Maqdissi et al. 2012, S. 206.

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Tell Mišrīfa

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Dass eine Verbindung zum Gebäude am Nordrand des Tumulus „Coupole de Loth“ in Tell Mišrīfa vorliegt, 216 kann bis zur Publikation der Ausgrabungsergebnisse nur gemutmaßt werden.

8.3

Tell Mišrīfa

8.3.1

Einleitung

Tell Mišrīfa bzw. das bronzezeitliche Qaṭna stellt den größten und bedeutendsten Tell der Region dar und liegt ca. 30 km südlich von Ḥamā, das während der Blütezeit Qaṭnas wohl diesem Königreich angehörte, während es sich in der Eisenzeit, in welcher der Name von Tell Mišrīfa bisher unbekannt ist, vermutlich umgekehrt verhielt. 217 Während die Siedlung in der Eisenzeit IC sich wohl nur über einen kleinen Teil des Umfangs der bronzezeitlichen Metropole erstreckte, dürfte die Stadt der Eisenzeit II wohl die gesamte Fläche Qaṭnas, und somit etwa die dreifache Größe Ḥamats, eingenommen haben (Abb. 106). 218 Im Gegensatz zu Ḥamat weist die Stadt keine Zerstörungsspuren am Ende des 8. Jh. auf. Einen Hinweis auf die mögliche ethnische Zusammensetzung von Tell Mišrīfa geben mehrere aramäische Stempelabdrücke auf Pithoi sowie zwei Inschriften auf Ostraka, weshalb die Stadt der Eisenzeit auch als aramäisch bezeichnet wird. 219 Inzwischen sind jedoch auch zwei hieroglyphenluwisch beschriftete Stempelabdrücke auf Vorratsgefäßen gefunden worden, so dass dies wieder etwas relativiert wird. 220 Die Verwendung des Luwischen als Verwaltungssprache sowie die drei Statuenköpfe, die in der Tradition der syro-hethitischen Herrscherstatuen stehen, weisen Tell Mišrīfa als eine weitere, und nach aktueller Forschungslage südlichste, Stadt aus, in der sich aramäische und luwische Traditionen verbunden haben dürften. Das eisenzeitliche Tell Mišrīfa scheint vor allem eine Rolle in der Nahrungsmittelproduktion und -lagerung, der Textilproduktion sowie der Verwaltung innerhalb des Königreiches Ḥamat gespielt zu haben. 221

216 217 218 219 220 221

Siehe Abschnitt 8.3.2.3. Morandi Bonacossi 2009, S. 127; ders. 2013, S. 122. Morandi Bonacossi 2009, S. 120. In der Bronzezeit war Qaṭna ca. 110 ha groß, Ḥamat ca. 33 ha. Morandi Bonacossi 2009, S. 129; ders. 2019, S. 201 (zu den Schriftfunden). Morandi Bonacossi 2019, S. 201–202. Morandi Bonacossi 2019, S. 185–204.

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Ḥamat

Abb. 106: Ausgrabungen in Tell Mišrīfa 2008.

8.3.2

Befunde der Eisenzeit

8.3.2.1 Gräber Gräber aus der Eisenzeit  II sind im Bereich J, der Kuppe des annähernd mittigen und höchsten Hügels von Tell Mišrīfa, gefunden worden. 222 Es handelt sich um Inhumationen von sechs Individuen, jeweils drei Frauen (G 2, 5, 6) und drei Männern (G 7–8, 11) zwischen 20 und 45 Jahren. Dabei wurden alle drei Männer in einfachen Erdgräbern bestattet, während die Grabgruben der Frauen mit Lehmziegeln bedeckt waren, die auf der Verfüllung des Grabes und einer Schicht Lehmputz lagen. Alle Körper lagen auf der rechten Seite; die Beine waren gestreckt oder leicht angezogen; die Hände waren meist über dem Becken zusammengelegt. Da die Gräber in ost-westlicher oder ostnordöstlichwestsüdwestlicher Richtung angelegt wurden, waren die Gesichter der Toten nach Süden bzw. Südosten ausgerichtet; die Häupter der Verstorbenen kamen demzufolge im Westen zur Ruhe. Grabbeigaben waren bei keinem dieser Gräber vorhanden. Allerdings konnte zwischen Verfüllung und Lehmziegeln bei G 2 eine Ascheschicht sowie ein zertrümmerter Keramikkrug nachgewiesen werden, während an derselben Stelle von G 5 ebenfalls eine Ascheschicht vorhanden war, was auf Bestattungsrituale während der Grabschlie222 Canci 2002; ders. 2003; Morandi Bonacossi 2002, S. 125–127; ders. 2003, S. 107–108, Abb. 23; Canci und Morandi Bonacossi 2006.

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Tell Mišrīfa

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ßung zurückzuführen ist und somit an phönizische Grabschließungsrituale erinnert, bei denen ebenfalls zerbrochene Keramikgefäße sowie Brandspuren in den Gräbern gefunden wurden. 223 Da der östliche Teil von Grab 6 gestört war, könnten auch hier ursprünglich Spuren eines ähnlichen Bestattungsrituals vorhanden gewesen sein. 224 Zusätzlich lag südlich der Lehmziegeldecke von G 5 ein Basaltstein (42 × 20 cm), der von D. Morandi Bonacossi als Gewicht oder Türangelstein interpretiert wird. 225 Bei allen Skeletten auftretende anatomische Anomalien deuten darauf hin, dass die sechs bestatteten Individuen verwandt gewesen sein könnten und die Gräber demnach als Familienfriedhof zu betrachten wären. 226 Darüber hinaus verweisen Abnutzungsspuren an den Knochen auf harte körperliche Arbeit, was zusammen mit den fehlenden Grabbeigaben darauf hinzudeuten scheint, dass die Verstorbenen dem unteren sozialen Spektrum angehörten. 227 Abgesehen davon wurde bereits unter der Leitung von R. d. Mesnil du Buisson ein Inhumationsgrab im Bereich zwischen dem königlichen Palast und dem Nordtor entdeckt, welches dieser als eisenzeitlich ansah, was jedoch nach G. Lehmann nicht sicher sei. 228 Es enthielt verschiedene Keramikgefäße, Steinobjekte und -gefäße sowie ein zweischneidiges Messer aus Bronze. Die auffälligsten Eigenheiten der eisenzeitlichen Gräber von Tell Mišrīfa sind demnach die Wahl der Inhumation anstelle der in den benachbarten Gebieten verbreiteten Kremation, 229 die Wahl eines intramuralen Besttattungsplatzes sowie das komplexere Bestattungsritual für Frauen. Die Körperbestattung auf der rechten Seite findet sich dagegen auch in dem spätbronzezeitlichen Grab 2592 in Tell Šiyuḫ Fawqānī, zusammen mit einer Urnenkremation. 8.3.2.2 Statuen Des Weiteren sind drei Statuenköpfe aus Basalt zu nennen, deren Funktion potenziell im Totenkult zu verorten sein könnte, da sie keine Götter, sondern vermutlich Herrscher oder zumindest Menschen abbildeten. Das bekannteste Exemplar (49 × 34 × 36 cm, Abb. 107) ist größer als lebensgroß und wurde im nördlichen Bereich des ehemaligen Königspalastes, heute als Operation G bezeichnet, gefunden. 230 Weitere Angaben zum Kontext liegen nicht vor. Aufgrund der deutlichen stilistischen Parallelen zum Kopffragment einer sitzenden Königsstatue aus 223 Tyros al-Baṣṣ, Aḵzīv und ‘Aṯlīṯ. Vgl. Aubet 2004, S. 61–62. Die zerbrochenen Gefäße aus Ḫalda Grab 166 sind jedoch eher als bewusst zerstörte Grabbeigaben anzusehen. 224 Morandi Bonacossi 2002, S. 126, Anm. 264–265. 225 Morandi Bonacossi 2002, S. 126. 226 Morandi Bonacossi 2002, S. 126; Canci 2002, S. 171. 227 Canci und Morandi Bonacossi 2006, S. 59. 228 Mesnil du Buisson 1935, S. 168, 170–173, Abb. 57, Taf. 50; Lehmann 1996, S. 177. 229 Morandi Bonacossi 2003, S. 108. 230 Clermont-Ganneau 1898; Mesnil du Buisson 1926, S. 312–313, Abb. 26, 30; Ploix de Rotrou 1932, S. 42, Abb. 8; Morandi Bonacossi 2009, S. 130–131, Abb. 14; 2013, S. 123–124, Abb. 9.

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Ḥamat

Abb. 107: Fragment einer Statue aus Bereich G von Tell Mišrīfa.

Tell Tayınat mit der hieroglyphenluwischen Inschrift TELL TAYINAT  1, die ebenfalls Augeneinlagen besaß, kann vermutlich von einer Entstehungszeit während der Eisenzeit IIA ausgegangen werden. 231 Die Gemeinsamkeiten mit der 2012 in Tell Tayınat gefundenen, ebenfalls mit einer luwischen Inschrift versehenen Statue des Königs Suppiluliuma II. aus derselben Stadt, der aufgrund assyrischer Quellen um das Jahr 858 zu datieren ist, 232 scheinen jedoch größer zu sein, da die Locken jeweils weniger detailliert ausgearbeitet wurden und die helmartige Form der Frisur größere Übereinstimmungen aufweist. 233 Die Errichtung der Monumente fällt mithin vermutlich in eine Zeit, in wel-

231 Pfälzner 2007, S. 49; Morandi Bonacossi 2013, S. 123, Abb. 8; ders. 2019, S. 202–203. Vgl. Gelb 1939, S. 39, Taf. LXXIX; Hawkins 2000, S. 365–367. Dagegen verweist Aro 2013, S. 245, Anm. 64 auf Parallelen zum Kopf einer Statuette aus Ebla und spricht sich für eine bronzezeitliche Datierung aus. 232 Weeden 2013, S. 15–16. 233 Freundlicher Hinweis von Birgül Öğüt. Morandi Bonacossi 2019, S. 203 verweist ebenfalls auf die Ähnlichkeit zu jener Statue, ohne eine Gewichtung vorzunehmen. Vgl. Weeden 2013, S. 15–16; Abb. 4. Eine ähnliche Haarform scheinen auch die Priester auf den Stelen aus Nayrab unter ihren Kappen zu verbergen. Clermont-Ganneau 1898, S. 26. Des Weiteren ist von Morandi Bonacossi 2019, S. 203, Anm. 87 auf die Königsdarstellungen auf den Stelen von Arsuz aus dem späten 10. Jh.

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Tell Mišrīfa

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cher Tell Mišrīfa und Tell Tayınat sicher nicht mehr demselben Königreich angehörten, falls dies im 10. Jh. unter Taita II. noch der Fall gewesen sein sollte. Ein etwas gröberer, aber ähnlich gestalteter Kopf wurde 1929 an einem unbekannten Ort des Ausgrabungsgeländes gefunden; zu ihm liegen keine weiteren Informationen vor. Er besaß ebenfalls ursprünglich Augeneinlagen, aber die Form der Haare war natürlich und nicht helmartig. Dieser Kopf war etwa lebensgroß. 234 Ein dritter, deutlich kleinerer und stilisiert ausgearbeiteter Kopf (16 × 12 × 12 cm) wurde in einer Grube in Areal K gefunden, welches stratigraphisch der Eisenzeit IC zugeordnet werden kann. 235 8.3.2.3 Intramuraler Tumulus „Coupole de Loth“ Der 11 m hohe „Coupole de Loth“ getaufte Tumulus im Südosten der Stadt maß zwischen 58 und 48 m an seiner Basis und enthielt drei zentral liegende Fundstellen mit Gräbern sowie eine weitere, als Grab interpretierte Struktur am südlichen Rand (Abb. 106). 236 Die Gräber und damit wohl auch die Errichtung des Tumulus datieren in die Mittelbronzezeit IB–IIA, d.h. etwa ins 19.–18. Jh., einer Zeit, in der die Stadtmauer von Qaṭna errichtet wurde. 237 Während dieser Zeit war die Körperbestattung die vorherrschende Bestattungsart. 238 Zahlreiche Aschereste im Zusammenhang mit den Gräbern lassen zwar an Kremationsbestattungen denken, aber eine solche Deutung ist letztlich fraglich und der Einsatz von Feuer im Rahmen von Ritualen wahrscheinlicher. 239

234 235 236 237 238 239

hingewiesen worden, die ähnliche Frisuren und Augen aufweisen. Vgl. Dinçol et al. 2015, Abb. 5–6, 8–9. Morandi Bonacossi 2009, S. 131; ders. 2013, S. 123–124; ders. 2019, S. 202–203, Abb. 12. Morandi Bonacossi 2009, S. 130–131, Abb. 13; ders. 2013, S. 124, Abb. 10; ders. 2019, S. 202–203. Mesnil du Buisson 1935, S. 62–70, Abb. 15–17, Taf. XIII–XIV; Nicolle 2013. Nicolle 2013, S. 82. Morandi Bonacossi 2011–2013. So befand sich in Grab 3 neben zwei Inhumationen in Krügen auch ein umgedrehtes, offenes Gefäß (Breite 50 cm, Höhe 16 cm), unter dem sich Asche, einige verbrannte Knochen und Holzkohlenreste befanden. Auf der Profilzeichnung ist erkennbar, dass die unterste Schicht aus 3 cm dicker Asche und Holzkohle bestand, darüber eine 5 cm dicke Schicht aus Tonerde lag, die mit Kalkerde vermischt war, wie Robert du Mesnil du Buisson an anderer Stelle schreibt, welche wiederum mit Asche bedeckt war. Mesnil du Buisson 1930, S. 154–155, Abb. 5; ders. 1935, S. 67–68; Nicolle 2013, S. 80, Abb. 9. Es könnte sich also entweder um eine Kremation oder um ein Bestattungsritual handeln, bei dem Feuer und Knochen – ob menschlich oder tierisch wird nicht angegeben – benutzt wurden. Nicolle 2013, S. 80. Die als Grab 4 bezeichnete Fundstelle, die einen kleinen Tumulus von ca. 6 m Durchmesser und ca. 1,5 m Höhe am Rande des großen bildet, enthielt in der dreistufigen, ca. zwei Meter in den Felsen gehauenen Vertiefung eine Ascheschicht ebenso wie (Holz-) Kohle, jedoch keine Knochen. Diese 0,30 m starke Schicht lag auf einer bis zu 1,40 m dicken Schicht aus Kieseln und war zunächst mit Lehmziegelfragmenten, Kalksteinen (ca. 0,20 m) sowie Erde bedeckt (ca. 1,10 m). Mesnil du Buisson 1935, S. 63, Taf. XIV; Nicolle 2013, S. 80, Abb. 10. Es könnte sich dabei eventuell um eine Kremation gehandelt haben oder ein Ritual, das mit dem Aufschütten des kleinen Hügels in Verbindung stand. Falls nachgewiesen werden könnte, dass es sich in beiden

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Ḥamat

In diesem Kontext von Bedeutung ist dagegen ein einräumiges Gebäude mit rechteckigem Grundriss (8 × 5,20 m, Abb.  108) am nördlichen Fuß des Tumulus, welches anhand der inner- und außerhalb des Gebäudes gefundenen Keramik, Fragmente eines Vorratsgefäßes in der Nordostecke bzw. die Böden von zwei großen Vorratsgefäßen an der Nordwestecke, in die Eisenzeit  II datiert werden kann. 240 Das exakt an den Himmelrichtungen orientierte Gebäude erstreckt sich mit der längeren Seite entlang der West-Ost-Achse, wobei sich der Eingang im Westen befand. An der nördlichen Wand des Raumes befindet Abb. 108: Gebäude am Fuß des Nordhangs des sich eine schlecht erhaltene 2,50 m lange Tumulus „Coupole de Loth“ in Tell Mišrīfa. und 40  cm breite Bank aus Ziegelsteinen. Des Weiteren ist auf den oberen Teil einer Basaltstatue (Höhe 43  cm) mit der Darstellung eines schematischen Gesichts an der äußeren Südfront des Gebäudes hinzuweisen, die in der Terminologie von Th. H. Carter als „stone spirit“ aufgefasst werden kann. 241 Diese vom 3. bis zum 1. Jt. auftretenden Figuren werden meist als Repräsentationen von Ahnen interpretiert. 242 Da sich die Statue hier in der gleichen Schicht wie das Gebäude befand, liegt es nahe, eine Verbindung anzunehmen und dementsprechend das Gebäude als Ort zu interpretieren, an welchem Ahnenkult praktiziert wurde. Dafür spricht zudem die Lage am Rand des Tumulus, von dem angenommen werden kann, dass seine Funktion als Grabstätte zur Errichtung des Gebäudes an diesem Ort beigetragen haben könnte, sofern die Erinnerung daran noch lebendig war. M. al-Maqdissi geht davon aus, dass die Kultstätte vor allem von Nomaden genutzt wurde, wodurch das Problem

Fällen tatsächlich um Kremationsbestattungen handelte, könnten zwei Elemente der Gräber von Ḥamā – die Kremation an sich sowie die möglicherweise symbolische Aufschüttung von kleinen Erdhügeln – eventuell aus der Perspektive des Tumulus von Qaṭna, d.h. als lokale Entwicklung bei der Anlage von Kremationsgräbern, betrachtet werden. Die Verwendung von Kalkerde bzw. Kalksteinen zur Bedeckung der Ascheschichten ist im Falle Qaṭnas jedoch auf die natürlichen Gegebenheiten – der Hügel fußt auf Kalkstein – denn auf eine bewusste Auswahl zurückzuführen. Vgl. Nicolle 2013, S. 78. Ebenfalls einen zweiten Blick wert wäre dann die Kremationsschicht aus Tell an-Naṣrīya, die ebenso wie Grab 4 auf einem Kieselbett ruhte. Siehe Abschnitt 8.2.2.7. 240 Al-Maqdissi 2014. 241 Al-Maqdissi 2014, S. 86, Abb. 3. Vgl. Carter 1970. 242 Al-Maqdissi 2014, S. 86. Vgl. M. Lange 2012, S. 281–286.

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einer „Erinnerungslücke“ aufgrund des spätbronze- bis früheisenzeitlichen Hiatus in der Besiedlung von Tell Mišrīfa gelöst werden könnte. 243 Aufgrund der allgemeinen Parallelen  –  eisenzeitliche Gebäude an mittelbronzezeitlichen Tumuli mit Hinweisen auf Ahnenkultrituale  –  könnte der Tumulus von Tell Mišrīfa vergleichbar mit der eisenzeitlichen Konstruktion am Tell Zūr an-Naṣrīya sein. 244 Interessanterweise unterscheidet er sich von Ahnenkultstätten in Tell Ḥalaf durch die Ausrichtung des Eingangs nach Westen anstatt nach Osten. 245 Die Gründe dafür sind unklar.

8.4

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8.4.1

Maḥarda

Aus dem Ort Maḥarda am Orontes, 20 km nordwestlich von Ḥamā, soll mutmaßlich das Oberteil einer Stele (ca. 2 [1,20 m oberes, 0,76 m unteres Fragment ohne Zapfen] × 0,73 × 0,33  m) stammen, dessen unteres Fragment später im Kunsthandel aufgetaucht ist. 246 Nähere Fundumstände sind unbekannt. Die Darstellung auf der Stele zeigt eine weibliche Person mit kegelförmigen Objekten in ihren erhobenen Armen, die auf einem Löwen steht sowie eine kleinere männliche Figur zu ihrer Rechten, die nur in der linken Hand einen gerundeten Gegenstand hält. Auf der Stele befindet sich zudem die hieroglyphenluwische Inschrift MEHARDE: § 1 § 2 § 3 § 4 § 5 § 6 § 7 § 8 § 9

„This stele (is) (of?) the divine Queen of the Land. Taitas the Hero, Wadasatinean king, made (it) for her. (He) who to this stele […], (uncertain) But (he) who shall … [ …?] for himself, against him may the divine Queen of the Land be the prosecutor! And this stele (he) who shall overthrow in (its) place(s), May the divine Queen of the Land destroy his … ! Ahu(?)zas the Good Scribe carved (it).“ 247

243 244 245 246

Al-Maqdissi 2014, S. 88. Siehe Abschnitt 8.2.3. Siehe Abschnitte 3.1.2.3 und 3.1.3.2. Orthmann 1971, S. 286–287, 519, Taf. 38,g, Mahrada 1; Hawkins 1979; ders. 1980, S. 218–219; ders. 1988; ders. 2000, S. 403, 415–419; Payne 2012, S. 47–49; dies. 2015, S. 163, 166–167. Andere Herkunftsangaben machen Barnett 1957, S. 46–47, Abb. 14 („Jabbain near Hama“) sowie die Inventarliste des Nationalmuseums Aleppo („unbekannt“), siehe Orthmann 1971, S. 519. 247 Hawkins 2000, S. 416–417.

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Ḥamat

Obwohl der Text den Charakter einer Weihinschrift trägt, halten es sowohl J. D. Hawkins als auch A. Payne für möglich, dass es sich hierbei um eine Grabinschrift handelt. Einziges Argument dafür ist die Ähnlichkeit zur im benachbarten Šayzar gefundenen Grab­ stele der Frau Taitas II., Kupapiya. 248 Diese Erwägung ist jedoch abzulehnen, da die Stele ausdrücklich der „göttlichen Königin des Landes“, möglicherweise identisch mit der Göttin, die im spätbronzezeitlich belegten Ištartempel von Šayzar / Zinzar verehrt wurde, 249 und nicht dem mutmaßlichen Verstorbenen gewidmet wurde, wie es sonst auf luwischen Grabstelen üblich ist. 250 Abgesehen davon besteht der lesbare Teil der Inschrift nur aus Fluchformeln und dem Schreibervermerk. Wenn es sich um die Grabinschrift eines Königs handeln würde, wäre zudem – mit D. Bonatz gesprochen – ein „biographischer Code“ zu erwarten, der Aufschluss über das Leben des Verstorbenen gibt. Ursprünglich datierte J. D. Hawkins die Inschrift ins 9. oder 8. Jh., in der Annahme, dass die Zeichen der Inschrift archaisierend und nicht archaisch seien. Aufgrund der Inschriften ALEPPO 6 und 7 geht er nun bis ins frühe 10. Jh. zurück, während B. Sass sich für die zweite Hälfte des 10. Jh. ausspricht. 251 W. Orthmann dagegen hat die ikonographische Darstellung als ein Produkt des 8. Jh. aufgefasst, was aufgrund des historischen Kontextes Taitas II. sowie paläographisch nicht haltbar ist. 252

8.4.2 Šayzar In die gleiche Zeit ist die Stele der Kupapiya (1,35 × 0,46 × 0,23 m ohne Zapfen) einzuordnen, welche in Šayzar gefunden worden sein soll, einem nordwestlich an Maḥarda anschließenden Ort. 253 Da Šayzar wahrscheinlich mit dem spätbronzezeitlichen Zinzar zu identifizieren ist, 254 kann auf die Existenz eines Ištartempels geschlossen werden, dessen Priester im späten 13. Jh. ein Siegel mit luwischen Hieroglyphen benutzte. 255 Die Stele war ebenfalls in zwei Teile zerbrochen und eventuell steht ihr Fund im Zusammenhang mit Felsgräbern auf der mittelalterlichen Burg. 256 248 249 250 251 252 253

Hawkins 1980, S. 218–219; ders. 2000, S. 403, 416; Payne 2015, S. 163, 166. Grawehr et al. 2009, S. 210. Z.B. KARKAMIŠ A. 4c, A. 5a, A. 18f, A. 18h, TİLSEVET. Hawkins 2010, S. 8–9; ders. 2011, S. 51; Sass 2010a; ders. 2010b. Hawkins 2000, S. 403. Hawkins 1979; ders. 1980; ders. 2000, S. 403, 416–419; Voos 1986, S. 126–127, Kat.-Nr. 87; Bonatz 2000a, S. 69, 73–74, 96, 117–118, 133, 146, 160, 164, 197, Anm. 190, 204, Anm. 43, 205, Anm. 48, 53; Melchert 2004, S. 376–377; Klinger 2011, S. 75–76; Payne 2012, S. 47–50; dies. 2015, S. 163, 166–167. 254 Grawehr et al. 2009, S. 210; Grawehr 2014, S. 131; Soldt 2016–2018; 255 Grawehr 2014, S. 131. 256 Kohlmeyer 2012, S. 56, Anm. 12; ders. 2013b, S. 518, Anm. 12. Möglicherweise könnten nach K. Kohlmeyer weitere, eventuell früheisenzeitliche Artefakte auf der Burg, eine Reihe von kleinen Orthostaten sowie ein rundes Becken, anscheinend alle unpubliziert, Bestandteile dieser Felsgrä-

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Im Gegensatz zu MEHARDE kann die hieroglyphenluwische Inschrift SHEIZAR eindeutig als Grabinschrift klassifiziert werden: § 1 § 2 § 3 § 4 § 5 § 6 § 7 § 8 § 9

„I am Kupapiyas the wife(?) of Taitas the Hero of the country Watasatini. On account of my justice I received an allocation of 257 one hundred years. My children put (?) me on the … pyre(??), and this stele my grandchildren, great-grandchildren (and) great-greatgrandchildren caused to … . Among my [posterity?] (he) who (is) my grandchild, great-grandchild, great-great-grandchild, great-great-great-grandchild, (he) who shall [harm (?) them (?)], against him may the divine Queen of the Land the prosecutor! Pedantimuwas the Good Scribe carved it, and (as) servant to him [So-and-so] [was(?)] present(?).“ 258

Aufgrund des Inhalts ist die Stele zeitlich wohl etwas später als das Exemplar aus Maḥarda anzusetzen, kann dementsprechend entweder, nach J. D. Hawkins, in das frühe oder, nach B. Sass, in das späte 10. Jh. datiert werden. 259 Ins Auge fällt der Beginn der Inschrift: „Ich bin“ bzw. das Pendant dazu „Ich war“ ist eine typische Formel der Grabinschriften aus Maraş und Kululu sowie KAI 214 und der Inschrift des KTMW, im Gegensatz zu den hieroglyphenluwischen Stelen aus Karkamiš, die meistens mit dem Satz „Diese Stele (ist) von“ oder ähnlich beginnen. Darüber hinaus sind vier weitere Punkte dieser Grabinschrift erwähnenswert: Erstens zeigt sich eine Aufgabenteilung der Nachfahren während der Begräbnishandlungen. Die Kinder Kupapiyas übernahmen eine Funktion im Rahmen des Begräbnisses, möglicherweise einer Kremation, während die Enkel und deren Nachfahren sich um die Errichtung der Grabstele sorgten. Dies ist insofern überraschend, als dass für diese Handlung ansonsten meist Verwandte der zweiten Generation, der Verstorbene selbst oder der Ehemann wie bei MARAŞ 2, verantwortlich waren, kann aber in diesem Fall wohl auf das hohe Alter der Verstorbenen zurückgeführt werden, die alle weiteren Angehörigen überlebte. Außerdem fällt auf, dass im Gegensatz zur Stele Nabonids für seine Mutter Adad-guppi in Ḫarrān in der Mitte des 6. Jh. nur die Familie eine Rolle während des Begräbnisses spielt und nicht politische Würdenträger des Königreiches. 260

257 258 259 260

ber gewesen sein. Zwar sind solche Gräber untypisch für das eisenzeitliche Nordsyrien und Südostanatolien, aber in Ḥamā wurde in zwei Kammergräbern eisenzeitliches Material gefunden. Melchert 2004, S. 376–377. Hawkins 2000, S. 417. Hawkins 2000, S. 416. Zu den Übereinstimmungen zählt dagegen u.a., dass es sich bei beiden (vermutlich) um die Mutter des Königs handelte, der aufgrund ihrer Gerechtigkeit ein langes Leben beschieden war. Hawkins 1980, S. 218–219; Schaudig 2001, S. 501; Niehr 2010b, S. 48–49.

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Ḥamat

Zweitens wird deutlich, dass das Wirken der Toten durchweg als positiv für die Lebenden aufgefasst wird und dass sie als wirkmächtig genug angesehen wird, um den Schutz ihrer Nachkommen garantieren zu können. 261 Dies lässt sich sehr wahrscheinlich auf ihren Status als königliche Tote zurückführen und darf nicht verallgemeinert werden. Der Segen erstreckt sich bis auf die sechste Generation, die erste, die Kupapiya nicht mehr selbst miterleben konnte. Möglicherweise steht die sechste Generation daher auch stellvertretend für alle weiteren Generationen. In jedem Fall lässt sich daraus schließen, dass auch hier die Idee einer Weiterexistenz der Toten präsent war. Des Weiteren sprechen zwei extratextuelle Argumente möglicherweise für die Interpretation des letzten Wortes der dritten Zeile als „Scheiterhaufen“ bzw. allgemein für die Kremation als Bestattungsart der Königin von P/Walastina: Zum einen ist dies die Bestattungstradition der hethitischen Königsfamilie und höchstwahrscheinlich auch die der von ihr abstammenden aus Karkamiš. Falls Taita II. der König eines mit Karkamiš vergleichbaren Nachfolgestaats des hethitischen Reiches war, worauf vieles hindeutet, könnten sowohl er als auch seine Frau kremiert worden sein. Zum anderen stellt die Nähe zur größten Kremationsnekropole der eisenzeitlichen Levante ein weiteres Argument für eine Kremation der Kupapiya dar, auch wenn bisher keine Königsgräber in oder um Ḥamā entdeckt wurden. Verstärkt wird dieses Argument durch die teils sehr auffälligen Übereinstimmungen der Kremationsgräber von Ḥamā und Karkamiš. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Grabinschriften der Königin Kupapiya und des aramäischen Priesters Ši’gabbar aus Nayrab (KAI 226), der etwa um das Jahr 700 starb, strukturell ähnlich gestaltet sind: 262 Namensangabe, gesellschaftliche Position, Herkunft, lange Lebensspanne aufgrund gerechten Verhaltens, Erwähnung des Todes bzw. der Bestattungsart, Beschreibung von postmortalen Sterbe- und Begräbnishandlungen (Errichten einer Stele, Beweinen) der Nachkommenschaft (Kinder der fünften bzw. Kinder / Söhne der vierten Generation), Fluchformel. Dabei sind die Erwähnung der langen Lebensspanne aufgrund des gerechten Verhaltens sowie der Verweis auf die Nachkommenschaft besonders hervorzuheben. 263 Insgesamt lassen sich lediglich drei Abweichungen finden: Die Versicherung, dass sich keine Wertsachen im Grab befinden in KAI 226, der Fluch gegen Grabschänder anstelle von Gegnern der Nachkommen sowie das Schreiber- und Zeugenvermerk in der Inschrift von Šayzar. Auch die Reihenfolge der einzelnen Punkte scheint unverändert übernommen worden zu sein. Daraus lässt sich schließen, dass „aramäische“ und „luwische“ Vorstellungen im Bereich des Umgangs mit den Toten entweder hochgradig vermischt waren, so dass eine Zuordnung einzelner Elemente nur schwer oder gar nicht möglich ist oder dass luwische Traditionen in großem Umfang und mit nachhaltigem Erfolg von der nicht-luwischen Bevölkerung rezipiert wurden. Einen weiteren Beleg für die anhaltende Bedeutung des Konzeptes, dass die Gerechtigkeit

261 Bonatz 2000a, S. 162, Anm. 53. 262 Hawkins 1980, S. 215–216; Voos 1986, S. 126–127; Hutter 1996, S. 121–122; Bonatz 2000a, S. 164; Niehr 2010a, S. 258. 263 Vgl. dazu bspw. KAI 225.

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einer Person für deren Langlebigkeit verantwortlich ist, stellt die Inschrift Nabonids aus Ḫarrān für seine verstorbene Mutter Adad-guppi aus der Mitte des 6. Jh. dar. 264 Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Bedeutung dieser Stele und ihre Stellung innerhalb der nordsyrisch-südostanatolischen Tradition der Errichtung von Stelen für Verstorbene kaum überschätzt werden kann, da sie zum einen die mit Abstand älteste luwische Inschriftenstele ist, deren Tradition erst im 8. Jh. in Karkamiš und Tabāla wieder wahrnehmbar wird. Zum anderen blieben inhaltliche Elemente dieser Grabinschrift bis weit über den Zusammenbruch der nordsyrisch-südostanatolischen Staatenwelt und das Ende der luwischen Schrift hinaus lebendig, so dass darauf zu schließen ist, dass es sich bei diesen um zentrale Aspekte handelte. Schließlich handelt es sich um eine der ersten, wenn nicht sogar die erste eisenzeitliche mortuäre Stele einer Frau.

8.4.3

Tell Frayǧī

In Tell Frayǧī, etwa 43 km nördlich von Ḥamā, ist eine Stele gefunden worden, die eventuell ebenfalls der eisenzeitlichen Epoche zuzurechnen ist. Da der sekundäre Fundkontext nicht zur Klärung dieser Frage beitragen kann, müssen alle Datierungsansätze auf stilistische und / oder ikonographische Analysen beschränkt bleiben: Während sich der Entdecker Jean Lassus für die erste Hälfte des 1. Jt., H. Th. Bossert für das 8. Jh. und H. Genge für die Mitte des 9. Jh. ausgesprochen haben, vermag W. Orthmann keinen Bezug zur syro-hethitischen Kunst erkennen und P. Matthiae plädiert inzwischen ebenso wie Silvana di Paolo für die mittlere Bronzezeit. 265 Bei der Stele handelt sich um ein Exemplar mit mehreren Registern, von denen ursprünglich mindestens drei existiert haben müssen. Von dem obersten Register ist lediglich der untere Rand erhalten geblieben, so dass sich Rückschlüsse auf die dargestellte Szene schwierig gestalten. Das mittlere Register zeigt eine Speisetischszene: Jeweils links und rechts vom Tisch ist eine sitzende Person dargestellt, wobei sich auf dem Schoß der rechten eine kleinere Figur, vermutlich ein Kind, befindet und die linke eine spitze Kappe auf dem Kopf trägt. Der Speisetisch „schwebt“ auf der Höhe des Kindes. Auf dem unteren Register ist die Opferung eines auf dem Rücken liegenden Rindes mit vier Personen dargestellt: Je eine links und rechts des Rindes, in der Mitte eine, die sich über das Rind zu beugen scheint sowie eine weitere. Der „Sitz im Leben“ der Stele kann nach W. Orthmann ebenso wie J. Börker-Klähn im Rahmen eines (Tempel-) Kultes verortet werden. 266 Letztere vergleicht sie aufgrund der Dreiteilung, der Stieropferung sowie der Spitzmütze 264 Hawkins 1980, S. 218–219; Schaudig 2001, S. 501; Niehr 2010b, S. 48–49. 265 Lassus 1936, S. 53–55, Taf. V, 1; Bossert 1953, S. 109, Taf. IX; Matthiae 1965, S. 63, Anm. 9 (hier noch Mitte 3. bis Mitte 2.  Jt.); ders. 2013a, S.  383; Orthmann 1971, S.  104–105, 366, 373, 375, 379, 483, Taf. 7,c; Genge 1979, S. 116; Börker-Klähn 1982, S. 81; Voos 1986, S. 79–80; Paolo 2006, S. 145, Taf. 2c. 266 Orthmann 1971, S. 379; Börker-Klähn 1982, S. 81.

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Ḥamat

mit einer Stele des 5. oder 4. Jh. aus Taymā’ mit der aramäischen Inschrift KAI 228, die von der Einführung eines neuen Kultes berichtet. Ersterer erinnert wie auch H. Th. Bossert in diesem Zusammenhang dagegen an die Reliefs von Karatepe, die ebenfalls Speisetischszene und Schlachtung miteinander kombinieren. 267 Letztlich kann jedoch nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass es sich hierbei um eine Stele mit mortuären Bezügen handelt.

8.4.4 Taftanāz Am Fuße des Tell von Taftanāz, ca. 95 km nördlich von Ḥamā und 10 km nördlich von Tell Afis, wurden zwei Standbilder und ein Sitzbild gefunden, wovon zwei als mittelbronzezeitlich einzustufen sind. 268 Des Weiteren wird für das ebenfalls mittelbronzezeitliche Fragment der Doppelsitzstatue aus dem Nationalmuseum von Aleppo aufgrund dessen Ähnlichkeit zu diesen drei angenommen, dass es ebenfalls aus diesem Ort oder der Umgebung stammen könnte. 269 Eines der beiden Standbilder aus Basalt, wohl nicht ganz lebensgroß (mit Sockel 1,57 × 0,37 × 0,30  m, Abb.  109) kann jedoch weiterhin als eisenzeitlich gelten, vielleicht aus dem 9. Jh. 270 Es handelt sich um eine äußerst schematische, blockhafte Skulptur eines bärtigen Mannes mit typisch helmartiger Haartracht, der mit seiner linken Hand eine Schale und seiner rechten Hand einen Krummstab schräg hält. Beide nach oben angewinkelte Arme sind jedoch kaum reliefiert und von den Schultern bis zum Gewandsaum über den Knien wirkt die Statue fast wie ein gleichmäßiger Quader. Sowohl die abgesetzten Unterschenkel inklusive der Füße mit Sandalen als auch der Kopf sind

Abb. 109: Statue aus Taftanāz.

267 Bossert 1953, S. 109. 268 Saouaf 1965, S. 184–185, Abb. 117; Voos 1986, Kat.-Nr. 19; Bonatz 2000a, S. 14–15, 26–28, Taf. III, A 10, V, B 1; Hempelmann 2003, Taftanaz 1, 3; Matthiae 2013a, S. 378. 269 Voos 1986, S. 44–48, Kat.-Nr. 21; Bonatz 2000a, S. 16, 28–29, Taf. VI, B 10; Hempelmann 2003, Taftanaz 2; Matthiae 2013a, S. 378. Irrtümlicherweise geben sowohl Bonatz 2000a, S. 16 als auch Hempelmann 2003 an, dass die Statue in Taftanāz oder Umgebung bzw. in Taftanāz selbst gefunden worden sei. Es ist jedoch lediglich bekannt, dass sie 1960, d.h. fünf Jahre vor der Publikation der drei Statuen aus Taftanāz durch Saouaf 1965, vom Nationalmuseum in Aleppo angekauft wurde. 270 Saouaf 1965, S. 183–184, Abb. 116; Voos 1986, S. 27, 60; Kat.-Nr. 4; Bonatz 2000a, S. 14, 26–27, Taf. III, A 9.

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zwar ebenfalls stilisiert, verleihen dem Bildnis jedoch etwas mehr Tiefe. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass nicht die rechte Hand das Statussymbol des Stabes hält, wie sonst bei syro-hethitischen Herrscherstatuen üblich, sondern die linke. Bis auf die rituell begrabene Statue aus Arslantepe hält keine andere eine Schale. Dort ist der Arm allerdings nicht erhoben. Deshalb kann die Geste des in Richtung Mund erhobenen Bechers am ehesten mit der Statue des Adūnī-abīya aus Tell as-Safīra verglichen werden. 271 Dennoch scheint es sich aufgrund der Größe und des Stabes wohl um die Darstellung eines lokalen Herrschers zu handeln. Ein in Bezug auf beide Attribute – erhobener Stab und Schale – vergleichbares Monument stellt eine Stele aus Tell Aḥmar dar, die ins späte 10. oder frühe 9. Jh. datiert wird. 272

8.4.5

Tell Masṭūma

Tell Masṭūma ist ein ca. 3 ha großer Siedlungshügel, der 5 km südlich von Idlib, 83 km nördlich von Ḥamā und 15 km westlich von Tell Afis liegt. In der Eisenzeit war Tell Masṭūma vom 10. bis zum frühen 7. Jh. besiedelt, wobei Gräber nur in Stratum I-1 gefunden worden sind, die vom letzten Viertel des 8. bis zum ersten Viertel des 7. Jh. datiert werden. 273 In dieser Schicht ist der Niedergang der Siedlung, vermutlich ausgelöst durch die assyrische Eroberung, deutlich bemerkbar, da die Wohnareale im nördlichen Bereich des Tell kleiner wurden und der südliche Bereich vermutlich zu einer Nekropole umgewandelt wurde (Abb. 110). 274 Demzufolge entstanden die Gräber höchstens zu einem Teil im Königreich von Ḥamat, wahrscheinlich aber während der assyrischen Vorherrschaft. Insgesamt konnten mindestens acht Gräber festgestellt werden. Eins dieser acht enthielt allerdings nur wenig unbestimmtes Knochenmaterial, 275 während drei potenzielle Gräber, die hier nicht betrachtet werden, gar keine Knochen aufwiesen. 276 Bei fünf der Gräber handelt es sich um einfache Grubengräber, wovon sich das Grab eines Kindes unter dem Boden eines noch benutzten Hauses im Nordsektor der Siedlung befand, was im eisenzeitlichen Nordsyrien und Südostanatolien eine Seltenheit darstellt. Ein weiteres Grubengrab war mit Steinen kreisförmig eingefasst, ebenso wie eine Struktur ohne jegliche Knochen. Bei den anderen drei Gräbern handelt es sich um Körperbestattungen in Krügen. Unklar ist, ob es sich bei zwei der Gräber um Kremationen handeln könnte: Grab 11Hd–Grave 2 enthielt die sehr schlecht erhaltenen Knochen von zwei Individuen in einer 271 272 273 274 275 276

Voos 1986, S. 60. Vgl. Abschnitt 5.1.4.1. Nishiyama 2018, S. 328. Nishiyama 2018, S. 328; Wada 2009. Wada 2009, S. 329 (12Ga–Grave 1) Wada 2009, S. 331 (12Ga–Grave 2, 12Ga–P2 sowie eine weitere Grube mit einer Scherbe, die an eine Urne erinnert).

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Ḥamat

Abb. 110: Tell Masṭūma in Stratum I-1.

Ascheschicht; eventuell ist hier an eine Brandgrubenbestattung zu denken, aber Verbrennungsspuren werden nicht erwähnt. 277 In Grab 12Ga–Grave 1, dem mit Steinen eingefassten Grab, konnten die wenigen Knochenfragmente nicht identifiziert werden, aber es wird vermutet, dass es sich um eine Kremation handeln könnte, da das Grab eine Gefäß277 Wada 2009, S. 329.

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Zusammenfassende Rekonstruktion

499

form enthielt, die in Yunus als Urne diente. Allerdings werden keine Angaben zu Aschefunden innerhalb des Grabes gemacht. 278 Im Gegensatz dazu handelt es sich bei Grab 12Gd–Grave 1 um eine Körperbestattung in einem Krug, der mit Asche gefüllt war. 279 Feuer scheint demnach eine gewisse Rolle bei den Bestattungsritualen gespielt zu haben, aber ein sicherer Beleg für eine Kremation existiert bislang nicht. Neben der bereits erwähnten Hausbestattung eines Kindes konnten lediglich ein weiteres Kind (12Fb–Grave 1), eine junge Frau (11Hd–Grave 1), sowie ein Mann (12Gd–Grave 1) identifziert werden und demzufolge keine Schlüsse auf bevorzugte Bestattungsformen oder Grabbeigaben gezogen werden. Drei der acht Gräber enthielten keine Grabbeigaben, wodurch Tell Masṭūma der Ort mit den häufigsten Beigaben im Bereich des – ehemaligen – Königreiches Ḥamat ist. In vier Gräbern bestand die Grabbeigabe aus einem bis vier Keramikgefäßen – Schalen, Flaschen, Krüge, Becher sowie ein Topf. Allein im Grab mit der Steinsetzung (12Ga–Grave 1) befand sich zusätzlich ein Eisenobjekt und ein nicht näher spezifiziertes Geweih. 280 Kleinfunde außerhalb der Gräber, vor allem Waffen und Schmuck, teilweise in ein Tuch gehüllt, werden gestörten Gräbern zugeschrieben. 281 Bis auf das Geweih wurden keine Tierknochen in den Gräbern festgestellt. Neben dem Grab mit Zweifachbestattung befand sich jedoch ein bestatteter Hund, noch innerhalb derselben Ascheschicht. 282

8.5

Zusammenfassende Rekonstruktion

8.5.1

Begräbnishandlungen

8.5.1.1

Begräbnishandlungen der Bevölkerung

Trotz der überaus zahlreichen Kremationsurnen in Ḥamā und Tell an-Naṣrīya war die Brandbestattung nicht die einzige angewandte Bestattungsform im Königreich von Ḥamat. Den ersten Sonderfall stellen Neugeborene dar, deren Bestattung in Ḥamā streng schematisiert war: Sie wurden im Normalfall in einem Krater, häufig bedeckt von einer Keramikschale, beigesetzt und erhielten keine Grabbeigaben. Da nur 27 von 1674 Gräbern Knochen von Neugeborenen enthielten, kann daraus zudem geschlossen werden, dass die meisten Neugeborenen an einem anderen Ort außerhalb der Brandgräberfelder, vermut278 Wada 2009, S. 329. Vgl. Lehmann 1996, S. 421, Taf. 52, Form 319. 279 Wada 2009, S. 332. 280 Wada 2009, S. 329–331, Abb. 5.15. Das Eisenobjekt ist nur auf dem Plan erkennbar und wird im Text nicht erwähnt. 281 Wada 2009, S. 331–332. 282 Wada 2009, S. 329.

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500

Ḥamat

lich aber auf die gleiche Art und Weise, bestattet worden sind. Der Vergleich mit anderen Brandgräbern zeigt, dass diese Behandlung als Ausnahmefall gelten kann: So enthielten die untersuchten Urnen aus Tell an-Naṣrīya keine Knochen von Individuen, welche jünger als fünf Jahre alt waren. Bezüglich Rās al-Bassīṭ vermutet Paul Courbin, dass Urnen ohne erkennbare menschliche Überreste Neugeborenen zugeschrieben werden können, während die Urnen mit sehr kleinen, nicht identifizierbaren verbrannten Knochen Kleinkinder enthalten haben sollen. Nachweisbar sind lediglich Kinder ab etwa drei Jahren. 283 In Tell Šiyuḫ Fawqānī konnten die verbrannten Überreste eines Neugeborenen und eines Babys identifiziert werden; die Ausgräber vermuten die Beisetzung bis zwei Jahre alter Kleinkinder allerdings an einem anderen Ort. 284 Ähnlich liegen die Verhältnisse in Tyros al-Baṣṣ, wo nur ein Fötus zusammen mit einer erwachsenen Frau, sonst aber überhaupt keine Kinder bestattet wurden, 285 sowie in Amathus auf Zypern, wo bis auf eine Ausnahme Babys bis zu einem Jahr und Kinder ab ca. vier Jahren bis hin zu Erwachsenen räumlich getrennt waren. 286 Es zeigt sich, dass Kleinkinder von anderen Kremationsnekropolen größtenteils ausgeschlossen bzw. getrennt waren, aber kaum Indizien für Körperbestattung vorliegen. Deshalb ist das spätbronzezeitliche Gräberfeld von Beşiktepe in der Westtürkei anzuführen, wo parallel zur Kremation auch die Körperbestattung praktiziert wurde und das hinsichtlich der konsequenten Nichtverbrennung von Neugeborenen – sowie Kleinkindern – das vorläufig beste Vergleichsbeispiel zur Stadt am Orontes darstellt. 287 283 Courbin 1993, S. 85; Le Goff 1993, S. 126–128. 284 Siehe Abschnitt 5.2.3.3. 285 Trellisó 2004, S. 263. Sie vermutet zudem, dass die Fragmente körperbestatteter Kindern intrusiv sind. 286 Agelarakis et al. 1998. 287 Vgl. Basedow 2000. Wie in Abschnitt 8.1.3.2.2, S. 461, Anm. 97 erwähnt, existiert dort mit Grab 57 zudem ein Beispiel, wo wie in Ḥamā die Überreste von zwei Frauen verbrannt, die des Neugeborenen aber unverbrannt bestattet wurden. Dies., S. 41. Ähnlich ist die Situation in Troja VI, wo Urne 1 die verbrannten Knochen von zwei Frauen sowie die unverbrannten Knochen eines 5 bis 6 Monate alten Kindes enthielt. Allerdings konnten Neugeborene sowie Kleinkinder in Troja sowohl verbrannt als auch unverbrannt bestattet werden. Angel 1951, 12–15. In anderen bronzezeitlichen Gräberfeldern, in denen Kremation praktiziert wurde, lässt sich eine entsprechende Alterseinschränkung nicht feststellen, da keine Neugeborenen gefunden worden sind (Ilıca, Osmankayası, Demircihöyük-Sarıket). Vgl. Bittel et al. 1958; Orthmann 1967; Seeher 2000. In den extramuralen Kremationen von Gedikli Karahöyük, Ende Frühbronzezeit II bis Mittelbronzezeit I (ca. 2500/2400 bis ca. 1900/1750), wurden Neugeborene und Kleinkinder sowohl verbrannt als auch unverbrannt bestattet. Bei den Körperbestattungen in der Nekropole handelt es sich jedoch fast ausschließlich um Gräber dieser Altergruppe. In Fällen von Bestattungen, die Neugeborene und Erwachsene umfassten, wurde stets dieselbe Bestattungsart für beide Individuen ausgewählt. Gejvall in Duru 2006, S. 158–161. In der ägäischen Hemisphäre wurden dagegen nach dem Anbruch der Eisenzeit nicht allein Neugeborene, sondern Kinder allgemein von der Brandbestattung ausgeschlossen. Vgl. Pomadère 2005. Schließlich zeigt der Blick auf die phönizische Küste, dass in Tyros al-Baṣṣ zwar ein Fötus und ein Jugendlicher, sonst aber ausschließlich Erwachsene verbrannt wurden. Vgl. Trellisó 2004. Es steht jedoch zu vermuten, dass jüngere Individuen in separaten Gräberfeldern ebenfalls verbrannt wurden, wie es in Amathus und in den punischen Gebieten belegt ist. Vgl. Agelarakis et al. 1998.

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Zusammenfassende Rekonstruktion

501

Eine zweite Ausnahme stellt das kleine Gräberfeld von Tell Mišrīfa dar, das aus einfachen Erdgräbern bestand und beigabenlos blieb. Allerdings konnten hier über den Gräbern aller drei Frauen Lehmziegel als Grababdeckung festgestellt werden, bei zweien eine Ascheschicht darunter sowie in einem Fall mit einem zerbrochenen Krug in der Ascheschicht. Dieser Befund verweist zum einen auf eine Differenzierung zwischen Frauen und Männern im Bestattungsritual und erinnert zum anderen an die phönizischen Grabschließungsrituale, welche das Anzünden eines Feuers über dem Grab sowie die Deponierung zerbrochener Keramikgefäße beinhalteten. 288 Ungeklärt bleibt, ob die Kammergräber G II und G III von Ḥamā in der mittleren Eisenzeit als Gräber wiederbzw. weiterbenutzt wurden oder ob hier Ahnen- oder Totenkultrituale stattfanden. Da die Gräber von Tell Masṭūma zeitlich etwas später anzusetzen sind, ist unklar, ob die dort gefundenen Körperbestattungen im Zusammenhang mit assyrischen Bestattungs­ traditionen stehen oder ob sie auf ältere, lokale Bestattungssitten zurückgehen. Allerdings könnte es sich bei zwei der Gräber um Kremationen gehandelt haben. Während in der Stadt Ḥamat demnach beide Bestattungsarten parallel praktiziert wurden, lässt sich in anderen Gebieten des Königreiches bislang entweder ausschließlich die Kremation, in Tell an-Naṣrīya, oder die Körperbestattung, in Tell Mišrīfa, nachweisen, während der Befund in Tell Masṭūma unklar ist. Mithin wurden verschiedene Varianten der Körperbestattung praktiziert: Als einfaches Erdgrab größtenteils ohne Grabbeigaben wie in Tell Mišrīfa und zum Teil in Tell Masṭūma, mit geschlechtsspezifischen Bestattungsritualen in ersterem Ort, als ein in Steinen gefasstes Erdgrab oder als Körperbestattung in einem Grabgefäß, in Ḥamā nur bei Neugeborenen. Falls die Kammergräber von Ḥamā auch eisenzeitliche Bestattungen enthielten, muss offenbleiben, ob es sich um Körper- oder Brandbestattungen handelte. Theoretisch ist es zudem denkbar, dass die eisenzeitliche Konstruktion auf dem Tell Zūr an-Naṣrīya ebenfalls ein Grabbau gewesen sein könnte, auch wenn der Vergleich mit Tell Mišrīfa eher auf ein Gebäude für den Ahnenkult hindeutet. Betrachtet man die Kremation genauer, so fallen Diskrepanzen zwischen den beiden Gräberfeldern von Ḥamā und dem von Tell an-Naṣrīya ins Auge. Während die Urnen in al-Ḫamīs in der Erde beigesetzt und mit einer Schicht Kalk sowie einem kleinen Erdhügel bedeckt wurden, scheint in aš-Šaǧara auf die Kalkschicht verzichtet worden zu sein. Stattdessen wurde dort zumindest in drei Fällen eine grob behauene Stele über dem Grab errichtet. Zusätzlich wurde auf Waffen unter den Grabbeigaben verzichtet, was theoretisch auf eine Geschlechtertrennung hinweisen könnte, aber aufgrund mangelnder Parallelen äußerst unwahrscheinlich ist. Umgekehrt fehlen in Tell an-Naṣrīya Spinnwirtel im Grabinventar, obwohl Frauen erwiesenermaßen hier bestattet wurden. Die Deponierung von Urnen in Felsgruben mag der Umgebung geschuldet sein, aber dass manche Urnen vermutlich einfach auf dem Felsboden abgestellt waren, lässt sich kaum damit erklären. Auch der Kremationsprozess, bei dem vielleicht nur das Fleisch von den Knochen gelöst 288 In Tyros al-Baṣṣ, Aḵzīv und ‘Aṯlīṯ. Aubet 2004, S. 61–62 nimmt in dieser Kategorie auch Ḫalda Grab 166, bei dem es sich jedoch eher um zerstörte Grabbeigaben und nicht um ein Grabschließungsritual handelt.

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Ḥamat

wurde, unterscheidet sich drastisch von der vollständigen Verbrennung in Ḥamā. Die Verwendung von Grababdeckungen sowie neben der Urne platzierte Keramikgefäße fehlen in Tell an-Naṣrīya vollständig. Das einzige verbindende Element zwischen den beiden Orten stellt demnach die Kremation im Allgemeinen, die Verwendung von Urnen sowie die Mitgabe von ähnlichen Objekten dar. Man kann deshalb durchaus von zwei verschiedenen Kremationstraditionen in beiden Orten sprechen, während die Unterschiede in den Gräberfeldern von Ḥamā lediglich einen gewissen Wandel dokumentieren, der zeitlich ungefähr um 800 einzuordnen ist. Doch selbst innerhalb des Gräberfeldes von al-Ḫamīs lässt sich zumindest eine bedeutende Verschiebung, nämlich in der Altersverteilung, feststellen. Während in Periode I das Verhältnis zwischen Erwachsenen und Nichterwachsenen noch etwa ausgeglichen war, änderte sich dies ab Periode II mit einem Verhältnis von ca. 2:1, verstärkte sich noch einmal in Periode III auf ca. 3:1, blieb aber bei dem Wechsel zu aš-Šaǧara ungefähr konstant. Noch konsequentere altersgemäße Separierungen weisen die Gräberfelder von Amathus und Tyros al-Baṣṣ auf, wo jeweils nur zwei Nichterwachsene unter 15 bzw. 26 Erwachsenen bestattet wurden. 289 Schließlich ist der bewusst herbeigeführte dysfunktionale Zustand einiger Grabbeigaben in Ḥamā, insbesondere der der Metallobjekte sowie vermutlich mancher Keramikgefäße, herauszuheben, der von den bei der Grabschließung zerstörten Gefäßen zu differenzieren ist. Als Vergleichsbeispiele sind hierfür die zerbrochenen Gefäße aus Grab 166 aus Ḫalda 290 sowie die verbogenen Schwerter aus Tyros, Tell ‘Arqa und dem griechischen Raum zu nennen. Allerdings lassen sich bereits während der Mittelbronzezeit entsprechende Beobachtungen in der Levante – Ugarit und Megiddo – sowie auf Zypern machen. 291 Die Absenz von Waffen in Gräbern wie in der Periode IV in Ḥamā lässt sich in Syrien vor allem im Nordosten feststellen, wo Möbelstücke mit Elfenbeinappliken und Bronzefüßen auftreten, aber gleichzeitig keine Spinnwerkzeuge zu finden sind. Selten sind sie in den Nekropolen von Rās al-Bassīṭ (Grab 31) und Tell an-Naṣrīya (Grab 201) zu finden sowie überhaupt nicht in den Körperbestattungen von Tell Mišrīfa, aber eventuell in gestörten Gräbern von Tell Masṭūma. Die Mitgabe von Waffen stellt demnach ein eher begrenztes Phänomen dar, das vor allem in den Perioden I–III von Ḥamā, aber auch in Tell Šiyuḫ Fawqānī auftrat. 8.5.1.2 Begräbnishandlungen der Könige Aufgrund fehlender Gräber lässt sich bislang nur vermuten, dass die luwischen Herrscher Ḥamats ebenso wie ihre Untertanen kremiert wurden. Ein Indiz dafür bietet zunächst die entsprechende Passage der SHEIZAR-Inschrift, die auf die Errichtung eines Scheiterhaufens für Kupapiya durch ihre Kinder hindeutet, auch wenn es sich bei ihr strenggenom289 Agelarakis et al. 1998; Trellisó 2004. 290 Saidah 1966, S. 76. 291 Warmenbol 1983, S. 79, 86.

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Zusammenfassende Rekonstruktion

503

men um die Königin von P/Walastina handelte, das zum Zeitpunkt der Errichtung der Stele, dem frühen 10. Jh., vermutlich auch Ḥamat umfasste. Ein weiteres Indiz stellen die archäologischen Befunde aus Karkamiš dar, welche nahelegen, dass die dort residierenden Könige des 8. bis 7. Jh. ebenfalls diesen Brauch pflegten. Des Weiteren lassen sich manche mit wertvollen Grabbeigaben ausgestatteten Kremationsgräber der frühen Eisenzeit von Ḥamat, so bspw. Grab G VIII 20 mit einem Elfenbeinbecher mit einem Henkel in Form eines Steinbocks, als Gräber der Oberschicht deuten, welcher unterstellt werden darf, dass sie die königlichen Begräbnisrituale zu emulieren suchte. Die einzig sichere Erkenntnis stellt die Anfertigung eines Grabmonuments für die Königin in Form einer Stele durch Enkel und Urenkel dar. Darüber hinaus ist es relativ wahrscheinlich, dass Kupapiya in Šayzar, d.h. außerhalb der Hauptstadt, die vermutlich mit dem heutigen Tell Tayınat zu identifizieren ist, begraben wurde, wie es die Steleninschrift nahelegt. Zu fragen bleibt, ob mit dem Aufstieg der aramäischen Dynastie in Ḥamat diese Traditionen übernommen wurden. Dafür spricht, dass Brandbestattungen in ähnlicher Form weiterhin praktiziert wurden. Allerdings sind Veränderungen auf drei verschiedenen Ebenen – im Grabinventar, der Verzicht auf Kalk bei der Grabschließung sowie die Errichtung von grob behauenen Stelen – beobachtbar, so dass möglicherweise auch die Bestattungsrituale der Oberschicht sowie der Herrscher einer Anpassung unterzogen wurden, um sich von den alten Eliten zu differenzieren.

8.5.2

Ahnen- und Totenkult

Falls eine der Interpretationen A. Tenus bezüglich des Steinblocks aus Tell an-Naṣrīya korrekt ist, so könnte es sich bei diesem Artefakt um einen seltenen archäologischen Beleg für divinatorische Praktiken im Kontext eines Gräberfeldes oder um eine Installation für Libationen handeln. Analog zu Karkamiš und Tell Šiyuḫ Fawqānī konnten in den Gräberfeldern von Ḥamā und Tell an-Naṣrīya ansonsten keine Indizien für regelmäßige postmortale Rituale gefunden werden, obwohl auch hier die Gräber zum Teil bzw. eine Zeit lang individuell markiert waren. Vorläufig unbeantwortet bleibt außerdem die Frage nach der Bedeutung der eisenzeitlichen Konstruktion auf dem Doppeltumulus Tell Zūr an-Naṣrīya sowie nach den eisenzeitlichen Objekten in den bronzezeitlichen Kammergräbern von Ḥamā: Handelte es sich hierbei um Spuren eines Ahnen- oder Totenkultes? Im Gegensatz dazu erscheint es relativ plausibel, dass das Gebäude am Nordrand der „Coupole de Loth“ von Tell Mišrīfa für Ahnenkultrituale genutzt wurde, wie die Lage am Tumulus und die obere Hälfte einer schematischen Basaltstatue suggerieren. Da sich in der Inschrift der Kupapiya ebenfalls kein Hinweis auf Ahnen- oder Totenkultrituale findet, bleibt offen, ob diese am Grab selbst oder an einem anderen Ort stattfanden, vielleicht ähnlich der Lower Palace Area in Karkamiš, wo mit BONUS-ti eine Herrscherin im Totenkult integriert war, obwohl sich keine königlichen Gräber in der Nähe lokalisieren ließen. Dass vergleichbare Stätten für die vermutlich öffentliche Beopferung der königlichen Familie von Ḥamat existiert haben dürften, legen die Statue

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Ḥamat

aus Taftanāz, die Kopffragmente aus Tell Mišrīfa sowie einige anthropomorphe Statuenfragmente aus Ḥamā selbst, darunter auch die einer Frau, nahe. 292 Angesichts der Schale in der Hand der Statue aus Taftanāz dürften dabei u.a. Libationen stattgefunden haben. Eine mögliche weitere Stätte für einen Toten- oder Ahnenkult der Bevölkerung stellt das eventuell vorhandene Heiligtum in der Nähe von aš-Šaǧara dar, falls die vergoldete Statuette einem solchen zugeordnet werden kann.

8.6

Interpretation

8.6.1

Religionssomatologische Interpretation

Eine deutliche räumliche Trennung zwischen der Stadt als dem Ort der Lebenden und den Gräberfeldern vor der Stadt, dem Ort der Toten, existierte wahrscheinlich in Ḥamā, wo sie bereits in der Mittel- und Spätbronzezeit konsequent praktiziert wurde. Vermutlich kam es deshalb im Rahmen der Ausbreitung der Stadt gezwungenermaßen zu einer Verlegung der Begräbnisplätze. 293 Dabei scheint es sich nicht um ein regionales Phänomen zu handeln, da die Toten aus Tell Mišrīfa und zum Teil auch in Tell Masṭūma innerhalb der Siedlung bestattet wurden. In Tell an-Naṣrīya scheinen die Toten zwar – abgegrenzt durch eine Mauer  –  innerhalb der Siedlung gefunden worden zu sein, aber da bislang keine zeitgenössischen Siedlungsspuren entdeckt worden sind, könnte es sich auch hier um ein extramurales Gräberfeld gehandelt haben. Dass die Toten zumindest in den drei ersten Perioden in Ḥamā als gefährliche Entitäten angesehen wurden oder lediglich die Angst vor einer Rückkehr eben dieser, ist möglicherweise aus den unbrauchbar gemachten Waffen und anderen Objekten zu schlussfolgern. Da diese Entwicklung mit dem allmählichen Verzicht auf das Bedecken der Urne mit einer Kalkschicht mit dem Anbruch der Periode IV einherging, könnten beide Handlungen apotropäischer Natur gewesen sein. Der Grund für diese Entwicklung könnte in der schwindenden Macht, die den Toten zugestanden wurde 294 oder in einem anderen Aufenthaltsort des Totengeistes als dem Grab zu suchen sein. Falls die vergoldete Figurine eines Gottes aus der Nähe von aš-Šaǧara von einem Heiligtum stammen sollte, könnte dies auf eine gemeinsame Beopferung dieser Gottheit sowie der Verstorbenen hindeuten und demzufolge eventuell die Vorstellung, die jenseitige Existenz bei dieser Gottheit zu verbringen, implizieren.

292 Riis 1990b, S. 54–56, Abb. 24–25. Vgl. Gilibert 2012, S. 121, welche die dort ebenfalls gefundenen Basaltthrone, einer davon mit zwei Zapfen, als Überreste von – in ihrer Terminologie – königlichen „Ahnenstatuen“ auffasst. 293 Fugmann 1958, S. 265. Andere Möglichkeiten wären politische oder religiöse Motive. Fugmann 1958, S. 265. 294 Vgl. Müller 1975.

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Interpretation

8.6.2

505

Religionsoziologische Interpretation

Die Gräberfelder aus dem Gebiet von Ḥamat könnten kaum disparater sein. Während in der Hauptstadt der vermutlich größte Teil der Bevölkerung in Tausenden, zum Teil üppig ausgestatteten extramuralen Kremationsgräbern beigesetzt wurde, liegt mit den intramuralen Körperbestattungen aus Tell Mišrīfa ein kleines, vermutlich auf eine sozial niedrig anzusiedelnde Familie beschränktes Gräberfeld vor. Bezüglich der sozialen Schicht vergleichbar dürften die Gräber aus Tell Masṭūma sein, die wohl einer größeren sozialen Gruppe als einer Familie angehörten. Die ummauerte Kremationsnekropole am Rand der Unterstadt von Tell an-Naṣrīya dagegen könnte entweder aufgrund ihrer Lage einer sozial höher stehenden Gruppe zugeordnet werden, wobei dann die Grabbeigaben als äußerst bescheiden bewertet werden müssten, oder eventuell auf eine Verlagerung der Stadt zurückgeführt werden, während der vorübergehend verlassene Tell für die Anlage einer Nekropole genutzt wurde. Die Dichotomie bei der Wahl der Bestattungsart in Ḥamā, Körperbestattung für Neu- oder Ungeborene, Kremation für alle anderen Individuen, setzte wohl nicht nur den Zeitpunkt der Integration in die Gemeinschaft, vielleicht mit der Namensgebung, fest, sondern impliziert zugleich, dass die Entsorgung des Körpers nicht nur auf verschiedenen Wegen geschehen konnte, sondern musste. Die generelle Uniformität der Bestattungen von Ḥamā ist ebenfalls ein Indiz für diese strikte Haltung. Die Fälle der zwei verbrannten Neugeborenen können aus dieser Perspektive entweder als alt genug interpretiert werden oder als Hinweise auf einen gesellschaftlich als außergewöhnlich betrachteten Tod verstanden werden. Deshalb liegt es nahe zu vermuten, dass die beiden verbrannten Neugeborenen bereits eine gewisse Altersstufe erreicht hatten, die sie dazu „berechtigte“, kremiert zu werden sowie, in einem Fall, auch Beigaben zu erhalten. Interpretationsbedürftig ist darüber hinaus der Bruch im Anteil der bestatteten Nichterwachsenen zwischen Periode I und Periode II in Ḥamā, einem Abfall von 53 % zu 33 %. In den Perioden III und IV fällt diese Zahl dagegen etwas weniger stark, aber kontinuierlich ab, von 27 % auf 23 %. Dies lässt darauf schließen, dass Neugeborene, Kinder und Jugendliche, in jüngerer Zeit entweder vermehrt an anderen Orten, ohne archäologische Spuren zu hinterlassen am gleichen Ort oder überhaupt nicht mehr beigesetzt wurden. Das Einsetzen dieser Entwicklung korrespondiert mit der Zerstörungsschicht am Ende der Phase F/2 von Ḥamā, so dass dieser Prozess durch eine Veränderung der politischen Verhältnisse dieser Zeit, über die praktisch nichts bekannt ist, beeinflusst worden sein könnte, ohne dass weitere Modifikationen, bspw. im Grabinventar, feststellbar wären. Das kleine Gräberfeld auf einem verlassenen Teil des Tell von Rās al-Bassīṭ scheint ein gesondertes Areal für Kindergräber ab ca.  750 gewesen zu sein, 295 so dass ein solches in Ḥamā vielleicht trotz der umfangreichen Ausgrabungen bisher noch nicht entdeckt worden ist. Aufgrund der (zahl-) reichen Grabbeigaben in Urnen von Kindern und Jugendlichen kann das Bestattungsritual bzw. dessen archäologisch feststellbaren Überreste in 295 Courbin 1993, S. 13.

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506

Ḥamat

Ḥamat kaum als statisches Abbild der sozialen Verhältnisse zu Lebzeiten des bestatteten Individuums betrachtet werden, was erstens bedeutet, dass andere Faktoren dabei ausschlaggebend gewesen sein müssen und zweitens die direkte Beziehung zwischen Umfang, Qualität und Wert der Grabbeigaben und Toten prinzipiell infrage stellt. Denn bis auf zwei Ausnahmen fanden sich alle Kategorien von Grabbeigaben auch in den Urnen Nichterwachsener. Allein Amulette, insgesamt aber nur vier Stück, sind ausschließlich Erwachsenen zuzuordnen, während Waffen bis auf eine jugendliche Ausnahme ebenfalls nur bei adulten Individuen festgestellt wurden. Letztere Beobachtung macht damit zwar für sich betrachtet die Interpretation als Beigabe eines Kriegers im Sinne einer tatsächlich kämpfenden Person plausibel, andererseits muss davon ausgegangen werden, dass zusätzlich zu den Schwertern auch alle anderen Waffen rituell zerstört worden sein könnten, was aufgrund der hölzernen Bestandteile jedoch nicht mehr nachweisbar ist. Außerdem kämen nur 48 von 1674 Gräbern (2,9 %) überhaupt als „Kriegergrab“ infrage und Rüstungsteile – bis auf zwei einzelne, vermutlich apotropäisch zu interpretierende Schuppen – oder (Metall-) Schilde fehlen vollständig. 296 Dies lässt darauf schließen, dass es sich nicht zwangsläufig um Kämpfer attributierende Objekte gehandelt haben muss und demnach die Verteilung der Waffen in den Gräbern wohl kein Indiz für eine Interpretation als Statussymbol – abgesehen vom Geschlecht – im Diesseits darstellt. 297 Weiterhin ist zu erwägen, inwiefern archäologische Spuren, die Aussagen über eine besondere Stellung der Frauen im Bestattungsritual nahelegen, gerechtfertigt sein könnten. Der Befund aus Tell an-Naṣrīya könnte eine besondere Beziehung divinatorischer Art zwischen dem Grab einer Frau und dem Stein mit Napflöchern in Form von Astragali implizieren. Zudem sind in der Eisenzeit II, in Ḥamā Periode IV und Tell Mišrīfa, Frauengräber die einzigen, die geschlechtsspezifische Grabbeigaben erhielten bzw. deren Grab von Ziegelsteinen geschützt wurde und in zwei von drei Fällen besondere Grabschließungsrituale erfuhren. Leichter zu beantworten ist die Frage nach den Teilnehmern am Bestattungsritual. Nach Ausweis der SHEIZAR-Inschrift waren dies im Falle Kupapiyas zumindest die Kinder, die zugleich einen teilweise aktiven Part darin übernahmen. 298 Angesichts des Alters der Verstorbenen ist wohl davon auszugehen, dass es sich bei einem der Söhne um den aktuellen König handelte. Die weitere Nachkommenschaft ließ wahrscheinlich nicht allein die Stele anfertigen, sondern nahm vermutlich ebenfalls am Begräbnis teil. Es ist davon auszugehen, dass sich die Teilnehmer an den Begräbnissen der einfachen Bevölkerung ähnlich zusammensetzten bzw. die Nachkommenschaft eine ähnlich wichtige Rolle übernahm.

296 Vgl. im Gegensatz dazu das Grab YC 50 aus Yunus, dass zusätzlich zu zwei Pfeilspitzen mehrere Schuppen eines Schuppenpanzers enthielt. 297 Eine Einschränkung könnte eventuell eine verkehrt gedachte Jenseitswelt darstellen, auf welche jedoch keine zeitgenössischen Quellen hinweisen. 298 Bspw. im Gegensatz zum größtenteils passiven Part der Königsfamilie im hethitischen Bestattungsritual šalliš waštaiš.

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Interpretation

8.6.3

507

Religionsökonomische Interpretation

Zwei Aspekte der Gräber Ḥamats sind aus religionsökonomischer Perspektive interpretationsbedürftig. Zum einen handelt es sich dabei um den Verzicht auf Grabbeigaben bei einer Mehrzahl der Gräber und zum anderen sollen bei den Gräbern mit Beigaben die Unterschiede zwischen den Grabinventaren der Perioden I–III in Ḥamā und Tell an-Naṣrīya auf der einen sowie der Periode IV in Ḥamā auf der anderen Seite thematisiert werden. Im Vergleich zum teilweise zeitgenössischen Gräberfeld von Tyros al-Baṣṣ, deren Benutzer den unteren und mittleren Spektren der Gesellschaft zugeordnet werden müssen, aber deren Tote jeweils mit einem Standardrepertoire an Keramikgefäßen beigesetzt wurden, 299 lassen die beigabenlosen Gräber aus Tell Masṭūma, Tell an-Naṣrīya, Ḥamā al-Ḫamīs, Ḥamā aš-Šaǧara und Tell Mišrīfa – mit Anteilen von 37,5 %, 54 %, 62 %, 76 % bzw. 100 %, welche demnach bei Kremationen im Laufe der Zeit stetig zunehmen – darauf schließen, dass die rituelle Transformation von der diesseitigen zur jenseitigen Existenz keine Deponierung von Grabbeigaben, sondern lediglich die Verbrennung des Leichnams und die Beisetzung in einer Urne oder die Erdbestattung erforderte. Dies bedeutet jedoch nicht, dass im Rahmen der Bestattung des Leichnams  –  oder zu einem anderen Zeitpunkt – nicht auch Gegenstände durch bestimmte Handlungen zeitweise für die Toten bereitgestellt oder ggf. auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden sein könnten. Hinweise darauf gibt es in Tell an-Naṣrīya. Deshalb können alle vorhandenen Grabbeigaben letzten Endes als optional betrachtet werden. Das mögliche Gegenargument, dass es sich bei den Gräbern ohne Beigaben um Personen handelte, die sich keine Grabbeigaben leisten konnten, kann höchstens für die Körperbestattungen aus Tell Mišrīfa und Tell Masṭūma gelten, nicht aber für Kremationen, die eine nicht zu unterschätzende Investition in Form von Feuerholz und Zeit bedingten. Im Gegensatz zu Erdbestattungen müssen bei Feuerbestattungen zusätzliche Maßnahmen wie Transport und Aufschichtung des Holzes, der stundenlange Verbrennungsprozess selbst sowie die Zeit zum Abkühlen einkalkuliert werden. Möglicherweise können aus dieser Perspektive die Grabschließungsrituale aus Tell Mišrīfa eventuell als symbolische Kremationen aufgefasst werden, deren Durchführung den Hinterbliebenen aufgrund mangelnder ökonomischer Ressourcen verwehrt blieb. 300 Die unterschiedlichen Beigabenrepertoires der drei Brandgräberfelder im Königreich Ḥamat können auf verschiedene Weise interpretiert werden. Als charakteristische Merkmale von Ḥamā aš-Šaǧara im Vergleich zu Ḥamā al-Ḫamīs, und soweit bekannt auch Tell an-Naṣrīya, sind der höchste Anteil von Erwachsenen, die Absenz eindeutig maskuliner Geschlechtsmarker sowie eine gesunkene Quantität und Qualität der Grabbeigaben zu nennen. Letzteres wurde von P. J. Riis als räumliche Trennung der Gräber von arm und reich interpretiert. Sie hatte – nach P. J. Riis – ihre Ursache in einer sich sozioökonomisch ausdifferenzierenden Gesellschaft, der an einer Separierung im funerären Bereich gelegen war. Die Gräber der Oberschicht der Periode IV seien demnach in einer anderen, bis-

299 Aubet 2004. 300 Davon waren allerdings allein die Gräber von weiblichen Personen betroffen.

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Ḥamat

lang unentdeckten Nekropole zu suchen. 301 Dieser Prozess könnte durch die Eroberung Zakkūrs zusätzlich befeuert worden sein, da mit dessen Machtergreifung und der Verlagerung der Hauptstadt nach Tell Afis / Ḫaḏarik vermutlich ein Bedeutungsverlust der lokalen Oberschicht einherging und u.a. durch funeräre Segregation kompensiert werden sollte. 302 Daneben scheint eine Separierung innerhalb der Nekropole von aš-Šaǧara ebenfalls im Bereich des Möglichen zu liegen, da nur ein relativ begrenztes Gebiet ausgegraben wurde, etwas außerhalb dieses Areals jedoch die vergoldete Statuette eines Gottes zu Tage gefördert wurde. Diese wäre, falls sie tatsächlich aus einem Grab stammt, was angesichts der Entfernung von etwas mehr als 200 m durchaus plausibel erscheint, das erste Edelmetallobjekt aus aš-Šaǧara. Allerdings wird die hohe Anzahl an Erwachsenen und die äußerst niedrige Zahl an Neugeborenen, Kindern und Jugendlichen den Erwartungen an ein Gräberfeld der Unterschicht ebenso wenig gerecht wie die nun sehr viel zahlreicher vetretenen Knochenund Elfenbeinappliken, die zum Teil auf Schmuckkästchen, Möbelstücke und andere Luxusobjekte hinweisen, deren Verwendung und Verbrennung nicht der Unterschicht zuzurechnen ist. 303 Deshalb scheint es angebrachter, von der Interpretation P. J. Riis abzusehen. So könnte stattdessen auf die These der Zyklizität in der Grabausstattung als Anhaltspunkt für einen Verzicht auf Metallobjekte und eine Präferenz für Objekte aus organischem Material zurückgegriffen und vermutet werden, dass eine präferierte Strategie der Abgrenzung auf dem Verzicht von Metall, Grabbeigaben generell oder der Inklusion anderer Prestigegüter beruhte. 304 Eine weitere mögliche Antwort zur Lösung dieser Frage könnte in der politischen Geschichte zu suchen sein. Nachdem sich Zakkūr vermutlich durch die Intervention der assyrischen Armee aus der Belagerung seiner Hauptstadt befreien konnte, musste die assyrische Hilfe mit stark erhöhten Tributen, zum Teil in Edelmetallen, bezahlt werden. 305 Diese wurden selbstverständlich auf die Bevölkerung abgewälzt und könnten zur Absenz von Metallen und zur Zunahme lokal verfügbarer Ressourcen wie Elfenbein in den Grabinventaren beigetragen haben. Außerdem liegen angesichts der Beobachtungen aus Tell an-Naṣrīya und Tell Šiyuḫ Fawqānī, wonach nicht alle verbrannten Gegenstände in die Urne gelegt wurden, Änderungen bei der Selektion der nach der Kremation aufgesammelten Objekte im Bereich des Möglichen.

301 Riis 1948, S. 37. Vgl. Burney 2004, S. 102. 302 In diesem Zusammenhang ist auf die Beobachtung Vere G. Childes aufmerksam zu machen, nach welcher Grabbeigaben in stabilen Gesellschaften über die Zeiten hinweg quantitativ und qualitativ abnehmen, da allein in den Zeiten im Anschluss an einen Machtwechsel die Zurschaustellung und „Opferung“ von Reichtum im Rahmen von Legitimierungsstrategien der neuen Eliten notwendig seien. Childe 1945, S. 17; Parker Pearson 1982, S. 112. 303 Riis 1948, S. 37. In 32 von 399 Gräbern (ca. 8 %), was genau einem Drittel aller Gräber mit Grabbeigaben der Periode IV (96) entspricht. 304 Vgl. Cannon 1989, der den Verzicht auf Metallbeigaben in Athener (Elite-) Gräbern ab ca. 700 als Beispiel eines solchen zyklischen Wandels präsentiert. 305 Vgl. Fuchs 2008a.

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9. Zusammenfassung

9.1

Rekonstruktion

9.1.1

Stelen

Aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes lassen sich insgesamt vier verschiedene Arten von Totenstelen im eisenzeitlichen Nordsyrien und Südostanatolien differenzieren: Stelen ohne Bild oder Inschrift, Bildstelen, Inschriftenstelen sowie Bildstelen mit einer Inschrift. Unter die erstgenannte Kategorie fallen drei unbearbeitete Steine aus Ḥamā sowie eine vermutlich ebenfalls anikonische Kreidestele aus Karkamiš, deren Funktion letztlich nur aufgrund ihres Grabkontextes bestimmt werden kann. 1 In Tell Ḥalaf waren anikonische Stelen in sekundärer Verwendung vorhanden, wobei sich bislang aber keine Indizien dafür fanden, dass sie ursprünglich im Zusammenhang mit Gräbern errichtet wurden. Als ergiebiger für die Forschung erweisen sich die drei weiteren Kategorien, wobei – über den geographischen Rahmen dieser Arbeit hinausgreifend – insgesamt 14 Exemplare von Bildstelen mit Inschrift publiziert worden sind, welche hier zusammen mit den 74 Bildstelen ohne Inschrift behandelt werden sollen. Dies ergibt zusammen genommen 88 Exemplare, wohingegen 23 Stelen allein eine luwische Inschrift aufweisen. Des Weiteren sind zwei Stelenfragmente in Form einer Zinne mit Rosetten aus Karkamiš zu nennen, die vermutlich einstmals Teile luwisch beschrifteter Stelen bildeten. 2 Interes1

2

Riis 1948, S. 28, 31, Abb. 18; Woolley 1939, S. 33. Siehe Abschnitte 4.1.5.3.7 und 8.1.3.2.6. Es muss stets in Betracht gezogen werden, dass die anikonischen ebenso wie die beschrifteten Stelen bemalt gewesen sein könnten. Bezüglich der sehr grob behauenen „Grabstelen“ aus Tell Sukās hat sich herausgestellt, dass die vermeintlichen (Kremations-) Gräber sowie die Steine tatsächlich ein Heiligtum mit zum Teil verbrannten Votivgaben sowie einer Altarplattform aus Steinblöcken darstellten. Riis 1996, S. 5–10; Buhl 1996, S. 27. Diese Revision ist teilweise bis heute einigen Forschern verborgen geblieben, so dass die „Kremationen“ und Stelen von Tell Sukās häufig noch als Beispiel für spätbronzezeitliche / früheisenzeitliche Brandbestattungen in Syrien zitiert werden. Bspw. Bonatz 2000a, S. 156; Aubet 2013, S. 80; Faivre 2013, S. 317; Sader 2014b, S. 614, 618. Woolley 1921, S. 151, Abb. 56–57. Während in Karkamiš Stelen mit Zinnenfries bislang nur Inschriften aufweisen, liegen aus Maraş zwei Bildstelen mit diesem Schmuck vor. Zu dem sicher als Totenstele zu klassifizierendem Exemplar, siehe Schachner und Schachner 1996; Bonatz 2000a, S. 22, 59, Taf. XX, C 59; Soldi 2019, S. 211. Das Fragment mit einer vermutlich sitzenden Frau wird dagegen bislang überwiegend für die Darstellung einer Göttin bzw. das Objekt für ein Altar gehalten. Garbini 1959; Orthmann 1971, S. 527, Maraş B/24; Bonatz 2000a, S. 189, Anm. 79; Soldi 2019, S. 210. Ein mortuärer Kontext ist jedoch plausibler. Als Argument dafür können die Übereinstimmungen mit C 59 ebenso in Betracht gezogen werden wie die Tatsache, dass viele der In-

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510

Zusammenfassung

santerweise sind bisher keine aramäischen Inschriftenstelen gefunden worden, obwohl entsprechende Exemplare aus dem 4. und 3. Jh. aus Kilikien existieren, wobei auch bei den Bildstelen mit Inschrift die luwisch beschrifteteten (9) zahlreicher als die aramäisch beschrifteten (5) sind. Tabelle 17: Grab- und / oder Memorialstelen aus Nordsyrien und Südostanatolien. 3 #

3

Ort

Bild

Inschrift, z.T. nach Hawkins 2000

Orthmann 1971

Voos 1986

Bonatz 2000a

Sonstige Publikation

1

Arslān Ṭāš

X



Arslan Tash 2

75

C4

2

Çapalı

X



Çapalı 1

46

C 43

3

Coba Höyük

X



Sakçagözü C/1

47

C 37

4

Eğrek



EĞREK



94



5

Ekinveren



TİLSEVET



93



6

Erkilet



ERKİLET 1







7

Erkilet



ERKİLET 2







8

Fevzipaşa

X



Keller 1

61

C 47

9

Gaziantep

X





(34a)

C 71

10

Gözlühöyük

X







C 28

11

Gürçay

X

GÜRÇAY







Marchetti und Peker 2014

12

Ḥamā











Riis 1948, S. 28, 31

schriftenstelen mit Zinnenverzierung, inklusive eines Fragmentes mit abgestuften Zinnen, aus dem zeitgenössischen Gräberfeld Yunus bei Karkamiš stammen. Vgl. Schachner und Schachner 1996, S. 213–214; Lange 2015. Ausgenommen von der Betrachtung sind Voos 1986, Kat.-Nr. 40 / Bonatz 2000a, C 31 sowie Voos 1986, Kat.-Nr. 44 / Bonatz 2000a, C 41 aufgrund des Verdachts einer Fälschung. Bissing 1930–1931, S. 170, Anm. 81; Akurgal 1949, S. 123, Anm. 215; Muscarella 2000, S. 192.

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511

Rekonstruktion

#

Ort

Bild

Inschrift, z.T. nach Hawkins 2000

Orthmann 1971

Voos 1986

Bonatz 2000a

Sonstige Publikation

13

Ḥamā











Riis 1948, S. 28, 31

14

Ḥamā











Riis 1948, S. 28, 31

15

İslahiye

X



Islahiye 1

67



16

Unbekannt, evtl. İslahiye

X





26

C 30

17

Karaburçlu

X

KARABURÇLU

Karaburçlu 1

39

C 32

18

Karkamiš

X



Karkemis K/32

53



19

Karkamiš



KARKAMIŠ A. 4c



88



20

Karkamiš



KARKAMIŠ A. 5a



90



21

Karkamiš



KARKAMIŠ A. 18a







22

Karkamiš



Luwisch (nicht lesbar)







Woolley 1921, S. 93

23

Karkamiš



(luwisch?)







Woolley 1921, S. 151

24

Karkamiš



Luwisch (KH.12.O.35)







Peker 2016, S. 36–37

25

Karkamiš



Luwisch (KH.13.O.2)







Peker 2016, S. 37–38

26

Karkamiš



Luwisch (KH.14.O.520)







Peker 2016, S. 38

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512

Zusammenfassung Inschrift, z.T. nach Hawkins 2000

Orthmann 1971

Voos 1986

Bonatz 2000a



89





Karkemis L/1

42

C 45

X



Karkemis L/2

58

C 18

Karkamiš, Yunus

X

KARKAMIŠ A. 15c

Karkemis L/3





30b

Karkamiš, Yunus

X

Luwisch (YU.12.O.3)







31

Karkamiš, Yunus



KARKAMIŠ A. 5b



91



32

Karkamiš, Yunus



KARKAMIŠ A. 16f







33

Karkamiš, Yunus



KARKAMIŠ A. 18b







34

Karkamiš, Yunus



KARKAMIŠ A. 19b







35

Karkamiš, Yunus



(luwisch?)



36

Karkamiš, Yunus







37

Karkamiš, Yunus



YUNUS 1

38

Karkamiš, Yunus



39

Kululu

40 41

#

Ort

Bild

27

Karkamiš, West Gate Cemetery



KARKAMIŠ A. 18h

28

Karkamiš, Yunus

X

29

Karkamiš, Yunus

30a

Sonstige Publikation

Peker 2016, S. 45–46



Woolley 1921, S. 151





Woolley 1939, S. 33







Peker 2014

YUNUS 2







Peker 2016, S. 44–45



KULULU 2



95



Kululu



KULULU 3



96



Kululu



KULULU 4



97



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513

Rekonstruktion Inschrift, z.T. nach Hawkins 2000

Orthmann 1971

Voos 1986

Bonatz 2000a

Maraş A/1

22

C 29

MARAŞ 12

Maraş A/2

25

C 27

X







C 21

Maraş

X

MARAŞ 2

Maraş B/7

38

C 33

46

Maraş

X



Maraş B/8

29

C 23

47

Maraş

X



Maraş B/9

69

C 55

48

Maraş

X



Maraş B/10

57

C 56

49

Maraş

X



Maraş B/11

70

C7

50

Maraş

X



Maraş B/12

68

C 54

51

Maraş

X



Maraş B/13

78

C 57

52

Maraş

X



Maraş B/14

72

C 53

53

Maraş

X



Maraş B/15

43

C 44

54

Maraş

X

MARAŞ 8

Maraş B/16

84

C1

55

Maraş

X



Maraş B/17

50

C 42

56

Maraş

X



Maraş B/18

31

C 61

57

Maraş

X



Maraş B/19

36

C 64

#

Ort

Bild

42

Maraş, in situ

X



43

Maraş, in situ

X

44

Maraş, in situ

45

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Sonstige Publikation

514

#

Zusammenfassung

Ort

Bild

Inschrift, z.T. nach Hawkins 2000

Orthmann 1971

Voos 1986

Bonatz 2000a

58

Maraş

X



Maraş B/20

35

C 62

59

Maraş

X



Maraş B/21

32

C 63

60

Maraş

X



Maras B/24





61

Maraş

X







C 59

62

Maraş

X









63

Maraş (?)

X



Maraş C/1

30

C 60

64

Maraş (?)

X



Maraş C/2

23

C 25

65

Maraş (?)

X



Maraş C/3

24

C 24

66

Maraş (?)

X



Maraş C/4

56

C 12

67

Maraş (?)

X



Maraş C/5

77

C 51

68

Maraş (?)

X



Maraş C/6

37

C 68

69

Maraş (?)

X



Maraş C/7

79

C9

70

Maraş (?)

X







C 66

71

Maraş (?)

X

MARAŞ 15







72

Unbekannt, evtl. Maraş

X



Maraş D/1

54

C 13

73

Unbekannt, evtl. Maraş

X



Maraş D/3

62

C 34

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Sonstige Publikation

Willinghöfer 2002, S. 358, Kat.–Nr. 161

515

Rekonstruktion

#

Ort

Bild

Inschrift, z.T. nach Hawkins 2000

Orthmann 1971

Voos 1986

Bonatz 2000a

74

Unbekannt, evtl. Maraş

X

MARAŞ 9

Maraş D/4

33

C 65

75

Unbekannt, evtl. Maraş

X



Maraş D/5

80

C 10

76

Unbekannt, evtl. Maraş

X



Maraş D/6

76



77

Unbekannt, evtl. Maraş

X





27

C 50

78

Unbekannt, evtl. Maraş

X





63

C 49

79

Unbekannt, evtl. Maraş

X





64

C 19

80

Unbekannt, evtl. Maraş

X





65

C 20

81

Unbekannt, evtl. Maraş

X





73

C 69

82

Unbekannt, evtl. Maraş

X





28

C 22

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Sonstige Publikation

516

#

Zusammenfassung

Ort

Bild

Inschrift, z.T. nach Hawkins 2000

Orthmann 1971

Voos 1986

Bonatz 2000a

Sonstige Publikation

83

Unbekannt, evtl. Maraş

X









Zahlhaas 1995; dies. 2010, S. 234

84

Unbekannt, evtl. Maraş

X









Zahlhaas 1995; dies. 2010, S. 234–235

85

Maskana

X

Aramäisch







Margueron und Teixidor 1983

86

Nayrab

X

Aramäisch (KAI 225)

S. 379

81

C 11

87

Nayrab

X

Aramäisch (KAI 226)

S. 379

41

C 35

88

Nayrab

X







C 67

89

Ördekburnu

X

Sam’alisch

Ördekburnu 1



C 52

90

Örtülü

X







C 26

91

Pazarcık

X





71

C5

92

Samsat

X

SAMSAT 1

Samsat 1



C3

93

Šayzar



SHEIZAR



87



94

Söğütlü Köy

X



Söğütlü 1

74

C8

95

Tell Aḥmar

X



Til Barsib B/4

34

C 70

96

Tell Aḥmar

X



Til Barsib B/5

83

C2

97

Tell Aḥmar

X



Til Barsib B/6

48

C 39

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517

Rekonstruktion Inschrift, z.T. nach Hawkins 2000

Orthmann 1971

Voos 1986

Bonatz 2000a

S. 372, Nr. 27

49

C 38



T. Rifa’at 1

51

C 14

X



T. Fredje 1





Tell Ḥalaf

X





82



102

Yumurtalık

X







C 58

103

Yurtbağı



KARKAMIŠ A. 18f



92



104

Zincirli

X



Zincirli J/2



C 72

105

Zincirli

X



Zincirli K/2

60

C 46

106

Zincirli

X

Sam’alisch







107

Unbekannt

X



Slg. Marcopoulos

45

C 36

108

Unbekannt

X





52

C 15

109

Unbekannt

X





59

C 16

110

Unbekannt

X







C 40

111

Unbekannt

X







C 48

112

Unbekannt

X





57a

C 17

#

Ort

Bild

98

Tell alMaqir

X



99

Tell arRif‘at

X

100

Tell Frayǧī

101

Sonstige Publikation

Struble und Herrmann 2009

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518

Zusammenfassung

#

Ort

Bild

Inschrift, z.T. nach Hawkins 2000

Orthmann 1971

Voos 1986

Bonatz 2000a

Sonstige Publikation

113

Unbekannt

X





66



114

Unbekannt

X







C6

115

Unbekannt

X









Balcıoğlu 2009, S. 16

116

Unbekannt

X









Balcıoğlu 2009, S. 17

117

Unbekannt

X









Balcıoğlu 2009, S. 18

9.1.1.1

Bezeichnungen der Stelen

9.1.1.1.1 Bezeichnungen von Stelen im Luwischen Die 32 Stelen mit luwischen Inschriften lassen sich grundsätzlich in zwei Gruppen aufteilen: 23 Inschriftenstelen, in und um Karkamiš meist mit Zinnenverzierung am oberen Rand, sowie neun Stelen mit Bildschmuck in Form von Speisetischszenen, einer stehenden männlichen oder einer sitzenden weiblichen Person. 4 Der mit insgesamt neunmal am häufigsten verwendete Terminus für Grab- oder Memorialstelen im Luwischen lautet hluw. wani(t)- und wurde vor allem in Karkamiš und Umgebung verwendet. 5 Außerdem findet sich das Lexem eventuell auf der stark erodierten Oberfläche der Stele mit der Inschrift SAMSAT 1. 6 Die von H. Th. Bossert vorgeschlagene „sachliche Entsprechung“ 7 dieses Begriffs zu den als heth. NA4huwaši bezeichneten Kultstelen, d.h. eine Verwendung im Kontext der Verehrung von Gottheiten, der 4 5 6 7

Siehe Tabelle 17. Hutter 1993, S. 97–98; Bonatz 2000a, S. 146–147; Hawkins 2000, S. 424, 494; Peker 2014; ders. 2016, S. 38; Payne 2015, S. 117–118 (ERKİLET 1, KARKAMIŠ A. 4c, A. 5a, A. 18f, A. 18h, TİLSEVET, KULULU 3, YUNUS 1, KH.14.O.520). Meriggi 1975, S. 72. Hawkins 2000, S. 352 dagegen verzichtet aufgrund des schlechten Zustandes auf eine Lesung. Hutter 1993, S. 96 unter Bezugnahme auf Bossert 1952, S. 512. Gurney 1977, S. 38 dagegen lehnt diese Etymologie ebenso wie die von H. Th. Bossert als „Malsteine“ interpretierten Stelen ab, zu denen alle gehören, die als wani(t)- bezeichnet wurden, da bis auf die Stele von Elbistan Karahöyük keine in einem archäologischen Kontext gefunden wurde, der eine kultische Funktion nahelegt.

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Rekonstruktion

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hethitischen Großreichszeit muss angezweifelt werden, da weder die Etymologie noch das breitgefächerte Verwendungsspektrum von hluw. wani(t)- eine solche nahelegen. Erstere betreffend muss die Ableitung von kluw. uwani- „Stein“ in Betracht gezogen und demzufolge als „Stein, Stele“ übersetzt werden. 8 Abgesehen von Grab- oder Memorialstelen und vielleicht auch Grenzsteinen konnte die Bezeichnung hluw. wani(t)- jedoch ebenso für Kult-, 9 Vertrags- 10 und Siegesstelen 11 verwendet werden, weshalb eine Deutung dieses Begriffs als „Kultstele“ auch hinsichtlich der Verwendung nicht überzeugen kann. Zu erwähnen sind darüber hinaus die Inschriften MARAŞ 14 und PANCARLI, in welchen sich wani- wahrscheinlich auf die jeweilige Statue bezieht, auf welcher die Inschrift angebracht war, was ein weiteres Indiz für den materiellen Aspekt dieses Lexems darstellen könnte. 12 Der bisher einzige in situ-Fund einer als wani(t)- bezeichneten Stele mit einer Memorialinschrift stammt zwar aus einem Wettergotttempel (KARKAMIŠ A. 4c), aber sekundäre Fundkontexte solcher Stelen innerhalb oder nahe eisenzeitlicher Kremationsgräberfelder lassen auf eine Errichtung über einem Grab im Falle von YUNUS 1 (Yunus), KARKAMIŠ A. 18h (West Gate Cemetery) sowie KARKAMIŠ A. 18f (Yurtbağı) schließen. Unklar ist, ob eine solche Verwendung auch für die beiden im Stadtgebiet von Karkamiš (KARKAMIŠ A. 5a, KH.14.O.520) gefundenen Exemplare vermutet werden kann, oder ob sie analog zu KARKAMIŠ A. 4c vielleicht in einem Heiligtum standen. Alle weiteren Stelen (ERKİLET 1, TİLSEVET, KULULU 3) entstammen unbekannten oder sekundären Kontexten, ohne dass der ursprüngliche Aufstellungsort ermittelt werden könnte. Ein weiterer Begriff zur Bezeichnung einer Stele im mortuären Kontext stellt möglicherweise hluw. tasa- dar. Nachdem J. D. Hawkins auf den Stelen aus Maḥarda und Šayzar, von denen nur letztere als Grab- oder Memorialstele anzusehen ist, nicht mehr tasa-, sondern stattdessen hluw. tanisa- liest, 13 beschränkt sich dieses Lexem auf die Stele mit der Inschrift KULULU 2, in welcher der Zerstörer eines als tasa- bezeichneten Objekts mit einem Fluch belegt wird. 14 Aufgrund des weiten semantischen Spektrums von hluw. tasa- bzw. dessen Entsprechungen in den süd- und westanatolischen Sprachen, „upright pillar, stele, altar, funerary monument, memorial, boundary marker“, 15 könnte an dieser Stelle auch eine Grab- oder Gedenkstätte inklusive der Stele gemeint sein, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass sich dieser Begriff noch in der Bezeichnung für das von Antiochos I. von Kommagene auf dem Nemrud Dağ erbaute „Hierothesion“ verbirgt, was 8 Hawkins 2000, S. 180, 494. Dass sich mit kluw. uwani- „Stein“ eher das Material als die äußere Gestalt verbindet, zeigt sich an kluw. uwanitai- „versteinern“. Im Hieroglyphenluwischen scheint diese Konnotation erhalten geblieben zu sein, da hluw. wani(t)- sowohl mit dem Logogramm STELE (LAPIS+SCALPRUM) als auch mit LAPIS allein determiniert werden konnte. Hawkins 2000, S. 418. 9 BABYLON 1, RESTAN, QAL‘AT EL MUDIQ (APAMEA), MARAŞ 11. 10 CEKKE. 11 KARKAMIŠ A. 4b. 12 Herrmann et al. 2016, S. 55, Anm. 5. 13 Hawkins 2000, S. 418. Siehe unten. 14 Außerdem in KARKAMIŠ A. 6 und in CEKKE (als Grenzstele). 15 Lyd. taśẽν, lyk. θθẽ. Watkins 2008, S. 137–138.

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sowohl den gesamten Komplex als auch die Grabkammer selbst bezeichnen konnte. 16 Festzuhalten bleibt in jedem Fall, dass dieser einmalige Beleg von tasa- kaum als Indiz für die Entstehung einer neuen Denkmalsgattung, der Grabstelen oder -denkmäler, in Abgrenzung zu wani(t)- als vermeintlicher Kultstele, gewertet werden kann, 17 sondern im Gegenteil eher eine eisenzeitliche Entsprechung des westsem. sik(k)ānu(m), sikkannum im bronzezeitlichen Syrien darzustellen scheint, 18 was sich anhand der etymologischen Ableitung von ie. *dhh1s-ó- „das Heilige / Göttliche besitzend“ verdeutlichen lässt. 19 Im Gegensatz zu den bisherigen Bezeichnungen gehört ein weiterer in diesem Kontext zu behandelnder Begriff, hluw. (COR) at(a)ri- dem belebten Geschlecht des Luwischen an. 20 Er findet sich u.a. auf einer Stele mit zweifiguriger Speisetischszene sowie der Inschrift MARAŞ 2 und ist mit dem Bild auf dieser Stele, und zwar einer der beiden Figuren, nicht aber mit dem Bildträger / der Stele selbst assoziiert worden. 21 In der Inschrift heißt es, dass anstelle der verstorbenen Tarḫuntiwasati ihr Mann Azini eine Handlung vollzog, in welcher atri- das Objekt bildete, 22 sowie ein weiteres, nicht mehr zu entzifferndes Objekt „machte“. 23 Obwohl J. D. Hawkins generell eine Bedeutungserweiterung atri- im Sinne von heth. eš(ša)ri „Form, Figur, Bild“ bevorzugt und es hier als „Bild“ übersetzt, merkt er an, dass es in Anlehnung an KULULU 4 als „Seele“, im Sinne eines (Spiegel-) Bildes des Körpers, verstanden werden könnte und ordnet diesen Begriff versuchsweise der linken Figur der Speisetischszene zu, während auf der rechten Seite die lebende Tarḫuntiwasati dar-

16 Watkins 2008, S. 138–139. Bei den beiden anderen hierothesia in Gerger Kalesi / Arsameia am Euphrat und Eski Kale / A rsameia am Nymphaios handeltes es sich ebenfalls um kombinierte Grab- und Kultstätten verstorbener Könige, des Vaters und Großvaters Antiochos I., Mithridates I. Kallinikos und Samos II. 17 Contra Hutter 1993, S. 104; Bonatz 2000a, S. 146–147. 18 Watkins 2008, S. 137. 19 Melchert 1994, S. 191; ders. 2010, S. 9; Watkins 2008, S. 139–140. Nach Hutter 1993, S. 104, Anm. 110 ist dieses Wort jedoch von dem Verb ta- „setzen, (auf-) stellen“ abgeleitet und er übersetzt es als „Denkmal“. 20 In KULULU 4 auch als hluw. COR-latī, was auf *atlati hindeutet, parallel zu lyk. atra- / atla-. Hout 2002b, S. 175. 21 Hawkins 1980, S. 216–218; ders. 2000, S. 273–274; Bonatz 2000a, S. 146–147, 201, Anm. 4. Alle Belege bei Hout 2002b, S. 175–176 und Yakubovich 2002, S. 194–195 (hinzu kommen die neuen Belege in Hawkins 2011 und Dinçol et al. 2014b). Unerklärlicherweise geht Sanders 2013, S. 44 davon aus, dass atri- sich in Stelen verkörpern könne, obwohl sich in den von ihm genannten Belegstellen bei Yakubovich 2002, S. 194–197 kein Hinweis darauf finden lässt, sondern dieser ausdrücklich darauf hinweist, dass sich aufgrund des eingeschränkt lesbaren Prädikates in MARAŞ 2 jedwede Spekulation erübrigt (Yakubovich 2002, S. 196). Im Rahmen dieser Arbeit sind außerdem KARKAMIŠ A. 4d und A. 15b von Bedeutung, wo atri- einerseits Namensbestandteil der als Statue aufgerichteten königlichen Ahnengottheit Atrisuha ist und andererseits Yariri die Verkörperung seiner atri- vermutlich in Form einer Statue beschreibt. Siehe Abschnitte 4.1.3.4.1 und 4.1.3.6.5. 22 Die erste Silbe des Verbs ist nicht erhalten. Es handelt sich vermutlich um [u]pa-, dass entweder als „stiften“ oder als „bringen“, bzw. in Verbindung mit dem Präverb a-ta als „hineinbringen“, aufgefasst werden kann. Hawkins 2000, S. 273–274. 23 Hawkins 2000, S. 274 vermutet ein Grab oder ein Denkmal.

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gestellt sei. 24 Aus anderen luwischen Inschriften lässt sich u.a. erschließen, dass atri- in einer Statue realisiert (KARKAMIŠ A. 4d und 15b) und vielleicht auch als eine Metapher für eine solche benutzt werden konnte. 25 Aufgrund dessen kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei der Passage von MARAŞ 2 um eine Aktivität handelte, welche entweder die „Seele“ bzw. „Person“ oder eventuell eine Statue der Verstorbenen involvierte. Dabei sollte auch die Möglichkeit einer Ahnenfigur aus Metall wie im Hethitischen, die ebenfalls als „Seele“ bezeichnet werden konnte, 26 nicht außer Acht gelassen werden, obwohl der dafür verwendete Begriff, heth. ištanza(n)-/ZI, wohl nicht hluw. (a)tan(i)- entspricht, sondern sekundär an atri- angeglichen wurde. 27 Somit ist es unwahrscheinlich, dass atri- die Stele bezeichnet, es sei denn, das Wort für „Stele“ konnte durch atri- im metaphorischen Sinne ersetzt werden, da atri- der Stele innewohnte. 28 Angeblich soll die Stele mit der Inschrift MARAŞ 2 zusammen mit einem Kremationsgrab gefunden worden sein. 29 Daneben ist wie erwähnt hluw. tanisa- zu nennen, welches die Stelen von Maḥarda und Šayzar bezeichnet, von denen die erstgenannte der „göttlichen Königin des Landes“ und die zweite der verstorbenen Kupapiya gewidmet ist. Der Begriff ist jeweils mit STELE determiniert und kann dementsprechend als solche übersetzt werden. 30 Schließlich ist das hapax legomenon hluw. ala- auf dem Stein mit der Inschrift ERKİLET 2 zu erwähnen, dessen Bedeutung ungeklärt ist, sich jedoch direkt auf das Objekt bezieht. 31 Zusammengefasst erscheinen im Luwischen als Bezeichnungen auf Stelen mit funerären Kontexten neunmal wani(t)- sowie jeweils einmal tanisa-, ala-, tasa- und atri-, wobei hinsichtlich der letzteren beiden Termini und ihres tatsächlichen Verwendungszwecks Fragezeichen angebracht sind, da sie sich nicht zweifelsfrei auf die Stelen beziehen. Von all diesen Stelen ist nur die vielleicht als atri- bezeichnete Stele aus Maraş bildlich verziert, 24 Hawkins 2000, S. 274. 25 Yakubovich 2002, S. 196 (ALEPPO 2). Dort wird KARKAMIŠ A. 15b § 11: „I made my person (atari) into a stone object“ anstelle von Hawkins 2000, S. 131: „and I made my own image“ übersetzt. Siehe Abschnitt 4.1.3.6.5. 26 Kapełuś 2010. 27 Hout 2002b, S. 178–181. Nach Melchert 2010, S. 8–9 ist diese Ableitung jedoch wenig wahrscheinlich und (a)tan(i)- muss ebenso wie atli- als Variante von atri- aufgefasst werden. Vgl. Hajnal 1995, S. 244–245. 28 Vgl. dazu Yakubovich 2002, S. 196 bezüglich ALEPPO 2, in der dasselbe Lexem vermutlich als Metapher für eine Statue verwendet wird sowie den Gebrauch von nbš in der KTMW-Inschrift Z. 11 (siehe unten). Die Position von Sanders 2013, S. 44, dass die in Yakubovich 2002, S. 194–197 erörterten Belegstellen eine Existenz von atri- in einer Stele bewiesen, ist nicht nachvollziehbar. 29 Turajew 1901, S. 243–244, Abb. S. 246; Voos 1986, Kat.-Nr. 38. Vgl. aber den Bericht von Otto Puchstein, nachdem lediglich Lanzenspitzen und Vasenscherben zusammen mit der Stele gefunden worden sein sollen. Humann und Puchstein 1890, S. 200, 387. Vgl. Lange 2015, S. 103–104. 30 Hawkins 2000, S. 415–419 (MEHARDE, SHEIZAR). Siehe Abschnitte 8.4.1 und 8.4.2. 31 Hawkins 2000, S. 493–495. Die Interpretation des Steins ist umstritten: Während P. Meriggi und M. Hutter den Stein mit der ähnlichen Inschrift ERKİLET 1 als Grenzstein deuten, sieht J. D. Hawkins in ihm dagegen einen Grab- oder Gedenkstein. Meriggi 1967, S. 12–13; Hutter 1993, S. 97–98; Hawkins 2000, S. 424, 494.

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und zwar mit einer Speisetischszene. Ebenfalls offenbleiben muss die Frage, ob die Bezeichnung wani(t)- in SAMSAT 1 auf die Stele bezogen werden kann. Andere Stelen mit Bildschmuck in funerären Kontexten weisen zwar ebenfalls luwische Inschriften, jedoch keine Selbstreferenz auf. 32 Abschließend muss die Frage gestellt werden, ob einerseits Inschriftenstelen und Bildstelen, andererseits die verschiedenen Bezeichnungen der Stelen, und nicht zuletzt die Kontexte es erlauben, von einer homogenen Artefaktgruppe zu sprechen. 33 Bezüglich des ersteren sei sowohl auf die Parallelen von MARAŞ 8 vor allem zu den KULULU-Stelen, als auch die von SHEIZAR zu den bebilderten, aber aramäisch beschrifteten Stelen aus Nayrab (KAI 225–226) verwiesen. Auch die Termini der Stelen scheinen einer größtenteils einheitlichen Linie zu folgen, die vielleicht aufgrund von SAMSAT 1 auch auf die Bildstelen übertragbar ist. Schließlich lassen die Fundkontexte der Stelen mit luwischen Inschriften darauf schließen, dass sie – mit Ausnahme von KARKAMIŠ A. 4c – zum überwiegenden Teil in extramuralen Nekropolen verwendet worden zu sein scheinen. In Übereinstimmung dazu lässt sich aufgrund der Inschriften SHEIZAR und KULULU 2 vermuten, dass die Stelen tatsächlich im Zusammenhang mit einem Grab aufgestellt waren, da sie Sterbe- und Begräbnishandlungen schildern, die sich nicht auf das Errichten der Stele beschränken. 9.1.1.1.2 Bezeichnungen von Stelen im Aramäischen und Sam’alischen Die mit aramäischen bzw. sam’alischen Inschriften versehenen Stelen mortuärer Kontexte beschränken sich auf vier Exemplare, zwei aus Nayrab (KAI 225–226), eine aus Ördekburnu und eine aus Zincirli (KTMW). Ein stelenartiges Objekt mit einer Ritzzeichnung aus Maskana kann vermutlich ebenfalls als Grab- oder Memorialstele betrachtet werden, auch wenn der archäologische Kontext keine Indizien für eine solche Einordnung bietet. Von diesen zeigen drei eine Speisetischszene und zwei eine bzw. zwei stehende Figuren. Reine Inschriftenstelen sind erst im 4. Jh. in Kilikien nachzuweisen. 34 Daher steht die Frage im Raum, ob aramäische Inschriftenstelen parallel zu den luwischen existierten, mit der Verdrängung des Luwischen in Gebrauch kamen oder erst später unabhängig entstanden. Bis zum Ende der Spätbronzezeit wurden in Syrien mit dem westsemitischen Begriff sikkanum Stelen bezeichnet, die als von einer Entität „bewohnt“ galten, was sich bereits aus der etymologischen Ableitung von akk. sakānum „wohnen, leben“ erkennen lässt. 35 Der Begriff konnte dabei sowohl für Götterkult-, Toten- als auch Vertragsstelen verwen32 MARAŞ 8, 9, 12 und 15, KARKAMIŠ A. 15c, KARABURÇLU. Für die letztgenannte, siehe Abschnitt 6.5.3. 33 Positiv: Börker-Klähn 1982, S. 81; Voos 1986, S. 68–69. 34 Mindestens fünf Exemplare sind bekannt: Yukarı Bozkuyu 2, Göller (Bostanlar), Kumkulluk, Ayvalık, Menekşe. Bis auf letztere (wgr könnte eine Stele oder ein Grab bezeichnen, Hoftijzer und Jongeling 1995, S. 296; Lemaire 2013b, S. 77) werden sie als šmh „Name“ bezeichnet, womit sehr wahrscheinlich die Stele gemeint ist. Lemaire 1993; ders. 1994; ders. 2004a; ders. 2004b. 35 Durand 1985, S. 82, Anm. 10.

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det werden und ist seit dem Anbruch der Eisenzeit nicht mehr belegt. Besonders hervorzuheben sind dabei zwei Stelen aus dem Bezirk des Eltempels von Ugarit, die die Einrichtung eines vermutlich einmaligen Totenopfers beschreiben (RS 6.021 und RS 6.028) 36 sowie die Errichtung einer Stele für den verstorbenen Vater als Teil der Sohnespflichten (KTU 1.17 I 26). Letztere und RS 6.021 (KTU 6.13) wurden als skn bezeichnet. Anstelle dieser Bezeichnung findet sich im eisenzeitlichen Nordsyrien und Südostanatolien nṣb / mṣb „das Aufgerichtete“, so – in nicht-funerären Kontexten – auf einer der Stelen von Tell as-Safīra (KAI 222), der Melqart-Stele von al-Brayǧ ar-Rīḥ (KAI 201) und der Zakkūr-Stele von Tell Afis (KAI 202). Im Sam’alischen war dieser Begriff bis zur Entdeckung der KTMW-Stele allein für Statuen belegt. Im Alten Testament ist maṣṣebāh, abgesehen von der ursprünglichen Bedeutung als Kultstele, d.h. für den Kult gegenüber einer numinosen Entität, jeweils einmal als Grabstele für Rahel (1Mos 35, 20) sowie als Memorialstele für Absalom (2Sam 18, 18) belegt. Grundsätzlich ist die Verwendung dieser Bezeichnung für Grab- oder Memorialstelen als sekundär zu betrachten und die Belege hierfür stammen vielfach aus späterer Zeit, d.h. nach 600. 37 Als Terminus, der auf Stelen mortuärer Kontexte angebracht war und diese bezeichnete, kann ṣlm gelten, das sich u.a. auf den beiden Stelen aus Nayrab (KAI 225–226), dem stelenartigen Objekt aus Maskana sowie einer Grabstele des 5. Jh. aus dem westkleinasiatischen Aksakal (KAI 318), in der Nähe des persischen Satrapensitzes Daskyleion, befindet und „Statue, Relief, Bild“ 38 bedeutet. Dieser aramäische Begriff wird von D. Bonatz in einen Zusammenhang mit dem assyrischen ṣalmu gestellt, 39 welcher „[…] Götterstatuen, Königsstatuen, bildlose Stelen, Statuen allgemein, kleine (auch Beter-) Statuetten, apotropäische Ersatzbilder, prophylaktische Bilder, die als Schutzgötter Böses abwehren sollen, und Reliefs [bezeichnet]. Im übertragenen Sinn steht ṣalmu auch für Sternbild, Gestalt, Darstellung, Abbild und Ebenbild. Daneben ist auch die Bedeutung Standarte oder Kultsymbol möglich; ṣalmu ist ein religiöser Begriff, kein künstlerischer.“ 40 M. Hutter und D. Bonatz konstatieren im Nordwestsemitischen des 1. Jt. eine semantische Erweiterung dieses Begriffes, da im Syrien des 2. Jt. ausschließlich Statuen wie die des Idrimi mit diesem Begriff bezeichnet wurden, und so sprachlich von den Bezeichnungen für Kultstelen abgegrenzt wurde, um damit eine neu entstandene Bildgattung zu beschreiben, obwohl ṣlm auch weiterhin für andere Bildformen verwendet wurde und die Bezeichnung daher nicht als exklusiv angesehen werden kann. Als ṣlm bezeichnete Stelen stellen daher nach früherer Ansicht von D. Bonatz keine Repräsentationen, sondern lediglich Abbilder 36 37 38 39 40

Niehr 2012. Hutter 1993, S. 104–105. Vgl. KAI 34; 53; 100; 149; 163; 165. Hoftijzer und Jongeling 1995, S. 968–969. Bonatz 2000a, S. 146–147; ders. 2002a, S. 11–14. Berlejung 1998, S. 62–63. Zum schwierigen Begriff des „Künstlerischen“, siehe Bonatz 2002a, S. 11, Anm. 5.

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der Verstorbenen – und ggf. ihrer Nachkommen – dar. 41 Mit dem Fund der KTMW-Stele jedoch geht er inzwischen davon aus, dass die „Seele“ des Verstorbenen auch diesen Stelen bzw. den Exemplaren aus Nayrab innewohnen konnte. 42 H. Niehr konstatiert explizit, dass sich ṣlm nicht auf die dargestellte Szene, sondern auf die Stele als Ganzes, als Repräsentation des Verstorbenen, bezieht. 43 Daneben ist auf die sog. „Stelenreihen“ von Aššur vom 14. bis zum 7. Jh. zu verweisen, deren Stelen ursprünglich vermutlich in einem Tempel aufgestellt waren, 44 u.a. sicher auch dem Gedenken an die in der Inschrift genannten Personen dienten und ebenfalls als ṣalmu bezeichnet wurden. Insbesondere die chronologisch letzte dieser Stelen, welche das fragmentarisch erhaltene Reliefbild Aššur-šarrats trug, weist einige ikonographische Merkmale syro-hethitischer Stelen auf. 45 Eine Bezeichnung aus den sam’alischen Texten, die vermutlich für eine Stele verwendet und von Tiglatpileser III. nach dem Tod von Panamuwa II. aufgestellt wurde, ist mšky (KAI 215, 18), das als „Schaustück, Bild(werk)“ übersetzt werden kann. 46 Über das äußere Erscheinungsbild dieses Monuments kann jedoch nur spekuliert werden, aber der ausweisliche Bildcharakter dieses Monuments scheint eine gewisse Nähe zum Begriff ṣlm zu implizieren. 47 Ein weiterer, vorläufig nur in Sam’al und Umgebung belegter Begriff für eine Stele ist nbš in der KTMW-Inschrift Z. 11 48 bzw. bt npš in der İncirli-Inschrift. Primär steht dieser Begriff für den Totengeist eines Individuums, aber beide Belege zeigen deutlich, dass die Stele, dem der Totengeist innewohnte, ebenfalls so bezeichnet werden konnte bzw. durch den innewohnenden Totengeist charakterisiert wird. 49 Eine tendenziell vergleichbare Verwendung findet sich in KAI 214, in welcher mit dem Totengeist Panamuwas I. letztlich auch die Statue, in welcher dieser lokalisiert wurde, gemeint sein dürfte. 50 D.h. der Begriff ist aller Wahrscheinlichkeit nach (noch) nicht auf die Objektgattung Stele beschränkt gewesen. Andere aramäische Begriffe für Grab- oder Gedenkstelen sind entweder außerhalb Nordsyriens und Südostanatoliens oder in späterer Zeit dokumentiert. Dazu zählen, ab-

41 Hutter 1993, S. 103–104; Bonatz 2000a, S. 146–147, 157; ders. 2002a, S. 13–14; ders. 2002b, S. 56– 57. 42 Bonatz 2014a, S. 241–242; ders. 2016, S. 186–187. 43 Niehr 2014a, S. 192. 44 Miglus 1984. 45 Bonatz 2000a, S. 63, 139. 46 Tropper 1993, S. 126. 47 Bonatz 2000a, S. 146 vermutet, dass es sich hierbei um eine Stele zur Würdigung des militärischen Beitrags Panamuwas II. und nicht um eine mortuäre Stele handelt. 48 Niehr 2014a, S. 189, Anm. 307. 49 Die chronologisch am nächsten stehenden Belege bilden die Stelen aus Aksakal bei Daskyleion sowie aus Kesecek Köyü in Kilikien mit den aramäischen Inschriften KAI 318 und 258, beide vermutlich aus dem 5. Jh., sind aber bezüglich der Semantik von npš – Totengeist oder Totenmonument – schwierig zu interpretieren. 50 Niehr 1994, S. 64, 71.

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gesehen von vereinzelten Lehnwörtern, 51 wgr 52sowie šmh. 53 Letzteres ist ausschließlich auf kilikischen Stelen des 4. Jh. nachgewiesen. 9.1.1.2

Fundkontexte der Stelen

Aufgrund der vielfach unbekannten Fundkontexte, insbesondere im Falle der zahlreichen Stelen aus Maraş und Umbegung bzw. im Stil der dort gefundenen Stelen, die etwa die Hälfte aller Bildstelen ausmachen, 54 kommt den wenigen dokumentierten Stelenfunden eine besondere Bedeutung in dieser Hinsicht zu. Zunächst sind hierbei die Gräberfelder von Karkamiš, aber auch die Stadt selbst zu nennen. Aus Yunus kommen insgesamt mindestens 11 Stelen oder deren Überreste, wobei davon nur die anikonische Stele explizit als in situ-Fund über einem Grab dokumentiert ist, wohingegen mindestens zwei Stelen sicher aus sekundären Kontexten herrühren. Es gibt jedoch keine plausible Erklärung, weshalb die restlichen 8 nicht von eisenzeitlichen Gräbern auf diesem Hügel stammen sollten. Gleiches gilt für die Stele aus Yurtbağı. Ebenfalls vermutlich von Gräbern stammen die Stelen des West Gate Cemetery und vom Westtor der Stadt, was angesichts des Topfgrabes 15 auch für die Stele von der Akropolis denkbar scheint, wobei auch hier andere Erklärungen verantwortlich sein mögen, zumal mit der Stele KARKAMIŠ A. 4c ein Exemplar in einem Tempel belegt ist. In Zincirli wurden bislang drei Bildstelen, eine davon mit Inschrift, ausgegraben. Während sich eine monumentale Stele mit Speisetischszene neben einem geplünderten, vermutlich bronzezeitlichen Kammergrab befand, stammt eine Stele mit zwei stehenden Figuren aus einem sekundären Palastkontext und die KTMW-Stele aus einem kleinen Raum eines mittelgroßen Gebäudes in der nördlichen Unterstadt, der dem Totenkult KTMWs diente. Einem ähnlichen Zweck diente der sog. „Kultraum“ von Tell Ḥalaf, in welchem sich neben den Statuen und Statuetten auch eine Bildstele befand. Außerdem verweist die Inschrift der Ördekburnu-Stele als einzige auf eine Aufstellung in einer (Königs-) Nekropole hin, während die Inschrift der Stele aus İncirli eine generelle Aufstellung von Stelen über Gräbern vermuten lässt. Darüber hinaus wurden zwei Bildstelen mit Inschriften in einer intramuralen Nekropole in Nayrab gefunden und auch die Stele aus Tell ar-Rif‘at stammt angeblich von einem Grab in der Nähe der Stadtmauer. 55 Eine der Stelen aus Maraş, mit der Inschrift MARAŞ 2, soll ebenfalls zusammen mit einem Grab, einer Urnenkremation, gefunden 51 Bei stwn auf der Stele aus Sardes (KAI 260) handelt es sich um ein persisches, bei sml auf der aus Sultaniye Köy um ein phönizisches Lehnwort. Donner und Röllig 1962, S. 306; Lemaire 2001, S. 30. 52 Auf der Stele von Menekşe: wgr könnte eine Stele oder ein Grab bezeichnen. Hoftijzer und Jongeling 1995, S. 296; Lemaire 2013b, S. 77. 53 Diese Bezeichnung findet sich auf den Stelen Yukarı Bozkuyu 2, Göller (Bostanlar), Kumkulluk und Ayvalık (in der Nähe des antiken Aigeai). Mit šmh „Name“ ist wahrscheinlich die Stele gemeint. Lemaire 1993; ders. 1994; ders. 2004a; ders. 2004b. 54 Insgesamt 45 Exemplare. Vgl. Lange 2015, S. 94–95, Tab. 1. 55 Seton-Williams 1961, Taf. XXXIII b.

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worden sein, 56 was angesichts der Tatsache, dass zum Zeitpunkt des Fundes im späten 19. Jh. noch kein eisenzeitliches Kremationsgrab bekannt war, vermutlich der Wahrheit entspricht. 57 Nicht zu vergessen sind schließlich die Stelen aus Ḥamā, deren Grabkontext gesichert ist. 58 Dem ist hinzuzufügen, dass eine gewisse Anzahl von Stelen aus später angelegten Gräberfeldern oder rezenten Friedhöfen stammt. 59 Zudem ist es trotz fehlender Details bemerkenswert, dass von den Stelen aus Maraş drei Exemplare zusammen in einem Stadtteil gefunden wurden, der sich etwa einen Kilometer nördlich der Zitadelle befindet. Es liegt deshalb nahe, hier ebenso ein extramurales Gräberfeld zu vermuten 60 wie beim Fundort von einer Stele in einem Friedhof umstrittenen Alters westlich von Maraş, in dessen Umgebung sich weitere Stelen gleichen Bildinhalts befunden haben sollen. 61 Analoge Überlegungen gelten für ähnlich nahe im Bereich der ehemaligen Siedlungen gefundenen Stelen. 62 Zusammenfassend lässt sich bei lediglich den vier anikonischen Stelen ein sicherer Grabkontext diagnostizieren, während dies für 17 weitere Stelen oder deren Fragmente als wahrscheinlich erachtet werden kann. 63 Sicher aus anderen Kontexten stammen dagegen die KTMW-Stele sowie – falls sich kein Grab darunter befand – die kleine Stele aus dem sog. „Kultraum“ von Tell Ḥalaf und die Stele aus dem Wettergotttempel von Karkamiš. 9.1.1.3

Inhaltliche Elemente der Steleninschriften

Im Folgenden sollen kurz die inhaltlichen Elemente der fünf aramäischen und 23 luwischen Inschriften mit mortuären Bezügen zusammengefasst werden. 64 In Bezug auf die Eingangsformel lassen sich zwei größere Gruppen voneinander differenzieren: Neun oder zehn Inschriften, in denen der (noch nicht) Verstorbene als Sprecher auftritt, „Ich (bin / war) NN“, 65 sowie sechs oder sieben Inschriften, welche mit ei56 Turajew 1901, S. 243–244, Abb. 246. Vgl. aber Humann und Puchstein 1890, S. 200, 387. 57 Zudem enthielt es mit 9 oder 10 Pfeilspitzen häufig vertretene Beigaben in einer durchaus typischen Quantität, auch wenn die Stele einer Frau und das Grabinventar vermutlich einem Mann zugeordnet werden kann. Vgl. Lange 2015, S. 103–106. 58 Riis 1948, S. 28, 31, Abb. 18. 59 Bspw. EĞREK; TİLSEVET. 60 Kalaç 1964, S. 282–283; Struble und Herrmann 2009, S. 39, Anm. 41 (Bonatz 2000a, C 27, C 42, C 62). 61 Voos 1986, S. 120, Anm. 667–668 (Stele Bonatz 2000a, C 1). Vgl. Humann und Puchstein 1890, S. 392; Turajew 1901, S. 243, 245–246. 62 Bspw. Bonatz 2000a, C 3, C 24, C 29, C 37; KULULU 4. 63 Tab. 17, Nr. 18, 27–35, 37–38, 45, 86–87, 99, 103. 64 Nach dem Schema von Bonatz 2000a, S. 72–75. Von letzteren sind jedoch vier so schlecht erhalten, dass kein einziges inhaltliches Element identifiziert werden kann: SAMSAT 1, KARKAMIŠ A. 15c, A. 16f, die Stele vom Südtor der Innenstadt von Karkamiš. 65 KARKAMIŠ A. 5b, MARAŞ 2 und 8, SHEIZAR, KULULU 1–3, EĞREK, KTMW, eventuell Ördekburnu.

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ner Selbstreferenz in der dritten Person beginnen: „Diese Stele (ist) von NN“. 66 Daneben existiert mit den beiden Inschriften aus Nayrab eine Variante, in der jeweils zuerst Namen und Beruf des Verstorbenen genannt werden und dann die Formulierung „Dies ist sein Bild“ folgt. In späterer Zeit findet sich auf den aramäischen Stelen Kilikiens des 4. Jh. ebenso wie in den lykischen Grabinschriften ab dem 6. Jh. ausschließlich die Selbstreferenz als Eingangsformel. 67 Die Selbstreferenz kann abgesehen von Stelen auf Statuen oder ihren Beischriften beobachtet werden und lässt sich in Anaolien bis zu den Inschriften Šuppiluliumas II. in Ḫattuša und in Syrien bis zum Sitzbild des Idrimi zurückverfolgen. 68 Allen Stelen gemein ist die Nennung des Namens der verstorbenen Person bzw. nach Bonatz’scher Terminologie des onomastischen Codes. 69 Auffälligerweise fehlt den meisten luwischen und aramäischen Stelenschriften, bspw. im Gegensatz zu zahlreichen westsemitischen Grabinschriften, 70 eine genealogische Angabe; sie erscheint sicher auf lediglich drei Stelen. 71 Stattdessen wird der sozialen Stellung der verstorbenen Person an prominenter Stelle, d.h. bereits im Eingangssatz, Platz eingeräumt, insgesamt siebenmal. 72 Die Verteilung dieser beiden Elemente, von D. Bonatz unter dem Begriff „historischer Code“ zusammengefasst, ist bezüglich Steleninschriften disjunkt. 73 Ein biographisches Element, welche die Erinnerung an die verstorbene(n) Person(en) betont, findet sich auf den Stelen insgesamt fünfmal; bei den Statuen ist es – relativ betrachtet – häufiger. 74 Mithilfe des chronologischen Codes wird ersichtlich, ob die betreffende Person zum Zeitpunkt der Anfertigung der Stele noch lebte oder bereits tot war. Dieses Element stellt demzufolge einen wichtigen Indikator für die Erkennung des mortuären Charakters einer Inschrift dar. 75 Entsprechend häufig, nämlich zehnmal, findet sich diese Angabe auf den eisenzeitlichen Stelen. 76 Weitere Elemente der Steleninschriften bilden nach D. Bonatz „anagogische Codes“, unter welche vor allem die Erwähnung von der Errichtung eines Monuments zur Erin66 KARKAMIŠ A. 4c, A. 5a, A. 18f, A. 18h, TİLSEVET, Maskana, eventuell MARAŞ 15. 67 Daues 2009. Bei beiden Gruppen tritt der Stifter an die zweite, der Grab- bzw. Steleninhaber an die dritte Stelle. 68 Aro 2013, S. 238–244. 69 Bonatz 2000a, S. 72–73. Nach Hawkins 2000, S. 274–275 bezieht sich der Name Tarḫupiya (MARAŞ 9) jedoch nicht auf die sitzend dargestellte Frau, sondern auf den Jungen auf ihrem Schoß, d.h. nicht auf die vermeintlich verstorbene Person. Allerdings ist die Inschrift seiner Meinung nach später entstanden, da sie wesentlich tiefer ist als das Relief. Daher ist in Betracht zu ziehen, dass die Stele sekundär verwendet wurde. 70 Röllig 2004, S. 26. 71 KARKAMIŠ A. 5a, MARAŞ 8, EĞREK. 72 MARAŞ 2, SHEIZAR, KULULU 2–3, KAI 225–226, KTMW. 73 In Inschriften auf Statuen erscheinen beide Angaben dreimal zusammen: MARAŞ 4, KAI 214–215. 74 Bonatz 2000a, S. 73 (MARAŞ 8, KULULU 4, TİLSEVET, KARKAMIŠ A. 5a, KARABURÇLU). 75 Nach Bonatz 2000a, S. 74–75 findet er sich allein auf Grabinschriften. Mit der KTMW-Stele existiert jedoch inzwischen ein Gegenbeispiel. 76 KARKAMIŠ A. 5a, A. 5b, A. 18h, SHEIZAR, KULULU 2–4, KTMW, KAI 225–226.

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Zusammenfassung

nerung an eine bestimmte Person sowie Fluch- oder Gedenkformeln fallen, die sich auf den Verstorbenen oder das (Grab-) Monument beziehen, da sie seiner Meinung nach „den Sinn der Inschrift bzw. der Errichtung des Denkmals verraten“. 77 Kritisch betrachtet werden muss dabei die Auflistung einer Vielzahl von Monumenten aufgrund dieses Kriteriums durch D. Bonatz, deren Inschriften zwar erwähnen, dass sie errichtet wurden, ohne aber in diesem Zusammenhang ihren Zweck, das Gedenken, zu nennen. 78 Außerdem zählen Segensformeln für Grab- oder Monumentsschützer ebenso dazu wie Aufzählungen der dargestellten Bildelemente. Somit verbleiben fünf Inschriften mit Gedenkformeln, 79 neun mit Flüchen 80 sowie eine mit einer Segensformel (KAI 225), woraus sich aufgrund der Doppelungen eine Gesamtzahl von elf Stelen mit einem anagogischem Code ergibt. Mit den Veröffentlichungen der KTMW- sowie der Ördekburnu-Inschrift lässt sich ein bisher noch nicht auf eisenzeitlichen Stelen belegtes Element feststellen, welches sich als „ritueller Code“ beschreiben lässt, der als Spezialfall des anagogischen Codes betrachtet werden kann. Mittels diesem werden genaue Anweisungen bezüglich des Begräbnisrituals sowie des Ahnen- oder Totenkultes der – teilweise explizit noch nicht – verstorbenen Person schriftlich fixiert. 81 Den frühesten Beleg für einen solchen Code liefern zwei Inschriftenstelen aus dem spätbronzezeitlichen Ugarit, die dazu dienten, ein Totenkultopfer (pgr) für Dagan festzulegen. 82 In der Eisenzeit dagegen ließ sich dieser bisher nur auf anderen Inschriftenträgern – Orthostaten, Felsen und Statuen – nachweisen. Ein weiteres Element in diesem Zusammenhang stellt die Nachfolgeregelung für den Kultvollzug dar, die außer in der KTMW-Inschrift nur auf den Statuen mit den Inschriften KAI 214 sowie MARAŞ 14 erscheint. 83 Aufgrund der Verwendung dieses Codes lässt sich spekulieren, dass zu der jeweiligen Entstehungszeit entweder keine verbindlichen Normen für die Ausübung des Kultes oder der genauen Opfermenge galten oder dass die betreffende Person eine von der Norm abweichende Opferregelung traf, die demzufolge explizit festgehalten werden musste. 84

77 Bonatz 2000a, S. 74. 78 Bonatz 2000a, S. 74 listet folgende mortuäre Stelen auf: MARAŞ 2, KULULU 2–4, SHEIZAR, TİLSEVET, von denen keine dieses spezielle Element beinhaltet. Allerdings enthält TİLSEVET eine separate Gedenkformel. Auch anderen in diesem Zusammenhang genannten Inschriften wie bspw. KAI 1 fehlt es. 79 KARKAMIŠ A. 4c, A. 5a–b, A. 18h, TİLSEVET. 80 KARKAMIŠ A. 5a, A. 18b, h, TİLSEVET, MARAŞ 8, KULULU 2–3, KAI 225–226. SHEIZAR fällt mit ihrem Fluch gegen die Widersacher der Enkel und ihrer Nachkommen aus dem Rahmen und nicht in diese Kategorie. 81 Vgl. dazu die Grabinschrift der Mullissu-mukannišat-Ninua in Nimrūd / Kalḫu, die sich vermutlich auf die Begräbnishandlungen bezieht. Mofidi-Nasrabadi 1999, S. 17–18. 82 Niehr 2012 (KTU 6.13 und 6.14). 83 Vgl. dazu die Inschrift auf der Idrimistatue, die nachweislich sekundär an der Statue angebracht wurde, in welcher Idrimi den königlichen Ahnenkult in die Hände seines Sohnes Tešub-nīrārī legt (Z. 90–91). 84 Andererseits ist es häufig ein Schaf, das geopfert werden soll (KAI 214, KTMW, MALPINAR, PALANGA). Im Fall der Orthostateninschriften KARKAMIŠ A. 1a und ALEPPO 6 lag der Grund

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Die namentliche Erwähnung von Stiftern – mit Ausnahme der verstorbenen Person – ist von D. Bonatz als „sympathetischer Code“ bezeichnet worden und findet sich fünf- oder sechsmal auf Stelen mit luwischen Inschriften. 85 9.1.1.4

Text-Bild-Verhältnis der Stelen

Aus dem Text und der Darstellung der KTMW-Stele ergibt sich eine kaum zu überbrückende Differenz, so dass anzunehmen ist, dass hiermit verschiedene Aspekte im Umgang mit den Toten zum Ausdruck gebracht werden konnten. In diesem speziellen Fall werden ein vermutlich posthumes Einweihungsritual sowie ein regelmäßiges Totenopfer beschrieben, deren Opfermaterie – Rinder und Schafe bzw. ein Teil eines Schafes – von der im Bild festgehaltenen – Brote, ein eiförmiges Objekt, 86 ein Wasservogel sowie ein Trank – differiert, was ein Indiz dafür darstellen könnte, dass sich die Abbildung nicht auf die beiden in der Inschrift erwähnten Rituale, sondern eventuell auf ein anderes, nämlich das Bestattungsritual selbst, bezieht. Eine ähnliche Diskrepanz liegt mit der neuen Übersetzung der Ördekburnu-Inschrift hinsichtlich dieser Stele vor: Auf dem Speisetisch sind lediglich die allgegenwärtigen Brote erkennbar, während die Inschrift wahrscheinlich von einem einmaligen Schafsopfer während des Begräbnisrituals spricht. Demnach ist wohl der Ansicht D. Bonatz’ und K. L. Youngers zuzustimmen, wonach die Bildinhalte eine allgemeine Speisetischszene ohne Bezug zum konkreten Opfer darstellen, während J. Voos und A. Schachner sie als gleichwertige Elemente zu betrachten bereit sind. 87 Eine weitere Möglichkeit wäre, dass die dargestellten Speisen die genannten Opfer ergänzten, was insbesondere im Fall der häufig dargestellten Brote relativ plausibel erscheint, da es häufig als Opfermaterie in Inschriften auf anderen Trägern genannt wird. 9.1.1.5

Funktionen der Stelen

Ausgehend von diesen Betrachtungen können den eisenzeitlichen mortuären Stelen Nordsyriens und Südostanatoliens demnach folgende Funktionen zugeschrieben werden:

für die schriftliche Fixierung wohl in der Staffelung der Opfermenge nach sozioökonomischer Position. 85 Bonatz 2000a, S. 74. KULULU 2–4, SHEIZAR, TİLSEVET, eventuell KARKAMIŠ A. 19b. Auffallend häufig findet sich dieser Code auf den späteren aramäischen Stelen Kilikiens (Menekşe, Kumkulluk, Göller, Bozkuyu Höyük). Lemaire 1993; ders. 1994; ders. 2013b. 86 Das eiförmige Objekt wurde von Struble und Herrmann 2009, S. 28, Anm. 18 versuchsweise in einen Zusammenhang mit den „Ölkuchen“ des königlichen hethitischen Bestattungsrituals gebracht, wo sie auf den Broten liegend beschrieben werden. 87 Bonatz 2016, S. 186; Younger 2020, S. 15–16 contra Voos 1986, S. 124–125; Schachner 2003b, S. 155.

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1. Zur Markierung a) eines Grabes. b) einer Memorial- und / oder Kultstätte. 2. Als Erinnerung an a) die verstorbene(n) Person(en). b) den bzw. die Stifter und / oder den Schreiber (sekundär). 3. Als Schutz für a) das Grab. b) die Nachkommenschaft. 4. Eine legale Funktion a) zur Festsetzung eines Opfertarifs. b) zur Nachfolgeregelung der für die Opfer verantwortlichen Person. 5. Eine kultische Funktion a) im Rahmen der Begräbnisrituale. b) im Rahmen des Ahnen- oder Totenkultes. 6. Eine substituierende Funktion, d.h. als Sitz des Totengeistes. 7. Einer Kombination daraus. Eine Funktion als Grabmarkierung ist aufgrund der verhältnismäßig hohen Anzahl von 21 Stelen mit einem – wahrscheinlichen – Grabkontext evident, wobei dies letztlich nur für die vier in situ gefundenen Stelen, alle anikonisch, drei aus Ḥamā und eine aus Yunus, als gesichert gelten kann, während die anderen 17 Stelen im Bereich von Nekropolen bzw. in der Nähe eisenzeitlicher Gräber gefunden worden sind und deshalb wahrscheinlich ebenfalls über Gräbern errichtet wurden. 88 Auffälligerweise wird im Gegensatz zu den beiden aramäischen Inschriften aus Nayrab sowie der Ördekburnu-Inschrift in keiner der luwischen Steleninschriften, von denen immerhin zehn Exemplare in der Nähe von Gräbern gefunden wurden, 89 explizit auf die Existenz eines Grabes hingewiesen. 90 Im Gegensatz dazu stehen die KTMW-Stele sowie die Stele mit der Inschrift KARKAMIŠ A. 4c. Ihnen ist die Abwesenheit eines Grabes sowie die räumliche Nähe zu einem Heiligtum, zum „Nachbarschaftstempel“ A/III bzw. zum Wettergotttempel von Karkamiš, gemein. 91 Mit der Stele aus dem „Kultraum“ von Tell Ḥalaf verbindet die KTMW-Stele dagegen die Errichtung innerhalb einer Ahnen- oder Totenkultstätte. Angesichts des Fundes der luwischen beschrifteten Stele im Südtor der Innenstadt von Karkamiš könnte eine Aufstellung in Toren – analog zu Statuen – ebenfalls möglich gewesen sein. 92 88 Siehe Tab. 17, Nr. 18, 27–35, 37–38, 45, 86–87, 99, 103. 89 MARAŞ 2, KARKAMIŠ A. 18h, 15c, 5b, 16f, 18b, 18f, 19b, YUNUS 1, 2. 90 Einen Kontrast dazu stellt die KTMW-Stele dar, die jedoch nicht in der Nähe eines Grabes aufgestellt war. 91 Vgl. dazu die Vermutung von Miglus 1984, dass die Stelen der „Stelenreihen“ von Aššur ursprünglich ebenfalls in Tempeln zu finden waren. 92 Es ist aber gut vorstellbar, dass sie von einem der Gräber entlang der aus der Stadt herausführenden Straße stammte. Vgl. Hogarth 1909, S. 166–167.

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Der Erinnerungscharakter der Stelen lässt sich zum einen aus der Individualisierung des Bildmediums erschließen, was somit alle 88 Bildstelen betrifft, und drückt sich zum anderen im onomastischen Code, d.h. der Nennung des Namens der verstorbenen Person(en), der Stelen mit Inschriften aus, der in 22 Fällen vorliegt 93 und sich in acht Fällen mit den 88 Bildstelen überschneidet. Außerdem kann dies durch einen biographischen Code geschehen, 94 der in fünf Fällen vorliegt, aber stets mit dem Namen und in zwei Fällen auch mit einem Bild verbunden ist. 95 Insgesamt kann demnach 102 von 117 Stelen eine solche Funktion zugeschrieben werden. Es liegt nahe, auch für die restlichen 15 Stelen, bei denen es sich entweder um anikonische oder um Fragmente von Inschriftenstelen handelt, dieselbe Funktion anzunehmen. Im sympathetischen Code dagegen kommt u.a. die Absicht des bzw. der Stifter und / oder des Schreibers zum Vorschein, ebenfalls Teil des kollektiven Gedächtnisses werden zu wollen, was inschriftlich auf fünf oder sechs Stelen zutrifft. 96 Idealerweise sollten hierbei die 51 Bildstelen berücksichtigt werden, bei denen mehrere Personen dargestellt sind, 97 und geklärt werden, welche der Personen ebenfalls verstorben waren und welche nicht. 98 Anschließend müsste festgestellt werden, wie viele der letzteren als Stifter infrage kämen, was allein anhand des Bildmaterials nicht möglich ist. Dass Stelen auch zum Schutz des Grabes aufgestellt werden konnten, geht nur aus den Inschriften aus Nayrab hervor. Dort findet sich jeweils ein Fluch gegen die Grabschän-

93 KARKAMIŠ A. 5a, A. 5b, A. 18a, A. 18f, A. 18h, YUNUS 1, KH.12.O.35, KH.13.O.2 (Name selbst nicht erhalten, aber z.T. „Namennennungsformel“), TİLSEVET, MARAŞ 2, 8, 9, SHEIZAR, KULULU 2–4, EĞREK, KTMW, Ördekburnu, die beschrifteten Stelen aus Nayrab (KAI 225–226) und die Stele aus Maskana. 94 Bonatz 2000a, S. 72–73. 95 KARKAMIŠ A. 5a, TİLSEVET, MARAŞ 8, KULULU 4, KAI 226. 96 Bonatz 2000a, S. 74. Dazu zählen KULULU 2–4, SHEIZAR, TİLSEVET und eventuell KARKAMIŠ A. 19b. 97 Tab. 17, Nr. 2–3, 8–10, 16–17, 42–48, 50–53, 55–59, 61, 63–65, 67–68, 70, 74, 76–78, 81–82, 84, 87–90, 95, 97–98, 100, 102, 104–105, 107, 110–111. Vgl. Bonatz 2000a, S. 36–46, Stelenbildtyp 2b (zwei Personen am Speisetisch), 3a (eine Person am Speisetisch, eine mit Wedel), 3b (eine Person am Speisetisch, andere Person ohne Wedel, aber mit anderen Attributen), 3c (Frau auf Kline, andere Frauen mit Wedel oder anderen Attributen), 4 (eine Person am Speisetisch, eine dieser oder einer dritten Person zugewandte Person, meist ein Kind), 5 (zwei stehende Personen), C 21–72. 98 Ob es sich bei diesen um Hinterbliebene, die sich eventuell damit verewigen wollten, oder um ebenfalls Verstorbene handelt, ist angesichts der Inschrift YUNUS 1, in der zwei Verstorbene genannt werden, schwierig zu entscheiden. So liegt es bspw. im Fall des frontal dargestellten Pärchens aus Maraş, das sich umarmt (Bonatz 2000a, Taf. XIII, C 29), nahe zu vermuten, dass ebenfalls beide verstorben waren. Indes deuten die insgesamt sieben zusätzlichen Personen auf der Stele mit einer frontal dargestellten Frau auf einer Kline aus Maraş darauf hin (Bonatz 2000a, Taf. XX, C 59 (eine der beiden Schmalseiten mit einer weiteren Frau fehlt)), dass es sich um Lebende handeln dürfte, von denen fünf einen Prozessionszug zu bilden scheinen und zwei weitere der Toten Luft zufächeln.

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dung und einmal zusätzlich ein Segensspruch für die Graberhaltung. 99 Zehn Inschriften beinhalten dagegen einen Fluch zum Schutz der Stele. 100 Mit dem Fund der KTMW-Stele ist mit der Festsetzung eines regelmäßigen Opfers für die verstorbene Person eine neue Funktion der eisenzeitlichen Stelen dokumentiert. Doch auch einmalige Opfer konnten dokumentiert werden, wie im Fall der ÖrdekburnuStele. Ebenfalls zum ersten Mal auf einer Steleninschrift belegt ist eine Regelung für die Zuständigkeit der Opfer für KTMW. Eine rituelle Funktion der Stelen lässt sich archäologisch nur in in zwei Fällen sicher, d.h. mithilfe von in situ-Opfergaben, begründen: der kleinen Stele aus dem „Kultraum“ von Tell Ḥalaf sowie der KTMW-Stele aus Zincirli. Eine Funktion als Sitz des Totengeistes kann mit der KTMW- sowie einer Passage der İncirli-Inschrift belegt werden, wobei eventuell auch die Stele mit der Inschrift MARAŞ 2 für eine solche Deutung infrage käme. Inwieweit die einzelnen Funktionen auf alle weiteren Stelen übertragen werden können, ist je nach Funktion unterschiedlich zu bewerten: Während sich die Markierung eines Grabes oder einer Memorial- / Kultstätte gegenseitig wohl meist, aber vielleicht nicht immer ausschlossen – ein Gegenbeispiel im Bereich der Statuen wären die Grabbauten unter dem Lehmziegelmassiv von Tell Ḥalaf –, sind andere Funktionen, wie die legale oder die Erinnerung an den Stifter oder Schreiber, von einer Inschrift oder einer speziellen Bildgestaltung abhängig. Die Funktion, die wahrscheinlich allen Stelen gemeinsam war, dürfte die Erinnerung an die verstorbene(n) Person(en) gewesen sein. Auch bei der kultischen und der substituierenden Funktion ist es vorstellbar, dass dies auf alle Stelen zutraf. Die Allgemeingültigkeit der letzteren Funktion könnte wiederum von der allgemein formulierten Passage der İncirli-Inschrift bzw. dem dort vermutlich für „Grabstele“ benutzten Begriff bt npš gestützt werden. Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Erinnerungsfunktion die dominante Funktion dieser Stelen darstellt. Als zweithäufigste Funktion kann die der Grabmarkierung gelten. 101

99 Vgl. dazu eine mittelbabylonische Inschrift des 10. bis 12. Jh. auf einem Tonkegel ohne Namensangabe mit einem Segensspruch für die Graberhaltung. Hecker 1988, S. 479; Bonatz 2000a, S. 70, 73, 190, Anm. 35. 100 GÜRÇAY, KARKAMIŠ A. 5a, A. 18b, A. 18h, TİLSEVET, MARAŞ 8, SHEIZAR, KULULU 2–3, KAI 225. 101 Dementsprechend werden in dieser Arbeit – vom Allgemeinen zum Speziellen hin – die Begriffe „Totenstele“, „Memorialstele“ (für alle Totenstelen ohne Grabbezug) und „Grabstele“ verwendet, d.h. eine Grabstele kann auch eine Memorialstele sein (es sei denn, sie wäre bspw. anikonisch), aber nicht umgekehrt.

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9.1.2

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Statuen

Als Begriffe für Statuen sind hluw. taru(t)-, „Bild, Statue“, vermutlich abgeleitet vom Wort für „Holz“, 102 sowie SCALPRUM(-)i-ara/i-za, ein Objekt aus Stein, vermutlich „das Gemeißelte“, und im Sam’alischen bzw. Aramäischen nṣb, wörtlich „das Aufgerichtete“, belegt. Ersteres und letzteres konnten sowohl für Götter- als auch für Herrscherstatuen verwendet werden, letzteres zudem auch für Stelen. Neben diesen termini technici tritt im Luwischen atri- in Erscheinung, das als „Person, Selbst, Seele“ aufzufassen ist 103 und sich in drei Fällen – KARKAMIŠ A. 4d, A. 15b, JISR EL HADID 4 – auf eine einer Statue innewohnenden „Seele“ bezieht. 104 Zudem könnte ALEPPO 6 eventuell ebenfalls auf eine solche rekurrieren. Außerdem ist in zwei Fällen die Verwendung des Wortes für Stele, wani(t)-, zu beobachten (MARAŞ 14, PANCARLI). Das Aramäische bzw. Sam’alische betreffend hat H. Niehr aufgrund von KAI 214 allein bereits vermutet, dass mit nbš gleichzeitig die Statue Panamuwas I. als Aufenthaltsort des Totengeistes gemeint sei. 105 Mit dem Fund der KTMW- und der İncirli-Stele, welche diese Vermutung zusätzlich auch für Stelen bestätigen, kann es nun als gesichert gelten. 106 Phänomenologisch lassen sich Statuen mit mortuären Bezügen in sechs Gruppen einteilen: Die „klassischen“ syro-hethitischen Herrscherstandbilder sind meist mit einem langen Stab, Gürtelquaste und Schwert versehen und standen z.T. auf einer Löwenbasis (Typ 1). Die drei männlichen Standbilder des Tell Ḥalaf unterscheiden sich von diesen etwas, da sie ein Krummholz anstelle eines Stabes halten und in zwei Fällen eine Hörnerkrone aufweisen, aber auch sie besitzen ein Schwert als Attribut (Typ 2). Ein anderes Konzept liegt den Standbildern mit einer Schale in der rechten Hand zugrunde (Typ 3). Zahlreich, aber bis auf die weibliche Monumentalstatue nur in Statuettenform belegt sind Frauen mit einem Henkelgefäß in der linken Hand, von denen zwölf Exemplare aus Tell Ḥalaf und mindestens zehn aus dem „Kultraum“ stammen (Typ 4). Außerdem gibt es zwei Frauenstatuetten dieses Ortes, die beide Hände vor der Brust halten (Typ 5). Sitzbilder mit einer Schale in der rechten Hand sind vor allem in und um Tell Ḥalaf belegt sowie vielleicht in Yesemek (Typ 6). Keiner Gruppe zuordnen lassen sich bisher das Sitzbild des Atrisuha aus Karkamiš sowie die beiden unpublizierten Statuen aus Tell Tayınat, von 102 Hawkins 2000, S. 91, 238; Aro 2003, S. 327; Payne 2015, S. 118. Vgl. auch die Diskussion um tari(NİĞDE 1 § 1 und İVRİZ 1 § 3), das aufgrund von ARSUZ 1 und 2 § 11 wohl doch als Variante von taru- und nicht von atri- aufzufassen ist. Hout 2002b, S. 171–174; Dinçol et al. 2015, S. 67; Hawkins 2015, S. 53. 103 Zu einer solchen Interpretation dieses Begriffs, siehe Hout 2002b; Yakubovich 2002, S. 194–197; Melchert 2010, S. 8–9. Zur Gegenposition, eine Bedeutungserweiterung um „Figur, Form, Bild, Abbild“, siehe Hawkins 2015. 104 In JISR EL HADID 4 D 1. § 2 ist es wohl (ebenso wie in ALEPPO 2 § 11, vgl. Yakubovich 2002, S. 196) entweder als Metapher für „Statue“ zu verstehen oder atri- wurde ebenso wie npš / nbš im Nordwestsemitischen zur Bezeichnung eines mortuären Monumentes verwendet. 105 Niehr 1994, S. 64–65, 71. 106 Allerdings ist diese Verwendung von nbš, im Gegensatz zur späteren Verbreitung der stelenartigen npš-Monumente, singulär.

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534

Zusammenfassung

denen die Königsstatue einen Speer sowie eine Ähre in den Händen hält, während sich bei der Frauenstatue keine Attribute bis auf den Schleier erhalten haben, es sich aufgrund der fehlenden Hörnerkrone aber wohl nicht um eine Gottheit handelt. 107 Die „klassischen“ Herrscherstandbilder können vermutlich sowohl auf hethitische 108 als auch auf syrische 109 Traditionen zurückgeführt werden. Dieser Gruppe kann aufgrund seiner Attribute auch das Hybridbildwerk aus ‘Ayn at-Tall angeschlossen werden. Die Entwicklung der Standbilder mit Schale ist schwieriger aufzuzeigen: Das vielleicht älteste Exemplar dieser Gruppe aus Taftanāz folgt vor allem in stilistischer Hinsicht den „klassischen“ Herrscherstandbildern, trägt aber im Gegensatz zu diesen nur einen kurzen Stab in der linken und wie die meisten Sitzbilder eine Schale in der rechten Hand. Die anderen Statuen dieser Gruppe aus Arslantepe, Tell as-Safīra und die Statuette mit der Inschrift MARAŞ 3 weisen nur noch die Schale auf, während sie z.T. mit der linken Hand nun den über die Schulter geworfenen Umhang halten. Diese Haltung sowie die Absenz der „klassischen“ Herrschaftsattribute verbindet sie wahrscheinlich mit der Statue Panamuwas II. und der Statuette aus Raum K 2 von Zincirli, bei denen dementsprechend auch eine Schale vermutet werden kann. Die Statue Adūnī-abīyas scheint stilistisch eher phönizischen bzw. ägyptisierenden Vorbildern zu folgen. Eventuell ebenfalls zu dieser Gruppe gehören die beiden Statuentorsi aus Palanga und Kululu, die ebenfalls keine Attribute des Typs 1 aufweisen. Da sie sich jedoch hinsichtlich ihres Gewandes von allen anderen Statuen deutlich unterscheiden, könnten sie einer unbekannten Gruppe von Standbildern angehören. In der Kategorie der Sitzbilder sind das Exemplar aus Taftanāz, das Doppelsitzbild aus dem Museum von Aleppo sowie mindestens eine Statue, aber vermutlich alle weiteren aus Karkamiš ebenfalls älter zu datieren, so dass sie nicht als der Eisen-, sondern der Mittelbronzezeit II angehörig betrachtet werden können. 110 Daraus ergibt sich, dass, abgesehen von der Statue des Atrisuha und der aus Yesemek, nur die Sitzstatuen aus und um Tell Ḥalaf sicher dieser Gruppe eisenzeitlicher Plastik angehören. Somit lässt sich zwischen den „klassischen“ Sitzbildern mit Schale in der Hand auf der einen und dem des Atrisuha auf der anderen Seite differenzieren, wobei sich erstere bereits in der Mittel- und Spätbronzezeit in ganz Syrien großer Beliebtheit erfreuten und zugleich weitaus zahlreicher nachgewiesen sind. Daraus ergibt sich eine allgemeine Sonderstellung der Statuen des Tell Ḥalaf: Hier wurde sowohl die Sitzbildtradition der Bronzezeit weiterhin gepflegt als auch bei den Standbildern zum großen Teil eigenständige Pfade beschritten – oder weitergeführt? –, wobei manche Details Übereinstimmungen zu den Konzeptionen im nordsyrisch-südostanatolischen Raum aufweisen. Die Zugehörigkeit der Statue aus Ye107 108 109 110

Weeden 2013, S. 15–16, Abb. 4; Harrison 2019, S. 226, Abb. 19. Orthmann 1971, S. 297; Aro 2013, S. 238–244. Aro 2013, S. 244–246. Mazzoni 1972, S. 180; Hempelmann 2003; Matthiae 2013a, S. 378. Zur Herkunft des Doppelsitzbildes, siehe Voos 1986, S. 45, Kat.-Nr. 21. Darüber hinaus sind zwei weitere Fragmente mit Keilschriftzeichen aus Karkamiš als Teile von mindestens einer mittelbronzezeitlichen Sitzstatue interpretiert worden. Siehe Abschnitt 4.1.2.4.

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Rekonstruktion

535

semek bleibt zwar vorläufig unklar, aber aufgrund der linken Hand, die einen Umhang hält, kann eine Parallele zu den Standbildern mit Schale konstatiert werden. Bei dieser Statue muss es sich nicht um ein „reines“ Sitzbild handeln; es könnte sich wie bei der Statue aus ‘Ayn at-Tall um einen Stand- und Sitzbildhybriden handeln. Sowohl für die Gruppe der männlichen Standbilder aus Tell Ḥalaf, die Statuen und Statuetten aus Tell Ḥalaf mit Henkelgefäß oder Händen auf den Brüsten als auch für das Sitzbild des Atrisuha lassen sich keine Vorbilder ausfindig machen. Für letzteres wurde die These aufgestellt, dass sich hierin eventuell Einflüsse der nur aus Texten bekannten hethitischen zawalli-Bildnisse auf die Bildtradition von Karkamiš bemerkbar gemacht haben könnten, wobei dies bis zum Fund entsprechender Nachweise sowohl aus hethitischer als auch aus der dazwischen liegenden Zeit offenbleiben muss. Abgesehen davon ist die neuassyrische Statue aus Tell Aḥmar zu erwähnen, die zwar scheinbar begraben wurde, deren „Sitz im Leben“ aber nicht bestimmt werden kann. Archäologisch belegte Kontexte der Sitzbilder aus Tell Ḥalaf sind kleine einräumige Bauten über Gräbern sowie die Ahnenkultstätte des sog. „Kultraums“, dessen tiefere Schichten bislang unerforscht sind, so dass auch hier ein Zusammenhang mit Gräbern möglich sein könnte. In letzterem wurden zudem eine Statue und Statuetten der Typen 2, 4 und 5 entdeckt. Im Gegensatz dazu können das Sitzbild des Atrisuha sowie die Standbilder Toren oder öffentlichen Plätzen in den Innenstädten von Karkamiš und Sam’al zugeordnet werden. Auf die Existenz von Statuen in oder bei Tempeln kann lediglich geschlussfolgert werden. So weist die Inschrift auf der Statue des Adūnī-abīya ebenso darauf hin wie die des Yariri auf einer Statuenbasis oder die des Panamuwa I. auf der Hadadstatue aus Gerçin, wobei die Existenz weiterer Statuen in Tempeln, wie etwa die Taitas I. im Wettergotttempel von Aleppo, im Bereich des Möglichen zu liegen scheinen. Je nach ihren Aufstellungsorten, Inschriften oder Dimensionen kann den Statuen eine Rolle im Ahnen- oder Totenkult zugeordnet werden. So ergibt sich für die Sitzstatuen aus Tell Ḥalaf und die Statue sowie die Statuetten aus dem „Kultraum“ eine Rolle im Ahnenkult, während die überlebensgroßen Standbilder dieses Ortes vermutlich an einem öffentlichen Platz aufgestellt waren und in Analogie zu den Statuen Nordwestsyriens im Totenkult der lokalen Könige Verwendung fanden. Letztere konnten außerdem an Stadttoren aufgestellt werden und wurden wahrscheinlich dort beopfert, wie der Becher in der Hand der Statue aus Arslantepe impliziert. Ebenfalls im Rahmen eines Totenkultes, insbesondere eines jährlich von der Elite der Stadt aufzubringenden kostspieligen Opfers, stand die Statue des Atrisuha. Nicht zu vergessen sind dabei jedoch die Libationsmulden an dieser und anderen Statuenbasen, die es wohl auch den weniger Begüterten erlaubten, Opfer zu erbringen, auch wenn sie in der Inschrift nicht direkt angesprochen wurden. Hinzu kommen die Statuen Yariris, Adūnī-abīyas oder vielleicht auch Taitas I., welche ihre Abbilder innerhalb von Tempeln errichteten, um direkt von den Tempelbesuchern mitversorgt zu werden und / oder ihren rechtmäßigen Platz inmitten göttlicher Präsenz einzunehmen. Die aus KAI 214 zu rekonstruierende Statue Panamuwas I. stellt eine Ausnahme zu diesen Beispielen dar, obwohl sie sich vermutlich in einem Annexgebäude einer Kultstätte oder eines Tempels befand. Aber erstens war sie allein dem Ahnenkult des

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536

Zusammenfassung

zukünftigen Thronfolgers vorbehalten und zweitens stand sie in der Nähe des Grabes Panamuwas I. Im Gegensatz zu den Stelen liegen bei Statuen vermutlich Fälle ritueller Tötungen sowie in zwei Fällen – Zincirli und Arslantepe – auch ritueller Begräbnisse vor, was als weiteres Indiz dafür betrachtet werden kann, dass die Statuen als belebt galten. Eventuell könnten zudem die Sitzstatuen unter dem Lehmziegelmassiv von Tell Ḥalaf für ein rituelles Begräbnis in Frage kommen. Tabelle 18: Grab- und / oder Memorialstatuen (oder Basen) aus Nordsyrien und Südostanatolien. #

Ort

Inschrift, z.T. nach Hawkins 2000

Orthmann 1971

Voos 1986

Bonatz 2000a

Sonstige Publikation

Typ

1

Arslantepe



Malatya A/12

2

A 13

3

2

Arslantepe



Malatya C/4

8

A4

1

3

Arslantepe



Malatya C/5





4

‘Ayn atTall



Ain et Tell 1



B 13

5

Bozhöyük









Schachner et al. 2002, S. 115–117

6

6

Çakır









Schachner et al. 2002, S. 108–110

6

7

Çakır









Schachner et al. 2002, S. 110–112

6

8

Çakır









Schachner et al. 2002, S. 113–115

6

9

Demirköprü

JISR EL HADID 4







Dinçol et al. 2014b

10

Gerçin



Gerçin 2





1

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537

Rekonstruktion Inschrift, z.T. nach Hawkins 2000

Orthmann 1971

Sonstige Publikation

Voos 1986

Bonatz 2000a

Gerçin 3













Hasanlı 111

MARAŞ 13





A3

14

İvriz







A 16

15

Karkamiš







A5

16

Karkamiš



Karkemis F/17

6

A7

17

Karkamiš

KARKAMIŠ A. 4d

Karkemis H/11





18

Karkamiš

KARKAMIŠ A. 13a–c

Karkemis J/1

3

A 14

19

Karkamiš



Karkemis K/11





20

Karkamiš

KARKAMIŠ A. 15b







21

Kululu









Özgüç 1971, S. 102–105, Abb. 143– 144, Taf. XXXV– XXXVIII

22

Kululu









Özgüç 1971, S. 105–106, Taf. XL, 2

23

Kululu









Özgüç 1971, S. 107, Abb. 148, Taf. XL, 4

#

Ort

11

Gerçin



12

Güngörge

13

Bilgin 2019

Typ

1 1

1

3?

111 Die Herkunft aus Hasanlı, ca. 35 km nordwestlich von Maraş, laut der Beschriftung im Archäologischen Museum von Maraş. https://de.wikipedia.org/wiki/Statue_Mara%C5%9F_13. Zuletzt abgerufen am 04.03.2016.

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538

#

Zusammenfassung

Ort

Inschrift, z.T. nach Hawkins 2000

Orthmann 1971

Voos 1986

Bonatz 2000a

Sonstige Publikation

Typ

24

Maraş

MARAŞ 3

Maraş B/22





3

25

Maraş

MARAŞ 4

Maraş B/3

7

A2

1

26

Maraş

MARAŞ 14







1

27

Maraş







A 11

28

Unbekannt, evtl. Maraş



Maraş D/2



A 15

29

Palanga

PALANGA







30

Pancarlı Höyük

PANCARLI







31

Rabbat Kalesi





14

B 12

6

32

Ṣrīn



Ain el Arab 1

9

A1

1

33

Taftanāz





4

A9

3

34

Tell asSafīra

Assyrisch







3

35

Tell Ḥalaf



T. Halaf A/1

10

B5

6

36

Tell Ḥalaf



T. Halaf A/2

11

B4

6

37

Tell Ḥalaf

Assyrisch

T. Halaf Bc/4





2

38

Tell Ḥalaf



T. Halaf Bc/5





2

39

Tell Ḥalaf

Assyrisch

T. Halaf Bc/6





4

3? Herrmann et al. 2016

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539

Rekonstruktion Inschrift, z.T. nach Hawkins 2000

Orthmann 1971

Sonstige Publikation

Voos 1986

Bonatz 2000a

T. Halaf C/1

20

B9

6



T. Halaf C/2





2

Tell Ḥalaf





17

B3

6

43

Tell Ḥalaf





16

B8

6

44

Tell Ḥalaf









Hrouda 1962, S. 20, Nr. 18

6

45

Tell Ḥalaf









Hrouda 1962, S. 20, Nr. 19

4

46

Tell Ḥalaf









Hrouda 1962, S. 20, Nr. 20, Taf. 4

4

47

Tell Ḥalaf









Hrouda 1962, S. 20, Nr. 21, Taf. 4

4

48

Tell Ḥalaf









Hrouda 1962, S. 20, Nr. 22

4

49

Tell Ḥalaf









Hrouda 1962, S. 20, Nr. 23

4

50

Tell Ḥalaf









Hrouda 1962, S. 20, Nr. 24

4

51

Tell Ḥalaf









Hrouda 1962, S. 20, Nr. 25

4

#

Ort

40

Tell Ḥalaf



41

Tell Ḥalaf

42

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Typ

540

Zusammenfassung Inschrift, z.T. nach Hawkins 2000

Orthmann 1971

Sonstige Publikation

Voos 1986

Bonatz 2000a







Hrouda 1962, S. 20, Nr. 26

4









Hrouda 1962, S. 20, Nr. 27, Taf. 4

4

Tell Ḥalaf









Hrouda 1962, S. 20, Nr. 28

4

55

Tell Ḥalaf









Hrouda 1962, S. 20, Nr. 35, Taf. 4

4

56

Tell Ḥalaf









Hrouda 1962, S. 20, Nr. 36

4

57

Tell Ḥalaf









Hrouda 1962, S. 20, Nr. 31, Taf. 4

5

58

Tell Ḥalaf









Hrouda 1962, S. 20, Nr. 32

5

59

Tell Ḥalaf





13

B 11

60

Tell Ḥalaf

Assyrisch







61

Tell Ḥarba



T. Herbe 1

12

B6

62

Tell Mišrīfa









Clermont– Ganneau 1898

63

Tell Mišrīfa









Morandi Bonacossi 2009, S. 131

#

Ort

52

Tell Ḥalaf



53

Tell Ḥalaf

54

Typ

6 Röllig 2003

6 6

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541

Rekonstruktion Inschrift, z.T. nach Hawkins 2000

Orthmann 1971

Sonstige Publikation

Voos 1986

Bonatz 2000a







TELL TAYINAT 1







Tell Tayınat

Luwisch







Weeden 2013, S. 15–16, Abb. 4

67

Tell Tayınat









Harrison 2019, S. 226, Abb. 19

68

Yesemek

Luwisch







Duru 2004, S. 35–37, 87, Abb. 21, Taf. 46–47.1

69

Zincirli



Zincirli E/1

5

A6

1

70

Zincirli

Sam’alisch (KAI 215)

Tahtalı Pınar 1

1

A8

3?

71

Zincirli









72

Unbekannt







A 12

#

Ort

64

Tell Mišrīfa



65

Tell Tayınat

66

Typ

Morandi Bonacossi 2009, S. 130–131

Luschan und Andrae 1943, S. 31–32, Abb. 26, 64–65, 148, Taf. 12i.

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6?

3?

542 9.1.3

Zusammenfassung

Orthostaten

Orthostaten werden im Luwischen als (SCALPRUM) kutasari- bezeichnet, eventuell abgeleitet von dem Wort für „Mauer“; 112 ein aramäischer Begriff dafür ist nicht überliefert. Im Rahmen dieser Arbeit sind verschiedene Orthostaten mit bildlichen Darstellungen und / oder Inschriften auf ihre mögliche Bedeutung im Toten- oder Ahnenkult hin betrachtet worden. Ein allgemeines Charakteristikum luwisch beschrifteter Orthostaten scheint ihre Verbindung zu Herrscherstatuen zu sein, mit denen sie ein Ensemble bildeten, welche jedoch nur in wenigen Fällen explizit aus den Inschriften hervorgeht und in nur einem Fall archäologisch sicher nachgewiesen werden konnte. 113 Aufgrund ihrer Fundsituationen kann zwischen fünf verschiedenen Kontexten unterschieden werden: Innerhalb eines Tempels, innerhalb eines Palastes, an den Außenwänden von Gebäuden, an Toren sowie in sekundärer Verwendung in Fundamenten. Aus den Inschriften KARKAMIŠ A. 1a und b geht hervor, dass Suhi II. und dessen Frau BONUS-ti nicht direkt an den Orthostaten der Long Wall of Sculpture, sondern an der Statue Suhis II. verehrt werden sollten. Der Kontext des Aleppiner Wettergotttempels legt nahe, dass nicht Taitas Abbild auf dem Orthostaten, sondern stattdessen ebenfalls eine Statue oder Figur dieses Königs beopfert wurde, die sich vermutlich analog zu der des Wettergottes ebenfalls innerhalb des Tempels befand. Daraus könnte abgeleitet werden, dass andere Orthostaten vergleichbarer Kontexte ebenfalls nicht als solche beopfert wurden, sondern die Erinnerung an die Personen sowie die Opferpflicht ihnen gegenüber im kulturellen Gedächtnis zu verankern suchten, wie etwa die Orthostaten aus Tell Ḥalaf, Zincirli, Coba Höyük und B. 19a aus Karkamiš. Schwieriger gestaltet sich die Beurteilung der Orthostaten an Toren. Die beschrifteten Orthostaten vom Löwentor in Arslantepe zeigen einen lebenden und einen toten, vergöttlichten PUGNUS-mili beim Libieren vor den Gottheiten, 114 vielleicht Enkel und Großvater, 115 so dass vermutet werden kann, dass letzterer oder die Dynastie im Gesamten als Vermittler zwischen der göttlichen und der weltlichen Sphäre im Tor kultisch verehrt wurde. 116 Andererseits wäre es vorstellbar, dass analog zu der neben dem Löwentor begrabenen Statue aus dem 8. Jh. bereits zur Zeit der Reliefs, vermutlich im 11. Jh., eine Statue PUGNUS-milis am Tor existiert haben könnte und die Orthostaten lediglich der „Illust112 Payne 2015, S. 118. Alle Belege stammen jedoch aus Karkamiš (Payne 2015, S. 117, Anm. 202), die meisten aus der Zeit Suhis II. und Katuwas. Hawkins 2000, S. 123. 113 Die Bauinschrift Katuwas neben der Statue Atrisuhas in Karkamiš. Im Allgemeinen ist der Urheber der (Orthostaten-) Inschrift mit der durch die Statue dargestellten Person identisch. Vgl. allgemein zu dieser Frage Aro 2013; Payne 2015, S. 117, Anm. 203, 208. Falls die These von Gilibert 2011, S. 83–84 zutrifft, würde der Orthostat mit der Inschrift KAI 24 sowie die Königsstatue vor dem Bau J von Sam’al eine weitere Einheit bilden. 114 Teilweise sogar auf demselben Reliefblock, die Figur wird aber in beiden Fällen als PUGNUS-mili gekennzeichnet. Vgl. Orthmann 1971, Taf. 40,a Malatya A/6; Hawkins 2000, Taf. 151 (MALATYA 12). 115 Bonatz 2000a, S. 137; Brown 2008a, S. 303. 116 Bonatz 2000b, S. 204.

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Rekonstruktion

543

rierung“ der wichtigen Rolle dieser Statue dienten. 117 Für die in dieser Arbeit behandelten Orthostaten kann eventuell der Orthostat der sitzenden Frau vom äußeren Burgtor von Zincirli als dahingehendes Indiz gewertet werden, dass sie nicht vor Ort beopfert wurde, da dies bei der deutlichsten Parallele, dem Bildnis der BONUS-ti, ebenfalls nicht der Fall war. Schwierig zu bewerten ist, ob Statuenfunde bei bzw. in Toren – Arslantepe, Tell Tayınat und Karkamiš – eine solche Vermutung unterstützen, obwohl dort keine „illustrierenden“ Orthostaten vorhanden waren und wie die Ähnlichkeiten zwischen der Darstellung von Herrschern auf Orthostaten (Coba Höyük, amu-Figur von KARKAMIŠ A. 13d) und Statuen (Arslantepe, B. 54a aus Karkamiš) in diesem Kontext interpretiert werden können: Zeigt die Ähnlichkeit, dass sie als Substitute genügten oder deutet sie eher auf die Existenz von Statuen in der Nähe hin? Archäologische Indizien für eine direkte Beopferung von Orthostaten verstorbener Personen sind nicht bekannt und auch die Texte bieten keinen gesicherten Beleg dafür, da die Inschriften, die entsprechende Passagen beinhalten könnten, zu schlecht erhalten sind. 118 Somit scheint ihre Anbringung an häufig zu passierenden Orten tendenziell darauf ausgerichtet gewesen zu sein, die Erinnerung an die Toten im öffentlichen Bewusstsein aufrechtzuerhalten sowie ihren halbgöttlichen Status inmitten von Götterprozessionen oder anderen mythologischen Szenen zu verdeutlichen. Natürlich kann letztlich nicht ausgeschlossen werden, dass auch Orthostaten in Toren sowie in anderen Kontexten direkt beopfert wurden. 119 Wie sich aus der Inschrift des Orthostaten der BONUS-ti ergibt, stand dieser in einem direkten Zusammenhang zum Tod der Gemahlin Suhis II., da sie selbst in der Inschrift zu sprechen scheint. Ebenso verhält es sich bei dem Orthostaten Taitas I. im Wettergotttempel von Aleppo, da dieser sich die Beopferung zusammen mit dem Wettergott vermutlich noch zu Lebzeiten zu sichern gedachte. Dazu musste der Tempel jedoch vorher entsprechend umgestaltet worden sein. Der mögliche Austausch des Orthostaten B. 30b aus Karkamiš und dessen mögliche „Beerdigung“ in den Fundamenten des WaterGate ist in diesem Kontext ebenso zu betrachten wie der Orthostat aus Arslantepe mit der Inschrift MALATYA 2, welche der namentlichen Kennzeichnung einzelner Figuren der Speisetischszene diente. Dies alles deutet darauf hin, dass die auf D. Bonatz zurückgehende These, Orthostaten würden niemals im direkten Zusammenhang mit dem Tod eines Herrschers stehen und erst nach und nach mit namentlich vergessenen Ahnen in Verbindung gebracht werden, einer Korrektur bedarf. 120

117 In Arslantepe wurden zwei Statuenfragmente gefunden, die im 10. Jh. oder früher entstanden sind. Orthmann 1971, S. 98–99, 523, Taf. 42,d–e,g Malatya C/4–5; Bonatz 2000a, S. 13–14, 25, Taf. I, A 4; Aro 2003, S. 330–331. 118 Brown 2008a, S. 166 (KARKAMIŠ A. 20a1, KARKAMIŠ A. 13d). 119 Brown 2008a, S. 166–167. 120 Brown 2008a, S. 166 contra Bonatz 2000a, S. 158; ders. 2000b, S. 204; Gilibert 2011, S. 67, Anm. 124.

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544

Zusammenfassung

Tabelle 19: Memorialorthostaten aus Nordsyrien und Südostanatolien. Inschrift, z.T. nach Hawkins 2000

Orthmann 1971

Voos 1986

MALATYA 2

Malatya B/3

100

X

MALATYA 12

Malatya A/6

112

Aleppo

X

ALEPPO 6





4

Coba Höyük

X



Sakçagözü A/5

110

5

Elbistan Höyük

X



Elbistan 1

111

6

Karkamiš



KARKAMIŠ A. 1a





7

Karkamiš

X

KARKAMIŠ A. 1b

Karkemis C/4

108

8

Karkamiš

X



Karkemis Ab/4

102

9

Karkamiš

X



Karkemis F/7b



10

Tell Ḥalaf

X



T. Halaf A3/171



11

Zincirli

X



Zincirli A/6

101

12

Zincirli

X



Zincirli B/3

98

13

Zincirli

X



Zincirli B/4–5



14

Zincirli

X



Zincirli B/15

109

15

Zincirli

X

Phönizisch (KAI 24)

Zincirli E/2



16

Zincirli

X



Zincirli F/3–8

104

17

Zincirli

X



Zincirli K/5



#

Ort

Bild

1

Arslantepe

X

2

Arslantepe

3

Sonstige Publikation

Hawkins 2011, S. 40–44

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Rekonstruktion

9.1.4

Sterbe- und Begräbnishandlungen

9.1.4.1

Sterbe- und Begräbnishandlungen der Bevölkerung

545

Zu den Sterbehandlungen der Bevölkerung lässt sich nur wenig sagen. Idealerweise wurde vor dem Tod eine Stele (KTMW) oder eine Statue (Adūnī-abīya) in Auftrag gegeben, verbunden mit der Einrichtung eines Ortes für die Nutzung derselben. Nach dem Tod wurde der Angehörige beweint, mit Kleidern und Schmuck ausstaffiert (Ši’gabbar) und vielleicht vorher noch aufgebahrt (Tell Ḥalaf, „Goldgrab“ aus Karkamiš). Intarsien aus dem „Goldgrab“ erinnern an Rituale des königlichen hethitischen Bestattungsrituals, die meist die Übereignung der für den Toten im Jenseits benötigten Objekte zum Ziel hatte, so dass hier eventuell vergleichbare Rituale vor dem Begräbnis durchgeführt wurden. In Analogie zur Speisung des Totengeistes am noch nicht bestatteten Leichnams Panamuwas II. ist eine solche Handlung auch für nicht-königliche Personen vorstellbar. Grundsätzlich lassen sich die archäologisch nachweisbaren Bestattungen der Eisenzeit Nordsyriens und Südostanatoliens in zwei Arten unterteilen: Brand- und Körperbestattungen. Die ersteren lassen sich in Bestattungen in Urnen, meist extramural, in intramurale Bestattungen am Kremationsort sowie einer Mischform, eine Urnenbestattung am Kremationsort, differenzieren. Urnenkremationen sind vor allem im Westen und Nordwesten nachgewiesen, vor allem in und um Ḥamā, in und um Karkamiš sowie an der Küste in Rās al-Bassīṭ und wahrscheinlich in Maraş, treten aber auch weit im Nordosten Syriens bzw. darüber hinaus auf, so z.B. in Tell Ḥalaf, Tell Ṣabī Abyaḍ, Tell Šayḫ Ḥamad, Kavuşan Höyük oder Kumru Tarlası. 121 Die Tradition der Brandgrubengräber mit Kremation am Bestattungsort ist dagegen bislang ebenfalls nur im neuassyrisch dominierten Nordosten Syriens nachgewiesen, der hier nicht behandelt wird, in Tell Šayḫ Ḥamad und Ziyaret Tepe. 122 Eine Mischform, Urnenbestattungen am Kremationsort, ist dagegen in Tell Ḥalaf dokumentiert. 123 Die Körperbestattungen weisen eine größere Variation auf: Neben Lehmziegelkistengräbern, (Doppel-) Topf- und Erdgräbern sind auch Grüfte, sowohl aus Lehmziegeln als auch aus Stein, belegt. Lehmziegelkistengräber sind in Tell Ḥalaf und in Tell Faḫarīya anzutreffen, Topfgräber in Tell Ḥalaf, Tell Faḫarīya, Karkamiš, Nayrab und Tell Masṭūma, 124 einfache Erdgräber in Karkamiš, Tell Šiyuḫ Fawqānī, Zincirli, Tell Mišrīfa

121 Siehe Abschnitte 8.1.3.2, 8.2.2, 4.1.5.2, 4.1.5.3, 4.2.1, 4.2.3, 4.2.3, 4.2.8, 5.2.3; Courbin 1993; Abschnitt 3.1.2.3; Akkermans und Smits 2008; Kreppner 2008; ders. 2014; Kozbe 2010; Ökse und Eroğlu 2013; Ökse et al. 2014, S. 103–115. 122 Kreppner 2008; ders. 2014; Matney et al. 2002, S. 55–56; ders. und Rainville 2005, S. 44; Matney et al. 2009, S. 44–49; Wicke 2008b; ders. in Matney et al. 2011, S. 97–99. Bei der Kremationsschicht aus Tell an-Naṣrīya handelt es sich wohl um die Reste eines oder mehrerer Scheiterhaufen und nicht um ein solches Grab. 123 Siehe Abschnitt 3.1.2.3. 124 Siehe Abschnitte 3.1.2.4, 3.2.2, 4.1.5.2.2, 7.3.2, 8.4.5.

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Zusammenfassung

und Tell Masṭūma, 125 Grüfte in Tell Ḥalaf und – mit Sarkophag – in Tell Aḥmar. 126 Wannenförmige Sarkophage aus Metall oder aus Ton stammen aus Tell Ḥalaf, Karkamiš und Zincirli. 127 Abgesehen von diesen häufiger anzutreffenden Grabformen ist ein Grab in einer Mauer in Karkamiš bisher ein Unikat geblieben. 128 Mit einem Fragezeichen zu versehen sind bronzezeitliche Kammergräber mit eisenzeitlichem Material in Ḥamā sowie die eisenzeitliche Konstruktion am Doppeltumulus Tell Zūr an-Naṣrīya. 129 Vermutlich handelt es sich in beiden Fällen aber nicht um eisenzeitliche Gräber. Quantitativ vorherrschend ist die extramurale Kremationsbestattung in einer Urne ohne (erhaltene) Beigaben. Mindestens die Hälfte aller bisher (teilweise) publizierten Kremationsgräber, 1182 von 2125 (ca. 56 %), fallen unter diese Kategorie, 130 wobei diese Statistik durch die umfangreichen Gräberfelder aus Ḥamā mit 1674 Urnengräbern verfälscht wird, während das nächstgrößere Gräberfeld von Tell Šiyuḫ Fawqānī nicht einmal ein Zehntel dieser Zahl erreicht. Aufgrund fortschreitender Analysemethoden muss jedoch einkalkuliert werden, dass ein Teil der beigabenlosen Gräber der Altgrabungen trotzdem Grabbeigaben enthielt, u.a. in Form von kleinen Tierknochen, die teilweise nur schwierig von menschlichen Knochen zu differenzieren sind. Was neuere Grabungen anbetrifft, wurden zwar bisher in den bereits publizierten Gräbern aus Tell Šiyuḫ Fawqānī in 46 % (6 von 13) der Fälle keine Grabbeigaben festgestellt, 131 was in etwa dem Befund der ebenfalls etwas jüngeren Grabung in Rās al-Bassīṭ mit 45 % (23 von 53) entspricht, 132 doch die neuesten Ergebnisse aus ersterem Fundort scheinen eine höhere Zahl von im Bestattungsritual verwendeten Objekten zu implizieren, da Spuren von kleinen Metallteilen in mehreren Urnen festgestellt werden konnten, die sonst keine identifizierbaren Metallobjekte aufwiesen. Gleiches trifft auf den noch nicht veröffentlichten Befund von Tell an-Naṣrīya zu. Dies könnte auf verbrannte, aber nicht eingesammelte und in die Urne gelegte Gegenstände hindeuten. 133 In den Brandgrubengräbern von Tell Šayḫ Ḥamad, wo der Bestattungsort mit dem Kremationsort identisch ist, konnte in 14 von 15 bzw. ca. 93 % aller Fälle mindestens eine Beigabe festgestellt werden. 134 Schließlich muss stets die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass Beigaben vollständig verbrannten. Aufgrund dieser der Kremation 125 Siehe Abschnitte 4.1.5.3.2, 5.2.3.2 (birituelles Grab, d.h. zusammen mit einer Urnenkremation), 6.1.4.3, 8.3.2.1, 8.4.5. 126 Siehe Abschnitte 3.1.2.1.1, 3.1.2.1.2, 5.1.3. 127 Siehe Abschnitte 3.1.2.1.8, 3.1.2.4, 4.1.5.2.2, 6.1.4.1, 6.1.4.2. 128 Siehe Abschnitt 4.1.5.1. 129 Siehe Abschnitte 8.1.3.1, 8.2.3. 130 Dabei sind Gräber ohne Beigaben aus Tell an-Naṣrīya und Tell Šiyuḫ Fawqānī (bis auf 6 der 14 publizierten Urnen, die nachweislich keine Beigaben enthielten) mangels Publikation noch nicht berücksichtigt worden. Insgesamt liegen in Tell an-Naṣrīya mindestens 56 und in Tell Šiyuḫ Fawqānī 145 Urnengräber vor. Von den Gräbern der neuen Ausgrabungen in Karkamiš wurden die zerstörten ohne zusätzliche Beigaben nicht berücksichtigt, d.h. 9 von 30. 131 Al-Bahloul et al. 2005. 132 Courbin 1993. 133 Tenu 2013a, S. 432–433. Siehe Abschnitte 5.2.3.6, 8.2.2.5. 134 Kreppner 2008, S. 271, Tab. 1; Lange 2014.

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inhärenten Problematik ist davon auszugehen, dass vermutlich nur in wenigen Ausnahmefällen alle Gegenstände archäologisch nachweisbar sind, die auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden. Auf der anderen Seite legen zahlreiche Fälle von unverbrannten Objekten in Urnen nahe, dass manche Gegenstände nicht verbrannt, aber mit ins Grab gelegt wurden. Die Bedeutung dieser unterschiedlichen Behandlung ist nach wie vor unklar. Bei Betrachtung der Inhumationsgräber fällt auf, dass sich diese vor allem im nordöstlichen Syrien und dort auf den Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit bzw. die Eisenzeit I konzentrieren (Tell Ṣabī Abyaḍ, Tell Faḫarīya). 135 Im nord- bis mittelwestlichen Syrien treten sie ebenfalls auf, in Karkamiš, Tell Šiyuḫ Fawqānī, Zincirli, Nayrab, Ḥamā, Tell Mišrīfa und Tell Masṭūma, 136 allerdings zum Teil parallel zu den Kremationsbestattungen. 137 Betreffend der Grabbeigaben können die Gräber Nordsyriens und Südostanatoliens relativ eindeutig in zwei verschiedene Gruppen eingeteilt werden. Innerhalb der westlichen Gruppe, d.h. im Fall der Gräberfelder um Karkamiš und in Ḥamā sowie Rās alBassīṭ an der Küste, ist die Beigabe von Waffen, insbesondere Pfeilspitzen, sowie Spinnwirteln in den Kremationsurnen von Männern bzw. Frauen charakteristisch. Die Beigabe eines Spinnwirtels, mit Resten der hölzernen Spindel, in einer Kremationsurne lässt sich bereits gegen Ende des 13. Jh. (Schicht I) in Alalaḫ 138 und wahrscheinlich auch in Tell Šiyuḫ Fawqānī belegen. 139 Ausnahmen in dieser Hinsicht stellen das Gräberfeld von Tell an-Naṣrīya, aus dem trotz des Fundes von bisher 56 Urnen weder Spinnwirtel und nur eine Pfeilspitze geborgen werden konnten, sowie das „Goldgrab“ aus Karkamiš dar. 140 In den eisenzeitlichen Gräbern Nordostsyriens, d.h. in Tell Ṣabī Abyaḍ, Tell Ḥalaf und Tell Faḫarīya sowie weiter (nord-) östlich gelegenen Gräberfeldern, finden sich da-

135 Düring et al. 2015; Abschnitt 3.2.2. 136 Siehe Abschnitte 4.1.5.2.2, 4.1.5.3.2, 5.2.3.2, 6.1.4.3, 7.3.2, 8.1.3.2.2, 8.3.2.1, 8.4.5. 137 Eine Ausnahme könnten – falls sich die Ergebnisse jemals verifizieren ließen – die Gräber von Rasm aṭ-Ṭanǧara darstellen, die nach einer Kremationsnekropole des 13. bis 10. Jh. nur mehr Inhumationen aufweisen sollen. Allerdings ist die einzige Arbeit, die die Ergebnisse der Grabungen von Soubhi Saouaf 1961 darzustellen vorgibt, Athanassiou 1977, grundsätzlich als unzuverlässig zu betrachten, da zumindest ein Teil der von ihm präsentierten Objekte aus dem Kunsthandel stammt. Lehmann 1996, S. 210; Muscarella 2000, S. 190–191; ders. 2014, 176. Eine unkritische Aufnahme dieser Nekropole in den wissenschaftlichen Diskurs sollte vermieden werden. 138 Woolley 1955, S. 204 (ATG/37/1). Wobei sich die Tradition der Kremation an diesem Ort ins 16. Jh. (Schicht V) und die Beigabe von Spinnwirteln ins 15. Jh. (Schicht IV) zurückverfolgen lässt. Ders. 1955, S. 212 (ATG/37/33), 217–218 (ATG/46/9). 139 Spinnwirtel waren mit mindestens 49 Exemplaren die zweithäufigste Fundkategorie nach Pfeilspitzen mit mindestens 60 Exemplaren. Tenu 2013a, S. 433. Von den insgesamt vier per 14CMethode datierten Gräbern, enthielt zumindest das drittälteste Grab, Nr. 2528 (1251–1051 bzw. 1306–981), (mindestens) sechs eiserne Pfeilspitzen und ein Axtblatt desselben Materials. Tenu 2009, S. 92, Abb. 10. Wie alt die ältesten Gräber mit Pfeilspitzen und Spinnwirteln sind, ist zwar vorläufig unbekannt, man wird aber davon ausgehen können, dass diese analog zu den ältesten Gräbern ebenfalls bis ins 13. Jh. zurückreichen. 140 Siehe Abschnitte 8.2.2.6, 4.1.4.1.

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gegen weder Waffen noch Spinnwirtel. 141 Ausnahmen bezüglich der Beigabe von Waffen existieren außerhalb des hier untersuchten Bereichs bzw. in Inhumationsgräbern, 142 insbesondere das Gräberfeld von Kumru Tarlası am oberen Tigris sticht bezüglich der relativen Anzahl von Gräbern mit Waffen deutlich hervor. 143 Doch auch in der Kremationstradition der phönizischen Küste und Zyperns finden sich weder Waffen noch Spinnwirtel. Auffälligerweise erscheinen diese Beigaben jedoch in den Körperbestattungen aus der Zeit nach 600 in Deve Höyük, 144 Nayrab und Tell Aḥmar, 145 insbesondere die sonst in zeitgenössischen Gräbern seltenen Spinnwirtel, so dass möglicherweise hier diese Tradition ohne die Praxis der Kremation fortgesetzt wurde. Im Gegensatz dazu stellen Möbelappliken, wie sie in Kremationen aus Tell Ḥalaf, Ziyaret Tepe und Tell Šayḫ Ḥamad sowie dem „Goldgrab“ in Karkamiš gefunden worden sind, 146 im westlichen Syrien aber weitgehend fehlen, einen wichtigen Bestandteil der Gräber Nordostsyriens dar. 147 In diesem Zusammenhang ist außerdem darauf hinzuweisen, dass das Verbreitungsgebiet der bebilderten – und / oder der mit Inschriften versehenen – Stelen sich in etwa deckungsgleich zu den nordwestsyrischen Kremationsgräbern verhält, auf denen zum Teil eben diese Gegenstände dargestellt sind, 148 wobei die Stelen erst im 10. Jh., d.h. bis zu ei141 Besondere Erwähnung verdient das Kremationsgräberfeld von Kavuşan Höyük mit 22 Urnengräbern, die trotz der für diese kleine Siedlung (1,5 ha) relativ hohen Anzahl von über 100 Spinnwirteln innerhalb des Wohngebietes, die auf ein regionales Textilproduktionszentrum hindeuten, keine Spinnwirtel enthielten. Kozbe 2010; http://www.kavusanhoyuk.org/kazi/yeni-assur-donemi, zuletzt abgerufen am 20.03.2016. 142 Dazu zählen das früheisenzeitliche Erdgrab eines Mannes aus Grê Dimsê mit Schwert und sechs Pfeilspitzen aus Eisen (Karg 2001, S. 676), drei neu- bzw. postassyrische Doppeltopfgräber aus Tell Knaydiǧ, bei denen eiserne Pfeilspitzen mit hölzernen Schäften vier Bestattungen zugeordnet waren (Grab Nr. 36, 59, 98, Martin 2005, S. 55–58) sowie die neuassyrische Urnenkremation eines 2 bis 3 Jahre alten Kindes aus Kavuşan Höyük mit einer bronzenen Pfeilspitze (Kozbe 2010, S. 350–351). 143 Waffen (ohne Messer) in 5 von 21 Gräbern (zweimal männliche Individuen, dreimal unbestimmt, jüngstes Individuum 12–20 Jahre), inklusive Messer in 10 von 21 Gräbern (zusätzlich zwei erwachsene Frauen, zwei Individuen jünger als 12 Jahre). Die Gräber stammen aus dem 8.–7. Jh. Ökse und Eroğlu 2013, S. 162, Tab. 1; Ökse et al. 2014, S. 106–107, Tab. 11. 144 Die chronologische Zuordnung innerhalb dieses Gräberfeldes, dessen Artefakte im Rahmen kommerzieller Nachforschungen geborgen wurden, bleibt naturgemäß mit Fragezeichen behaftet, obwohl T. E. Lawrence und C. L. Woolley teilweise Beobachter waren. Angeblich befand sich zumindest ein Spinnwirtel unter der Gruppe 20, die zu Beginn der achämenidenzeitlichen Phase des Gräberfeldes datiert wurde. Da manche Gräber mehrere Bestattungen enthielten, lässt sich das Vorhandensein von Waffen in derselben Gruppe eventuell dadurch erklären. Moorey 1980, S. 7, 127, 163. 145 Nunn 2001, S. 412–413, 436–439. 146 Siehe Abschnitte 3.1.2.3.1, 3.1.2.3.2 (mit Anm. 130 zu Ziyaret Tepe und Tell Šayḫ Ḥamad), 4.1.4.1. 147 Eine Ausnahme in dieser Hinsicht stellen die Gräber von Ḥamā dar. Allerdings ist erst in Periode IV, ca. 800–720, eine Häufung der Appliken zu erkennen und im Gegensatz zu Nordostsyrien fehlen Bronzebeschläge der Möbelfüße. 148 Dabei finden sich auch häufig dargestellte Elemente wie Stäbe bzw. Zepter (Ḥamā), Schreibgriffel (Yunus, Tell Aḥmar) und Spiegel (allerdings nur in Tell Aḥmar und Deve Höyük II) in nordwestsyrischen Gräbern.

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nem halben Jahrtausend später, erscheinen und deren Aufstellung in den Kremationsnekropolen nicht sicher belegt, aber wahrscheinlich ist, obwohl das Beispiel KTMW zeigt, dass sie auch an anderen Orten aufgestellt werden konnten. In und um Tell Ḥalaf – sowie vermutlich in Yesemek – die Tradition der Sitzbilder lebendig geblieben, die zumindest in zwei Fällen auch über Kremationsgräbern errichtet wurden. Was topographische Aspekte bezüglich der Gräber(felder) betrifft, zeigt sich kein einheitliches Bild: Während umfangreiche Gräberfelder in Karkamiš, Ḥamā und Tell Šiyuḫ Fawqānī außerhalb der Siedlungen angelegt wurden, befanden sich innerhalb mancher Städte entweder einzelne Gräber wie in Tell Ḥalaf und Karkamiš oder eventuell sogar ein ganzes Gräberfeld wie in Tell an-Naṣrīya, das allerdings nur bis zum 11. Jh. sicher benutzt wurde, wobei aus der entsprechenden Zeit bisher keine Siedlungsspuren entdeckt worden sind. In Rās al-Bassīṭ scheint es zusätzlich zur „normalen“, extramuralen Nekropole ein zweites Areal innerhalb eines verlassenen Teils der Stadt gegeben zu haben, das wohl allein für die Bestattungen von Kindern vorgesehen war, was an die zum großen Teil fehlenden Bestattungen von Neugeborenen aus Ḥamā, Tell Šiyuḫ Fawqānī und Karkamiš erinnert. Auffälligstes Merkmal der nordsyrisch-südostanatolischen Grabkultur in der Eisenzeit sind jedoch weder die extramuralen Gräber noch die Kremationen – beide Erscheinungen lassen sich bereits in der Spätbronzezeit beobachten –, sondern das nahezu vollständige Verschwinden der Bestattungen unter bewohnten Häusern, die im bronzezeitlichen Syrien, insbesondere in Ugarit, noch eine bedeutende Rolle spielten. 149 Nicht zu vergessen sind dabei jedoch zwei Hausgräber mit Inhumationen von Elbistan Karahöyük sowie ein Grab aus Tell Masṭūma, das aber aus neuassyrischer Zeit stammt. 150 Dieser Aspekt – und nicht die Kremation oder die extramuralen Gräberfelder – könnte eventuell auf hethitischen oder luwischen Einfluss zurückgehen, da sich mit Ausnahme der altassyrisch beeinflussten Gräber der kārum-Zeit 151 sowie zwei Bestattungen aus der Unterstadt von Ḫattuša 152 keine Gräber in bzw. unter den anatolischen Häusern des 2. Jt. nachweisen lassen, 153 wobei Gräber der hethitischen Großreichszeit generell nur äußerst spärlich belegt sind. 154 Andererseits setzten auch die Einwohner mancher syrischer Städte der Mittel- und Spätbronzezeit ihre Toten wohl ausschließlich außerhalb bei. 155 In Meso149 In Ugarit können die Gräber unter den Häusern der Elite und die Gräber außerhalb der einfachen Bevölkerung zugeordnet werden. Niehr 2004b, S. 79. 150 Özgüç und Özgüç 1949, S. 68–69; siehe Abschnitt 8.4.5. 151 Bspw. in Kültepe / K aniš und Alişar Höyük / A mkuwa. Michel 2011, S. 317. 152 Bittel und Naumann 1939, S. 12, Abb. 4. 153 Wobei intramurale Bestattungen belegt sind, extramurale Gräberfelder aber die Regel darstellen. Haas 1994, S. 233–237; Seeher 2011b, S. 388–389. 154 Seeher 2011b, S. 388–389. Zu den wenigen Belegen zählen die jüngsten Gräber aus der extramuralen Höhle Osmankayası sowie – neben den zwei erwähnten Gräbern aus der Unterstadt von Ḫattuša – ein ebenfalls dort entdecktes Doppelpithosgrab. Seeher 2011b, S. 389; Bittel und Naumann 1939, S. 12, Abb. 4, 7; Haas 1994, S. 234. 155 Bspw. Ḥamā und Tell Munbāqa. Für die Gräber der Schichten H und G in Ḥamā, siehe Fugmann 1958, Taf. X; Riis und Buhl 2007. Vgl. jedoch Fugmann 1958, S. 101 für ein mögliches Grab in der Stadt in der Schicht H 1.

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potamien, im Westen etwa bis nach Tell Šayḫ Ḥamad, 156 wurden die Toten dagegen weiterhin in bzw. unter ihren Häusern begraben. Mit den Hausgräbern aus al-Mīna flammt diese Tradition noch einmal in persischer Zeit kurz auf, bevor sie wieder verschwindet. 157 9.1.4.2

Königliche Sterbe- und Begräbnishandlungen

Aus den Texten aus Sam’al geht hervor, dass idealerweise noch zu Lebzeiten des Königs eine Statue für diesen angefertigt wurde. Falls man die Ereignisse direkt im Anschluss an den Tod Panamuwas II. auf den eines innerhalb des Königreiches verstorbenen Königs übertragen kann, erfolgte zunächst das Beweinen durch die Familie sowie eine erste Speisung des Totengeistes am Leichnam. Dagegen ist die Errichtung eines Bildnisses des Toten am Sterbeort vermutlich allein auf den auswärtigen Tod Panamuwas II. zurückzuführen. Die Thronbesteigungszeremonie des neuen Königs scheint eng mit den Sterbeund Begräbnishandlungen für den verstorbenen König verknüpft gewesen zu sein. Die in KAI 215 genannten Lamm- und Widderopfer könnten noch zu den Begräbnishandlungen zählen, insbesondere falls es sich statt eines Opfers um einen Sühneritus mithilfe eines Widders handeln sollte. In der Ördekburnu-Inschrift werden Opfer von je zwei Schafen für Rākib-El, Kubaba und die vermutlich königliche Verstorbene erwähnt. Aus dem archäologischen Befund der südlichen Gruft am Westpalast von Tell Ḥalaf ist dagegen zu schließen, dass der Tote von Kopf bis Fuß mit Kleidung und Schmuck ausstaffiert und danach vielleicht öffentlich aufgebahrt wurde, bevor er ins Grab gelegt wurde. Im Rahmen dieser Untersuchung konnte nur letzteres Grab aufgrund seiner Ausstattung und Lage sicher als das eines Königs identifiziert werden. Eventuell könnten sich im Nordbau ein weiteres oder mehrere Königsgräber befunden haben. Aus verschiedenen Gründen werden die nördliche „Gruft“ am Westpalast von Tell Ḥalaf, die Gräber unter dem dortigen Lehmziegelmassiv, das Kammergrab auf der Zitadelle von Sam’al sowie der ḫilāni-Bau aus derselben Stadt nicht als königliche Gräber bzw. Grabstätten betrachtet. Schwierig ist die Einschätzung des „Goldgrabes“ aus Karkamiš: Bei einer spätbronzezeitlichen Datierung wäre eventuell das Grab eines hethitischen Vizekönigs zu erwarten gewesen, wobei dagegenspricht, dass zumindest die Überreste des ersten Vizekönigs Šarri-Kušuḫ / Piyaššili laut hethitischen Quellen nach Ḫattuša überführt wurden. Bei der momentanen Alternative einer Datierung ins 7. Jh. dürfte es sich tendenziell um die Bestattung eines Mitglieds der lokalen Elite unter assyrischer Herrschaft gehandelt haben, es sei denn, das Grab wurde vor 717 angelegt. Es ist nicht auszuschließen, dass die Intarsien des Grabes zu Ritualen gebraucht wurden, die vergleichbar mit Teilen des königlichen hethitischen Bestattungsrituals sind, und dementsprechend auch bei den Begräbnissen

156 Kreppner 2008; ders. 2014. 157 Woolley 1938, S. 148, 155–157; Nunn 2001, S. 393, 434–435. Es scheint sich bei einem Großteil oder bei allen Häusern jedoch um Waren- und nicht um Wohnhäuser gehandelt zu haben. Gates 2005, S. 54–55.

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nordsyrisch-südostanatolischer Könige dazu benutzt wurden, den Toten wichtige Gegenstände ins Jenseits zu transferieren. Die Bestattung in einer wahrscheinlich unterirdischen Gruft unverbunden neben dem Westpalast von Tell Ḥalaf ist aufgrund von zwei Aspekten bemerkenswert. Zum einen stellt die Lage neben dem Palast eine Abweichung von der Praxis dar, Könige im spätbronzezeitlichen Syrien und im eisenzeitlichen Assyrien unter dem Palast zu bestatten und von dort aus zugänglich zu machen, wobei letzteres auf andere Ausprägungen des Ahnenkultes schließen lassen könnte. Dennoch kann dieses Grab aufgrund der Nähe zum Palast sowie der Architektur an die mesopotamische Tradition der königlichen Bestattungen in Lehmziegelgrüften – im Gegensatz zur palästinisch-syrischen Tradition der Felskammergräber – angeschlossen werden. 158 Zum anderen wurden trotz der wahrscheinlichen Bestattung eines Mannes auf Waffen aus unvergänglichem Material als Beigabe verzichtet. In dieser Hinsicht ist es allein mit dem Tumulus MM von Gordion vergleichbar, während andere altorientalische Königsgräber Waffen enthielten 159 bzw. laut der Texte enthalten sollten. 160 Aufgrund des kleinen Zugangs und der fehlenden Lampe in der Wandnische kann darauf geschlossen werden, dass ein Großteil der Bestattungsrituale außerhalb des Grabes stattfand, zum Teil vermutlich auf dem vor dem Eingang befindlichen Pflaster oder im angrenzenden Westpalast. Bei diesen Ritualen könnte ein Möbelstück, eventuell ein Bett, dessen Bronzefüße sich zusammengesteckt im Grab befanden, eine Rolle gespielt haben. Aus den sam’alischen Inschriften geht hervor, dass Könige in mindestens zwei verschiedenen Grabstätten – mqm mlky und mqm pnmw genannt – beigesetzt waren, die sich jeweils außerhalb der Hauptstadt befanden. Ersteres diente „den Königen“ sowie vermutlich mindestens auch einer weiblichen Angehörigen des Königshauses als Grabstätte, während letzteres möglicherweise allein das Grab Panamuwas I. bildete. Dieses befand sich wahrscheinlich innerhalb der Oberstadt der Siedlung auf dem Hügel Gerçin, wo der untere Teil der Hadadstatue entdeckt worden ist. Die Existenz der Statue beweist, dass zumindest die wichtigste der vier inschriftlich genannten Gottheiten in materieller Form innerhalb oder in der unmittelbaren Nähe des mqm pnmw anwesend war. Da Rākib-El und Kubaba laut der Ördekburnu-Inschrift ebenfalls beopfert werden sollten, können hier wohl ebenfalls Repräsentationen dieser Gottheiten im oder am mqm mlky vermutet werden, insbesondere da Rākib-El der Schutzgott der Dynastie Ḥayyās war. Die Grablege der königlichen Familie außerhalb der Hauptstadt erinnert an die Bestattungspraktiken von Ebla zur Zeit 158 Miglus 2003, S. 260. 159 Kumidi, „Schatzhaus“ (Miron 1990, S. 62–65), Gubla, Grab II und III (Montet 1928, S. 173– 181), Ebla, Grab des „Herrn der Capriden“ (Matthiae 1984, S. 26), Dūr-Untaš-Napiriša, Grab II (Ghirshman 1968, S. 65), nicht aber in Tumulus MM von Gordion (Young 1981, S. 79–190). 160 In Assyrien, vielleicht für Assurbanipal oder Asarhaddon (Kwasman 2009, S. 115–116 (K 6323 + K 7856 + K 14241 + 80-7-19, 122, IV 3, 7; in der Liste sind aber nur zwei Waffen aus Holz, eine davon mit Gold verziert, erwähnt), in Mari (Durand 2008, S. 75), in Aleppo, für das Grab des Yarīm-Līm (Durand 2008, S. 77–78) und eventuell auch für verstorbene hethitische Könige. Zumindest wurden Pfeil und Bogen im königlichen hethitischen Bestattungsritual šalliš waštaiš verwendet. Ob sie ins Grab gelangten, ist unklar.

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Zusammenfassung

der Archive, des amurritischen Mari und Rās Ibn Hānī. 161 Auf dem Burghügel von Sam’al sind jedoch zwei Statuen verstorbener Könige sowie eine monumentale Stele einer Frau mit einer Speisetischszene gefunden worden, so dass sich die Frage stellt, ob auch hier Angehörige der Königsfamilie beigesetzt werden konnten bzw. ein mqm existierte. Die Unterschiede zwischen beiden Befunden sind evident: In Sam’al standen die Königsgräber in enger Verbindung zur Beopferung von Gottheiten, während das Grab aus Tell Ḥalaf neben dem Palast ohne Verbindung zu anderen Gebäuden lag. Außerdem stellt mqm mlky augenscheinlich eine Begräbnisstätte für mehrere Könige und deren Angehörige dar, während die Gruft aus Tell Ḥalaf nur für ein Individuum vorgesehen war – und die Elitegräber unter dem Lehmziegelmassiv lassen vermuten, dass dies kein Einzelfall darstellt.

9.1.5

Ahnenkult

9.1.5.1

Ahnenkult der Bevölkerung

Indizien für einen Ahnenkult der Bevölkerung sind in Tell Ḥalaf, vermutlich im benachbarten Tell Faḫarīya sowie in Tell Mišrīfa zu finden. Dieser konnte sowohl am Grab, an Statuen über dem Grab sowie an Statuen oder Stelen in einem speziell dafür errichteten Gebäude stattfinden. Die im „Kultraum“ von Tell Ḥalaf durchgeführten Rituale umfassten Libationen, Räucher- und Brandopfer, während die Opfer in den Grabbauten mit Statuen zumindest Libationen, aber vielleicht auch die Bereitstellung fester Nahrung beinhaltete. Interessant ist im Vergleich mit dem Gebäude an der „Coupole de Loth“ in Tell Mišrīfa, dass die West-Ost-Ausrichtung des Gebäudes eine Rolle spielte, ebenfalls Bänke und wahrscheinlich eine schematische Statue zur Beopferung vorhanden waren. Unterschiede bestanden hinsichtlich der Orientierung der Raumöffnung nach Westen hin sowie in der Platzierung an einem mittelbronzezeitlichen Tumulus. Vor den Grabkammern der Baugruppen 1 und 2 von Tell Ḥalaf fanden sich Keramikgefäße, die hinsichtlich ihrer Opfermaterie nicht einzuordnen sind. Die Gräber des Tell Faḫarīya hingegen bieten Anhaltspunkte für die Darbringung von Trank- und Speiseopfern im Anschluss an das Begräbnis, wobei letztere vermutlich aus den Resten der am Grab abgehaltenen Mahlzeiten in Form von Schädel, Schulterblatt und Extremitäten bestanden. 162 Im Gegensatz dazu weisen die Gräberfelder Nordwestsyriens in Karkamiš und Umgebung, Tell Šiyuḫ Fawqānī, Tell an-Naṣrīya und Ḥamā bisher ebenso wenig sichere Indizien für eine Beopferung im Anschluss an die Bestattungshandlungen, welche als Ahnenkult interpretiert werden könnte, wie die Häuser in den jeweiligen Städten. Dies scheint eventuell auf separate Bereiche dieser religiösen Ausdrucksform hinzuweisen, wie sie mit 161 Vgl. Archi 2012, S. 12–14; Matthiae 2012, S. 953–957, Anm. 18–19; Charpin und Durand 1989; Jacquet 2012, S. 131–134; Niehr 2004b, S. 83. 162 Siehe Abschnitt 3.4.2.1.

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Rekonstruktion

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dem Raum der KTMW-Stele, dem „Stelenheiligtum“ aus Hazor oder dem „Kultraum“ aus Tell Ḥalaf – falls sich dort ebenfalls keine Gräber befinden sollten – nachgewiesen worden sind. Eine weitere Option wären extramurale Ahnenkultstätten, wie sie eventuell über dem Tumulus von Tell Zūr an-Naṣrīya vorhanden waren oder in bronzezeitlichen Kammergräbern von Ḥamā praktiziert wurden. Gleichzeitig stellen die nordwestsyrischen damit einen Kontrast zu den phönizischen Nekropolen von Tyros al-Baṣṣ und Aḵzīv dar, wo regelmäßige Rituale nach den Bestattungen direkt an den Stelen über den Gräbern stattfanden. 163 In diesem Zusammenhang ist auf den ambivalenten Befund aus Ugarit hinzuweisen, wo die vom ältesten Sohn für den verstorbenen Vater gestiftete Stele in einem Heiligtum aufgestellt wurde (KTU 1.17 I, 26–27), 164 während manche Gräber unter den Häusern durch Libationsröhren mit Trankopfern versorgt werden konnten. 165 Nach den Inschriften der Stelen RS 6.021 und RS 6.028 aus dem Bereich des Eltempels wurden diese allerdings wohl nur einmalig nach dem Tod ihrer Stifter beopfert und dienten fortan den Totengeistern des Stifters als Aufenthaltsort. 166 Falls dies auf alle Stelen zutraf, stellt sich die Frage, wo der Ahnenkult für diejenigen stattfand, die nicht unter den Häusern begraben waren: am Grab, im Haus oder an einem anderen Ort? Gleichermaßen geheimnisvoll stellt sich die Situation in Emar dar, wo die Verantwortung für die Ahnen mit dem Besitz des Elternhauses einherging, welches meist an den ältesten Sohn vererbt wurde. Allerdings fanden sich in den ca. 30 ausgegrabenen Häusern weder Gräber noch Spuren von Ahnenkultritualen. 167 9.1.5.2

Königlicher Ahnenkult

Anhaltspunkte zum königlichen bzw. herrschaftlichen Ahnenkult lassen sich inschriftlich lediglich aus drei Belegen, der Inschrift Panamuwas I. (KAI 214) sowie den Fluchformeln Hadda-yi’ṯis (KAI 309) und Katuwas (KARKAMIŠ A. 11a) gewinnen. In allen drei Fällen hängt die Versorgung der Ahnen von der Vermittlung der Totenopfer durch den jeweiligen Wettergott ab, wobei in den letztgenannten Fällen Šuwala bzw. Kubaba und Karḫuḫa ebenfalls eine Rolle spielten. Die Opfermaterie bestand bei Panamuwa I. aus einem Schaf, wobei auch Trankopfer eine Rolle spielten und bei den anderen Belegen die Opfer aus Brot und Wasser bestanden. Diese Diskrepanz kann eventuell damit erklärt 163 Aubet 2013, S. 81. 164 Die darauffolgende Passage KTU 1.17 I, 31–32, in welcher der Sohn die Stelle des Vaters bei rituellen Speisungen im Ba‘al- und Eltempel einnimmt, bezieht sich zwar nicht auf das Errichten der Stele oder andere Ahnenkultrituale (Fleming 2008, S. 55, Anm. 18; Lewis 2008, S. 70 contra S. Lange 2012, S. 168; unentschieden Pardee 1996, S. 279), aber eine Beopferung dieser Stele ist damit nicht ausgeschlossen. 165 Niehr 2004b, S. 80. Es steht zu vermuten, dass auch Gräber ohne Libationsvorrichtungen Opfer erhielten. 166 Niehr 2012, S. 157–158. 167 Fleming 2008, S. 42–43.

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Zusammenfassung

werden, dass es sich bei dem Schaf um ein Opfer des Sohnes an den Vater handelte, während die Flüche allgemein auf den königlichen Ahnenkult anspielten. Als Ort des Ahnenkultes wird in KAI 214 das Grab des Königs außerhalb der Hauptstadt, aber wahrscheinlich im Zentrum einer Siedlung genannt, an dem sich eine Hadadstatue befand. Dass es sich bei einem der beiden Statuentorsi aus Gerçin um die Statue Panamuwas I. handelte, liegt im Bereich des Möglichen. Dass Standbilder im Ahnenkult Verwendung fanden, die von ihrem äußeren Erscheinungsbild her den größeren königlichen Monumentalstatuen entsprachen, beweisen die Statuetten und das Standbild aus dem „Kultraum“ sowie die Statue des Astiwasu. Somit könnten ähnliche Statuen auch im königlichen Ahnenkult verwendet worden sein. Im Gegensatz dazu finden sich bei dem einzigen bekannten Königsgrab, der südlichen Gruft nahe des Westpalastes von Tell Ḥalaf, keine Anzeichen für eine regelmäßige Beopferung. Eine solche könnte jedoch ohne Probleme möglich gewesen sein. Eventuell zeigen jedoch das „Goldgrab“ von Karkamiš sowie die Gräber unter dem Lehmziegelmassiv von Tell Ḥalaf mit ihrer architektonischen Struktur und den Statuen darin Reflexe eines königlichen Ahnenkultes am bzw. über dem Grab.

9.1.6

Totenkult

9.1.6.1

Totenkult der Bevölkerung

Indizien für eine postmortale Verehrung unabhängig von den eigenen, realen oder adoptierten Nachfahren sind rar gesät: Allein die Statue Adūnī-abīyas aus Tell as-Safīra bzw. dem Gebiet von Bīt Agūsi sowie die Stele KTMWs aus Sam’al lassen eine solche plausibel erscheinen bzw. erkennen. 168 Ein weiterer Kandidat wäre Yariri, der aufgrund seiner Regentschaft jedoch auf etwa derselben Stufe wie ein Herrscher betrachtet werden kann sowie Tasa und Sarpuwani, die zwar nach ihrem Tod zumindest teilweise, wenn nicht ausschließlich von nicht-verwandten Personen Trankopfer empfingen, aber deren eventuelle regelmäßige Weiterführung unerwähnt bleibt. 169 Abseits des hier behandelten Gebietes ist mit der Statuenbasis mit der Inschrift JISR EL HADID 4 ein weiterer Beleg aus Pattina / Unqi zu nennen, da sich die Inschrift an Vorbeireisende zu wenden scheint, auch wenn die eigentlichen Opfer wohl vom Sohn allein institutionalisiert wurden. 170 Während KTMW sich durch seine Stele in einer eigens dafür eingerichteten Kammer beopfern ließ, vielleicht angrenzend an ein kleines Heiligtum, stellte Adūnī-abīya seine Statue in einem zumindest teilweise von ihm finanziell unterstützten Tempel auf. KTMW wurde einmal jährlich, wahrscheinlich mit den im Rahmen seines „Einweihungsfestes“ genannten Gottheiten beopfert, wobei er von dem dabei dargebrachten Schaf einen Schenkel erhielt. Finanziert wurde dieses Opfer von den Erträgen eines Weinbergs, der zusammen 168 Siehe Abschnitte 7.4.2, 6.1.3.3 bzw. 6.6.2.1. 169 Siehe Abschnitte 4.1.3.6.5, 4.1.5.3.7 bzw. 4.3.2.1. 170 Dinçol et al. 2015.

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Rekonstruktion

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mit der „ewigen Kammer“ einem Sohn oder einem anderen Mann übereignet wurde, der hinfort für die Durchführung dieses Rituals verantwortlich war. Adūnī-abīya hingegen empfing vermutlich zusammen mit dem Mondgott regelmäßige Opfer. Angesichts der Schale in der Hand seiner Statue dürften dabei Trankopfer eine Rolle gespielt haben. Religionsgeschichtlich bleibt festzuhalten, dass die Institutionalisierung eines Totenkultes für Personen außerhalb der königlichen Familie in Nordsyrien und Südostanatolien nicht vor der Eisenzeit nachgewiesen werden kann. So handelte es sich bei dem pgr-Opfer des Beamten Uzzīnu von Ugarit wahrscheinlich um ein einmaliges Ereignis, obwohl das Errichten einer Stele im Bereich eines Tempels und die Beopferung zusammen mit Dagan bereits Elemente der postmortalen Kulte der Eisenzeit vorwegnahmen. 171 9.1.6.2

Königlicher Totenkult

Im Gegensatz zum Befund der Gräber präsentiert sich der königliche Totenkult in den hier behandelten nordsyrisch-südostanatolischen Königreichen, sowie auch in Pattina / Unqi, Kurkuma, Malida und Tabāla, soweit nachvollziehbar relativ homogen. Die gemeinsamen Merkmale bestehen in der Errichtung monumentaler Statuen – meist zusammen mit beschrifteten Orthostaten – vor allem auf öffentlichen Plätzen, aber auch in Toren und Tempeln, deren Beopferung in Form von Libationen, Brot, Schafen und Rindern je nach sozioökonomischer Position durch einen Großteil oder die gesamte männliche Bevölkerung sowie der Deifizierung oder zumindest der Annäherung der Herrscher und zum Teil auch deren Gemahlinnen an die göttliche Existenzebene. Es handelt sich um den derzeit am häufigsten und besten belegten Aspekt des postmortalen Umgangs mit den Toten, was zumindest zum Teil auch auf die Auswahl der jeweiligen Ausgrabungsareale sowie auf die Monumentalität der Denkmäler zurückgeführt werden kann, die selbst nach systematischer Zerstörung, wie bspw. in Tell Ḥalaf und Karkamiš, wieder zusammengesetzt werden konnten. Dennoch kann der königliche Totenkult als eine der, wenn nicht die prägnanteste Erscheinungsform des Umgangs mit den Toten in der nordsyrisch-südostanatolischen Eisenzeit betrachtet werden, nicht zuletzt aufgrund des Ausmaßes seiner Inszenierung, in welche mutmaßlich ein Großteil der Bevölkerung involviert war. 172 Möglicherweise war er zudem – neben der Errichtung von Grabstelen – die nachhaltigste Erscheinungsform: Da es nahe liegt, dass auch die Könige von Aram-Damaskus einen Totenkult für sich einrichten ließen, könnte der mindestens bis ins 1. Jh. v. Chr. nachgewiesene Kult für die vergöttlichten Könige Hazael und Ben-Hadad durch die Damaszener Stadtbevölkerung auf das 9. Jh. zurückgehen. 173

171 Niehr 2012, S. 155. 172 Vgl. Gilibert 2011, S. 120–121; dies. 2012; dies. 2013. 173 Younger 2016, S. 631–632.

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556 9.1.7

Zusammenfassung

Sekundäre Begräbnisrituale

Bis auf das Grab C-151 aus Tell Faḫarīya können im eisenzeitlichen Nordsyrien und Südostanatolien keine sekundären Begräbnishandlungen an Gräbern festgestellt werden, was auf die häufig praktizierte Beisetzung der Urnen in meist einfachen Erdgräbern zurückgeführt werden kann. Dies ist insofern auffällig, als dass die Verstorbenen in den Gräbern dieses Ortes und dem benachbarten Tell Ḥalaf vermutlich noch eine Zeitspanne nach dem Begräbnis beopfert wurden, während andere Orte keine Anzeichen für eine regelmäßige Beopferung am Grab aufweisen. Demnach liegt der Verdacht nahe, dass spätestens mit der Umdeponierung der Knochen zu einem fortgeschrittenen Zeitpunkt des Verwesungsprozesses die Beopferung dieser beiden Toten zum Ende kam. Betreffend der Urnengräber Nordwestsyriens ist darauf hinzuweisen, dass sogar im Gräberfeld von Tell an-Naṣrīya, in welchem die Urnen zum Teil vermutlich sichtbar und somit stets zugänglich blieben, die Gräber anscheinend nicht nachträglich manipuliert wurden.

9.2

Interpretation

9.2.1

Religionssomatologische Interpretation

Die Existenz eines Bestandteils des Menschen, welcher den physischen Tod überdauerte, ist sowohl in den luwischen als auch in den aramäischen bzw. sam’alischen Vorstellungen der ersten Hälfte des 1. Jt. überliefert und wurde als atri- bzw. npš / nbš bezeichnet. Während für ersteren Begriff die Existenz in Statuen gesichert ist und die Existenz in Stelen im Rahmen des Möglichen scheint, aber nicht sicher belegt ist, konnte npš / nbš Stelen gewiss und sehr wahrscheinlich auch Statuen innewohnen. Beiden Entitäten ist es möglich, sich zugleich – zumindest kurzzeitig – in der göttlichen Sphäre aufzuhalten. Die Gleichzeitigkeit konnte durch die Aufstellung von Statuen und Stelen der Verstorbenen in oder neben Heiligtümern bzw. Götterstatuen ausgedrückt werden. 174 Um in die Präsenz der Gottheiten zu gelangen, scheint luwischerseits eine postmortale Reise auf einer Straße vonnöten gewesen zu sein (KARKAMIŠ A. 2+3, § 22), deren Motiv auch aus hethitischen Texten bekannt ist. Darüber hinaus benötigten beide sowohl eine Versorgung durch feste und flüssige Nahrungsmittel am Totenbett (KULULU 2, § 3) bzw. vermutlich unmittelbar nach dem Tod (KAI 215, Z. 17–18) 175 sowie in regelmäßigen Abständen nach dem Abschluss der 174 Im Falle des Atrisuha (KARKAMIŠ A. 4d) wurde dies allerdings bspw. nur inschriftlich vermerkt und ikonographisch durch die göttlichen Attribute ausgedrückt. 175 Der Abschnitt ist zwar nach Tropper 1993, S. 125 rekonstruiert, aber äußerst plausibel. Auch wenn letztlich unklar bleibt, welche Rolle nbš in KAI 215, Z. 17–18 genau spielte, kann die Anwesenheit des Totengeistes während der Handlungen im direkten Anschluss an den Tod noch vor der Bestattung als gesichert gelten.

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Interpretation

557

Bestattungsrituale. 176 Unklar ist, ob die aramäisch-sam’alische Auffassung von nbš / npš analog zu atri- (KULULU 4, § 4) eine Existenz bereits vor der Geburt vorsah oder – wie in anderen westsemitischen Texten – nicht. 177 Solange ersteres nicht erwiesen ist, kann nbš / npš im Kontext des Todes am besten mit „Totengeist“ wiedergegeben werden, während atri- aufgrund der pränatalen Existenz eher dem heutigen Begriff „Seele“ entspricht. Die gesonderte Behandlung der Neugeborenen aus Ḥamā, Körperbestattung anstelle von Kremation sowie eine vermutliche Beisetzung außerhalb der ergrabenen Nekropolen oder überhaupt nicht, 178 entspricht oberflächlich betrachtet nicht der – in Tabāla belegten – Konzeption der Einsetzung der Seele zur Geburt eines Individuums, welche eine Differenzierung anhand des Alters nicht erwarten ließe. Dagegen würde die einheitliche Verbrennung von Individuen jeglicher Altersstufe in Tell Šiyuḫ Fawqānī mit einer solchen Vorstellung wohl harmonieren. Ebensowenig in diesem Sinne lassen sich die unterschiedlichen Verbrennungsgrade der sterblichen Überreste sowie die Existenz von einigen wenigen Körperbestattungen von erwachsenen Individuen in Orten mit Kremationsnekropolen deuten. Hierbei scheint es sich vielmehr um technologische bzw. chronologische Aspekte gehandelt zu haben. Uneinheitlich präsentiert sich der nordsyrisch-südostanatolische Befund hinsichtlich einer nachträglichen Beopferung am Grab, eines möglichen Aufenthaltsortes des Totengeistes im / über demselben bzw. der Bedeutung der Ungestörtheit des Grabes und der Stelen. Während erstere in Tell Ḥalaf und Tell Faḫarīya sowohl mit als auch ohne Sitzstatuen darüber wohl zu belegen ist, konnten in keinem der Gräber Nordwestsyriens entsprechende Spuren festgestellt werden. Die Funde aus Karkamiš deuten darauf hin, dass während der Bestattungshandlungen Opfer stattfanden. Dass diese auch danach stattfanden, geht aus den archäologischen und epigraphischen Quellen vor Ort nicht hervor. Falls die Stelen jedoch wie im Falle KTMWs dauerhafte Aufenthaltsorte der Totengeister gewesen sein sollten, wäre eine kontinuierliche Beopferung zu erwarten. Hier wäre dann die Frage zu stellen, ob es wie in Tell Ḥalaf oder Tell Mišrīfa Ahnenkultstätten gab, wo die Verstorbenen in einem anderen Medium wie etwa Statuen beopfert werden konnten oder ob die Stelen diese Rolle erfüllten. 179 Andere Gräberfelder weisen – bis auf den Stein mit den zahlreichen Napflöchern aus Tell an-Naṣrīya – überhaupt keine Anzeichen für eine Form der Beopferung nach der Grabschließung auf. Könnte diese „Vernachlässigung“ auf unterschiedliche Vorstellungen bezüglich des Aufenthaltsortes des Totengeistes hinweisen? Für die Gräber Ḥamās von ca. 1150 bis ca. 800 ist dies unwahrscheinlich, da Waffen rituell unbrauchbar gemacht wurden und die Gräber mit einer möglicherweise apotropäischen 176 Siehe dazu auch Lange 2015, S. 105 contra Sanders 2013, S. 44. 177 Vgl. Sanders 2013, S. 44, welcher an dieser Stelle sam’alisch mit westsemitisch gleichsetzt, obwohl die belegbaren Differenzen dieses Begriffs zum Gebrauch in anderen westsemitischen Sprachen Vorsicht geböten. 178 Auch in Rās al-Bassīṭ konnten keine Neugeborenen identifiziert werden. Le Goff 1993, S. 126– 128. 179 Könnte hierbei das Vorhandensein von Bildern auf den Stelen eine Rolle gespielt haben, von denen es in ganz Karkamiš nur vier gab? Oder anders formuliert: Machten Stelen mit Bildern andere Medien wie Statuen obsolet, während Inschriftenstelen koexistierten?

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558

Zusammenfassung

Zwecken dienenden Kalkschicht bedeckt wurden, was auf die Wirkmächtigkeit der Totengeister und ihre Lokalisierung im Grab hindeuten könnte. Fest steht jedoch, dass in Zincirli der Totengeist KTMWs in einer Stele unabhängig vom Grab existierte, während die İncirli-Inschrift als Indiz für die Existenz von Totengeistern in Stelen über Gräbern gewertet werden kann. In die gleiche Richtung deutet die Inschrift Panamuwas I. (KAI 214), in welcher der Totengeist als der Statue in der Nähe des Grabes innewohnend beschrieben wird und demnach an die Gräber aus Tell Ḥalaf erinnert. Ebenso zweideutig ist der Befund der Steleninschriften aus Nayrab, wo zwar in beiden Fällen dem Erhalt des Grabes bzw. der Gebeine große Bedeutung zugemessen wurde, dem Erhalt der Stele aber nur teilweise. Dagegen beinhalten die luwischen Steleninschriften häufig Flüche gegen die Zerstörung der Stele, aber niemals gegen die Störung der Gräber, über denen sie mutmaßlich errichtet wurden. 180 Der einzige Fluch, der sich explizit gegen den Abbruch des Ahnenkultes richtet, aber Grab und Statue unerwähnt lässt, ist der Panamuwas I. 181 Ebenfalls nur teilweise ausgeprägt ist die Ostausrichtung mancher Gräber, Grabbauten, Statuen und Stelen. Dieses Phänomen lässt sich vor allem in Tell Ḥalaf, Tell Faḫarīya und in Zincirli, nicht aber in Karkamiš beobachten und mit der Bedeutung des Sonnengottes für die Toten assoziieren, was u.a. durch die Beopferung von Šamaš im Rahmen eines Bestattungsrituals laut der KTMW-Inschrift sowie die zahlreichen Darstellungen von Flügelsonnen auf (Grab-) Stelen sowie auf dem Orthostaten A 3, 171 aus Tell Ḥalaf bestätigt wird. 182 Was die soziologische Komponente der Jenseitskonzeptionen anbetrifft, so kann zumindest temporär, aller Wahrscheinlichkeit nach aber kontinuierlich, der Aufenthalt von verstorbenen Mitgliedern der herrschenden Dynastien in der Präsenz von Gottheiten postuliert werden. Mehr oder weniger direkten Ausdruck findet diese Konzeption in Inschriften aus Karkamiš (KARKAMIŠ A. 2+3, A. 4d) bzw. der Atrisuhastatue, dem Bildnis Taitas I. im Wettergotttempel von Aleppo sowie den Monumentalstatuen von Tell Ḥalaf, bei denen es sich zumindest im Fall der Statue Kaparas um einen divinisierten Herrscher handelt. Deutlicher formuliert findet sich diese Vorstellung in den Inschriften Ruwas, eines hohen Beamten Tuwatis von Tabāla aus der Mitte des 8. Jh. (KULULU 1 und 4), von der angenommen werden darf, dass sie sich auch auf Könige erstreckte. Diese Konzeption wurde vermutlich von den hethitischen Großkönigen übernommen, da sowohl mesopotamische als auch ugaritische Vorstellungen verstorbene Könige trotz ihres vergöttlichten Status in der Unterwelt verorteten. 183 In Karkamiš, Aleppo und Zincirli, 180 Vgl. dazu den Fluch von MARAŞ 14, der sich gegen das Entfernen der Statue aus dem Stadtviertel wendet, in welchem die Statue errichtet wurde, die die Totenopfer für Astiwasu empfangen sollte. 181 KAI 214, Z. 20–23. Siehe Abschnitt 6.2.2.1. 182 Siehe Abschnitte 3.5.1., 6.7.1. 183 Für Ugarit vgl. KTU 1.161, für Mesopotamien das Schicksal von Gilgameš als König der Unterwelt. Als mögliches Gegenbeispiel für Ugarit könnte die Stele des sog. Baal au foudre darstellen, wenn die Deutung der kleineren Figur als König nach Bonatz 2000a, S. 134–135 akzeptiert wird, der sich offenbar in der Präsenz des Wettergottes befindet. Als Erklärung hierfür könnte auf die Bedeutung der rāpi’ūma im Neujahrsfest zurückgegriffen werden, wonach diese zusammen mit Ba‘al zyklisch wiederbelebt werden müssen. Vgl. Tropper 1989, S. 139; S. Lange 2012, S. 172.

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Interpretation

559

sowie aufgrund der Größe der Statuen vermutlich auch in Tell Ḥalaf, wurden Angehörige der herrschenden Dynastie sowohl durch die Elite als auch die einfache Bevölkerung kultisch verehrt, was ebenfalls als Indiz für einen gottähnlichen Status gelten kann. Schließlich fand die Beopferung von toten Königen überwiegend zusammen mit der von Gottheiten statt, was ebenfalls als Indiz für deren Beisein im Jenseits gewertet werden kann. Dass die nordsyrisch-südostanatolischen Elite ebenfalls an einem positiven Jenseits bzw. einer Existenz im Beisein von Gottheiten partizipieren konnte, geht aus den erwähnten Stelen Ruwas (KULULU 1 und 4) hervor, wobei letztlich nicht gesichert ist, ob dies auch für die hier behandelten Königreiche zutraf. Angesichts der Parallelen zwischen den regelmäßigen Totenopfern für Panamuwa I. und KTMW, generell der zahlreichen Belege für entsprechende Rituale innerhalb der Oberschicht sowie der „Miniaturisierung“ von Königsstatuen oder -stelen in kleinformatige und / oder gröber ausgeführte Ebenbilder (Statuen mit den Inschriften MARAŞ 14 und 3, Statue Panamuwas II. und Statuette aus dem Raum K 2, Stele aus Fevzipaşa) kann jedoch davon ausgegangen werden, dass nicht allein die Elite Tabālas einem positiven Jenseitsschicksal entgegenblickte. Möglicherweise kann die Ausweitung des positiven Jenseits auf die Elite, falls dieses nicht bereits in hethitischer Zeit erwartet wurde, 184 auf die politische Zersplitterung nach dem Ende des hethitischen Reiches, in welchem allein der Großkönig und seine Familie einen Anspruch darauf erhoben, zurückgeführt werden. Denn wahrscheinlich nahmen alle nordsyrischsüdostanatolischen Dynastien dieses Privileg für sich in Anspruch, wie bspw. Taita I., die Könige von Malida oder vermutlich auch die mit ihnen verwandten Großkönige aus Karkamiš, so dass es zu einer „Vervielfältigung“ dieses ehemals exklusiven Privilegs kam, in deren Verlauf vermutlich auch die städtischen Eliten zu deren Nutznießern wurden. Schwierig zu bestimmen ist dagegen das Schicksal der einfachen Bevölkerung. Folgende Beobachtungen könnten dabei eine Rolle spielen: Die generelle Uniformität der Gräber, die zumindest eine grundsätzliche Übereinstimmung zwischen Bestattungshandlungen der Elite und der Mehrheit der Bevölkerung nahelegen, insbesondere ersichtlich am „Goldgrab“ und den Gräbern aus Yunus, sowie die Stelen mit Ritzzeichnungen aus Karkamiš und Tell Aḥmar, die nicht der Elite zuzuordnen sind, sondern als der Imitation von Stelen der Elite betrachtet werden können, ähnlich wie die Sitzstatuetten aus Tell Ḥalaf an ihre monumentalen Pendants erinnern. Falls diese zwei Elemente sowie eine mutmaßliche regelmäßige Beopferung der Toten – abseits des Grabes – für ein positives Jenseitsschicksal ausreichend gewesen wären, könnten auch unter der einfachen Bevölkerung entsprechende Vorstellungen verbreitet gewesen sein. Ein negatives Jenseitsschicksal konnte sich im Entzug der Vermittlung der Totenopfer durch die dafür zuständigen Gottheiten äußern und ist in Bīt Baḫiāni sowie in Karkamiš belegt (KAI 309, Z. 16–18, KARKAMIŠ A. 11a), während eine Verweigerung des Eingangs in die göttliche Sphäre allein in Karkamiš dokumentiert ist (KARKAMIŠ A. 2+3).

184 Vgl. Haas 2000, S. 52–53; Archi 2008, S. 189–190.

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560

Zusammenfassung

In allen drei Fällen sind die Betroffenen Opfer eines Fluches zum Schutze von Objekten im Tempel bzw. im King’s Gate von Karkamiš.

9.2.2

Religionssoziologische Interpretation

Gemeinsames Merkmal aller nordsyrisch-südostanatolischen Gräber und Gräberfelder ist die weitgehende Absenz von Neugeborenen und Säuglingen. In Ausnahmefällen konnten sie zwar auf den regulären Gräberfeldern beigesetzt werden, 185 aber ihre verhältnismäßig geringe Anzahl lässt darauf schließen, dass sie in der Regel entweder an anderer Stelle, gar nicht bestattet wurden oder sich nicht erhalten haben. Außerdem wurden sie in Ḥamā meistens unverbrannt beigesetzt, d.h. qualitativ von den anderen Toten unterschieden. 186 Da eine solche Sonderbehandlung im Konflikt mit den dokumentierten religionssomatologischen Vorstellungen steht, könnten hierfür eventuell soziologische Aspekte, d.h. eine noch bevorstehende Integration in die menschliche Gemeinschaft, bspw. durch Namensgebung, ersten Haarschnitt o.ä., ausschlaggebend gewesen sein. Diese altersbedingte Ausgrenzung wurde in Ḥamat im Laufe der Zeit wohl auch auf Kinder ausgedehnt, aber deutlich weniger streng angewandt, was zu einem Rückgang von 53 % auf 23 % der Bestattungen führte. 187 Eventuell ist daher mit separaten Gräberfeldern für Kinder wie in Rās al-Bassīṭ zu rechnen. 188 Auch anhand der Grabinventare lassen sich einige soziologische Differenzierungen erkennen, die aber im Gegensatz zur Altersdifferenzierung sporadischer bzw. inkonsequenter auftreten. Diese äußerten sich in der Beigabe von Waffen (Männer), Astragali (Frauen und Kinder), Spinnwirtel (Frauen und Mädchen) und Reiterfigurinen (Kinder). 189 Bis auf diese Ausnahmen konnten sowohl Frauen als auch Männer, Kinder wie Erwachsene mit denselben Objektkategorien ausgestattet und sowohl mit einer Vielzahl als auch gänzlich ohne Grabbeigaben bestattet werden. Die Inkonsequenz der Beigabenpraxis lässt sich eventuell teilweise mit einer unterschiedlichen Vorgehensweise beim Aufsammeln der verbrannten Objekte vom Scheiterhaufen erklären, da die Analysen von Grabinventaren aus Tell Šiyuḫ Fawqānī und Tell an-Naṣrīya gezeigt haben, dass manche Objekte nur verbrannt, aber nicht in die Urne gelegt wurden. 190 Somit kann wohl damit gerechnet werden, dass bis auf wenige Ausnahmen wohl die gesamte erwachsene Stadtbevölkerung in den extramuralen Kremationsnekropolen Nordwestsyriens bestattet wurde. Eine Ausnahme in dieser Hinsicht stellt wohl das kleine intramurale Gräberfeld von Tell Mišrīfa dar, wo dementsprechend zu vermuten ist, dass eine extramurale Nekropole existiert haben könnte. 185 186 187 188 189 190

Siehe Abschnitte 4.1.5.3.3, 5.2.3.3, 8.1.3.2.3. Siehe Abschnitt 8.1.3.2.2. Siehe Abschnitt 8.1.3.2.3, Tab. 14. Courbin 1993, 13. Siehe Abschnitte 4.1.5.3.5, 5.2.3.5, 8.1.3.2.6, 8.2.2.6. Siehe Abschnitte 5.2.3.6, 8.2.2.5.

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Interpretation

561

Die intramuralen Gräber in Karkamiš und Tell Ḥalaf sind zumindest zum überwiegenden Teil der Elite zuzurechnen. 191 Allerdings existieren auch Indizien für extramural gelegene Elitegräber, wie manche Stelen aus den Gräberfeldern um Karkamiš, 192 die in der Früheisenzeit zu beobachtende, reichhaltige Ausstattung der Gräber von Ḥamā mit goldenen Gegenständen und anderen Prestigeobjekten wie Zeptern oder die mit zahlreichen Eisenobjekten versehenen spätbronzezeitlichen Gräber aus Tell Šiyuḫ Fawqānī. Abzuwarten bleibt die Beantwortung der Frage, ob Tell an-Naṣrīya während der Nutzung des Gräberfeldes besiedelt war oder nicht. Falls ja, könnte es sich auch hier um die Gräber der städtischen Elite gehandelt haben. Ein Charakteristikum dieser kleinen Gruppe ist, dass sie trotz ihrer intramuralen Lage nicht als Hausgräber konzipiert waren, sondern zumindest zum Teil separate Bauten für sie errichtet wurden. Da diese Bauten in prominenter Lage, aber sehr klein angelegt waren, dürften sie nach der Bestattung dem Ahnenkult eines eingeschränkten Personenkreises, wahrscheinlich des ältesten Sohnes, gedient haben. Der Unterschied zur Hausbestattung ist demnach – oberflächlich betrachtet – in der Visualisierung des prominenten Begräbnisplatzes zu suchen. Dasselbe Motiv könnte auch bei der Anlage der Gräber von Tell an-Naṣrīya eine Rolle gespielt haben. Ein weiterer Aspekt der Abkehr vom Hausgrab könnte eine sich verändernde Rolle der Familie bei der Bestattung gewesen sein, die sich in der häufigen Absenz von Genealogien oder dem Verweis auf die Nachkommen in (Grab-) Steleninschriften zugunsten von Titeln, Beruf oder sozialer Stellung einer Person widerspiegelt. Deutlicher tritt die Bedeutung anderer sozialer Verbände in den Inschriften von KTMW sowie Tasa und Sarpuwani hervor, wobei im Falle KTMWs nicht explizit erwähnt wird, ob der Besitzer der „ewigen Kammer“ auch für das Bestattungsritual und / oder das Einweihungsfest verantwortlich gewesen ist oder nicht. Jedoch sind die Stelen, in denen die traditionelle Rolle der Familie während des Bestattungsrituals explizit oder implizit thematisiert wird, weiterhin in der Überzahl, wie bspw. die der Kupapiya oder des Ši’gabbar. Deshalb sind auch andere Aspekte bei der Abkehr vom Hausgrab, wie eine integrative Strategie zur Verschleierung sozialer Hierarchien durch eine Bestattung in einem Gräberfeld der gesamten Stadtbevölkerung mit nur wenigen Ausnahmen denkbar, auch wenn sie momentan nicht mit Textzeugnissen untermauert werden können. Zumindest im Totenkult der nordsyrisch-südostanatolischen Herrscher kam eine vergleichbare Strategie zum Tragen. Dieser ging über ein Vehikel zur Rückversicherung ihrer Macht und Legitimation durch die Bevölkerung hinaus, indem er vermutlich jeden 191 Bonatz 2000a, S. 156. Das von D. Bonatz an dieser Stelle zitierte Beispiel Nayrab kann dagegen nicht geltend gemacht werden, da nicht sicher ist, ob die Stelen in situ gefunden worden sind und wo. Aus der Zeit der späteren Nekropole, ab ca. 550, liegen keine Siedlungsspuren mehr vor. Nunn 2001, S. 393. Mit dem Topfgrab 15 von der Akropolis von Karkamiš liegt ein Beispiel für ein intramurales Grab vor, dessen Inventar nicht dem der anderen Elitegräber entspricht. Die neuassyrischen Wannengräber sind hiermit jedoch ebensowenig angesprochen wie die früheisenzeitlichen Lehmziegelkistengräber des Tell Ḥalaf. 192 So etwa die Stele mit der Inschrift KARKAMIŠ A. 18h aus dem West Gate Cemetery, in dem der Titel „sun-blessed person“ erwähnt wird sowie die Stele oder der Orthostat mit der Inschrift KARKAMIŠ A. 15c und der etwa lebensgroßen Darstellung einer Person aus Yunus.

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562

Zusammenfassung

männlichen Einwohner in einer gegenseitigen und direkten Beziehung zu den verstorbenen Herrschern verortete und somit implizit mit dem jeweiligen Throninhaber verband bzw. ein verbindendes Element zu diesem schuf, so dass sich bspw. Kulamuwa nicht nur als „Vater“ und „Mutter“ der Bevölkerung bezeichnen konnte, da er bereits tot war und von dieser verehrt wurde, sondern auch als „Bruder“ (KAI 24, Z. 11), da er sicherlich wie in Karkamiš auch zusammen mit der Stadtbevölkerung seinen Vater oder seine Vorfahren beopfert hatte. Eventuell könnte die Platzierung einer Statue mit königlichen Attributen im „Kultraum“ von Tell Ḥalaf, bei dem es sich vermutlich in erster Linie um die Ahnenkultstätte einer Großfamilie oder eines Clans handelte, um einen weiteren Ausdruck dieser Konzeption gehandelt haben. 193

9.2.3

Religionsökonomische Interpretation

Den Kremationsgräberfeldern Nordsyriens und Südostanatoliens ist bisweilen eine Grabbeigabenarmut sowie daran anschließend eine Zugehörigkeit zu den unteren Schichten der Bevölkerung unterstellt worden. 194 Abgesehen von der generellen Problematik einer solchen Gleichsetzung, 195 sollte gerade im Hinblick auf Kremationsbestattungen vorsichtiger mit solchen Kategorisierungen umgegangen werden. Denn neben der offensichtlich möglichen Zerstörung von Objekten während der Verbrennung ist ein Transfer dieser Gegenstände in die Urne nicht als selbstverständlich hinzunehmen. Dass eine selektive Strategie des Aufsammelns tatsächlich existierte, zeigen die Analysen aus Tell Šiyuḫ Fawqānī und Tell an-Naṣrīya, bei denen Metall- und Tierknochenreste nachgewiesen werden konnten. Nicht zuletzt deshalb können andere Thesen herangezogen werden, um die quantitativen und qualitativen Veränderungen in den Gräberfeldern von Ḥamā der Perioden I bis III im Vergleich zum Gräberfeld der Periode IV zu erklären, als die einer Interpretation als Gräber der Unterschicht nach P. J. Riis im Zuge sozioökonomischer Differenzierung, welche aufgrund mehrerer Indizien, u.a. der gestiegenen Elfenbeinbeigaben, als eher unwahrscheinlich zu erachten ist. Neben veränderten Selektionsprozessen beim Aufsammeln der Scheiterhaufenreste kommen ökonomischer Druck infolge der assyrischen Waffenhilfe sowie zyklische Veränderungen in der Beigabenpräferenz mittels Verzicht zum Zwecke der Abgrenzung infrage. Ein deutliches Indiz für die Vernachlässigung von Beigaben zugunsten einer aufwändigen Grababdeckung in Karkamiš und Tell Šiyuḫ Fawqānī stellt die überproportional hohe Verteilung von beigabenlosen Gräbern unter den Gräbern mit Wannen und Bassins als Abdeckungen dar, welche speziell für Gräber angefertigt wurden und für den Transport mehrere Personen benötigten. Somit

193 Die Alternative wäre tatsächliche familiäre Bande zwischen dieser und der königlichen Familie. 194 Riis 1948, S. 37, 203; Bonatz 2000a, S. 156; Struble und Herrmann 2009, S. 40–41. 195 Treffend und kritisch zugespitzt in der Formulierung A. Tenus „tombe pauvre = tombe de pauvres“. Tenu 2013b, S. 38.

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Interpretation

563

kann Anzahl und vermeintlicher Wert der Grabbeigaben höchstens teilweise die ökonomischen Investitionen repräsentieren, die tatsächlich vonnöten waren. Auf der Ebene der postmortalen Rituale kristallisieren sich insgesamt vier verschiedene Arten und Weisen heraus, mithilfe derer die kontinuierliche Beopferung einer Person sichergestellt werden konnte. Die erste und naheliegendste Möglichkeit stellt der Ahnenkult dar, wie er wahrscheinlich an einigen Gräbern und im „Kultraum“ von Tell Ḥalaf sowie vermutlich auch in Tell Faḫarīya praktiziert wurde. 196 Auch auf königlicher Ebene wurde dieser praktiziert, wobei hier der nachdrücklichste Beleg aus einer Inschrift aus Sam’al stammt (KAI 214) und weitere Indizien ebenfalls nur aus Texten zu gewinnen sind. Der Charakter der Austauschprozesse beruht in beiden Fällen wohl auf dem Prinzip der Reziprozität, do ut des. In dieser Hinsicht schwer bestimmbar sind zweitens die umfangreichen Totenkultopfer verschiedener Bevölkerungsschichten für verstorbene Könige, deren Existenz zumindest für Karkamiš verbürgt und für alle weiteren nordsyrisch-südostanatolischen Reiche aufgrund der Funde vergleichbarer Statuen wahrscheinlich ist. Aus den Inschriften selbst lassen sich keine Anhaltspunkte für einen Nutzen der Opfer darbringenden Personen erschließen, während dies für den jeweils aktiven Herrscher eine win-win-Situation darstellte: Sein Vorgänger wurde in einer groß angelegten Zeremonie beopfert und der Zusammenhalt der Stadt oder des Reiches durch die gemeinsam durchgeführten Rituale gefestigt. Vermutlich dürfte deshalb den Teilnehmern der Rituale ebenfalls gewisse Vorzüge in Aussicht gestellt worden sein, die ein vergöttlichter König vermitteln konnte. Eine Umkehrung dieses vermuteten Schemas kommt mit der Statue des Atrisuha ins Spiel: Den Ritualteilnehmern wird explizit mitgeteilt, dass sie am Leben bleiben dürfen, falls sie ihm genug opfern. Ebenfalls hinsichtlich dieses Merkmals undeutlich bleibt drittens der Totenkult im Tempel. Er konnte sowohl von Königen wie Taita I., ehemaligen Regenten wie Yariri, aber vermutlich auch von vermögenden Privatpersonen wie Adūnī-abīya eingerichtet werden. Immerhin sind die für Taita I. darzubringenden Opfer bekannt, welche je nach sozialem Status variieren. Doch wer sind abgesehen vom Verstorbenen selbst die Nutznießer: Der Tempelbesucher und Opferspender, der damit einen Fürsprecher bei der jeweiligen Gottheit erhält? Oder der Tempel, der zusätzliche Einnahmen generiert? Schließlich könnten im Falle eines Königs auch die aktuellen Herrscher in irgendeiner Weise davon profitiert haben. Relativ deutlich scheint, dass die Voraussetzung zur Aufstellung einer Statue eine umfangreiche Gabe an den Tempel war, der für einen Neubau oder eine Renovierung ausreichte. Relativ klar treten dagegen viertens die ökonomischen Verhältnisse im Falle des KTMW von Sam’al zutage. Zu seinen Lebzeiten stellte dieser die Errichtung der Stele sowie die Einrichtung eines Einweihungsrituals sicher, welches vermutlich erst nach seinem Tod durchgeführt wurde. Zudem stiftete er einen Weinberg, um für die jährlichen Opfer 196 Als sichere Belege für einen Ahnenkult im luwischen Kulturraum können sowohl die in der Statueninschrift MARAŞ 14 belegte Adoption des Eunuchen Astiwasu zum Zwecke der Durchführung eines Ahnenkultes über mehrere Generationen hinweg als auch die Stele aus İspekçür gelten.

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564

Zusammenfassung

aufzukommen. Auf den jeweiligen Besitzer der „ewigen Kammer“, entweder sein Sohn oder ein anderer Mann, kamen keine zusätzlichen Kosten zu; er musste lediglich für die Durchführung des jährlichen Rituals Sorge tragen. Die finanzielle Last lag demnach allein bei KTMW, der „Gewinn“, ein sorgenfreies Jenseits, aber möglicherweise auch. Allerdings dürfte zumindest im Falle der Übergabe der „ewigen Kammer“ an jemanden außerhalb der Familie ein zusätzlicher finanzieller Anreiz bestanden haben, entweder im Besitz des Gebäudes selbst oder im Ertrag des Weinbergs, der vielleicht mehr Früchte trug, als für den Erwerb eines Schafes nötig gewesen wären. Angesichts der umfassenden Vorsorge von KTMW wäre ihm ein solches Risiko wohl sonst zu groß erschienen. Zwar gibt es bis heute keine Hinweise darauf, dass die nordsyrisch-südostanatolischen Könige ihren postmortalen Kult ebenfalls mittels Stiftungen sicherzustellen versuchten, aber angesichts der Belege aus hethitischer Zeit sowie dem hellenistischen Kommagene, wo jeweils ganze Dörfer für den Unterhalt verschiedener Totenkultinstitutionen aufkamen, wäre es erstaunlich, wenn diese Praxis nicht auch in der Eisenzeit teilweise üblich gewesen wäre, zumal es mit der Inschrift des KTMW zumindest im nicht-königlichen Milieu belegt ist. Auch die Errichtung von Statuen Verstorbener in Tempeln überdauerte die syro-hethitische Epoche und ist in hellenistischer Zeit, insbesondere in Manbiǧ / Hierapolis im ehemaligen Gebiet von Bīt ‘Adini sowie in Hatra belegt. 197

197 Voos 1986, S. 170 (Lukian von Samosata: De Syria Dea); Dirven 2008, S. 221, 231. Zur Glaubwürdigkeit der in De Syria Dea beschriebenen Zustände, vgl. ders. 1997.

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Abbildungsverzeichnis 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29.

Nordsyrisch-südostanatolische Königreiche um 900 (Birgül Öğüt). Grabungen auf dem Tell Ḥalaf (Novák und Schmid 2019, S. 216, Abb. 2). Bīt Baḫiāni und Umgebung (Birgül Öğüt). Westpalast, Skorpionentor und Grabbauten (Pucci 2008, Taf. 16). Südlicher Grabbau (Oppenheim 1930b, S. 78). Goldschmuck aus dem südlichen Grabbau (Oppenheim 1933, Bunttaf. III). „Bronzebecher“ aus dem südlichen Grabbau (Hrouda 1962, Taf. 49, Nr. 11). Nordbau (Langenegger et al. 1950, S. 107, Abb. 52). Baugruppen 1 bis 3 vor dem südlichen Tor der Zitadelle sowie beide Gräber unter dem Lehmziegelmassiv (Ausschnitt aus Langenegger et al. 1950, Plan 6). Sitzbild A, 1 aus dem südlichen Grab unter dem Lehmziegelmassiv (Moortgat 1955, Taf. 1). Südliches Grab unter dem Lehmziegelmassiv im Querschnitt (Langenegger et al. 1950, S. 160, Abb. 80). Grabinventar des südlichen Grabes unter dem Lehmziegelmassiv in situ (Oppenheim 1930a, S. 53, M 205). Sitzbild A, 2 des nördlichen Grabes unter dem Lehmziegelmassiv (Moortgat 1955, Taf. 6). Nördliches Grab unter dem Lehmziegelmassiv im Querschnitt (Langenegger et al. 1950, S. 161, Abb. 81). Drei von ursprünglich vier „Bronzebechern“ des nördlichen Grabes unter dem Lehmziegelmassiv (Oppenheim 1930a, S. 61, Abb. M 218). Statue Bc, 4, gefunden vor dem Westpalast, nicht in situ (Moortgat 1955, Taf. 130b). Statue Bc, 6, gefunden vor dem Westpalast, nicht in situ (Moortgat 1955, Taf. 133a). Rekonstruktionsvorschlag der Fassade des Westpalastes nach Felix Langenegger (Oppenheim 1930d, S. 25, B 153). Orthostat A 3, 171 des Westpalastes (Cholidis und Dubiel 2010a, S. 195, Nr. 50). „Kultraum“ in der südlichen Unterstadt (Langenegger et al. 1950, S. 358, Abb. 173). Doppelsitzbild C, 1 aus dem „Kultraum“ (Moortgat 1955, Taf. 146). Statue C, 2 aus dem „Kultraum“ (Moortgat 1955, Taf. 149a). Stele aus dem „Kultraum“ (Moortgat 1955, Taf. 151). Statuette einer Frau mit Henkelgefäß aus dem „Kultraum“ (Hrouda 1962, Taf. 4, Nr. 35). „Stelenheiligtum“ in Hazor, Blick nach Nordwesten (Yadin et al. 1958, Taf. XXIX, 1). „Orthostatentempel“ in Hazor, Blick nach Südosten (Yadin et al. 1961, Taf. CXXI, 2). Rückseite des Orthostaten A 3, 176 vom Westpalast: Zuvor eine anikonische Stele (Canby 1976, Taf. XIX, b). Statuentorso des Kammaki (Röllig 2003, Abb. auf S. 432) Grabungen auf dem Tell Faḫarīya (Pruß und Baghdo 2002, S. 312, Abb. 1).

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566 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64. 65.

Abbildungsverzeichnis

Gräber in Areal C (Bartl und Bonatz 2013, S. 292, Abb. 10). Karkamiš und Bīt ‘Adini (Birgül Öğüt). Grabungen in Karkamiš im frühen 20. Jh. (Hawkins 2002, S. 264, Abb. 1). Grabungen in Karkamiš bis 2015 (Bonomo und Zaina 2016, Taf. I). Innenstadt von Karkamiš in der Eisenzeit II (Marchetti 2019, 157, Abb. 4). ḫilāni-Bau bzw. Tempel B (Woolley und Barnett 1952, Taf. 38). Sitzbild B. 48, gefunden neben dem ḫilāni-Bau, nicht in situ (Bonatz 2000a, Taf. V, B 2). Tarḫunzatempel bzw. Tempel A, Long Wall of Sculpture und Great Staircase (Woolley und Barnett 1952, Taf. 29). Orthostatenreihe der Long Wall of Sculpture (B. 38, B. 39b, B. 40) sowie Fragment B. 39a (Hawkins 1972, Abb. 4a). Orthostat B. 40 mit Inschrift KARKAMIŠ A. 1b (Woolley und Barnett 1952, Taf. B. 40). Statuenfragment B. 63a (Woolley und Barnett 1952, Taf. B. 63a). Statuenfragmente B. 63b (Woolley und Barnett 1952, Taf. B. 63b). King’s Gate, Processional Entry, Royal Buttress und Herald’s Wall (Woolley und Barnett 1952, Taf. 43a). Statue B. 25 mit Inschrift KARKAMIŠ A. 4d (Woolley 1921, Taf. B. 25). Fragmente der Statue B. 54a und Basis B. 53a–b (Bonatz 2000a, Taf. II, A 7). Orthostat B. 19a (Woolley 1921, Taf. B. 19a) Südtor der Innenstadt (Woolley 1921, Taf. 12). Fragment der Statue B. 27a (Woolley 1921, Taf. B. 27a). Water-Gate (Woolley 1921, Taf. 16). Orthostat B. 30b (Woolley 1921, Taf. B. 30b). Nordwestzitadelle mit „Goldgrab“ (Woolley 1921, Taf. 8). Krater und Urnengefäß aus dem „Goldgrab“ (Woolley und Barnett 1952, Taf. 63a). Stele mit Inschrift KARKAMIŠ A. 18h vom West Gate Cemetery (Hawkins 2000, Taf. 63). Grab YB 47 aus dem Gräberfeld von Yunus (C. L. Woolley: bath burial type A, hier: mit Wanne bedeckt) (Woolley 1939, Taf. V, 1). Grab YB 19 aus dem Gräberfeld von Yunus (C. L. Woolley: bath burial type B, hier: mit Bassin bedeckt) (Woolley 1939, Taf. V, 2). Stele mit Inschrift KARKAMIŠ A. 15c aus dem Gräberfeld von Yunus (Hawkins 2000, Taf. 70). Bildstele aus dem Gräberfeld von Yunus (Bonatz 2000a, Taf. XI, C 18). Bildstele vom West Gate Cemetery (Bonatz 2000a, Taf. XVII, C 45). Opfertische aus Karkamiš und aus Yunus (Woolley 1921, S. 94, Abb. 27). Stele mit Inschrift EKİNVEREN bzw. TİLSEVET (Hawkins 2000, Taf. 62). Grabungen in Tell Aḥmar (Roobaert 1998, S. 102, Abb. 1). Rekonstruierte Statue aus Tell Aḥmar (Roobaert 1996, S. 80, Abb. 2a). Stele eines Herrschers aus Tell Aḥmar (Bonatz 2000a, Taf. VIII, C 2). Grabungen in Tell Šiyuḫ Fawqānī 1998 (Bachelot und Fales 2005, vor S. I). Gräber in Areal H im Jahr 2000 (Tenu et al. 2005, Abb. 2). Statue aus Ṣrīn (Bonatz 2000a, Taf. I, A 1).

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Abbildungsverzeichnis

66. 67. 68. 69. 70. 71. 72. 73. 74. 75. 76. 77. 78. 79. 80. 81. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88. 89. 90. 91. 92. 93. 94. 95. 96. 97. 98. 99. 100. 101. 102. 103. 104. 105. 106. 107.

567

Stele aus Maskana (Margueron und Teixidor 1983, S. 79). Sam’al und Bīt Agūsi (Birgül Öğüt). Grabungen in Zincirli (Herrmann 2017b, S. 286, Abb. 2). Zitadelle von Sam’al (Luschan und Jacoby 1911, S. 269, Abb. 175). Räume J 1 und J 2 sowie Torhaus Q (Ausschnitt aus Luschan und Jacoby 1911, Taf. IL). Statue mit Doppellöwenbasis (Bonatz 2000a, Taf. II, A 6). Orthostat mit Inschrift KAI 24 (Dubiel 2014, S. 167, Kat.-Nr. 301). Orthostatenreihe des äußeren Burgtores, östliche Seite (Wartke 2005, Vorsatz vorne). KTMW-Stele (Herrmann 2014a, S. 73, Abb. 1). Gebäude A/II und A/III (Herrmann 2014a, S. 76, Abb. 3). Stele aus Raum P 1 (Wartke in Blanchard 2019, S. 255). Stele aus der Nähe des Steinkistengrabes (Bonatz 2000a, Taf. XVII, C 46). Statuentorso Panamuwas II. (Wartke 2005, S. 69, Abb. 62). Statuettentorso aus Raum K 2 (Luschan und Andrae 1943, Taf. 12i). Gerçin (Wartke 2005, S. 68, Abb. 61). Hadadstatue aus Gerçin (Wartke 2005, S. 25, Abb. 24). Orthostat von Coba Höyük (Ussishkin 1966, S. 22, Abb. 6). Statue vom Löwentor aus Arslantepe (Bonatz 2000a, Taf. IV, A 13). Statuette mit Inschrift MARAŞ 3 (Hawkins 2000, Taf. 116). Stele von Ördekburnu (Lemaire und Sass 2013, S. 58, Abb. 1). Statue aus der Nähe von Yesemek (Duru 2004, Taf. 46, 1). Stelenfragment aus Gözlühöyük (Bonatz 2000a, Taf. XIII, C 28). Grabungen in Tell ar-Rif ‘at 1964 (Seton Williams 1967, Taf. V). Stele aus Tell ar-Rif ‘at (Bonatz 2000a, Taf. X, C 14). Orthostaten des Wettergottes und Taitas mit Inschrift ALEPPO 6 (Kohlmeyer 2012, Taf. 15, B). Stele des Ši’gabbar aus Nayrab (Bonatz 2000a, Taf. XV, C 35). Stele des Šīn-zēr-ibni aus Nayrab (Bonatz 2000a, Taf. IX, C 11). Stelenfragment aus Nayrab (Bonatz 2000a, Taf. XXII, C 67). Statuentorso des Adūnī-abīya aus Tell as-Safīra (Lipiński 2000, S. 209). Statue aus ‘Ayn at-Tall (Bonatz 2000a, Taf. VII, B 13). Ḥamat und Umgebung (Birgül Öğüt). Grabungen in Ḥamā (Riis 1948, S. 3, Abb. 1). Gräberfeld (Sūq) al-Ḫamīs (Riis 1948, Taf. 1). Gräberfeld (Sūq) aš-Šaǧara (Riis 1948, Taf. 7). Grabgefäß und Abdeckung von Grab G IV 62 (Riis 1948, S. 29, Abb. 17). Grabgefäß und Abdeckung von G VIII 114 (Riis 1948, S. 29, Abb. 14). Grabgefäß und Abdeckung von Grab G IV 305 (Riis 1948, S. 29, Abb. 16). Grabstelen in Ḥamā (Riis 1948, S. 31, Abb. 18). Grabungen in Tell an-Naṣrīya 2010 (Parayre 2011, Abb. 2). Gräberfeld von Tell an-Naṣrīya (Tenu 2012, S. 130, Abb. 1). Ausgrabungen in Tell Mišrīfa 2008 (Morandi Bonacossi 2011, S. 11, Abb. 1). Fragment einer Statue aus Bereich G von Tell Mišrīfa (Ploix de Rotrou 1932, Abb. 8).

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568 108. 109. 110.

Abbildungsverzeichnis

Gebäude am Fuß des Nordhangs des Tumulus „Coupole de Loth“ in Tell Mišrīfa (Al-Maqdissi 2014, S. 93, Abb. 2). Statue aus Taftanāz (Bonatz 2000a, Taf. III, A 9). Tell Masṭūma in Stratum I-1 (Wada 2009, S. 304, Abb. 5.1).

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Register

Ortsnamen Acemhöyük 122 Adana 335 Aigeai 525 Aḵzīv 198, 262, 487, 501, 553 Aksakal 523–524 Alaca Höyük 235–236 Alalaḫ 84, 93, 113, 130, 210, 235, 291, 361, 390, 420, 460, 547 al-Brayǧ ar-Rīḥ 414, 523 Aleppo, siehe auch Ḫalab 5, 70, 77, 119, 129, 137, 155, 214, 233, 240–242, 249, 273, 362, 364, 385, 401, 403, 406–407, 411–421, 427, 432, 434, 438, 443–444, 453, 491–492, 496, 528, 533–535, 543–544, 551, 558 al-Ḫamīs 199, 445, 454, 456–475, 501–502, 507 Alişar Höyük, siehe auch Amkuwa 549 al-Mīna 550 Altıntepe 211 Altınyayla 215 Amanus 283, 293, 349 Amathus 500, 502 Amkuwa, siehe auch Alişar Höyük 549 ‘Amūq 200, 291 ‘Arab Būnār 274 Arab Pınar 274 Aram 4–5, 372–373, 407, 555 Arnē, siehe auch Tell ‘Arāna 403, 407 Arpad, siehe auch Tell ar-Rif‘at / Bīt Agūsi 286, 373, 387, 403–444, 448, 450 Arsameia am Euphrat, siehe auch Gerger Kalesi 520 Arsameia am Nymphaios, siehe auch Eski Kale 520

Arslān Ṭāš, siehe auch Ḫadattu 212, 249, 273–275, 278–279, 510 Arslantepe, siehe auch Malida 72, 80, 163, 165–167, 214, 235, 299, 336, 343–344, 366– 368, 382, 384, 394, 436, 455, 497, 534–536, 542–544 Arsuz 488, 533 aš-Šaǧara 445, 457–475, 501–502, 504, 507– 508 Aššukanni, siehe auch Tell Faḫarīya / Sikāni / Waššukanni 29, 33, 97 Aššur 36, 38, 41–42, 59, 83–84, 95, 112, 246, 251–252, 341–343, 346, 374, 431, 465, 524, 530 ‘Aṯlīṯ 487, 501 at-Tall, siehe auch Betsaida 441 at-Tarib, siehe auch Darib 390 Ayios Iakovos 473 ‘Ayn al-‘Arab 274 ‘Ayn Dārā 365 ‘Ayn at-Tall 21, 92, 275, 383, 438–439, 441– 442, 534–535 Ayvalık 522, 525 Babylonien 289 Balīḫ 31 Belkız, siehe auch Seleukeia 139 Binaš 390, 393 Birecik 221 Bīt ‘Adini 124, 126, 219–220, 223–224, 245– 281, 564 Bīt Agūsi 4, 5, 224, 284, 286, 373, 403–444, 448, 554 Bīt Baḫiāni 4, 27–118, 141, 224, 559 Bīt Dakkūri 342 Bīt Gabbāri 287

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Register

Boğazkale / Boğazköy siehe Ḫattuša Bozhöyük 29, 106, 536 Būkān 408 Burmar’ina, siehe auch Tell Šiyuḫ Fawqānī / Marina ša šadê 256–273 Byblos, siehe auch Gubla 357, 391, 468 Çakır 29, 106–107, 536 Çineköy 143, 352 Coba Höyük 334, 336, 365–368, 370, 380, 382, 384, 394, 398, 510, 542–544 Čoġā Zanbīl siehe Dūr-Untaš-Napiriša Damaskus 5, 34, 288, 292, 339, 341, 373, 450, 453, 555 Darib, siehe auch at-Tarib 390, 393 Daskyleion 523–524 Daud Oğlu 221 Demirköprü 328, 536 Der 390 Deve Höyük 182, 190, 197, 200, 215–218, 222–223, 228, 294, 411, 465, 483, 548 Dūr-Katlimmu, siehe auch Tell Šayḫ Ḥamad 42, 58, 61, 251 Dūr-Untaš-Napiriša 551 Ebla 40, 77, 113, 122, 129, 201, 211, 232–233, 235, 331, 360, 364, 390, 393, 413–414, 418, 447–448, 455–456, 488, 551 Eğrek 300, 510 Ekinveren 173, 218–219, 223, 240, 510 Elam 414 Elbistan Höyük 379–380, 544 Elbistan Karahöyük 251, 518, 549 Eminlik siehe Yunus Enkomi 473 Eski Kale, siehe auch Arsameia am Nymphaios 520 Euphrat 119, 121, 150, 186, 202, 212, 215, 220, 245, 247, 256, 290, 293, 520 Fevzipaşa 377, 388, 510, 559 Fıraktın 215 Ǧabalat al-Bayḍā 27 Gaiourilla siehe Kāwur Allī Ǧarāblūs siehe Karkamiš Ǧarāblūs Taḥtānī 235 Gastria-Alaas 472

Gaziantep 139, 218–220, 240, 254, 283, 346, 510 Gedikli Karahöyük 348, 381, 388, 500 Gerçin 105, 137, 211, 227, 283, 286, 297, 315, 323, 335–337, 349–365, 374–377, 384–385, 388, 390, 393, 398, 535–537, 551, 554 Gerger Kalesi, siehe auch Arsameia am Euphrat 520 Gezer 472 Giricano 110 Girbel siehe Çakır Ǧirǧib 27, 29 Gordion 39–41, 196, 551 Göldık 221 Gözlühöyük 301, 310, 324, 358, 375, 384– 385, 510 Gürçay 214–215, 510 Grê Dimsê 548 Griechenland 448, 465, 470–471 Gubla, siehe auch Byblos 59, 390–391, 454, 551 Gūzāna, siehe auch Tell Ḥalaf 27–97, 104– 105, 108–115, 117, 141, 230, 292, 347, 397 Ḫābūr 29, 33–34, 97, 99, 240 Hacı Bebekli 214 Ḫaḏarik, siehe auch Tell Afis / Ḫattarika 450, 453, 508 Ḫadattu, siehe auch Arslān Ṭāš 249, 273– 274 Ḫalab, siehe auch Aleppo 122, 137, 229, 240, 363, 406, 412–419, 427, 441, 443 Ḫalda 487, 501–502 Ḥamā, siehe auch Ḥamat / Imadu 5, 16, 38, 42–43, 54, 109, 178, 180, 183, 189–190, 194–197, 199, 201, 216, 220, 223, 264, 266, 268–270, 279–280, 404, 411–412, 445–475, 477–478, 480–483, 485, 490–491, 493–497, 499–507, 509–511, 526, 530, 545–549, 552– 553, 557, 560–562 Ḥamat, siehe auch Ḥamā / Imadu 1, 3, 125, 223–224, 406–408, 413, 440, 445–508, 560 Hanyeri 215 Ḫarrān 370, 372, 427, 439, 443, 493, 495 Hasanlı 236, 364, 537 Hatay 237

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Ortsnamen

Hatip 215 Hatra 564 Ḫattarika, siehe auch Tell Afis / Ḫaḏarik 450 Ḫattuša 4, 130, 145, 154–155, 215, 224–227, 229, 235–236, 342, 362, 391, 419, 527, 549–550 Hazor 76, 78, 83, 88–95, 112, 129–130, 210, 235, 331, 456, 553 Hemite 215 Hierapolis, siehe auch Manbiǧ 564 Ḫirbat al-Qom 358 Ḫiyawa, siehe auch Que 3, 288–289, 352, 386, 406 Ilıca 196, 225, 500 Imadu, siehe auch Ḥamā / Ḥamat 447 İmamkulu 215 İncirli 323, 386–387, 389, 413, 525, 533 İskenderun 335 İslahiye 212, 335, 380–381, 511 İspekçür 72, 143, 231–232, 234, 563 İvriz 297, 537 Kalḫu, siehe auch Nimrūd 38, 40–42, 59, 92, 96, 251–252, 348, 408, 424, 439–440, 528 Kāmid al-Lawz, siehe auch Kumidi 472 Kaniš, siehe auch Kültepe  286, 549 Kaprabu 248 Karabel 215 Karaburçlu 212, 308, 376–378, 389, 392, 511 Karadashli siehe Qara Tašlī Karahöyük 78 Karanlıdağ 369 Karapınar Höyük 374 Karapınar Mezarlık 374 Karasu (Felsrelief) 214 Karasu (Fluss) 369, 381 Karatepe 235, 352, 357, 397, 438, 496 Karkamiš 1–2, 5–6, 12, 18, 43, 54, 56, 60, 63, 65–66, 72, 84, 87, 90, 96, 105, 109, 114, 119–243, 245, 247–250, 254–257, 259–260, 262, 268–269, 271, 273, 275, 277–281, 286– 287, 289, 292–293, 297–301, 306–308, 316, 319–320, 342–343, 348, 360, 363, 371, 376, 382, 388, 398, 401, 411–413, 417–419, 439, 442–443, 451, 455–456, 464–465, 472–473, 483, 493–495, 503, 509–512, 518–519, 525–

649

526, 530, 533–535, 537, 542–550, 552, 554–555, 557–563 Karkamış siehe Karkamiš Kār-Salmanassar, siehe auch Tell Aḥmar / Masuwara / Til Barsip 124, 248, 273 Katapa 229 Kavuşan Höyük 474, 545, 548 Kāwur Allī 197, 220 Kazdağı 380 Kefrik siehe Yeşerti Keller siehe Fevzipaşa Kesecek Köyü 329, 524 Kilikien 293, 356, 510, 522, 524–525 527, 529 Kition 473 Kizzuwatna 4, 224, 299 Kourik siehe Yeşerti KTK 407, 435, 450 Kültepe, siehe auch Kaniš 286, 549 Kululu 493, 512, 534, 537 Kumidi, siehe auch Kāmid al-Lawz 390, 551 Kummaḫa, siehe auch Samsat 3, 237, 242, 289, 368 Kummani 224, 226 Kumru Tarlası 545, 548 Kunulua, siehe auch Tell Tayınat 63, 406, 448 Kurkuma, siehe auch Maraş 3, 224, 289, 318, 326, 346, 365, 378, 386, 388, 392, 400, 456, 555 Kurt Dağ 365 Lachisch 472–473 Lagaš 92 Lapithos 473 Levante 16, 46, 127, 312, 318, 390, 468, 471, 494, 502 Lu‘aš 450, 453 Lutibu 288, 351, 365 Ma’dabā 472 Maḥarda 491–493, 519, 521 Malatya siehe Arslantepe Malida, siehe auch Arslantepe 3, 123, 231– 232, 242, 318, 366, 368, 555, 559 Manbiǧ, siehe auch Hierapolis 564 Manṣuāte 451

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Register

Maraş, siehe auch Kurkuma 3, 22, 77, 80, 172–173, 200, 202–203, 205, 212, 214, 219, 224, 236, 253, 275, 300–301, 312, 319, 326– 327, 335–337, 344, 364–368, 378–380, 382, 384, 386, 400, 407, 456, 493, 509, 513–516, 519–522, 525–528, 530–534, 537–538, 545, 558–559, 563 Marǧ Ḫamīs siehe Yurtbağı Mari 40, 92, 122, 127, 201, 325, 390, 414, 551–552 Marina ša šadê, siehe auch Tell Šiyuḫ Fawqānī / Burmar’ina 257 Maskana 179, 275–279, 516, 522–523, 527, 531 Masuwara, siehe auch Tell Aḥmar / Til Barsip / Kār-Salmanassar 124, 245–256, 274– 275, 279 Medinet Habu 123, 449 Megiddo 104, 468, 502 Menekşe 522, 525 Mercihamiş siehe Yurtbağı Mesopotamien 34, 40, 92–93, 112, 134, 155, 230, 251, 413, 558 Mittani 33, 97, 122 Mūru 403, 407 Muṣaṣir 345 Nayrab, siehe auch Nirabu 16–17, 38, 116, 148, 212, 277, 347, 379, 410–411, 419–433, 437, 440, 442, 462, 488, 494, 516, 522–525, 527, 530–531, 545, 547–548, 558, 560 Nemrud Dağ 332, 401, 519 Nimrūd, siehe auch Kalḫu 38, 40–42, 59, 92, 251–252, 348, 408, 424, 439–440, 528 Nippur 420 Nirabu, siehe auch Nayrab 419–433 Nuhašše 414 Ördekburnu 227, 292, 336, 351, 369–375, 385, 388–389, 393, 396, 398, 516, 522, 525, 528, 551 Örtülü 378–379, 516 Orontes 328–329, 445, 453, 477, 491 Ortaköy, siehe auch Šapinuwa 215 Osmankayası 196, 225, 227, 381, 500, 549 Palästina 8, 16, 33, 112, 197–198, 454, 465, 471 Palanga 534, 538

P/Walastina 3, 123, 406, 413, 415, 427, 441, 448–449, 494, 503 Pancarlı Höyük 283, 286–287, 375–377, 384, 392, 538 Paqarḫubuni 219 Pattina, siehe auch Unqi 3, 141, 224, 289, 406, 448, 450, 554–555 Pyrgi 362 Qara Tašlī 220 Qarqar 450 Qaṭna, siehe auch Tell Mišrīfa 15, 60, 83, 88, 112, 115, 118, 129, 390, 447, 456, 482, 485, 489–490 Que, siehe auch Ḫiyawa 3, 288–289, 352, 386, 406 Quwayq 403, 435 Rabbat Kalesi 29, 107, 538 Raqqa 249, 273 Rās al-‘Ayn 27, 99 Rās al-Bassīṭ 180, 188–189, 195, 212, 223, 256, 269, 475, 479, 500, 502, 505, 545–546, 549, 557, 560 Rās Ibn Hānī 390, 552 Rās aš-Šamrā siehe Ugarit Rasm aṭ-Ṭanǧara 200, 547 Rhesaina 32, 99 Rhodos 104 Sāǧūr 216, 220 Sakçagözü siehe Coba Höyük Sam’al, siehe auch Zincirli / Y’DY 2, 4–5, 23, 34, 61, 63, 66, 88, 105, 113, 118, 137–138, 141, 158, 170, 180, 211, 224, 227, 231, 233, 236, 238, 242, 275, 283–401, 444–445, 524, 535, 542, 550–552, 554, 563 Samaria 33, 288, 450 Samsat, siehe auch Kummaḫa 83, 212, 516 Šamuḫa 229 Šapinuwa, siehe auch Ortaköy 215 Sardes 525 Šayzar 3, 427, 492–495, 503, 516, 519, 521 Seleukeia, siehe auch Belkız 139 Shebib 220 Sidon 16, 357 Sikāni, siehe auch Tell Faḫarīya / Waššukanni / Aššukanni 27 ,  29, 31, 72, 97–105, 230, 417

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Ortsnamen

Şişmez Höyük 337 Ṣrīn 92, 142, 274–275, 279, 439, 538 Sūǧīn 434 Sultanhan 318, 373 Sultaniye Köy 525 Tabāla 3, 145–146, 223–224, 237, 280, 288, 300, 315, 363, 495, 555, 557–559 Taftanāz 77, 129, 253, 368, 436, 496–497, 504, 534, 538 Tahtalı Pınar 283, 297, 336–337, 351, 361, 541 Taşlı Geçit Höyük 381–382 Taymā’ 496 Tell Açana siehe Alalaḫ Tell ‘Amārna 128 Tell Afis, siehe auch Ḫaḏarik / Ḫattarika 439, 450, 453, 460, 478, 496–497, 508, 523 Tell Aḥmar, siehe auch Masuwara / Til Barsip / Kār-Salmanassar 219, 245–256, 262, 268, 273–275, 277–279, 497, 516, 535, 546, 548, 559 Tell al-Far‘a (Süd) 472 Tell al-Ḥamma 449 Tell al-Maqir 83, 517 Tell an-Naṣrīya 109, 179, 188, 195–196, 212, 241, 268–270, 277, 452, 460–461, 467, 476–485, 490, 499–508, 545–547, 549, 552, 556–557, 560–562 Tell ‘Arqa 449, 469, 502 Tell ‘Arāna, siehe auch Arnē 403, 437 Tell Arfād siehe Tell ar-Rif‘at Tell ar-Rif‘at, siehe auch Arpad 403–413, 433, 435, 440, 517, 525 Tell ar-Rimāḥ 107, 409 Tell as-Safīra 4, 368, 403, 408, 432, 434– 438, 497, 523, 534, 538, 554 Tell Baydar 110, 434 Tell Billa 107 Tell Brak 55, 91 Tell Faḫarīya, siehe auch Sikāni / Waššukan­ ni / Aššukanni 2, 27, 29, 31–32, 36, 46, 74, 97–105, 108–109, 113–114, 117, 157, 230, 252, 347, 355, 363, 545, 547, 552, 556–558, 563 Tell Frayǧī 456, 495–496, 517 Tell Ḥalaf, siehe auch Gūzāna 3, 12, 16, 21, 27–97, 106–118, 138, 141, 150, 154, 156, 168,

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178–179, 190, 210–211, 227, 230–231, 239– 240, 292, 302, 305, 311, 335, 344, 347, 359–361, 364, 390, 397, 401, 411–412, 441, 452, 472, 491, 509, 517, 525–526, 530, 532–536, 538– 540, 542, 544–563 Tell Ḥarba 106–107, 540 Tell Ḫuwayra 46, 110 Tell Kazal 448–449 Tell Knaydiǧ 548 Tell Laylān 122 Tell Mardīḫ siehe Ebla Tell Masṭūma 252, 497–499, 501–502, 504– 505, 507, 545–547, 549 Tell Mišrīfa, siehe auch Qaṭna 2, 15, 60, 83, 88, 112, 115, 118, 129, 262, 390, 447, 453, 456– 457, 482, 485–491, 501–507, 540–541, 545, 547, 552, 557, 560 Tell Mūzān 110 Tell Muḥammad Ḏiyāb 101, 110 Tell Ṣabī Abyaḍ 101, 109–110, 545, 547 Tell Šayḫ Ḥamad, siehe auch DūrKatlimmu 39, 42, 56–58, 61, 110, 178, 251, 257, 474, 545–546, 548, 550 Tell Sifr 373 Tell Šiyuḫ Fawqānī, siehe auch Burmar’ina / Marina ša šadê 43, 109, 128, 178–180, 183, 187–197, 201, 212–213, 222–223, 228, 239, 241–242, 250, 256–273, 277–281, 411, 479, 481, 483, 487, 500, 502–503, 508, 545–547, 549, 552, 557, 560–562 Tell Sukās 460, 509 Tell Tayınat, siehe auch Kunulua 63, 92, 233, 235, 275, 300, 343, 406, 413, 439, 448– 449, 488–489, 503, 533, 541, 543 Tell Zūr an-Naṣrīya 484–485, 491, 501, 503, 546, 553 Tel Nam‘i 472 Tel Zeror 472 Terqa 390 Tigris 548 Til Barsip, siehe auch Tell Aḥmar / Masuwara / Kār-Salmanassar 124, 220, 245–256, 259, 279 Tilsevet siehe Ekinveren Tušḫan, siehe auch Ziyaret Tepe 58

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Register

Tyros 187, 198, 201, 208, 469, 475, 487, 500–502, 507, 553 Ugarit 2, 10, 61, 87, 92, 95, 123, 127, 291, 299, 325–326, 331, 360–362, 381, 390, 397, 420, 431, 444, 460, 468, 471, 502, 523, 528, 549, 553, 555, 558 Umm al-‘Awāmīd 200 Unqi, siehe auch Pattina 3, 141, 224, 289, 406, 448, 450, 554–555 Ur 348 Urartu 345, 408 Waššukanni, siehe auch Tell Faḫarīya / Sikāni  / Aššukanni 29, 33, 97 Yağrı 456 Yaḫan 407 Yamḫad 122, 413–414 Yanarlar 196 Yazılıkaya 178, 227, 236, 394 Y’DY, siehe auch Zincirli / Sam’al 283–401 Yesemek 302, 336–337, 364, 366–367, 376, 381–384, 392, 533–534, 541, 549

Yeşerti 190, 197, 215, 217, 465 Yumurtalık 335, 517 Yunus 54, 90, 121, 132–133, 148, 163, 167, 169, 173, 176, 178–184, 186–217, 219, 222–224, 228, 239–240, 242, 254, 260, 262, 265–271, 278, 280, 404, 410–411, 464–466, 472, 479, 483, 499, 506, 510, 512, 519, 525, 530, 548, 559, 561 Yurtbağı 188, 190, 196, 199–200, 212–213, 222–223, 268–269, 281, 479, 483, 517, 519, 525 Zarāni 27, 29 Zincirli, siehe auch Sam’al / Y’DY 2, 12, 20, 48, 71, 74, 80, 84, 138, 180, 203, 212, 235, 275, 283–349, 364–365, 367, 369–370, 375, 377– 384, 386, 388, 394–395, 397, 417, 428, 439, 517, 522, 525, 532, 534, 536, 541–547, 558 Zitḫara 154 Ziyaret Tepe, siehe auch Tušḫan 56, 58, 110, 178, 472, 545, 548 Zypern 92, 198, 448, 468, 471–473, 500, 502, 548

Personennamen Abi-salāmu 31–32 Absalom 10, 523 Adad-ēṭir 425, 431 Adad-guppi 148, 427, 493, 495 Adad-nērārī II. 31 Adad-nērārī III. 31, 407 Adad-rēmanni 31–32 Adānu 407 ‘Adnī-Anda 122 Adramu, siehe auch Arame 407 Adūnī-abīya 368, 432, 435–438, 441–444, 497, 534–535, 545, 554–555, 563 Agūsi, siehe auch Gūsi 407–408 Aḥīrōm 333, 342, 356 Aḫūni 247–249 Amenemḥēt III. 420 Ammiṣaduqa 10 Ana 160 Antiochos I. 228, 332, 401, 519–520

Antiochos IV. 451 Aplaḫ-Anda I. 122, 224 Aplaḫ-Anda II. 122 Arame 407–408 Argišti 345 Ariyahina 247–248 Arnuwanda I. 229 Arnuwanti I. 231–232 Arnuwanti II. 72, 143, 231–232 Arpa 254 Artatama I. / II. 231 Asarhaddon 289, 334–336, 551 Ašmi-Šarruma 229 Assurbanipal 289, 551 Assurnasirpal II. 31, 40–41, 92, 247, 249, 259, 407 Aššur-nērārī V. 373, 407 Astiru(wa) I. 124–125, 163, 233–234 Astiru(wa) II. 124, 126

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Personennamen

Astiru(wa) (I. oder II.?) 170 Astiwasu 80, 172, 275, 319, 326–327, 344, 400, 554, 558, 563 Astuwalamanza 125 Ataršumki I. 407–408 Ataršumki II. 407–408 Atika 124, 126 Azini 520 ‘Azriyau 450–451 Ba‘alyaton 200 Baḫiānu 31–32, 80 Bar-Ga’yah 407 Bar-Hadad 407–408 Ben-Hadad 556 Bar-Rākib 88, 286, 288–290, 292, 303–304, 310, 314, 320, 332, 334–335, 337–339, 342–344, 346–348, 370, 374, 384, 389, 391, 398, 443 Bar-Ṣūr 288, 290, 339, 340 Bēl-ḫarrān-bēlu-uṣur 32 Bīn-Ami 122 BN/MH 287, 290 BONUS-ti 12, 22, 136–137, 139–141, 160, 166, 231–233, 237, 240, 306–308, 417, 419, 503, 542–543 Bur-Saggilê 32 Danuḫepa 154 Dareios I. 420 Eni-ilu 450, 452 Ešarra-ḫamat 374 Ešmūn‘azōr 16 Gabbār 286–287, 290, 298–299, 375 Gilgameš 558 Gūsi, siehe auch Agūsi 407–408 Hadadezer 450 Hadd-yiṯ‘i 31–32, 97, 99, 104–105, 252, 417 Ḫadiānu 31–32, 66 Halparuntiya II. 80, 275, 326, 344 Hamiyata 247–248, 254–255 Hapatila 247–248 Ḫattušili I. 235 Ḫattušili III. 154, 227, 229–230 Ḥayyā 286–287, 290, 298, 351, 365, 370, 372, 395, 551 Hektor 465 Idrimi 107, 113, 130, 235, 361, 523, 527–528

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Igriš-Ḫalab 122 Ilu-bi’di, siehe auch Yau-bi’di 450, 452 Ini-Tešub I. 122–123, 125 Ini-Tešub II. 123, 125–126 Isarwilamuwa 124–125 Ittoba‘al 342 Kamani 124–125, 163, 173, 179, 196, 233–235, 241 Kammaki 88, 95–96, 113, 115, 168 Kantuzzili 280 Kapara 30–32, 36, 41, 57–58, 62–63, 66–68, 72, 80, 86, 104, 113–115, 141, 300, 558 Katuwa 12, 105, 121, 123–125, 134, 138–139, 144–146, 149–150, 152–157, 159–161, 166, 170, 231–234, 240, 247, 287, 297–298, 418, 444, 542, 553 KTMW 11, 19–20, 61, 87–88, 118, 149, 156, 224, 238, 242, 301, 307, 309–332, 334–336, 340–341, 360–361, 367, 372–373, 375, 377, 384–385, 387–392, 396–397, 399–401, 428, 523–526, 529–530, 532, 545, 549, 553–554, 557–559, 561, 563–564 Kubaba-Sarpa 148 Kulamuwa 286, 288, 290–292, 297–303, 308, 310, 332, 334, 370, 384, 386, 395, 397 Kupapiya 3, 148, 219, 374, 427, 443, 492– 495, 502–503, 506, 521, 561 Kurunta 230 Kuwalanamuwa 124–125 Kuzi-Tešub 123, 125, 231 Libbāli-šarrat 431 Mannu-kī-aššur-le’ī 32 Mannu-kī-māt-aššur 32 Marduk-balāssu-iqbir 431 Mati‘-’El 4, 373, 387, 407–408 Mithridates I. Kallinikos 520 Mulissu-mukannišat-Ninua 42 Muršili I. 413 Muršili II. 154, 224, 235 Muršili III., siehe auch Urḫi-Tešub 154, 230 Mutakkil-aššur 33 Muttallu 368 Muwatalli II. 145, 154, 230, 362 Nabonid 427, 443, 493, 495 Nabû-aḫḫē-ēreš 289–290

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Nabû-mar-šarri-uṣur 33 Nabû-pašir 427 Nebukadnezar II. 85, 125, 451 Necho II. 125 Neriglissar 420 Ninurta-bēlu-uṣur 273 Nunura 206 Nusku-gabbē 420 Panamuwa I. 11, 80, 105, 137, 156, 211, 227, 230, 286, 288, 290, 318, 321, 323, 328, 331, 336, 340, 353–355, 357–360, 364, 373–374, 385, 387, 390–391, 393, 396–398, 400, 524, 535–536, 551, 553–554, 558–559 Panamuwa II. 80, 231, 283, 286, 288–290, 313–315, 320, 324, 332, 336–344, 361, 365, 367, 374, 389–393, 396, 398, 444, 524, 533–534, 545, 550, 559 Parita 449, 451 Patroklos 465 Pedantimuwa 493 Pisamita 169 Pisiri 124, 126, 163 Piyaššili (I.), siehe auch Šarri-Kušuḫ 122, 125, 224–225, 229, 247, 550 Piyaššili II. 125 Psammetich I. 124 PUGNUS-mili I. 231, 542 PUGNUS-mili II. 231, 542 QRL 288, 290, 353 Ramses III. 123, 449 Runtapi 172, 237, 328–329 Rusa I. 345 Ruwa 280, 315, 363, 558–559 Šaḫurunawa 122, 125 Ša’īl 288, 290 Salmanassar III. 124, 247–249, 259, 287– 288, 351, 365, 407, 413, 450 Salmanassar V. 288 Šamaš-ibni 342, 431 Šamaš-nūrī 31–32 Sami(ya) 172, 328 Samos II. 520 Šamšī-ilu 248, 252 Sangara 124–125 Sapaziti 123, 125, 147

Sargon II. 121, 124, 150, 288–289, 345–346, 368, 427, 450 Sarpuwani 207, 554, 561 Šarri-Kušuḫ, siehe auch Piyaššili 122, 125, 224–226, 229, 342, 550 Sastura 124–126, 163 Šattiwaza, siehe auch Wasašatta 231, 247 Šattuara I. 231 Šattuara II. 231 Ši’gabbar 38, 148, 422–423, 425–428, 430– 432, 440–443, 494, 545, 561 Šīn-zēr-ibni 425–426, 428–432, 441–442 Suhi I. 12, 66, 125, 147, 155, 231, 417 Suhi II. 66, 123, 125, 135–139, 141–142, 146– 147, 153, 155, 157, 159, 166, 231–234, 240–242, 247, 296, 397, 401, 417, 419, 442–443, 542– 543 Suhi III. 124–125, 231 Suhi als Bestandteil von Atrisuha, siehe auch Atrisuha 66, 145, 152, 154, 156, 157, 232, 234, 319 Suppiluliuma I. 406 Suppiluliuma II. 275, 488 Šuppiluliuma I. 122, 235, 247, 414 Šuppiluliuma II. 230, 238, 241, 527 Taita I. 137, 240, 362–363, 401, 406–407, 413–415, 417–419, 441–444, 448, 535, 558– 559, 563 Taita II. 406–407, 427, 448, 451, 489, 492, 494 Talmi-Tešub 122–123, 125 Tarḫuntiwasati 520 Tarḫupiya 527 Ṯarriyelli 325–326 Tasa 207, 554, 561 Telipinu 229, 413 Tette 414 Thutmosis III. 447 To‘i 414, 449, 451 Tiglatpileser I. 29, 33, 123 Tiglatpileser III. 288, 314, 337–338, 340– 343, 386, 389, 391, 396, 398, 408, 420–421, 450, 524 Tudḫaliya I. 123, 125 Tudḫaliya II. 123, 125, 137

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Gottheiten

Tutḫaliya I. 235, 362 Tutḫaliya II. 362 Tutḫaliya IV. 227, 235–236, 238, 362–363 Tušratta 231 Tuwati 280, 315, 363, 558 Ura-Tarḫunza 123–125, 147, 155 Urḫilina 449, 451 Urḫi-Tešub, siehe auch Muršili III. 154, 230 Ur-Nammu 11 Uzzīnu 325, 555 Warika 386

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Wasašatta, siehe auch Šattiwaza 231 Yaḫdun-Līm 122, 130 Yariri 124–125, 145, 149–150, 159–160, 170– 173, 203, 233–234, 238, 241, 397, 419, 520, 535, 554, 563 Yau-bi’di, siehe auch Ilu-bi’di 450, 452 Zahanani 96, 167–168, 185 Zakkūr 407, 439, 450–451, 508, 523 Zarpiya 299 Ziti aus Karkamiš 168, 184–185 Ziti aus Malida 167

Gottheiten Adad 67–68, 71 Allani 374 Āra 374 Arma 372 Amun-Re 46 Atrisuha 12, 66, 84, 105, 114, 141, 152–157, 171, 232–235, 237–238, 240–242, 318–319, 401, 417, 444, 520, 533–535, 542, 556, 558, 563 Ba‘al 362, 431, 553, 558 Ba‘alat Gubla, siehe auch Pahalati 391, 464 Ba‘al-Ḥammān 287 Ba‘alšamin 454 Ba‘al-Ṣemed 287 Bēlet-ṣēri 69 Būr(u) 257 Dagan 95, 325, 528, 555 El 87, 325, 331, 340, 354, 359, 393, 399 Enmešara 96 Hadad 69, 71, 99, 104–105, 113, 116, 156, 211, 230, 283, 297, 306, 313–315, 317–318, 331, 336–338, 340, 351–360, 363–364, 373, 376, 391–393, 396, 398, 535, 551, 554 Ḫaldi 345 Ḫēbat 71, 224, 306 Ḫurri 143 Ištar 68–69, 71, 84, 234, 365, 492 Karḫuḫa 105, 139, 159, 306, 553 Kubaba 105, 124, 139, 144–149, 156, 159–161, 167–168, 170–173, 179, 214, 233–234, 237,

241, 292, 306–307, 313, 318, 360–361, 363, 372–374, 389, 391, 417, 419, 550, 553 Kurunti, siehe auch Runtiya 215 Lelwani 229, 316 Marduk 431 Melqart 4, 407, 414, 523 Nabû 431 Nergal 105, 431 Nikarawa / Nikaruha 317 Nubandag 224 Pahalati, siehe auch Ba‘alat Gubla 454 Rākib-El 287–288, 331, 338, 340, 354, 359– 360, 370, 372–374, 391, 393, 550–551 Rašap 274, 354, 359, 370 Runtiya, siehe auch Kurunti 215 Śahr 420, 423–424, 430, 437, 441–442 Šāla 71, 105 Šamaš 61, 93–94, 313, 318, 331, 340, 342, 354, 359, 393, 397, 399, 430–431, 558 Šarruma 71 Šēri 143 Sîn 61, 69, 91, 93–94, 116, 431, 439 Šuwala 104–105, 113, 116, 553 Tarḫunza 105, 133, 135, 139, 143–150, 156, 159, 172, 224, 230, 306, 318, 328–329, 337, 363, 367, 373, 393, 417–418, 442, 444 Teššub 71, 143 Yahwe 454 Zababa 235

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Register

Texte und Inschriften 1Chr 18 ▷ 414, 449 1Sam 1 ▷ 320 1Sam 20 ▷ 92 1Sam 28 ▷ 10 2Sam 8 ▷ 414, 449 2Sam18 ▷ 363, 523 ABoT 1.56 ▷ 230, 241 ALEPPO 2 ▷ 172, 254–255, 279, 521, 533 ALEPPO 6  ▷ 137, 153, 155, 233, 240, 242, 327, 385, 414–419, 443–444, 492, 528, 533, 544 ALEPPO 7 ▷ 418, 492 ARET XIII 5 ▷ 122 ARM XXVI/1 ▷ 224 ARSUZ 1 ▷ 533 ARSUZ 2 ▷ 533 BABYLON 1 ▷ 519 Bo 3826 ▷ 229, 391 BOĞAZKÖY 19 ▷ 235 CEKKE ▷ 416, 519 EĞREK ▷ 510, 526–527, 531 EKİNVEREN siehe TİLSEVET ERKİLET 1 ▷ 510, 519, 521 ERKİLET 2 ▷ 510, 521 GÜRÇAY ▷ 214–215, 510, 532 İncirli  ▷ 224, 321, 323, 386–387, 389, 396, 413, 524–525, 532–533, 558 İSPEKÇÜR ▷ 232 İVRİZ 1 ▷ 533 Jes 56 ▷ 172, 426 JISR EL HADID 4  ▷ 153, 172, 215, 237, 327– 329, 367, 397, 400, 418, 533, 536, 554 K 6323+K 7856+K  14241+80-7-19  ▷  36, 38, 40–42, 551 KAI 1 ▷ 342, 356, 528 KAI 9 ▷ 357 KAI 14 ▷ 16, 357 KAI 24  ▷ 5, 286, 288, 291, 298–301, 307, 371, 386, 542, 544, 561 KAI 26 ▷ 320, 357, 397 KAI 34 ▷ 523 KAI 43 ▷ 92 KAI 53 ▷ 523

KAI 100 ▷ 523 KAI 149 ▷ 523 KAI 163 ▷ 523 KAI 165 ▷ 523 KAI 201 ▷ 4–5, 407, 523 KAI 202 ▷ 439, 450, 453, 523 KAI 203 ▷ 453 KAI 204 ▷ 453 KAI 205 ▷ 453 KAI 206 ▷ 453 KAI 207 ▷ 453 KAI 208 ▷ 453 KAI 209 ▷ 453 KAI 210 ▷ 453 KAI 211 ▷ 453 KAI 212 ▷ 453 KAI 213 ▷ 453 KAI 214  ▷ 87, 137, 156, 211, 230, 286, 313–315, 318, 320–323, 327, 331, 338–340, 351–364, 371, 373–374, 387, 390–393, 396–397, 493, 524, 527–528, 533, 535, 553–554, 558, 563 KAI 215  ▷ 80, 88, 286, 313–315, 318, 327, 336– 344, 355, 361, 374, 389–391, 393, 396, 398, 443, 524, 527, 541, 550, 556 KAI 216 ▷ 286, 314, 334 KAI 217 ▷ 286, 301, 310, 334, 384 KAI 218 ▷ 304 KAI 222 ▷ 4, 286, 317, 355, 407, 434, 437, 523 KAI 223 ▷ 4, 407, 434 KAI 224 ▷ 4, 407, 434 KAI 225  ▷  17, 116, 277, 420, 425–426, 428– 432, 494, 516, 522–523, 527–528, 531–532 KAI 226 ▷ 38, 42, 116, 148, 277, 347, 420, 422– 428, 432, 465, 494, 516, 522–523, 527–528, 531 KAI 228 ▷ 496 KAI 258 ▷ 329–330, 524 KAI 260 ▷ 525 KAI 277 ▷ 362 KAI 309  ▷ 29, 87, 99, 104–105, 113, 157, 230, 355, 363, 553, 559 KAI 318 ▷ 523–524 KAI 320 ▷ 408

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Texte und Inschriften

Kammaki ▷ 88, 95–96, 113, 115, 168, 540 KARABURÇLU ▷ 377–378, 511, 522, 527 KARABURUN ▷ 373 KARKAMIŠ A. 1a ▷ 21, 136–138, 141, 153, 155, 207, 232–233, 240, 242, 308, 327, 416–417, 419, 431, 443–444, 528, 542, 544 KARKAMIŠ A. 1b  ▷ 139–141, 232, 306, 308, 419, 542, 544 KARKAMIŠ A. 2+3 ▷ 144–146, 153, 156, 172, 373, 417, 556, 558–559 KARKAMIŠ A. 4b ▷ 146–147, 519 KARKAMIŠ A. 4c ▷ 144, 148–149, 240, 492, 511, 518–519, 522, 525, 527–528, 530 KARKAMIŠ A. 4d  ▷ 145, 150–157, 232, 242, 385, 397, 417–418, 520–521, 533, 537, 556, 558 KARKAMIŠ A. 5a  ▷ 96, 167–169, 185, 492, 511, 518–519, 527–528, 531–532 KARKAMIŠ A. 5b ▷ 148, 202, 206, 512, 526– 528, 530–531 KARKAMIŠ A. 6 ▷ 159, 519 KARKAMIŠ A. 7 ▷ 126 KARKAMIŠ A. 11a  ▷ 105, 124, 150–157, 417, 553, 559 KARKAMIŠ A. 11b ▷ c ▷ 124, 417 KARKAMIŠ A. 13a–c ▷ 161–163, 537 KARKAMIŠ A. 13d  ▷ 138–139, 159, 170, 233, 417, 543 KARKAMIŠ A. 15b  ▷  5, 145, 159, 170–172, 397, 418–419, 520–521, 533, 537 KARKAMIŠ A. 15c ▷ 202–204, 224, 512, 522, 526, 530, 561 KARKAMIŠ A. 16f ▷ 189, 205, 512, 526, 530 KARKAMIŠ A. 18a ▷ 169, 511, 531 KARKAMIŠ A. 18b ▷ 205–206, 512, 528, 530, 532 KARKAMIŠ A. 18f  ▷ 212–213, 492, 517–519, 527, 530–531 KARKAMIŠ A. 18h ▷ 168, 184–186, 492, 512, 518–519, 527–528, 530–532, 561 KARKAMIŠ A. 19b ▷ 206, 512, 529–531 KARKAMIŠ A. 19c ▷ 146 KARKAMIŠ A. 20a1 ▷ 543 KARKAMIŠ A. 25a ▷ 138, 159, 169–170, 233 KARKAMIŠ A. 27c ▷ 124 KARKAMIŠ A. 27mm ▷ 170

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KARKAMIŠ A. 27s ▷ 146 KARKAMIŠ A. 30b ▷ 124, 173 KARKAMIŠ A. 31 ▷ 124, 173 KARKAMIŠ A. 33k, k*, l* ▷ 130–131 KAYSERİ ▷ 373 KBo 1.10 ▷ 229 KBo 4.4 ▷ 224 KBo 5.6 ▷ 167 KBo 10.38 ▷ 224 KBo 22.178   ▷  KUB 48.109   ▷  43.60  ▷ 145, 363 KBo 23.114 ▷ 154 KBo 34.80 ▷ 145 KELEKLİ ▷ 123, 138 KTMW  ▷  175, 255, 309–332, 340, 356–358, 363, 373, 387, 394, 396–397, 426, 428, 443– 444, 493, 521–524, 526–529, 531–533, 554, 561, 564 KTU 1.17 ▷ 95, 361–362, 523, 553 KTU 1.39 ▷ 299 KTU 1.41 ▷ 92 KTU 1.102 ▷ 299 KTU 1.109 ▷ 92 KTU 1.114 ▷ 399 KTU 1.131 ▷ 420 KTU 1.161 ▷ 10, 325, 558 KTU 2.42 ▷ 397 KTU 6.13 ▷ 95, 325–326, 444, 523, 528, 553 KTU 6.14 ▷ 95, 325–326, 444, 528, 553 KUB 9.31 ▷ 299 KUB 11.8  ▷  9 ▷ 229 KUB 14.29 ▷ 224 KUB 16.16 ▷ 154 KUB 16.83 ▷ 57 KUB 21.19 ▷ 145 KUB 30.10 ▷ 280 KUB 30.15+39.11+39.19+KBo 41.26 ▷ 59 KUB 30.19 ▷ 227 KUB 30.24 ▷ 227 KUB 30.27 ▷ 225–226, 324, 374 KUB 30.28 ▷ 145 KUB 31.127 ▷ 238 KUB 36.120 ▷ 229 KUB 36.124 ▷ 229 KUB 39.1 ▷ 340

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Register

KUB 39.6 ▷ 225–226, 324, 373 KUB 39.49 ▷ 145 KUB 43.60 ▷ 145, 238 KUB 55.54 ▷ 418 KULULU 1  ▷ 145, 171, 185, 315, 363, 526, 558– 559 KULULU 2  ▷  363, 397, 443, 512, 519, 522, 526–529, 531–532, 556 KULULU 3 ▷ 443, 512, 518–519, 522, 526–529, 531–532 KULULU 4 ▷ 145, 171, 237–238, 280, 315, 397, 512, 520, 522, 526–529, 531, 557–559 MALATYA 2 ▷ 167, 543–544 MALATYA 12 ▷ 542, 544 MALPINAR  ▷  237, 242–243, 331, 400, 431, 444, 528 MARAŞ 1 ▷ 300 MARAŞ 2 ▷ 22, 200, 238, 379, 397, 513, 520– 521, 525–528, 530–532 MARAŞ 3  ▷ 80, 336–337, 344, 367–368, 382, 384, 534, 538, 559 MARAŞ 4 ▷ 80, 203, 275, 300, 326, 344, 527, 538 MARAŞ 8  ▷ 253, 300–301, 513, 522, 526–528, 531–532 MARAŞ 9 ▷ 515, 522, 527, 531 MARAŞ 11 ▷ 519 MARAŞ 12 ▷ 384, 513, 522 MARAŞ 13 ▷ 202–203, 236, 364, 537 MARAŞ 14 ▷ 80, 172, 202–203, 275, 316, 319, 326–327, 344, 400, 519, 528, 533, 538, 558– 559, 563 MARAŞ 15 ▷ 514, 522, 527 MEE XII ▷ 201 MEHARDE ▷ 491–493, 521 NİĞDE 1 ▷ 533 Ördekburnu ▷ 292, 307, 320, 323, 336, 351, 357, 360, 369–375, 385, 389–391, 396, 398, 400, 516, 522, 525–526, 528–532, 550–551 PALANGA ▷ 242–243, 331, 444, 528, 538

PANCARLI  ▷  231, 283, 286–287, 375–377, 389, 392, 519, 533, 538 QAL‘AT EL MUDIQ (APAMEA) ▷ 519 RESTAN ▷ 519 RIMA 2, A.0.87.1 ▷ 29, 33 RIMA 2, A.0.99.2 ▷ 99, 247 RIMA 2, A.0.101.1 ▷ 248, 250, 407–408 RIMA 2, A.0.101.81 ▷ 259 RIMA 2, A.0.101.90 ▷ 259 RIMA 3, A.0.102.0 ▷ 259 RIMA 3, A.0.102.1 ▷ 351, 365, 407 RIMA 3, A.0.102.2  ▷ 247, 286–287, 293, 351, 365, 407–408, 413, 450 RIMA 3, A.0.102.3 ▷ 407 RIMA 3, A.0.104.3 ▷ 407 RIMA 3, A.0.104.4 ▷ 407 RIMA 3, A.0.104.2010 ▷ 248 RINAP 1, TP III 14 ▷ 286 RINAP 1, TP III 27 ▷ 286 RINAP 1, TP III 32 ▷ 286 RINAP 1, TP III 35 ▷ 286 RINAP 1, TP III 43 ▷ 420 RINAP 1, TP III 47 ▷ 286 SAMSAT 1 ▷ 516, 518, 522, 526 SHEIZAR  ▷  148, 219, 374, 399, 427, 443, 492–495, 502, 506, 516, 519, 521–522, 526– 529, 531–532 SÜDBURG ▷ 145 SULTANHAN ▷ 318, 373 TELL TAYINAT 1 ▷ 488, 541 TİLSEVET ▷ 173, 175, 205, 218–219, 443, 492, 510, 518–519, 526–529, 531–532 TL 25a ▷ 172 TL 44b ▷ 172 TOPADA ▷ 153 YUNUS 1  ▷ 206–207, 211–212, 228, 262, 512, 518–519, 530–531 YUNUS 2 ▷ 207, 512 YUNUS 3 ▷ 204

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